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Full text of "Zwei Bücher Satiren;"

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Q.  HORATII  FLACCI 

SERMONUM  LIBRI  DUO 

EDIDIT 

GERMANICE  REDDIDIT 

ET  TRIGINTA  CODICUM  REGENS  COLLATORUM 

GRAMMATICORUM  VETERUM 
OMNIUailiie  mSSTORIlM  ADHVC  A  YARHS  ADH1BIT0R13I  opi: 

LIBRORUMQUE    POTIORUM 

A  PRIMOKDIIS  ARTIS  TYPOGRAPHIC/E  USQüK  AD  IIUNC  DIK.M  KOIToRLM 

LECTIOXIBIIS  EXCUSSIS 

RECENSIIT 

APPARATU  CRITICO  INSTRUXIT 

ET 

COMMENTARIO  ILLUSPRAVIT 

C.  KIRCHNER. 


VOllIMIKIS  II  PARS  n. 

CONTINEXS    COMMENTARIUM    IN    SATIHAS    MBKI    SEOUNDI 
CONFF.CTIM  Alt 

W.  S.  TEUFFEL. 


IIPSIAE 

SUMPTIHUS  F/r  TVl'IS  W.  (J.    IKinNKia 
MDCf'CI-VII. 


LL 

H8II3S 
•  Gk 


DES 

Q.  IIOHATIUS  FLACCUS 

ZWEI  bCciiek 


T 


SATIREN 

AUS  DREISSIG  UNVERGLICHENEN 

UXD   ALLEN  BISHER   VERGLICHENEN  HANDSCHRIFTEN 
WIE  AUCH  SiM-MTUCHEX  BEDEITEXDEBS  AüSGiBES 

KüITlSCn  HERGESTELLT 
M  E  T  K I S  C  H    ÜBERSETZT 

UND  MIT  ERKLÄRENDEM  COMMENTAR  VERSEHEN 


C.  KIRCHNER. 


ZWEITEX  THEILES  ZWEITE  ABTHEILING. 

COMMENTAR   ZUM   ZWEITEN  BUCHE   DER  SATIREN, 

VEKKAS^;r  VON 

W.  S.  TEUFFEL. 


LEIPZIG 

DRUCK  UND  VERLAG  VON  H.  G.  TEUBNEK. 
1857. 


''i-S 


VORREDE. 


Einen  Commentar  zu  Horaz  zu  verfassen  wäre  nur  ohne 
äusseren  Anlass  nieht  leicht  in  den  Sinn  gekommen.  Zwar 
gab  CS  Zeiten  -wo  ich  mich  mit  derartigen  Gedanken  trug. 
Schon  sehr  jxmg  hatte  ich  die  Idee  den  Heindorf  "sehen  Com- 
mentar zu  den  Satiren  umgearbeitet  heraTiszugebcn,  und  zwar 
nach  anderem  Plane  als  dicss  nachher  Wüsteraann  gethan  hat; 
aber  eben  durch  das  Erscheinen  von  Wüstemann's  Arbeit 
Avar  jene  Idee  schon  im  Keime  erstickt  worden.  Erst  nach 
der  Herausgabe  des  Wcber'schen  Commentar's  erwachte  in 
mir  von  Keuem  der  Wunsch  eine  selbständige  Bearbeitung 
der  Satiren  zu  unternehmen,  erlosch  jedoch  sehr  bald  Avieder 
vor  anderen  Arbeiten  und  Planen.  Indessen  trug  dergleichen 
doch  dazu  bei  dass  ich  den  Dichter,  für  den  ich  schon  vor 
anderthalb  Jahrzehnten  durch  meine  Erstlingsschrift  mein 
Interesse  bethätigt  hatte,  nie  ganz  aus  den  Augen  verlor  und 
in  zahlreichen  Abhandlungen,  Uebcrsetzungen  einzelner  Thoilc, 
sowie  in  akademischen  Vorlosungen  häufig  genug  auf  ihn 
zurückkam.  Da  ich  jedoch  die  Beflissenheit  Anderer  so 
gross  sah  und  selbst  um  Geschäfte  und  Aufgaben  anderer 
Art  nichtsweniger  als  verlegen  Avar,  so  begnügte  ich  mich 
seit  Jahren  damit  gelegentlich  mir  Vorkommendes  fortwäh- 
rend mir  anzumerken,  ohne  an  eine  zusammenfassende  Arbeit 
anders  als  vorübergehend  und  in  unbestimmtester  Weise  zu 
denken. 

Da  starb  Kirchner,  zum  Commentar  für  das  zAveite  Buch 
der  Satiren  so  gut  Avic  keine  Vorarbeiten  hinterlassend.  In 
ihrer  Verlegenheit  Avandte  sich  die  Verlagshandlung  an  C. 
Halm  um  Path,  und  dieser  schlug  zum  Fortsetzer  A'on 
Kirchner's  Werke  mich  A'or.  Der  in  Folge  dessen  an  mich 
ergangene  Antrag  kam  mir  nicht  eben  erAvünscht,  da  ich  das 
Undankbare    exegetischer    Arbeiten    aus    Erfahrung    kannte 


VI  V  0  r  r  c  d  c. 

und  kaum  erst  den  Entscliluss  gefasst  hatte  meine  Studien 
über  Aristophanes '  Wolken  zu  einem  äusseren  Abschluss  zu 
bringen,  um  dann  mich  ungetheilt  der  Ausarbeitung  zunächst 
des  ersten  Bandes  meiner  Römischen  Literaturgeschichte  zu- 
zuwenden. Doch  mochte  ich  mich  der  Aufforderung  nicht 
entziehen,  theils  weil  Horaz  eine  alte  Liebe  von  mir  ist  und 
ein  Schriftsteller  zu  dem  man  jederzeit  gern  zurückkehrt  und 
um  so  lieber  je  vollständiger  man  ihn  kennen  und  verstehen 
gelernt  hat,  theils  weil  eine  so  schöne  Gelegenheit  für  einige 
Dauer  auf  die  Gestaltung  und  Erklärung  wenigstens  dieses 
einen  Theiles  der  horazischen  Gedichte  einzuwirken  nicht  so 
leicht  wiederzukehren  schien.  Ich  sagte  daher  zu,  unbeengt 
durch  den  Gedanken  an  das  entsetzlich  Viele  und  zum  Theil 
so  Unerfreuliche  was  schon  über  Horaz  geschrieben  worden 
ist  —  lag  ja  nur  ein  kleiner  Theil  davon  auf  meinem  AVege 
—  und  unbeirrt  durch  die  Erwägung  dass  bei  dieser  Sach- 
lage, wie  so  manche  abschreckende  Beispiele  zeigen,  neu  zu 
sein  möglich  werden  würde  nur  auf  Kosten  der  Methode  oder 
der  Nüchternheit,  und  dass  das  etwaige  Verdienst  nur  in  der 
Abweisung  des  Verkehrten  oder  minder  Richtigen  und  in  der 
bewussten  Wahl  des  Besseren  werde  bestehen  können. 

Bei  der  Ausführung  sah  ich  zwei  Wege  vor  mir:  ich 
konnte  einmal  den  von  Kirchner  für  das  erste  Buch  in  An- 
spruch genommenen  und  daher  auch  dem  zweiten  Buche  nicht 
zu  versagenden  Raum  dazu  benützen  um  eine  Art  Repertorium 
für  die  Kritik  und  Erklärung  dieses  Buches  zu  liefern ,  worin 
das  in  Commentaren  und  Einzelschriften  in  beiden  Beziehun- 
gen Geleistete  möglichst  vollständig  zusammengestellt,  beur- 
teilt und  durch  Eigenes  vermehrt  wäre.  Allein  ich  über- 
zeugte mich  bald  dass  dieses  Verfahren  nicht  nur  wcsentlicli 
abweichen  würde  von  dem  durch  Kirchner  beim  ersten  Buche 
befolgten,  sondern  dass  dabei  auch  die  zweite  Abtheilung 
einen  Umfang  erhielte  Avelcher  den  der  ersten  noch  weit  über- 
stiege, ohne  doch  in  entsprechendem  Verhältnisse  auf  Dank 
hoffen  zu  dürfen.  Denn  selbst  im  günstigsten  Falle,  selbst 
wenn  es  mir  gelänge  meiner  Arbeit  den  höchsten  (u-ad  von 
Vollständigkeit,  Zuverlässigk(>it  und  Richtigkeit  zu  geben, 
würde  ddcli    k(>in  einziger  Commenlnr  auch    nur  zu  d<>n  Sati- 


Y  0  r  r  e  (l  e.  VII 

ren  dadurch  cntbelirlicli  ^vcrdeu,  da  sich  mein  Antlieil  mir 
auf  eine  lUilfte  der  Satiren  beziehen  würde.  Ich  schlug  mich 
daher  auf  die  entgegengesetzte  Seite,  die  verhreitetsten  liear- 
beitungen  der  Satiren  geradezu  vorauszusetzen,  alles  in  ihnen 
befriedigend  Erklärte  ohne  Weiteres  bei  Seite  zu  lassen  und 
dafür  alle  kritisch  und  exegetisch  sclnvierigen  Stellen  desto 
umfassender,  mit  P2ingehen  auf  die  Literatur  besonders  der 
Einzelabhandlungen,  um  diese  dadurch  möglichst  entbehrlich 
zu  machen,  sowie  mit  genauerer  Entwicklung  der  Gründe 
welche  für  die  Entscheidung  im  einzelnen  Falle  leitend  sein 
müssen,  also  mehr  in  der  Weise  von  Excursen,  zu  besprechen, 
auch  aiif  die  den  Einleitungen  gesteckten  Aufgaben  beson- 
dere Sorgfalt  zu  verwenden ;  woneben  sich  zur  Unterbringung- 
kleiner  Kachträge  für  einzelne  Stellen  voraussichtlich  um  so 
eher  Raum  finden  würde  weil  das  im  ersten  Theile  aufge- 
speicherte kritische  Material  es  gestatte  von  dem  handschrift- 
lichen Bestände  ein  kurzes  Resume  zu  ziehen  und  damit  als 
mit  schon  bekannten  Grössen  zu  operieren. 

Indem  ich  so  den  Entschluss  fasste  mich  auf  eine  Revi- 
sion der  Acten  und  Nachlese*)  dazu  zu  beschränken  musste 
ich  freilich  vor  Allem  auf  die  Eigenschaft  der  Gleichmässlg- 
keit  für  meine  Arbeit  mit  Bewusstsein  Verzicht  leisten,  und 
dann  konnte  ich  mir  auch  nicht  verhehlen  dass  ich  mit  der 
Entscheidung  für  diesen  Plan  von  dem  durch  Kirchner  be- 
folgten abermals  nicht  unerheblich  abweiche.  Kirchner  hatte 
sich,  nach  der  Vorrede  zur  ersten  Abtheilung  dieses  Theiles, 
S.  VI,  zum  Ziele  gesteckt  „das  volle  Verständniss  des  Schrift- 
stellers, ohne  alle  Kebenzwecke,  weder  für  die  Schule  noch 
für  diese  oder  jene  Classe  von  Lesern."  Aber  das  Verständ- 
niss ist  selbst  abhängig  von  dem  Masse  der  Vorkenntnisse 
welche  der  Leser  mitbringt  und  dem  dadurch  bedingten  Grade 
in  welchem  dieselben,  um  zum  Verständnisse  des  Schrift- 
stellers zuzureichen,  durch   den  Commentar  oder   auf  sonsti- 

*)  Wenn  ich  liiebei  auch  die  Lesarten  von  Ilaberfeldfs  Altdorl'.  auf- 
geführt habe,  so  ist  diess  keineswegs  geschehen  weil  ich  auf  diese  Ildschr. 
irgend  welchen  Werth  legte,  sondern  nur  darum  weil  Kirchner ,  bei  seinem 
Streben  nach  numerischer  Vollständigkeit  in  Aufzählung  der  handschrift- 
lichen Lesarten,  consequenter  Weise  auch  jene  nicht  iibcrgeiicn  durfte. 


VIT!  Vorrede. 

gern  Wege  ergänzt  zu  werden  bedürfen.  Während  daher  je- 
nes Ziel  einfach  allen  Comnientaren  gemeinsam  ist,  wird  jeder 
derselben ,  je  nach  der  Leserclasse  für  die  er  sieh  bestimmt, 
das.selbe  auf  vcrscliiedene  Weise  zu  erreichen  suchen.  Indem 
also  Kirchner  sich  ein  Ziel  steckte  dem  von  vornherein  die 
feste  Bestimmtheit  und  klare  Abgrenzung  mangelte,  konnte 
es  nicht  fehlen  dass  auch  die  Ausführung  ins  Schwanken  ge- 
rieth,  und  wir  sehen  ihn  denn  einen  Mittelweg  gehen  von  dem 
zu  fürchten  ist  dass  er  keinem  der  beiden  entgegengesetzten 
Ansprüche  volles  Genüge  thun  wird:  den  Einen  wird  er  viel 
zu  viel  zu  geben  scheinen,  die  Anderen  werden  Wesentliches 
vermissen.  Wenn  der  Umfang  zu  welchem  seine  Arbeit  un- 
ter den  Händen  anwuchs  es  mit  sich  bringt  dass  für  die  letz- 
tere Klage  weit  weniger  Stoff  vorhanden  ist,  so  würden  doch 
gewiss  Viele  eine  gleichmässigere  Berücksichtigung  der  frühe- 
ren Leistungen  und  eine  eingehendere  Begründung  der  eige- 
nen Entscheidungen  gewünscht  haben;  und  überdiess  zeigt 
der  Augenschein  dass  doch  Vieles  was  für  das  volle  Ver- 
ständniss  gar  nicht  unwesentlich  Aväre  weggeblieben  ist,  ohne 
Zweifel  darum  Avcil  es  sich  in  jedem  Commentare  findet:  ein 
Grund  der  an  sich  vollkommen  triftig  ist,  niu*  aber  sehr  vieles 
Andere  gleichfalls  entbehrlich  gemacht  hätte,  für  dessen 
Wiederholung  es  wohl  kamn  eine  zureichende  Rechtfertigung 
ist  dass  der  Verfasser  zu  demselben  durcli  selbständige  Un- 
tersuchung gelangt  sei.  So  schien  mir  gerade  Kirchners 
Beispiel  eine  Bestärkung  in  meinem  nach  reiflicher  Ueber- 
legung  gefassten  Plane  zu  enthalten,  und  zu  meiner  lebhaf- 
testen Freude  erhielt  derselbe  die  Billigung  von  C.  Halm,  der 
mir  auch  einige  Beiträge  zur  ersten  Satire  spendete,  die  ihres 
Ortes  mit  seinem  Namen  bezeichnet  sind ,  so  wie  die  Zustim- 
mung der  Verlagshandlung, 

Ausserdem  erlaubte  ich  mir  udcIi  in  Einzelheiten  der 
Einrichtung  die  rein  individueller  Art  schienen  Abweichungen 
von  Kirchner.  So  habe  ich  den  Connncntar  nicht  an  den 
Text  der  Kirchner'schcii  Cebersetzung  angeknüpft,  sondern 
an  den  des  Originals,  habe  es  unterlassen  die  Ueberschriften 
der  einzelnen  Satiren,  denen  durch  ihre  2 — 3nialig(^  Auffüh- 
rung im   ersten   Theilc    ihr  Recht   in  genügendem  blasse  ge- 


V  0  r  r  0  d  e.  IX. 

worden  schien,  abermals  an  die  Spitze  zusetzen,  und  konnte 
OS  auch  niclit  über  mich  gewinnen  meine  Datierung  eines 
jeden  Stückes  schon  in  der  Ueberschrift  als  feststehende 
Thatsache  auszusprechen.  Wohl  scheint  es  dass  für  Kirch- 
ner seine  chronologischen  Ergebnisse  im  Laufe  der  Jahre  zu 
einer  nahezu  unerschütterlichen  Ueberzeugung  geworden  Ava- 
rcn;  mir  aber  Aviderstrebtc  es  den  Schein  einer  Gewissheit 
anzunehmen  die  ich  in  manchen  Fällen  nicht  besitze  und 
überhaupt  nicht  in  allen  für  erreichbar  halte.  Endlich  habe 
ich  im  Interesse  der  Kaumersparniss  es  auch  unterlassen 
die  aus  Horaz  angeführten  Stellen  auszuschreiben,  da  der 
Besitz  eines  Exemplars  der  horazischen  Gedichte  doch  un- 
bedingt von  jedem  Käufer  dieses  Commentars  zu  präsumieren 
sein  Avird. 

Dass  ich  ausserdem  im  Einzelnen  der  Textgestaltung,  da 
AA'O  mir  Kirchners  Entscheidung  niclit  zureichend  begründet 
schien,  mich  nicht  gescheut  habe  die  letztere  zu  bekämpfen, 
Avird  hoffentlich  keiner  Entschuldigung  bedürfen.  Noch  mehr 
aber  claube  ich  mich  der  Versicherung  überheben  zu  können 
dass  diess  ihm  Avie  jedem  Andern  gegenüber  immer  in  aller 
Gemütsi'uhe  und  objectiAcr  Form  geschehen  ist;  denn  ganz 
und  gar  fremd  ist  mir  die  Weise  zu  denken  und  zu  fühlen 
AA'elche  gegen  jede  A-on  der  eigenen  abAA^eichende  Ansicht 
als  über  eine  Bethätiguug  A'on  Unverstand  oder  auch  von 
persönlicher  Feindschaft  losfährt.  Ebenso  frei  aber  Aveiss  ich 
mich  auch  A'on  der  Fesslung  des  eigenen  Urteils  Avelche 
Autoritäten  folgt,  statt  die  Gründe  abzuwägen. 

Ueber  die  Unterstützung  Avelche  ich  bei  meiner  Arbeit 
durch  den  Nachlass  von  Kirchner  gefunden  habe  kann  ich 
mich  kurz  fassen.  Das  für  meinen  ZAveck  VerAvendbare  in 
demselben  bestand  erstens  aus  kiirzen  lateinischen  Anmerkun- 
gen Avelche  Kirchner  in  seinem  durchschossenen  Handexem- 
plare A'on  Chr.  .lahn's  Ausgabe  des  Horaz  eingetragen  hatte. 
Dieselben  erstreckten  sich  aber  Aveder  über  alle  Satiren  des 
ZAVciten  Buches  noch  enthielten  sie  irgend  etwas  Erhebliches, 
schienen  A-ielmehr  ein  für  den  ZAveck  des  Schulunterrichts 
gefertigter  Auszug  aus  Heindorf  zu  sein.  Um  Proben  davon 
zu  geben  habe  ich  bei    der   ersten  Satire, ,  wo    sie    noch  am 


X  V  0  r  r  e  d  e. 

wenigsten  mager  sind,  einige  Anführungen  daraus  gemacht. 
Zweitens  das,  wie  es  scheint,  vollständige  Conccpt  der  Ein- 
leitung zur  ersten  Satire.  Warum  ich  von  demselben  nur 
eingeschränkten  Gebrauch  machen  konnte  wird  aus  meiner 
Einleitung  zu  jener  Satire  erhellen.  Ausser  diesen  beiden 
Stücken  bestand  der  literarische  Nachlass  Kirchner's,  so  weit 
er  in  meine  Hände  gelangte,  nur  aus  Collectaneen  orthogra- 
phischen, historischen  und  bibliographischen  Inhalts,  welche 
grösstentheils  schon  in  des  Verfassers  Quaestiones  horatianae, 
sowie  im  ersten  Theile  der  vorliegenden  Ausgabe  ihre  Ver- 
wendung gefunden  haben,  für  einen  Dritten  aber  völlig  un- 
fruchtbar waren.  Was  hätte  auch  einem  Solchen  mit  Ex- 
cerpten  aus  Drumann,  Hock,  Vossius,  Bach  bist,  iurisprud., 
Meibom's  Maeccnas,  Groddeck,  Fr.  Passow's  Grundzügen  u.dgl. 
gedient  sein  können  ?  Lebhaft  aber  bedauerte  ich  dass  mir 
von  Kirchners  Sammlungen  zu  den  horazischen  Schollen 
ISlichts  zukam.  Es  scheint  dass  er  seine  hierauf  gerichteten 
Studien  nur  innerlich  mit  sich  herumgetragen  hat,  ohne  viel 
zu  Papier  zu  bringen,  ausser  etwa  vielleicht  in  irgend  einem 
Handexemplar  der  Schollen,  deren  mir  aber  keines  zu  Ge- 
sicht gekommen  ist. 

So  sah  ich  mich  bei  dieser  Arbeit  auf  mich  selbst  ange- 
wiesen, und  da  der  Verleger  natürlich  das  Werk  je  eher  je 
lieber  beendigt  wünschte,  so  konnte  von  weit  ausholenden 
neuen  Studien  für  dieselbe  nicht  die  Rede  sein.  Ich  hoffe 
jedoch  dass  dicss  nicht  allzu  fühlbar  sein  wird  und  bitte  im 
Voraus  um  Entschuldigung  wenn  ich  auf  dem  weiten  Gebiete 
der  Monographien  und  Aufsätze  über  horazische  Stellen 
etwas  Wesentliches  übersehen  haben  sollte,  iiulcm  ich  das- 
jenige was  in  dieser  Beziehung  neuerdings  Dödcrlcin  (Horaz' 
K])isteln;  erstes  lUich,  S.  67)  gesagt  hat  mir  ganz  zii  eigen 
mache.  Endlich  bemerke  ich  noch  dass  zur  Zeit  der  Ab- 
sendung meines  IMspts.  der  zweite  Band  der  Ritterschen 
Bearbeitung  noch  nicht  erschienen  war,  und  gelegentlich  der 
Revision  der  Druckbogen  beiläufig  sie  zu  berücksichtigen 
deuchte  mir  nicht  statthaft. 

.lan 

''"'  W.  Teuffei. 


T..  1   .  II.  .lanuar    .  <^r- 

ubingen,    .,   ...        IS5/, 


INHALT. 


Seile. 

Erste  Satire t 

Zweite  Satire 34 

Pritte  Satire 57 

Vierte  Satire .      .  114 

Fünfte  Satire 125 

Sechste  Satire 144 

Siebente  Satirc 175 

Achte  Satire 200 

Register 221 


ZWEITES  BUCH. 


Erste  Satire. 


E  i  n  1  e  i  t  u  n  g  ''"'). 

„Diess  ist  der  dritte  Sermon  worin  Horaz  von  sicli  und  seiner 
Haiire,  im  Vergleich  mit  seinem  Vorgänger  Lucilins,  handelt,  aber 
in  ganz  anderer  Weise  als  in  der  vierten  und  zehnten  des  ersten 
Buchs.  In  der  vierten  rechtfertigt  er  seine  Gesinnungen  und  Al»- 
sii-hten  vor  dem  Publicum  als  Erneurer  der  lucilisclien  Satire,  in 
der  zehnten  rechtfertigt  er  sein  (in  der  vierten)  über  Lucilius  aus- 
gesprochenes Urteil;  beide  sind  apologetisch  und  doctrinär.  Die 
vorliegende  Satire  aber  ist  rein  humoristisch;  weit  entfernt  sich  auf 
irgend  eine  Selbstvertheidigung  einzulassen  setzt  der  Dichter  die 
Existenz  seiner  Satiren  als  eine  vollendete  Thatsache  voraus ,  für 
die  er  dieselbe  Berechtigung  wie  einst  sein  Vorgänger  Lucilius  in 
Anspruch  nimmt.  Zu  diesem  Beliufe  bedient  er  sich  der  vortrefl- 
lichen  Auskunft  sich  an  einen  namhaften  Rechtsgelehrteu,  und  vor- 
zugsweise an  den  hochangesehenen,  dabei  jovialen  und  schorzlie- 
beuden  0.  Trebatius  Testa,  zu  wenden  und  ihn  über  seine  recht- 
liche B  efugn  iso  ziim  Satirenschreiben  zu  Käthe  zu  ziehen. 
Das  Ergebniss  fällt  denn  zu  ihrer  beiderseitigen  Befriedigung  aus." 

,,Der  Gang  des  Dialogs  ist  folgender.  Eines  schönen  I^Ior- 
gens  kommt  Horatius  als  C'onsultor  (s.  zu  T,  1,9)  zu  dem  schon  ziem- 
lich bejahrten  llechtsgelehrten  Trebatius,  tim  sich  von  ihm,  in  der 
ironischen  Verlegenheit  worein  er  durch  die  widersprechenden  Ur- 
teile des  Publicums  über  seine  Satiren  gesetzt  zu  sein  vorgibt,  rück- 
siclitlich  des  weiter  zu  beobachtenden  Verfahrens  seinen  Rath  zu 
crl litten.  Der  Jurist  räth  ihm  kurz  und  bestimmt  vom  Schreiben  ab 
und  empfiehlt  ihm  gegen  seinen  innern  Drang  eine  angemessene 
Diät,  oder  die  Anwendung  seines  Talents  zum  Preise  des  siegrei- 
chen Caesar  und  seiner  Thaten  (V.  1  — 12).  Wie  Horaz  erklärt  dass 
seine  Kräfte  einer  solchen  Aufgabe  nicht  gewachsen  seien,  räth  er 
ihm,  wenigstens  Oaesar's  bürgerliche  Tugenden  im  Liede  zu  erhe- 
ben (V.  12 — 17).  Horaz  zieht  sich  aus  dieser  Schlinge  mit  der  Ant- 
wort dass  er  eine  passende  Gelegenheit  dazu  abwarten  müsse,  und 
Trebatius  versichert  dass  diess  eine  viel  bessere  Aufgalje  sei  als  die 
Menschen  mit  seinen  Satiren  zu  reizen  (V.  17 — 23)." 


*)  Das  mit  Aufiilirungszeiclien  Versehene  ist,  mit  einigen  Abkürzungen, 
ilem  Xachlass  von  Kircliner   entnoninun. 

IIORATII   SAT.    11,   2.  1 


2  Zweites  Bucli  der  Saliion. 

„Hierauf  kommt  der  Dichter  auf  seinen  Gegenstand ,  nämlicli 
seine  Befugniss  zum  Satirenschreiheu ,  welche  er  theils  durch  den 
angeborenen  innern  Trieb  und  seine  Gewöhnung  an  diese  Beschäf- 
tigung zu  rechtfertigen  sucht  (V.  24 — 28) ,  theils  mit  dem  Beis])iel 
seines  grossen  Vorgängers  Lucilius  beschönigt ,  von  dem  er  in  die- 
sem Sermon  mit  uneingeschränkter  Hochachtung  redet  und  so  die 
Verehrer  desselben ,  nach  der  scharfen  Kritik  mit  der  er  in  Sat.  I, 
4  n.  10  dessen  ästhetische  Fehler  aufgedeckt,  wieder  mit  sich  ver- 
söhnt. Lucilius  habe  Alles  was  ihm  im  Leben  begegnete  seinen 
Schriften  anvertraut  und  in  diesen  ein  treues  Abbild  seines  Lebens 
geliefert  (V.  29 — 34).  Seinem  Beispiel  folge  er,  der  Venusiner  (3j 
— 39).  Docli  fügt  er  die  Versichenuig  hinzu  dass  er  Niemanden 
der  nicht  ihn  beleidige  mit  seinem  Grifl'el  antfvsten  werde,  dass  aber 
Jeden  der  ihn  reize  seine  Geissei  sicher  treffen  werde  (39  —  46). 
Denn  ein  Jeder  greife  seine  Gegner  mit  den  ihm  verliehenen  Waf- 
fen an.  Diess  sei  einmal  Naturgesetz,  wie  in  der  Thier-  so  auch 
in  der  IMenschen-Welt  (47  —  56).  Demgemäss  werde  auch  er,  der 
Dichter,  bei  seinem  Berufe  beharren,  das  Leben  in  jeglicher  Farbe 
zu  schildern  (57 — 60).  Trebatius  spricht  die  Besorgniss  aus  dass 
dieser  Vorsatz  ihm  sein  Leben  verkürzen  und  Ungnade  bei  den 
Grossen  zuziehen  werde.  Horaz  weist  zur  Erwiderung  auf  Luci- 
lius' Beispiel  hin,  der  ungescheut  die  Laster  seiner  Zeitgenossen 
aufgedeckt,  aber  seine  hohen  Freunde  nie  verletzt  habe.  Audi 
liaben  sie  trotz  seiner  Angriffe  auf  andere  römische  Grosse  mit  ihm 
im  vertraulichsten  Verkehre  gelebt  (61 — 74).  Solcher  hohen  Gönner 
könne  auch  er  in  seiner  Weise  sicli  rühmen  und  im  Gefühl  seiner 
Sicherheit  bösliche  Angriffe  verachten  (74  —  79).  Trebatius  gibt 
diess  zu,  erinnert  ihn  aber  an  das  bestehende  Gesetz,  welches  wider 
die  Verfasser  böser  Gedichte  gerichtliclie  Verfolgung  von  Seiten 
der  Beleidigten  verstatte.  Sehr  witzig  benützt  der  Dichter  den 
Doppelsinn  des  Wortes  mahi  curmina  zu  der  Erwiderung:  Wie  aber 
wenn  es  nach  Caesar's  Urteil  bona  carmina  seien V  Dann,  schliesst 
Trebatius,  wirst  du  unter  dem  Lachen  des  Gerichtshofes  ungefähr- 
det entlassen  (79— -86)." 

,,So  endet  dieser  Sermon  mit  dem  heitern  Ausdruck  siegreicher 
Zuversicht  des  Horaz  auf  den  Schutz  des  Herrschers  in  seinen  dich- 
terischen Bestrebungen.  Diess  deutet  auf  ein  bereits  angeknüpftes 
näheres  Verliältniss  des  Dichters  zu  Octavianus  ,  welches  damals 
b(n-eits  durch  seine  (Sat.  I,  10  genannten)  (Jönner  vermittelt  sein 
mochte.  Octavian  hatte  durch  diese  Freunde  den  Horaz  aus  seinen 
Schriften  als  einen  witzigen  und  geistreichen  Dichter  kennen  und 
schätzen  gelernt,  inid  vermuthlich  war  er  ihm  auch  als  ein  liebens- 
würdiger Ciesellscliafter  empfohlen;  Horaz  seinerseits  war  über  des 
iMa(  litha-liers  AbsiclitiMi  und  (Jesiunuugen  gewiss  durch  die  <lemsel- 
ben  uüIkm-  stellenden  Staatsmänner  (»ines  Besseren  Ixdidirt ,  s(»  dass 
er  seine  frühere  republicanischt»  Abneigung  gegiMi  ilin   (s.  d.  Einl. 


Einleitung  zur  orslen  Saliro.  3 

zu  Hat.  I,  2.  S.  -20  f.)  autgegeben  und  ilni  als  wolilwullcnden  lleiin 
und  einzige  Stütze  des  »Staats  in  dessen  dermaliger  Lage  anerken- 
nen gelernt  hatte.  Daher  seine  vorsichtige  Annäherung  an  ihn  im 
Eingange  unserer  Sat. ,  in  der  er  zwar  sich  noch  zu  Nichts  ver- 
pHichtet  (sofern  noch  kein  näherer  Anlass  zum  Lobe  des  Herrschers 
gegeben  war,  der  sich  bisher  fast  nur  in  den  Kämpfen  nn<l  Groueln 
der  Bürgerkriege  und  ihrer  unseligen  Folgen  bewegt  hatte),  indess 
zum  Preise  seiner  sich  noch  zu  erwerbenden  Verdienste  um  den 
Staat  durch  Gereclitigkeit ,  ^Mässigung  und  Standliaftigkeit  J[i)tT- 
nung  macht  (V.  16 — '20).  Sicher  aber  konnte  es  nicht  die  Absicht 
des  Dichters  sein  (wie  Einige  aus  dem  Eingangsgespräch  mit  Tre- 
batius  haben  abnehmen  wollen)  sich  in  diesem  Sermon  bei  Octavia- 
nus  zu  entschuldigen  dass  er  nicht  ihn  selbst  zum  Gegenstande  sei- 
ner Poesie  mache,  was  weder  mit  dem  eigentlichen  Inhalte  dieses 
Stücks,  noch  überhaupt  mit  dem  Charakter  der  Satire,  in  welcher 
lUein  Iloraz  sich  l)isher  vorsucht  hatte,  übereinstimmt.  ^lithin  ist 
dieses  Eingangsges])räch  blos  für  ein  —  Avenn  auch  nicht  absichts- 
h)ses  (V.  H3)  — ■  Beiwerk  der  Einkleidung  zu  halten.  *)  Ob  üiiri- 
gens  lloraz  dem  Octavian  schon  persönlich  vorgestellt  und  bekannt 
geworden  war  ist  ungewiss,  doch  nicht  eben  wahrscheinlich,  weil 
er  sonst  in  diesem  Sermon,  wenn  auch  den  Caesar  nicht  persönlich 
angeredet  hätte  (wie  den  Maecenas  nach  seinem  ersten  Bekanntwer- 
den mit  ihm  in  Sat.  I,  3,  64),  doch  vermuthlich  weniger  zurückhal- 
t(Mid  und  behutsam  von  ihm  geredet  haben  würde  als  in  V.  10 — 20 
geschieht.'' 

Was  die  Abfassungszeit  der  Satire  betrifft,  so  gehen  hier- 
über die  Ansichten  weit  auseinander.  AVährend  C.  G.  Zumpt  (vor 
Wüstemann's  Bearbeitung  der  lleindorf sehen  Ausgabe,  S.  37)  das 
.r.  719  annahm,  Bentley  aber  mit  dem  ganzen  ZAveiten  Buche  na- 
türlich auch  das  erste  Stück  derselben  innerhalb  der  drei  Jahre  720 
— 722  verfasst  sein  liess,  womit  das  Ergebniss  meiner  eigenen  Un- 
tersuchungen in  sofern  übereinstimmt  als  ich  im  Rhein.  Mus.  N.  F.  IV. 
S.  2()H — 2JI.  vgl.  S.  223  das  Jahr  720  —  721  als  Entstehungszeit  die- 
ser Satire  nachzuweisen  gesucht  habe:  so  setzen  dagegen  C.Fran- 
ke (lutsli hiir. p.  109 — 114)  und  G.F.  Grotefend  (Ersch  und  Gruher 
11,  10.  S.  463.  466.  vgl.  desselben:  Schriftstellerische  Laulbahn  des 
Iloraz,  Hannover  1849,  S.  16)  die  Abfassung  derselben  ins  Jahr  724, 
C,  K ir  c  h  n  e  r  (Qiiaesl.  hör.  §.  35  f.  p.  17  f.  Satiren  I.  S.  20  f.)  ins  Jahr 
726,  Weichert  (Poet.  lat.  p.  298.  n.  22.)  sogar  ins  J.  727.  Von 
diesen  hat  die  Franke'sche  wie  die  Kirchner'sche  Ansicht  ihre  An- 
hänger gefunden:  erstere  an  Düntzer  (Kritik  u.  P^rklärung  der  Sa- 
tiren des  Iloraz,  Braunschweig  1841,  S.  445:  ,, höchstens  in  den  An- 
fang 725"),  letztere  an  Walckenacr  {^HiMnire  de  Ui  vie  et  des pocsirs 
'/'  Horace,  Paris  1H40,  I.  p.493ft".)  und  W.  E.  Weber  (Q.  Ilor.  Fl.  als 


*)  Di?8e  Ansiclit  Kirchner's  dürfte  nnlialtbar  sein. 


4  Zweites  Bucli  der  Saliien. 

Menscli  uud  Dicliter,  Jena  1844)  S.  175  f.  (mit  der  ^[odification : 
„genauer  gesagt,  7-25  auf  726")  i  wogegen  Orolli  in  seinen  ver- 
schiedenen Ausgaben  bald  dem  Einen  bald  dem  Andern  folgt.  Auch 
liaben  sowohl  Franke  als  Kircliner  zu  beweisen  gesucht  dass  die 
.Satire  weder  vor  noch  nach  dem  von  ihnen  angenommenen  Jahre 
vcrfasst  sein  könne :  Aufforderung  genug  für  uns  die  von  den  ver- 
schiedenen Seiten  vorgebrachten  Gründe  unbefangen  zu  prüfen. 

Hierbei  müssen  wir  vor  Allem  Kirchner  Kecht  geben  wenn  er 
sich  gegen  "Weichert's  727  ausspricht.  Weichert  weiss  für  seine  Be- 
hauptung nichts  anzuführen  als  dass  Y.  14  die  Gallier  als  von  Octa- 
vian  besiegt  erwähnt  werden,  und  dieser  nach  Dio  Cass.  LIII,  22  f. 
in  jenem  Jahre  ..hello  in  Brilanniam  paralo,  sed  tiio.v  seposifo,  ab  Vrbe 
in  Gallias  profccliis  esl'''.  Aber  mit  den  (Galliern  hatte  Octavian  noch 
zu  vielen  anderen  Zeiten  manchfache  Berührungen,  und  unter  die- 
sen gerade  das  Jahr  727  herauszugreifen  ist  um  so  weniger  begrün- 
det weil  damals  Caesar  non  tarn  res  bellicas  in  Galliu  gessil  quam  poliiis 
ptiblicas  civitalum  comUliones  ordinavit,  teste  Diane  LIIL  22  extr.  (Kirch- 
ner Qu.  Hör.  p.  18)  und  er.st  im  J,  730  aus  Spanien  — •  wohin  er  von 
Gallien  aus  sich  begeben  hatte  —  nach  Rom  zuiückkelutc. 

Für  die  Kirchncr-Weber'sche  Datierung  aber  werden  folgende 
Gründe  geltend  gemacht,  l)  Die  Prädiciernng  des  Octavian  als  in- 
victiis  (V.  ll)  ,,k.ann  *)  auf  keinen  anderen  Zeitpunkt  gehen  als  den 
nach  der  glorreichen  Rückkehr  Oaesar's  aus  Aegypten  und  dem 
Orient  \\\\  Juli  725  d.St. ,  als  er  nach  Besiegung  des  Antonius  und 
der  Kleopatra ,  nach  Unterwerfung  Aegyptens  unter  die  römische 
Herrschaft,  nach  Demüthigung  der  Parther  (deren  Gesandte  er 
in  Kloinasien  cmpfieng,  den  flüchtigen  Tiridates,  Bruder  des  Kö- 
nigs Phraates,  in  Schutz  nahm  und  einen  Sohn  des  Letzteren  nach 
Rom  als  (roissel  abführte,  Dio  LI,  JM)  am  6.,  7.  u.  8.  August  einen 
dreitägigen  glänzenden  Triumph  ])egangen  hatte  (Dio  Cass.  LT,  21. 
Servius  zu  Aen.  VIII,  7l4.  Suet.  Aug.  22.  ^Maorob.  Sat.  T,  12)  und 
nun  unbestrittener  Herr  des  römischen  Reiches  war.  Zu  keiner 
fniheren  Zeit  würde,  während  der  Dauer  der  Bürgerkriege,  der 
Name  invictus  auf  Caesar  Octavianus  gepasst  liaben."  Aber  die 
Bürgerkriege  w\aren  schon  mit  der  Schlacht  bei  Actium  und  dem 
'J'ode  des  ]\r.  Antonius  zu  Ende,  so  dass  dasselbe  Argument  sich 
auch  für  das  J.  724  anführen  Hesse.  Ueberhaupt  jedoch  sclieint 
man  invictus  zu  sehr  von  dem  Staudpunkte  der  Nachwelt  aufzufas- 
sen. Wir,  denen  die  ganze  Geschichte  ()ctavians  allgeschlossen 
und  durchsichtig  vorliegt,  köjinen  allerdings  nach  einem  Zeitpunkte 
suchen  in  w(dchcm  jenes  Epitheton  dem  Octavian  nut  dem  meisten 
Rechte  beigelegt  werden  konnte,  wo  er  auf  dem  Höhepunkt  seiner 
kriegerischen  Erfolgestand;   aber  der  Mitlebende  konnte,   im  Hin 

*)   Nacli   Kircliiior's  lotztcr  l'nssnnir,   in  diMu  liiiitcrlassoncn^Msjit     i]^r 
Einleitung. 


Kiulciluii^  zur  ersten  Satire.  5 

Mick  auf  das  (Jlüek  das  drii  Octaviaii  eig(>iitlich  iiicmals  vciliess 
und  kaum  die  Ausnahme  von  einzoluou  ►Scddajjpcn  oifulir,  ebenso 
u,ut  auch  sclion  früher  denselben  als  unbesiej;t  bezeichnen.  Meint 
Weber  a.  a,  O.  S.  175:  ,,Hora7.  konnte  vor  dem  Tode  der  Kleopatra 
und  der  Kinriclitung  Aegyptens  zu  einer  römisclieu  Provinz  von 
(bissen  Kriegsthaten  ein  so  grosses  Wesen  nicht  machen ,  da  er 
früher  sein  Schwert,  mit  Ausnahme  der  Kämpfe  wider  die  l)arba- 
rischen  Illyrier,  Dalmaten  u.  I'annonier,  lediglich  gegen  Bürger  ge- 
zogen": so  ist  7Ai  erwidern  dass  ein  Bürger  auch  Antonius  war  und 
die  fragliche  Einrichtung  nur  sehr  indirect  zu  den  „Kriegsthaten" 
uercchnet  werden  konnte. 

•2)  ,,Zu  keiner  früheren  Zeit  konnte  sich  Iforaz  auf  Caesar's 
nlierste  richterliche  Entscheidung  (V.  S4)  berufen  als  nachdem  ihm, 
seit  seiner  Kückkehr,  unter  anderen  Ehren,  vom  Volke  das  Appel- 
lationsrecht in  allen  ( ierichtssachen  ertheilt  war  (Dio  Cass.  LI,  19)." 
Aber  diese  Ausdeutung  des  iudicc  V.  H4  ist  mehr  als  zweifelhaft,  sie 
ist  unwahrscheinlich,  um  nicht  zu  sagen  unrichtig. 

3)  ,,Erst  im  J.  726,  nachdem  Caesar  seine  vielen  CTeschäfte  in 
i[erstellung  des  zerrütteten  Staatswesens  zum  Theil  beseitigt  und 
nach  Uebernahme  der  Sittenaufsicht  dio  öft'entlichen  Angelegen- 
heiten mit  Mässignng,  AVeisheit  und  Gerechtigkeit  zu  ordnen  unter- 
nonnnen,  auch  mehr  Zeit  gewonnen  hatte  sich  um  Privatangelegen- 
heiten zu  künnuern,  mochte  Iloraz  sich  seines  Schutzes  rühmen 
und  aus  eigener  Ueberzeugung  dem  Trebatius  die  Mahnung  in  den 
Mund  legen  (V.  16):  Altamen  et  histum  pnteras  vi  scriberc  fortctn.^' 
Wie  wenig  diess  genügende  BcAveiskraft  hat  leuchtet  ein.  Jene 
l'iigenschaften  hat  Octavian  nicht  erst  im  Jahre  725  oder  726  bewie- 
sen, und  so  objectiv  und  entfernt  wie  in  dieser  Stelle  geschieht 
k<mnte  Iloraz  derselben  auch  schon  vor  726  Erwähninig  thun. 
Ebenso  wenig  ist  es  überzeugend  wenn  Weber  a.  a.  O.  Anm.  140 
die  Satire  genauer  noch  ins  J.  725  verlegen  will,  Aveil  Dio  LTI ,  42 
die  ('ensur  Octavian's  und  Agrippa's  noch  unter  die  Schlussbege- 
beidieiten  von  725  aufnehme  —  wiewohl  er  selbst  bemerkt  dass  das 
sehr  weitläufige  Geschäft  sich  ganz  wohl  bis  in  den  Anfang  von 
726  hinausgezogen  haben  könne  (Dio  LTII,  l)  —  und  es  nicht  glaub- 
haft scheine  (warum?)  dass  die  einstweilen  durch  Vorlegung  hora- 
zischer  Gedichte  vermittelte  Annäherung  an  Octavian  gar  zu  lange 
nach  den  Triumphen  erfolgt  sei. 

Alles  dieses  beweist  nur  dass  die  Satire,  soweit  es  von  den 
fraglichen  Stellen  abhängt,  allenfalls  im  J.  725 — 726  verfasst  sein 
kann,  nicht  aber  dass  sie  es  muss.  Triftiger  ist  die  Einwendung 
welche  die  Vertheidiger  dieser  Ansicht  gegen  die  Annahme  des  J. 
724  erheben,  dass  in  diesem  Octavian  gar  nicht  zu  l\om  anwesend 
gewesen  sei  (nur  27  Tage  lang  verweilte  er  zu  Anfang  desselben 
in  Brundusium ,  um  aber  alsbald  nach  Asien  zurückzukehren  und 
erst   im  Sextilis  des  J.  726   nach   Italien   und  Rom    zu   kommen), 


(5  Zweites  Butli  der  Satiren. 

während  docli  der  gaiizf  luluilt  der  >Stfllc  über  Octiiviau  ilic  An- 
weseulieit  des  Grcpriescncu  zu  Itoui  voraussetze.  Diess  ist  gewiss 
richtig.  Geht  es  aucli  nicht  aus  V.  84  hervor,  sofern  das  fragliche 
Urteil  Octavian  an  einer  beliebigen  Stelle  der  Welt  gefällt  haben 
konnte,  so  erhellt  es  doch  aus  der  ganzen  Haltung  und  Al)zweckung 
der  Aensscrungeu  über  Octavian.  Wozu  diese,  wenn  dem  Dichter 
nicht  nahegelegt  worden  wäre ,  in  (Jonsequenz  seines  Umganges 
mit  Octaviancrn  nun  auch  offen  und  durch  literarische  Thaten  in 
das  r.ager  Octavians  überzutreten  V  Und  wozu  solche  Ansinnen, 
wenn  nicht  Octavian  personlich  zu  Rom  war  und  der  Uebergang 
zugleich  eine  Einleitung  für  ein  persönliches  Vei'hältniss  zwischen 
dem  Herrscher  und  dem  Dichter  werden  sollte? 

Das  Jahr  724  scheint  uns  hienach  in  der  That  unmöglicli,  und 
Avir  finden  auch  keinen  der  für  diese  Datierung  vorgebrai-litin 
Gründe  unbedingt  stichhaltig  oder  gar  nöthigcnd. 

Fürs  Purste  die  vidnera  Part/n  (V.  15)  scheinen  wenig  zu  den 
friedlich  diplomatischen  Verhandlungen  zu  passen  welche  Octavian 
während  des  Winters  724 — 725  vonKlcinasien  aus  in  den  parthischen 
Angelegenheiten  führte;  und  wollte  man  die  Stelle  hierauf  bezie- 
hen,  so  würde  man  sich  dadtirch  jedenfalls  über  724  hinaus,  auf 
725,  gewiesen  sehen.  Und  was  zweitens  die  Gallier  (V.  I4)  be- 
trifft, so  ist  es  zwar  sicher  dass  Octavian  am  6.  August  725  auch 
über  die  Gallier  triumphierte;  denn  Dio  Cass.  sagt  IjI,  21 :  srograae 
rij  jiiiV  7CQCot}j  iji-iiocc  Ta  rs  rcöv  IJcan'Ovuov  xcd  xct  x(ov  ^ekf^ic<TO)i\ 
ftjg  TS  lanvölag  '/.al  zäv  ■nQogyjoQfov  6g)i6i,  KeXrcov  te  '/.cd  rcela- 
Tcov  rivfov.  Aber  man  beachte  die  ganz  untergeordnete  Stelle 
welche  hier  die  Gallier  einnehmen,  und  man  wird  es  unglaubliih 
finden  dass  Horaz  von  allen  um  diese  Zeit  besiegton  Völkern  einzig 
und  allein  die  Gallier  genannt  hätte.  Noch  weniger  beweist  die 
gleichfalls  von  Franke  p.  111  angeführte  Stelle  Dio's  L,  24,  in  wel- 
cher der  Historiker  den  Octavian  vor  der  Schlacht  bei  Actium  zu 
seinem  Heere  U.A.  sagen  lässt :  KaxanaxsiG^ai  Txgog  yvvtuy.og  Al- 
yvTTxiag  civa^iov  (.lev  x(av  7tcire(J(ov  >}j.i(op,  avci£,i,oi>  ös  y.cil  //«wi'  ra'rcöi' 
T(ov  xovg  Pakaxag  KaxsGxoaniiivcov  ^  da  sie,  w'ie  das  Folgende  zeigt 
(xcöv  xuv  Pijvoi'  dLCißEßriKoxcoi'.  x(oi'  ig  BoexTaviav  TXSTrfQcaco^iEvoiv),  sich 
vielmehr  auf  die  gallischen  Feldzüge  nnti>r  Julius  Gaesar  bezieht. 
Die  Tjeistungen  Octavians  und  seiner  Feldherren  in  (Jallien  fallen 
vielmehr  theils  ziendich  vor  das  J.  724.  theils  zienilich  nach  dem- 
selben ,  nämlich  in  die  Jahre  715  (Dio  XLVHl,  2()) ,  7l(>  (ib.  4»). 
Ai)p.  b.  c.  V,  <)2  u.  \.),  719  (Dio  XLIX,  34),  720  (ib.  3«),  und  dann 
Avieder  72(i  (App.  b.  c.  IV,  :\h)  ,  727  ff.   (Dio  LIII,  22). 

Beweisen  also  die  beiden  (Jründe  Franke's  nichts  für  das  Jahr 
724,  so  ist  dageg(>n  ihm  Iteizupllichten  wenn  er  es  p.  112  f.  un- 
wahrscheinlicli  tin(h>t  {h\ss  die  Satire  nach  724  verfasst  sei,  weil 
sonst  der  Dichter  in  einer  Stelle  wtdche  die  bestinnnte  Alisicht  liat 
den  Octavian   /u  rühmen  nicht  unterlassen   haben  würde  die  drei 


Eiuleiluiiir  zur  crslen  Salirc.  7 

lieiiierkcuhWfitlien  Ereignisse  des  .1.  7'2j,  die  Seliliessung  des  Jauus- 
leinpels,  den  glänzenden  Triunijdi  und  die  rcbeniahiue  des  Amtes 
eines  maijislt'r  nioruin ,   mit  gcbürendcm  Naclidiuck   Iiervorzulicbcn. 

Ist  aber  die  Satire  weder  im  J.  724  verfasst,  noch  nach  dem- 
selben, so  bleibt  nur  übrig  dieselbe  vor  jenes  Jahr  zu  setzen;  eine 
Datierung  welche  auch  noch  vieles  Andere  für  sich  und  nichts  Er- 
liebliches  gegen  sich  hat. 

Vergleichen  wir  die  Art  wie  in  unserer  Satire  über  Octavian 
i;<'sjirochcn  wiril  mit  dorjeuigen  wie  der  Dichter  diess  in  der  fünf- 
ten unseres  Buches  (V.  62  —  65)  thut ,  so  erhellt  dass  lloraz  das 
was  er  in  der  ersten  sich  erst  ansinueu  l.ässt  und  halb  ablehnt ,  das 
in  der  fünften  von  selbst  thut  und  hier  die  Gelegenheit  demselben 
eine  Artigkeit  zu  sagen  sogar  mit  einer  gewissen  Gewaltsamkeit 
herbeiführt;  dort  eine  leise,  zweifelnde  und  halb  widerwillige, 
daher  auch  nicht  sehr  graziöse  iScliwenkung  gegen  den  thatsäcli- 
lichen  Herrscher  hin,  hier  eine  offene,  rückhaltslose,  freiwillige  und 
warme  Anerkennung  seiner  Verdienste ;  dort  ein  Entgegenkommen 
des  Octavian  durch  rühmendes  Urteil  über  den  Dichter  (V.  84), 
dem  dieser  nur  nicht  widerstehen  kann,  hier  die  Initiative  von 
Iloraz  selbst  ergriftcn.  Es  scheint  daher  nothwendig  anzunehmen 
dass  die  erste  .Satire  vor  der  fünften  verfasst  ist.  Nun  werden  wir 
aber  von  der  fünften  sehen  dass  sie  auf  das  Jahr  724  hinweist;  auch 
von  dieser  Seite  also  werden  wir  darauf  hingeführt  die  erste  Satire 
vor  724  anzusetzen.  Haben  wir  hicdurch  den  einen  Grenzpunkt 
L^ewonnen,  so  bietet  den  anderen  das  Verhältniss  unserer  Satire 
zum  ersten  Buche.  Dieselbe  ist  vorzugsweise  zur  Verthcidigung 
gegen  Augritt'e  bestimmt  welche  sich  der  Dichter  durch  seine  Sati- 
ren zugezogen  hatte,  und  zwar  nicht  etwa  durch  einzelne  Stücke 
dersellsen,  sondern  durch  die  eben  erst  erfolgte  Ileraiisgabe  des 
ersten  Buches  *).  Diess  sclilicsse  ich  aus  V.  22.  Die  Erwähnung 
lies  I'antolabus  geht  auf  Sat.  I,  8  zurück ,  die  unbestreitbar  zu  den 
ältesten  Satiren  des  Horaz  gehört;  nun  wäre  aber  doch  wohl  die 
lI«'rvorhebung  gerade  dieses  längst  vergessenen  Beispiels  von  An- 
grirt'en  unbegreiHicb  ohne  die  Annahme  dass  dasselbe  durch  die 
kurz  zuvor  erneuerte  Herausgabe  (mit  dem  gesammten  ersten 
Buche)  wieder  ins  Gedächtniss  zurückgerufen  worden  sei.  Fer- 
ner gegen  ästhetische  Splitterrichter  sich  zu  kehren  und  sein  Recht 
zur  Satire  überhaupt  zu  verfechten ,  wie  in  unserer  Satire  ge- 
schicdit,  hatte  Horaz  dann  erst  rechten  Anlass  wenn  er  nicht  lange 
vorher  nicht  etwa  dieses  oder  jenes  einzelne  Stück,  sondern  eine 
ganze  Sannnlung  vcröfl'entlicht  hatte,  die  nun  zu  einem  Gesanunt- 
urtcil  über  ihn  und  seine  ganze  Dichtart  zu  berechtigen  und  her 
auszufordern  schien.     Auch  die  Hinweisung  auf  das  günstige  Ur- 


*)    Deu  Beweis  für   die  abf^csonderte  Herausgabe   des   ersten  IJiiclies 
glaube  ich  geführt  zu  haben   im  Rhein.  Mus.  N.  F.  IV.  S.  115 — 'IIU.  2'22  f. 


8  Zweites  Buch  der  Saliiou. 

teil  Octavian's  über  .seine  litcrarisclie  Thätigkeit  gewinnt  au  Be- 
deutung wenn  dasselbe  niclit  durcli  eine  einzelne  »Satire  (deuu  nur 
von  öolclieu  ist  in  jenem  Zusauuncnliauge  die  Rede),  sondern  eine 
8amnduug  derselljeu  veranlasst  Avar.  (Vgl.  liliein.  Mus.  IV.  S.2l()f.) 
Dürfen  wir  hienach  anneinnen  dass  unsere  Satire  sich  auf  die  Auf- 
nahme bezieht  welche  das  erste  Buch  als  Ganzes  beim  Publicum 
und  Octavian  gefunden  (bei  welchem  Letzteren  es  den  AVunsch 
erregte  den  talentvollen  Dichter  für  sich  zu  gewinnen  iind  zu  V»e- 
schäftigen),  so  dürfen  wir,  um  für  die  Abfassungszeit  dersell)en 
den  nächsten  Anhaltspunkt  zu  gewinnen,  uns  nur  das  späteste  Da- 
tum von  Stücken  des  ersten  Buches  vergegenwärtigen.  Diess  ist  — 
wofür  ich  der  Kürze  halber  auf  meine  Abhandlung  im  lihein.  Mus. 
IV.  S.  97  ff.  bes.  S.  113  ff.  verweise  —  das  Jahr  71!),  und  719 — 720 
dürfen  wir  daher  die  Herausgabe  des  ersten  Buchs  ansetzen  (ebds. 
S.  222).  Unsere  erste  Satire  wäre  also  wie  vor  724,  so  nach  (719 
— )720  verfasst,  und  zAvar  näher  bei  der  letzteren  Grenze  (sofern 
sie  sich  eben  auf  die  Erfolge  des  damals  veröffentlichten  ersten  Bu- 
ches bezieht)  als  bei  der  ersteren  (wiegen  der  -wesentlichen  Ver- 
schiedenheit des  in  ihr  und  in  Sat.  11,5  zu  Tage  tretenden  Ver- 
hältnisses zu  Octavian),  also  ungefähr  720 — 721.  Bei  der  Annahme 
dieses  Zeitpunkts  erklärt  sich  vor  Allem  die  Nennung  der  (iallier, 
und  an  erster  Stelle:  Octavian  schulte  und  stählte  um  jene  Zeit 
sich  und  sein  Heer  für  den  vox'aussichtlichen  Krieg  mit  Antonius 
durch  Kämpfe  mit  den  Völkern  im  Norden  Italiens.  Sodann  fallen 
in  dieselbe  Zeit  die  angelegentlichen  Bemühungen  Octavians  seine 
l'artei  auf  Kosten  des  Antonius  zu  vergrössern  und  zu  verstärken, 
für  welchen  Zweck  ihm  literarische  Grössen  wie  Iloraz  besonders 
willkommene  Bundesgenossen  sein  mussten.  Ferner  war  damals 
Octavian  (duic  Unterbrechung  theils  in  Kom  selbst  theils  Avenig- 
stens  in  Italien  anAvcsend.  Weiter  entgehen  a\  ir  so  der  sclnveren 
Inconveuieuz  an  welcher  die  Annahme  von  Franke  soavoIiI  Avie  von 
Kirchner  leidet,  dass  nämlich  ein  Gedicht  Avelches  die  Erklärung 
enthält,  der  Verfasser  Averde  unter  keinerlei  Umständen  die  Tiiä- 
tigkeit  als  Satiriker  aufgeben  (V.  60.  vgl.  62  ff.  82),  trotzdem  an 
das  Ende  dieser  Thätigkeit  gerückt,  als  Schlussstück  seiner  satiri- 
schen Laufbalm  aufgefasst  \\ürde.  *)      Vielniebr  erscheint  dassellie 

*)  Schworlidi  golioben  wird  dicises  bedenken  durch  das  was  Kirchiior 
(in  .seinem  N.'ichla.ss)  liierauf  orwidcrt:  ,, erstens  dass  Ilora/,  wirklieh 
seihst  andeutet  (V.  8'1  — 4(>)  wie  er  sich  fortan  (Ut  nnniotivierten  pcrsöii- 
liclien  Anfrrift'c  auf  Einzelne,  wie  in  seinen  hislieriiren  Satiren,  enthalten 
tnid  nur  diejenigen  welche  ihn  selbst  reizten  nnd  heleidifrte'n  zur  Reelien- 
schaft  ziehen  wolle"  (aber  danut  verschwört  er  nur  l'ersünlichkiMten , 
nicht  das  .Satirenschreiben);  ,, zweitens  dass  er  die  Absicht  seiner  Poesie, 
das  Ijcben  in  allen  seinen  Farben  [?]  zu  schildern,  auch  wirklich  ferner, 
nur  in  et>vas  verändertem  ("li;nakter,  in  seinen  Episteln  aiisfrefiihrt  hat, 
welche  er  gleich  im  folp^enden  .lahrc,  ''21,  mit  der  zweiten  Ej>istel  (an 
Lollins)    bcjjann    und  bis  zur  Epistel  an  die  Pisonen,    bis   gegen  sein  Le- 


Einleitung  zur  eisten  Satire.  9 

jetzt  al.s  Pr(>;;rainin  für  «lie  Fortsotzunj;'  dieser  Tliätigkeit,  als  in- 
ilirecto  Aiikiiiulig;un<;-  tlass  er  fortan  seine  Satire  weniger  persönlich 
halten  werde,  wie  in  allen  weiteren  Stiiekcn  auch  wirklich  ge- 
schieht. Auch  in  künstlerischer  Beziehung  ist  so  die  Satirc  ganz 
an  ihrem  Platze,  indem  sie  die  Kunsthöhe  welche  der  Dichter  mit 
T,  10.  6.  9  erstiegen  hat  festhält  und  von  Neuem  bethätigt.  „In  der 
ganz  dramatischen  Haltung,  der  anmutigen  Leichtigkeit  inid  CJc- 
wandtheit  des  Dialogs,  der  charakteristischen  Ausdrucksweise  des 
würdigen  Juristen,  der  schalkhaften  Ironie  womit  der  Dichter  seine 
eigenen  Interessen  behandelt  und  nebenbei  ganz  unversehens  ei- 
nige Gcisselhiebe  austhcilt,  verräth  sich  der  vollendete,  in  seiner 
Kunst  bewälu'te  Kleister."  (Kirchner,  Xachlass.) 

Die  Einwendungen  von  Franke  (p.  112)  gegen  jede  x\nsetzung 
vor  724  habe  ich  schon  im  Rhein.  ^lus.  IV.  8.  208.  erledigt;  die 
erste  {Oclav'mnus  ante  a.  724  res  Parlhicas  nondwn  Icligcrat)  mit  Hin- 
weisung auf  dessen  eigene  Bemerkung  (p.  IIO)  über  den  commu- 
nis poelarum  illiiis  actalis  ?/ws  ut ,  eliamsi  Ocknianus  nihil  quinl  admn- 
tliim  mcmorabilc  esscl  adversus  Parlhos  gesscril  ^  magnifice  tamen  de  re~ 
liiis  Parlhicis  loquanlur:  die  andere  (invicti  nomine  non  ante  poluil  or- 
nari  quam  Antonius  et  Cleopatra  devicti  et  cxstincti  essen t)  durch  die 
Entgegnung  dass  Octavian  so  lange  invictus  habe  genannt  werden 
können  als  er  nicht  victtis  war,  und  dass  im  J.  720  Dift'erenzen  mit 
Antonius  welche  nur  durch  das  Schwert  zu  lösen  wären  noch  nicht 
aui  Horizonte  aufgestiegen  waren.  Dazu  füge  ich  jetzt  theils  die 
Verweisung  auf  das  oben  S.  4  f.  über  invictus  Gesagte,  theils  dass 
auch  im  Angesichte  von  neuen  Kämpfen  dieses  Epitheton  ganz  aui 
Platze  war,  als  eine  Voraussagung  weiterer  Siege  aiich  in  diesen; 
und  was  die  Parther  betrifft,  so  nnisste  wer  im  J.  721  den  Octavian 
zum  Gegenstand  eines  Epos  machen  wollte  auch  diese  in  seinen 
Kreis  ziehen,  nicht  nur  weil  sie  seit  Caesar  foi-twährend  als  etwas 
Seinsollendes  vor  den  Blicken  standen,  als  eine  unerlässliche  Auf- 
gabe,  welcher  auch  der  Erbe  Caesars  voraussichtlich  sich  nicht 
entziehen  durfte,  sondern  auch  weil  eine  Geschichte  Octavians  un- 
möglich al)seheu  konnte  von  Antonius,  welcher  gerade  in  den  .lali- 
rcn  719  — 721  mit  glücklicherem  Erfolge  als  im  J.  718  im  Osten, 
in  Armenien  namentlich  und  gegen  die  Parther,  thätig  war.  Es  ist 
nun  wohl  vielmehr  höchst  bezeichnend  für  Iloraz   dass  er,  wie  er 


hensende  ,  fortsetzte,  eine  Dichtuiigsart  welche  die  von  ihm  ausgebildete 
Form  der  Satire  im  Hexameter  fast  unverändert  lieibehielt,  in  ihrem  In- 
halt aber  die  herbere  Weise  der  letzteren  vermeidet  und  statt  der  objec- 
tiven  Darstellung  ethischer  Sittengemälde  die  subjective  Unterhaltung  mit 
Einzelnen  über  (Gegenstände  des  Lebens  und  Denkens  einführt."  Aber 
eine  ^'orbereitung  auf  die  Briefe  bildet  doch  wohl  ein  Gedicht  nicht  wel- 
ches beginnt  sunt  quiliits  in  salira,  \.  2S  tf.  den  Lucilius  seinen  VorgJttigcr 
und  Vorbild  nennt,  und  zwar  in  I'.ezug  auf  das  detrahere  pellem  u.  s.  w. 
( V.  f).3  tl".),  endlich  V.  17  ff.  seinen  Griffel  als  die  ihm  von  der  Natur  ver- 
liehene Waffe  bezeichnet. 


10  Zweites  Buch  der  Saliren. 

in  der  ganzen  Stelle  vom  Feldlieiin  iiielit  spricht,  sondern  nur  vom 
Heer  und  den  Feinden,  so  überdies«  die  Auigabe  den  Octavian  zu 
besingen  sogleich  erweitert  zu  einer  vollständigen  Zeitgeschichte, 
und,  wie  um  sein  politisches  Gewissen  zu  beruhigen,  der  dem 
(Jctavian  mit  Erwähnung  der  Gallier  dargel)rachteu  Huldigung 
gleich  eine  Art  Gegengewicht  beifügt  in  den  auf  Antonius'  Theil 
fallenden  Parthern.  Ucberhaupt  aber  boten  sich  für  eine  poetische 
Ausführung  des  Begriffs  Kriegsthaten  für  einen  Römer  jener  Zeit 
am  unmittelbarsten  die  Gallier  und  Parther  dar,  als  Vertreter  des 
Westens  und  Ostens. 

Die  Satire  ist  eigens  behandelt  von  Ilemjiel,  Progr.  von  Brom- 
berg (1825.)  1833.;   nachgeahmt  von  Boileau,  Sat.  IX. 


Von  der  Person  desjenigen  der  in  unserer  Satire  neben  lloraz 
der  Träger  des  Dialogs  ist  lässt  sich ,  besonders  durch  die  ciceroni- 
sclie  Briefsammlung,  mit  ziendichcr  Sicherheit  und  Deutlichkeit  ein 
Bild  entwerfen.  C.  Trebatius  Testa  war  geboren  zu  Velia  in 
Lucanien,  wo  er  von  seinem  Vater  her  noch  im  Jahre  7J0  d,  St. 
Haus  und  Güter  besass  (Cic.adFam.  VII,  -20.  vgl.  Top.  1,  5).  Da  er 
noch  damals  in  jener  Stadt  in  gutem  Andenken  stand  (ib.  19),  so 
scheint  es  dass  er  seine  Jugend  daselbst  zugebracht  hatte  und  erst 
g<'gen  seine  Zwanziger  -  Jahre  hin  sich  nach  Rom  begeben  habe. 
Hier  bildete  er  sich  zum  Juristen  aus,  namentlich  unter  Q.  Corne- 
lius Maximus  (ib.  8,  2.  17,  3.  Pompon.  Dig.  I,  2,  2.  §.45),  und  scliloss 
sich  zeitig  an  Cicero  an,  welcher  damals  auf  dem  Höhepunkte  sei- 
ner politischen  Geltung  stand  (ib.  17,  2:  cum  Ic  ex  adoksccnliK  (na  in 
amicitiam  cl  fidcm  meam  contuUsses).  Zwischen  dem  talent-  \ind 
kenntnissreichen,  dabcd  heiteren  und  liebenswürdigen  (quis  Ic  nun 
amal?  il).  20,  l)  jungen  ^Manne  und  dem  ihm  vielfach  wahlverwand- 
ten älteren  Cicero  entspann  sich  allmählich  ein  Avahrhaft  zärtliches 
Verhältniss,  in  welchem  Letzterer  nicht  ausschliesslich  der  Ge- 
bende war  {tion  mcdiucfi  afßcicbar  vcl  vnhipiale  ex  consuetudmc  nostru 
vclulilitate  ex  consüio  alquc  opcra  tua,  ib.  vgl.  11,  l).  Es  scheint  dass 
dem  Vorwärtskommen  des  Trebatius  in  der  ]tolitischen  Laufbahn 
(oder  auch  der  Möglichkeit  sich  ausschliesslich  dem  Rechte  zu 
widmen)  das  Ungenügende  seiner  Vermögensverhältnisse  im  AVege 
stand,  wiewohl  wir  ihn  schon  im  J.  7(K)  d.  St.  als  Patronus  des  her- 
untergekonnncnen  Städtchens  IHubrä  linden  (il).  12,2.  18,3),  wor- 
aus A.  llaakh  (in  Pauly's  Real-En.c.  VI,  2.  S.  2078  f.)  gefolgert  hat 
dass  er  daselbst  zuvor  l'räfcct  gewesen  sei.  Um  seine  Umständ«> 
zu  verbessern  wollte  ihn  Cicero,  als  er  im  J.  699  selbst  eine  Pro- 
vinz anzutreten  beabsichtigte,  dahin  mitnehmen  (ib.  5,1.17,2). 
Nacluhun  dies(>s  Vorhaben  aufgegeben  war  emiifahl  ihn  Cicero  im 
folglMiden  Jahre  dem  Caesar  nach  (Jallien  mit  grosser  Wärme  (s. 
Farn.  VH ,  5),  indem  er  sich  dafür  verbürgte  probiurrm  homincm, 
mcliurctn  viniin ,  pudenliorcm  (vgl.  7,2.  18,  2)  esse  ticmmcm  und  au 


Einleitung  zur  crsloii  Saliie.  1 1 

ilim  in  iure  civili  sinfjuhiris  memoria,  summa  scitulia  riilimeiul  licr- 
\orhol».  Caesar  ualim  iliii  rrcuutllich  auf  iv^l.  ;ul  <^u.  fr.  II,  lö,  'S)] 
iiltor  Trebatius  war  eine  zu  friedlielie  Natur  und  zu  vorwölmt 
«lurcli  die  socialen  Genüsse  der  Hauptstadt,  in  deren  feinsten  Krei- 
sen er  vermöge  seiner  angcnelnnen  Persünliehkeit  ein  gern  gesehe- 
nes Mitglied  gewesen  war,  als  dass  er  in  dem  halbeultivicrten  Lan- 
It',  in  einer  üuigeliung  deren  ganzer  Sinn  auf  Kampf  und  Krieg  gc-. 
richtet  war  und  deren  Ton  durch  ihre  Stellung  als  Eroberer  etwas 
Uaulies  angenommen  Italien  mochte,  sich  hätte  behaglich  fühlen  kön- 
lu'u :  und  da  er  ohnehin  nicht  aus  eigenem  Antriebe  nach  Gallien 
gegangen  war,  sondern  von  seinem  väterlichen  Freunde  Cicero 
liall»  genöthigt  (vgl.  extrtidcrc ,  Farn.  VII,  6,  1.  milk're  12,  und  an- 
dererseits allrahcre  10,  4)  und  nur  in  der  bestimmten  Absicht  seine 
äussere  Lage  zu  verbessern  {honcstaiem  et  facullatcs  augere,  II ,  3) 
sich  dazu  entschlossen  hatte,  so  wurde  er,  wie  das  nicht  sogleich 
kommen  wollte,  ungeduldig  und  sehnte  sich  nach  Rom  zurück,  so 
dass  Cicero  nur  innner  zu  trösten,  festzuhalten  und  zu  ermahnen 
hatte.  Allmählich  alier  besserte  es  sich.  Zwar  ein  Kriegsmanu 
wurde  er  niemals:  das  Kriegstriliunat ,  das  ihm  Caesar  anbot, 
leimte  er  ab,  trotzdem  dass  ihm  die  specifisch  militärischen  Ver- 
richtungen desselben  erlassen  wurden  (ib.H,  l);  von  der  Expedition 
nach  Britannien  (7(K)  d.  St.)  wusste  er  sich  ferne  zu  halten  (ib.  10, 
1  f.  14,  1.  16,  1.  17,  3-),  und  bei  dem  Gedanken  an  einen  Feldzug 
glaubt  Cicero  dass  ihm  bange  werde  (aeslirorum  limor ,  ib.  14,  l). 
Aber  Caesar  hatte  bald  des  jungen  Mannes  schwache  Seite  heraus- 
gefunden: er  Hess  ihn  mit  kriegerischen  Aui'trägen  in  Kühe,  be- 
wunderte aber  dafür  seinen  juristischen  Scharfsinn  und  zog  in  ein- 
schlägigen Fällen  ihn  zu  Käthe  (10,  1.  11,  1.  13,  l),  eine  Anerken- 
nung die  ihn  mehr  freute  als  reiche  Geschenke  (ib.  13,  l),  ihn  nach 
wenigen  Monaten  wieder  seinen  heiteren  Ton  finden  Hess  (10,  1  f. 
II,  2  f.  14,  2)  und  bewirkte  dass  er  gar  nicht  ungern  mehr  in  Gal- 
lien war  (13,  2).  Als  er  dann  vollends  in  C.  Matius  (über  welchen 
s.  meinen  Art.  in  Pauly's  Keal-Enc.  IV.  S.  1644 — 1646)  einen  ihm 
vollständig  zusagenden  Umgang  fand  (I5,2),  tieng  er  an  sogar 
gern  daselbst  zu  sein  (15,  1),  legte  selbst  seine  Jurisprudenz  auf 
die  Seite  (16,  3)  und  befreundete  sich  mit  dem  Kriegsleben  (\H,  ]). 
Seine  Aengstlichkeit  benahm  ihm  diess  aber  nicht  (IH,  4);  auch 
scheint  er  schon  im  J.  701  nach  Italien  zurückgekehrt  zu  sein;  we- 
nigstens erstrecken  sich  die  Briefe  Cicero's  an  ihn  nach  Gallien 
nicht  über  jenes  Jahr  hinaus.  Sein  Aufenthalt  bei  Caesar  hatte 
ihn  ganz  für  diesen  gewonnen;  wir  finden  ihn  daher  nach  Ausbruch 
des  Bürgerkrieges  im  J.  705  auf  dessen  Seite,  in  Gesellschaft  sei- 
nes Freundes,  des  eifrigen  Caesarianers  ifatius,  dt-mselben  ent- 
gegenreisend (ad  Att.  IX,  15  A.),  Aufträge  Caesar's  an  Cicero  aus- 
richtend (Att.  VII,  17,  13),  diesen  im  Interesse  Caesars  bearbeitend 
(ib.  IX,  17,  1)  und  Aufträge  desselben  an  Caesar  besorgend  (ib.  IX, 


12  Zweitos  Biitii  der  Satiren. 

15  A).  Indesseu  Avar  er  zu  selir  Manu  ilcs  Eoclites  al.s  flass  er  \u\- 
bedingt  inid  uugotlieilt  sich  an  Oar.sar  liingel)cu  und  alle  Schritte 
desselben  hätte  billigen  können;  daher  erhielt  er  sich  auch  mit  der 
.Senatspartei  in  gutem  Vernehmen  (vgl.  Farn.  IV,  1,  l)  und  sprach 
sich  gegenüber  von  Cicero  und  Andern  -wiederholt  in  einer  Weise 
aus  dass  dieser  ihn  fortwährend  als  seinen  Meinnugsgenossen  be- 
trachtete und  ihn  als  solchen  einen  bonus  vir  el  civis  nannte  (Att.  X, 
1,  3.  11,4.  vgl.  IX,  9,  4).  Nach  Caesars  Sieg  benutzte  er  das  Ver- 
trauen des  Dictators  um  ihn  nach  Kräften  von  allzu  schroff  gebie- 
terischem Auftreten  zurückzuhalten  (Suet.  Caes.  78).  Diese  Stel- 
lung eines  an  der  Politik  nicht  unmittelbar  Betheiligten ,  mit  bei- 
den Parteien  Befreundeten,  beide  Temperierenden  imd  von  beiden 
Geachteten  behielt  er  auch  nach  Caesars  Ermordung  bei  (s.  Cic. 
ad  Fam.  XI,  27,  1.  vgl.  28,  8.);  sie  half  ihm  auch  über  den  zwei- 
ten Bürgerkrieg  ohne  bekannten  Anstoss  hinweg,  und  wie  Oc- 
tavian  in  ihm  den  Freund  und  Anhänger  seines  Oheims  respectierte, 
so  scheint  Trebatius  seine  Vorliebe  für  Caesar  auf  dessen  Erben 
übergetragen  zu  haben.  AVenigstens  sehen  wir  ihn  in  unserer  Sa- 
tire in  ähnlicher  Weise  für  Octavian  wirken  wie  er  es  seiner  Zeit 
bei  Cicero  u.  A.  für  Caesar  gethan  hatte.  Aber  nicht  nur  seine 
politische  Stellung  war  es  die  ihm  Geltung  undEinfluss  vcrschafl'te, 
sondern  auch  seine  Rechtskenntniss.  Einen  Beleg  dafür  dass  eins 
iunc  aitcloritas  maxiina  eral  s.  Inst.  II,  25.  Seine  unmittelbarsten 
Nebenbuhler  auf  diesem  Gebiete  Avaren  Cascelius  und  ( Jfilius ;  ihr 
Verhältniss  charakterisiert  Pomponius  (Dig-  I,  2,  2.  §.  45)  durch  die 
Worte :  Trchalhis  pcrilior  Cascelio ,  Cascelius  Trchalio  chqucniiur  fiiisse 
die  Uli  r ,  Ofilius  idroque  doelior.  Sein  berühmtester  Schüler  war  An- 
tistius  Labeo  (ib.  §.  47).  Auch  war  Trebatius  literarisch  thätig  (Ttr- 
balii  eomplures  libri  exslant,  scd  mittiis  frequc7üftnlm\  Pompon.  1. 1.  .^".45). 
Pnrphyrio  sagt  in  dieser  Beziehung:  locum  obliniiil  inier  poelas  el  ali- 
quot libros  de  civili  iure  composiiit  et  de  religionibus  novem.  Das  Erstere 
wird  zwar  sonst  nicht  angegeben,  stimmt  aber  ganz  wohl  zu  Treb. 
sonstigem  Wesen  {non  enim  tu  is  es  quem  nihil  nisi  ius  civile  delectet^ 
Cic.  Top.  19,  72),  namentlich  wenn  Avir  uns  seine  (Jugend-)  Gedichte 
in  der  AVeise  denken  Avie  sie  unter  den  griechisch  gebildeten  Gros- 
sen Roms  damals  ]\Iode  Avaren  (s.  die  Aufzählung  bei  IMin.  Ep.  V, 
3,5;  Andeutung  romantischer  Verwicklungen  des  Trob.  bei  Cic. 
Fam.  VII,  16,  1-  9,  2),  und  ist  um  so  eher  zu  glauben  da  auch  alle 
übrigen  Angaben  Porphyrio's  über  ihn  richtig  sind  *) ;  namentlich 
Avird  die  Schrift  de  religionibus  von  jMacrobius  ,  Gellius  u.  A.  öfters 
erwähnt.  Von  seinen  juridischen  Schriften  finden  sich  in  den  Di- 
gesten Spuren,  nauuMitlich  von  einem  Commentar  zum  Kdirtum 
aedilium  curuliuin   (Dig.  IV,  ;<,  IS.  ij.  4.    XXi,  I,  6.   v^.  I.   12.  v^.  4.   14, 

*)    Nur    seuie  Jlczoiclinuiifj    des  Trchatiits    als    c//tics  mmafius    will    zu 
V.  29  nicht  recht  stimmen;  s.  dort. 


Einleilung  zur  ersten  Satire.  13 

v^.  3.  vgl.  Gell.  N.  A.  IV,  2,  9  f.).      Wenn  es  iiacli  Dig.  IV,  3,  l^. 
}^.  3  (Trrbalitis  de  ilulo  dabal  actionem ,  vgl.  das  Ed.  Acdiliciuni:  ex  his 
r.iKSsis  iudiriuni  dtdihnus^    D.  XXI,  l,  ].  §.  l)  scheinen  könnte   als 
li.itte  Trel».  selbst  die  curulische  Aedilität  bekleidet,  so  macht  da- 
u«gen   ib.  §.  4  (Trehalitis  ail  de  doln  dandum  hidicim»)   wahrschein- 
luher  dass  anch  dabal  acfioncm  nur  kürzerer  Ausdruck  ist  für  ariü,- 
^••'ii   dandam  ail.       Dass   er  im  J.  706  Volkstribun  gewesen  sei  hat 
righius  (Ann.  III.  p.  451)  mit  gewohnter  "Willkür  angenommen  und 
Andere  wie  etwas  Ausgemachtes  ihm  nachgeschrieben.  —   Cicero 
'rfasste  für  Trebatius  irnd  an  ihn  im  J.  710  seine  Topica  und  be- 
hütete das  Buch  mit  der  Bemerkung,    Trebatius    werde  freilich 
Manches  darin  nicht    verstehen   (ad  Fam.  VII,   19).  —     Einzelne 
Züge  von  Treb.  s.  noch  zu  V.  1  u.  8  f.    Die  Literatur  über  ihn  s. 
■i  Haakh  a.  a.  0.  S.  -lOSO. 

Hier  ist  noch  die  Frage  zu  erörtern  nach  seinem  Alter  zur  Zeit 

nsrer  Satire.     Ot^cnbar  dürfen  wir  uns  den  Trebatius   im  J.   700 

.  St.  nicht  allzu  jung  denken.   Nicht  zwar  wegen  des  Liebkosnngs- 

.•rtes   mi  relide  welches  Cicero   (Fam.  VII,  J6,  l)  gegen  ihn  ge- 

I  raucht  (wiewohl  auch  eine  Andeutung  besonderer  Jugend  in   den 

luiefen  Cicero's  nicht  enthalten  ist,  auch  nicht  in  der  aelas  nppor- 

hmissiina ,  7,  2.   vgl.  17,  3,  was  im  Gegentheil  besagt:  versäume  er 

ilie  jetzige  (Telegenheit,  so  sei  er  später  zu  alt),  aber  darum  weil 

<  '.lesar.  der  doch  um  (Offiziere  nicht  so  verlegen  war  wie  der  Frei- 

-i.liaarenführer  M.  Brutus  zu   Athen,    ihm  gleich  die  «Stelle   eines 

hihiinns  anbot,  und  weil  er  schon  damals  ein  gewiegter  Jurist  und 

ils  solcher  des  Cicero  Lehrer  war  (ib.  11,  1 :  salisne  libi  videor  uhs  le 

/N-  civile  didicisse?)^  während  er  doch  erst  von  Velia  aus  nach  Koni 

kommen  war.    Nehmen  wir  daher  an  er  sei  damals  3j  Jahre  alt, 

■  mit  im  J.  665  d.  St.  geboren  gewesen,  so  ist  er  immer  noch    17 

.1  dire  jünger   als  Cicero,  andererseits  aber  ziemlich  gleichalterig 

lit  dem  ums  J.  670  d.  St.  gel>orenen  C.  Matius,  und  im  J.  721  d.St. 

'I  .Jahr  alt,  was  ebenso  zu  dem  damaligen  Alter  des  lloi'az  (32  J.) 

!s  zu  dem  Auftreten  des  Treb.   in   dieser   Satire  stiunnt,   wo  der 

ürdevolle   Ernst    sich   mit  Zugänglichkeit    für  Scherz   vereinigt. 

Dass  er  zur  Zeit  unserer  Satire  noch  als  lebend  zu  denken  ist  zeigt 

wohl  schon  der  ihm  in  den  Mund  gelegte  Vorschlag  ein  Thema  aus 

der  Gegenwart  sich   zu  wählen;    und  positiv  wäre  es,    wenn   die 

Pandektenstelle  (Dig.  XXIV,  1,  64)  ,, Laben,  Trcbfitiiis  inier  Tere/iliatn 

et  Ifecenatcm   respondil:  si  verum  diiortium  fuissW rulam  esse  donnlio- 

tiem ,  si  simulalitm ,  ro/ilra^'  sicher  so  zu  emendieren  wäre:   „Trebatius 

iiiler  Tereiiliam  el  Maecenalem^^  ii.s.vr,,  voraxisgesetzt  zugleich  dass  ich 

in  der  Ztschr.  f.  d.  Ah.  "Wiss.  1845,  S.  608  f.  wirklich  bewiesen  habe 

dass  ^laecenas'  Vermählung  mit  Terentia  ins  J.  731  d.  St.,  der  Beginn 

seiner  Ehedissidien  aber  ins  J.  736  d.  St.  falle.    Dass  jedoch  Horaz 

ihn  in  einem  solchen  scherzhaften  Gedichte  zum  Interlocntor  nahm 

und  beim  Namen  nannte  lässt  bei  seinem  Tacte  voraussetzen  dass 


14  Zweites  Bucli  der  Satiren. 

es  mit  des  Trobatius  Zustiinimiiiii:  gcscliali  und  der  Dichter  mit  dem 
geistreichen,  g'ebihleten  und  heitern  Juristen  in  vertrauten  Uezieh- 
ungen  stand  (wie  auch  ulroque  V.  29  zu  beweisen  scheint) ,  wozu 
schon  diess  Anlass  gegeben  haben  konnte  dass  Beide  halbe  Lands- 
leute waren  (V.  34)  und  sich  wohl  bei  Maecenas  trafen;  die  beste 
Ueclitfertigung  dieser  Freiheit  Jedocli  lag,  gewiss  auch  nach  Treb. 
Urteil,  in  dem  holien  künstlerischen  Gehalte  des  Gedichtes  seUist. 


Anmerkungen  zur  ersten  Satire. 

V.  I .  Da  seine  Satire  die  entgegengesetztesten  Urteile  zu  er- 
fahren hat  —  indem  die  Einen  über  allzu  grosse  Schärfe  (in  der 
Sache)  klagen,  die  Andern  über  allzu  grosse  SchlaHheit  (in  der 
Form)  —  stellt  der  Dichter  sich  verwirrt  und  des  Käthes  l>edürftig 
an.  Er  wendet  sich  desshalb  an  den  befreundeten  ijnd  als  gefällig 
bekannten  {plemts  officü,  Cic.  ad  Att.  XI,  27,  1.  vgl.  Top.  1,  S)  Juristen 
Trebatius,  wie  um  einen  Rechtsbescheid  (s.  Kirchner  zu  I,  1,9).  — 
Das  von  der  einen  Hälfte  der  Hdschrr.  gebotene  videnr*)  ver- 
diente schon  als  die  vom  Gewöhnlichen  abweichendere  (schwieri- 
gere) Lesart  den  Vorzug  vor  dem  Conjunctiv.  Zudem  ist  der  In- 
dicativ  auch  an  sich  vollständig  begründet  (da  im  vorliegenden 
Falle  nicht  die  Qualität  der  betreft'enden  Individuen  von  Interesse 
ist,  sondern  dioTliatsache  der  widersprechenden  Beurteilung  der  ho- 
razischen  Satire)  und  zugleich  der  dem  Sprachgebrauch  des  lloraz 
entsprechendere  Modus.  Vgl.  4,  47.  I,  4,  24.  Od.  I,  1,  4.  21.  7,  ö. 
gegen  Ep.  II,  2,  128  ff.  Aehnliches  Schwanken  der  Ildschrr.  iindet 
statt  Sat.  I,  2,  28.  4,  75.  6,  4.  Ep.  I,  6,  5.  II,  2,  182. 

V.  2.  Legem,  nämlich  ojicris  (Ep.  II,  3,  133),  über  das  Mass  hin- 
aus welches  die  Gesetze  und  der  Begriff  der  Satire,  d.  h.  der  Vor- 
gang des  Ennius  und  Lucilius,  rechtfertigen  und  mit  sich  bringen, 
somit  über  Gebür.  Wenn  gleich  IToraz  in  AVahrheit  sich  weit  unter 
dem  Masse  hielt  welches  Lucilius  geübt  hatte,  so  war  doch  die 
Zeit  seitdem  eme  weit  em^dindlichere  geworden,  und  dadurch  der 
Schein  von  Rücksichtslosigkeit  entstanden  wo  Lucilius  vielmelir 
wohl  übertriebene  Aengstlichkeit  und  Zahmheit  gefunden  liätte.  — 
sine  ficrvis,  vgl.  Ep.  II,  3,  26.  320. 

V.  3.    Vgl.  Cioi^rat.  23,  76:   {Altirus  nturfar)  siimmisSKS  est  el  /in- 
milis,  consuedidinem  vuitons,  ah  indisertis  re  plus  quam   opinione  ili/p' 
reiis.     Ilaquc   eum    qui  aadiinit ,    qiiamris   ijisi  in  faules  sinl,    lameit   illo 
natiht  ron/itluut  se  posse  tlieere. 

V.  1.  ileiluei  s.  Kirchner  zu  1.  lo,  44  und  dMzu()vid.  ex  Pont. 
I,  ;■),  13:    lurlar  (leihtrere  versum. 

*)"   „Prarfi-rriuhtm  iil  mi/t/is  ilcfiiiilc ,   de  rc  cerln   et    e.rplornta.'^      Kirch- 
ner im  Nachla.s.s. 


Anmerkungen  zur  ersten  Salire.  15 

V.  ö.  /H'ucso'ibc  seliliesst  in  sich  (la^<.s  der  Befragende  im  Vor- 
aus sich  anheischig  macht  den  crtheilten  Kath  auch  zu  befolgen, 
für  sich  Gesetz  sein  zu  lassen.  Die  juridischen  Präscriptionon  ge- 
hören nicht  liieher.  —  Quiescerc  ist  die  Negation  (contradictori- 
scher  Gegensatz)  des  Ilandehis,  der  Thätigkeit  ühcrliaupt.  Wel- 
cher Art  dieselbe  im  einzelnen  Falle  sei  wird  durch  den  Zusammen- 
hang bestimmt;  vgl.  Ep.  II.  3,  3H). 

V.  0.  per  cum  si  alltägliche  Schwurformcl ,  die  der  Darstel- 
lung neben  der  Lebhaftigkeit  einen  leichten,  conversationsmässi- 
gen  Anstrich  verleiht.  Vgl.  I,  9,  38  (u.  dazu  Ileindorf).  47.  Cic.  ad 
Farn.  XI,  23,  2:  si  frcnum  momordcris  (s.  zu  V.  20),  pcream  si  Ic 
omnis  —  fcrrc  polenml.  Cassins  ib.  XV,  19,  4:  jiercam  nisi  snlliriliis  siim, 
Ovid.  Her.  XVII,  183:  peream  si  mm  inriUmt  nmuia  ciüpam.  Pont.  IH. 
.1,  45  ff.:  pcream  —  Ic  nisi  video. 

V.  7.  eraf  Zurückversetzung  in  den  Augenblick  der  Vergan 
genheit  wo  die  Entscheidung  zu  erfolgen  hatte  und  kategorische 
Aussage  über  das  damals  stattfindende  .Sachverhältniss.  O.  Ilalm 
bemerkt  darüber  Folgendes:  „Die  Formel  peream  (infcream)  male 
si  (si  nnn,  nisi)  ist  gleich  einomprofeelo,  und  es  kann  darauf  jedes 
Tempus  und  jeder  ^[odus  folgen  (s.  die  Beisi»iele  bei  V.  6)  die  in 
einem  einfachen  Behauptungssatze  sich  ergeben  können.  So  würde 
hier  Ilcnatius  ohne  diese  Sclnvurformel  antworten :  'Allerdings 
wäre,  es  das  Beste',  was  nach  bekanntem  lateinischem  Sprachge- 
brauche, wie  das  griech.  ((qlgtov  j)i',  nicht  aplimum  esl  oder  essef, 
sondern  opfimum  erat  heisst,  wie  sogleich  \.  16  pftterns  scrihere.  *) 
Hält  man  fest  dass  die  Formel  pcream  si  ohne  EinHuss  auf  das  fol- 
gende Verbtim  bleibt  und  innncr  die  gleiche  Form  hat,  so  ergibt 
sich  auch  eine  sichere  Erklärung  für  dispcrcam  ui  summnsscs  nmnes 
Sat.  I,  9,  47,  mit  dem  sich  die  (irammatiker  vergeblich  die  Köpfe 
zerbrochen  haben.  In  einfachster  Form  würde  die  dort  gestellte 
Bedingung  lauten:  Himc  hominem  si  tradcre  velis,  mediiis  fidius  o?niics 
siimmoreliis,  oder,  mit  rhetorischem  Affect,  nmnes  suiinuoreris :  'da  wer- 
den bald  alle  ausgestochen  sein" ;  und  so  konnte  es  denn  auch  bei 
Einsetzung  der  Schwurformel  eben  so  richtig  heissen  inlerenm  ni 
sitmmoveris  als  summorcbis.  Da  nun  aber  Iloratius  den  Zudring- 
lichen in  aftcctierter  Bescheidenheit  von  Imhcres  an  V.  45  in  lau- 
ter Imperfecten  sprechen  lässt,  als  zweifelte  er  selbst  (bei  grösster 
Zuversichtlichkeit)  an  dem  Erf<dg  seiner  Bitte,  so  geht  das  ni  sum- 


*)  ,,Tn  der  bekannten  Stelle  der  ars  poct.  .32S,  die  noch  Sclinoidcwin 
mit  einer  miissigen  Conjectur  heimgesuclit  hat,  nehmen  wir  an  dass  der 
Lehrer  nach  den  Worten  si  de  rjuincunce  reinota  esl  uncia,  r/uid  siipernl? 
eine  kleine  Pause  macht  und  dann  drängend  fortführt:  putevns  di.visse 
'du  kiinntcst  es  sclum  {gesagt  h.aben',  d.  li.  die  Antwort  könnte  schon  er- 
folgt sein.  Minder  riclitip:  Madvig  lat.  Sprachl.  §.  407:  'du  h:ittest  e.s 
schon  sapren  können',  wobei  das  bcdentnngsvolle  dixissc  seine  richtige  Ke- 
zieluing  verloren  hat."     Halm. 


1 0  Zweites  Buch  der  Satiren. 

movcris  (lureli  die  Attractinn  der  iModi  in  7n  summosscs  über,  wäh- 
rend summoveres  dei*  ohne  rhetorisclic  Emphase  ansgesproclioneu 
Form  summovebis  entsprechen  würde.  Der  dem  griecli.  Optativ 
anoXoifiijv  entsprechende  Conjunctiv  inleream  konnte  von  den  übri- 
gen hypothetischen  f'onjunctiven  nicht  mit  afficiert  werden,  so 
dass  ein  inleream  ni  summovisses  sich  eben  so  wohl  Ijilden  konnte 
als  ein  percain  si  siitjunovehis.^''  —  do7'mire  im  Sinne  des  Horaz 
stärkere  Wicderliolnng  des  von  Trebatius  durch  quiescere  ausge- 
drückten Begriffes,  *)  von  Letzterelu  aber  scherzliaft  einen  Augen- 
blick lang  (vgl,  V.  10)  w()rtlich  genommen.  Vor  Folgerungen  ans 
der  viel  späteren  Ep.  II,  I,  112  f.  warnt  Sat.  I,  6,  122  f.  Auch  nicht 
ganz  zutreffend  ist  Gic.  Tusc.  IV,  19,  44:  noctu  ambitlahal  in  publica 
Themislocles ^  quod  somnum  710/1  capere  posset,  (juae7-enlibusqiie  respon- 
ih'hat,  Milliadis  Iropneis  sc  c  sonmo  cxcilari**).  —  Dreimaliges 
Durchschwimmen  als  eine  Art  runder  Zahl  (ein  paar  Male); 
überdiess  ist  hier,  wo  scliorzhaft  der  »Schein  eines  (xeheimmittels  er- 
regt werden  soll,  die  ungerade,  und  insbcs(tndcre  die  (heilige) 
Dreizahl,  besonders  am  Platze.  Vgl.  Od.  1,28,  36.  III,  22,  6.  Ep. 
1,1,  37.  Ovid.  Fast.  IV,  315:  lC7'  capui  i/'z-ond  etc.  V,  43j:  1r/'qiie 
mmms  piii^as  frmtafia  pe/iuit  imda.  Pers.  11,  15  f.:  Tibc7'ino  in  gu/yitc 
mergis  7)ia7ic  criptit  bis  ierqtte.  Juv.  VI,  523:  /<'?'  /tialulifin  Tibc/i  mcrgetur. 
'ril)ull.  T,  2,  56.  3,  II.  Virg.  Cir.  371 — 373  {}iume/-o  Detts  inipnre  gau- 
del).  Plaut.  Pseud.  704  K.  und  in  zahllosen  anderen  Stellen  (s.  die 
AuslL  zu  den  angef.  und  Seebode,  Schollen  zu  Ilor.  I.  S.  1 1  ff.),  be- 
sonders Liv.  XXII,  10,  7:  hidi  7U(ig7}i  voli  ae/'is  tz-ecr/dis  l/-iginla  Iribus 
millibits  t/'Ccc7dis  t/^igi/da  Iribits  trie/]te. 

V.  8  f.  Starke  Muskelbewegung,  durch  gymnastische  Ucbun- 
gen  und  Schwimmen  **=^),  des  Abends  ist  die  eine  Seite  des  ^littebs. 
ein  zureichendes  Quantum  Wein  vor  Schlafengehen  die  andere 
(dalier  iz-riguii/nqnc ,  nicht  ve).  In  beiden  hat  Trebatius  Erfahrung, 
und  beide  sind  aus  seinem  Charakter  heraus  angegeben:  hinsicht- 
lich der  ersten  Hälfte  heisst  er  slitdiosissi/7uis  I107110  7iata7idi  bei  Cic. 
ad  Fam.  VII,  10  (von  Weber  zu  uns.  St.  wunderlich  missverstan- 
den),  und  wenn  ib.  22  der  massige  Cicero  von  einem  (ielage  nüt 
oder  bei  Trebatius  dotiiiiin  be/ic  potus  scroquc  7-edic/-ul,  so  ist  daraus 
auf  den  jüngeren  und  lebenslustigen  .Juristen,  an  welchem  Cic.  ib. 
12  eine  Indination  zum  Epikureismus  bekämpfen  zu  müssen  glaubt, 
mit  Sicherheit  ein  entsprechender  Schluss  zu  ziehen.  —  liei  dem 
Angeredeten  müssen  wir  uns,  gemäss  dem  dramatischen  Charakter 
der  Satire,  als  Antwort  eine  zweifelnde  oder  abwehrende  (ifliänlr 


*)  Mit.sthorlicli   K'ac.  A'on.  X.   p.  U  vo){,'-loi<-lit   Kp.  11,2.  Til  uinl   .Voscli. 

Ag..i;n().  S..1.I1.  <)c>.  u.  r)8().  ci.  ;\m.  TihnU.  i,  1,  -is. 

**)   .,l)ormirc:  non  propter  prurilum  scrihcndi ,  seil  i/iiod  dormiif  »a/uit 
versus  /arit ,  ut  tempiis  terat."    Kirchner  im  Naclilas.s. 

***)  unct.    Tih.   transn.  cf.  Od.  I.  S,  S.  III.  12,  ('>.  Kirdiner,  Naclilass. 


Anmerkungen  zur  eisicn  Satire.  17 

denken,  die  den  Trcb.  veranlasst  einen  anderen,  der  Sache  näher 
rückenden,   Vorschlag  hiuzuznlugen  (V.  10  ff.). 

V.  10.  rapit  mit  unwiderstehlicher  Gewalt  und  unter  Auf- 
hebung deines  freien  Willens  fortreisst;  s.  Epod.  7,  J3.  Orelli  ver- 
gleicht Liv.  V,  6  {vcnandi  Studium  ac  vnhiptas  homines  in  montrs  rapit) 
und  Cic.  ad  Fani.  V,  12,  1:  me  comme?no?-alio  posterifafis  ad  speni  quan- 
dam  immorlalilatis  rapit.  — •  au  de  fasse  dir  ein  Herz  und  etc.  Vgl. 
Ep.  1,2,  40.  Bei  der  Grösse  und  Schwierigkeit  des  Gegenstandes 
wird  es  einen  herzhaften  Entschluss  und  die  Ucberwindung  von 
allerlei  Zweifeln  erfordern. 

V.  11 .  Caesaris:  der  Beiname  Augnstus .  welchen  Octavian 
am  17.  Januar  727  d.  St.  erhielt  (s.  Keal-Enc.  V.  S.  836  E.  837  A  ), 
findet  sich  weder  in  den  Epoden  noch  in  den  Satiren,  zufälliger 
Weise  auch  nicht  im  ersten  Buche  der  Oden ;  in  den  andern  Bü- 
chern kommt  er  ZAvar  vor  (bes.  Od,  II,  9,  19.  III,  3,  U.  5,  3-  IV,  2, 
43.  4,  27.  Ep.  I,  3,  2.  7.  13,  2.  16,  29-  II,  2,  48),  daneben  aber  — 
und  zwar  weil  häufiger  —  fortwährend  aucli  nocli  Caesar.  Ueber 
in  vidi  s.  die  Einleitung  S.  9.  —  Horaz  lässt  sich  den  Vorschlag, 
Octavian  zu  besingen,  machen  um  sich  darüiier  öffentlich  zu  erklä- 
ren warum  er  es  nicht  thue,  vielleicht  auch  weil  ihm  derartige  Zu- 
mutungen wirklich  schon  direct  oder  indirect  gemacht  worden  wa- 
ren. Besonders  natürlich  ist  derselbe  im  Munde  des  Trebatius, 
dessen  freundliche  Stellung  zur  julisclicn  Dynastie  notorisch  war; 
s.  oben  S,  II  f. 

V.  12.  Die  Antipathie  von  Ileindorf,  Kirchner  (welcher  Quaesi. 
hör.  p.  18,  not.  5  die  Worte  gar  ironisch  gefasst  haben  will)  und 
Orelli  gegen  die  naturgemässe  und  durch  Ep.  II,  2,  38 — 40  ausser 
Zweifel  gesetzte  Auffassung  der  Worte  mulla  —  laturus  begreife  ich 
so  wenig  als  Weber  (Sat.  S.  249  f.).  Trebatius  wusste  von  Gallien 
her  dass  die  Julier  kein  undankbares  und  knickerisches  Geschlecht 
seien  und  spricht  hier  überdiess  ganz  objectiv:  wenn  du  beim  Sa- 
tirenschreilten  über  Verkennung  dich  zu  beklagen  hast,  so  wähle 
einen  Stoff"  der  voraussichtlich  sich  besser  lohnen  wird.  Horaz 
aber  lässt  absichtlich  diese  Versuchung  an  sich  herantreten ,  eben 
um  zu  zeigen  dass  er  ihr  widerstehe.  —  Ueber  pater  s.  Kirchner 
zu  I,  3,  127. 

Nicht  am  guten  Willen  fehle  es  ihm,  sondern  an  der  Befälii- 
gung  für  grosse  historische  Stoffe ,  was  man  hier  so  wenig  als  Od. 
I,  6,  9  ff.  19,  9  ff.  (vgl.  II,  12,  9  f.  IV,  2,  27  ff.)  Ep.  II,  1,  250  ff.  für 
Mose  Ausrede  zu  halten  braucht:  wie  nicht  jeder  Maler  eo  ipso 
Schlachtcnmalor  ist,  so  ist  nicht  joder  poetisch  Begabte  zum  Epiker 
berufen,  und  Horaz  hat  durch  die  That  bewiesen  dass  die  ^Mittel- 
gattung  zwischen  Prosa  und  Poesie,  der  künstlerisch  gestaltete 
geistreiche  scrini) ,  sein  eigentliches  Gebiet  ist,  an  angeborenem 
(ilanz  und  Schwünge  der  Phantasie  aber  er  ^langel  leidet.  Dass 
er  sich  in  ein  ihm  völlig  heterogenes  Gebiet  nicht  verlocken  Hess, 

HORATII   SAT.    II,  2.  - 


18  Zweites  iJucli  der  Satiren. 

dadurch  hat  er  nur  bewiesen  dass  er  klüger  nnd  fester  war  als 
Virgilius.  Von  den  grossen  historischen  Stoffen ,  wie  sie  den  Ge- 
genstand des  Epos  bilden,  werden  die  Schlachten  vorzugsweise 
hervorgehoben,  nud  diese  hinwiederum  in  einer  Weise  speciiiciert 
welche  zeigt  Avie  weit  Horaz  davon  entfernt  ist  octavianisclier 
Schwcärmer  zu  sein.  Vgl.  Einleitung  S.  9  f.  Der  gehobene  Ton 
hier  und  Ep.  II,  1,  252  ff.  sucht  sich  zu  der  Beschaffenheit  des  C4e- 
genstandes  in  Verhältniss  zu  setzen  und  bezeichnet  ein  Erforder- 
niss  welchem  der  Dichter  für  die  Dauer  sich  nicht  gewachsen  fühlt. 

V.  13.  horrentia  vgl.  (ausser  Virg.  Aen.  II,  601)  Ennius  (od. 
Vahlen)  Ann.  288:  dcnsunlur^  campis  horrentia  icla  virorum.  Trag.  177: 
arinu  rigent ,  horrescunl  lela.  Sat.  15:  sparsis  haslis  lo/iyis  campus  splen- 
dcl  cl  horrcl.     Sil.  Jt.  VIII,  569  f. :   Birpina  piihes  hurrebal  felis. 

V.  14.  An  das  halbverschollene  Strategem  des  Marius  hier, 
wo  es  sich  um  die  Zeitgeschichte  handelt,  zu  denken  scheint  un- 
gehörig und  entlegen.  Vielmehr  sind  die  Worte  mit  Haberfeldt 
und  Funkhäncl  (MützeH's  Ztschr.  IV,  S.  177  ff.)  zu  nehmen  ,,als 
allgemeine  Bezeichnung  eines  siegreichen  Kampfes  gegen  die  Gal- 
lier, die  dadurch  als  die  Besiegten  dargestellt  Averden  dass  ihre 
Waffen  zerbrochen,  sie  also  wehrlos  sind,"  gerade  wie  der  Parther, 
wenn  er  vom  Pferde  gesunken,  seines  specifischen  Vorzugs  be- 
raubt, gleichsam  seinem  Elemente  entrückt  ist.  *) 

V.  15.  (lescribai,  das  weder  durch  die  Qualität  noch  durch 
den  Umfang  seiner  handschriftlichen  Beglaubigung  vor  dem  Indi- 
cativ  einen  Vorzug  hat,  enthalt  eine  JMilderung  und  Herabstimmung 
der  Behauptung  welche  sicherlich  sehr  wenig  dem  Sinne  des  Dich- 
ters entspricht.  Violmehr  hat  dieser  das  Interesse  seine  Nichtbe- 
fUhigung  möglichst  bestimmt  auszusagen.  Ep.  II,  3,  263  ist  freilich 
durchaus  nicht  entscheidend  und  hat  Sat.  II,  4,  35  sich  gegenüber- 
stehen. 

V.  16.  Haberfeldt:  „Um  den  Schein  einer  blosen  AusHncht 
zti  vermeiden  treibt  Horaz  sich  gleichsam  selbst  in  die  Enge." 
Düntzer:  „Den  zugesagten  Preis  des  Caesar  enthält  schon  unsere 
Stolle  selbst." 

V.  J  7.     Seipia  dem  ist  eine  unhaltl)are  Zwitterform  zwischen 


*)  Nur  weil  es  aus  einer  der  letzten  Arbeiten  eines  vorzcitiü"  Verstor- 
benen ist  werde  hier  erwüimt  dass  Sehneidewin ,  Pliilulotrus  X.  y.  3(51, 
meint:  ,,In  den  scbeinbar  sehr  ernst  und  würdevoll  gesprochenen  Versen 
stichelt  der  Sehalk  auf  rrachtsccnen  epischer  Panepyrikcr  der  Zeit,  welche 
Octavians  Cirossthatcn  !?o}^cn  die  Gallier,  wie  auch  den  beliebten  Stoti' 
der  Parthorkriopre  bcsnntron  hatten.  Der  eine  hatte  ansgemalt  wie  so  ein 
stolzer,  stattlicher  Kosake  von  l'urther  von  seinem  Kosse  herabjrleitend 
an  seinen  Wunden  verblutet,  ein  anderer  fr.  per.  c.  O'nllo.t  (nicht  fiiiHiim, 
wie  volii.  l'urthi).  Letzterer  liess  (letavianus  seine  Lanze  prcf^cn  einen 
fXallisclien  Krieger  schleiiilcrn  ,  welche  so  gewaltig  gegen  den  Schihl  traf 
dass  durch  die  Zersj)litterung  der  cttspis  nicht  er  allein,  nein  Mehrere  mit 
ihm  gotödtct  wurden." 


Anmorkungea  zur  cislen  Satire.  19 

der  gviecliisclion  Scipiadoi  und  der  lateiuisclicn  Scipiaüam^  vgl. 
Lachmann  zu  Lucrot.  III,  1034.  —  sapiens  in  dorn  Sinne  wie  aucli 
Laclius  so  liicss.  Auf  die  Verherrlichung  des  Scipio  ist  es  nicht 
spociell  zu  beziehen  *) ,  übcrhani)t  nicht  auf  seine  satirische  Tliä- 
tigkeit  als  solche.  Denn  die  „Unklughcit"  —  wenn  sie  eine  solche 
war  —  Andere  iristi  laedcre  vcrsu  begieng  ja  Lucilius  in  ganz  an- 
derem blasse  als  Horaz,  s.  V.  69  und  I,  10,  3  f •  —  Dass  Lucilius  den 
jüngeren  Scipio  .in  einem  eigenen  Gedichte  besungen  habe  —  wie 
Ennius  den  älteren  —  ist  aus  unserer  Stelle  keineswegs  zu  schlies- 
sen.  Denn  der  folgende  Vei's  zeigt  dass  nur  von  gelegentlicher, 
in  die  Satiren  eingestreuter  Verherrlichung  hier  die  Kode  ist,  und 
auch  das  Verhaltniss  zum  Vorhergcliendon  führt  nur  hierauf.  Auf 
des  Iloraz  Klage  über  die  Verkennungen  die  er  um  seiner  Satiren 
willen  zu  erfahren  habe  hat  Trebatius  in  erster  Keihe  ihm  gerathen 
das  Versemachen  überhaupt  zu  luiterlassen.  Da  Horaz  diess  für 
unmöglich  erklärt,  so  meint  Trebatius :  Avenn  denn  Verse  gemacht 
sein  müssen,  so  seien  es  (statt  Hass  erntender  Satiren)  solche  von 
positiv  nützlicher  Art,  wie  ein  Epos  auf  Octavian  wäre.  Wie  Ho- 
raz hiegegen  die  Besonderheit  seines  Talentes  geltend  macht,  so 
schlägt  der  Jurist  in  dritter  Keihe  vor:  wenn  es  also  Satiren  sein 
sollen,  so  jedenfalls  statt  feindseliger  solche  mit  freundlichem, 
loyalem  Inhalte,  wie  ja  auch  Lucilius  den  seinigen  (unter  Anderem) 
gegeben  hat.  Als  Beispiel  solchen  anerkennenden  Inhaltes  wer- 
den die  bürgerlichen  und  friedlichen  Tugenden  Octavians  nam- 
haft gemacht. 

haiid  milii  dcero,  s.  Kirchner  zu  I,  4,  134.  So  schreibt  Ci- 
cero an  Trebatius  (Farn.  VII,  7  extr.) ,  die  Umstände  zu  Verbesse- 
rung seii\er  Lage  seien  alle  nicht  besser  zu  wünschen,  ul  lihi  umim 
timcndum  sil  ne  ipsc  tibi  defuissc  vidcarc. 

V.  20.  tutus  sich  deckend,  ,,wie  A.  p.  28:  scrpil  luinii  lutus^ 
s.  V.  a.  cautus^''  (Haberfeldt).  —  An  dem  bildlichen  Ausdrucke  rc- 
calcilrat  hat  man  von  jeher  Anstoss  genommen.  Zwar  ist  den  Alten 
überhaupt  der  Unterschied  zwischen  den  Menschen  und  den  Thie- 
ren  (wie  andererseits  den  Göttern)  kein  qualitativer,  und  sie  las- 
sen daher  in  weit  grösserer  Ausdehnung  als  unseren  Begrifl'en  zu- 
lässig erscheint  beide  Gebiete  in  einander  spielen.  Bei  den  Idjl- 
likorn  ist  diess  förmlich  System,  und  auch  Piaton  geht  in  dieser  Be- 
ziehung sehr  weit  (s.  Keip.  III.  p.  413  D.  424  B.  IV.  ]).  440  D.  V. 
p.  466  C  VII.  p.  537  A.  539  B.  und  die  Beispiele  in  meiner  Einlei- 
tung zum  „Staat",  S.  14).  Ebenso  wird  bei  Xen.  Kyrop.  1,4,  15 
(vgl.  21 )  der  junge  Kyros  unbedenklich  mit  einem  Gy.vka'E,  ysyvaiog 
vei-glichen ,  und  Athene  sagt  (Soph.  Ai.  7  f.)  zu  Odysseus :  sv  6i  ö' 


*)  Kleinlicli  Mitstlierlicli  (Kac.  V.  p.  *•) ,  unten  7,  72  vergleichend: 
fecif  ut .  tjuiim  sativariim  scriptione  i?i  muUorum  odiuin  incurreret,  haherel  fjui 
se  tuerelur;  ex  quo  eins  sapientia  elucebat. 

2* 


20  Zweifes  Buch  der  Satiren, 

iK(peQ£i  Kvvog  kay.cäv}]g  wg  xig  evQivog  ßaöig.  Vollends  mit  dem 
Pferde  werden  Menschen  oft  zusammengestellt,  namentlich  in  Be- 
zug auf  die  Schnelligkeit  der  Bewegungen  (s.  Schneidewin  zu 
Soph.  Oc.  R.  467) ,  und  wie  Orestes  bei  8oph.  El.  25  Ü.  einen  Skla- 
ven mit  einem  i'TCTCog  svyBvijg  vergleicht,  so  sagtbei  Aesch.  Ag.  842 
Agamemnon  von  Odysseus :  ^Ev%&elg  sroifiog  ijv  ifiol  öEiQucpogog; 
vgl.  "Aqijc  öe'^ioßscQog,  Sopli.  Ant.  140-  Horaz  selbst  erlaubt  sich  in 
diesem  Punkte  viel,  indem  er  nicht  blos  Ep.  I,  10,  5  sich  und  Ari- 
stius  vehtli  notiqiie  colutnbi  nennt,  sondern  Ep.  I,  4  extr.  sich  sogar 
Epicuri  de  grege  porcum;  auch  s.  unten  V.  85.  Aber  in  unserer 
Stelle  ist  es  ja  nicht  die  Vergleichung  mit  einem  Thiere  —  und 
insonderheit  einem  Pferde  —  was  auffallend  ist,  sondern  die  Stel- 
lung in  der  dasselbe  aufgefasst,  die  Thätigkeit  die  ihm  (und  Octa- 
vian)  zugeschrieben  ist.  AVir  Avollen  dem  Humor  des  lloraz  und 
dem  Couversationston  der  Satirc  alle  Rechnung  tragen,  Avollen 
auch  nicht  übersehen  dass  Stellen  wie  ngog  %hxQCi  Xay.TC^eiv  (Eur. 
Bacch.  T'Jd)  ,  si  freu  um  momordcris  (Cic.  ad  Farn.  XI,  23,2)  eine 
nicht  .sehr  verschiedene  Handlung  von  3Ienschen  aussagen;  aber 
bedenklich  bleibt  es  uns  doch  immer  dass  die  am  nächsten  zutref- 
fende Parallele  die  aus  der  mutwilligen,  ja  oft  übermütigen  Rede 
pro  Caelio  (I5,  36)  ist,  wo  Cic.  von  Caclius  in  Bezug  auf  Clodia's 
Ansinnen  sagt :  calcilrat,  respuit.  Eben  darum  will  es  uns  bedünken 
als  scheine  durch  den  Ausdruck  ein  gewisser  Mangel  an  tiefer, 
herzlicher  Achtung  vor  Octavian  durch,  etwa  —  nur  in  ganz  an- 
derem Masse  und  mit  anderem  Tacte  —  wie  wenn  Prokop  (bist.  arc. 
17)  dem  Justinian  ein  yovllt'^eii'  zuschreibt.  Durch  die  Wahl  des 
Conjunctivs  *)  aber  wird  sicherlich  in  der  Sache  Nichts  besser  ge- 
macht. Verletzend  ist  ja  nicht  die  (bestimmte)  Form  der  Aussage, 
sondern  ihr  Inlialt.  Der  handschriftliche  Indicativ  bezeichnet  ganz 
richtig  die  in  einem  als  möglich  gedachten  Falle  (dem  male  paJpari) 
unfehlbar  eintretende  Folge. 

V.  22.  Den  Panlolabus  mit  J.  Becker  (Rhein.  3Ius.  N.  F. 
V.  S.  369  ft'.)  für  eine  persona  Luviliann  zu  halten  scheint  mir  nicht 
richtig,  da  sich  in  diesem  Falle  der  Sinn  ergäbe:  wie  viel  besser 
ist  es,  gleich  Lucilius,  von  Andern  anerkennend  zu  reden  als  — 
den  Lucilius  zu  spielen.  Ueberdiess  drängt  laedere  zu  der  Voraus- 
setzung dass  Pautolabus  ein  Lebender  sei.  Andererseits  habe  ich 
gegen  meine  (im  Rliein.  ]\Ius.  IV.  S.  97  f.  und  Real-Enc.  III.  S. 
1230  Nr.  '\  begründete)  Identilicierung  von  l*antol.  mit  Ilermogenes 
(Tigellius)  jetzt  das  Bedenken  oh  wohl  Iloraz  über  die  nämliche 
Person  in  dem.selben  Buche  zweimal  (Sat.  I,  4,  72  und  8,  10  f.)  das 
(Jleichc  unter  verschiedenem  Namen  gesagt  hätte.  —  Für  Numen- 
lanumque    wüsste    ich    keine    (! runde    welche    die    bessere    hand- 


*)   für  M-elclien  Kirchner   (im  Nachhiss)  auf  II,  3,  214.  249.  259  ver- 
weist. 


Anmerkungen  zur  ersten  Satire.  21 

schriftliche  Beglaultigung  des  vc  aufziiwägcii  vermöchten.  Wolil 
steht  Sat.  1,8,  II  que,  und  kann  nur  dieses  stehen;  aber  daraus 
folgt  für  unsere  Stelle  die  Notlnvendigkeit  gleichfalls  que  zu  setzen 
nicht  viel  stärker  als  die  den  Accusativ  in  den  dortigen  Dativ  uui- 
zuwaudeln.  ve  lässt  die  Wahl  zwischen  zwei  Beispielen  derselben 
Gattung:  mit  AVichtcn  sich  herumzuschlagen  wie  P.  oder  N.  Zum 
Gedanken  vgl.  Aristoph.  Eqq.  1267  f. 

V.  24.  Wohl  wahr;  aber  Avas  ist  zu  machen?  (d.  h.  es  ist 
leider  nichts  zu  raaclien.)  *)  Das  Satirenschreiben  ist  nun  eben 
einmal  ein  individuelles  Bedürfniss  von  mir,  mein  Steckenpferd, 
wie  Andere  das  ihrige  haben.  —  sallal,  s.  Kirchner  zu  I,  9,  '!?> 
nebst  Cic.  in  Pis.  10,  22.  de  oflF.  III,  19,  75.  24,  93  nnd  meinen  Er- 
örterungen in  Real-Enc.  VI,  1.  S.  716.  —  Was  die  Scholiasten 
über  Milonius  angeben  ist  nur  aus  unserer  Stelle  gefolgert.  Da- 
bei hallen  sie  es  aber  nicht  richtig  getrotYen  wenn  sie  ihn  als  sciirra 
bezeichnen.  Ein  solcher  würde  auf  Verlangen  auch  nüchtern  tan- 
zen, und  wer  überhaupt  die  SelbstAvegwerfung  gewerbsmässig 
treibt,   an  dem  wäre  das  ebrium  saltare  gar  nicht  erA\ähnenswerth. 

V.  25.  Ueber  das  Doppeltsehen  Betrunkener  citiert  Kirchner 
(ausser  Juv.  VI,  304  f.  Petron.  64.  Straton  Anth.  Pal.  IL  p.  512. 
Aristot.  Probl.  III,  29)  Ovid.  A.  A.  III,  764.  Vgl.  auch  Virg.  Aen. 
IV,  469  f.   (von  Pentheus). 

V.  28.    claudere  s.  I,  4,  40.  10,  59. 

V.  29.  inelioris  (vgl.  5,  19.  29:  Lucret.  IIF,  1026:  honus  Ancus, 
qui  mclior  mullis  quam  tu  fuil- rebus) :  mit  welchem  keiner  von  uns  Bei- 
den sich  messen  kann.  Es  ist  eine  Ver^valirung  in  Bezug  auf  die 
durch  Lucili  rilu  scheinbar  ausgesprochene  Gleichstellung  mit  Lu- 
cilius.  Dass  Horaz  in  dieselbe  den  Tre1»atiiis  unaufgefordert  mit 
hineinzieht  ist  ein  Beweis  von  seiner  Vertrautheit  mit  demselben. 
Seine  Erklärung  erhält  das  Wort  theilweise  schon  V.  34  ff.,  voll- 
ständig aber  durch  V.  75.  Uebrigens  lässt  sich  zwischen  unserer 
Stelle  und  der  Bezeichnung  des  Trebatius  als  eqties  romanus  bei 
Porphyrie  in  der  Weise  vermitteln  dass  man  annimmt  Trebatius 
sei  erst  durch  Octavian  —  und  etwa  auch  erst  nach  Abfassung  un- 
serer Satire  —  in  den  Rilterstand  erhoben  worden.  Vgl.  Weber, 
Horatius  als  ^lensch  etc.  S.  191  f. 

V.  3L  cesserat  bedarf  (trotz  dem  unglücklichen  Vertheidi- 
gungsvcrsuch  des  gessernl  durch  Apitz  p.  lOl),  nach  Allem  Avas  seit 
Bentley  die  Ausleger  (z.  B.  LTaberfeldt  =  Ilcindorf ,  und  Orelli) 
bemerkt  haben,  Aveder  der  Begründung  noch  der  Erklärung.    Un- 


*)  Mitsclierlich  I?ac.  V.  j).  10  vergleicht  Cic.  ad  Fam.  IX,  7,  1  (no7i 
flesino  fipiid  isto.i  roenitfire.  Quid  faciamf  Tenipori  scrvienduin  est)  und  das 
griech.  rt  iydy  ttkOto  (Liikian.  l'roineth.  7)  mit  Valckenacr  /.n  Eur.  Plioen. 
'.102  (805) ,  Avelchcr  formidam  ad  cos  refert  qtton  invitos  natura  vcl  fatum  vcl 
quaecunque  tandem  vix  superanda  twccssitas  ccyit. 


22  Zweites  Biieli  der  Satiren. 

per.söulich  und  ohne  Dativ  auch  bei  Curtius  VII,  4:  (jirin  drdis  te,  iil- 
cumqite  cesserit  meliorem  fortiinam  dedilus  quam  hoslis  Judnlunts?  —  Als 
näclistos  Wort  hat  Kirchner  um  quam  gesetzt,  und  gewiss  mit  Recht. 
Ich  halte  nicht  nur  Orelli's  licnierkung  für  richtig,  dass  neben  der 
Ortsbestimmung  idio  auch  eine  Zeitbestimmung  [utiiquam)  zu  erwar- 
ten,  usqiiam  ulio  aber  müssig  sei,  sondern  es  schiene  mir  auch  un- 
passend eigens  zu  negieren  dass  er  in  Fällen  von  Missgeschick  ir- 
gendwo anders  hin  sich  gewendet  habe  als  zu  schien  Büchern,  also 
z.  B.  nicht  au  Angehörige  und  Freunde;  wogegen  es  ganz  ange- 
messen scheint  hervorzuheben  dass  er  jede  schmerzliche  oder 
freudige  Erfahrung  in  seinen  Schriften  niedergelegt  habe. 

V.  34.  Dass  die  Bezeichnung  des  Lucilius  als  scnex  nicht  auf 
dessen  Lebensdauer  sich  beziehen  müsse  und  könne,  sondern  auf 
seine  Entfernung  von  der  Zeit  des  Redenden,  hat  Yarges  im 
Rhein.  ]\Ius.  1835  p.  43 — 46  längst  erwiesen.  Es  ist  eine  nahelie- 
gende Anschauungsweise  denjenigen  der  in  einer  vom  »Standpunkte 
tles  Redenden  aus  frühen  Zeit  geboren  ist,  der  also  —  als  ideell 
fortlebend  gedacht  —  schon  lange  existiert,  als  alt  zu  bezeichnen, 
die  Benennung  der  längstvergangenen  Zeit  der  er  angehört,  als 
einer  alten,  auf  den  Einzelnen  selbst  überzutragen.  Besonders  be- 
lehrend ist  hiefür  Cic.  Brut.  10,  39  über  Solen  und  Pisistratus:  o/  /// 
quidcm,  ut  papuH  romani  aclas  csf,  sencs,  tit  Alhcnicnsium  sacchi  numc- 
ranfur,  adolesccnies  dcbcnt  videri;  vgl.  ib.  41  u.  7,27;  auch  Sat.  T, 
10,  67.  Auch  Virgil  dachte  wohl  nicht  an  natürliches  Lebensalter 
als  er  (Ecl.  VI,  70)  den  Hesiod  Ascracus  scficx  nannte,  oder  Proper- 
tius  als  er  (II,  34,  30  =  III,  32,  30)  senex  von  Aeschylus  gebraucli- 
te  *).  So  sprechen  auch  wir  vom  ^Iten  Gleim,  Uz,  Gessner,  ohne 
uns  lim  ihre  Lebensdauer  zu  kümmern;  ja  wir  können  sagen:  wie 
mau  das  anzugreifen  habe  hat  schon  der  alte  Lessing  gewusst,  und  in 
Avenigen  Jahrzehnten  wird  man  ebenso  vom  alten  Ilölty,  alten 
Novalis  reden,  so  jung  diese  gestorben  sind.  Es  ist  diess  ein  ganz 
relativer  Begriff  und  hier,  im  jNIunde  des  Horatius  gegenüber  von 
Lucilius,  höchst  bezeichnend  für  das  rasche  Leben  der  römischen 
Literatur  und  Geschichte,  vermöge  dessen  ein  vor  70  Jahren  Ge- 
storbener bereits  der  alten  Zeit  zugezählt  wurde.  Ob  man  dabei 
dann  den  Begriff  der  Ehrwürdigkeit  oder  den  des  Veralteten  vor- 
herrschen lassen  will,  liegt  im  Belieben  des  jedesmal  Redenden. 
"Was  Lucilius  betritl't  so  ist  des  Ilieronymus  Datierung  seiner  Le- 
benszeit vom  .1.  606 — 6jl  noch  immer  nicht  erschüttert,  und  auch 
das  von  des  Eusebius  unrielitiger  Ansetzung  des  ninnantinisclieii 
Krieges  hergenommene  BiMh'nkiMi  (von  v.  lleusde,  Epist.  ad  llenii. 
IHH.  p.  9  und  .1.  Becker,  Ztschr.  f.  Alt.  AV.  1846.  S.  9ö2)  ist  von  K. 

*')  C  Ifabii:  ,,Iii  f;Ieicher  Weise  ist  wohl  mich  (\ito  scnc.r  hei  Cic. 
p.  Süll.  §.  '2'-^  11.  ]i.  Arcii.  tf.  IC»  zu  verstehen.  Kr  heisst  .so  vielleicht  als 
ir;uii)t vrrtrcter  eines   Körners  von  altem  Selirot  nml   Kern." 


Anmcrkiiiigei)  zur  crsli'ii  Satire.  23 

F.  Hermann,  de  .scriptdr.  ill.  (Göttingen  1848.  4.)  p.  6  schon  lange 
beseitigt.  Anf  des  Lueilius  natürliclies  Lcljensalter  bezogen  Avürde 
sciii'x  überdiess  die  nnwahrscheinlichc  Voraussetzung  entlialten 
dass  derselbe  seine  Satiren  zumeist  erst  in  seinen  späteren  Jahren 
verfasst  habe.  Diess  hat  J.  Apitz  (Coniectanea  in  Kor.  Satiras, 
Berlin  J856.  8.  p.  lOl)  richtig  bemerkt,  dessen  positive  Erklärung 
(in  Lucilii  saliris  omnem  vilam  siciiti  scnis  in  tabula  votiva  clc- 
scri piam  padiisse ,  so  dass  das  tert.  comp,  sei  par  Lucilii  et  scnis 
garrulilas)  übrigens  nur  der  Curiosität  wegen  angeführt  werden 
kann. 

Nachdem  V.  30  —  34  die  Art  des  Lueilius  näher  bestimmt  ist 
(vgl.  Lucili  rilu) ,  wird  es  nun  ebenso  die  Unterordnung  des  lloraz 
(und  Trebatius ,  als  Liicafitis)  unter  ihn  (melioris) ,  indem  zum 
Uebergange  der  Anschluss  des  Iloraz  an  denselben  (durch  seq.  h.) 
wiederholt  wird.  Eben  so  mache  ich  es,  von  meinen  bescheidenem 
Verhältnissen  aus ,  ohne  mich  ihm  überhaupt  gleichstellen  zu  wol- 
len,  quidquid  sum  ego  (V.  74).  Zu  Lucanus  an  Ajjp.  vergleicht 
Kirchner  Catull  44.  I — 5,  und  Fea  Appulej.  Apol.  p.  28:  <le  patria 
mca ,  quod  cam  silam  Nuinidiac  et  GaeluUae  in  ipso  conßnio  meis  scnplis 
üslcndislis ,  quibns  meinet  professus  sum  — ■  Seminumidam  et  Semigaetu- 
lum,  non  video  quid  mihi  sit  in  ca  rc  piudeiulum.  —  anceps  kann  ich  nur 
als  masc.  (in  Apposition  zu  sequor)  betrachten:  ich,  von  dem  man 
nicht  weiss  etc.  Die  von  Heindorf  für  die  Möglichkeit  der  Auffas- 
sung als  Neutrum  beigebrachten  Stellen  scheinen  mir  nichts  zu  be- 
weisen. Wenn  es  Liv.  XXXI,  41  heisst:  claiiseranf  portas ,  incerlum 
vi  an  volunlate,  so  ist  dort  ine.  Apposition  zii  clauseranl  und  steht  daher 
ganz  nothwendig  im  Neutrum;  und  bei  Florus  —  falls  aus  ihm  auf 
Horaz  gefolgert  werden  darf —  II,  14:  regnum  —  Andriseus  invase- 
rat,  duliium  Über  an  servus  wäre  dubius  unzulässig,  da  es  bedeuten 
würde  dass  A.  selbst  nicht  gewusst  habe  ob  er  ein  Freier  oder  ein 
Sklave  sei.    Anders  verhält  es  sich  mit  dem  objectiven  aticeps. 

V.  35.  Gegenüljcr  von  der  gewöhnlichen,  auch  von  Kirchner 
vorgezogenen,  Verbindungsweisc  des  colonus  (mit  Venusinus)  hätte 
die  Ileindorrsche  (mit  missus)  den  Vortheil  dass  das  Substantiv  da- 
durch an  Bedeutsamkeit  gewänne. 

V.  36.     Sabellis,  s.  Kiroliner  zu   I,  9,  30. 

V.  37.  Romano  kann  jedenfalls  nicht  Neutrum  sein,  da  Tto- 
mnnum,  wie  Wüstemann  bemerkt  hat,  sicli  bäuhg  finden  müsste, 
wenn  es  überhaupt  gebraucht  worden  wäre.  3Iit  Bentley  agro  zu 
subintelligieren,  also  Romanus  zn  fassen  als  romanus  agcr ,  scheint 
sprachlich  unthunlich,  zumal  in  solcher  Nähe  von  hostis ;  es  bleibt 
daher  nur  der  so  häufige  collective  Gebrauch  des  Volksnamens. 

V.  38.  Dass  quod  Pronomen  ist  (aliquod)  hat  schon  Bentley 
gesehen. 

V.  39.  Din  Ansicht  von  Fr.  Jacobs  (Lect.  Venus.  S.  3 »9),  dass 
scd  dazu  diene  den  Gegensatz  zwischen  der  kriegerischen  Stel- 


2-1  Zweites  Buch  der  Satiren. 

lang  von  Ilorazcus  Vaterstadt  und  seiner  eigenen  friedliebenden 
Gesinnung  hervorzuheben,  kann  ich  nicht  wahrscheinlich  finden, 
da  jenes  Verhältniss  in  "Wahrheit  das  der  Aehnlichkeit  ist:  Avie 
lloraz  nach  dem  Folgenden  sicli  (in  Zukunft)  auf  die  Defensive, 
die  Abwehr  beschränken  will,  ebenso  bestand  aucli  die  Mission 
des  colonus  Vetiimnus  nach  dem  Vorhergehenden  in  der  Defensive, 
der  Abwehr  der  Apulier  und  Lucaner.  Zu  diesem  Sachverhältniss 
die  Adversativpartikel  in  Beziehung  zu  setzen  hat  Rauchensteiu 
(bei  Orelli  Ed.  UI)  versucht:  das  Vorhergehende  habe  eine  scherz- 
hafte Drohung  an  seine  Gegner  enthalten,  sofern  er  Abkömmling 
von  Männern  sei  die  jeden  Augenblick  haben  schlagfertig  sein 
müssen;  indessen  Avolle  er  sich  nach  deren  Beispiel  blos  abweh- 
rend vei'halten.  Aber  eine  Drohung  ist  in  der  Bezeichnung  als 
Venusiner  niclif  zu  erkennen.  Denn  wenn  auch  die  colonia  Vc- 
nusia  (Orelli  Inscrr.  867)  in  der  Mitte  zwischen  Lucanien  und  Apu- 
lien  lag  und  ein  Venusiner  daher  nicht  wusste  zu  welchem  von 
beiden  er  sich  rechnen  solle ,  so  war  darum  nicht  jeder  Venusiner 
als  solcher  —  vollends  wenn  er  Sohn  eines  Freigelassenen  war  — 
Abkömmling  der  römisclien  Bürger  welche  imJ. -ifiSd.  St.  (s.  Vellej. 

I,  14,  5.  vgl.  Dionys.  Hai.  Exe.  p.  2335)  und,  nach  den  Verlusten 
des  zweiten  punischen  Krieges,  im  J.  554  d.  St.  (Liv.  XXXI,  49) 
dorthin  gesandt  worden  waren  und  konnte  deren  Eigenschaften  auf 
sich  beziehen.  Auch  ist  die  Doppelseitigkeit  in  welcher  die  coloni 
Vemisini  so  aufgefasst  würden  —  einerseits  als  allezeit  streithaft, 
anderntheils  blos  abwehrend  —  in  den  Worten  nicht  begründet 
und  fast  sich  selbst  aufhebend.  Falls  man  daher  nicht  etwa  scd 
mit  Wüstemann  kurzAveg  abltrecheud  fassen  will :  um  nach  der 
Abschweifung  auf  das  frühere  Thema  zurückziikommen ,  müsste 
man  dasselbe  vielmehr  in  folgender  Weise  an  sequor  huuc  anknü- 
pfen:  meine  Liebhaberei  ist  denn  also  Verse  in  der  Weise  des  Lu- 
cilius  zu  machen  (welche  Weise  darauf  näher  l)estimmt  wird);  in- 
dessen werde  ich  mich  hiebei  (als  Satiriker)  innerhalb  der  Linie 
der  Vertheidigung  zu  halten  suchen  (anders  als  Lucilius  gewölin- 
lich  tluit,  s.  V.  64  ff.). 

hie  stilus  ist  einerseits  gegenüber  von  dem  bisher  über  die 
literarische  Thatigkeit  des  Lucilius  und  lloraz  Gesagten  zusam- 
menfassend, theils  vermiige  seiner  materialen  BeschatVenhcit  —  als 
metallen  —  geeignet  den  Uebergang  zu  dem  folgenden  lUhle  zu 
machen  (der  Griffel  ist  sein  Schwert).  Beispiele  von  Verwundung 
und  Tödtung  durch  Schreibgriffel  (grnp/iia)  s.  bei  Suet.  Cacs.  8*2. 
Calig.  28.  Sen.  de  dem.  I,  15,  I. 

nitro  stellt  auch  hier  (wie  I,  4,  21.  7,  17.  II,. 5,  28.  75.  W.    Ei>. 

II,  ],  227.  2,  107  u.  a.)  in  seiner  gewülinlichen  Bedeutung:  über 
eine  Ver])(lichtung,  Aufforderung  u.  dgl.  hinausgehend,  somit  un- 
aufgeforcU-rt,  ohne  äussere  Veranlassung,  hier  s.  v.  a.  tum  hicrssiliis. 
Die  Zusage  bezieht  sich  theils  auf  die  Zukunft,  theils  nur  auf  iion 


Anmerkungen  zur  ersicn  Satire,  25 

personlicli  polonüschen  Thcil  seiner  Satiren.  Eine  Rcizunp:,  Iler- 
iiusforilerung  für  den  Grift'ol  lag  übrigens  in  allen  auffallenden,  flag- 
ranten Erscheinungen;  für  den  Dichter  als  ethisches  Siibject,  als 
Träger  einer  idealen  Kiclitung,  in  aller  Schlechtigkeit.  Dass  Horaz 
auch  bisher  bei  allen  seinen  Angrift'en  auf  Einzelne  von  persönli- 
chen ^[otiven  geleitet  gewesen  sei  ist  weder  zu  glauben  noch  zu 
wünschen. 

V.  41  hat  Kirchner  mit  Ixecht  des fringcre  vorgezogen,  das 
wie  hier  so  auch  sonst  (bes.  Cic.  de  off.  IIF,  M,  112.  p.  Sest.  85,76) 
bei  weitem  besser  beglaubigt  und  auch  an  sich  einzig  das  Richtige 
ist,  sofern  das  Ziehen  des  Schwertes  durch  ein  Abstreifen  der 
Scheide  erfolgt,  ein  Entblösen  desselben  ist.  (Dieselbe  Anschau- 
ung liegt  zu  Grunde  wenn  dcstringcre  häufig  in  dem  Sinne  von  ano- 
i,vsod^aL  gebraucht  wird. )  ]\[it  dem  Schwerte  selbst  geht  keine  Tren- 
nung in  seine  Bestandtheile  vor  sich  (denn  die  vagiiia  ist  so  wenig 
ein  Bestandtheil  des  nisis  als  ein  Futteral  Bestandtheil  einer  Brille 
ist) ,  daher  (lisiri>i(/rrr  enscm  für  sachlich  unmöglich  erklärt  Aveiden 
nniss. 

V.  43.  positiim,  etyS]  y.ELnevov  (Aristoph.  Nub.  44).  Pereat 
robigine,  wie  Bakcliylides  in  seinem  berühmten  Paean  (Fr.  13 
Bergk)  vom  Frieden  sagt:  i'yx^^-  ^^  loyxcorci  h,i(pEa.  x  cc^cpuKca  öcc- 
j.ivarcei  svQcog  (V.  9).  Vgl.  Tibull.  I,  10,  49  f.:  Pace  —  Irisda  diiri  Mi- 
litis  in  ienebris  occupal  arma  siius. 

V.  45.  Dass  commorii  von  Acro  richtig  erklärt  wird  durch 
lacessicril,  provocriril  (behelligt,  aus  meiner  Kühe  aufstört,  so/licilarU), 
zeigt  seine  Stellung  zwischen  den  verwandten  Begriffen  noccai  und 
tätigere.  —  r Jarno  wie  Ep.  I,  19,  47. 

V.  4G.  flehit  hier  anders  als  I,  10,91.  Vielmehr:  soll  zu 
weinen  bekommen  in  Fidge  eines  zugefügten  Schmerzes,  d.  h.  soll 
es  schmerzlich  zu  fühlen  bekommen,  zw  büssen  haben.  Aehnlich 
Epod.  5,  74  und  im  Griechischen  xAßfa»,  z.B.  Aristojdi.  Nub.  1415. 

V.  47  ft".  Humoristische  Zusammenstellung  seiner  AVafte  (des 
slilus)  mit  der  eines  Oervius  u.  s.  w.  Vgl.  V.  24  ff.  —  Vrnam  s.  v. 
a.  iudicia. 

V.  48.  Um  alle  möglichen  und  unmöglichen  Auffassmigen  von 
Albuii  zu  erschöpfen  hat  Apitz,  Coniectanea  p.  102,  nun  auch 
noch  den  Einfall  vorgebracht  es  als  Vocativ  zu  fassen.  Richtig 
s(*heint  mir  einzig  die  Verbindung  mit  venenimi.  Die  Frage  von 
Apitz :  quid  hoc  venemim  ad  Canidiam  ?  beantwortet  Kirchner  (im 
Nachlass)  durch  die  Vermutung:  Canidia  proeiil  dubio  venenum  ei  mi- 
nistraverat.  Auch  ohne  dieses  genügt  Porphyrio's  Angabc  mit  Ila- 
berfeldt's  Bemerkung:  ,, Horaz  triflt  hier  Zwei  mit  Einem  Schlage." 
—  Ueber  Canidia  s.  Kirchner  zu  I,  8.  S.  274  f.  imd  dazu  meine 
Abhandlung  über  die  Abfassungszeit  der  Epoden,  Zeitschr.  f.  Alt. 
W.  1844.  S.  515 — 525. 

V.  49.    Mit  der  von  Kirchner  in  der  Uebcrsetzung  und  im 


26  Zweites  Hucli  der  Snliren. 

Naclilass  gewählten  Deutung:  yr.  tualiiin  est,  statt  der  allgemein 
angenoininenen  Beziehung  auf  »linildtiir,  kann  ich  niieh  nicht  he- 
treunden.  Das  Uehel  das  er  androht  ist  seiner  (Qualität  nach  nicht 
bestimmt  weil  es  sich  nach  der  Beschaftenheit  der  jedesmaligen 
Sachlage  richten  wird,  je  nachdem  der  Process  ein  civiler  oder 
crimineller  ist,  und  —  im  letzteren  Falle  —  je  nachdem  die  An- 
klage lautet.  —  lieber  Turius  erhellt  aus  der  Stelle  selbst  dass 
er  ein  Mann  war  welcher  durch  die  That  bewiesen  hatte  dass  er  per- 
sönlichen Verhältnissen  und  Stimmungen  Einfluss  auf  seine  rich- 
terlichen Entscheidungen  einräume,  und  zwar  in  feindseliger  Wei- 
se. Von  dem  was  die  Scholien  über  ihn  angeben  ist  kaum  ihre 
Vervollständigung  seines  Namens  brauchbar.  —  Die  Schreibung 
si  quid  —  cerles  wird  neben  ihrer  grösseren  Gewähltheit  und 
Schwierigkeit  gegenüber  von  der  ordinären  {si  qicis  —  ccrlcl)  auch 
noch  durch  die  dritte  Variante  (si  quid —  cerlet)  empfohlen.  Origi- 
nell ist  auch  hier  wieder  Apitz  (p.  102  f.).  Weil  bei  den  beiden 
ersten  Beispielen  das  Motiv  [iralus,  iniinica)  ausgesprochen  Avar,  so 
meint  er  dass  es  auch  beim  dritten  schlechterdings  stehen  müsse 
(während  es  doch  vielmehr  eben  darum  sehr  entbehrlich  ist)  und 
ändert  daher  se  ab  in  sibi. 

V.  50.  Auch  hier  bin  ich  nicht  Kirchners  Ansicht,  welcher  zu 
ul  bemerkt:  hypothetice,  Sat.  I,  4,  69.  Ep.  I,  12,  8;  und  demgeraäss 
auch  übersetzt  hat.  Das  Richtige  gibt  Ep.  II,  1,  118  f.  an  die 
Hand:  hie  error  —  quanias  Virtutes  haheat,  sie  coUige.  Die 
Thatsache  ist  schon  durch  die  vorausgegangenen  Beispiele  ausser 
Frage  gestellt  und  wird  im  Weiteren  nur  noch  von  neuen  Seiten 
als  Naturgesetz  bestätigt. 

V.  52.  Zur  Sache  fülirt  Lambinus  die  Parallelstellen  laueret. 
V,  1032  —  1039.  Cic.  N.  I).  II,  50  extr.  an,  sowie  Aristot.  de  part. 
an.  II,  9.  III,  1. 

V.  53.  Heindorfs  Auffassung  von  monsiratuin  {no^tv  ii  fu) 
evöo^ev  ösöeiyf.iii'ov ^  quod  u/ide  monslralum  est  nisi  infus)  finde  ich 
nicht  so  gesucht  und  künstlich  wie  Oielli  und  Weber  meinen,  ja 
sogar  glätter  als  die  von  Letzteren  vorgezi>gene :  uudc  hoc  iis  mou- 
siratum  est  uisi  infus?  —  Zum  F<dgenden  vgl.  J.  A.  Schäfer,  (Hiser- 
vationrs  ad  aliquot  Plinii  et  Jloratii  lucas ,  Ansbachor  Schulprogramm 
von  1831,  wo  (p.  13  f.j  namentlich  auf  den  Gegensatz  zwischen  dem 
Namen  Scaeva  (OKaiog,  laeeus)  und  dem  nachfolgenden  />/Vi  dcxicrn 
aufmerksam  gemacht  und  daraus  der  Schluss  gezogen  ist  dass  er- 
sterer  fingiert  sei. 

V.  54  erklärte  Kirchner,  nach  seiner  -Vnmerkung  zu  1,1,  9.") 
(S.  17),  mit  Orelli,  Wüstemann,  Aj)itz  (der  es  ein  Oxymoron 
nennt)  u.  A. :  ita  iniruin  [mm  maijis  mirum)  uf  ueque  etc.  Nur  will  es 
mir  scheinen  dass  es  alsflaiiu  prirre  oder  quoil  jniif  Iieissen  miissto. 
Und  ila  auch  Ileindorf's  Erkhäiung  ibirchaus  nicht  befriedigt,  so 
finde  icli  M<'iin'ki'"s  Vorscldag  weitaus  am  plausibelsten ,  der  statt 


Aiiinerkungeii  zur  cislon  Satire.  27 

Beutlcy's  »liriim  ;;/ cmoiuliit:  lüininim.  Die  Ur.s;u"lio  dos  AVogfalls 
von  ni  lägo  dabei  auf  der  Hand.  Vgl.  Kirchner  zu  [,  6,  102  (>S.  242.) 
pcrcgrcve.  (Hahn  meint,  das  handseliriftliche  tniruin  sei,  als  Frage 
gefasst,  also  miriim/,  vielleicht  doch  zu  halten.) 

V.  57.  Nc  lotig  um  faciam,  s.  Kirchner  zu  I,  '^,  137-  Hier: 
um  die  Beispiele  nicht  weiter  zu  häufen,  sondern  kurzweg  den  (als 
Ergehniss  aus  denselben  hervorgehenden)  Entschluss  auszus^ire- 
chen  welcher  mir  feststeht,  —  unter  allen  Umständen,  komme  was 
da  will,  bei  meiner  literarischen  Thätigkeit  (als  Satiriker)  zu  ver- 
harren. 

V.  58.  Oder  schon  in  diesem  Augenblicke  der  Tod  mir  nahe 
ist.  In  Bezug  auf  die  l^arstellungen  des  Todes  ist  zu  unterschei- 
den zwischen  dem  Sterben,  als  dem  Losreissen  vom  Leihen,  xind 
dem  Zustande  des  Todtseins.  Beide  wurden  geAvöhulich  als  Flü- 
gclgestalteu  dargestellt,  aber  nur  das  Letztere  durch  einen  milden 
Genius  mit  gesenkter  Fackel.  Den  grausigen  Bildern  für  den  er- 
stem Begriff"  ist  auch  unsere  Stelle  beizuzählen,  welche  an  einen 
Raubvogel  erinnert  der  seine  Beute  imihroist  ehe  er  sich  auf  sie 
stürzt.  —  Seine  Vermutung  dass  die  Stelle  ein  (parodischcs) 
Citat  eines  epischen  Dicliters  enthalte  hat  Orelli  später  mit  Kecht 
aufgegeben.  Weder  enthält  der  Ausdruck  irgend  etwas  Uebertrie- 
benes,  noch  wäre  hier,  bei  einer  so  ernsthaften  Sache,  etwas  l'a- 
rodisches  am  Platze.  Dass  die  Sprache  sich  hebt  liegt  auch  hier 
(wie  V.  13  ff.)  am  Gegenstande. 

V.  59.  seil  =  vel  si,  wie  6.  20.  Terent.  Andr.  I,  2,  19:  posliilo, 
sirc  aerjuum'st,  te  oro.  Tibull.  I,  6,  21:  cxibÜ  quam  saepe  ^  Urne,  scu 
viscrc  dicel  Sacra  Bonac  —  Deae.  11,  4,  43:  scu  veniet  tibi  tiiors ,  ncc 
cril  (jui  lugrat  ullus  ,  Ncc  qui  dct  —  munus.  Propert.  II,  20,  29  f. :  seu 
marc  per  longum  tncu  cogitel  ire  puella,  Hanc  scquar.  III,  21,  7  f.:  vix 
—  admiUil,  seu  venii  exlremo  dormit  amica  toro.  Persius  Sat.  I,  67  f.: 
Sive  opus  in  mores  —  dicere,  res  grandes  noslro  dut  Musa  poctae  und 
zu  letzterer  Stelle  0.  Jahn,  p.  96-  —  Auf  das  sclum  von  Orelli 
hinreichend  widerlegte  luserit  konunt  Apitz  p.  103  zurück.  Aber 
die  Verbannung  ist  dem  Römer  weder  an  sich  ctAVas  das  er  leicht 
niunnt,  noch  wäre  etwas  Leichtes  hier  am  Platze,  wo  der  Sinn 
vielmehr  ist:  Auch  das  schwerste  3Iissgeschick  soll  mich  vom  scri- 
bere  nicht  abhalten. 

V.  60.  Dass  dem  Iloraz  die  homerische  Stelle  vorschwebt  wo 
Thetis  zu  Achilleus  sagt:  omv^ioQoq  ö/j  fiot,  tsxo?,  l'aGeca^  oi  uyo- 
'jeveiq  (II.  XVIII,  95)  scheint  unverkennbar  und  erhöht  das  Heitere 
der  Worte. 

V.  62.  Kirchner  im  Nachlass:  frigore  te  fcrial  Persius  I, 
109  de  refrigeralo  favorc  accipit.  Sed  frigei  ipsa  haec  explicatio.  Quid 
tum  vital is'  Frigus  de  morlc ,  ul  Od.  II,  8,  11.  Ceterum  consulto  am- 
bigue  locntus  esse  videtur.  ^Gegen  jene  (unter  den  Neueren  besonders 


28  Zweites  Bucli  der  Satiren. 

von  Haljerfeldt  adoptierte)  Erklärung  des  Acro  und  Porphyrio 
haben  sich  mit  Eeelit  schon  Orelli  und  "Weber  (S.  260)  lebhaft  er- 
klärt. Die  durch  vilulis  verlangte  Hindeu\ung  auf  den  Tod  liegt  in 
ferial,  nicht  in  frigore.  Letzteres  bezeichnet  allerdings  hier  (v/ie 
bei  Sueton.  Oct.  66:  Jr/rippa  ex  Icvi  frigoris  suspicione  —  MyÜknus  sc 
cotUidil,  und  Sen.  Ep.  XX,  5  (I'22),  II:  Monlamts  Julius  iokrahiUs 
poela  ei  amicida  Tibcrii  notus  cl  frigore)  dem  Zusammenhange  ge- 
mäss: Erkältung  in  der  Freundschaft,  Kaltwerden;  indem  ihm 
aber  durch  feriul  eine  lebensgefährliche  Wirkung  zugesclirieben 
wird,  so  ist  es  zugleich  bildlich  gedacht,  etwa  als  ein  eiskalter 
Hauch  der  Mark  und  Bein  gefrieren  maclit  (vgl.  Weber  S.  260). 
Uebrigens  ist  natürlich  ferial  so  wenig  als  das  worauf  es  sich  be- 
zieht, viialis,  wörtlich  zu  nehmen,  sondern  bedeutet:  Ich  fürchte 
dass  du  bei  solchen  Grundsätzen  es  nicht  lange  treiben  wirst ,  son- 
dern dass  mit  einem  Male  (vgl.  feriai)  die  hochgestellten  Freunde, 
die  dich  bislier  gegen  die  allgemeine  Missbilligung  gehalten  haben, 
ihre  Hand  von  dir  abziehen  und  dann  dir  die  Weiterverfoljrune: 
deiner  Bahn  unmöglich  wird.  Dass  dieses  Bedenken  ein  sehr  ge- 
rechtfertigtes war  zeigt  auch  die  gründliche  Art  wie  Horaz  es  be- 
spricht. Er  sucht  es  zuerst  apriorisch  zu  widerlegen ,  indem  er  das 
Eintreten  eines  solchen  Falles  wegen  der  Erfahrungen  welche  Lxi- 
cilius  gemacht  habe  unwahrscheinlicli  findet;  dann  auch  aposterio- 
risch, durch  Berufung  auf  das  anerkennende  Urteil  des  Octavian, 
das  freilich  schwerlich  dem  specifisch  satirischen  Elemente  der 
horazischen  Salurae  gegolten  haben  wird.  Was  Horaz  über  die 
Aufnahme  sagt  welche  Lucillus'  Satiren  bei  Scipio  und  Laelius 
gefunden  haben,  dem  fühlt  sich  sehr  wohl  an  dass  es  überwiegend 
paränetisch  gemeint  ist,  als  Vorbild  für  seine  eigenen  Gönner. 

V.  64.  „Respicit  fabulam  vel  de  asino  qui  pellem  leoninam  indiie- 
rat  vel  de  vulpe,  ut  Ep.  T,  16,  45:  iuirorsum  turpem,  spcciosum  pelle 
decora.^^    Kirchner  (im  Xachlass). 

V.  65.  Von  den  beiden  dii)lomatisch  gleichberechtigten  Les- 
arten hat  auf  für  sich  die  grössere  grammatische  Schwierigkeit  (s. 
Krüger  lat.  Gr.  §.  287,  A.  3.  S.  372),  vermöge  der  sie  der  Gefahr 
des  Verändertwerdens  mehr  ausgesetzt  war;  für  el  spricht  dass  da- 
bei Laelius  und  Scipio  als  ungetrenntes  Paar  behandelt  werden. 

V.  67.  Da  bei  Melello  nur  an  Q.  Caecilius  ^letellns  ^facedoni- 
cus,  Cos.  611  (Real-Enc.  II.  S.  23  f.  Nr.  6),  gedacht  werden  kann, 
und  zwischen  diesem  und  Scipio  doch  dissensio  bestand  (Cic.  de  oft". 
I,  25,  87),  so  hat  Kirchner  (im  Xachlass)  doluerr  —  statt  es  auf 
Laelius  und  Scipio  zu  beziehen  —  vielmehr  durch  homines  erläu- 
tern zu  müssen  geglaultt,  was  abor  schon  durch  V.  71  ff.  widerlegt 
wird.  .Teno  Schwierigkeit  ist  auf  andere  Weise  zu  beseitigen. 
Einmal  war  die  Entzweiung  zwischen  beiden  ]\[äunern  lediglich 
politischer  Art  (Cic.  Lae.l.  21,  77.  Kep.  I,  19,  3l)  und  schloss  ge- 
genseitige persfiuliche  Achtung  nicht  aus,  wie  denn  Cicero  (de  off. 


Anmerkungen  zur  ersten  Salire.  29 

1.  1.  vgl.  VcUej.  I,  11,  6:  acres  iniioccnlcsque  pro  rcp.  cum  inimicis  ro)i- 
Irnlioncs)  ausdrücklicli  sagt  class  dieselbe  sine  accrhilalc  gewesen  sei 
und  von  3Ietellus  verschiedene  Aensserungeu  wärmster  Anerken- 
nung von  Scipio's  Grösse  nach  dessen  gewaltsamem  Ende  über- 
liefert sind  (Val.  Hax.  IV ,  1 ,  12.  Plin.  YII,  45).  Sodann  schl'ss 
die  verschiedene  Partcistellung  ebenso  wenig  einen  gewissen  Corps- 
geist aus,  vermöge  dessen  den  Scipio  rücksichtslose  Behandlung 
eines  Aristokraten,  auch  wenn  derselbe  sonst  sein  Gegner  war, 
hätte  empfindlich  berühren  können,  trotzdem  dass  er  selbst  —  ver- 
möge seines  persönlichen  Verhältnisses  zu  Lucilius  —  ein  ähnli- 
ches Schicksal  nicht  für  sich  fürcliten  durfte  (vgl.  V.  "23).  Ueber- 
haupt  aber  scheint  es  mir,  unter  Voraussetzung  von  Hieronynms' 
Datierung  von  Lucil's  Leben,  unwahrscheinlich,  wo  nicht  unmög- 
lich dass  Scipio  zu  des  Satirikers  Angritfen  auf  Zeitgenossen  in  ir- 
gend Avelche  IJezichung  treten  konnte.  Als  Scipio  im  J.  625  seinen 
Tod  fand  war  Lucilius  erst  19  Jahre  alt,  also  keinenfalls  schon  als 
Satiriker  thätig.  Daraus  lässt  sich  nun  freilich  ebenso  gut  gegen 
die  Kiclitigkeit  von  Hieronymus'  Datierung  von  Lucil's  Geburt 
argumentieren,  wie  auch  aus  V.  71  ff.  man  versucht  ist  grössere 
Altersgleichheit  zwischen  Scipio ,  Laelius  und  Lucilius  zu  folgern 
als  sie  sich  bei  jener  Datierung  ergibt;  indessen  führen  solche 
Zweifel  nicht  eben  viel  weiter,  und  es  ist  andererseits  auch  nichts 
weniger  als  undenkbar  dass  der  Darstellung  des  Horaz  (bes.  noti 
dolucre)  keine  positiven  Ueberlieferungen  zu  Grunde  liegen,  son- 
dern dieselbe  auf  der  selbstgemachten  Corabination  zweier  fest- 
stehenden Tliatsachen  beruht,  nämlich  einerseits  der  Angriffe  des 
Lucilius  auf  Männer  wie  3Ietellus  und  Lupus,  andererseits  der  un- 
getrübten Freundschaft  zwischen  Scipio  und  Lucilius  bis  an  des 
Erstem  Ende.  Oder  kann  Horaz  das  was  streng  chronologisch 
genommen  nur  von  Laelius  ausgesagt  werden  durfte,  dass  er  die 
Angriffe  des  Satirikers  auf  Hochstehende  nicht  übel  vermerkt  habe, 
auch  auf  den  notorischen  andern  Freund  des  Lucilius  ausgedehnt 
haben.  Das  Eine  wie  das  Andere  ist  um  so  eher  möglich  weil  es 
dem  Horaz  um  jeden  Preis  darum  zu  thun  sein  musstc  eine  Paral- 
lele zwischen  Lucilius  und  sich  in  der  fraglichen  Beziehung  zu 
gewinnen.  Hinkt  sie  ja  doch  auch  in  anderer  Hinsicht,  wie  Horaz 
selbst  vollkommen  klar  erkennt  (V.  74  f.).  Denn  das  bürgerliche 
und  sociale  Verhältniss  zwischen  dem  röm.  Ritter  Lucilius  und 
dem  neuadligen  Laelius  war  doch  ein  ganz  anderes  als  zwischen 
Horaz  und  ^laecenas  u.  A. 

V.  00.  urripuit  vgl.  3,  224  und  Liv.  II,  54:  consiiles  Gciiucius 
fr.  pl.  arripuit.    Zur  Sache  vgl.  Kirchner  oben  S.  144  f. 

V.  71  ff'.  So  wenig  fühlten  sie  sich  beleidigt  dass  sie  vielmehr 
fortwährend  das  innigste,  vertrauteste  Verhältniss  mit  ihm  unter- 
hielten. 

V.  72.     Ueber    die    Umschreibung  vgl.  Kirchner  zu    I,  2,  32 


30  Zweites  Buch  der  Satiren. 

(S.  42).    Dor  Ausdruck  besagt   das  Aufgehen  des  betr.  Subjectcs 
in  der  fraglichen  Eigenschaft,  des  Scipio  in  der  rirliis  u.  s.  f. 

V.  74.  oluSf  s.  Kirchner  zu  I,  6,  115  und  dazu  Ep.  I,  17,  13— 
15-  Auch  vgl.  Plin.  H.  N.  XXIII,  1,5:  urilur  in  furno  donec  panis 
pcrcoqiialur. 

V.  76.  magnis,  s.  Kirchner  zu  I,  6,  73  (S.  234)  u.  vgl.  oben 
V.  61 :  maiorwn.    Zur  Sache  vgl.  I,  10,  84  ff.  Ep.  I,  20,  23. 

V.  77.  „Respcxit  fahulam  de  vipera  limum  mordentc,  upud  Phacdr. 
IV,  8."  Kirchner  imXachlass  (nach  dem  Vorgang  von  Dacier  U.A.). 
An  die  ,, harte  Nuss"  liat  schon  Ilaberfcldt  gedacht.  Auch  ist  die 
Vorstellung  vom  Zahne  des  Neides  eine  häufige;  s.  Od.  IV,  3,  16 
und  dazu  Mitscherlich, 

V.  79.  Unter  den  Varianten  können  nur  dif finde rc  und 
diffinger e  ernstlich  in  Betracht  kcmimen,  um  welche  beiden  sich 
die  zersprengten  andern  herumgruppieren.  Hinsichtlich  der  äusse- 
ren Beglaiibiguug  halten  sich  diese  nahezu  die  Wage,  nur  dass  die 
Autorität  des  Bland,  antiquissimus  von  Cruquius,  sowie  das  von  den 
Ildsch.  einstimmig  gebotene  hinc  dem  difßndere  einige  Ueberlegen- 
lieit  verschafl't.  Fragen  wir  sodann,  welches  von  beiden  eher  einer 
Correctur  ähnlich  sehe ,  so  lässt  sich  zwar  sagen ,  die  Abschreiber 
seien  in  Versuchung  gewesen  dem  Trebatiiis  einen  juristischen  Aus- 
druck zu  octroyieren  und  daher  das  ursprüngliche  dif  fingere  abzuän- 
dern in  diffinde?'e.  Aber  diese  Versuchung  war  doch  nicht  gross 
und  dringend,  und  diffindere  als  juristischer  Kunstausdruck  so  ent- 
legen dass  Kenntniss  und  Einschnuiggelung  desselben  durch  die 
Abschreiber  — •  vollends  an  der  8telle  des  planen  diffincjere  —  zu 
den  entferntesten  Möglichkeiten  gehört.  Andererseits  aber  lag 
eben  in  der  Unverständlichkeit  des  difßndere  eine  starke  Versu- 
chung zu  Abänderung  desselben,  wobei  diffingere  nach  äusserlicher 
Aohnlichkeit  Avic  materieller  Brauchbarkeit  nahe  lag  und  durch 
Horaz  selbst  (Od.  III,  29,  47)  geboten  wurde.  Sind  so  die  äusseren 
Gründe  entschieden  mehr  für  d,  so  müssten  die  exegetischen  Ein- 
wendungen gegen  dasselbe  von  ganz  anderer  Beweiskraft  sein  als 
sie  es  wirklich  sind,  wenn  dadurch  jenes  Ergebniss  sollte  umge- 
stosscn  werden  können.  Zwar  ist  Bcntley  vollkonuuen  zuzugeben 
dass  diffindere  im  Sinne  des  juristischen  Sprachgcbrnuches  [diem  dif 
findere ,  vom  Abbrechen  einer  begonnenen  Verhandlung  unter  Ver- 
taginig  derselben)  hier  schlccliterdings  nicht  am  Platze  wäre:  dar- 
aus folgt  aber  nicht  dass  auch  in  jeder  andern,  der  eigentlichen 
(spalten,  sprengen,  in  welcher  es  auch  Od.  III,  16,  3  gebraucht  ist 
und  bei  Appulej.  Met.  IX,  p.  225:  addens  eiinciim,  </iii  rigentem  nervi 
leniieildlem  viidcnter  diffinderet)  mehr  oder  weniger  nahestehenden 
IW'dcutung.  Als  solche  kann  froilicli  nicht  mit  Düntzer  behatiptct 
werden:  etwas  durch  Beweise  zu  Niclite  machen,  widerlegen; 
wohl  aber  mit  Fea  und  Orelli  =  ahseindere.  reinovere  ae  reieere:  ich 
kann  Nichts  davon  wegspalteu,  Nichts  davonthnn ,  muss  es  (deine 


Anmerkungen  zur  ersten  Sniire.  JJ I 

Bcliauptimg)  lassen  wie  es  ist,  kann  Nichts-  dagegen  sagen,  uniss 
mich  damit  einverstanden  erklären.  Weber  erinnert  hiebei  an  das 
deutsche:  ,, davon  beisst  keine  Maus  einen  Faden  ab;"  und  es  ist 
ganz  wohl  denkbar  dass  irgend  welche  ähnliche  Vorstellung  dem 
bildlichen  Ausdrucke  tlif/i/nl.  zu  Grunde  lag,  welcher  der  Sprache 
des  gemeinen  Volkes  entnommen  zu  sein  scheint,  deren  significante 
Bezeichnungen  die  römischen  Juristen  auch  soui^t  gern  geiirauchcn, 
und  Trebatius  um  so  eher  da  er  ein  liumoristischer  Charakter  war. 
— ■  Uebrigens  vertheidigt  difßngcre  (und  in  zweiter  Reihe  ilif/idcrr) 
Wiss,  Quaest.  Ilor.  V.  (1835.  4.)  p.  25  ff.  Kirchner,  der  —  nach 
seinen  Aufzeichnungen  zu  schliessen  —  früher  gleichfalls  für  dif- 
fingcrc  war,  hat  scliliesslich  seine  Ansicht  geändert,  wie  der  Text 
und  die  kritischen  Anmerkungen  zeigen. 

V.  SO.  ül  —  c Ureas,  elliptisch  zu  fassen  {fac  iil  r.  nach  Scliol. 
Cruq.),  wie  im  Griechischen  OTicog  (s.  m.  Anm.  zu  Aristoph.  Nub. 
257).  Funkhänel,  welcher  iil  mit  monitus  verbindet,  durfte  sich 
dafür  jedenfalls  nicht  auf  Schol.  Cruq.  berufen;  aber  es  scheint 
auch  dass  diese  starke  Hervorhebung  der  (im  Nachfolgenden  erst 
vor  sich  gehenden)  Warnung  („in  der  Eigenschaft  eines  Gewarn- 
ten'') hier  nicht  recht  passend  wäre. 

V.  81.  sanclae  ist  ein  ganz  gewöhnliches  Epitheton  der  Ge- 
setze überhaupt,  welches  besagt  dass  sie  in  ihrem  Ursprünge  mit 
religiösen  Garantien  umgeben,  unter  den  Schutz  der  Götter  ge- 
stellt und  als  solche  unverbrüchlich  zu  halten  sind.  Vgl.  Ülpian 
Dig.  I,  8,  9.  §.3:  projirie  dicimus  sancta  qtiue  neqiie  sacra  iiequc  pro- 
fnna  sunt,  sed  scmclione  quadam  con/irinata ,  iit  Irges  sanclae  sioil ,  san- 
clinne  enim  qiiadatn  sunt  subnixae.  So  sagt  Licinius  Calvus  bei  Serv. 
Aen,  IV,  58:  et  leges  sanclas  dociiit.  Halm  fasst  ähnlich  sanctac  le- 
gcs  als  „Gesetze  auf  deren  Uebertretung  Strafe  gesetzt  ist,"  und 
vergleicht  Cic.  p.  Rab.  Post.  §.  8:  si  est  hoc  novum  in  lege  Julia  ^  si- 
culi  muUu  sunt  severius  scripta  quam  in  antiquis  legibus  et  sanclius 
(d.  i,  wohl:  mit  schärferer  Verpönung)  etc.  und  Justinian's  Instit. 
n,  1,  10:  ä/co  et  legum  eas  partes  quiljus  jmenas  constituimus  adrrrsus 
eos  qui  contra  leges  fecerinl  sanctiones  vocamus. — ■  Legum,  insbe- 
sondere wohl  die  lex  Cornelia  de  iniuriis  vom  J.  672  oder  673,  welche 
zwar  ur.sprünglich  nur  auf  Realinjurien  sich  bezog  (Ulpian.  Dig. 
XLVn,  10  pr.:  lex  C.  de  i.  compctit  ei  qui  iniuriai'um  agerc  volet  ob 
eam  rem  quod  sc  pulsatum  ver1)eratumve ,  domumvc  suani  vi  introilam  esse 
dirat)  und  für  diese  eine  Criminalklage  einiührte,  aber  bald  auch 
auf  Wrbalinjurien  ausgedehnt  worden  zu  sein  scheint;  für  die  Kai- 
serzeit wenigstens  erhellt  diess  aus  ib.  §.9:  si  quis  librum  ad  in/'a- 
miam  alicuius  pcrtinenlem  scripscrit,  composuerit ,  ediderit,  dolore  vudo 
fccer it  —  uli  de  ea  re  agerc  liceret;  et  si  condemnatus  sit  qui  id  fccit  in- 
testabilis  ex  lege  esse  iubctur.  Uebrigens  war  in  der  Zeit  unserer  Sa- 
tire eine  solche  Erweitei-ung  der  lex  Cornelia  noch  kein  dringendes 
Bedürfuiss,  da  in  derselben  zwar  die  Bestinnninij?  der  XH  Tafeln 


32  Zweites  Buch  der  Satiren. 

mit  ihrer  barbarischen  Androliung  von  Todtprügelung  für  das  occcn- 
lore  und  condere  Carmen  qiioii  i))fiiiniam  faciat  alteri  gewiss  längst  anti- 
quiert war,  dafür  aber  das  prätorischeEdict  bestand,  welches  besagte : 
qtii  advcrsiis  bonos  mores  (d.  h.  ad  infamiam  vel  mvidiam  alicuins  spe- 
ctans ,  Ulp.  ib.  §.  5)  convicium  ein  fecisse ,  cuhisve  opera  faclum  esse 
dicelur  quo  adversiis  bonos  mores  convicium  fierel,  in  cum  iudicittm  dabo 
(Ulp.  Dig.  1.  1.  15,  2),  und  weiterhin:  ne  quid  infamandi  caussaftat: 
si  quis  adver sus  ea  fecerit,  2)rout  quueque  res  erit,  animadverlam  (ib. 
§.  'Ib).  Schützte  dasselbe  doch  sogar  Sklaven:  qui  servum  alienum 
adversus  bonos  mores  verberavisse  —  dicelur,  in  cum  iudicium  dabo :  ilem 
si  quid  aliud  factum  esse  dicelur  (wohin  Ulpian  §.  44  besonders  rech- 
net: si  infumalus  sit  vel  facto  aliquo  vel  carminc  scriplo) ,  caussa  coynita 
iudicium  dabo  (ib.  §.  34).  Dass  in  unserer  Stelle  dem  Redenden  das 
prätorische  Edict  zunächst  im  Sinne  liege  scheint  auch  aus  ius  est 
iudiciumque  (verglichen  mit  dem  angef.  iudicium  dabo)  hervorzu- 
gehen. Das  Angeführte  zeigt  zugleich  dass  das  prätorische  Edict 
civile  wie  criminelle  Behandlung  der  Injurien  umfasste;  wie  auch 
bei  der  le:c  Cornelia  der  Fall  gewesen  zu  sein  scheint,  deren  crimi- 
neller Charakter  schon  aus  der  Androhung  der  Infamie  erhellt, 
während  andererseits  mindestens  in  der  späteren  Zeit  auch  die  ur- 
sprünglich prätorische  actio  iniuriarum  aestimaloria  auf  sie  mitbezo- 
gen wurde ;  s.  Marciau.  Dig.  1.  1.  37 ,  1 :  eliam  ex  lege  Cornelia  iniu- 
riarum actio  civiliter  nioveri  jwtcst,  condemnatione  aestimatione  iudicis  fa- 
cienda. 

V.  82.  Ueber  die  Dehnung  d(  r  Endsilbe  in  condiderit  s. 
Kirchner  zu  I,  4,  82.  und  vgl.  unten  zu  3,  J. 

V.  85.  opprobriis  dignum,  so  dass  also  die  exceptio  veri- 
tatis  Platz  greift.  Vgl.  Paulus  in  Dig.  XL VII,  10,  18  pr. :  cum  qui 
71  oc entern  infamavit  non  esse  bonum  aequum  ob  eam  rem  condemnari ; 
peccata  enim  nocentium  nota  esse  et  oportere  et  expedire.  Darin  liegt 
die  sachliche  und  zugleich  juridische  Berechtigung  zum  Angrift'e ; 
die  persönliche  und  moralische  in  inleger  ipse.  —  Der  Singularis 
[dignum)  steht  weil  zunächst  nur  von  einem  einzelnen  Falle  die 
Rede  ist,  in  welchem  eine  Klage  angestellt  gedacht  wird. 

latraverit  liat  ohne  alh^i  Zweifel  auF  den  ersten  Anblick 
etwas  sehr  Auffallendes,  das  Bentley  mit  gewohnter  Schärfe  und 
Lebhaftigkeit  dargelegt  hat.  Aber  durch  die  lldsch.  ist  es  unver- 
gleichlich besser  beglaubigt  als  laccrarerit ,  das  überdies*  eben 
durch  seine  Unanstössigkeit  und  seine  LIebereinstimnnnig  mit  dem 
gewölnilicluMi  Sprachgebrauche,  wie  ihn  Bentley  nachgewiesen 
liat,  sich  als  ('(urectur  kundgibt.  Eine  metliodisclie  Kritik  würde 
dalier  der  Aufnalime  von  bttr.  nur  in  dem  Falle  sich  entziehen  kön- 
nen wenn  sicli  dasselbe  als  innerlich  vollkommen  unhaltbar  und 
unmöglich  erweisen  lie.ssc.  Diess  ist  aber  durchaus  nicht  der  Fall. 
Dass  CS  sprachlich  nicht  anzufechten  ist  hat  Bentley  sell)st  durch 
Epod.  j,  j7  f.  und  Ep.  T,  2,  66  erwiesen.     Aber  nucli  die  sachlichen 


Anmerkungen  zur  ersten  Satire.  33 

Bedenkcu  friedigen  sich  bei  genauerer  lietrachtung.  Wohl  wird 
in  der  Kegel  lalrarc  von  einem  Aveit  tiefer  Stehenden  gegenüber 
von  einem  Höhereu,  und  von  kleinlichen,  hämischen  Angriffen  ge- 
braucht werden.  Aber  dass  das  Erstere  nicht  immer  der  Fall  ist 
zeigt  das  von  Bentley  selbst  angeführte  Beispiel  Liv.  XXXVIII, 
54:  morle  Africani  crevere  inimicorum  animi,  qiionim  priiiccps  fuÜ  M. 
Porcius  Calo  ,  qui  vivo  ijuoquc  co  adlalrare  magnitiulincm  eins  sotiUis  erat. 
Und  ganz  treffend  hat  AVeber  8.  264  bemerkt,  der  Ausdruck  ver- 
liere sein  Anstössiges  wenn  man  statt  an  einen  bosliaften,  jedem 
Vorübergehenden  an  die  Beine  falu-enden  Klafter  vielmehr  an  ei- 
nen treuen ,  wachsamen  Haushund  denke ,  der  zwischen  ehrlichen 
Leuten  und  verdächtigem  Gesindel  zu  unterscheiden  weiss  und 
jene  unangefochten  ihres  AVeges  gehen  lässt,  diese  aber  abzuhal- 
ten sucht,  auf  ihr  Nahen  aufmerksam  macht  und  Hülfe  gegen  sie 
herbeiruft.  Ebenso  macht  der  Satiriker  Lärm  nur  über  die 
Schlechten  und  sucht  das  öftcntliche  Gewissen  gegen  sie  wachzu- 
rufen. Sie  zu  laccrare ,  dazu  hat  er  gar  nicht  das  Recht,  iind  es 
würde  daher  seinen  Handel  verschlimmern  und  hätte  auch  Octa- 
vian's  Billigung  nicht  erhalten  können  wenn  er  sich  eine  solche 
Ueberschreitung  seiner  Befugniss  hätte  zu  Schulden  kommen  las- 
sen. Zu  Allem  diesem  hin  möge  man  sich  das  zu  V.  20  Auseinan- 
dergesetzte vergegenwärtigen,  die  Achnlichkeit  von  arripuü  (V.  69) 
erwägen ,  sowie  endlich  bedenken  dass  nach  der  gewählten  Fas- 
sung Horaz  seine  Person  gar  nicht  unmittelbar  mit  dem  lairare  in 
Beziehung  setzt,  sondern  die  Darstellung  allgemein  hält,  so  dass 
er  scheinbar  niir  von  einem  angenommenen  Falle  redet. 

V.  S().  Die  taJnilae  bezog  Gesner  auf  die  labellae  imUciariae 
(wiewohl  er  zugleich  die  Erklärung  mit  subsellia  damit  vermengt) 
und  nahm  solvi  =  frangi ^  wobei  sich  aber  eine  alberne  Vorstellung 
ergäbe,  wenn  man  das  Lachen  sich  als  das  die  Zerbrechung  dieser 
Täfelchen  Bewirkende  denken  müsste;  nähme  man  jedoch  risu  als 
Abi.  modalis  (wie  silcnlio),  so  wäre  einzuwenden  dass  das  Zerbrechen 
der  hölzernen  Stinnntäfclclien  durch  die  Kicliter  nicht  nur  sehr  un- 
nöthig,  sondern  sogar  unberechtigt  wäre.  Zud<'m  ist  labellae  der 
technische  Ausdruck ,  statt  dessen  nicht  etwa  das  völlig  verschie- 
dene iabulae  gesetzt  werden  kann.  Schon  aus  diesem  Gnuide  kön- 
nen wir  auch  die  verwandte,  schon  von  Acro  eventuell  gegebene 
{Alias:  non  erunl  in  cum  severi  [iucUces]  qui  iure  persequilur) ,  vtm 
Matthiä  zu  Cic.  pro  Rose.  Am.  29 ,  82  ausgeführte  {iit  Cic.  de  or.  II, 
58,  236:  „odiosas  res  ioco  risuque  dissolvere"'  dixil,  sie  Hör.  „solv.  r. 
lab.'\  i.  e.  senlenüae  iudicinn  miliares  ßeiü  risu)  und  von  Wüstemann 
und  Or(dli  adoptierte  Erklärung  nicht  billigen.  Nimmermehr  kann 
iabulae  die  setilenliae  iudicum  (oder  gar  die  iudiees  selbst)  bedeuten, 
und  solvi  weichgestimmt  werden.  Und  dass  es  etwas  Anderes  ist 
zu  sagen  odiosas  res  7'isu  dissolvere ,  und  tabulas  solvere,  hat  schon 
Weber    bemerkt.      Andere   haben   Iabulae  von    den  Gesetzestafeln 

HORATII    SAT.     II  ,    2.  " 


34  Zweites  Buch  der  Satiren. 

verstanden.    Auch  diess  findet  sich  schon  bei  Acvo   {(uil  ipsae  leges) 
nnd   wurde    verfochten    von  H.   Stcphanus,    Lambin,   Haborfeklt, 
Mitscherlich  (im  Göttinger  Prorectoratsprogramm  von  1826.  l'ol.  p.6: 
leges  solvitnlur,  labefactanlur ,  senlailia  iudicum  non  saus  ad  cas  exacla, 
qua  reiis  poetiae  secutidiim  eas  irroyatidae  sublrahüur) ,  Döring,  Dün- 
tzor,  Krüger,  Kirchner    (im  Nachlass:    iahidas  inlelUge  XII  legiiiu: 
vim  sitam  amitlenl) ,  Apitz  (risu  luo ,  i.  e.  satira  (ua ,  leges  i-esolvcntur 
seu  rescindenlitr).     Aber  Horaz  kann  doch  nicht  sagen  wollen  dass 
seine  Freisprechung  dem  Rechte  zuwider  erfolgen  werde;  wird  er 
aber  freigesprochen  weil  man  von  seinem  Falle  findet  dass  er  nicht 
unter  das  fragliche  Gesetz   siibsumiert  werden  könne,    so  ist  das 
keine  Auflösung  des  Gesetzes.     Dazu  kommt  dass  nach   dem  zu 
V.  81  Bemerkten   die  XII  Tafeln  nicht  hieher  gehören.     Drittens 
Zeune  und  G.  Hermann  bezogen  tabulae  auf  die  Satiren  des  Horaz, 
indem  der  Erstere  meint  saiiras  in  iudichim  allatas  et  sigillis  ac  vincidn 
solvendas  esse,  G.  Hermann  aber  erklärte :   man  wird  lachend  dein 
Buch  aufmachen  und  dich  gehen  lassen  (Philologus  IV.  S.  626) .  Aber 
dass    tahidac  kurzweg  von  Papierrollen    (vgl.  Ep.  I,  20)   solle  ge- 
braucht werden  können  ist  imglaublich.      Am  wahrscheinlichsten 
finde  ich  daher  noch  immer  die  Erklärung  Heiudorf's:  es  wird  sich 
ein  solches  Gelächter  erheben  dass  davon  die  Bretter  auseinander- 
gehen, ähnlich  wie  wir  sagen:  er  lügt  dass  sich  die  Balken  biegen. 
Diese  Auslegung  hat  Weber  unterstützt  durch  Juvenal  VII,  86: 
cum  fregü  suhscllia  versu  Esuril.     Zwar  hat  Mitscherlich  1.  1.  hiege- 
gen  eingewendet:     lUa  legis  interprclalio  vix  eiusmodi  est  ul  tanlum 
7'isum  provocare  poluerit  sicque  ht/pcrbolen  islam  excusarel,  nee  inde  ap- 
parel  quam  vim  iste  risus  effusior  ad  absolrendum  Horalium  habere  po- 
tuerit.     Aber  das  Erstere  ist  doch  wohl  Ge.scbmackssache,  und  was 
das  Zweite  betrifft  so  ist  damit   dass  die  Richter  selbst  einen  Fall 
als  gar  nicht  ernsthaft  behandeln   zugleich  die  Frivolität  der  An- 
klage  ausgesprochen.       Der    starke,   volksthümlich   hyperbolische 
Ausdruck   scheint   uns    der  Sprechweise   und   dorn  (Miarakler   des 
Trcbatius  (s.  zu  V.  79)  wohl  angemessen. 


/weite    S  a  t  i  r  e. 


Ki  nl  Ol  tun  o\ 

Ihr  'IMiema  stellt    diese    Satire    selbst  an    ihre  Spitze:    os   i.st 
die  Kuipl'elilung  geniigsauu'r  Jjebensweiso    (des  ^»«/to  vii'erc,   V.  I ; 


Einleitung  zur  zweiten  Satire.  35 

riclus  te/niis,  V.  53.  70),  im  Gegensatze  zu  der  in  der  Zeit  des  Dich- 
ters lierrschendeu  Genusssucht.  Diese  Enipfehhing  -wird  erstrebt 
zuerst  durch  Bekämpfung  dieser  Schwelgerei  und  der  Vorurteile 
auf  denen  sie  beruht  ( —  V.  52).  Würde  man  ein  arbeitsames,  thä- 
tiges  Leben  führen  (V.  4 — 22),  so  würde  man  sich  überzeugen  dass 
der  Unterschied  welchen  man  zwischen  den  Speisen  macht  ein 
rein  imaginärer  ist,  beruhend  auf  blosen  Vorurteilen  und  der  ]\[ode 
(  V.  23 — 52).  Der  Begriff  der  einfachen  Lebensweise  wird  schärfer 
Ix'stinuut  durch  Abgrenzung  desselben,  Avie  im  Bisherigen  gegen 
die  Ueppigkeit,  so  nun  auch  gegen  schmutzige  Lebensart,  zwi- 
--(.hen  welchen  beiden  Extremen  die  AVahrheit  in  der  Mitte  liege 

V-  53 — 69).  Ferner  wnrd  die  Empfehlung  des  (enuis  virius  bewirkt 
durch  Darlegung  seiner  Vortheile  (V.  70 — ^99),  welche  bestehen  in 
körperlicher  und  geistiger  Gesundheit ,  Frische  und  Arbeitsfähig- 
keit (V.  71 — 8l),  in  der  ^Möglichkeit  bei  besonderen  Anlässen  und 
in  späteren  Jaliren  etwas  zuzugeben  (82 — 88) ,  dem  steten  Vor- 
liandensein  eines  Vorraths  für  Gäste  (89  —  93)  und  der  Bewah- 
rung eines  guten  Leumunds  (94 — 99).  Keine  Bereclitigung  zu  ent- 
gegengesetzter Lebensweise  verleiht  auch  der  grösste  Reichtum; 
iiat  man  Ueberfluss,  so  verwende  man  ihn  für  wohlthätige  und 
fromme  Zwecke  und  dazu  um  für  die  Zukunft  (und  etwaige 
Wandlungen  des  Glückes)  sich  etwas  zurückzulegen  (V.  99  — 11 1). 
Iliezu  wird  noch  gefügt  dass  der  Redende,  der  Landmann  Ofellus, 
diese  Lehren  durch  sein  eigenes  Leben  und  Beispiel  bestätige,  in- 
dem er  früher  im  Wolilstande  nicht  besser  gelebt  habe  als  jetzt  in 
beschränkteren  Verhältnissen  (112 — 125);  daher  er  denn  auch  durch 
-eine  Denkweise  gegen  alle  Schläge  des  Schicksals  gewappnet  sei 

126  —  136). 

Dass  die  ganze  Auseinandersetzung  dem  Ofellus  in  den  Mund 
-elegt  ist  hat  seinen  Grund  wohl  hauptsächlich  darin  dass  der 
1  )ichter  seine  eigene  Person  nach  Alter  und  Lebensweise  zum 
Träger  der  Ideen  dieser  Satire  nicht  besonders  geeignet  fand. 
Denn  auf  die  Darstellung  selbst  ist  diese  Einkleidung  ohne  Ein- 
tluss:  der  Bauer  verräth  eine  Detailkenntniss  der  städtischen  Le- 
bensweise als  wäre  er  der  gewiegteste  Städter,  Ja,  auch  des  Vor- 
tlit'ils  welchen  Horaz  sonst  ans  der  Uebertragung  des  Wortes  an 
oinen  Dritten  zu  ziehen  liebt,  dass  er  uns  über  seine  eigene  Ueber- 
/.('Ugung  hinsichtlich  der  in  Rede  stehenden  Fragen  in  einiger  L'nge- 
Liewissheit  lassen  kann,  begibt  er  sich  diessmal  freiwillig  durch  die 
Wendung  in  V.  112:  quo  magis  his  credas.  Der  baare  Ernst,  die  parä- 
netische  Tendenz,  ohne  künstlerische  Illusion,  tritt  damit  zu  Tage. 
In  Bezug  auf  die  Abf  assungs  z  eit  der  Satire  herrscht  grosse 
Meinungsverschiedenheit.     Ins  Jahr  717  d.  St.  setzt  sie  Kirchner 

<^)uaest.  hör.  j).  13.  60  und  oben  Bd.  I.  S.  8  f.),  welchem  W.  E. 
Weber  (Iluratius  Flaccus  u.  s.  w.  S.  198 — 201)  beitritt;  ins  J.  718 
AValckenaer  {Hisl.  de  In  vie  d'  Nor.  I.  p.  283  ff.);   l'ür  719  entschei- 

3* 


36  Zweites  Buch  der  Satiren. 

den  sich  G.  F.  Grotefend  (Erscli  und  Gruber  II,  10.  S.  463)  und  C. 
G.  Zumpt  (vor  Wüstemann's  Ausg.  S.38);  für  720  C.  Franke 
(Fasti  hör.  p.  114)  und  Düntzer  (II.  S.  269);  722  wählt  C.  Passow, 
und  725  endlich  Ohr.  Jahn  zu  V.  104  {der  zweiten  Ausg.),  sowie 
Obbarius,  in  dessen  Jahrbb.  XXXVII.  S.  364,  und  der  Verfasser 
des  Gegenwärtigen,  im  Rhein.  Mus.  N.  F.  IV.  S.  211 — 213,  vgl. 
S.  220.  240.  Diese  Verschiedenheit  hat  ihren  Grund  darin  dass  posi- 
tive historische  Zeitandeutungeu  in  dem  Stücke  lediglich  nicht  ent- 
halten sind.  Denn  mit  Unrecht  hat  man  solche  theils  in  V.  103  f. 
theils  in  V.  112  fl".  entdecken  wollen.  Wenn  V.  103  f.  gefragt  wird: 
quare  lempla  riitinl  cmliqua  dcum.'  so  ist  diese  ganz  beiläufige  Er- 
wähmrng  einer  notorischen  und  längere  Zeit  bestehenden  That- 
sache  nicht  geeignet  darauf  den  Schluss  zu  gründen  dass  sie  in 
Zusammenhang  stehe  mit  der  von  Octavian  in  seiner  Censur  (Jahr 
726  d.  St.)  vorgenommenen  Wiederherstellung  zerfallener  Tempel 
(Dio  Cass.  LIII,  2,  4:  rcHv  vaav  TiQovoiav  iTTOirjOaio'  TOvg  fxav  yaQ 
.  .  .  iTnazEvdaui  iy.iXsvasv,  zovg  de  loLTCOvg  avTog  uvey.xi'fiaxo.  Vgl. 
Suet.  Oct.  30:  aedes  sacras  velustale  collapsas  atii  incendio  abstimplas 
refecit.  Ovid.  Fast.  II,  57—61).  Das  Einzige  was  sich  daraus  fol- 
gern Hesse  ist  das  sich  ohnehin  von  selbst  Verstehende :  dass  die 
Satire  verfasst  sei  zwischen  dem  Anfange  der  Bürgerkriege,  der 
Hauptursache  jenes  Zerfalles,  und  dem  J.  726.  Sodann  V.  112  ft". 
soll  beweisen  dass  Horaz  kurz  vor  der  Abfassung  dieser  Satire  den 
Ofellus  wieder  in  seiner  Heimat  gesehen  \ind  gesprochen  habe, 
was  nur  gelegentlich  der  brundisinischen  Reise  habe  geschehen 
können.  Diese  Argumentation  hat  namentlich  Kirclmor  geltend 
gemacht;  ich  muss  aber  die  beiden  Behauptungen  welche  sie  in 
sich  schliesst  gleich  sehr  bestreiten.  Weder  kann  ich  in  der 
Stelle  eine  Xöthigung  erl)licken  eine  Erneuerung  des  persönlichen 
Verkehrs  zwischen  dem  Dichter  und  Ofellus  anzunehmen,  noch 
auch  sonst  einen  Grund  diesen  vorausgesetzten  Verkehr  auf  die 
brundisinische  Reise  zu  beschranken.  In  letzterer  Beziehung  liat 
Strodtmann  (Hör.  Serraonendicht.  S.  313;  mit  Recht  bemerkt  dass 
wir  überhaupt  von  den  Reisen  unseres  Dichters  viel  zu  wenig  wis- 
sen um  bestimmen  zu  können  wann  derselbe  seine  Vaterstadt  Ve- 
nusia  wieder  besucht  habe,  in  welche  ihn  zu  einer  unbekannten 
Zeit  irgend  welche  persönlichen  Angelegenheiten  zurückführen 
konnten.  Und  was  das  Ersterc  betrifft  so  kann  ich  schon  das  nicht 
kurzweg  zugeben  dass  der  „Bericht  über  des  Ofellus  einfache  Weise 
das  Gepräge  frischer,  localer  Erinnerung  trägt"  (Kirchner  I.  S.9): 
er  trägt  nur  das  Gepräge  der  Anschaulichkeit,  das  aber  bekannt- 
licli  keineswegs  eine  unmittell)ar  zeitlich  vorhergegangene  leibliclie 
Anschauung  voraussetzt.  Sodann  von  den  'rextworten  selbst  be- 
weist uunc  (V.  II4)  wohl  dass  Ofellus  zur  Zeit  unsert>r  Satire  noch 
lebte:  aber  was  ist  damit  gewonnen  so  lange  wir  die  Abfassuuüs- 
zeit  von  dieser  nicht  kennen?     Dagegen  besteht  erstens  bei  novi 


Einleitung  zur  zweiten  Satire.  37 

(113)  keine  Nöthigiing  die  persönliche  Ansclianung  von  derjenigen 
Seite  aitf  welcher  das  AYort  stellt ,   der  Kindheitszeit  des  Dichters, 
auszudehnen  auch  auf  die  Gegenwart;  vielmehr  könnte  man  ver- 
muten   dass    dieses    üherwiegend    auf    Acrmittelte    Wahrnehmung 
(z.  B.  durch  Berichte  Anderer)  hindeutende  Wort  statt  des  näher 
liegenden  vidi  schon  hei  der  ersten  Hälfte  gewählt  Avorden  sei  Aveil 
villi  für  die  zweite  Hälfte  {quam  nunc  accisis)  nicht  gepasst  hätte. 
Zweitens  videas  (114)  giht,  wie  schon  J.  Täte,  Horat.  restit.  p.  146, 
bemerkt  hat,  für  chromdogische  Folgerungen  entfernt  keinen  An- 
halt; und  nuper  (V.  133)  enthält  eine  so  unbestimmte  Hhideutung 
auf  eine  nicht  sehr  entfernte  Vergangenheit  dass  auch  daraus  nicht 
zu  entnehmen  ist  wie  lange  es  sein  mag  seit  Ofellus  durch  die  nach 
dem  Bellum  Muiinense  (71l)  von  den  vereinigten  Triumvirn  beschlos- 
senen und  ausgeführten,  nach  dem  bellum  Philippcnse  (vgl.  Ep.  II, 
"2,  49  ff.)   fortgesetzten    Proscriptionen  und  Ackervertheilungen  — 
welche  sich  namentlich  auch  auf  Venusia  erstreckten  *)  —    seines 
(rrundeigenthums  beraubt  und  aus  einem  domi?ius  zu  einem  colonus 
des  Veteranen     Umbrenus    gemacht   worden  war:    so  dass  nuper, 
wenn  auch  nicht  ganz  ebenso  gut  wie  z.  B.  zum  J.  717,  doch  noch 
vollkommen  stimmen  würde  auch  zu  dem  J.  725  als  Abfassungszeit 
unserer  Satire.     Eben  so  wenig  lässt  sich,   was  Franke's  Haiipt- 
argument  ist,   eine  Folgerung  ziehen  aus  der  Stellung  unserer  Sa- 
tire als  zweite  dieses  Buches,  da  für  uns  Frankens  Voraussetzung 
von  einer  chronologischen  Ordnung  der  Satiren  nicht  existiert  (vgl. 
Rhein.  Mus.  N.  F.  IV.  S.  94-97.  115.  221  f.). 

So  von  äusseren  Anhaltspunkten  für  die  Bestimmung  der  Zeit 
unserer  Satire  völlig  im  Stiche  gelassen  sehen  wir  uns  ausschliess- 
lich auf  die  —  freilich  nicht  für  Jedermann  gleich  überzeugenden 
—  inneren  Merkmale  angewiesen,  auf  den  Gedankenkreis  und  die 
Darstellungsweise  imseres  Gedichtes.  Und  in  dieser  Beziehung 
qlaube  wenigstens  ich  der  Satire  den  Charakter  der  Jugendlichkeit 
lieilegen  zu  müssen.  Schon  dass  der  Verfasser  sein  Thema  so  weit 
und  allgemein  wählt  finde  ich  hiefüi-  bezeichnend:  er  gibt  sich  der 
jugendlichen  Hoffnung  hin  durch  seine  Strafpredigt  etwas  anders, 
etwas  besser  zu  machen,  er  glaubt  die  Strömung  der  Zeit  aufhalten 
und  umlenken  zu  können  wenn  er  sich  ihr  entgegenstelle.  In 
Uebereiustimmung  damit  findeich  auch  die  Darstellung  selbst:  den 
lebhaften,  eindringlichen,  aber  auch  etwas  polternden  Ton,  das 
Unkünstlerische  der  Einkleidung  und  ihrer  Durchführung,  und 
manche  Unbehülflichkeiten  des  Ausdruckes  im  Einzelnen,  wie  die 
undurchsichtige  Con.struction  V.  10  ff.,  in  deren  Maschen  der  Dich- 

*)  Appian.  h.  c.  IV,  .3 :  infXTttaai  de  rjdr]  xbv  crgcnov  ig  r«  viy.rjtrJQiK 
Tov  noXiuov  alXaig  zs  dcooFccig  xai  ig  ■AuxoiY.iav  Söa^at  zcav  IzaXiv.wv  nö- 
Ifcov  o-Azto-Auiöi-Aa  .  .  .  Y.ai  Tjaccv  cu  nöXeig  cclXai  zs  Kai  ui  itSQKpavtGzazat 
(läXiczct  avzäv  Kanvri  Y.cd  Pijyiov  kuI  O.vsvovgl'u  u.  s.  w. 


38 


Zweites  Buch  der  Satiren, 


tcr  sicli  selbst  verstrickt,  den  unverstiinclliclicu  V.  29,  tlas  Unver- 
mittelte des  Uebcrgaiigs  V.  70,  das  Ungewandte  des  Jltcr  in  V.  80, 
u.  dgl.  mehr.  Wenn  man  diess  zugibt  darf  man  es  nicht  dadurch 
zu  erklären  glauben  dass  mau  sagt ,  unsere  Satire  stehe  denen  des 
ersten  Buclis  der  Zeit  nach  am  nächsten*).  Denn  das  erste  Buch 
enthält  auch  Gedichte  von  höchster  Kunstvollenduug,  ^ie  I,  6  und 

10,  besonders  aber  I,  9.  Vielmehr  muss  man  jene  Aehnlichkeit  auf 
die  älteren  —  und  damit,  bei  einem  Dichter  welcher  mehr  Talent 
als  Genie  ist,  auch  minder  vollkommenen  —  Satiren  des  ersten  Bu- 
ches beschränken.  Ganz  besonders  auffallend  finde  ich  die  Ver- 
wandtschaft unserer  Satire  mit  der  ersten  des  ersten  Buches.  In 
beiden  derselbe  Ideenkreis:  die  Mahnung  ind-a  nalurae  fines  vivcre 
(1,1,  50)  bildet  den  Inhalt  wie  von  I,  1  so  auch  von  II,  2,  —  nur 
dort  ausgeführt  in  Bezug  auf  das  Erwerben,  hier  auf  das  Genie- 
ssen, so  dass  beide  einander  gegenseitig  ergänzen.  In  der  Polemik 
wider  die  entsprechenden  Zeitgebrechen  in  beiden  dieselben  reali- 
stischen Waffen:  man  vgl.  I,  1,  46  ff.  mit  II,  2,  27  f.  34.  Auch  sonst 
manche  Aehnlichkeiten  des  Gedankens:  vgl.  I,  1,  73  ff.  mit  11,  2, 
102  ff. ,  I,  1,  80  ff",  mit  II,  2,  108  ff.  und  I,  l\  101  ü\  mit  II,  2,  53  ff. 
Sodann  liinsichtlich  der  Anlage  in  beiden  dasselbe  Vor-  und  Zu- 
rückspringen, in  der  Darstellungsweise  in  beiden  Schwerfälligkeit 
und  Dunkelheiten:  in  der  einen  wie  in  der  andern  zahlreiclie  cni- 
ces  i/ilerprefion,  Uebergänge  wie  I,  1,  108  und  II.  2,  70,  und  (Am- 
structionsverwicklungen  ebenso  I,  1,  23  ff.  wie  II,  2,  10  ff".  Sogar 
bis  ins  Einzelne  des  Ausdruckes  hinein  lässt  sich  die  Aehnlichkeit 
verfolgen:  die  Wendung  hac  inenie  von  I,  1,  30  kehrt  bei  Horaz  nur 
11,2,  90  wieder,  und  mit  7ion  mcaiihis  fuütri  (I,  1,  35)  vgl.  meiuens 
fitturi  (II,  2,  110),  den  Gebrauch  von  lihts  I,  1,  92  mit  pluribus  II,  2, 
109,  das  charakteristische  contenlits  I,  1,  118  und  II,  2,  110.  Von 
diesen  Aehnlichkeiten  mögen  manche  unwillkürlich  sein  und  darum 
auch  wirklich  Ausflüsse  der  imgefähren  Gleichzeitigkeit  der  Ab- 
fassung beider  Satiren;  aber  sie  sind  doch  wohl  zu  gehäuft  als  dass 
sie  nicht  zu  der  Vermutung  führten,  der  Dicliter  habe  Wiederho- 
lungen darum  weniger  sorgfältig  gemieden  weil  er  bei  Al»fassung 
der  späteren  von  beiden  bereits  mit  sich  im  Zweifel  war  ob  er  der 
älteren  noch  weitere  Vei'breitung  geben  solle.  Da  in  Bezug  auf 
I,  1    die  Verbreitung  wirklich  geschehen  ist,  so  müsste  jene  ältere 

11 ,  2  sein,  und  wir  könnten  uns  von  letzterer  auch  sehr  leicht  er- 
klären Avas  solclio  ZweitVl  hervurgerufen  hätte.  I,  1  ist  an  Mac- 
cenas  gerichtet  und  wohl  die  älteste  unter  den  Satiren  in  welchen 
dieser  eine  Kolle  spielt  (s.  Rhein.  Mus.  a.  a.  0.  S.  101 ):  zwischen 


*)  So  Fr.  Jacoli  im  Liil)cckcr  Procrr.  von  1811,  S.  13:  „Diese  Siclior- 
hcit  der  Stcnnii«;  des  Inneren  und  der  Furm  ziiplcich  ist  nocli  in  einzel- 
nen .Satiren  des  zweiten  lUiclics,  z.  15.  im  Ot'cllns ,  viel  wcnijror  d;i,  der 
allerdings  der  Zeit  nach  dem  ersten  IJucbe  am  niiclistcn  stehen  mag." 


Einleitung  zur  zweiten  Satire.  39 

II,  2  und  I,  1  fällt  das  Bekanntwerden  des  Horaz  mit  Maecenas, 
und  die  Einsicht,  das  klare  Bewnsstsein  dass  der  Hauptinhalt  von 
8at.  n,  '2  in  erster  Reihe  den  neuen  Gönner  und  Freimd  treffe, 
uiajr  den  Dichter  zu  dem  Entschlüsse  iieltracht  haben  dieses  Stück 
bei  künt'tiiier  Saunnlung-  seiner  Satiren  auszulassen.  »So  blieb  es 
denn  we<r  als  Horaz  ums  J.  719  —  720  (Rhein.  ^lus.  a.  a.  0.  S.  115 
— 119.  '2'22f.)  das  erste  Buch  herausgab.  Als  er  dann  aber  später, 
zwischen  den  Jahren  726  und  730  (s.  ebendas.  S.  22l),  die  nach 
dem  ersten  Buche  verfassten  Satiren  zusammenstellte  und  heraus- 
gab fügte  er  denselben  auch  den  älteren  Ofellus  bei,  weil  er  seit- 
dem den  Humor  des  Maecenas  kennen  gelernt  hatte,  welcher  weit 
entfernt  war  dergleichen  übel  zu  nehmen  und  vielleicht  ihn  selbst 
aufforderte  den  Ofellus  mit  herauszugeben.  So  würde  sich  das 
Ergebniss  dass  II,  2  ums  Jahr  715  —  716  verfasst  sei  *)  ganz  wohl 
vertragen  mit  der  Thatsache  dass  dieselbe  dem  zweiten  Buche  ein- 
getheilt  ist,  trotzdem  dass  dieses  nach  dem  ersten  herausgegeben 
wurde,  wie  ich  im  Rhein.  Mns.  a.  a.  0.  115  ff.  222  f.  festgestellt  zu 
haben  glaube. 

Zti  einem  ähnlichen  Schlüsse  ist  aucli  "U".  E.  "Weber  (Horatius 
etc.  S.  198  f.)  gekommen  in  Folge  seiner  Anerkennung  einerseits 
der  gesonderten  Herausgabe  des  ersten  Buches,  andererseits  der 
Kirchner'schen  Datierung  unserer  Satire  (717).  Wie  ich  somit  in 
Bezug  auf  den  AVeg  zu  jenem  Ergebnisse  von  Weber  wesentlich 
abweiche,  so  auch  hinsichtlich  der  Begründimg  jener  (vorläufigen) 
Zurückhaltung  von  Sat.  H,  2.  AVeber  meint  (a.  a.  0.  S.  199  f.),  sie 
sei  geschehen  um  nicht  , .durch  die  gehässige  Erinnerung  an  die 
Beraubungen  italischer  Einwohner  zu  Gunsten  geldgieriger  Solda- 
ten Missfallen  anzuregen."  Aber  das  konnte  die  blose  Erwähnung 
einer  doch  nun  einmal  nicht  aus  der  Geschichte  wegzustreichenden 
Thatsache  unmöglich  thun.  Die  Art  wie  unsere  Satire  diese  That- 
sache behandelt  würde  sogar,  meines  Erachtens,  zu  einer  ganz 
entgegengesetzten  Folgerung  berechtigen.  Ofl'enbar  sind  die  Aus- 
drücke metolus  ngeUus  (V.  114),  novus  incola  (l28),  ager  Umbreni  siib 
tiomine  dicttis  (l33  f.)  sehr  schonende,  fast  verhüllende,  wie  auch 
V.  126  die  Zurückführung  auf  die  Fortuna  eine  sehr  glimpfliche 
Auslegung  ist.  Noch  melir  aber :  ist  der  Zusammenhang  in  wel- 
chem jene  Thatsache  erwähnt  wird  nicht  ein  politisch  beschwich- 
tigender? Ofellus  nimmt  jene  Beraulning  ganz  und  gar  nicht  übel: 
er  lebt  jetzt  mit  den  Seinigen  um  Nichts  schlechter  als  früher,  und 
tröstet  sich  mit  der  GeAvissheit  dass  auch  Umbrenus  seinen  Besitz 
nicht  ewig  behalten  werde.     So  geht  Ofellus  allen  Andern  die  sich 


*)  Denn  dass  Sat.  I,  1  nicht  mit  Kirchner  erst  ins  J.  71Ü  zu  setzen 
ist  glaube  ich  erwiesen  zu  haben  im  Rhein.  Mus.  a.  a.  O.  S.  07 — 101, 
nur  dass  das  dortijre  Resultat  sich  durch  die  veränderte  Ansicht  über 
Sat.  II,  6,  40  f.  um  ein  Jahr  vorrückt. 


40  Zweites  Buch  der  Satiren, 

in  gleicher  Lage  befinden  mit  dem  Beispiel  der  Resignation  voran, 
er  predigt  ihnen  gleichsam  dass  Ruhe  die   erste  Bürgerpflicht  sei, 
Avie  denn  die  Schlussermahnung  zur  forUludo  (V.  J35  f.)  sich  aus- 
schliesslich auf  ausharrendes  Dulden  bezieht.     Ja,   Ofellus  macht 
den  Beraubten  gewissermassen  sogar  Vorwürfe  über  ihre  Unzufrie- 
denheit, indem  er  ihnen  indirect  sagt:  wenn  sie  nicht  so  anspruchs- 
voll,  verwöhnt,  genusssüchtig  wären ,  so  würden  sie  das  über  sie 
gekommene  Missgeschick  ruhig  zu  ertragen  Avissen;  wenn  sie  wären 
■wie  er  und  vorher  gelebt  hätten  Avie  er,  so  Avürden  sie  jetzt  nichts 
vermissen.    Ist  so  dieser  Theil  der  Satire  offenbar  aus  einer  poli- 
tisch  A'ersöhuten  Stimmung  unseres  Dichters   hervorgegangen,  so 
liegt  die  Vermutung  nahe  dass  ursprünglich,  im  J.  716,  der  Schluss 
herber  gelautet  haben  Averde,  Avofern  überhaupt  die  Satire  damals 
sich   über   V.  111  hinauserstreckte.     Und    diese    Hypothese ,   dass 
V.  112 — 136  später  A^erfasst  seien  als  die  übrige  Satire,  erst  um  die 
Zeit  der  Herausgabe  des  zAveiten  Buches,  Avird  auch  noch  durcli 
andere  Umstände  Avesentlich  imterstützt.    Vor  Allem  durch  die  un- 
A'erkennbare    Verschiedenheit   des    Charakters    und    Tones    beider 
Theile.    "Während  der  erste  aggressiv,  rhetorisch,  markiert,  unruhig 
ist  und  nach  dramatischer  Haltung  strebt,  so  herrscht  dagegen   im 
zAveiten  epische  Ruhe,  Detailmalerei,  Reflexion  und  Resignation; 
der  Strom  der  Rede  ergiesst   sich  hier  ohne  Unterbrechung  und 
ohne  merklichen  AVellenschlag  vorwärts,  und  die  Schlussparänese 
nimmt  sich  aus  als  wäre  sie  eigens  dazu  angefügt  um  dem  paräne- 
tischen  Inhalte    der    eigentlichen  Satire  gerecht  zu    werden,   Avill 
aber  zu  diesem  gar  nicht  recht  stimmen,  da  man  in  einer  Lobrede 
auf  den  victus  iemiis  Alles  eher  erwarten  Avürde  als  eine  ^[ahnung 
zwx  fo7'l)tudo.    Ebenso  macht  quo  mngis  Iiis  credas  (V.  11  "2)  den  Ein- 
druck einer  nachträglich,   als  der  Dichter  den  Faden  der  Erörte- 
rung   längst   A'erloren    hatte,   bewerkstelligten    Anknüpfung   eines 
neuen ,  nicht  organisch  zusammenhängenden  Zusatzes.    Weiter  der 
in  V.  123  und  125  enthaltene  Zug  entspricht  Avenig  dem  Geiste  der 
A'orhergehenden  Rede    des  Ofellus   und   seinem  Preise    des  tenuis 
victus-   und   V.  126  scheint  spätere  Wiederholungen  derselben  Ge- 
AN'altmassregeln ,  Avie  sie  zu  Anfang  des  J.  724  Avirklich  Stnft  fan- 
den   (s.  die  Einleitung  zu  Sat.  II,  6),  im  Voraus   (oder  vielmehr 
nachträglich)    mitberücksichtigen  und   in  dem  Tröste   mitbefassen 
zu  sollen.    Auch  würde  scliAverlich  Jemand  etwas  vermissen  Avenn 
mit  V.  Jll   geschlossen  Avürde :  das  Thema  ist  erschöpft,  und  der 
neue  Ansatz  im  Folgenden  kommt  sogar  unerAvartet. 

Von  diesem  Standpunkte  aus  liätten  Avir  nunmehr  hinreiclieu- 
den  Raum  für  eine  Erneuerung  der  persönlichen  Bekanntschaft 
unseres  Dichters  mit  Ofellus,  wofern  diess  nach  dem  oben  über 
tiori  Bemerkten  noch  irgend  ein  Interesse  hätte. 

Andererseits  ist  es  jetzt  klar  Avarum  Horaz  in  der  Rede  des 
Ofellus   es   vollständig   unterlässt  deren   Inlialt   zu   seiner   eigenen 


Einleitung  zur  zweiten  Satire.  41 

Person,  zu  soinen  Verhältnissen  und  Stimmungen  in  Beziehung  zu 
setzen,  trotzdem  dass  dieselben  —  man  denke  nur  an  II,  6  —  so 
viele  Berührungspunkte  boten.  Es  hat  dicss  seinen  Grund  darin 
dass  zur  Zeit  der  Abfassung  jeuer  Rede  (J.  715 — 716)  der  Dichter 
sein  Sabinura  noch  nicht  besass,  vielmehr  sich  in  Umständen  be- 
fand Avelche  Veranlassung  geben  konnten  ihn,  wenn  er  im  eigenen 
Xamen  gegen  die  Tafelgenüsse  donnerte,  mit  dem  Fuchse  der 
Fabel  zu  vergleichen,  der  die  allzu  hoch  hängenden  Trauben  sauer 
fand.  Nachdem  er  Tischgenosse  des  ^laecenas  geworden  war  kam 
er  im  Wesentlichen  auf  das  gleiche  Thema  wieder  zurück;  in  wel- 
cliem  ganz  anderen  Sinne  und  Tone  er  es  aber  nun  behandelte, 
das  zeigt  die  vierte  Satire  unseres  Buches.  Dass  er  schon  in  der 
uusrigen  einige  Detailkenntniss  der  Tafelgeheimnisse  verräth  wird 
man  nicht  für  eine  Einwendung  gegen  unsere  Datierung  ansehen : 
lloraz  konnte  sie  in  früheren  Lebensstellungen  und  Umgebimgen 
»-elir  leicht  sich  erw^orben  haben. 

Die  vorliegende  Satire  ist  eigens  bearbeitet  Avorden  von  Kirch- 
ner in  dem  Programm :  Horazens  Ofelhis.  Zweiten  Buchs  zweite 
Satii-e.  Lateinisch  und  deutsch  mit  kritischen  und  erläuternden 
Bemerkungen.  Einladungsschrift  zu  den  öffentlichen  Schulprü- 
t'ungen  den  22.  und  23.  Sf'ptember.  Von  C.  Kirchner,  Dr.  phil., 
f'onrector.  Stralsund  1817.  30  S.  4.  Der  geringere  Umfang  dieser 
Satire  gestattete  dem  Verfasser  bei  seinen  Bemerkungen  mehr  ins 
Detail  zu  gehen  als  bei  seinem  Damasippus;  dalier  auch  im  Xach- 
tolgenden  manches  noch  immer  Brauchbare ,  oder  Solches  wobei 
('S  galt  Kirchner's  Prioritätsrecht  zu  Avahren,  aus  jener  Schrift 
aufgenommen  worden  ist. 


Anmerkimsren  zur  zweiten  Satire. 


'O 


V.  1.  ,^Virius  ist  hier  nicht  im  ethischen  Sinne  zu  nehmen, 
\  ielmehr  als  gute  Eigenschaft,  Vorzug,  wie  die  Lateiner  auch 
rirtus  arboris,  eqiii,  formae  u.  s.w.  sagen.  Der  Dichter  ist  fein  genug 
in  diesem  ganzen  Sermon  die  Massigkeit  nicht  von  der  moralischen 
Seite,  sondern  von  Seiten  der  Lebensklugheit  zu  empfehlen,  wo- 
durch er  unstreitig  bei  seinem  Publikum  mehr  ausrichtete  als  wenn 
er,  wie  die  damaligen  Hausphilosophen,  den  mürrischen  Ernst 
i'ines  Sittenytredigers  annahm."  Kirchner  (1817),  S.  19.  Ebds. 
p.  2  gegen  Fea's  Vertheidigung  von  honis:  Triplex  est  ratio.  Jui 
rnim  ho  vi  speciaüm  pro  tcmperatitihus  -.  tum  vide  quae  tibi  senlentia  oria- 
liir:  quanln  virlus  Sit  temperanlibus  esse  temper anlcs,  apage  absurdam 
laulologiam!  atit  communifer  boni  (moralisch  gut);  tum  sive  dativus  pos- 
sessionis est  (quae  insit  bonis):   id  et  oiiose  dictum  et  minus   vere,  non 


42  Zweites  Buch  der  Salireii. 

omiies  ciiim  boni  Icmpcrantes ;  sivc  (Jalinis  commodi:  id  ridicide;  virlus 
c/iiin  in  oinnes  valcl,  tioti  in  bonos  lantnin.  Boni  sei  vielmehr  familiaris 
compellalio ,  iil  Sat.  II,  3,  31.  6,  [öl.]  95.  [Ep.  II,  2,  37.]  cf.  eliam  Bentl. 
ad  Od.  III,  2,  .1.  Audi  setzt  das  folgende  scnno  voraus  dass  eine 
Anrede  vorangegangen  sei.   Die  Variante  boni  und  bonis  ist  wie  7,  81. 

V.  2.  „r/iiac  praecepit,  praecepia  Ofelli  sttnl.  Kirchner  p.  2, 
welcher  7,  45  vergleicht  (Apitz  p.  J06  auch  Euv.  Hei.  513:  Xoyog 
yao  sGtiv  ovk  £[.iog,  Gocpcov  ö  tTTog)  und  gegen  Ileindorf  "s  u.  A.  quem 
bemerkt:  Od.  I,  24,  2  gehöre  nicht  hieher,  indem  dort  jyraccipe  can- 
tiis  bedeute  praci ,  ordirc  (nicht  doce).  „Praeciperc  sennonem  nihil 
possit  esse  nisi  mandai-e  (dient  tradendum  ,  auftragen.  AI  mira  haec 
ralio  foret  conlraque  omnem  verilalis  spceicm ,  poeta  si  fingerelitr  aece- 
pisse  a  simplici  ruslico  sennonem  mullifaria  iirbanilate  conditum,  eumquc 
in  hunc  eerie  ßnem  eomposidim  ut  Bomanis  hominibus  exponeret.  Mu- 
ialitr  conditio  si  praecepia  eins  excepla  siio  modo  poela  ornal  suisque  ver- 
bis  proponil.  Idque  ipse  Horaliiis  indical  cum  inde  a  V.  116  OfeUum  lo- 
quenlem  indueil.''  In  Bezug  auf  diese  Auseinanderhaltnug  des  An- 
theils  von  Ofellus  und  von  Horaz  theile  ich  Weber's  (S.  271)  An- 
sicht. Darin  dass  dem  Ofellus  Dinge  in  den  Mund  gelegt  sind 
welche  über  den  Gesichtskreis  des  riisticus  hinausgehen  mag  man 
einen  Mangel  an  Kunst  erblicken:  eine  Berechtigung  zu  jener 
Scheidung  ist  darin  nicht  enthalten. 

V.  3.  „Leclio  abnorjui  a  Benlleio  iam  exjilosa  est.  Crassa  Mi- 
ner ra  dicilur  proverbialiler,  sed  mtsquam  abnorm is."'  Kirchner  p.  3. 
„Der  Ausdruck  ist  von  der  AVollarbeit  hergenommen ,  von  deren 
Vorsteherin  3Iinerva  der  Name  auf  den  Faden  selbst  übergieng,  so 
dass  crassa  oder  pinrjui  Minerva  so  viel  hiess  als  rudiore  /ilo.^'^  Der- 
selbe S.  19  f.    Vgl.  Weichert,  Poet.  lat.  p.  26  f.  not.  5. 

V.  5.  ,,insanus  für  enormis,  ingens.  Es  ist  hier  nicht  blos  an 
das  prächtige  Service  der  Tafeln  zu  denken,  sondern  auch  an  die 
Schenktische,  abaci,  welche  mit  Trink-  und  Schau-Gefassen  aus 
Gold  und  Silber  von  der  köstlichsten  Arbeit  besetzt  waren."  Kirch- 
ner S.  20. 

V.  9.  „Die  Construction  ist  seltsam  versclioben.  Iloraz  liatte 
im  Sinn  zu  sagen:  Venalionc  equove  lassns ,  vel  pila  discore  faligalxts, 
cum  labor  ext.  faslidia,  sperne  cibum  rilem.  Durch  die  Nebenbestim- 
mungen aller  welche  das  zweite  Glied  erhielt,  si  —  falignt  seu  te  — 
agil,  verwirrt  sich  die  Rede,  und  um  kurz  und  gut  fertig  zu  wer- 
den wird  das  pelc  —  ai'ra  disco  hinzugefügt,  mit  Uebcrgehung  der 
pila.  In  dergleichen  Dingen  befolgt  der  Dichter  ein  anderes  Ge- 
setz als  der  strenge  (Jrammatiker."    Kircliiun-,  S.  20. 

V.  10.  „ab  bezeichnet  das  Müdesein  nach  (b'm  Ixeiten."  K. 
S.  20.  Vgl.  Hand  Tnrs.  I.  p.  45  f. 

V.  1  1 .  ,,yl//7iV/rt  hier  sehr  gewählt  dir  disci/dina ,  da  in  älteren 
Zeiten  Keitcn  und  Jagen  die  llauptübung(>n  des  für  den  Krieg  ge- 
borenen Kömers  waren.   Man  verjrleiche  das  leicht  lr<njische  dieser 


Aiiincrkuiigeii  zur  zweileu  Satire.  43 

Stelle,  wie  es  für  den  Satireutou  passt,  mit  dem  heiliireu  Ernste 
der  Ode  III,  24,  ö5ff."  K.  S.  20.  Zu  militia  vgl.  auch  Od.  III,  2,  2  und 
Ep.  I.  2,  67.  Ueber  das  Jagen  als  Vorübung  des  Kriegs  s.  besond. 
Xenoph.  Kyrop.  I,  2,  10.   üeber  pila  s.  Kirchner  zu  I,  6,  126.  S.  251. 

V.  14.  ,^  Penll.  ?)tul(is  cxemplis  oslcndil  vocab.  extundcrc  iion 
uisi  semii  invemendi,  acquirendi ,  extorqucndi  iisu  venire.  Licet  crcinpJa 
u  WctzeUo  (e  Celso  IV,  ö)  et  Fea  (e  Quintil.  Inst.  I,  3,  6)  (dkila  tühil 
contra  valetnU .,  tarnen  cum  Gesnero  sentimus:  dura  lex  fiierit  si  reiicerc 
velimus  omnia  semel  tanlum  observata.'"''  K.  p.  4.  Mitscherlich,  im 
Göttinger  Prorectoratsprogi-.  von  1826,  p.  7  f.  tritt  in  Betrefl"  der 
Missbilligung  von  exluderil  auf  Bentley's  Seite,  indem  er  (p.  8)  sagt: 
cxtunduntur  v.  c.  mallco  partes  deorsiim  prcssac ,  oculis  adco  subductac ; 
ita ,  fjuinn  suprrficiem  aequanl  aiil  aJlius  adeo  tundiintur ,  profeninlur,  in 
conspectu/n  veniunl .  nequc  vero  a  corpore  suo  excutiuntitr  alque  expel- 
lunliir.  Ex  ipsa  hac  verbi  proprictate  iranslatio  eins  ioquendi  usu  consti- 
tuta  atque  circumscripta  est.  Ingenium  extundit  aliquid  intentiore  studio, 
meditatione  profert  aliquid  quod  abstrusum  adhuc  ac  reconditum  erat  adeo- 
que  reperit,  invenit:  altera  signi/icatio ,  quae  est  obtinere,  a  repetilis 
mallei pulsibus  arcessenda  est  quibus  aliquid  per/icitur  (wie  Ter.  Hec.  I, 
2,  28.  Plaut.  Most.  I,  3,  64).  Ebenso  wenig  aber  billigt  Mitsch.  Bent- 
ley  s  expulerit,  und  über  Gesner's  dura  lex  bemerkt  er:  quod  etsi 
quodam  tenus  concedere  licet,  non  eo  usque  tarnen  Heere  id  arbitror  ut  con- 
trariam  prorsus  vuJgari  signißcalionem  ulicui  verbo  sine  omni  auctoritalc 
aff'ricemus  atque  obtrudumus :  entscheidet  sich  vielmehr  schliesslich 
für  extulerit,  als  non  minus poeticum  et  rei  apprime  convenientem.  La- 
hor effert  e  corpore ,  educit  quasi  fastidia ,  dum  abigit,  expellit  ea  ,•  prae- 
clara  imagine.  Similiter  noster  Ep.  I,  2,  47  deduxit.  Vgl.  aber  auch 
Orelli  und  Weber  S.  273  f.,  sowie  Apitz  p.  106,  welcher  riclitig  be- 
merkt, man  müsse  bei  exlundere  unterscheiden  ob  das  Object  des- 
selben etwas  schon  Gegenwärtiges  sei  oder  nicht :  aliud  est  rem 
iam  praesentem  extuudere ,  aliud  rem  nondum  praesentem  extundere.  Al- 
lerum significat  tumlendo  removere  (hinausklopfen),  alterum  tundendo 
promovere  (herausklopfen),  wie  auch  excutere ,  exprimere  und  extor- 
quere  gebraucht  werden,  so  dass  Horaz  extund.  fast,  mit  gleichem 
Rechte  gesagt  habe  wie  Seneca  Ep.  119  fastidium  excutere. 

V.  16.  atrum  hiemat  verband  Kirchner  schon  1817,  indem 
er  bemerkte:  hiemi  quidem  convenienter  epHheton  atra  tribuilur,  ut 
apud  Virgil.  Aen.  VII.  214  atra  suljcgit  hiems,  et  saepius:  at  mare  non 
nisi  in  procella  nigrescit.  Dann  ist  es  aber  also  selbst  auch  atrum, 
sobald  CS  stürmt. 

V.  20.  „pulmentarium  ist  Alles  was  zum  Brode  gegessen 
wird,  die  Fischspeisen  ausgenommen,  für  die  besonders  der  Aus- 
druck obsonia  galt.  Horaz  drückt  denselben  Gedanken  deutlicher 
aus  Ep.  I,  18,  48  f."  Kirchner  S.  21. 

V.  21.  ,,Neque  reslHuendum  etiam  Od.  II,  9,  5.  16,8.  IIT,  11, 
43.   12,  1.  IV,  4,  31 ;  in  Epodis  saepius,  in  Sermonibus  ter;  in  Epistolis 


44  Zweites  Buch  der  Satiren. 

jutsquam  peccatiim  est.  Ne  muUa,  Horaihis  jyarticiilam  nee  ante  voca- 
letn  in  eodem  versu  usque  viiavü ,  el  omnes  qnkunque  loci  in  qiiibus  adhuc 
talis  leclio  depi-ehenditur  in  corruplis  habendi.  Indocic  hac  de  re  Benl- 
leiits  dispulavil  ad  Od.  III,  11,  43."  K.  p.  5.  Später  würde  er  sich 
wohl  behutsamer  ausgesprochen  haben.  Vgl.  auch  Hand  Tur.s.  IV. 
p.  93—96. 

V.  28.  mim  ad  est  Hiatus  in  der  Thesis,  Avie  bei  Lucret.  II, 
681 :  reddita  sunt  cum  odore.  III,  J082:  sed  dum  übest.  VI,  276.-  simul 
cum  eo.  (Vgl.  oben  I,  9,  38).  Lachniann  zu  Lucret.  p.  130  f.  erklärt 
diess  daraus  dass  m  finale  longam  syUabam  facil  sivc  producenda  voculi 
sive  obscuro  sono  cum  vocali  quasi  in  diphthongum  coalescenle :  quod  ni 
faceret  neque  in  versu  omitti  ncque  Jiiatum  fucere  passet,  qui  in  brevi  syl- 
laba  malus  est.  Dagegen  Fleckeisen  in  Jahn's  Jahrbb.  LXI.  S.  49 — 
53  hat  die  Berechtigung  dazu  in  dem  einsilbigen  Charakter  der  be- 
treffenden Wörter  gesucht,  indem  er  das  Gesetz  atifstellte  und 
durch  eine  grosse  Anzahl  von  Belegen  begründete:  ,,alle  einsil- 
bigen auf  einen  langen  Vocal  oder  m  auslautenden  Wörter  brau- 
chen mit  einem  folgenden  kurzen  Vocal  nicht  zu  coalescieren." 
Uebrigeus  finden  sich  bei  den  "älteren  römischen  Dichtern  auch 
Beispiele  des  Hiatus  bei  mehrsilbigen  Wörtern  auf /n  (Ennius:  mi- 
lia  mililum  octo  und  dum  quidem  uniis  hämo).  Die  Sammlung  von  sol- 
chen bei  K.  L.  Schneider  I.  S.  158  f.  bedarf  zwar  der  Sichtung, 
vielleicht  aber  einer  minder  rigorosen  als  Lachmann  zu  Lucr.  p.  99f. 
voraussetzt. 

V.  29  f.  Eine  berüchtigte  Vexierstelle,  welche  übrigens  mehr 
der  Dichter  selbst  auf  dem  Gewissen  hat  als  seine  Abschreiher. 
Denn  der  Varianten  sind  weder  viele  noch  erhebliche,  da  es  doch 
wohl  ziemlich  gleichgültig  ist  ob  man  nihil  liest  oder  nil,  und  sogar 
das  wenig  L^nterschied  macht  ob  hac  — •  illa  geschrieben  wird  (wie 
man  bei  dem  Stande  der  Hdschr.  ohne  Zweifel  muss)  oder  hacc  — 
illä,  sofern  die  Beziehung  von  ille  auf  das  räumlich  Nähere  ein  nicht 
eben  sehr  seltener  Ausnahmsfall  ist  (vgl.  \.  36  f.).  Dass  die  Variante 
petere  aus  dem  Scholion  des  Porphyrion  (carnem  tarnen  hanc  magis 
quam  illam  pelere  non  dehes)  entstanden  sei,  in  quo  scriba  idiquis,  qui 
Horatii  verba  quid  vellent  non  pcrspicercl ,  inlcllir/cndi  et  corrigendi  viam 
et  rationem  reperisse  sibi  viderelur,  hat  Dillenburger,  Horatiana  II 
(Progr.  von  Emmerich  1845.  4.)  p.  20  (vgl.  Obbarius  in  Jahn's 
Jahrbb.  XXVIII.  S.  245  f.  und  Meineke  Praef.  ed.  11.  p.  XXVII.), 
wahrscheinlich  gemacht.  Und  so  sind  wir  als  Object  für  unsere 
Experimente  auf  die  Worte  angewiesen:  carnc  tarnen  quamris  distal 
nihil  hac  magis  illa.  In  Bezug  auf  deren  Vertheilung  und  Auffas- 
sung: wird  man  das  Keich  der  Möglichkeit  für  erschöpft  ansehen 
dürfen  :  den  Verfasser  wenigstens  gelüstet  ganz  und  gar  niclit  nach 
dem  Ivulniie  eine  neue,  noch  nicht  dagewesene  Erklärung  aufge- 
stellt zu  Iiaben;  vielmehr  begnügt  er  sich  die  aufgestellten,  soweit 
sie  ihm  bekannt  geworden,   zu  dassificieren  und  beihinfig  kurz  au 


Anmerkungen  zur  zweiten  Saiire.  45 

bourtcileu.  Auf  die  eine  Seite  mögen  diejenigen  treten  welche 
den  Vers  aus  sich  selbst  erklären,  auf  die  andere  diejenigen  welche 
zu  seiner  Erklärung  etwas  von  Aussen  her  zu  Hülfe  nehmen.  Letz- 
teres thut  am  Durchgreifendsten  A.  Meineke ,  indem  er  nach  ilkt 
einen  Vers  einzuschalten  vorschhägt  ungefähr  von  folgendem  In- 
halte: delector :  jndchri  quid  habel  lunonius  ales.  In  bescheidenerem 
Masse  thun  dasselbe  —  ausser  A.  Möbius  (Jahn's  Archiv  IV.  p. 
618  f.),  welcher  chclo  idem  honor  adcsl  aus  dem  Vorhergehenden  wie- 
derholt *)  —  besonders  die  von  Kirchner  angeführten  Glossen  des 
Lips.  l  und  Mon.  5,  an  welche  sich  z.  B.  Georg  Fabricius,  M.  Ges- 
ner,  Döring,  Obbarius  (in  Jahn's  Jahrbb.  XXVIII.  S.  245  f.  und 
XL.  S.  176)  und  Kirchner  selbst  anschliessen,  indem  sie  zu  hac 
magis  (quam)  ilhi  aus  dem  Vorhergehenden  vesceris  wiederholen, 
wobei  Kirchner's  beiderlei  Bearbeitungen  sich  nur  dadurch  von 
einander  unterscheiden  dass  er  J8J7,  durch  Setzung  eines  Komma 
sowohl  nach  iamen  als  nach  nihil  ^  den  Ablativ  carne  näher  mit  huc 
und  illa  verbindet  (und  zu  distal  also  cai-o  als  Subject  nimmt) ,  1854 
aber,  durch  Weglassung  des  ersten  Komma,  carne  näher  zu  distal 
rückt:  eine  Veränderung  welche  aber  schwerlich  eine  Verbesse- 
rung ist,  da  in  letzterem  Falle  von  Horaz  zu  erwarten  gewesen 
wäre  dass  er  distant  gesetzt  und  die  beiden  Thiere  {pavo  und  gal- 
lina)  durch  die  Geschlechter  der  Pronomina  von  einander  unter- 
schieden hätte.  Aehnlich  Haacke  Quaest.  hör.  IL  und  Fr.  Jacob 
(Lübecker  Progr.  1839.  4.  vgl,  Jahn  s  Jahrbb.  XXVI.  S.  474),  wel- 
che interpungieren:  carne  tarnen,  quamvis  distal  nihil  hac,  (F.  Jacob; 
«lagegen  Ilaacke :  nihil,  hac)  magis  illa — .-  (mit  einer  „affectvollen 
Aposiopese"  von  vesci  cupis  oder  vesceris) ;  wobei  Haacke  (und  mit 
ihm  später  Orelli)  erklärt:  non  vesceris  illa  pluma  splendoris  plena  ; 
tarnen  carne  pavonis,  quamquam  illa  quidem  nihil  differt  u  gallinae  carne, 
niayis  quam  hac  vesci  cupis.  Liceat.  Verum  unde  sentis  u.  s.  w.  Gegen 
die  Heranziehung  von  vesceris  aber  haben  sich  Heindorf,  Jahn  (in 
s.  Jahrbb.  XXVI.  S.  474)  und  Apitz  erklärt,  Letzterer  (p.  107)  mit 
den  Worten  :  ..proindc  quasi  alteram  interrogationem  (coclo  —  idem  .') 
sicco  pede  Iransire  possimus.  Quod  si  fieri  posset,  primum  aliis  etiam 
exempUs  quam  Carm.  I,  16,  '20  et  IV,  14,  13  evinccndum  foret  Horatium 
huc  magis  quam  illa  vesceris  pro  hac  magis  quam  illa  vesc. 
di.visse :  quippe  illa  loquendi  ratio  non  Ha  rara  est.    Sic  Nepos  Them.  5 


*)  Er  interpungiert :  carne  tarnen  — ,  r/uamvis  d.  n.  h.  m.  illa,  Impari- 
fjiis  u.  s.  w.  und  erklärt:  \um  coclo  cadem  est  ptutnae  piilchritudof  Eadem 
quidem  non  est.  Carne  tarnen  (s.  ijuod  curnem  attinel)  cocto  idem  honor  adest 
{i.  e.  idem  honor  Irdmilur  ac  si  haec  avis  piclam  caiidam  etiamnunc  expandat), 
quamvis  Uta  gallinae  coro  hac  pavonis  carne  nihil  nuiqis  (i.  e.  nihilo  mayis, 
nullo  moilo)  distal  (v.  huic  pavonis  carni  non  est  postponenda).  Ergo  le  impa- 
ribus  formis  (i.  e.  dirersa  ulriusqiie  avis  ejcterna  spccie)  esse  deceptum  palet. 
Die  hiebei  sich  erg^ebende  Aussage  dass  rohes  und  gekochtes  Pfanentieisch 
einander  gleichstehe  scheint  nicht  viele  Gläubige  gefunden  zu  haben. 


46  Zweites  Buch  der  Satiren. 

)ni/ius  (licbits  Iriginla  in  Asiam  reversus  esl ;  Jitven.  VI,  ]I9  comite  an 
cillfi  nun  ampUus  iinu.  Insuper  aulcm  ipsa  scnlcntia-.  carne  lamen  hac 
mtigis  quam  illa  vesceris — posl  anlegressam  longe  graviorem  {rix  lamen 
— ■  palnlam)  vehementer  languct.'^  Diese  Einwendungen  treffen  nur 
zum  Theile  den  Vorschlag  von  Düutzer,  -welcher  vescor  aus  dem 
Vorhergehenden  ergänzt,  indem  er  in  V,  29  den  Angeredeten  er- 
widern lässt:  ,,Ja,  wenn  auch  im  Fleische  kein  Unterschied  ist, 
will  ich  doch  dieses  lieber  als  jenes  essen ,"  worauf  in  V.  30  Horaz 
bemerke:  ,,Nun,  so  ist  es  offenbar  dass  du  durch  die  blose  Ver- 
schiedenheit des  äussern  Ansehens  dich  täuschen  lassest.  Nun, 
meinetwegen  sei's!"  Die  Auskunft  wäre  eine  willkommene,  wenn 
sie  mehr  zu  dem  Charakter  dieser  Satire  stimmen  würde ,  in  wel- 
cher die  dramatische  Form  eine  noch  sehr  unentwickelte  ist  —  die 
beiden  Male  wo  ein  Anderer  redend  eingeführt  ist  geschieht  diess 
durch  «//,  inqiiit,  V.  40.  99  —  und  wenn  sich  absehen  Hesse  wie 
der  Angeredete  dazu  kommen  soll  die  gar  nicht  verlangte  Einräu- 
mung, dass  im  Fleische  kein  Unterschied  sei  zwischen  Pfau  und 
Henne,  von  selbst  zu  machen.  Und  wenn  neben  dieser  Einräu- 
mung der  Augeredete  dennoch  behaupten  würde  dass  er  dieses 
lieber  esse  als  jenes,  so  Aväre  das  eine  Unvernunft  und  Verstockt- 
heit mit  welcher  die  glatte  Willigkeit  der  Antwort  (V.30)  in  keinem 
Verhältniss  stände.  —  Die  zweite  Classe ,  welche  die  Elemente 
der  Constructiou  rein  aus  der  Stelle  selbst  zu  gewinnen  sucht,  hat 
bei  aller  sonstigen  Verschiedenheit  unter  sich  gemeinsam  dass  sie 
V.  29  und  30  in  enge  Verbindung  setzt  und  tamen  zu  deeeptnm  ie 
palet  zieht.  So  der  Commcnt.  Cruq. :  quumvis  caro  gallinae  non  diff'ert 
a  earne  pavonis,  tamen  palet  tc  deeeptum  esse  impariints  formis  (Ji.  c. 
pndehritudine  pavimis).  Crucjuius  selbst:  quamvis  nihil  magis  hac  carne 
jHivonis  distal  ab  illa  gallinae,  tamen  natura  carnis  et  sapor  non  ita  te 
decepit  tft  fonnariim  imjiarilas.  Bentley :  quamvis  nihil  distal  {nihil  ex- 
cellit)  carne  hac  (pavonis)  magis  illa  {gallinae) ,  lamen  palet  te  deeeptum 
imparibus  formis  {avium)  hanc  carnem  Uli  praeponere.  F.  H.  Bothe 
(p.  49,  unter  bedingter  Beistimmung  von  Chr.  Jahn  in  Ed.  I.  und 
Dillenburger,  Horatiana  I.  p.  2J):  quamvis  distal  gallinae  caro  a  pa- 
vonis,  tamen  nihil  {non)  hac  {pavonis)  magis  illä  {gallinae,  sed)  impari- 
bus  formis    deeeptum    te  esse  palet.  ^)     A.   jMatthiä    (in    der    Praef. 

*)  Dillenlturger  nioditiciert  <lio  Butlie'schc  Auffassunfr  in  Etwas.  Wäli- 
rcnd  Botho  einen  ii])joctivcn  l'nterseliied  zwiselicn  dem  Fleisch  des  Pfanes 
und  der  Henne  zugibt  (l)ei  alieni  Unterschied,  obwohl  ein  Unterschied 
vorh.anden  ist),  so  setzt  Dillenburger  diesen  auf  einen  blos  anpenonune- 
ncn  lierunter:  clinrnsi  vcl  maxime  conrcdatiir  discvimen  alii/uixt  ititenssr  in/rr 
pnvonis  et  ffttlliiiac  carnem,  tarnen  palet  nnn  cainis  praestanliam  et  sapuirm  tc 
set/iii ,  seit  pliiiiianini,  foniinc  palrlnituilincni  et  specicm  (llorat.  II.  p.  21). 
.lahn  rrkliiit  (l'M.  I.  p.  'i.'j'i):  non  vcsvrris  pliinia  pavonis ,  ncf/iic  cor/o  it/cm 
liuniir  ailcsl ,  et  lamen .  ipiamvis  illa  aris  (pavo)  carne  sua  nihil  niat/is  hac 
(jpiltiiia)  ilislat ,  inipaiilius  funnis ,  ul  palet,  dccipcris.  \ihil  magis  stehe  da- 
bei simplicitcr  pro  nullu  modo,  ueulKpiam. 


Anmerkungeu  zur  zweiten  Satire.  4  / 

zur  Ausg.  von  Alcaei  reliqq.  1827) :  quainvis  hac  carne  (gaUinae)  nihil 
mwjis  ijiihilo  »lagis ,  ovdii'  xi  fiakXov)  distat  illa  (^caro  paronina),  tarnen 
u.  s.  w.  Ct.  T.  A.  Krüger  (zweite  Aufl.  1856):  quamvis  hac  carnc 
{paionina)  uil  [d.  h.  nulla  caro)  mugis  distat  illa  [carne  t/allinacea) ,  ta- 
rnen palet.  In  ähnlicher  "Weise,  trotz  kleinen  Abweichungen  in  der 
Textgestaltung,  Fea  und  3Iitscherlich  i^Rac.  Yen.  I.  p.  4),  indem 
sie  haec  magis  illa  lesen  und  erkljiren :  quamvis  haec  {caro  pavonis) 
nihil  magis  distal  {cxcellil;  Mitscherlich :  ovölv  ^aXkov  diafpi^u,  plane 
nun  distal,  minime  praeslanlior  est)  illä  {cjallinae)  carne,  tarnen  (über 
■welches  jedoch  Fea  hinweggeht)  te  deceplum  palet  {ö))log  ei  a/nuxi]- 
&ii.;.  manifeslo  deciperis)  imparihus  formis  [dirersa  externa  spccie ,  jntl- 
chriliidine  pavonis  anleqiiam  coquereliir ,  cid  eliam  carnis  coclae  saporcm 
responsuriini  tibi  fingehas).  Wie  Fea  (und  Acre)  ignoriert  tarnen  auch 
K.  Schwenck  in  Ztschr.  f.  Alt.  W.  1839,  S.  6-23,  indem  er  erklärt: 
,,Es  ist  oftenbar  dass  du  dich  durch  die  Ungleichheit  im  Aussehen 
beider  Vögel  täuschen  lassest,  -wiewohl  das  Fleisch  der  Henne  von 
dem  des  Pfauen  durch  die  Ungleichheit  im  Aussehen  nicht  im  Ge- 
ringsten mehr  (?)  verschieden  ist."  Nur  Lambin  lässt  tarnen  in  der 
ersten  Hälfte  der  (angenommenen)  Periode:  quainvis  tarnen  nihil 
di/feral  pavo  a  gallina  carne  (nam  gallinae  caro  carni  pavonis  est  siinil- 
lima) ,  perspicuum  est  le  hac  forma  (pavonis)  magis  quam  illa  (jjallinae), 
quae  formae  sunt  impares ,  deceplum  esse.  Und  wirklich  scheint 
Kirchner  Recht  zu  haben  wenn  er  (1.  1.  p.  7)  bemerkt  dass  es  un- 
möglich sei  tarnen  zum  folgenden  Verse  zu  ziehen;  falsa  enim  com- 
positio  senlenliarum  foret:  ^quainvis  caro  non  melior  est,  tarnen  forma  te 
deeepit.'  Quid  caro  ad  formam.^  Ubi  dicenäum  fuissel:  cum  caro  non 
melior  sit,  forma  te  decepil.  Nächst  lamen  ist  es,  wie  die  vorausge- 
hende Aufzählung  zeigt,  auch  magis  das  zu  allerlei  Kunststücken 
der  Erklärung  veranlasst  hat.  Andere  nehmen  diess  in  der  Be- 
deutung von  lanx ,  unter  Berufung  auf  magida  bei  Varro  L.  L.  V, 
120  und  Plin.  H.  N.  XXXIH,  11,  52:  lances ,  quas  anliqui  (zu  wel- 
chen nach  dem  .Sprachgebrauche  der  Kaiserzeit  alle  republikani- 
schen Schriftsteller,  also  zum  Theil  auch  noch  Horaz ,  gerechnet 
werden)  magidas  appellaverant;  vgl.  auch  Helladios  bei  Phot.  P)ibl. 
p.  533,  b,  10:  ^  fictylg  avrl  riig  xqu-xi^}]g  Aiyvitxiov  ööi,H  '/.cd  ttuv- 
xsXag  sy.&sG^ov  ■  E'n:r/aQuog  de  0  ^cooievg  y.ul  KeQy.iöag  0  ^eloTXOiog 
inl  xijg  avxrjg  diavouig  iyg/jGavxo  xij  ke^ei,  y.cd  i.a]v  '/.cd  6  Axxiy.ög 
Zocpoy.kijg  (Fr.  651  D.  =  664  Xck. :  xag  'E-/Mxaiag  ^luylöug  dÖQ-:noi>). 
Diese  Erklärung  hat  zuerst  aufgestellt  der  mit  E(ichstädtV)  unter- 
zeichnete Kecensent  in  der  Jenaer  Lit.  Ztg.  1827.  Nr.  215,  S.  273, 
darauf  Thorsten,  de  coniunctivi  modo  u.  s.w.  (Kopenhagen  1828),  p.  152; 
adoptiert  wurde  sie  von  Chr.  Jahn  in  s.  Jahrbb.  XXI.  S.  106  und 
XXVI.  S.  205,  L.  Döderlein,  Synonym.  VI.  S.  207,  J.  S.  Strodt- 
mann  (Hör.  Sermonendicht.  Lpz.  1855)  S.97  u.  314,  Apitz  1.  1,  p.  107, 
zum  Theil  gleichzeitig  iqit  der  schon  von  Xylander  (1575)  vorge- 
schlagenen Zertheilung  von  quamvis  in  quam  vis  (welches  du  eigent- 


48  Zweites  Buch  der  Satiren. 

lieh  Avillst),  welches  gebilligt  worden  ist  von  Rosen  (Jalm's  Archiv 
IV.  p.  619),  C.  H.  Müller  (Blankenburger  Progr.  von  J839 ;  vgl. 
Jahns  Jhbb.  XXVI.  S.  205),  Jahn  (Ebds.),  Wüstemann,  Jeep, 
Strodtmann,  bekämpft  dagegen  von  Bentley,  sowie  von  Apitz  1.  1. 
welcher  selbst  qiiamvis  nihil  (J.  c.  admodum  nihil)  verbindet  und  V.  30 
igilur  supplirt.  Wider  das  Erstere  aber  hat  Obbarius  (Jahn'sJhbb. 
XL.  S.  J76)  cingeAvendet:  „abgesehen  von  dem  seltenen  Gebranche 
des  müfjis  in  dieser  Bedeutung,  das  nicht  leicht  ein  römischer  Le- 
ser, wegen  der  Nähe  von  distat  nihil,  anders  als  im  gewöhnlichen 
Sinne  der  Comparation  nehmen  konnte ,  wie  kommt  auf  einmal  die 
►Schüssel  zur  Sprache?  Wodurch  wird  lamcn  motiviert?  Fragen  die 
nicht  zu  lösen  sein  dürften."  Und  W.  E.  Weber  meint  (S.  278  f.), 
keine  Schüssel  in  der  Welt  bestehe  selbst  aus  Fleisch,  sondern 
trage  nur  solches,  carne  aber  sei  hier  nothwendig  Ablativ  des  Stof- 
fes, nicht  des  Modus.  Wohl  lässt  sich  auf  diese  Bedenkon  alle  re- 
plicieren  *) ;  im  Ganzen  aber  ist  die  Sachlage  die  dass  von  allen  je- 
mals aufgestellten  Erklärungen  keine  einzige  einen  allseitig  befrie- 
digenden, jede  Einwendung  ausschliessenden  Sinn  gibt.  Unter 
diesen  Umständen  haben  Viele  zum  Conjecturieren  ihre  Zuflucht  ge- 
nommen, und  (ausser  dem  von  Kirchner  im  kritischen  Theile  An- 
geführten) z.  B.  statt  carne  vermutet  carpe  —  hanc  oder  gaudenlem, 
quamvis  u.  s.  w.  oder  neuestens  carne  tarnen  carnis  (als  Nominativ; 
s.  H.  Weil  in  Jalm's  Jhbb.  LXXI.  S.  723).  Andere,  wie  Görlitz 
(Emendat.  Hör.  p.  7)  und  (eventuell)  A.  Mcineke  (Praef.  p. 
XXVII  f.),  haben  den  Knoten  zerhauen  und  den  Vers  kurzweg  ge- 
strichen ,  als  ab  inlerpoldtricc  manu  intrusus.  Und  gewiss  würden 
Avir  denselben  sehr  gern  und  sehr  leicht  entbehren ,  zumal  da  er 
mit  V.  35  ziemlich  tautologisch  ist;  auch  sanitätspolizeiliche  Grün- 
de würden  diesen  Ausweg  dringend  empfehlen;  nur  Avird  Manchen 
der  Scrupel  quälen  ob  ein  solches  Verfahren  den  Gesetzen  beson- 
nener, methodischer  Kritik  gemäss  sei.  Ich  Avenigstens  ziehe  es 
vor  oft'en  ein  Non  liquel  auszusprechen  inid  es  Jedem  zu  überlassen 
welche  von  den  verschiedenen  bedenklichen  Erklärungen  er  für 
die  (relativ)  am  Avenigsten  bedenkliche  halten  Avill.  Es  gilt  hier 
das  Wort  des  Iloraz  ,  Sat.  I,  4,  68  f.  Uebrigens  können  sich  die 
ZAveifel  nur  auf  das  Einzelne  beziehen;  denn  dass  im  grossen  Gan- 
zen der  Sinn  der  von  lleindcirf  bezeichnete  sein  muss  zeigt  der  Zu- 
sammenhang mit  dem  Nachfolgenden  uuAviderleglich.  Insbesondere 
ZAveierlcn  Avird  als  feststehend  betrachtet  Averden  dürfen:  l)  boAveist 
di'crplum  dass  nach  der  Ansiclit  des  Dichters   das  IMauentleisch  — 


*)  Auf  (lio  bfidon  K't/.ton  /..  15.  mit  11  er  t /.  hoi<r  (niu-li  hiieriiclicr  Mit- 
theiliinf;)  :  „Curnc  ist  weder  ein  .\1)1.  modi  noch  partis ,  sondern  ein  .\I)I. 
der  niliiercn  Hcstiniinunp  der  dem  inalrumcnlalis  selir  nahe  kommt.  Eine 
ScliÜHsel  liiauelit  darum  eben  so  \venig  selbst  aus  Fleiseli  zu  bestellen  wie 
Properz  aus  Müttern  und  Waffen  wenn  er,  siuli  dem  llektor  vergleichend, 
sagt :   inferior  muUo  ifiiitm  siin  vcl  iiintre  vcl  armis." 


Anmerkungen  zur  zueilen  Salire.  49 

unbefangen,  olijectiv  Ijctrachtot  —  (mindestens)  nicht  sclimackliaf- 
ter  ist  als  das  der  Henne,  die  entgegengesetzte  Beliauptung  viel- 
iiielir  auf  bioser  Einbildung,  Täuschung  beruht,  welche  durcli  die 
grössere  Schönheit  des  Pfaues,  der  unscheinbaren  Henne  gegen- 
über ,  bewirkt  ist.  Andererseits  aber  —  und  dieses  Zweite  ergibt 
sich  ausser  dem  Gedanken  selbst  namentlicli  aus  eslo  und  wohl 
auch  dem  (einlenkend  aufzufassenden)  (amen  — •  enthält  dieser  Un- 
terschied der  äusseren  Form  auch  ;5ugleich  einen  Entschuldigungs- 
grund für  jene  irrige  Bevorzugung;  wogegen  (nach  Horazj  kein 
solcher  Entschuldigungsgrnnd  vorhanden  ist  für  die  (rein  capri- 
ciöse,  rein  eingebildete^  Unterscheidung  des  Fangorts  (V.  31  fl\). 

Eslo  (vgl.  1,  83.  3,  65.  Ep.  I,  17,  37)  schliesst  oder  bricht  etv.as 
liisher  Erörtertes  ab,  mit  einem  Zngeständniss,  das  aber  häutig  nur 
t^in  halbes,  der  Kürze  wegen  gemachtes  ist,  in  der  Absicht  zu  ver- 
hüten dass  durch  Fortsetzung  des  bisherigen  Themas  die  beabsich- 
tigte Besprechung  eines  anderen  —  wichtigeren  — ■  Gegenstandes 
verzögert  werde.  Es  wird  also  damit  zugleich  zu  einem  neuen 
(Gegenstände  übergegangen,  ohne  dass  jedocli  das  Bisherige  immer 
für  vidl-tändig  erledigt  ei'klärt  werden  möchte.  Eslu  lässt  sich  so- 
mit wiedergeben  durcli:  lum  meinethalb,  seis  denn,  halte  es  da- 
mit wie  du  willst,  u.  dgl.  P^benso  wird  im  Griechischen  elev  ge- 
braucht; s.  zu  Aristoph.  Xub.  176. 

V.  35.    du  eil  s.  Kirchner  zu  I,  2,  88. 

V.  36.  qnia  scilicel.  Ueber  die  Kürze  des  a  vor  sc  s.  Kirch- 
ner zu  I,  2,  30  und  Schwenckfeld  in  Jalm's  Archiv  IV.  p.  624 — 627. 
—  Ueber  die  Beziehung  von  Ulis  auf  das  Nähere,  his  auf  das  Ent- 
ferntere s.  die  Citate  in  Chr.  .Tahn's  erster  Ausg.  p.  252,  wozu  Di'a- 
kenborch  ad  Liv.  XXIV,  29,  3.  Wiss  Quaest.  hör.  V  (Einteln  1835.  4) 
am  Ende,  auch  G.  T.  A.  Krüger  Lat.  Gr.  §.419,  A.  1.  Es  findet  in 
solclien  Fällen  gleichsam  ein  GonHict  Statt  zwischen  dem  räumlich 
(auf  dem  Faiiier;  und  dem  gemütlich  (nach  dem  Interesse)  und  in 
der  Wirklichkeit  näher  Stehenden.  Vgl.  z.B.  Liv.  III,  72  hoc  socios 
audire ,  hoc  hostes:  quo  cum  dolore  hos  (die  socü),  quo  cum  gaudin 
illos  (die  Feinde) ! 

V.  3S.  So  sinnlos  wie  es  Kirchner  (1817.  p.  8)  darstellt  wäre 
die  Auffassung  des  Verses  als  Nachsatz  gerade  nicht.  Es  wäre  in 
diesem  Falle  eine  zusammengedrängte  Ausdrucksweise,  Avobei  der 
eigentliche  Nachsatz  in  vnhjaria  enthalten  wäre:  Weil  jenes  die 
natürliche  Grösse  ist,  so  ist  es  das  Gewöhnliche,  und  das  Gewöhn- 
liche verschmäht  ein  selten  nüchterner  klagen.  Doch  mag  immer- 
hin die  Kirclmer'sche  Zertheilung  in  zwei  Sätze  den  Vorzug  ver- 
dienen, so  dass  ad  inlerrogalionem  „quo  pertinel?''''  responsum  ironicum 
fit:  ,.quia  scilicel  —  dedil,''  cui  suhiunyilur  enuncialum  commune:  „sio- 
machus  (enim)  raro  iei.  t.  vulg.'"  L'nde  upparel  Itunc  versum  abesse  tion 
posse ;  concludit  enim  sententium,  gulonum  pervcrsilulem  indicans.  Uebri- 
gens  vertheidigt  rai-i  wiederum  Apltz  p.  107  f.  wegen  der  angeb- 

HORATII   SAT.   II,  2.  4 


50  Zwvilos  Riifli  der  Siifuvn. 

liclioii  Zweidputigkoit  von  raro:  fjuaina?)!  sloinarJiiis  rarn  iciuntis  cliavi 
hinninis  roracis  ri>( ,  qui  vohjari<(  tum  Inniiil.  Dass  aher  rari  iriidiiis 
nliue  Weiteres  t-ari  avidifs  bedeuten  könne  ist  mit  Cic.  orat.  30,  106 
nicht  zu  erweisen.  Vielmehr  wie  dort  iriimris  Iiiihis  muUipUcis  ora- 
titmis  aiires  civitatis  accrpimus  bedeutet:  Avelchc  dergleichen  (durch 
Crassus  und  Antonius)  noch  niemals  zu  hören  (-gleichsam  zu  ko- 
sten) bekommen  hatten  und  daher  ein  dunkles  Verlangen  danach 
trugen  (oder  jedenfalls  dem  Gebotenen  cilrig  entgegenkamen),  so 
Avürde  rari  iciunus  beissen:  der  »Seltnes  noch  nicht  gegessen  bat 
(und  desswegen  dafür  Kaum  luid  Appetit  hat),  also  das  (iegentbeil 
von  dem  was  in  unsere  Stelle  passt. 

V.  o9.  inagfio  magniim.  Uelier  diese  bcvsonders  bei  Cicero  sehr 
beliebte  Wortstellung  s.  G.  Wiehert,  die  lateinische  Stillebre  (Kö- 
nigsberg 1856)  S.  486  —  480.  Ein  anderer  Fall  ist  Ep.  I,  18,  89; 
der  gleiche  aber,  nur  in  Bezug  auf  Substantive,  Ep.  I,  18,  5. 
ir,  3,  133. 

V.  40,  „T/iscilc  Tlciiid.  cmrndaf  vcllr,  iinprrfrrto  o/fnisiis,  iibi  jiroc- 
SCJIS  (vrli)n)  piilal  rcqiiiri.  Prr/jcram.  V cllem  hie  iur,uH  merum  opta- 
linu  co{/ifanfis,  rclim  rst  sprrantis.  Sic  K/>.  I,  11,  8."  Kirchner  (1817) 
p.  9.  Vgl.  zu  Sat.  T,  1,  55.  Seine  frühere  (Ebds.  S.  23  f.)  Behaup- 
tung, dass  Harpi/is  der  Dativ  sei  (//iiac  Narpi/is  conri'nial,  wie  ai^iog 
mit  Dativ  der  Berson),  scheint  Kirchner  später  selbst  aufgegeben 
zu  haben. 

V.  4").     reg  um,   s.  Kirchner  zu  I,  i',  (S(i. 

V.  47.  erat.  Ueber  die  J^ängc  der  Endsilbe  s.  Kirchner  zu 
I,  4,  82.  vgl.  5,  90:  solcal  /inmeris.  V^arro  bei  Nonius  p.  195:  earros 
adcurat  iiSf/iie  polilos.  Virg.  Aen.  V,  853:  nusquam  aiiiiltebal  oeiilnsi/ue 
siih  asira  ienehaf.  \h.  IGT:  eiin;  e/a/nore  (ri/as  revueuhat  ecee  Cliumtliutu 
u.  s.  w.  und  unten  zu  3,  1.  Eleckeiseu  in  Jahn's  Jhbb.  LXI.  S.  18. 
31  f.  35  (wo  als  Beispiele  der  ausnahmsweise  pyrrhichischen  Pres- 
sung von  end  bei  Plautiis  angeführt  sind  Mil.  gl.  15.  Bacch.  421.  563). 

V.  55.  Richtig  vertheidigt  Apitz  p.  108  das  handschriftliche 
jirariiin  durch  die  Bemerkung:  p  rar  tun  jirarilttfem  iiidieal  fiiliiniin, 
prarits  praeseidem.    Vgl.  Düntzer  IT.  S.  278  Anm. 

V.  50.  Dass  das  vom  Bland,  anticjuiss.  geliotene,  von  üentlev 
gut  vertheidigte  di/eliim  das  Kichtige  sei  hatte  Kirchner  schon  ISI7 
erkannt,  inid  liemerkt:  est  edf/noineii  diiefinn  e.v  siinilitiidine  reri  eiinis 
(oder  wohl  richtiger  aus  dem  wirklichen  Sachverhalte,  weil  er  vcrc 
ein  Hund  war,  vgl.  Orelli),  ut  dislingiiatur  n  engnowinilms  solh^tirii 
hifS  atqite  /irreditariis ,  qualia  sunt  Cutulus,  Bestia  etc. 

V.  5S.  Den  Unterschied  zwischen  d iffundere  und  defuu- 
dere,  wonach  nur  das  TiOtzere  das  Richtige  sein  kann  und  die 
Irland,  sich  abermals  bewähren,  bat  schon  Eea  vnllki)iiniien  IxMVie- 
digi-nd  bestiunnt.  Vgl.  Ep.  1,5,4.  l'roculiis  in  Dig.  XXXIII,  6,  15: 
nmp/i(irus,  eailns,  in  quilnis  rinn  ili/fusu  serrunius  ...  rinutn  enini  in  om- 
p/inras  et  eadus   hue   menle  di/fiiiidiinus  iil  in   Ins  sll  /Inner   usus  CdUSSa 


Aiiiiiorkiingon  zur  zweiton  Saliro.  51 

/irnhrtiir.     Gegen  die  Bezielmng  von  ilrf.  auf  die  Lihation  hat  sich 
Kirchner  (1817.  p.  lO)  mit  Recht  an.sgesprochen. 

V.  G3.  Eine  Wendung  wie  8at.  I,  1,  10]  f.  Ueber  die  Klisinu 
des  hingen  Vocals  iiv  //iiali  s.  Kirchner  zu  I,  9,  30.  Ö.  308. 

V.  05,  Kirclnier  liat  sehr  Uiu-echt  wenn  er  gegen  das  hlandi- 
nische  qua  einwendet,  es  würde  das  Futurum  erfordern:  »iii/ititis 
iril  qua  mm  offcndel.  Vielmehr  bedeutet  es :  eatctuts  tä  sitn/ibus  mm 
nß'nulnl  (vgl.  I,  2,  J23),  eine  Limitation  der  miiniUdcs  des  AVeisen: 
bis  auf  einen  gewissen  Grad,  soweit  dass  er  sich  hütet  durch 
Schuuitz  Anstoss  zu  geben,  wird  er  iiimidiis  sein.  Dass  diess  dem 
Zusnunnenhaug  einzig  angemessen  sei  hatte  Kirchner  schon  1817 
lieutley  zugegeben,  und  durfte  um  so  weniger  <jiii  beibolialteu,  mit 
der  Erklärung:  qiiijipe  qiii,  sofern  er.  Aber  wer  nicht  durch  Sclnnutz 
Ansioss  gibt,  der  ist  bei  Weitem  nofh  nicht  miintliis.  Vgl.  auch 
Weber  S.  28(j.  Dass  qua  —  offcmlal  das  Ursprüngliche  ist  erhellt 
auch  aus  den  Varianten,  indem  die  Einen  davon  qua  festhielten 
und  den  unverstandenen  Conjunctiv  in  den  Indicativ  verwandelten 
[qua  —  ii/J'i'iulil) ,  die  Andern  das  unverstandene  qua  fallen  Hessen, 
aber  o/findat  festhielten,  Avelches  Spätere  mit  olfciukl  ;ind  (if/'c/idil 
vertauschten;  und  dass  der  Anstoss  von  Anfang  an  um  qua  sich 
drehte  darf  man  vielleicht  aucli  aus  der  Variante  quod  entnehmen. 

V.  Ctl.    Po/jt/ti/rio :  ^Jlir  esl  Albucius  .  .  .  qui  uxorem  suaiii  veneno 
uf'caviY^  (Sat.  II,  1,  48).    Quod  parum  credihilc.   Albucii  plurcs  memo 
t  (lutur;  eliam  aputl  Lucilium  Albucius  quidam  exagilalur ,  quem  h.  l.  in- 
irlligi  esl  probabile.     Kirchner  im  Nachlass.  Die  Vermutung  selbst 
mag  auf  sich  beruhen. 

V.  G8.  ,.7)cque  —  ?tec  Jfaralin  r.sl  sol/rmnis  conslniclio,  a  qua  sine 
'iraviore  caussa  rccedi  non  dcbel.''''  Kircliner  1SI7,  p.  11.  Ueber  Nae- 
rius  vgl.  Kirchner  zu  I,  1,  101. 

V.  09.  praeb.  aq.  s.  Kirchner  zu  I,  4,  88.  So  igni  atquc  aqua 
iii'cipere  alqm  (gastlich  aufnehmen)  bei  Novius  V.  98  (p.  •228  Ribb.); 
das  Gegentheil  aqua  cl  igni  inlerdicerc  alicui. 

V.  74.    miscucris  als  Choriambus  gemessen,  mit  langer  letz- 
ter Silbe,  wie  placaris  Od.  III,  23,  3;  dederis  Od,  TV,  7,  20;  orrideris, 
ili.  21  ;   reddideris  und  biberis  Ovid.  Amor.  I,  4,  31  f.;  vgl.  fecerimus 
als  l>oj)poltr()chäus)  bei  Catull.  5,  10.    K.  L.  Schneider  lat.  Gr.  I. 
S.  749.  731. 

V.  79.  adfiqil,  das  auch  durch  des  Gotb.  2  effu/il  bestätigt 
wird,  ist  von  Fea  genügend  gereclitfertigt.  Es  ])edeutet:  hält  am 
l'.uilon  fest,  lässt  ihn  nicht  seiner  natürlichen  Richtung  in  die 
llölie  folgen.  Zur  Sache  erinnert  Kirchner  (S.  27)  an  Cic.  Tusc. 
V,  13,  38:  humauus  animus,  dccerplus  ex  menle  divina ,  cum  alio  nullo 
nisi  cum  ipso  deo  .  .  comparari polesl  und  bemerkt:  ,,dass  unser  Geist 
ein  Ansfluss  aus  dem  göttlichen  Wesen  oder  der  allgemeinen 
Weltseele  sei  war  ein  damals  so  populärer  und  durch  die  Philo- 
sophon  allverbreiteter  Gedanke  dass  er  ohne  Unschicklichkeit  in 

4* 


52  Zweites  Bucli  der  Satiren. 

diesem  von  einem  Landmann  entlehnten  Sermon  angebracht  wer- 
den konnte." 

V.  84.  Apitz  p.  108:  „Hciilh'iin/i  nmhigiiilas  vocahitU  ubiquf 
o/fc>i(Icbal ,  sed  tioti  peri/idc  quoque  Ep.  1,  ]8,  68."  Vgl.  auch  zu  3, 
131.  Dass  Bentley's  idiii^e  eine  unpassende  Gleichstellung  des  ganz 
heterogenen  Falles  vom  Eintreten  des  Alters  mit  den  vorüberge- 
henden und  blo.s  angenommenen  Fällen  in  Y.  83  f.  enthalten  würde 
hat  schon  Kirchner  bemerkt  (p.  J2f'. :  sive-sivenon  tiisi  hypolhelice 
valc?U,  rem  signißcanlcs  fjuuc  fieri  quidem  possil,  ul  tion  coiiliuuo  sem- 
perque  fit.  Sic  furluiluvi  iwn  minus  csl  incidcre  diem  feslion  quam  ad- 
pcrsam  raleludiiiem.  /Je  senechdc  >io?i  Hern-,  quae  cl  ccrlo  venil  el  upiid 
oniiies  ?'emissiorem  cullum  requiiil.  Inde:  tdrique  accedenl  (uuii,  i.  e.  et 
tum  proferlo  cum  anni  accedenl). 

V.  85.  Gegen  die  Aufnahme  von  e  l  (das  auch  der  Goth.  2 
hat?)  macht  ausser  Fr.  Pauly  besonders  Apitz  p.  108  f.  Opposition, 
indem  er  meint :  nos  tarditalcm  agyredienlis  senectulis  ipso  melro  adiim- 
bratatn  copula  et  ahiecla  melius  scrvari  rensemus  quam  eadem  inserla. 
Ac  ?udla  omni/io  suppelit  caussa  cur  eam  admodum  e.rpekis.  Worauf 
er  das  Asyndeton  durch  Stellen  wie  Sat.  I,  I,  3  (vgl.  V.  109).  2,  85. 
4,  138.  9,  13  vertheidigt.  In  der  That  ist  nicht  abzusehen  wie  es 
hatte  geschehen  sollen  dass  die  schwierigere  Lesart  (als  Asynde- 
ton) fast  in  allen  lldsch.  sich  erhielt,  die  plane  mit  el  aber  in  so 
wenigen  Eingang  fand,  —  wenn  sie  nicht  in  eben  diesen  ein  Glos- 
sem wäre. 

V.  89  iV.  Dritter  Vortheil  einfacher  Lebensweise  :  man  hat, 
wenn  man  nicht  selbst  edax  ist,  inuner  Vorrath  für  besondere  Fälle, 
und  diess  Avar  der  Grund  Avarum  die  Alten  n.  s.  f.  Der  Dichter 
wählt  aber  die  umgekehrte  (iedankenfolge,  um  den  Abliandlungs- 
ton  zu  vermeiden  und  durch  das  Verdecken  oder  Ueberspringen 
der  Uebergänge  zu  überraschen  und  zum  Nachdenken  anzuregen. 

V.  i).").  Die  Autorität  des  Bland,  antiquiss.  und  anderer  guter 
Hdscli.  (in  Uezug  auf  den  Goth.  2  weichen  die  Angaben  von  Kirch- 
ner und  von  Fr.  Pauly  von  einander  ab)  muss  für  den  Conjunctiv 
(occupel)  geneigt  stinnnen,  ohne  indessen  hier  zwingende  Kraft  zu 
haben,  da  gerade  für  denkende  Absclireiljer  es  näher  lag  mittidst 
der  Setzung  des  Gonjunctivs  den  Relativsatz  inniger  mit  dem 
Hauptsätze  zu  verbinden.  (Vgl.  zu  V.  I0().)  (Jb  diess  aber  hier  am 
Plat/.e  war  lässt  sich  bezweifeln;  denn  dass  eine  liobjtreisung  der 
faiiift  dem  Angeredeten  ferne  liegt  zeigt  der  sehr  massig  gehal- 
tene Ausdruck  aliquid.  \Viihl  aber  ist  es  ganz  ])assend  zu  sagen: 
da  die  öft'entliche  I\reinung  (notorisch)  eine  I\Iacht  ist,  so  wirst 
wohl  auch  du  ilir  einigen  EinHuss  auf  dein  Ilandtdu  einräumen. 
Kirchner,  der  sclmn  1817  /«v///;*// vorzog,  vertheidigte  es  (p.  |4)  durch 
ilie  Worte:  melius  scnlenlia  cuntmuniler  efferlur  quam  huic  ncpoti  per 
ciiniunclirum  Iriliuilur.  LCbrigens  erscheint  es  als  ein  höchst  müss- 
iger Streit  ob  nach  humitniim  ein  Fragezeichen  zu  setzen  sei  oder 


Anmerkungen  zur  zweiten  Salire.  53 

ein  Doppelpunkt.  So  itnlcuji-ltar  das  logisoho  Vorhällinss  das  von 
Vordersatz  und  Naelisatz  ist  (Wenn  du  —  Wertli  legest,  so  muss 
ieli  dir  bemerken  dass  etc.),  ebenso  gewiss  ist  auch  dass  dieses 
A'erliältniss  niclit  ausgeprägt  ist,  viclmelir  für  den  rlietorisclieu 
Zweck  (vgl.  zu  7 ,  109)  beide  Satztlieilo  auseinandergelegt  und 
selbständig  gemacht  sind;  und  dabei  kann  das  Fragezeichen  dazu 
dienen  die  gesteigerte  Lebhaftigkeit  der  Darstellung  anzudeuten, 
das  I)oppel])unkt  aber  auf  das  eigentlich  bestehende  logische  Ver- 
liältniss  aufmerksam  zu  macheu.  Im  Deutschen  grenzen  beiderlei 
Ausdruckweisen  l)esonders  nahe  an  einander;  vgl.:  Willst  du  mir 
folgen,  so  unterlasse  diess,  und:  Willst  du  mir  folgen?  so  unter- 
lasse diess.    Auch  s.  unten  zu  6,  öO. 

V.  99.  Der  handschriftliche  Thalbestand,  wie  er  durch  Kirch- 
ner dargelegt  ist,  gebietet  as  aufzunehmen,  das  auch  sachlich 
allein  das  Passende  ist,  da  der  laqKCus  doch  eine  bestimmte  Summe 
als  Preis  voraussetzt.  Vgl.  Bentley.  Ebenso  spricht  man  hier  zu 
Lande  von  einem  ,, Batzenstrick."  Einen  unglücklichen  Versuch  acs 
VAX  vertheidigen  hat  (nach  Fea)  neuestens  Apitz  p.  100  gemacht.  — 
Leiter  inquit  mit  unbestinnntem  Subjecte  vgl.  Jvirchncr  zu  I,  3, 
126.  S.  126.  vgl.  zu  I,  4,  78.  Doch  ist  nicht  zu  leugnen  dass  im  vor- 
liegenden Falle  der  uninittelltar  nachfolgende  Name  Trausius ,  wel- 
cher nur  bei  einem  ausgebildeten  Interpunctionssystem  —  Avie  es 
die  Alten  nicht  hatten  —  von  inquil  sich  ohne  Schwierigkeit  tren- 
nen lässt,  sowie  die  sonst  durchaus  in  der  Stelle  vorherrschende 
wirkliche  Anrede,  die  Versuchung  inquis  aufzunehmen  gross  macht. 
V.  100.  Der  Gedanke  hat  Aehnlichkeit  mit  Ep.  I,  18,  28  f. 
Die  Ausdehnung  des  CTcbrauchs  von  vecligal  auch  auf  die  (beson- 
ders aus  Besitzungen  an  Grund  und  Boden  gezogenen)  Einkünfte 
von  Privaten  hat  schon  Hcindorf  erwiesen.  Zu  den  von  diesem 
nachgewiesenen  Stellen  fügt  Obbarius  (Jahn's  Jhl)b.  XL.  S.  177) 
mit  Unrecht  Liv.  XXVIII,  30  (vecligal  ex  agro  eorum  cnpimus,  näm- 
lich die  resp.  Saguntitwrum) ,  mit  Kccht  aber  Cic.  ad  Att.  XII,  10,  I : 
eqitidem  iam  nihil  cgeo  veclignlihiis  et  parva  cofUcntus  esse  possuni. 

V.  lOf).  Die  Schreibung  einiger  Ildsch.,  worunter  des  Bland, 
antifjuiss.,  tibi  rectae  ist  in  mehrfacher  Hinsicht  bemerkenswei-th. 
Einmal  wird  dadurch  Bentley's  rwj/ abgewiesen  und  criinl  gesichert, 
von  welchem  Kirchner  (]).  1,'))  mit  Kecht  behaui)tet  dass  es  durch 
den  Sinn  gefordert  werde:  quid  si  res  adversae  incida?it'{  Tu  scilicet 
tiniis  eris  cui  sempcr  (auch  in  aller  Zukunft)  oinnia  prospcre  cedanl! 
Sodann  wird  dadurch  die  Wortfolge  tibi  rede  sicher  gestellt,  welche 
für  die  Färbung  des  Tones  und  Sinnes  so  bezeichnend  ist  wie  3, 
112:  cum  longo  fusle,  Ep.  II,  3,  260:  cum  magno  pondcre  und  I,  20,  8: 
quum  plenus,  sowie  die  entgegengesetzte  in  Sat.  I,  1 ,  28  (wozu  s. 
Kirchner).  Denn  nicht  vollständig  auszureichen  scheint  der  von 
l'entley  zu  I,  10,  40  (unter  Berufung  auch  auf  I,  8,  50.  II,  7,  35)  auf- 
gestellte  Gesichtspunkt:     amal  Noslcr  qtiotidiani  sermonis  inornulam 


54  Zweites  Buch  iler  Satiren. 

simplici/ali'/ii .  Kiullieh  zeigt  dieser  Fall  >vie  wenig  der  Schreiber 
des  Bland,  aiitiquiss.  oder  seiner  Quelle  frei  war  von  dem  Streben 
nach  einer  oberflächlichen,  äusserlicheu  grammatischen  Correctheit 
(vgl.  zu  V.  9j). 

V.  lOO.  Ueber  plurilms  s.  Kirchner  zu  I,  1,92;  über  die 
Coustruetiun  von  asstiC7it  zu  I,  4,  105;  über  die  Doppclbeziehung 
von  supcrhum  (auch  zu  menlem)  zul,  2,  123.  S.  73.  ()b1)arius  zu 
Ep.  I,  J7.  57.  p.  302,  not.**. 

Y.  1  12.  Gegen  die  Einwendung  als  hätte  Ofellns  es  leicht  sich 
von  Genusssucht  fern  zu  halten,  da  es  ihm  an  den  ^Mitteln  dazu  fehle. 

V.  118.  Statt  des  früher  bevorzugten  al  hat  Kirchner  zuletzt 
mit  Kecht  das  ganz  ungleich  besser  beglaubigte  ac  aufgentmnnen, 
das  auch  den  Anforderungen  des  Sinnes  einzig  entspricht;  denn  das 
Folgende  gibt  nur  eine  andere  Seite  derselben  Sache  wie  das  Bis- 
herige. Ofellus  beschreibt  die  Einfachheit  seiner  Lebensweise  nach 
zwei  Seiten  hin:  ,,ich  selbst  ass  an  Werktagen  nichts  als  etc.  und 
(so  denn  auch)  wenn  Besuche  kamen,  wurde  gleichfalls  nur  Selbst- 
erzeugtes aufgetischt."  Zu  einer  thatsächlichen  Einwendung,  wie 
al  sie  enthalten  würde,  ist  kein  Raum  vorhanden. 

y.  119.  imb7-em  hat  AVüstemann,  unter  Zustimmung  von 
Obbarius  (.Tahn's  Jhbb.  XL.  S.  177  f.),  wegen  V.  121  f.  auf  die 
eigentliche  Regenzeit,  den  Winter,  bezogen. 

V.  123.  Zweierlei  ist  hier  fraglich:  Erstens  das  Verhaltniss 
des  htihis  zum  polare.  Heindorf,  Düutzer  (TL  S.  287  *)  u.  A.  tren- 
nen Beides:  es  fand  ein  Spiel  Statt,  wobei  jeder  Fehler  welchen 
Einer  (in  diesem  Sjiiele)  begieng  das  Trinken  dictierte.  lliegegen 
wird  nicht  mit  Kirchner  (S.  29f.)  einzuwenden  sein  dass  ,, Spiele 
nach  Tisch  l)ei  den  Alten  nicht  Sitte  waren,  als  etwa  bei  städti- 
schen Weichlingen  das  Würfelspiel,  wobei  aber  doch  von  einer 
culpa  nicht  dit^  Rede  sein  konnte";  denn  in  müssigen  Stunden  wer- 
den sich  die  Landleute  nicht  viel  anders  unterhalten  haben  als  die 
^füssiggänger  von  Profession,  und  Versehen  Avaron  auch  beim 
Würfelspiel  möglich ,  z.  B.  wenn  Einer  einen  Würfel  zu  Moden 
fallen  liess.  Wohl  aber  scheint  jene  Deutung  sprachlich  mimöglicli. 
Vor  .VUem  kann  jiolarc  »irn/islru  nicht  kurzweg  bedeuten  fiuhiinli  ma- 
f/islra.  Schwenck  (Ztschr.  f.  A.W.  1840.  S.  9I<>)  hat  mit  Recht  be- 
merkt dass  magistcr  pittnre  ni.r  heissen  könnte:  Herr  i^ileister)  im 
Trinken,  d.  h.  grosse  Tüchtigkeit  im  Trinken  besitzend.  „Denn 
nur  wenn  die  durch  das  Substantiv  bezeichnete  Eigenschaft  mit 
der  durch  das  Verbum  angegebenen  Handlung  in  uumittelliarem 
Zusannnenhange  steht  kann  tler  Infinitiv  zu  dein  Substantiv  treten; 
dagegen  gibt  es  kein  Beis])iel  von  einem  lniinitiv(>  der  zu  ein«'m 
Suli.stantiv  gesetzt  worden  wär(>  wimui   die  Handlung  die  das  Zeit- 


*)  V>,'1.  Till.  \'    S.  '2^y\:   ,.j)oliirt'  ist   der  Acciisativ  der  lu'zieliung:    wo 
der  l\ld  <li  r  AikihIikt  (tnnijislcv)  w.-ir  in  Hozup  auf  das  Trinken." 


.Viiincrkimyon  zur  zweiten  Satire.  55 

wort  enthalt  nicht  von  dorn  durch  das  Sulistantiv  bezeichneten 
Wesen  ausi;eiilil  wird."  Sodann  kämen  bei  jener  Anflassung  die 
BegritVc  culpa  und  polare  wie  hereingeschneit  daher.  Ist  denn  calpa 
ein  wesentliches  Erforderniss  jedes  huhis?  Und  ist  kein  ludus  mög- 
lich ohne  polare^  Richtig  ist  daher  nur  die  von  Kirchner  (1817.  S. 
29  f.),  Mitscherlich  (Rac.  I.  1827.  p.  4f.),  Orelli  u.  A.  gewählte 
Identification  von  ludus  und  polare^  so  dass  eines  das  Prädicat  des 
andern  (als  des  Subjcctes)  ist;  vgl.  Auch  Plant.  Stich.  733 f. :  S.Alium 
hl  dum  uufic  vulo.  Sl.  Bibr  si  hibis.  S.  Nun  mora  cril  apul  mc.  sei  pol 
cnuviii  sat  est.  Die  zweite  Frage  ist:  in  welchem  Sinne  die  culjtn 
a\a  magistra  (bil)Cndi,  convirii)  zu  denken  sei?  In  dieser  Beziehung 
stellen  sich  die  Inteipreten  insgemein  an  als  hätten  sie  ilir  I>eben 
lang  von  einem  Connnerse  noch  nie  gehört,  geschweige  denn  einem 
angewohnt.  AVie  Orelli  so  meinen  auch  Wüstemann  und  Apitz  *), 
pädagogische  Reminiscenzen  unzeitig  hier  einmengend,  der  sich 
Verfehlende  sei  mit  (Jarition,  mit  Entziehung  von  Wein,  bestraft 
worden,  wogegen  Düntzer  (II.  S.  287),  unter  Zustimmung  von  Ob- 
barius  (bei  Jahn  XL,  S.  178),  mit  Recht  einwendet,  der  tuagisicr 
convivii  halte  das  Trinken  nicht  verboten,  sondern  geboten.  Wenn 
man  hiegegcn  Plaut.  Stich.  72311'.  geltend  macht,  wo  der  Sklave 
Sagarinus  sagt:  tdcr  dcmulassil  poculo  /iiullahilur,  und  diess  alsl)ald 
erläutert:  ergo  ohserva :  si  peccassis ,  mullam  hie  retincbo  ilico  (d.  h. 
werde  selbst  den  Becher  austrinken),  so  übersieht  man  dass  dort 
eine  Sklavenkneiperei  ist,  wobei  nur  ein  bestimmtes  Quantum 
Wein  vorliegt ,  von  welchem  Jeder  sich  möglichst  viel  zu  Gemüte 
zu  führen  bemüht  ist;  bei  einem  Gastgelage  aber  wäre  s<dche  Pro- 
cedur  eine  ärmliche,  llungerleiderei  (vgl.  Nagel  Act.  Soc.  Traiect, 

IV.  p.263  und  Weber  S.  293).     So  hat  Mitscherlich  auch  Cic.  Verr. 

V,  11,  28  schwer  missverstanden,  indem  er  (1.  1.  p.  5)  meint,  dass 
es  am  Schlüsse  der  verrinischen  Gelage  aussah  wie  auf  einem 
Schlachtfeldc  hänge  mit  Verres'  Gehorsam  gegen  die  leges  quac  in 
poculis  j/oncbanlur  nidit  etwa  so  zusammen  dass  derselbe  jedes 
Quantum  und  jedes  .Alischungsverhälfniss  das  ihm  der  Präses  dic- 
tierte  gewissenhaft  nachtrank  und  durch  scherzliafte  Verletzungen 
des  (,'omments,  nuit willige  Subordinatiousfelder  u.  dgl.  solche  Stra- 
fen selbst  provocierte,  sondern:  Verrcm  (und  alle  andern  Theil- 
nelnner!  denn  nicht  der  Prätnr  allein  lag  unter  dem  Tische)  sedulo 
cavissc  ne  culpa  commissa  poculo  (seines  eigenen  Weines!)  fraudure- 
lur.  Unsere  Stelle  aber  erklärt  JMitscherlich  geAviss  richtig:  com- 
pohilio  ilu  inslilula  erat  iil  culpa  bibeiidi  magislra  esset  ^  cidpa  adco  com- 
missa poculo  ehibcndo  redimrnda  esset  (p.  4.),  und;  per  lusum  Ha  pota- 
bamus  ul  peccala  poculis   CA/iaiiriendis   lueiida    cssrni    (p.  ,')).     l^lienso 


*)  p.  '■^'^•.  iiuif/islia  piiliiin  ciil/inii/e,  .sivc  potn  inlcnliclo .  was  ein  Oxy- 
moron sein  soll;  und  p.  lüU:  n/ji  iii<i(jistia  erat  polalio(-nis'f)  culpa,  quod 
parsimoniitc  Ofdli  itiiicc  coiigruil. 


56  Zweites  Buch  der  Satiren. 

Kirchner  schon  J817  (S.  30)  :  ,,Üer  hidii.s  bestellt  im  Trinken  selbst, 
wobei  die  Versehen  —  entweder  im  Keden  oder  gegen  die  Trink- 
eesetze  —  mit  einem  Becher   bestraft  wurden."    Und   Behwenck 

o 

(Ztschr.  f.  A.  W.  ]840.  S.  916):  „Ilienach  Avar  unser  Spiel,  zu  trin- 
ken, indem  die  Fehler  dabei  statt  eines  Vorsitzers  dienten,  d.h. 
wer  einen  Fehler  beim  Trinken  (V)  maclite  musste  zur  Strafe  eine 
Quantität  mehr  trinken."  Die  Einwendung  dass  diess  gegen  Ofel- 
lus'  „ländliche  Einfachheit"  (Düntzer  V.  S.  254;  parsimonia ,  Ai^itz) 
Verstössen  würde  ist  nicht  von  Belaug;  denn  dass  nicht  jenes  der 
Grundcharakter  von  Ofellus'  Bewirtungen  war,  sondern  heitere 
Geselligkeit,  zeigt  besonders  V.  ]'25.*)  Bei  alle  dem  ist  zuzugeben 
dass  das  ciiIjhi  unseres  Dichters  nicht  eben  ein  sehr  bezeichnender 
und  glücklicher  Ausdruck  ist,  welchen  Horaz  freilich  schwer  ge- 
nug abgebüsst  hat  durch  Auslegungen  wie  die  echt  holländische 
von  Nagel  ist :  hidus  erat  Ha  polare  ut  culjya  (//.  c.  transgressio  leginn 
convivii)  camquc  secuta  calicis  cbibcndi  necessilas  viagistra  esset,  ui  in 
posterum  attciüiores  essenl,  ne  plus  iuslo  bibere  cogerenliir  adeoque  in 
ehrietaiem  incidcrcnl  aliisque ,  ut  ebrii  solent,  risum  pracbcrent. 

V.  124.  Die  richtige  Erklärung  des  ita,  wie  sie  jetzt  sich  in 
allen  Ausgaben  findet,  gab  (ausser  Heyne  zu  Virg.  Ge.  1 ,  321 ) 
Ivirchner  schon  1817,  p.  17:  Ha  est  formula  prrcantis,  ut  in  trilissinw 
illu:  Ha  me  Di  amcnl!  haud  minus  quam  sie  (Od.  I,  3.  in.).  Trotzdem 
verband  es  Mitscherlich  1.  1.  p.  5  Avieder  mit  alto  und  fasste  es  ,«'<"/- 
Ttjcw?,  Ha  ut  Ofellum  manibus  ipsam  culmorum  alfitudinem,  quantam  cu- 
perei, designantem  cogitaremus  (ähnlich  J.  A.  Schäfer,  nur  dass 
er  es  auf  die  Gebärde  des  Emporhebens  der  Becher  bezog;  s.  bei 
Orelli).  Kichtig  dann  auch  F.  Hand  Tursell.  III.  (1836.)  p.  494: 
Votum  convivarum  Ccrcrcm  adoranlium  erat:  Ha  surgat  alto  cuhno.  Dass 
das  ^lissvcrstehen  der  Stelle  schon  alt  ist  lehren  die  Varianten  ,  in 
welchen  ein  ut  {itti)  bald  (an  verschiedenen  Urten)  eingeflickt  i.st, 
bald  sich  an  die  Stelle  des  Ha  gedrängt  hat. 

V.  129.  Apitz  p.  109  f-  vertheidigt  (wie  auch  Morgenstern, 
Spec.  II.  p.  X)  wieder  die  Schreibung  einer  wenig  beachtenswer- 
then  Minorität  von  Hdschr.,  propric,  weil  propriac  ein  rieonasmus 
sei :  est  herus  tcllnris  cui  lellus  est  propria  seu  in  pcrpcluum  olilincnda : 
denn  herus  (im  Gegensatz  zu  incola,  wie  dominus  zu  ciilonus)  bedeute 
für  sich  schon  den  Eigenthümer.  Das  Adverbium  müsste  jetlen- 
l'alls  so  wie  Fea  thut  aufgefasst  werden,  als  Verstärkung  des  B(^- 
griftes  herus :  eigens  zum  Herrn,  wie  proprie  tuus  liei  C'ic.  ad  Fam. 
IX,  15  u.  dgl.  Aber  eine  ganz  ähnliche  Bedeutung  hat  auch  prn- 
priae:  Herr  der  tellus ,  so  dass  diese  ihm  propria  (sein  dauerndes. 


*)  Sclnvcuck  a.  n.  O. :  ,,(icr)nlc  (Hess  dnss  nur  das  Trinken  seihst  nach 
dem  Ksson  zum  Spiele  peniaelil  wird,  ohne  nach  andern  Zerstreunnpcn 
und  S|iie!eu  zu  suclien ,  passt  zu  der  geschilderten  rnliiuen  Kinfaehheit 
des  Lehens." 


Aniiieikiingeii  zur  zwi'iteii  Satire.  57 

unverlierbares  Eigentlium,  vgl.  zu  6,  ö)  wäre.  Und  da  gerade  das 
Letztere  der  Gedanke  ist  welcher  V.  130  ü'.  ausgeführt  wird,  auch 
die  Entstehung  von  proprio  aus  projtriae  sich  sehr  leicht  auf  die 
von  Kirchner  im  krit.  Commentar  (p.  IH4)  angedeutete  V.'eise  er- 
klärt, so  ist  sicher />ro/;/7rt<'  das  Richtige.  In  Bezug  auf  das  Ganze 
vergleicht  Fea  die  zu  6,5  angeführten  Worte  des  Lncilius,  Ajiitz 
aber  Ep.  II,  2,  I7ö  f.  Cic.  de  harusp.  resp.  14  und  8en.  Cons.  ad 
Marc.  10. 

V.  131.  vafri,  s.  Kirchner  zu  I,  3,  130.  S.  129.  Vgl.  Afranius 
(V.  48,  p.  147  Ribb.)  7-its  ire,  dotcin  nc  rcpromitlns,  vafer. 

V.  133.  Nuper  ist  ein  sehr  relativer  Begriff,  je  nachdem  dem 
Redenden  die  inzwischen  verflossene  Zeit  lang  oder  kurz  vorkommt. 
»Steht  iinn  das  betreffende  Ereigniss  noch  lohendig  vor  der  Seele, 
so  kann  nuper  auch  von  einem  ziemlich  langen  Zeitraum  gebrauclit 
werden,  wie  voxi  fünf  Jahren  Epod.  P,  7  und  von  dreizehn  Jahren 
bei  Gic.  Brut.  90,  309. 

V.  134.  Die  Variante  erat  verdankt  ihre  Entstehung  wohl 
der  Nachbarschaft  der  Worte  7Uiper  Ofelli  dictus.  Von  den  beiden 
durch  Bentley  aufgestellten  Gonstructionen  desselben  (nuper  Ofelli 
(liclus  erat:  nulli proprius;  und:  n.  Ofelli,  dielus  erat  nulli pjroprius)  ist 
keine  sachgemäss  und  richtig.  Bei  der  ersten  fehlt  es  an  einer 
vernünftigen  und  dem  Zusammenhang  entsprechenden  Aussage 
über  den  ager,  und  bei  der  zweiten  kommt  zu  Allem  hinzu  dass 
dictus  hier,  wo  von  ^Menschen  die  Rede  ist ,  in  dem  Sinne  von  dica- 
fus  stehen  soll.  Dagegen  hat  das  sinnvolle  eril  unter  anderen  den 
Goth.  2  für  sich. 


Dritte   Satire. 


Einleitung. 

Die  vorliegende  Satirc  ist  nächst  dem  Briefe  an  die  Pisonen 
die  ausführlichste  Arbeit  unseres  Dichters.  Zum  CJegenstand 
und  Inhalte  hat  sie  einen  Satz  der  stoischen  Ethik  und  l'sycho- 
logie ,  die  Behauptung  ori  nag  a(pQcov  fiaivsrai  (Stob.  Ecl.  II,  12  b 
Diog.  La.  VII,  1,  124.  vgl.  Gic.  Tusc.  III,  5,  10.  Parad.  IV. j.  Die- 
ser Satz  war  ein  Ausfluss  der  stoischen  Gonsequenzmacherei,  Avel- 
che  vor  dem  schroffsten  Widerstreit  mit  der  Wirklichkeit  nicht  nur 
nicht  zurückscheute,  sondern  sogar  mit  Vorliebe  ihre  Aufstellungen 
zu  Paradoxien   zuspitzte.    AVeil    nach   stoischer  Lehre  die  Tugend 


5S  Zweites  nucli  der  Sylircn. 

die  richtig;?,  mit  Natur  und  Vernunft  übercinstiiumende  Bescliaffen- 
lioit  des  Willens  ist,  somit  ein  Hahitus,  eine  Cfestaltung  und  Rich- 
tung des  innorn  Wesens  welche,  wenn  sie  einmal  existiert,  weder 
einer  Steigerung  noch  einer  Einbussc  fähig  ist,  so  ist  für  die  .Stoi- 
ker derjenige  welcher  die  Tugend  und  die  mit  ihr  identische  Weis- 
heit besitzt  ein  Ideal  menschlicher  Vollkommenheit  und  bewährt 
sich  als  solches  in  allen  Verhältnissen  in  welche  er  etwa  hiuein- 
tritt.  In  dcmscll)en  blasse  aber  wird  derjenige  welcher  jene  Be- 
schafl'enheit  des  AVillens  nicht  besitzt  von  den  Stoikern  mit  den 
schwärzesten  Farben  gemalt.  Ihre  abstracte  Ethik  kennt  nur  ali- 
solut  Gute  und  absolut  Schlechte;  nach  diesen  beiden  Arten  zer- 
fällt für  sie  die  Menschheit  in  zwei  sehr  ungleiche  Hälften,  zwi- 
schen welchen  kein  Uebergang,  kein  Mittelglied  besteht;  und  wie 
sie  auf  ihren  Weisen  alle  möglichen  Voi-züge  zu  hänfen  lieben ,  so 
können  sie  auch  die  Kehrseite  dieses  Begriffes,  den  Unweisen,  nicht 
abschreckend  genug  darstellen.  Nach  ihnen  ist  „der  Unweise 
schlechthin  thöricht,  unglückselig  und  verkehrt,  oder,  wie  ihrKraft- 
ausdriick  lautet,  jeder  Unweise  ist  ein  Verrückter;  denn  verrückt 
ist  Aver  über  sich  selbst  und  das  was  ihn  zunächst  angeht  kein  Be- 
wusstsein  hat."  (Zeller,  Griech.  Philosojdiie  III,  S.  144.)  Dieser 
Satz,  so  consequent  er  innerhalb  des  stoischen  Systems  ist,  schlägt 
doch  zugleich  den  natürlichen  Verstand  so  grell  ins  Gesicht  dass 
er  eben  damit  eine  Verurteilung  jenes  Systems  selbst  ist,  und  aus 
einem  Gefühle  dieses  Sachverhalts  ist  es  wohl  zu  erklären  dass 
Cicero  in  den  beiden  Stellen  wo  er  auf  dieses  Thema  zu  reden 
kommt  das  eine  Mal  (Tusc.  HI,  4,  H  f.)  mit  der  Begründung  durch 
eine  Art  von  Wortwitz  sich  abhndet,  indem  er  die  etvmologische 
Bedeutung  von  insimia  ausbeutet  und  l)eliebig  dafür  insanilas  unter- 
schiebt, das  andere  ]\Ial  (Parad.  1.  1.)  anstatt  einer  Erläuterung 
vielmehr  eine  leere  Tirade  gegen  Clodius  gibt.  Auch  Iloraz  hat 
sicherlich  hier  einen  wunden  Fleck  des  stoischen  Systems  erkannt 
und  eben  darum  gerade  diesen  Satz  sich  zur  Behandlung  auserko- 
ren, zumal  da  derselbe  ausserdem  Gelegenheit  bot  eine  Fülle  von 
Erfahrungen  und  Eebensbildern.  wenn  auch  in  dem  verz(Mrenden 
Spiegel  <ler  stnisthen  Auffassung,  vor  Augen  zu  i'üliren.  Durch 
diesen  Satz  und  seine  Ausliihrung  den  Stoicismus  sich  sellist 
charakterisieren  zu  lassen  betrachten  wir  als  den  unmittelbarsten 
Zweck  unseres  Gedichtes,  seinen  (»rundcharakter  denniach  als 
einen  lit<'rarischen ,  womit  aber  vollkommen  verträglich  ist  die 
Rücksicht  mittelst  dieses  literarischen  StotVes  zugleich  eine  ethi- 
sche Wirkung  zu  erzielen:  es  liegt  nicht  ausser  dir  Art  drr  saluni 
dass  sie  zur  Satire  wird. 

Zur  Charakteristik  des  Stoicismus  iliente  auch  die  Persönlich- 
keit seiner  \'ertreler  un<l  rrediger  in  der  damaligen  Zeit,  die  so- 
genannten Aretalogen,  wie  Crispinus  (s.  Kirchner  zu  I ,  I  ,  120. 
S.  24)  «'iner  war.     Dnch    würden  wir  es   für  eine   zu  enge  Betrach- 


Eiiileilunj;  y.uy  drillen  Satire.  59 

tungswolso  nnspros  Godielitcs  halten  Avcnn  man  den  Zweck  des- 
selben in  der  Darstellung  einer  .solchen  Figur  aufgellen  lassen  Avollte. 
AVozu  >\"ärc  CS  in  diesem  Falle  da.ss  lloraz  siuh  aussihliesslieh  die- 
sen einen  stoischen  Satz  auswählte?  Noch  viel  weniger  aher  kön- 
nen wir  die  Wendung  billigen  welche  Fr.  Jacob  (im  Lübecker  Pro- 
gramm von  18+1,  S.  16  f.)  jener  Auffassung  gegeben  hat.  Er  legt 
nämlich  ein  Hauptgewicht  auf  die  „burleske  Achnlichkeit  zwischen 
einem  Aretalogeu  und  einem  Satiriker,  und  dass  Damasippus  wie 
Horaz ,  Horaz  wenigstens  nach  Aussage  seiner  Feinde,  durch  das- 
selbe />/;?-«//<'/•  jeuer  zur  Aretalogie,  dieser  zur  Satirc  gekounuen 
sind:  jener  durch  einen  Bankerot  an  der  Börse,  dieser  durch  einen 
Bankerot  seiner  Partei  auf  dem  Schlachtfelde."  „Diese  Aelinlich- 
keit  lag  so  nahe  .  .  .  dass  es  nicht  Wunder  nehmen  kann  wenn  einer 
der  Gegner  sie  aufgegriffen  und  bitter  genug  demselben ,  auch  in 
seinem  Verhältnisse  zu  Mäcen,  vorgehalten  hatte.  Jetzt  nun  konnte 
Hnraz  nichts  Gescheideres  thun  als  sich  selbst  neben  den  Aretalo- 
geu stellen  und  Freund  und  Feind  einzuladen  selbst  den  Unter- 
schied zwischen  beiden  zu  finden.  Diess  thut  er  indem  er  den  markt- 
schreierischen Declamator  Wahres  und  Falsches  ,  Ernst  und  Thor- 
hcit,  in  der  lustigsten  Vermengung  mit  gleichem  Pathos  morali- 
scher Entrüstung,  ohne  innere  AVahrlieit  daherreden  lässt."  Wei- 
terhin fS.  17)  bringt  Jacob  damit  sogar  Sat.  I,  3,  63  f.  in  Zusam- 
menhang: wie  Horaz  den  Mäcenas  manchmal  (unwissentlich)  stört 
und  ihm  lästig  Avird,  so  hier  Damasippus  dem  Horaz,  —  wol>ei  aber 
der  wesentliche  Unterschied  besteht  dass  jener  es  arglos  thut,  bei 
diesem  aber  es  Ausfluss  seiner  Selbstüberhebung  und  seines  Bekeh- 
rungseifers und  System,  wo  nicht  Profession  ist,  dass  dort  es  als 
Naivität  entschuldigt  wird,  hier  die  Eigenschaft  der  Zudringlichkeit 
ungemindert  bestehen  bleibt.  Die  ganze  Auffassungsweise  aber  er- 
weist sich  durch  Vergleichung  von  Sat.  I,  3  nnd  TI,  7  als  unrich- 
tig, sofern  es  auch  dort  die  Sätze  sind  um  welche  es  zu  thun  ist, 
nicht  die  wechselnden  Personen  derer  durch  welche  sie  vorgetra- 
gen werden.  Auch  ist  das  was  Eigenthümlichkeit  der  Aretalogen 
sein  soll  in  Wahrheit  vielmehr  Planier  der  Stoiker  selltst,  nur  zum 
Tbeil  etwas  karikiert,  und  endlich  ist  zu  sagen  dass  wer  so  be- 
schränkt war  um  die  Handhabung  der  nationalrömischen  Satura 
mit  dem  Treiben  der  Aretalogen  zu  verwechseln,  der  einer  Ant- 
wort nicht  würdig  Avar,  wie  denn  auch  unsere  Satirc  nirgends  eine 
Antwort  darauf  enthält. 

Die  E  in  kleidu  ng  hat  manche  Aehulichkeit  mit  der  von  H,  7. 
Diessnial  ist  die  Fiction  dass  der  bankbrii(  liige  Kunstenthusiast  und 
Kunsthändler,  nunmehrige  stoische  Tugendiirediger  fuuius  Dama- 
sippus den  Horaz  auf  seinem  Uandgute  ,  wohin  sich  der  Dichter 
von  den  Saturnalien  aus  der  TIaujitstadt  zurückgezogen,  um  seinen 
Studien  und  der  Poesie  zu  leben,  überfalle  und  mit  Vorwürfen  über 
seine  Unthäti"rkeit  überhäufe.     Nach   der   Berechtigung   zu   einem 


60  Zweites  Biicli  fler  Satiren. 

solclien  Auftreten  befragt  gibt  Damasippus  die  Aiiskniift  dass  er, 
mit  seinen  früheren  Bestrebungen  gescheitert,  nunmehr  ein  Send- 
bote der  inneren  Mission  geworden  sei,  und  Aveiss  seine  Bekehrungs- 
geschichtc  mit  einem  Sermon  über  das  Thema  dass  alle  Nichtwei- 
sen verrückt  seien  kunstreich  zu  verflechten.  Die  Kühnheit  des 
Dichters,  im  Bewusstsein  seiner  geistigen  Gesundheit  zu  einer  An- 
wendung des  Satzes  auf  seine  Person  herauszufordern,  hat  zur 
Folge  dass  der  Fanatiker  ihm  ein  langes  Sündenregister  vorhält,  des- 
sen Horaz  Mühe  hat  sich  zu  erwehren  und  das  er  endlich  mir  durch 
einen  kräftigen  Trumpf  sich  vom  Leibe  bringt,  indem  er  als  die 
grössten  Narren  die  Stoiker  seilest  bezeichnet.  Dass  so  zuletzt  ,,auch 
der  Dichter  selbst  von  Damasippus  seine  Narrenkappe  mit  mehr  als 
Einer  Schelle  aufgesetzt  bekommt"  (Ochmann  p.  5  not.)  ist  eine 
Bethätigung  des  Humors  von  Horaz,  die  zugleich  fein  berechnet  ist, 
indem  diese  Selbstpreisgebung  des  Dichters  den  ernstlich  gemein- 
ten Vorwürfen  seiner  Feinde  den  Stachel  benehmen  musste  und 
diejenigen  welche  etwa  in  der  vorangegangenen  Kapuzinade  etwas 
abbekommen  hatten  zu  versöhnen  geeignet  war.  Ochmann  ver- 
gleicht in  dieser  Hinsicht  (1.  1.)  Seb.  Brant's  Verfahren,  welcher 
zu  Ende  seines  Narrenschifi's  in  der  ,, Entschuldigung  des  Dichters" 
V.  74  f.  sage  : 

AVie  vast  ich  an  der   Kajipen  scliiitt 

Will  sie  mich  doch  pfaiiz  lassen  nytt, 

nachdem  er  bereits  zu  Anfange  (Ein  Vorred  in  das  Narrenschift'  V. 
137)  gesagt: 

Den  Vordantz  hat  man  mir  gelan, 

und  den  ersten  Abschnitt  mit  den  Versen  eröffnet: 

Das  ich  svtz  vornan  in  dem  SchvfF, 
Das  hat  warlich  ein  sundrcn  (rrvtl". 

Nicht  minder  fein  an<rele<it  ist  es  von  unserm  Dichter  dass  er  die 
Haupterörterung,  über  den  erwähnten  stoischen  Satz,  nicht  auf  Da- 
inasippus  selbst  zurückführt,  sondern  auf  eine  respectablere  Quel- 
le, den  Stoiker  Stertinius.  Für  Damasippus  wäre  sie  zu  ernsthaft 
und  zu  doctrinär  gehalten,  Hesse  auch  noch  die  Möglichkeit  offen 
dass  die  betreffende  Lehre  nur  etwa  den  Auswüchsen  der  Schule 
eigenthümlicli  sei,  diese  selbst  aber  nicht  dafür  verantwortlich  ge- 
macht werden  könne.  So  aber  haben  wir  in  demjenigen  was  den 
Kern  unserer  Satire  ausmacht  ein  wirklicli  treues  Abbild  stoisclier 
Argumentation  und  Mani(M'.  Dahin  gehört  namentlich  auch  das 
Dramatische,  mimisch  liebendige  und  Desultiu-ische  des  Vortrags, 
welches  den  Hörer  fortwährend  in  .Atliem  erhält  uml  iiim  iiiniHM- 
neue  Ueberraschungen  bereitet.  Wenn  Horaz  überhaupt  auch  sonst 
,,die  poetischen  Asyndeta''  (Döderlein,  Briefe»  d.  H.  S.  (iti)  liebt,  so 
ist  diess  im  gegenwärtigen  i'alb"  noch  gesteigert.  .Teden  Augen- 
blick wecliselt  die  Scene,  und  ojme  Vorbereitung,  ohne  Uebergang 
sieht   niJUi  sicli  ]dützlicli  in  ciniMi  ganz  anderen  ( Irdankonkreis  ver- 


KinleiUing:  zur  diillPii  Satire.  Gl 

setzt.  So  sind  namentlich  die  verseliiodonen  Arten  von  Tlioren, 
an  welchen  die  Eigenscliaft  der  Verrücktheit  nachgewiesen  wird, 
ohne  alle  Verniittlung  und  Ankündigung  an  einander  gereiht  (s. 
z.  B.  V.  14-2.  1^7.  239.  243.  247.  2«l).  Ks  werden  näiidich  nach  Fest- 
stellung der  Detinition  nnd  Krörterung  des  speciellen  Falles  wel- 
cher den  Ausgangspunkt  hildet  (V.  41 — 76)  unterschieden  die  avori 
(V.  82 — 157),  ambiliosi  (V.  158—223),  luxuriosi  (V.  224 — 246),  Ver- 
liehten  (V.  247 — 280),  Abergläubischen  (V.  281 — 295),  als  Hauptar- 
ten der  Leidenschaft  und  Thorheit,  und  in  Bezug  auf  jede  der  Be- 
weis versucht  dass  sie  complete  Narrheit  sei.  Dieser  doctrinelle 
Theil  folgt  einer  festen,  V.  77 — 80  voraus  angekündigten  Disposi- 
tion, so  sehr  auch  die  Ausführung  selbst  den  Schein  freien  Ergus- 
ses annimmt;  der  Kest  aber  hat  einen  mehr  lockeren,  durch  die 
Einkleidung  bestimmten  Gang.  Der  Anfang  macht  uns  mit  der  Si- 
tuation und  den  persönlichen  Verhältnissen  der  Interlocutoren  be- 
kannt (V.  1 — 31).  Die  vornehm  kühle  Zurückhaltung  welche  Ho- 
raz  gegen  Damasippns  beweist  reizt  diesen  dem  Dichter  die  Be- 
h;iui)tung  an  den  Kojif  zu  schleudern:  du  brauchst  dich  nicht  so  in 
die  Brust  zu  werfen;  du  bist  ein  Xarr,  wie  alle  andern  Unweiseit 
auch.  Hiefür  beruft  sich  Damasijip  auf  die  Autorität  des  Stertinius, 
der  in  einem  kritischen  Augenblicke  ihm  das  sonnenklar  bewiesen 
und  ihn  dadurch  nicht  nur  vttn  einem  übereilten  Schritte  zurückge- 
halten, sondern  auch  für  sein  ganzes  weiteres  Leben  gegen  alle 
Angriffe  der  3Ienschen  stichfest  gemacht  habe  (V.  31 — 299).  Der 
Schluss  (V.  300 — 326)  wendet  die  allgemeine  Erörterung  ins  Per- 
sönliche. Bei  der  Auseinandersetzung  des  Stertinius,  Avelche  auch 
durch  ihren  Umfang  sich  als  der  Haupttheil  unseres  Gedichtes  er- 
weist (V.  38 — 295) ,  war  die  drohendste  Gefahr  die  der  Einförmig- 
keit, indem  als  letztes  Ziel  aller  Wege  und  Betrachtungen  immer 
die  gleiche  Verrücktheit  unwandell)ar  feststand.  Horaz  hat  diese 
Gefahr  zu  beseitigen  gewusst,  nicht  nur  durch  treue,  ja  übertrei- 
bende Nachbildung  der  stoischen  Lebendigkeit,  sondern  auch  da- 
durch dass  er  für  dieselbe  Sache  die  Ausdrücke  aufs  Mann  ichfal- 
tigste zu  wechseln  Musste.  In  unserer  Satire  betinden  sich  als  Be- 
zeichnungen der  Narrheit,  ausser  dem  technischen  iusanus,  insa/iire 
und  üisania  (V.  32.  40.  44.  48.  52.  63  f.  67.  74.  81.  102.  120.  130.  134. 
159.  184.  197.  201.  221.  225.  271.  298.  302.  306.  326)  folgende:  furt're 
(V.  41  j,  furiuSHS  (207.  222.  304),  dcsipere  (47.  21 1),  excors  (67),  (h'Iinis 
(107.  293)  et  umens  (107),  amenlia  versalus  (249),  demens  (l33.  135), 
cerrilus  (278),  rommotiis  (209),  commotae  mentis  {'27H).,  mcnlem  concus- 
sus  (295),  male  tulae  menlis  (l37),  pulidi  cerebri  (75);  ferner  in  Frage- 
form qiii  sanits  (241.  275-  vgl.  284  f.  322),  inleger  menlis  (65),  integer 
«/»■//»'(220),  incohimi  capile  (]^'2) ,  recliini  animi  servare  (201),  animo 
sliire  (213),  j^enes  se  esse  (273);  endlich  noch  die  Wendungen  ^'.  82. 
217  f.  223.  246.  287. 

Die  Fragenach  ihrer  Ab  fa  ssun  j^s  ze  i  t  beantwortet  die  vor- 


02  Zwfilcs  Riuli  der  Satiren. 

liegemlc  Satire  selbst,  sofern  in  V.  l^iO  von  der  Aedilität  Agrippas 
als  unmittelbarer  Gegenwart  die  Rede  ist.  Diese  fällt  nun  aber  ins 
J.  721  d.  St.  (üio  Oass.  XLIX,  43.  Frontin.  de  aquaed.  9.  l'lin.  H. 
N.  XXXVI,  lö,  '24):  im  Laufes  dieses  Jahres  muss  also  die  Satire 
verfasst  sein.  Und  zwar  genauer  gegen  das  Ende  des  Jahres;  denn 
V.  4  ft".  wird  die  Scene  in  die  Saturnalien  gesetzt,  welche  bekanntlich 
nach  der  Mitte  Decembers  gefeiert  wurden.  Daraus  ist  nun  zwar 
schlechterdings  nicht  zu  schliessen  dass  das  Gedicht  in  der  j\Iitte 
des  Decembers  erst  begonnen  worden  sei:  Hoi-az  konnte  den 
Grundstock  und  Plan  desselben  schon  von  liom  fertig  mitbringen 
und  nur  zur  formellen  Vollendung  und  Ausfeilung  desselben  die 
ländliche  Stille  aufgesucht  haben.  Diess  ist  um  so  wahrscheinlicher 
da  llnraz  nach  V.  308  damals  auf  seinem  Gute  baute:  denn  Bauen 
und  Dicliten  vertrauen  sich  bekanntlicli  nicht  sehr  ":ut.  Es  wäre 
sogar  nothwendig  anzunehmen,  wofern  V.  18ö  verbieten  würde  über 
7"21,  als  das  Aedilitätsjahr  Agrippa's,  hinauszurücken,  was  jedodi 
nicht  der  Fall' ist.  Denn  der  Dank  des  Volkes  für  die  Leistungen 
des  Aedilis  Agrippa,  wie  er  sich  in  den  plaitsus  bei  jedem  öffentli- 
chen Auftreten  des  Letzteren  kundgil)t,  konnte  ganz  wohl  noch  ins 
J.  722  hinüberreichen,  also  auch  in  diesem  Jahre  noch  sciliicl  ul  phnt- 
siis  ijiios  fcrl  Jf/rippa  feras  fii  gesagt  werden.  Nur  bis  zum  J.  723 
darf  man  jedenfalls  nicht  liinalisteigen:  denn  im  Frühling  dieses 
.lahres  zog  Agrippa  von  Rom  aus  und  in  den  Krieg,  wo  er  sich  Lor- 
beeren ärntete  über  AV(dchen  seine  Tliätigkeit  als  Aedil  (und  von 
dieser  ist  V.  180  ausscliliesslich  die  Rede)  in  den  Hintorgrund  trat 
(Rhein.  Mus.  N.  F.  IV.  S.  213).  Andererseits  aber  wäre  es  er- 
wünscht die  Vollendung  und  Herausgabe  der  Satire  möglichst  kurz 
nach  der  Saturnalienfeier  ansetzen  zu  dürfen,  weil  in  diesem  Falle 
die  örtliclie  und  zeitliche  Färbung  der  Einkleidung  noch  von  be- 
sonderer Frische  gewesen  sein  würde;  und  da  lediglich  nichts  nö- 
tliigt  über  das  Jahr  721  selbst  hinauszugelien ,  vielmehr  die  Ans})ie- 
lung  auf  Agrippa's  Aedilität  l)ei  Annahme  dieses  Jahres  erst  recht 
motiviert  erscheint,  so  dürfen  wir  wolil  sagen  dass  das  («edicht  ge- 
gen das  Ende  des  Jahres  721  verfasst  und  im  December  desselben 
Jahres,  auf  dem  Landgute  des  Dichters,  zu  Ende  gebracht  und  von 
da  Behufs  der  Herausgabe  nach  Rom  gesandt  Morden  sei.  Was 
Kirchner  L  S.  13  gegen  das  J.  721  einwendet,  den  Umfang  un- 
serer Satire,  ist  schon  durch  das  Bisherige  beseitigt,  so  wenig  im 
Ucbrigen  gegen  die  Verschieltung  bis  in  den  Anfang  iles  J.  722  Wi- 
drrsprucli  zu  erheben  wäre.  Aber  es  scheint  als  hatte  Kirchner  aus- 
ser Augen  gelassen  dass  die  Verlegung  in  die  Saturnalienfeier  doch 
nur  poetische  Fiction  ist,  die  man  niclit  so  beim  Worte  nehmen  daif 
dass  niSin  desshalb  den  Anfang  der  Satire  in  die  zweite  Hälfte  «les 
Decend)er  setzen  nu'isste.  AVir  können  es  daher  nicht  eben  „wun- 
dcrücli"  finib'U  wenn  fast  alle  (udehrte  welclie  die  ( 'Iironologie  chM' 
llorazischon  (Jcdiihlc  bchamb-lt  hab»>n  unser  (Jcdicht  — d.  h.  seine 


Einleitung  zur  ilrillen  Salirc.  63 

Vollendung  —  in  tlcn  Decomber  7'2I  setzen,  wie  blassen  vit.  Hör. 
p.  133 — 13.'),  ileindorf,  G,  F.  Grotofond  (z.  B.  im  Rhein.  ^Fns.  N.  F. 
Iir.  8.  471),  G.  Franke  Fasti  hör.  p.  1 14  -  Uli,  Düntzer  Thl.  V.  S.  255, 
Znnipt  vor  Wüsteniaun ,  8.  41  (vgl.  Rhein.  Mus.  X.  F.  IV.  8.  "241), 
Walckenaer  hist.  de  la  vie  et  des  poes.  d'IIor.  I.  p.  330.  W.  E.  Weber, 
Horaz  als  Mensch  etc.  S.  162.  Anin.  132  f.  vgl.  8.  197,  wenn  gleich 
zuzugeben  ist  dass  Manche  derselben  durch  die  Fassung  ihrer 
Worte  einem  solchen  Vorwurf  Berechtigung  gegeben  haben,  wie 
Walckenaer,  welcher  meint  nu  il  la  compnsd  peiidaiit  les  Stiluniales 
<//'  l'an  721,  aber  dann  doch  wenigstens  fortiahrt:  eile  ne  diil  donc 
jtarailrc  qiC  au  comnicnccmcnl  dr  l  a)}iH'C  722.  (Bis  ins  .T.  722,  und 
zwar  an  dessen  Ende,  ist  nur  Düntzer  herabgegangen,  II.  8.  330  f. 
und  III.  8.  17,  jedoch  ohne  Gründe  dafür  beizubringen  und  so  dass 
er  V.  S.  255  seine  Aufstellung  indirect  zurücknahm  und  zum  De- 
cember  721  zurückkehrte.)  Unsere  Datierung  stimmt  auch  zu  dem 
im  Eingang  der  vorliegenden  8atire  über  die  damalige  poetische 
Unthätigkeit  des  Horaz  Gesagten;  denn  in  das  Jahr  721  selbst  ist 
kein  antleres  Gedicht  mit  8icherheit  zu  setzen,  und  nur  8at.  II,  1 
und  die  gleichfalls  ülier  des  Dichters  Lässigkeit  klagende  Epod.  14 
fallen  waln-scheinlicli  720 — 721.  Vgl.  meine  Abhandlung  über  die 
Abfassungszeit  der  Horazischeu  Epoden  Zschr.  f.  Alt.  Wiss.  1845, 
S.  613  f.,  sowie  die  Bemerkungen  im  Rhein.  ^lus.  a.  a.  0.  8.  214. 
Im  J.  721  kann  Damasippus  ganz  wohl  noch  am  Leben  gewesen 
sein ,  da  die  beiden  Briefe  an  Atticus  worin  Cicero  seiner  in  ge- 
schäftlichen Beziehungen  gedenkt  (XII,  29.  33.  vgl.  ad  Fam.  VH, 
23,  3)  aus  dem  .L  709  stammen. 

Was  aber  endlich  das  Verhältniss  dieser  Datierung  zum  Be- 
sitz des  8abinnms  betrifl't,  so  ist  es  mir  i;nmöglich  das  von  Kirch- 
ner I.  8.  13  gegebene  Versprechen  zu  lösen,  nämlich  nachzuweisen 
„dass  unter  der  vilhda  V.  10  nicht  das  sabinische  Landgut  zu  verste- 
hen sei,  welches  Horaz  damals  noch  gar  nicht  besass,  sondern,  wie 
Walckenaer  richtig  annimmt,  sein  kleines  Landhaus  bei  Tibur." 
Walckenaer  seilest  (1.  1.  p.  3.30)  drückt  sich  weniger  bestimmt  aus: 
,,?/  nc  scmhlc  pas  aruir  posscde  alors  cc  domahic  dr  la  Sabine,  doiil  Me- 
cene  hti  fil  (hm  ä  toie  r'poque  jwslerirure.  II  n\'n  fall  pas  mciilkm ,  rl  ce 
lü'it  eitl  rle  Irop  rlotyne  pour  tinc  ahsence  aussi  rourlr.'^'  Ich  weiss  nicht 
ol)  Kirchner  noch  andere  rJründe  anznfüliren  vermocht  hätte:  die 
Walckenacr'schcn  aber  beweisen  jedenfalls  nicht  was  sie  sollen. 
Denn  dass  Iloraz  nur  für  die  Zeit  der  Saturnalien  aus  Rom  sich 
zurückgezogen  habe  ist  nirgends  gesagt  und  wegen  des  Bauens 
(V.  308)  nicht  einmal  wahrscheinlich;  und  dass  Iloraz  am  Ende  des 
J.  721  sein  8abinnm  noeh  nicht  gehaltt  habe  ist  eine  blosse  Voraus- 
setzung, welche  erst  zu  beweisen  wäre  und  welche  zusammenfällt 
sobald  sich  wahrscheinlich  machen  lässt  dass  in  unserer  8atire 
nicht  wohl  von  etwas  Anderem  als  dem  8abinum  rlie  Rede  sein 
kann.    L'nd  in  dieser  Hinsicht  hat  .L  8.  8trodtinaiin,  Huratius'  8er- 


64  Zweites  Buch  der  Saliron. 

moiieiidiclitungon  (Leipzig  J8J5),  S-  317  mit  Rocht  bemerkt :  „Wenn 
aiicli  Horaz  bei  Tibur  eine  Wohnung  liatte,  so  war  dieselbe  keine 
Villa,  kein  Landbesitz ,  kein  Herrenhaus ,  sondern  ein  deversorium 
oder  eine  gemicthete  hnhitaiio.  Auf  eine  solche  aber  passt  schon 
nicht  recht  der  Ausdruck  villiil«  ^  an;  allerwenigsten  aber  der  hier 
die  »Sache  völlig  entscheidende  Vorwurf  des  Damasippus  dass  Ho- 
raz sich  mit  Bauten  beschäftige  ,  d.  li.  in  dieser  Rücksicht  die  Gros- 
sen und  Vornehmen  nachahme  und  das  thue  was  sich  nur  für  einen 
Maecenas  zieme,  V.  307 — 313.  Eine  solche  Situation  setzt  nothweu- 
dig  einen  ihm  eigenthümlich  gehörenden  Grund-  und  Hausbositz 
voraus  und  führt  uns  daher  mit  zwingenden  Gründen  aiif  das  Sabi- 
num  hin,  dessen  Schenkung  daher  schon  ins  J.  721  fallen  muss." 
Letztere  Folgerung  ergibt  sich  mit  Nothwendigkeit  aus  unserer  Sa- 
tire,  als  der  frühesten  Erwähnung  des  Sabinum,  und  es  Aväre  nicht 
einmal  vermessen,  das  Geschenk  des  Maecenas  sogar  ins  .1.  7"20  zu 
versetzen,  wie  ich  in  Pauly's  Real-p]nc.  III.  S.  14()7  (mit  Anm.*)  ge- 
than  habe,  und  darauf  auch  G.  F.  Grotefend  im  Rliein.  Mus.  N.  F. 
III.  S.  471 —  473.  Nur  führt  des  Letztern  Argumentation  vielmehr 
auf  das  Jahr  721.  Er  geht  nämlich  von  Od.  III,  8,  11  f.  aus:  {hie 
dies  corlicem  dimovehil)  amphorae  fumum  bibere  i?istitutae  consule  Tullo: 
diesen  Jahrgang  nenne  Horaz  Aveil  es  ,,der  älteste  im  eigenen  Be- 
sitzthum  gewonnene  AYeiu"  sei.  Diess  ist  überzeugend;  aber  Con- 
sul  war  (Lucius  Volcatius)  Tullus  niclit  im  J.  720,  wie  Grotefend  vor- 
aussetzt, sondern  721  =  33  v.  Clir. ,  und  in  den  Anfang  des  letzte- 
ren werden  wir  daher  die  Schenkung  des  Sabinums  zu  setzen  ha- 
ben. Für  Letzteres  spricht  auch  die  sechste  Satire  unseres  Buches. 
Denn  so  wenig  aus  ihr  (die  am  Ende  des  J.  723  verfasst  ist)  ein  Ar- 
gument gegen  unsere  Datierung  von  Sat.  II,  3  oder  gegen  die  Be- 
ziehung von.  villula  auf  das  Sabinuni  sich  entnehmen  lässt,  da  der 
neue  Besitz  den  (der  sechsten  Satire  zu  Grunde  liegenden)  Charak- 
ter der  Wohnlichkoit  erst  nacli  Vollendung  der  Bauten  (unten  \ . 
30'S)  erhielt,  Sat.  II,  6  somit  jedenfalls  einige  Zeit  nach  Sat.  II,  3 
verfasst  sein  muss:  so  Aväre  doch  andererseits  die  Entfernung  des 
J.  723  von  dem  J.  720  zu  gross  als  dass  ohne  dringende  (iründo 
über  das  durch  unsere  Satire  als  älteste  Erwähnung  des  sabinischon 
Gutes  gebotene  J.  721  zurückgegangen  werden  dürfte. 

Nachgeahmt  ist  unsere  Satirc  in  Boileau's  vierter;  vgl.  dar- 
über Walckonaer  a.  a.  O.  p.  327  f. 

Literatur:  Horazons  Damasipjius,  Zweiten  Huches  dritte 
S;uire.  Lateinisih  und  deutsch  mit  Varianten  und  Anmerkungen. 
i;iubi{hiiigssclirit't  zu  den  diessjährigen  öiVentUchen  Schuliirüfungcn 
am  Stralsunder  (Jynniasium  etc.  von  ('.  Kirclmer,  Dr.  Ph.  Gou- 
rector.  Stralsund  1818.  40  S.  4.  Der  grössere  Theil  hievon ,  den 
Text,  dio  Varianten  und  die  Uebersetzung  umfassend,  ist  dhrcli 
Kirdnier's  spfitere  Umarbeitung  (oben  Bd.  I.  S.  184  tV.)  antiquiert: 
aucli   VOM    den    (populär  gehaltenen")    Anmerkungen    (S.  30 — 40^   ist 


Anmerkungen  zur  dritten  Satire.  65 

alles  Brauchbare  in  die  seitdem  erschieuouon  Commentare  über- 
gegangen ,  so  dass  im  Nachstehenden  nur  selten  Gelegenheit  war 
dieser  Kirchner'schen  Arbeit  Erwähnung  zu  thun.  Ferner  enthält 
das  Lübecker  Programm  vom  J.  1841,  S.  16 — -21  „Einige''  meist 
paradoxe  „Bemerkungen  über  die  32  ersten  Verse  von  Hör.  Sat. 
II,  3"  von  Fr.  Jacob;  sowie  das  von  Oppeln  aus  dem  J.  1843  auf 
seinen  ersten  16  Seiten  den  Anfang  einer  breit  angelegten  Abhand- 
lung de  Damasippo  Jloratiano  (d.  h.  Sat.  II,  3)  vom  Oberlehrer  Dr. 
Johannes  Och  mann;  endlich  hat  G.  T.  A.  Krüger  unsere  Sa- 
tire, „für  den  Schulzweck  erklärt",  als  Braunschweiger  Programm 
vom  J.  1852  (30  S.  4.)  erscheinen  lassen ,  Avelche  Arbeit  dann  in 
seine  Ausgabe  der  Satiren  und  Episteln  (Leipzig,  Teubner  1853; 
Zweite  verbesserte  Auflage  1856)  übergegangen  ist. 


Anmerkuneren  zur  dritten  Satire. 


'ö 


V.  L  Unbefangen  angesehen  ist  es  unzweifelhaft  dass  die 
Schreibung  sie  ?'.  scribis  nicht  nm-  ganz  überwiegende  Beglaubi- 
gung für  sich  hat,  sondern  auch  von  ihr  aus  die  Varianten  sich 
leicht  erklären ,  durch  das  Bestreben  die  anstössige  Verlängerung 
der  Endsilbe  von  scribis  zu  beseitigen.  Dieser  Anstoss  hat  auch  in 
der  neuern  Zeit  fortgewirkt,  sofern  alle  Bevorzugung  der  Varianten 
und  alle  Aenderungsvorscliläge  wesentlich  auf  ihn  sich  gegründet 
haben.  So  lueint  Bothe  p.  61:  tali  licentia  hie  ulcntem  Ho7'alium  nomie 
in  ipso  limine  impingere  rectc  diccremus?  Lachmann  zu  Lucretius  II, 
27.  p.  77  findet  scribis  td  auch  für  die  Satiren  nicht  zu  ertragen;  Fr. 
.Tacol)  a.  a.  0.  S.  18  meint,  das  Futur  scribes,  „das  gute  Hdschr.  ha- 
ben", sei  „nicht  nur  des  Metrums,  sondern  nocli  mehr  des  Gedan- 
kens*) wegen  das  liichtige";  Meineke  will  nach  scribis  ein  tu  ein- 
schalten, Apitz  gar  scribis  raro  umstellen,  um  statt  des  kleineren 
Uebels  ein  grösseres  zu  bekommen.  Es  fragt  sich  ob  der  Anstoss 
ein  so  gegründeter  ist  dass  man  ihn  um  jeden  Preis  auf  irgend  wel- 
clie  Weise  weprzuschaffen  hat.    Dabei  ist  zuzugeben  dass  die  Länge 


*)  Letztere  Paradoxie  sucht  er  S.  10  folo^endermassen  zu  rechtferti- 
gen: ,,Es  ist  bekannt  dass  die  Körner,  wenn  ein  ganz  unerwartetes  Ereig- 
niss  oder  eine  nnglaubliclie  Znmutnng  unwillig  oder  verwundert  oder  un- 
gläubig, überhaupt  mit  Atfect,  ausgesprochen  wird,  dieses  Futurum  fra- 
gend oder  ausrufend  ebenso  gebrauchen  wie  wir  unser  sollen.  Man  leugnet 
damit  gleichsam  das  bisher  Unerhörte  auch  für  alle  Zukunft.  Wegge- 
bracht ist  das  Futur  aus  andern  ITdschrr.,  weil  nach  Verkennung  der  Frage 
dasselbe  falsch  als  Imperativ  aufgefasst  wurde."  8ehr  wahrscheinlich 
wird  man  diesen  Hergang  schwerlich  finden. 

H0R.\T11    SAT.    I(,   2.  ^ 


66  Zweites  Buch  der  Satiren. 

der  Eudung  der  zweiten  Person  des  Zeitworts  wenigstens  im  Prä- 
sens eine  grosse  Seltenheit  ist  (über  das  Futurum  exactum  s.  zu  II, 
2,  74),  so  dass  ich  kein  zweites  vollkommen  gleiches  Beispiel  kenne; 
indessen  ist  diesem  Umstände,  als  einem  zufälligen,  wohl  kein  gros- 
ses Gewicht  beizumessen,  indem  linguistisch  betrachtet  die  Länge 
von  scribis  sich  schwerlich  anders  beurteilen  lässt  als  die  von  agit, 
unten  V.  260,  gerade  wie  die  von  miscueris  (II,  2,  74)  nicht  anders 
als  coudideril  II,  1,  82.  Ueberhaupt  aber  ist  diese  ganze  Frage  in 
ein  neues  Stadium  getreten  seitdem  F.  Ritschi  in  den  Prolegomena 
zum  Trinummus  p.  CLXXIV — CLXXXYII  nachgewiesen  hat  „dass 
alle  diejenigen  auf  ;•  und  t  auslautenden  Endsilben  für  welche  die 
übrigen  zugehörigen  Flexionsfovmen  den  Beweis  liefern  dass  der 
den  beiden  genannten  Auslauten  vorhergehende  Vocal  von  Natur 
lang  war*)  in  der  plautinischen  Sprache  auch  lang  gebraucht  wor- 
den sind ,  während  sie  in  der  spätem  Latinität  gewöhnlich  verkürzt 
wurden,  aber  so  dass  von  der  ursprünglichen  Quantität  noch  zahl- 
•reiche  Spuren  übrig  geblieben  sind"  (Fleckeisen  in  Jahn's  Jahrbb. 
LXI.  S.  17  f.) ;  worauf  denn  Fleckeisen  (a.  a.  O.  S.  17 — 35) ,  unter 
Ritschis  Zustimmung,  dieses  Gesetz  nicht  nur  durch  eine  grosse  An- 
zahl von  Beispielen  noch  fester  begründet  und  verschärft**),  son- 
dern auch  noch  auf  eine  grössere  Anzahl  sonstiger  consonantisch 
auslautender  Endsilben  ausgedehnt  liat ,  wie  ^r,  »/r,  hus,  inus ,  is  {\\\ 
bestimmten  Fällen).  Diese  Entdeckungen  liat  zwar  neueslens  M. 
Crain  (im  Philologus  IX.  S.  664  ff.)  zu  limitieren  gesucht  und  na- 
mentlich statt  der  von  Ritschi  und  Fleckcisen  behaupteten  Ursprüng- 
lichk'eit  der  Länge  theilweise  wiederum  Verlängerung  durch  den 
Versictus  (beziehungsweise  Schärfung  und  Verstärkung  ihres  Ge- 
wichts durch  die  Pause)  setzen  wollen;  aber  in  der  Hauptsache 
bilden  jene  Ergebnisse  unzweifcUiaft  eine  unverlierbare  Errungen- 
schaft, die  auch  unserem  scribis  zu  Gute  kommt,  sei  es  nun  dass 
man  ihm,  an  das  griechische  yQC(q)eig  erinnernd***),  eine  ursprüng- 


*)  Niimlich  or  in  den  Substantiven  mit  dem  Gen.  öm  und  allen  Com- 
parativen,  sowie  (nach  Flcckeiscn's  Boweisfiihrnnfr)  anch  im  Passiv  der 
Verba;  ar,  er,  at.  et  in  allen  Vcrbalformen ;  /7  in  allen  conjnnetivisehcn  For- 
men ,  ferner  im  Ind.  Pracs.  der  Verba  mit  dem  Charakter  j  und  (wio 
Fleckeiaen  hinzusetzt)  im  Terf.  Act.  (Fleckeiscu  a.  a.  O.  S.  35.) 

**)  ,,W;lhrcnd  Kitschl  die  Länge  jener  Kndunpon  nur  als  neben  der 
später  f^pbräuchlichen  Kürze  dersellien  vorkommend  darstellt,  bchau|)te  ich 
vielmehr  dass  I'lautus  dieselben  in  den  Versmassen  des  Dialojjs  immer 
lanp  gebraucht  hat,  mit  der  einzif^cn  Ausnahme  die  er  sieh  mit  der  Ver- 
kürzung voraliseher  lanpfer  Endsilben  erlaubt  hat,  nämlich  in  iambisehen 
Wortformcu"  (d.  h.  zweisilbigen  mit  kurzer  paenultima,  s.  Ebils.  S.  II  t. ). 
IMeekeisen   a.  a.  ().   8.  .35. 

' '*)    M.  Crain  a.  a.  <).  S.  Ii(t7  bemerkt   dass  i  hier  nur  eine  Abschwä 
ehiiMj:  eines  ursprünglichen  tt  sei  und  erklärt  die  liängo  von  ix  aus  der  Paral- 
lele lat.  vrliis,  sanskr.  va/insi,   im  /,end.  vainhi,  gricch.  f][f«S,  altshiv.  vcleii. 


Anmerkungen  zur  (irillcn  Sniire.  67 

liehe  Länge  Itoimessen  will,  oder  in  seiner  Quantität  den  Einfluss 
der  Hanptcä.sur  und  der  Arsis  erkennt.  In  crsterem  Falle  dürfte 
man  freilich  nicht  sagen  dass  „gerade  das  durch  Jahrhunderte  hin- 
durch gerettete  Bewusstsein  einer  solchen  ursprünglichen  Länge  es 
gewesen  sei  was  dem  Dichter  gestattete  in  diesem  einzelnen  Falle 
diese  Endung  als  lang  zu  gehrauchen"  (M.  Crain  a.  a.  O.  8.  667  f.)^ 
wohl  aher  dass  in  Folge  dieser  ursprünglichen  (Quantität  die  Aus- 
sprache der  Silbe  eine  solche  blieb  welche  dem  Dichter  es  leicht 
machte  unter  gegebenen  Umständen  an  die  Stelle  der  conventionell 
gewordenen  ^[essung  als  Kürze  die  als  Länge  zu  setzen.  (Vgl.  über 
den  Gegenstand  auch  den  Aufsatz  von  Hirschfelder,  in  Mützell's 
Ztschr.  für  Oynmasialw.  IX.  S.  82 — 84.)  —  Ueber  sie  raro  stellt 
Fr.  Jacob  a.  a.  ().  S.  18  folgende  Contcmplationen  an:  ,,iS/c  ist  un- 
ter seinen  Synonymen  das  am  meisten  hhnveisende  und  vergegen- 
wärtigende. Daher  ich  gern  denen  beistimme  die  das  s  für  eine 
condensierte  Aspiration  halten  und  sie  mit  hie,  als  dessen  Neben- 
form, zusammenstellen  wollen.  .  .  Wäre  also  hier  nur  eine  rii- 
hige  Rede  und  Hinweisung  auf  etwas  Gleichgültiges,  so  würden 
wir  tarn  raro  ser.  geschrieben  finden.  Durch  sie  hingegen ,  zumal 
wenn  es  emphatiscli  an  die  Spitze  der  ganzen  Rede  tritt,  Avird  Pa- 
thos im  Ausdrucke  hervorgebi'acht;  die  Rede  wird  unwillkürlich  zum 
Ausruf  oder,  nach  Umständen,  zu  der  nahe  verwandten,  den  Römern 
so  unendlich  geläufigen  Frage.  Diese  nun  (Jacob  setzt  serihes  voraus) 
. . .  lässt  den  stoisclien  Moralpolterer  in  seinem  CHiarakter  auftreten 
oder  vielmehr  hereinbrechen ,  unwillig  über  ein  entsetzliches  Ver- 
gehen, das  er  rügen  muss."  Gegen  Bentley's  si  raro  haben  sich 
Ilaherfeldt,  Heindorf,  Düntzer  (III.  S.  ■^■^■^  A.),  AVeber,  Apitz  u.  A. 
einmütig  ausgesprochen. 

V.  2.  relexcns.  Die  Verglcichung  der  dichterischen  Thätigkeit 
mit  dem  Weben  ist  keine  seltene;  vgl.  Ilertzberg  zum  Ciris  V.  39 
(S.  77  f.) ;  häufiger  die  mit  dem  Spinnen ;  vgl.  zu  II,  I,  4.  Uebrigens 
befolgt  hiermit  Horaz  seine  eigene  Vorschrift  in  I,  10,  72. 

V.  3.  Dass  (ihi  ,, vermöge  seiner  Stellung  auch  7A\  bcniipnts^'- 
gehöre,  wie  Ileindorf  behauptet,  kann  ich  nicht  finden;  vielmehr 
würde  mir  die  Verbindung  sibi  benignus  vini  für  den  Satirenstil  un- 
angemessen scheinen,  wie  sie  auch  Avohl  ohne  Beis])iel  ist;  denn 
Od.  ni,  29,  52  und  l'laut.  Trin.  740:  uon  lemerc  dicant  Ic  benigninii  rir- 
griHj  beweisen  natürlich  nichts.  Ueber  die  Selbsfanklage  (vgl.  eanas) 
dass  er  somni  benignus  sei  s.zu  6,  61. 

V.  4.  Ob  al  oder  ab  zu  lesen  sei  kann  nach  Bentley's  Ausein- 
andersetzung —  wiewohl  sie,  wie  meist,  auch  übertrieben  Spitzfin- 
diges enthält  —  nicht  mehr  zweifelhaft  sein.  .//  hat  mit  andern  der 
Bland.  anti([uiss.  (liei  Kirchner  F.  ]>.  186,  a  ist  daher  Cnt(j.  |,  a  zu 
lesen,  statt  l,  ?/??.),  und  die  Einwendung  ist  hier  vollkommen  am 
Platze:    sie  ist  gegen   den   im  Bisherigen  Hegenden  Vorwurf  dass 

5* 


68  Zweites  Buch  der  Satiren. 

Nichts  geschehe  gerichtet  *).  Dass  ab  müglich  und  so  wie  Orelli  tlmt 
zu  erklären  -wäre  ist  unbestreitbar;  aber  das  Asyndeton  wäre  hart, 
und  machen  Avir  die  Probe  iiud  fragen  welches  von  beiden  den  Ab- 
schreibern verdankt  werden  könne,  so  wird  das  sicherlich  ab  sein. 

V.  5.  Italien  einen  nordischen  Winter  octroyierend  begreift 
Kirchner  nicht  wie  Horaz  „sich  wie  ein  Einsiedler  auf  seinem  be- 
schneiten Landgute  vergraben",  Damasippus  sich  ,,im  Schnee  und 
Unwetter"  aufs  Land  bemühen  mochte,  und  meint  daher  Salurnal. 
sei  „bildlich  zu  verstehen,  von  den  städtischen  Schmausereien  und 
Zerstreuungen,  welche  unserem  Dichter  als  ein  beständiges  Saturnal 
erscheinen  mussten."  Ausführlich  hat  hiegegen  Düntzer  III.  S. 
334  f.  gesprochen ,  Wüstemann  auf  den  eine  solche  Auffassung  aus- 
schliessenden  Zusatz  ipsis  hingewiesen,  auch  Weber  S.  313  Einiges 
eingewendet;  und  Kirchners  jetzige  L'ebersetzung  scheint  zu  be- 
weisen, dass  er  von  seinem  Bedenken  zuletzt  selbst  auch  abgekom- 
men ist.  In  Bezug  auf  die  Interpunction  hat  Kirchner  scho»  in  sei- 
ner ersten  Bearbeitung  zu  Ileindorf  gehalten,  vor  welchem  schon 
Haberfeldt  sobriiis  erklärt  hatte:  „nicht  blos  nüchtern  von  berau- 
schenden Getränken,  sondern  überhaupt  frei  vom  Taumel  der  Zer- 
streuungen und  Vergnügen";  und  neustens  ist  diese  Abtheilungs- 
weise von  Apitz  p.  111  umständlich  gerechtfertigt  worden.  Es 
scheint  auch  dass  der  Zusannnenhang  nur  die  Verbindung  mit  ergo 
die  gestattet.  Denn  dieser  besagt :  wenn  du  nichts  thust  als  Schla- 
fen und  Trinken,  was  soll  da  herauskommen  V  Freilich  hast  du  jetzt 
einen  energischen  Anlauf  zum  Besseren  genommen  :  du  hast  dich 
in  der  vergnügungsreichsten,  lärmendsten  Zeit  aus  Rom  losgerissen. 
Da  du  also  jetzt  das  Gegentheil  von  Früher  bist,  die  Genusssucht 
der  Nüchternheit  Platz  gemacht  hat,  und  damit  auch  die  früheren 
Hindernisse  des  Arbeitens  weggefallen  sind,  —  so  mache  denn 
Ernst  aus  deinen  Versi)rechungen.  Letztere  bezieht  Ochmann  p.  1 1 
Anm.  auf  das  Thatsächliche  dass  Iloraz  wegen  seiner  Uuthätigkeit 
über  sich  selbst  böse  gewesen  sei  und  dass  er  an  den  Saturnalien  sich 
aufs  Land  geflüchtet  habe.  So  gefasst  trifl't  die  Erklärung  zusam- 
men mit  der  von  Wüstemann,  welcher  proviissis  von  den  durch 
Horaz  erregten  Erwartungen  versteht,  wie  das  Wort  Ep.  II,  I,  j'2.  (V) 
2,  10.  (V)3,45.  138  (V)  gebraucht  sei;  denn  wenn  diese  Erwartungen 
durch  Worte  erregt  sind,  wie  in  dreien  der  angeführten  Stellen,  so 
ist  das  nur  eben  die  gewöhnliche  Bedeutung  des  Verbums.  In  un- 
serer Stelle  ist  übrigens  nicht  abzusehen  warum  mündliche  Erklä- 
rungen, was  er  Alles  unternehmen  werde  wenn  er  aut'  dem  Lande 
sei  (V.  9  f.),  auszuschliessen  sein  sollten.  —  Zu  <lic  bemerkt  Och- 
mann  p.  10,  not.  1:  tion  est  fac  ml  aliquUl  commcntcrc  altjiir  illico  ver- 
bis  peiUbus  rlnusis  cxprinias ,  iinmo:  mcdilata  pro/'rr ,  kijc  {recita) 


*)  Sehr  umstihuUicli    iiiul  vorworrcii  sjiriclit  für  nt  Ocliniann  a.  a.  (). 
p.  8   I'.  not. 


Anmerkungen  zur  tiriltcii  Satire.  69 

fjuac  sine  dubio  in  scccssu  niris  commcnUtla  habcs  pocinala ,  wie  diccrc 
stehe  Cann.  saec.  8.  76  und  incipe  bei  Virg.  Ecl.  5,  10  ff.  gebraucht 
sei.  Die.ss  würde  voraussetzen  dass  Horaz  schon  einige  Zeit  auf 
dem  Lande  Aväre .  die  Scene  also  viehnojir  nach  den  Saturnalieu 
fiele;  auoli  wäre  es  eine  unberechtigte  Forderung  Damasi])p's  dass 
Iloraz  das  Ausgearbeitete  ihm  vor  Allen  mittheile.  Vielmehr  steht 
die  sowie  oben  1,  IJ  dicere.  —  Nil  es(,  eine  der  Conversationsspra- 
che  eigenthümliche  (daher  vorzugsweise  bei  Plautns  und  Terenz 
vorkommende)  Wendung,  in  manchfachen  Nuancen  gebraucht,  z.  B. 
um  etwas  (von  dem  Redenden  selbst  oder  einem  Andern)  Vorge- 
brachtes zu  verwerfen,  etwas  als  nichtig  zu  bezeichnen  n,  dgl.*) 
Die  Beispiele  welche  Düntzer  V.  S.  256  den  Heindorf  sehen  hinzu- 
fügt (Ter.  Eun.  IV.  3,  10.  Juv.  IIT,  10)  sind  beide  nicht  zntreftend. 

V.  8.  Lambin's  Parallelen  für  iralis  diis  natus  vermehrt  Wü- 
stemann durch  Ph.ädr.  IV,  19,  15  und  Juv.  X,  129.  Auch  s.  Plaut, 
^lil.  gl.  314:  qiiis  mctgis  deis  inimicis  nalusl  quam  tu  aique  iralis?  Seneca 
Lud.  de  morte  Cl.  11,  3:  indcte  corpus  eins  dis  iralis  naluni.  Vgl.  zu  7, 
14.  —  ,,L)ie  Ziramerwände  waren  durch  dreifache  Lagen  von  Kalk 
und  Marraorstuek  und  durch  Abreiben  mit  Marmorstaube  so  fest 
und  glatt  dass  man  sie  füglich  als  Schreibtafeln  benutzen  und  mit 
dem  Griffel  darauf  kritzeln  konnte  (s.  Vitruv.  VII,  3).  Hier  sind 
die  stärkeren  Spuren  der  dichterischen  Ungeduld  gemeint  welche 
das  spitzige  Instrument  auf  der  Wand  hervorbringt."  Kirchner  S. 
.30.  Oline  mit  Weber  (S.  315)  vorauszusetzen  dass  die  Wand  der 
hora zischen  Villa  mit  Wandgemälden  etc.  geschmückt  gewesen  sei 
wird  man  doch  ein  solches  mutwilliges  Verderben  der  eigenen 
AVand  unglaublich  finden.  Laizulässig  ist  aber  andererseits  auch 
die  Erklärung  von  Mitscherlich,Rac.  VIII.  p.  4:  Cui  aliquid  vitio.  crimini 
vcrtilur,  in  quo  culpac  alicuius  suspicio  hacrel ,  is  lahorare  ea  rede  dici 
polest;  itaque  quum  h.  1.  calami  culpenlur ,  contexlus  iubet  ut  paries  si- 
mililer  culpa  laborans  inlelligalur,  qui  adeo  in  caussa  Sit  quo  minus  Hora- 
lio  res  procedat. 

V.  9.  miixantis  stellt  in  komischem  Contraste  mit  praeclara 
den  Inhalt  als  einen  schlimmen  dar  und  als  einen  solchen  der  für  An- 
dere gefährlich  werden  könnte.  Rtimpe  bei  Jacobs,  Lect.  Ven.  S.364 
vergleicht  Phädr.  IV,  22:  hoc  scriptum  est  tibi  qui  magna  cum  minaris 
extricas  nihil.  Funkhänel,  Ztschr.  f.  A.  W.  1844,  p.  701 — 703,  hat  sich 
bemüht  zu  beweisen  dass  weder  minari  noch  aneiksiv  in  solchen 
Fällen  einfach  statt  iactare  .stehe,  sondern  fortwäbrend  die  Bedeu- 
tung drohen  beibcdialte,  und  bemerkt:  magna  iaclanles  semjtcr  cum 
quadam  irrisionis  et  contemptus  notionc  minari  dicunlur  (p.  701),  und 
(p.  702):  foriasse  eliam  hanc  ab  caussam  hoc  verbo  usus  est  quod  sali- 


*)  Mit.scherlicli  Rac.  Vlll.  p.  4:  Damasippus  inxtat  Horatio  ut  tondein 
aliquid  ex  se  promat  et,  quasi  aliquumdiu,  sed  /rustra ,  ex.vpccta.ssel,  addit:  nil 
est ,   nUiil  in  wediimt  profers. 


<!  0  Zwciles  Buch  der  Satiren. 

rar  um  sc/ij/lorcin  Jcvilcr  nulare  vuluil.  Letzteres  ist  sclnvcrlich  rich- 
tig, weil  es  durcli  Ep.  1,8,3  sich  widerlegt  und  der  horazischeu 
Satura  den  juveualischen  (und  modernen)  Begriff  der  Satire  Unter- 
schicht. Das  Erstere  aher  ist  dahin  zu  modificieren  dass  wer  Gros- 
ses, Ungewöhnliches  unternimmt  damit  einestheils  sich  eine  das 
Maass  Anderer  ühersteigcnde  und  eventuell  sie  hedrohcndc  Kraft 
ziÄraut,  andererseits  dadurch  zugleich  den  (nivellierenden)  Spott 
herausfordert. 

V.  10.  Wie  durch  Ilervorhehung  des  in  den  Zeitumständen 
enthaltenen  bedingenden  Zeitparlikeln  als  caussale  oder  Bedin- 
gungspartikeln gebraucht  werden  können  (vgl.  oxe  mit  meiner  Anm. 
zu  Aristoph.  Nub.  7),  so  lässt  sich  andererseits  auch  davon  absehen 
dass  die  Bedingung  eine  wesentlich  zeitliche  ist,  und  kann  daher  eine 
Bedingungspartikel  (wie  hier  st)  gesetzt  werden  wo  auch  eine  tem- 
porale zulässig  wäre  oder  sogar  eher  erwartet  würde.  Vgl.  die  Aus- 
leger zuEp.  1,7,  10.  —  Icpidus  bezeichnet  das  angenehm  AVarme, 
gerade  recht,  weder  zu  kalt  noch  heiss.  Zu  welchem  von  diesen 
beiden  Begriffen  es  im  Gegensätze  steht  hängt  von  dem  jedesmali- 
gen Zusammenhange  ab.  Tcpidac  hrumac  und  hkmcs  (Od.  II,  6,  17. 
Ep.  I,  10,  lo)  bedeutet  natürlich:  nicht  zu  kalte  (gelinde  Kälte), 
sol  tepidus  (Ep.  I,  20,  19)  aber  eben  so  gewiss:  nicht  allzu  heiss*). 
Tepidum  tccliim  kann  nach  Umständen  beides  bedeuten,  in  unserer 
Stelle  aber,  im  December,  bedeutet  es  das  behaglich  Warme  der 
kleineren,  leichter  zu  erwärmenden  Räume  der  Villa,  die  der  Dich- 
ter üljerdiess,  wenn  er  nicht  wollte,  gar  nicht  zu  verlassen  brauchte. 
Nennt  sich  doch  Iloraz  Ep.  I,  20,  2^  praccamim  ,  sulihiis  aplinu. 

V.  11  f.  Bei  Plalona  ist  schon  darum  nicht  an  den  Komiker  zu 
denken  weil  die  alte  Komödie  durch  Eupolis  bereits  hinreichend 
vertreten  ist.  Auch  bemerkt  Düntzer  IIl.  S.  3;,V>  Anm.  nicht  mit 
UnrQcht:  „gerade  durch  stiparc  wird  klar  dass  hier  wohl  verschie- 
denartige Schriftsteller  verbunden  werden."  —  Bentley's  .-/ rcÄ» - 
locho  ist  durchlFeindorf  und  Weber  sattsam  zurückgewiesen.  Uebri- 
gens  zeigt  die  Nennung  dieses  Dichters  W(dil  dass  Iloraz  zur  Zeit 
unserer  Satire  noch  weitere  .Tamben  (Epoden)  zu  verfassen  im 
Sinne  hatte,  was  auch  geschah,  wie  die  Glironologie  der  Epoden 
zeigt.  — ,,linitos  bezeichnet  den  l'nterschied  weh'li(>r  zwischen  der 
gcwöhnliclien  Hegleitung  der  Grossen  und  der  vom  Dichter  gewähl- 
ten Statt  fand.'-'  (llabcrfeldt.)  l'm  so  grössere  Erwartungen  musste 
bio  erregen. 

*)  Viel  zu  insc-li  sind  dnlior  Döilorloin  u.  O.  T.  A.  Kriiiror  zur  aiippf. 
Stelle  der  sonst  liiibsclun  Doninnfr  von  M.  Ilcrt/.  pfofol^jt ,  dio  auch  diess 
(jcpeii  sich  hat  dass  dasjcnifje  .^cniosu-i-  wo  die  Zald  di-r  Sihiilcr  nandiaft  zu- 
nimmt {phirrs  rt(hiioi'rril  aiivrs)  viidniohr  das  mit  dem  Hcrhst  l)o;riMnondc. 
ist,  wo  aucii  dicjcniircn  Kitern  welche  den  Sommer  auf  den«  Lande  zu- 
l)rinpcn  in  (Vw  Stadt  ziciicn.  Dio  richtige  Krkliirunp  hat  schon  Ohbarius 
zu  d.  St.,   p.  T)!'.». 


Anmeikuiigcn  zui  drillen  Salirc,  71 

hl  V.  IS  tV.  ündct  Fr.  Jacob  a.  a.  0.  »S.  20  (gewiss  mit  Uu- 
lechtj  ciue  „freche  Anspielung,  es  gehe  ihm  ( ileni  Daniasippus) 
eben  so  Avic  dein  Horaz.  Seit  seinem  Baukrot  kümmere  auch  er 
sich  um  anderer  Leute  Thun  und  Lassen,  wie  (b-r  Satiriker  Iloraz ; 
sie  seien  Beide  CoUegen;  auch  er  sei,  wie  Jener,  auf  seine  Weise 
ein  vir  mercurialis  (V.  25)." 

V.  19.  Die  richtige  Erklärung  von  Janas  mcdias  —  gegen- 
über von  der  durch  Heindorf  bevorzugten  des  Manutius  und  Bent- 
ley  —  hatte  schon  Lambin  nahezu  erreicht  (/.  m.  intclligendiis  esl 
locas  mcdias  inicr  daos  Janos ,  gao  in  loco  eraut  argcntarii  et  fcncralo- 
rcs),  an  welchen  unter  Andern  Haberfeldt  sich  anschloss  (,,am  mitt- 
leren Janus  oder  in  der  Mitte  zwischen  dem  /.  sanimas  und  imas  — 
war  die  römische  Börse'");  vollständig  gegeben  und  begründet  hat 
sie  besonders  Fea  zu  Ep.  I,  1,  5J ,  und  ihm  folgte  Kirchner  a.  a. 
0.  S.  31  und  alle  neueren  Erklärer. 

V.  20.  Uobcr  die  Stellung  von  Jiam  s.  zu  6,  78.  Ueber  das 
Weitere  handelt  F.  W.  S  ch  neide Avin 's  Gratulationsschrift  zu 
.Alitscherlichs  60jährigem  Amtsjubiläum  {Inesl  brcvis  disputalio  de  loco 
Uoralii  Senn.  IL  3,  18  sqq.  Göttingen,  1845.  11  pp.  4.).  Nachdem  er 
darin  p.  1 — 3  von  der  Antiquitätenliebhaberei  der  Griechen  gehan- 
delt bespricht  er  p.  4 — 5  die  gleiche  Leidenschaft  bei  den  Körnern, 
um  p.  5  zu  Damasippus  zu  gelangen  und  p.  6  ft".  unsere  Stelle,  beson- 
ders V.  21  f.,  näher  zu  betrachten.  Er  erklärt  sich  hier  gegen  die 
gcwödinliche ,  durch  Heindorf  vertretene  Auslegung,  nach  welcher 
Damasippus  sage:  olim  solcbam  conquircre  ahetiea  vasa  velusla  Corin- 
thia  aliaque  quae  sculpta  infabrc  et  fiisa  durius  sumtnam  atüiqaitalcm 
lestarcnlar  (p.  6).  Hiegegen  wendet  Schneidewin  ein,  qaacrere 
müsse  vielmehr  inquirere,  pcrscralari  hoisaeu,  da  die  Bedeutung  con- 
qairerc  zwar  zu  V.  21 ,  nicht  aber  zu  V.  22  passe ,  indem  in  diesem 
Falle  statt  qaid  vielmehr  qaod  gesetzt  sein  müsste.  Auch  seien  die 
liömer  bei  ihrer  Liebhaberei  für  Alterthümliches  nicht  auf  dasKunst- 
lose  besonders  erpicht  gewesen,  sondern  haben  der  Vereinigung  von 
Alterthümlichkeit  und  geschmackvoller  Form  den  Vorzug  gegeben, 
wie  es  bei  Cic.  Verr.  act.  I,  5,  14  heisst  er  habe  den  Siculern  keinen 
Gott  gelassen  qai  ei  paallo  magis  affuhre  alqae  andqun  artißcio  facias  vi- 
dcrctur.  Und  dass  nur  die  negative,  kritische,  tadelnde  Seite  her- 
vorgehoben werde  (infahre  —  darias),  nicht  aber  auch  die  der  An- 
erkennung, sei  fein  psychologisch:  sciliccl  tarn  demam  calliditatem 
oslcntamas  noslram  cum  de  predo  operum  arlis  superho  vollu  detrahimus 
cl  ila  dispatamas  at  a  communi  hominam  admiraüone  noslram  inlcUigcn- 
liam  jjlane  segregcmus  (p.  7).  Ferner,  wenn  der  Sinn  der  Worte 
wäre  til  Damasippus  vasa  Corinihia  aevi  prisci  conqnisivisse  dicaiur  uni- 
verse,  so  wäre  auffallend  dass  gerade  pollubra  ausschliesslich  ge- 
nannt werden,  und  das  Epitheton  vafcr  stände  in  diesem  Falle  müs- 
sig (p.  7).  Schneidewin  entscheidet  sich  daher  (p.  8)  für  Wielands 
Beziehung  der  Stelle   auf  die  Frage  nach  dem  Alter  des  korjuthi- 


72  Zweites  Buch  der  Satiren. 

sehen  Erzes,  verLimden  mit  F.  G.  Welckers  Bemerkung  (Aesch. 
Tril.  S.  558) ,  Horaz  habe  die  Stelle  des  Sisyphos  von  Aeschylos 
vor  Aixgen  gehabt,  wo  Sisyphos  spreche  (Fr.  239  G.  H.  =  221 
Navick) : 

Kai  viTtzQu  dij  XQV  ^B0(p6QC0v  Tcodcöv  cpsQfiv. 

Asovtoßd^cüv  Tiov  OKcicpr]  ^al-Krjlazog; 

Zu  Kom  seien  die  Alterthümler  der  Volksmeinung  von  der  Entste- 
hung des  korinthischen  Erzes  bei  der  Zerstörung  der  Stadt  durch 
Mummius  entgegengetreten ;  denn  aegre  ferre  debebatil  qtiod  aeris 
Corinthii  ultra  tnodimi  cxpelili  origo  ad  recenliora  saecida  detruderetiir. 

Jgilur perreptabcmf  vel  ahdiios  literarum  atigidos ,  si  quid  alicitnde 

caussae  suae  ])utroci?iium  invenh'cnt  .  .  .  Ecccilaü  ad  quacrcndum  incide- 
hanl  in  Aeschylei  Sisyphi  X.  aKcccpiiv  xf^XmjXarov ,  quam  cupide  arripic- 
bant  .  .  .  In  eo  aidem  ^>;r»/fi«ri  callide  solvendo  occupalum  sc  fuissc 
ail  ßamasippus ,  quo  pi-obel  sc  vel  arcana  ariiutn  atligisse  (p.  9).  Ilie- 
gegen  drängt  sich  alsbald  die  Einwendung  auf  dass  dadurch 
Damasipp  zu  einem  gelehrten  Alterthumsforscher,  zu  einem  Gram- 
matiker, statt  zu  einem  Kunst-  und  Antiquitäten- Händler  ge- 
macht werde.  Auch  Schneidewin  hat  diess  gefühlt  und  dagegen 
geltend  gemacht  dass  bei  der  "Wut  der  Römer  für  korinthische  Ge- 
fässe  jene  Frage  eine  sehr  praktische  Seite  gehabt  habe  {de  Corin- 
Ihiis  quaeslioncm  —  in  vsttm  vilac  commerciaquc  tunc  fiominuni  suwniu7n 
habidssc  momenhan,  p.  lo).  Aber  das  würde  es  noch  lange  nicht 
rechtfertigen  dass  der  Begrift'  eines  Kunsthändlers  auf  diese  rein 
theoretische  Weise  vom  Dichter  bestimmt  würde.  Wohl  aber  ge- 
hörte zu  den  Erfordernissen  und  Geschäften  eines  solchen  zweier- 
lei, die  Beurteilung  ob  ein  angebliches  Stück  aus  dem  Alterthum 
wirklich  acht,  alterthümlich  sei,  und  sodann  die  Abwägung  dos 
(absoluten)  Kunstsverthos  eines  Stückes:  —  Beides  ist  in  unserer 
Stelle  ausgeführt,  das  Erste  in  V.  21,  das  Zweite  in  V.  22.  Und 
zwar  ist  der  erste  l^unkt  mit  einigem  Jlumor  ausgeführt,  mit  ge- 
linder Selbstporsifiierung ,  wenn  man  darin  nicht  vielmehr  eine 
Verhöhnung  der  Kunstliebliaber  erblicken  will,  die  nach  derglei- 
chen Artikeln  beim  Kimsthändler  fragten  und  für  welche  daher 
dieser  auf  solche  Dinge  ausgehen  musste  *).  Der  Humor  liegt  eben 
darin  dass  als  Beispiel  von  Altorthümern  gerade  ein  Geschirr  zum 
Fnsswaschcn  genannt  ist;  und  dass  gerade  der  Xauie  des  Sisyphos 
damit  in  Verbindung  gebracht  wird  erklärt  sidi  aus  der  aescliy- 
Icischen  StoUe  so  genügiMul  <biss  alle  Veranlassung  wegfällt  darum 
an  korintliisdies  Hrz  zu  denken.  Sinn  also:  es  war  meine  liieb- 
liaberci  zu  untersuchen  ob  ein  Gefüss  aus  dem  grauen  Alterthumc 


*)  Kirc.hnor  a.  a.  O.  S.  31  :  ,,Dic  daiiialiijo  Kinistlvriiinoioi  imiss  sicli 
vom  Diclitcr  die  sdialkliaftc  l'obortroiljuiip;  frcfalliMi  lassni  iiarli  der  sie 
Hildworkcii  von  korintliiwclicin  Kr/,  aus  jener  iiiytliiselun  Zeit ,  wo  daran 
nucli  Jiiulit  zu  denken  war,  nachspürt." 


Anmerkungen  zur  dritten  Satire.  73 

.stamme ,  mit  Keiuiermieue  die  künstleri^clien  Mängel  und  Vorzüge 
eines  Stückes  abzuwägen  u.  s.  f.  In  der  Scliilderung  dieser  seiner 
früheren  Thätigkeit  wird  Damasi})pus  leLhaft,  warm  und  beredt, 
s.  V.  23  f.  Sclmeidewins  Einwendungen  trefi'en  diese  Deutung 
nicht,  auch  nicht  seine  sprachliche,  da  quaercre  hiebci  wirklich  in 
dem  Sinne  von  fnquircre  gebraucht  ist. 

Y.  27  fl".  morbi  s.  Kirchner  zu  I,  6,  30.  Controvers  ist  im  Fnl- 
genden  die  Abtheilung  der  Worte,  ob  Horaz  von  iN'otv  bis  esto  ul  Übet 
(V. 31)  spreche,  also  namentlich  auch  die  Worte  alqui  emovil  ihm  zu- 
zuweisen seien,  oder  mit  Aiqui  Damasipp  zu  reden  beginne  und  bis 
medicum  itrget  (V.  30)  fortspreche,  darauf  Horaz  mit  Lttm  —  übet 
(V.  31)  einfalle,  und  dann  Damasippus  mit  0  bone  .seine  lange  Er- 
örterung anfange.  Für  die  erstere  Abtheilungsweise  haben  sich 
ausgesprochen  Morgenstern,  de  sat.  atque  epist.  Hör.  discrimine  p.  57 
und  Symbol,  crit.  Spec.  11.  p.  XII,  sowie  J.  Chr.  Jahn  (und  Th. 
Schmid),  C.  H.  Müller  (Blankenburg  1839.  4.)  *),  Fr.  Jacob  a.  a.  0. 
S.  "20  f.,  Ochmanu  p.  12  ft".  not.  Veranlassung  zu  ihr  hat  einzig  iio- 
viis  liHorbus)  in  V.  28  gegeben,  sofern  man  diess  auf  das  Bekennt- 
niss  der  stoischen  Philosophie  bezog  und  dann  im  Munde  des  Da- 
masippus unmöglich  fand.  So  z.  B.  Jacob  S.  20:  „die  spätere  stoi- 
sche Vorlesung  verlöre  alles  Salz  Avenn  Damasipp  nicht  wenig- 
stens den  Schein  des  Ernstes,  wie  andere  Spassvögel  aiich,  beibe- 
hielte. Daher  kann  er  denn  weder  im  Ernst  noch  im  Scherz  diesen 
stoischen  Bekehrungstrieb  einen  morbus  nennen."  AVirklich  macht 
es  im  Wesentlichen  keinen  Unterschied  ob  man  darunter  die  Phi- 
losophie selbst  oder  (mit  Düntzer  II.  S.  338)  die  Sucht  um  Andere 
sich  zu  bekümmern  [alicna  negolia  citro) ,  also  den  ,,Bekelirungs- 
trieb ,"  versteht ;  denn  auch  letzterer  ist  ja  doch  nur  ein  Ausfluss 
seiner  Eigenschaft  als  stoischer  Enthusiast.  ***)  Die  Frage  ist  einzig 
ob  er  seinen  jetzigen  Zustand  selber  als  morbus  bezeichnen  kann. 
Ich  gestehe  dass  ich  dabei  wenig  Anstoss  finde,  wenn  man  den 
Ausdruck  auf  das  Leidenschaftliche,  Enthusiastische  bezieht  das 
dem  Damas.  nach  wie  vor  eigen  ist  und  das  nur  seinen  Gegenstand 
gewechselt  hat,  das  Damas.  auch  unbedenklich  an  sich  zugeben 
kann;  falls  man  es  nicht  etwa  vorzieht  auch  hier  (vgl.  V.  21.  33.  35) 
einen  Beweis  vom  Humor  des  Damas.,  seiner  ,, ergötzlichen  Selbst- 


*)  Letzterer  mit  der  Morlitication  dass  er  die  Worte  des  Horaz  mit 
V. -30  scliliesst  rwelchen  Vers  er  erklärt:  wenn  z.B.  ich  Sclilafsüchtiger 
hier  —  vgl.  V.  3.  15  —  zum  Fanstkäinpfer  werde  und  sogar  dem  Arzte 
—  näml.  dem  Damas.  —  zusetze),  und  V.  31  ganz  dem  Damasippus  bei- 
legt.    Gegen  Letzteres  s.  Jahn  in  s.  Jahrbb.  XXVL  S.  200. 

**)  Heindorfs  Erklärung:  „ich  kranke,  da  ich  noch  kein  vollendeter 
AVeiser  bin,  noch  immer  an  Thorheit,  folglich,  nach  stoischer  Ansicht, 
auch  an  Tollheit"  ist  unstatthaft ,  weil  in  diesem  Falle  gegenüber  von 
Früher  höchstens  von  einem  quantitativen  Unterschiede  die  Rede  sein 
könnte,  novus  also  keinen  Sinn  hätte. 


74  Zweites  Dudi  der  Satiren. 

Verspottung"  (Fr.  Jacobs),  zu  erblicken,  oder  auch  (ähnlich  wie 
]\Iitsclierlich  Rac.  II,  p.  9  f.)  eine  Einmischung  des  Urteilcs  von 
lloraz ,  welcher  spöttisch  den  Redenden  an  den  letzten  Ilauptbe- 
grifl' anknüpfen  lässt,  statt  ihm  einen  neuen,  seinem  Sinne  cntsjH-e- 
chenden  Substantivbegriff,  wie  amor  (vgl.  V.  20  amabam) ,  in  den 
Mund  zu  legen ,  —  also  eine  Art  erweiterten  Zeugma's.  Eine  Nö- 
thigung  sich  so  oder  anders  mit  tnorbtis  auseinanderzusetzen  scheint 
mir  in  der  Unmöglichkeit  der  ^lorgenstern'schen  Vertheilung  zu 
liegen,  wekhe  Fr.  Jacoljs  Verm.  Sehr.  V.  S.  394  f.  gut  nachgewie- 
sen hat,  besonders  indem  er  sagt:  ,, lloraz  behandelt  den  Damas. 
fortwährend  mit  entschiedener  Uel)erlegenheit  und  mit  einer  ge- 
wissen ironischen  Trockenheit,  mit  der  sich  nach  meinem  CTefühl 
die  Ausführlichkeit  der  Rede  in  den  Worten  Jtrjui  bis  urgct  nicht 
verträgt.  Dann  würden  auch  die  Worte  (him  »e  —  libel  nachschlep- 
pen." Gegen  die  einfache  Wahrheit  dieser  Einwendung  haben 
Jacob  und  Ochmann  vei-gebens  angekämpft  und  durch  die  Unklar- 
heit, Künstlichkeit,  avo  nicht  Verschrobenheit,  ihrer  eigenen  Deu- 
tung die  Richtigkeit  von  jener  nur  noch  mehr  bestätigt.  *)  Dage- 
gen von  atfjui  ist  zuzugeben  dass  es  zwar  nicht  Ochmann  (vgl. 
Düntzer  V.  S.  256,  Anm.  2),  al)er  doch  Jacob  gelungen  ist  zu  zei- 
gen dass  es  auch  bei  der  Morgenstern'schcn  Abtheilung  nicht  sinn- 
los wäre  **). 

Das  Flickwort  mirc,  welches  sich  durch  das  folgende  iil  solel 
eigentlich  selbst  Aviderlegt ,  würde  durch  Ilorkols  niaiar  beseitigt, 
wenn  eine  Möglichkeit  wäre  dass  ein  so  klares  AVort  in  ein  so  un- 
klares hätte   übergehen  können  und  wenn  ein  morbus  conlis  sich 


*)  OcliniJinn  p.  15  not.:  .,Oi>ae  tu  mild  tiarrasli,  Dumasippt' ,  ile  —  mcr- 
candi  sliidlu  tiio  et  n/pidine,  i.sta  omnia  quo  melius  nnri  eo  mo/jis  miror  te  Hin 
morbo  (Tusc.  III,  10,  '22)  lUieralum  esse,  quamvis  i/litil  {istn  vdra/iilis  lilnra- 
lio  ab  emacitatis  vitio)  verum  sit,  hoc  tarnen  rcrle  aidmailverlendum  est  (.')  mire 
profecto  velcrcm  animi  moi'hum  uoiinisi    novo   cxpulsum    e.stc,  quemadmodiim  in 

corporis  dolorihus  fieri  solet ,•  veluti  veternosus  qui  est,  sufdto  midatus  in 

phreneticum,  etiam  medicum  xirgcl.  Quod  qnum  ita  sit  (».  e.  quum  nonnunqunm 
fiat  ut  prior  isque  levior  morbus  vcl  in  graviorem  eumque  periculosum  sese  im- 
mutet,  itaque  ego  non  sim  pcricnlo  vaeuus  ne  idem  illud  in  le  cadtit) ,  id  unum 
in  hoc  tempore  exopto  ut  nc  quid  simile  facias  mihi  alque  veternosus  pugil 
/"actus  medico ;  cctentm  esto  apud  te  ut  libel  {seu :  esto  aeger ,  insanus ,  ut  li- 
bet).'-'  N.icli  .Tacol)  S.  -'0  »o\[  V.  27  iroiiiscli  .sehi:  ,,cs  ist  erstaunlich 
dass  (In  die  Kranklieit  losgeworden  bist!"  ^cinc  übripe  Krklilninjj  liiinp:t 
mit  zwei  fixen  Ideen  zusammen,  der  Weseuspleieldieit  der  Satirc  nnt  der 
Komödie,  nnd  der  beanspruclitcn  Collegialitiit  des  Damasippu.s  mit  lloraz. 

**)  ,, Allerdings  ontliült  atqui  einen  Kinwurf  <ler  von  .\nssen  heran- 
tritt, scd  einen  Einwurf  di-r  aus  dem  voranjrehenden  Gedanken  sich  ent- 
wickelt. Dabei  kann  aber  doch  kein  Zweifel  sein  dass  auch  in  uns  •rleich- 
»am  anderswoher  ein  Kinwurf  in  eine  (ic<lankenreihe  einbrechen  kann, 
und  das  posehieht  hier  in  derselben  Weiso  wie  sicli  V.  U  IJama.sippus 
selbst  unterbricht."  „Atqui  »{cht  liier  einlenkend  und  abkühlend  =  Indess". 
Fr.  Jacob,  S.  20. 


Aiiiiicikmii;!'!)  zur  diilloii  S;ilii(',  75 

mit  Recht  als  sflnveror  dcun  ein  marbtts  luteris  capilisve  be^ciclmon 
liesse. 

V.  29.  Apitz  p.  112  macht  (Muon  unglücklichen  Versuch  capi- 
tis'jitf  g;ejjjen  Bcntley  zu  vertheidigen  durch  die  Stellen  I,  4,  115  f. 
(i/iiiilf/iif).  II,  1,67  f.  (faniosisqnc) ,  in  welchen  beiden  (juc  ebenso 
zulässig  ist  —  da  die  betr.  zwei  Punkte  sich  zu  einander  niclit  aus- 
schllessend  verhalten  —  als  es  in  unserer  Stelle  diess  nicht  ist. 

V.  'M).  Apitz  ]).  112:  „prononiinc  hie  nofi  aliler  quam  v.  23  et 
162  cxcinplum  proponiliir ,  iicqitc  fielo  quodam  Jkimasippi  gesln  indige- 
nms.  Cf.  Ep.  TI,  2,  61  sqq.''''  —  Das  Gegentheil  des  lelhai-gieiis  hat 
IMartial  XI,  28:  invasit  inedici  Nasicu  phrcnc Heus  Eueli  el  percidil 
Hylan.  Hie,  puto,  sanus  eral. 

V.  31.  Gegen  Kirchner's  Deutung  der  Worte,  von  welcher 
aus  der  Uebersetzuug  nicht  erhellt  ob  ev  sie  festgehalten  hat  oder 
nicht,  s.  Düntzer  11.  S.  339. 

V.  32.  Wäre  Bothe's  (p.  65)  Auslegung  {propc  orniies,  ulpolc 
slidliy  h.  e.  tiiaiur  pars  hapiinuin,  qiiac  maior  pars  cnnslal  shdlis)  richtig, 
so  würd(^  sich  Iloraz  mindestens  sehr  undeutlich  ausdrücken.  Aber 
prope  ist  vielmehr  eine  ^lilderung  der  Schroffheit  des  Systems  (vgl. 
auch  I,  3,  98.  Ep.  I,  6,  1.  18,  28.  Hand  Turs.  IV.  p.  603)  welche  be- 
weist dass  Damasippus  noch  nicht  auf  dessen  Höhe  steht.  El  heisst 
übrigens  hier  auch;  s.  Ilaud  Tursell.  II.  p.  527 — 529- 

V.  33.  Funkhänel,  Ztsch.  f.  A,  W.  1844,  p.  705  spricht  von  ei- 
nem singulare  ironiac  gcnus,  quod  Horalius  cos  quihuseum  aul  ipsc 
colloquilur  aul  alias  collnquenlcs  inlrodueil  lalia  dicciiles  facil  ul  invili  sc 
suaque  ipsi  irrideanl,  quac  ab  horutn  quidcm  j)Crsoi)is  alicna  sunt,  sed 
uon  a  salirarum  consilio  et  ralionc.  Dahin  rechnet  er  ausser  V.  35 
(sap.  barh.)'*)  namentlich  hier  crepal,  über  welches  Wort  er  be- 
merkt :  quam  aceommodatum  sil  arclalogorum  loquaeilati  cl  elamosac  va- 
uiloquentiac  non  est  quod  demouslrcm  .  .  .  Nequc  Horalius  knie  voeabulo 
lantum  dictilandi  vim  iribucrc  vidclur ,  scd  clamoris  aul  moleslac  repeli- 
tionis ,  ul  intelligatur  vox  sive  dolctitis  el  qucrcntis  sive  iaetantis  sirc  do 
cenlis  quac  facile  taedium  audienlibus  aß'cral.  Diess  weist  er  nacfi  an 
Od.  T,  18,  5.  Ep.  I,  7,  S4.  II,  3,  247.  Lucret.  II  extr.  Aehnlicli  Ila- 
berfeldt,  Düntzer,  Wüstemann,  Orelli,  AVeber  u.  A. 

V.  35.     Vgl.  Kirchner  zu  I,  3,  133.   S.  131. 

V.  37.  Zu  Ileindorfs  Ileispicdeu  für  die  Verhüllung  vor  dem 
Sterben  füge  Ilia  ehe  sie  sich  in  den  Anio  stürzt  bei  Ovid.  Amor. 
III,  6,  79  und  aus  Gcschichtschreibern  Capitol.  Pert.  11:  precalus 
Jovem  Ultorem  toga  captil  opcruil  atquc  a  cctcris  confossus  est.  Prokop. 
Goth.  III,  17:  öijaag  im  reo  ttqogmtcio  O-aij-iciziov ,  rovroi  rs  rovg  0(p- 
&c(ki.iovc:  y.akvtl^cqievog  i]Xc(to  ano  tijg  ye(pvQC(g  ig  ro  Tißtoißog  vöojo. 
In  solchen  Fällen  dient  es  offenbar  auclu  dazu  d(Mu  zum  Sterben 
Entschlossenen  den  Anblick  der  Gefahr  zu  entziehen ,   der  ihn  in 


*)  Auch  elalrem  Ep.   I,   18,  IS  preliört  daliin. 


76  Zweites  Bucli  der  Satiren. 

seinem  Vorsatze  erschüttern  könnte;  sonst  mag  es  das  Sclioiden  vom 
Lichte  bedeuten,  auch  wohl  den  Zweck  haben  den  Umstehenden 
den  Anblick  des  Todeskampfes  vorzuenthalten.  Vgl.  auch  Val- 
ckenaer  zu  Eur.  Hipp.  1458.    Lipsius  de  crucc  II,  2.  not. 

V.  38.    lieber  d  ext  er  s.  0.  Jahn  zu  Pcrsius  II,  11.  p.  122. 

V.  39.    Das  triviale  urget  hat  aucli  Ilaberfoldt's  Altdorf. 

V.  43.    Ueber  die  Quantität  von  mala  s.  Kirchner  zu  I,  2,  30. 

—  Meineke's  sfiillifies  wird  unterstützt  durch  das  Fehlen  von  cl 
in  Bas.  3  und  Gph.  1.  —  Die  schwach  vertretene  Variante  qttae- 
cumque  ist  offcid)ar  durch  die  Nachbarschaft  von  inseilia ,  sowie 
dadurch  veranlasst  dass  man  nichf  erkannte  wie  das  dem  zweiten 
quem  beigefügte  cumque  auch  zum  ersten  gehöre. 

V.  45.  atituma?'e  (sagen)  scheint  schon  in  der  cicoronischen 
Zeit  nicht  mehr  für  schriftmassig  gegolten  zu  haben ;  wenigstens 
findet  es  sich  bei  Cicero  selbst  niemals  (Orat.  49,  166  ist  ein  Citatj, 
dagegen  bei  Plautus,  Pacuvius,  Torenz ,  Lucilius,  L.  Attius  \rnd 
Atta.  Dass  es  in  der  Volkssprache  sich  erhielt  macht  unsere  Stelle 
wahrscheinlich. 

V.  50.  Der  Singular  utriqiie  entspricht!  zu  ängstlich  den 
äusserlichen  Anforderungen  der  Grammatik  als  dass  er  nicht  ver- 
däclitig  sein  müsste,  und  die  Hdsch.  die  ihn  haben  vermögen  ihm 
Avenig  Hülfe  zu  gewähren,  da  dieselben  —  auch  Altdorf,  gehört  zu 
ihnen  — ■  fast  alle  (ausser  Lips.  2  und  Dorv.  1 ,  über  welchen  letz- 
teren Kirchner  zu  V.  56  schweigt)  in  V.  56  das  unrichtige  variiiin 
haben.  Der  Pluralis  [ulrisqtie')  ist  um  so  berechtigter  da  aus  passiin 
palanles  zu  ersehen  ist  dass  der  Dichter  sich  keineswegs  mir  Zwei 
denkt,  vielmehr  ille  und  hie  Vertreter  ganzer  Partien  und  Rich- 
tungen sind;  überdiess  gebraucht  Horaz,  wie  Orelli  bemerkt  hat, 
mit  Vorliebe  den  Plural  von  ulcrquc :  s.  1,8,25.  (Für  iiirisqtic 
stimmte  auch  C.  II.  I\[üller,  dessen  sonstige  Erklärung  der  Stelle 

—  palanles  von  Aveidcnden  Schaflierden ,  ille  und  hie  auf  lra»ies  be- 
zogen —  in  .Jahn's  Jahrbli.  XXVI.  S.  206  angeführt  ist.) 

*  V.  57.  Ruenlis  ist  ohne  Zweifel  aufzufassen  wie  timentis, 
V.  54;  und  da  dort  nicht  ahslraelum  pro  couereio  steht  (sonst  müsste 
es  timens  heisscn),  sondern  zu  dem  Genitiv  sliilfifia  zu  wiederholen 
ist,  so  wird  wohl  auch  ruenlis.  Älasculinum  sein,  wofür  überdiess  die 
nachfolgende  ])ersönliche  Ausführung  spricht.  Davon  abgesehen 
ist  zuzugeben  dass  die  Bezi(>hung  auf  shillitine  möglich  wäre,  wofür 
Apitz  sich  auf  die  Pcrsonilicationen  der  inridia  ol)en  1  ,  76  ft".  und 
der  sliillilift  und  sii}>irnlia  bei  ('io.  '^l'usc.  \^  18  beruft.  —  Ucberflüs- 
sig  ist  Schnciilewin's  ((lött.  (Jel.  Anz.  IH55,  8.740)  \'orschlag  nmire, 
wodurch  überdiess  der  Parallelismns  mit  honesta  soror  zerstört 
würde.  Letzteres  wäre  jiicht  der  Fall  bei  HorkeFs  Einfall  nniela^ 
für  den  aber  sonst  auch  Nichts  anzuführen  ist.  Wenn  das  folgende 
honesta  soror  einen  Angenblii-k  lang  die  Voraussetzung  erwecken 
kann  dass   etwas  minder   IChrbares  iind   Züihtiges  vorausgegangen 


Anmerkungen  zur  dritlcn  Satire.  77 

sein  müsse,  wie  die  ainica,  so  beseitigt  sich  diess  gründlich  durch 
das  Nachfolgen  von  uxor ,  und  zwar  au  der  gleichen  Versstelle, 
und  ohne  dass  ein  Vertlieilcn  an  zweierlei  Personen  möglich  wäre. 
Zudem  ergäbe  sich  bei  der  Abtrennung  von  amica  eine  eintönige 
Aufzählung  von  ermüdender  Vollständigkeit ,  wogegen  durch  die 
Verbindung  von  amica  matcr  der  Vortrag  an  Raschheit  und  Leben- 
digkeit gewinnt.  —  Die  Stellen  I,  3,  38.  Ep,  I,  1,  20.  15,  21.  Cic. 
Phil.  II,  24,  58  hätte  sich  Fea  ersparen  können:  dass  amica  über- 
haupt sprachlich  zulässig  wäre  bedurfte  Avahrlich  keines  Beweises, 
wohl  aber  dass  sie  in  dieser  Umgebung  genannt  sein  könne. 

V.  00.  Kirchners  Interpunction  scheint  angemessen ,  da  sie 
die  Scene  mehr  individualisiert  und  zugleich  den  Vortheil  bietet 
die  phonetisch  und  rythmisch  gleichen  Worte  Fufius  und  ehrius  eini- 
germassen  auseinanderzuhalten.  —  Die  Ueberreste  der  Iliona  des 
Pacuvius  s.  bei  üibbeck.  Trag.  rom.  p.  83 — 86  und  dazu  ib.  p.  292  f. 
—  Cum  edormii  (vgl.  V.  277),  „statt  spielte  (wie  I,  5,  63  sallare 
Cyclopa)-  cum  Ilionam  dormientem  agit  sollte  es  heissen;  er  war  aber 
wirklich  auf  dem  Theater  eingeschlafen."  Kirchner  S.32.  Das  Prä- 
sens edormii  steht  Cwic  donall,  2,  56),  weil  oUm  eine  nähere  Be- 
zeichnung der  Zeit  durch  das  Zeitwort  unnöthig  macht ;  s.  Schnei- 
dewin  in  den  Göttinger  Gel.  Anz.  1846.  S.  967  if.  Fleckeisen  in 
Jahn's  Jahrbb.  LXI.  S.  65. 

V.  62,  Als  Entstehungsgrund  der  hier  übellautenden  und  dem 
Gebrauche  des  Horaz  widerstrebenden  Form  volgum  (oder  vidgiim) 
hat  Fea  unrichtige  Verbindung  —  mit  similem  statt  mit  cunclum  -^ 
vermutet.  Hinsichtlich  der  sachlichen  Beziehung  von  Imic  erroi'i 
scheint  Weber  S.  324  gegen  Heindorf  Keclit  zu  haben. 

V.  65.  Analog  dem  Gebrauche  des  griech.  dev  (vgl.  oben 
zu  V.  30,  S.  49)  scheint  es  richtiger  nach  esto  weniger  stark 
zu  interpungieren  als  vor  ihm.  Aber  mit  Düntzers  (11.  S.  343), 
von  Orelli  und  Dillenburger  befolgter,  Interpunction  (nach  cre- 
dilor  Punkt  statt  Fragezeichen)  kann  ich  mich  so  wenig  befreim- 
den  als  Kirchner,  da  bei  ihr  alles  Gefüge  und  Ineinandergreifen 
der  Satztheile  aufliören  würde  und  Horaz  ziemliche  stilistische 
Unbehülflichkeit  bewiese,  sofern  er  es  nicht  vermocht  hätte  das 
Verhältniss  derselben  auszuprägen.  Die  Sache  betreuend  so  ist  übri- 
gens von  der  nachfolgenden  Sophisterei  —  wobei  zwischen  Geld- 
gebeu  unter  der  ausdrücklich  ausgcsj)rochenen ,  zugesagten  und 
verbürgten  Bedingung  der  Zurückgabe ,  und  Geldgeben  unter  der 
Bedingung  der  Nichtwiedergabc  gar  kein  Unterschied  gemacht 
wird  —  sehr  zu  bezweifeln  dass  sie  je  aus  dem  Munde  eines  wirk- 
lichen Stoikers  gekommen  ist;  von  den  kynisch  gefärbten  könnte 
diess  mit  mehr  Zuversicht  ausgesagt  werden.  Vgl.  Weber  S.32j. 

V.  69  f.     Sieht  man  die  Worte  an  wie  sie  sind,  so  sollte  man 
meinen  der  Ilauptgegensatz  beruhe  auf  den  Zahlen  {decem  —  cen 
tum  —  7nille)   und  die   denselben  beigefügten  Substantiv  -  Begrifl'e. 


78        ■  Zweifes  Buch  der  Satiren. 

seien  wesentlich  gleichartig,  nämlich  Schuldurknnclen,  Formulare, 
Demgemäss  erklärt  man  ancli  gewühnlich,  z.  B.  Heindorf,  Beier 
(zu  Cic.  Ort'.  II.  p.  433),  Düntzer,  Orelli,  Weber  u.  A.  mit  uner- 
heblichen Abweichungen.  Aber  so  scheinbar  das  auch  ist,  so  ist  es 
in  der  Wahrheit  doch  nur  ein  Irrlicht.  Ist  es  schon  wunderlich  ge- 
nug dass  zehn  Schuldscheine  nicht  genügen  sollen,  sondern  hunderte 
verlangt  werden,  dass  zwei  verschiedene  Personen  in  einem  doch 
so  gleichen  Zusammenhange  aufgeboten  werden,  so  ist  der  eigent- 
liche Sumpfboden  doch  der  um  a  Nerio  heriim.  Dieses  soll,  parallel 
mit  Cicuiae,  so  viel  sein  als  lA'm/,  zu  erklären  aus  einem  im  Sinne 
liegenden  desumptas  oder  dictalas  (Ileindorf),  commoüalas ,  ab  eins 
formuUs  dcscriptas  (Mitscherlich  Rac.  Ven.  I.  p.  6) ,  wofür  man  sich 
auf  Cic.  ad  Att.  XVI,  7,  7  beruft:  edicium  legi  a  Bntlo  {acrrjtlmn), 
als  eine  nachlässige,  von  der  Convcrsationssprache  entlehnte  llede- 
weise.  Vgl.  Hand  Turs.  I.  p.  18  f.  Teipel  in  Jahn's  Jahrbb.  XXIV. 
S.  219 — 221.  Dabei  ist  dann  aber  nur  nicht  zu  begreifen  warum 
Horaz  nicht  vielmehr  wirklich  Nerii  gesetzt  hat,  das  metrisch  sogar 
noch  gelegener  gewesen  wäre.  Diess  führt  auf  die  Annahme  dass 
a  Ncrio  eine  technische  und  daher  nicht  zu  umgehende  Ausdrucks- 
weise sei.  Ebenso  ist  dcccm  technisch.  Wie  decem  und  öiy.u.  auch 
fjiiinfßie,  nivxE.  überhaupt  unzählige  Male  für  eine  runde  angenom- 
mene Zahl  steht,  Avo  wir  ein  Duzend,  ein  halbes  Duzend  sagen  (vgl. 
meine  Anmerkung  zu  Aristopli.  Nub.  10,  auch  Epist.  I,  18,  25  mit  den 
Intpp.  und  Plut.  Symp.  IX,  5,  1  >/  öeKccg  iv  zoig  agi^^ioig  xpcmcroi'), 
so  ist  insbesondere  in  den  Pandekten  decem  —  nämlich  milia  scsler- 
tium,  welche  AVorte  manchmal  auch  beigefügt  werden  (wie  sesieriimn 
Ä'  milkt  in  den  Formeln  bei  Gajus  IV,  21.  34.  41.  50;  X  milin  ib.  43, 
und  seslcrlia  X  ib.  III,  102.  113)  —  eine  ganz  stehende  Bezeich- 
nung für  eine  angenommene  Summe;  so  z.  B.  Dig.  II,  14,  27.  §.  6: 
Si  slipulalus  dcccm  mit  Stichum  u.  s.  w.  XXX,  104,  3  tl". :  damiias  esln 
hcrcdi  dcccm  dare.  XXXIV,  4,  6.  pr. :  quum  res  pro  rc  datiir,  iil  pro 
fiindo  dcccm ,  wo  Haloander  das  Glossem  atirci  mit  Recht  weglässt, 
wie  gleicli  §.  2  zeigt:  si  pro  fiindo  dcccm  Icffcnltir.  XLV,  1,2.  §.  I  : 
i/iiitm  dcccm  dari  slipulamur.  Ulpinii.  XXIV,  14:  Tiiio  homincm  ntil  dc- 
ccm /icrcs  7UCIIS  dato.  Ilienach  ergäbe  sich  für  unsere  Stelle  als 
nächster  Sinn  der  schon  von  Porjdiyrio  (iuris  verho  scriherc  csf  mtt- 
linnn  siimcrc)  und  dem  Comm.  Cru((.  angechMitete  und  durch  l'entloy 
ad  Ep.  II,  I,  105  nahe  gelegte:  gilt  dem  Nerius  eine  (^)uittuiij;  für 
(em|)fangene)  1000  H.,  oder,  wenn  eine  einfache  Quittung  dir  nicht 
genügt,  so  füge  noch  liundert  cfitilinncs  und  tausend  calcnnc  bei:  den- 
noch u.  s.  w.  Dabei  stände  scriherc,  als  (Korrelat  von  diciarc  V.76, 
in  dem  erweislichen  teclinischen  Sinne  des  Hescheinigens,  wie  in 
der  von  Heindorf  angef.  Stelle  Dig.  XII,  I,  40  pr. :  LccUi  est  — 
ctnitii)  hiiiiismiidi :  L.  7'iliiis  scripsi  me  acre/nssc  a  /'.  Mticrio  i/iiindrcim 
miiliiti  iiinncnda  mi/ii  de  domo:  vgl.  XXVI  ,  7,  D.  *?.  7:  /"/'•'"  elinm  sif-i 
creditam    jtcnmiiim    scrilicrc  potest:   auch   s,    XLIN',   4,    17-  pr.:    idcm 


Anmerkungen  zur  drillen  Satire.  79 

homo  ruslicanus  geiicro  scripsil  tisuras  ex  doiis  promissione  (mit  dem 
Folgenden,  wo  der  geticr  als  ex  chirographo  agcns  angenommen 
wird).  Indessen  ist,  Avie  schon  Heindort'  bemerkt  hat,  diese  Kr- 
klärung  darum  unmöglich  weil  in  der  ganzen  Stelle  nicht  der 
Schuldner  (der  die  Quittung  ausstellt),  sondern  der  Gläubiger  an- 
geredet ist.  Vom  Gläubiger  ist  scribcre  gleichfalls  technisch. 
Diess  zeigt  ausser  Plant.  Cure.  III,  40  (wo  der  Bankier  Lyko  sagt: 
mihi  isloc  nomine  —  dem  langen  des  Offiziers  — ,  dum  scribo,  cxplevi 
Iotas  ceras  qtiatliior)  ganz  besonders  Cicero  pro  Q.  Kose.  1 :  Eril  in 
illiits  (des  Klägers  Chaerea)  tabulis  hoc  ?iomen,  at  in  huius  (des  angeb- 
lichen Schuldners  Roscius)  twn  erit:  cur  potius  iUius  quam  huius  crc- 
delur?  ,,Scrij)sissel  iUe,  si  tiOJi  iussu  huius  expensum  tulisscl ?'■'•  JSon  scri- 
psissel  hie  quod  sibi  expensum  ferri  iussisset?  Nam  quemadmodum  Uirpe 
est  scribere  quod  non  debealur ,  sie  improbum  est  non  referre  quod  de- 
beas.  Aeque  euim  tabulac  eondemnantur  cius  qui  verum  non  rellulil,  et 
eius  qui  faJswn  perseripsil.  Diese  Stelle-  beweist  dass  scribere  (nnd 
perscribere)  vom  Eintragen  eines  (ausgeliehenen)  Postens  durch  den 
Ansleiher  (nunmehrigen  Gläubiger)  gebraucht  wird,  welchem  an- 
dererseits referre  entspricht,  das  Eintragen  des  (als  Aulehen  ein- 
genommenen) Postens  durch  den  nunmehrigen  Schuldner  in  sei- 
nem Kechnungsbuche.  In  jenem  Sinne  steht  perscribere  auch  bei  Cic. 
ad  Att.  IX,  12,  3:  viri  boniusuras  perscribunl  und  Plaut.  Truc.  53:  pro 
tabulis  ubi  aera  perscribuntur  usuraria;  in  weitcrem  aber  bei  Cic. 
Verr.  V,  19,  48:  perspicio  — pecunias  isli  (dem  Verres)  erogalas  in 
ttperum  localiones  falsas  esse  perscrijHas  und  p.  Place.  19,  44:  pecu- 
niam  maiorem  cum  huic  (F/acco)  darent  in  aedem  s'aeram  reßciendam  sc 
perscripsisse  dicunt:  wie  tinch  perseriplin  Phil.  V,  4,  11:  sesferlium  sc- 
ptiens  milicns  falsis  pci'sci-iptionibus  donalionibusquc  avertit,  vgl.  ad  Att. 
IV,  1«.  XII,  51,  und  geradezu  vom  Schuldner  ad  Att.  XVI,  2,1: 
de  rublilio,  quod  perscribi  (an  ihn  bezalilt  werden)  oportet  moram  non 
pulo  esse  faciendam.  Ueberliaupt  wird  scribere  mit  seinen  Compo.sita 
von  einer  ganzen  grossen  und  manchfaltigen  Gattung  von  Geldge- 
schäften augewendet,  welche  zu  Kom  mindestens  schon  in  der  Zeit 
des  Plautus  neben  der  in  Metallwerthen  als  vollkommen  gleichbe- 
reclitigt  und  sogar  noch  häufiger  angewendet  hergeht,  der  schrift- 
lichen mittelst  Eintrags  in  die  Rechnungsbücher  (Belasten  und 
Gutschreiben) ,  Anweisungen  auf  die  argenlarii,  Verschreibungen 
u.  dgl.  Zusammengestellt  sind  beide  Gattungen  bei  Suet.  Caes.  42: 
si  quid  usurac  nomine  numcratum  aut  perseriplum  fuissel  und  besonders 
(j'ic.  ad  Att.  XVI,  2,  I  :  cum  videas  quantum  de  iure  nostro  decesseri)nus, 
qui  de  residuis  CCCC  HS.  dueentn  praesentia  solverimus,  rcliqua 
rescrihamtiSy  d.  h.  durch  Anweisung  zurückzahlen,  wie  Ter. 
Phorm.  V,  7,  29:  iUud  mihi  argcnlum  rursum  iubc  rescribi,  wo  Do- 
natus  erklärt:  rescribi,  reddi,  scu  per  mcnsae  scripturam  dari;  eigent- 
lich: lasse  es  wieder  auf  meinen  Namen  zurückschreiben;  vgl. 
Au,son.  Epist.  V,  23:   praedictos  iam   nunc  rcscribe  Darios,  und   un- 


80  Zweites  Buch  der  Satiren. 

ten  V.  76.  So  iratisscriberc  bei  Virg.  Aen.  VII,  422:  Turne,  paliere 
iua  Dardaniis  transscribi  sceplra  colonis ,  und  disrribere  bei  Ter. 
Phorm.  V,  7,  30  (zurückgeben  soll  icli  das  Geld):  giiodne  cgo  di- 
scripsi  (wie  der  Bembinus  hat)  porro  Ulis  quibiis  debui  (das  ich  an 
meine  verschiedenen  GLäubiger  abgegeben,  vertheilt,  somit  selbst 
nicht  mehr  habe)?  So  Plaut.  As.  II,  4,  34:  scribit  niimmos  =  be- 
zahlt das  Geld.  Diese  sachlichen  und  sprachlichen  Verhältnisse 
hat  W.  Kein  behandelt  in  seinem  Rom.  Privatrecht  S.  324  und  in 
Pauly's  Keal-Enc.  I.  S.  716,  unter  Anwendung  auf  unsere  Stelle  in 
Mützell's  Ztschr.  f.  d.  Gymnasialw.  VII  (l853)  S.  301,  und  letztere 
Erörterung  ist  nach  Mittheilungen  von  OGK.  Schmid  in  "Wol- 
fenbüttel ergänzt  und  erweitert  worden  durch  G.  T.  A.  Krüger  in 
der  Vorrede  zur  zweiten  Aufl.  seiner  Ausg.  der  Satt.  u.  Br.  S.  XI 
— XV.  Namentlich  ist  hier  der  technische  Gebrauch  wie  von  de- 
cem  so  auch  der  Präposition  «  näher  besprochen,  von  demjenigen 
auf  dessen  Kasse  mau  eine  zu  machende  Zahlung  anweist.  Dare, 
solvere,  numerare  ab  aliquo  bedeutet  nämlich  bezahlen  mittelst  An- 
weisung aiif  Jemand,  aus  dessen  Mitteln,  im  Gegensatz  zu  der  Be- 
zahlung aus  eigener  Kasse  {ex  arca  oder  de  domo),  so  dass  mit  « 
gleichsam  der  Bezogene  (Acceptant)  genannt  wird.  Voi-aussetzung 
ist  dabei  dass  dieser  dem  Ausstoller  entweder  schuldig  ist  oder  ihm 
Credit  schenkt.  Verhältnisse  dieser  Art  waren  in  Rom  um  so 
häufiger  je  mehr  es  Sitte  wurde  dass  die  Gapitalisten  —  welche 
keine  Zeit  hatten  ihre  Silbervorräthe  zu  hüten  —  ihre  disponiblen 
Baarmittel  den  argenlarii  übergaben,  als  Depositum  (und  daher  un- 
verzinslich) oder  als  Anlehon  (^ri-ediliitn),  und  nun  ihre  eigenen  Ver- 
jiflichtungon  mittelst  (persönlicher,  mündlicher,  oder  schriftlicher) 
Anweisungen  auf  ilnen  Bankier  tilgten.  Aber  auch  wer  kein  Gut- 
haben bei  einem  Bankier  hatte  konnte  doch  auf  ihn  einen  Wechsel 
ziehen,  wofern  er  bei  diesem  Credit  genoss  und  gegen  Aufrech- 
nung der  üblichen  oder  vertragsmässigen  Zinsen.  Die  Stellen  wo 
sich  jene  Ausdrucksweise  findet  sind  sehr  zahlreich.  (Vgl.  Hand 
Turs.  I.  1).  16  f.)  So  Plaut.  Cure.  V,  2,  20:  rem  solri  a  irnpezita  ineo. 
Cic.  ad  Att.  VII,  18,  4:  fraler  Inborcd  iil  tibi  <juod  debcl  ab  Eijnalh  sol- 
?;a^-vgl.  ib.  V,  21,  II.  p.  Cacc.  6,  17.  IManc.  42,  103.  Plaut.  Capt. 
II,  3,  89:  sequercmc,  viatinim  ul  dem  hitic  u  Inipezila  tibi.  Cic.  p.  Place. 
1<),  44:  si  praetor  dedil  {Fliiieo  /)eriini((m)  a  t/uaestore  niimerarit,  t/utiesior 
a  mensa  publica  (Staatsl>ank),  mensa  aul  ex  vecliyali  aul  ex  tributo.  So 
dann  auch  von  testamentarischen  Anweisungen  (z.  B.  Jjegaten)  auf 
Jemand.  Dig.  XXXIV,  4,  6.  §.  1  :  si  id  quod  a  Tilio  dedi  a  Maerin 
dem,  wofür  nachher  quod  Titium  dare  damnavi  gesetzt  ist.  Ulpian. 
XXIV,  16:  pO'il  mnrb'm  fieredis  lei/ari  nun  /tolesi ,  ne  ab  fieredis  /ierede 
legari  videalur.  Dig.  XXX,  j3.  I  :  si  /iiiidum  mihi  legaverat  ab  impubere. 
Cic.  p.  ('lu.  12,  33:  (uxori)  leslameido  legal  grandem  peeuniam  a  filio,  si 
qui  Uidiis  essel :  ab  seeundo  /ierede  nilnl  legal.  Toj).  3,  14.  4,  21.  ad 
Att.  XIII,  ^6,  3.  Dig.  XXI.\,  I  ,  13.  i^.  4:  quam  mites  in  leslamenlo  sa<> 


AnmorkungPii  zur  drillfn  S.iliro.  Sl 

serro  —  rl  a  primo  cl  a  srcmido  /ic/'rdr  prr  /idrironimissiiin  licrcüihilt'in 
reliqucril.  XXXV,  2,  23.  §.  I  o  Uberlo  riii  /'itnduin  leganeral  per  fiilei- 
commissum  Seiuc  unntia  dcccm  (s.  S.  78)  drdil.  Dem  analog  ist  nnn 
auch  scribcre  ab  aliquo ,  wofür  ich  zAvar  keinen  dirocten  Belog- 
kenne,  wolil  aber  für  pcrscribcre  Liv.  XXIV,  18  extr. :  si  i/tiid  em- 
plinn  ptiralinnque  pitpiUis  ac  vidiiis  fotyf  a  qiiacslore  pcrsrribelmliir,  cl.  li. 
Käufe  nn»l  Anscliart'ungen  für  d'w  Wittwen  (welche  ihr  baares  (iehl 
an  die  Staatskasse  abgeliefert  hatten)  wurden  durch  schriftliche 
Anweisungen  auf  den  (^uästor  bewerkstelligt*);  und  die  Fülle  der 
analogen  Verbindungen  ersetzt  jene  zufällige  Seltenheit  dieser  ei- 
nen. Diese  Seltenheit  kann  uns  daher  nicht  hindei'n  in  iniserer 
Stelle  scribe  dcccm  a  Ncrin  denigemäss  zu  erklären :  leihe  (Jemandem) 
eine  gewisse  Summe  mittelst  des  Ncrius  (in  Gestalt  einer  Anwei- 
sung von  dem  fraglichen  Betrage  auf  Nerius),  und  wenn  dir  an  die- 
sem Sichernngsmittel  noch  nicht  genug  ist,  so  füge  u.  s.  w.  Das 
Sicherungsmittel  besteht  nämlich  darin  dass  der  Bankier  Nerins 
die  anf  Anweisung  des  Ausstellers  an  den  Nehmer  (Uemittenten) 
gemaclite  Zalilung  in  seine  Büclier  eingetragen  hat,  Avorait  sicli  ein 
nach  römischem  Rechte  zureichender  Beweis  dafür  dass  der  Kemit- 
tent  von  dem  Aussteller  (Trassanten)  die  betreffende  Summe  erhal- 
ten habe  und  ihm  schuldig  sei  herstellen  Hess  (vgl.  Dig.  XL VII,  2, 
27-  §•  1  si  r/iiis ,  qiiiiin  alias  probaiiotu's  mcnsacque  scriphiram  liaherel, 
chirofjraphi  furtum  passus  sif  etc.).  AVar  doch  das  Ilausbucli  des  Gläu- 
bigers allein  schon  genügend  eine  vollkomuien  bindende  liiteral- 
obligation  h(>rznstellen  (Rein,  Privatrecht  S.  S2j  und  in  Real-I^nc. 
IV.  S.  1103.  V.  S.  679.  Baumstark  Ebds.  III.  S.  458  f.).  Wenn  die- 
ser Nerius  überdiess  als  ein  genauer,  gewissenhafter  Geschäftsmann 
bekannt  war,  so  konnte  diess  den  Credit  seiner  Bücher  nur  erhöhen 
und  mnsste  somit  der  Umstand  dass  die  Zahlung  an  den  Schuldner 
durch  seine  Vermittlung  erfolgt  war  in  den  Augen  des  Gläubigers 
eine  stai'ke  Sicherung  sein.  Nichtsdestoweniger  genügt  sie  dem  in 
unserer  Stelle  vorausgesetzten  nicht:  er  lässt  sich  noch  Schuldver- 
schreibungen ausstellen  {lalnduc  in  ähnlichem  Zusammenhange  bei 
Oic.  ad  Att.  IV,  18,  2:  hacc  jtaclio  non  vcrhis.  sed  nominihus  ei  pcrsrrip- 


*)  So  Rein,  Privatrecht  ,S.  324.  Den  Worten  nach  wäre  e.s  gemäss 
den  früher  an^ofiilirten  Stellen  ancli  mö<:flich  zu  erklären:  wurden  von 
dfiii  Qiiästor  i'inp^e tragen  —  als  Schuld  der  Staatskasse  gegen  die  Xev- 
käiifer.  Aber  dann  wäre  ja  dieselbe  Schnhl  der  Staatskasse  doppelt  auf- 
geführt: als  Ganzes  in  der  Form  eines  Gntliabcns  der  Darlciherinu  ,  und 
in  Theilen  als  (iiithaben  jener  \'erk;iufer.  Noch  weniger  kann  es  bedeu- 
ten: wurde  von  dem  Q.  eingetragen  —  als  .an  jene  Verkäufer  und  d.amit 
an  die  (xläubigerinn  gemachte  Zahlung  der  Staatskasse  (somit  al.s  abzu- 
rechnendes Soll  der  Glänbigerinn).  I)enn  das  würde  voraussetzen  dass 
jene  "N'erkäufer  dinch  die  Staatskasse  Ijaar  befriedigt  worden  wären,  wäli- 
rend  es  dieser  an  baareni  Gelde  dtieh  gerade  fehlte  und  alle  damaligen 
Vorkehrungen  darauf  zielten  ihr  Haarzaldnngen  abzunehmen  und  ba.ircs 
Geld  zuzuführen. 

UOriATII   SAT.   II,  2.  6 


82  Zweites  Buch  der  Saliren. 

tionihus  multorum  iahiiUs  cum  esse  facta  dicerehir  und  Big.  XL  VIT,  "2, 
'11  pr. :  qai  tabuhis  rel  caulioncs  amorel  fitrti  Iciiefur  n.  s.  w.  Fremil- 
wörter  für  solche  Scliuklschcine  sind  si/nf/rap/ia  nnd  chirofjrajihum 
(s.  Rein  in  Real-Enc.  VI,  2.  S.  J537  f.),  und  zwar  in  3Ielirzalil,  tiir 
den  Fall  dass  etwa  die  Urkunde  verloren  gehen  sollte  (Dig.  1.  1. 
§.  1  :  quwn  possil  dcbitum  aliumle  probarc ,  quemadmodum  si  in  hinis  la- 
bulis  inslnnne?ilum  scriptum  sit:  nam  uiliil  videtur  deperdere ,  si  futurum 
est  ul  alio  rhirof/raplio  salro  sccurior  sit  eredilor),  ttberdiess  mit  allen 
möglichen  Kochtsvorbehalten,  Verclausulierungen  und  Schlingen. 
Trotz  alledem  ai»er  kann  ein  verschmitzter  und  frecher  Schulduer 
doch  seine  Schuld  ableugnen  (V.  7l). 

Dass  Kirchner  nach  non  csl  satis  ein  Fi-agezeichcn  gesetzt  hat 
wird  bei  dieser  Erklärung  doppelt  zu  billigen  sein. 

V.  72.  rapies  in  ins  s.  Kirchner  zu  I,  9,  77.  S.  319,  wo  je 
doch  die  "Worte  „vor  die  Geschworenen"  unrichtig  sind.  Die  Va- 
riante iura  ist  offenbar  aus  ^[issverstäuduiss  von  mnlis^  dessen  erste 
Silbe  man  für  kurz  nahm,  entstanden.  —  malis  ridenle m  alienis 
erklären  llnschke  zuTibull.III,  6,  30.  Göller  zu  Thukyd.  I,  70  und 
G.  T.  A.  Krüger  in  .Jahns  .Tahrbb.  LXVIII.  S.  296  f. ,  sowie  in 
seiner  Ausg.  durch  n  risu  alienis,  was  Krüger  von  innerlichem  La- 
chen versteht ,  ,,so  dass  der  Gläubiger  es  nicht  merkt,  indem  das 
Gesicht  das  Lachen  nicht  erkennen  lässt,"  was  mir  aber  weder  den 
Worten  noch  dem  Zusammenhange  zu  entsprechen  scheint.  Wer 
würde  je  ein  heimliches  Lachen  bezeichnen  als  ein  Lachen  mit 
fremden  Backen?  Und  welchen  Grund  hätte  der  Schuldner  seine 
wirkliche  Stimmung  zu  verbergen,  die  zuversichtliche  Hoffnung  auf 
Sieg  die  er  hat  und  durch  die  er  vielleicht  sogar  den  Kichtev  einen 
Augenblick  lang  irre  machen  kiinnte,  diese  nicht  zu  zeigen? 
Auch  die  von  Ilaberfehlt  und  Ileindorf  augeführte  Stelle  Val.  Fl. 
Vlir,  164  beweist  lediglich  nichts  für  die  Krüger'sche  Deutung. 
Dort  sagt  Medea's  Afutter :  Aber  meine  Klagen  über  den  Entführer 
meiner  Tochter  sind  unberechtigt:  sie  selbst  hat  es  ja  so  gewollt, 
sie  ist  in  .Tason  verliebt  (V.  1 J9).  Diese  Erkenntniss  lr»st  ihr  das 
Räthsel  von  Medea's  auffallendem  lienehmen  seit  der  Ankunft  der 
fremden  Männer,  ihre  Appetitlosigkeit,  Ctleichgültigkeit  gegen 
Putz,  ilire  IMässe,  ihr  Seufzen,  das  Fnstäte  ilires  Blickes.  In  tlie- 
ser  Reihe  von  Zeichen  der  Verliebtheit  lieisst  es  dann:  fmc  erat  — 
f/uod  —^  non  ul/us  tilii  lunc  colur  —  aluue  nlienn  gaudia  voitu  semprr  erant .' 
Das  kann  doch  gewigs  nicht  heimliche  Freude  bedeuten,  wie  Krü- 
ger es  erklärt:  wie  würde  die  zu  der  Blässe  und  den  Seufzern  pas- 
sen? und  wolicr  wüsste  di(>  Mutter  überhaupt  von  dem  l)as»>in  die- 
ser Fretide,  wenn  ihre  'J\»rhter  so  gar  nichts  davon  merken  Hess? 
Vielmelir  war  M(>dea  ,  als  unghicklich  Liebende,  bpfrübi ,  nn«l  die 
(»ffizielle  Heiterkeit  die  sie,  um  nicht  gar  zu  sehr  ;iufznfallen,  zei- 
gen imisste  w.Tr  eine  «-rzwungene;  das  (»esidit  welches  Heiterkeit 
an   sich   tnig   war  nirlit   ilir    eigenes,    sondorn  ein   angenommene-. 


Annicrkungon  zur  drilton  Satiro.  83 

fremdes.  So  steht  aucli  dort  nlirnus  m  dem  einzig  richtig'en  und  na- 
türlichen Sinneden  eslialten  kann,  als  (oontvadictorisflier  oder  con- 
trärer)  Gec^ensatz  von  siiiis;  und  so  können  auch  bei  lloraz  fremde 
Backen  nur  solche  sein  welche  nicht  die  eigenen  sind.  AVas  heisst 
nun  aber  mit  Backen  lachen  welche  nicht  die  eigenen  sind?  liaacke, 
Qnaest,  Hör.  Spcc.  II  versteht  es  von  unwillkürlichem,  unfreiwilli- 
gem Lachen,  indem  er  sich  den  Schuldner  als  hinnincm  Icvcm,  caUi- 
flinn  ,  faUaccm  denkt,  qui  in  ins  raplus  periculum  ila  adirct  iil  spcin  iii- 
dicii  fallcndi  cl  ex  laqucis  omnibus  scse  cxpedicndi  male  (euere f  alque  in 
vilns  cl  quasi  aliena  vi,  fwn  siia  vohnüalc  et  lihidinc  pcrmolus,  in  7-isum  eri/m- 
perel  apcrlum.  Also  der  das  Lachen  nicht  unterdrücken  kann. 
Aber  auch  hier  muss  ich  bezweifeln  dass  je  ein  vernünftiger  ]\I('usch 
Jemanden  der  mit  einem  Gelächter  herausjjlatzt  als  einen  Solclien 
bezeichnen  werde  der  mit  fremden  Backen  lache,  während  er  doch 
vielmehr  gerade  seine  eigenste  Stimmung  nur  nicht  länger  zu  be- 
mänteln im  Stande  ist.  Gesner  meint,  die  fremden  Backen  seien 
die  des  Gläubigers,  auf  dessen  Kosten  er  lache.  Aber  da  der  Gläu- 
biger in  unserer  Stelle  der  Angeredete  ist,  so  müsste  es  statt  alienis 
heissen  inis -.  auch  heisst  mit  Jemandes  Backen  lachen  nicht:  zu  des- 
sen Schaden,  sondern  vielmehr:  aus  dessen  Stimmung  heraus;  und 
diese  ist  bei  dem  Gläubiger  nicht  so  dass  er  lachen  möchte.  An- 
dere (wie  Ilaberfeldt,  Kirchner  S.  33  und  in  der  Ucbersetzung, 
Düntzer  V.  S.  257)  verstehen  mit  Lambin  den  Ausdruck  von  er- 
zwungenem, simuliertem  Gelächter.  Keine  Frage  dass  er  diess  an 
sich  bedeuten  könnte;  denn  ein  solches  Lachen  ist  wirklich  nicht 
•das  eigene,  sondern  gleichsam  aus  einer  fremden  ]\.olle  heraus. 
Nur  aber  passt  ein  solcher  Sinn  nicht  in  unsere  Stelle;  denn  er 
würde  besagen  dass  dem  Schuldner  doch  eigentlich  bei  der  Sache 
nicht  wcdil  zu  AEute  sei,  was  aber  mit  dem  ganzen  Zusammenhange 
und  insbesondere  mit  dem  folgendem  Verse  in  Widerspruch  stände. 
Ihre  Quelle  hat  diese  Deutung  aber  auch  nicht  in  der  horazischen 
Stelle,  sondern  vielmehr  in  der  bekannten  homerischen  (Odyss. 
XX,  347).  Dort  ist  der  Freier  «(T|3fCfroc  yiXoic  allerdings  kein  na- 
türliches, weil  dabei  o6(5s  Grpecov  öay.ovocpiv  m^iixlccvro  (V.  34Hf. ); 
alter  was  beweist  das  für  unsere  Stelle?  Wenn  damit  über  die  Aus- 
legung der  itnsrigen  etwas  (mtschieden  sein  sollte,  so  müsste  man 
zuvor  wissen  nicht  nur  dass  Iloraz  diese  homerische  vor  Augen 
gehabt,  sondern  auch  dass  er  sie  wirklich  in  dem  angegebenen 
Sinne  verstanden  habe.  Keines  von  beiden  aber  wissen  wir,  und 
es  ist  sehr  möigliih  dass  Iloraz  ,  auch  wenn  sie  ihm  im  Sinne  lag, 
durch  die  l'rädlcierung  als  äoßearog  sich  verführen  Hess  yray^^ioiOi 
yeXokov  aXkoTQioiGiu  gegen  den  dortigen  Zusanuneniinng  —  den  er 
sich  nicht  vergegenwärtigte  —  als  unbändiges  liachen  aufzufassen. 
Jedenfalls  hat  er  — •  und  darin  stinnnen  wir  mit  Ilcindorf,  Grclli, 
Weiter,  Fnnkhänel  a.  a.  ().  S.  703  u.  A.  überein  —  sein  malis  7-iden 
(cm  alienis  so  verstanden  und  verstanden  Avissen  wollen,  als  ein  La- 

6* 


84  Zweites  Biicli  der  Satiren. 

chen  wobei  mau  seine  Backen  heliandelt  als  wären  sie  nicht  die 
eigenen,  keine  llücksicht  auf  das  für  sie  Zuträgliche  nimmt,  sie 
der  Gefahr  des  Berstens  aussetzt,  wie  wir  sagen  sich  krank  lachen. 
Diess  ist  xim  so  zuverlässiger  als  damit  unsere  Stelle  sich  nin-  der 
langen  lleihe  derjenigen  auschliesst  avo  derselbe  Gedaidce  und  Ge- 
gensatz sich  lindet:  nicht  nur  Tliukyd.  I,  70  geliört  hielier  und  Lu- 
kian.  Luc.  '2'2  tm  TQCCuixart  (og  cIXotquo  i-xißuLvov  ^  sowie  Gregor's 
von  Nazianz  Ausdruck  über  die  Märtyrer,  sie  hätten  Alles  geduldet 
(ögTtcQ  iv  akkoTQLOig  GOifiaaiv,  sondern  aucli  die  von  Funkhänel  ange- 
führte Isoki".  Paneg.  :>4  =  86:  0)G7tSQ  ii>  aXkoxQiaig  i^jv^ciig  f.i£i.Xovreg 
y.ivövvsvHv ,  und  Orelli's  Beispiele,  Isokr.  de  pace  1"2,  Jjysias  Epi- 
taph. 24;  ferner  Joseph,  b.  iud.  V,  12,  4:  Tag  "^v-jf^ug  ■iioQLGuvng  uno 
Tcov  aa)j.iuT(au  aji,(pOT£QOig  cog  äXXoT(iLOtg  iyjjcoi'zo,  und  VII,  9,  I  :  'j^u&a- 
TCiiJ  cdXoroiuig  x^qgIv  v7iovQyov[.ievoi,.  Sodann  von  lateinischen  Schrift- 
stellern ausser  den  von  Orelli  erwähnten  Stellen  Sen.  de  dem.  I, 
12  und  Cous.  ad  Helv.  3  auch  Liv.  VI,  36:  vociluis  uliems  id  mo(U>  ijuoil 
domi praeceplum  erat  inlcrccssioni  suae  praelctulcbanl,  sowie  Justin.  II, 
9,  Jl  von  den  Athenern  bei  ^Marathon:  tavrjuam  alienis  (miniis ,  nou 
suis,  periclikUiiri  jjrociirrcbanl.  Und  wenn  Tyrtaios  fr.  9,  5  sagt 
i'/^d-Qau  jiifi'  ilfvx^v  ■d'ij.iEvog  u.  s.  av.  ,  so  ist  diess  im  Wesentlichen 
das  Gleiche,  nur  noch  in  gesteigertem  Masse. 

V.  73.  L)ic  von  Kirchner  gewählte  Interpiinction  könnte  ich 
nur  dann  als  eine  Verbesserung  erkennen  wenn  das  fragliche  Snli- 
ject  ursprünglich  ein  aper  wäre,  wie  das  in  I,  I,  J7  ui'sprünglieh 
ein  iuris  ronsullus  ist.  Vielmelu"  ist  jedoch  aper  nur  als  erstes  (ilicd 
in  einer  licihc  von  Verwandlungen  aufgel'ührt.  Dagegen  billige 
ich  vollkonunen  seine  Interpunction  in  V.  74 ,  da  es  mir  als  das 
Natürlichste  erscheint  dass  wie  insani  und  scDii ^  so  auch  nude  und 
bcuc  einander  entsprechen. 

V.  7G.  Uc'ber  rescrihc rc  s.  zu  V.  69  f.  (oben  S.  79),  wonach 
das  von  Kirchner  zu  I,  2,  16  Gesagte  zu  berichtigen  ist. 

V.  77.  Uel)er  In  gam  compo7i  erc  hiü  Orelli  (trotz  Düntzer's 
Widerspriicli,  II.  S.  344  Anm.  und  V.  S.  257)  das  liichtige.  Nur 
war  nicht  der  Begriff  des  Anständigen  hervorzuheben,  denn  der 
Zweck  des  Ordnens  ist  vielmehr  dass  der  Hörer  nicht  etwa  durch 
nachträglich  sich  ergebende  Inconvenienzen  genöthigt  werd(>  seine 
Aufmerksamkeit  von  dem  Sernum  ab  und  auf  seine  Toga  zu  lenken. 

V.  7H.  Ehrsuclit  und  llal)gier  zusannnengestellt  wie  1,4,  26. 
Wenn  .Incob  S.  I4  meint,  (trijeulum  in  dem  Sinne  von  Geld  sei 
dem  römischen  Idiom  fremd  und  ein  (Jräcisnms  des  Iloraz  .  so  ist 
zti  entgegnen  dass  urnnilitni  hier  so  wenig  als  anderswo  (z.  H.  (5,  |(». 
I,  I,  H6.  l''i>.  I,  2,  44)  oder  als  auruin  unmittelbar  Geld  bedetilet, 
sondern  Sill)er,  nur  dass  dabei  an  gemünztes  gedacht  ist. 

V.  Hl.  Dass  bei  der  Interpunction  vor  ros  das  docli  in  der 
Thesis  stellende  l'ronomen  vos  ,,ein  ganz  iinverhältnissmässiges 
Gewicht"  erhielte  (Weber  S.  326)  kann  ich  nicht  iimleii.     .Vnderer- 


Anraerkiinscil  zur  diilltn  Saiiic.  85 

seits  scheint  es  iiiir  ;il)cr  aiu-li  dass  die  Aiiscinaiiderlialüiiig  von 
onim'S  lind  vus  olme  (Te\valt.sauikeit  sich  iiiclit  hewirkeu  lasse,  und 
was  Diinizer  (11.  8,  'M4  f.),  Orelli  un<l  Wiisteniann  gegen  die  Hein- 
dorfsche  Interpunetion  einwenden  scheint  mir  niclit  ganz  stichlial- 
tig.  Der  Krstere  sagt:  „Nach  Ileindorf  würde  der  8atz  lieissen : 
während  icli  zeige  dass  ihr  närrisch  seid  tretet  herzu;  aber  das 
Herzulreton  wird  doch  gedacht  ehe  der  spccielle  l^eweis  für  die 
einzehie  lioidenscliaft  geführt  wird."  Iliebei  wird  wohl  in  diüii  zu 
\  iel  hinein  gelegt.  Das  Herantreten  soll  gleichzeitig  mit  der 
Erwähnung,  gleichsam  dem  Aufruf,  erfolgen,  d.  h.  unmittelbar 
darauf.  Der  Dichter  sagt  also:  Ihr  Tlioren  alle  konnuct  zusammen 
und  tretet  einzeln  der  Reihe  nach  vor,  wie  ich  jeden  von  eucli 
vornehme.  Omncs  kann  von  vos  nicht  getrennt  werden,  da  nicht 
abj^oliit  alle  Menschen  —  ein  IVfensch  ist  ja  auch  der  sapiens  - — 
Narren  sind,  sondern  nur  die  sUiUi,  die  eben  in  unserem  Satze  an- 
geredet werden  und  von  denen  unmittelbar  zuvor  eine  in  den 
Hauptarten  und  gegenüber  der  folgend(;n  Ausführung  so  vollstän- 
dige Aufzählung  gegeben  w-ar  dass  man  sieht  sie  sollte  die  Ge- 
sammtheit  der  Thoren  vertreten. 

V.  83.  Der  Zusannnenstos«  von  a?i  Aiilici/fam  hat  für  das 
antike  Ohr  nichts  Anstössiges.  Vgl.  meine  Bemerkung  zu  Aristoph. 
Nnb.  77.    So  daselbst  V.  776  «V  ccvrtöiKÖöv  und  Pac.  6:27  «V  avögm'. 

V.  8t.  Andere  des  Namens  Stabe rius  s.  in  der  Real-Enc. 
Vr,  1.  S.  1388.  Es  ist  übrigens  ein  Beispiel  für  die  avarida  zunächst 
nur  in  dem  Einen  Sinne  des  AVortes,  als  Habgier,  Sucht  mögliclist 
viel  zu  besitzen.  Möglich  dass  er,  um  so  viel  bis  an  sein  Ende  zu 
behalten,  zugleich  auch  geizig  war.  Doch  tritt  weder  das  Eine 
noch  das  Andere  in  der  Beschreibung  scharf  hervor. 

V.  86.  Damnali  in  dem  Sinne  wie  in  der  oben  S.  78  ange- 
führten l'andektenstelle  XXX,  104,  3  und  oft,  z.  B.  ib.  45,  1:  hcrcs 
fjeneraUler  dare  damnattis :  aus  der  lex  Falcidia  (Dig.  XXXV,  2,  1  pr.)  : 
is  hcrcs  qw\  eam  pcctiniam  darc  iussiis,  damnalus  cril,  enm  pccuriiatn  dc- 
belo  dare  quam  damnatus  est.  XIX,  I  ,  5  pr. :  si  hcrcs  teslamcnto  quid 
vcndere  damuatus  Sit.  XLIV,  4,  8.  '5^.  I  :  si  hcrcs  damnalus  sif  imu  pc- 
ler e  a  dcliilorc  u.  dgl. 

V.  89.  hoc  ist  nicht  mit  Heindorf  auf  die  Voraussicht  des  Ta- 
dels, sondern  auf  die  ganze  testamentarische  Bestimmung  zu  bezie- 
hen, welche  Stertinius  ironisch  vertheidigt:  ich  halte  sie  für  wohl- 
begründet, ganz  gerechtfertigt.  Da  dicss  voraussetzt  dass  gute 
Gründe  sich  dafür  anführen  lassen,  so  wird  nach  diesen  mit  7//»/ 
cryn  u.  s.  w.  gefragt:  wenn  es  denn  also  begründet  war,  welclies 
war  der  Grund? 

V.  03  f.  perisscl —  vidcrctur  verdient  schon  als  Icctio  dif- 
ficilior  den  Vorzug,  und  es  ist  keine  Enijtfeiibing  für  den  von  Kirch- 
ner so  übermässig  hoch  gestellt(!n  Lips.  '2  dass  er  die  kurz(birmige  Cor- 
rectur /jc/'/rr/ hat.    Es  ist  aber  auch  das  logisch  Kichtigere.  Hier  wie 


86  Zweites  Buch  der  Satiren. 

in  den  von  Bentley  augefülirtcu  Beispielen  (I,  6,  79  f-  Ter.  Phorvn. 
I,  2,  69.  Ad.  II,  1,  "24)  gellt  das  im  Plqpf.  stehende  Zeitwort  dem 
im  Iinpf.  stellenden  voraus,  die  dm-eli  jenes  ausgedrückte  Handlung 
ist  vollendet  wenn  die  von  diesem  ihren  Anfang  nimmt.  In  unse- 
rem Falle  ist  dabei  nur  das  Bemerkeuswerthc  dass  die  Fortsetzung 
über  das  Leben  hinüber  einfach  erfolgt,  ohne  von  der  Unterbre- 
chung durch  den  Tod  Notiz  zu  nehmen. 

V.  96.  Conslruxeril  (zusammengethürmt)  ist  unendlich  be- 
zeichnender als  das  auch  minder  gut  beglaubigte  conlraxerü. 

V.  97.  Die  Stellung  der  Adjcctive  gegenüber  von  den  Sub- 
stantiven in  V.  95  ist  eine  chiastische,  und  zwar  so  dass  virlus  in 
fortis  und  iuslus  auseinandergelegt  Avird,  dagegen  famd  und  decus  in 
clnrus  zusaiiimengefasst.  —  Wie  die  lieduction  aufs  Triviale,  d.  h. 
auf  den  eigenen  geistigen  Standpunkt,  der  unwillkürlich  leitende 
Gesichtspunkt  der  meisten  Abschreiber  war  zeigt  unser  Vers,  wo 
das  charakteristische  Frag-  und  Antwortspiel  Mühe  gehabt  hat  sich 
vor  dem  Untergang  in  einer  ganz  prosaischen  Aufzählung  zii  ret- 
ten. Uebrigens  misst  hier  der  Stoiker  dem  populären  Bewusstsein, 
dessen  Ideal  der  lieiche  ist,  in  Bezug  auf  dieses  die  gleiche  Oon- 
sef|uenzuiaclierei, bei  Avelchc  das  stoische  System  Itei  dem  seinigen, 
dem  sapiens,  zu  entwickeln  ptlegtc. 

V.  99.  Ueber  die  Construction  siinile  isli  s.  Kirchner  zu  I,  i, 
123.  S.  124. 

V.  103.  Indem  der  Ivedende  die  Verrücktheit  der  ararilia 
nachweisen  will  stellt  er  ihr  das  Verfahren  des  Aristippos  als  das 
viel  vernünftigere  gegenüber;  weil  aber  dieses  doch  selbst  wieder 
Anlass  zu  Ausstellungen  bietet  und  nicht  holVen  darf  allgemein  als 
mustergültig  anerkannt  zu  werden,  so  .sclilägt  Stertinius  noch  einen 
anderen  Weg  der  Beweist ührung  ein,  für  welchen  er  auf  unbeding- 
tere Zustimmung  rechnet. 

V.  10(3.  Weitere  Ibnspiele  wo  twii,  ohne  die  Vermittlung  eines 
Zeitworts  in  Ansjiruch  zu  nehmen,  direct  mit  einem  Substantiv  wr- 
bunden  ist  s.  bei  Hand,  Tursell.  IV.  p.  257  f.  3.  Aehnlich  bei  Sali, 
epist.  IMithr.  g.  1'^^.  (p.  109  Oerl.  1856):  omnia  non  serva^  el  inaxiimc 
regna ,  hoslilia  ducunt. 

V.  Iü8.  ]3ie  Variante  7»/(/ erklärt  .sich  leiclit  aus  dem  Nacli- 
folgi'u  eines  mit  d  beginnenden  Wortes  und  ib-m  N'eikennen  der 
Bedeutujig  von  7»//.    Auch  vgl.  V.  99. 

\.  112.  /'(1  r  r  rrltis  ist  sehr  ltez(>ichnenil  un<l  treiVend :  der 
(leizigc  streckt  sich  ,  um  eine  möglichst  grosse  Fb'iche  mit  seinem 
eigenen  Leil)e  zu  decken,  was  ihm  aHein  verhältnissiniissige  Beru- 
higung gibt.  Bentley's  Einfall  /iroirrlus  ist  von  Fon  und  lleitulorf 
genügend  zurückgewiesen.  —  cum  fiisir,  vgl.  7,  9  und  Kirchner 
zu  I,  It),  ;V2. 

V.  1  I'?.  .\ii  drill  w  icdi'iliolti'n  i  vgl.  V.  I  10)  cmi l in ij rrr  schei- 
nen   Mciiirkc   und   Apit/,   (p.    II.'))  nicht  mit  (Jrund  .\nst<>>s  zu  neli- 


Aiiinei'kuiiyeii  zur  cliillin  Satire.  87 

mcn ,  da  Begriti  iiiul  Ausdnu'k  in  dii-scm  Zu^aiiimenliaiig  schwor 
/A\  uiugehou  war.  Jedcuralls  kann  dos  Krstorou  cu/i/'ri/ifjcn'  und  des 
Zwoitou  coiUumlcre  koiuou  Vorgloicli  damit  aushaltou. 

V.  117  f.  scheiut  mir  uiitlc  ocloginla  vollkominou  passend 
und  wodor  Horkers  iidis ,  nocli  Mciucko's  itlvac  berechtigt.  Nicht 
zwar  dass  ich  es  vertheidigou  möchte  wie  Schneidcwin,  Güttiuger 
Gel.  Ann.  1855,  S.  7-K)  f ■ ,  durch  die  Annalinie  „lluraz  verspotte 
den  Vers  aus  einem  pomphaften  Cirahepigrahim,  wo  mit  Salbung 
N/i</c  oclof/iiila  /laliis  gesagt  war";  denn  wenn  der  Betreuende  nun 
einmal  so  alt  geworden  war,  welche  andere  Zahl  hätte  —  Avonn 
überhaupt  eine  solche  angegeben  werden  wollte  — •  gesetzt  werden 
können?  Auch  glaube  ich  nicht  dass  singuhiri  illo  annoruin  mimcru 
jiuclu  homincin  qucndam  pcrvcrsiim  im  Auge  hatte,  quem  7ioininiirc  aiil 
nun  vo/iiil  aiil  non  poluil  (Ajiitz  p.  115);  denn  79  Jahre  alt  zu  sein 
war  doch  keine  habituelle  Eigenschaft  von  irgend  Jemand.  Aber 
ich  finde  die  „Salbung",  das  Gewichtvolle  der  Zalil  79,  das  sie  so- 
gar nitcli  in  grösserem  Masse  besitzt  als  die  runde,  glatte  Zahl  MO, 
als  Bezeichnung  eines  liohen  Alters  hier  ganz  vortrofilich  am  Platze 
um  einen  recht  starken  Gegensatz  zu  der  hier  geschilderten  Le- 
bensweise zu  bilden.  In  ähnlicher  Weise  sagt  Juvcnal  VI,  192  f. : 
Tunc  eliam,  quam  sc.vliis  et  oclogcsimus  anmts  pulsat,  luUiiic  (jraccc?  von 
einer  velitlu,  olnie  dass  ich  auch  dort  mit  Apitz  an  eine  bestimmte 
l'erson  denken  möchte.  In  unserer  Stelle  ist  undc  od.  überdiess 
auf  eine  Weise  diplomatisch  l)eglauliigt  dass  schon  diess  von  Con- 
jecturen  abschrecken  sollte.  Uebrigens  wird  die  Lebensweise  des 
Geizigen  nach  den  drei  Rubriken  Essen  (V.  lil — 114),  'l'rinken 
(115 — 117)  unil  Iiäusliche  Einrichtung  (117 — 119)  al>g(!handolt. 

V.  123.  ,,Das  Erste,  filius  til,  ist  oft'onbar  ein  von  Stertinius 
ironisch  gesetzter  Grund,  das  Zweite  («6'  libi  desil)  ein  wirklich  an 
gegebener;  der  wahre  Grund  aber  ist  die  Lust  immer  mehr  zn  ha- 
ben." (Düntzer  IL  S.  348  f.  A.)  cnim  in  V.  124  bezieht  sicli  dann 
auf  eine  jenen  angegebonen  Grund  abweisende,  wegwerfende 
Gebärde.  Widerlegt  wird  derselbe  im  Folgenden  zuerst  duroli  die 
Bemerkung  dass  ein  Bischen  mehr  ausgeben  noch  nicht  arm  ma- 
chen würde,  sodann  aber  vorgehalten  dass  jener  Zweck  (V.  123) 
bei  Weitem  nicht  die  Mittel  rechtfertigen  würde  welche  der  avarus 
in  xVnwendung  bringe.  Diess  wird  ausgeführt  im  Anschluss  an  die 
erste  Einwendung:  und  wenn  du  denn  also  so  Avenige  Bedürfnisse 
hast  und  so  geringe  Ansprüche  machst,  dich  mit  einem  ]\Iininnim 
begnügen  kannst,  warum  erwirl)st  du  denn  fort  und  fort,  sogar 
unter  \'erbrechenV  Du,  der  du  so  (unverständig)  handelst,  solltest 
(willst)  bei  Verstände  scinV 

V.  128  f.  Die  ^';lrianten  alle  sind  Besläligungen  der  Schrei- 
bung hm.  Sodann  w  ird  vc  durch  die  (Qualität  und  Zahl  «h-r  ildscli. 
sowie  den  Sinn  empfohlen ;  denn  poptiltts  und  scrvi  sind  Begrift'e 
welche  so  wenijr  mit  einander  jcemein  haben  dass  man  sie  besser 


8S  Z\vuik\s  Hucli  dci'  Salircn, 

auseluandcrhält  als  verbindet.  Tnu  liat  so  viel  für  sich  (vgl.  Bent- 
ley,  Wolicr  und  Ai)itz)  dass  man  trotz  der  initer  andern  Umständen 
niclit  j;enü<;enden  äusseren  Beglaii1)if;ung  seine  Ant'nahme  in  den 
Text  nur  billigen  kann.  Denn  liios  ist  neben  quos  ocrc  piir.  böclist 
cntbebrlicli  und  vor  quos  aucli  übellautend;  luo  dagegen  liel)t  be- 
deutsam den  Begrift'  des  scrvus  cinplilicius  stärker  hervor.  Wenn 
Jemand  einen  Sklaven  den  er  mühelos  geerbt  hat  nicht  besonders 
zu  schätzen  -weiss,  so  ist  das  weit  weniger  auffallend  als  Avenn  der- 
selbe einen  Sklaven  auf  dessen  Erwerbung  er  eigenes  Geld  ver- 
wendet hat  uunütliiger  Weise ,  ohne  allen  vernünftigen  Grund, 
misshandelt  und  damit  nur  sich  selbst  beschädigt ,  — ■  ähnlich  wie 
man  durch  mutwilliges  Verletzen  liarndoserLeute  aus  dem  Volke  bei 
geordneten  Kechtszuständen  den  grössten  Schaden  sich  selbst  zufügt. 

V.  131.  ctim  laqueo,  eine  Zweideutigkeit  welche  sich  so 
rasch  löst  wie  cum  tencb?^is  bei  Tibull.  1,2,  25.  Vgl.  meine  Bemer- 
kung zu  Aristoph.  Nub.  1199. 

V.  132.  Dass  Kircliner  mit  Düntzer  und  Orelli  das  Fragezei- 
chen nach  CS  in  einen  Punkt  verwandelt  hat  scheint  beifallswerth; 
denn  so  entspricht  die  Art  wie  die  geM'ühnliche  Ansicht  angeführt 
wird  genauer  dem  parallelen  V.  JHO,  Avie  auch  dem  V.  120;  und 
durch  Wegfall  der  Frage  vor  quid  cnim  wird  überdiess  die  Manch- 
faltigkeit  befördert. 

V.  133.  Die  von  Kirchner  wie  es  scheint  gebilligte  Unter- 
scheidung zwischen  Gcnelrix  als  Beiname  und  gcniliix  als  Appellativ 
ist  sicherlich  unhaltbar,  als  ebenso  irrational  wie  unerweisHch. 
Wenigstens  findet  sich  auf  IMünzen  und  Inschriften  neben  iler 
Schreil)ung  Venus  (jcnclnx  (P^ckhel  VI.  p.  466.  51 1  auf  Trajan  u.  Tla- 
ilrian;  IMounnscn  Inscr.  Iv.  N.  1385,  aus  Conjectur,  u.  susp.  112.  491. 
671.  Urelli  II.  p.  399  und  vielleicht  Nr.  4643),  auch  Venus  (jciiitriv 
(Eckhel  VII.  ]).  258  aus  Elagabars  Zeit;  ]Mommsen  4837  aus  Tele- 
sia,  und  susp.  258.960;  Orelli  1358.  1365),  und  die  Analogie  von 
f/enilor'  spricht  entschieden  für  durchgängige  Bevorzugung  von  //<•- 
nitrix;  s.  F.  Schultz,  orthograjjh.  quaest.  dccas  (Paderborn  1865) 
p.  31 — 40.  —  Das  parallele  faris  reicht  nicht  aus  iim  die  Entsteh- 
ung von  occidis,  falls  occklif  das  Ursi»rüngliche  wäre,  zu  erklären; 
wohl  aber  ist  nichts  begreiiiicher  als  dass  die  Abschreiber  die 
etwas  schwierigere  zweite  I'erson  abänderten  in  die  j)lane  und 
platte  dritte.  — ■  Ironisch  wird  die  Verschiedenheit  des  ( )rtos  und 
(h's  Werkzeuges  (der  Verfahrungsweise)  auf  beiden  Seiten  als  eine 
solclie  bezeichnet  welche  einen  wesentlichen  Unterscliied  in  den 
Handlungen  selbst  und  ihrer  Beurteilung  begründe;  und  im  Fol- 
genden die  Prädicierung  des  Orestes  als  demrns,  schon  vor  und  bei 
der  Tliat,  gerechtfertigt.  Es  sind  also  eigentlich  zwei  Gründe  ans 
denen  der  Gegner  d(^n  Orestes  nicht  für  einen  Beweis  dass  IMutter- 
niörder  verrückt  seien  gelten  läs.st :  w  eil  dieser  ganz  anders  ver- 
fahren und  weil  er  ers(  nach  seinem  Muttermonle  walinsinniir  ge- 


Aiimeikiin;;t'n  ziir  diilton  S;iliie,  89 

worden  sei.  —  Wa.s  Düutzcr  iiiul  nach  ihm  Wübtcmann  iu  Argis 
finden  wollen  liefet  nicht  darin. 

V.  134.  lieber  die  Cäsur  in  diesem  Verse  s.  Ijachmann  zu 
Liaret.  VI,  1067.  p.  413  (wo  von  horazischcn  Parallelen  Ep.  II,  3, 
87.  377  anj;efuhrt  ist). 

V.  13.').  ,.Stertinius  dreht  iu  seiner  Soiihistcrci  den  BegrifV  der 
Furien  um.  In  der  Fabel  stellen  sie  die  (lewissensbisse,  die  stra- 
fende Gottheit  vor,  hier  die  Verrüektheit  des  Verstandes,  worauf 
ihn  die  Ableitung;  von  furcrc  leicht  führen  konnte."  Kirchner,  S.35. 
Wenn  hiegegen  Diintzer  II.  S.  350  A.  bemerkt:  „Fiiria  wird  von 
den  Dichtern  von  jeder  aufregenden  Leidenschaft  die  uns  willen- 
los umhertreibt  gebraucht,  Ovid  A.  A.  II,  487  {in  furias  agilanliir 
equne).  Prop.  IV  (V),  4,  68  ft".  {ncscta  vae  furiis  acaibuissc  twvis)^  so 
trift't  das  unsere  Stelle  nicht,  in  welcher  das  furiis  agi,  von  Orestes 
ausgesagt,  unverkennbar  an  den  Mythus  anknüpft. 

V.  137.  Die  Auslassung  von  «7  liessc  sicli,  wenn  sie  melir  ur- 
kundliche Begründung  hätte,  vollkommen  rechtfertigen  durch  den 
Ictus  und  das  Nachfolgen  eines  kurzen  Vocals;  vgl.  Jahn's  Erör- 
terung zu  Virgil.  rJe.  TI,  144  (p.  413  f.)  und  dazu  KitscliFs  Prolegg. 
zu  Plaut,  p.  CLXXXVII  ff.  mit  Flcckeisen's  Rec.  in  Jahn's  Jhbb. 
LXI.  S.  46 — 53.  Am  Anfang  des  zweiten  Fusses  steht  der  Hiatus 
ebenso  Georg.  I,  4.  IV,  343.  463.  Aen.  11,  606,  welches  letztere  Bei- 
spiel {si  perco,  hominum  manibus  pcriisse  iitvahil)  auch  nach  der  (^>ua- 
lität  der  zusammenstossenden  Laute  unserem  Falle  sehr  ähnlich 
wäre,  mit  dem  einzigen  Unterschiede  dass  dort  der  8inn  eine  kleine 
Pause  zwischen  beide  AVörter  setzt;  vgl.  auch  Aen.  I,  16  {Saino :  hie). 
V,  735  (colo;  huc).  Aber  est  fehlt  allein  in  dem  sehr  jungen  Gph.  2, 
und  in  diesem  wohl  nur  durch  Versehen ,  ist  auch  so  unentbehrlich 
wie  V.  139,  so  dass  —  bei  besserer  Unterstützung  durch  die  Hdsch. 
—  jedenfalls  quo  hahilusl  gesetzt  werden  müsste. 

V.  13S.  Ueber  nil  sanc  s.  C.  Peter  zu  Cic.  Brut.  Exe.  VII. 
p.  -280 — 282. 

V.  141.  Horaz  nniss  einen  römischen  Tragiker  Avelcher  den 
0Qi6T)~iQ  des  Eixri])ides  benützte  vor  Augen  haben;  denn  wenn  auch 
bei  diesem  (Or.  264)  die  fragliche  Aeusserung  gegen  Elektra  sich 
findet,  so  desto  weniger  eine  gegen  Pylades;  wogegen  eine  solche 
Steigerung  ganz  in  der  Art  der  römischen  Bearbeiter  war.  An  den 
Dnlorcstes  des  Pacuvius  aber  ist,  nach  dessen  ganzem  Gegenstande 
(s.  Kildjeck,  Trag.  rom.  p.  281 — 284),  keinenfalls  zu  denken. 

V.  1.04.  ingetis,  welches  in  der  Hauptsache  schon  lI(Mndf»rf 
richtig  vertheidigt  hat,  hält  auch  Apitz  p.  116  mit  Recht  fest  (sei  s. 
V.  a.  valida).  Der  Arzt  fordert  gleich  eine  tüchtige  Stärkung,  um 
den  vermeintlich  erzielten  Erfolg  nachhaltig  auszubeuten.  Für 
den  Ton  desselben  ist  auch  acccdil  (welches  der  Altdorf,  gleich- 
falls bat)  bezeichnend,  und  die  Varianten  sind  unglückliche  Ver- 
suche der  bedr(dit  geglaubten  Grammatik  beizuspringen. 


90  ZwL'itcs  Biicti  dt'v  Siiliien. 

V.  15().  Apitz  p.  1  Hi  koinint  wltulcr  auf  ctnlian  zurück;  emtae 
ist  aber  seliou  darum  daa  alleiu  liiclitigc  weil,  Avie  Orelli  bemerkt, 
das  plisanariwn,  als  solelies,  vom  Arzte  nicht  gekauft,  sondern  sell)st 
bereitet  ist.  Davon  abgcsclicn  ist  es  der  Hast  des  Fragers  ganz 
entsprechend  dass  er  an  das  letzt  Vorausgegangene  anknüpft.  — 
Octussibiis  ist  gegen  das  Glossem  octo  assibus  schon  von  lientley 
festgestellt.  Will  man  aber  in  dem  Pluralis  etwas  Weiteres  finden 
als  den  incorrecteren  Sprachgebrauch  des  gewöhnlichen  Lebens, 
so  könnte  es  Avohl  nur  diess  sein  dass  alle  solche  Dosen  8  Asse 
kosten,  diess  also  der  gewöhnliche  Preis  sei. 

V.  157.  Den  Vertheidigern  des  durch  die  Hdsch.  ganz  über- 
wiegend begünstigten  quc  hat  sich  auch  Apitz  p.  116  f.  beigesellt, 
und  man  sollte  die  Sache  nach  dem  von  Heindorf  und  Orelli  Ge- 
sagten für  abgemacht  halten  dürfen.  Die  Umstellung  von  quc  z.  B. 
auch  V.  130.  Mit  Unrecht  hat  übrigens  Düntzer  II.  S.  '6's2  die  Ausle- 
gung von  Cruquius  {si  non  furlis  et  rapinis  heredtim,  profcclo  ego  morbo, 
i.  c.  morhi  curalionc,  Mus  cxhaurior)  Avicdcraufgefrischt  (,,du  willst 
micli  Ijewahren  gegen  liaub  des  Erben,  aber  so  dass  du  durch  die 
Heilung  der  Krankheit  mich  ruinierst");  denn  wurho  pcrire  wird 
kein  Mensch  vom  finanziellen  Ruin  durch  eine  Cur  sagen  und  ver- 
stehen;  anch  müsste  dann  morbus  und  furla  in  umgekehrter  Ord- 
nung stehen,  nnd  dass  der  Geizhals  lieber  furlis  rapinisquc  sich  rui- 
nieren lassen  wollte  als  durch  die  Curkosten  —  wo  er  doch  etwas 
von  seinem  Gelde  hätte  —  ist  psycludogisch  undenkbar.  Vielmehr 
meint  der  Geizhals:  wenn  ich  nun  doch  einmal  y>(v//i'  nniss,  so  will 
ich  es  lieber  morbo  als  furlis;  denn  der  A(.'rger  über  diese  letztern 
würde  ihn  das  Jicben  kosten. 

V.  KkJ  wird  anch  von  Apitz  p.  117  beanstandet,  indem  dieser 
CS  für  möglich  hält  dass  .Jemand,  caussam  (vielmehr  raliaiwin)  nc- 
galionis  Cralcri  dcsiikraiis ^  denselben  aus  Ej).  I,  6,  28  lierübergenom- 
men  habe.  Aber  in  unserer  Stelle  ist  der  Vers  kcincnfalls  entbehr- 
lich; denn  es  ist  weder  selbstverständlich  dass  der  betreH'ende 
Kranke  ein  anderes  Leiden  hat,  noch  gestattete  der  Parallelisnuis 
zum  Folgenden  Av.\\\  Dichter  über  die  positive  Seite  hinwegzugehen. 
Wäre  daher  die  Thatsache  der  Wiederh(dniig  ein  Grund  zur  Ver- 
werfung, so  müsste  man  sie  mit  K.  F.  Ilermaun  gegen  l'ip.  I,  (J,  'Js 
gelteud  machen.  Aber  jene  Folgerung  ist  ülierbaupt  nicht  zuzu- 
gel)en.  iloraz  wird  so  wenig  als  Jean  J'aul  unil  andere  Leute  .sich 
vl(d  (bniiit  befasst  haben  seine  eigenen  Arbeiten  wieder  zu  lesen, 
nnd  so  konnte  es  ihm  sehr  leicht  begegnen  dass  er,  wenn  er  nach 
.Jahren  in  einem  untergein-dnelen  Funkte  in  das  (Jeleise  eines 
(Viibi'ren  GedankiMis  hineingerieth ,  unwillkürlich  auch  wieder  den 
gb'ichen  Ausdruck  für  densellu-n  gebrauchte.  Das  Fiuzelne  be- 
tretVend  so  ist  (lul  nicht  so  zu  V(>rslehen  als  ob  der  Arzt  mit  seiner 
Diagnose  zwischen  zwei  so  heterogenen  Krankheiten  sdiwanken 
würde,    sondern  Sicrtinins  bebält    sich   selltst  ilie    Wahl   zwischen 


Aiimcrkim^eii  zur  iliillcn  Satire.  \H 

zwoi  Beispirk'u  vor:  weil  es  nur  andere  Organe  »ind  au  denen  er 
krankt,  etwa  die  Lunge  oder  auch  die  Nieren.  Diess  spricht  zu- 
gleich für  den  Indieativ  Icntanitir,  für  -welchen  ohnehin  uehen 
der  sehr  erhehlichen  handschriftlichen  die  Autorität  Priscian's 
schwer  ins  CJewicht  fällt.  Und  da  überdiess  die  Versuchung  den 
Kraterus  f«»rtreden  zu  lassen  und  daher  den  Indieativ  alizuändern 
in  den  Conjunctiv  eine  viel  grössere  war  als  die  zum  entgegenge- 
setzten Verfahren,  so  hätte  Kirchner  wohl  besser  gethan  tcntanlur 
in  seinen  Text  aufzunehmen.    Vgl.  auch  AVeber  S.  335. 

V.  105,  audax  bedeutet  Aveder  hier  noch  bei  Catull.  50,  18  f. 
siipcrbus,  sondern  in  beiden  Stellen  (bei  Catull  zeigt  diess  die  nach- 
folgende Drohung  mit  der  Nemesis)  vermessen.  Jmb.  et  und.  ist 
Bezeichnung  eines  politischen  Schwindelkopfes. 

V.  106.  Die  Varianten  erklären  sich  einfach  aus  Unkenntniss 
des  Fremdwortes,  für  dessen  Nominativ  z.  B.  die  Abschreiber  ba- 
ralro  hielten  ,  wobei  dann  Andere  sich  an  balalro  erinnerten  und 
dieses  emendicrten.  —  Als  Motiv  des  Geldvcrschwendens  wird  im 
Folgenden  zunächst  politischer  Ehrgeiz  vorausgesetzt. 

V.  1()9,  Von  auliquo  ccnsii  gibt  es  zwei  entgegengesetzte 
Auffassungen:  die  Einen  (wie  Heindorf,  Kirchner,  Düntzer,  Krü- 
ger) fassen  es  mit  Acron  als  Einschränkung  des  Begriffes  reich,  die 
Andern  (z,  B,  Ilaberfeldt,  Voss,  Orelli,  Wüstemann,  Weber)  als 
Steigerung  desselben.  Mir  scheint  es  nicht  als  ob  es  in  der  AVtsicht 
des  Dichters  liegen  könnte  den  Oppidius  als  eigentlich  nicht  reich 
darzustellen ,  in  welchem  Falle  für  seine  Söhne  die  Versuchung 
zum  Verschwenden  nicht  gross  sein  konnte.  Auch  kann  Oppidius 
nach  V,  185  einer  fernen  Vergangenheit  nicht  angehören.  War 
sein  Besitz  ein  uralter,  so  war  die  Pietät  für  denselben  um  so  na- 
türlicher, so  wie  der  AVunsch  ihn  auch  ferner  ungemindert  bei  sei- 
ner Familie  zu  erhalten.  Wüstemann  citiert  für  diese  Bedeutung 
Ovid,  Amor.  I,  10,  4J  :  tiirpc  lori  rrdilti  censtis  aurjcrc  patcrnos.  — 
lieber  die  Form  divissc  s.  zu  7,  68. 

V.  171  f.  Ueber  talos  s,  zu  7,  17.  Mit  Unrecht  deutet  Kirch- 
ner S,  36  den  siniis  gegen  Ileindorf  auf  ,,die  beutelartige  Falte 
welche  der  obere  Theil  der  Tunica  durch  das  Umschnüren  des 
Gürtels  vor  der  Brust  bildete;  denn  die  Toga  trugen  Knaben  noch 
nicht,"  Doch,  aber  die  toga  praclexla  (nicht  die  ririlis).  Ueber  die- 
sen Sintis  s.  Becker's  Gallus  von  Kein  III,  S,  112.  115  f.  So  z.B. 
Liv.  VI,  15:  quod  in  sinn  est  exculerc.  Dass  ludere  hier,  bei  Kinder- 
spielzeug, doch  seine  gewöhnliche  Bedeutung  spielen  nicht  haben 
solle,  sondern  tändeln  (AVeber),  d.h.  es  fahrlässig  behandeln  nn<l 
so  thatsächlich  -^  perderc,  wie  Ter.  Phorm.  II,  2,  l*^:  opera  Ixdilur 
und  Alartial.  III,  25,  0:  ludilis  otiuin  (Apitz),  wird  mir  schwer  zu 
glauben.  p]s  scheint  vielmehr  einen  Gegensatz  zu  bilden  zu  dem 
NichtSpielen  (abscondere)  des  Bruders.  Es  sind  so  drei  Gharakter- 
züge  von  Aulus  angofüiu-t :   dass   er  seine  Spielsachen  der  Gefahr 


92  Zweites  Buch  der  Satiren. 

des  Verlierens  aussetst  (laxo  sinn  fcrre) ,  dass  er  sie  verschenkt, 
und  dass  er  damit  spielt,  somit  sie  der  Gefahr  des  Verspielens 
preisgibt. 

V.  181.  Dass  die  In  t  es  ta  bi  li  tä  t  ein  „erhöhter  Grad"  der 
inf'iimia  sei,  wie  Unterholzucr  zu  Ileindorf  und  im  Superlativ  AVe- 
ber  S.  337  behauptet,  lässt  sich  nur  in  dem  Falle  sagen  wenn  die- 
selbe zu  der  bereits  ausgesprochenen  mfamia  hinzutritt.  An  sich 
aber  ist  infamis  ein  viel  umfassenderer,  weit  mehr  bürgerliche 
Nachtheile  in  sich  schliessender  Begritt"  als  inlestabilis.  Dieses  be- 
zieht sich  nämlich  zmirächst  nur  auf  die  Fälligkeit  Zcuguiss  abzu- 
legen und  Zeugen  (zu  einer  vorzunehmenden  Eechtshandlung)  zu- 
zuziehen; s.  Dig-  XXVllI,  1 ,  18.  §.  1  :  .s/  i/iiis  ob  ciu-mcu  famosxnn 
danmelur^  SconsuUo  expressum  esl  id  inlestabilis  sil  (vgl.  XXII,  ö,  '21  pr. 
XLVII,  10,  5.  §.  9  f.)  ;  ergo  nee  tcskunentum  faccre  poicrit  nee  ad  testa- 
menium  adhiberi;  ib.  1.  26:  qiiiini  lege  quis  inteslabilis  iiibelur  esse,  eo 
perlinet  ne  eins  teslimoniiim  reeipialur  et  eo  amplius ,  ut  quidain  putant. 
neve  ipsi  dicaiur  teslimoninm.  Dass  inlestabilis  der  weniger  strenge 
Begriff  ist  geht  auch  daraus  hervor  dass  nur  dieses ,  nicht  infamis, 
zu  dem  laxen  populären  Gebrauche  erweitert  und  so  z.  B.  mit  iin- 
probiis  zusammengestellt  wurde,  wie  es  schon  in  den  zwölf  Tafeln 
hiess :  improbus  intcstabilisqiic  esto. 

V.  1S2.  Durch  tu  könnte  man  sicli  versucht  fühlen  anzuneh- 
men dass  die  Worte  des  Oppidius  mit  V.  181  ihr  Ende  erreicht  ha- 
ben und  nun  der  Stoiker  wieder  in  eigener  Person  redend  und  mit 
einem  fingierten  Gegner  kämpfend  dargestellt  werde.  Der  Mangel 
einer  Andeutung  dass  ein  Wechsel  der  Person  eingetreten  sei 
würde  in  diesem  Falle,  wo  die  abspringende  Planier  der  Darstel- 
lung ein  Theil  der  ('liarakteristik  ist  und  durch  die  drastische  Le- 
bendigkeit der  ^liniik  ergänzt  Avird,  nichts  dagegen  beweisen.  In- 
dessen stehen  V.  181  f.  und  182  ff.  doch  in  nahem  sachlichem  Zu- 
sammenhang, und  paternis  (V.  184)  scheint  anzudeuten  dass  der 
Vater  noch  fortredet,  wenn  er  gleich  seine  Worte  jetzt  nur  an  den 
einen  seiner  beiden  Söhne  richtet,  denjenigen  (vgl.  uter ,  V.  180) 
welcher  die  Bahn  politischen  Ehrgeizes  betreten  und  durch  wel- 
chen daher  der  väterlichen  Hinterlassenschaft  di(>  grösste  Gefahr 
drohen  würde.  Jene  Besorgniss  Hess  sich  von  'IMberius  ebenso  gut 
hegen  wie  von  Aulus:  wenn  dieser  bei  seinen  Largitionen  (V.  182) 
nur  dem  Zuge  seiner  angeborenen  Gutmütigkeit  folgte,  so  konnte 
dagegen  jener  mit  klarer  Berechnung  dem  Zwecke  (V.  183  ff.)  auch 
seine  natürliche  Sparsamkeit  zum  Opfer  bringen. 

V.  1S3.  Apitz  p.  118  hat  den  Einfall  latus  als  Particij)  v.m 
frro  zu  nehmen:  ut  a  populo  q^enöiiivog  in  circo  s/Kiliirr  rt  arncus  pm- 
pimaris,  ohne  sich  an  dem  liandgreillichen  Widerspruche  seines 
(jpfp()f(fi'0^  mit  Spaliere  zu  sto.ssen ,  während  er  gegen  die  natürliclic 
Auffassung  (wie  wir  sagen:  sich  breit  machen,  wichtig  tbun^  nich- 
tige Einwände  erhebt,   davon  hergeniuumen  dass  mauclie  Ausleger 


Anmerkungen  zur  driilin  Saliro.  93 

ilas  Wort  ungosiliickt  erklärt  haben.  Das  llichtige  hat  aber  schon 
Ik'iitley.  —  Sti  niöglieli  es  an  sich  ist  dass  „Horaz  sich  einmal  die 
Zusauinienziehung  (v<tn  ai'neiis  in  acncns)  erlaubt  haben  könne" 
(Düntzer  II.  S.3jö  Anm.),  —  wiewohl  die  Notiz  des  Gellius  (N.  A.II, 
:^,  ü  f.)  dass  Virgil  ahcna  und  aheni  geschrieben  habe  (vgl.  Servius 
zu  Acn.  I,  213),  ferner  die  Schreüiung  auf  der  Üeberschrift  des 
gleichzeitigen  Mon.  Ancyr.  (in  diabus  ahcncis  pilis) ,  sowie  die  ste- 
hende Xamensform  Ahenolxirbus  (Ferd.  Schultz,  Quaest.  (irthograph. 
decas,  Paderborn  I8J5,  p.4Sf.,  auch  I^achmanu  im  Rhein.  ■\[us.  N.  F. 
Iir.  S.  6I4)  eine  solche  Annahme  bedenklich  macht,  —  so  fragt  sich 
im  einzelnen  Falle  ob  der  Stand  der  handschriftlichen  Ueberliefe- 
ruug  diese  Ausflucht  gestattet.  Und  in  dieser  Hinsicht  scheint  hier, 
wo  neben  uul  aenciis  in  einer  ansehnlichen  Anzahl  von  Hdsch.  sich 
el  ucneus  findet,  die  Aixfnalimc  des  letzteren  unumgänglich  ge- 
boten, da  es  wohl  denkbar  ist  dass  Verkennung  der  nicht  äusserli(*h 
angedeuteten  Viersilbigkeit  von  ar/ici/s  Alisclu'eiber  zu  Verwand 
hing  des«'/  in  auf  veranlasste,  nicht  aber  das  Gegentheil.  Auch 
ist  Olli  dem  Sinne  nach  zwar  nicht  fehlerhaft,  aber  doch  minder  pas- 
send, da  die  beid-erlei  Ehrenbezeugungen  sich  zu  einander  nicht 
ausscliliessend  verhalten. 

V.  185.  Ueber  plausiis  s.  die  Ausll.  zu  Epist.  I,  6,  7  und 
Plut.  Sertor.  4:  arciöcoy.c  öl  '/.cd  0  örjaog  avTa  rtfii^v  n^iTtovOav.  eig- 
ek&ovia  yaQ  eig  &earQov  ii^eöeE,aro  xs  '/.qotoj  '/.al  7MX£V(p{]arjG£v.  cov 
ov6l  roig  Ttai'v  7Tqo}']kov6ii'  ijXiy.ia  ts  y.al  öo^]]  rv/^eiv  }]v  ^äöiov. 

V.  187.  velii  steht  hier  in  seiner  ursprünglichen  Quantität, 
wie  bei  Plaut.  Meii.  prol.  49.  Trin.  306,  wonebcn  die  Verkürzung 
sich  bereits  findet  liei  demselben,  Merc.  457.  Vgl.  Kitsclil  Prolegg. 
zu  Plautus  p.  CLXXXII  f.  und  oben  zu  V.  I,  S.  66. 

V.  188.  quaere  des  Bland,  antiquiss.  scheint  ein  Emenda- 
tionsversueh  eines  denkenden  Abschreibers  zu  sein,  um  die  Dar- 
stellung glätter  zu  machen,  ist  aber  in  AVahrheit  unmöglich  neben 
der  alsbahl  naclifolgenden  Gestattung  des  dxccre  (V.  189  f.).  Unbe- 
gründet wäre  daher  das  ]>edenken  ob  man  nicht  durch  Aufnahme 
des  Indicativs  den  Dichter  corrigiere ,  statt  seiner  Abschreiber, 
Aveil,  wie  Bentley  bemerkt  hat,  in  der  Quantität  von  quaere  (und 
in  dem  Nominativ  plebehts)  für  die  Abschreiber  eine  starke  Versu- 
chung zur  Aenderung  gelegen  habe,  wobei  quaero  sich  von  selbst 
darbot. 

V.  189.  Da  bei  der  grossen  Aehnliclikeit  zwischen  at  und  ac 
die  Zahl  der  Ildschr.  welche  das  eine  oder  das  andere  haben  be- 
sonders wenig  besagen  will,  al  überdiess  durch  die  Variante  au( 
unterstützt  wird,  so  hängt  die  ganze  P^ntscheidung  von  den  inne- 
ren Gründen  ab.  Und  nach  diesen  scheint  al  den  Vorzug  zu  ver- 
dienen, da  ac  nach  cl  sich  übel  ausnähme  und  ein  f Gegensatz  wirk- 
lich besteht,  zwischen  der  Ueberzeugung  des  Agamemnon  {fieqnam 
rem  imp.)  und  der  möglichen  Ansicht  Anderer  {si  rui  n.  s.  w.) ,  wif 


94  Zweites  niieli  der  Satiren. 

andererseits  zwischen  der  jede  Widerrede  nnsscliliessenden  Erklä- 
rung riw  sunt  —  et  aeq.  rem  hnp.  und  der  Gestattung  von  Einwen- 
dungen {si  ciii  —  pcrmillu). 

V.  191.  Ecdducerc,  wie  Lucretius  viermal  liat  (I,  228.  IV, 
992.  JOOl.  V,  1337.  vgl.  rcUalum  II,  lOOJ.  V,  614  und  in  d.  lex  Thoria 
80;  rccckkre  Lucr.  I,  857.  1063.  V,  280.  Laclimann  zu  Lucr.  p.  303), 
scheint  als  die  seltenere  und  schwierigere  Sclireibiing  den  Vorzug 
zu  verdienen.  Dass  die  Präposition  re  in  der  Zusanmiensetzung 
kurz  sei  war  wold  jedem  Alisclireiber  bekannt  und  musste ,  wenn 
in  einem  Originale  die  Verdoppelung  von  d  initerlassen  Avar,  zu 
Verwandlung  desselben  in  de  verlocken,  obwohl  dediiecre  (ohne 
domuui)  nach  dem  von  Bcntley  selbst  nachgewiesenen  Spraclige- 
brauche  blos  abführen,  ins  Meer  ziehen  heissen  könnte,  somit  über 
die  noch  so  viele  Gefahren  drohende  Fahrt  selbst  nichts  aussagen 
\viirde.  Was  Bentley  gegen /•«/«ra-c  einwendet,  es  hiesse  rursus  in 
Asiam  dueere ,  ist  schon  von  Heindorf  abgOAvehrt ;  und  ich  gestehe 
nicbt  abzusehen  wie  rcducerc ,  wenn  es  nielit  von  lloraz  selbst  her- 
rührte, in  fast  allen  Ildschr.  an  die  Stelle  von  dedttrere  treten  konnte. 

V.  192.  ei-ijo  steht  hier  in  seiner  ursprüiigliehen  Bedeutung: 
in  Wirklichkeit,  also:  ist  es  dir  Ernst  mit  deiner  Erklärung?  Er 
kann  kaum  seinen  Ohren  trauen,  und  vergewissert  sich  vorsichtig, 
ehe  er  wirklich  fragt,  der  Gefahrlosigkeit  der  Sache.  Vgl.  jNlit- 
scherlich  Kac.  VI.  p.  3  f.  und  unten  5,  101. 

V.  194.  Die  Schreibung  pnlescil  ist  so  vortrotYlicli  l)oglau 
l)igt  und  wird  durch  laueret.  III,  871  —  wo  es  ganz  in  demselben 
Zusammenhange,  vom  Verwesen  eines  nnbestatteten  Leicbnams,  ge- 
braucht ist  —  sowie  durch  die  Analogie  von  irvd^erai  so  nachdrücklich 
unterstützt  dass  es  wohl  aufzunehmen  war.  Lachmann's  Bedenken 
(zu  Ijucr.  1.  1.  p.  188  f.)  kann  ich  nicht  theilen,  da  pufor  bei  Lucr. 
TI,  872.  929.  VI,  1101  nicht  geradezu  in  dem  Sinne  von  ;)»//;rf/o  ge- 
braucht scheint ,  sondern  vielmehr  gleichfalls  vom  Broccss  der  Ver- 
Avesung,  welcher  die  Entwieklung  übler  Dünste  (VI,  lIOl)  und  von 
Würmern  (II,  872.  929)  zur  F.dge  hat.  So  Cic.  N.  D.  II,  64,  KiO: 
riii  (dem  Schwein)  ?ie  pii/eseerel  (in  Verwesung  übergehe)  animam 
ipsam  pro  S(de  dalain  diril  esse  ('/iri^sip/)i(s.  Fea  unterscheidet:  jni - 
frescuul  et  (juae  midum  odorein  iton  eniillunl  (wie  /ndreseere  sn.vu 
vom  Mürbwerdcn  bei  Lucr.  V,  307  und  aliud  pitfreseit  --  zerfällt  — 
el  iieri)  defii/e  liitK/iief,  ib.  832)  el  f/iitie  sidi  terra :  al  fne  Aia.r  pu  lesrere 
dirihir ,  ipiia  iiiinnnatus:  (ptod  hnrrnreni  el  eoinmiseralionem  e.veifahal. 
Doch  schi'int  «labei  der  Willkür  noch  ziendicher  S])ii>lraum  geblic- 
l»<'n  zu  sein  ;  wenigstens  sagt  Sen.  dv^  tram(.  14,  3:  '/and  »id  se/iallaram 
allinel,  n  le  inr/)taiii  si  pahis  iiiea  iideresse  sa/tra  terrai»  an  in/'ra  fiii 
Iresram.    \'gl.  auch  ()relli. 

V.  '200.  {',.  'V.  \.  Krüger  (Vorrede  zur  2ten  Ausg.  S.  IX)  or- 
innni  an  dm  Aufsatz  von  A.  I''Iiitz  :  die  griecliis<'lie  Opfcrgt>rsto 
war  mit  Salz  viiniiseht  (Ztschr.  f.  Alt.  Wiss.  I8:)4.  Nr.  41  f.  S.  324  ff.), 


Annirrkiingeii  zur  drilton  Saiii'C  95 

ilurch  wclclicu  Buttmann's  Untersuclmng  (im  Lcxilogus  1.  S.  191  ft.) 
auf  schätzbare  AVoise  ergänzt  werde.  — Die  Assonanz  der  Schluss- 
Avorte  in  den  vier  Versen  198 — 201  ist  ohne  Zweifel  zufällig. 

V.  '201.  Von  den  Interpunetiousweisen  ist  die  Hoindorf'sche 
sachlich  wie  sprachlich  unmöglich,  wie  Diintzer  IL  S.  3bH  A.  ** 
und  besonders  W.  E.  "Weber  S.  3+1  erwiese)!  Iiat.  Ferner  Quursum 
imauHS.'  Quid  oiiin  u.  s.  w.  vertheidigt  Bothe  p.  <S0  folgendermassen: 
Vcrba  Q.  i.  sunt  Agamctnnom's,  quacrcnlis  quonam  modo  ipsc  videalur  in- ' 
satius.  Cut  aller  sie  rcspofidcl  iit  Aiaeem  minus  insaniisse  quam  Agamem- 
nnnem  oslendal.  Refei-endum  aulem  insanus  ad  praegressum  servas. 
Aber  abgesehen  von  der  Unerweisbarkeit  eines  solchen  Gebrau- 
ches von  quorsum,  welchen  Bothe  selbst  nur  durch  Berufung  auf 
(^)uintilians  variis  ?)Crbis  el  figuris  fcliri.ssimc  audax  zu  stützen  weiss, 
scheint  es  aucli  dass  in  diesem  Falle  ego  niclit  felden  dürfte.  »So- 
mit bleibt  nur  übrig  quorsum  als  selbständige  Frage  zu  nehmen, 
Vollständige  oder  unvollständige;  denn  letztere  Differenz  scheint 
nicht  erheblich,  da  aiich  ohne  Zeichen  der  Aposiopese  die  Frage 
der  Ergänzung  bedürftig  ist.  In  dieser  Beziehung  scheint  unten  7, 
21  den  Weg  zu  zeigen,  wie  bei  Ter.  Ad.  I,  2,  20  quorsum  isluc?  ge- 
setzt ist,  wo  Donat  anmerkt:  deest  pcrlinel  aul  dieis  (Bothe  p.  80). 
Im  Sinne  des  Agamemnon  wird  es  als  ein  ärgerliclies  und  halb  dro- 
hendes Auffahren  zu  fassen  sein:  was  soll  das  heissenV  Woraui' 
aber  der  (ieg(>nredner  uneingeschüchtert  ausführt  dass  das  Beneh- 
men des  Aias  zur  Zeit  als  er  für  toll  galt  keineswegs  so  auffallend 
gewesen  sei  dass  das  von  Agamemnon  (in  Aulis)  damit  nicht  parall- 
elisiert  werden  könnte.  Auf  dieses  liecht  der  Vergleichung  b(!- 
zieht  sich  ctiim.  Agamemnon's  Verwahrung  dagegen  enthält  dann 
V.  205  ff. 

V.  208.  Bei  dieser  schwierigen  Stelle  fragt  es  sich  zunächst 
ob  veris  zu  lesen  ist  oder  vrri.  Das  Erstore  stützt  sich  haupt- 
sächlich auf  den  Irland.  1,  a.  Crufjuius  bemerkt  nämlich:  Codex  anli- 
quissimus  BJandin.  /iahet  S])eeics  alias  veris,  eum  hac  adnatalione : 
eonlrarias  verilali.  . . .  Equidem  Blatid.  eodieis  leclionem  iypis  mandari 
mahiissem,  propler  i^eluslalem  ,  sed  s  lillera  maiuseulu  adcmia  sequenti  di- 
elinni  adseripta  erat  pracecdenli.  In  Buslidiann  s  aperle  esl  erasum.  So 
bericlitet  auch  lianddn  von  seinem  cod.  Tornes.  (Nr.  G  bei  Kirchner) 
er  habe  die  (»losse:  speeies  verilali  dissimileis.  Für  jene  Schreibung 
hat  scj^m  Lambin  Ep.  I,  16,  20  und  II,  I  ,  240  angcfülirt  und  sie  so 
erklärt:  qui  speeies  alias  veris ^  i.  e.  a  veris  diß'ercnles  seu  non  rerus,  el 
praelerea  seelcris  Unmdtu  prrmislas  ,  i.  c.  eum  srelere  eoniunetas ,  eapiel 
eommolus  hahendus  est.  Ebenso  Orelli  (welchom  Dilleuburger ,  Düu- 
tzer  V.  S.  259  und  in  seiner  zweiten  Ausgabe  auch  Krüger  folgen) : 
falsas  et  confusas  ca  mentis  agitatione  et  eonturhalionr  quae  faeillime  rel 
ad  seelera  eommillcnda  uns  ahripit.  Es  ist  kein  Zweifol  dass  diese  Ties- 
art  dijilomatisch  und  sprachlich  V(dlkonnnen  möglich  und  berech- 
tigt ist.  wiewohl  die  Vergleichung  von  7,  81  aul  die  Variante  veris 


9(5  Zweites  Biirli  der  Satiren. 

sr.  neben  vcri  sc.  keinen  allzugrossen  Woitli  zn  legen  riitli.  Aber 
man  betrachte  nur  den  Sinn:  Wer  die  Ersclieinungen  (subjectiv: 
Vorstellungen,  Begriff"e)  als  unwahre  und  im  Aufruhr  des  Verbre- 
chens vermischte  auffasst,  der  etc.  Iliebei  ist  auffallend  wie  in 
der  zweiten  Hälfte  ganz  beiläufig  durch  sr.  tum.  eine  Motivierung 
eingeschmuggelt  Averden  will;  und  zwar  was  für  eine!  Von  allen 
möglichen  Trübungen  der  geistigen  Klarheit  Avird  ausschliesslich 
diejenige  herA'^orgehoben  welche  durch  sclnvere  ethische  Verschul- 
dung bewirkt  ist  oder  (was  aber  hicA'on  sehr  verschieden  ist)  zu  sol- 
cher führt:  eine  Avunderliche  AVahl,  da  sie  auf  keinen  der  beiden  hier 
vorliegenden  Fälle  passt,  weder  den  des  Aias  noch  den  des  Aga- 
memnon. Und  Avie  soll  diess  zu  der  in  V.  210  nachfolgenden  Dop- 
pelmotiAnerung  durch  slullilia  und  ira  stimmen.'  Dann  dieser  Aus- 
thuck  sceleris  tiimuUus!  Wohl  kann  man  uneigentlich  von  einem  Auf- 
ruhr der  Leidenschaft  reden,  auch  tumullus  menlis  (Od.  II,  J6,  10  f.) 
ist  ganz  rationell,  nicht  aber  tumullus  sceleris:  denn  je  grösser  die 
Aufregung,  der  Affect,  desto  kleiner  die  Zurechnungsfähigkeit, 
desto  kleiner  also  das  scelus;  der  iumuUus  steht  also  zum  seelus  nicht 
nur  nicht  im  Verhältniss  der  Inhärenz ,  sondern  sogar  in  dem  der 
Ausschliessung.  Fei-ner  was  soll  „vermischte"  sein?  Mau  sagt  es 
bedeute  cnnfusas,  unter  einander  gemischte,  A-erwechselte ,  A-erwor- 
rene.  Gut,  aber  Avarum  hat  Horaz  dann  nicht  dieses  AVort  gesetzt? 
Cofifusas  und  pcrmixlas  haben  ja  die  gleiche  Quantität,  und  bei  dem 
ersteren  Aväre  nicht  so  Avie  bei  dem  zweiten  das  Bedürfniss  goAve- 
seu  die  (beiden)  Ingredientien  der  ]Miscliung  zu  kennen.  Ueber- 
diess:  Avenn  man  die  Erscheinungen  unter  einander  mischt,  so  hat 
man  in  dem  einzelnen  Falle  nicht  die  rechten,  Avahren;  es  Aväre 
diess  also  tautologisch  mit  aliac  vcris.  (Vgl.  auch  Weber  S.  342.) 
Mit  der  Lesart  vcris  kann  ich  aus  diesen  ({runden  mich  nicht  be- 
freunden,  bleibe  vielmehr  bei  vcri.  Womit  nun  aber  dieses  \-er- 
Itinden:  mit  spccirs  oder  mit  tumullu .'  Denn  Wiistemanns  Vorschlag, 
sie  mit  Ijoidcn  zu  verbinden,  sieht  zu  sehr  einer  Auskunft  der  Ver- 
legenheit ähnlich ,  und  der  dadurch  zu  Wege  gebrachte  ,, Kampf" 
{luiuuUns'.)A\\\^Q\\Q\\  IJecht  und  Unrecht  —  Avelcher  Kampf  die  Ver- 
wechslung beider  begünstigen  soll  —  leuchtet  uns  zu  Avenig  ein  als 
dass  Avir  hievon  nicht  absehen  sollten.  Ebenso  auch  ^von  Haacke's 
•Vnsicht  ((^uaest  Hör.  Spec.  II),  Avclcher  die  untrennbaren  (Jeni- 
tive  vcri  scclcrisqiic  trennt  und  jenes  mit  .s7;«V'//'.v,dieses  mit  hiini^u  vvr- 
bindet,  in  dem  Sinne:  tjui  vcri  spccics  alitts  alt/uc  uiiuin  illmn  satimii  cl 
rccidin  et  /tcr»ii,vtiis  luuiultu  sceleris  capicl ,  comiimlus  hnhchilur :  ähnlich 
wie  Mitsclierlicli  ( IJac.  ill.  p.  7)  '•'■/•/  von  tilitis  abhängig  macht  uml 
sceleris  mit  sjiccies  verbindet,  so  dass  die  strueturn  rcrhorum  „sinijili 
f/.v.v/wm"  hacc  est:  qui  spccics  alias  vcri  (i.  c.  falsas)  et  sceleris  (i.  c.  scele- 
slas)  permi.vlas  (i.  c.  nun)  capict,  lumallu  (per  auiini  tamulhnn,  h.  e.  am 
hitinnc  tluctus),  is  iunninnfus  hnhchilur:  und  Agamemnon  doppelt  V(>r- 
rückt  wäre,  als  slultus  (Avegen  der  spccics  /ulsnc,  «ler  tiluli  iinnics)  und 


i 


Anmerkungen  zur  drillen  Satire.  97 

als  scclcstiis  (^scehts  coinnnllis,  212):  eine  Erklärung  bei  welcher  man 
sich  über  die  vorausjresetzte  Ausdrncksweise  billij;-  noch  mehr  wun- 
dert als  über  den  Gedanken.  Die  andern  Ausleger  theilen  sich: 
mit  species  verbinden  die  Genitive  z.  B.  Fea,  Heindorf  und  Weber, 
mit  tumullH  Aero,  Xylander,  Torrentius ,  Bentley,  Haberfeldt  und 
Kirchner.  Bentley  meint:  iam  rede  lumuUum  dixeris  ubi  verum  et  see- 
his permisceniur  ...  Alias  aiilem  species  absolute,  pro  alienis  a  veritate, 
aliis  ac  ipse  opinalus  est,  quidni  cum  Xyhmdro  accipere  possimus?  Ha- 
berfeldt schreibt  Letzteres,  sammt  dem  ac  ipse,  ab.  Kircliner  (Be- 
arbeitung vom  J.  1818,  S.  37)  findet  dass  ,, Bentley,  der  überall  am 
schärfsten  blickt,  richtig  veri  scelerisque  tumultu  verbindet;  nur  er- 
klärt er  das  species  alias  capere  nicht  befriedigend.  Oftenbar  sclnvebte 
dem  Dichter,  der  sich  so  oft  homerischer  Ausdrücke  bedient,  ana- 
log dem  obigen  (V.  72)  malis  alienis  ridere  auch  hier  das  homerische 
aXkocpgovitv  (II.  XXIII,  698)  vor,  welches  sehr  bezeichnend  die 
Verwirrung  der  Vorstellungen  beim  Entschwinden  der  Besinnung  an- 
deutet; ein  hier  sehr  passender  Ausdruck,  wodurch  die  Definition 
des  Wortes  commotus,  geisteszerrüttet,  erst  klar  wird."  Demgemäss 
hat  er  schon  1818  übersetzt:  ,,Wer  sich  fremde  Gebilde,  die  Eccht 
und  Frevel  im  bunten  Wirrwarr  mischen,  erjagt"  u.  s.  w.  Da  er 
jedoch  185i  den  Anfang  und  das  Ende  in  ,,Wer  unklare  Begrit^e, 
die  — mischen,  erfasst'"  abgeändert  hat,  so  scheint  es  dass  er  jene 
Auffassung  von  sp.  al.  c.  aufgegeben  und  die  früher  bekämjjftellein- 
dorfsche  Erklärung  von  species  angenommen  habe ,  falls  nicht  die 
homerische  Stelle  es  sein  soll  welche  dem  alias  die  Bedeutung  „un- 
klar" verleiht.  Wie  aber  veri  sc.  (. p.  soll  bedeuten  können:  „die 
Recht  und  Fr.  im  b.  W.  mischen"  bekenne  ich  auf  keine  Weise  er- 
mitteln zu  können.  Nach  meiner  Meinung  wäre  bei  Bentleys  Ver- 
bindungsweise zu  übersetzen:  Wer  fremdartige  Begrifl'e  im  Durch- 
einander von  Recht  und  Schuld  vermischt  auffasst.  Diess  hat  aber 
nahezu  keinen  Sinn ,  und  Bentley  selbst  hat  einen  solchen  nur  da- 
durcli  gewonnen  dass  er  aus  der  Verbindung  der  beiden  Genitive 
mit  iumultus  gar  nicht  Ernst  machte.  Denn  wenn  er  sagt:  einen  tu- 
mullus  könne  man  die  Verwechslung  von  Recht  und  Unrecht  ge- 
wiss nennen,  so  ist  das  doch  keine  Verbindung  von  veri  scelerisque 
mit  tumuUus ,  sondern  eine  Erklärung  als  ob  die  Worte  lauteten: 
qui  vero  ac  scelere  permixlo  species  alias  tumultu  capiet.  Bei  wirkli- 
clier  Verbindung  von  veri  scelerisque  tumultu  wäre  von  jenen  Begrif- 
fen ein  actives  Verhalten,  ein  Tumultuieren,  ausgesagt,  und  zwar 
als  eine  häufige  Erscheinung,  welche  zur  Folge  habe  dass  der  Be- 
treffende species  alias  pcrmiscct.  Unter  einem  solclien  Tumultuieren 
kann  aber  wenigstens  ich  mir  nichts  denken.  Daher  entscheide  ich 
mich,  trotz  der  für  Bentley's  Verbindung  günstigen  Cäsur,  für  die 
mit  species.  Hiebei  sind  aber  wiedeinim  zwei  Nuancen  möglich. 
Weber  fasst  alias  als  Prädicat :  qui  capiet  species  veri  scelerisque  alias 
(als  andere,  nämlich  quam  sunt),  tumultu   (d.  li.  (umultuose)  permi.r- 

HOrsATII   SAT,  II,  2.  7 


98  Zweites  Buch  der  Salircii. 

/«5,  oder  vollständiger:  qui  capicl  species  vcri  scclchsque  Utmulluose 
iiiler  se  pennixlas ,  ila  ul  aliae  quam  sunt  (d.  li.  falsac)  ßant.  Diess 
scheint  aber  weder  durch  die  Stellung  von  alias  gestattet,  noch  auch 
einen  befriedigenden  Sinn  zu  geben,  da  in  diesem  Falle  die  beiden 
Worte  alias  und  pcrmixlas  einander  in  ihrer  Bedeutung  zu  sehr  ähn- 
lich Avürden.  Ich  gebe  daher  mit  Jahn  der  Ifeindorfschen  Ausle- 
gung den  Vorzug,  Avelche  alias  als  Attribut  nimmt,  und  erkläre  hie- 
nach:  Wer  die  Begriffe  (als  in  die  Erscheinung  tretende,  species) 
von  Gut  und  Bös,  welclie  andere  (d.  h.  v(m  einander  verschiedene) 
sind,  tumultuarisch  verwechselt  aut'fasst  gilt  für  verrückt ,  mag  nun 
sein  IMissgriff  (jene  Verwechslung)  in  habitueller  oder  in  vorüber- 
gehender Trübung  des  Verstandes  (sltiUilia  —  ira)  seinen  Grund 
haben.  Wir  haben  so  alias  (qtiae  aliae  su/il^  wie  z.  B.  agna  und  gnala) 
nnä  permixlas  als  einen  klaren  und  natürlichen  Gegensatz,  linniilla 
als  nähere  Bestimmung  xtm  jwrmixlas  (die  psychologische  ]\rotivie- 
rung  des  jyermixlas  capere  oder  pcrmiseere  =  errare  folgt  in  V.  210), 
wwA  jiermixlas  selbst  in  der  ibm  gebürenden  Stellung,  als  Haupt- 
begriff,  auf  welchem  die  Aussage  des  Verrücktseins  beruht,  das 
Nichtunterscheiden  von  Solchem  was  verschieden  ist  und  daher 
unterschieden  Averden  sollte,  bei  Avejchem  JMangel  es  für  die  Sache 
und  das  schliessliche  Urteil  gleichgültig  ist  ob  er  in  einem  Defect 
des  Verstandes  (einem  Nichtkönnen)  seine  AVurzel  hat  oder  in  ei- 
nem Defccte  des  Willens  (Unterjochung  desselben  durch  die  Lei- 
denschaft). Der  Gebrauch  von  iumuUu  rechtforiigt  sich  durch  Od. 
I,  16,  11  f.:  tremenilo  Juppilcr  ipse  mens  iumuUu ,  vgl.  auch  Od.  II I, 
27,  17,  und  andererseits  Cic.  Phil.  VIII,  1,3:  Mio  vacaliones  valenl, 
iiimulUi  7ion  valenl,  wo  die  Definition  des  technischen  Ausdruckes 
{quid  est  aliud  tumullus  nisi  perlurbaiio  tankt  ut  maior  timor  oriatur?) 
auch  für  unsern  Zusammenhang  sich  passend  erweist ;  denn  iuniulta 
steht  hier  wie  es  bei  Liv.  XXV,  13  heisst:  per  tumulluin  ae  trepida- 
tiouem  omnia  arji.  oder  wie  Seneca  Oed.  32H  sagt ,  inter  tumullus  atto- 
nilae  mentis  ratjos.  Da  so  gefasst  die  Worte  einen  meines  Krachteus 
befriedigenden  Sinn  geben,  so  kann  ich  Oonjectnren,  wie  llorkels 
cerehriquc  tumullu  oder  Ajtitzens  species  alias  reris  celerisque  (.v.  cele- 
resque) ,  schon  ])rincipiell  nicht  billigen.  Auch  wenn  nocli  irgend 
welches  Bedenken  übrig  bleiben  sollte,  so  glaube  ich  docli  niclit 
dass  es  atif  dem  Wege  der  Emendation  beseitigt  werden  darf,  in- 
dem nicht  die  Abschreiber  daran  Sclmld  sind,  soiulern  diessmal  der 
Dichter  selbst. 

V.  212,  Als  Beispiele  tiir  die  Auslassung  di\s  Prnu«>meus  bei 
Gegensätzen  citiert  Apitz  p.  120:  Sat.  l,  9,  7()  »'.  10,  27  IV.  Ep.  I,  14. 
19  fV.  n,  2,  fi4.  Od.  II,  17  extr.  III,  1(5,  3M,  mit  der  Bemerkung:  /los 
quidrm  aliasque  locos  lientk'ius  inlactos  reliquil :  sed  r.  212  rt  234,  sicut 
Sat.  I  ,  2,  90  et  Ep.  I,  J4,  40  interpolare  nnn  viinrlatus  est.  lOin  wei- 
terer Beleg  ist  Ej).  I,  19,  10  {edi.ri),  .sofern  dort  der  Singularis  hör 
zti  n">tbigen  srheint   das  edirlum   des  Horaz  auf  \ .  H  (".  zu  besohrän- 


Anmerkungen  zur  drillen  Saiirc.  99 

ken  und  damit  der  Aeiisserun<r  des  Kratinos  und  dem  Beispiele  des 
Homer  und  Eiinius  gejjeuiiberzustcllen. 

V.  2i;>.  Dass  Kirchner  die  Interpunction  lieseitigt  hat  lässt 
sich  nur  billi^n,  indem  jedenfalls  die  Worte  übi  cor  beiden  Thei- 
len  gemeinsam  sind  (die  Beispiele  Sat.  I,  2,  114:  liOi  cum  fauces  urit 
silis  und  ib.  116:  üiment  tibi  cum  inguina  nöthigen  nicht  auch  in  unse- 
rer Stelle  //W  ausschliesslich  mit  cum  iumklum  est  zu  verbinden,  da 
dort  im  Nachsatz  eine  andere  Construction  .stattfindet).  Im  Uebri- 
gen  ist  es  rathsamer  vilio  zu  purum  zu  ziehen :  cum  tibi  cor  est  tumi- 
dum  ,  est  (^-  ue  tibi)  purum  Kilio?  Denn  dass  tumiilum  einer  näheren  Be- 
stimmung minder  bedarf  hat  schon  Heindorf  durch  I,  7,  7:  conßilens 
tumidusque  erwiesen;  auch  stände  vitio  bei  tumidum  leer,  wogegen 
die  bezeichnete  Verbindung  den  ganz  passenden  Gedanken  enthält: 
ist  denn  das  tumidum  esse  (der  Hochmut  —  Agamemnons  Fall)  nicht 
auch  ein  Fehler  und  eine  Krankheit?  —  Heindorfs  Bemerkung 
über  cor  ist  in  unserer  Stelle  nicht  au  ihrem  Platze.  Vgl.. auch 
Düntzer  11.  S.  360  und  Orelli. 

V.  217.  inte  r  die  tum  steht  hier  nicht  in  dem  specifisch  tech- 
nischen Sinne  eines  Zwisclienspruchs  der  Gerichtsbehörde  in  einem 
Civilprocesse ,  sondern  in  dem  zugleich  populären  eines  Verbotes, 
wie  z.  B.  Cod.  lust.  V,  16,  20:  propter  iuris  civilis  interdictum.  Vgl. 
Heindorf,  auch  über  tutela  und  propinquos  (V.  218).  Der  teclinische 
Ausdruck  aira  (und  curator)  findet  sich  übrigens  in  den  XH  Tafeln 
noch  nicht.  Diese  bestimmten  nur  im  Allgemeinen  dass  ein  furio- 
sus  die  Rechtsfähigkeit  verliere  und  dieselbe  auf  dessen  Agnaten 
(und  Gentilen)  übergehe.  Die  näliere  Regelung  dieses  Verhältnisses 
und  die  Bestimmung  eines  Einzelneu  (zunächst  aus  der  Mitte  der 
Agnaten)  zum  curator  erfolgte  erst  durcli  das  prätorische  Edict.  Vgl. 
Auct.  ad  Her.  I,  13,  23  =  Cic.  de  inv.  H,  50,  148.  auch  Tusc.  IH,  5, 
II.  Inst.  I,  23,  3:  furiosi  quoque  et prodigi  —  in  curatione  sunt  agna- 
torum  ex  lege  XII  tabularum  :  sed  solent  Bomae  praefectus  urhi  vcl  prae- 
tor el  in  provinciis  praesides  ex  inquisitione  iis  curatores  darc.  Dig. 
XXVII-,  10,  1.  4.  6.  7.  10.  II.  12.  13.  14.  16  pr.  17.  vgl.  III,  1,1.^. 
11  ib.  fr.  2.  XXVI,  5,8.  §.  3.  Cod.  V,  70  {de  curatore  furiosi  rel 
prodigi). 

V.  230.  Den  Anstoss  welchen  Bentley,  Heindorf,  Meineke 
und  Linker  an  quid  tum  genommen  haben  kann  auch  ich  nicht  be- 
gründet finden.  Schon  Haberfeldt  meint :  „Stehet  es  gleich  nicht 
des  Nachdrucks  wegen,  so  wird  doch  das  Komische  der  Erzählung 
dadurch  erhöhet."  Es  muss  doch  dem  Dichter,  vollends  Avenn  er 
einen  Stoiker  reden  lässt,  jederzeit  unbenommen  sein  den  geradli- 
nigen Verlauf  seiner  Erzählung  durch  einen  solchen  Sprungstein 
zu  unterbrechen  und  dadurch  seine  Darstellung  zu  beleben;  auch 
dei-en  Zerliacktheit  ist  ganz  charakteristisch.  Die  Variante  qui  tum 
hat  kaum  den  Werth  einer  .selbständigen  I^esart:  sie  ist  ein  Ililr- 
fehler,  beim  Dictieren  entstanden. 

7  * 


100  Zweites  Bucli  der  Satiren. 

V.  233,  Dass  conlra  rcsponderil  (vgl.  Virgil  Aou.  VI,  23. 
Curtius  yil,  9,  ].  Hand  Tursell.  IL  p.  113  extr.)  das  Ursprüngliche 
ist  zeigt  das  Schwanken  der  Glossatoren  zwischen  hoc  und  hacc, 
wozu  noch  die  (wohl  aus  hec  entstandene ,  von  Kirdbner  nicht  er- 
wähnte ,  wohl  aber  von  Fea)  Variante  hie  kommt. 

V.  235.  Die  Schreibung  vcllis  ist  zu  ungenügend  beglaubigt 
und  Fea's  Vertlieidigung  derselben  zu  weni^  einleuchtend  (s.  Orelli 
u.  vgl.  7,  27),  als  dass  sie  lialtbar  wäre.  Entstanden  ist  sie  wohl 
dadurch  dass  verrere  in  dieser  Bedeutung  den  Abschreibern  weni- 
ger bekannt  war,  oder  durch  schlechte  Aussprache  des  r  beim 
Dictieren. 

V.  238.  Das  handschriftliche  currit  nach  dem  von  Bcntley, 
Fea,  Heindorf,  AVüstemann,  Weber  u.  A.  schon  Gesagten  zu  recht- 
fertigen wäre  Ueberfluss. 

V.  240.  Orelli  hat  gewiss  Recht,  dass  nur  bei  Voraussetzung 
der  Ursprünglichkeit  von  00  5 or 6 e;-^/  die  Entstehung  der  beiden 
andern  Lesarten  sich  Ijcgreifen  lässt,  obwohl  an  sich  hier  (anders  als 
8,  2-t)  auch  ahsorberc  passend  wäre,  sofern  hier  die  Art  des  Ver- 
schlingens  von  minderer  Bedeutung  ist  als  dass  eine  so  gi-osse  Summe 
mit  Einem  Male  verzehrt  wird.  Dagegen  exsorberc  würde  voi-aus- 
setzen  dass  ein  Gegenstand  (Körper)  genannt  wäre  welcher  durch 
das  Schlürfen  entleert  würde. 

V.  243  f.  KirchnersLitorpunctiousiweise  hätte  die  Cäsur  in  V. 
244  für  sich,  und  auch  eine  nähere  Bestinnnung  von  nobile  wäre 
nicht  unerwünscht.  Andererseits  aber  hat  es  etwas  Unberechtigtes 
die  ncquilia  und  nugac  in  solclier  Weise  scharf  von  pravonrn  ainor 
zu  trennen,  mit  welchem  sie  doch  innerlicli  so  nahe  verwandt  sind. 

V,  245.  Ueber  die  Quantität  von  lusciiiias  s.  Orelli.  Dazu 
vgl.  Plaut.  Bacch.  38,  wo  Kitschi  pol  cgo  mctuo  lusciniolae  nc  dcfuerit 
canlio  gibt,  und  Phaedr.  III,  18,  l  f . :  pavo  ad  Iimonem  venil.  indignc 
fercns  Cunlus  hiseinii  quod  sibi  iion  IribuerU.  —  Für  die  allgemeine 
Bedeutung  von  ;;/•««  rfertf  (schmausen)  citiert  Düntzer  H.  S.  363 
A.  2  die  Stellen  Ep.  I,  17,  13.  H,  3,  340.  Sat.  T,  6,  127  —  letztere 
mit  Unrecht.  —  In  dem  Punkte  welches  sich  bei  Kirchner  am 
Schlüsse  des  Verses  lindct  —  wdfern  es  wirklich  absichtlich  ist  — 
wird  schwerlich  Jemand  eine  Besserung  erkennen. 

V.  24(>.  Die  Schreibung  sau  in  wird  durcli  die  Varianten.^»////; 
(Fea's  1,  a  u.  3,  a,  von  Kirchner  übergangen)  und  saiiiii  wesentlich 
unterstützt.  Es  scheint  dass  die  Abschreiber  sich  an  dem  apoko- 
jtierten  Fragwortc  vor  einem  C'onsonanten  stiessen,  und  nachdem 
sani  aus  sanin  gcwcn-den  war,  so  vennissten  die  Einen  die  Partikel 
iit  (vgl.  zu  7,  113),  die  Andern  etwas  die  erste  Seite  der  Frage 
Markierendes.  Unbereelitigt  und  unbrauchbar  ist  Apitzens  sane. 
In  l{e/,ug  auf  notali  und  noiandi  ist  der  Sclireib-  oder  Druckfeh- 
ler bei  Kirchner  wohl  dahin  zu  bericlitigen  dass  Lips.  1  u.  2  a  prinm 
niiinu  die  Lesart  »n/(/// li.-ilien  ,    welclies  ül»erli:iiipt  nacli  dem  Stande 


Annurkiiiigen  zur  drillon  Satire.  101 

der  handsfliriitlichcn  Ueberlioforung  tlen  Vorzug  verdient.  Audi 
des  Per.sius  iwlasli  spricht  dafür,  .sowie  dass  es  die  schwierigere 
]l,esart  ist.  Denn  planer  ist  nolandi  unstreitig,  Avobei  die  z.weierlei 
Unterscheidungsarten  der  sani  und  inscmi  einander  als  gleichberech- 
tigt gegenüberstehen.  Doch  hat  auch  nolati  seinen  guten  Sinn.  Da- 
bei wird  die  Unterscheidung  als  ein  einziger,  aber  zweigliedriger 
Act  dargestellt:  Aver  in  dem  Haufen  sanus  ist  wird  Aveiss,  Aver  insa- 
nus  scln\arz  bezeichnet,  und  gemäss  dieser  (vorausgegangenen) 
Bezeichnung  gehen  sie  in  zwei  Abtheilungen  auseinander.  ,,Auf 
Avelche  Seite  sollen  sie  treten?  Gehören  sie  zu  den  Weissen  (d.  h. 
Weissbezcichneten)  oder  zu  den  ScliAvarzeu?"  Uebrigens  gehört 
die  skythischc  Sitte  wohl  niclit  hieher,  sondern  der  Ausdruck  ist 
mit  Weber  S.  349  auf  die  ,, natürliche  Symbolik  der  hellen  und  der 
dunkeln  Farbe"  zurückzuführen ,  AV'ornach  —  A\enigstous  bei  den 
Angehörigen  der  circassischen  Rac-e  —  das  AVeisse  als  das  Normale, 
Vollkommene,  Schöne  betrachtet  Avird  und  das  Schwarze  als  des- 
sen Gegentheil. 

V.  247  f.  Ueber  diese  Kinderspiele  s.  K.  F.  Hermann,  Griech. 
Privatalt.  §.  33,  23  f.,  über  p«r  impar  Ebds.  Anm.  27  und  meinen 
Artikel  in  Keal-Enc.  V.  S.  1166  mit  Plut.  Syrap.  IX,  12  extr. : 
XKv  Iqcox(6vx(ov  növzQu  äqxm  t?]  xhqI  6vveiXi]g)6xeg  ij/  TteQixxa  Cvvxei- 
vovaiv. 

V.  253.  Statt  der  theoretischen  Conclusion  (so  steht  also  fest 
dass  der  amalor  ein  insanus  und  geistig  krank  ist)  ist ,  mit  Ueber- 
springung  derselben,  sogleich  die  praktische  gesetzt  (so  sf)llte  er 
auf  seine  Heilung  bedacht  sein). 

V.  254.  IMit  Kecht  scheint  Kirchner  (und  Fea)  die  Form  Po- 
letnon  aufgenommen  zu  haben,  da  erst  mittelst  der  Hdschr.  festzu- 
stellen ist  Av-^e  Aveit  Horaz  auch  in  den  Satiren  griechische  Formen 
zur  Anwendung  bringt  (Wüstemann  erinnert  diessfalls  au  Platuna 
V.  Jl),  statt  nach  einer  vorgefassten  Meinung  die  einzelnen  Stellen 
zu  gestalten.  An  sich  schon  iHsst  sich  bezweifeln  ob  der  Dichter 
in  dieser  Hinsicht  ein  festes  Gesetz  befolgte  und  nicht  vielmelir  im 
einzelnen  Falle  sein  Ohr  befragte,  Avelcbes  ihm  hier  (vor  ponas)  si- 
cherlich die  griechische  Endung  em])fahl. 

V.  255.  Dass  in  den  meisten  Hdschr.  ctibilalc  geschrieben 
ist  (statt  ciihilal)  hat  unzAveifelhaft  seineu  Grund  in  falscher  Ablei- 
tung des  nachfolgenden  focalia.  Uebrigens  billige  ich  es  nicht  dass 
Weber  S.  350  diese  Dinge  in  Folge  übertreibender  Darstellung  als 
,, Anzeichen  leiblicher  Krankheit"  auffasst.  Das  Aväre  schon  gegen 
den  Zusammenhang:  Avie  Polemon  die  Zeichen  seiner  Krankheit, 
die  Kränze,  al)gelegt  hat,  so  lege  du  die  Zeichen  der  deinigen  ab, 
nämlich  die  fasckilac  u.  s.  av.  Die  Avarme  Kleidung  ist  allerdings  — 
Avenigstens  für  Kom  und  die  damalige  Zeit  —  ein  Zeichen  von 
Weichlichkeit  (A'gl.  Aristoph.  Nub.  987),  wohl  auch  von  lockerer 
LebensAveise    und    dadurch    verschuldeter    SchAvächlichkeit ;    und 


102  Zweites  Buch  der  Satiren. 

morbus  ist  tlalier  gewiss  auf  die  liier  abgehandelte  luxuria  zu  be- 
ziehen. 

V.  259.  Kirchner  hat  mit  Bentley  Ca  teile  geschrieben;  dass 
aber  auch  er  es  darum  nicht  als  Eigennamen  aufgefasst  haben 
wollte  zeigt  seine  Uebersetzung.  Gegen  Fea's  cücllc  s.  Orelli.  Die 
Variante  optal  verdankt  ihre  Entstelmng  wohl  dem  vorausgegan- 
genen fiegat.    lieber  amator  s.  Kirchner  zu  I,  3,  36. 

V.  260.  Die  Situation  ist  aus  dem  Vorhergehenden  und  Nach- 
folgenden so  zu  vervollständigen:  der  amator  war  exchisus  iind  ist 
daher  iratus  (V.  "258),  wird  aber  in  dieser  seiner  Stimmung  arcessitus 
(V.  261)  oder  rrrocafus  (V.  264),  und  überlegt  nun  ob  er  der  Einla- 
dung folgen  solle  oder  nicht.  —  Die  Messung  von  ar/it  ist  wie  die 
von  defendil  (Sat.  I,  4,  82),  ficjit  (Od.  III,  24,  5),  faeil  (Virgil.  Ecl. 
VII,  23),  sinit  (Aen.  X,  433),  erit  (Ecl.  III,  97.  Aen.  XII,  883).  K. 
L.  Schneider  Elementarl.  I.  S.  746  ff".  A.  Fleckeisen  in  Jahn's  Jhbb. 
LXI.  S.  34.  Vgl.  oben  zu  V.  1. 

V.  262.  ne  nunc  vorzuziehen  dürfte  der  blose  Wohlklang 
nicht  bestimmen,  wenn  es  nicht  zugleich  in  manchen  Handschriften 
von  Gewicht  *)  sich  fände ,  die  schwierigere  Lesart  und  dabei 
sprachlich  möglich  "vväre.  Zwar  so  wie  K.  F.  Hermann  Lcct.  Pers. 
III.  p.  29  tliut  möchte  ich  nc  nicht  vertheidigen:  7tihil  obstat  quomi- 
nus  in  ulroquc  loco  (bei  Iloraz  und  Persius  V,  172)  eodem  sensu  intelli- 
gamus  quo  apudllor.  Sat.  II,  1,  5  {ne  faciam  omnino  versus),  h.  c.  vc- 
tasnc  me  accedere,  da  in  unserem  Falle  ein  Selbstgespräch  ist,  nicht 
—  wie  Sat.  II,  1,  5  —  ein  monens  gegenübersteht;  um  so  lieber 
aber  so  wie  O.Jahn  zu  Persius  p.  207  andeutet:  cum  apud  Pctronium 
bis  (9.  47)  ita  2)ositum  legatur  [ne  statt  ne-quidem),  vidc  an  scrmoni  po- 
pulari  hoc  Iribucndum  Sit  indcquc  translatum  ;  obwohl  mir  nicht  inibe- 
kanut  ist  dass  derselbe  p.  GXCV  f.  sagt:  duljius  sum  num  —  rcsli- 
lucndum  sit  V,  172.  174  nee  nunc,  quo  ducunt  eliam  Mp.  Rom.  Auch 
liier  wieder  muss  ich  fragen:  wenn  lloraz  7iec  geschrieben  hätte, 
wie  hätte  irgend  ein  Abschreiber  auf  den  Gedanken  konnnen  kön- 
nen das  so  gar  nicht  in  dem  gewöhnlichen  Sprachkreiso  liegende 
nc  zu  setzen?  — ■  Aehnlich  denke  ich  über  vocat  und  voccl.  Den 
Terenz  mit  seinem  cum  adcersor  ultro  hatte  wohl  Iloraz  vor  sidi 
liegen  oder  im  Gedächtniss  und  schrieb  daher  den  Indicativ  (rocal), 
nicht  aber  hatten  jenen  die  Abschreiber  vor  Augen  und  konnten 
dadurcli  sich  bewegen  lassen  rocet ,  wenn  sie  es  ii>  ihrem  Originale 
fanden,  in  vocat  zu  verwandeln.  Der  Conjunctiv  ist  ferner  di(> 
häufigere  Constructionswcise  inid  auch  darum  wohl  zu  begreifen 
dass  vocat  nur  durch  so  wenige  Hdsch.  uns  erhalten  wurde.  Bei 
Persius   ist  das  durch  die  Ildsch.  Gcboteno  cum  arccssor  et  nitro 


*)  Z.  15.  (Iciii  (lotli.  2  ;  <lonn  wiiin  Ivirclinor  von  ilomsclbcn  nachher 
ftn<;^il)l  er  lintic  ncc  nunc  me  cum,  so  wird  im  dieser  zweiten  Stelle  (statt 
üth.  '2)  zu  lesen  sein  Oph.  2. 


Anmerkungen  zur  diiUen  Saliie.  103 

si/pplicd,  eiu  Wechsel  der  Oonstruction  \\  clclier  zwar  selir  hart,  dem 
Persiiis  aber  doch  vielloioht  zuzutrauen  i.st.  Das  Gespenst  der 
enallagc  tnodonim  möchte  ich  jedoch  zur  Unterstützung  nicht  auf- 
bieten, clier  au  eine  leise  Nuance  der  Darstellunji,-  denken,  so  dass 
rhädria  als  notorisch  die  Tliatsache  des  Herbestellens  [arcessoi') 
annimmt,  als  minder  gewiss  aber  was  ihm  über  die  nähere  Art  und 
Weise  (das  stipplicare)  lierichtet  wird  oder  was  er  sich  vielleicht 
nur  selbst  so  ausmalt. 

V.  272.  Auch  Strabon  V,  4,  2  (p.  240  Cas.  =  I.  p.  331,  12  1". 
Mein.)  nennt  Picenum  {TlLY.cvxiv}])  yo^oav  aycc^tiv  noog  unavru.  ßeX- 
Ti(o  öe  roig  ^v}uvoig  y.aQTCOig  »/  rotg  GLny.oig. 

y.  270.  scrutari  mit  dem  entsprechenden  Substantiv  (E}».  1, 
7,  65)  ist  erhalten  in  dem  schwabischen  Krust  und  krusten  (mit 
markiert  langem  u).  —  Am  Schlüsse  des  Verses  macht  die  Verbin- 
dung der  Worte  Schwierigkeit.  Die  Einen  setzen  das  Punkt  nach 
modo  hiquani ,  die  Andern  vorher.  Im  letzteren  Falle  ist  dann  wie- 
derum eine  Manehfaltigkeit  von  Auffassungen:  als  Versicherung 
(Hand  Turs.  lU.  p.  639  und  Apitz  p.  122)  oder  (besser)  als  Frage 
(Orelli);  und  modo  — von  den  Vertheidigern  der  erstem  Inter- 
punctionsweise  zum  Imperativ  gezogen  —  wird  gleichfalls  ver- 
schieden gedeutet :  gewohnlich  als  Zeitbestimmung  =  ntq)Cr  (Mit- 
.scherlich,  Kac.  II.  p.  8:  mit  der  Besonderheit  dass  es  minimc  rc- 
ferri  debel  ad  tempus  quo  res  isla  acciderit,  scd  ad  pcrcttssa,  hoc 
sensu :  ßfarius  quum  slalim  atque  HeUadem  percusserat  sc  praecipitavil 
—  nontic  itisaniil.') ,  von  Hand  1.  1.  nicht  glücklich  als  nur:  modo 
ccrrilus,  inquam .  fuit  Marius -.  an  absolvcs  eum  erimine  commotae  men- 
lis^?  Den  Hauptanstoss  bildet  aber  inquam,  welchem  es  nicht 
recht  gelingen  will  sich  über  den  Rang  eines  Flickwortes  zu  er- 
heben. Wenn  es  an  den  Schluss  des  Satzes  gestellt  wird  soll  es 
nach  Bothe  p.  86  bedeuten,  eodem  sensu  dici  igncm  gladio  scrti- 
larc  alquc  Adde  er.  slult.,  also:  Füge  noch  Blut  zu  der  Thor- 
heit  und,  sag'  ich  (damit),  wühle  nur  im  Feuer  mit  dem  Schwerte. 
Diess  scheint  die  von  Kirchner  begünstigte  Erklärung  zu  sein. 
Hiegegen  wendet  Orelli  ein:  huic  rutioni  proisus  adversatur  v.  in- 
quam, quo  i(a  ul  vohterunl  Uli  (Voss,  Heindorf,  Kirchner  u.  A.)  La- 
tini  nunquam  utunlur.  Allerdings,  die  Identität  einer  Behauptung 
mit  einer  andern  wird  damit  sonst  nicht  ausgedrückt,  sondern  eine 
nachdrückliche  Hervorhebung  oder  Wiederholung  eines  einzelnen 
Wortes  oder  einer  Erklärung  oder  Frage.  So  Od.  II,  8,  13:  ridet 
hoc,  inquam,  Venus  ipsa.  Sat.  I,  JO,  64:  fueril  Lueilius,  inquam,  comis 
et  urbanus.  II,  7,  22:  ad  te ,  inquam  ( ,  hacc  tendunl).  8,  27:  cetera  lur- 
ba,  nos ,  inquam,  coenamtis  aves.  Vgl.  Cic.  ad  Att.  I,  20,  7:  per  mihi, 
per,  inquam.  gratum  feceris  si  u.  s.  w.  Ein.  II,  22,  72.  AVrr.  II,  4,  29, 
67.  Phil.  H,  44,  IJ2.  Vellej.  II,  66,  3.  Lucret.  II,  257:  unde  esthaec, 
inquam,  falis  avolsa  polcstas ^  Unter  allen  diesen  Stellen  ist  überdiess 
(ausser  Sat.  II,  7,  22,  welche  hier  nicht  in  Betracht  kommen  kann) 


104  Zweites  Buch  der  Satiren. 

keine  avo  in/juam  an  den  Scliluss  des  Satzes  gestellt  wiüc.  (Vgl. 
Mitschcrlich  Kac.  11,  p.  8.)  Damit  ist  freilicli  die  Unmögliclikcit  ei- 
ner .solchen  Stellung  noch  nicht  erwiesen,  zumal  da  die  entgegen- 
gesetzte Vei'bindung  Modo,  inqiiam ,  HeUade  \\.  s.  "w.  gegen  sich  hat 
dass  inqxiam  alsdann  etwas  hervorhebt  was  nicht  hervorzuheben  ist. 
Diess  geht  deutlich  auch  aus  den  betreffenden  Erklärungsversu- 
chen hervor,  Avie  wenn  Düntzer  II.  S.  368  sagt;  ,jnodo,  wie  häutig 
von  kurz  vergangener  Zeit,  wie  Cic.  Yerr.  11,4,3,  und  inquam 
hebt  das  modo  bedeutend  hervor:  eben  ja  noch,"  oder  Orelli:  ,,!//i 
modo  (tniper) ,  inquam  {quo  tibi  notum  exemplum  in  memoriam  revocando 
scnteulium  meam  clurius  ctiam  exponarn) ,  Marius  ille^'  u.  s.  w.  Unter 
solchen  Umständen  wird  man  es  begreiflich  linden  dass  Manche, 
um  nicht  einen  kleinen  Mangel  von  Seiten  des  Dichters  selbst  an- 
nehmen zu  müssen,  zu  Conjecturen  ihre  Zuflucht  nahmen,  unter 
welchen  Franke's  i?i  quem  [gladiu»i ,  Marius  cum  praccipilal  se)  mit 
Auszeichnung  zu  erwähnen  ist. 

V.  277  f.  Zur  Vertheidigung  von  praecipikU  —  fuii  gegen 
Kirchner's  (von  diesem  zuletzt  selbst  zurückgenommenes)  furil  ver- 
weist Düntzer  II.  S.  368  Anm.  auf  Reisig's  Vorlesungen  S.  494. 
Dass  die  Zusammenziehung  von  — avit  in  — Td  augusteischen  Dich- 
tern nicht  imputiert  werden  könne  hat  schon  K.  L.  Schneider,  lat. 
Gr.  I.  S.  593,  Anm.  und  750  Anm.  erwiesen.  Lachmann  zu  Lucretius 
p.  290  f.  zwar  für  Plautus  und  Lucretius  diese  Zusammenziehung  sta- 
tuiert, auch  für  den  Ersteren  aber  Fleckeisen  in  Jahn's  Jahrbb.  LXI. 
S.  63 — 65  bestritten.  Den  von  Kirchner  zu  I,  2,  57  (S.  50)  Behufs 
der  Vertheidigung  des  Präsens  praecipitai  eingeschlagenen  Weg 
möchte  icli  nicht  gehen,  sowenig  als  Chr.  Jahn's  Erörterung  zu 
Virgil  p.  457  f.  etwas  für  unsere  Stelle  Geeignetes  bietet  (wohl  aber 
für  Ovid.  Trist.  IV,  1,  19:  me  quoquc  Musa  levat  Ponii  loca  iussa  pelcii- 
tcm,  gegen  Lachmann's  tenctilcm).  Vielmehr  scheint  mir  das  I'rä- 
sens  so  berechtigt  zu  sein  wie  bei  Plautus  ^Men.  prol.  24  f.:  poslquam 
iam  pueri  seplucnncs  su?ii,  paler  Oneravit  navim  maynam  mullis  mercibus 
oder  Catull  44,  21 :  qui  tunc  vocal  mc  cum  malum  Ubrum  legi  (gelesen 
habe,  nach  Lachmann's  unfehlbar  richtiger  Verbesserung,  statt 
des  handschriftliclion  Jegil).  Es  bedeutet  nämlich:  in  dem  Augen- 
blicke wo  ]\[arius  sich  herabstürzt  —  war  er  da  verrückt?  Einen  an- 
dern AusAveg  bietet  w»or/o,  als  Z(>itbestimnnnig  genommen;  s.  ol)en  zu 
V.  61.  —  pr aecipilar c  ohne  nähere  Bestinnnung  wie  Liv.  XXIII, 
19:  praccipilasse  sc  quosdam  non  tolerantes  famem  constabal.  Suct. 
Oct.  27  und  Lamprid.  Commod.  10:  hunc  invilum  praecipitari  iussil. 
—  Zu  ccrritus  vgl.  Plaut.  Men.  890:  num  larvatust  aul  ccrritus.' 
Pocu.  III,  1,  25:  ncquc  nos  populus  pro  cerritis  inscciabil  lapidihus. 

V.  280.  llabcrfeldt  S.  138:  „Bei  dem  letzten  Beispiele  konnte 
man  einwcMiden:  Eine  solche  Tliat  gehört  nicht  zu  den  Thorlieiten 
und  Vcrirruiigen  der  Liebe,  sondern  zu  den  otl'enb.nsten  Lastern; 
Marius  war  also  kein  Narr,  sondern  ein  Verbreclier.    Hier,  ant- 


Anmerkungen  zur  diiltcn  Snliie.  105 

Avortct  Stortinius,  unti'iselieidest  du  Saclien  die  in  der  Tliat  einander 
älinlich  sind,  dem  Namen  nach.  Es  wird,  ist  seine  ^leiniing,  erst 
ein  hoher  Grad  von  Wahnsinn  erfordert  ehe  einer  ein  solelies  Ver- 
brechen l)ep:eht."  Damit  wird  die  Stelle  sachgemässer  erläutert 
als  durch  die  Behauptung  von  Apitz,  die  Gegensätze  seien  scelus 
und  c  rhu  eil ,  nicht  scelus  und  mens  commola,  „neque  de  vocabulis  agiltir 
quac  sint  sibi  [d.  h.  inter  se\  cognata,  sed  de  vocabulis  ipsis  rebus  quibus 
imponatüur  cognatis."    Vgl.  auch  Orelli. 

V.  2S1 .  Die  Scholien  zu  uns.  St.  verwechseln  die  (von  Octavian 
eingesetzten)  Magislri  auguslales  oder  .1/.  larum  augustorum  oder  Com- 
pitcdes  larum  auguslorum  mit  den  municipalen  AugustaJes .  zu  welchen 
die  Seviri  gehörten  und  welche  den  Cult  des  August  zu  besorgen 
hatten.  Vgl.  Kein  in  Pauly's  Real-Enc.  VI,  1.  S.  1257  f.  Von  diesen 
municipalen  sind  dann  wiederum  zu  unterscheiden  die  von  Tiberius 
geschafleneu  sodales  Auguslales  in  Rom.  Uebrigens  erfolgte  die  Re- 
stauration des  Larencultus  auf  den  compita  durch  Octavian  (Suet. 
Oct.  31.  Ovid.  Fast.  V,  128  ff.)  erst  im  J.  747  (wie  denn  auch  das 
Thun  unseres  Freigelassenen  ein  rein  individuelles  ist  und  als  Ver- 
rücktheit dargestellt  wird).  An  Götterbildern  fehlte  es  den  com- 
pita (V.  26)  darum  doch  nicht.    Vgl.  "Weber  S.  354. 

V.  2S2.  Waschungen,  als  Zeichen  der  inneren  Reinheit  wo- 
mit man  den  Göttern  nahe,  giengen  wie  den  Opfern  (II.  I,  449. 
Od.  m,  440.  Hesiod.  Opp.  724  ff.  Virgil.  Aen.  IV,  635.  Vgl.  K.  F. 
Hermann,  Gottesdstl.  Alterth.  §.  23.  Nägelsbach,  nachhoni.  Theolo- 
gie, S.  203)  so  auch  dem  Beten  gewöhnlich  voraus:  s.  II.  VI,  266  f. 
Od.  II,  261.  Cato  R.  R.  131.  Ovid.  Fast.  IV,  778.  Persius  II,  15  f. 
und  andere  Stellen  bei  ^[arquardt,  Hdb.  der  röm.  Alterthümer  IV, 
S.  464.  Anm.  3050. 

V.  2S3.  Was  Kirchner  bewogen  hat  die  Schreibung  Quid  tum 
maynum  trotz  ihrer  ausgezeichneten  handschriftlichen  Beglaubi- 
gung zurückzuweisen  ist  mir  nicht  klar.  Ileindorfs  Gründe  können 
es  kaum  sein.  Denn  seine  Behauptung,  quid  tarn  m.  könne  nur  be- 
deuten: wo  gibt  es  etwas  so  Grosses?  nicht  aber:  was  ist  es  denn 
so  Grosses?  —  ist  ein  unbegründeter  Machtsprnch,  welcher  durch 
die  von  Bentley  angeführte  Stelle  Virgil.  Aen.  XI,  705:  quid  lam 
egregium  si  femina  forti  Fidis  equo^  widerlegt  wird.  Mit  Recht  hat 
vielmehr  AVeVter  S.  355  bemerkt  dass  quiddam  magnum  das  was 
Heindorf  wolle  gar  nicht  bedeuten  würde,  sondern  in  diesem  Falle 
aliquid  mag/ium  oder  magnum  quid  addens  erfordert  würde ;  denn  das 
was  er  hinzufügte  war  nicht  ein  Festbestimmtes,  das  der  Redende 
nur  nicht  nennen  mag  — •  woher  käme  auch  solche  Rücksichtnahme 
dem  damischen  Alten  gegenüber? — ,  sondern  er  hatte  die  AVahl 
unter  vielerlei  Gelüliden  oder  Beschwörungsformeln.  Und  wenn 
Apitz  p.  122  f.  dieses  quiddam  dadurch  vertheidigen  will  dass  er 
quiddam  magnum  addens  unum  verbindet  und  dieses  erkläi't :  maiore 
voce  addens  unum ,  so  lieisst  diess  eine  schwere  sprachliche  Unmög- 


106  Zweites  Buch  der  Satiren. 

lichkcit  an  die  Stelle  einer  leiclitcrcn  setzen.  Ferner  ist  es  auch 
iinbegrüudet  dass  quid  tum  magniim  tantologiscli  wäre  mit  dem  fol- 
r:;endeu  JJis  ctcniin  facile  est:  denn  das  Erstere  soll  das  Recht  zu  der 
Bitte  motivieren,  gegen  den  Vorwurf  der  Unbescheidenheit  sicher 
stellen:  nur  mich,  diesen  einzigen  Menschen  —  das  will  ja  gar 
nicht  viel  heissen;  ich  dehne  meine  Wünsche  ja  nicht  ins  Unge- 
messene aus,  beschränke  sie  auf  ein  einziges  Individuum.  Das 
Zweite  dagegen  soll  den  Inlialt  der  Bitte  als  erfüllbar,  im  Kreise 
des  Möglichen  und  Thunlichen  liegend  erweisen.  Jenes  also  be- 
gründet die  siibjective,  dieses  die  objective  Seite  der  Bitte.  End- 
lich lässt  sich  leichter  begreifen  dass  beim  Dictieren  sich  für  das 
Ohr  des  Schreibenden  dl  zu  dd  assimilierte  als  umgekehrt.  Daher 
ist  auch  C.  Scheibe's  (Philologus  V.  S.  173)  qiii  iam  weniger  wahr- 
scheinlich als  das  handschriftliche  quid  tarn.  Die  von  Wagner  vor- 
geschlagene und  von  Weber  gebilligte  Zerreissung  dieser  beiden 
Worte  {qtdd  ?  tarn  m.)  hat  Orelli  in  seiner  zweiten  Ausgabe  mit 
Recht  verworfen,  sowie  in  der  dritten  addcns  (neben  orahat)  genü- 
gend gerechtfertigt.  Vgl.  auch  Bothe  p.  86,  welclier  übrigens  (p.  87) 
die  Bitte  ohne  Grund  auf  die  chrysippische  Lehre  von  einer  par- 
tialen  Unsterblichkeit  (der  Weisen)  bezieht.  Hatte  diese  gleich  für 
Manche  etwas  Einleuchtendes  (s.  Cic.  p.  Sest.  62,  J31.  Tusc.  I,  12, 
27  extr.  Tac.  Agr.  46  in.  Sil.  It.  X,  524.  vgl.  577),  so  liegt  sie  doch 
dem  Alten  sicherlich  ferne,  der  vielmehr  V.  284  an  die  Erhaben- 
heit der  Götter  über  die  Naturgesetze  appelliert;  und  noch  weni- 
ger Aväre  dem  Stoiker  Stertinius  eingefallen  diese  Lehre  seines 
Meisters  irgendwie  lächerlich  machen  zu  w(dlen. 

V.  285.  Falls  es  dem  Verkäufer  nicht  etwa  darum  zu  thun 
war  einen  Process  auf  den  Hals  zu  bekommen;  denn  eine  aclio 
rcdhibitoria  stand  in  sicherster  Aussicht.  Die  betreffende  Bestimmung 
des  ädilicischen  Edictes  steht  Dig.  XXI,  1,  1.  §.  1, 

V.  287.  Dass  Horaz  unter  den  vielen  Narren  Roms  gerade  ei- 
nen ]\Ienenius  genannt  hat  ist  wohl  nicht  <dine  scherzhafte  Mitbe- 
rücksichtigung des  Zeitwortes  ft(vti'6(7i>(Vf  (f<f'(i>/)'fif)  geschehen,  — falls 
man  nicht  überhaupt  des  Menenius  Person'und  Bedetitung  in  dieser 
Ableitung  aufgehen  lassen  will.  Vgl.  die  Zusammenstellungen  von 
Düntzer  I.  S.  201  Anm.  und  Apitz  p.  20  f.,  die  übrigens  ebenso  der 
Sichtung  bedürfen  als  der  Vermehrung  fähig  sind.  Dahin  gehören 
violleicht  aucli  paiiper  Opimiiis  (opes)  oben  V.  142  und  der  Nomen - 
dator  Nomentanus  unten  8,  25  f.    Vgl.  auch  Kircliner  zu  T,  6,  40. 

V.  2!)|.  Das  Fasten  als  Gultusbesfandtlieil  ist  der  röniisclicn 
Religion  ursprünglich  fremd:  ibrein  (^liaraktcr  li(>gt  es  ternc  durch 
irgend  welche  Vorkehrung  die  ])]iysische  Leistungsfähigkeit  des 
Bürgers   zu   mindern*);    wo  es  sich  dalun-   findet  lassen  sich    die 

*)  Etwas  Anderes  ist  natürlich  die  KnthaUniip  von  liestiiumton   (un- 
reinen oder  heiligen)  Speisen,  wie  sie  dem  fJamcn  Dialis  obhxp ,  nach  Gel- 


.\nmerkun;;cii  zur  drillen  Satirc.  107 

Spuren  fremden  Einflusses  nachweisen.  So  bei  Livius  XXXVI,  37: 
Uhros  SibijUinos  deccmviri  cum  mUsscnt  rantnliaveruiit:  iciiiniiim  inslidicn- 
(htm  Cercri  esse  *)  cl  iil  ijitinlo  quoquc  anno  servandum  —  clie  N>]ßreia 
der  Thesmoplun-ien  (Atlieu.  VII,  80.  p.307  F.  vgl.  Aristopli.  Av.  1519. 
Thesm.  949.  984.  Kallimacli.  li,  in  Cer.  6.  Ji.  17  Tlut.  de  Is.  et  Os.  69), 
■welche  sich,  als  eineBethätigung  des  Sclimerzes  und  der  Trauer  (Ari- 
stoph.  Xub.  621  f. :  noXkuxig  6"  rjfxcov  ayourcov  x(öu  &c(üv  anaaxiav,  iji'ik 
UV  Ttcv&co^isu  1]  Toi^  Mi^vov^  i]  2!aQ7tt]d6i'a),  ])eiin  Demeter-Mythus  auf 
das  Verschwinden  der  Kora  bezogen  zu  haben  scheint.  Hier  geht 
der  hellenische  Ursprung  schon  aus  der  Ilcrleitung  aus  den  sibylli- 
nischen  Büchern  hervor  (Schwegler,  Rom.  Gesch.  I.  S.  801  f.  ^far- 
quardt,  Forts,  von  Beckers  Rom.  Altertli.  IV.  S.  51  f.  57  f.  304  ft". 
bes.  310).  Ferner  wenn  Nigidius  Figulus  bei  Isidor.  Orig.  XX,  2, 
10  sagt:  710S  ipsi  iciunia  ienlacidis  levihus  soh'imus ,  so  ist  dieses  nos 
jpsi  wohl  auf  die  Person  des  Xigidius  zu  beziehen  inid  die  Aus- 
sage mit  dessen  mystisch -asketischer,  pythagorisierender  Richtung 
(M.  Hertz,  Nigid.  Fig.  p.  23  ff.)  in  Zusammenhang  zu  bringen.  Bei 
Sueton.  Oct.  76  (wo  Augnstus  schreibt :  ne  Itidueus  quidem ,  mi  Ti- 
bcri,  tarn  düifjenter  sabbalis  ichmium  scrval  quam  cgo  hodie  servavi) 
zeigt  der  Zusammenhang  dass  hier  von  keinem  Fasten  aus  religiö- 
sem Motive  die  Rede  imd  die  Zusammenstellung  mit  dem  jüdischen 
Fasten  eine  blos  sclierzhafte  ist.  Weiter  bei  Petron.  Sat.  44:  nemo 
coclum  coclum  pulal ,  nemo  iciunium  scrval^  nemo  lovem  pili  facti  ist 
diese  Aeusserung  (welche  mit  den  im  Nachfolgenden  erwähnten 
Nudipcdalia  nichts  zu  thun  hat)  ein  Symptom  der  in  der  nerouischen 
Zeit  vollzogenen  Sättigung  des  Volksglaubens  mit  orientalischen 
Elementen.  Dahin  gehört  auch  das  (wenigstens  partiale)  Fasten 
bei  Spartian.  Did.  Jul.  3:  lulianus  laniac  paraimoniae  fuisse  perhibe  ■ 
tur  ul  .  .  .  saepe^  nidla  cxsistenle  reh'gionc ,  oleribus  legummtbusque  coti- 
Icnlits  sine  canie  coenavcril  (was  beweist  dass  Andere  pi'ople?-  religio- 
nem  dasselbe  thaton).  Dass  das  Fasten  überhaupt  den  Römern 
fremd  war  sagt  positiv  Tertullian.  a])olog.  40:  cum  ab  imbribns  acsli- 
va  hibcrna  suspendunl  et  anhus  in  ctira  est,  vos  quidem  (die  nichtchrist- 
lichen  Römer)  quolidie  pasti  statimque  pransuri . .  .  Aquilicia  lovi 
immolalis,  Nudipedalia  popttio  dcnunlialis  .  .  .  Nos  vero  (die  C!hristen) 
ieiuniis  aridi  el  omni  conlinenlia  cxpressi  .  .  .  Deum  langimus,  et  cum 
misericordiam  extorserimus  —  luppilcr  honoralui\  (Vgl.  auch  Liv. 
XXXIX,  9:  dccem  dicrtim  caslimonia  opus  essc:  dcctmo  die  ce  natu  tu, 
deinde  pure  laulutn  in  sacrarium  deducluram.)  Danach  ist  es  denn 
auch  zu  beurteilen  wenn  derselbe  in  der  Schrift  zur  Vertheidigung 


litis  N.  A.  X,   15,  12:   capram  et  cattiem  incoctum  et  /leilerarn  et  fahum  neque 
längere  Diali  mos  est  neque  nottnnare. 

*)  Vgl.  Calcnrl.  Amit.  IV.  Non.  Oct.  (Orelli  II.  p.  400):  feiwiium  Ce- 
rcris.  Auch  Ko.stus  p.  151:  minuiliir  populo  luctus ,  —  cum  in  casto  Cereris 
est,  mit  Arnob.  V,  10:  temperare  ab  alimonio  panis,  cui  reinomcn  dedislis  castus. 


lOS  Zweites  Buch  der  Satiren. 

der  luontaiiistischcn  a"t'/jo/>/ir/^/rt,  do  icluuiis  adv.  pyycliicos,  16  sagt: 
sed  el  omnem  raneivocpQOvyjöiv  cthici  agnosctinl.  cum  slupcl  coelitm  et  aret 
annits  Nudipedalia  dcnunüanlur^  rnagistralits piirpuras  j)otiunl,  fasccs  rclro 
avcrUml^  preccm  indirjiUml^  hostiam  instauraul.  Jpud  quasdam  vcro  colo- 
tiias  (die  er  niclit  näher  bezeichnet)  praelcrca  anmto  rilii  saccis  relali  cl 
chiere  conspicisi  idolis  suis  invidiam  supplicem  obiiciunl,  balnea  cl  labcr- 
nctcula  hl  nonum  usque  cUiuduntur ,  imxcs  in  publica  ignis  apud  oras, 
aquac  ncc  in  hmcibus -.  Niniviticum  crcdo  iuslilium.  Judaicum  certe  iciu- 
nium  ttbique  celcbraiur  (von  einzehien  supcrstiliosi  nnter  den  Nicht- 
juden),  cum  omissis  lemplis  jjcr  omnc  lilus  quocunquc  in  aperlo  cdiquando 
iam  precem  ad  coelum  milhmi,  cl,  licet  cullti  el  ornatu  (der  nicht  biisse- 
risch  ist)  moeroris  )nunus  infametit,  tarnen  fidem  abslinenliae  affcclant  et 
slellae  (des  AbendsternsV)  auctorilalem  demoranlis  suspirant.  (Zum 
letzteren  Satze  vgl.  Fronto  ad  M.  Caes.  II.  Ep.  10:  tiec  aliter  Kai. 
Sept.  exspcclo  quam  supcrslitiosi  slcllam  qua  risa  ieiunium  polluant. 
Athen.  IV,  44.  p.  156  A.B. :  avireivcg  ijucig  coGtisq  vrfiTEiciv  ciyovxag 
Kcd  TtiQi[iivovxag  xo  uvaxiXXov  aaxQOv ^  ov  cpc(6i  fi>/  (fuvivxog  ot  xriv 
yjj}]6xi^v  xavxtjv  cpiXoGocpiav  evQOvxsg  i'Ojittfiov  dvui,  ^u]8Evog  ysveG&ca.) 
Nach  allem  diesem  kann  es  vollends  in  unserer  Stelle,  bei  der  su- 
perslitiosa,  nicht  mehr  zweifelhaft  sein  dass  orientalischer  Einfluss 
zu  Grunde  liegt.  Man  könnte  hiebei  an  Isis  ('und  Juppiler  =  Sera- 
pis) denken,  deren  Cult  gleichfalls  mit  Fasten  verbunden  war  (He- 
rodot.  II,  40.  IV,  186.  Appulej.  Met.  XI.  p.  -268.  272  Bip.),  oder  — 
wenn  er  schon  für  diese  Zeit  in  Rom  erweislich  wäre  —  an  den 
Dienst  des  Juppiter  von  Heliopolis,  dessen  Priester  ebenfalls  fast- 
eten (Macrob.  Sat.  I,  23,  13),  wie  auch  die  Einweihung  in  den 
Mithrasdienst  mit  strengem  Fasten  verbunden  war  (Marquardt  a.a.O. 
S.  96)  ;  indessen  näher  liegend  und  zu  dem  Uebrigen  besser  stim- 
mend ist  das  Fasten  der  Juden.  Im  mosaischen  Gesetze  auf  einen 
einzigen  Tag  beschränkt,  den  grossen  Versöhnungstag  (Levit.  16, 
29  ff".  23,  27  ff.  vgl.  Act.  Ap.  27,  9),  griff'  es  in  der  nachexilischen 
Zeit  inmier  weiter  um  sich:  man  begieng  niclit  nur  ordentliche  all- 
gemeine Fasttage  zum  Gedächtniss  unglücklicher  Ereignisse,  son- 
dern auch  ausserordentliche  aus  Anlass  öffentlicher  Unglücksfälle 
in  der  Gegenwart  (s.  die  Nachweisungen  bei  Winer  Bibl.  Kealwör- 
terb.  I.  S.  364  f.  der  dritten  Ausg.) ;  und  das  Fasten  Einzelner, 
schon  in  der  vorexilischen  Zeit  zwar  nicht  geboten,  aber  doch  nicht 
selten,  theils  aus  Trauer  über  Geschehenes,  theils  als  l^ussübung 
um  drtdiendes  ITnglück  abzuweuileii  (2.  Sam.  12,  16.  Tob.  3,  12. 
Esth.  4,  I.')ft'.),  wurde  gleichfalls  nach  dem  Exil  viel  häufiger;  vgl. 
IMaimnniil.  Taanith  c.  ].:  sicut  congrcgaliti  ieiunal  propter  n/'/JicIiones 
suas^  sie  eliam  hmno  singularis  prnpler  suas\  si  nempe  sit  quispiam  de 
suis  qui  aegrotal  .  .  .  lenetur  ad  ieiunandum  pro  eo  u.  s.  w.  Aber  auch 
ohne  besondere  Veranlassung  wurden  sie  nunmehr  regelmässig  be- 
gangen, als  verdienstliches  Stück  des  religiösen  (^ultus  (.Tudith  8,  6. 
Tob.  12,  9.  Luc.  2,  37).   Insbesondere  die  IMiarlsäer  tliaten  sich  durch 


Anmerkungen  znr  dritten  Satirc.  109 

ihre  häufigen  Fasten  hervor  (Matth.  9,  U) :  sie  fasteten  jede  "Woche 
zweimal  (Lnc.  18,  12),  n<ämlich  am  fünften  "Wochentage  (also  dem 
Donnerstag) ,  an  welchem  Moses  die  Spitze  des  Sinai  bestiegen 
haben  sollte ,  und  am  zweiten  (also  Montag) ,  als  an  welchem  er 
wieder  herabgekommen  sei  (Taanith  2,  9.  Hieros.  Megillah  f.  75,  l). 
Vgl.  Taanith  fol.  12,  1:  humo  singidaris ,  qui  suscipil  in  sc  iciunia  die 
quinto  et  scciimlo  per  loltnn  anniim.  (Die  Kömer,  welche  sich  den  Cul- 
tusact  nur  in  Zusammenhang  mit  einem  Cultustage  denken  konn- 
ten und  als  solchen  den  Sabbath  kannten,  bezeichneten  irriger 
"Weise  den  letzteren  als  jüdischen  Fasttag;  s.  August  bei.Sueton. 
1,  1.  Petrou.  Fragm.  35,  6 :  ieiuna  sahbalha  lege  premel.  Martial.  IV,  4, 
7:  ieiimia  sabhaiariarum.  Justin.  XXXVI,  2:  Moses  sepUmum  diem, 
more  gentis  sabbaliim  apj)cUatum ,  in  omnc  aevum  ieiunio  sacravil,  qiio- 
niam  illa  dies  famcin  Ulis  erroremquc  finieral :  vgl.  Tac.  Hist.  V,  4: 
hngam  olim  famem  crcbris  adhuc  iciuniis  falenlur.  v.  Seelen,  de  ieiun. 
sabbath.  ex  anliqoil.  hcbr.  Rostock  1741.  4.  J.  Cf.  Schickedanz ,  quae- 
dam  scriplorum  ctlinicorum  loca  de  ieiunio  sabbath.  Zerbst  17ü8.  4.)  Der 
Donnerstag  war  dies  lovis,  und  darauf  hat  man  längst  schon  unsere 
Stelle  bezogen.  Die  Alte  ist  zwar  im  Irrthum  Avenn  sie  von  einem 
indicere  iciunia  an  diesem  Tage  träumt;  aber  das  Angeführte  zeigt 
dass  die  Römer  nicht  eben  sehr  genaue  Kenntniss  von  diesem 
Theile  des  jüdischen  Cultus  besassen,  zugleich  jedoch  auch  dass 
das  Fasten  am  Donnerstage  theilweise  wirklich  als  eine  Pflicht  beob- 
achtet wurde ,  daher  dieses  Missverständniss  um  so  leichter  ent- 
stehen konnte.  Vgl.  über  den  ganzen  Gegenstand  Spanheim  zu 
Callim.  h.  Cer.  6ft'.  Meiners,  Gescliichte  der  Religionen  IL  S.  l39fF. 
"Winer  a.  a.  O.  S.  364 — ^366.   Auch  Böttiger,  Kunstmythol.  1.  S.  132tf. 

V.  292.  casus  medicusve-.  der  Zufall  (Selbsthülfe  der  Na- 
tur) oder  menschliche  Kunst.  Zwischen  den  beiden  ^Motivierungen 
ist  die  Wahl  gelassen*),  da  sie  einander  (wenigstens  in  der  Haupt- 
sache und  für  die  populäre  Ansicht)  ausschliessen;  que  ist  daher 
unmöglich. 

V.  298.  totidem  der  quantitative  Ausdruck  statt  des  qualita- 
tiven und  diesen  mit  einsclilicssend,  wie  von  wörtlich  genauer 
Uebereinstimmung  bei  Cic.  Brut.  96,  328:  totidem  quot  dixit  scripta 
verbis  oratio,  und  ad  Att.  VI,  2,  3:  itaque  istum  ego  locum  totidem  ver- 
bis  a  Licaearcho  transtuli. 

V.  299.    collo  hat  auch  Haberfeldt's  Altdorf. 

V.  300.  p Iuris,  vgl.  Kirchner  zu  I,  1,  92.  Mag  man  als  die 
zu  Grunde  liegende  Vergleichung    mit  dem  Comment.  Cruq.  und 


*)  Bergk  in  Ztsclir.  f.  «1.  Alt.  \V.  1850,  S.  1.T2:  „vel  n\u\  ve  sind 
identisch;  das  enklitistlie  ve  liat  nur  eine  weitere  St-liwäc-hung  erlitten, 
wälnend  das  selI)st;indiore  vel  den  Endconsonanten  festliiilt.  l'el  ist  aber 
nicht  sowohl  anf  den  Conjunctiv  i'eli.<:  znriiclvzufiilncn ,  sundern  ist  apo- 
kopierte  Form  von  volx  {vif)-" 


110  Zweites  Bucli  der  Satiien. 

Düntzev  quam  comparasii  (was  nur  etwas  trivial  scheint),  oder  quam 
ante  damtium,  priusquam  decoxisli  mit  OrcUi  und  Wüstemann:  jeden- 
falls ist  der  Sinn:  so  Avahr  du  ü-iite  Geschäfte  machen  möerest. 

V.  301.  Der  Ahlativ  qua.  Avelclier  steht  wie  V.  21)5,  scheint 
das  einzig  Logisclie  zu  sein.  Slullilia  und  insania  sind  zwei  Begriffe 
von  welchen  in  der  ganzen  Satire  gezeigt  Averden  will  das.s  mit 
dem  Vorhandensein  des  ersten  unmittelliar  auch  der  zweite  gesetzt 
ist.  So  auch  hier:  welches  ist  die  slulliliu  die  ich  an  mir  habe  und 
kraft  deren  (durch  deren  Besitz)  ich  insatiio? 

V.  303.  Die  Aufnahme  von  abscissum,  trotz  der  vorzüg- 
lichen Beglaubigung  von  abscisum,  rechtfertigt  sich  damit  dass  nur 
das  crstere  Zeitwort  dem  wilden,  ekstatischen  Gebaren  der  Agave 
und  dem  Mythus  entspricht.  Das  zweite  würde  eine  zwar  gewalt- 
same, aber  dabei  doch  ruhige  und  kunstgerechte  Trennung  des 
Hauptes  vom  Leibe  bedeuten,  wie  sie  etwa  der  Scharfrichter  vor- 
nimmt (Fea:  Agave  non  ferro  capul  filio  ampulavil,  quod  esset  absci- 
sum,  scd  manibus  diseerpsit,  dilaniavü)]  wogegen  absciss.  die  Rück- 
sichtnahme auf  das  natürliche  Gefüge  verneint  (Döderlein,  Sjn. 
IV.  S,  154)  und  damit  allen  sonstigen  Darstellungen  des  Actes  (s. 
Fea  und  Orelli)  gemäss  ist.  — Das  durch  den  vetustiss.  Bland,  und 
andere  vorzügliche  Hdsch.  gebotene  manibus  bedarf  nach  Bentley 
keiner  Vertheidigung  mehr.  Es  bedeutet:  sie  hat  den  Beweis  für 
ihre  Verrücktheit  in  den  eigenen  Händen  und  glaubt  doch  nicht 
daran.  Demcns,  das  vorausnehmen  würde  was  erst  zu  beweisen  ist, 
kann  erst  nach  dem"  Ausfall  von  manibus  durch  Abschreiber  einge- 
flickt worden  sein. 

V.  305.  Liceat  conc.  vcris  entschuldigt  gleichsam  das  Bekennt- 
niss  dass  er  slullus  und  —  wie  er  nach  einigem  Zögern  hinzufügt  — 
(im  Allgemeinen,  gewissermassen)  aucli  insanus  sei:  es  sei  mir  er- 
laubt es  zu  sagen,  weil  es  nun  doch  einmal  der  Walirheit  gemäss 
ist;  ich  darf  das  wohl  sagen,  da  es  ja  keine  Schande  ist  der  Wahr- 
heit die  Ehre  zu  geben.  ]\Ieineke's  Vorschlag  {vinral  c.  r.)  ist  eben 
so  überflüssig  als  der  von  Horkel  oder  Apitz,  welcher  Letztere 
{conc.  vcrc)  Schwierigkeiten  macht  wo  keine  sind. 

V.  308.  ,,In  dem  Vorwurfe  des  Bauens  liegt  ausser  dem  Ta- 
del der  Nachahnumgssucht  noch  die  Ansicht  der  Alten  von  der 
Verderblichkeit  des  Bauens  überhaupt.  Livius  VI,  II  nennt  das 
Bauen  res  damnnsissima  eliam  divitibus.  und  ausser  den  Stellen  welche 
(rronov  und  DrakenI)orch  dort  beibringen  vgl.  auch  die  Warnung 
bei  Gic.  Off.  I,  ;i9,  139."  Dillenluirger  Zschn  f.  A.  W.  IH40,  S.  677. 
—  Sehr  unbegründeter  Weise  schilt  Düntzer  (II.  S.  373  A.*)  auf 
Heindorf  wegen  dessen  vollkommen  richtiger  Bemerkung  über  ab 
imu  u.  s.  w. 

V.  310.  Corpore  maioreiu  ineessum,  s.  C)bbarius  zu  Ej). 
I,  '20,  '21.  p.  563.  ITebor  den  Namen  Turbo  s.  Bentley.  Ein  lt.  Vn- 
lerius  T.   und  ein   M.  \';ib  rius  T.   linden   sirh    :\u\'  Aov  Inselirift  aus 


Anmerkungen  zur  drillen  Satire.  1 1 1 

Canusium  Nr.  635  (I,  27.  32)  bei  Momrasen ,  und  ein  Virius  T.  auf 
der  capuanisclien  cbds.  Nr.  3614. 

V.  31.').  ianlum  ist  nicht  nur  die  minder  alltägliclie  und 
schon  darum  ■wahrsclieinlichcre  Schreibung  (Avähreud  lanlo  sehr 
leicht  aus  der  zweiten  Hälfte  entstehen  konnte),  sondern  zugleich 
das  Richtigere,  obwohl  sich  Ileindorf  in  dieser  Ilinsiclit  zu  stark 
ausdrückt.  ]\Iit  Unrecht  behauptet  nämlich  Fea  dass  in  <lissimilis 
ein  Comparativ  liege :  im  Unterschied  von  dem  folgenden  minorem 
vertritt  es  die  zwischen  Horaz  und  Maecenas  bestehende  qualita- 
tive Verschiedenheit.  Aehnlich  heisst  es  bei  Livins  XXXVII,  57 
(angeführt  von  AVüstemann) :  ianlum  pracferri ^  in  solchem  Masse 
vorgezogen  werden,  wo  al)er  auch  ianio  (um  so  viele  Grade)  stehen 
könnte,  da  es  im  Materiellen  auf  dasselbe  hinauskommt  und  prae- 
ferri  wirklich  einen  Comparativbegrift"  in  sich  schliesst.  Apitz  bläst 
sich  gegen  Bentley  aiif,  dass  dieser  nicht  gemerkt  habe  wie  lanln 
beide  ]\Iale  Dat.  mascul.  sei;  ich  vermute  aber  dass  auch  in  Zukunft 
noch  Manche  nicht  nötbig  finden  Averden  dem  Dichter  diese  Schmei- 
chelei zu  octroyieren. 

V.  317.  Dass  Bentley  mit  seiner  Vertheidigung  der  Schrei- 
bung des  Bland,  anliquiss.  vollkommen  das  Richtige  getroffen  hat 
beweisen  unwillkürlich  auch  die  Versuche  von  Fr.  Jacob  (Progr. 
von  1841  ,  8.  26)  und  Apitz  (p.  124)  die  ältere  Vulgata  in  Schutz  zu 
nehmen.  Die  Entstehung  der  letzteren  lässt  sich  an  der  Hand  der 
Varianten  vollkommen  klar  machen :  nachdem  lantum  durch  landcm 
verdrängt  war  (/»//«  (andern ,  sufßans  se ,  magna)  —  iind  wie  sehr 
diess  gelang  zeigt  Porphyrie  und  die  Schreibung  7nim  ianla ,  sowie 
das  ianlo  der  Hdsch.  in  V.  318  —  entstand  das  Bedürfniss  magna 
näher  zu  bestimmen  durch  ein  (deiktisches)  sie,  das  sich  nun  an  die 
Stelle  von  sc  setzte  («.  iandcm  sa/f/ans  sie  m.  und,  unschlüssig  zwi- 
schen se  und  sie  schwebend,  si  m.) ,  aber  alsbald  auch  wieder  das 
Verlangen  nach  dem  unentbehrlichen  se  hervorrief,  welches  schliess- 
lich dadurch  gewonnen  wurde  dass  man  Saffians  abänderte  in  se  in- 
flans  und  so  eine  Scheinbefriedigung  durch  die  Schreibung  num 
(andern,  se  infla?is ,  sie  magna  fuisset  zu  Wege  brachte.  Hienacli  cha- 
rakterisieren sich  auch  die  verschiedenen  Hdsch.  nach  der  Abstu- 
fung ihres  Alters  und  Werthes. 

V.  31  S.  Die  Behauptung  von  Bentley  dass  lantum  ^.eodiees  Cni- 
fjaiani  exhihenC'  ist  freilich  nicht  sicher;  denn  die  Worte  vnn  C'ru- 
quius  lauten:  ^,jium  ianlum  suffluns  sc  m.  f.  sie  hahcl  Jilandin. 
vetiistissim.  cum  Tons,  quos  seenlus  sum.  celeri  hahenl,  iandcm  suf- 
flans.  .  .  .  sie  et  in  sequenli  versa  (ccteri  hahenl.'  oder  libri  omnes  ha- 
benl?)  num  Ianlo?  cum  scribcndum  sil,  num  iantum ,  pro  iam  magna 
fuisset;  quamquam  hie  tanlo  tolerari  polest ,  propler  eompuralivum ,  ma- 
ior."^  Zwar  geht  hieraus  ebenso  wenig  mit  Siclierheit  hervor  dass 
lantum  in  jenen  beiden  Hdsch.  nicht  stand,  sondern  diess  eine 
blose  Conjectur  von  Cruquius  war;  aber  doch  ist  es  iuunerhin  be- 


1 1 2  Zweites  Buch  der  Satiren. 

deiiklicli  dass  dieser  niclit  auch  hier  ausdrücklich  angibt  dass  mit 
"jenen  beiden  Hd seh.  so  zu  schreiben  sei.  Indessen  kann  laulo 
sein  Dasein  theils  dem  dimidio  verdanken  theils  dem  Unterliegen 
von  tanlum  in  V.  317,  und  in  hohem  Grade  verdächtig  wird  es  durch 
die  Mittel  welche  angewendet  werden  müssen  um  es  festzuhalten 
imd  ihm  einen  Sinn  beizulegen.  Versucht  ist  diess  worden  theils 
von  Botlie  (p.  92)  thoils  von  Düntzer  (II.  S.  375) ,  neuestens  auch 
von  Apitz  p.  12if.  Während  der  Erstere  abtheilt:  ,,.1/rt/or."  —  iJi- 
midio?  Numtanto?  — Qmim  magis  efc. ,  so  der  Letztere :  ,^Maior.'''  — 
Dimidio  num?  —  Tanlo  quam  magis  etc.,  und  Düntzer  zieht  quam  ma- 
gis . .  .  inflarei  zu  num  tanlo ,  nicht  zum  Folgenden :  ,jMaior  dimidio.''' 
—  Num  lanto?  quum  magis  alque  sc  magis  inßarel.  —  ^,Noti  si  le  ruperis, 
inquil^  Par  eris.''^  Die  Antwort  des  Jungen  soll  also  maior  dimidio 
sein  und  hieran  sich  die  Frage  der  Alten  reihen:  num  tanlo:  ,,war 
es  vielleicht  um  so  viel  grösser?  indem  sie  immer  mehr  und  mehr 
sich  ausdehnte."  Mit  letzterer  Verrenkung  der  Worte  ist  nicht 
■  einmal  die  nächste  Einwendung  (gegen  laiilo)  beseitigt,  dass  die 
Alte,  indem  sie  sich  aufbläst,  nicht  das  darstellen  will  um  was  das 
fragliche  Thier  grösser  gewesen  sei,  sondern  die  ganze  Grösse 
dieses  Thieres,  oder,  wie  diess  Orelli  ausdrückt:  ranae,  quac  suf- 
ßando  sc  viluli  magtiiludinem  iam  assccutam  sc  speral,  purum  convenil 
quaerere  quanlo  maior  vilulus  ipsa  fucril.  Ausserdem  wäre  bei  Dün- 
tzer's  Auffassung  quam  —  inßarel  der  Vordersatz  zu  dem  Nach- 
sätze:  fragte  sie.  num  tanlo ^  jener  müsste  somit  vielmehr  lauten: 
•  quum  sc  magis  inflasset:  aber  inquil  und  die  ganze  Stellung  der  Worte 
weist  darauf  hin  dass  quum  etc.  vielmehr  Vordersatz  zu  der  Antwort 
des  Jungen  sei.  Lassen  wir  also  Düntzer  und  wenden  uns  zu  Bo- 
tlie und  Apitz.  Von  deren  Vorschlägen  ist  der  von  Apitz  sicher- 
lich der  noch  unerträglichere,  da  er  dem  Dichter  ein  Kauderwelsch 
zumutet  wie  dimidio  num.'  und  folgende  Worte:  quum  tanlo  {i.  c.  di- 
midio) magis  alque  magis  sc  inßarel!  Dagegen  bei  Bothe's  Abthei- 
lungsweise wäre  auf  eine  so  concrete Frage  wie  dimidio.^  ist  mit  Fug 
und  Recht  eine  runde  und  nicht  blos  indirect  angedeutete  Antwort 
zu  erwarten.  Ueberhaupt  aber  sieht  man  keinen  Grund  ab  warum 
über  die  W(»rte  solche  Zerstückelung  verhängt  werden  sollte.  Ver- 
binden wir  maior  dimidio,  so  lassen  sich  diese  Worte  entweder  als 
Antwort  des  jungen  Frosches  auffassen,  oder  als  participiale  Zeit- 
bestimmung: quam  dimidio  maior  esset  (d.  h.  se  dimidio  maiorem  fecis- 
sel)  iiilerrogavil:  Xum  lanlum .'  Gegen  das  Erstere  hat  Botho  einge- 
wendet: quasi  dimidio  lanlum  rana  Ims  maior  diccndus  Sit,  quac  ineptia 
ne  ranunrulo  quidem  impulanda :  und  Apitz  p.  12+:  die  Angabe  würde 
durch  das  naclifolgende  non  si  te  ruperis  u.  s.  w.  otl'enbar  widerlegt. 
Ganz  richtig  bemerkt  aber  in  dieser  Hinsicht  Düntzer  H.  S.  374: 
„Es  ist  zu  bedenken  dass  dem  jungen  l'Vosche  in  dieser  Beobach- 
tung über  die  (»rosse  die  richtige  Beurteilung  fehlt;  er  weiss  das 
Vcrhältniss  gar  nicht  /u   scliiit/.en ,    und   erst  zub'tzt  sidit   er  dass 


Aiimorkungon  zur  diilloii  S.ilire.  113 

trotz  aller  Anstrengung  die  Alte  nie  die  Grösse  dos  Kalbes  errei- 
chen werde.  Wäre  der  Unterschied  in  seiner  ganzen  Grösse  dem 
jungen  Frosche  gleich  klar  gewesen,  so  würde  er  alsbald  von  wei- 
teren Vorsuchen  abgorathen  haben ;  jetzt  aber  meint  er  am  An- 
fange, wenn  sie  noch  halbmal  so  gross  sei  werde  sie  dem  Kalbe 
gleichkommen."  *)  Dieser  Zug  ist  sogar  psychologisch  fein  von 
Horaz  angebracht,  wie  ül)orhaupt  seine  Erzählung  der  Fabel  durch 
die  Vergleichung  mit  Babrius  Fab.  28  und  Phädrus  1,24  nur  ge- 
winnt. Eben  darum  gebe  ich  dieser  Erklärung  auch  den  Vorzug 
vor  der  von  Kirchner  (und  Weber)  gebilligten  zwciterwähnton 
Waddelschen,  bei  welcher  man  überdiess  die  AntAvort  auf  die 
Frage  7ium  lantum  schwer  vei'misst,  ,,die  wir  hier  nicht  entbehren 
können,  da  gerade  durch  sie  die  Alte  veranlasst  wird  sich  noch 
mehr  aufzublähen"  (Düatzer  II.  S.  375  und  nach  ihm  ebenso  Wüste- 
mann, Orelli  und  Apitz). 

V.  o22.  Die  Variauten  scheinen  dadurch  veranlasst  dass  die 
Abschreiber  in  der  ersten  Hälfte  des  Verses  durch  die  Allgemein- 
heit des  Gedankens  das  Präsens  für  gefordert  hielten  und  die  hie- 
durch  entstandene  Lücke  dann  in  ihrer  Weise  ausfüllten.  Zu  den* 
so  interpolierten  Ildsch.  welche  facil,  ei  sanus  facics  tu  haben  geliört 
übrigens  auch  Haborfeldt's  Altdorf. 

V.  323.  Rabiem  bezieht  Düutzer  II.  S.  376  (mit  Aum.*  )  vgl. 
V.  S.  261  auf  die  (satirischen)  Gedichte  des  Horaz:  ,,Du  schreibst 
Gedichte,  was  nur  ein  Toller  thut,  und  zwar  solche  in  denen  du 
deine  Wut  auslassest."  Da  die  übrigen  angeführten  Züge  alle  per- 
sönlicher Art  sind  und  der  Gedichte  in  unserem  Verse  durchaus 
keine  Erwähnung  geschieht,  so  ist  diese  Deutung  zu  verwerfen. 

V.  32G.  Uebor  den  Schluss  vgl.  Kirchner  zu  I,  1,  120.  S.  23. 
Im  vorliegenden  Falle  eludiert  er  zugleich  die  ganze  bisherige 
Auseinandersetzung,  indem  diese  als  Ausfluss  der  inscmia  des  Da- 
masippus  aufgedeckt  wird.  Auch  hier,  wie  in  der  siebenten,  siegt 
schliesslich  die  Wirklichkeit  und  der  gesunde  Verstand  über  die 
Consequenzmacherei  und  hoffärtige  Selbstverblendung  der  Schule. 


*)  Vgl.  Strodtmann,  Hör.  Sermonendichtungen  (Leipzig  1855),  S.  317: 
,,Es  ist  die  kindische ,  noch  niclit  das  ^lass  genau  angebende  Ausdrucks- 
weise und  Vorstellungsart  des  Frösclileins,  sowie  auch  nachher  rupcris  nielit 
zu  pressen  ist,  da  ja  bei  dem  eigentlichen  Zerplatzen  keine  weitere  Aus- 
dehnung, sondern  vielmehr  das  Gegentheil  erfolgt.''  (Ruperis  lieisst:  wenn 
du  dich  so  aufblasen  würdest  dass  du  beinahe  platztest,  platzen  möchtest. 
Vgl.   auch  Kirchner  zu  I,  3,   13ü.) 


HORATH   SAT.  II,  2. 


114  Zweites  Buch  der  Satiren. 


Vierte    Satire. 


Einleitung'. 

Die  Einkleidung  dieser  Satire  hat  die  meiste  Aelinlicbkeit  mit 
der  in  der  achten  unseres  Buches.  In  beiden  haben  wir  zwei  In- 
terlocutoren,  einen  Fragenden  und  einen  der  auf  Befragen  aus- 
führlichen Bericht  über  etwas  Erlebtes  gibt,  dessen  Darlegung  den 
Hauptinhalt  der  Satire  bildet.  Die  Person  des  Befragers  gewinnt 
in  beiden  gleich  wenig  concrete  Anschaulichkeit  und  geht  in  dieser 
ihrer  Kolle,  als  Frager  und  damit  Vehikel  des  Dialogs,  vollstän- 
dig auf;  dass  wir  uns  aber  den  Dichter  selbst  darunter  zu  denken 
haben  ist  mehr  als  wahrscheinlich.  Es  ergibt  sich  nämlich  aus  dem 
AYesen  der  Satire,  wie  dieses  noch  bei  Horaz  erscheint.  Auch  die 
horazischen  Satiren  noch  sind,  Avie  es  die  des  Lucilius  waren,  freie 
»Tilrgüsse  des  Dichters  über  beliebige  Themata,  wobei  den  Einheits- 
punkt für  alle  einzig  die  Person  des  Dichters  bildet  (vgl.  meine 
Einleitung  zu  der  Bearbeitung  der  Satiren  in  den  ,,Classikern  des 
Alterthums",  Stuttg.  1856.  Lfg.  LXX.  S.  10  f.).  Wenn  daher  nicht 
ausdrücklich  das  Gegentheil  allsgesprochen  oder  angedeutet  ist 
—  wie  I,  8.  II,  2  und  5  — ,  so  haben  wir  in  den  Satiren  unter  dem 
in  erster  Person  Redenden  immer  den  Satiriker  selbst  zu  verste- 
hen. Diess  ist,  um  bei  unserem  Buche  stehen  zu  bleiben,  voll- 
kommen klar  bei  der  ersten  und  dritten,  nicht  viel  weniger  bei  der 
siebenten,  und  da  bei  der  vierten  und  achten  zn  einer  anderen 
Annalime  lediglicli  kein  Grund  vorliegt,  so  gewiss  auch  bei  diesen 
beiden. 

Der  andere  Träger  des  Gesprächs,  der  Befragte,  wird  Cot  ins 
genannt.  Personen  dieses  Namens  kennen  wir  im  achten  Jahrhun- 
dert d.  St.  mehrere.  Um  der  Calia  in  Sat.  I,  2,  95  nicht  weiter  zu 
gedenken,  linden  wir  einen  Q.  Catius  Aemilianus  in  der  ciceroni- 
schen  Rede  pro  Tullio  §.  19,  und  einen  Irib.  mil.  C.  Calhis  aus  dem 
Vestincrlande  (oder  mit  dem  Beinamen  Vestinus)  welcher  im  .T.711 
von  Antonius  an  Lepidus  gesandt,  von  Mvmatius  aber  abgefangen 
wurde  (Oic.  ad  Farn.  X,  2H,  ö)  ,  insbesondere  aber  einen  Epikureer 
dieses  Namens  aus  dem  Insubrischen ,  welolier  kurz  vor  dem  Jahre 
709  d.  St.  gestorben  war;  denn  in  diesem  .Tahro  schreiltt  Cicero  an 
C!assius,  den  er  mit  seinem  Eidcureismus  neckt:  Cnlius  fnsiihrr,  Epi- 
rurciis,  f/iii  uuprr  est  morluiis ,  i/iiar  illc  (^tinjetliiis  (Epikur)  cl  iam  anlc 
Dcmocritus  sl'öfoku^  hie  spcclra  nomimit  (ad  Farn.  XV,  16,  l),  worauf 
Cassius  antwortet :  (  .  .  .  proplrr  spectra  Caliann : )  pro  quo  tibi  pro- 
ai/Hrt  cpislohi  toi  riislicos  Stoicos  rrgcram  itl  Caiium  Athcnis  naium  esse 
dieas  (ib.  19,  l),  und  weiter  unten:   Ipse  Kpieunis ,  a  quo  omnes  Caiii 


Einleitung  zur  viciten  Satire.  115 

cl  Jina/iini,  inali  vcrborwn  inlcrprcles,  proßciscunliir ,  dicü  u.  s.w.  lieber 
denselben  sagt  Quintil.  J.  0.  X,  1,  J24:  in  Epicurcis  levis  quidem 
sed  non  initirundus  lamen  auctor  est  Calius.  Porpli^rio  zum  Anfang 
unserer  Satire :  Calitnn  inlcrrogaf,  cocnartim  auclorem ,  cocnac  prae- 
cepla.  Hie  Calius  Epicurcus  ftiit ,  qui  scripsil  qiialuor  Ubros  dr  i-erutn 
natura  et  de  summo  bono.  Comni.  Cruq.  ebendann:  fuil  aulem  M. 
Calius  Epicurcus,  qui  quatuor  Ubros  scripsil  de  r.  ?i.  el  de  s.  b.,  und  zu 
V.  46 :  Irridcl  cum  quod  de  opere  pislorio  in  suo  libro  scribil  de  sc  ipso  ; 
haec  primus  invenil  el  cognovit  Calius  MiUiiides.  Für  erdichtet  oder  aus 
unserer  Stelle  selbst  falsch  erschlossen  (Düntzer  II.  S.  292)  kann 
ich  letztere  Notiz  nicht  lialten :  dafür  lautet  sie  zu  concret  und  bot 
unsere  Stelle  zu  wenig  Stoff;  wohl  aber  ist  sie  eine  übel  ange- 
brachte Reminiscenz;  denn  der  Anonymus  welcher  in  V.  46  und  74 
mit  Emphase  von  seinen  culinarisclion  Erfindungen  spricht  ist  ja 
doch  keinenfalls  Catius  selbst  —  was  hätte  auch  unseren  Dichter 
zu  einer  so  wunderlichen  Auseinanderlegung  der  Person  dieses 
Gestorbenen  oder  auch  seines  noch  lebenden  Freigelassenen  be- 
stimmen können?  — :  das  Citat  aus  Catius  nützt  daher  hier  nicht 
mehr  als  es  etwa  zu  II,  8,  51  f.  genützt  hätte  und  hat  nur  die  Be- 
deutung einer  Parallelstelle,  in  welcher  gleichfalls  mit  Wichtig- 
keit von  einer  unerheblichen  Entdeckung  gesprochen  wird.  Eben- 
so wenig  sehe  ich  einen  Grund  den  Namen  Catius  als  Hülle 
für  irgend  welchen  anderen  zu  betrachten.  Jedenfalls  niclit  für 
den  Namen  des  treuen  Freundes  von  Caesar,  des  liebenswürdigen 
römischen  Ritters  C.  Matius  (über  welchen  s.  meinen  Artikel  in 
Pauly  s  Real-Enc.  IV.  S.  1644  — 1646),  wie  C.  Manso  (Vermischte 
Abhandl.  und  Aufsätze  S.  284  ff.),  unter  Zustimmimg  von  C.  Pas- 
sow  (Leben  des  Horaz,  Anm.  172,  vor  seiner  Uebersetzung  der 
Briefe),  vermutet  hat,  auf  welchen  aber  gar  nichts  passt,  nicht 
einmal  —  was  doch  in  erster  Reihe  zu  erwarten  wäre  —  die 
Quantität  des  beiderseitigen  Namens;  und  mit  Recht  hat  Obbarius 
(Jahn's  Jhbb.  1835.  XV.  S.  57)  bemerkt  dass  solche  Namen  sonst 
immer  den  Charakter  der  Fiction,  nicht  aber  (wie  bei  Catius  der 
Fall  wäre)  den  der  Wirkliclikeit  an  sich  tragen,  d.h.  dass  die 
Dichter  statt  des  wirklichen  Namens  nicht  gleichfalls  wieder  einen 
wirklichen,  sondern  einen  selbstgeschattenen  zu  wählen  pHegen. 
Diess  gilt  auch  gegen  die  Vermutung  Heindorfs,  dass  mit  dem  ver- 
änderten Namen  Catius  der  Dichter  einen  der  Tischgenossen  3[ae- 
cen's  bezeichne  welcher  besonders  auf  die  gastronomischen  Beleh- 
rungen des  Gönners  zu  achten  pflegte  (S.  337).  AVozu  aher  über- 
haupt nach  einem  darunter  versteckten  Namen  suchen?  Catius 
selbst  wird  ja  niclit  verspottet,  er  ist  nur  Organ  der  Mittheilung, 
wie  Fundanius  in  der  achten :  wozu  also  seinen  Namen  vei-än- 
dern?  Dass  er  die  betreffenden  Belehrungen  für  Avichtig  hält  war 
hiefür  kein  zureichender  Grund ;  denn  diese  Ansicht  tlieilt  ja  — 
wenigstens  scheinbar  —  auch  der  Befragende  selbst,  und  überdiess 


116  Zwiiles  Buch  der  Satiren. 

bildete  sie  einen  liöchst  harmloseu  Zug,  gerade  genügend  um  eine 
Bürgschaft  zu  bieten  für  die  Treue  der  Mittheiluug  und  deren  In- 
halt leise  zu  ironisieren,  bei  Weitem  aber  nicht  um  dem  Redenden 
selbständige  Bedeutung  zuzuwenden.  Vielmehr  theile  ich  die  An- 
sicht der  meisten  neueren  Interpreten,  dass  der  horazische  Catius 
identisch  sei  mit  dem  ciceronischen,  ein  Aveiterer  Belog  für  die  Vor- 
liebe womit  Horaz  in  diesem  zweiten  Buche  seine  Figuren  aus  der 
ciceronischen  Briefsammluug  schöpfte.  Zur  Motivierung  der  Wahl 
gerade  dieses  Namens  reicht  vollkommen  der  Umstand  aus  dass 
Catius  als  Epikureer  bekannt  war,  womit  sich  in  der  populären 
Vorstellung  der  Begriff  der  Genusssucht  so  enge  verband  dass  von 
einem  Epikureer  Jedermann  ohne  AVeiteres  ganz  besonderes  In- 
teresse für  gastronomische  Lehren  voraussetzte;  und  ist  die  Notiz 
des  Comm.  Cruq.  zu  V.  46  richtig,  so  kann  diess  nur  dazu  dienen 
es  noch  weiter  zu  rechtfertigen  dass  Horaz  gerade  dem  Catius 
diese  Mittheilungen  in  den  Mund  legte. 

Der  passive  Hanptheld  der  Satire,  welcher  in  11,8  wahr- 
scheinlich mit  verändertem  Namen  bezeichnet  wird,  ist  in  der  uns- 
rigen  gar  nicht  genannt ,  und  diese  Verschweigung  wird  als  eine 
absichtliche  dadurch  bemerklich  gemacht  dass  eigens  nach  dem 
Namen  gefragt,  seine  Mittheilung  von  dem  Befragten  aber  bestimmt 
abgelehnt  wird.  Noch  bedeutender  ist  der  Unterschied  unserer 
Satire  von  der  achten  hinsichtlich  der  beiderseitigen  Behandlunir 
des  Helden.  Während  in  der  achten  Nasidien's  Tactlosigkeiten 
unbarmherzig  gegeisselt  Averden  und  der  Dichter  ganz  direct  und 
unverhüllt  gegen  denselben  Partei  ergreift  (V.  18  f.  79  f.) ,  so  ist 
dagegen  in  der  vierten  die  freundschaftliche  Schonung  unverkenn- 
bar mit  welcher  die  Person  desjenigen  welchem  Catius  seine  Weis- 
heit verdankt  völlig  zurücktritt  und  auch  in  der  Darstellung  seiner 
Lehre  die  Grenze  feiner  Schalkhaftigkeit  und  heiteren  Humors 
nirgends  überschritten  wird  *).  Diess  drängt  zu  der  Annahme  dass 
der  Ungenannte  einerseits  ein  Hochgestellter  war,  dessen  Namen 
vor  dem  Publikum  gelieim  zu  halten  der  Dichter  seine  guten 
Gründe  hatte,  andererseits  ein  dem  Horaz  Eugbefrcundeter ;  und 
dass  er  endlich  ein  Mann  gewesen  sein  muss  welcher  den  Lebens- 
genuss  zu  seinem  Studium  machte  und  vermöge  seiner  Mittel  und 
Stellung  es  auch  thun  konnte,  dabei  aber  auf  seine  Gesundheit 
ängstliche  Rücksicht  zu  nehmen  Ursache  hatte,  zeigt  unsere  Sa- 
tire. Auf  wen  nun  würden  alle  diese  Alerkmale  so  vollständig,  so 
überraschend  zutreffen  als  auf  MaecenasV  Audi  heute  noch  (wie 
im  Riicin.  jMus.  N.  F.  IV.  S.  -Jlj)  muss  ich  daher  der  Vernnitung 
Jleiiidorfs,  welcher  dann  auch  W.  E.  Weber  (Hör.  Satiren  S.  MVi. 
:Wj  i'.)  beigetreten  ist,    nuiueu   vi>llen    Beifall  schenken,    und  ich 

*)   Von   dem    , .scharfen  Spott"    wolchon  Düntzcr   V.    S.  2(»".'  Anm.   in 
dein  Gedichte  findet  vcrniag  ich  Icdiglicli  nicht.s  zu  entdecken. 


Einleilung  zur  vicricn  Satirc.  117 

vüsste  durchaus  nicht  dass  in  der  seitdem  erschienenen  Literatur 
irgend  etwas  Begründetes  dagegen  gesagt  worden  Avare.  Wohl 
aber  enthält  eine  Art  Bestätigung  derselben  die  Notiz  des  Plinius 
H.  N.  VIII,  68:  pullos  eartim  (der  mulac)  epiilari  Maecenas  inslitiiil, 
mtdliim  CO  tempore  pruclaios  omigris:  post  cum  iiüeriit  auctorikts  saporis-^ 
denn  diese  Neuerung  ist  ganz  und  gar  in  gleichem  Geiste  gehalten 
wie  die  in  imserer  Satire  (bes.  V.  40  ff.)  dem  Ungenannten  zuge- 
schriebenen Unterweisungen.  —  Einfälle  wie  den  von  AVieland, 
dass  der  Anonymus  Horaz  selbst  sei  (vgl.  Heindorf  S.  336  f.),  oder 
von  C.  G.  Zumpt,  welcher  darunter  den  Nasidienus  versteht  *), 
werden  wir  hoffentlich  nach  dem  ganzen  Gange  unserer  Erörterung 
nicht  noch  eigens  zu  widerlegen  haben. 

Das  Urteil  über  die  Tendenz  unserer  Satire  ist  abhängig 
von  der  Ansicht  Avelclie  man  über  die  in  der  Satire  enthaltenen 
gastronomischen  Lehren  hegt.  Die  meisten  Ausleger  behaupten 
dass  in  denselben  AValires  und  Falsches,  Seltsames  und  Triviales 
wunderlich  gemischt  sei;  dagegen  W.  Y..  Weber  (Sat.  S.  364)  ver- 
sichert dass  man  „der  Triftigkeit  inid  dem  feinen  Geschmacke  in 
den  fraglichen  Lehren  alle  Gerechtigkeit  widerfahren  lassen" 
müsse ,  und  meint  (S.  366)  dass  ,, gerade  diese  zum  Theil  barokeii 
und  ein  wenig  sonderbaren,  dabei  jedoch  sinnreichen,  den  mit 
Liebe  studierenden  und  vielerfahrenen  Kenner  verrathenden,  Leh- 
ren ganz  im  Geiste  des  Maecenas  seien",  was  er  dann  im  Einzelnen 
näher  begründet.  Da  ich  in  diesen  Dingen  auf  Sachkenntniss  sel- 
ber durchaus  keinen  Anspruch  machen  kann,  so  muss  ich  statt 
Gründen  diessmal  der  grösseren  Autorität  folgen ,  und  diese  ist  in 
culinarischen  Fragen  ganz  unbestreitbar  auf  Seiten  AV.  E.  We- 
ber's,  dessen  Comm.entar  zur  zweiten  und  besonders  zur  vierteil 
Satire  dieses  Buches  zeigt  in  welchem  Grade  er  selbst  eine  aticto- 
j'ilas  saporis  war.  Von  dieser  Voraussetzung  ausgehend  muss  ich 
alle  diejenigen  Auffassungen  für  unrichtig  halten  Avelche  meinen, 
Horaz  verspotte  diejenigen  welche  in  gastronomischen  Dingen 
blind  der  ]\Iode  huldigen  (so  z.  B.  Wüllner  im  Düsseldorfer  Pro- 
gramm von  1833,  Düntzer  IL  S.  291 ,  G.  T.  A.  Krüger  u.  A.) ,  oder, 
wie  Orelli  und  Wüstemann,  der  Dichter  wolle  durch  dieses  Ge- 
dicht diejenigen  mystificieren  welche  mit  einem  gewissen  Neid  von 
der  Tafel  des  Maecenas  hörten  und  begierig  waren  die  Geheim- 
nisse seiner  Küche  zu  erfahren:  beides  Ansichten  welche  weder 
mit  dem  Inhalt  und  Ton  imseres  Gedichtes  noch  auch  mit  dem 
Tacte  welchen  Horaz  bei  der  Wahl  seiner  Gegenstände  zu  bewei- 
sen pHegt  recht  vereinbar  erscheinon.  Die  erstere  Ansicht  legt 
überdicss  sehr  mit  Unrecht  thatsächlich  das  Hauptgewicht  auf  die 
Person  des  Catius  :    ein  Fehler   welchen  auch  die   alten  Erklärer 


*)  ,, obgleich  II,  1,  63  ff.  und  II,  8,   15  ff.  niclit  mit  einander  stimmen," 
Düntzer  V.  S.  2ni. 


1 1 8  Zweites  Buch  der  Satiren. 

begehen ,  iudem  sie ,  verführt  durch  das  unmittelbare  Vorausgehen 
einer  (gewissermassen)  gegen  die  Stoiker  gerichteten  Satire ,  als 
Hauptzweck  der  vorliegenden  die  Bekämpfung  der  Epikureer  be- 
trachten. Davon  ist  aber  die  vierte  Satire  ungefähr  eben  so  weit 
entfernt  als  die  erste  davon  die  Rechtsgelehrten  persiflieren  zu 
wollen. 

Wenn  ich  also  in  Betreff  der  Tendenz  der  vorliegenden  Satire 
in  der  Hauptsache  mich  an  "Weber  anschliesse,  so  glaube  ich  doch 
in  zweierlei  Punkten  von  ihm  abweichen  zu  müssen.  Einmal  kann 
ich  mich  mit  der  Art  nicht  befreunden  wie  er  sich  die  Entstehung 
und  denZAveck  der  Satire  näher  ausmalt  (S.  365  f.).  Ist  seine  Vermu- 
tung auch  bei  AVeitem  Aveniger  verfehlt  als  die  parallele  von  Wü- 
stemann (Heindorfs  Satiren,  S.  383),  und  ist  so  viel  an  ihr  gewiss 
richtig  dass  unsere  Satire  der  Tischgenossenschaft  des  Dichters 
mit  Maecenas  ihren  Stofl'  und  damit  ihre  Entstehung  verdankt,  so 
scheint  mir  doch  die  Tharsache  der  Verötfentlichung  derselben  ein 
Veto  dagegen  einzulegen  dass  man  (mit  Wieland)  das  Gedicht 
ausschliesslich  oder  überwiegend  als  auf  die  Belustigung  des  Mae- 
cenas und  seiner  Gesellschaft  berechnet  auffasse.  Xoch  mehr  aber 
bezweifle  ich  dass  Weber  Recht  hat  wenn  er  (S.  364  f.)  den  Inhalt 
unserer  Satire  ernst  nimmt  und  dieselbe  für  eine  „Apologie  der 
Gastronomie"  erklärt,  ,,eine  Verherrlichung  guter  Lebensgrund- 
sätze in  Bezug  auf  das  erste  Bedürfniss  Leibes  und  der  Seele  und 
insofern  eine  Palinodie  der  rigorosen  Erugalitätslehren  des  Ofel- 
lus,"  oder  gar  (Horatius  als  j\Iensch  etc.  S.  204)  „eine  Apotheose 
des  wahren  Bewirtungsgeistes  und  Speisegenies,"  einen  ,, Hymnus 
auf  die  Kunst  zu  essen."  Damit  wird  der  Ton  der  Schalkhaftig- 
keit verkannt  welcher  aus  der  hyperbolischen  Bewunderung  hervor- 
leuchtet die  der  Dichter  den  Catius  für  diese  Lehren  hegen  lässt 
und  ganz  besonders  aus  den  Schlussworten  V.  88  fl".  Mir  scheint 
vielmehr  durch  das  Ganze  ein  Zug  leiser  Ironie  hindurchzugehen 
und  der  Gedanke  durclizuscliimmorn  dass  diese  Dinge  doch  alle 
in  Walirheit  nichtig  und  ernster  Beachtung  nicht  würdig  seien. 
Obwohl  daher  der  Dichter  noch  Interesse  genug  dafür  besitzt  um 
sie  zum  Gegenstande  einer  eigenen  Schilderung  zu  machen,  so  ist 
er  doch  zugleich  darüber  hinaus  itnd  im  tiefsten  Inneren  der 
Grundanschauung  des  Ofellus  treu  gelieben,  wie  er  sie  denn  — 
wold  l)Hld  darauf —  in  der  sechsten  Satire  auf  warme  und  glän- 
zende Weise  ausgefülirt  hat.  Nur  dem  Inhalte,  nicht  aber  dem 
Geiste  der  Behandhing  nach  kann  ich  desshalh  die  vierte  Satire 
für  ein  Gegenstück  zu  der  zweiten  anselicn;  denn  was  diese  auf  pro- 
saiscli  ernsthafte,  ])athetischc  Weise  direct  zu  erreichen  strebt, 
das  lässt  die  vierte  gleiclisam  zwischen  den  Zeilen  losen,  es  ergibt 
sich  iür  den  denkenden  Leser  von  selbst  aus  der  Art  der  Einfüh- 
rung und  Darstellung.  Zu  der  achten  unseres  Buches  steht  die 
vierte  in  dem  Verliältniss  dass,  wälirend  in  jener  an  einem  lächer- 


Einleitung  zur  vierten  Satire.  1 19 

liehen  Exemplare  gezeigt  ist  wie  ein  feiner  Lebemann  nicht  spricht 
und  nicht  handelt,  so  nun  in  der  vorliegenden  positiv  dargelegt 
wird  was  alles  zu  einem  solchen  gehört;  dort  einer  welcher  sich 
auf  Gastronomie  zu  verstehen  behauptet,  in  Wahrheit  aber  ein 
tactloser  Stümper  ist,  hier  ein  wirklicher  Kenner,  der  auf  diesem 
Gebiete  sich  mit  genialer  Sicherheit  und  Leichtigkeit  bewegt.  Im 
Lichte  unserer  Satire  erscheint  nun  auch  Xasidien's  Herandrän- 
gen an  Maecenas  von  einer  neuen  Seite.  Nasidien  Avill  auch  so 
eine  Art  Maecenas  sein,  macht  gleichfalls  Anspruch  auf  auctoritas 
saporis  und  ladet  Maecenas  gleichsam  als  seinen  Collegen  ein,  um 
ihm  dui-ch  die  That  ein  ancfi  io  soti  piliore!  zuzurufen.  Mit  der  drit- 
ten unseres  Buches  hat  die  vorliegende  gemeinsam  dass  wie  dort 
der  Neulingsphilosoph  Damasippus  die  eben  gehörte  Weisheit  des 
Stertinius  brühwarm  wieder  an  den  Mann  bringt,  so  hier  Catius 
die  eben  vernommenen  culinavischen  Vorschriften  des  ungenannten 
Meisters  (Strodtmann,  Sermonendicht.  S.  318). 

Könnte  es  hienach  scheinen  als  ob  diese  Manchfaltigkeit  von 
Berührungspunkten  mit  andern  Satiren  dieses  Buches  ein  Beweis 
dafür  wäre  dass  die  vierte  zu  den  spätesten  geliöre ,  so  würde 
eine  solche  Argumentation  doch  weitaus  nicht  zureichen  um  eine 
auch  nur  subjeotive  Gewissheit  zu  begründen,  da  mit  nicht  viel 
weniger  AVahrscheinlichkeit  auch  umgekehrt  sich  sagen  liesse  dass 
in  unserer  Satire  mehrere  Motive  noch  bei  einander  seien  welchen 
der  Dichter  später  eine  eigene  Ausfühining  angedeihen  Hess.  Ei- 
nen festeren  Anhalt  für  die  chronologische  Einreihung  böte  die 
Heindorfsche  Bestimmung  des  Ungenannten,  weini  es  erlaubt  wäre 
die  eigene  Ueberzeugung  unmittelbar  als  allgemeines  Zugeständ- 
niss  zu  setzen;  denn  dass  alsdann  die  Satire  in  eine  Zeit  fiele  wo 
unser  Dichter  dem  !Maecenas  nahe  genug  stand  um  ohne  Anstoss, 
vielmehr  mit  dessen  Zustimmung  oder  gar  auf  seine  Aufforderung 
hin,  einen  derartigen  Gedanken  fassen  und  ausführen  zu  können, 
Aväre  wohl  einleuchtend.  Auch  die  Reife  der  Kunst  Avomit  der 
Dichter  einen  so  widerspänstigen  Stoff  in  heiterer  Sicherheit, 
Leichtigkeit  und  Durchsiclitigkeit  zu  behandeln  und  die  Trocken- 
heit des  Lehrtons  glücklich  zu  vermeiden  weiss  führt  nur  zu  einem 
allgemeinen  Ergebniss.  Elier  dürfte  aus  dem  Verhältniss  zu  II,  6, 
wie  wir  es  oben  geschildert  haben,  eine  genauere  Datierung  zu 
entnehmen  sein;  denn  wenn  in  unserer  Satire  eine  Detailkennt- 
niss  der  städtischen  Lebensgenüsse  zu  Tage  tritt  mit  welcher  sich 
der  Ofellus  bei  Weitem  nicht  messen  kann  und  die  in  II,  6  mit  ed- 
lem Nachdruck  ausgesprochene  Denkweise  in  unserer  Satire  erst  als 
leiser  Ilaucli  halb  unwillkürlicli  hindurchklingt,  so  ist  die  vierte  doch 
wohl  vor  die  sechste  zu  setzen,  in  eine  Zeit  wo  des  Dichters  Ver- 
hältniss zu  ^laecenas  in  vollster  Blüte  stand,  wo  er  die  Geheimnisse 
städtischer  Genusssucht  aus  längerer  Erfahrung  vollkommen  be- 
herrschte und  von  diesem  Treiben  sich  noch  nicht  äusserlich  zurück- 


120  Zweites  Buch  der  Satiren. 

gezogen  hatte,  obwolil  er  innerlich  ihm  nicht  mehr  mit  ganzer 
Seele  angehörte.  Nun  fällt  aber  II,  6  sicher  an  das  Ende  des 
J.  723;  unsere  Satire  werden  Avir  daher  aus  dem  Jahre  der  akti- 
schen Schlacht  weg  ungefähr  ins  J.  722  zu  setzen  haben,  und  zwar 
—  falls  man  mit  W.  E.  Weber  (Horatius  als  Mensch  etc.  S.  204) 
auf  V.  21  f.  Gewicht  legen  will  *)  —  in  den  Sommer  dieses  Jahres. 

So  haben  uns  Gründe  zu  dem  gleichen  Ergebniss  geführt  wel- 
ches von  G.  F.  Grotefend  (bei  Ersch  und  Gruber  II,  10.  S.  465,  b.) 
ohne  nähere  Motivierung  aufgestellt  und  von  C.  Franke  (Fayti  hör. 
p.  116  f.)  einzig  durch  seine  Voraussetzung  von  der  chronologischen 
Anordnung  der  Satiren  unseres  Buches  gestützt  worden  ist.  Da- 
gegen hat  C.  G.  Zumpt  (vor  Wüstemann' s  Ausg.,  S.  29  ff.)  monströ- 
ser Weise  das  Jahr  714  angenommen ,  worüber  ich  nicht  Avieder- 
holen  will  was  ich  schon  in  den  Jahrbüchern  der  Gegenwart  1843, 
S.  240,  und  im  Rhein.  Mus.  N.  F.  IV.  S.  235  f.  gesagt  habe.  Ohne 
eigentliche  Gründe  (denn  das  oben  I.  S.  18  Gesagte  führt  auf  kein 
bestimmtes  Jahr,  sondern  gibt  nur  Grenzen:  einerseits  die  Zeit  wo 
Horaz  noch  nicht  solche  Specialkenntnisse  haben  konnte,  anderer- 
seits wo  er  für  diese  Dinge  kein  Interesse  mehr  hatte)  hat  Kirchner 
das  Jahr  724  gewählt,  und  Walckenaer  {Hist.  de  la  vie  rf'  Hör.  I.pA'^ 
ist  ihm  darin  beigetreten.  Wenig  Nöthigendes  hat  auch  die  Argu- 
mentationsweise von  W.  E.  Weber,  welcher  a.  a.  0.  S.  203  f.  un- 
sere Satire  ins  J.  726  setzt,  weil  ,,eine  Friedenszeit  wie  sie  erst 
mit  den  Triumphen  von  725  eintrat  .  .  .  sich  zu  Diners  und  Gast- 
gelagen eignete,  welche  das  Fundament  jener  genialischen  Sit- 
tengemälde (II,  4.  8)  sind."  Die  grosse  Aehnlichkcit  der  Einklei- 
dung in  diesen  beiden  Satiren  neben  dem  Mangel  wirklicher  An- 
knüpfung dürfte  sogar  eher  darauf  führen  beide  zeitlich  etwas 
auseinanderzuhalten. 

Hinsichtlich  der  Anordnung  hat  schon  AVüstemann  S.  381  f. 
bemerkt  dass  Catius  ganz  dem  Gange  der  IMahlzeit  folge:  ,,Von 
V.  12 — 34  beschäftigt  er  sich  mit  dom  prandiiim  und  dem  dabei  vor- 
kommenden Getränk  (miihum).  Dann  geht  er  zur  coc/ia  über  (V. 
35 — 50)  und  spricht  bei  dieser  Gelegenheit  aucli  von  den  Weinen 
(V.  51 — -57).  Daran  knüpft  sich  was  er  von  l'ikel,  Saucen  und  an- 
dern Reizmitteln  sagt  (V.  58 — 69).  Hierauf  spricht  er  vom  Nacii- 
tisch  (V.  70).  Den  Schluss  macht  er  mit  allerhand  Vorschriften 
welche  das  geschmackvolle  Anordnen  einer  Tafel  und  das  Servie- 
ren bei  derselben  betreffen  (V.  73 — 87)." 

Den  Stoff  hat  der  Dichter  ohne  Zweifel  dem  Leben,  nicht  den 
Büclieru   entnommen,    und    wir    billigen    daher   ebenso    wenig    die 

*)  i.^^'er  eine  Auwcisuiip  }jil>t  wie  iiuiii  sicli  im  Soiinner  vor  unjrc- 
siindem  Obstppinisso  ticwalircn  sull  wird  eine  solche  licliro  nicht  in  einer 
■Tnhreszpit  vortrnijon  wo  das  friifrliciio  Obst  nicht  zu  hahon  ist."  Weher 
a.  a.  ().  Indessen  ist  die  Satire  doch  wohl  nicht  nnsschliosslich  darauf 
anpelept  im  Sommer  <reiesen  zu  werden. 


Anmerknni^en  zur  viorlcn  Satirc.  121 

Vermutung  von  AYalckcnaer  (1, 1.  p.  438) ,  die  Zvvxfjorpoi  des  Damo- 
xenus  (Athen.  IIT.  p.  102  f.  =  Meinekc  p.  II49Ö"-  ed.  min.)  haben 
zur  Quelle  gedient,  weil  dort  der  ficr/eLQog  sich  als  Ettikovqov  (la- 
&)}rrig  bezeichnet,  als  die  von  Apitz  p.  125,  Horaz  habe  sich  an 
des  Varro  satura  ttsqI  iösG^atcov  angeschlossen. 

Der  Natur  des  StotTes  gemäss  hat  bei  dieser  Satire  die  Saeh- 
erklärung  weitaus  das  Uebergewicht,  und  für  diese  bietet  der  von 
dem  Verfasser  herausgegebene  Commentar  von  W.  E.  AVeber  (S. 
367 — 393)  eine  so  reiche  Fundgrube  dass  wir  nur  auf  ihn  verweisen 
und  selbst  uns  im  Folijenden  um  so  kürzer  fassen  können. 


Anmerkungen  zur  vierten  Satire. 

V.  2.  Die  Varianten  sind  schon  von  Bentley  treffend  abge- 
wogen, und  Apitz  p.  125  vertheidigt  die  Bevorzugung  des  Conjun- 
etivs  auch  durch  Sat.  I,  6,  43  f.  9,  25.  Dem  vincanl  kommt  vincunl 
äusserlich  am  nächsten ,  vincenl  aber  scheint  ein  Versuch  das  Letz- 
tere zu  eraendieren. 

V.  13.  Die  Aufnahme  der  (von  ihrem  Urheber  selbst  nicht 
festgehaltenen,  s.  Orelli)  Bentley'schen  Conjectur  alma  dürfte 
nach  dem  was  Dacier  gegen  die  Steigerung  magis  alma  und  "Weber 
S.  369  (mit  welchem  Apitz  p.  126  übereinstimmt)  zur  Vertheidigung 
der  handschriftlichen  Lesart  alba  gesagt  hat  nicht  genügend  ge- 
rechtfertigt sein.  Ohnehin  war  ahntis  ein  den  Abschreibern  so  be- 
kanntes Wort  und  die  Bedeutung  die  es  hier  haben  müsste  so  un- 
zweifelhaft dass  es  unbegreiflich  wäre  wie  es  so  spurlos  hätte  un- 
tergehen sollen. 

V.  37.  Ein  Blick  in  Kirchner's  Verzeichniss  der  lldsch. 
welche  averrere  und  welche  averlerc  haben  zeigt  die  Unmöglich- 
keit das  Letztere  festzuhalten.  Und  welcher  Abschreiber  wäre 
auch,  wenn  er  das  alltägliche  avert.  in  seiner  Urschrift  fand,  auf 
den  Gedanken  gekommen  es  durch  averr.  zu  ersetzen?  Wie  sehr 
dagegen  Letzteres  dem  Missverständniss  ausgesetzt  ist,  das  zeigt 
Bentley's  Erklärung.  Diese  ist  allerdings  ohne  allen  Zweifel  ver- 
fehlt; aber  das  beweist  nichts  gegen  die  Richtigkeit  der  Lesart; 
denn  seine  Erklärung  ist  weder  die  einzig  mögliche,  noch  auch 
nur  die  nächstliegende.  Viel  eher  ist  diess  die  von  Dillenljurger, 
Horatiana  IT,  p.  22:  omnes  cupide  cmcrc ,  ul  ne  imus  quidcm  relhujua- 
iur.  Poela  enim  hoc  dicil:  non  satis  csl  onmes  preliosos  pisces  qitovis 
prelio  coemisse,  ul^  qutim  tu  ad  mcnsam  piscaloriam  slcfens,  omnes  pisces 
quasi  scopis  collecli  videantur ,  scd  uccedat  oportet  ars  et  scienlia  quodvis 
genus  ex  sua  natura  purandi  et  apponendi.    Im  Wesentlichen  ebenso 


1 22  Zweites  Buch  der  Satiren. 

Apitz  p.  126  f.:  pisces  meiisa  avcrnmtur  si  nullo  reliclo  iahula  fü  rasa. 
Quocirca  cara  p.  av.  m.  non  signißcal  celeriler  cupklerjue ,  sed  stimmatim 
caros  pisces  emere.  yegat  Uaque  Catius  satis  esse  quoscumque  ca7'os  pi- 
sces coemcre ,  si  coenilos  disüncte  apparare  nesciat.  Mir  scheint  in  dem 
Ausdrucke  zugleicli  etwas  Geringschätziges  zu  liegen:  blind  und 
plump  draufloskaufen,  ohne  sich  auf  den  Unterschied  der  Arten  zu 
verstehen,  immer  nur  dem  hohen  Preise  nach.  Heindorf  weiss  ge- 
gen averrerc  nichts  einzuwenden  als :  ,,der  Ausdruck  scheint  ge- 
sucht," und  meint:  ,, Handschriften  können  hier  nicht  entscheiden." 
Aber  Avas  denn?  Etwa  capriciöse  Geschmacksurteile  wie  jenes  „ge- 
sucht"? Uebrigens  vergleicht  Düntzer  Martial.  H,  37,  1:  quidqxiid 
ponilur  (vgl.  unten  6,  64)  hinc  et  inde  verris  (vom  Tische  wegfegen, 
um  es  mit  nach  Hause  zu  nehmen). 

V.  44.  Gerade  dass  fecu7idi  leporis  vollkommen  berechtigt 
und  sogar  das  Gewöhnlichere  wäre  (wie  Bentley  nachgewiesen  hat) 
verschafft  der  Schreibung  einiger  weniger  Hdsch.  —  aber  unter 
diesen  des  Cruq.  1,  a  —  fecundae  um  so  mehr  Glauben,  und 
vergebens  hat  sich  des  ersteren  nach  Fea's  Vorgang  neuerdings 
Apitz  p.  127  (unter  Yergleichung  von  deus  Venus)  angenommen. 
Vgl.  unten  8,  88,  Dass  fec.  hier  die  ^edeutnn^  praegnans  habe  hat 
z.  B.  Düntzer  II.  S.  301  Anm.  vgl.  V.  S.  262  bemerkt. 

V.  48.  est  kann  in  der  That  kaum  für  entbehrlich  gelten 
(s.  Bentley) ,  und  es  wird  sich  daher  nur  um  die  Stelle  handeln  wo 
es  einzuschalten  wäre.  Dabei  wird  am  entscheidendsten  der  Ge- 
sichtspunkt sein,  an  welcher  Stelle  es  am  leichtesten  ausfallen 
konnte,  in  zweiter  Reihe,  an  welcher  es  am  passendsten  stände; 
denn  die  verschiedenen  Varianten  mit  est  haben  nur  den  Werth 
von  mehr  oder  weniger  glücklichen  Conjecturen.  Dass  Crurj.  2  u. 
3  esl  vor  co7istimere  hat  könnte  daher  kein  Bestimmungsgrund  sein 
diese  Lesart  vorzuziehen;  ]iassend  stände  es  allerdings  doi't,  doch 
erklärt  sich  der  Ausfall  leichter  wenn  wir  iins  denken  dass  es  ur- 
sprünglich an  das  Ende  des  Verses  gesetzt  gewesen  sei,  in  der 
Form  curainsl.  Bentley's  Einreihung  vor  salis  scheint  keiner  der 
beiden  Anforderungen  recht  zu  genügen;  namentlich  würde  es  auf 
est,  vollends  neben  dem  starken  iicquaquam,  einen  Ton  werfen 
welcher  mit  dem  vorliegenden  Zwecke  nicht  in  Verhältniss  stände. 
Apitz  p.  127  vermutet  licel  statt  salis,  gegen  den  Sinn:  erlaubt  ist 
solche  Einseitigkeit  wulil ,  aber  es  ist  mit  ihr  nicht  gethan. 

V.  ()l.  An  immorsis,  welches  Chr.  Jalin  eventuell  vorschlug 
(in  der  Bedeutimg  uoii  tnansis.,  sed  qiias  integras  et  nides  dcvorareris), 
hatte  schon  Bentley  gedacht  (aber  in  der  Bedeutung  adniorsis,  com- 
manducalis ,  degustatis),  indessen  mit  Recht  jede  Aenderung  für 
ülicrflüssig  erklärt,  da  immnrsiis,  so  gefasst  wie  er  thut  (=  vrtli- 
ralHS:  durch  Beizen,  Heizen  mit  Schinken  wieder  gekräftigt),  in 
der  'IMiat  einen  ganz  befriedigenden  Sinn  gibt.  Der  Zusanunen- 
hang  ist  so:    Einen  schlaff  gewordenen  Trinker  erfrische  mit  gern- 


Anmerkungou  zur  vierten  Satire.  123 

steten  Krabben ,  nicht  aber  mit  Lattich,  denn  dieser  ist  für  einen 
dnrch  Wein  erhitzten  Magen  zn  unverdaulich;  weit  lieber  durch 
beizende  Speisen,  wie  Schinken,  ja  allenfalls  durch  solche  wie 
die  (4arküc!ien  sie  liefern  (Schweinskutteln  u.  dgl.).  Damit  sind 
zugleich  die  Ehiwendungen  von  Apitz  p.  r27  f.  erledigt,  durch 
welche  er  sich  zu  der  Vermutung  fJagilal  is  morsits  (,, gebeizt,  de  vino, 
tintlr  morsus  skimachus  plane  nlem  qui  modo  ucei-  post  viinim  vocatus  esV) 
führen  lässt.  Der  Jahn'schen  Erklärung  von  immorsus  [stomachus, 
i.  e.  vellicaltis,  excitatus,  eodem  modo  quo  v.  59  cicer  dicitur.  "Stomachus 
vino  acer  reddilus  cl  idco  immorsus  flagilat  refici  perna  et  hillis.'')  scheint, 
nach  seiner  Uebersetzung  zu  schliessen ,  auch  Kirchner  den  Vorzug 
gegeben  zu  haben.  Ich  kann  mich  aber  nicht  überzeugen  dass 
immon<us  und  acer.  angebissen  und  scharf,  AVechselbegriÖ'e  sollen 
sein  können.  Die  EinAvendung  von  Düntzer  (V.  S.  263  Anm.) ,  ein 
voller  Trinker  der  noch  mehr  trinken  wollte  habe  sich  ,, eines  viel 
einfacheren  Mittels  bedient,  des  blosen  Erbrechens,"  übersieht 
dass  unsere  Stelle  sich  auf  den  Standpunkt  des  Wirtes  stellt,  der 
doch  nicht  zur  Anwendung  jenes  allerdings  sehr  einfachen ,  aber 
sicherlich  nie  für  sehr  appetitlich  gehaltenen ,  Mittels  einladen 
konnte.  Bei  der  Schreibung  in  morsus  ist  die  Beziehung  auf  das 
Essen  gegen  den  Zusammenhang,  und  sprachlich  unmöglich  die 
Deutung  von  Düntzer  (II.  S.  304.  V.  S.  262  f.):  gestärkt  gegen  den 
beissenden  (bittern)  Geschmack  im  Magen,  in  Folge  der  sich  bilden- 
den Galle.  Ganz  anderer  Art  sind  die  beiden  von  ihm  aus  Forcel- 
lini  augeführten  Stellen  Martial.  VII,  25.  5  :  tiec  cibus  ipse  iuvat  morsu 
fraudatus  aceti  (ohne  beissenden  Essig)  und  Plin.  H.  N.  XXXVI, 
26,  65:  aquae  marino  credutUur  adstringi  morsu.  —  Das  mildernde 
malit  steht  ganz  passend  bei  einer  so  paradox  klingenden  Behaup- 
tung.—  Fervenl  (V.  62)  erklärt ^litscherliehRac.  \.]).^\on  cibi qui 
saporis  acris  sunt,  gustu  mordent.  IIa  radix  costi  fervcns  guslu  dici- 
tur Plinio  XII,  12,  eidemque  X//,  25  balsami  semen  mordens  guslu  fer- 
vensque  in  ore.  cf.  Apic.  S,  1.  Diesen  brennenden  Geschmack  haben 
sie  aber  nach  ihm  nicht  selbst,  sondern  sind  vielmehr  fad  und  er- 
halten ihn  erst  durch  reichliche  Gewürze.  Damit  richtet  sich  diese 
Erklärung  selber. 

V.  63.    Vgl.  Kirchner  zu  I,  2,  37. 

V.  74.  ,,invenior:  hanc  leclionem  videre  est  in  Blandin.  antiqu., 
Buslid.  et  Dir.  cod.  Ceteri  omnes  hahent  inveni :  sed  inrenior  aptius  ajipa- 
ret.""  Die  Berücksichtigung  der  ersten  Hälfte  von  dieser  Angabe 
des  Cruquius  ist  in  Kirchners  kritischen  Noten  aus  Versehen  unter- 
blieben. Sie  genügt  für  sich  schon  um  invenior  zu  sichern  und  in- 
veni als  eine  Verschreibung  oder  einen  Emeudationsversuch  zu 
charakterisieren,  veranlasst  dadurch  dass  hier  von  einer  Erfindung 
die  Rede  ist. 

V.  78.  Die  Zuversicht  womit  Kirchner  aus  zwei  seiner  Hdsch. 
—  und  nicht  einmal  gewichtigen  —  den  Accusativ  stomacfium  auf- 


124  Zweiles  Buch  der  Satiren. 

genommen  hat,  der  docli  durcli  die  Nähe  von  moveni  so  leicht  sich 
einschleichen  konnte,  vermag  ich  durchaus  nicht  zu  theilen.  Zu 
einem  solchen  Verlassen  der  Grundsätze  methodischer  Kritik 
scheint  entfernt  kein  Grund  vorzuliegen.  Consequenter  Weise 
muss  dann  auch  der  Plural  movent  fallen,  welcher  dem  als  Subject 
genommenen  fcislidia  seine  Entstehung  verdankt  und  nur  durch 
Hdsch.  zweiten  iind  dritten  Ranges  geboten  zu  werden  scheint. 
Unpersönlich  (wie  Bentley  meint)  steht  aber  der  Singularis  natür- 
lich nicht;  nur  dass  die  Construetion  durch  das  unlogische  Inter- 
pungieren  nach  faslidia  verdunkelt  wird.  Auch  der  Sinn  ist  gegen 
Kirchners  Vorschlag;  der  Ausdruck  ,, grosser  Ekel  setzt  den  Ma- 
gen in  Bewegung"  hat .  verglichen  mit  dem  bei  movet  stomacho  sich 
ergebenden,  etwas  Widerliches  und  Geschmackloses. 

V.  79.  So  verführerisch  die  Variante  frusla  ist,  so  ist  sie 
doch  schwerlich  das  Eichtige.  Es  würde  dabei  die  Vermittelung 
für  das  Fettigwerden  der  Hände  fehlen.  Eine  solche  enthält  die 
auch  durch  dieBlandin.  alle  (denn  nur  vom  cod.  Div.  berichtet  Cru- 
quius  dass  er  frusta  habe)  gebotene  Lesart  furta.  Der  Sklave  hat 
z.  B.  ein  Stück  Geflügelbraten  gestohlen,  d.  h.  beim  Auf-  oder 
Abtragen  mit  der  Hand  heimlich  von  der  Platte  genommen  (vgl. 
zu  I,  3,  81)  und  gierig,  naschsüchtig  (diess  liegt  in  Ikjurrit)  es  be- 
nagt und  verschlungen:  kein  Vrunder  dass  nun  seine  Hände  fettig 
sind.  Auch  die  Conjectur  von  Apitz  p.  128:  cnisia  (wofür  er  Ju- 
venal  IX ,  5 :  lamhenli  crusMa  scrvo  anführt)  kann  ich  daher  nicht 
für  berechtigt  halten. 

V.  80.  Gegen  Heindorf,  welcher  in  vetus  etwas  Tadelndes 
finden  wollte,  hat  sich  mit  Recht  erklärt  K.  Schwenck  in  der 
Ztschr.  f.  Alt.  Wiss.  1840.  S.  916  f.,  indem  er  bemprkt  dass  auf  ein 
neues  Gefäss  die  Aussage  gravis  liiuiis  adhaesit  gar  keine  Anwen- 
dung finden  könnte.  Je  ehrwürdiger  das  Gefäss  an  sich  ist.  um  so 
Aviderlicher  muss  seine  Verwahrlosung  auffallen,  vclus  steht  nicht 
wesentlich  anders  als  6.  61. 

V.  84.  Auch  hier  hat  Schwenck  a.  a.  0.  S.  917  f.  mit  gutem 
Grunde  gegen  Heindorf  polemisiert.  Schwenck  denkt  sich  die 
Sache  so:  die  iori  waren  mit  einem  waschbaren  Stofl'e  überzogen, 
den  tornh'a  ,  und  darüber  nun  zum  Prunke  der  (Jastmäbler  Purpur- 
decken gebreitet.  Wenn  diese  letzteren  sich  verschöben,  so  würde 
der  abgewaschene  (vielmehr  ung(»waschenc)  Polsterüberzug  er- 
scheinen und  einen  widerwärtigen  CNuitrast  mit  dem  Prunke  jener 
Decken  bilden.  Jetzt  ist  die  Frage  erledigt  durch  W.  A.  Becker; 
s.  dessen  Gallus  (Ausg.  von  Rein)  II.  S.  247  f.  "nd  vgl.  auch  We- 
ber S.  391  f. 

V.  8().  Eine  unmögliche  Auffassung  der  Stelle  unternimmt 
Apitz,  indem  er  (p.  129)  <lie  Worte  so  ordnen  will:  hucc  timlo  iuslius 
rcprchendi  quanto  minorem  curam  siimjiltomjuc  /uthcanl  quam  illa 
f/uac  clc. 


Anmerkungen  zur  vierten  Satire.  125 

V.  S7.  Die  Qualität  der  Udsch.  welche  ncqueunl  haben 
(Cruquius  selnveigt  über  die  seiuigeu  und  lasst  Lambin's  uequeanl 
abdrucken)  kann  zweifelhaft  machen  ob  der  Indicativ,  welchen 
man  zugleich  weit  weniger  erwarten  sollte  als  den  naheliegenden 
Conjunctiv,  nicht  doch  Aufnahme  verdient  hätte. 

V.  90.  Unbegreiflich  ist  wie  Heindorf  der  Behauptung  von 
Bentley,  die  Stellung  memori  referas  sei  eleganlior ,  widersprechen 
mochte,  was  sie  doch,  ganz  abgesehen  von  der  eurythmischen 
Trennung  des  Adjectivs  und  Substantivs  mittelst  der  Hauptcäsur, 
schon  darum  ist  weil  sie  in  die  Wortendungeu  Manchfaltigkeit 
bringt.  Von  der  Seite  des  Sinnes  ist  gleichfalls  die  Voranstellung 
von  memori  empfohlen:  obwohl  ich  in  die  Zuverlässigkeit  und  Ge- 
nauigkeit deines  Berichtes  keinen  Zweifel  setze.  Durch  diese  Vor- 
züge mag  es  aufgewogen  werden  dass  Avie  der  Goth.  2  so  auch, 
wie  es  scheint,  die  Blandin.  die  iimgekelute  Ordnung  {ref.  mein.) 
haben,  deren  Vertheidigung  bei  Düutzer  (11.  S.  309  Anm.)  nicht 
befriedigt.  Unzweifelhaft  ist  jedoch  auch  so  dass  quamvis  der  Con- 
strnction  nach  zu  referas  gehört,  nicht  zu  memori. 


Fünfte   Satire. 


Einleitung'. 

Die  Römer  haben  von  ihren  ältesten  Zeiten  her  einen  sehr 
regen  Trieb  nach  Erwerb  und  Besitz  gehabt,  welcher  durch  die 
Erfolge  ihrer  AVafieu  und  ihrer  Politik  ins  Unersättliche  gesteigert 
und  zugleich  von  den  langsamen  und  mühsamen  Wegen  zum 
Keichthum,  durch  Arbeit,  abgezogen  wurde:  bald  die  nackte  Ge- 
walt in  der  Form  von  Plünderungen  und  Erpressungen,  bald 
kümmerlich  in  das  Gewand  des  Rechtes  gehüllte  Speculationen 
führten  dem  Senatoren-  und  Ritterstand  unermessliche  Reichthü- 
mer  zu,  und  nur  in  kleinerem  ^[assstabe  bereicherten  sich  auch 
die  gemeinen  Bürger,  wenn  sie  als  untergeordnete  Beamte  oder 
Krieger  mit  den  Provinzen  in  Berührung  zu  kommen  Gelegenheit 
hatten.  Aber  für  Alle  stand  dieser  Weg  doch  nicht  offen,  er  ver- 
engerte sich  sogar  immer  mehr,  während  die  Genusssucht  und  Ver- 
schwendung und  damit  das  Bedürfniss  eher  noch  zunahm.  Die 
Bereicherungswut  sah  sich  daher  veranlasst  andere,  auch  in  der 
Heimat  tliessende  und  doch  nicht  in  der  verhassten  Arbeit  besteh- 


1 26  Zweites  Buch  der  Satiren. 

ende ,  Quellen  aufzusuchen,  liier  bot  sich  von  selbst  das  Erben 
dar.  Unter  allen  Arten  zu  Geld  zu  gelangen  gehört  das  Erben 
ohne  Zweifel  zu  den  bequemsten.  Ist  es  seinem  Wesen  nach  eigent- 
lich nur  auf  einen  kleinen  Kreis  beschränkt,  indem  es  ein  Ver- 
hältniss  der  Verwandtschaft  oder  Intimität  voraussetzt,  so  enthielt 
die  damalige  Zeit  manclic  Umstände  welche  einer  weiteren  Aus- 
dehnung jener  Gelegenheit  günstig  waren.  Mit  der  zunehmenden 
Sittenlosigkeit  und  der  Kostbarkeit  der  Lebensweise  wuchs  die 
Abneigung  gegen  den  Ehestand,  von  welcher  Augusts  spätere  Vor- 
kehrungen redende  Zeugen  sind;  die  grosse  Zahl  von  reichen  Frei- 
gelassenen ,  welche  Freiheit  und  Reichthum  oft  sehr  zweideutigen 
Diensten  verdankten  und  ihrer  ganzen  Stellung  nach  vom  Heiraten 
abgeschnitten  und  ohne  alle  Familienverbindung  waren,  vermehrte 
die  Classe  der  Ehe  -  und  Kinderlosen :  und  so  stand  in  Kom  der 
Erbschlei  clier  ei  ein  weiteres  Feld  otfen  als  sonst  irgendwo. 
Erscheint  sie  bei  Plaut.  Mil,  gl.  V.  705 — -715  noch  in  der  berechtig- 
ten Gestalt  der  wetteifernden  Aufmerksamkeit  von  Vettern  und 
Basen  für  ihren  unverheirateten  Verwandten ,  so  treffen  wir  sie  da- 
gegen schon  in  Cicero's  späteren  Lebensjahren  auf  einer  ansehn- 
lichen Stufe  der  Ausbildung;  vgl.  Paradox.  V,  2,  39:  hereditalis 
spes  quid  iniquilatis  in  scrvicndo  non  suscipit?  quem  nutum  locupletis 
orbi  setiis  non  observat?  loquilur  ad  volunUdcm ,  qiddquid  dcnunciatum  sil 
facil,  assectalur^  assidrl,  tmincral  (vgl.  de  off.  III,  19,75).  Dem 
schliesst  sich  für  den  Anfang  der  augusteischen  Zeit  iinsere  Satirc 
an,  und  für  deren  Mitte  Epist.  I,  1,  77 — 79.  In  der  Kaiserzeit,  wo 
mit  dem  Erlöschen  des  letzten  Funkens  von  Vaterlandsliebe  iind 
öffentlichem  Interesse  das  allgemeine  Wettrennen  der  Selbstsucht 
auf  die  höchste  Höhe  stieg  und  wo  von  den  früheren  Quellen  der 
Bereicherung  so  manche  versiegt  waren,  wurde  die  Erbschleicherei 
immer  mehr  zu  einem  völligen  System  ausgebildet  und  trat  in  die 
Keihe  der  gewöhnlichen  Einkommensquellen,  so  dass  die  Gesetz- 
gebung sicli  zum  Einschreiten  gcnöthigt  sah,  um  wenigstens  die 
schreiendsten  3Iissbräuche  wo  möglich  abzustellen.  Vgl.  Plin.  II. 
N.  XIV,  I :  avariliae  Umlum  artcs  cohnUur  ....  Postqiiam  cocperc  or- 
hiliis  in  auclorilate  summa  et  polcntia  esse  (vgl.  Tac.  Ann.  III,  25.  XIII, 
52.  XV,  19-  Sen.  consol.  ad  3Iarc.  19),  caplalio  in  qitaesiu  fertilissimo, 
ac  sola  gaudia  in  possidendo ,  pcssum  irre  vitae  pvetia.  Besonders  aus 
der  neronischen  Zeit  sind  der  Zeugnisse  für  diese  Unsitte  viele: 
Seneca  de  benef.  VI,  3-'^,  4:  Arruntium  rt  Hidcrium  el  ecferos  qui  cap- 
landiirum  Irslamrnlorum  arlem  pro/'essi  stini:  vgl.  de  const.  sap.  6,1. 
Ei)ist.  VII,  6  (=6H),  10.  Tac.  Ann.  XIII  .  4-2.  XIV,  40.  Petvon.  Sat. 
IIb.  124  (wo  sicIi  dafür  der  scherzhaft  tingierte  Name  herrdipeta  fin- 
det). 125.  I4l.  Auch  wissen  wir  aus  dieser  Zeit  von  gesetzlichen 
Massregeln  gegen  den  Unfug:  cautum  ul  in  teslamenlis  primae  duae 
cerac ,  (eslalorum  modo  nomine  inscriplo ,  vacuac  signaluris  nstenderentur, 
ac  ne  quis  ulicni  teslummli  seriplor  legtdum  sibi  udsrriberet  (Suoton. 


Einleilung  zur  fünflen  Satire.  127 

Ner.  17).  Letztere  Bestininiuug  (vgl.  Dig.  XXXIV,  8,1:  Seiialiis 
pocnas  legis  Corneliac  consliliiil  adrrrsus  cum  qui  sibi  hcredilatem  vel  le- 
guliiin  scripsisscl)  -wiirfle  auch  auf  die  Zeugen  ausgedehnt:  qiti  Icsla- 
menlo  hcres  insliluilur  in  eodem  teslamenlo  Icslis  esse  von  polest  (Dig. 
XXVIII,  1,  20  pr.).  Dahin  gehört  auch  dass  Testamentsbestim- 
mungen wie:  qua  ex  parle  ine  Tilius  heredem  scriptum  in  tabulis  suis 
recitaieril,  ex  ea  parte  hcres  esto  für  ungühig  erklärt  wurden  (l^ig. 
XXXIV,  8,  l),  und  von  dem  Falle  si  quis  aliqurm  leslari  pro/iilnierit 
vel  eocf/erit  handeln  eigene  Titel  (Dig.  XXIX,  6.  Cod.  VI,  34).  *) 
"Wie  hieraus  die  ungeminderte  Fortdauer  der  Erbschleicherei  er- 
hellt, so  auch  aus  den  Schriftstellern  der  späteren  Kaiserzeit,  von 
Avelchen  Obbarius  zu  Ilor.  Ep.  I,  1,  78  folgende  Stellen  anführt: 
Tac.  Germ.  20.  Plin.  Ep.  II,  20.  IV,  15.  VII,  24.  VIII,  18.  Martial. 
IV,  56.  V,  18.  VI,  63.  VIII,  27.  IX,  89.  XI,  44.  (XII,  40.)  luven. 
IV,  18.  V,  98.  137.  VI,  38  f.  X,  202.  XII,  93—130.  Stat.  Silv.  IV, 
7,  35  ff.  Ammian.  IMarc.  XIV,  6.  XXVIII,  4.  Lactant.  Inst.  V,  9,  16. 
(llieronym.  J]p.  52.)  Lukian.  dial.  mort.  5.  6,  3  f.  8.  9.  Plutarch.  de 
amore  prolis  VII.  p.  935  R. 

Die  Erbschleicherei  ist  es  denn  auch  welche  den  Gegenstand 
der  vorliegenden  Satire  bildet.  Sie  wird  darin  als  ein  vorzügliches 
Mittel  zu  Reichthum  zu  gelangen  mit  Humor  und  Sarkasmus  em- 
pfohlen und  auf  diesem  indirecten  Wege  ihre  sittliche  Verwerflich- 
keit, sowie  die  Erniedrigungen  zu  welchen  sie  veranlasst,  nachge- 
wiesen. Die  Einkleidung  hat  Aehnlielikeit  mit  der  in  der  ersten 
unseres  Buches :  in  beiden  eine  Consultation,  und  in  beiden  stimmt 
der  Consultierte  bald  einen  schalkhaften  bald  einen  kategorischen 
Ton  an.  "Während  aber  dort  derselbe  eine  Person  aus  der  Gegen- 
wart ist,  so  ist  hier  das  Ganze  auf  einen  mythologisch -literari- 
schen Boden  verlegt.  Der  Befragende  ist  nämlich  üdysseus,  der 
Befragte  Tiresias,  und  die  ganze  Scene  wird  an  Odyss.  XI,  137 
angeknüpft,  indem  üdysseus,  nachdem  ihm  Tiresias  mitgetheilt 
dass  er  arm  **)  in  seine  Heimat  zurückkommen  und  dort  seine  Ha- 
be von  den  Freiern  aufgezehrt  linden  werde ,  von  dem  Seher  nun 
auch  darüber  Belehrung  verlangt  auf  welche  AVeise  er  diese  seine 
schlimme  Lage  werde  verbessern  können.  Indem  sie  aber  so  sich 
als  Fortsetzung  und  Ergänzung  der  Odyssee  geben  will  ironisiert 
die  Satire  selbst  wieder  diese  ihre  Einkleidung,  indem  sie  sie  fort- 
während neckisch  durchbricht,  specifisch  römische  und  der  unmit- 
telbarsten Gegenwart  entnommene  Züge  einmischt,  hiedurch  das 
Ganze  in  einem  heiteren  Zwielichte  hält  und  von  vornherein  die 
nüchterne  Einwendung  beseitigt  dass  für  die  Verhältnisse  des 
Odysscus  auf  seiner  kleinen  Insel  der  Kath  ein  sehr  unpraktischer 


*)  Vgl.  C.  Thomasius  ,  de  iure  iniust.  her edipe lamm,  Halle  1G05.    Byn- 
kershoek,  de  caplatoriis  instilutionibus ,  in  dessen  Opusc.  p.  232  flf. 

**)  Anders  freilich  Odyss.  V,  38  flF. 


128  Zweites  Buch  der  Satiren. 

sei.  Ebenso  macht  der  grelle  Coutra.st  der  Ebrwürdigkeit  des  Re- 
denden und  Ern.sthaftigkeit  .seiner  Sprache  mit  der  absoluten  Fri- 
volität des  Inhaltes  einen  komischen  Eindruck.  Diese  Schalkhaf- 
tigkeit der  Behandlung,  wie  die  sittengeschichtliche  Wichtigkeit 
des  Gegenstandes,  hat  bewirkt  dass  man  von  jeher  die  gegenwär- 
tige Satire  zu  den  anziehendsten  unseres  Dichters  gerechnet  hat. 
Indessen  durch  allen  Scherz  der  Ausführung  schimmert  die  ernste 
•Grundanschauuug  hindurch,  dass  dieses  Treiben  eine  Entwürdi- 
gung des  Mannes,  eine  Knechtschaft  sei,  sittliche  Freiheit  also 
nur  dadurch  sich  gewinnen  lasse  dass  man  darauf  verzichte  auf 
äusseren  Besitz  übertriebenen  AVerth  zu  legen. 

Eine  streng  logische  Anordnung  des  Gedankenganges  ist  von 
unserer  Satire  um  so  weniger  zu  erwarten  je  treuer  sie  den  Cha- 
rakter eines  Gespräches  und  der  salura  bewahrt.  Nach  der  Einlei- 
tung (V.  1  —  lO)  werden  zuerst  die  Aufmerksamkeiten  geschildert 
durch  welche  man  sich  die  Gunst  kinderloser  reicher  alter  Leute 
zu  verschafien  suchen  müsse  (V.  10  —  44).  Den  Zweck  maskiere 
man  dadurch  dass  man  auch  da  wo  nur  ein  einziger,  schwächlicher 
Sohn  vorhanden  ist  sein  Netz  auswirft  (V.  45  —  50).  Seine  Neu- 
gierde über  den  Erfolg  der  Bemühungen  muss  man  zu  verhüllen 
wissen,  um  nicht  gefoppt  zu  werden  (V.  51 — 69).  Rath  sich  unter 
der  Umgebung  der  Alten  Bundesgenossen  zu  gewinnen  (V.  70 — 72), 
ganz  besonders  aber  die  Haiiptperson  selbst  durch  jedes  Mittel, 
auch  die  schnödeste  Preisgebung,  zu  ködern  (73 — 83)-  Dabei  ist 
aber  Vorsicht  nöthig,  dass  man  nicht  durch  Uebermass  des  Eifers 
den  entgegengesetzten  Erfolg  herbeiführe;  die  Eigenthümlichkeit 
des  zu  Erobernden  muss  für  die  Wahl  der  Alittel  massgebend  sein 
(84 — 99).  Auch  über  den  Tod  des  Umworbeneu  hinaus  muss  die 
Rolle  fortgesetzt  (99 — 104)  und  durch  Liberalität  einer  Erweiterung 
des  Geschäftes  vorgearbeitet  werden  (100  — 109).  Komisch  jäher 
Schluss  (109  f). 

Für  die  Bestimmung  der  Abfassungs  z  eit  unserer  Satire 
ist  ein  Anhaltspunkt  gegeben  an  V.  6"2 — 64.  Dort  ist  der  Gedanke 
,,zur  Zeit  des  Octavian"  so  ausgeführt  dass  Octavians  Leben  nach 
Vergangenheit,  Gegenwart  und  Zukunft  auseinandergelegt  wird: 
er  ist  ein  Sprössling  des  Aeneas,  gross  zu  Wasser  und  zu  Land, 
und  wird  den  l'arthern  noch  furchtbar  werden.  Die  Satire  muss 
also  zu  einer  Zeit  verfasst  sein  wo  Octavian  durch  Siege  zu  Was- 
ser und  zu  Lande  unbestrittener  Alleinherrscher  auf  beiden  ge- 
worden war  und  nun  ernstlicher  daran  denken  konnte  das  alte 
Project  seines  Oheims,  die  Rache  an  den  l'arthern,  zur  Ausfüli- 
rung  zu  bringen.  Beides  passt  auf  das  .lahr  nach  der  Schlacht  bei 
Actium ,  724  d.  St.,  in  welches  auch  Weber  (lloratius  als  Mensch 
etc.  S.  176 — 17H)  und  Düntzer  die  Satire  setzen  (s.  Rhein.  Mus.  IV. 
S.  209.  vgl.  229).  Vor  der  Schlacht  bei  Actium  dieselbe  verfasst  zu 
denken  (wie  Grotefend  a.  a.  0.  S.  465,  b,  und  Franke  p.  118  f.  das 


Rinleiliiiig  zur  rünflon  Saliro.  1  29 

J.  722  annclimoii)  sclioint  die  ausdrückliche  Erwaliimng  von  iSee- 
siegen  zu  verbieten;  denn  der  bei  Actiuni  Avar  der  erste  grosse 
welchen  Octavian  zur  See  davontrug.  Denn  der  bei  Naulochus 
(;-i.  Sept.  71^^)  war  ohne  persönliche  Theiliialune  des  Octavian 
durch  Agrippa  erfochten  worden  und  war  nicht  zu  preisen  ohne 
dass  zugleich  die  früheren  unglücklichen  Seeschlachten  gegen 
Scxt.  Ponipejus ,  besonders  Octavian's  Niederlage  bei  Taurouie- 
niuin,  ins  Gedächtniss  gerufen  worden  wären.  Auch  passt  zu  der 
Zeit  vor  Actiuni  nicht  die  unmotivierte  und  fast  gewaltsame  Art 
wie  eine  Gelegenheit  dem  Octavian  eine  Artigkeit  zu  sagen  auf- 
gesucht und  gemacht  wird,  welche  sich  sehr  bestinnnt  unter- 
scheidet von  dem  Verfahren  der  ersten  Satire  unseres  Buches, 
wo  Iloraz,  trotz  äusserer  Veranlassung  zum  Gegentheile,  von  Octa- 
vian noch  in  sehr  fremdei",  kühler  und  ausweichender  Weise  redet. 
Dagegen  seit  Actium  und  Antonius'  Tod  war  Octavian's  Herr- 
schaft die  einzige  politische  Möglichkeit,  gegen  welche  sich  nur 
llartköptigkeit  oder  Principienreiterei  verstecken  konnte.  Wie 
hienach  die  Verschiedenheit  des  in  beiden  hervortretenden  Ver- 
hältnisses zu  Octavian  darauf  führt  die  fünfte  Satire  um  einige 
Jahre  nach  der  ersten  anzusetzen,  so  wird  diess  ferner  wün- 
schenswerth  durch  die  schon  hervorgehobene  Aelmlichkeit  der 
Einkleidung  in  beiden;  und  die  für  unsere  und  die  erste  Satirc. 
gefundenen  chronologischen  Ergebnisse  dienen  so  sich  gegenseitig 
zur  Unterstützung.  Uebrigens  die  zeitliche  Kluft  zwischen  bei- 
den Satiren  allzu  gross  anzunehmen  und  die  fünfte  etwa  mit  C. 
Passow  und  Kirchner  (oben  I.  S.  19)  ins  J.  725  oder  mit  Weichert 
(Poet.  lat.  rel.  ]).  346.  n.  Jl)  ins  J.  726  zu  setzen  scheint  unrätli- 
iich,  weil  in  diesem  Falle  ein  bestimmteres  Eingehen  auf  die 
drei  Ereignisse  des  J.  725  (Schliessung  des  Janustempels ,  drei- 
facher Triumph  ,  Uebernahme  des  Magisterium  morum  durch  Octa- 
vian) zu  erwarten  gewesen  wäre;  auch  hätte  alsdann  Horaz  Er- 
folge über  die  Parther  nicht  als  etwas  erst  Bevorstehendes  be- 
zeichnet, sondern  als  bereits  erreicht,  da  Octavian  im  Winter 
72-it  auf  725  in  Kleinasien  durch  die  Händel  zwischen  Tiridates 
inid  Phraates  Gelegenheit  erhielt  schiedsrichterliche  Autorität  über 
Beide  auszuüben  (Dio  LT,  18). 

Eigens  behandelt  ist  die  vorliegende  Satire  von  J.  A.  (J. 
van  Hensde ,  in  den  Utrechtcr  Symbolac  literariae  VIH,  p.  99 
—  194,  welche  Bearbeitung  mir  übrigens  nicht  bekannt  gewor- 
den ist. 


noUATII   SAF.  II,  2. 


1 30  Zweites  Bucli  der  Satiren. 


Anmerkungen  zur  fünften  Satire. 

V.  9.  ))iissis  ambayihus  verbinden  die  Scliolien,  Haberfcldt, 
Herbst,  Orclli  n.  A.  mit  arcipc.  Die  von  Hoindorf  liiegegen  geltend 
gemachte  Wortstellung  sucht  Orelli  durch  Od.  IV,  12,  26  zu  ent- 
kräften, wo  aber  der  Fall  ein  ganz  anderer  ist,  indem  dum  licet 
in  das  eine  grammatische  Einheit  bildende  nigrorum  igniiim  mcmor 
misce  an  beliebiger  Stelle  eingeschoben  w^erden  kann,  da  es  zum 
Ganzen  gehört;  abgesehen  davon  dass  von  den  Freiheiten  eines 
lyrischen  Gedichtes  nicht  ohne  Weiteres  auf  eine  Satirc  sich  fol- 
gern lässt.  Auch  hat  Weber,  Sat.  S.  403,  richtig  bemerkt  dass  tniss. 
amb.  accipe  vielmehr  bedeuten  w  ürde :  höre  so  dass  du  (in  Bezug  auf 
das  Anhören)  aWeambages  bei  Seite  lassest.  Wüstemaun  undDiintzer 
fassen  es  als  selbständigen  Zwischensatz,  ut  amhages  millatn ,  da  dem 
Tirosias ,  welcher  nach  V.  1  mit  Odysseus  schon  viel  gesprochen 
habe,  die  Zeit  kurz  zugemessen  sei  (Wttstemann).  Aber  von  einer 
Eilfertigkeit  des  Tiresias  ist  vor  V.  109  lediglich  Nichts  zu  entde- 
cken ;  und  eine  Versuchung  ambages  zu  machen  war  für  Tiresias 
um  so  weniger  vorhanden  da  Odysseus,  wie  Weber  gleichfalls 
bemerkt  hat,  selbst  auch  sehr  gerade  auf  sein  Ziel  losgegangen 
war.  Ueberdiess  eri'egt  auch  bei  dieser  Auffassung  die  Stellung 
der  Worte  Bedenken.  Durch  diese  wird  einzig  begünstigt  die 
von  Heindorf,  Weber,  Krüger  gewählte  Beziehung  auf  horrcs.  Hie- 
bei  ist  der  Umweg  über  ie  horrcre  dicis  nicht  einmal  nöthig,  wel- 
chen übrigens  Wüstemann,  nachdem  er  dafür  den  ciceronischen 
Gebrauch  angeführt  hatte ,  nicht  daneben  für  unlateinisch  erklären 
durfte;  Jiorrere  bezeichnet  das  Gefühl  des  horror  auch  als  geäus- 
sertes, xuid  ainbfigrs  wird  nicht  blos  von  Worten  gebraucht,  sondern 
auch  von  Handlungen,  wie  l)ei  Liv.  IX,  11  g.  E.  Pontius  das  dass 
Postumius  den  römischen  Fetialen  mit  dem  Knie  gestossen  vi.r  pue- 
ris  dignas  amhages  nennt.  Die  Worte  besagen:  weil  du  denn  also 
einen  ungekünstelten  herzlichen  Abscheu  vor  dem  Annsein  hegst. 

V.  10.  Dem  gedächtnissstarken  Ovidius,  als  er  unter  den 
Aufmerksamkeiten  für  dieG(diebte  auch  die  Zusendung  eines  Kram- 
metsvogels aufführte  (i/iiin  rdaiii  turdoipic  Uccl  missat/ur  rolttmbn  Tr  mr- 
momn  ditmiiiac  leslificerc  lu(ii\  A.  A.  II,  2(i!)  f.),  fiel  der  Ziisaunnen- 
hang  ein  in  welchem  Horaz  denselben  Vogtd  erwähnt,  und  er  fügte 
daher  die  Verwahrung  ein  :  titrpilrr  /lis  rmilitr  sprs  mn/iis  et  nrlta  se- 
nccliis.    Ah  pcrcant  per  (jiios  munera  crimen  hnhent!  (ib.  271  f.) 

V.  11.  Heindorfs  Sträuben  gegen  die  Erklärung  des  prirtim 
dincli  r.vimium  begreife  ich  uiclit  recht.  Wenti  diese  Bedetjfung  nicht 
erweislich  ist,  so  kann  diess  seinen  Grund  darin  haben  dass  das 
Wort  überhaupt  der  ältercMj  Spracli(>  angehört  und  in  ilou  auf  uns 
gekoniiiicncn  Siliril'twerkeu  d;ilH'r  selten  ist ;  seiner  ( Jnindliedeutinig 


Anmerkungen  zur  fünllen  Satire.  131 

aber  liegt  sie  so  ualie  wie  beim  deutscheu  JBcsouder  uud  deu  ge- 
gentheiligeu  BegriflPeu  (gemeiu;  vgl.  "Weber  Sat.  S.  404);  uud  iu  der 
gegeuAvJirtigeu  Stelle  wird  dieselbe  durch  den  Zusauuiicnhang  cut- 
scliiedeu  gefordert.  Denn  nicht  das  Nächste  Beste  oder  alles  uud 
jedes  was  man  geschenkt  bekommt  soll  dem  lleiclien  zuwandern, 
sondern  was  einen  besonderen  Wertli  hat,  als  Leckerei  u.  dgl.  Bei 
Ileindorfs  Erklärung  enthielte  7^/'/V(//»  eine  Tautologie  und  Trivia- 
lität ;  denn  zum  Eigeuthum  wird  übcrhauj^tt  Alles  was  man  geschenkt 
bekonunt.  Auch  Orelli's  3Iodification  {ca  cotulirionc  ul  In  solus  eo 
fniare)  bessert  nichts;  nicht  nur  ist  das  die  gewöhnliche  Vorausse- 
tzung bei  jedem  Geschenke,  sondern  es  ist  zugleich  etwas  das  der 
orhits  der  Gabe  nicht  ansehen  könnte,  was  also  den  AVerth  dersel- 
ben für  ihn  nicht  erhöhen  würde.  Dieser  Werth  muss  ein  objecti- 
ver,  in  der  betreffenden  Sache  selbst  gegründeter  sein.  Ich  fasse 
daher  das  Wort  wie  AVeber,  Krüger  und  —  nach  seiner  Ueberse- 
tzung  zu  schliessen  —  Kirchner. 

V.  17.  AVäre  er  auch  der  grösste  Schurke,  so  musst  du  ihm 
dennoch  den  Elirenplatz  einräumen  wenn  du ,  von  ihm  zum  ]\[itge- 
hen  aufgefordert,  dich  mit  ihm  auf  der  Strasse  sehen  lassest.  Es 
hiesse  sich  aller  Ansprüche  auf  dankbare  Anerkennung  begeben 
wenn  man  mit  einer  solchen  Achtungsbezeugung  warten  würde  bis 
der  Betreffende  sie  selbst  verlangen  würde  (vgl.  V.  75).  Ich  be- 
ziehe daher  (mit  Düntzer)  si  posltilet  nur  auf  die  Begleitung  [co- 
mcs  ire,  vgl.  TibuU.  I,  4,  41:  fieii  comes  ire  nerjes  etc.).  Einer  sol- 
chen Aufforderung  ist  nicht  nur  Folge  zu  leisten  (oi)wohl  es  schon 
schimi)tlich  genug  ist  in  solcher  Gesellschaft  öffentlich  zu  erschei- 
nen) ,   sondern  dabei  noch  überdiess  ihm  der  Ehrenplatz  zu  lassen. 

Comes  exlcrior  ist  von  den  Auslegern  längst  ins  Reine  ge- 
bracht. Wie  es  hier  identisch  ist  mit  latus  (vgl.  I,  3,  59)  tegere'^) 
(oder  l.  cUmdcre  bei  .luv.  III,  131),  so  ist  dieses  selbst  Avieder  .(nach 
Suot,  Claud.  24  vgl.  Eutrop.  VII,  8  ^=  13)  identisch  mit  laevwn  inccdere. 
Dass  die  rechte  Seite  der  Ehrenplatz  war  erhellt  z.  B.  auch  aus 
Sueton.  Tib.  6  g.  E.  Zur  Erklärung  der  betreffenden  Ausdrücke, 
welche  von  Weber  Sat.  405  gewiss  richtig  gegeben  ist,  ist  beson- 
ders lehrreich  Xen.  Kyrop.  VIII,  4,  3:  ov  aalLöxu  ixiua  naou  xtiv 
c<Qiax£QCiv  xsiQa  (^ey.a&iasv)  ^  cog  eveTtißovkevxoxEQdg  xavxtjg  ovßt]g  rj 
xi}g  6s';^i.ug.  Indem  man  sich  links  stellte  erklärte  man  sich  also  gleich- 
sam für  den  Knappen  des  Andern.  Der  Freiherr  von  Keichenbach 
bringt  auch  diese  Sitte  in  Zusammenhang  mit  seinen  odischen  Ideen. 
,,Man  sagt  zwar  es  geschehe  um  der  bevorzugten  Person  die  rechte 
Hand  frei  zu  lassen.  Diess  mag  seinen  Antheil  an  der  Sitte  haben; 
aller  ungleich  schwerer  wiegt  hier  der  EiuHuss  der  Sensitivität. 
Wenn  zwei  ^Menschen  seitwärts  nahe  an  einander  stehen ,  so  ver- 
laden sie  ihr  Od  ircKenseiti";  auf  einander:  der  welcher  rechts  steht 


*)   Vgl.  auch  Sen.  Ep.  22,  0:  nudum  crit  latus  f  incumilala  Icclica'f 


j  32  Zweites  Buch  der  Satiren. 

erhält  vom  Liukssteliciuleu  oduogutive  Zuladung,  dor  wclclitn-  links 
stellt  vom  Andern  odpositive.  Es  gewinnt  also  der  Rechte  an  Ne- 
gativitüt  so  viel  als  der  Linke  davon  verliert;  andererseits  erhält 
der  Linke  so  viel  au  Po.sitivität  hinzu  als  der  Rechte  auf  ihn  ab- 
lädt. Nun  ist  aber  der  Zustand  der  grösseren  odischen  Negativität 
der  kühlere  und  angenehmere ,  der  der  grösseren  Positivität  der 
lauere  und  widrigere.  Der  Schlüssel  zu  diesem  uralten  Herkom- 
men liegt  also  im  Innersten  unseres  Naturells."  Odisch-magnetische 
Briefe,  XIII.  Allgemeine  Zeitung  1852.  Beilage  zu  Nr.  17«.  S.  2844, 
f.«.;  V.  18.  iitiie  etc.  von  einer  Zumutung  (limc  vis,  posltihts  vi  etc.) 
welche  mit  Entrüstung  abgelehnt  wird,  wie  Ep.  I,  18,  16  f.  Liv.  IV, 
2:  illine  ul  impime  ..  concilent  fitiilima  bella?  V,  24:  viclaume  itl quisquam 
viclrici  palriac  2)i^aeferrel?  — Auch  vgl.  Liv.  XXXV,  42:  mm  ila  se 
a  nwciita  cum  gessissc. 

V.  20.  hoc  bezieht  auch  Funkhänel ,  Ztschr.  f.  Alt.  Wiss. 
1844,  S.  704,  auf  die  Armut:  hac  condicionc  si  opcs  rcparandac  sunt, 
forlcm  animum  paujycrlalcm  lolcrare  iubcbo.  AI  stdtim  tarnen  (inimum  ad 
id  rcvocans  qiiod  vchcmcnlissime  ciipil  ..  shmdque  iion  soJum  turpem  esse 
viam  a  Tiresia  7no)islratam ,  sed  cliam  longam  esse  repulans  admonet  va- 
tem  ul  j)alcfaciat  quo  modo  celerrime  clivilias  possil  colUgere.  Sed  perslal 
in  seiUcntia  Tiresias ,  dcnuo  de  Icslamenlis  captandis  jtraccipiens.  Aber 
zu  einem  solchen  Herumfahren  in  entgegengesetzten  Ansichten 
(ich  will  arm  bleiben:  nein,  ich  will  nicht  arm  bleiben)  geben  die 
Worte  des  lloraz  lediglicli  kein  Recht;  Aväre  durch  forlcm  —  iubcbo 
der  Entschluss  arm  zu  bleiben  ausgesprochen  und  durcli  cl  —  luli 
weiter  begründet  worden,  so  könnte  unmöglich  ohne  allen  iTeber- 
gang  fortgefahren  werden:  sage  wie  ich  schnell  zu  Reiclithum  ge- 
langen könne.  Und  überdiess  ist  des  Odysseus  Entschluss  die  Ar- 
mut nicht  zu  ertragen  vieiraehr  der  feste  Ausgangspunkt  der  gan- 
zen Situation,  der  Befragung  des  Tiresias  (vgl.  auch  V.  9).  Hoc 
kann  daher  nur  auf  die  Zunuitung  bezogen  werden  einem  verächt- 
lichen Wicht  den  Vortritt  vor  sicli  zu  lassen.  Iliegegcn  wallt  des 
ILdden  edler  Stolz  auf,  um  sich  aber  sehr  schnell  gefangen  zu  ge- 
ben sobald  ilun  Tiresias  das  Medusenhau])t  der  Armut  entgegen- 
hält. Er  unterwirft  sich,  verzichtet  aiif  allen  Widerspruch*)  und 
heisst  den  Tiresias  in  seiner  Aufzählung  der  Büttel  zum  Reichthinu 
fortfahren  {prolinus  wie  Ep.  I,  18,  67.  Virg.  (Jeorg.  IV  in.).  Tiresias 
antwortet:  Ich  kann  nur  wicd(>rholen  dass  das  beste  Älittel  die  Erb- 
scldeichcrei  ist,  deren  Theorie  er  dalu'r  weiter  auseinandersetzt. 
Aehnlich  bekehrt  sich  NeojjtobMuos  bei  Soph.  Phil.  116  rasch  wie 
Odysseus  seinen  Eingeiz  zu  kitzeln  weiss. 

Forlcm  (>rhält  <hirch  sein(>  Stellung  und  das  nachlolgcmb«  rl 
da.s  Gewicht  ein(>s    ersten  («nnides:    fürs   Krstf  ist   nu'in  <ini»ius    ja 

*)  Wie  <,M-iiiiillich  sciiio  K'osifjiüition  ist  /.oij^t  er  hosoiulors  \'.  "(i  IV., 
wo  schie  fin/.i;ji'  lOinwcudinitr  «b-r  ZwoilVl  ist  ol)  rciioliUH'  ;»uf  <l:»s  .Vii.sin- 
iicii  ciu'^'i'licii   wi'idc. 


Anmerkungen  zur  riinrien  S;ilire.  l'.V.] 

iilierliaupt  /hrlis,  und  ilann  ist  es  vicllciclit  niclit  i-iiiinal  das  Aergstc 
vdii  Alli'ni  was  je  über  mich  gekoiunien. 

V.  26.  Ullis  US  gehört  zu  beiden  Satztheilen,  steht  aber  erst 
lieiiii  zweiten;  vgl.  Dissen  zu  Tibull.  I,  1 ,  51  und  das  Beispiel  aus 
Ovid.  A.  A.  ir,  -269  oben  zu  V.  10. 

V.  28.  Uelter  die  Verbindiin.:;sweise  von  hnjirobiis  liat  We- 
ber 8.  407  f.  eine  selir  au.sfülirliche  P]rnrterung  angestellt.  Ohne 
Zweifel  lässt  es  sich  nehmen  als  laiu  {'da)  improhus  u(  —  voccl  (vgl. 
1,1,  95);  doch  scheint  mir  ans  dem  Gegensatz  V.  .'30  hervorzuge- 
hen dass  der  Dichter  es  vielmehr  als  selbständigen  Zug  sich  ge- 
dacht habe:  denjenigen  der  als  notorisches  niauvais  sujcl  wenige 
Freuudc  (advocali)  und  Vertheidiger  hat,  und  dessen  Sache  die 
schlechtere  ist  (so  dass  der  Process  selbst  von  der  audacia  des  be- 
trefTenden  Individuums  zeugt),  nimm  du  in  deinen  Schutz,  falls 
derselbe  zugleich  ein  kinderloser  reicher  ^laun  ist.  (IMitsclierlich 
Kac.  VIII.  p.  5  verbindet:  improhus  uUro  i/liiis  rshi  dcfcnsor .  und  er- 
klärt: iniproho,  suinmo  sludiu  cnussa/ii  istius  hi)minis  (if/c ,  idquc  ullro,  uon 
rogalus,  o/frrciido  Ic  dcfcnsorein  acerriinum  caussae  eins,  et  si  jjcssimac.) 

Y.  32.  Da  der  Vorname  das  einzelne  Glied  einer  Familie  von 
anderen  derselben  Familie  unterscheidet,  die  Anrede  beim  Vorna- 
men somit  die  der  Familie  cigenthümliche  ist,  so  ist  sie  die  vertrau- 
lichste und,  von  einem  Ilochstehenden  angewendet,  unter  Umstän- 
den für  den  Augeredeten  schmeichelhaft.  Ueberhaupt  aber  hat  jede 
Allkürzung  des  vollen  offiziellen  Xamens ,  also  ebenso  auch  die 
AVeglassnng  des  Vornamens,  einen  familiären  Cliarakter.  Vgl.  Cic. 
ad  Fam.  VII,  32,  1  :  quod  sine  praenomine  fnmilinriler ,  ul  debebas,  ad 
me  epishiJam  misisti  u.  s.  w.  — Ueber  die  praenoniina  im  Allgemeinen 
vgl.  Orelli  Inscr.Xr.  271 1 — 2728.  Index  dazu  vonllenzen  p.  1.  Ueber 
pula  s.  Hand  Tursell.  IV.  p.  627  —  629.  In  unserer  Stelle  steht  es 
der  ursprünglichen  Imperativbedeutung  (denke  dir)  noch  ganz  nahe. 

V.  35.  Vgl.  Livius  VIII,  32,  9:  vilam  sibi  cripi  eilius  quam  glo- 
riam  rerum  geslarum  pusse,  und  andere  Stellen  bei  Hand  Tursell.  II. 
p.  78.  Ebenso  ocius,  Ep.  I,  14,  23.  —  oeulos,  s.  meine  Anmerkung 
zu  Aristoph.  Nub.  24. 

V.  30.  Vgl.  Plaut.  Pseud.  I.  3,  137 -- 371  li. :  Icd  amalorem 
esse  invenlum  inaiiem  quasi  eassam  nueem.  —  pauperare,  ein  der 
Volkssprache  eigenthümliches  Wort,  daher  sonst  nni  bei  Komikern, 
wie  Plautus  (Mil.  gl.  729.  Pseud.  1128  R.)  und  Titinius  (v.  66.  134 
Kibb.),  sowie  den  späteren  Alterthümlern ,  vorkommend.  Eben 
darum  aber  ist  es  auch  in  unserer  Stelle  vorzüglich  passend. 

V.  38.  pclliculam  curare,  volksthümlich  gefärbter  Aus- 
druck statt  des  sonstigen  edleren  corpus  curare  (Livius  III,  60.  IV, 
9.  V,  28.  45.  XXXVI ,  18  u.  oft).  Aelmliche  Verwendung  von  pellis 
I,  6,  22,  sowie  von  cutis  Ep.  I,  2,  29.  4,  15.  Auch  Lucil's  fnllicidus 
{ego  ^  si  quis  sum  et  quo  foUiculo  nunc  sum  indulus .  XXVI,  17  Dousa) 
gehört  bieher.  —  Coguitor ,  der  durch  öfl'eutliche  und  mündliche 


134  Zweites  Buch  der  Satiren. 

Erklärung  vor  Gericht  bestellte  Vertreter  eines  (in  der  Stadt)  An- 
wesenden, der  als  solcher  ganz  domini  loco  huhclur  (Gaius  IV,  97) 
und  daher  das  Anwesendbleiben  des  dominus  überflüssig  macht,  wäh- 
rend der  proairator,  als  Stellvertreter  eines  AhAvesenden,  seine  Le- 
gitimation erst  erweisen  ,  d.  h.  Bürgschaft  stellen  muss  dass  der 
eigentliche  dominus  die  in  seinem  Namen  vorgenommenen  Rechts- 
handlungen als  für  sich  verbindlich  anerkennen  werde.  —  Ipsc 
trete  selbst  (persönlich)  an  dessen  Stolle ,  in  gedachtem  Gegensatz 
theils  zum  dominus  Ulis,  der  bis  dahin  den  Process  geführt  hat,  theils 
auch  wohl  gegen  Anrufung  irgend  welches  Dritten,  etwa  eines 
Kechtsgelehrten.  Dass  Bentley  seine  widernatürliche  Trennung 
von  fi  cogn.  und  ipsc  später  selbst  aufgegeben  hat  ist  schon  vonOrelli 
11.  A.  angemerkt. 

V.  39.  Die  erste  Hälfte  malt  schon  durch  ihre  Lautverhält- 
nisse die  Ueberwindung  von  Widerstand.  Zur  zweiten  Hälfte  vgl. 
Tibull.  I,  7,  21:  arcnles  cum  findil  Sirius  agros,  und  andererseits 
Afranius  V.  106  Kibbeck:  siliccs  cum  findat  gehis.  Virg.  Ge.  IV,  13j 
f. :  cum  (rislis  hicms  —  frigorc  scixa  rumpcrcl.  Die  Vergleichung  bei- 
der Stellen  zeigt  zugleich  die  Abgeschmacktheit  des  Ausdruckes 
(von  Furius  Bibaculus?)  Canic.  f.  infantcs  slatuas'^-).  Das  Zerspren- 
gen von  Kieselsteinen  mag  als  hyperbolische  Kcdeweise  hingehen; 
wenn  aber  ein  Kunstproduct ,  eine  Statue  —  sei  sie  von  Holz  oder 
von  Stein  zu  denken  —  in  solcher  Weise  als  Thei'uiometer  behandelt 
wird,  so  ist  der  Missgritf  um  so  schwerer  da  eine  zersprungene  Statue 
an  sich  eine  unästhetische,  ja  lächerliche  Vorstellung  ist,  die  sich  zu 
pathetischer  Verwendung  schlecliterdings  nicht  eignet.  Dazu  kommt 
nocli  das  unglückliche  infanlcs,  über  welches  s.  Orelli  mid  Weber. 

V.  -10.  Schon  zu  Weber's  Sat.  41)  habe  ich  auf  die  Notiz  aus 
dem  Gloss.  Philox.  aufmerksam  gemacht:  omasum,  ßosiov  Y.oTCiov 
ki7TC((3oi> .  rrj  xcov  rdXkcov  yAwTTj/,  und  danach  wahrscheinlich  ge- 
funden dass  mindestens  auch  omaso  (vgl.  Ep.  I,  15,  34  und  Capito- 
lin.  Pert.  12,  avo  als  Beweis  vonPertinax'  Knickerei  angeführt  ist :  omi- 
ris  si  quando  de  prandio  suo  millcre  voluit  misit  o/fulus  binas  aul  omosi  pur- 
lem ,  (difptando  lumhos  g(dlinaccos)  als  parodisclies  Citat  ans  Purins  zu 
denken  sei,  indem  das  von  diesem  Epiker  vielleiclit  zuerst  litt>rarisch 
verwendete  Wort  vom  Satiriker  auf  den  Urheber  s(d!ist  angeweiulet 
wäre**).  War  aber  hienadi  Furius  ein  starker  Esser  und  in  Ftdgc 
dessen  schmeerbäuchig  (vgl.  Sen.  Ep.  47, 2 :  ingcnli  avidilatc  oncratdisicn- 

*)  Mitscherlicli  Kac.  IX.  p.  1  f.:  muiorcm  ridicuti  pavlcin  in  tota  locu- 
tiotie  poneiulam  c.ristimo ,  qiioil  furius  uou  tcrram  solis  ardure  f'indi  di.rcril, 
quitd  fcvc  sulcinue  est  poclis  in  ciusmnili  dcscriptionibux ,  sed  miuiitulas  xlalmis; 
<]H(id  (juiilcm  iiifra  oiimcm  rpicnm  difinitiitcni  esse  videlur. 

*'*)  Mitschcrlkh  Kiic.  IX.  p.  r>  findot  die  Kczicluiiijr  .-luf  die  Dickbäu- 
cliigkoit  dos  Furiu.s  darum  niclit  wahrsclioinlich  woil  Horaz  selt»st  (in  spä- 
tcr<;n  Jalircii)  nadi  Suctoii  «Acsv/Zj/v  (joweseu  .sei,  und  mrint :  iitrumt/uc  poeta 
Fuvin  iiiipiiK/if.  rdticiinlem  distcnlo  venire  et  sordcs  cibi  gencre  vilissiiiio.  Desig- 


Anmerkungen  zur  fünften  Satire.  135 

liim  ven(rcm),  so  ist  vorauszusetzen  dass  er  auch  einen  entsprechen- 
den Durst  gehal-t  haben  werde  (umgekehrt  Plin.  TI,  N.  XIV,  28, 
HO:  oltiis,  ul  f/i(onUüfi  bihcril  taulutn  cdat,  prctium  vhwlniliac lege  aceipü), 
und  wir  werden  dalier  geneigt  sein  hoi  Plin.  IT.  N.  Praef.  24:  Lu- 
euhratiimem  {inserijtsit  librum),  jntio  (jitia  Bihacuhis  erat  et  voral/atiir  auf 
die  häutige  Theilnahmc  an  abendlichen  Symposien  bei  Laiiipen- 
schein  (vgl.  oben  J,  2j)  zu  beziehen,  statt  mit  L.  von  Jan,  Ehren- 
rettung des  ^I.  Furius  Bibaculus,  in  den  Verhandlungen  der  Erlan- 
ger Philologenversamndung  (Erl.  18ö2.  4)  S.  60  —  64,  Vivactthis  zu 
lesen  und  es  von  Lebensverlängerung  durch  Nachtarbeiten  zu  ver- 
stehen, wogegen  s.  auch  Rührnmnd  in  ]Mützeirs  Ztselir.  f.  Gynina- 
sialw.  VII  (J853).  S.658 — 662  und  v.  Jan's  Koplik,  nebst  Eührmund's 
])iil»lik,  Ebds.  VIII  (1854).  S.  234 — 236  und  im  Philologus  IX.  S.443. 
Weitere  Conscquenzen  jener  Lebensweise  und  Körperbeschafl'en- 
heit,  welche  (inf  eonsjuiet  ein  Liclit  werfen  könnten,  seien  liiemit  nur 
angedeutet.  Uebrigens  lässt  unsere  Stelle  annehmen  dass  Bibaculuy 
noch  lebte;  und  da  er  im  J.  651  geboren  war,  so  stand  er  damals 
in  seinem  73sten  Jahre ,  war  also  in  diesem  Sinne  allerdings  Viva- 
eulus.    Sonst  vgl.  über  ihn  Kirchner  oben  zu  Sat.  I,  10.  S.  351  f. 

V.  43.  a?nieis  aptiis  eigentlich  an  sie  sich  anschliessend,  wie 
solibus  rty;/«/5(Ep.1, 20, 24)  den  Sonnenstrahlen  sich  anschmiegend,  ih- 
nen nachziehend  bedeutet,  trotzdem  dass  Döderlein  seine  paradoxe 
Beziehung  auf  die  Kahlkö])tigkeit  des  Dichters  auch  neuestens  ernst- 
haft wiederholt  hat.  Aber  dann  würde  ja  der  Dichter  in  einem 
Athem  sagen  er  habe  (schon  lange  Zeit)  graue  Haare  (pracca- 
niim)  und  er  habe  keine  Haare. 

V.  48.  Heindorfs  uti  (statt  ut  et)  würde  an  Wahrscheinlich- 
keit gewinnen  wenn  man  für  die  augusteische  Zeit  noch  die  Schrei- 
bung utei  voraussetzen  dürfte;  auch  wird  es  unterstützt  durch  die 
Varianten  et  ut  und  ul  (ohne  et)  ,  weit  mehr  als  durch  die  Innern 
Gi'ünde  welche  Heindurf  beigebracht  hat  und  welchen  gegenüber 
die  Haltbarkeit  von  ut  et  schon  von  Wüstemann  und  Orelli  erwie- 
sen ist.  Neben  Heindorfs  Vorschlag  lässt  sich  auch  der  von  Apitz 
p.  130  hören:  ul  adscribare ^  wobei  als  vermittelnd  die  Schreibung 
ut  atscr.  zu  denken  wäre. 

lieber  die  hier  zutreffende  substitulio  puptllaris  s.  Inst.  II, 
16.  Gajus  II,  179.  Ulpian.  XXIII ,  7  AT.  Cic.  de  inv.  II,  21 ,  62  (wo 
auch  mehrmals  der  Ausdruck  sceundus  heres  gebraucht  ist). 

V.  51.  quictimque  tradet  —  ahntierc  memeulo ,  leichte  Anakolu- 
thie,  s.  Kirchner  zu  I,  2,  101.  S.  63  f.  Anm. 

V.  55.  Dafür  dass  rccoclus  hier  nicht  seine  gewöhnliche  Be- 
deutung (umgoschmolzen ,  umgebacken  —  aus  einem  Vvir  in  einen 
scriba)  habe,  sondern  die  von  gerieben,  durchtrieben,  abgefeimt, 


nulur  igilur  poela  fameliciis,  qui.  quo  ventrcm  sutim  cxpleal,  ad  eiusmodi  ci/jos  con- 
fugere  necesse  liaheat,  gleich  dem  Parasiten  in  Ep.  I,   15,  ^U  f. 


13(3  Zwx'iU'S  üucli  clor  Saliren. 

lü^bt  sich  eiuzig  die  Analogie  von  relorridiis  anführen,  welche  selbst 
eine  zweifelhafte  ist.  Denn  bei  Gellius  N.  A.  XV,  :\0,  I  {qui  ah  (ilio 
fjcncrc  vilae  delrüi  iam  el  rclonkU  ad  lilcranim  disciplinas  scriii!>  adciiiil 
—  fluni  incpli  el  friroli)  ist  es  durchaus  nicht  in  lobendem  Sinne  ge- 
setzt, sondern  als  Gegentheil  von  jugendlicher  Frische  (ausgetrock- 
net), und  ebenso  kann  es  in  der  Fabel  von  der  Katze  und  den  Klau- 
sen genommen  werden,  bei  Phcädrus  IV,  2,  16:  (diquol  seciilis  vcnil 
el  ?^elorndus,  Qui  saepe  laqiieos  ei  imiscipida  e/fugcral:  eine  vor  Alter 
eingetrocknete  (provinciell:  eingesclmurrtc ,  huzelig  gewordene), 
die  aber  vermöge  ihres  Alters  auch  erfahren  und  gewitzigt  war. 
Für  die  fragliclie  Bedeutung  von  recoclus  selbst  hat  man  nur  Catull 
54,  5  anzuführen  gewusst:  Si  non  omiüa  displiccrc  vcllem  Tibi  el  Su/'- 
ficio  seni  recoclo  ...  Da  aber  die  Stelle  ein  Fragment  ist,  so  gil>t 
sie  Nichts  an  die  Hand  was  nöthigen  würde  von  der  sonstigen  Be- 
deutung des  Wortes  abzugehen,  für  welche  man  hängst  Valer.  Flacc. 
VF,  444  angeführt  hat,  wo  es  von  Medea  heisst:  reeoqxnt  fessos  ae- 
lalc  parentes,  so  dass  senex  recoclus  einen  Greis  bezeichnen  könnte 
der  sich  durch  Künste  der  Toilette  jung  zu  machen  bemüht  ist,  ähn- 
lich wie  (mus  rerocla  viiio  desPetronius  bei  Diomed.III.p.  317.  Dazu 
kommt  als  entscheidend  dass  bei  der  entgegengesetzten  Erklä- 
rung: ein  al)gefeimter  Schreiber  ,  gewesener  Vvir,  letztere  Bestim- 
mung nicht  nur  sachlich  höchst  raüssig,  sondern  auch  sprachlich 
unmöglicli  ist.  Denn  wenn  in  der  späteren  Kaiserzeit  ex  consule, 
ex  quucslore  \\.  s.  w,  gesagt  wurde  (Hand  Tursell.  II.  p.  6öO,  13), 
statt  des  früheren  vir  consularis ,  quacslorius ,  so  wird  man  doch  dar- 
aus Nichts  für  Iloraz  folgern  wollen.  (Die  Heiudorfsche  Auffas- 
sung vertheidigt  auch  Mitscherlich,  Kac.  VI.  p.  5  f.,  w'o  es  heisst: 
recoqui  ca  diciinlur  quac  coqiieiido  innovaulur  alque  (diam  formam  ituluunl. 
De  ferro  Flor.  III,  20.  Ad  hnminem  si  Irans ferlur  recoclus  is  dicehir 
qui  alias  faclus  esl  alque  anlca  eral,  sive  corporis  speciem ,  sive  cxlernani 
eius  rondilio7icm,  sive  denique  auimi  hahilum  specles,  designala  siniul  mula- 
tione  in  melius  facla.  De  inyenio  ullerius  informando  alque  perpoliendu 
adhihuil  Quinlil.  .T.  0.  XII,  6,  7.) 

V.  59.  Für  jeden  Unbefangenen  ist  die  nach  dem  Wortlaut 
zunäclist  sich  darbietende  Deutung  der  Worte  quid  quid  dicain 
aut  eril  aut  non  die  von  Boethius  undBentley  aufgestellte,  weldie 
auch  Funkhänel  (Ztschr.  f.  A.  W.  IH44.  S.  70j)  vertheidigt  hat: 
Alles  was  ich  sage  geschieht  —  oder  auch  nicht.  Was  man  hi(>ge- 
gen  vorgebraclit  hat  sind  mehr  Vorurteile  als  Gründe,  llaberfiddt 
macht  zunächst  den  Apollo  geltend:  lloraz  spotte  ihn-  Götter  und 
der  Keligiiui  niemals,  sondern  rede  davon  immer  mit  Anstand. 
Aber  ein  Spott  auf  Apollo  ist  aucli  so  nicht  vorlianden:  der  Gott 
bat  dem  Tiresias  das  dirinare  verliehen  mit  allen  Eigenschaften 
welclie  zu  dessen  UegriiVe  gehören  und  deren  eine  nun  einmal  nn- 
torisch  di(f  I\löglichkeit  des  Nichteintrefi'ens  der  Weissagungen  ist. 
lieber  die  Grenze   erlaubten  Scherzes  wäre  wohl  >iur  dann  hinaus- 


Anmerkungen  zui  fünftcu  Satire.  lo7 

gegangen  wenn  eine  deui  Gott  selbst  zngosclu'iel»ene  Wei^f^agung 
in  solclier  Weise  verdächtigt  wäre.  Sodann  hat  man  aus  V.  62  ft". 
argumentiert:  der  dortige  Preis  des  Octaviau  würde  wesentlich  be- 
einträchtigt durch  das  Vorausgelien  einer  so  zweideutigen  Erklä- 
rung. Aber  ein  unmittell)arer  Zusannnenhang  zwischen  dieser  und 
dem  erstereu  findet  nicht  Statt,  beide  sind  durch  eine  Zwischenrede 
des  Odyssens  auseinandergehalten,  und  die  Erwähnung  ()ctavian's 
bildet  nur  die  Zeitbestimmung  für  den  Gegenstand  von  Tiresias' 
Weissagung,  nicht  iliren  Inhalt  selbst.  Endlich  hat  man  die  Sticlie- 
hM  auf  das  Bedenkliche  der  Weissagekunst  frostig  und  scliaal  ge- 
funden. Das  ist  Geschmackssache  und  kann  uns  uiclit  hindern  der 
durch  die  Worte  selbst  gebotenen  Erklärungsweise  zu  folgen.  Und 
diess  um  so  mehr  je  bedenklicher  die  entgegengesetzte  Deutung 
ist:  was  ich  sagen  werde  wird  entweder  geschelien :  näudich  wenu 
ich  sage  es  werde  geschehen;  oder  nicht  geschelien:  wenn  ich  sage 
dass  es  nicht  geschehen  werde.  Ihr  sind  nach  dem  Vorgang  alter 
Erklärer  namentlich  Döring,  Jacobs  (wiewohl  zweifelnd),  Haacke 
(Onaest.  Ilor.  Spec.  II),  Düntzer,  Wüstemanu,  Weber  gefolgt*). 
Indessen  die  von  Jacobs  dafür  (eventuell)  angeführte  Stelle  Xcu. 
Anab.  IV,  4,  15  beweist  vielmehr  die  Unmöglichkeit  jener  Deu- 
tung. Denn  wenn  es  dort  heisst:  ovtog  idoy.ei  xca  ttqotsqov  rcoXXa 
t'jdt]  alijd^EvOcd  roKxvra,  ra  övra  xe  cog  ovtcc  y.al  xa  fitj  oVr«  cog  ov/. 
oj'r«,  so  ist  hier  eben  das  ausdrücklich  gesetzt  was  in  unserer 
Stelle,  wenn  sie  denselben  Sinn  halien  sollte,  gleichfalls  nicht  feh- 
len dürfte,  oder  mindestens  erfordern  würde  dass  es  hiesse:  dicam 
qHkhpihl  cril  aiU  iion  (crit).  Wenn  Keisig  (lat.  Sprachwiss.  S.  83ö) 
und  nach  ihm  Paldamus  (Ztschr.  f.  A.  W.  1838.  S.  1145)  und  Apitz 
Letzteres  durch  die  Annahme  eines  Hyperbaton  zu  gewinnen  su- 
chen, so  muten  sie  damit  unserem  Dichter  eine  Unfähigkeit  sich 
auszudrücken  zu  welche  unseren  Begriffen  widerstrebt ,  und  zwar 
um  eine  Aussage  zu  Wege  zu  bringen  welche,  streng  genommen, 
nicht  einmal  in  den  Zusammenhang  passt,  da  Tiresias  im  Weiteren 
keineswegs  alles  was  geschehen  und  miterbleiben  wird  voraussagt. 
Es  ist  noch  übrig  mit  Orelli,  Düntzer,  Dillenburger,  Krüger  u.  A. 
eine  Dilogie  anzunehmen,  so  dass  Horaz  scheinbar  die  beiderlei 
Seiten  der  Wahrsagekunst,  das  Voraussagen  dessen  was  gesche- 
hen und  dessen  was  unterbleiben  werde,  ausführe,  zugleich  aber 
durch  die  Wortfassung  in  neckischer  Weise  seine  persönliche  An- 
sicht über  den  AVerth  derselben  aiuleute.    Diese  Erklärung  beruht 


*)  Einen  unmöglichen  Mittelweg-  schUigt  Mitscherlich  ein  (Rac.  II.  p. 
0),  indem  er  die  D<)ring:'sche  Dcutunjr  verwirft  und  doch  in  den  Worten 
den  Sinn  finden  will:  ego  vales  sunt  veracissiinus ,  r/uippe  ab  ipxo  .^pollinc 
edoctus.  ,,yimirwn  Tiresias  et  omnino  vales  e.v  mente  poelnc  scmpcr  vera  di- 
citnl,  qnalenus  vaticinia  sua  lom  ohsciiris  ambafjihiis  involvunt  ul  ifuod  evencril  auf 
non  evenerit  ah  iis  scmpcr  pracdictum  vidcri  possit.^'  Wie  soll  aber  das  aus 
den  Worten  unsers  Textes  gewonnen  werden? 


138  Zweites  Buch  der  Saliren. 

auf  der  Voraiissetzung  dass  das  Erstcre  überhaupt  in  den  "Worten 
liegen  könne;  vermag  man  diese  zu  tlieilen ,  so  wird  man  im  Ue- 
brigeu  diese  Auffassung  der  Art  des  Horaz  und  der  Sclialkliaftig- 
keit  unserer  Satire  entsprecliend  finden  müssen.  —  Ilabcrfeldt's 
(oder  violmelir  Eiclistädt's)  Vorsclilag :  mit  non  divinare  mihi  7nafjmis 
donavil  Apollo,  welcher  lange  Zeit  viele  Anhänger  fand,  ist  zu  ein- 
leuchtend und  plan  als  dass  er  richtig  sein  könnte. 

V.  60.  donai  nach  griechisclier  Weise  (K.W,  Krüger  Gramm. 
§.  53,  1.  A.  2.  3)  von  einer  in  der  Gegenwart  fortbestehenden  und 
in  jedem  beliebigen  Momente  wieder  neu  werdenxlen  Handlung  der 
Vergangenheit,  in  dem  Sinne  von  donator  est.  Wüstemann  ver- 
gleicht Plaut.  Men.  558  R. :  tä  haec  quac  botia  datit  di  mihi  ex  mc  iam 
sciat,  und  Catull  14,  9:  quod  si  hoc  novum  ac  repertum  Miinus  dal  tibi 
Sulla  litlcrator.  Aehnlich  Virgil.  Aen.  I,  731:  Juppiter  ^  hospitibus 
nam  te  dare  iura  loquuntur.  IX,  266:  cratera  aul/ijuum,  quem  dal  Si- 
douia  Dido.  Chr.  Jalm  zu  Virg.  Aen.  II,  275  (p.  457).  Ph.  Wagner 
zu  Kcl.  VIII,  45. 

V.  63.    genus,  vgl.  Kirchner  zu  I,  6,  12.  S.  218. 

V.  69,  Heindorfs  Ansicht,  es  habe  im  Testament  vielleicht 
statt  eines  Legats  geheissen  Nasicam  cum  suis  pilorarc  iiibco ,  ist  an 
sich  nicht  xmwahrscheinlich,  indem  es  gar  nicht  selten  war  dass 
man  Expectorationen  die  man  im  Leben  niclit  laut  werden  zu  las- 
sen wagte  seinem  Testamente  anvertraute,  was  in  der  Kaiserzeit  be- 
sonders in  Bezug  auf  politische  Verliältnisse  geschah,  so  dass  schon 
unter  August  der  Senat  gegen  die  licenlia  leslametüorum  (Suet.  Oct. 
56)  einschreiten  wollte:  vgl.  Tac.  Ann.  VI,  38.  Lukian.  Nigrin,  30. 
Auch  gewänne  die  Situation  an  drastischer  Kraft  wenn  wirklich  in 
dem  Testamente  sich  des  Nasica  Namen  vorfand,  aber  in  Zusam- 
menhang mit  jener  oder  irgend  welcher  anderen  imfreundlichen 
Aeusserung  welche  die  Enterbung  begründete.  Indessen  gestatten 
die  Worte  auch  die  Auffassung.:  Nichts  vermacht  als  —  was  in 
Folge  dieser  Entdeckung  von  selbst  eintreten  musste  —  plorare;  wo- 
für Jacobs  Vcrm.  Sehr.  IV.  S.  402  Lukian.  Dial.  Mort.  IX,  3  ange- 
führt hat,  wo  der  reiche  Polystratos  erzälilt  wie  er  seine  Erbschaft 
jedem  Bewerber  versprochen  und  sie  durch  die  Hoffnung  an  sich 
gefesselt  habe,  aklag  ds  rag  ccXi]&£tg  Siccd't'jy.ag  e'yrov  iy.Fi'vag  Karilt- 
Ttov,  oi(.i(a^eii'  ünaGi  cpQccGctg.  Uebrigens  erzählt  Valerius  Maximus 
VII,  8,  5.  6.  8.  9  mehrere  andere  Beispiele  solcher  testamentari- 
schen Täusclnmgen,  worunter  (§6)  ein  den  Octavian  selbst  (durch 
T.  ]\[arius  Urbinas)  bctretfcntles;  unser  Fall  hat  aber  das  Eigen- 
thüinliche  (bass  die  Entdeckung  noch  bei  Lebzeiten  des  Testators 
erfolgt  und  dalier  sidi  wohl  zugleich  an  ihm  selbst  rächt. 

V,  73.  prius  kann  nicht  Accusativ  s(Mn  (abhängig  von  vincil) 
und  auf  die  Gewinnung  der  llingel)ung  des  sene.r  bezogen  werden, 
so  dass  es  von  dem  nämlichen  Gegenstände  gesagt  wäre  wie  unmit- 
telliar  zuvor  hoc  und  bedeuten  würde:   das  eben  Erwähnte.    Auch 


Anmerkungen  zur  fiinflen  Salirc.  139 

als  Zoitbestimmung  darf  es  nicht  wolil  gofasst  wcrilon ,  iu  dein 
Sinne:  vor  seiner  Umgebung  den  scncx  selbst;  denn  dadureh  kiime 
zu  der  Entgegenstellung  der  beiderseitigen  Wichtigkeit  und  För- 
derlichkeit (ailiuval  —  vincii)  auch  noch  ein  Unterschied  der  lieihen- 
t'olge ,  welcher  wohl  gegen  den  Sinn  ist,  da  nach  Gewinnung  des 
Herrn  selbst  die  der  Haushälterin  u.  s.  w.  untergeordnete  Bedeu- 
tung hat.  Vielmehr  ist  prius  Nominativ,  entweder  mit  Düntzer  als 
Apposition  zu  vi/icil,  y.Qeirrov  ov ,  oder  als  Subject  von  vmcil^  in  dem 
Sinne  wie  ich  es  zu  Weber  S.  4l8  vertheidigt  habe:  die  erstge- 
nannte ^[ethode,  nämlich  die  Taktik  Na[i(deons,  ipsum  capui  cxpug- 
/lare,  so  dass  damit  der  Dichter  zu  weiterer  Ausführung   des  V.  10 

IV.  27  ß".  empfohlenen  Systemes  zurückkehrt. 

V.  74.  Martial.  XH,  40,  1 :  lyicntms:  credo;  rccilas  mala  carmina-. 
laiido. 

V.  79.  parcus  ist  ein  negativer  Begriff:  nicht  gern  und  nicht 
viel  ausgebend.  Es  erträgt  daher  ganz  wohl  eine  nähere  Bestim- 
mung, was  dasjenige  sei  was  Einer  nicht  gern  ausgebe,  wie  in  un- 
serem Falle  grosse  Geschenke.  Vgl.  Jacobs'  Auseinandersetzung, 
a.  a.  0.  S.  403  f.,  nach  welcher  man  nicht  hätte  erwarten  sollen 
dass  Jemand  auf  den  Einfall  gcriethe  magniim  parca  zu« verbinden. 

V.  83.    Ueber  das  Sprüchwort  vgl.  die  Paroemiogr.  gr.  von  E. 

V.  Leutsch  und  Schneidewin  I.  p.  376  f.  zu  Gregor.  Cypr.  P.  HI, 
97:  '/aXsTCOv  '/pQiOv  Kvva  ysvsLV,  und  H.  p.  643.  Apostol.  XV,  53  a: 
ay.vrovg  evay,a  öigerca  nvcov,  aetvog  de  GxvTorgayet'  inl  rav  yevöa- 
liii'coi'  y.cr/.iag  rivog  y.cd  ovxto  /.u]  anonavonivoiv  ixEivrig. 

V.  84.  Mit  gutem  Grunde  hat  Gesner  bezweifelt  ob  das  hier 
erzählte  Geschichtchen  eine  wirklich  damals  in  Kom  vorgekom- 
mene Sache  sei.  Denn  eine  solche  testamentarische  Bestimmung 
wäre  in  Rom  ungültig  gCAvesen.  Vgl.  Gaius  HI,  98  und  Dig.  XXVITI, 
7,9:  condUiones  quae  contra  bonos  ?nores  inseriinliir  rcmillendae  sunt, 
und  ib.  14:  cotidiliones  contra  edicUi  imperatorum  aut  contra  leges  aut 
(juae  legis  viccm  ohiincnt  scriptae,  vel  quae  contra  bonos  mores  vel  deriso- 
riae  sunt  aut  ludusniodi  qitas  Praetores  improhavcrunt ,  pro  ?Wfi  scriptis 
liabentur ,  et  pcrinde  ac  si  conditio  hercdilati  sive  legato  adiecla  non  esset 
capitiir  hercditas  legatwnve.  Die  Erwähnung  der  Praetores  macht  es 
wahrscheinlich  dass  dieser  Grundsatz  ein  schon  der  republikani- 
schen Zeit  angehöriger  ist.  Es  ist  daher  anzunehmen  dass  das  Ge- 
schichtchen ursprünglich  einem  Volksschwank  entnommen  war  und 
hier  nur  der  Einkleidung  gemäss  als  historisch  und  zu  Theben  vor 
sich  gegangen  dargestellt  wird. 

V.  88.  Die  Nutzanwendung,  das  fabula  docet  der  gegebenen 
Erzälilung  ist  enthalten  in  cautus  adilo.  Vgl.  Haberfeldt  dazu: 
das  lehrreiche  Resultat  das  aus  jener  P>zählung  für  den  Erbschlei- 
cher hervorgeht. 

V.  90.  Jlit  vollstem  Rechte  hat  Kirchner  Bentley's  Conjcclur 
äffendes  verschmäht,    da  der  durch  die  handschriftliche  Lesart 


1-10  Zweites  Buch  der  Saliren. 

off  endet  bewirkte  Wechsel  der  Darstellung  vielmehr  höchst  will- 
kommen sein  mnss.  — ;  Vitro  mit  garrulus  zu  verbinden,  was  Hein- 
dorf als  Bentley's  Ansicht  aus  dessen  Interpunctiousweise  {offcmles 
fjarnihis  ullro :)  geschlossen  hat,  wäre  allerdings  müssig,  da  die  Be- 
zeichnung als  fjttrruhis  von  selljst  schon  in  sich  schliesst  dass  das 
betreffende  Individuum  auch  ohne  alle  äussere  Veranlassung,  eben 
vermöge  seiner  Eigenschaft  als  garnilus,  zu  plaudern  pflege.  Auch 
bei  der  Verliindung  mit  o/fendel,  welche  Döderlein,  Lat.  »Synonymik 
TII.S.  106  (vgl.  Scherflein  zum  Verständniss  des  Hör.,  Erlangen  1853, 
S.  18)  für  Bentley's  wahre  Absicht  gehalten  und  so  erklärt  hat:  »on 
modo  twn  delcckdrit ,  sed  offendet  polius,  ergibt  sich  etwas  sich  von 
selbst  Verstehendes,  denn  nonincin,  ncdum  morosum,  gatruhis  dclcrta- 
l)il  (Funkhänel  a.  a.  O.  S.  707).  AVährend  also  für  diesen  Vers  idlro 
ü^)erflüssig  ist,  so  ist  es  dagegen  für  den  folgenden  unentbehrlich; 
denn  richtig  hat  Heindorf  erkannt  dass  non  cliam  sileas  eine  Bestim- 
mung dieser  Art  verlange:  nicht  von  selbst,  ohne  äusseren  Anlass, 
ohne  dass  in  seinen  "Worten  oder  seiner  ganzen  Stimmung  eine  Auf- 
fortlerung  zum  Schweigen  enthalten  wäre.  Denn  schweigt  er  ohne 
solchen  Anlass  so  setzt  er  sich  dem  Verdachte  aus  dass  er  ein  un- 
geselliger,-langweiliger  Mensch  sei.  —  Fea's  ultra  hat  schon  Hein- 
dorf abgewiesen. 

V.  91.  non  silcas  gilit  die  unmittelbare  Form  der  Ermahnung 
auf  und  stellt  den  betrefiend(Mi  Rath  als  einen  aus  der  Natur  der 
Sache  sel]).st  folgenden  dar:  du  darfst  nicht  schweigen  (wenn  du 
dir  nicht  den  Vorwurf  der  Unliebenswürdigkeit  zuziehen  willst). 
Ebenso  Ep.  I,  18,  72.  II,  3,  460.  Quintil.  I,  1,  5:  non  assuescat  (piicr) 
■sermofii  qui  dcdiscendus  sil:  es  darf  nicht  sein  dass  er  sich  gewöhnt. 
—  Comicus  wie  Cic.  p.  Rose.  Am.  16,  47,  wo  der  Eutychus  in 
Caecilius'  ITypobolimaeus  als  comicus  odolescens  bezeichnet  wird, 
und  Caecilius  selbst,  v.  "243  (p.  63)  RiVtbeck:  ante  omnes  comicos  stul- 
fos  scncs,  sowie  Pompf)nius  im  Pracco  posterior  (v.  138.  p.  208  Ribb.): 
quasi  scrvi  comici  conmictiUs. 

V.  02.  Ohslipus  mit  slipare  in  Zusammenhang  zu  bring«Mi, 
so  dass  es  eigentlich  ,, zusammengedrückt"  bedeute,  wie  Schwenck 
und  Weber  S.  422  thun,  will  gerade  zu  der  bezeichnendsten  Stelle 
nicht  passen,  zu  Suet.  Tib.  68:  incedehal  cervicc  rigida  et  ohslipa ,  ad 
duclo  ferc  vultu,  plcrumquc  lacHus  ...  Quac  omnia  intirata  afi/uc  nrro- 
flKutiac  plena  u.  s.  w.  Richtiger  scheint  es  daher  das  AVort  als  G(v- 
gentluiil  einer  natürlich  leichten,  bequemen  und  annnitigen  Kopf- 
haltung zu  verstcdien,  von  einer  Haltung  von  der  man  zu  sagen 
])llegt  sie  sei  als  ob  der  Betreffende  einen  Pfahl  (oder  einen  Lade- 
stock) im  Rücken  hätte.  Diese  ünbew(«glichkeit  kann  alsdann 
nach  beliebigen  Richtungen  hin  (aufrecht  oder  seitwärts)  Statt  fin- 
den und  demgemäss  auch  verschiedenen  Charakter  an  sich  tragen: 
die  steif  aufrechte  Haltung  wird  den  Eindruck  von  Trotz  und  HocIj- 
nnit  macheTi,  die  unbrweglich  vorw;irts  oder  auf  die  Seite  sich  stre- 


Anmerkungen  zur  fiinfien  Salire.  1 4  1 

ckcncle  dagegon  gospauutc  Aiifnierksamkcit  oder  starr  machende 
Angst,  wie  in  unserem  Falle.  Der  „vorwärts  gesenkte  Kopf"  ist 
nicht  die  Pantomime  der  Angst ,  die  sich  vor  der  drohenden  Ge- 
fahr vielmehr  in  sich  znrückzieht.  —  Für  mullum  ziehen  auch  wir 
die  Verhindnng  mit  simUis  vor,  theils  wegen  Ep.  I,  10,  3  theils  weil 
eine  Verstärkung  des  I3egrifl;'es  der  Heuchelei  mehr  am  Platze 
scheint  als  eine  Steigerung  der  Angst. 

V.  93.  lleindorf's  u.  A.  Argument  gegen  die  Schreibung  in- 
ifcbruH,  dass  das  „doppelte  r  unerträglich"  sei,  will  sehr  wenig  be- 
sagen. Um  so  gewichtiger  sind  die  von  llaase  zu  Reisig's  lat. 
Spi*achw.  S.  2ö9,  Anm.  3(H)  für  das  doppelte  r  geltend  gemachten 
Gründe.  Uebrigens  vergleicht  Lambin  Cic.  ad  Fam.  VII,  '20:  vcnlus 
incrcbresril.  cura  ut  valeas.  Virg.  Aen.  III,  503:  crebrescunl  oplalae 
aurae. 

V.  94.  velet  durch  die  Kaputze  (cuailhis),  s.  W.  A.  Becker's 
Gallus  von  Rein,  III.  S.  1-27  f.  — -  turha,  vgl.  I,  4,  25  (und  dazu 
Weber).  II,  6,  28.  Ep.  II,  2,  72  ff.  Plaut.  Merc.  114—118-  R.  Ti- 
bull.  I,  5,  63  f. 

V.  95.  Indem  er  übersieht  dass  difßcilis  et  7norosus  in  V.  90 
und  hqiiax  in  V.  95  zwei  verschiedene  Annahmen  sind,  welche  nicht 
auf  dieselbe  Person  bezogen  werden  dürfen ,  erblickt  R.  Sej-ffert 
(Scliolia  ad  Hör.  Sat. ,  Kreuznach  1856.  4.)  p.  14  — 16  Schwierigkei- 
ten wo  keine  sind  und  lässt  sich  dadurch  zu  dem  Vorschlag  brin- 
gen: auram  subslr.  loq.,  was  heissen  soll :  einem  Schwätzer  halte  den 
Mund  zu. 

V.  96.  Zu  ohc  iam  vgl.  (ausser  I,  5,  12  und  den  dort  von  Uein- 
dorf  beigebrachten  Stellen,  sowie  Persius  I,  23)  Plaut.  Gas.  II,  3, 
32:  ohe  iam  salis,  nxor ,  est.  Martial.  IV,  89  (91),  1  u.  9:  ohe  iam  sa- 
tis  est,  ohe  libelle.  Uebrigens  interpungiert  Meinekc  (und  nacli  ihm 
Linker):  „öÄe.'"  iam  u.  s.  w. 

V.  97.  Die  Gebärde  des  Emporstreckens  der  Hände  gegen 
den  Himmel  setzt  die  Götter  in  irgend  welche  Beziehung  zu  dem 
jedesmaligen  Vorgange.  So  bei  Cic.  Fam.  VII,  5,  2  bei  einem  über- 
raschenden Zusammentreffen  zweier  Thatsachen :  maiiiis  siislulimus, 
indem  sie  darin  ein  Walten  der  Gottheit,  gleichsam  einen  Beleg  der 
Providentia  spccialissima ,  erblickten.  Bei  Catull.  53,  4  f.  {admirans 
uit  haec  manusquc  tollens :  Dimarjni,  salaputium  disertum!)  werden  die 
Götter  als  Zeugen  einer  Thatsache  angerufen  welche  so  wunderbar 
ist  dass  sie  unglaublicli  scheinen  könnte.  Von  selbst  erklärt  sich 
Ijivius  XXXV,  31  :  Ouiucliits  adeo  exarsil  ira  ut  manus  <id  caelum  ten- 
deiis  festes  ingrali  ac  fierfidi  animi  Marjnctum  inroraret.  In  unse- 
rem Falle  streckt  der  Gelobhudelte  die  Hände  gleichsam  liülfe- 
llehend  gen  Himmel,  weil  es  ihm  allmählich  gar  zu  arg  wird. 
Man  solle  lo1)en  bis  er  —  nach  einem  provinziellen  Ausdrucke  — 
..nach  Gf)tt  schreit."  —  Das  handschriftliche  Asyndeton  urgc,  infla 
rechtfertigt  sich  durch  die  Leldiaftigkeit  der  Rede;  nur  muss  man 


142  Zweites  Buch  der  Saliren. 

dann  die  Zeitwörter  nicht  (mit  Kirchner)  durch  ein  Kolon,  sondern 
(mit  Urelli)  durch  ein  Komma  von  einander  trennen. 

V.  98.  inflarc  ist  ein  häufiges  Bild,  z.  Ij.  Ep.  II,  1,  17H.  Liv. 
XXXV,  42.  49:  iußassc  vana  sj>r  el  itijhUos  esse.  Daher  auch  liimere 
von  dem  Hochmütigen  (Aufgehlasenen),  ohen  3,  213.  Ep.  I,  I,  36. 
Vgl.  Mitscherlich  Kac.  VI.  p.  7.  Eigentlnimlich  ist  hier  nur  die 
Art  der  Ausführung,  indem  der  eitle  Alte  mit  einem  Schlauche  ver- 
glichen (oder  vielmehr  identificiert)  ist  der  diu-ch  tiimida  verha  auf- 
getrielien  (aufgeblasen)  Avird. 

V.  1()().  So  sehr  zuzugehen  ist  dass  eslo  der  zutreffendste  und 
bezeichnendste  Ausdruck  wäre  (s.  Gaj.  II,  117:  soUrnitiis  hisliliilid 
hure  est:  Tiliiis  hcres  csto,  vgl.  Suet.  Tib.  23-  Quintil.  IX,  2,  34  f.  und 
die  Beispiele  bei  Bentley),  so  wird  eine  methodische  Kritik  doch 
eben  darum  dem  durch  die  meisten  und  besten Hdschr. gebotenen  stl 
den  Vorzug  geben  müssen ,  von  Avelchcm,  unter  Voraussetzung  der 
Ursprünglicbkeit  von  csln,  lediglich  nicht  zu  begreifen  wäre  wie  es 
entstanden  sein  sollte.  Vgl.  Düntzer  V.  S.  266.  Richtig  hat  über- 
diess  Orelli  Ijemerkt  dass  Iloraz  auch  mit  quarlae  parlis  von  dem 
technischen  Ausdrucke  abgehe,  Avelcher  ex  quddranle  oder  ex  tcr- 
uneio  lauten  würde. 

V.  101.  audie7-is  aus  dem  Munde  des  vorlesenden  serilia. 
Die  Ertiffnung  und  Verlesung  (reeUatio,  Suet.  Tib.  23.  Pauli,  IV, 
16,  J  ff.  Cod.  VI,  32,  1.  Tertull.  apolog.  15)  erfolgte  vor  dem  Prä- 
tor, Dig.  XXIX,  3,  4.  — ■  Krfjo^  er  stellt  sich  an  als  könnte  er 
es  gar  nicht  glauben,  schlechterdings  sich  nicht  darein  finden. 
{„Ergo  in  Fragen  des  Affccts  muss  aus  dem  Gefühle  eines  durch 
Prämissen  erwirkten  Schlusses  erklärt  werden  und  führt  daher 
überliaupt  gern  ein  Resultat  oder  llauptmomeut  einer  Ilaudlung 
ein."  Fr.  Jacob,  im  Lübecker  Progr.  I«41 ,  S.  25,  Anm.  g.)  Vgl. 
auch  Xenoph.  Kyrop.  VII,  3,  8:  cpsv  w  ayaO^}]  y.al  tilGt)]  '^v/i)'],  ol^i] 
ö)]  anoXtTcm'  rjj.uig ; 

V.  103.  sparge.  Haberfeldt:  ,,weil  er  diese  "Worte  abgebro- 
chen und  abgesetzt  ausrufen  soll,  als  ob  sie  ihm  der  Schmerz  ein- 
gäbe und  die  Wehmut  ihn  oft  unterbräche."  Aber  nicht  von  ein- 
zelnen Worten,  sondern  von  der  uugetheilteu  Aeusserung  ergo  — 
/ifli lein  whd  das  .<f/?rt/7/r/r  ancmpfoblen.  \'ielmehr  bedeutet  es,  wie 
ich  schon  zu  Weber  S.  423  beuunkt,  i-instreuen,  bei  verschiedenen 
(zeitlich  auseinanderliegenden)  (rcdegenheiten  äussern,  wie  bei 
<^)uintil.  VllI,  3,  5JS:  de  har  jxirle  el  in  alio  uohis  opere  pleniiis  dieluiu 
est  et  in  Itoe  sarjte  Iraelatitr  et  nd/iiie  spargeliir  oinnihus  locis. 

An  der  handschriftlichen  Lesart  illaerimnre.  Est  Gaiidin  prodcn- 
leni  vollum  cclarc  hat  Bentley  ausgestellt:  i/tiidni  possihHc  est  ndliim 
relarc'  duhiumne  id  citii/uam  est.'  putida  senlentia  et  Floratio  indigna. 
Et  quid  illud  est,  eelare  riiltnni  gaiidin  /intdentein .'  hnee  videntiir  aGvGxctict 
et  seeinii  juignunlia.  <Jiii/)pe  si  ridtiis  eelatur,  ipiowinlo  prodit .'  Laclimnnn 
aber,  zum  LiicnMiiis  p.  2')7,  hat  siili  au  d(<m  (iobrauche  d(>s  <\v/go- 


Anmerkungen  zur  l'ünften  Satirc.  143 

stossen,  indem  er  voraussetzt  dass  es  liier  in  dem  Sinne  von  csl 
altqiml,  prodesl  (oder  hivat^  Avie  Acre  erklärt)  zu  nehmen  sei,  wie  bei 
Sen.  Ep.  87,  9:  M.  Catn  ccnsrin'us  ,  quem  tum  reip.  hcrcle  fuü  tiasci 
quam  Sripinticm,  nnd  de  dem.  I,  18 :  quanlo  aulem  nun  nasci  fuil  quam 
numcrari  inlcr  puhlico  mala  naios '.  was  ab  anliquorum  usn  rcnidlissimum 
und  daher  auch  von  lloraz  nicht  zu  glauben  sei.  Und  in  der  That, 
wenn  eine  unzweifelhafte  Nothwendigkeit  vorhanden  wäre  esl  in 
dem  angegebenen  Sinne  zu  fassen,  so  ist  unbestreitbar  dass  alsdann 
lue  Worte  nicht  richtig  sein  könnten.  Aber  wie  schon  die  Stellen 
des  Seneca  in  dieser  Hinsicht  nichts  weniger  als  sicher  sind  (in  der 
ersten  haben  Fickert  und  Ilaase  aus  dem  Paris,  und  andern  e  rep. 
aufgenommen,  in  der  zweiten  mit  allen  Handschriften  ausser  dem 
T^az.  /iirlius  vor  fuil  eingeschaltot),  so  bietet  auch  die  horazische 
die  ^[öglichkeit ,  mit  den  neueren  Auslegern  rsl  mit  Iniinitiv  in  der 
IJedeutung  von  licet  aufztifassen,  wofür  Lachm.anu  selbst  als  vor- 
horazisches  Beispiel  Varro  bei  Gellius  XVni,  12,  9  anfuhrt:  inier 
(blas  filias  rer/um  quid  tnulcl,  inlcr  Anligonam  el  Tulliam,  esl  unimadvcr- 
tei-e.  Aus  Horaz  gehören  hieher  Epod.  17,  25  :  est  levare  und  Sat.  I,  2, 
101;  vidcrc  est.  Prädikow's  und  Lachmann's  illacrima.  E  rc  csl  gibt 
zwar  einen  vortrefflichen  Sinn,  und  das  Ausfallen  von  e,  somit  die 
Entstehung  der  handschriftlichen  Lesart,  hat  sehr  viel  Denkbares; 
doch  scheint  es  bedenklich  ohne  zwingende  Noth  sich  auf  das  Ge- 
biet der  Mutmassung  zu  begeben  und  dabei  dem  Dichter  etwas 
anzusinnen  was  in  ungewöhnlichem  Masse  kakophonisch  wäre. 
Bentley's  Einwendungen  scheinen  durch  Heindorfs  Erklärung  be- 
friedigend beseitigt.  Dabei  ist  aber  zuzugeben  dass  die  Ausdrucks- 
weise etwas  Auffallendes  hat,  was  wir  daraus  erklären  dass  die- 
selbe überhaupt  in  diesen  letzten  Versen  den  Charakter  der  Eil- 
fertigkeit annimmt,  in  dem  Gefühle  dass  des  Redenden  Zeit  abge- 
laufen sei,  also  darauf  berechnet  ist  den  jähen  Schluss  vorzuberei- 
ten und  zu  motivieren.  Hält  man  eine  Aenderung  für  berechtigt^ 
so  würde  durch  das  Felden  von  csl  in  einer  Anzahl  Handschriften 
am  ehesten  noch  Ohr.  Jahn's  Umstellung  von  est  empfohlen.  Apitz's 
Auffassung  von  prodcnlcm  vuUum  als  Subjectsaccusativ  {csl  vullum, 
qui  (jaudia  pj'odil ,  gaudia  cclarc)  wird  nicht  leicht  Jemandes  Beifall 
erhalten. 

V.  109.  emptor  ähnlich  im  Deutschen:  w'enn  er  zu  einem 
Grundstück  Käufer  ( d.  h.  Kauflustiger,  Liebhaber)  sei.  So  bei 
Cic.  p.  Caecin.  6,  16:  dclerrcnlur  cmplores  muUi,  partim  gralia  Cacscn- 
tiiae ,  partim  cliatn  prclio.  de  off.  IH,  13,  62:  quam  postulassct  ut  sibi 
fundus  cuius  emptor  erat  semel  indicarclur.  Dig.  XVIH,  2,  4  §.  2:  si 
scrvi  emptor  c.rslilcril,  qui  supra  viginti  promitterct.  Einige  Aehnlich- 
keit  hat  auch  sponsorem  in  6,  23,  sofern  os  thatsächlich  s.  v.  a. 
spunsurum  ist.  —  Bei  nummo  (sester lio)  addiccrc  in  dem  Sinne 
von  schenken  ist  nummus  ein  fictivcr  KaufscliilHng ,  dicis  caussa  ge- 
geben, um  Gegenseitigkeit  der   Leistung  und   damit  die  Form  des 


144  Zweites  Buch  flcr  Saliren. 

Vortrages  herzustellen.  Die  Schenkung  schloss  sich  damit  au  die 
fitreugrömische  Eigeuthumserwerbungriart  der  mmtciputio  an,  welche 
übrigens  nur  bei  res  ?nancipi  statthatte.  S.  Kein'.s  Artikel  mmicipu 
Uli,  Keal-Enc.  IV.  S.  1469 — 1472,  bes.  S.  1470  n.  M.  —  Addicerc, 
gewöhnlich  von  dem  magistralua  oder  dem  '  iudex  gesagt  welcher 
die  Eigeuthumsvcränderung  durch  seinen  Spruch  legitimiert  (z.  B. 
Cic.  Vcrr.  III,  63,  148-  Caes.  b.  c.  II,  J8.  üaj,  I,  134.  II,  24  oder 
in  den  XII  Tafeln:  posl  meridiem  pr^arsenü  sUilem  addicilo ;  daher  Cic. 
p.  Rab.  l'ost.  17  :  ecquis  est  qiä  bona  Rahirii  nummo  scslertio  sibi  nddici 
vclil.'  Val.  Max.  V,  2,  10:  eocluderunt  ut  exseqiikn^um  appavidus  se- 
slertio  tiummo  ipsis  praebenlibus  addiceretur  ^  und  oft),  ist  hier  in  j)opn- 
lärer  Weise  vom  Verkäufer  gebraucht,  der  einem  Andern  einen 
Gegenstand  um  einen  bestimmten  Preis  (hier  7utmmo)  überläs.st  (zu- 
s]iricht).  So  scheint  es  auch  bei  Suet.  Caes.  50  gebraucht:  {Caesar 
Scrviliae)  margarilam  mercaliis  est,  et  bellu  civili,  super  alias  dunalia- 
nes ,  amplissima  praedia  ex  auclionibus  haslae  nummo  addixil ,  sofern 
dort  der  Zusammenhang  (in  welchem  von  Privatschenkungen  die 
Rede  ist)  und  die  "Worte  ex  auc.  h.  zu  zeigen  scheinen  dass  Caesar 
die  Güter  zuerst  für  sich  erstanden  und  dann  der  Servilia  unent- 
geltlich überlassen  habe.  Ebenso  Dig.  XVIII,  2,7:  licet  vcnditori 
meliore  allata.condilione  addicere  posteriori,  nisi  prior  paratus  Sil  plus 
adiicere ;  ib.  fr.  11.  §.  1  :  si  tribus  vendenlibus  duo  posteriori  addixeritil: 
und  il).  13  pr. :  si  (juis  mihi  totum  fu/idum  ad  diem  addixissel,  postca  rcro 
prctio  adiecto  dimidiam  alii  addixerit. 

V.  1 1 0  f.  AchuHch  bricht  bei  Virg.  Aen.  V ,  738  f.  der  Schat- 
ten des  Anchises  ab,  weil  ]\Iitternacht  (die  Geisterstunde)  vorüber 
sei  und  er  Morgenluft  wittere. 


Sechste  Satire. 


Einl  oitunji-. 

Das  nachfolgende  Gedicht  erfüllt  eine  der  unmittelbar- 
.sten  Aufgaben  der  Satura ,  die  Stditstdarstellung  des  Dichters, 
in  der  liel)enswürdigstcn  und  dabei  gehaltvollsten  Weise.  Es  legt 
die  Ansichten  des  llora/,  über  Stadtlebeu  und  Landleben  dar,  in 
der  Richtung  dass  dersell>e  für  das  letztere  entschieden  Partei 
nimmt  und  das  stille  Glück  desselben  im  Gegensatz  zu  deni  nnrn- 
bigiii  Treiben  der  Hauptstadt  in  il»>n  wärmsten  Farben  ausmalt, 
doch   so  dass,   dcui  ( 'liMiaklcr   der  Satura    gemäss,   die  l'erson   des 


F^inleitung  zur  seclisicn  Satire.  145 

Dichters  fortwälireml  der  Mittelpunkt  bleüH.  Oegeuiil)er  von  Mae- 
cenas  hat  die  Dailogung  tles  Dichters  den  Sinn  einer  Danksagung, 
indem  erst  durch  dessen  Geschenk,  das  Sal)inum,  für  ihn  die  Mög- 
lichkeit geworden  ist  seinem  inneren  Zuge  nach  ländlicher  Kühe 
und  Unabhängigkeit  Folge  zu  leisten  ;  vielleicht  auch  will  der  Dich- 
ter zugleich  sich  bei  ^faecenas  darüber  rechtfertigen  dass  er  so  oft 
aus  der  Hauptstadt  und  aus  seiner  Gesellschaft  weg  sich  auf  das 
Land  zurückzieht.  Für  das  grosse  Publikum  aber  war  aus  dieser 
Darlegung  zu  entnehmen  wie  Unrecht  es  liabe  der  Stellung  des 
Dichters  bei  Maecenas  irgend  welche  politische  Bedeutung  beizu- 
messen und  ihn  desshalb  mit  Zumutungen  oder  Neid  zu  verfolgen, 
während  doch  ihm  um  politischen  EinHuss  und  städtische  Angele- 
genheiten es  gar  nicht  zu  thnn  sei,  tmd  sein  Verhältniss  zu  Maece- 
nas  lediglich  persönliche  und  gesellige  Natur  an  sich  trage.  Diese 
Auseinandersetzung  seiner  Grundsätze  vor  einem  engeren  und  wei- 
teren Kreise  ist  der  Zweck  des  vorliegenden  Gedichtes.  Dabei 
weiss  aber  der  Dichter  dem  Besonderen  und  Persönlichen  durch  die 
Bedeutsamkeit  seiner  Behandlung  den  Werth  eines  allgemein  Gül- 
tigen zu  geben.  Den  !Massstab  der  juvonalischen  Satire  imd  des 
heutigen  Begriffes  dieser  Gattung  anlegend  raüsste  man  unser  Stück 
die  Kehrseite  der  Satire,  eine  Idylle,  nennen;  das  Wahre  aber 
ist  dass  im  Geiste  des  Dichters  beide  Richtungen  ungetrennt  in  ein- 
ander liegen,  und  daher  der  freie  Ei'guss  seiner  Gedanken  und 
Gefühle  —  was  die  Satura  auch  bei  ihm  noch  ist  —  bald  mehr  die- 
sen bald  vorherrschend  jenen  Weg  einschlägt.  Vgl.  zu  V.  17.  S.  15"2. 
Mit  dem  Ausdrucke  dankbarer  Zufriedenheit  über  Umfang 
und  Besehaftenheit  seines  ländliclien  Besitzes  beginnt  der  Dichter 
(V.  1 — 15).  Die  durch  diesen  Besitz  gewonnene  Flusse,  körperliche 
und  geistige  Gesundheit  und  Frische  will  der  Dichter  benützen  zum 
Preise  des  Landlebens  (V.  16 — 19),  was  er  zuerst  auf  negativem 
AVege  thut,  durch  Darstellung  der  nianchfachen  Beschwerden  und 
Unannehmlichkeiten  welche  der  Aufenthalt  in  der  Hauptstadt  für 
ilin  hat  ( A'.  ÜO — 58).  Bei  Aufzählung  derselV)en  folgt  er  dem  Gange 
des  natürlichen  Tages  und  der  Geschäfte  welche  dessen  einzelne 
Abschnitte  für  ihn  mit  sich  bringen.  3Iit  dem  ^[«trgen  Ijeginnt  er: 
Geschäfte  vor  Gericht,  auf  dem  Markte  (V.  20 — '26).  AViderwärtig- 
keiten  des  Rückwegs  von  da  (V.  -27 — 31).  Ankunft  bei  !\[aecenas, 
wo  aber  seiner  hundert  fremdartige  Geschäfte  warten  (V.  32 — 39), 
zum  grossen  Theile  Folgen  und  Beweise  der  irrigen  Vorstellungen 
welche  über  den  eigentlichen  Charakter  seines  Verhältnisses  zu 
Maecenas  verbreitet  sind,  daher  der  Dichter  dieses  erläutert  (V.  4() 
— 58).  Alles  diess  wirkt  zusammen  um  ihm  die  Hauptstadt  zu  ver- 
leiden und  seine  Sehnsucht  nach  dem  Landleben  zu  wecken  (V.  59). 
Mit  diesem  Gedanken  ist  der  Uebergang  gemacht  zu  <ler  positi- 
ven Schilderung  seines  Landaufenthaltes  und  zugleich  des  Dich- 
ters Verhalten  und  Stiuuiiung   dazu  ausgesprochen,  und  die  Ton- 

HORATU    SAT.    II,  '2.  10 


146  Zweites  Duell  der  Satiren. 

l'ärbung  für  die  Schilderung  selbst  gegeben.  In  fast  lyrischer  Weise 
Avird  begonnen  (V.  60  ff.) ;  doch  trägt  der  Dichter  dafür  Sorge  sich 
zeitig  wieder  herunterzulassen  auf  den  ebenen  Boden  der  Satire 
und  ihre  ruhigere  Atmosphäre  (vgl.  V.  63);  der  epische  Charakter 
der  Darlegung,  schon  in  V.  63 — 67  im  Kampfe  mit  dem  lyrischen, 
bricht  mit  V.  67  siegreich  durch  und  bleibt  von  da  an  der  herr- 
schende. Dabei  wird  des  Dichters  Landleben  zuerst  im  Allgemei- 
nen charakterisiert  (V.  60 — ■62),  dann  als  bezeichnendster  Unter- 
schied gegenüber  von  der  Hauptstadt  seine  ländlichen  Mahle  ge- 
schildert, nach  den  drei  Seiten  des  Essens  (V.  63 — 67 ),  des  Trinkens 
(V.  67 — 70)  und  des  Tischgesprächs  (V.  70 — 79).  Letzterer  Tunkt 
dient  zugleich  dazu  um  zu  etwas  Neuem  überzuleiten.  Die  bis- 
herige Gegenüberstellung  des  Lebens  in  der  Hauptstadt  und  auf 
dem  Lande,  wie  sich  beide  in  den  Erfahrungen  des  Dichters  gestal- 
ten, wird  schliesslich  in  allgemeinerer  Fassung  und  sinnbildlicher 
Form  wiederholt,  in  der  Faliel  von  der  Stadtmaus  und  der 
Feldmaus  (V.  79 — 117),  welche  zunächst  nur  als  Probe  der  Art 
ihrer  ländlichen  Tischunterhaltung  eingeführt  wird ,  in  Wahrheit 
aber  die  ganze  bisherige  Auseinandersetzung  des  Dichters  in  eine 
Spitze  zusammenfasst,  seine  persönlichen  Erfahrungen  zu  AusHüs- 
sen  eines  allgemeinen  Verhältnisses  erweitert,  damit  zu  absoluter 
Gültigkeit  erhebt,  und  die  AVahrheit  veranschaulicht  dass  äusserer 
Glanz  keinen  Werth  hat  ohne  inneres  Glück,  dass  ohne  Frieden 
des  Gemütes  die  reichste  Fülle  von  Genussmitteln  nur  ein  glän- 
zendes Elend  zu  schafTen  im  Stande  ist. 

In  der  Einführung  und  Behandlung  dieser  Fabel  zeigt  sich 
des  Dichters  Meisterschaft  in  hellstem  Lichte.  Mit  feinster  Kunst 
weiss  er  zu  verhüten  dass  dem  J^eser  begegnet  was  Goethe  sagt; 
„man  merkt  die  Absicht  —  und  man  wird  verstimmt."  In  der 
zwanglosesten  Weise,  ganz  beiläufig  und  wie  von  selbst  geräth 
man  in  die  Fabel  hinein,  welche  im  Plane  des  Dichters  eine  so 
wesentliche  Rolle  spielt;  und  scheinbar  geht  der  Satiriker  ganz 
unter  im  Fabulisten:  weder  während  der  Erzäldung  selbst  noch  an 
ihrem  Schlüsse  tritt  die  geringste  unmittelbare  Beziehung  auf  den 
vorliegenden  Zweck  auf  die  OberHäche,  der  Diehter  scheint  sogar 
zuletzt  den  liückwog  auf  diesen  Zweck  verloren  zu  haben,  alier 
nur  weil  er  zu  tactvoll  ist  um  die  Folgerungen  selbst  zu  ziehen 
und  von  Seiten  seiner  Leser  auf  ähnlichen  Taet  und  auf  Einsicht 
rechnet.  Auch  in  der  Erzählung  der  Fabel  bewährt  Iloraz  seinen 
Kunstverstand.  Besonders  gewinnt  er  durch  die  Vergleiclumg  nnt 
den  Fabulisten  von  Profession,  wie  Babrios.  Nicht  nur  dass  die 
ganze  Ausführung  weit  lebendiger,  dramatischer,  die  Ivatastrophe 
concentrierter  und  eiVectvoller  ist,  sondern  «\s  ist  auch  die  Aus- 
malung der  beiderseitigen  Charaktere  weit  individueUer  und  feiner, 
und  einen  ganz  besondern  Reiz  hat  der  Dichter  seiner  Darstellung 
dadtu'ch  zu  verleihen  ijewusst  dass  er  das  Kleine  als  i^ross  behau- 


Kiiileituni;  zur  seclislen  Salire.  147 

(Iclt,  und  durch  einzelne  patlietiselie  Wendungen ,  wie  besonders 
durch  das  gro.ssaitige  Käsonnenieut  des  kUMuen  Epikureers,  einen 
heitern  Centrast  mit  der  Person  der  Handelnden  hervorhringt. 

Neben  ilireni  künstlerischen  Wertlie  hat  die  .Satire  auch  gro- 
sses biographisches  Interesse:  sie  wirft  auf  mehrere  persönliche 
Verhältnisse  unseres  Dichters  ein  helles  Licht,  insbesondere  auf 
den  Beginn  und  Verlauf  seiner  Stellung  zu  JMaecenas  und  die  Ver- 
leihung des  Sabinum.  Um  so  wichtiger  ist  es  ihre  Abfassungs- 
zeit festzustellen,  für  welche  sich  in  dem  Gedichte  selbst  mehrere 
Data  Hnden.  Fürs  Erste  V.  38,  wonach  zur  Zeit  unserer  Satire 
]\[aecenas  eine  i)olitische  Function  (als  praefeclus  tirbis)  hatte.  In 
solcher  Th.ätigkcit  finden  wir  ihn  aber  bei  Dio  Cassius  (XLIX,  16. 
LI,  3)  nur  zweimal:  im  J.  718,  während  des  sicilischen  Krieges 
(vgl.  Appian.  b.  c.  V,  99),  und  dann  im  J.  723,  während  des  akti- 
sehen  Krieges.  (Auf  eine  dritte,  spätere,  Reichsverwesung  scheint 
zu  deuten  Od.  III,  29,  25 — 28,  nicht  aber  III,  8,  17  ff.,  denn  vgl,  da- 
selbst V.  25  privalus.)  Von  diesen  beiden  Daten  kann  das  ei-ste 
hier  nicht  in  Betracht  kommen,  indem  bei  Annahme  des  J.  718  als 
Abfassungszeit  unserer  Satire  das  Bekanntwerden  des  Horaz  mit 
Maeccnas  (V.  40)  bis  ins  Jahr  711  zurückzusetzen  wäre,  wo  doch 
unser  Dichter  noch  mit  Brutus  im  Felde  stand.  Wählen  wir  daher 
die  Zeit  unmittelbar  nach  der  Schlacht  bei  Actimn,  so  stimmt 
liiezu  nicht  nur  die  Datierung  jenes  Bekanntwerdens,  sondern 
auch  alle  übrigen  Andeutungen  und  Voraussetzungen  unserer  Sa- 
tire. So  vor  Allem  die  Frage  nach  den  Dakern  (V.  53).  Die 
Züge  der  Daker,  ein  Stück  Völkerwandei'uug,  hatten  schon  Julius 
Caesar's  Aufmerksamkeit  erregt  und  in  ihm  den  Vorsatz  wachge- 
rufen auf  seinem  beabsichtigten  parthischen  Feldzuge  auch  sie  zur 
Ordnung  zu  In-ingen.  Octavian  betrachtete  sich  als  Erben  auch 
dieses  Planes  und  strebte  in  seinem  pannonischen  Kriege  (J.  719  f.) 
nach  dem  Besitze  von  Siscia  vorzüglich  desslialb  tV  u6(pa\(ag  tc<- 
^LiiUi}  rrj  noket  yo^''^''  ^'^''-  ^«'''■((i  (A]»pian.  Illyr.  23,  vgl.  22).  In  Dal- 
matien  verwundet  kehrte  Octavian  nach  Rom  zurück,  mit  der  Fort- 
führung des  Krieges  den  Statilius  Taurus  beauftragend,  und  da 
Octavian  in  den  nächsten  Jahren  durch  Antonius  vollauf  in  Anspruch 
genommen  war,  so  blieb  derselbe  auch  fernerhin  in  den  Händen 
von  Legaten.  Die  Zerwürfnisse  zwischen  Octavian  und  Antonius 
suchten  die  Daker  für  sich  zu  benützen  :  mit  ihren  Forderungen 
von  Octavian  zurückgewiesen  schlugen  sie  sich  auf  Seite  des  An- 
tonius und  hatten  um  die  Zeit  der  Schlacht  bei  Actium  eine  droh- 
ende Haltung  inne,  welche  ganz  wohl  besorgte  Fragen  wie  die 
in  V.  53  (vgl.  Od.  III,  6,  13 — J6)  rechtfertigte  und  für  Octavian 
Anlass  wurde  bei  seinen  aktischen  Triumphspielen  (J.  725)  daki- 
sche  Gefangene  im  Kampfe  mit  suevischen  auftreten  zu  lassen 
(Dio  LI,  22).  Uebrigens  bestand  um  dieselbe  Zeit  Octavian's  Legat 
^I.  Crassus  von  ^lakedonicu  aus  siegreiche  Kämjife  mit  den  Da- 

1(1* 


148  Zweites  Buch  der  S;itiren. 

kern  (Dio  LI,  -l'S) ;  ihre  völlige  Unterwerfung  gelang  aber  erst  dem 
Trajaniis.  Ferner  stimmt  zn  der  Abfassung  am  Ende  des  J.  7'23 
die  Frage  nach  der  A  ckerv  erth  ei  lung  V.  55  f-  Der  Landan- 
weisungen an  Veteranen  kennen  wir  unter  Octavian  mehrere.  Zu- 
erst die  in  der  Proscriptionszeit  (J.  711  Ö'.  d.  St.),  nach  der  Schlacht 
bei  Philippi,  zusammen  mit  Antonius,  durch  welche  ausser  lloraz 
(und  Ofellus)  auch  Virgil  und  Tibull  betroffen  wurde,  von  welcher 
aber  hier  begreiflicher  Weise  nicht  die  Rede  sein  kann.  Sodann 
im  J.  718,  nach  Beendigung  des  sicilischen  Krieges.  Damals  hatten 
die  Veteranen  Meutereien  angefangen  und  stürmisch  Entlassung 
und  Belohnung  von  Octavian  gefordert.  Diese  subila  cxcrcitus  se- 
dilio  pdrliin  scverilale,  partim  liberulildlc  (est)  discussa  principis  (Vellej. 
II,  81,  1.  vgl.  Dio  XLIX,  13  f.  Appian.  b.  c.  V,  128  f.).  Octavian 
entliess  nämlich  alsbald  die  20,000  ältesten  imd  wies  sie  aus  Sici- 
lien  weg,  damit  sie  mit  ihrem  meuterischen  Geiste  ihre  Kameraden 
nicht  weiter  anstecken  möchten  (£;c'7r£,a7r£  t»};;  vrjGov,  fxij  diacp&ei- 
QaiEv  sreQovg,  Appian.  1.  1.  129).  Ebendesswegen  aber  konnte  in  die 
sem  Jahre  nicht  daran  gedacht  werden  den  Veteranen  Güter  Tri- 
quelra  tellure  (V.  55  f.),  in  Sicilien,  anzuweisen,  wie  überhaupt  da- 
mals Anweisungen  noch  gar  nicht  erfolgten,  sondern  nur  Zusagen 
{ccTtiXvE — xoGovöe  xoig  in  MovTunjg  [.lovocg  ineLTTcoi'  ort  ocpiGiv  anoöcoöei 
xa  xore  v7T£a'j[tjixii'a  '/.caTtiQ  ouxcog  UTTolvd-ciüLV  ^  -"^PP-  !•  !•)•  -"^^^  ^^' 
diese  dann  ov  noXka  vaxeQOv  (Dio  XLIX,  14)  zur  Erfüllung  brachte, 
so  wies  er  ihnen  Ländereien  in  Capua  und  auf  Kieta  {xijv  ycogav 
xt}v  Kvcoatav^  Dio  1.  1.)  an;  s.  Dio  1.  1.  Vellej.  Fat.  II,  81,  2.  ÄVenn 
schon  hienach  es  im  höchsten  Grade  unwahrscheinlich  ist  dass  ge- 
genwärtige Stelle  und  Satire  mit  Bentley  und  Ileindorf  aufs  J.  718 
zu  beziehen  sei,  so  wird  diess  vollends  unmöglich  durch  die  als- 
dann sich  ergebende  Folgerung  dass  der  Anfang  von  Horazens  Be- 
kanntschaft mit  Maecenas  ins  J.  711  fiele.  Wir  sind  daher  mit  der 
Veteranenbelohnung  auf  die  Zeit  nach  der  Schlacht  bei  Aktium 
hingewiesen.  Octavian  hatte  damals  seine  und  des  Antonius  Le- 
gionen ohne  Belohnung,  nur  mit  dem  Versprechen  sie  aus  der 
ägyptischen  Beute  zu  bedenken  (Dio  LI,  3),  nach  Italien  zurück- 
geschickt und  sich  selbst  in  den  Osten  begeben,  um  auf  Samos  den 
Winter  von  723 — 724  zuzubringen  Aber  zu  Anfang  des  J.  724 
{(/luirluin  ipsc  cum  M.  Liciniu  Crasso  coiisiil,  Oros.  VI,  l't.  vgl.  Dio  LI, 
4)  eilte  er,  htrbalus  niinliis  de  scdilidiw  uiilitum  pracmia  et  missioni-m 
jtüsccnlhim  (Suet.  Oct.  17),  nach  Italien,  hielt  sich  jedoch  nur  27  Tage, 
doncr  dcsidcriii  militiim  ordi/iarcnltir  (Suet.  1.  1.),  in  Brundisium  auf 
und  begab  sich  dann  in  den  Osten  zurück,  nach  Syrien  und  Aegy- 
pten  (Dio,  Sueton,  Orosius  1.  1.  Plut.  Ant.  73  f.).  Die  Beschwichti- 
gung des  Heeres  bewirkte  er  dadurch  dass  er  roig  ^liv  älkoig  Xif'l' 
fiarcc  f'öcoKe,  xoig  öe  öic^  Trai'xog  avxco  GvGTtJmevGaOi  xal  yijv  n-yOsXnr/- 
1-6 1/« f.  xovg  yag  öi'jfxovg  xovg  h>  xij  Ixaki'cc  xovg  za  rov  \-1i'T(oviov  (jnyo- 
vijGat'Tag  idüixiGag  zotg  (xlu  Gt^azicÖTaig  zeig  t£  noXeig  x«/    r«  ;(a)j>/« 


Eink-ilnng  zur  sccilslon  Salire.  140 

avTcov  iyafJiGcao ,  r/.eivni'  dl  6>]  roig  ^ih>  7tXeto6i  t6  rs  ^VQQct'/^iov  y.al 
Tovg  (ptkiTTTTOvg  äk).a  rf  eTToixen'  avTiöcoy.f.  Dio  LI,  4.  Dass  .solclie 
]Mas.srogelu  »(itliig  Avordoii  Avüidcu  mii  die  iiatdi  dein  aktischon 
Kriege  dem  Heere  gemachten  Zusagen  zu  erfüllen  Hess  sich  voraus- 
sehen, da  der  zur  Vertheilung  offenstellende  ciger  piiUicus  längst 
sehr  zusammcngeschrunnift  war;  die  Frage  V.  55  f.  ist  daher  von 
angstlicher  Besorgniss  für  die  eigenen  Güter  in  Italien  eingegeben 
und  hat  andererseits  den  Sinn  einer  Hoffnung  dass  das  Gewitter 
sich  vielmehr  über  Sicilien  entladen  werde,  eine  Hoffnung  welche 
freilich  nicht  in  Krfüllun";  üien<r.  Eben  darum  aber  muss  unsere 
Satire  gerade  in  die  ^Mitte  fallen  zwischen  die  Ertheilung  des  Ver- 
sprechens nach  der  Schlacht  bei  Actium  *)  und  dessen  Erfüllung 
in  Folge  des  Soldatenaufstandes  zu  Anfang  des  J.  724,  also  ans 
Ende  des  J.  723,  und  in  diesem  Ergebniss  kommen  dann  alle  ange- 
führten Daten  zu  ihrem  Kechte.  Horaz  hat  sich,  wie  es  scheint, 
auch  jetzt  wieder  (wie  Sat.  II,  3)  vor  dem  Geräusch  der  Saturnalien 
aufs  Land  geflüclitet  (V.  16),  auf  sein  Sabinum,  und  benützt  hier 
seine  Flusse  zu  Abfassung  vorliegender  Satire,  über  deren  Abfas- 
sungszeit fast  alle  Gelehrte  einstimmig  sind.  Nachdem  schon  Mas- 
son,  vita  Horatii  (Lugd.  B.  1708)  p.  150 — 154  die  Gründe  für  das 
.lahr  723  dargelegt,  hat  Chr.  Jahn  (Jahrbb.  I.  S.  229)  ihm  beige- 
stimmt, Kirchner,  Quaest.  bor.  p.  19  f-  die  Unrichtigkeit  der  Bent- 
ley'schen  Datierung  sorgfältig  nachgewiesen  und  ist  positiv  zu 
demselben  Ergebniss  gelangt  wie  Masson;  vgl.  oben  Bd.  I.  S.  16  f. 
Dasselbe  war  der  Fall  bei  G.  F.  Grotefend,  Allg.  Enc.IT,  ]0.  S.466,  a. 
C.  Passow,  Briefe  des  Horaz,  x\nm.  45.  115.  C.  Franke,  fasti  bor. 
]).  119—122.  Düntzer  II.  S.  399  f.  W.  Teuffei,  Rhein.  Mus.  N.  F. 
IV.  S.  215  f.  P.  S.  Frandsen,  Maecenas,  S.  197 — 199.  AV.  E.  AVeber, 
Horatius  als  Alensch,  S.  152.  162.  (mit  Anm.  133)  und  Hör.  Satiren, 
S.  441 — 444,  und  A.  AVenn  dagegen  C.  G.  Zumpt  (vor  AA'üstemann's 
Ausgabe^  S.  25,  Anm.  2.  und  S.  38 — 41)  für  das  Jahr  720  gesprochen 
hat,  so  glaube  ich  dessen  Argumentation  zur  Genüge  widerlegt  zu 
haben  im  Rhein.  AIus.  a.  a.  O.  S.  225 — 228. 

Einige  Aleinungsverschiedenheit  herrscht  nur  über  die  Anwen- 
dung jenes  Ergebnisses  auf  die  Bestimmung  der  Zeit  wo  Horaz  in 
den  Besitz  seines  sabinischen  Gutes  gelangt  sei.  C.  Passow  iind 
Kirchner  (oben  I.  S.  17)  folgern  nämlich  aus  dem  Eingang  unserer 
Satire  dass  der  Besitz  des  Sabinums  für  den  Dichter  damals  noch 
neu  gewesen  sei.  Dagegen  s.  Franke  p.  116.  121.  Düntzer  S.  399  f. 
und  Rhein.  AIus.  a.  a.  O.  S.  217.  wo  ich  bemerkt  habe  dass  der  An- 
fang vielmehr  die  vollständige  Beendigung  des  (Sat.  II,  3  noch  un- 
erledigten) Baues  und  der  inneren  Einrichtung  voraussetze ,  sowie 

*)  Letzteres  auch  dessliall)  weil  vor  der  Schlacht  bei  Actium  Jeder- 
mann begreiflicher  Weise  statt  nach  den  Dakern  sich  vielmehr  nach  dem 
Stande  des  Kampfes  gegen  Antonius  erkundigt  haben  würde. 


150  Zweites  Uiich  der  Saliren. 

(lass  die  Abwägung  der  Yortlieile  des  Landlebens  gegenüber  der 
Stadt  und  die  Sebnsucht  des  Dichters  naeh  dem  Lande  ein  Beweis 
sei  dass  er  alle  Genüsse  desselben  schon  aus  ErfaJirung  kenne. 
AVeber  (Iloratius  S.  162)  nennt  daher  unsere  Satire  ein  ,, poetisches 
Besitzergreifungsrnanifest  nach  vollendeten  baulichen  Reparatu- 
ren." Kirchner  selbst  gibt  übrigens  a.  a.  0.  zu  dass  Horaz  zur  Zeit 
tinserer  Satire  schon  ungefähr  ein  Jahr  lang  im  Besitze  des  Sabi- 
nums  gewiesen  sei. 

Literatur  zu  unserer  Satire:  IL  Töpfer,  de  Horatii  consiliis 
in  scribenda  Sat.  11,6.  Arnstadt  1829.4.  S.  4.  Gröbel,  Editionis 
Horatii  etc.  specimen  IV.  Prgr.  von  Dresden  1845.    39  S.  8. 


Anmerkimgen  zur  scclisten  Satire. 

V.  I  ft'.  lunner  habe  ich  mir  gewünscht  ein  Gut  zu  Ijesitzen 
von  massigem  Umfang,  aber  meinen  Bedürfnissen  genügend  und 
die  Bedingungen  der  Unabhängigkeit  in  sich  schliessend.  Zu  letz- 
teren gehört  namentlich  die  zu  allen  Jahreszeiten  fliessende  (Quel- 
le; auch  s.  Ep.  I,  16,  14.  Warum  er  sich  ein  "Wäldchen  wünscht 
s.  Ep.  II,  2,  77.  Auf  den  Schlitz  gegen  Winde  ist  in  diesem  Klima 
schAverlich  (mit  Weber)  so  viel  Gewiclit  zu  legen  dass  desswegen 
super  his  auf  höhere  Lage  des  Wäldchens  bezogen  werden  müsste. 
—  benc  est  vgl.  Maecenas  bei  Sen.  Ep.  lOl,  11:  r/7«  dum  superesl 
hcnc  est.  —   71  il  atuplius  oro  vgl.  Ep.  I,  2,  46. 

V.  5.  propria  als  festes,  dauerndes  Eigenthum,  über  wel- 
ches er  mit  vollster  Freiheit  verfügen  könne.  Ausser  den  schon 
von  den  Auslegern  angef.  Stellen  (wie  Cornel.  Ncp.  Thrasyb.  4. 
Cic.  p.  imp.  Pomp.  16,  48.  Virg.  Ecl.  VII,  31.  Acn.  VI,  872  u.  A.) 
s.  oben  2,  129.  134.  Plaut.  Most.  225:  »7////«  nmalorein  lihi  proprium  fu- 
turum in  vita.  Terent.  Andr.  IV,  3,  1 :  uihilne  esse  proprium  cuiijuam  '. 
V ,  5 ,  3  f . :  ego  J/eorum  vitam  proptereu  scmju'ternum  esse  arbilror  Quod 
roluplales  eorum  proprfiie  sunt.  Non.  Marc,  p.  36-:  proprium  sif/ui- 
/icat  perpetuum.  Aerius  Armorum  iudieio:  tium  non  faeile  sine  deum 
opera  humanti  propria  sunt  fiona.  Idem  Medea:  Fors  dominatur ,  neque 
riin  Ulli  Propria  in  vila  est.  Lueilius  Sat,  XVII:  in  usura  omnia  ponit 
Nontnar/na,  proprium  vero  nii  neminem  habere:  und:  rum  sriam  nihil 
in  vita  proprium  mortali  da  tum  esse.  Afranius  J'opiseo:  IH  tifd  dent 
propria  i/uaeeunt/ue  e.voptes  Ilona  \\.  i<. -w.  Bei  Horaz  könnte  sich  der 
Wunscli  audi  darauf  beziehen  dass  er,  so  lange  auf  <lem  (Jute  noch 
Schuhleu  lasten  —  und  auf  solche  dürfte  aus  l-'.p.  I,  7 .  HO  f.  zu 
schliessen  sein — ,  sicli  nicht  als  unliesrhränkfer  l'jgenthüuKU- fühlt. 

V.  (i.     si  U.S.W,  drückt   die  Voraussetzung  aus  unter  welcher 


.\iimoikiini;(.'n  zur  scrlislon  Salirc.  151 

allein  er  aut'Eiliöriing  seines  AVnnsches  (Gelietes)  Anspruch  mache, 
die.  Voraussetznni;-  dass  er  dessen  würdig  sei.  Die  naivere  ältere 
Zeit  berief  sich  dabei  wohl  auf  (religiöse)  Leistungen  des  Betenden, 
welche  demselben  seiner  Meinung  nach  ein  gewisses  Hecht  auf 
eine  Gegenleistung  von  Seiten  des  Gi)ttes  verleihen;  vgl.  die  von 
Heindorf  angeführten  »Stellen.  —  Die  Stellung  der  Satztheile  in 
V.  6  u.  7  ist  a&c,  hca. 

V.  S.  vener or  hier,  mit  Einschluss  des  die  Ehrfurchtsbezeu- 
gung begleitenden  Gebetes,  Avie  Plaut.  Aul.  prol.  8:  venerans  mc 
ul  hl  scrvurem  sibi.  Propert.  III,  13  (20),  33:  7icc  tu  supplicibus  mc  sis 
vcncrata  iabellis.  Caecina  bei  Cic  ad  Farn.  VI,  7,  2:  qtii  ?niilla  deos 
vcucrati  sunt  contra  eins  salutcm.  Vgl.  horres  oben  5,  9.  —  Ost  mit  un- 
terdrücktem ,  oder  vielmehr  durch  den  Ton  des  Vortrags  ausge- 
drücktem, Nachsatz:  wie  wäre  das  so  schön!  wie  wäre  ich  so  froh! 
Aehnlich  wie  orra',  Aristoph.  Nub.  69  und  dazu  meine  Anmrkg. 

V.  10.  Die  Variante  qua  ist  wohl  nur  aus  einer  Glosse  zu  der 
etwas  weniger  häutigen  Form  quac  entstanden,  über  welche  s.  G. 
T.  A.  Krüger's  lat.  Gr.  §.  425,  3-  Anm.  und  über  illi-qui  incrcc- 
narius  Ebds.  §.  552,  Anm.  3,  a. 

V.  13.  Hcrcule.  lieber  die  römische  Sitte  von  einem  uner- 
warteten grossen  Gewinn  dem  Herkules  den  Zehnten  {Hcrculis  pars, 
Hcrcuhinca)  zu  geben  s.  besonders  Dionys.  Hai.  Ant.  I,  40.  Naevius 
bei  Priscian.  p.  470  Kr.  (]>,  141  f.  Klussm.),  und  andere  Belege  bei 
Heindorf  ad  1. ,  sowie  bei  IMezger  Art.  Hercules  in  Pauly's  Real- 
Enc.  III.  S.  1176  f.  Den  Hercules  desshalb  als  Erdgeist  oder  Ko- 
bold aufzufassen  ist  man  aber  nicht  lierechtigt.  — -  Grat  um  halte 
ich  mit  Apitz  p.  132  für  das  Masculinuin:  was  ich  habe  geniesse 
ich  mit  Dank  und  Freude. 

V.  14.   pingue,  s.  Kirchner  zu  I,  3,  58.  S.  101. 

V.  15.    custos-adsis,  vgl.  I,  6,  81  f. 

V.  16.  ergo,  s.  Kirchner  zu  I,  10,  7.  S.  336  f.  —  In  monlcs 
et  in  arcem,  vgl.  Od.  HI,  4,  21  f.:  vester,  Camenac ,  vcstcr  in  arduos 
ToUor  Sabinos.  Diese  Stellen  bilden  einen  der  (Jründe  aus  welchen 
sich  Noel  de  Vergers  (vor  der  Didot'schen  editio  Bondiana  des  IIo- 
raz,  1855)  p.  XXVE  f.  gegen  die  von  Dom.  de  Sanctis ,  Capmartin 
de  Chaupy,  Fea,  Nibby,  Gell  u.  A.  angenonnnene  Placierung  des 
horazischen  Sabinum  ausspricht  und  dasselbe  vielmehr  mit  dem 
Architekten  P.  Rosa  hinter  dem  kleinen  Dorfc  Rocca  giovane  sucht, 
auf  dein  sogen.  coUc  del  poetcllo.  Dort  findet  sich  auch  in  der  Nähe 
eine  Quelle  welche  Fonfc  drlf  Oratini  heisst  (ib.  p.  XXIX). 

V.  17.  Von  den  Erklärungen  dieses  Verses  werden  wir  die 
von  Dacier  und  Sanadon  (suliris  :=  quam  saliras)  als  unmöglich  (ne- 
ben illustrem)  bei  Seite  lassen  dürfen,  trotzdem  dass  neuestens  ein 
Paradoxenjäger  auf  sie  zurückgekonunen  ist  und  sie  durch  Sat.  II, 
3,  9  f.  stützen  zu  können  geglaubt  hat.  Ilaberfeldt's,  von  Kirchner 
wieder  aufgefrischte,  Umstellung  der  Verse  17.  18.  19  in  18-  19.  17, 


\  52  Zwoilcs  Buch  der  Saliren. 

so  dasö  (juiä  priiis  illuslrem  Nacli.satz  -wäre  zu  dem  Yordei.satze  ubi 
nie  removi  nee  mc  amhitio  perdit,  ist  weder  durch  ein  Bedürfniss  ge- 
boten, nocli  durch  irgend  welche  handschriftliche  Tliatsache  unter- 
stützt, noch  auch  sprachlieh  oder  sachlich  wahrscheinlich.  Nee  me 
amb.  2)er-dil  sieht  wahrlich  keiner  Fortsetzung  des  Vordersatzes  mW 
/HC  removi  ähnlich  (statt  nee  iam  umhilione  perdo?-)  ^  und  durch  die  Er- 
weiterung ./i//»//'»».svy(/r  n.  s.w.  erhielte  dieser  Vordersatz  einen  sehr 
schleppenden  (Hiarakter.  Aber  auch  Gesner's  Abschliessnng  von 
V.  17  durch  Zeichen  der  Parenthese,  so  dass  nee  me  amhitio  perdil 
der  (alleinige)  Nachsatz  zu  ubi  me  removi  wäre,  scheint  wenig  bei- 
fallsuerth.  Nicht  nur  dass  V.  17  alsdann  völlig  müssig,  wo  nicht 
störend,  dasteht,  ergibt  sich  so  ein  —  wenigstens  hinsichtlich  des 
Anfangs  —  ziemlich  trivialer  Sinn :  wenn  ich  mich  aus  der  Stadt 
aufs  Land  zurückgezogen  habe  ,  so  habe  ich  Ruhe  vor  der  ambitio. 
Mir  scheint  (wie  Weber  u.  A.)  immer  noch  das  Gerathenste  Alles 
zu  lassen  Avie  es  ist  und  so  zu  erklären:  Nachdem  ich  mich  nun 
also  in  meine  Berge  zurückgezogen,  was  sollte  ich  da  eher  zum 
Gegenstande  meiner  Sattirae  wählen  (als  eben  diese  Berge  und 
das  Glück  das  sie  mir  gewähren*)?  Habe  ich  doch  jetzt.  Dank 
diesem  ländlichen  Aufenthalte,  Müsse  und  Gesundheit  (um  frischen 
Mutes  mich  dem  Dienste  der  3fiisa  pedes/ris  zu  widmen).  Dabei 
fehlt  also  nur  in  V.  18  die  den  Zusammenhang  motivierende  Par- 
tikel des  Grundes. 

Uebrigens  konmit  von  der  Satire  hier  Aveniger  ihre  begrifl'liche 
Verwandtschaft  mit  der  Idylle  in  Betracht  (sofern  sie  eine  kritische 
Darstellung  der  Gegenwart  ist,  ausgehend  von  einem  Ideale,  die 
Idylle  aber  Darstellung  des  Ideales  als  eines  gegenwärtigen); 
denn  der  juvenalische  (und  moderne)  Begriff  der  Satire  findet  auf 
die  horazischen  nicht  unmittelbar  Anwendung**);  vielmehr  ist 
daltei  die  lucilische  Behandlung  der  Satire  zu  Grunde  zu  legen, 
wonach  die  Satire  williges  Organ  für  einen  beliebigen  Inhalt  ist 
und  ihren  Einlieitspuukt  fast  ausschliesslich  in  der  Persönlichkeit 
ihres  Dicliters  Iiat.  Vgl.  oben  S.  144  f.  Eben  darum  liat  auch  Ho- 
raz  jetzt  die  freieste  Wahl  in  Bezug  auf  den  Stoff  seines  Gedicli- 
tes,  gil)t  aber  dem  Preise  des  Landlebens,  als  dem  ihm  nunmehr 
nächstliegenden ,  den  Vorzug. 

V.  20.    Der  Zweifel  ob   die   gewählte  Art    der  Anrufnu":   die 


*)  Die  KrklJirniip :  ,,clier  als  Anderes"  (,,aiu  (tosclieidestcn,"  Weber, 
Iforatins  u.  s.w.  S.  1^2.  A.  l'.V.\),  so  dass  priiix  thatsäclilich  so  viel  wäre 
als  firiiiiiiiii ,  ist  schon  darum  nicht  walirscheinlicli  weil  der  Dichter,  wenn 
er  diesen  Sinn  wollte,  />r/www' liiitte  setzen  können  ohne  im  l'ebripen  den 
\'ers  zu  ändern. 

**)  Diess  verUcMiicnd  j:l;nilit  K*.  SoytVert,  Sclml  m]  Hör.  S.if.  Kiciiz- 
nach  18.")(».  -l  )  |>.  IH  illuslrem  so  crUliiroJi  zu  müssen:  t/iiiii  iniiriinis  satirivo 
scrmone  iit  rnmiin  et  iiitiiw  sapieiUissimo  ctiif/iic  roiitciiinciulum  tlrmonslrcm;  was 
<r  weitcrhiu  (p.   ".'!)   auf  die  innlii  iiiliis  lieziolit. 


AiinuTkiiiigcn  zur  scclislon  Snliio.  153 

dorn  betroffenden  (iotte  willkoninienste  sei  -war  eine  natürliche  Folge 
des  anthroponiorpliistiselien  Polythei.smns,  einerseits  von  der  Menge 
der  Götter  und  ihrer  BozeiLdniungen,  andererseits  ihrer  Auflassung 
als  Personen  mit  persnnliclien  Liebhabereien  und  Launen.  I5ei 
Erleucliteteren  nioelite  auch  ein  Zweifel  an  der  AValirlieit  des  Po- 
lytheismus selbst  zu  Grunde  liegen.  Beispiele  solcher  Zweifel  bei 
Anrufungen  s.  bei  Heindorf,  und  E.  von  Lasaulx,  über  die  Gebete 
der  Griechen  und  Römer  (Würzburg  1842.  4.)  S.  6,  Anm.  17  —  20; 
auch  meinen  Art.  Prcces,  Real-Enc.  VI,  1.  S.  39.  Vgl.  Ilias  I,  39  ff. 
und  Plat.  Rep.  IM.  p.  394  A.  und  die  Verhöhnung  dieser  Sitte  zu 
Anfang  von  Lukian's  Timon  :  co  Zev  cpilis  y.cd  i,Ei>L£  y.cd  iraigsis  ymi 
icfiozie  y.cd  aßTBQOTCtjva  y.cd  ooy.ie  y.cd  v£(psk)jysQiTa  y.cd  eoiy(*ov7T£  ymi 
cl' TL  Ge  cfklo  Ol  U(j3qoi't}jtoi  TtOLtjxcd  y.akovoi^  y.cd  ^icckiGTC(  oxav  c.no- 
QcoGi  TTQog  xci  ^liTocc  u.  s.  w.  Bei  Horaz  entspricht  dem  Charakter 
als  Anrufung  auch  die  Feierlichkeit  des  rythmischen  Ganges. 

V.  23.  Des  Marcilius  Rojiuim  wiederholt  R.  Seyffert,  Schol. 
I.  p.  22,  Aveil  ad  negolia  forcnsia  rapi  auch  die  rure  viventes  betreffe: 
aber  docli  wohl  niclit  so  häufig,  und  namentlich  zu  einer  sponsio  hat 
er  auf  seinem  Sabinum  Avenig  Veranlassung.  —  spo7isorem  vgl. 
zu  5,  109  und  in  der  Sache  vgl.  Ep.  I,  16,  43.  IL  2,  67.  Eine  solche 
sponsio  ist  also  des  Dicliters  erstes  Geschäft  am  ]\Iorgen  (vgl.  Kirch- 
ner zu  I,  9,  35  g.  E.  und  zu  I,  6,  1J2  g.  E.),  und  er  muss  sich  be- 
eilen um  dabei  der  Erste  auf  dem  Platze  zu  sein.  Was  Heindorf 
über  Sponsor  bemerkt  hat  die  drei  Fehler  dass  er  die  Bürgschaft 
verwechselt  mit  der  Caution  [snlisdalio) .,  den  Begriff'  viel  zu  sehr 
erweitert  (vor  Gericht  oder  sonst  irgendwie),  und  fideiussor 
mit  Sponsor  identificiert.  Vgl.  aber  Gajus  III,  115  f.:  pro  eo  qui  pro- 
miUit  solenl  (du  ohlkjari ,  qiioriim  alios  sponsores ,  ah'us  fidepromissores, 
(dios  [Uleiussores  appelhnniis.  Sponsor  ita  inlcrrogaliir :  id  duri  spondes? 
/idcjiromissor :  id  ßde  promiltis ^  ßdeiussor  ita:  id  fide  Uta  esse  iidies? 
II».  118:  Sponsor is  et  fideproniissoris  similis  condicio,  /ideiiissoris  dissimilis -^ 
was  im  Weiteren  näher  ausgeführt  wird.  In  den  Pandekten  findet 
sich  dieser  Untei-schied  freilich  nicht  streng  durchgeführt,  wahr- 
scheinlich weil  die  Form  der  sponsio  (Wette)  als  eine  veraltete  all- 
mählich ausser  Gebrauch  kam.  Aber  noch  im  God.  Tlieod.  heisst 
es  III,  15,  1:  sponsoram  vel  fideiiissonim  — promissioncs  ]  und  in  der 
Zeit  des  Horaz  war  von  den  verschiedenen  Bürgschaftsformen 
sponsir»  die  strengste,  feierlichste,  für  den  Bürgen  gefährlichste. 

rapis  drückt  die  Unfreiwilligkeit  und  anderseits  die  Hast 
aus;  vgl.  Kirchner  zu  I,  9,  77  (S.  319).  —  Eia  (1,1,  18)  u.  s.  w. 
als  Worte  des  Janus  aufzufassen  hat  schon  Haberfeldt  vorgeschla- 
gen, während  die  Aelteren  sie  als  Selbstgespräch  des  Horaz  be- 
trachten. Einen  für  das  Eine  oder  für  das  Andere  entscheidenden 
Grund  vermag  ich  im  Zusannnenliange  nicht  zu  entdecken. 

V.  25  f.  Mag  es  hoher  Sommer  oder  tiefer  Winter  sein  (vgl. 
5,  39  ff.) :   auf  den  Weg  muss  man  sich  machen.    In  der  Beschrei- 


154  Zweites  r>iirli  der  Satiren. 

billig  des  AViiiters  sind  die  ^[cikmalc  gcliäuft:  ])  hnmia ,  2)  nirakm 
ilicm^  3)  inlcritjrc  gyru  (vgl.  aucli  'ril)ull.  IV,  I,  160:  scu  ciier  /ühcnias 
projicrul  decujTCrc  liiccs),  4)  Irahil  (die  Widcrwilligkeit  ausdrückend: 
der  Tag  will  gar  nicht  heraus,  es  muss  Gewalt  gegen  ihn  gebraucht 
werden,  d.  h.  er  beginnt  spät). 

V.  27.  Schon  zu  Weber  S.  435  habe  ich  bemerkt  dass  die 
Aufeinanderfolge  der  zweierlei  Acte  schon  durch  lociilo  hinrei- 
chend markiert  sei  (also  würde  poslmodo  vielmehr  bei  der  Ver- 
bindung mit  luclaiuhim  ,,selir  müssig  sein") ,  wogegen  mi  ohsit  einer 
Zeitbestimmung  um  so  dringender  bedürfe,  da  für  die  Gegenwart 
die  Wirkung  der  Handlung  (der  sponski)  vielmehr  eine  angenehme 
sei:  der  Dichter  hat  nämlich  dadurch  einen  Freund  sich  verpflich- 
tet (V.  24).  Ferner  entscheidet  für  die  Verbindung  mit  obsü  die 
Stelle  Od.  I,  28,  30 f. :  ncgiigis  immerilis  tiocihiram  postmodo  ie  nalis  frau- 
dem committere?  vgl.  Til)ull  II,  5,  102  {imjeril —  makdicta  piicllac.) 
poslmodo  quae  volis  irrita  facta  velit.  Dass  bei  dieser  Verbindung 
„der  Satz  gar  zu  abgebrochen  dastände"  (Düntzer  III.  S.  406  A.**) 
kann  ich  schlechterdings  niclit  finden.  —  Cläre  (vom  lauten  Vor- 
trag vor  Zeugen)  ccriinnrjtie  (von  der  bestimmten,  kein  ]\Iissver- 
ständniss  gestattenden  und  keine  Hintertliüre  übrig  lassenden  Fas- 
sung der  Ausdrücke) ,  Adverbium  und  Adjectiv  neben  einander, 
wie  Terelit.  Ad.  IV,  3,  18:  et  recte  et  verum  dicis.  Homer:  xorA«  y.cu 
v'\\)L  ßißag,  el  ireov  zal  argezicog  ayogevetg.  Schneidewin  zu  Soph. 
Oed.  li.  322. 

V.  2S.  lurba  s.  zu  5,  94.  Plaut.  Merc.  114 ff. :  .  .  plenis  semilis  gut 
admrsum  eunt  aspellilo,  Dclrude ,  delurha  in  riam  .  .  Currenti ,  properanli 
hau  rpiisquam  digmim  habet  decedere.  Ita  tres  res  similu  agendae  sunt, 
quando  unam  occeperis:  Et  currendu/nsl  et  pugnandum  et  iurigandum 
autem  in  via.  —  Tardis  erklärt  K.  Seyttert,  Schol.  I.  p.  30  wieder 
sehr  originell:  tardi  sunt  ii  qui  tardius  de  lecto  surrexeruntl 

V.  29.  Mit  Recht  hat  Kirchner  die  liandschriftliche  Lesart 
hergestellt.  Eben  weil  quid  tibi  vis  die  gewöhnliche  Ausdrucks- 
weise ist  geriethen  die  Abschreiber  in  Versuchung  tibi  einzusclial- 
ten ,  und  daraus  erklären  sich  alle  Varianten  an  unserer  Stelle. 
Was  Wüstemaiin  über  den  Unterschied  von  quid  eis  und  quid  tibi 
vis  behauptet  (das  Erstere  sei  das  Allgemeine :  was  willst  du?  So 
frage  der  welcher  wissen  wolle  was  der  Andere  vorhabe.  Quid  tibi 
vis,  was  willst  du  damit V  frage  nur  der  welcher  das  Thun  des  An- 
dorn schon  kennt  und  den  Zweck  oder  die  Absicht  erfahren  will) 
wollen  wir  dahingestellt  sein  lassen,  um  so  mehr  da  im  vorliegen- 
den Falle  das  Thun  des  Iloraz  (pulsare)  dem  Fragenden  hinrei- 
chend bekannt  ist.  Aber  quam  rem  bezöge  sich  ausscliliesslich 
auf  das  ;)«/.sY//T  selbst,  das  doch  sehr  unzw(Mdeutig  war,  wogegen 
quus  res  entweder  beissen  kann:  was  machst  du  da  für  SaclienV 
oder:  was  für  Geschäfte  hast  du  dennV  —  Dass  i m />  rofnis  niclit 
mit  //.'//.">',  suiidcni  nur  mit  urgef  verl)unden  werden    kann   wird  heut- 


Aimifiiaiiij^cii  zur  scclislcii  Siiliro.  155 

zuias'c  von  NicMiiaml  molir  bestritten.  Die  Gründe  s.  bei  Weber 
8.  43J.  Apitz  vori;h'ielit  Lucilius  bei  Gellius  N.  A.  XI,  7,  9:  hie 
'sl  —  orc  imprubus  dura. 

V.  30.     iralis  prcril/us  vgl.  7,  36. 

V.  32.  hoc  zu  beziehen  auf  die  Ilandluns;  des  rccurrcrc  ad 
jMacccnalcin  hat,  wie  Weber  S.  435  nicht  mit  Unrecht  bemerkt  zu 
haben  scheint,  gegen  sich  dass  davon  Horaz  nicht  leicht  sagen 
würde:  fioc  meUi  est.  Es  ist  daher  wohl  besser  auf  die  vorher- 
gehende Aeusserung  des  gepufttcn  Vormannes  zu  beziehen,  wenn 
auch  nicht  gerade  mit  Apitz  auf  die  iiHüae  preres ,  vielmehr  auf  die 
in  den  fraglichen  Worten  liegende  iniwillkürliche  Anerkennung 
der  Innigkeit  seines  Verhältnisses  zu  Maecenas.  —  Zu  mclli  est 
vergleicht  K.  F.  Hermann,  Philologus  X.  S.  244,  Alexis  bei  Athen. 
XIII,  7:  1]  vav  yciq  civÖQwv  ion  ttqoc  xeivrjv  |itiAt,  und  emendiert 
so  auch  Aristophanes  bei  Bekker  Anecd.  p.434:  ovrco  xl  xanÖQQYixa 
Öqccv  Igxlv  (.lih.  —  non  mcfitiar:  es  fällt  mir  gar  nicht  ein  das 
Gegentheil  zu  sagen ;  dagegen  bei  nr  menliar  (Cic.  ad  Farn.  III,  4  exlr.) 
ist  der  Kedende  einen  Augenblick  in  Versuchung  die  Wahrheit 
vorzuenthalten,  bekämpft  und  überwindet  aber  diese  Versuchung. 
—  atras  wird  kamn  anders  bezogen  werden  können  als  auf  die 
düsteren  Erinnerungen  an  die  frühere  Verwendung  (als  Armeu- 
kirchhof),  welche  noch  immer  nicht  völlig  verwischt  sind;  denn 
weder  Lambin's  eventuelle  Erklärung  {(in  proptcr  sexcenlas  occupa- 
fioties  et  curas  quüms  obniebalur  cum  eo  vencrat*  Aber  durch  diese 
wird  sich  Iloraz  das  Haus  des  ^[aecenas  doch  nicht  völlig  verlei- 
den lassen),  noch  Düntzers  (V.  S.  268  f.  mit  Eifer  vertheidigte) 
Deutung  von  schattigen  Waldungen  (wie  Od.  IV,  12,  11  f.:  nigri 
coUes  Arcadiac ,  Virgil.  Acn.  I,  165:  dcsupcr  horrcjiliqne  atntm  ticmus 
immincl  uinbra  —  also  mit  dem  Nebenbegrifte  des  Schauerlichen) 
will  zusagen.  Freilich  ist  zuzugeben  dass  eine  solche  Erinnerung 
an  das  Einst  in  dem  freundlichen  Jetzt  nicht  eben  sehr  geschickt 
.sein  würde,  und  eine  Emendation  Avie  (dtas  wäre  daher  Avillkom- 
men,  so  wenig  sie  im  handschriftlichen  Bestände  einen  Anhalt  hat. 

V.  33.  Der  passive  Ausdruck  ventiim  est  hebt  sehr  bezeicli- 
nend  die  dabei  Statt  findende  Passivität  hervor:  es  ist  kein  Gehen, 
sondern  ein  Geschobenwerden.  Uebrigens  ist  aus  unserer  Stelle 
nicht  zu  schliessen  dass  Iloraz  schon  damals  bei  ^Faecenas  auf 
dem  Esquilin  gewohnt  habe,  sondern  nur  dass  er  dort  in  der  Kegel 
den  Tag  zubrachte  und  daher  Bestellungen  für  den  lautenden  Tag 
oder  den  nächsten  Morgen  hieher  ausgerichtet  zu  werden  pfleg- 
ten. *)    Zu  V.  31    würde  zwar  die  Voraussetzung  des  Zusammen- 

*)  Mitschcriich  (Kac.  II.  p.  10)  denkt  sich  die  Sache  folgendermassen : 
Qiiimi  Horatius  quovix  mnne  Maecenatem  snlulalurns  Esquitias  pc/erei ,  ü  f/ni 
vel  cum  co  colfor/ui  vei  per  cum  it  Maccenalc  alif/iii/l  of/linrrc  vellcnt  ohsidc- 
bant  viuin  qua  poetae  praclereundum  esset  vel  ipsi  vel  aliis  rei  sitae  cwum 
demandaverant.     lam  Uta  negotia  aliena  per  {itSQl)  caput  eius  salire  putanda 


156  Zweiles  Rudi  rlcr  Sniiren. 

wohnens  mit  IMaeccnas  .sehr  wolil  passen,  um  so  weniger  aber  zu 
V.  48  f.  (da  in  diesem  Falle  das  iina  sjtccfare  und  ima  ludere  gar 
nicht  melir  hätte  auffallend  gefunden  werden  können),  und  vol- 
lends nicht  zu  II,  7,  32  ft'.  Scliol.  luv.  I,  12:  Frontonis]  in  Oraiinna 
domo,  in  qua  poelae  rceilabrinl ,  zusammen  mit  Fronto  ad  Marc.  II,  1 : 
Horalius  mihi  propler  Maecenalem  ac  ßlaecenatianos  horfos  meos  non 
alienus  —  liabcn  dalicr  für  die  Zeit  imserer  »Satire  und  die  von  II, 
7  noch  keine  Geltung. 

V.  31.  Noch  eine  Probe  derK.  SeyflPert'schen  Exegese:  atnhitio- 
stirum  neyutia  velul  infernalis  manium ,  uvium ,  htporum  canumrjue  lurbn, 
quae  olim.  hunc  locum  infeskibal,  Esquilias  ifigredienlem ,  antequum  ad 
duleissimum  amicum  pervetiiaf ,  iindique  assultunl  (Scliol.  ad  Hör.  Sat. 
I.  p.  32). 

V.  35.  Puteal  Libotiis  sedes  prarlnris  fuit  prvpe  aremn  Fabid- 
num,  dictum  quod  a  Libone  illic  primum  Iribiinal  et  subselUa  collocala 
sint,  Porphyrio  zu  Ep.  I,  19,  8.  Diese  Angabe  ist,  im  Gegensatz 
zu  solchen  welche  das  puleal  als  Sitz  der  "NVeclisler  bezeichnen, 
ausführlich  gerechtfertigt  von  K.  Fr.  Hermann ,  Prooemium  zum 
Marburger  Katalogen  von  1839  — 1840,  p.  IV  —  VI.  Derselbe  hat 
ebds.  p.  VI — VllI  nachgewiesen  dass  die  Unterscheidung  zweier 
Pulcalin ,  wovon  das  eine  m  comitio,  das  andere  ad  arcum  Fabianum 
sich  befunden  habe,  eine  willkürliche,  n\ir  auf  den  unzuverlässigen 
P.  Victor  sich  stützende  ,  Aunalime  von  Salmasius  (Exercit.  Plin. 
p.  I139ft.)  sei;  vielmehr  unum  (antum  in  foro  comilioquc  romano  fuisse 
puleal,  quod prisca  aelate  sive  ob  Narii  auguris  novaculam  siir  ob  fulguni 
ibi  ronditn  consccralum  postmodo  a  Scribonio  Lil'one  (und  zwar  vi<>l- 
leicht  dem  Volkstribun  des  J.  60j  d.  St.),  cui  negotium  publice  con- 
quircndorum  sacellorum  demandulum  esset,  instauratum  atque  ita  exorna- 
tum  Sil  tit  cadem  opera  praetori,  qui  in  illo  loco  propc  arcum  Fabianum 
ins  dicere  soleret,  Iribunal  alque  subscllia  exslrueret ,  quo  facto  et  fcnera- 
lores  et  alios  qui  Utes  privatas  pcrsequercntur  frequenter  eo  commearc 
consentaneum  erat  (ib.  p.  VIII).  Auch  unsere  Stelle  spricht  für  die 
Identität,  sofern  darin  nude  von  den\  Puteal  die  Kede  ist.  Als  Er- 
bauer des  Puleal  betrachten  übrigens  Andere  vielnudir  den  L.  Sori- 
bnnius  Libo  welcher  538  Volkstribun  und  ö,')0  praetor  peregr.  war 
(Liv.  XXIX,  11.  13),  ohne  dass  jedoch  für  die  eine  oder  die  andere 
Annahme  Gründe  beigebracht  worden  wären.  Was  unsere  Stelle 
betrifft  so  hat  K.  F.  Hermann  1.  1.  ]^.  V.  bemerkt  dass  ni/iil  impedit 
quo  minus  (locum)  ad  advocationem  in  iure  operamque  apud  iribunal 
praestandam  convertamus;  und  die  ganz  ähnliche  von  (.''icero,  ]>. 
(-j|uint.  t>,  25,  wo   Nacvius  seine  Freunde  auf  dieselbe  Stunde  als 


siinl  qnac  ipsi  inm  antea  roncvedila  crant  cl  qvortnn  in  via  meminit  qund  apud 
Miieventilciii  csseiil  hncinndn.  AltcrntH,  quod  iicgotia  citcn  Intus  salire  di- 
rnnlur ,  /nie  ml  cos  /lomitics  spcclut  t/ui  /loratii  Intus  rii  rumdnut ,  mnndatn  sua 
r.rpcililmi. 


Anmerkungen  zur  seclislcn  Satire.  157 

Zeugen  ad  lnbuhtm  Scxliam  ziisammeubittet,  macht  es  vielmehr  si- 
cher chi.ss  aucli  bei  lioraz  es  sieli  lun  einen  gerichtliclien  Act  dieser 
Art  handelt.  (So  hätte  auch  Kircliner  erklärt,  wie  aus  seiner  An- 
merkung zu  I,  6,  120.  S.  248  n.  M.  zu  schliessen  ist.)  Dass  nach 
Martial  exerccl  raucos  terlia  causidicus  (vgl.  llor.  Sat.  I,  9,  35  f.)  be- 
weist hiegegeu  Nichts;  denn  es  war  natürlich  dass  die  Sachwalter 
erst  eine  Stunde  nach  dem  Beginn  des  i;erichtlichen  Verfahrens 
zum  Wurte  kamen,  nachdem  die  Vernehmung  der  Parteien  und 
Zeugen  längere  Zeit  in  Anspruch  genommen  hatte.  Grössere  Cri- 
minalfälle ,  zu  welchen  die  Zeugen  zum  Theil  Aveither  zu  kommen 
hatten,  mochten  aucli  später  beginnen  als  einfache  Civilprocesse. 
Ebenso  wenig  können  die  Stellen  Uvid.  Rem.  am.  561 :  qui  Piileal 
lanumquc  liniel  celeresque  Kalciidas  und  Cic.  p.  Sest.  8,  18:  putcali  el 
feneratorum  gregilms  mßatus  gegen  die  obige  Deutung  unserer  Stelle 
eine  Einwendung  begründen.  Denn  der  Prätor  verhält  sich  zu  den 
fi'iieralures  so  wenig  ausschliessend  dass  die  Anwesenheit  des  Erste- 
ren  an  diesem  Orte ,  und  in  Folge  dessen  aucli  das  Zuströmen  des 
Volkes  dahin,  vielmehr  die  argeiiUtrü  bestimmen  musste  ihre  Buden 
gerade  in  dieser  (regend  aufzuschlagen.  Ueberdiess  kann  in  bei- 
den Stellen  die  Aufführung  des  puleal  neben  den  fencrulores  (=  la- 
fius)  den  Zweck  haben  eben  die  processualische  Seite  an  den  pecu- 
niären  Verwicklungen  zu  vertreten;  vgl.  K.  F.  Hermann  1.  1.  p. 
V.  g.  E. 

V.  3G.  Vgl.  Plaut.  Aul.  II,  2,  22  f.:  paticis ,  Euclio,  est  qtiod  le 
volo  De  commum  rc  adpellare ,  mea  et  Ina.  Livius  I,  50:  conveniant  in- 
dicil:  esse  quae  agere  de  rebus  cotnmunihus  velil  (vgl.  XXXVII,  60:  de 
rebus  ad  Cretenses  parlier  Romanosquc  pertinentibiis  agerel).  Tac.  Ann. 
1,22:  missutn  ad  vos  a  Qermanko  exercüu  de  cummunibus  commodis. 
Titinius  V.  63  (Com.  lat.  p.  122)  Itibb. :  rem  nuignam  aibal  velle  sc  me- 
cum  loqui.  (Als  Curiosum  sei  angeführt  dass  K.  Seyffert,  Schol.  I. 
p.  23  verbindet:  meminisses  te  hodie  reverli  de  rc  commimi,  und  diess 
erklärt:  orabanl  meminisses  unam  ex  caussis  redilus  tui  in  urbem  esse 
rem  communrm  ,  quae  ad  lolum  scribarum  corpus  perü'nerel.) 

Porphyrio :  hoc  loco  signißcal  se  Horalius  decuriam  habuisse. 
Acro :  /lic  oslendil  de  numero  se  fuissc  scribarum.  Es  ist  unmöglich 
sich  dieser  Folgerung  —  namentlich  aus  communi  — -  zu  entziehen, 
vollends  da  in  der  auf  Suetou.  zurückgehenden  Vita  Horatii  2.  Zeit 
und  Ort  der  Erwerbung,  sowie  nähere  Bestimmtheit  dieser  Stel- 
lung angegeben  wird.  Zwar  hat  man  die  Fortbckleidung  derselben 
unvereinbar  mit  des  Dichters  Verhältniss  zu  Maecenas  finden  wol- 
len; aber  uns  scheint  es  vielmehr  höchst  bezeichnend  für  den  Un- 
abhängigkeitssinn unseres  Dichters  dass  er  mit  seiner  Subsistenz 
nicht  völlig  auf  seinen  Gönner  angewiesen  sein  wollte,  sondern 
für  alle  Fälle  einen  Weg  zu  redlichem  Erwerbe  sich  offen  erhielt. 
Freilich  mag  er  damals  wenig  genug  Zeit  auf  diese  Geschäfte  ver- 
w  (Midi't  haben  (auch  in  der  Erzählung  seiner  Tagseintheilung,  Sat. 


I5S  Zweites  Buch  der  Salircn. 

I,  6,  111  ff.,  haben  sie  keinen  Platz  gefunden)  5  aber  auf  diese  Ein- 
nalimequelle  völlig  zu  verzichten  wäre  —  vollends  vor  der  Scblacht 
bei  Actium  und  dem  Tode  des  Antonius,  ehe  die  neue  Ordnung 
der  Dinge  auf  festen  Füssen  stand  — •  eine  Unvorsichtigkeit  ge- 
wesen. Dass  Horaz  sich  dieser  Stellung  weder  schämte  noch  zu 
schämen  Ursache  hatte  zeigt  eben  unsere  Stelle;  und  auch  Cicero 
nennt  (Verr.  III,  79,  183)  den  Stand  der  scribac  einen  ordo  huueslits: 
est  vero  htmesltts  quod  eorian  htmimim  fiilei  Udndae  publicac  pericidaquc 
inagislmliium  commilluntur .  Vgl.  auch  Weber,  Horatius  als  Mensch 
etc.  S.  56 — 61. 

V.  38.  Einen  unglücklichen  Gebrauch  haben  viele  Ausleger 
an  unserer  Stelle  gemacht  von  der  Notiz  des  Plinius,  II.  N. 
XXXVII  ,1,4:  Divus  Auguslus  inter  initia  sphinge  signuvil.  Duas  in 
vudris  afuiidis  iam  indiscrclae  similUudinis  invciicral.  Altera  per  bella 
civilia,  absente  eo,  amici  signaverc  episloUis  el  edicla  qiiae  ratio  tempn- 
rum  nomine  eins  reddi  poslidabaf,  tum  infaceto  lepore  aceipicntium ,  aenig- 
mala  aifcrre  eam  sphingem.  Quin  eliam  3Iaecenatis  rana  per  eollatiunem 
pecuniarum  in  magno  timore  erat.  Vgl.  Dio  Cass.  LI,  3.  An  jene 
Sphinx  nun  dachten  hier  die  Meisten.  Indessen  hat  Frandsen, 
Maecenas  (Altona  1843)  S.  71  f.  mit  Recht  bemerkt,  wenn  (nach 
Dio)  Octavian  zur  Zeit  des  Kriegs  gegen  Antonius  dem  Maecenas, 
als  seinem  Stellvertreter  in  Pom,  ein  Duplicat  seines  Siegels  an- 
vertraute, um  seine  nach  Umständen  abgeänderten  liefehle  und 
Zuschriften  wieder  versiegeln  zu  können  und  den  Schein  zu  er- 
regen als  ob  sie  in  dieser  Gestalt  von  Octavian  selbst  ausgegan- 
gen wären,  so  habe  diess  in  der  damaligen  Zeit  nothwcndig  ein 
Staatsgeheimniss  sein  müssen;  jedenfalls  so  notorisch  konnte  es 
nicht  sein  dass  hier  unter  Signa  ohne  AVeiteres  das  Siegel  Octavians 
verstanden  werden  könnte.  Vielmehr  zeigt  der  Schluss  der  Stelle 
des  Plinius  dass  das  Privatsiegel  des  jNIaecenas  zugleich  sein  Amts- 
siegel war  so  lange  er  eine  officielle  Stellung  bekleidete,  und  ,,der 
Frosch  war  also  hier  (wo  es  sich  um  die  Bittschrift  einer  Privat- 
person handelt)  ganz  an  seiner  Stelle"  (Frandson  S.  li).  Horaz 
seinerseits  soll  die  Ausfertigung  befürworten.  —  Ueber  imprimat 
curu  s.  Lachmann  zu  Lucret.  VI,  '231.  p.  363- 

V.  40.  Das  siebente  Jahr  beginnt  in  dem  Augenblicke  wo 
das  sechste  seine  Vollendung  erreicht,  und  macht  dem  acliten  l'latz 
in  dem  Augenblicke  wo  es  sich  selbst  vollendet.  .Temehr  es  sich 
also  der  Zeit  seiner  Vollendung  nähert,  in  deinsell)en  Verhältniss 
nähert  es  sich  auch  dem  acliten  Jahre.  Septim  us  0  ctavo  pmp  ior 
annus  ist  demnach:  sclion  überti'o,  fast  7  Jahre.  Nur  diese  Krklä- 
rungsweise,  wie  sie  ■/..  H.  durch  Haberfeldt,  Kircbner  ((^)ii.nor.  ]).  I»t), 
Franke,  Düntzer,  Wolter  vertreten  ist,  entspricht  dem  Spvacbge- 
brauche.  Unrichtig  Andere,  wie  .Masson,  ('.  Passow ,  Weichert, 
Frandsen  (Maecenas  S.  199 — 201):  fast  acht  Jahre.  Zu  Wobor  S. 
437  f.  habe  ich  Tac.  Agr.  33  verglichen  :  ortitrus  annus  est  r.r  gun  — 


Anmorkungon  zur  sechsten  Satire.  1  r)9 

vicislis ,  und  dazu  bemerkt:  dass  es  dort  est  heisst,  und  bei  Horaz 
fiitjrnl .  macht  keinen  wesentlichen  Lntorscbicd  5  denn  das  ^^s**  der 
Zeit  besteht  eben  in  ihrem  fugere.  Mit  poetischer  Färbung  des  Aus- 
drucks könnte  es  bei  Tacitus  heissen:  octavus  anmts  fuyil  ex  quo  etc. 
Tind  umgekelu't  bei  Horaz:  iuin  esl  (oder  fueril)  antnis  septimits,  octavo 
/iropior,  ex  quo  u.  s.  w.  es  Avird  nächstens  acht,  ist  demnach  jetzt 
nahezu  volle  sieben  Jahre  dass  Maecenas  u.  s.  w. 

V.  42.  ad  hoc  quem  vgl.  8,  25.  —  lollere  rheda  etc.  Vgl. 
Kirchner  zu  I,  6,  102.    S.  242. 

V.  43.  Mit  der  ganzen  Schilderung  vgl.  die  des  Enniiis  bei 
(iellius  N.  A.  XII,  4  =  Enn.  Ann.  244  it".  Vahlen :  Qui  res  audacler 
magnas  parvasque  iocumque  Eloquerelur  ^  cuncla  shuul  malaque  el  bona 
diclu  Evomerel ,  si  qui  vellel ,  Moque  locarel.  Dass  übrigens  Ploraz  hier 
absichtlich  die  Undichtigkeit  seiner  Stellung  übertreibt,  hauptsäch- 
lich wohl  um  vor  Neidern  und  Bittstellern  Kühe  zu  bekommen,  ist 
schon  von  Wüstemann,  Orelli  und  Weber  bemerkt. 

V.  44.  hoc  geuits ,  vgl.  Varro  unten  zu  V.  72.  —  ^lit  diesen 
CJesprächsgegenständen  vgl.  aus  der  byzantinischen  Zeit  tJlaudian. 
in  Eutrop.  II,  358  ft". :  ad  solilos  coepere  iocos  et  iurgia  drei  Tendere : 
nrquidquam  magna  conßigilur  ira,  Quis  tnelius  vihrata  puer  verligine  molli 
Mcmbra  rolel?  verrat  quis  marmora  crine  supino?  Quis  magis  enodes  la- 
terum  delorqueat  areus?  Quis  voci  digilos^  oculos  quis  motibus  aptel^  Orelli 
vergleicht  Arrian.  Epict.  III,  16,  4:  ri  TTOn'jjeig  av  n-fpt  uovoiicr/oiv 
kalr]  (der  hochstehende  Gönner),  «v  Tiegl  iTtTtcov,  cn>  mql  «9-A//tcji',  «r, 
xo  eri  TOVTMv  yeiooi'.  Ttegl  ca>9Qc67tcoi"^ 

Threx  (Ep.  I,  18,  36)  — par  vgl.  Suetou.  Domitian.  10:  pa- 
Irem  familias ,  quod  Threcem  Mirmilluni  purem,  muncrario  imparem  di- 
.rrra/,  drlr actum  e  speciacuUs  in  arenam  canibus  obiecil,  cum  hoc  tilulo: 
impie  locutus  parmularius.  Uebrigens  war  an  unserer  Stelle  aus  zwei 
Bland,  die  Schreibung  Thraex  (d.  h.  Qoul'S,.  0?^'=)  herzustellen, 
als  die  der  griechischen  Form  am  unmittelbarsten  entsprechende 
und  iliejenigeaus  der  sich  die  beiden  Varianten  7'Ä/r.r  \x\\(\Thrax  er- 
klären. Die  Form  Thraecia  hat  aus  Fast.  Cap.  tr.  ad  a.  726  {ex  Thrae- 
cia  et  Geteis)  und  alten  Handschriften  bei  Cic.  de  off.  II,  7,  25.  prov. 
cons.  2,  4.  Tac.  Ann.  II,  64  f.  IV,  46.  48.  XII,  63.  (sowie  Thraessa 
bei  Hör.  Od.  III,  9,  9)  nachgewiesen  A.  Fleckeisen,  Philologus  IV. 
S.  311  f.  Anm.  Der  angebliche  Unterschied  zwischen  Threx  und 
Thrax  fallt  damit  von  selbst  zusammen.  Findet  sich  doch  eben  die 
Schreibung  Thraex  als  Gladiatorenart  auf  der  Inschrift  bei  Mura- 
tori  1751  ,  4  und  Traeci  auf  der  Grabschrift  des  Gbidiators  Gallisius 
zu  Thermä  in  Sicilien  bei  Orelli  2576.  sowie  Doctor  Thraec.  eben- 
das.  Xr.  2579. 

V.  40.  Et  quae.  Die  Verallgemeinerung  beruht  auf  dem  Inhalt 
des  Verses,  nicht  etwa  dem  Relativ  selbst.  Vgl.  7,  36.  —  bene, 
vgl.  /m/o  bei  Ennius  a.  a.  O.  (oben  zu  V.  43)  und  rede  bei  flaesar  b. 
c.  I,  74:  imperatoris  ßdem  quaerunt ,  redene  se  Uli  sinl  commissuri  (ob 


160  Zweites  Rurli  der  Salireii. 

OS  für  sie  ratlisam  sei  u.  s,  w.).  Livius  VII,  39,  10:  quem  esse  ctii  ex 
iniuria  insanienlis  exercitiis  caussa  rede  cummülalur.' 

V.  48  f.  noster,  dem  gewöhnlielien  Gebrauche  des  possessi- 
ven Fürworts  gemäss,  unser  Freund,  unser  Mann,  was  thatsäclilicli 
s.  V.  a.  Ich,  nur  in  sich  selbst  entäussernder  und  objectivierender 
Weise  gesagt  ist.  Von  den  bei  Bentley  angefülu-ten  Stellen  ist  frei- 
lich (vgl.  Düntzer  II.  S.  412  Anm.)  die  eine  (Plaut.  Epid.  I,  2,  44: 
iiovi  ego  nostros  ,,ich  kenne  meine  Pappenheimer")  nicht  beweisend, 
noch  weniger  die  von  Orelli  beigebrachte:  Plaut.  Amph.  I,  1,  10'2, 
wo  Sosia,  nachdem  Mercur  behauptet  hat  er  seiSosia,  ver.-;etzt: 
me  alienahis  nunquam  quin  nosler  sietn,  tiec  nobis praeter  tne  quisqitamsl 
alhts  servos  Sosia.  Hier  legt  Sosia  den  Begriff  seiner  selbst  gleich- 
sam auseinander  in  die  beiden  Theile:  ein  Sklave  unseres  Hauses, 
und  zwar  derjenige  welcher  Sosia  heisst.  "Wohl  aber  trifft  Plaut, 
lind.  IV,  7,  19  zu,  wo  Daemones  sagt:  minime  isluc  faciel  nosler  Dae- 
mones.  Denn  dass  hier  noch  überdiess  der  Name  beigesetzt  ist 
macht  keinen  wesentlichen  Unterschied.  Ueberhaupt  aber  liegt 
dieser  Gebrauch  so  sehr  in  der  Natur  dieses  Pronomens  dass  er 
auch  ohne  Parallelstellen  glaubhaft  wäre,  zumal  da  die  Selten- 
heit in  der  Literatur  nichts  gegen  das  Vorkommen  in  der  volksmäs- 
sigen  Sprache  beweisen  kann.  Dass  Kirchner  mit  Recht  die  Bent- 
ley'sche  Interpunction  (nach  noster)  befolgt  hat  wird  nach  Hein- 
dorfs  und  AVeber's  Auseinandersetzungen  kaum  noch  einer  Bemer- 
kung bedürfen.  Auch  dass  die  Ilauptcäsur  nacli  nosler  fällt  spricht 
für  Bentleys  AbtheilungSAveise. 

Speclaver at —  Inserat  haben  die  Handschriften  mit  weni- 
gen Ausnahmen,  und  es  ist  nicht  abzusehen  wie  das  I'lqpf.  an  die 
Stelle  von  speclarrril  —  hiseril  hätte  gelangen  sollen ,  wenn  letzte- 
res das  ursprüngliche  war;  wohl  aber  begreift  man  wie  bei  der  Nähe 
von  V.  39  (lixeris  in  einige  Handschriften  sich  der  Conjunctiv  ein- 
schleichen konnte.  Bei  der  handschriftlichen  Lesart  sind  die  bei- 
den Glieder,  statt  sie  zu  einander  in  Beziehung  zu  setzen  (als  Vor- 
der- und  Nachsatz),  in  lebliafter  Weise  einander  ohne  Verbindung 
coordiniert :  er  war  im  Tlieater  neben  ^laecenas  gesessen:  das 
Glückskind  !  heisst  es  allgemein.  Ebenso  in  der  von  Orelli  citier- 
ten  Stelle  Sat.  II,  7,  68  und  sogleich  wieder  unten  V.  50,  wozu  s. 
die  Anmerkung.  Das  Plusquamperfectum  aber  steht  ganz  richtig, 
da  in  dem  Minnente  wo  der  (sell>st  der  Vergangenheit  angehörige, 
wiewohl  potentiell  fortdauernde,  weil  vork(nnnu'nd(Mi  Falls  sich 
wiedcrlinlcude)  Ant<rni'  Fitrlanae  /iliiis  erfidgt,  die  Handlung  durch 
die  er  veranlasst  ist  Ijorcits  ganz  oder  tlieihvoise  der  Vergangen- 
heit angehört;  s.  Ilaases  .Vnnu'rkung  4,')(i  zu  Ixcisig's  lat.  Sj)rach\v. 
S.  Ü04  ff.  Vgl.  l'utsche  in  Jahn's  .lalirblt.  I>X.\I  CS.  193.  Ludere 
stellt  übrig(>ns  hier  wie  1,  j,  4H.  —  Campn^  s.  Kirchner  zu  I,  |,  91  und 
1'^'-  I,  7,  ;i9.  M,  4.  Ueb(>r  die  Brachylogie  umnes  .s.  Kirchner  zw 
I,  2,  4ü.    Nägelsbacb  lat.  Stilistik  (I8.V2)  S,  511. 


Anmeikungeu  zur  seclisicn  Satire.  161 

V.  50.  Die  Rostra,  über  welche  Weber  sorgsame  Zusam- 
menstellungen gibt ,  sind  hier  schwerlich  so  zu  denken  dass  das 
fragliche  eisige  (schreckhafte)  (rerücht  durch  liedner  von  doi-t 
aus  verbreitet  worden  Aväre ;  denn  es  ist  nicht  wahrscheinlich  dass 
man  in  der  damaligen  Zeit  die  Benützung  der  Kednerbühne  zur 
Ausbreitung  beunruhigender  Nachrichten  gestattet  hätte.  Daher 
sind  sie  hier  wohl  nur  als  Raumbestimmung  gesetzt:  das  Gerücht 
verbreitet  sich  vom  Centrum  nach  der  Peripherie.  —  matiat  wie 
Liv.  II,  49  in,:  mcnuil  lola  urbc  rumor.  —  coinpitti  3,  2j  f.  —  Uebri- 
gens  haben  wir  V.  48 — .'il  die  Spracherscheiuung  der  sogen,  prota- 
sis  paratacticn  im  engern  Sinne  (denn  im  weiteren  könnte  auch  Sat. 
II,  7,  109  ff.  so  genannt  werden),  von  welclier  zahlreiche  Beispiele*) 
aus  griechischen  und  lateinischen  Schriftstellern  (z.  B.  aus  Aristo- 
phanes:  Nub.  1076  f.  Av.  76.  Thesm.  153.  Eccl.  179;  aus  Horaz:  Sat. 
I,  3,  56.  Ep.  I,  1,  33  ff.  87.  II,  3,  25)  gesammelt  hat  K.  Fr.  Her- 
mann vor  dem  Göttinger  Sommerkatalogen  von  1850  (l8  pp.  in  4.), 
wozu  vgl.  C.  Scheibe's  Auctarium  dazu  ,  im  Philologus  V.  S.  359  ff. 
Die  Erklärung  dieser  Erscheinung  s.  unten  zu  7,  109- 

V.  .")1.  ««»»,  dieThatsache  des  Anredens  selbst,  und  dass  der 
Fragende  gerade  an  ihn  sich  wendet,  begründend, 

V.  52.  In  Leos  liegt  weder  eine  Ironie  noch  eine  Schmeiche- 
lei ,  vielmehr  ist  es  volksmässige  Bezeichnung  der  „massgebenden 
Kreise",  der  Mächtigen,  die  gleichsam  das  Schicksal  in  Händen  ha- 
ben. Indem  das  Volk  den  Begriff  eines  Höherstehenden  ausdrücken 
will  geräth  es  ganz  von  selbst  in  die  Sphäre  der  Götter  hinein,  da 
innerhalb  des  Polytheismus  Gott  und  Mensch  nur  r^uantitativ  von 
einander  verschieden  sind.  Vgl.  Ep.  I,  19,  43  und  Sueton.  Oct.  70, 
in  welcher  Stelle  übrigens  die  Angabe  dass  Octavian  und  seine 
Tischgesellschaft  sich  einmal  als  Götter  verkleidet  haben  von  dem 
vorsichtigen  Erben  Caesar's  schwer  zu  glauben  ist;  vielmehr  scheint 
dieselbe  ein  Versuch  die  überlieferte  Volksäusserung  {frumenlum 
omne  deos  comedisse)  zu  motivieren  und  auszudeuten.  • — •  In  ähnli- 
cher Weise  im  Griechischen  ixäy.aQeg  von  den  Herrschern,  z.  B. 
Aristoph.  Ran.  85  Agathon  sei  eg  ^a/.aQiov  ivcoyiav  (d.  h.  zu  Ar- 
chelaos) gegangen. 

lieber  die  hier  und  in  den  folgenden  Versen  vorkommenden 
geschichtlichen  Andeutungen  s.  die  Einleitung,  oben  S.  147  ff. 

V.  5r{.  ut  im  (verwunderten)  Aiisruf  wie  8,  62.  Ep.  I,  19,  19. 
Epod.  2,  19  und  oft  bei  Plautus,  z.  B.  ^[en.  571  R.:  ut  hoc  uiimur 
maxuine  mnre  moro!  !Mil.  gl.  400:  ul  ad  id  cxemplum  somniwn  consimile 
somniavil!  Capt.  I,  2,  62:  ul  sarpe  summa  ingenia  in  occullo  latent!  Ter. 


*)  Yernii.sst  liabe  icli  p.  1'2  das  Losonders  lebendige  und  bezeichnende 
ans  Tiltull  (I,  0.  5:V) :  atlujerit,  Inlicntnr  opes ,  wozu  v^\.  Dissen.  Weitere 
horazisclie  (dazu  aber  auch  Hat.  II.  'i ,  '.»4  f.  3,  Ii4  tmd  202  f.)  s.  bei 
Heindorf  zu  Sat.  1,1,   45. 

HüRATII    SAT.   II,    2.  1  I 


162  Zweites  Bucli  der  Satiren. 

Phorm.  V,  7,  o'i:  td  hidos  facil!  Cic.  fid  Att.  II,  -Jl ,  3:   ul  iUe  lum  Iiii- 
inilis ^  ut  demissus  erat! 

V.54.  derisor  Ep.  I,  18,  11.  II,  3,  433.  —  exagitcul  scherz- 
haft gefärbte  Verwünschung  (mögen  hinter  mir  her  sein),  statt  des 
gewöhnlichen  pcrduinl  oder  perdaiif,  Avie  in  dem  von  AVüstomann 
nachgewiesenen  Schreiben  des  Tiberius  an  den  Senat  (Tac.  Ann. 
VI ,  6) :  quid  scribam  vohis  —  (//  mc  deacquc  peius  perdunl  quam  perirc 
me  quotidie  senliu,  si  scio. 

V.  55.  Dass  hier  ein  zweiter  Interlocutor  eintritt  zeigt  die 
Verschiedenheit  des  Eindruckes  welchen  die  Betheurung  seines 
Nichtwissens  auf  diesen  macht;  vgl.  V.  53  f.  mit  57  f. 

V.  57.  miiuiniur  der  Handschriften  besagt:  dieser  und  Alle 
die  es  hören  oder  davon  hören  bewundern  mich.  Diese  Erweite- 
rung ist  um  so  weniger  anstössig  da  seit  otimes  (49)  und  quicunquc 
(öl)  kein  anderes  Subject  namhaft  gemacht  war.  miralur  ist  ein 
nüchterner  Aenderungsversuch  von  Grammatikern,  unum  weil  das 
Folgende  einen  Superlativbegriff  enthält. 

V.  59.  Seinen  Abänderungsvm-schlag  hat  Laclnaaun  darauf  ge- 
stützt dass  pcrdilur  ein  ci:ra'^  leyo^iivov  sei  und  hat  für  ponjiltir  ange- 
führt Ovid.  Met.  IV,  199,  von  Helios:  spcclamliquc  {Lcucolheam)  mura 
brumales  porn'gis  (streckst^  dehnst,  verlängerst)  horas.  In  unserem 
Falle  subjectiv:  der  Tag  dehnt  sich  mir,  wird  mir  langweilig,  ich 
kann  es  nicht  erwarten  bis  er  zu  Ende  ist.  Vgl.  Virg.  Ed.  VII,  43: 
.<;/  mihi  7wn  hacc  lux  toto  iam  lunyior  anno  csl.  Indessen  ein  Gefühl  von 
LangeAveile,  sollte  mau  meinen,  könne  bei  dieser  von  allen  Seiten 
her  in  Anspruch  genommonen  Thätigkeit  nicht  autkommen,  und 
dass  die  Form  für  uns  sonst  nicht  existiert  kann  auch  blosser  Zufall 
sein,  welcher  eine  Abänderung  der  durch  alle  Handschriften  gebi>- 
tenen  Lesart  nicht  rechtfertigen  kann.  (Franz  Pauly /)rt><///Hr;  vgl. 
Paul.  Diac.  p.  228  M. :  prodil  ...  ilcm  pcrdil^  ul  Ennius:  noenum  — 
mit  Vahleu  —  sperando  cupidc  rem  prodcrc  summam.) 

V.  61.  Veter  CS  ist  einsehr  relativer  BegrilY.  Es  bezeichnet 
mehr  den  Gegensatz  zum  "Wesen  und  Cliaraktcr  der  Gegenwart  als 
ein  festbegrenztes  Zcitverhältniss  ;  gegenüber  von  dem  Modischen 
i.st  es  das  Feststehende,  Classische,  3histergültige,  Absolute  und 
Ideale.  So  gebraucht  Tacitus  das  Wort  von  der  Zeit  vor  Begrün- 
dung des  Kaiserthums  (vgl.  z.  B.  Ann.  II,  83:  sads  inluslre  si  velcns 
inlcr  scriplores  habcrelur  und  Jul.  Capitol.  Gord.  tr.  7:  cum  Tullio,  cum 
J'irgilio  cclerisquc  vc(cribus) ,  vor  der  Schlacht  b«M  Actium;  so  nennt 
Cicero  de  fin.  V,  8,  23  die  Akademiker  und  Peripatetiker  (im  (Jc- 
gensatz  zu  den  jüngeren  in  seiner  Zeit  noch  fortlebcMiden  Scluibn 
veleres  und  ib.  21  antiqui:  so  verstellt  Horaz  darunter  hier  die  Schritt 
steiler  vor  der  —  gleichfalls  in  seiner  Zeit  nocii  fortwirkenden  — 
alexandrinischcn  Periode,  die  der  guten  alten  Zeit,  wie  er  sie  3, 
II   ff.  .si>ecificiert,  und  7,   lol   ebenso  die  Meister   <ler   cinssischcn 


Anmeikungen  zur  seclislon  Sytiro.  163 

Kunstperiode,   von  Periklos  bis  Alexander.    Vgl.  auch  1,  3,  91.  II, 
3,    Tl.   4,    80. 

So  in  HO.  AVeit  mehr  als  die  Griechen,  •welche  zwar  früli  auf- 
standen (vgl.  Beckers  Charikles  von  Hermann  IJ.  S.  30),  aber 
auch  häutiir  genug  der  .Alittagsrnhe  pHegten  (Pherecr.  fr.  78  M. :  fjit- 
TTiTTkcqisio^  '/.c<\}evöe  t»/^'  usG)ji.iß()L'a^ ;  aucli  vgl.  Aristoph.  Yesp.  774. 
Aeschjl.  Ag.  565  f  und  K.  F.  Hermann,  Griech.  Privatalterth. 
§.  17,  19),  waren  die  thätigen  Köm  er  schon  sehr  früli  auf  den  Bei- 
nen. Nicht  nur  dass  bei  Livius  ganz  regelmässig  amtliche  Thätig- 
keiten  htce  piima  beginnen,  namentlich  das  arma  vapcre  (wie  VI,  12), 
aber  auch  Verhandlungen  auf  dem  Forum  (wie  III,  47  in.),  sondern 
selbst  utile  hirtm  wird  erforderlichen  Falles  der  Anfang  gemacht 
(z.  B.  Liv.  III,  27:  diclalor  cum  ante  Uicem  in  forum  vcnisset) ,  und 
ebenso  frühe  arbeiteten  viele  fleissige  Privatleute ;  vgl.  Hör.  Ep.  I, 
2,  35.  II,  1,  112  f.  Plin.  Epp.  IX,  4().  Und  wie  viele  Briefe  Ci- 
cero's  sind  nicht  vor  Tagesanbruch  geschrieben  (z.  B.  ad  Qu.  fr. 
fr.  III,  2,  l)!  ^lindestens  mit  der  Sonne  begann  man  das  Tagewerk 
(Hör.  Ep.  II,  1,  103  f.  Ovid.  Amor.  I,  13,  13—24.  Prokop.  bist.  arc. 
15.  p.  92  Or.),  und  es  galt  für  weichlich  in  htcem  dormire  (Hör.  Ep, 
I,  2,  30.  18,  34.  vgl.  17,  6.  Sen.  Ep.  122,  1 :  liberale  adhuc  spalium  esl 
si  quis  cum  ipso  —  die  surgaf,  officiosior  mcliorque  si  qtiis  ilhim  exspeclal 
rl  lucem  primam  excipil ,  turpis  qui  al(o  sole  scmisomnus  iaccl ,  cuius  vi- 
(jilia  medio  die  incipil).  Der  beste  Beleg  ist  die  Sitte  der  Moi'genauf- 
wartungen  (iS'«/»/rt//o7?C5),  officium  anlclucanum  genannt;  soAvie  die 
häufig  damit  verbundenen  Befragungen  in  Rechtsangelegenheiten 
(Sat.  I,  1  ,  10.  Ep.  II,  I  ,  103.  Cic.  pro  Mur.  9,  22).  Die  Sitte  der 
Mittagssiesten  scheint  erst  gegen  das  Ende  der  Republik  aufgekom- 
men zu  sein*);  die  Anekdote  aus  dieser  Zeit  bei  Hör.  Ep.  1 ,  7 ,  47 
schliesst  sie  noch  aus,  und  auch  Varro  (R.  R.  I,  2,  5)  entschuldigt 
sie  bei  sich  noch  hall),  als  ein  individuelles  Bedürfniss  (in  Folge 
seiner  überwiegend  nervösen  Thätigkeit)  ,  und  beschränkt  sie  auf 
die  heisse  Jahreszeit :  acslivum  diem  si  non  dif/inderem  insililio  sotnno 
meridie ,  viverc  non  possem.  Sehr  bezeichnend  ist  ferner  Ciceros  Ge- 
ständniss,  de  divin.  II,  68,  142:  iiunc  fluidem,  propler  inlcrmissionem 
forensis  operae,  et  luctibraliunes  delraxi  et  mcridiationcs  uddidi,  quihus  uti 
anlea  non  solebam.  Dagegen  setzt  Catull  32,  3  {itibc  ad  te  veniam  me- 
ridialum)  u.  10  (nam  pransus  iaceo)  ,  80,  3  f.  {cum  te  oclavo  quiele  E 
inolli  tonfjo  suscital  hont  die),  vgl.  61,  114,  sowie  Plut.  Luculi.  16  sie 
für  den  Sommer  (vgl.  longo  die  1.  1.)  schon  als  ziemlich  allgemeine 
Sitte  voraus,  und  die  angeführten  Stellen  Catulls  zeigen  zugleich 
■wie  diese  Siesta  sonst  noch  benützt  wurde  (vgl.  Aristoph.  Vesp.  500. 


*)  Wenn  Silius  (XIII,  (>.37  f.)  des  älteren  Africanus  Mutter,  l'ompo- 
nia ,  sacen  liisst :  sola  die  caperein  medio  qiiitm  forte  peldos  Ad  requiem 
somiios,  so  beweist  tliess  nm  so  woniger  etwas  für  das  niHnnliche  Geschleclit 
da  es  Uebertragnng  späterer  Sitte  sein  kann. 

11* 


164  Zweites  Buch  der  Satiren. 

Pac.  •iOO).  Als  nun  aber  mit  der  nionarchibclien  Kegicrungsforni 
Kühe  die  erste  Bürgerpflicht  zu  Averden  begann,  nuisste  dicss  auch 
auf  diesen  Theil  des  Privatlebens  von  eingreifendem  Einfluss  sein. 
Besonders  die  Uebergangspcriode,  die  augusteische  Zeit,  in  welcher 
der  Bürger  durch  öft'entlichc  Geschäfte  nicht  mehr  in  Anspruch  ge- 
nommen war  und  sich  selbst  zum  Mittelpunkt  einer  angestrengten 
Thätigkeit  zu  machen  noch  nicht  gelernt  hatte,  zeigt  in  dieser  Hin- 
sicht bemerkenswerthe  Eigenthümlielikeiten.  In  die  Wette  mit  den 
alexandrinischen  Idyllikern  (Theokrit.  VIU,  77.  IX,  33.  Mosch,  j, 
11  f.)  preisen  die  Dichter  dieser  Zeit  als  IIauptl)estand theil  der  ivers 
vila  (Til)ull.  I,  1,  5)  die  diilces  sonmi  in  gramine,  im  Schatten  eines 
Baumes  ,  an  einem  murmelnden  Baclie  ,  einer  kühlen  Quelle :  Vir- 
gil.  Ecl.  V,  46.  Ge.  II,  470.  Horaz  Od.  I,  1,  -21  f.  Epod.  2,  23  ff.  Epi. 
I,  14,  35.  (vgl.  Tibull.  I,  -2,  7«.  Ovid.  Met.  XI,  602  ft'.  Fast,  m,  17  f.). 
Wie  Horaz  hier  den  reichlichsten  Beitrag  liefert,  so  ist  er  über- 
haupt derjenige  bei  welchem  das  Schlafen  die  grösste  Rolle  spielt.  Zu 
einem  gemächlichen  Leben  rechnet  er  namentlich  aucli  primain  som- 
fiiis  in  Jwram  (Ep.  I,  17,  6);  ungestörte  Nachtruhe  fordert  er  für 
den  Dichter  als  clicns  Bacrhi  somno  gawlcnlis  el  iimbra  (Ep.  II,  2,  78 
f.);  schon  an  geAvöhnlichon  Tagen  beeilt  er  sich  nicht  eben  mit  dem 
Aufstehen  (Sat.  I,  6,  119  fi.) ,  noch  weniger  aber  an  Festtagen  (Ep. 
1,5,  10);  in  der  Stadt  ist  er  vini  somniquc  benignus  (Sat.  II,  3,  3. 
vgl.  7,  114),  sehnt  sich  aber  doch  nach  dem  Lande,  weil  man  dort 
ruhiger  schlafen  könne  (II,  6,  61.  Ep.  II,  2,  79).  Es  scheint  hier- 
nach dass  unserm  Dichter  der  Schlaf  ein  besonders  unerlässlidies 
constitutionelles  Bedürfniss  gewesen  sei;  auch  dürfen  wir  darin 
wohl  einen  Ausfluss  der  ihm  eigenen  Behaglichkeit  erblicken,  wie 
andererseits  nicht  vergessen  dass  Horaz  vermöge  der  Dichtarten 
in  denen  er  arbeitete  mehr  Anlass  als  Andere  hatte  von  seinen  Le- 
bensgewohnheiten zu  reden.  In  der  eigentlichen  Kaiserzeit  linden 
wir  als  feststehenden  Gebraucli  den  sumnus  meridianus  (Plin.  Ej). 
IX,  40),  tjfiSfjLvog  vTtvog  (I'rokop.  bist.  arc.  15),  y.oif.itj6ig  f.ie&tj^isQii>t'} 
(Flut.  Symp.  VIII,  7,4),  das  meriiliari  (Suet.  Calig.  38.  Ner.  6), 
und  Celsns  I,  2  gibt  den  Kath,  longis  dicbus  (vgl.  oben  CatuU  HO, 
4)  meridiari  poliiis  ante  cibtim ,  sin  minus  posl  eum.  So  pflegt  auch 
Seneca  nach  dem  jrrandium  kurz  zu  sclilafen  (f^p.  K^,  6).  Vgl.  auch 
Capitoliu.  Ma.viinin.  duo  23:  mediu  die,  cum  a  proelio  quieseerelur,  el 
Ma.viminum  el  filium  f/uieseenles  in  lenloria  pasilns  oeeideruni ,  sowie 
Lamprid.  Alex.  Sev.  31.  35.  Aus  noch  späterer  Zeit  erzählt 
Prokop.  bell.  Vand.  I,  2  »lass  iui  J.  109  n.  Chr.  Alarich  die  Sie- 
.stastnnde  zu  seinem  Angrifl'  auf  Rom  abwartete:  a^tcpl  y^iiQav  ^li- 
Gtjv  ct7tavx(ov  r}di]  vnvoi'  cog  ro  eixog  ^isrct  ra  atria  aioorj-iEvcoi'.  Auch 
das  Früliaufsteheu  nuisste  durch  den  Mangel  driugeuder  (Jeschäfto 
in  der  Kaiserzeit  INIinderuiig  erleiden,  wiewohl  für  die  faulen 
Griechen  zu  Korn  innner  uoi-h  viel  zu  früh  aufgestanden  wurde 
(Lukian.  nicrc.  lund.  25.   30) ,   und  besonders   verhasst   war  den   im 


Anmorklinffen  zur  soclisloii  Salirc.  165 

])ienste  von  liömcrn  stchonden  ilio  Hausglocke  welche  Morgens 
(las  Gesinde  zu  wecken  pflegte  (Lukian.  ib.  24.  3l).  Mit  Sonnen- 
aufgang erhol»  man  sich  vom  Lager  (Persius  III,  I  ff.),  und  Män- 
ner von  ernsterem  Streben  suchten  auch  jetzt  —  von  der  Ueber- 
zeugung  ausgehend ,  abscfdere  vilae  giiod  sopor  en'pkif  tcmpus  (Sil. 
It.  XII,  560  f.)  und  wg  vv/.xbg  avarravea&ca  dei.  )]uc'Qag  de  ngdr- 
reiv  cnaarävTag  (Plut.  Symp.  VIII,  7,4)  —  durch  Benützung  ei- 
nes Theiles  der  Xacht  die  Zeit  zum  Arbeiten  zu  verlängern;  s. 
Plinius  II.  N.  praef.  1«:  subsirin's  irmporibus  isla  (literarische  Arbei- 
ten") curamus.  i.  c.  tiocturn/s.  Dies  vobis  impcmiimtis.  cum  somnq  laJeliidi- 
jiem  compiilatniiS ,  tri  hoc  solo  pracmio  coutcnti  quod  dum  isla  —  musinamur 
phtrihus  horis  vivimus.  Quintil.  I.  0.  X,  3,  26  f.:  in  omni  stiidiorum  ge- 
ticre  —  bona  vaMudo —  necessaria  est,  cum  tempora  ab  ipsa  rerum  na- 
tura ad  quictcin  refeclionemque  nobis  data  in  acrn-imum  laborcm  conver- 
timus  .  .  ■  Jbunde,  si  vacet ,  lucis  spalia  suf/iciunl]  occupatos  in  noctcm 
ficccssilos  a§it.  Est  tarnen  lucubratio  —  Optimum  secreti  genus.  A'gl. 
Lamprid.  Alex.  Sev.  27:  si  fiecessitas  cogerct  ante  lucem  actibus  operam 
dahat.  Capital.  Gord.  tr.  6  extr.,  wo  dass  Gordian  somni plurimi  war 
damit  entschuldigt  wird  es  sei  aus  natürlichem  Bedürfniss , />^r  na- 
luram,  non  per  ebrietatem  atque  luxuriam,  geschehen.  Ueber  die  wi- 
dernatürliche Verkehrung  der  Ordnung  von  Tag  und  Xacht  durch 
viele  seiner  Zeitgenossen  klagt  Seneca,  Ep.  J22. 

V.  62.  Zu  unserer  Stelle  vgl.  Lucret.  IIT,  1066:  out  ahit  in  som- 
num  gravis  atque  oblivia  quaeril.  Auch  hat  man  längst  verglichen  die 
Nachahmung  des  Valer.  Flacc.  Arg.  IV,  5.35  f.:  hu7ic  tibi  reclinem 
stralis  et  pace  fruentem  Adspiril  ac  longae  dueentem  oblivia  poenae  u.  s.  f. 
Diese  Stelle,  sowie  Virgil.  Aen.  VI,  714  f.:  Lethaci  ad  fuminis  un- 
dam  —  longa  oblivia  potant,  zeigt  zugleich  die  Richtigkeit  von 
Heindorfs  Erklärung  des  dncere  (schlürfen).  Denn  dass  Horaz  im 
vorhergehenden  Verse  die  Mittel  beigefügt  hat  durch  welche  die- 
ses Schlürfen  erfolge  macht  keinen  Unterschied. 

V.  6.3.  "Weder  Düntzer's  erste  Annahme  einer  Brachylogie  statt 
fidia  cognata  fabae  Pytbagorae ^  noch  seine  spätere  (V.  S.  271 )  einer 
Umstellung  von  que:  falta  Pythagorae  ac  simul  cognata  oluscula,  kann 
ich  im  Geringsten  plausibel  finden,  halte  vielmehr  die  (auch  durch 
des  Seren.  Samm.  Nachahmung  beglaubigte,  c  40:  Pythagorae  cog- 
nata levi  condita  cumino  proderit)  Anspielung  auf  die  volksmässige  iind 
ursprünglich  wohl  scherzhaft  gemeinte  Combination  der  pythago- 
reischen Enthaltsamkeit  vom  Bohnenessen  mit  der  pythagoreischen 
Lehre  von  der  Seelenwanderung  für  die  einzig  richtige  Erklärung, 
^lir  scheint  als  erhielte  die  Darstellung  dadurch  eine  komisch  ärger- 
liche, humoristisch  verzweifelnde  Färbung:  ich  wollte  ich  hätte  auf 
meinem  Tisch  (statt  der  städtischen  Leckereien  an  der  Tafel  des 
Maecenas)  die  Base  des  Pythagoras !  —  Da  Bohnen  und  Kohl  einen 
wunderlichen  Küchenzettel  abgeben  würden,  so  ist  simulque  wohl 
auf  die  Identität  des  Tisches,  nicht  aber  die  der  Zeit,  zu  bezieben. 


166  Zweites  Buch  der  Satiren. 

V.  04.  AVas  mit  Meineke's  fabis  (statt  salis)  oder  gar  Bentley's 
focis  gebessert  seiu  soll  ist  nicht  abzuseilen.  Dass  salis  mit  unrla  zu 
verbinden  sei  bat  sclion  Ilaberfeblt  erkannt.  Nicht  eine  ma'^ere 
armliche  Kost  ist  es  nach  welcher  sich  Horaz  sehnt,  sondern  eine, 
ausreichende,  aber  einfache.  —  punentur  wie  -2,  23.  8  91.  v"-l.  8  69. 
Macrob.  Sat.  VII,  VI:  sacpe  apposila  saUla  carne,  quam  laritlum  voca- 
miis^  quaerere  mecum  inslilui,  qua  ralmic  carncm  admUlio  salis  servcl. 
Bentley  vergleicht  Martial.  V,  80  (78),  6  ff.  .•  -ponelur  —  pallcns  faba 
cum  rubenle  lardo.  Auch  s.  luv.  XI,  84:  nalalicium  cognalis  ponere 
lardum.  —  Oluscula  vgl.  Cic.  ad  Att.  VI,  1,  13:  in  filicalis  lanci- 
bus  cl  splendidissimis  canislris  olusculis  110s  soles  pascere.  luv.  XI,  78  f. : 
Cun'us  parvo  quae  legeral  hor.'o  Ipse  focis  hrevihus  pouehal  oluscula. 

V.  65.  Gö  tter- Xä  chtc  und  -3Iahle  zur  Bezeichnuu"- der 
seligen  Sorglosigkeit  derselben.  Dass  er  ,,auf  dem  Lande  jeden 
Tag  bis  tief  in  die  Xacht  hinein  schmause"  liegt  in  den  ÄVorteu 
des  Horaz  durchaus  nicht,  so  natürlich  es  ist  dass  er  sich  einen  s<> 
vergnügten  Abend  möglichst  oft  zu  bereiten  sucht,  wie  Cato  in  der 
von  vielen  Auslegern  angeführten  Stelle,  Cic.  de  sen.  14,  46:  in 
Sabinis  conviviuin  vicinorum  quotidic  compleo,  qiiod  ad  mullam  noclem 
quam  maxinie  possumus  vario  scrmonc  producimus.  —  Da!?s  mei  auf 
die  Sklaven  sich  l)eziehe  ist  nicht  zu  glauben,  trotzdem  dass  es 
Od.  III,  17,  16  heisst:  cras  genium  mcro  Curabis  et  porco  himesiri  Cum 
famidis  opcrum  solutis  (doch  ist  aus  der  Theilnahme  des  Gesindes  an 
einer  festlichen  Feier  niclit  auf  regelmässiges  Mitessen  am  Tische 
zu  schliessen),  und  trotz  Seneca's  Urteil,  p]p.  47,  2:  ridco  islos  qui 
lurpe  exislimanl  cum  servo  suo  coenare  *),  obwohl  es  glaublich  ist 
dass  auch  Horaz  —  zumal  auf  dem  Lande  —  seine  Sklaven  in  der 
älteren  patriarchalischen  Weise  (vgl.  Sen.  ib.  'Jf.  4:  Uli  quibus  non 
Urnlum  coram  domino  srd  cum  ipsis  erat  sermo  — parati  erant  pro  domi- 
no  porrigere  ccrricem  .  .  .  in  conciviis  loqurbanlur,  sed  in  tormentis  tacr 
bunt)  hielt,  obwohl  ferner  mei  an  sich  ganz  wohl  ,, meine  Leute" 
(d.  h.  Sklaven)  bedeuten  kann  xnul  es  auch  oft  genug  bedeutet 
(Plin.  Ep.  II,  17,  24:  Saturnalibus  —  cum  reliqua  pars  tecli  liccnlia 
dierum  feslisquc  clamoribus  personal:  nam  nee  ipse  m  cor  um  lusibus 
nee  Uli  studiis  meis  nljslrcpunl) ,  endlich  obgleich  die  anhangsweise 
Erwähnung  derselben  (qtie)  und  dass  ihnen  kein  Einfluss  auf  den 
Numerus  des  Zeitwortes  vergönnt  ist  (wie  in  der  von  Wü^temanu 
aus  Haase  zu  lleisig,  Amn.  34j,  angeführten  Interdictsformel  bei 
Cic.  p.  Tüll.  44:  unde  lu  aut  familia  <iut  prncurntor  tuus  illum  —  vi 
deiecisti,  du  in  eigener  Person  oder  dm-ch  einen  Sklaven  oder  Stell 
Vertreter)  für  Sklaven  ganz  beson<lers  passen  würde.  Aber  da  das 
Folgende    zeigt    dass    au    diesen    Mahlen    Nachbarn    und    Freun(b' 

*)  Diess  war  übrigens  so  sdir  die  allgciiKMiic  An.siilit  dass  <lio  Zu 
ziehnnp  zum  Tische  rles  Herrn  als  (uiilT.rmliche)  Art  der  Freilassunp  bo 
trachtet  wurde,  die  iiiaiiumissio  per  niensam.  Verl.  Thcopliil.  paraphr.  Inst. 
I,  ."),    1.     r.|.it.  Inst.  Gaii  r,   1.   I. 


Aiimerkuiii^rn  zur  scclistoii  Salirc.  167 

'J'Iiiil  uclimcn,  .so  wäre  os  denn  ilocli  eine  höchst  bcfrcimlliclie 
Darstolhiiij^swoise  Avonn  in  der  Aufzühlung  der  Theilnohmer  die 
Skhivon  doppolt  aufgofiihrt  wären  {»ici  und  vcrnns) ,  jener  Freien 
aller  gar  keine  directe  Erwälnning  gescliälie.  Mei  steht  also  wie 
siKirinn  ,  V.  41 :   ich  mit  meinen  Freunden. 

V.  07.  pasco,  wie  bei  Cic.  ad  Att.  VI,  I,  i;^  (zu  V.  64,  S.  166), 
den  Begrirt'  einer  halbthierischen  Abfütterung  enthaltend,  zugleich 
aller  den  Nebenzug  der  Keiclilichkeit,  indem  die  Sklaven  davon  rund 
und  fett  werden.  —   Libads  dapibtis  von  pasco  zu  trennen,    als 
atil.  abs.  (nachdem  u.  s.  w.),  scheint  sprachlich  gewaltsam  (obAvohl 
liliare  (Uipes  auch  bei  Liv.  XXXIX,  43  vorkommt  und  der  dort  bei- 
gesetzte Dativ  düs  sehr  leicht  zu  entbehren  wäre,   wie  in  den  von 
Forcellini  nachgewiesenen  Stelleu  Cic.  Legg.  II,  8,  19:  certas  fru- 
gcs  —  sacrrdiih's  pi/blicc  libanto.    Tibull.  1,  10,  21:  seu  quis  libareral 
uvam.    Ovid.  Fast.  I,  588:    sairrdos — -  flammis  visccra  libat  ovis),  und 
andererseits  sachlich  unmöglich   es  in  der  Bedeutung  ,, geweihtes 
M-ahl"  mit  pasco  zu  vorbinden:  ich  speise  die  vernae  mit  Kuchen, 
So  Avenig  von  dem  aufgeklärten  Horaz  zu  glauben  ist  dass  er  den 
Larenbildern  Kuchen  vorsetzen  werde,  eben  so  wenig  ist  ihm  die 
Frivolität  zuzutrauen  dass  er  die  den  Göttern  vorgesetzt  gewese- 
nen Sfieisen   an   die  Sklaven   verschenkt    habe.     Vielmehr  ist  mit 
Haberfeldt,  Heindorf  u.  A.  Acron's  Erklärung  drgiislalis  beizustim- 
men,  von  dem  es  sich  aber  so  unterscheidet  wi(>  Nippen  vom  Ko- 
sten;   vgl-  Döderlein,  Syn.  III.  S.  ]-27.    Ausser   Virg.  Ecl.  V,  26: 
neque  amtiem  libavit  nee  atligii  herbum,  Aen.  V,  92  und  Ovid.  Am.  I,  4, 
34  s.  auch  Stat.  Silv.  II,  1,  60:  incepias  dapes  Ubataque  vina  (Düntzer 
V.  S.  272).  —   Prout  {pro  eo  ui) ,  ein  vor  Cicero's  Zeit  nicht  vor- 
kommendes Wort,  carminibus  non  salis  apfum  erat,  nee  lunlum  ob  for- 
tnam,  sed  clkim  propler  noiionis  sicrililaiem  (Hand  Tursell.  IV.  p.  627). 
In  Sermonen  ist  es  aber  nicht  zu  beanstanden.    In  Versen  findet  es 
sich  sonst  noch  bei  Pseudo  -  Ovid.  Her.  XXI,  227:   adspicercs  vcllrm, 
proul  ipse  rogabas ,  und  Auson.  Mosell.  .372:   millr  alii,  prnid  qucmqite 
stnis  magis  im  peius  urgcl,  esse  im  cuphint. 

V.  6S.  Siccat  (vgl.  Od.  I,  31,  11)  inaequales  calices  er- 
hält seine  Erläuterung  durch  das  nachfolgende  seu  acria  —  seu  mo- 
dicis  (wie  proul  c.  l.  est  durch  solid.  leg.  ins.)  und  bezieht  sich  dem- 
nach auf  die  Ungleichheit  der  Mischungsverhältnisse.  Vgl.  Kirch- 
ner zu  I,  6,  J17. 

V.  70.  ergo,  dem  geschilderten  Gesammtcharakter  dieser 
Mahlzeiten  entsprechend  ist  auch  das  Tischgespräch ;  vgl.  Kirch- 
ner zu  I,  10,  7.   S.  3.37. 

V.  72.  Vgl.  die  Stelle  aus  f'laudian,  bei  V.  44.  Haberfeldt 
erinnert  an  Varro's  Vorschrift  (bei  Gellius  N.  A.  XIII,  11 ,  4  f.)  in 
Bezug  auf  die  Tischgesjiräche :  habendos  —  iucundos  alque  invitabilcs 
et  cum  quadam  inlccebra  et  voluptale  utiles,  ex  qtribus  ingenium  nostrum 
venuslius  fiat  et  amoenius.     Quod  profecto,  inquit,  eveniet  si  de  id  gemis 


168  Zweites  Buch  der  Satiren. 

(vgl.  V.  44)  rebus  ad  communcm  vilae  tisum  pcrlmentihus  confabulemur 
de  quibiis  in  foro  alqiic  in  ncgoliis  agendi  non  csl  olitttu. 

V.  75.  Vollständiger  iintersclieidet  Aristoteles,  Eth.  Nie.  VIII, 
3,  drei  Arten  von  Freundschaft:  die  auf  dem  Guten,  die  auf  der 
Lust  und  die  auf  dem  Nutzen  beruhende.  Von  diesen  erkennt  er 
aber  (VIII,  4)  nur  die  erste,  die  unter  sittlich  guten  und  an  Tu- 
gend sich  ähnlichen  Menschen,  als  die  wahre  an  5  am  grössten  aber 
sei  die  Freundschaft  zwischen  denen  welche  dem  Freunde  um  des 
Freundes  willen  das  Gute  Aviinschen.  Mit  seinem  in  solchen  Din- 
gen geAvöhnlichen  Mangel  an  Schärfe  der  Unterscheidiing  hat  Ci- 
cero, de  amic.  8,  zwei  heterogene  Motive  durcheinandergemischt, 
einerseits  die  Gleichartigkeit  des  Wesens  und  andererseits  dass 
man  den  Andern  als  ein  Ideal  betrachte ,  welches  Letztere  aber 
nicht  auf  Freundschaft  führt,  sondern  auf  Hochachtung  oder  Be- 
wunderung. 

V.  76.  eins  wie  1,  70.  Od.  III,  11,  I8  (mit  Orelli's  Excurs). 
IV,  8,  18. 

V.  78.  ex  rc,  Haberfeldt:  wie  es  das  Gespräch  mit  sich 
bringt;  er  weiss  Alles  mit  einem  passenden  Geschichtchen  zu  be- 
legen. Si  quis  nam  (die  in  Hdsch.  sich  findende  Umstellung 
iVV/w  si  quis  ist  ein  vorlauter  Verbesserungsversuch),  wie  in  den 
von  Bentley  angeführten  Stellen  3,  20.  41.  302.  Ep.  II,  l,  186.,  wozu 
Hand  Tursell.  IV.  p.  3  fügt:  Plaut.  Mil.  1379:  ego  nam  (Ritschi: 
iamiam)  conveniam  illunc.  Virgil.  Aen.  III,  379:  prohibent  nam  cetera 
Parcae  scire.  —  Den  Arellius  hält  Haberfeldt  für  einen  „reichen 
Landwirt  in  der  Nachbarschaft,  der  entweder  bei  allem  Reich- 
tliume  unglücklich  war,  oder,  wie  sich  aus  der  folgenden  Fabel 
schliessen  lässt,  die  Einkünfte  von  seinem  Gute  in  der  Stadt  ver- 
zehrte." Im  letztern  Falle  wäre  er  ein  3Iittelding  zwischen  Land- 
mann und  Städter  gewesen,  die  Fabel  hätte  also  auf  ihn  keine  An- 
wendung gefunden.  Man  müsste  ihn  daher  vielmehr  für  einen  rei- 
chen aber  unglücklichen  Einwohner  der  nächsten  Stadt  halten. 
Der  Vergleichungspunkt  liegt  aber  wohl  einzig  in  soUicitas  opcs: 
weil  sie  sorgenvoll  sind  möchte  der  Redende  die  Schätze  des  Ar. 
so  wenig  mit  seiner  beschränkten,  aber  sorgenfreien  Lage  vertau- 
schen wie  die  Feldmaus  mit  der  Stadtnians  tauschen  wollte. 

V.  79.  Für  den  Gebrauch  von  olim  in  Krz/ililungen  führt 
Hand  Turs.  IV.  p.  369  ausser  den  schon  von  Lambin  beigebrachten 
Stellen  an:  Plaut.  Stich.  539:  fuil  olim  —  scncx.  ei  filiac  duar  rranl. 
Phädr.  111,2,2:  Panthern  imprudcns  olim  in  foveam  dccidil.  17,  I: 
Olim  quas  vellent  esse  in  lulela  sua  IHvi  legeruni  arbores. 

Die  Fabel  ist  in  der  vulgären  Sanunlung  der  nesopischcn  Nr. 
121,  bei  Korais  .301  ;  bei  Baitrios  Nr.  108,  bei  Dositheus  18. 

V.  8<>  f.     Zweimaliger  Chiasmus,   \u\\  die  gegensätzliciien  und 
vorwandten  (bzhgsw.- identischen )  BcgritVe  neben  einander  zu  luin 
gen,  wie  bei  Cic.  Fat.  5,  9:  quac  quamque  rem  res  conseqiialur.  Andere 


AiiniiMkiini^cn  zur  sechsten  Siliic.  169 

Beispiele  s.  bei  Krüger  lat.  Gr.  §.  686,  '2.  —  acccpissc  s.  Kirchner 
zu  I,  5,  I.  S.  183. 

V.  S2.  Die  vorzügliclie  Beglaubigung  von  inten  Ins,  sowie 
(las  Bedenkliche  der  Construction  attcnlus  quncsHis  (vgl.  Ep.  I,  7,  91, 
II,  I,  172),  stimmt  für  das  Erstere. 

V.  S3.  solrerct'^  das  Gegentheil  i^aber  im  Extrem)  s.  bei  .Si- 
lius  It.  XI,  171:  peclora  magnis  nutifjuam  angusta  inalis.  —  hospi- 
(iis  für  Bewirtungen,  für  die  Fälle  wo  es  einen  Freund  zu  bewir- 
ten galt.  Dass  das  Wort  für  fiospilibtis  stehe,  wie  nach  dem  Vor- 
gjinge  des  Comm.  Cruq.  Viele  angeben ,  kann  man  nicht  mit  Keclit 
behaupten.  —  Quid  mxilta?  um  nicht  lange  bei  der  allgemeinen 
Schilderung  zu  verweilen ,  sondern  gleich  zum  einzelnen  Falle 
überzugehen.  Hle  hebt  das  Subjcct  hervor,  indem  es  die  gegebene 
Schilderung  zusammeufasst :  der  Geschilderte,  illc  aiiiis  ingnmim 
iam  fiarraverat,  wie  schon  Bentley  richtig  erklärt  hat. 

V.  84.  Sepostli  (Tibull.  II,  ö,  8:  nimc  indue  vestein  seposilam) 
ciceris  (I,  6,  ]I5)  invidit,  eine  dem  Griechischen  nachgebildete 
((Juintil.  IX,  3,  17:  e  graeco  Iranshila  vcl  Salluslii  plttrirna  —  vcl  ffo- 
ralii :  nam  id  maxime  probat  hoc :  ,,ticc  ciceris  —  avenae'')  Coustruction, 
für  das  Lateinische  berechtigt  als  constr.  ad  sensam ,  sofern  darin 
der  Begrift"  des  Beraubens  (Nichtmittheilens)  liegt,  nicht  der  der 
Fülle ,  was  zu  der  Künnnerlichkeit  dieser  Schätze  nicht  stimmen 
würde.  Der  Hauswirt  tischt  sein  Bestes  auf  und  kargt  gegen  sich 
nelhst  ■  {sepositi  hier  und  relincpiens  89),  um  Alles  unverkürzt  seinem 
Gaste  zu  lassen  (hätte  er  diese  Dinge  in  Fülle,  so  wäre  die  Vor- 
sicht sehr  überflüssig).  Aber  in  Walnheit  und  in  de'n  Augen  seines 
Gastes  sind  alle  diese  vermeintlichen  Herrlichkeiten  höchst  ärm- 
liche Sachen.  Daraus  erhellt  zugleich  dass  seniesa  (V.  85)  nur  be- 
deuten kann:  von  den  Menschen  angegessen;  s.  meine  Anmerkung 
zu  Weber,  S.  449  f.  und  vgl.  I,  3,  81. 

V.  88.  per rectus  wie  V.  106  (vgl.  rubans,  lio)  mit  dem  Ne- 
benbegrift"  des  Behaglichen,  Sichzuhausefühlens.  horna  Od.  III, 
23,  3. 

V.  89.  ador  s.  Kirchner  zu  T,  5,  69.  —  r cliuqucns ,  Ep.  I, 
7,  19.   Gegentheil  von  tollere. 

V.  90.  t andern,  nachdem  das  so  eine  Weile  fortgegangen  war, 
ohne  dass  der  Gast  sein  Urteil  anders  als  durch  die  That  (V.  87) 
ausgesprochen  hätte. 

V.  91.  Haberfeldt :  „der  Naturkundige  möchte  vielleicht  ein- 
wenden dass  selbst  die  Feldmaus  nicht  wüste  Waldungen ,  sondern 
fette  Fluren  aufsiiche.  Der  Dichter  nahm  hier  vermutlich  mehr  auf 
sein  Sabinum ,  welches  er  mit  jenem  öden  Aufenthalte  vergleicht, 
als  auf  die  Natui-geschichte  der  Mäuse  Rücksicht."  Wahrschein- 
licher ist  dass  der  Dichter  durch  das  Interesse  des  Gegensatzes  zu 
dem  Leben  der  Stadtmaus  hierauf  gebracht  wurde.    Wie  wenig  in 


170  Zweites  niicli  der  Satiren. 

der  Fabel  nach  der  physikalischen  Wahrscheinlichkeit  gelVaiit  wird 
ist  aus  Kp.  I,  7,  "29  bekannt. 

V.  92.  vis  in  s.  Kirchner  zu  I,  9,  70.  S.  M6.  Das  Richtige 
hat  übrigens  schon  Cruquius :  ,,L(imbinus  Icfjil:  vhi  In.  Etjo  scqiiar 
conscnsum  jyhirium  codd.  scriplonim ,  vis  lii:  quod  haec  Ha  inlerrugcl  ul 
ad  riis  desercndum  invilcl.  Al  vin'  tu.'  sie  percontatiir  rnslicum  perimlc 
ac  si  tarn  diu  apud  se  slaliiissel  mtis  rusticus  ul  relictis  silvis  in  urbem 
commigrarct.  eius  enim  sensus  est:  verene  ita  est  Ic  velle  praeponcre  elc..' 
Lcgilo  VaUam  II,  14.''  Dass  in  seinem  Texte  vin  tu  gesetzt  (oder 
Avolil  geblieben)  ist  kann  daher  nur  ein  Versehen  sein.  Beispiele  s. 
bei  Bentley. 

V.  93.  cüT'pe  viam  nimm  den  Weg  unter  die  Füsse.  Vgl.  1, 
5,  95.  Od.  II,  17,  12.  Der  Ausdruck  besagt  das  geordnete,  keinen 
Tlieil  überspringende  Fortschreiten  auf  einem  AVege;  das  Älerkmal 
der  Kaschheit  ist  darin  nicht  enthalten.  Mihi  crede  wie  TibuU 
IV,  4,  3:  crede  mihi,  proper a. 

Y.  95.  magno  aul  parvo  als  Neutra  zu  fassen  (Grossund 
Klein)  räth  das  vorhergeliende  lerrcslria.  vgl.  l,  77.   Ep.  II,  "2,  179. 

V.  97.  Vgl.  Ep.  II,  1,  144  und  Sali.  lug.  1  in.:  falso  querilur  de 
natura  sua  gcniis  Inimamnn  quod  imhccilla  atquc  acvi  brevis  forte  po- 
tius  quam  virtute  rcgalur. 

V.  98.  pepulerc  =^  movere,  den  Eindruck  hervorbrachten 
dass  sie  sich  entschloss  sich  auf  den  Weg  zu  machen.  Cic.  Off.  III, 
10,  41  hat  schon  AVüstemann  verglichen.  Levis  flink,  leichtfüssig; 
der  Abschied  kostete  sie  gar  keine  Ueberwindung.  Vgl.  axich  7,  29. 
Auf  das  malerisch  Hüpfende  des  Rythmus  hat  Dacier  aufmerksam 
gemacht.  ExsUit  natürlich  die  Feldmaus,  wie  ausser  levis  nament- 
lich auch  domo  beweist. 

V.  100.  Jioclurni  s.  Kirchner  zu  I,  6,  113.  S.  246.  Eine  Xe- 
benbestinnnung  der  Handlung  ist  mit  dem  handelnden  Subjeete 
.selbst  in  grannnatische  Beziehung  gebracht. 

V.  101.  tarn  tenebat  —  cum  ponil  s.  Kirchner  zti  1,5,  20. 
vgl.  unten  V.  111  f.  Uebrigeus  hat  die  Annahme  einer  parodischen 
Absicht  Avenig  AVahrscheinlichkeit ,  da  Horaz  auch  sonst  (wie  V. 
88.  92  ff.)  die  Ausführung  absichtlicli  ])atlietisch  halt,  um  durch  den 
Contrast  mit  der  Kleinheit  des  CJegenstandes  eine  heitere  Wirkung 
hervorzubringen.  Denselben  Cliarakter  trägt  auch  der  Ausdruck 
vestigia  ponere  (Ep.  I,  19,  21)  flu  sich,  der  zwar  allerdings  auch 
in  der  ,, Prosa"  vorkounnt,  aber  iunner  etwas  (Jewähltes  hat. 

V.  103.  Ueber  den  Scharlach  gibt  Weber  gründliche  Aus- 
kunft. Zu  canderel  vergleicht  liambin  ferrum .  carba  randens,  la- 
minae  candentes-  ebenso  taedae  candentes ,  ad  Ilerenn.  IV,  46,  59. 
AVenn  Döderlein  Syn.  IV.  8.  248  solche  Falle  auf  die  Ersdieiuuug 
des  Weissglüheus  bezielit,  so  macht  unsere  Stelle  zweifelhaft  ob 
PS  nicht  vielmehr  vom  Kothglülien  zu  verstehen  sei.  A'gl.  Candida 
ßamma ,  N'alcr.  IM.  \'1I1,  247.    V(l>erliaupt  wiegt  bei  candcre,  candi- 


Anmorkuiii^oii  zur  scclisleii  S.Uirc.  171 

(las  u.  s.  w.  der  Begriff  des  Hellen,  Glänzcndon  vor,  und  die  Farbe 
ist  dabei  das  Secundäre. 

V.  105.  jtroctil  erklärt  Ilaberl'eldt  und  lleindorf:  in  die 
Ferne,  liier  in  die  Höbe  (Entfernung  vom  Boden),  also  s.  v.  a.  in 
allutn  (Od.  n,  3,  19).  Aber  diese  Bedeutung"  ist  luierweislieli,  stände 
überdies»  liier  tautologiscli,  da  der  Begritt'  der  Höbe  scbon  in  c.v- 
slriirlis  entbalteu  ist  (vgl,  cotislruere  3,  96.  I,  1  ,  44;  aucb  famulae 
f/iiihtis  ordine  longam  riira  peiutm  sintere^  Virgil.  Aen.  I,  704).  Letz- 
tcrc Tbatsacbe  niat'lit  aucb  Weber's  Erklärung  unmöglicb  :  weitbiu, 
in  langer  Reibe,  so  dass  die  Körbe  neben  einander  steben  würden, 
allerdings  sebr  bequem  für  die  Clause,  aber  eben  darum  zugleicb 
nnpraktiscb  und  umvalirscbeinlicb  von  Seiten  der  Menseben,  ^'iel- 
nielir  sibeint  ricbtig  nur  die  Auslegung  von  Düntzer  und  Orelli:  in 
einiger  Entfernung  {a'JTWTiQfo .  Ar.  Nub.  772),  wie  in  der  Verbin- 
dung procul  (ulstarc  (Hand  Tursell.  IV.  p.  593,  9)  und  ähnl.,  wie  ja 
überbaupt  procul  ein  relativer  Begriff  ist  (Hand  1.  1.  p.  589,  l).  Da- 
bei wäre  es  aber  natürlicli  unstattbaft  procul  mit  inerant  zu  verbin- 
den (sie  waren  in  einiger  Entfernung  darin  entbalteu!),  vielmebr 
gebort  es  zu  exstructis:  die  Körbe  waren  in  einiger  Entfernung  von 
den  lecii  aufeinamlergestellt  (docb  so  dass  die  Maus  nocli  wolil  bei- 
kommen  konnte) ,  um  die  Passage  im  Zimmer  nicbt  zu  bindern, 
standen  also  auf  der  Seite  (,, abseits",  wie  Kircbner  übersetzt),  in 
einer  Ecke.  Auf  diese  Entfernung  von  dem  Icctus  beziebt  sich  auch 
cursitai,  V.  107. 

V.  106.  ergo  vgl.  V.  16.  70.  Hier:  in  Folge  dieser  einladen- 
den Umstände. 

V.  107.  succincius  für  die  Arbeit;  vgl.  Kircbner  zu  I,  2,  '25 
(S.  38)  und  5,5  (S.  185).  8,  23-  So  succincü  minislri  bei  Lucan.  I, 
607;  mccinctus  cursor  bei  Martial.  XH,  24,  7.  Vgl.  unten  8,  10  und 
70.  —  Cursitai  vgl.  Silius  It.  VII,  176  — 178:  laetus  nee  scnsrnit 
hospes  Ailvcnissc  deum ,  scd  cnim  de  more  parenlum  Gralo  cursabal  studio. 
V.  108.  continuut  dapes,  macht  die  dapes  zu  conlinuac, 
dass  sie  eine  zusammenhängende  Kette  bilden,  reiht  (xericht  an 
Gericht.  So  Sali.  Cat.  20,  11  :  binas  domns  conlinuare.  Livius 
XXXIV,  4:  cupido  agros  continuandi.  Ovid.  Met.  XIV,  239  f. :  saxa 
trabesquc  conlinual.  —  nee  non^nn^  ermangelt  (uuterlässt)  nicht 
die  Geschäfte  eines  verna  ganz  in  dessen  Weise  zu  versehen. 
Ebenso  Cicero  Parad.  I,  1,8:  nee  (oder  neque)  non  saepe  laudabo  sa- 
pienlcm  illum  Biantem.  Etwas  anders  p.  Pose.  Am.  15,45:  neque 
haee  tu  non  intelligis,  es  ist  nicbt  der  Fall,  man  kann  nicht  sagen, 
dass  du  es  nicht  verstehest  (dass  diess  die  Ursache  sei).  Vgl.  Hand 
Tursell.  IV.  p.  111  f.  —  vernililer  bat  Kircbner  mit  Recht  nach 
vielen,  und  darunter  den  vorzüglichsten,  Hdsch.  gesetzt,  trotzdem 
dass  die  Mehrzahl  vernalilcr  hat.  Aber  diese  Form  ist  schon  darum 
bedenklich  weil  ein  der  Zeit  nach  so  nahe  stehender  Dichter  wie 
Manilius  dieselbe  in  ganz  anderer  Bedeutung  (=  vernus)  gebraucht, 


172  Zweites  Buch  der  Saliren. 

Astr.  III,  "258:  iunc  angnsla  dies  venuiles  verlil  in  lioras\  m  ie  auch  bei 
Caocilius  Statius  v.  131  (p.47  Ribb.  aus  Non.  Marc.  p.  42,  28):  nimis 
(andern  hoc  qiiidcm  fit  ^rrnililcr,  und  8en.  de  benof.  II,  ll  ,  3:  et  haec 
ipsa  non  vct^nilitrr  jene  Form  nach  den  Hdsch.  allgemein  aufgegeben 
ist.  Was  Döderlein  (Syn.  V.  S.  50)  über  den  Unterschied  von  ver~ 
nalis  und  vernilis  wissen  will  ist  daher  einzig  aus  der  Analogie  von 
iuvenalis  und  iuvenilis  geschöpft.  —  ipsis  soll  nach  Heindorf  die 
ofßcia  den  dapes  entgegensetzen.  Aber  das  Auftragen  der  dapes 
bildet  ja  eben  den  Hauptbestandtheil  der  dapes.  Richtiger  wird  man 
daher  sagen,  das  Geschäft  selbst  werde  in  Gegensatz  gestellt  zu 
dem  vorher  erwähnt  gewesenen  Aufzuge  dabei  {succinc(us).  Indessen 
beruht  Lambin's  ipsc  auf  dem  richtigen  Gefühle  dass  ipsis  ziemlich 
nichtssagend  und  entbehrlich  sei,  wogegen  verniliter  ausgesprochen 
verlangt  dass  im  gegenwärtigen  Falle  der  Wirt  {hospes)  selbst  den 
venia  gemacht  habe,  dass  hier  beide  Functionen  in  Einer  Person 
vereinigt  ge^vesen  seien.  Nur  führt  von  ipse  kein  Weg  auf  das 
handschriftliche  ipsis.  Desto  näher  läge  ein  solcher  wenn  wir  als 
das  Ursprüngliche  die  alterthümliche  Form  ipsus  voraussetzen, 
welche  hier  mit  der  in  der  gegenAvärtigen  Erzählung  so  häufigen 
komischen  Emphase  gesetzt  wäre:  in  höchsteigener  Person.  Vgl. 
auch  avrog  vom  Herrn. 

V.  109.  Das  von  allen  andern  Handschriften  gebotene /;  rof - 
lambens  hatBentley  nach  zwei  Codd.  mit  pr  aelibans  vertauscht. 
Seine  Gründe  sind  die  beiden:  1)  dass  in  dem  fraglichen  Sinne 
das  einfache  lambcre  gebräuchlich  sei,  praelambere  erst  bei  viel  spä- 
tem Schriftstellern  und  in  anderem  Sinne  gebraucht  Averde.  2)  Im 
gegenwärtigen  Falle  ist  von  der  Ausübung  eines  ofßrium  die  Rede, 
die  betreffende  Handlung  ist  also  nicht  nur  nicht  unerlaubt,  sondern 
positiv  pfliclitmässig,  kann  daher  nicht  durch  lambcre  bezeichnet 
werden,  welches  nur  von  unerlaubtem,  strafbarem  Naschen  ge- 
braucht wird.  Diese  Gründe  sind  sehr  verführerisch,  und  um  so 
weniger  kann  man  es  Kirchner  verargen  dass  er  sich  dadurch 
hat  bestechen  lassen,  zumal  da  für  ihn  noch  die  Autorität  seines 
Lips.  2  hinzukam.  In  Walirlieit  aber  ist  Bentley's  Argumentation 
nicht  stichhaltig.  Was  zuerst  den  spraclilichen  (»rund  betrifl't, 
so  hat  schon  Weber  bemerkt  dass  ^ie  Präjinsition  liier  iliron  guten 
Grund  habe:  Lucilius  (inciindasfpie  piier  qui  lainberal  ore  jilaeenlas) 
und  luvenal.  IX,  b  (nos  eolnphum  ineiilimus  lambenti  enishila  servo) 
bandeln,  wie  Hör.  Sat.  I,  3,  HO  f.  deutlich  zeigt,  vom  Naschen  des 
Abtrags;  etwas  ganz  Anderes  und  vernmthlich  nicht  blos  mit  einer 
Ohrfeige  Bestraftes  aber  war  das  Belecken  und  Wegstipitzen  des  erst 
Aufzutragenden,  so  dass  die  Gäste  dadurch  verkürzt  oder  die  Spei- 
sen für  sie  unapjietitlicli  gemacht  wurden.  Dieses  Zeitverhältniss 
nnisste  durch  die  Präposition  ausgedrückt  werden,  und  dass  das 
Compositum  in  der  älteren  Literatur  sonst  nicht  vorkonunt  muss 
blosser  Zufall  sein,    da  «in  innerer  Grund  nicht   abzusehen  ist   und 


Anmerkungen  zur  scdislen  Satire.  173 

die  Bedeutung  in  welclicr  Prudentius  und  Avienus  pruclamhere  ge- 
hrauclicu  ((/<;  iJuvin  (ilvrum  htinlx'iiW  et  nuU  lUi')  nach  Bentlev  selbst 
von  der  liorazisclien  so  verschieden  und  dabei  so  gesucht  und 
übergetragen  ist  dass  sie  vielmehr  das  ^'urhandensein  der  eigent- 
lichen Bedeutung  (in  der  älteren  Zeit)  voraussetzt.  Uebcrdiess  hat 
(Jrelli  gegen  pruelibans  eingewendet  dass  es  ein  verbiim  Slalianum 
sei,  welches  Horaz,  als  zu  poetisch,  an  unserer  Stelle  schwerlich 
in  Anwendung  gebracht  haben  würde.  Sodann  den  zweiten  Grund 
anlangend  so  kann  man  auch  von  Bentley's  Standpunkt  aus,  die 
Verrichtung  eines  pracguslalor  in  den  Worten  angedeutet  findend, 
dennocdi  jjraclambciis  festhalten ,  indem  man  es  (mit  Heindorf)  auf 
die  Eigenthümlichkeit  der  ^laus  bezieht.  Das  libarc  (in  dem  Sinne 
von  V.  67)  bewerkstelligt  die  ^laus  (bei  festen  Speisen  dnrcli  prae- 
rodere ,  arrodere ,  bei  flüssigen)  eben  durch  (prae)lainbere  ^  Avie  das 
ire  durch  rcpcrc  (V.  lOO).  Aber  es  ist  ferner  höchst  zweifelhaft  ob 
hier  wirklich  von  amtsmässigem  Vorkosten  die  Rede  sei.  Prae- 
guslalores  finden  wir  erstmals  bei  M.  Antonius  und  Kleopatra  (Plin. 
II.  N.  XXI,  ;i,  y),  also  genau  in  der  Zeit  unserer  Satire;  erst  später 
führte  sie  auch  August  an  seinem  Hofe  ein,  und  fortan  blieben  sie 
ein  wesentlicher  Bestandtheil  des  kaiserlichen  Hufstaates  (der  prae- 
guslalor  des  August  bei  Gruter  p.  602,  4. ;  des  Tiberius  I»ei  Orelli 
Inscir.  2993).  Zwar  kommen  pnte/jttsldlores  auch  iui  Dienste  von 
Privatleuten  vor  (s.  Gruter  p.  626,  2),  aber  erst  weit  später,  und  in 
unserem  Falle  —  zwischen  zwei  sich  gleichstehenden  Gastfreun- 
den —  hätte  (wie  Weber  S.  453  bemerkt)  das  Vorhandensein  eines 
Vorkosters  vollends  keinen  Sinn.  Andererseits  weist  der  immer 
einen  Tadel  in  sich  schliessende  Ausdruck  vernililer  darauf  hin  hier 
vielmehr  einen  Zug  unbescheidenen  Wesens  zu  erwarten,  der  einen 
ganz  treftenden  und  wahren  Contrast  zu  der  Discretion  der  Feld- 
maus (V.  89)  bilden  würde.  Humoristisch  wäre  dann  als  Ausfluss 
der  of/icia  dargestellt  was  vielmehr  Folge  von  Unart  und  Unbe- 
scheidenheit  war.  Die  Stadtmaus  vergisst  auch  diesen  Bestand- 
theil der  officio  eines  verna  nicht,  in  ächter  Vernen-Manier  muss 
sie  genascht  haben. 

V.  111.  agil  laelum  convivum.  In  dem  Ausdruck  s(dbst 
liegt  keine  Entscheidung  darüber  ob  die  jedesmalige  Rolle  bloss 
^laske  sei  oder  mit  der  wahren  Gesinnung  des  Subjects  überein- 
stimme und  zusammenfalle,  somit  ernst  gemeint  sei  und  von  Her- 
zen gehe.  Die  Entscheidung  muss  der  Zusanunenhang  geben,  und 
im  vorliegenden  Falle  zeigt  er  dass  die  Rolle  ganz  die  eigene 
Stimmung  des  Gastes  ist. 

V.  112.  Valvae,  ursprünglich  Klappthüren  ,  im  Unterschied 
von  fures  als  Flügelthüren,  ohne  dass  aber  dieser  Unterschied 
streng  festgehalten  würde.  Sagt  doch  Ovid.  Met.  II,  4:  argenli  bi- 
fores  radiubanl  liininr  valvae.  Auch  in  unserer  Stelle  scheint  der 
ingens  strepilus  mehr   auf  Flüg(dthüren  hinzudeuten.    Auch  die  An- 


174  Zweites  Biirli  der  Satiren. 

gäbe  Isidor's  (Orig.  XV,  7),  flass  die  vulvae  sich  nacli  innen  zu  öff- 
nen, die  forcs  nach  aussen,  ist  unrichtig  und  -wohl  nur  aus  dem 
etymologischen  Zusammenliang  von  foies  und  foiuis  entnommen. 
,,Die  Thüren  der  Tempel  öffneten  sich  nach  aussen,  und  doch 
nennt  sie  Cicero  (Verr.  I,  23.  IV,  43.  56)  valvas;  die  der  Wohnhäu- 
ser nach  innen,  und  doch  heissen  sie  überall  fores."  Becker's  Gal- 
lus  von  Kein  11.  S.  J54  f.  vgl.  230.  Im  vorliegenden  Falle  scheint 
am  nächsten  zu  liegen  an  die  valvar  des  Triclininm's  selbst  zu  den- 
ken; dass  aber  auf  die  Mäuse  nicht  Jagd  gemacht  wird  scheint 
darauf  zu  weisen  ra/w«^  auf  andere  Tlieile  des  Hauses  zu  beziehen: 
das  Zuschlagen  von  Thüren  verkündete  den  Mäusen  das  Nahen 
von  Grefahr,  wenn  sie  auch  nicht  in  demselben  Augenblick  eintrat. 
Uebrigens  ist  die  Fabel  überhaupt  gegen  das  Ende  hin  minder 
ausgeführt;  der  Dichter  eilt  zum  Schlüsse. 

V.  114.  Zu  den  Stellen  bei  Ileindorf  über  die  Molosser- 
hunde  füge  auch  Aristoph.  Thesm.  416  f.  Diogen.  Laert,  IV,  3,  20. 
Sil.  It.  II,  689. 

V.  116.  Lambin's  valeal,  in  den  Hdsch.  nur  schwach  be- 
gründet ,  wäre  —  wie  schon  Haberfeldt  eingewendet  hat  —  neben 
den  vorhergehenden  Worten  tautologisch;  valcas  dagegen  hat 
etwas  Hastiges,  das  sehr  gut  hieher  passt. 

V.  117.  Zu  ic?iiii  solabitur  ervo  vergleicht  Lambin  Virg. 
Ge.  I,  159:  concussaque  famcm  sohibere  queren.  Ebenso  scheint  in 
unserer  Stelle  dasjenige  worüber  die  Höhle  im  AValde  mit  Erven 
(dadurch  dass  sie  solche  bietet)  tröstet  der  Hunger  (oder  über- 
haupt die  ganze  kümmerliche  Existenz  und  die  entgehenden  Ge- 
nüsse?) zu  sein.  Temti  ervo  von  solainlur  zu  trennen,  in  der  Bedeu- 
tung: bei  ärmlicher  Hülsenfrucht,  =  Avenn  gleich  ich  nur  solclie 
zu  geniessen  habe,  scheint  sprachlicli  unmöglich.  Noch  mehr  die 
Auffassung:  die  Sicherheit  gewährt  mir  Trost  für  die  ,, schlechte 
Hülsenfrucht,"  wo  die  letztere  im  Accusativ  stehen  müsste.  Auch 
gehört  Sat.  1,6,  130  nicht  hieher,  indem  dort  his  mit  viclurum  zu 
verbinden  ist,  nicht  mit  consolor :,  wohl  aber  Od.  II,  5,  6  f.:  iuvencae, 
tiinw  fliiriis  gravem  sohiiilis  aesliim.  Vgl.  Flaut.  As.  III,  1,  37:  etiam 
ojjilio-aIi(/tia»i  habet  peeiiliare/u ,  qui  s/iein  stileliir  siiani.  .Tedonfalls  ist 
der  Sinn:  ich  will  in  meiinMn  sicliern  ^Val(K'  mich  der  Itescheide- 
neu   \Vickon  getrosten,  d.  h.  mir  daran  genügen  lassen.  « 


Kinleiiiiiifr  zur  siobonlon  Satire.  1  75 

Siebente   Satire. 


E  i  u  1  c  i  t  u  11  «4". 

l)iesc  Satire  ist  nach  Inhalt  wie  Einkloidmig  ein  Soitonstück 
zur  dritten  dieses  Buches,  der  sie  aucli  räunilicli  parallel  steht,  so- 
fern sie  in  der  zweiten  Hallte  des  Buchs  dieselbe  Stelle  einninnnt 
wie  jene  in  der  ersten  (s.  Ivhein.  Mus.  N.  F.  IV.  S.  221).  In  lieideii 
ist  es  ein  stoischer  Satz  welcher  den  Gegenstand  bildet,  diessnial 
der  dass  nur  der  AVeise  frei,  alle  anderen  ilenschen  Sklaven  seien, 
ein  Satz  der  auch  von  Cicero,  Parad.  j,  und  von  Persius,  Sat.  V, 
erörtert  ist.  Ebenso  bildet  das  Saturnalienfest  in  Ijeiden  den  Aus- 
gangspunkt; nur  ist  es  diessnial  geradezu  ein  Sklave  w'elcher  das 
Wort  führt  und  der  seine  Weisheit  selbst  wieder  von  einem  an- 
dern, höchst  untergeordneten,  Sklaven  eines  stoischen  Philosoplien 
haben  will.  Bemerkenswerth  ist  hiebei  zweierlei.  Einmal  dass 
Iloraz  überhaupt  sich  so  oft  mit  der  stoischen  Philosophie  beschäf- 
tigt (auch  I,  3  ist  derselben  zum  grossen  Theile  gewidmet),  sodann 
dass  er  die  betreffenden  Erörterungen  jedesmal  so  untergeordneten 
und  so  wenig  achtungswerthen  Persönlichkeiten  in  den  Mund  legt. 
Irren  wir  nicht,  so  findet  beides  seine  Erklärung  darin  dass  Horaz 
zwar  äusserlich  noch  vollkommen  im  Epikureismus  steht,  zu  dem 
er  sich  I,  5,  lOI  tf.  und  noch  Ep.  I,  4,  16  bekennt,  andererseits  aber 
doch  einen  geheimen  Zug  zum  Stoicismus  hin  fühlt,  der  ilim  selbst 
noch  nicht  vollkommen  klar  ist.  aber  doch  darin  sich  ])ethätigt  dass 
der  Dichter  sich  so  oft  und  so  eingehend  mit  dem  gegnerischen 
Systeme  befasst,  als  fühlte  er  das  Bedürfniss  sich  vor  sich  selbst 
darüber  zu  rechtfertigen  dass  er  demselben  nicht  beitrete,  und  als 
müsste  er  sich  stärken  gegen  die  Anziehungskraft  die  dasselbe  aiif 
ihn  ausübt.  Dahin  deutet  auch  der  andere  Umstand,  der  nicht  nur 
eine  Verwahrung  entliält  dass  man  das  Vorgetragene  nicht  für  des 
Dichters  persönliche  Ansicht  halte ,  sondern  auch  fast  darnach  aus- 
sieht als  glaubte  Horaz  dem  Eindrucke  der  stoischen  Erörterungen 
von  vornherein  entgegenarbeiten  zu  müssen ,  als  fürchtete  er  sie 
möchten  ohne  ein  solches  Gegengewicht,  eine  solche  Abschwä- 
chung,  zu  gewinnend,  zu  imponierend  sein.  Es  ist  auch  an  sich 
vollkommen  wahrscheinlich  dass  Horaz,  in  jüngeren  Jahren  von 
der  zuversichtlichen,  lebensfrohen  Weltanschauung  des  Epikureis- 
mus hingenommen,  mit  zunehmender  Keife  und  in  demselben  Masse 
als  er  selbst  sich  dem  Ernst  zuwandte,  durch  die  sittliche  Strenge 
des  stoischen  Sy>tems  angezogen  wurde,  wofür  aus  seinen  späteren 
Jahren  ein  directes  Geständniss  vorliegt  in  Ep.  T,  I,  16  f.  In  die- 
sem unwillkürlichen  Interesse  für  den  Stoicismus,  diesem  subjecti- 


176  Zwoiles  Buch  der  Satiren. 

von  Bedürfniss  sich  mit  ihm  auseinanderzusetzen,  erblicken  wir 
auch  die  Antwort  auf  die  Frage  nach  dem  Zwecke  der  Satire,  so 
sehr  eine  solche  Frage  an  sicli  müssig  ist,  da  ein  Gedicht  in  der 
Regel  sich  selbst  Zweck  sein  niuss.  Unsere  Satire  ist  die  Frucht 
der  philosophischen  Studien  unseres  Dichters,  der  Meditationen 
über  Welt  und  Menschen  zu  denen  es  ihn  drängte  und  bei  welchen 
er  sich  der  späteren  griechischen  Philosophen  als  Anregungsmittel 
und  Führer  bediente.  Als  Künstler  vollzieht  aber  Horaz  diese 
Auseinandersetzung  in  künstlerischer  Form,  in  einem  Kunstwerke. 
Diesen  Charakter  bewährt  unsere  Satire  gleich  darin  dass  die  frag- 
liche Ausführung  einem  Sklaven  in  den  Mund  gelegt  wird,  womit 
unmittelbar  eine  ganze  Reihe  treffender  Contraste  geboten  war; 
sodann  in  der  Sorgfalt  Avomit  die  Ausführung  dieses  Stoffes  dem 
Charakter  des  Vortragenden  angepasst  ist.  Die  Voraussetzungen, 
Gesichtspunkte ,  Beispiele ,  der  Ton  und  die  Wendungen  sind  die 
eines  Sklaven ;  ja  es  ist  durch  Vermeidung  allzustrenger  logischer 
Ordnung,  durch  Wiederholungen  und  Seitensprünge  (besonders  von 
V.  75  an)  dafür  gesorgt  dass  der  Leser  nicht  etwa  eine  versificierte 
stoische  Abhandlung  vor  sich  zu  haben  glaube,  vielmehr  fortwäh- 
rend der  Einkleidung  bewusst  bleibe.  Dabei  ist  zuzugeben  dass 
die  oft  ans  Scurrile  streifende  Manier  mancher  Bekenner  und  Pre- 
diger der  stoischen  Lehre  einer  solchen  Einkleidung  entgegenkam. 
Auf  Rechnung  der  letzteren  ist  es  auch  zu  setzen  dass  das  der 
stoischen  Methode  angehörige  Tu  unter  den  Händen  des  Redenden 
von  Zeit  zu  Zeit  regelmässig  die  Gestalt  seines  Herrn  anniunnt. 
Der  Stoicismus  hatte  einen  lebhaften  Drang  nach  praktischer 
Wirksamkeit,  die  Lehre  setzt  sich  bei  ihm  unwillkürlich  um  in 
Predigt,  durch  welche  auf  die  Gestaltung  des  Denkens  und  Han- 
delns der  Menschen  ein  Einfluss  geübt  werden  will.  Da  ihm  nun 
aber  eine  öffentliche  Stellung  nicht  zukommt,  so  können  es  zu- 
nächst nur  lauter  Einzelne  sein  an  welche  er  sich  mit  seinen  Be- 
lehrungs-  und  Bekehrungs-Versuchen  heranmacht.  Die  dialogische 
Form  ist  daher  der  Stoa  besonders  geläufig.  Je  mehr  aber  diese 
Gewohnheit  zur  Planier,  die  Form  zur  blosen  Form  wurde,  um  so 
schattenhafter  wurde  der  angeredete  Tu,  xmd  vergebens  suchte 
nian  ihn  durcli  willkürlich  herausgerissene  ganz  individuelle  Züge 
künstlich  zu  beleben.  Für  Beides,  die  Schattenhaftigkeit  wie  die 
Belebungsversuche ,  bieten  besonders  die  Satiren  des  Persius  .die 
schlagendsten  Belege;  vgl.  die  Einleitung  zu  meiner  Ueberset/.ung 
des  l^'rsius,  S.  4ö.  So  ist  auch  tler  Tu  unserer  Satire  eigetitlirli 
überhaupt  das  Nicht-Ich  des  redenden  Philosophen,  das  Puldiktun 
im  («anzen;  Hora/,  mildert  aber  diese  Manier  dadurch  dass  er  dem 
Tu  wenigstens  kein(>  widersjuechendeu  Eigenschaften  und  Hand- 
lungen beimessen  läs.st  und  im  (Jegensatze  zum  Vortragemlen  den 
Tu  als  Freien  auffasst  uml  als  Herrn  von  Sklaven,  nmnehmal  aber 
sidi   noili  näher  auf  den  Leib   rücken  lässt,   indtMU  i'inzelne  Züge 


\ 


Einleitung  zur  siebenlon  Satire.  1 77 

wirklioli  von  ihm  selbst,  dem  Herrn  des  redenden  Sklaven,  ent- 
nommen werden.  Man  würde  aber  völlig  vergessen  dass  man  einen 
stoischen  Sermon  vor  sich  hat  wenn  man,  wie  so  oft  geschehen, 
daran  deuktMi  würde  das  7«  durchgängig  auf  lloraz  zu  beziehen 
und  unsere  Satire  gar  zur  Erweiterung  unserer  Kenntnis«  der  äusse- 
ren Verhältnisse  des  Dichteis  zu  benützen.  Hiegegeu  glaulite  der 
Dichter  wohl  hinreichend  Vorkehrung  getroffen  zu  haben  dadurch 
dass  er  neben  die  auf  ihn  persönlich  auAvendliaren  Züge  auch  sol- 
che gestellt  hat  die  handgreillich  und  notorisch  ihm  völlig  fremd 
sind.  So  le  conittnx  alicna  capil  (K.  46  ff.)  sammt  den  ittsignia  der 
Kitterwürde  (V.  53)  und  der  Eigenschaft  als  iudex  (V.  54);  quinque 
lalenla  poscil  le  midier  (V.  89  ff.) ,  obsonia  cajilas  (V.  106  ff.),  pedes  vi- 
tiosiiin  l'errc  rccusuid  corpus  (V.  108  f.),  qui  praedia  vemlil  (V.  lio) 
n.  A,  Entschieden  persönlich  wird  die  Darstellung  nur  zweimal, 
V.  '2! — 45,  ehe  der  Sermon  des  Crispinus  beginnt,  und  am  Schlüsse, 
V.  111  ff.,  den  wir  uns  als  eigene  Znthat  des  Davus  aus  dem  Kreise 
seiner  Walirnelimungen  denken  dürfen  und  welcher  von  Seiten  des 
Dichters  den  Zweck  hat  einen  drastischen  Schluss  herbeizuführen. 
Beide  ^[ale  braust  der  persönlich  Abgekanzelte  auch  wirklich  auf 
(V.  44  nnd  116  ff.),  wogegen  er  die  in  der  Mitte  liegende  Capuci- 
nade  (V.  46  —  Hl)  mit  vollkommener  Gemüthsruhe  ü1)er  sich  er- 
gehen lässt,  ganz  ausser  Sorge  über  die  ihm  hier  auf  einen  Augen- 
blick ansredichteten  wechselnden  Zü^re. 

Wie  die  gewählte  Einkleidung  so  trägt  auch  die  Behandlung 
im  Einzelnen  dazu  bei  die  ganze  Erörterung  in  einem  hununisti- 
schen  Zwielichte  zu  halten,  bei  welchem  es  dem  Leser  überlas- 
sen bleibt,  in  welches  Verhältniss  er  die  persönliche  Ueberzeu- 
gung  des  Dichters  dazu  setzen,  wie  viel  er  für  Ernst,  wie  viel  für 
Spott  halten  will.  Die  Weise  der  Stoiker  ist  mit  Glück  nachge- 
bildet, die  dramatische  Anlage  von  grosser  Frische  und  Lebendig- 
keit. Die  Scene  ist  in  der  Stadt,  a\  ie  nicht  nur  die  Drohung  V.  118 
zeigt,  sondern  auch  die  Bcriifung  auf  Grispinus  (V.  45)  und  die  Sa- 
turnalienfeier (vgl.  3,  4  f.),  sowie  V.  114  verglichen  mit  3,  3.  Gleich 
im  Beginne  wird  die  ganze  Sitiu\tion  klar,  die  Umstände  wie  die 
Personen.  Der  Sklave  Davus  fühlt  den  Drang  seinem  Herrn  einen 
Vortrag  zu  halten,  nnd  nachdem  dieser  um  der  Saturualien  willen 
eingewilligt  hat  sein  Zuhörer  zu  werden  (V.  1 — 5),  beginnt  der 
Sklave  damit  die  Mensclien  in  zwei  Classen  eiuzutheilen,  in  conse- 
quent  Schlechte  und  in  Schwankende  ,  die  abwechselnd  gut  und 
schlecht  sind.  Zuerst  ein  Beispiel  der  letztern  Art  an  Priscus, 
dann  eines  der  erstem  an  Volanerius  (V.  6 — 20).  Nach  dem  Zwecke 
dieser  Aiiseinandersetzung  befragt  theilt  Davus  seinen  Herrn  der 
zweiten  Classe  zu  und  lässt  sich  von  der  Behauptung,  ilerselbe  sei 
nicht  besser  als  sein  scurra,  zu  der  weitern  fortführen:  noch  auch 
weiser  als  er,  sein  Sklave;  wofür  er  sich  auf  die  Weisheit  beruft 
die  er  vom  Thürhüter  des  Crispinus  gelernt  habe  (V.  21 — 45).  Diese 

12 


]  7S  Zweites  Buch  der  Satiren. 

gellt  claliiii  dass  auch  der  Freie  ein  Sklave  sei,  nämlich  ein  Sklave 
seiner  Leidenschaften  imd  Lüste.  Als  Beispiele  solcher  -werden 
angeführt  ehebrecherische  Neigungen ,  durch  die  man  sich  den 
grössten  Gefahren  preisgebe  (V.  46 — ^71).  i\Iauclier,  der  sich  in 
dergleichen  nicht  einlä.sst ,  thut  es  mir  aus  Furcht  (V.  72 — 74). 
Auch  die  Furcht  macht  zum  Sklaven  (75 — 77);  und  wer  Herr  zu 
sein  meint  ist  daher  in  AVahrheit  vielmehr  ]\Iitsklave  und  willenlos 
Avie  eine  Gliederpuppe  (78 — 82).  Frei  ist  nur  der  Weise  (83 — 88). 
Dessen  j\Ierkmale  aber  finden  sich  bei  den  gewöhnlichen  Menschen 
nicht,  bei  angeblich  Freien  so  wenig  wie  bei  Sklaven:  beide  sind 
unfrei,  wenn  auch  in  verschiedener  Weise  und  in  den  Augen  der 
Welt  verschieden  angesehen.  Der  Herr  ist  im  Innern,  der  amor, 
das  admirari,  die  gidosüas  (V.  88 — 103).  Auch  die  Folgen  ihrer  Feh- 
ler bekommen  beide  gleich  sehr,  wenn  gleich  wiederum  in  anderer 
Art,  zu  fühlen  (V.  104 — 109).  Der  vermeintlich  Freie  betreibt  das 
Sündigen  nur  in  grösserem  Massstabe  als  der  Sklave  (V.  109 — lll). 
Auch  das  Entlaufen  kommt  bei  jenem  vor,  nur  dass  der  Avelchem 
er  entläuft  sein  eigenes  Ich  ist.  Indem  diess  Davus  mit  besonderer 
Anwendung  auf  seinen  Herrn  ausfuhrt  reisst  diesem  die  Gediild, 
und  er  jagt  den  unberufenen  Moralprediger  von  dannen  (V.  112 
—  118). 

Anspielungen  auf  Zeitereignisse  enthält  die  Satire  nicht;  wir 
sind  daher  hinsichtlich  der  Frage  nach  ihrer  Abfassungszeit 
lediglich  auf  innere  Merkmale  angewiesen.  Dahin  gehören  in 
erster  Reihe  die  AÜelfachcn  Anklänge  an  frühere  Gedichte.  Be- 
sonders stark  ist  die  Aehnlichkeit  mit  Sat.  II ,  3  und  daher  wahr- 
scheinlich dass  sie  durch  einen  Zeitraum  einiger  Jahre  von  dieser 
getrennt  ist;  minder  auffallend  die  mit  älteren  Satiren,  des  ersten 
Buchs,  wie  die  Schilderung  des  Priscus  mit  der  des  Tigellins  in 
I,  3;  V.  2+  mit  I,  1,  10  IT.,  V.  46  ff.  mit  Sat.  I,  2.  Ferner  die  äusse- 
ren und  inneren  Verhältnisse  des  Dichters.  Während  er  in  II,  3 
noch  auf  seinem  Gute  baut,  in  II,  6  damit  zu  Ende  ist  und  vom 
Landaufenthalt  mit  der  Wärme  einer  jungen  Liebe  spricht  und 
nur  wünscht  dass  ihm  sein  Besitz  zum  vollen  bleibenden  Eigenthum 
werden  möge:  so  finden  wir  in  unserer  Satire  den  ländlichen  Staat 
desselben  vollständig  organisiert  (V.  I  Ks)  und  den  Dichter  in  so 
guten  Verhältnissen  dass  er  (in  der  Stadt)  seine  Scurren  hat  (V. 
36).  Sein  Inneres  anlangend  so  zeigt  er  schon  starke  Spuren  dtM- 
Hypochondrie  über  die  er  Ep.  I,  8  klagt,  in  der  Launenhaftigkeit 
die  er  sich  Schuld  geben  lassen  muss  (V.  22  ff.),  dem  Unbehagen 
und  der  Verstinnnung  welche  V.  111  — 115  an  ihm  getadelt  wird: 
das  Alles  hat  walnliili  nichts  Jugendliches  und  macht  es  wahr- 
scheinlich dass  zur  Zeit  unserer  Satire  der  Dichter  die  Hlütezeit 
des  Leljons  hinter  sich  hat,  in  den  Mannesjahren  schon  einitrer- 
inassen  vorgerückt  ist.  j\lag  er  auch  noch  in  den  Drcissigen  stellen, 
so  wird  es  doch  weit  eher  deren  späterer  Tlieil  sein,  am  Abhang 


Kirileilung  zur  sichcnlen  Saliio.  170 

gegen  tlie  Abcudseitc  des  Lebens  hin,  als  ihre  der  Morgensonne 
der  Jngend  zugekehrte  Hälfte.  Alle  diese  Hindentnngen  vereini- 
gen sich  in  der  Zeit  um  726 — 727,  welche  ich  im  Rhein.  Mus.  N.  F. 
IV.  8.  217  f.  vorgeschlagen  habe  nnd  womit  ich  mich  in  Ueberein- 
stimmung  tindc  mit  Spohn,  der  das  J.  726  aufstellte,  und  mit  W.  E. 
Weber,  welcher  (lloratius  etc.  8.  103  f.)  die  Satire  in  den  Decem- 
ber  72()  setzt.  Auch  Kirchner  weicht  davon  nicht  wesentlich  ab, 
indem  er  (oben  I.  S.  20)  sie  für  die  vorletzte  halt,  verfasst  im 
J.  72j  *).  Da  ich  von  II,  1  erwiesen  zu  haben  glaube  dass  sie 
nicht,  wie  Kirchner  voraussetzt,  die  letzte  sei,  so  kann  ich  nm  so 
eher  die  gegenwärtige  als  die  spätestverfasste  bezeichnen,  die- 
jenige nach  welcher  Iloraz  sich  der  Gattung  der  Briefe  zuwandte, 
wozu  in  der  ausgeprägt  dialogischen  Haltung  der  vorliegenden 
sammt  ihrem  stoischen  Tu  bereits  ein  unverkennbarer  Uebergang 
enthalten  ist;  nur  dass  in  den  Briefen  dann  der  Tu  zu  einer  ganz 
bestinnnten  nnd  befreundeten  Person  wurde.  Nach  meiner  Ansicht 
ist  Sat.  II,  7  verfasst  nach  allen  andern  Satiren  nnd  kurz  vor  den 
frühesten  Briefen,  von  welchen  I,  2  u.  4-  in  Stimmung  und  Inhalt 
die  meiste  Aehnlichkeit  mit  unserer  Satire  haben.  In  der  Mitte 
liegt  dann  die  Herausgabe  des  zweiten  Buches  der  Satiren  und  der 
Abschluss  der  ganzen  Sammlung,  av eichen  Ep.  1,4  znr  Voraus- 
setzung hat. 

Dass  Bcntley  nach  Hdsch.  diese  Satire  mit  der  vorigen  zu 
Einem  Ganzen  verbinden  will  Avürde  ich  gar  nicht  erwähnen,  da 
ich  hierüber  genau  so  denke  wie  Weber  (S.  462),  hätten  nicht  in 
neuester  Zeit  Gelehrte  ihre  berechtigte  Bewunderung  Bentley's 
auch  auf  diese  Schrulle  ausdehnen  zu  müssen  geglaubt. 

Von  specieller  Literatur  ist  nur  zu  erwähnen  D.  Fr.  Hoheisel, 
Praelusio  crilica,  sisteiis  expUcalioncm  loci  vcxatisshiu  in  Hör.  Sat.  II,  7 
tU  vitale  pulcs.   Hallo  1731.  4. 


AniuGrkuuucn   zur  .sicljcnten   Satire. 

V.  1.  Nach  seiner  Gewohnheit  versetzt  der  Dichter  mitten  in 
die  Scene  hinein,  welche  Weber  S.  461  g- E.  (vgl.  Mitscherlich 
Kac.  VI.  p.  8)  unseres  Erachtens  am  wahrscheinlichsten  ausführt. 
Denn  dass  Iloraz  bis  dahin  laut  gelesen  oder  gesprochen  habe,  wie 
Viele  annehmen,  können  wir  nicht  glanldich  hnden ,  da  es  etwas 
Insipides  an  sich  hat.    Vielmehr  hat  Davus  das  Ohr  angelegt,  ob 


*)  Gegen  Zumpt,  der  auf  das  J.  720  gerätli,  s.  Kliein.  Mus.  a.  a.  O. 
S.  2  10  f. 

12* 


1.80  Zweites  Buch  der  Saliren. 

niclit  etwa  sein  Herr  gerade  Grescllschaft  habe  oder  sonst  Irgend 
auf  eine  keinen  Verzug  leidende  Weise  beschäftigt  sei.  Wie  er 
nichts  hört  entschliesst  er  sich  einzutreten  und  seinen  Sermon  zu 
halten.  Bei  dieser  Auffassung  von  ««sc« /<o  wird  der  Anfang  am 
meisten  dramatisch.  Von  den  iStellen  -welche  Xonius  s.  v.  aiiscidlare 
anführt  gehört  am  näclisten  hielier  Afranius  Privigno  (V.  26j  Kibb.) : 
vklisli  ludos?  Hinr  ausciillavi  proriil.  Belehrend  sind  aber  aucli  die 
aus  Pacuvius  (V.  85  K.) :  den  Ilaruspices  magis  audiendum  quam 
auscullanduin  ccnsco ,  und  Caecilius  (V.  196  K.):  aiidire  ignoli  quae 
impei-atU  soleo ,  ti07i  aiiscidlare.  Beim  Horchen  von  Sklaven  steht 
das  Wort  auch  Plaut.  Poen.  IV,  1,  6:  quid  habeat  scrmonis  auscuUabo  ; 
vgl.  Merc.  472:  onuiia  ego  islaec  ausciillavi  ab  ostio.  Von  einer  Ellipse 
kann  aber  hier  verständiger  Weise  nicht  die  Kede  sein.  Eine 
Avunderliche  Ausdrucksweise  muthet  Apitz  unserem  Dichter  zu, 
wenn  er  li'.i  mit  auscidlo  verbindet,  in  dem  Sinne :  iam  diuhim  luorum 
dicloruin  auscullalor  sunt  cl  cupicns  t.  p.  d.  scrv.  ref. 

V.  2.  ilu  {esl).  Von  den  Beispielen  für  den  Gebrauch  des 
Wortes  als  Bejahung  welche  Lambin  z.  d.  St.  und  Hand  Turs.  III. 
p.  493  anführen  triftt  am  unmittelbarsten  zu  Cic.  Verr.  III,  91,  -213: 
an  me  ad  M.  Anlonii  uesiimalionem  revocalunis  es .'  IIa ,  inqml ,  ad  M. 
Anlotiii-^  sofern  auch  d<.rt  im  Interesse  der  Deutlichkeit  zum  Be- 
jahungsworte hin  dasjenige  wonach  es  sieh  fragte  wiederholt  wird. 

V.  3.  frugi  von  Sklaven  wie  Dig.  IX,  2,  23.  §•  ü:  si  bonae 
friiyi  scrvus  intra  anmtm  mulalis  »lorihus  occisus  sit ,  prelium  id  aestima- 
bilur  quanlo  valeret  priusquam  inorcx  mularcl.  XIX,  I,  13.  §.3:  si  igtio- 
7'avil  quidem  furcni  esse,  assevcravd  autem  bonae  frugi  et  fidum.  Das 
Selbstlob  wird  mit  Sklavenhumor  alsbald  gemildert,  so  dass  es  bei- 
nahe eine  Färbung  bekommt  wie  das  Lob  bei  Aristoph,  Plut.  26  f.: 
tc5j'  i^icou-OLKeräv  mGxoTaxov  ijyov(.icU  ae  y.ul  ■/.Xf.nTiaxaxov.  So  ausser- 
ordentlich ist  meine  VorfrciVlichkeit  nicht  dass  zu  fürchten  wäre 
ich  möclite  zu  gut  für  diese  Erde  sclieinen  und  voi\  den  Göttern 
bald  wieder  zu  sich  genommen  werden,  nach  dem  mouandrischen 
Satze:  ov  oi  d'sol  cpLlovöiv  aTTo&vi'jaKSi,  i'io^.  Ein  V()lks'>hvnl)en  wel- 
chem andererseits  die  Vorstellung  zu  ({runde  liegen  moihte  dass 
die  Götter  fürchten  ein  solcher  Wundermenscli  könnte  bei  langem 
Leben  bis  in  das  Gebiet  der  Göttlichkeit  liineinwachsen.  Die  Be- 
lege für  diesen  Volksglauben  aus  Sen.  Conlrov.  I,  1.  Martial.  VI 
29.  Stat.  Silv.  IT,  7,  92  (dazu  Üvid.  Am.  II,  6,  39:  oplima  prima  fcrl 
manibus  rapiuutur  avaris,  Imjdrntur  numeris  detcriora  suis,  was  im 
Folgenden  durch  Beisjtiele  erhärtet  wird)  hat  sclion  llaberfeldt. 

V,  fi.  urgel  p  ro/>o  sit  um,  wie  urgere  opus  (z.  B.  Tibull. 
I,  9,  H),  sich  so  nahe  an  das  Vorgesetzte  halten  (biss  gh'iclisam  eine 
körperliclie  Berührung  Statt  findet,  unaufhörlidi  hinter  demselben 
her  sein,  ähnlich  -ww  premil  V.  115. 

V.  7.  Der  Beisatz  mulla  (Glosse  in  Gph.  1  :  magna)  bezeichnet 
diesen  Tlicil   der  .Alenschheit  als   denjenigen  welcher  die  .Mensch- 


Aninorkungeii  zur  siebenten  Satire.  1 8 1 

lioit  bilde.  Na  tat  in  ähnlicher  AVeise  wie  das  deutsche  Ver- 
schwoninien.  Ueherhanpt  aber  erscheint  nach  römischer  Anschau- 
ungsweise nur  das  Feststehen  (in  Folge  seiner  Solidität),  das  starc, 
als  das  Richtige:  das  ihm  entgegengesetzte  Verhalten,  ßucre  wnd. 
natare,  ist  in  den  Augen  des  Römers  ebenso  sehr  ein  Fehler  (vgl. 
z.  B.  Liv.  VIT,  32:  niniio  lua-ii  fluetdibus  rebus.  33:  cum  fJuerc  iuin  lassi- 
tudiiic  vires  sentirenl)  wie  der  Grieche  geneigt  ist  mit  ^hv  eher  den 
Kegritl"  des  Gewandten  —  und  also  eines  Vorzugs  —  zu  verbinden: 
die  romana  conslanlia  (Liv.  XLII,  62)  im  Gegensatz  zur  graeca  levilas. 

V.  S  ff.  Beispiel  eines  3Ienschen  der  zweiten  Art:  des  (Sena- 
tors und  Ritters)  Priscus  Ungleichheit,  Veränderlichkeit  in  Bezug 
auf  Kleidung,  Wohnung  und  sonstige  Lebensweise.  Cum  ir.  an. 
vgl.  3,  112.  Hand  Turs.  II.  p.  143  f.  Bald  trug  er  sich  als  Mode- 
geck, bald  affectierte  er  altrömische  Strenge.  Wenn  Plinius  IL  N. 
XXXIII,  4  die  Sitte  die  Ringe  an  der  linken  Hand  zu  tragen 
aus  einer  gewissen  schuhlbewussten  Verschämtheit  ableitet,  so  ist 
diess  schon  an  sich  unwahrscheinlich  und  eine  Ueljcrtragung  des 
Bewusstseins  späterer  Zeit  in  die  tVühere :  wie  hätte  man  auch  des 
Ringtragens  sich  zu  schämen  gebrauclit  so  lange  es  bloss  Sache  der 
Zweckmässigkeit  (zum  Siegeln)  und  Standesabzeichen  war?  Vol- 
lends wäre  es  ein  Ueberraass  von  Lächerlichkeit  gewesen ,  zwar 
aus  Putzsucht  einen  Ring  an  den  Finger  zu  stecken,  dann  aber  die 
betreffende  Hand  zu  verbergen.  Offenbar  verdient  daher  die  An- 
gabe des  Atejus  Capito  bei  Macrob.  Sat.  VII,  13  den  Vorzug.  —  in 
horas  6,  47.  Ep.  II,  3,  160.  acdibus  ex  magnis  vgl.  Hand  Turs. 
IL  p.  644,  52.  vgl.  642  f.  Xr.  49. 

V.  13.  moechus  schliesst  die  Voraussetzung  in  sich  dass  der 
Zweck  seiner  Eleganz  sei  auf  schwache  Frauen  Eindruck  hervor- 
zubring<*n ,  Eroberungen  zu  machen,  dass  er,  wie  C  Gracchus  bei 
Isidor.  Origg.  XIX,  32  sagt,  propler  muUerum  rupidilaiem  ut  midier 
ornalus  war.  Der  Leltensweise  eines  stutzerhaften  Frauenjägers  in 
der  geräuschvollen  und  genussreichen  Weltstadt  ist  gegenüberge- 
stellt das  zurückgezogene,  in  die  Studien  vertiefte  Leben  eines  Ge- 
lehrten in  der  stillen,  hall)ausgestorbenen  (vacuae,  ¥>]->.  l\ ,  2,  S\) 
Universitätsstadt  Athen.  Da  unter  den  verscliiedenen  Zweigen  der 
Wissenschaft  in  Athen  die  Philosophie  in  besonderer  Blüte  stand, 
so  mag  man  bei  doctus  vorzugsweise  an  diese  denken  (vgl.  doctum 
Plalona^  II,  4,  3.  vielleicht  auch  Ep.  H,  1,  56:  aufert  Pacuvius  docli 
fiimam  senis).  Das  Wort  als  Substantiv  zu  nehmen  liegt  in  der 
Wortfügung  keinerlei  Nöthigung.  Das  doclor  so  vieler  Hdsch. 
(und  darunter  des  Bland,  antiquiss.)  klingt  fast  wie  ein  mittelalter- 
licher Witz. 

V.  14.  Um  den  Sinn  des  Ausdruckes  Ve rtuuniis  ualus  ini- 
f/uis  zu  ermitteln  vergegenwärtige  man  sich  analoge  Fälle.  Wenn 
man  von  einem  Menschen  sagte  er  sei  unter  dem  Zorn  der  Liebes- 
göttin geboren,  was  würde  es  Anderes  heissen  als  dass  er  sein  Le- 


1 S2  Zweites  Buch  der  Saiiien. 

ben  lang  in  der  Liebe  Unglück  babe,  also  entweder  gar  keine  Liebe 
finde  oder,  wenn  docb,  in  Verbindung  mit  Verbältnissen  die  zu 
seinem  Scbaden  gereicben?  Gnalia  Lymphis  iralis  exstructa  (1,5, 
97  f.)  kann  an  sieb  nur  entweder  bedeuten  dass  Gnalia  an  AVasser 
Mangel  leide  oder  dass  es  damit  im  L'ebermass  ausgestattet  sei,  so 
dass  man  darin  im  Scbmutze  stecken  bleil)e  oder  (byperboliscb) 
fast  ertrinke  *).  Ebenso  iralis  nalus  parics  dis  alque  pnelis  (II,  3,  8) 
ist  eine  Wand  deren  Dasein  und  Anblick  nur  Unglück  und  Hem- 
mung im  Uiebten  bewirkt,  an  der  oder  vor  der  scblccbterdings 
kein  Gedickt  zu  Stande  kommen  will.  Und  so  muss  denn  nun  aucb 
Verl.  nal.  iniq.  bedeuten  entweder  dass  das  betreftende  Subjeet  sich 
gar  nicht  verlere  kann  (was  hier  von  sel!)st  wegfällt)  oder  dass  er, 
wenn  er  sich  verlil ,  im  verti ,  beharrlich  Unglück  bat.  Dieses  U^n- 
glück  kann  denn  nach  dem  Zusammenhange  nur  darin  bestehen 
dass  er  mit  allen  seinen  Wandlungen  doch  nie  d;is  Rechte  trifft, 
dass  er  von  einem  Extreme,  einem  Fehler  immer  in  den  anderen 
hineingeräth.  Dass  das  Wandeln  selbst  eine  Plage  für  ihn  sei  ist 
weder  angedeutet  noch  entspricht  es  dem  iuiqitis.  Wenn  eine  Gott- 
heit einem  Menschen  ^>?»'C  ihre  eigene  Eigenschaft  mittheilt ,  so 
kann  diess  doch  nicht  an  sich  schon  eine  Qual  und  Strafe  bedeu- 
ten: sonst  müsste  ja  der  betreffende  Gott  selbst  auch  unglücklich 
sein.  Ich  kann  daher  nur  auf  dem  beharren  was  ich  zu  AVeber 
Sat.  S.  4fi4  gefragt  habe. 

V.  15.  sexirr a  schliesst  ursprünglich  den  Begriff  parasitischer 
Hungerleiileiei  nicht  in  sich,  sondern  bezeichnet  einen  Menschen 
dessen  Element  die  Stadt  ist ,  der  ganz  aufgeht  in  den  Interessen, 
Bestrebungen  und  Genüssen  der  geselligen  Kreise  dopselben ,  und 
die  specifischen  Eigenschaften  eines  Stadtmenschen  auf  die  Spitze 
getrieben  an  sich  trägt.  Im  Gegensatz  zu  der  Thätigkeit  i\\^  ruslicus 
oder  miles  ist  er  blosser  Pflastertreter  (hängt  sriirra  etwa  mit  eurrere, 
diseurrere  zusanunenV),  der  die  Stadtneuigkeiten  weiter  trägt,  den 
Herden  geselliger  Unterhaltung,  den  Gastmaiden,  nachzielit  und 
sich  und  Andere  möglichst  gut  zu  amüsieren  bemüht  ist.  In  diesem 
Sinne  steht  das  Wort  wie  hier  so  auch  Plaut.  Trin.  202  R.:  {nihil 
est  profecto  stullius  —  neque  perinriiis)  Quam  urhani  aflsidui  cires,  quos 
scHvras  voeanl.  Vgl.  Cure.  11,  3,  17.  In  (»egensatz  zum  homo  rustieus 
ist  es  ges«>tzt  Plaut.  ^lost.  lö:  lii  nrbaniis  rero  sciirra ,  deliciae  popli, 
Bus  mihi  tu  ohierlas?  und  zu  einem  Kriegsmanne  in»  Epid.  13  f.,  wo 
Tbes])ri()  zu  Epidikus  sagt:  Srurra  es,  und  dieser  versetzt:  seio  te 
esse  quitlem  hominrm  mililurem ;  sowie  Trucul.  11.6,  10:  tum  placet 
quem  sctirrae  latulant .  »lanipiilares  mtissilanl.  Eine  solche  Lebens- 
weise ist   natürlicli    nidit    die   ciue^  rdebifboipuen  ,   am  Staate   b»<- 


*)  I>as3  R.  Se.vftoit,  Sc-liol.  1.  p.  11  f.,  es  ant"  den  Aberplnubcn  der 
Bcwoliner  von  Cinfitia,  nls  einer  S|)ocies  von  Vcrrüekthoit  {li/mphn(nin  esse), 
bezieht  wird  Niemand  nls  einen  tTCgcnbeweis   ansehen. 


Anmerkungen  zur  siebenten  Salire.  183 

thoiligten  Römers,  sondern  die  von  Freigelassenen  oder  niedrig 
geboreneu  Freien,  die  durch  Bildung,  Geist  und  Witz  zwar  sich 
auszeiclmen  mögen,  um  so  entfernter  aber  sind  von  ernstem  Stre- 
ben nach  Avürdigen  Zielen.  Eine  solche  Lebensweise  ist  ferner  der 
Natur  der  S.iclie  nacli  sehr  Avenig  einträglich;  steht  einem  solchen 
Individuum  daher  nicht  eigenes  —  ererbtes  oder  in  früheren  Ver- 
liältnissen  erworbenes  —  Vermögen  zu  Gebote,  so  ist  er  auf  die 
Tische  der  Keichen  angewiesen;  und  da  andererseits  Leute  mit 
solchen  geselligen  Talenten  auch  von  vielen  ernsten  Staatsmännern 
zur  Erholung  oder  von  Reichen  zur  Unterhaltung  gesucht  werden 
inochten,  so  gab  es  sich  von  selbst  dass  solche  homhies  urbani  immer 
mehr  in  die  Rolle  von  Parasiten  hincingeriethen.  In  diesem  Sinne 
steht  es  oben  3,  "220  und  ist  auch  die  Beschreibung  des  scurra  eines 
Hochstehenden,  im  Gegensatze  zum  amicus  desselben,  bei  Horaz 
Ep.  I,  18,  l — 14  gehalten.  So  schon  bei  Plautus,  Poen.  III,  2,  35: 
faciuul  scurrac  quod  consucrunl:  pone  sesc  hotnhics  locaul,  und  die 
AVitzreisserei  auf  fremde  Kosten  ib.  V,  5,  2:  tum  profcclo  mc  sihi 
hahettlo  scurrac  ludißcaliä.  3Iit  der  zunehmenden  grossstädtischen 
Ausbildung  Roms  und  dem  wachsenden  Sittenverfall  nahm  auch 
die  Zahl  der  scurrac  immer  mehr  zu  und  wurde  ihr  Treiben  zu 
einem  förmlichen  Gewerbe,  worüber  s.  0.  Jahn's  Persius  p,  LXXXV 
bis  XCIII. 

V.  16.  sc  steht  hier  ungenau  statt  ipso.  Strenggenommen  ist 
das  Reflexivpronomen  nur  da  am  Platze  wo  es  sich  auf  ein  Substan- 
tiv bezieht  welches  Sul)ject  sowohl  des  grammatischen  Hauptsatzes 
ist  als  desjenigen  Satzes  in  welchem  es  (das  Pronomen)  selbst 
steht,  d.  h.  also  wenn  es  im  Hauptsatze  steht  und  sich  auf  das 
Subject  desselben  bezieht,  wie  z.  B.  unten  V.  32.  Fällt  aber  bei- 
des nicht  zusammen ,  bezieht  sich  also  das  Pronomen  auf  ein  Sub- 
stantiv das  entweder  in  einem  anderen  Satze  steht  als  das  Prono- 
men oder  nicht  Subject  des  Hauptsatzes  ist ,  so  muss  ipsc  gesetzt 
werden.  Ist  aber  keines  von  Beidem  der  Fall,  bezieht  sich  das 
Pronomen  auf  ein  Substantiv  das  weder  Subject  des  Hauptsatzes 
ist  noch  auch  Subject  des  Satzes  welchem  das  Pronomen  angehört, 
so  ist  is  das  normale  Pronomen.  AbAveiclnuigen  hievon  erlaubt  man 
sich  nur  theils  in  der  niinder  scharflogischen  Sprechweise,  also  im 
gewöhnlichen  Leben  und  in  Briefen,  oder  für  rhetorische  Zwecke, 
indem  man  entweder  (um  das  betreffende  Subject  in  helleres  Licht 
zu  rücken)  statt  des  eigentlich  erforderlichen  Pronomen  die  nächst- 
höhere Gattung  setzt  (besonders  häufig  das  Reflexivpronomen  statt 
ipsc),  oder  umgekehrt  abschwäehend  die  nächst  niedrige  (das  De- 
terminativ is  statt  ipsc).  Das  Erstere  ist  wie  hier  so  auch  8,  82  der 
Fall;  ebenso  bei  Turjiilius  (Ribbeck  com.  lat.  p.  77)  V.  36:  mi  est 
iralus  paler,  quiasc  ialctito  argctUi  leli{/i;  Quinctius  Atta  Concil.  (Ribb. 
com.  lat.  p.  137,  6):  ursum  sc  mcmordissc  aufumal.,  und  dem  Komiker 
ib.  p.  IQ-iy  XXXVI:   me  esse  acerbum  sibi,  uli  sim  ilulcis  mihi.     Val. 


1  84  Zweites  Ruch  der  Saliren. 

Max.  VI,  8,  1 :  iUe  vero  (servtis)  Antonimn  ullro  es(  kor  latus  ut  se  iudi- 
ci'/tis  lortjucndiim  (i-aderet.  Antlere  Beispiele  s.  bei  G.  T.  A.  Krüger, 
lat.  Gr.  §.  412,  2  mitl  ebd.s.  I  Belege  für  die  zweite  Art  von  Ab- 
weichung. 

V.  17.  Unter  den  verschiedenen  Bezeichnungen  für  das  Ge- 
rätlie  beim  AVürfelspiel  ist  von  ptjrgtis  und  lurriciila  klar  dass 
sie  Benennungen  der  nämlichen  Sache  sind;  auch  ihre  Beschaf- 
fenheit und  Einrichtung  erhellt  ziemlich  klar  schon  aus  ihrem  Na- 
men; vgl.  Meyer's  Antli.  lat.  Nr.  915  und  die  andern  Stellen  hei 
Orelli.  Zweifelhaft  ist  nur  das  Verhältniss  von  phimus  und  frililhts 
theils  zu  einander  theils  zu  jnjrgiis.  Heinrich  zu  Juvenal  XIV,  5 
und  W.  A.  Becker  im  Gallus  II.  S.  222  identiticieren  p/timus  und 
frilillus  mit  pj/rgus ,  und  halten  alle  drei  —  oder  vielniehr,  ein- 
schliesslich von  turricula,  vier  — ■  für  Bezeichnungen  des  Begriffs 
Becher,  welcher  selbst  eine  thurmartige  (oben  enge,  daher  phimus) 
Gestalt  gehabt  habe.  Vier  Ausdrücke  für  denselben  Begriff  Aväre 
aber  ein  so  auffallender  Luxus  dass  schon  darum  die  Annahme 
eines  Unterschiedes  wahrscheinlich  ist.  Hiebei  sind  aber  wiederum 
erhebliche  Meinungsverscliiedenheiten.  Salmasius  zu  Script,  bist, 
aug.  II.  p.  755  fi".  stellt  den  pliimus  den  3  anderen  Ausdrücken  ge- 
genüber; jener  sei  das  Geräthe  aus  dem  man  die  tesserae  oder 
iali  in  den  ptjrgus  sive  frilillus  einl)ringe.  Dabei  hätten  wir  also  auf 
der  einen  Seite  für  den  Becher  nur  eine  einzige,  ursprünglich  grie- 
chische Bezeichnung,  auf  der  andern  aber,  für  den  Thurm,  drei, 
nämlich  zwei  lateinische  {frilillus  und  lurricula)  \ind  eine  griechi- 
sche (pi/rgus),  —  offenbar  ein  sehr  wenig  glaubhaftes  Verhältniss. 
Dasselbe  gilt  gegen  Düutzer,  welcher  (11.  S.  ;vs->  f.  mit  Anm.**), 
iinter  Zustimnning  von  Kein,  zu  Beckers  Gallus  111.  S.  254,  auf  die 
eine  Seite  frilillus  stellt,  ,,der  Becher  aus  dem  die  Würfel  geworfen 
werden",  auf  die  andere  y>/«/»(?/.s"  oder  pi/rgus  (und  lurricula),  .,dcr 
Becher  der  oben  enger  als  unten  war  und  drinnen  stufenartige 
Absätze  hatte";  nur  dass  hier  noch  die  Unklarheit  des  Ausdruckes 
hinzukommt  v  eiche  die  zwei  verschiedenen  Geräthe  beide  glei- 
cherweise als  ,, Becher"  bezeichnet.  Ich  stelle  von  den  vier  Aus- 
drücken je  auf  eine  Seite  einen  lateinischen  uiul  einen  griechi- 
schen, und  zwar  natürlich  so  dass  frilillus  =  p/iimus,  da  lurricula  = 
pi/rgus;  wie  auch  C^edren.  I.  )).  125  ro  rl<}j(pnßö),iov  [frilillus)  und 
7rr«}'o^'  auseinandcrliiilt.  Der  Becher  [fritilhis]  durch  welchen  die 
Würfel  in  den  thurmäliuliclien  Cylinder  geworfen  wurden  war  oIhmi 
eng  (g)ifiog),  weil  es  aucli  die  obere  Mündung  des  pi/rgus  war  und 
daher  die  Würfel  nur  nach  einander  in  derselben  Eingang  linden 
konnten.  AVill  man  frilillus  und  jdiiiinis  wiederum  von  einander  uu- 
ferscheiden  Menn  wozu  wäre  sonst  die  Dujdicität  der  Bezeieli- 
nungV),  so  liisst  es  sieh  etwa  so  thun  dass  jenes  der  allgemeine 
Au^^diMck  für  ,, Becher"  ist  (S(>n.  Lud.  14:  Acacus  iuhct  illutn  nlca  lu- 
dere prrlusn  frililln.   15:  quolicns  missurus  rral  resonnnic  frilillo,  i'lroque 


Anmerkungen  zur  siebeulen  S;iiire.  185 

subduclo  fwjiebat  Icsscra  fumh.  Martial.  IV,  I4.  7  W:  dum  blamla  vagus 
iilca  Dcccmher  Inccrlis  sonal  hiiic  cl  hinc  frilillis.  XI^',  I,  3:  tiec  liincl 
acdilem  molo  spcrlarc  frili/hi —  verna),  auch  in  demjenigen  Spiele 
wobei  die  AVürfel  nicht  in  einen  pyrgns ,  sondern  unmittelbar  auf 
den  Tisch  geworfen  wurden,  wobei  der  Becher  eine  weniger  enge 
Mündung  haben  mochte;  wogegen  p/f/z/iws  vorzugsweise  den  Becher 
bezeichnet  zu  halben  scheint  diircli  welchen  man  die  Würfel  in  den 
Cvlinder  Iteim  Koulettespiel  hineinwarf.  Da  indessen  auch  cpi^iog 
im  ririochisclien  ohne  Zweifel  von  weiterer  l^edeutnng  war  (s. 
Aescliin.  I,  j9=^8;i:  aaroayaluvg  xi  rivag  diaaciGrovg  y.cd  (pi^ovg  Kai 
y.vßevTiy.a  e'reoa  OQyava ,  wozu  Schob:  cpiiiol  oc  r.alovriei'ui.  k}juoi, 
{ig  ovg  iveßcdkovTO  01  aargayakoi) ,  so  mochte  neben  fritillus  auch 
phimus  ausnahmsweise  vom  gewöhnlichen  Würfelspiel  gebraucht 
werden.  Zu  dieser  Unterscheidungsweise  passt  sehr  gut  die  An- 
gabe von  Schol.  Juvenal.  XIV.  5:  fi'ilillus  pyxis  conica  qui  fimtis 
dicilur  graece.  Einer  anderen  Schichte  v<in  Scholien  gehört  dann 
das  Weitere  —  mindestens  dessen  Schluss  —  an:  (tpud  atiliguos  in 
cormt  millebanl  icsseras  movenlesque  fimdebanl.  Aul  frililluin  pyrrjum 
dixit.  Letztere  Angabe  findet  sich  auch  bei  den  Schcdiasten  zu 
unserer  Stelle,  indem  Acro  hat:  pyrgum]  tabulam,  alii  ftitillum  dicunt 
vel  pyxidcm  sine  fundo  (weil  sie  auf  eine  tabula  ausmündet),  und 
Porphvrio  :  pyrgum,  quod  7ios  frilillum  dicimus ,  in  quo  coniectae  les- 
serae  agilataeque  initlunlur.  Sie  ist  aber  nichts  desto  Aveniger  Allem 
nach  unrichtig.  Dieselben  beiden  Arten  von  alea  waren  (wie  bei 
uns)  auch  als  Kinderspiele  gebräuchlich,  nur  dass  es  sich  dabei 
wohl  entweder  um  keine  oder  um  geringere  Werthe  handelte;  s.  3, 
171.  Persius  III,  47 — 50  (mit  Ausschluss  von  aiiguslae  —  orcae ,  die 
von  etwas  ganz  Anderem  handeln,  s.  0.  Jahn  ad  1.  p.  153),  und  die 
Klage  von  Juvenal.  XIV,  1  —  5. 

Machen  wir  von  dieser  Erörterung  nunmehr  Anwendung  auf 
iinsere  Stelle,  so  sjiricht  in  derselben  füv  jjhinunn  ausser  der  Auto- 
rität der  Blandinii  besonders  der  Umstand  dass  zwar  in  vielen 
Hdsch.  pyrgum  über  dieses  als  Glosse  gesetzt  ist,  nicht  aber  —  we- 
nigstens in  den  Anfülirungen  von  Kirchner  —  umgekehrt,  phimum. 
ist  daher  das  weniger  bekannte,  somit  ohne  Zweifel  ursprüngliche 
Wort;  und  es  stimmt  auch  vollkommen  zu  unserer  Auseinander- 
setzung. Zwar  hätte  pyrgum  scheinbar  das  für  sich  dass  dabei  Vo- 
lanerius  aller  und  jeder  Mülie  und  Anstrengung  überhoben  wäre, 
,,so  dass  er  nur  das  Zusehen  hatte ,"  wogegen  er  bei  pkimu?n  in  der 
angegebenen  Bedeutung  des  AVortes  „ja  noch  selbst  werfen  müsste" 
(Düntzer  a.  a.  O.).  Aber  in  Wahrheit  spricht  diess  gerade  ganz 
entschieden  gegen  pyrgum.  AVenn  es  dem  Vol.  nicht  um  das  AVer- 
fen  zu  thun  wäre  und  diess  in  seinen  Augen  nidit  ein  Genuss  sein 
Avürde  auf  den  er  um  keinen  I-*reis  verzichten  mag,  so  könnte  er 
weit  wohlfeiler  sich  einfach  darauf  beschränken  Anderen  beim 
Spielen  zuzusehen.    Schon  Haberfeldt  hat  das  Kichtige  getrofi"en 


186  Zweites  Buch  der  Satiren. 

•wenn  er  sagt:  „Vol.  liatte  also  Einen  gemietliet  der  ihm  die  Wür- 
fel vom  Spieltische  zusammensuchte  iind  in  den  Becher  that;  er 
selbst  besass  gerade  noch  so  viel  Kräfte  um  sie  auszuschütten  und 
sein  Glück  nicht  einem  Anderen  zu  überlassen." 

V.  18,  Dass  das  von  Kirchner  aufgenommene  isdem  von 
Seiten  der  Hdsch.  wie  des  Sinnes  vollständig  berechtigt  ist  (gegen- 
über von  i(Iem)  wird  keines  Beweises  bedürfen.  Blosse  conslanlia  in 
viliis  Hesse  noch  grosse  Abwechslung  in  Bezug  auf  die  vilia^  also 
noch  viel  inconstanlia,  zu;  auch  wäre  hier  (anders  als  Y.  23)  die 
Hervorhebung  der  Identität  des  Subjects  höchst  überflüssig. 

,V.  19.  ac  prior  illo  scheint  auch  der  ,,eine"  Blandinius  (der 
antiquissimus?)  zu  haben,  da  diess  die  einzige  Variante  ist  welche 
Cruquius  (ausser  acrior  ille)  erwähnt  und  für  unverwerflich  erklärt. 
"Wenn  Ileindorf  hiegegen  die  stoische  Lehre  von  der  Gleichheit 
aller  Nichtweisen  geltend  macht,  so  ist  einzuwenden  fürs  Erste 
dass  das  Gegenwärtige  noch  nicht  als  stoische  Ausführung  be- 
zeichnet ist  (s.  V.  45),  und  dalier  eine  kleine  Inconsequenz ,  her- 
vorgegangen aiis  der  Reaction  des  gesunden  ^Menschenverstandes 
gegen  die  Starrheit  des  Systems,  nichts  Auffallendes  hätte;  auch 
ist  eine  relative  Bevorzugung  des  Menschen  als  Ganzen,  wie  sie 
prior  enthält  (wofür  Fea  vergleicht  Od.  IV,  10,  4.  c.  saec.  51.  Sat. 
IT,  5,  30.  Ep.  I,  18,  27),  dadurch  um  so  weniger  ausgeschlossen  da 
Yolanerius  zu  seinen  Fehlern  hin  doch  noch  eine  Tugend  hat,  die 
conslanlia^  durch  welclie  das  schliessliche  Facit  zu  seinen  Gunsten 
ausfällt.  Anderes  s.  Iiei  Weber  Sat.  S.  465.  !^[öglich  wäre  ac  priur 
illc  (als  jener  Erstere,  I'riscus)  unzweifelhaft  (vgl.  Kirchner  zu  I, 
10,  59),  aber  trivial  genug.  Entstanden  kann  illc  aus  dem  vorher- 
gehenden pr/or  sein,  Avie  idcm  aus  conslanlior  (Apitz  p.  135). 

V.  20.  Dass  der  bildliche  Ausdruck  von  funambuU  liergenom- 
men  sei  (vgl.  m.  Anm.  zu  Weber's  Sat.  S.466)  halte  icli  nicht  melir 
für  wahrscheinlich ;  denn  von  diesen  Hesse  sich  Uns  la.v o  fiinc  la- 
borarfi  nicht  aussagen.  Icli  glaube  aber  überhaupt  nicht  dass  irgend 
welche  concretere  Anschatuing  zu  Grunde  liege  als  die:  ein  ^Mensch 
der  das  Seil  (wie  wir  die  Saiten)  bald  straft'  liält  bald  locker.  Die 
erstbeschriebene  Art  ist  in  dem  Verse  kurz  recapituliert  weil  im 
sogleich  Folgenden  auch  Iloraz  zu  ihr  gerechnet  wird. 

V.  22ft'.  Drei  Belege  für  die  dem  Iloraz  nachgesagte  Unbestän- 
digkeit: l)  in  Bezug  auf  seine  politisch  -  socialen  Ansichten,  seine 
Stimnning  hinsichtlich  der  alten  Zeit,  V.  22  —  27;  2)  Stadt-  und 
Landleben,  V.  28  f. ;  3)  Einsamkeit  und  Geselligkeit,  Einfachheit 
und  Uepjiigkeit,  V.  29  fV.  Laudas  u.  s.  w.  bezog  schon  llaborleldt 
vorzugsweise  auf  die  zweite  und  secliste  Satire  unseres  Huches ; 
die  Oden  sind  später.  Doch  ist  es  keineswegs  auf  schriftliche  Aeus- 
scrungen  zu  beschränken. 

V.  24.  qtiis  dcus  wie  I,  1,  15 :  Tac.  dial.  41  :  .v»  —  deus  aliquis  vi- 
Uis  vcsiras  ac  Icmpora  n'pcntc  iniitasscl  u.  s.  w.  (^('ic.  Tusc.  II,  27,  67: 


Anmerkungen  zur  siehcnlcn  Salire.  187 

si  ciii  7Hivkj(inli  —  dcus  quis  dixcrit  u.  s.  w.).  I,  6,  93  ist  in  alinlicliom 
Zusaininoiihaiig-c  natura  nTsctzt,  I,  10,  68  falo.  —  Zum  Folgenden 
meint  Döderlein,  Scliertlein  etc.  (Erlangen  1853.  4.)  S.  18:  „Das 
Kcnnnia  gehört  hinter  iisi/tie;  denn  „inunev"  [vielmehr:  fort  und 
fort]  wäre  hier  eine  matte  Intensiou  von  recuses ,  statt  foi^lilcr ,  con- 
stanter  etc.  Eine  gleiche  Wortstellung  ist  Sat.  T,  2,  26."  Wenn  aber 
die  Verltindung  mit  recuses  ,,matt"  sein  soll,  was  ist  dann  vollends 
die  mit  adilla?  Letztere  ist  übrigens  wie  durch  den  Sinn  so  auch 
durch  den  Kythnuis  des  Verses  ausgeschlossen. 

V.  25.  Was  Weber  S.  466  f.  über  s entin  ausführt  ist  dahin  zu 
berichtigen  dass  auch  Cicero  das  W^ort  in  demselben  Sinne  gebraucht 
wie  Juvenal  VII,  56;  vgl.  orat.  7,  23:  i'CCoi'dor  Demoslhcncw  — 
tnium  accommodare  ad  cam  quam  senliam  ehquenliam.  —  clamas  Ha- 
berfeldt:  „was  du  mit  so  viel  Gepränge  und  Geräusch  besingest, 
wovon  du  so  viel  Aufliebens  machst."  Etwas  anders  gefärbt  ist 
die  von  ilim  verglichene  Stelle  I,  1 ,  12;  s.  dort  Kirchner. 

V.  2S.  Die  nämliche  Selbstanklage  auch  noch  Ep.  I,  8,  12. 
Dagegen  einige  Jahre  später,  Ep.  I,  10,  2  und  14,  16  f.,  hatte  er 
sich  fest  für  das  Landleben  entschieden. 

V.  30.  A])itz  stösst  sich  mit  Horkcl  an  dem  dreimaligen  nus- 
qxiam  (29),  usquam  (30),  nusquam  (32j,  tröstet  sich  aber  damit  dass 
es  ja  bloss  Worte  des  Davus  seien  (Ep.  II,  3,  114  ff.)  Avorin  die  AVie- 
derholung  vorkomme.  Richtiger  wird  man  sagen  dass  die  Sprache 
des  gewöhnliclien  Lebens,  welche  die  Satire  nachzubilden  bemüht 
ist,  über  solche  ganz  unerhebliche  stilistische  Nachlässigkeiten 
leicht  hinwegsieht.  Unbegründet  ist  die  Einwendung  welche  Apitz 
gegen  vinctus  erhebt:  es  passe  nicht  liieher,  weil  qui  vinctus  ire  dici- 
tur ,  is  twn  tarn  cofjilur  ire  quam  impeditur  aufufjerc.  AVer  gehindert 
wird  auf  die  Seite  zu  liiehen,  der  wird  doch  eben  damit  genöthigt 
an  den  Ort  seiner  Bestimmung  sich  zu  begeben.  Dass  man  ihn  auf 
dem  Wege  dahin  am  Entfliehen  hindern  muss  lässt  voraussetzen 
dass  jener  Ort  ein  unerwünschter  ist,  z.  B.  das  Gefängniss.  „Als 
ob  du  zu  irgend  einem  Gelage  auf  dem  Schübe,  d.  h.  unfreiwillig, 
giengest,  als  ob  ein  Gelag  für  dich  eine  wahre  Pönitenz  und  Strafe 
wäre."  Das  von  Apitz  vorgeschlagene  vietus  (d.  h.  ex  arbilrio  victo- 
ris)  bedarf  daher  keiner  AA^iderlegung. 

V.  33.  sub  lumin  a  prima  vgl.  Kirchner  zu  I,  6,  128.  Der 
Fall  ist  übrigens  ein  l)h)ss  angenommener  und  daher  auch  hyperbo- 
lisch ausgedrückt  :  und  käme  die  Einladung  auch  noch  so  spät. 
Davon  abgesehen  lässt  sich  ganz  wohl  denken  dass  Maecenas  dar- 
auf gerechnet  gehabt  habe  er  werde  den  Horaz  den  Tag  über  zu 
Gesicht  bekommen  und  Gelegenheit  haben  ilin  persönlich  einzula- 
den, oder  er  werde,  ein  für  alle  Alale  eingeladen  und  ein  allezeit 
gern  gesehener  Gast,  von  selbst  kommen;  wie  das  nicht  der  Fall 
war,  so  schickte  er  noch  spät  nach  ihm,  als  man  sich  bereits  zu 


188  Zweites  Budi  der  Satiren. 

Tische  gesetzt  liattc.  Es  läge  somit  darin  nur  ein  Beweis  von  der 
Unentbehrlichkeit  des  Dichters  für  Maecenas. 

V.  34.  Das  durch  Qualität  iind  Zahl  der  Handschriften  be- 
günstigte Präsens  fert  hat  Bentley  als  efficacius  el  velochis  qitiddam 
prae  sc  ferens  und  Fea  durch  Terent.  Pliorm.  T,  2,  102  {piicr.  hcus! 
Nevioti  hiic  prodit?)  gerechtfertigt.    Vgl.  auch  Orelli. 

V.  35.  fugis ,  das  mit  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  Hand- 
schriften auch  die  von  Kirchner  nicht  mitaufgeführte  Altdorfer  von 
Haberfeldt  bietet,  hat  zwar  den  Bland. -antiq.  gegen  sich,  ist  aber 
zum  Abschluss  der  Scene  (und  rennst,  ohne  Abschied  von  deinen 
Gästen  zu  nehmen,  davon,  wie  wenn  ein  Feind  dir  auf  der  Ferse 
wäre)  ganz  unentbehrlich,  wogegen  fiiris  nach  all  den  cnncreten 
Zügen  unerträglich  lahm  nachliinken  Mürde.  Vgl.  auch  Orelli  und 
Weber.  "Wenn  Apitz  aus  der  engen  Verbindung  der  "Worte  blalc- 
ras  fugisquc  ein  Argument  gegen  fugis  entnehmen  zu  können  meint, 
so  finden  dagegen  Avir  dieselbe  gerade  charakteristisch :  kaum  hat 
der  Ungeduldige  ausgesprochen  so  rennt  er,  ohtie  eine  Antwort 
abzuwarten  ,  davon. 

V.  36.  Miilvius  el  semTcie  nach  der  Hauptperson  auch  noch 
die  ganze  Gattung  zu  welcher  dieselbe  geliört;  vgl.  Hand  Tursell. 
H.  p.  480  f.  Nr.  12.    Krüger,  griech.  Grammatik  §.  69,  32.  Anm.  2. 

V.  37.  Kirchner's  Tnterpunctionsweise  kann  ich  nicht  billigen. 
Bei  derselben  wären  die  folgenden  Worte  Begründung  und  Erläu- 
terung des  fuifi  ref.  precali  disccdiml,  was  sie  aber  unmöglich  sein 
können,  nicht  bloss  wegen  noji  refercnda  (an  welches  sich  doch  nicht 
gleich  ein  rcfcrre  derselben  anschliessen  kann),  sondern  auch  we- 
gen precali:  von  einer  Verwünschung  ist  in  den  "Worten  des  Mul- 
vius  {faleor  u.  s.  w.)  nichts  zu  entdecken.  Ich  bleibe  daher  bei  der 
gewöhnliclien  Tnterpunction ,  welche  elenim  als  den  lebhaften  An- 
fang der  Worte  des  ^lulvius  fasst,  die  vorausgegangene,  und  in  fa- 
leor dann  ausgesprochene,  innerliche  Zustimmung  begründend,  in 
der  Weise  von  Jiempe  (J,  10,  l):  nun  ja,  ich  leugne  es  ja  nicht,  ich 
bin  Parasit:  aber  er  ist  es  auch,  und  er  hat  daher  kein  Recht  uns 
zu  verhöhnen  und  zu  schmähen.  —  di.reril,  vgl.  Kirchner  zu  I, 
9,  54. 

V.  3S.  Haberfeldt:  nasum  nidore  siipi/ior  statt  riastis  mihi 
tiidorc  sitpinalitr,  i.  e.  cxcilalur,  alhdUlur  (Virg.  Go.  11,  26 1  :  nnle  supi- 
natas  .If/uilaiii  oslcndcrc  glchas).  Diese  Rew(>gung  der  Xase  drückt  die 
T^iüsternlieit  nach  einem  guten  (Jericlite  aus."  Vgl.  übrigens  auch 
Suet.  (Maud.  33:  iclus  nidore  prandii  qund  —  appandutUir  und  die 
griechisdien  Stellen  (z.  B.  Aristoph.  Plut.  HOö  und  Kvi6aoXoiioi\ 
Kvi6aQy.nl(ty.fg  u.  ,s.  w.')  bei  IMitsclierlich  Rac.  VI.  p.  9. 

V.  31).  si  f/iiid  ris  in  ähnlicher  Weise  wie  in  (1(m-  Abschieds- 
formel 7iiiin  quid  ris:  willst  du  noch  sonst  etwas?  So  si  q.  v.:  falls  d»i 
daran  nicht  genug  hast,  noch  Weiteres  wünschest,  wie  in  der  von 
l^eiitloy  angeführten  Stelle  Cic.   ad  Att.  VII,  2.  — popino  eigent- 


Anmerkungen  zur  siebenten  Satire.  1 S9 

lieh  Mann  der  popinac  (Ep.  I,  14,  21  ),  Küclienläufer,  Hatenguckcr; 
vgl.  die  Citate  bei  Forcellini:  Varro  bei  Nouius:  quis  imculis  argen- 
li'is  chorum  inlruibil.'  popino ,  und  Siieton.  gramin.  13  :  liirconem  et  «<'- 
bithnem  pophwncmqiic  uppellans. 

V.  40.  Auch  das  ist  gewiss  unglücklich  von  Kirchner  geneuert 
dass  schon  mit  diesem  Verse  Daviis  in  eigner  Person  zu  reden  an- 
fangen soll,  so  dass  also  das  Ich,  das  unmittelbar  zuvor  den  Mul- 
vius  bezeichnete,  nun  plötzlich,  ohne  alle  Andeutung  des  Perso- 
nenwechsels, dem  Davus  gelten  würde.  Eine  solche  Andeutung 
ist  erst  V.  4"2  f.  Quid,  si  me  sUiUinr  ipso  Qu.  cmto  dr.  dcpre/ideris  ' 
Ein  blosser  AVort.streit  ist  es  wenn  Düntzer  die  ,, Schimpfpredigt"  als 
eine  im  Namen  des  Mulvius  von  Davus  ges})rochene  auffasst  (,,rf/- 
xcril  nie:  könnte  jener  sagen,  den  Sie  als  nichtswürdigen  Menschen 
behandeln,  Davus  hat  bei  dem  illc  eigentlich  sich  im  Sinne  gehabt, 
der  so  viel  von  seinem  Herrn  hat  leiden  müssen"  u.  s.  w.),  statt  als 
von  Davus  wiedererzählte  Aeusseruug  des  ^lulvius.  Natürlich  aber 
erzählt  Davus  die.se  Aeusseruug  darum  so  sehr  in  e.vfcnso  weil  er 
vollkommen  damit  einverstanden  ist,  weil  es  ihm  Befriedigung  ge- 
währt in  der  Maske  des  Mulvius  seinem  Herrn  eine  Strafrede  zu 
halten.  Eben  wegen  dieser  inneren  Gleichartigkeit  beider  Redner 
und  Reden  war  auch  kein  Anlass  den  Unterschied  derselben  stär- 
ker auszuprägen  als  V.  4'2  geschieht.  Eine  Steigerung  {ipso)  fin- 
det dort  in  so  fern  statt  als  Mulvius  doch  wenigstens  ein  Freier  ist. 

V.  43.  Dass  dieser  Preis  ein  niedriger  war  zeigt  Ep.  II,  2,  5. 
Beispiele  der  Kaufpreise  von  Sklavinnen  hat  aus  den  Komikern 
zusammengestellt  Ritschi,  Rh.  M.  N.  F.  IV.  S.  368  f.  Anm. 

V.  44.  Vgl.  Aristoph.  Lys.  504  ff.:  cr/.QO(o  öi]  Kai  rüg  ;^fr<ja^ 
TTiiQco  Y.uiiyciv.  Tl.  ci).k  ov  övva^ai.  ycikenov  yao  Ttco  rijg  OQy>)g  av- 
Tug  Y.uxi'fiiv.  Da  dieses  Hervortreten  mit  der  eigenen  Person  den 
Zoi-n  des  Herrn  erregt,  so  zieht  sich  Davus  wieder  hinter  einen 
Anderen  zurück,  diessmal  den  ianilor  Crispini,  was  ihn  aber  nicht 
hindert  Te  und  Bavum  in  V.  47  zu  {iiler)  noslrum  zusammenzufas- 
sen: man  müsste  nur  die  Voraussetzung  untei'schieben  dass  auch 
jenem  ianilor  der  Xame  Davus  beigelegt  werden  wolle. 

V.  40.  Te  vgl.  oben  S.  176  f-  Im  Munde  eines  Sklaven  ist 
es  ein  Xichtsklave,  Freier.  Der  fingierte  Angeredete  wird  zuerst 
als  ein  Frauenjäger  vorgestellt.  Bothe  meint:  haec  isle  fielus  ianilor 
ad  equilem  uliqucm  JRomanum,  forlasse  Properlium  vel  Ovidiuin ;  nam  Ho- 
ratiiis  neque  ea  dignilate  erat  neque  matronas  seclabalur.  So  richtig 
Letzteres  ist,  so  falsch  die  erstere  Vermutung:  jene  Beiden  waren 
zur  Zeit  unserer  Satire  noch  adolcscenlidi. 

V.  4S.  inccndit,  welches  Kirchner  auf  (Jrund  seiner  Hand- 
schriften vorgezogen,  hat  die  Autorität  der  Blandinii  gegen  sich  und 
ist  im  Munde  des  Sklaven ,  verglichen  vollends  mit  seiner  Aus- 
drucksweise in  V.  49  f.,  viel  zu  gewöhnlich,  anständig  und  mora- 
lisch: es  würde  sein  Thun  weit  mehr  entschuldigen  als  er  für  nö- 


190  Zweites  Buch  der  Satiren. 

thig  findet,  inlcndit  wird  von  Fea  aus  Kirclienvätern  imd  sonst 
gut  vertheidigt. 

V.  53  f.  Schon  zu  Weber  Sat.  S.47J,  Anm.  habe  ich  bemerkt 
dass  es  unrichtig  ist  zu  folgern:  da  Tu  Horaz  ist,  so  war  Horaz 
demnach  Ritter;  viehiielir  ist  es  umzukehren  und  zu  sagen:  da  von 
Horaz  lediglich  nicht  bekannt  ist  dass  er  Ritter  gewesen,  so  ist  Tu 
nicht  Horaz.  Zu  proicrds  ins.  vgl.  Tac.  llist.  I,  8J  :  tum  vero  passim 
magistralus  proiectis  insignibus  ...  scncs  fcminaeque  per  Icncbras 
incerlas  lalcbras  pelivere. 

V.  55.  Ueber  die  lacerna  s.  m.  Art.  in  l'auly's  Real-Enc, 
IV.  S.  709.  Sonst  trug  man  sie  über  der  Toga;  ,,hier  aber,  wo  die 
Toga  fehlt,  ist  der  Mantel  über  die  Tunica  geworfen,  wie  beim  ge- 
meinen Volk  und  den  Sklaven."  (Düntzer.)  Uebrigens  vgl.  Capi- 
tolin.  Ver.  4:  vagabatur  fioclc  per  labernas  —  ubleclo  capile  cucullione 
vulgari  vkilico.  Lamprid.  Heliog.  3'2:  ferlur  et  una  die  ad  omnes  — 7ue- 
relrices  iectus  cucullione  mulionico,  nc  aguosceretur ,  ingressus. 

V.  57.  Altere  ante  ist  ganz  richtig,  da  die  entgegengesetzten 
Leidenschaften  sich  gleichsam  gegen  einander  aussprechen ,  je  ihre 
Sache  vertheidigen,  die  Gründe  des  Gegners  bekämpfen  u.  s.  w. 
ÄUernantc  scheint  daher  ein  Verbesserungsversuch  von  Abschreibern. 

V.  58.  Es  ist  keine  Frage  dass  Fea  vollkommen  Recht  hat 
wenn  er  sagt:  ustio,  rirgae,  ferrum  Iria  sunt  diversa,  wofür  er  sich  be- 
ruft z.  B.  auf  Sen.  Ep.  71,  '2d>:  quid  miruris  si  tiri ,  rolnerari,  occidi, 
adligari  iuvat,  aliquando  eliam  lH/et.'  Val.  !Max.  VI,  8,  1 :  plurimis  lace- 
ratus  verberibus  eculcoque  impositus ,  candentibus  ctiam  laminis  uslus  u. 
s.  w.  Propert.  V,  7 ,  35  ff. :  Lygdamus  uralur  — .  Petale  —  codicis  tm- 
miindi  vincula  sentit  anus:  Caedilur  et  Lalage  u.  s.  w.  Und  es  bedurfte 
diess  eigentlich  gar  keines  Beweises.  Die  Frage  ist  aber  vielmehr 
die  ob  auch  Horaz  in  unserer  Stelle  die  drei  Strafarten  scharf  ausein- 
ander halte  und  auseinander  gehalten  wissen  avoIIc  ;  und  diess  lässt 
sich  im  Hinblick  auf  die  Wahl  von  que,  sowie  auf  die  bei  Fea's 
Auffassung  sich  ergebende  Härte  der  Ausdrucksweise  bezweifeln. 
Keinesfalls  zwar  wird  rirgis  mit  uri  verbunden  werden  können  —  was 
an  sich  ein  unglücklicher  Ausdruck  wäre  und  einen  wesentlichen 
Theil  der  Züchtigungsmittel,  das  urere  laminis,  zum  "Wegfall  brächte  —  ; 
wohl  aber  mit  necari,  so  dass  die  Prügelung  nicht  verschwände,  son- 
dern nur  gleich  das  höehstc  31ass  dersellien,  eine  bis  zum  Tode  des 
Dclintjuenten  fortbetriebene  {rirgis  ad  nerrni  caedere,  z.  B.  (Mc.  Verr. 
lil,  "28,  (»9),  gesetzt  wäre,  lud  es  ist  unzweifelhaft  dass  die  durch 
das  auctnramoitum  ausgesprochene  vertragsm.'issigt-  Einräumung  un- 
bedingter (lewalt  über  die  eigene  l'erson  auch  die  Anwendung  »lie- 
SC8  höchsten  lyfasses  von  Prügelung  in  sich  schloss.  Gegonülter  von 
Petron.  Sat.  117  wäre  somit  nur  das  vinciri  —  als  »las  leichteste  die- 
ser Züchtigungsmittel  —  weggelassen,  wie  dagegen  bei  Sen.  Ep. 
37,  1  :  aurlnramenli  rerha  sunt:  vri,  rinciri  frrroqiic  ticrari  das  wesent- 
lichere verbcrari  {rirgis  sccari,  Acro  zu  uns.  St.j  übergangen  ist. 


I 


xVnmerkungen  zur  siebenten  Salire.  191 

V.  59.  lurpi  erläutert  schon  Ilaborfoklt  richtig:  „Aveil  ein 
Ritter  nnd  Richter  hier  nicht  an  seinem  Platze  war."  An  etwaige 
schmutzige  Verwendung  der  arca  ist  nicht  zu  denken. 

V.  60.  So  unzweifelhaft  es  ist  dass  bei  den  lateinischen  Hich- 
torn  die  beiden  Vershälften  sehr  liäuhg  in  Parallele  zu  einander 
gesetzt  werden,  so  dass  ans  Ende  der  ersten  das  Adjectiv.  an  den 
Schluss  der  zweiten  das  dazu  gehörige  Substantiv  tritt,  was  in  dem 
Falle  wenn  Adjectiv  und  Substantiv  die  gleiche  Endung  haben 
zum  Binnenreime  (leoninischen  Hexameter)  tührt  (zahlreiche  Be- 
lege hiefür  s.  b.  Bothe  Annotat.  p.  139  — 141  not.,  sowie  bei  A. 
Fuchs,  über  das  Verhältniss  der  roman.  Sprachen  etc.  Halle  1849,  S. 
"249  ff.  und  W.  Grimm,  zur  Geschichte  des  Reims,  Berlin  1852.  4.): 
so  gewiss  ist  es  andererseits  dass  diess  keineswegs  immer  der  Fall 
sein  muss  imd  dass  es  daher  unstatthaft  ist  ohne  alle  handschrift- 
liche Begründung  (denn  was  will  die  Autorität  des  einen  Drd.  3 
besagen  V)  die  Wortstellung  demisil  pcccaii  abzuändern  nur  um  je- 
nen Parallelismus  (peccali  —  herilis)  herzustellen  und  dadurch  den 
Vers  vermeintlich  miillo  concinnioron  et  apliorem  zu  machen. 

Da  Kirchner  nicht  melir  selbst  ausgeführt  hat  warum  er  die 
Verse  63 — 65  für  unächt  halte,  so  lassen  sich  darüber  nur  Mutma- 
ssungen  aufstellen.  Wirklich  enthalten  diese  Verse  manches  Auf- 
fallende und  Anstössige :  sc  tni/laf  habi/n ,  pcccal  supcrne,  die  Unklar- 
heit von  V.  65  tlieils  an  sich  theils  in  seinem  Verhältniss  zum  Vor- 
hergehenden, namentlich  auch  die  Seltsamkeit  der  Motivierung 
des  Ehebruchs  durch  Angst  vor  dem  Buhlen ,  während  doch  die 
Angst  vor  dem  Gesetze  und  dem  Gatten  ein  viel  näher  liegender 
Abhaltungsgrund  wäre.  Alles  dieses  würde  bei  Kirchner's  Vor- 
schlag wegfallen,  und  auch  das  Fehlen  von  Tu  bei  iht's  (V.  66)  wäre 
alsdann  ganz  gerechtfertigt,  indem  das  (dann  unmittelbar  voraus- 
gehende) ambo  den  Sinn  hat :  auch  über  dich ,  den  aditller  (denn 
von  seiner  Frau  versteht  es  sich  ohnehin  von  selbst).  Es  wäre  da- 
her ganz  erwünscht  wenn  die  Verse  nicht  daständen;  man  würde 
nicht  nur  nichts  vermissen,  sondern  die  DarsteUung  würde  sogar 
an  Glätte  und  Fluss  gewinnen.  Nur  aber  ist  zu  bezweif(dn  ob 
diese  Gründe  genügen  um  die  Verse,  die  nun  einmal  überliefert 
sind,  zu  verwerfen.  Zwar  von  V.  63  und  64  Hesse  sich  denken  dass 
sie  aus  einer  erweiternden  Glosse  eines  im  Versificieren  gewandten 
Commentators  zu  iusta  poleslas  entstanden  wären,  und  der  besonders 
anstössige  Vers  65  fehlt  in  der  Tiiat  in  dem  vorzüglichen,  von 
Kirchner  den  Blandinii  gleichgeachteten  Lips.  2,  sofern  er  erst 
auf  dem  Rande  beigeschrieben  ist.  Aber  in  dieser  Hdsch.  sind 
auch  unbestreitbar  ächte  Verse,  wie  Sat.  II,  3,  263  f.  70,  ebenso 
ausgelassen  und  auf  dem  Rande  nachgetragen  (Kirchner  Novae 
Qu.  p.  39),  und  die  crstere  Möglichkeit  reicht  nicht  weit.  Die 
inneren  Gründe  sodann  sind  nichts  weniger  als  zwingend  und  im- 
abweislich.    Wenn  es  auch  schwerlich  jemals  einem  Ausleger  ge- 


192  Zweites  Buch  der  Satiren. 

lingen  wird  die  Verse  als  durchsichtig,  gehaltvoll  und  uucutbehr- 
lich  darzustellen,  so  lassen  sie  sich  doch  in  befriedigender  und 
nahezu  sicherer  Weise  erklären.  Der  Sinn  muss  nämlich  sein:  sie 
thut  doch  wenigstens  keine  positiven  Schritte  (nimmt  keine  Aen- 
derung  vor  in  Bezug  auf  Kleidung  und  Ort)  und  verhält  sich  bloss 
passiv  {jioii  pecc.  sup.),  Letzteres  aus  Furcht  (vor  möglichen  In- 
discretioneu)  und  Misstrauen.  Oder,  da  in  diesem  Falle,  Avenn 
man  V.  65  als  Grund  an  V.  64  anschliesst,  etwas  beginindet  wird 
was  keiner  Begi-iindung  Itedarf  (non  p.  siip),  wogegen  V.  66  dann 
ganz  zusammenhangslos  dasteht,  richtiger  mit  Orelli,  Düntzer  und 
"Weber:  "Während  sie  zurückhaltend  ist  (V.  65),  verfährst  du  um 
so  unvorsichtiger  (V.  66  f.).  Das  Fehlen  von  Tu  haben  lleindorf 
und  Orelli  genügend  vertheidigt;  ebenso  ist  die  Nüancierung  dos 
pcccat  superne  von  Weber  S.  47:3  gut  erläutert.  Die  (Jonjecturen, 
deren  Zahl  Apitz  neuerdings  durch  mulalvc  $up.  vermehrt  hat,  sind 
daher  abzuweisen. 

V.  67.  Vgl.  Kirchner  zu  I,  2,  40.  Rem  et  vilam  ist  vom  Stand- 
punkte des  mocchus  gesagt,  für  welchen  beides  bedroht  ist,  da  er 
nicht  voraus  weiss  welches  von  beiden  der  verletzte  Ehemann  ihm 
nehmen  werde. 

V.  6S.  Ueber  cvasli  s.  Kirchner  zu  I,  9,  73.  Die  Ausstossung 
betraf  zunächst  nur  das  unbetonte  /,  und  der  eine  s-Laut  gieng 
dann  in  dem  benaclibarten  gleichen  unter:  evnsisli ,  evassli,  cvasli; 
wie  si'imjjsixsc  (^sümpsise) ,  si'impsse,  smnpsc .-  dixisli,  (ILvsli  (oder  eigent- 
lich dicssli) ,  (lixli-,  ebenso  coiiiplrvisli ,  compkvsli,  complesli  (Epod.  6, 
9).  Dass  /  wirklich  tonlos  war  erhellt  aus  seiner  Ausstossung,  und 
liibbeck  hatte  daher  keinen  Grund  bei  Pacuv.  Med.  XVIII  (Trag. 
p.  89)  den  handschriftlichen  Creticus  dixisli  zu  verdrängen.  Ebenso 
•wurde  poj>liciis  Q)ubliciis)  aus  jiopulicus.  —  Für  die  AVortsteHung  me- 
ines Credo  hat  Bontley  drei  Gründe  angeführt:  die  Autorität  ei- 
ner Hdsch.,  dann  dass  dieselbe  clciju/dius  et  clarius  sei,  endlich  dass 
Credo  lieber  in  der  Mitte  des  Satzes  stehe  als  im  Anfang.  Letzteres 
Argument  hat  Heindorf  beseitigt,  der  zu  I,  3,  53  die  Voranstellung 
vertheidigt  und  an  iinserer  Stelle  sie  dann  doch  unterlässt;  die 
vermeintHche  Undeutlichkeit  der  Stellung  credo  melttes  ist  nicht 
vorhanden,  wolil  aber  dabei  die  beabsichtigte  31itbeziehung  vnn 
ditcliis  auch  auf  meines  (wofür  Apitz  Od.  I,  5.  5  f.  111,  5,  7.  Ej).  1,  I, 
17.  17,  57  anfiilirt;  vgl.  auch  oben  6,  4^)  erleiclitert ;  endlich  don 
wenigen  Ildsrli.  welche  mel.  rrcfl.  haben  steht  die  ungeheure  Majo- 
rität derer  gegenüber  welche  credn  mel.  ^^tell(■n,  was  daher  Kirch- 
ner gewiss  mit  Kocht  aufgenonnnen  hat.  Vgl.  auch  Weber  S.  474f. 
Uebrigeus  sind  in  der  Lebhaftigkeit  und  stoisch  abspringenden 
AVeiso  der  Darstellung  alle  Partikeln  über  Bord  geworfen,  wie 
auch  V.  69  immo,  ähnlich  I,  1,  84.  vgl.  II,  3,  14. 

V.  70.  iolies  serviis  unrichtig  Orelli:  »/iiolies  moec/itiris.  In- 
lies  liOidinis  tiiac  serviis  es.    Vielmehr  ist  au  T^iöovko^  (^Sopli.  Ocd.  K. 


Anmerkungen  znr  siebonten  Satire.  1 93 

1063),  iTtTciöovko:;  (Hipponax,  Fr.  74  Bgk.)  u.  dgl.  zu  erinnern.  Die 
Kneclitschaft  ist  bei  ilini  gleichsam  niclirfacli  aufgetragen,  daher 
auch  in  demselben  Verhältnisse  schwer  zu  beseitigen  (V.  76). 

V.  71.  prava,  vgl.  6,  8.  I,  5,44.  6,89.  Das_  griechische 
Sprüchwort:  ü'Jiat,  uXiotii]^  sig  Tcaytjv  oder  akk  ovx  av&ig  aXcoTi)}^ 
{■xäyaLg  akcoGiTUf  TtuQOGOv  uTra^  öiacpvyovGa  TTctya^  Ösvxeqov  ov/.  ettrrf- 
aürta  ^  Zenob.  I,  67.  vgl.  Apostol.  II.  45.  Diogeuian.  II,  Ij.  Arsen. 
III,  6  Leutsch)  hat  schon  Lambinus,  sowie  ]\ritscherllch ,  Raceni. 
VI.  p.  9,  verglichen. 

V.  72.  Davus  beurteilt  die  Andern  nach  sich:  weil  er  poten- 
tiell ein  Dieb  ist  und  keinen  andern  Abhaltungsgrund  vom  Steh- 
leu  kennt  als  die  Furcht  vor  der  Strafe,  so  setzt  er  voraus  dass 
Jeder  der  nicht  moechus  ist  es  nur  desswegeu  nicht  sei  weil  er  die 
damit  verbundene  Gefahr  scheue.  Der  böse  Wille  ist  vorhanden, 
wenn  er  auch  nicht  in  die  That  übergeht;  innerlich  ist  die  Fhe 
gebrochen,  wenn  es  gleich  äusserlich  nicht  dazu  kommt. 

V.  76.  Unterholzner's  Auseinandersetzung  über  die  Manumis- 
sio  per  vindiclam  ist  ein  Auszug  von  dem  was  derselbe  in  Savigny's 
Zeitschrift  II.  S.  139  ff-  ausgeführt  hat ;  sie  leidet  aber  hauptsäch- 
lich an  dem  Mangel  dass  sie  den  bei  dem  Acte  tliätigen  asserlor 
nicht  in  seine  Rechte  einsetzt.  Derjenige  welcher  den  Freizulas- 
senden mit  der  vindicia,  dem  Freistab,  schlägt  ist  natürlich  nicht 
der  Herr,  sondern  der  qiii  vindicat^  also  der  assertor.  Ebenso  ist  der- 
jenige an  dessen  Stelle  später  der  Lictor  trat  nicht  der  Herr  —  der 
bei  einer  von  ihm  selbst  ausgehenden  und  ilm  so  wesentlich  be- 
rührenden Handlung  schlechterdings  nicht  fehlen  durfte  — ,  son- 
dern abermals  der  asserlor.  Das  ganze  Verfahren  ist  hienach  so  zu 
denken.  Vor  Gericht  erscheinen  der  Herr  mit  dem  Freizulassen- 
den und  ein  Dritter,  der  assertor.  Letzterer  ist  gJeichsam  der  Ver- 
treter der  Liberias  und  eröft'net  den  Act  damit  dass  er,  unter  An- 
wendung von  vis  civilis,  sich  gewaltsam  in  Besitz  des  betreft'enden 
Sklaven  setzt,  ihn  als  Eigcnthum  der  Überlas  in  Anspruch  nimmt, 
in  libertalem  vindical.  mit  der  Erklärung  htmr  homincm  liberum  esse  aio 
ex  iure  Quirilium ,  und  sein  — ■  der  überlas  —  Eigenthumsrecht  auf 
denselben  dadurch  bethätigt  dass  er  ihn  mit  der  vindicia  schlägt 
(berührt).  Statt  dass  nun  der  bisherige  Herr  conlra  vindicare  würde 
lässt  er  ihn  vielmehr  los  [manu  tnillii),  dreht  ihn,  um  die  Abkehr 
von  ihm  symbolisch  auszudrücken ,  im  Kreise  herum  und  spricht 
seinen  Verzicht  auf  denselben  durch  die  Worte  aus  hunc  hominem 
liberum  esse  volo.  Da  somit  das  Recht  des  asserlor  auch  von  der 
anderen  Seite  zugegeben  war,  so  sprach  der  Prätor  demselben  das 
betreffende  Individuum  zu ,  und  der  l)isherigc  Sklave  war  nun  ein 
Freier.  Da  die  impositio  viryae  den  Mittelpunct  des  Actes  bildete 
und  auf  ihr  vorzugsweise  die  asserlio  (vindicalio)  in  liberlalem  beruhte, 
so  wurde  sie  vielfach  (wie  in  unserer  Stelle)  als  Hauptbestandtheil 

HORATII   SAT.  II,  2.  13 


1 94  Zweites  Buch  der  Satiren. 

der  IManuniission  allein  genannt,   ähnlich  wie  der  mittelalterliche 
liitterschlag. 

V.  77.  7nisera  vgl.  Kirchner  zu  I,  6,  \'29.  —  formido,  das 
Kennzeichen  des  absolut  Abhangigen,  des  Sklaven.  Eine  solche 
Erklärung  findet  Mitscherlich  Eac.  VIIT.  p.  6  merkwürdiger  Weise 
paiilo  lofigius  arcessita  und  auch  der  Absicht  des  Dichters  nicht  ent- 
sprechend, die  ja  (woher  das  Mitsch.  gewusst  haben  mag?)  nicht 
sei  guod  ter  manumissus  servilem  animum  relincul ,  sondern  quod  in  ean- 
dem  servilulem  recidal.  Er  bezieht  daher  selbst  formido  auf  den  —  in 
dem  allgemeinen  j-eriiin  imperiis  u.  s.  M-.  längst  untergegangenen  — 
speciellen  Fall  der  libido ,  welche  Angst  in  ihrem  Gefolge  habe 
(V.  55  f.  68  f.).  —  jjrivet:  der  Conjunctiv  Avegen  des  in  imjiosila 
liegenden  Bedingungssatzes:  si  imponatur. 

V.  78.  diciis  kann  entweder  von  levius  abhängig  gedacht 
werden,  oder  von  super,  oder  endlich  von  adde.  Jede  dieser  Ver- 
bindungsweisen hat  schon  ihren  Vertheidiger  gefunden.  Die  letzt- 
genannte ist  durch  die  Cäsur  begünstigt;  dabei  steht  adde  super 
(d.  h.  insuper,  Ep.  II,  2,  33.  Virg.  Aen.  II,  71 :  mihi,  eui  tieque  apud 
iJanaos  usqucim  loeus  et  super  ipsi  Dardanidae  infemi)  wie  unten  8,71 
adde  praelcrea.  Dass  jedenfalls  die  Variante  supra  nicht  am  Platze 
ist  hat  schon  Heindorf  bemerkt.  Der  hinzugefügte  Gedanke  ist 
übrigens:  dass  ich  dein  Sklave  eigentlich  gar  nicht  bin,  sondern 
(da  du  selbst  auch  Sklave  bist)  entweder  dein  Untersklave  oder 
dein  Mitsklave. 

V.  79.  Die  Stellen  über  die  viearii  aus  Schriftstellern  und 
Inschriften  hat  Eein  gesammelt  in  Pauly's  Keal-Enc.  V.  S.  1269 
und  VI,  2.  S.  2577.  Die  abnorme  Erscheinung  dass  Sklaven  ein 
so  reiches  peeuUum  hatten,  so  peculiosi  (Plaut.  Und.  I,  2,  24)  waren 
dass  sie  sich  aus  eigenen  Mitteln  (als  peeuliares ,  Plaut.  Pers.  II,  2, 
19  =  201  R.  vgl.  Asin.  III,  1,  37)  selbst  wieder  Sklaven,  zur  Stell- 
vertretung (viearii)  oder  in  eigenen  Geschäften,  halten  konnten 
findet  sich  schon  in  der  Zeit  des  Plautus  (s.  Asin.  II,  4,  27  tt'.),  ist 
in  der  ciceronischen  und  augusteischen  schon  eine  feststehende 
Sitte  (vgl.  Gic.  Verr.  act.  sec  I,  36,  93.  Hör.  Od.  III,  24,  16"),  und 
grift'  in  der  Kaiserzeit  innner  weiter  um  sich  (vgl.  bes.  die  Inschrr. 
—  Martial  II,  18,  7:  esse  sal  est  servum ,  inm  nolo  licarius  esse),  so 
dass  die  juristische  Casuistik  mancherlei  daraus  hervorgehende 
Fragen  zu  erörtern  hatte,  vgl.  Dig.  IX,  4,  19.  'S.  2:  si  serrus  (uus 
navem  exerateril  eiusque  vicartus  el  idem  naitia  in  cadem  uave  dammim 
dederil.  X,  3,  25:  Si  Slirhus  communis  tneus  et  tuus  serrus  habuerit  Pam- 
philum  virarium  aureorum  decem  \\.  s.w.  XIV,  3,  II.  §-8:  si  a  servo 
iuo  operas  ricarii  eius  ronduxero  elr.  XV,  1,  17  :  si  serrus  mens  Ordina- 
rius rirarins  hulieat .  id  quod  riearii  mihi  deltent  an  deducam  ex  peculio 
servi  ordinär ii*  ib.  37.  i?.  I  :  .'«"  serro  tuo  permiseris  virarium  emere  au- 
reis  orto,  illc  dceem  emeril  etc.  XXXIl,  73,  5:  vicarios  „serrorum  suo 
rum^''    numcro  nun  contincri  Pomponius  -  scribit.    Diese   viearii  hatten 


I 


Anmerkungen  zur  sicboiilen  Salirc.  195 

selbst  -sviedt'r  ein  pccuUiim  (Dig.  XV,  I  ,  4.  §.  6.  6.  7,  4),  und  es 
kommen  dalier  auch  vicarii  vicarionim  in  dieser  Zeit  vor  (Dig. 
XXXIII,  8,  2ö).  Da  der  Ordinarius  selbst  fortwährend  Sklave  ■war, 
so  war  dessen  vicarius  gegenüber  vom  dominus  zugleich  sein  con- 
servus. 

V.  ^0.  Vorsichtig  zieht  Davus  die  sich  für  den  Herrn  erge- 
bende Folgerung  nicht  mit  dürren  Worten ,  sondern  hüllt  sie  in 
die  Frage  tibi  quid  sum  ego?  —  Nempe,  s.  Kirchner  zu  I,  10.  S. 
332,  Anra. 

V.  Sl.  Da  die  Handschriften  häufig  dictiert  wurden,  so  kön- 
nen die  äusseren  Gründe  über  die  Variante  alii  und  aliis  (vgl. 
boni  und  honis  2,  1 ,  sowie  ahnormis  und  ahnormi  2,3)  nicht  endgültig 
entscheiden ,  wiewohl  es  für  das  Erstere  eine  Empfehlung  ist  dass 
es  sich  im  Bland,  antiquiss.  findet.  Die  inneren  Gründe  aber  sind 
überwiegend  für  den  Singular.  Sklave  ist  nicht  wer  mehrere ,  son- 
dern wer  Einen  Herrn  hat  (vgl.  V.  93),  und  dieser  ist  im  vorlie- 
genden Falle  die  Leidenschaft,  indem  das  in  V.  75  f.  und  89  — 103 
Aufgeführte  zur  Einheit  zusammengefasst  wird.  Die  gleichzeitige 
Abhängigkeit  von  melireren  Herren  dient  sogar  zur  Lockerung  des 
Abhängigkeitsverhältnisses  überhaupt.  Dazu  kommt  dass  alii  einen 
schärferen  Gegensatz  zu  mihi  imperitas  abgibt  und  dass  es  den  Sig- 
matismus mildert  oder  beseitigt. 

V.  S2.  Aus  den  Zusammenstellungen  von  0.  Jahn  zu  Persius 
p.  201  erhellt  wie  sehr  die  Stoiker  die  Vergleichung  des  Unfreien 
mit  einer  Marionette  liebten,  sofern  sie  allein  von  M.  Antoninus 
achtmal  in  AuAvendung  gebracht  ist,  obwohl  sie  bei  demselben  nicht 
einmal  original  war. 

V.  83.  Vgl.  3,  158.  — ■  que  hat  zwar  vorzügliche  Hdsch,  für 
sich,  aber  auch  qui  ist  ausreichend  beglaubigt  und  verdient  aus 
sachlichen  Gründen  ganz  entschieden  den  Vorzug,  indem  es  die 
einzig  präcise  und  technische  Antwort  auf  die  Frage  quisnam  etc. 
gibt  (nämlich:  Sapiens)^  und  diese  dann  sogleich  begründet  durch 
eine  Beschreibung  des  "Weisen  nach  den  hier  vorzugsweise  in 
Betracht  kommenden  Seiten  hin:  der  Weise,  sofern  er  sibi  imperiosus 
ist  u.  s.  w.  Bei  quc  wäre  die  Antwort  iinlitgisch  und  verschwom- 
men, wobei  das  Verhältniss  zwischen  sap.  und  sihi  imp.  ein  ganz 
unklares  bliebe  und  sap.  eigentlich  müssig  stände,  sofern  es,  ge- 
trennt von  sibiimp.,  intellectuell  zu  fassen  wäre  und  in  dieser  Be- 
deutung mit  der  Eigenschaft  des  Freiseins  keine  unmittelbare  und 
nothwendige  Beziehung  hat. 

V.  S5.  responsare  eigentlich  Gegenrede  geben  [laa  avriXi- 
yeiv.  Soph.  Oed.  R.  409"),  die  Antwort  nicht  schuldig  bleiben,  im 
Gegensatz  zur  schweigenden  Unterwerfung  und  dem  blinden  Ge- 
horsam Solcher  die  nur  PHichten  ,  keine  Rechte,  haben;  daher 
von  dem  Auftreten  Gleichberechtigter  und  an  Kraft  Gewachsener 
gegenüber  von  Anderen,  die  Stirue  bieten. 

13* 


196  Zweites  Buch  der  Satiren. 

V.  86.  Bentley's  Interpunctionsweise  liahe  ich  gerechtfertigt 
zu  AVeber  Sat.  S.  479,  Anui. 

V.  89.  qiiinque  (s.  m.  Anm.  zu  Aristoph.  Nub.  lo)  lalenla 
ist  doch  ein  starker  Fingerzeig  über  die  \Yabre  Natur  des  Te.  Zum 
Ueberfluss  hat  Cicero  (Paradox.  V,  2)  in  demselben  Zusammenhang 
dasselbe  Beispiel.    Vgl.  auch  oben  3,  260  ff. 

V.  90.  repulsum  als  logisch  ungenaixen  Ausdruck  für  das 
eigentliche  Sachverhältniss  {repr/lrrf  Zweck,  prrfiüidrrc  Mittel), 
also  statt  perfitswn  repcllil ,  zu  nehinfu  ist  keine  Nöthigung.  7'Cpel- 
lere  kann  eine  vorausgegangene  Abweisung  durch  AVorte  (Düntzer: 
,,sie  ruft:  weg  von  meiner  Thüre!")  bezeichnen,  welche,  als  sie 
ohne  Wirkung  bleibt,  durch  das  erwähnte  drastische  Mittel  vervoll- 
ständigt und  gesteigert  wird. 

V.  94.  Wenn  du  nicht  mehr  kannst  {lasso)  jagt  er  dich  von 
Neuem  auf,  und  wenn  du  nicht  mehr  willst  {imfcmlem)  und  den 
Rücken  kehrst,  so  wendet  er  dich  wieder  um  (vgl.  1,8,  19):  also 
der  vollkommenste  Mangel  an  Willensfreiheit.  Zu  der  Bezeich- 
nung der  Leidenschaft  als  dominus  non  lenis  gibt  Parallelstellen 
{bii.i6g  oder  äyQiog  Ö£6Tr6T}jg  z.  B.  Plat.  Kep.  I.  p.  329  C. ;  ;^aAf7rfa 
öianoivat,  Xen.  Oec.  1,  22  f. ;  gravissimos  domitws ,  Cic.  Tusc.  I,  21. 
Farad.  V.  u.  A.)  Mitscherlich  Rac.  IX.  p.  5  f. 

V.  95.  Haberfeldt:  „üavus  wählt  vorzüglich  die  Gemälde 
des  Pausias  zum  Beispiele,  weil  sie  klein  waren  und  unbedeutende 
Dinge  darstellten,  in  der  Meinung  dass  die  Liebliaboroi  dafür  um 
so  lächerlicher  erscheinen  werde."  Vgl.  meine  Anmerkung  zu  AVe- 
ber,  S.  481  ,  welche  Krüger  adoptiert  hat.  Uebrigeus  bedeutet  lor- 
pere  die  zeitweilige  Aufhebung  der  Aluskelthätigkeit  in  Folge 
eines  gewaltigen  Eindruckes,  slupere  das  Stillstehen  des  Verstan- 
des aus  derselben  Ursache.  Vgl.  bei  Livius  XX VIII,  29:  adeo  ior- 
penlihus  melu  qui  aderanl  iil  noti  modo  ferocior  vox  scd  tic  gcmitus  gtiidem 
exnudirelur  mit  slupidi  limore  obmiiliierunl  (wussten  nichts  zu  antwor- 
ten) bei  Cornificius  Rhet.  IV,  52. 

V.  97.  Die  Schreibung  Pacideiani  wird  als  durch  (_'icero 
(opt.  gen,  6,  17.  Tusc.  IV,  21  ,  48.  ad  Qu.  fr.  III,  4,  2),  sowie  den 
Bland,  (antiquiss.  y)  und  Goth.  2  gesichert  betrachtet  werden  dürfen, 
sei  es  nun  dass  Horaz  geradezu  die  persona  Lucilicnut  gewählt  hat, 
oder  dass  Pacideianus  typisch  (als  (Tattungsbegriff)  gebraucht  ist, 
oder  v'nx  späterer  Gladiator  den  Namen  des  berühmten  älteren 
führte.  —  contefito  poplite  wird  wie  von  allen  Auslegern  so  auch 
von  Kirchner  (in  der  Ucbersetzung)  mit  proclia  verbunden.  Dem 
widerspricht  aber  schon  die  Stellung  der  AVorte,  sowie  dass  dann 
miror  gegenüber  von  dem  jjaralleleu  lorpi's  zu  schwach  wäre,  end- 
lich dass  in  diesem  Falle  eine  Hcschreibuiig  »ler  Abbildung  an  zwei 
Stellen  gegeben  wäre:  zuerst  in  ront.  popl. ,  dann  abermals  in  irlut 
si  w.  s.  w.  Ich  verbinde  daher  conl.  popl.  vielmehr  mit  miror,  aber 
nicht  in  dem  Sinne  wie  Döderlein,  Scherflcin  S.  18  f.  thut:  „ohne 


Anmerkungen  zur  siebenten  Saiirc.  197 

durch  (las  laiig(> ,  mit  Anstrengung  der  Knickuehlon  vorbundcne, 
Stehen  müde  zu  werden."  Das  wäre  niclit  mir  undramatisch  son- 
dern auch  nnphysiologisch :  ein  conlcnderc  popUtcm  findet  l)ci  rulii- 
gem  Stehen  niclit  mehr  Statt  als  beim  (lehen  auch.  Für  das  einzig 
Kichtige  lialte  ich  vielmehr  die  zweite  Erklärung  von  Acro :  dum 
atlciüus  (dirjuid  special  (^Davus)  crigil  sc  et  exlcndil  puplitcm  suum.  Es 
hat  sicli  vor  den  Bildern  ein  müssigor  Haufe  gebildet,  und  um  nun 
über  die  Köpfe  seiner  Vormänner  hinweg  die  Herrlichkeiten  recht 
genau  zu  sehen  stellt  sich  Davus  auf  die  Zehen.  Das  gibt  eine 
lebendige  Anschauung  und  eine  grössere  und  gleichmassigere  An- 
spannung der  popUles  als  bei  den  lieiderlei  andern  Posituren. 

V.  1(11.  veterum  s.  zu  6,  61  (oben  S.  162)  und  vgl.  3,64.  — 
aiidis,  s.  6,  20. 

V.  103.  Die  Gründe  aus  welchen  Kirchner  die  fast  allgemeine 
Auffassung  des  Verses  als  Frage  verworfen  und  sich  der  (z.B.  auch 
von  AVieland  und  Haberfeldt  gebilligten)  als  ironische  Affirmation 
zugewendet  hat,  vermag  ich  nicht  zu  errathen.  Mir  scheint  dass 
in  diesem  Falle  eine  die  Ironie  andeutende  Partikel  (etwa  wie  6, 
58)  nicht  fehlen  dürfte.  Als  Frage  bedeutet  es:  verschmäht  bei  dir 
Tugend  und  CTCsinnung  fette  Schmause?  d.  h.  hast  du  die  erforder- 
liche Tugend  um  —  zu  verschmähen?  verschmähst  du  solche  und 
kannst  dich  desshalb  der  lirlus  rühmen? 

V.  10  1.  Audi  hier  kann  ich  in  Kirchner's  Zurückgehen  auf 
die  alte  Interpunctinnsweise ,  Avelche  dem  Verse  einen  Schritt  vor 
dem  Ziele  noch  eine  Haltstation  aufzudrängen  sucht,  schlechter- 
dings keinen  Fortschritt  erkennen.  Ich  finde  vielmehr  das  gram- 
matische Ziisammennehmen  der  Behauptung  des  Gegners  und  der 
Frage  nach  ihrer  Begründung,  und  die  Form  in  der  es  geschieht, 
ganz  lel)endig  und  bezeichnend,  und  sehe  zu  einer  Auseinander- 
haltting  um  so  weniger  einen  Grund  als  in  dem  ähnlichen  Falle  3, 
187  Kirchner  selbst  sie  unterlassen  hat,  und  I,  2,  Jll  sie  gar  nicht 
möglich  ist.  Auch  würde  bei  Kirchner's  Inter])unction  eine  Andeu- 
tung dass  die  Behauptung  obsequium  —  csl  aus  dem  Sinne  eines 
Anderen  heraus  aufgestellt  werde,  eine  Einwendung  sei,  nur  un- 
gern vermisst. 

V.  105.  lieber  die  Stellung  von  enim  vgl.  G.  T.  A.  Krüger, 
lat.  Gramm.  S.  946,  Anm.  3. 

V.  107.  Nempe,  s.  oben  V.  80. —  Zu  inamarcscunl  ver- 
gleiche besonders  Fea. 

V.  108.  illusi  pedes.  Düntzer:  die  durch  die  Schwelgerei 
unvermerkt  schwach  gewordenen.  Kichtiger  wohl  ludibn'n  hahid, 
sofern  ihnen  eine  ihre  Kräfte  übersteigende  Last  zugemutet  wird ; 
vgl.  5,  26.  Cic.  p.  Quint.  16,  51  :  saepe  illusi  ac  destiiuli.  Uebrigens 
ist  hier  nicht  von  einer  vorübergehenden  Wirkung  üppigen  Lebens 
die  Rede  (Trunkenheit) ,  sondern  vielmehr  von  einer  dauernden 
Schwächung.    Nur  so  stellt  sich  das  rechte  Vcrhältniss  zu  V.  105 


198  Zweites  Buch  der  Satiren. 

her:  während  ich  meine  Lust  mit  einem  kurzen  Schmerze  büsse, 
so  du  die  deinige  durch  allgemeines  Sinken  der  Kräfte  und  lang- 
andauernde (schmerzhafte)  Krankheit. 

V.  101).  Parataktische  Wortfügung  statt  der  hypotaktischen, 
wie  Ep.  I,  2,  37  ff.  Cic.  Tusc.  V,  32,  90:  an  Scylhes  Anacharsis  potuü 
pro  nihilo  pecuniam  chicere,  noslrales  philosojihi  facere  non  poterwit.' 
Orator  9,  31:  (in  viclus  hommum  Al/tcm'enshiin  beneficio  excoU  potuil, 
oratio  non  poluit .'  31,  109:  an  cgo  poctis  concederem  nl  jxe  omnibus  locis 
eadem  conlcnlionc  ulcrentiir :  ipse  niinquam  ah  illa  acer?'uma  contentione 
discederem .'  42,  144:  a?i  quibns  verhis  sacronnn  alicnalio  fial  docere  ho- 
nesltim  est;  quibiis  ipsa  sacra  rclincri  j)ossinl  non  Jwncslum  est'  Livius 
V,  6:  obsecro  vos,  vcnandi  Studium  ac  voJuplus  homincs  per  nives  ac 
pruinas  in  monles  silvasquc  rapil:  belli  necessitatibus  eum  palientiam 
non  adhibehimus?  VI,  17:  adeo  in  iino  omnibus  salis  auxilii  fuisse,  nul- 
lam  Opern  in  tarn  mtdlis  tini  esse?  XXXIX,  4:  nisi  Syracusarum  orna- 
metüis  urbcm  exornari  fas  fueril,  in  Ambraeiam  unam  captam  Jion  va- 
liieril  belli  ius ,  u.  a.  Hieraus  erhellt  zugleich  wie  wenig  begründet 
es  ist  wenn  Ileindorf  meint,  diese  einfache  Zusammenstellung  der 
Gegensätze  sei  mehr  griechisch  als  römisch.  Vielmohr  beruht  sie 
auf  dem  Wesen  des  rhetorischen  Ausdruckes  überhaupt,  welcher 
den  einzelnen  Gliedern  selbständiges  Leben,  eigenen  Ton  und  ei- 
gene Bedeutung  verleiht ,  indem  er  sie  von  der  Kette  durch  die 
sie  mit  einander  verbunden  sind  losmacht  *).  Vgl.  meine  Anmerk, 
zu  Aristoph.  Nub.  1293  und  oben  zu  6,  50  a.  E. 

V.  110.  Bei  miliar e  bezeichnet  der  Accusativ  allerdings  ge- 
wöhnlich die  Sache  die  man  verlässt,  also  ursprünglich  hatte,  der 
Ablativ  aber  diejenige  um  welche  man  jene  aufgibt;  imd  slrir/ilem 
iiva  mulat  wäre  daher  in  unserer  Stelle  unzweitVlIiaft  das  eigentlich 
Logische.  Indessen  die  im  Begriffe  liegende  Gegenseitigkeit  und 
Gleichstellung  der  beiden  Seiten  schien  auch  eine  Verwechslung 
der  Glieder  zu  gestatten;  statt  A  mit  /?  wurde  /?  mit  A  vertauschen 


*)  Scheinbar  den  entgegengesetzten  Weg  der  Deutung  hat  J.  Classen 
eingeschlagen  wenn  er  in  seinen  feinsinnigen  ,,Heobachtnngen  über  den 
homerischen  Sprachgebrauch"  (Franklurt  l.sri4.  4.)  S.  14  sagt:  ,,iu  zalil- 
reichen  Filllen  zeigt  sich  die  Ersclicinung  dass  der  Einflus.s  einer  für  das 
CJanzc  einer  Periode  beabsiclitigtcn  Structur  sich  auch  auf  .-«olche  Theile 
derselben  erstreckt  und  sie  gebunden  hält  welche  nicht  durch  die  ge- 
wöhnlichen grammatischen  Bindemittel  angeschlossen  erscheinen.  Auch 
diess  ist  eine  Art  jener  parataktischen  Anreihung  die  in  der  griechi- 
schen Sprache  zu  allen  Zeiten  eine  so  bedeutende  .stelle  einnahm."  In- 
dessen kann  etwas  in  Hczug  auf  die  homerische  Sprache,  die  von  dem 
naiven  Nebeneinander  dcir  Hestimmungen  zu  einem  eigentlichen  Satzbau 
sich  erst  em|)<)rringt,  voUkoiiimeu  richtig  sein  und  dennoch  in  Ite/.ug  auf  die 
Litcraturwerke  aus  einer  Zeit  mit  sehr  entwickelter  Teriodisierung  wesent- 
licher Mudilieatiou  bedürfen.  Wie  jene  zur  ^'erbindung  vorwärtsstrebt, 
HO  muss  diese,  wenn  sie  bestimmte  Zwecke  erreichen  will,  auf  die  Locke- 
rung und  Auflösung  zurückgehen. 


Anmerkungen  zur  siebenten  Satire.  1 99 

gesetzt.  Belege  für  diese  Ausdrucksweise  geben  Bentley  und 
Heiüdorf.  Aus  der  Verkennung  derselben  sind  die  Varianten  ent- 
standen. —  Aelmlich  ist  die  ampuUa  im  3Iunde  eines  Stoikers  als 
Beispiel  eines  Gegenstandes  von  geringem  "NVerthe  gebraucht  bei 
Cic.  de  fin.  IV,  12,  31 :  ampuUa  enim  sil  necnc  si( ,  quis  non  iure  oplimo 
irridcalur  si  lahorct? 

V.  111.  gulae  par  e7is ,  unmittelbar  neben  servile  gestellt, 
gibt  damit  die  Antwort  auf  die  Frage  7iil  servile  habet,  sofern  es  = 
gulae  scrviens  ist,  lässt  aber  zugleich  als  Motiv  des  pracdia  venderc 
die  gula  erkennen.  Der  Ausdruck  ist  übrigens  sehr  concis  und 
springt  über  ^Mittelglieder  hinweg.  Das  Gemeinte  ist  eigentlich : 
wenn  ein  Sklave  sich  verfehlt  welcher  u.  s.  w. ,  so  muss  doch  noch 
weit  mehr  sich  verfehlen  wer  ganze  Güter  seinem  Gelüste  zum 
Opfer  bringt.  Ein  Solcher  bekundet  sich  damit  als  Sklave  seines 
Gelüstes,  als  innerlich  unfrei,  und  stellt  sich  somit  auf  gleiche 
Stufe  mit  einem  Sklaven.  Vgl.  meine  Anmerkung  zu  Weber, 
S.  482  f. 

V.  I  13.  Dass  die  Abschreiber  die  blosse  Vergleichung  an  die 
Stelle  der  Identification  setzen  zu  müssen  glauben  ist  eine  häufige 
Erscheinung  (vgl.  z.B.  3,  246),  und  daher  dass  das  richtige  et  erro 
in  so  vielen  Hdsch.  sich  erhalten  hat  eher  zu  verwundern  als  dass 
das  logisch  unmögliche  fug.  ut  erro  sich  in  einigen  findet.  Die  an- 
dere Variaute,  et  erras,  hat  nach  Fea  wieder  an  Apitz  einen  Patron 
gefunden;  es  ist  aber  leicht  zu  sehen  dass  sie  aus  beschränkter 
Gleichmacherei  (mit  vilas),  wo  nicht  gar  aus  Unkenntniss  des  Sub- 
stantivs erro,  hervorgegangen  ist.  fug.  et  erro  ist  zwar  eine  Anti- 
kliraax,  aber  eine  vollkommen  berechtigte;  und  es  ist  ganz  be- 
zeichnend dass  der  Sklave  seinen  Angeredeten  mit  allen  mögli- 
chen Verhältnissen  und  Eigenschaften  eines  Sklaven  in  Beziehung 
zu  bringen  bemüht  ist,  um  die  Gleichheit  beider  Theile  möglichst 
gross  zu  machen. 

V.  116.  ^Mitscherlich  Rac.  VI.  p.  10:  Quod  isla  polissimum  (la- 
pidem,  sagillas)  quaerat  mirum  videri  debel ,  si  cogites  servum  iuxta  Hu- 
ralium  Stare.  Scd  hoc  ipso  poeta  aininum  corumotum  declarare  voluit,  qui 
prae  ira  qua  excanduil  nescial  quid  primum  ac  polissimum  importuno  servo 
impitigat ,  sicque  ad  ea  delahalur  quae  minus  apta  ad  hoc  videri  dehcbant. 
Cnde  cliam  servus  cum  insaniac  suspeclum  habet.  Der  pathetische 
Charakter  des  unde  sagittas  ist  schon  von  Andern  beiiierkt,  und 
^litscherlich  vergleicht  Plaut.  Capt.  III,  4,  15:  hie  homo  rabiosus 
habilus  est  in  Alide  .  .  .  narn  istic  hasiis  inseclatus  est  domi  matrem  et 
patrem. 

V.  llS.  ni  rapis  —  accedes  vgl.  Kirchner  zu  1,4,  141 
(S.  173).  In  Betreff'  der  Drohung  den  Davus  untor  die  Strafcom- 
pagnie  zu  versetzen  vgl.  ausser  Plaut.  Most.  19  auch  Afranius  Sus- 
pecta  X  (V.  327,  p.  176  in  Kibbeck's  Com.  lat.)  :  in  Arpinos  iam  quun- 
tum  pote  cxplodam  hominem  ut  viticelur ,  sowie  Terent.  Phorm.  II,  ], 


200  Zweites  Buch  der  Satiren. 

18 — 20:  mcditnta  mihi  sunt  omnia  mca  incommoda:  herus  si  redieril 
Molendum  usque  in  pislrino ,  vapulandiim,  habendae  compedes,  opus 
ruri  faciendum.  Durch  diese  Drohung  wird  Davus  aus  seiner 
erträumten  Höhe  in  die  Wirklichkeit  zurückgeschleudert ,  die  Rea- 
lität seiner  Stellung  gibt  sich  ihm  zu  fühlen,  er  wird  daran  erinnert 
dass  der  Sklave  vielmehr  er  sei.  So  enthält  der  Schluss  zugleich 
eine  Art  Correctiv  gegenüber  von  der  bisherigen  Auseinander- 
setzung. 


\ 


Achte    Satire. 


Einleitung. 

Dieses  Gedicht  stellt  weder  ein  Erlebniss  des  Dichters  dar 
noch  enthält  es  eine  Auseinandersetzung  seiner  Ansichten  über 
eine  gegebene  Frage,  sondern  es  rollt  ein  Bild  aus  der  Gegenwart 
vor  uns  auf;  es  ist  weniger  satitro  und  mehr  Satire  als  die  meisten 
innerhalb  der  beiden  Bücher.  Gegenstand  derselben  ist  zwar  zu- 
nächst eine  einzelne  IVrson,  aber  eine  solche  welche  zugleich 
Vertreter  einer  ganzen  Gattung  ist  und  als  Verkörperung  einer  all- 
gemeinen Wahrheit  sich  betrachten  lässt,  des  Satzes  dass  Ver- 
stand, Bildung,  Geschmack  undTact  sich  nicht  kaufen  lässt,  dass 
das  Gemeine  bleibt  was  es  ist,  auch  wenn  es  über  Haufen  Goldes 
zu  gebieten  hat. 

Die  Satire  schildert  nämlich  die  Vorgänge  bei  einem  Malilo 
welches  der  reiche  Nasidienus  Kufus  dem  ^laecenas  und 
Freunden  und  Gesellschaftern  desselben  gegeben  hatte.  Veranlas- 
sung zu  der  Einladung  scheint  der  "Wunsch  gewesen  zu  sein  sich 
den  Sommitäten  der  Gesellschaft  zu  nähern  und  durch  die  Elire 
einen  so  hochstehenden  und  so  fein  gebildeten  Mann  bei  sich  ge- 
sehen zu  haben  soll)st  sich  in  der  öffentlichen  Meinung  zu  heben 
und  sein  Haus  unter  die  aristokratischen  Cirkcl  einzureihen.  Dass 
Maccenas  die  Einladung  annalim  mochte  in  seiner  allgemeinen 
Gutmütigkeit,  in  irgend  welchen  früheren  persönlicben  Beziehun- 
gen zu  dem  AVirte  ,  oder  auch  in  blosser  Neugierde  seinen  (Jruml 
haben.  Dass  aber  jene  Beziehungen  nur  obertlächlicher  Art  waren 
und  keinerlei  Veritllichtung  in  sich  schlössen,  erhellt  am  besten 
aus  der  Unverhohleuheit  womit  in  unserer  Satire  der  Wirt  durch 
«'inen  Angehörigen  des  Kreises  von  Maecenas  gegeisselt  wird  und 
nach  welcher  man  glauben   möchte  dass  Maccenas  den  fraglichen 


Einleilung  ziir  achten  Saiire.  201 

Geldbrotzcii  zuvor  nur  sehr  vonig  gekannt  habe  und  erst  durch 
das  Mahl  selbst  gewahr  geworden  sei  wie  er  selbst  eigentlich  dem- 
selben als  ^Mittel  zu  seiner  Verherrlichung  habe  dienen  sollen. 
Ohne  Zweifel  aber  liegt  unserer  Satire  etwas  wirklich  Vorgekom- 
menes zu  Grunde,  so  wenig  wir  auch  die  Person  des  Haupthelden 
derselben  mit  Sicherheit  zu  ormittelu  verniögen. 

Von  den  beiden  Namen  welche  demselben  beigelegt  werden 
ist  Rufus  gewiss  geschichtlich,  da  er  V.  58  ganz  beiläufig  und  so 
dass  man  ihn  als  notorisch  voraussetzen  muss  erwähnt  wird.  Da- 
gegen ist  Nasidienus  darnach  angethan  um  die  Vermutung 
scherzhafter  Fiction  oder  Abänderung  des  wirklichen  rege  zu  ma- 
chen. Zwar  ist  der  Name  keineswegs  unerhört:  wenn  auch  Martial. 
VII,  54,  8  {cmt  vigila  aul  dormi,  yasklicrie,  tibi)  mögliclier  Weise  l)loss 
beweist  dass  er  in  der  Literatur  vorkam,  so  ist  doch  auch  für  das 
Vorkommen  im  Leben  ein  Beleg  enthalten  in  der  von  Orelli  nach- 
gewiesenen Inschrift  bei  Hagenbuch,  Kpp.  Epigr.  Mss.  17o5,  22,  6: 
L.  NASIDIENJ'S  JGBIPP(incnsis)  TlilBT'N.  LEG.  XIIII.  GEM., 
um  der  blos  ähnlichen  Namen,  wie  NaselliiiSy  Nasennius,  Nasklius 
(s.  meine  betr.  Artikel  in  der  Real-Enc.  V.  S.  420f.),  nicht  zu  ge- 
denken. Indessen  diese  Seltenheit  des  Namens ,  verbunden  mit 
der  Erwägung  dass  unseres  Dichters  Darstellung  einen  weitem 
Reiz  gewänne  wenn  wir  annehmen  dürfton  dass  der  Name  den  er 
dem  passiven  Helden  gibt  eine  komische  (avoIü  durch  dessen  Phy- 
siognomie veranlasste)  Umgestaltung  seines  eigentlichen  sei,  sowie 
die  Vergleichung  der  sonstigen  Gewohnheit  des  Horaz  in  dieser 
Beziehung,  muss  doch  geneigt  machen  Nasidienus  für  eine  Pseudo- 
nyme Bezeichnung  zu  halten.  Aeusserlich  vortrefflich  einleuchtend 
ist  dabei  die  von  Lambin  zuerst  aufgestellte  Vermutung  dass  des 
Gegeisselten  wahrer  Name  Salvidienus  JRufiis  gewesen  sei.  Nur 
alter  ist  es  unmöglich  diess  mit  Lambin  auf  den  bei  Suet.  Oct.  66 
erwähnten  ^lann  dieses  Namens  zu  beziehen.  Dort  heisst  es  von 
Octavian:  amicitias  neque  facilc  admisil  et  conslantissimc  rcdnuit  .... 
yeque  enim  iemere  ex  omni  numero  in  amicilia  eins  afßicti  reperienfur. 
praeter  Snlvidienum  Biiftim ,  quem  ad  consulatum  usque ,  et  Cornelium 
Gallum,  quem  ad  praefeeturam  Aegypti ,  ex  infima  utrumquc  forluna, 
provexeral.  Quorum  alterum  (den  Erstgenannten  *) ,  res  novas  mo- 
lientem ,  damnandum  senalui  tradidit:  alteri  (dem  Cornelius  Gallus)  ob 
ingratum  et  malevohim  animum  domo  et  provinciis  suis  interdixil.  Die 
Verrätherei ,  Verurteilung  und  der  (mehr  oder  weniger  mifreiwil- 
lige)  Tod  des  Quintus  Salvidienus  Rufus  fällt  ganz  unzweifelhaft 
(s.  Dio  XLVIII,  33.  Appian.  b.  c.  V,  66.  Livius  CXXVII)  ins  Jahr 
714  d.  St.,  also   eine  Zeit  wo  Horaz  mit  Maecenas  noch  in  keine 


*)  AVenn  Lambin  und  nach  ihm  Heindorf  die  hcideii  alter  in  umgre- 
kehrter  Weise  beziehen,  so  ist  diess,  wie  schon  Weber  Sat.  S.  48K  ge- 
zeigt hat,  unrichtig. 


202  Zweites  Buch  der  Sauren. 

persönliche  Beziehung  gekommen  war  und  kaum  erst  angefangen  ' 
hatte  als  Schriftsteller  thätig  zu  sein.  Auch  hatten  den  »Salvidienus 
die  ihm  von  Octavian  übertragenen  Geschäfte  fortwährend  ausser- 
halb Roms  festgehalten :  im  J.  709  dessen  Begleiter  nach  Apollonia 
nahm  er  seit  Caesars  Tod  an  allen  Kriegen  Octavians  den  thätig- 
sten  Antheil:  im  J.  711  trieb  er  den  Sextus  Pompejus  von  der 
Küste  Italiens  zurück,  bekämpfte  denselben  im  J.  713  in  Spanien, 
bald  darauf  aber  in  Oberitalien  den  L.  Antonius,  und  ward  nach 
Beendigung  des  perusinischen  Krieges  mit  einem  Commando  in 
GTallieu  betraut  (s.  das  Nähere  bei  Haakh,  Real-Enc.  VI,  1.  S.720); 
so  dass  nicht  abzusehen  wäre  wann  er  zu  gastronomischen  Studien 
und  Zurschaustellung  derselben  in  Koni  Zeit  gehallt  haben  sollte. 
Endlich  war  Salvidienus  bis  zu  seiner  ebenso  rasch  eingetretenen 
als  verlaufenen  Katastrophe  bei  Octavian  in  ungetrübter  hoher 
Gunst  und  somit  eher  ein  Nebenbuhler  des  Maecenas  als  dass  er 
nöthig  gehabt  hätte  an  diesen  sich  heranzudrängen.  Andererseits 
aber  hat  die  Aehnlichkeit  des  Hauptnamens,  die  Gleichheit  des 
Zunamens  (Rufus),  sowie  das  Zutreffen  des  Zuges  dass  Salvidienus 
ein  durch  die  Gunst  der  Umstände  aus  niedrigem  Stande  aufge- 
tauchter Emporkömmling  war,  zu  viel  Verführerisches  als  dass 
nicht  hätte  der  Versuch  gemacht  werden  sollen  nach  Aufgebung 
seiner  Person  wenigstens  die  Beziehung  auf  seineu  Namen  und 
sein  Geschlecht  festzuhalten.  So  hat  denn  zuerst  Ph.  Buttmann 
(Mythologus  I.  S.  333)  eventuell  und  mit  einigem  Zweifel,  nach 
ihm  aber  C.  G.  Zumpt  (vor  Wüstemann's  Bearbeitung  der  Hein- 
dorfschen  Ausgabe,  S.  31)  mit  Zuversicht  die  Vernuitung  aufge- 
stellt dass  der  horazische  Nasidienus  vielmehr  der  den  gleichen  Na- 
men und  Zunamen  tragende  Bruder  des  erwähnten  octavianischen 
Generals  sei.  Jedoch  haben  wir  über  diesen  Bruder  eine  einzige 
Nachricht,  und  diese  selbst  ist  der  fraglichen  Vermutung  nichts 
weniger  als  günstig.  Dio  Cassius  sagt  nämlich  (1.  1.)  von  Q.  Sal- 
vidienus Rufus:  ig  roaovro  vno  xov  Kaiaagog  7tqo}}xO-i}  (oöte  avtov 
ze  VTidTOv  firjöi  ßovlsvoi'xa  aTTOÖeix&ijvdL  y.al  tov  aöek<poi'  avzov  ttqo- 
a7to^^av6l'rci  öia  rov  Tißioiöog ,  yscpvQag  stt  avTO  tovto  TTOnjüetGi^g, 
iE,ei'BX&^ji'ai.  Ist  nun  alier  der  Tod  dieses  Bruders  noch  vor  das 
.1.  714  zu  setzen,  so  ist  um  so  weniger  wabrscheiulich  dass  lloraz 
ihn  gekannt  und  gemeint  habe,  falls  man  nicht  etwa  mit  Zumpt 
a.  a.  O.  unsere  Satire  selbst  schon  ins  J.  7I4  versetzen  will  und 
noch  vor  den  Sturz  des  berühmteren  Bruders;  denn  nach  demsel- 
ben hätte  der  Satii'iker  zu  VerliüUung  des  wahren  Namens  keinen 
(Jrund  haben  können. 

Noch  weniger  lässt  sich  anfuhren  für  die  von  rrmiuius  und 
S|)(i]in  ausgesprochene  Ansicht  dass  unser  Nasidienus  identisch  sei 
mit  dem  ztierst  (bis  719  d,  St.)  unter  Sext.  Pompejus,  darauf  unter 
Antonius  dienenden  (App.  b.  c.  V,  139)  und  im  .1.  7"J3  l>ei  Patrae 
geschlagenen  (Dio  L.,  13)  Q.  Nasidius  (s.  Real-Enc.  V.  S.  4-21 ,  Na- 


Einleitung  zur  achten  Satirc.  203 

feidii,  2).  Dass  dieser  Nasidius  Sohn  eines  römischen  Ritters  (s. 
Ebendas.  Nr.  l)  und  somit  selbst  Ritter  war  will  nichts  besagen. 
Denn  ritterliche  Geschlechter  gab  es  auch  noch  viele  andere,  und 
iiberdiess  ist  die  Angabe,  unser  Held  sei  römischer  Ritter  gewesen, 
selbst  von  ziemlich  apokryphischer  Xatur.  Sie  findet  sich  bei  Acru, 
wo  es  heisst :  yasifliemis .  eques  roma?nis ,  in  aliis  elegans ,  in  muncra- 
linne  (enumrratiune.')  aulem  lauliciarum  suuruin  pulidus.  Die  Bezeich- 
nung als  cq.  rom.  könnte  daher,  ebenso  gut  als  die  übrige  Prädicic- 
rung,  auf  Folgerung  aus  unserer  Satire  beruhen.  Sein  Reichthum 
macht  es  allerdings  unzweifelhaft  dass  er  Ritter  war;  aber  nach 
der  Art  seines  Benehmens  muss  mau  vielmehr  glauben  er  sei  der 
Erste  seiner  Familie  ge\\  esen  der  es  S(»  weit  braclite,  Avährend  bei 
Nasidius  jedenfalls  schon  der  Vater  zum  Ritterstande  gehört  hatte 
inid  daher  wohl  auch  der  Sohn  schwerlich  eines  solchen  Mangels 
an  geselliger  Bildung  fähig  war  Avie  er  dem  Nasidienus  zugeschrie- 
ben wird.  Ferner  macht  die  Parteistellung  des  Q.  Nasidius  und 
die  ehrenwerthe  Festigkeit  welche  er  dabei  bewies  es  unglaublich 
dass  Horaz  ihn  in  solcher  Weise  angegriffen,  und  undenkbar  dass 
er  sich  in  so  alberner  AVeise  an  Maecenas  herangedrängt  hätte. 
Endlich  wäre ,  wenn  Nasidius  der  wirkliche  Name  unseres  Edeln 
wäre,  lediglich  nicht  zu  begreifen  warum  Horaz  denselben  in  Na.si- 
dienus  altgeändert  hätte.  Wollte  er  mit  demselben  eine  Aenderung 
vornehmen,  so  musste  sich  diese  auf  die  Wurzelsilbe  beziehen, 
nicht  auf  die  Endung. 

So  wenig  wir  aber  eine  der  aufgestellten  Vermutungen  haltbar 
linden,  so  wenig  wissen  wir  eine  bessere  an  deren  Stelle  zu  setzen. 
Vielmehr  beruhige  ich  mich  noch  immer  (wie  im  Art.  Nasidienus 
der  Real-Enc.)  dabei  dass  der  Name  zwar  wahrscheinlich  Pseudo- 
nym, der  wahre  der  betreffenden  Person  aber  unbekannt  sei,  und 
dessen  Kenntniss  um  so  leichter  entbehrt  werden  könne  weil  der 
Mann  von  unserem  Dichter  so  lebenswahr  und  anschaulich  geschil- 
dert worden  ist  dass  wir  zur  Vergegenwärtigung  seines  Bildes  wei- 
terer Mittheilungen  durchaus  nicht  bedürfen.  Die  hauptsächlich- 
sten Züge  desselben  sind  dass  Nasidienus  ein  Neureicher  (vgl.  zu 
V.  17)  ist  der  den  routinierten  AVeltniann  spielen  will  (vgl.  die  Ein- 
leitung zur  vierten  Satire),  dabei  aber  fortwährend  sich  die  lächer- 
lichsten Blossen  gibt,  durch  seine  Selbstanpreisung  seiner  Sachen 
sich  unausstehlich  macht  und  ein  ^lal  über  das  andere  veiTäth  wie 
schwer  ihm  im  Grunde  seines  Herzens  das  Geldopfer  fällt  das  er 
mit  dieser  Gasterei  V-ringen  zu  müssen  glaubt  (vgl.  V.  16  f.  34  ff. 
41.  81  f.).  Für  seine  Bildungsstufe  bezeichnend  ist  namentlich  auch 
die  Auswahl  derjenigen  Personen  welche  er  zu  der  Gesellschaft 
des  Maecenas  hinzu  eingeladen  hat:  Porcius  (V.  23  f.) ,  der 
durch  die  Fertigkeit  ganze  Pasteten  auf  einmal  hinabzuschlingen 
aufs  Geistreichste  zu  unterhalten  weiss,  ein  puhliranus  nach  dem 
Comm.    Cruq.    (was    wohl    nur    aus    der    Gesellschaft    Nasidien's 


204  Zweites  Buch  der  Satiren. 

gefolgert  ist),  walirsclieinliclier  ein  scurra  (s.  zu  7,  15);  und  No- 
mentanus,  dessen  Function  die  eines  nomcnclalor  für  Maecenas 
ist,  welchem  Zwecke  entsprechend  vielleicht  auch  sein  Name  ge- 
wählt ist.  In  der  täppischen  Weise  womit  Maecenas  vom  Wirte 
ausgezeichnet  und  den  übrigen  Gästen  zu  fühlen  gegeben  wird 
dass  sie  eigentlich  nur  um  dessen  willen  da  seien,  liegt  weiterhin 
eine  charakteristische  Eigenthüinlichkeit,  Um  so  wohlthueuder 
sticht  davon  ab  die  würdevolle  Haltung  welche  durch  die  ganze 
Satire  hindurch  dem  Maecenas  zugetheilt  ist,  der  überhaupt  nur  so 
weit  genannt  wird  als  für  die  Sache  es  unumgänglich  nothwendig 
ist:  ein  Verfahren  in  welchem  sich  unsers  Dichters  gewohnter  Tact 
glänzend  bekundet,  worauf  zuerst  Wieland  (S.  213.  vgl.  AVeber 
S.  487)  aufmerksam  gemacht  liat. 

Die  Einkleidung  ist,  wie  in  den  meisten  Satiren  dieses  Buchs 
so  auch  in  der  vorliegenden,  eine  dialogische:  die  eines  Gesprächs 
ZAvischen  dem  Dichter  und  seinem  Freunde  Fund  an  ins.  Letz- 
terer war  einer  der  Gäste  Nasidien's  gewesen  und  erzählt  auf  Be- 
fragen die  Vorkommnisse  bei  diesem  Mahle.  Die  Wahl  dieses  Be- 
richterstatters ist  um  so  glücklicher  da  wir,  nach  den  Hoffnungen 
welche  I,  10,42  über  dessen  Leistungsfähigkeit  auf  dem  Gebiete 
der  Komödie  ausgespi'ochen  sind,  bei  demselben  doch  einiges  Ta- 
lent komischer  Darstellung  voraussetzen  müssen.  Uebrigens  hat  es 
der  Dichter  fein  angelegt  dass  er  die  Person  des  Literlocutors  erst 
V.  19  hervortreten  lässt,  nachdem  er  zuvor  für  diese  selbst  wie  für 
den  Gegenstand  seiner  Erzählung  Interesse  zu  erwecken  gewusst 
hat.  Noch  bemerkenswerther  ist  das  Geschick  womit  sich  der 
Dichter  V.  20  ft".  der  schwierigen  Aufgabe  entledigt  eine  Aufzäh- 
lung der  Thoilnehmer  des  Mahles  zu  geben.  Zwei  Klippen  waren 
dabei  hauptsäclilich  zu  vermeiden:  einerseits  prosaische  Trocken- 
heit, Trivialität  und  Einförmigkeit,  anderseits  geschraubtes,  ge- 
künsteltes Wesen,  Avelchem  man  anfühlte  dass  der  Dichter  IMiihc 
gehabt  habe  die  Namen  in  Vei'se  zu  bringen.  Zwischen  beiden  ist 
der  Dichter  aufs  Glücklichste  hindurchgeschifTt:  dieser  Theil  sei- 
ner Darstellung  ist  bei  aller  Kürze  vollkomuien  klar,  anschaulich, 
sachgemäss ,  sogar  anmutig;  und  es  sind  an  ihm  noch  überdiess 
zweierlei  Vorzüge  hervorzuhel)en.  Einmal  dass  diese  Aufzählung 
erst  jetzt  gegeben  ist,  nachdem  durch  die  Nennung  iler  beiden 
Hauptpersonen  —  Nasidienus  und  ^laecenas  — .bereits  die  Auf- 
merksamkeit rege  gemadit  ist;  sodann  dass  ^laecenas  weder  nocli 
einmal  eigens  aufgeführt,  noch  ausdrücklich  angegeben  Avird  wel- 
ches bei  Tische  sein  Platz  war,  da  dieses  sich  von  selbst  verstand. 
EI)euso  glücklich  getrofl'en  ist  es  dass  der  Dichter  die  Katastrophe 
ül>er  Nasidien  einbrechen  lässt  wie  derselbe  gerade  auf  <ler  höch- 
steu  Höhe  des  (Jlückes  steht,  unmittelbar  nachdem  er  im  eigenen 
Glänze  sich  selbstgefällig  gespiegelt  hat  und  nichts  weniger  ahnt 
als   eine   solche    I  )ciiiiitigung   seines   Stolzes.     Ueberlmupt    ist   die 


Einleitung  zur  achten  Satire.  205 

ganze  Satire  von  oinem  heitern,  siogosfrohen,  fast  übermütigen  Hu- 
mor durchzogen,  welcher  aber  darum  nichts  Verletzendes  hat  weil 
es  der  Geist  und  die  Bildung  selbst  ist  deren  Ueberlegenheit  über 
die  —  wenn  auch  äusserlich  noch  so  reich  gesegnete  —  Be- 
schränktheit in  der  Züchtigung  des  Nasidienus  zur  Anerkennung 
kouimt. 

Diese  ungetrübt  heitere,  mutwillige  (Trundstimmung  unserer 
Satire,  sowie  die  Detailkenntniss  der  Bräuche  und  Genüsse  der 
feinsten  Gesellschaft,  und  das  emptindliehe  Gefühl  für  jede  Ver- 
letzung derselben  das  darin  zu  Tage  tritt,  endlich  die  Erwähnung 
<ler  Canidia  am  Schlüsse,  macht  es  uns  in  hohem  Grade  wahrschein- 
lich dass  das  vorliegende  Gedicht  eines  der  allerfrühesten  imseres 
Buches  ist.  Ohne  Zweifel  stammt  es  aus  einer  Zeit  wo  Horaz  noch 
mit  ungetheiltem  Interesse  der  Stadt  und  dem  Kreise  des  Maece- 
nas  angehörte,  noch  nicht  mit  sehnsüchtiger  Liebe  nach  dem  Land- 
leben hinausblickte  und  alle  Zeit  die  er  seinen  städtischen  Ver- 
pflichtungen entziehen  konnte  ihm  zuwandte.  AVir  setzen  daher 
die  Satire  noch  vor  den  Empfang  des  Sabinums,  ums  J.  7"20  d.  St., 
und  rinden  eine  Bestätigung  für  diese  Annahme  auch  in  dem  Ver- 
hältnisse unseres  Gedichtes  zu  Sat.  T,  9.  Zwischen  beiden  besteht 
meines  Erachtens  eine  Verwandtschaft  des  Gegenstandes  und  der 
Behandlung  in  Absicht  auf  Stinunung  wie  Kunst.  Beider  Stoft'  ist  ein 
scharfbegrenzter,  aus  der  unmittelbarsten  Gegenwart  und  den  spe- 
cifischen  Interessen  eines  bestimmten  Gesellschaftskreises  heraus- 
geschnittener, ein  einzelnes  Vorkommniss  durch  welches  Angehö- 
rige dieses  Kreises  berührt  worden  waren  und  welches  für  diesen 
zunächst  und  hauptsächlich  Reiz  und  Wichtigkeit  hatte;  beide 
züchtigen  Individuen  welche  ohne  Beruf  sich  diesem  Kreise  auf- 
drängen wollen,  und  beide  vollziehen  diese  Züchtigung  mit  der 
heiteren  Sicherheit  eines  in  seiner  Stellung  zu  diesem  Kreise 
Festgegründeten  und  ihrer  als  einer  unverliei-baren  Bewussten. 
Beide  gehören  ferner  durch  die  lebendige  dramatische  Darstellung, 
die  Feinheit  und  Schärfe  der  psychologischen  Zeichnung,  die  mei- 
sterhafte Leichtigkeit  und  Gewandtheit  der  Anlage,  nicht  nur  zu 
den  gelungensten  Schöpfungen  unseres  Dichters,  sondern  zu  den 
Kunstwerken  von  allgemein  gültigem  Wertlie.  Diese  Gleichheit 
des  Grundtones  und  der  Kunsthöhe  ist  l'ür  uns  eine  Bürgschaft 
dass  sie  auch  ungefähr  aus  derselben  Zeit  sind,  und  wie  wir  daher 
I,  9  für  eine  der  spätesten  des  ei'sten  Buches  halten  (s.  Rhein.  Mus. 
N.  F.  IV.  S.  111.  114),  so  die  vorliegende  für  eine  der  frühesten 
des  zweiten.  Damit  weichen  wir  freilich  nicht  nur  von  Grotefend 
(S.  465,  b.  466,  a.)  und  Franke  (F.  hör.  p.  122),  sondern  auch  von 
Kirchner  erheblich  ah,  welche  Alle  (Letzterer  besonders  oben  I. 
S.  18  f.)  die  Satire  ins  .1.  724  setzen.  Indessen  haben  wir  uns  nach 
einem  eigentlichen  Grunde  für  diese  Datierung  bei  allen  genannten 
Gelehrten  vergebens  un)gesehcn.   Weber  rückt  die  Satire  sogar  bis 


206  Zweites  Bucli  der  Satiren. 

ins  Frülijalir  726  hinaus  (Hnratius  als  Mensch  etc.  S.  204") :  ins 
Frühjahr  Avegen  der  in  V,  8  ft.  vorkommenden  Vegotabilien ,  ins 
J.  726  aber  weil  „eine  Friedenszeit,  wie  sie  erst  mit  den  Trium- 
phen von  725  eintrat"  diejenige  war  wo  „die  reichgewordenen  Lie- 
feranten, die  Hofbankiers,  die  bourgcois  getUils - hommes ,  ihre  Holle 
spielten."  Wie  wenig  diese  Argumentation  zwingend  ist  leuchtet 
ein:  Aveder  war  der  Krieg  das  einzige  oder  auch  nur  wichtigste 
Mittel  der  Bereicherung  für  einen  römischen  Bürger,  noch  war  der 
Krieg  für  Nabobs  ein  Hinderniss  in  Rom  eine  liolle  zu  spielen-, 
geschweige  dass  gerade  erst  nach  725  dazu  Raum  gewesen  ■wäre. 
Auf  dem  andern  Extreme  steht  C  G.  Zumpt,  welcher  (vor  AVüste- 
mann's  Ausg.  S.  29)  als  die  Abfassungszeit  unserer  Satire  das  Jahr 
71i  behauptet.  Darüber  habe  ich  schon  im  Rhein.  Mus.  a.  a.  0. 
S.  235  gesprochen ;  hier  wird  die  eine  Bemerkung  genügen  dass 
alsdann  die  Satire  eines  der  Erstlingsgedichte  des  Horaz ,  aus 
Einer  Zeit  mit  I,  7,  ja  noch  älter  als  I,  8  w'äre ! 

Nachgeahmt  ist  unsere  Satire  von  Boileaii  in  seiner  dritten 
und  von  Regnier  in  seiner  zehnten;  besonders  bearbeitet  von  L. 
Döderlein,  im  Erlanger  Prorectoratsprogramm  von  1855  {Coni- 
menlalioncm  de  coena  Nasidicni  ad  Hör.  Sal.  II,  S  praeiuillil  L.  D.).  In 
der  seiner  Uebersetzung  und  den  Anmerkungen  vorausgeschickten 
Einleitung  hat  Döderlein  vorzugsw^eise  den  Satz  zu  erhärten  ge- 
sucht dass  der  StoflP  unserer  Satire  kein  geschichtlicher  sei,  sondern 
eine  freie  Schöpfung  der  Phantasie  des  Dichters ,  um  eine  be- 
stimmte Art  von  Reichen  zu  geisscln,  diejenigen  nämlich:  f/ui  prae- 
ter celeram  htxuriem  o?)uie  Studium  in  arle  cuUnuria  coUocidxinl  ^  —  also 
eine  Classe  zu  welcher  oline  Zweifel  in  erster  Reihe  Maecenas 
sellj.>>t  gehörte,  so  dass  die  dem  Nasidien  versetzten  Streiche  auf 
den  Gönner  und  Freund  des  Dichters  zurückgefallen  wären,  was 
doch  sicherlich  Horaz  ebenso  sehr  Avissen  als  vermeiden  musste. 
Auch  wäre  bei  einer  solchen  Auffassung  des  Gegenstandes  schon 
diess  unbegreiflich  dass  Horaz,  wenn  er  das  Personal  des  Gelages 
nach  seinem  Belieben  zusammensetzen  konnte,  nicht  ülierhaupt 
gänzlicli  unterliess  die  l'erson  des  Maecenas  damit  in  Beziehung 
zu  setzen.  Die  von  Döderlein  weiterhin  versuchte  partiale  Ehren- 
rettung des  Nasidienus  hat  mich  ebenso  wenig  überzeugt.  Er  will 
denselben  nur  als  liguritor  et  rudis  fatuusquc  ita  ut  oinnes  »lortales  sui 
simi/liinos  cxistimet  (p.  4)  gelten  lassen ,  schreibt  ihm  dabei  kindliche 
Naivität  zu  und  meint:  commiseratione  et  nlir/ua  irrisinne  inidto  dignior 
apparet  f/unvi  rnntenitu  et  odio  (p.  4),  Dann  müssten  wir  aber  den 
Dichter  tadeln  dass  er  einen  so  harmlosen  ^Menschen  so  unbarm- 
herzig ,, herüberlegt."  An»  ehesten  liesse  sich  noch  hören  Dötler- 
lein's  Abwehr  des  Vorwurfs  geheimen  (leizes  (p.  5  f.),  sofern  nicht 
alle  für  denselben  angeführten  Stelleu  streng  lieweisen<l  sind.  In- 
dessen sclieint  uns  der  fragliche  Zug  zu  tief  im  Wesen  eines  Neu- 
reiclien  begründet  und   das  pjusemblc  der  Symptome  in    welchen 


Anmerkungen  zur  aclilen  Satire.  207 

er  zix  Tage  tritt  zu  übcrAvaltigoiul  als  dass  wir  auf  denselben  Ver- 
zicht leisten  niüclitcn.  Wir  können  daher  diesen  Versncli  unsere 
Satire  ihrer  3lannlieit,  Energie  und  Treflkraft  zu  berauben  so 
Avenig  geglückt  tinden  als  die  entsprechende  Operation  an  Alkon 
(vgl.  zu  V.  15). 


Anmerkunoen  zur  acliten  Satire. 


'Ö 


V.  1.  Die  Varianten  ul  te  N.  itivit  c.  b.,  N.  qui  i.  ic  c.  b.,  N.  quid 
i.  ic  c.  b.  haben  ihren  Entstehungsgrund  in  der  Unfähigkeit  der 
betreffenden  Abschrcüier  mit  der  Silbenmessung  von  ttl  Nasidu'?ii, 
besonders  gegenüber  von  V.  75  und  84,  zu  Stande  zu  konnnen, 
d.  h.  einzusehen  dass  in  Xasülicni  das  zweite  /  hier  consonantisch 
steht,  -wie  in  vindemialor  I,  7,  29;  vgl.  II,  3,  245  und  Bentley  zu  un- 
serer Stelle,  nebst  Botlie  p.  138  f.  Lachmann  zu  Lucret.  j).  130  — 
Der  Gebrauch  von  ul  {==quomod6)  scheint  der  strengen  Schrift- 
sprache fremd,  dagegen  im  sermo  quolidianus  einheimisch  gewesen 
zu  sein,  wie  aus  Plautus  und  Terentius  erhellt;  vgl.  ut  vales ?  Pers. 
17.  (Trhi.  48.)  Heaut.  II,  4,  26  und  ul  valelur :  Pers.  309.  —  bea- 
lus  ist  wer  es  gut  hat,  es  sich  wohl  sein  lassen  kann,  wer  ver- 
möge seiner  Verhältnisse  und  ]\Iittel  sich  jeden  Wunsch  und  jedes 
Gelüste  zu  befriedigen  im  Stande  ist,  daher  geradezu  s.  v.  a.  reich. 
Vgl.  besonders  Epo.  16,  41  f.:   bcata  pelamus  arva  diviles  el  insulas. 

V.  2.  Priscian's  Wortstellung  {couvivam  quaerenli)  hat  aller- 
dings etwas  Gefälligeres  als  die  grammatische  Wortabwickelung 
der  horazischen  Hdsch.  [mihi  quacr.  conv.).  Indessen  wäre  Priscian's 
Zt'ugniss  nur  in  dem  Falle  wenn  er  die  Worte  um  ihrer  selbst  wil- 
len oder  wegen  ihrer  Stellung  anführen  würde  von  entscheidendem 
Gewichte;  so  aber  hiesse  c.  q.  aufnehmen  wohl  mehr  den  Dichter 
verbessern  als  seine  Abschreiber;  aucli  kann  man  q.  c.  sogar  sach- 
lich passender  finden  alsc.  y. ,  indem  dieses  besagen  würde:  ich 
suchte  einen  Tischgenossen  und  kam  dabei  auch  an  dich;  dagegen 
jenes:  ich  habe  dich  eigens  aufgesucht  um  dich  zu  Gast  zu  Ititten. 
—  Die  Auslassung  von  es  (wie  sudi^  oben  7,  102;  sumus ^  Epo.  1,  9; 
sunl,  unten  V.  85.)  scheint  gleichfalls  der  Conversationssprache  an- 
zugehören;  Beispiele  aus  Plautus  s.  bei  Brix,  Emcndalkmes  Plau- 
linae,  Hirschberg  1854.  4. 

V.  3.  Neben  de  medio  ist  wohl  ^\\c\\ polare  bezeichnend  und 
mit  Absicht  gewählt.  Es  hat  eine  Färbung  wie  das  deutsche  „po- 
culieren." 

V.  4.  *//  milti  fucril  melius^  vgl.  2,  120.  6,4. —  Du  scheint 
Kirchner  mit  Kecht  vorgezogen  zu  haben,  da  zwar  sehr  begreiflich 


2()8  Zweites  Buch  der  Satiren. 

i.st  wie  es  in  so  vielen  Hdscli.  verwischt  werden  konnte,  nicht  aber 
wie  es,  wenn  es  nicht  ursprünglich  war,  hätte  entstehen  können. 
Auch  dass  dieselben  Hdscli.  welche  da  haben  darüber  die  zeigen 
ist  ein  deutlicher  Fingerzeig.  Endlich  stimmt  da  sehr  gut  zu  dem 
iin  ganzen  Eingange  heirschenden  Conversationstnn.  Uebrigens 
vgl.  redde,  V.  80.  Zum  Schlüsse  des  Verses  vergleicht  Fea  Cic.  ad 
Att.  XIII,  42,  1 :  sed,  si  grave  non  csl,  leliin  scire. 

V.  ö.  Da  Horaz  gleich  nach  dem  fragt  was  zu  Stillung  des 
Hungers  in  erster  Reihe  gegeben  worden  sei,  so  war  für  den  Er- 
zähler kein  Anlass  vorhanden  der  gustatio  Erwähnung  zu  thun. 

V.  6.  scheint  Döderlein  nicht  mit  Unrecht  den  Ausdruck  /// 
primia  zu  premieren:  unter  den  ersten  Gerichten  (wenngleich  nicht 
das  allererste).  Doch  war  auch  wohl  diess  schon  eine  Abweichung 
von  der  gewöhnlichen  Sitte. 

V.  7.  Haberfeldt:  ,,auch  die  wilden  Schweine  suchte  man 
lebendig  zu  fangen  .  .  .  Ist  hier  vielleicht  ein  solches  eingehaschtes 
Schwein  zu  serstehen  und  trug  vielleicht  der  gelinde  Südwind  bei 
dem  es  gefangen  war  (wie  II,  2,  32  bei  dem  Hechte  dass  er  zwi- 
schen zwei  Brücken  gefangen  war)  nach  dem  Urteil  der  Kenner 
dazu  bei  es  schmackhafter  zu  machen?  Auf  alle  Fälle  möchte  ich 
diess  lieber  annehmen  als  mit  Sanadon  und  Wieland:  dass  Nasi- 
dien  sich  bei  seinen  Gästen  wegen  des  üblen  Geruchs  habe  ent- 
schuldigen wollen.  Der  arrogante  Nasidien  dachte  bis  zu  dem 
Unglücksfall  mit  dem  Umhang  an  Nichts  weniger  als  an  Entschul- 
digung, sondern  suchte  vielmehr  Alles  was  er  auftragen  Iress  mit 
eigenen  Anpreisungen  zu  begleiten."  Der  Ungeschmack  scheint 
darin  zu  liegen  dass  Xasidienus  etwas  sich  ganz  von  selbst  Ver- 
stehendes —  dass  man  bei  Scirocco  keine  Eberjagdeu  anstellt  — 
als  etwas  ganz  Besonderes,  seinem  Eber  zur  Empfehlung  Dienen- 
des liervorheben  zu  müssen  meint.  —  Zu  dem  komisch  patheti- 
schen Ausdruck  coenac  paler  vgl.  6,  88. 

V.  8.  Ueber  die  laeiuea  s.  meinen  Artikel  in  der  Keal-Eno. 
IV.  S.7I9  u.  C.  Th.  Schuch,  (iemüse  und  Salate  der  Alten  in  ge- 
sunden und  kranken  Tagen,  Erste  Abtheilung.  Blattgemüse  und 
Salate.  Eine  botanisch-philologische  Abhandlung.  Donaueschinger 
Programm  1853  f.  8. 

V.  H).  Irgend  etwas  Besonderes  muss  nothwendig  in  alle 
ein  eins  liegen,  sonst  könnte  es  nicht  ausdrücklich  erwähnt  sein, 
und  Mucli  V.  70  .sjtricht  dafür.  Was  es  nun  aber  sei  -  ob  eine  auf- 
fallend hi)h(' Scliürzung,  welche  zu  den  von  Weber  au.sgenialten  In 
convenienzen  führi-u  musste ,  oder  ob  schon  das  Ersclieinen  bei 
Tische  in  diesem  Aufzuge  auffallend  war,  etwa  so  wie  wenn  bei 
lins  die  Bedienten  in  llemdärmeln  oder  im  Küclienschurze  auf- 
tragen würden  —  djuiilier  ist,  in  Ermanglung  positiver  Anhalts- 
punkte ,  der  l'hantasie  und  dem  Belieben  ein  weiter  Spielraum 
geboten. 


Anmerkungen  zur  aclilen  Snlire.  209 

V.  I  1  f.  80  leicht  es  sein  kann  dass  uccrnam  keinen  tadeln- 
den Nebenzng  enthält,  so  gewiss  ist  es  andererseits  dass  im  Uebri- 
gen  hier  Verstösse  von  nianclierlei  Art  begangen  sind.  Gleich  der 
purpurne  Abwischlumpen  ist  eine  lächerliche  und  geschmacklose 
Grossthuerei;  nicht  minder  lächerlich  ist  die  Wichtigkeit  womit 
auf  das  Nahen  grosser  Dinge  thatsächlich  aufmerksam  gemacht, 
die  Spannung  erregt  wird ,  sowie  die  Mittel  wodurch  diess  ge- 
schieht :  das  unappetitliche  und  lästige  Tischaljwischen  und  das  zu 
spät  oder  zu  früh  erfcdgende  Säubern  des  Bodens  (vgl.  Sen.  Ep. 
47,  5:  cum  ad  cocnanditm  discuhuimus  alias  spula  detcrgel,  alius  i'cli- 
(/uios  lemidcnlorum  suhdilus  coUkjil)  ^  bei  welchem  noch  überdiess  aus 
dem  Conjunctiv  iaccrel  zu  schliessen  ist  dass  demselben  ein  lau- 
ter Befehl  des  Nasidienus  vorausgegangen  war. 

V.  15.  lieber  die  beiden  hier  genannten  Weiasorten  s.  Kirch- 
ner zu  I,  10,  "24  (S.  344).  Von  unsicherer  Erklärung  ist  die  Prädi- 
cierung  des  Chiers  als  maris  cxpers\  denn  Uöderlein's  (a.  a.  O. 
p.  12 — 14)  Verbindung  mit  Alcon.  in  dem  Sinne  von  caslratus,  spado, 
wird  wohl  immer  neu  bleiben,  so  lange  man  wenigstens  auf  ratio- 
nelle AVnrtstellung  AVorth  legt;  auch  ist  sehr  zu  bezweifeln  ob  zu 
Horazs  Zeit  in  Kom  die  Verwendung  von  Castrateu  schon  vorkam; 
Terentius  wenigstens  (Eun.  I,  2,  87  f.)  sagt  noch:  eumtchum  di.rli 
relle  Ic,  quin  solar  iitimtur  his  regmae,  und  von  der  Kaiserzeit  ist 
ein  Rückschluss  auf  die  augusteische  vollkommen  luizxilässig. 
Ueberdiess  Avird  man  es  dem  Alkon  doch  wnhl  nicht  von  aussen 
angesehen  haben  wie  es  inwendig  bei  ihm  bestellt  sei;  und  hätte 
Xasidien  selbst  darauf  aufmerksam  gemacht  dass  er  einen  solchen 
Frauenwächter  zum  Servieren  oder  gar  als  Kellermeister  ver- 
wende, so  hätte  er  damit  einen  Verstoss  begangen  mit  dem  sich 
keiner  der  von  Döderlein  mit  solcher  Geflissenheit  von  seinem  Na- 
sidienus abgewehrten  messen  könnte.  (In  ganz  anderem  Sinne 
heisst  es  bei  Sueton.  Claud,  33:  libiditiis  in  femitias  profusissimar, 
marium  omnitw  expers*).  Uebrigens  zeigt  die  Beziehung  in 
welche  das  Epitheton  zu  fcrcns  gesetzt  ist  dass  Chium  tnaris  expers 
gleichsam  mit  Anführungszeichen  zu  denken  ist.  sei  es  dass  das 
betreffende  Gefäss  diese  Umschrift  trug  oder  dass  der  Wirt  diese 
Erläutennig  hinzugal)  (vgl.  V.  H8).  Nach  seiner  ^leiuung  sollte 
diese  Eigenschaft  also  jedenfalls  ein  Vorzug  sein,  eine  feine  Ab- 
weichung vom  Gewöhnlichen;  ob  er  damit  aber  Recht  hatte  und 
nicht  vielmehr  abermals  einen  Geschmacksfehlcr  begieng,  ist  eine 
andere  Frage,  welche  im  Sinne  Weber's  (S.  492)  beantwortet  wer- 
den zu  müssen  scheint.    Zum   Tischwein  war  der  Chier  in  dieser 


*)  Dass  die  von  DiWl.-rlein  in  dersi-lben  Weise  erklärte  Stelle  von 
Persius  {sapere  hur  rnnris  e.rpejs ,  VI,  .3.1)  eine  solche  Deutnnfj  nicht  zu- 
lasst,  da  ein  Hegiiff  sächlielion  (Je.scldeclifs  doch  unmög^licli  als  castriert 
.sich  bezeichnen  lasse,  —  ist  eine  niiindlich  mitfrctlieilte  IJemerknng  von 
Xägels  ba  eh. 

UORATII   SAT.    II ,   "2.  '4 


210  Zweites  Buch  der  Saiiren. 

Gestalt  sicherlich  ungeeignet,  da  die  ungeminderte  Süsse  sehr  bald 
dem  Magen  widerstehen  musste,  und  vielleicht  lag  diess  nicht  ein- 
mal ausserhalb  der  Absicht  des  Wirtes;  vgl.  V.  ;i6  fl \  Die  Griechen 
hatten  gewiss  ihre  guten  Gründe  dass  sie  ihre  Weine  mit  Seewas- 
ser zu  mischen  pflegten,  wie  aus  Plinius  H.  N.  XIV,  23  hervorzu- 
gehen scheint:  item  [proUharc  diis  nrfaslum  habetur  vina)  gracca.  quo- 
niam  aquam  haheanl:  vgl.  ib.  "24 :  Graecia  argilla  aiil  mantuii'C  aul  sale 
aut  mari  lenitalem  cxcital.  Wohl  nur  von  einer  zu  starken  Mi- 
.schung  damit  gilt  es  w^enn  derselbe  XXIII,  24  sagt:  vimim  marina 
aqua  factum  iuulilc  est  stomacho ,  nervis ,  vesicue.  Auf  Unterschiede  in 
den  Mischungsverhältnissen  deutet  auch  hin  derselbe  XIV,  10 :  Coi 
marinam  aquam  largiorcm  miscciü  (a  servi  furto  origine  orla ,  sie  men- 
suram  explenlis),  idquc  translalum  in  allnim  muslum-^  und  ib.  9:  nunc 
gralia  ante  omnia  est  Clazomeniu ,  poslquaui  parcius  mari  condiunt.  — 
Ausser  dieser  Auffassung  scheint  sprachlich  und  sachlich  berech- 
tigt nur  noch  die  andere :  angeblicher,  unächter  Chierwein,  solcher 
der  die  Bekanntschaft  des  Meeres  in  Wahrheit  gar  nicht  gemacht 
hatte,  was  er  doch  —  wenn  er  von  der  Insel  Chios  herrührte  — 
ganz  nothwondig  hätte  müssen.  Würde  diese  Deutung  zu  der 
Aermlichkeit  die  in  den  beiden  folgenden,  höchst  charakteristi- 
schen, Vei'sen  hervortritt  sehr  Avohl  stimmen,  so  ist  dagegen  ihr 
nicht  günstig  dass  Caecuha  diesen  Nebenzug  nicht  enthält,  indem 
unter  den  Landweinen  dieser  eine  unbedingt  geachtete  Stelle  ein- 
nahm und  neben  demselben  nur  noch  eine  grössere  Auswahl  von 
Sorten  zu  wünschen  gewesen  wäre.  Die  Einwendung  dass  man 
die  Unächtheit  ihm  wohl  nicht  von  Aussen  angemerkt  haben  werde 
ist  unerheblich:  es  ist  dem  Erzähler  ganz  wohl  zu  gestatten  eine 
Eigenschaft  die  sich  erst  später  herausstellte ,  die  aber  von  Anfang 
an  vorhanden  war,  auch  von  Anfang,  gleich  beim  Auftragen  des 
Weines,  über  denselben  auszusagen. 

V.  16  f.  lieber  den  Falernerwein  vgl.  Kirchner  S.  344 
und  jetzt  besonders  die  Monographie  von  C.  F.  Weber,  diss.  de 
agro  et  vino  Falerno,  Marburg  1855.  70  S.  4.  mit  einer  lithogra- 
phierten Tafel.  —  Zur  Würdigung  dieser  Worte  des  Nasidienus 
vgl.  Plutarch  Symp.  VII,  6,3:  to  6^>oiq  xori  m^if^iaati'  oig  o  ^likktov 
eoriaaiyca  uakiGra  xcciqei^  kccI  tteqI  ol't'ojv  d/ofqpooäc  '/.cd  uvg(ov  iQMiciv 
xai  ()ta7tvi'iycii'S0\}ai  cpoQTty.oi'  y.ouiöij  xal  i'sonkovTOv.  Auch  Petroji. 
Sat.  4H:  l'rimalcliiit  miti  ad  ims  ndlu  respexil  el  rinum,  inquH ,  si  mtn 
place l ,  tnulabo]  vos  illud  nporlel  l/nnum  faci<(lis.  Peoruni  In'ne/icio  nnn 
rmo  u.  s.  w. 

V.  IS.  Eine  Geschmacksverirrung  war  es  wenn  Heindorf ///- 
vilias  miseras  (mit  Dacier)  als  AppKsition  zu  den  vorhergehen- 
den Woi'ten  zog,  indem  er  die  Reflexion  ,,im  Munde  des  Iloraz 
höchst  nüchtern  und  hier  fast  abgeschmackt"  fand.  Womöglich 
noch  wiMiiger  richtig  ist  der  (Jrund  wuiiiit  Apitz  p.  I.Vm  f.  llcindorl's 
Intrr[iuiutii)ii  verf hcidigcn  will:    Iloraz,  welcher  \  .   I  den  Nasiilic- 


Annierkiingpn  zur  .icliten  Sniire.  21  I 

niis  bealus  genannt  habe,  könne  doch  hier  nicht  dessen  Reichthiimer 
miseras  lieissen,  fjuac  sunt  miscrorti/n.  Als  ob  niclits  dazwischen  läge 
was  jenen  Reichthum  als  kläglich  erscheinen  Hesse !  Worin  die 
Armseligkeit  enthalten  war  hat  schon  Wieland  vollkommen  richtig 
erkannt;  vgl.  auch  Düntzer  II.  S.  31  j  mit  Anm.  Wenn  Döderloin 
a.  a.  O.  p.  6  die  Worte  so  aiiffasst:  f/uafn  nn'seriitn  es/  dinlcm  esse 
(„Ueber  des  Reichthums  Plagen!")  und  diess  t'olgendermassen  er- 
läutert: f/oratiiis ,  is  qni  . .  .  muUis  cunniinhus  sermotübusquc  parsimo- 
niae  ciiltorcm  sc  iactabal,  is,  inquam ,  miscrabutur  et  lales  htxus  —  ut 
vitae  vere  bcalae  infcslos ,  el  diviles  homincs ,  quorum  forluna  alqiie  digni- 
tas  apparatus  tarn  /nolesios  supcrbosque  pro  simpUci  hilariquc  conririo 
exigere  viderelur  *) ,  —  so  nuiss  man  diess  seinem  humanen  Zwecke 
zu  Gute  halten,  den  unglücklichen  Xasidien  so  sehr  als  möglich 
in  Schutz  zu  nehmen.  Denn  wie  ein  solcher  Sinn  gegenüber  von 
dem  Vorhergehenden  und  Xachfolgenden  bestehen,  ja  nur  den  An- 
forderungen des  gesunden  Menschenverstandes  genügen  sollte ,  ge- 
stehen wir  nicht  zu  begreifen. 

V.  20.  Vgl.  Becker's  Gallus  von  Rein,  III.  S.  205  —  -210,  w.. 
auch  Heindorfs  Irrtimm  berichtigt  ist. 

V.  21.  Ueber  Varius  s.  Kirchner  zu  I,  5,  40.  S.  195  f.;  über 
Ballt tro  zu  I,  2.  S.  32.  —  Apitz  p.  139  will  mit  dem  Cod.  Berol. 
geschrieben  wissen  sie  metnitn,  was  aber  die  reine  Versflickerei 
wäre.  Dass  bei  si  ein  bctie  oder  rede  nicht  zu  entbehren  sei  lässt 
sich  mit  Grund  nicht  behaupten :  er  V>raucht  sich  nur  überhaupt  zu 
erinnern  wer  an  dem  fraglichen  Platze  sass. 

V.  22.  Die  Lesart  einiger  Hdsch.  (unter  welchen  auch  der 
(totli.  2  nach  Fr.  Pauly)  qiias  ist  zwar  minder  euphonisch  als 
qtios',  indessen  ist  es  sprachlich  inizweifelhaft  möglich ,  tind  seine 
Erhaltung  begründet,  bei  der  starken  Versuchung  es  zu  verwischen 
und  in  das  vulgäre  qiios  zu  verwandeln ,  ein  günstiges  Vorurteil 
für  seine  Ursprünglichkeit.  Es  gibt  die  Nuance:  welches  die  um- 
hrae  waren  die  Maecenas  mitgebracht  hatte ,  enthält  also  als  sich 
von  selbst  verstehende  Voraussetzung  dass  er  überhaupt  solche 
mitbrachte  oder  mitzubringen  hatte.  Diese  Voraussetzung  ist  auch 
vollkommen  den  Verhältnissen  entsprechend;  vgl.  Plutarch.  Qu. 
Symp.  VII,  6,  1:  vGregov  ixivzoi  TieQt  r«g  rcoi'  ^ivoiv  vrtodoyag .  ua- 
Xtara  TWi'  TjyefioviTKÖv.  avay/Miov  iycvero  roig  ayvoovGi  rovg  iTCOuivovg 
y.al  rtucouivovg  inl  rw  |ei'a>  noiuG^ai  xi]v  Y.kijGiv .  aQid'uov  de  ooi'^iiv^ 
und  ib.  §.  3:  ra  utv  ovv  rtobg  ijye^iovag  »/  ^ii'ovg  ovx  e'yei  -/A>;c»n' 
ovde  cuQfGiv .  aXka  öei  öiyBG^ui  rovg  jxcT  avzcöi'  Tragayiyi'ouivovg. 

V.  23.     In  der   Placierung:  des   Nomenlmius  möchte   ich  nicht 


*)  In  verwandter  Richtung  Mitscherlich  Rac.  III.  p.  8:  divititie  hominis 
ilepiirci  rede  dicitntur  iiiiscvae ,  quac  posxexsorem  mixcre  hithetit ,  ei  tiiisciias 
rreanl  ac  soUiviludinem ,  quod,  i/UHm  iiimimii  iis  prrfiu/it  statuat ,  iis  iifi  timcl. 
Er  vergleicht  opps  soUicilnc  <i,  70. 

14* 


2 1 2  Zweites  Buch  der  Satiren. 

eine  „Unschicklichkeit"  erblicken,  sondern  eher  ein  Symptom  von 
geheimer  Unsicherheit  des  Nasidienus,  von  dem  Gefühle  der  Un- 
zulänglichkeit seiner  eigenen  Bildung  und  Unterhaltungsgahe  ge- 
genüber von  Maecenas,  wobei  es  denn  aber  wiederum  bezeichnend 
ist  dass  er  dem  Nomentanus  in  dieser  Hinsicht  mehr  zutraut.  — 
Ueber  super  vgl.  Hand  Tursell.  HI.  p.  375f. ;  über  ipsiim  meine 
Anmerkung  zu  Aristoph.  Nub.  '219.  Uebrigens  wird  man  sich  hüten 
müssen  die  Tischordnung  im  gegenwärtigen  Falle  allzu  rasch  zu 
generalisieren;  namentlich  wird  dieses  Festmahl  zu  Ehren  des 
Maecenas  unterschieden  werden  müssen  von  gewöhnlichen  Essau 
ohne  besondere  Veranlassung,  dergleichen  Ep.  I,  18,  10  f.  voraus- 
gesetzt werden,  in  Bezug  auf  welche  Stelle  ich  ganz  unterschreibe 
was  Döderlein  dazu  bemerkt.  Hör.  Episteln,  erstes  Buch  (Leipzig 
1856),  S.  147. 

V.  24.  ritliculus  obsorbere  vgl.  7,  85  f.  I,  6,  51.  Aristoph. 
Nub.  1069:  »}(5t;g  —  ncivw/^i^eiv  und  dazu  meine  Anmkg.  —  Dass 
auch  scmcl  hier  sprachrichtig  wäre  zeigt  unter  den  Bentley'schen 
Beispielen  vornehmlich  das  erste,  Sen,  N.  Q.  IV,  2,  25:  qiioil  si  e 
muri  ferrelur  Allanlico,  semel  opplerel  (der  Nil)  Aegt/plii.n:  al  nunc 
per  gradus  crescü.  Es  bedeutet  uiw  hauslu;  wogegen  simul  sich 
näher  an  lulas  anschliesst  und  besagt:  ganze  Kuchen  gleichzeitig, 
ohne  Theilung  nach  Zeit  und  Stücken.  Indessen  konnte  aus  dem 
ursprünglichen  se/nul  —  mag  der  Franekcranus  dieses  haben  oder 
nicht  —  leicht  semel  eiitstehen,  während  nicht  abzusehen  wäre 
wie  aus  semel  hätte  semul  und  weiterhin  simul  werden  können.  Eml- 
lich  ist  zwar  ubsorbcre  in  Bezug  auf  äussere  Beglaubigung  eini- 
germassen  gegen  obsorb.  im  Vortheil;  andererseits  aber  ist  das 
Erstere  das  Trivialere,  näher  Liegende,  obs.  das  Schwierigere  und 
zugleich  (s.  Weber  S.  494  E.)  Malerische:  er  schlürft  es  hinunter 
als  wäre  es  Wasser.  So  Aristoph.  Nub.  338  f. :  y.aTimi'ov  xsarQai' 
ze^c'i'p]  (.leycdäv  uya'&civ.  Vgl.  auch  oben  3,  122.  Uebrigens  scheint 
der  Parallelismus  mit  ad  hoc  des  folgenden  Verses  zu  beweisen 
dass  jene  Commis- voyageur- Virtuosität  wirklich  der  (irund  war 
warum  Nasidienus  den  fraglichen  I'orcius  geladen  hatte:  er  ver- 
sprach sich  davon  ohne  Zweifel  eine  vortrettliche  Unterhaltung  für 
seine  Gäst('. 

V.  2")  f.  ad  liuc  (/ui  vgl.  6,  42.  Meines  Krachtens  erhält  die 
Stelle  Licht  und  Zusammenhang  nur  dann  wenn  man  die  Function 
des  Nomentanus  auf  flen  Dienst  bei  Maecenas  Iteschränkt :  dess- 
wegen  hatte  iinn  der  Wirt  den  Platz  zunächst  diesem  abgetreten, 
und  daher  erklärt  sich  auch  das  nachfolgende  cclt'ru  lurbit ,  so  dass 
die  Person  des  Maecenas,  mit  der  dem  lloraz  eigenen  Delicatesse, 
nur  auf  diese  indirccte  Weise  angedeutet  ist.  Diese  Auffassung 
fnnlet  sich  in  der  Hauptsache  schon  bei  Haberfeldt ,  indem  dieser 
sagt:  „Niimentan,  der  die  Stellte  iles  Wirts  vertrat,  Itesdiäftigte 
sich   viu/ü-rlioli   mit  ]M;uh-<'U   und  machte   ihn   auf  die  Vorzüge   der 


Anmerkungen  zur  achten  Satire.  2ir> 

Gerichte    um!  die   besten   Bissen  autnierksam.     Iluraz    nennt  den 
Maecen  altsiclitlicli  nicht,   weil  dieser  sich  dnrcl»  jene  Zndringlich- 
keit  gewiss  nicht  geschmeichelt  fand;    dass  aber  Nonicntan  ilm  be- 
siniders  mit  seiner  Aufmerksamkeit  bestünnte  erhellt  ans  dem  Ge- 
gensatz  iuim   cetera   tiirba-.   wir  Andern  Hessen  nns  niclit  nötliigen 
und  assen  was  iins  vorkam,  ohne  eine  lange  Erklärung  zu  erwar- 
ten."     Für  die  Tischgesellschaft  im  Ganzen  versah  dieselbe  Ivitlle 
Nasidienus  (s.  V.  6  f.  29  t^'.  43  ff.  88  f.   92  f.),   aber  in  einer  andern 
Richtung:   Avährend  Nomentanus  dafür  zu  sorgen  hatte  dass  nicht 
etwa  Maecenas  —  aus  Unkenntniss !  —  irgend   welche  Leckerei 
nngekostet  vorüberlasse,  so  war  dagegen  Nasidienus  bemüht  durch 
theoretische  Erläuterungen    die  Trefflichkeit   und  Feinheit   seiner 
Gerichte  ins  gehörige  Licht  zu  setzen  und  dadurch  wie  den  übri- 
gen Gästen  so  auch  dem  ^Maecenas  selbst  zu  imponieren.    Entspre- 
chend der  Doppelseitigkeit  von  Nomentan's  Leistung  (Zineden  und 
Erklären)  scheint  dann  das  Weitere  in  folgender  Weise  sich  anzu- 
reihen: denn  bei  uns  Ucbrigcn  (ausser  Maecenas)  bedurfte  es  be- 
sondern Zuredens  nicht:  wir  assen  drauf  los,   freilich  dann  auch 
(in  Ermanglung  eines  solchen  Nomenciators)  im  hellen  Unverstän- 
de, ohne  eine  Ahnung  welche  culinarische  Kunstwerke  wir  zu  uns 
nehmen ;  nur  dass  von  Zeit  zu  Zeit  Nasidien  sich  unserer  erbarmte. 
Diese  Auffassung   wird  namentlich   auch   diu-ch   die  Stellung  von 
coenamus  bestätigt ,  vermöge  deren  auf  das  Wort  ein  starker  Ton 
fällt.    Döderlein  hat  daher  gewiss  Recht  wenn  er  a.  a.  0.  p.  9  (vgl. 
14)  übersetzt  als  stände  sie  feinere  bei  coenamus,  was  er  p.  1-f  da- 
durch rechtfertigt   dass  er  den  Satz  so  vervollständigt :    conchylia 
longe  dissimilem  noto  celanüa  sucxim  coenamus  lU  aeqtialem  nolo 
celantia  sucum.     Der  bekannte  Saft    aber  sei  der  natürliche,   der 
lange  dissimiUs  noto  also  ein  kunstreiches  Product  des  Koches.    Ce- 
lantia (V.  28)  ist  jedoch  nicht  auf  diese  Künstlichkeit  zu  bezie- 
hen, sofern  ,, durch  die  Art  der  Zubereitung  es  erschwert  oder  un- 
möglich gemacht  war  zu  erkennen  was  das  Genossene   eigentlich 
sei"  (Krüger  nach  Orelli) ;   denn  das  stimmt  nicht  zu  den  Worten, 
welche  in  diesem  Falle  etwa  miro  siico  mtluram  celantia  lauten  müss- 
ten;   vielmehr  bedeutet  es   den  ^Mangel  an  Bcwusstsein  und  Ver- 
ständniss  dieser  Künstlichkeit  von  Seiten  der  cetera  turba :   insge- 
heim, ohne  dass  wir  es  Avussten  und  merkten,  da  wir  keinen  No- 
mentanus zur  Seite  hatten.    Dieses  Sachverhältniss  (dass  das  Ge- 
richt eine  Finesse  war  und  wir  diess  nicht  begriffen)  trat  dann  auch 
alsbald  an  den  Tag  als  mir  jtasseris  ilia  präsentiert  wiu'den  ;  an  den 
Tag  trat  es  aber  durch  die  Belehrung  welche  (wie  V.  31  zeigt)  Na- 
sidienus mir  hierüber  ertheilte.    üebrigens  vgl.  auch  ^fartial.  IT,  37, 
9 :  nos  accnmhimus  otiosa  turba. 

V.  29  f.  Die  von  Bentley  in  Schutz  genommene  Sclireibung 
weniger  und  nicht  gewichtvoller  Hdsch.  assi  ei  beruht  vielleicht  auf 
einem  Emendationsversuche;  dass  sie  aber  sachlich  nicht  passend 


2  ]  4  Zweites  Buch  der  Satiren. 

ist  haben  Fea  und  besonders  Weber  S.  495  nachgewiesen.  Das 
spraclilicli  unmögliche  y>orr  er  er//  verdankt  seine  Entstehung  ent- 
weder dem  EinHnsse  der  ersten  Silbe  des  nachfolgenden  Wortes 
oder  —  wahrscheinlicher  —  dem  vorausgegangenen  cum.  Als 
Subject  zu  porrexerai  betrachte  ich  übrigens  nicht  Nomentanus, 
sondern  Nasidienus.  Persönliches  Reichen  war,  bei  der  räumli- 
chen Entfernung  von  Fundanius,  weder  dem  Einen  noch  dem  An- 
dern möglich;  das  Reichenlassen  aber  war  Sache  des  Wirtes,  nicht 
eines  Gastes,  vollends  eines  von  der  untergeordneten  Stellung  No- 
mentan's  und  der  durch  seine  Specialmission  bei  Maecenas  schon 
hinreichend  in  Anspruch  genommen  Avar.  Bei  dieser  Auffassung 
steht  dann  auch  V.  32  ab  ipso  in  üebereinstimmung  mit  V.  '23,  und 
die  Aeusserung  des  Vibidius  (V.  33  f.)  hat  jetzt  erst  ihre  volle  Be- 
ziehung; denn  die  Rache  ist  der  Natur  der  Sache  nach  vornelnnlich 
gegen  den  AVirt  gerichtet,  und  setzt  daher  voraus  dass  ein  Thun 
des  Letzteren  unmittelbar  vorausgegangen  ist,  nämlich  sein  ärger- 
liches Docieren  und  Präconisieren. 

V.  32.  hoc  bezieht  Heindorf  auf  rubere  (^rubeantnc  necne)^  und 
diess  scheint  auf  den  ersten  Anl)lick  das  einzig  Riclitige,  sofern 
die  Frage,  was  es  für  einen  Unterschied  mache  ob  die  Aepfel  bei 
abnehmendem  oder  zunehmendem  Monde  gelesen  werden ,  bereits 
durch  rubere  beantwortet  scheint.  Doch  ist  auch  die  entgegenge- 
setzte Auffassung  nicht  w^idersinnig,  wofern  man  hoc  auf  die  Mittel- 
glieder zwischen  den  Mondphasen  und  dem  Schlussergebniss  des 
rubere  ])ezieht,  auf  irgend  Avelche  vermeintliche  Ausstrahlungen 
des  Mondes  oder  dgl. 

V.  34.  bibimus  —  moricmur ,  vgl.  7,  IIH.  Den  Sinn  des 
Verses  erläutert  Dödcrlein  p.  J4  f.  richtig:  moriendum  nobis  ulique 
est.,  iaedio  Ullis  inslitutionis ^  coquoruin  auribus  dignae,  et  langiiorc  uni- 
versae  convcrsationis  exeruciatis,  iiec  fuga  datur  .-  at  anlci/uam  pereamus 
nlciscamur  sallem  ianli  mali  auclorem ,  in  quaulum  polcrimus  noceudo 
rel/nc  eins  vinariae.  In  Betreff  des  damnose  erinnert  derselbe  (p.  15) 
daran  dass  es  etymologisch  mit  dnrrcdn]  verwandt  sei  (also  eigent- 
lich dainpnum,  danipuosus) ,  somit  öanai'tjQfog.  prodige,  Uirge  bedeute, 
wie  es  bei  Plaut.  Psoud.  I,  5,  1  heisst:  si  de  daninosis  (tut  de  amulori- 
bus  diclalor  fiat.  Vgl.  auch  die  Stellen  bei  Orelli.  Der  pathetische 
(und  damit  parodische)  Charakter  des  Schlusses  erhellt  übrigens 
auch  aus  der  Vergleichung  von  Aeschyl  Ag.  1270  f.,  wo  Kassandra 
sagt:  ov  i.it]v  nxi^ioi  y  h.  9e(ov  rfi)-i')/^o»(fi' •  ij^ei  yc(Q  »/jtifoi'  äX^og  «v 
tii.ic'iOQog. 

V.  37  f.  Dass  hier  bosliaft  an  dem  wahren,  geheimen  (Jruncb' 
von  Nasidien's  Erblassen  voriil)ergegangen  wird  haben  Dncier, 
Ilal)erfeldt,  lleindorf,  Orelli,  Webern.  A.  mit  Kecht  liemirkf  iiud 
Orelli  gegen  Düntzer  (II.  S.  319)  gut  erwiesen. 

V.  39.    Allifatiis  (das  auch  Ilaborfeldt's  Altdorf.  hat)  inver- 


AnmcrkuDgen  zur  achten  Satire.  215 

lunl  erklärt  Dödcrloin  p.  J5  aus  laägnaiitcr  Dar^tollnug,  statt  invcr- 
Icndo  infunihtnt  vinaria  in  pocula  Allifana. 

V.  44.  „Die  Sache  an  sich  seihst  Hess  sich  hören,  aber  sie 
war  den  proceribus  gulac  schon  so  bekannt  dass  Nasidien  durch  die 
blosse  Erwähnung  sich  als  einen  Neuling  in  der  Esskunst  erwies." 
Habcrfeklt. 

V.  4S.  „AVeun  die  Sau^e  schon  gar  gekocht  sei  solle  noch 
Chierwein  hinzugegossen  werden,  weil  alsdann  sein  Feuer  nicht 
nu'hr  verdampft  und  (somit)  die  Brühe  kräftiger  niaclit."  Haberfeldt. 

V.  50,  Zur  Autliellung  der  eigenthümlichen  Ausdrucksweise 
dient  auch  Plinius  H.  X.  XXIII,  27:  viui  cliam  Vitium  transil  in 
rcmedia:  accto  summa  vis  est  in  refrigerando.  Eigentlich  heisst  es: 
ein  Essig  der  durch  sein  Sauer-  (d.  h.  Essig-)  Werden  Mcthymnäer- 
trauben  (in  Essig)  verwandelt  hat.  Irrational  ist  daran  allerdings 
dass  wie  das  Schlussergebniss  so  auch  schon  der  Ausgangspunkt 
(der  Stoft')  als  Essig  bezeichnet  wird,  statt  vielmehr  vom  Weine 
auszugehen;  oder  dass  dem  Essig  eine  Wirkung  zugeschrieben 
wird  (rilio  mutare)  ehe  er  noch  existiert;  was  Döderlein  p.  15  so 
ausdrückt:  acetum  illud.  ulpote  ex  vino  depravato  tialum,  non  poluil 
candcm  uvam  vel  vinum  cuius  dcpravatione  naluni  erat  mutare.  Von  die- 
ser Darstellungs weise  gibt  Döderlein  die  Erklärung:  quod  ad  no- 
liunem  non  tam  aceii  referendum  est  quam  aco7-is  vel  aciditalis, 
quac  abstracta  notiu  Ixtet  in  concreta  accti.  Plenc  sie  diccndum  fuit:  non 
sine  aeelo,  ita  nato  ul  Mcthymnai  um  vinum  ucor  vitio  in  acetum  mutuverit.''' 
Aber  es  scheint  nicht  dass  man  auf  diesem  Wege  über  die  Schwie- 
rigkeit hinauskäme;  denn  nicht  die  (schon  vorhandene)  Säure  ist 
es  welche  den  Wein  in  Essig  verwandelt,  sondern  die  Säure  selbst 
ist  erst  das  Product  eines  Zcrsetzungsprocesses  welcher  durch  Vi- 
tium bezeichnet  ist.  Ich  finde  in  der  Stelle  eine  Verschiebung  der 
Begriffe,  welche  dadurch  veranlasst  ist  dass  es  dem  Redenden  um 
den  Begriff  Essig  hauptsächlich  zu  thun  ist  und  dieser  auch  die 
grammatisch  dominierende  Stellung  einnimmt.  Weiterhin  trägt  die 
Hauptschuld  an  dem  Unlogischen  des  Ausdruckes  seine  active 
Form,  die  Zumessung  einer  Thätigkeit,  statt  der  eigentlicli  im 
Sinne  liegenden,  aber  sprachlich  schwer  zu  gestaltenden,  passiven: 
Essig  der  durch  Umstehen  (vitio)  methymnäischen  Rebensaftes  (aus 
Wein  in  Essig)  verwandelt  worden  ist. 

V,  52.  illutos  oder  inlutos  verdient  nach  dem  Stande  der 
handschriftlichen  Beglaubigung  unzweifelhaft  den  Vorzug  vor  illo- 
tos.  In  Betreff"  seiner  Bedeutung  bemerkt  Döderlein  a.  a.  0.  p,  15: 
illutus  non  dubium  quin  tam  affirmative  dictum  sit  quam  deluere, 
illuvies,  adluere,  perluere  fEp,  I,  15,  I4)  similia .  non  privative^ 
ul  illotus  (Sat,  II,  4,  84),  Als  diese  affirmative  Bedeutung  könnte 
man  sich  nach  seiner  Lat.  Synonymik  II.  S.  46  denken:  illuvie  obsi- 
tus,  eigentlich  beschweramt,  bespült,  d.  h.  saramt  dem  was  sich 
durch  das  Seewasser  daran  angesetzt  hat.    So  gefasst  wäre  illutus 


216  Zweites  Buch  der  Satiren. 

bachlicli  nicht  verseliiedon  von  iUolus  ^  nur  aber  dann  bedenklich  es 
als  eine  besondere  Qualität  oder  einen  bestimmten  Zustand  des 
cchinus  aufzufassen :  denn  bespült ,  dem  Meerwasser  ausgesetzt, 
ist  doch  jeder  Seeigel.  Indessen  verbindet  Döderlein  in  dem  frag- 
lichen Programm  illiilus  vielmehr  mit  dem  folgenden  f/iiod  etc.  in 
dem  Sinne:  bespült  mit  Austernsaft;  was  aber  unmöglich  ist;  s.  zu 
V.  53.  Es  wird  daher  wohl  richtiger  sein  illulos  in  der  Bedeutung 
„nicht  ausgespült"  zu  fassen,  wie  z.B.  Plaberfeldt  erklärt:  non 
abluti  cl  Sita  salsugine  non  purgali.  lllotos  wäre  insofern  unpassend 
weil  es  das  zu  Waschende  als  Schmutz  Ijezeichnet,  somit  den  Be- 
griflf  des  Unreinlichen,  Unappetitliclien  in  sich  schliesst. 

V.  53.  Die  Bedenken  von  Weber  S.  497  f.  gegen  die  Schrei- 
bung qiiod  —  remillal  sind  beachtenswert!!,  können  aber  die 
Ent.s.cheiduug  nicht  alterieren.  Denn  jene  Lesart  ist  nicht  nur  die 
durch  die  meisten  und  besten  Hdsch.  gebotene  und  durch  die  (aus 
dem  Dictieren  erklärbare)  Variante  quo  testa  unterstützt,  sondern 
übcrdiess  auch  die  weitaus  schwierigere ,  deren  Entstehung  im 
Falle  der  Ursprünglichkeit  von  quam  ebenso  rätbselhaft  wäre  als 
umgekehrt  die  Abänderung  der  dunkeln  Construction  ul  melius  qund 
in  das  dem  nahen  muria  entsprechende  quam  den  Abschreibern 
naheliegen  musste.  Dass  aber  quod  sprachlich  sich  vollkonnnen 
rechtfertigen  lässt  (vgl.  V.  89)  hat  Krüger  gezeigt.  Einen  eigen- 
thümlichen  Weg  hat  auch  hier  wieder  Döderlein  eingesclilagen, 
indem  er  interpungiert :  illulos  Curtillus  echinos,  (Ut  melius  murin) 
quod  t.  m.  rcmittit,  und  diess  p.  15  f.  so  erklärt  dass  quod  auf  ein  aus- 
gelassenes Pronomen  co  zu  beziehen  sei  und  id  quod  I.  m.  rcmillit 
eine  Umschreibung  für  den  suciis  ostreis  e.vprcssus.  da  II,  4,  31  wahr- 
scheinlicli  mache  dass  /.  in.  Bezeichnung  der  Austei-u  sei.  ,,/s  igitur 
sucus  nativus  praefertur  ad  ecfiinos  irrigandos  murine  humana  arlc  mi- 
slae  et  compositac.''  Also  „Seeigel,  benetzt  mit  dem  Safte  von  Au- 
stern" sollen  ein  Ingrediens  der  Brühe  bilden!  Wozu  würde  man 
überhaupt  die  Seeigel  dazu  nehmen  wenn  man  ihren  eigenen  Saft 
gerade  niclit  haben  will?  Sodann  ist  es  ein  Unrecht  dem  Horaz 
eine  solche  Ausdrucksweise  aufzubürden,  die  selbst  durch  alle 
Nachliülfe  von  Interpunctionszeichen  (wozu  ül>rigens  das  Komma 
naeli  echinos  nicht  zu  rechnen  ist)  kaum  ein  Minimum  von  Erträg- 
lichkeit und  Verstäiidliolikeit  erlangt;  namentlich  die  Stelhnig  von 
illulos  ist  ein  beredter  Protest  gegen  solclie  Zumutungen.  —  Mit 
der  Frage  ob  quod  oder  quam  zu  setzen  sei  in  ki-inem  wesentliolien 
Zusammenhang  steht  die  weitere  ob  remillal  oder  remitlit  den 
Vorzug  verdiene,  sofern  nicht  alle  lldscli.  welche  qund  lesen  auch 
den  Conjunctiv  liaben  (von  den  Kirclnierschen  z.B.  Lips.  l.-J.  Dorv. 
1.2.    Drd.   1.3.    Mon.   1.  3.    Opli.   l.    Cth    -J  *)   nidit),    nodi    alle 


*)  Sofern   ol)cn  I.    ]>.  -".»."i    die  Vorjrleiclmiiir    von  Zcilo   10    (v.  xx)   der 
ersten   Spalte  mit   Z.  11    xx.  i;i  der   zweiten  SpHlto  glanhlidi   macht   dass 


Aiinicrkiingcn  zur  achten  Satirc.  217 

Avelclic  den  Conjmictiv  zugleich  auch  fiiiml  (vfm  den  Kirchnerschon 
iiiclit  De.ss.  '1  und,  wie  es  sclieint,  G])h.  2  und  Berol.  i);  und  auch 
grammatisch  ist  hei  (nunl  der  Indicativ  nicht  altsohit  unmöglich, 
\view(dd  ungleich  hedenklicher  als  hei  quam.  Diess  macht  es  auch 
wahrscheinlicher  dass  rcmillal  zu  setzen  sei.  Indessen  ist  zuzuge- 
hen dass  quoil  —  remittat  viel  eher  einer  Correctur  ähnlich  sieht  als 
quod  —  retnittü,  und  dass  die  nachfolgende  Katastrophe  sich  pas- 
sender an  ein  apodiktisches  Urteil  des  Nasidieuus  seihst  anschliesst 
als  an  die  Mittheilung  der  Ansicht  eines  Anderen. 

V.  60.  „Propterca  sapiens  Ä'oine/ilatiiis  aitdit  quud  jihilosophorum 
ritii  casum  forluilum  referl  ad  caussam  secrelam ,  ad  rov  x^sioi'  (p&ovov, 
idquc  sine  lamcntis,  sed  Ira/iquillo  animo  et  gravi  inlentaque  uralionc 
facti.    Döderlein. 

V.  62.    ut  vgl.  zu  6,  53. 

V.  64.  suspcndens  —  7iaso  vgl.  Kirchner  zu  I,  3,29.  S. 
9-2  Anm. 

V.  67  tl".  Ueher  den  Infinitiv  {le  lorqucrier)  vgl.  meine  Anmer- 
kung zu  Aristoph.  Nuh.  268.  Dass  ührigens  Balatro  sich  anstellt 
als  glaube  er  dass  Alles  ihm  zu  Ehren  geschehen  sei  ist  haarer 
Hohn.  Döderlein  p.  16  findet  Balatronis  vcrha  non  acerbilalis  et  mali- 
liae,  scd,  ul  ipsi  Nasidieno  videbanlur ,  comilalis  et  innoxiae  lasciviae 
pleno ,  und  meint :  anxia  illa  domini  cura  ne  quidquam  imperfecli  ex 
cuUna  apportarctur  tanqitam  inisilla  et  do?nino  viroque  Romano  indigna 
(quoniam  sua  ipsc  opera  etiam  rninutissimas  res  jjroeuraveral)  lenis  irri- 
sionis  caussam  et  occasionem  Balatroni  dedit.  Insbesondere  verwalirt 
er  sich  gegen  die  Auffassung  als  ob  V.  68  —  70  auf  lauter  Verstösse 
angespielt  sei  welche  Nasidienus  begangen  habe.  Und  allerdings 
ist  eine  solche  Annahme  zwar  geeignet  Balatro's  Worte  pikanter 
zu  machen,  aus  dem  Texte  selbst  aber  nicht  mit  Sicherheit  zu  be- 
gründen, und  Avürde  auch  einen  weder  wesentlichen  noch  mit  der 
von  Nasidien  bewiesenen  Sorgfalt  stimmenden  Nebenzug  einmi- 
schen. Und  wenn  die  Specification  der  Vorsorge  ebenso  viele 
Stiche  auf  Vorgekommenes  enthielte,  so  würde  die  Dickhäutigkeit 
Nasidien's,  der  nichts  desto  weniger  in  Allem  nur  freundliche 
Theilnahme  erblickte ,  au  Blödsinn  grenzen  und  damit  aufhören 
ein  Gegenstand  der  Komik  zu  sein.  Dass  jedoch  in  der  Haupt- 
sache Balatro's  Worte  spöttisch  gemeint  sind  zeigt  schon  V.  64. 
Ihr  Hauptinhalt  ist:  ,,was  du  Unglück  hast!  Sich  so  abquälen  und 
doch  es  zu  keiner  Anerkennung  bringen ,  im  Gegcntheil  vom 
^Iissgeschick  verfolgt  werden !  Indessen  gibt  dir  das  Gelegenheit 
deine  Geistesgegenwart  und  Gewandtheit  in  ihrem  vollen  Glänze 
strahlen  zu  lassen." 

V.  73.  Ilaberfeldt  erinnert  daran  dass  Sokrates  bei  Xen.  Mem. 


nicht   dort,    sondern   Z.  1   der   zweiten   Spalte    Gth.  2   zu   verwandeln    ist 
in  Gph.  2. 


2 1 8  Zweites  Buch  der  Satiren. 

III,  1.6  auch  ilas  naQTEQfKOv  xal  ayyivovv  eIvcu  vom  Stiati'gcu  tnrtlorc. 
Uebiigens  ist  die  Bemerkung  weniger  ,,ein  Stich  auf  das  kindisclic 
Betragen  des  Nasidien"  als  eine  humoristische  Aiifstachlung  seiner 
Eitelkeit. 

V.  75.  Kirchner  führt  sowohl  für  prcccfis  als  für  precaris  den 
Lips.  1  und  Mon.  3  an,  ohne  den  Widerspruch  zu  lösen.  Dass  aber 
nur  das  Erstere  dem  Sinne  entspreche  ist  seit  Bentley  unbestritten. 

V.  77.  solcas  poscit  vgl.  Kirchner  zu  1,3,  128.  Nämlich 
von  TOig  T«  v7to8}'ji.icaci  y.oi.iL^ovai  TTaiSaQLOig  (Plut.  8ymp.  VII,  8,  4). 
Vgl.  Becker's  Gallus  von  Rein  III.  8.  130  f.  Der  Zweck  des  Auf- 
stehens ist  schon  von  Haberfeldt  und  Orelli  (nicht  aber  von  Düntzer 
und  AYüstemann)  richtig  angegeben. 

V.  78.  Scliol.  Cruq. :  „7iolan(httn  esl  fjuod  in  ipso  versu  sit  imi- 
ialus  sofülum  sustirri,  ut  Lcnio  duciml  argetito ,  et  Säle  saxa  sojuibanl^^ 
Darnach  Haberfeldt:  ,,der  Bau  des  Verses  selbst  drückt  durch 
öftere  Wiederholung  des  zischenden  S  das  Geflüster  und  heimliche 
Zuzischen  der  Gäste  schön  aus."  „Sein  Verschwinden  aus  dem 
Saale  gibt  den  Gästen  Freiheit  sich  durch  Flüstern  in  des  Nach- 
bars Ohr  ein  wenig  Luft  zu  macheu."  Döderlein  dagegen  gönnt 
ihnen  dieses  harmlose  Vergnügen  nicht,  „quoniam  vernile  est  absen- 
iem  rodere  et  deridere,  praescrtim  si  convivaior  est.'"''  Er  stellt  sich 
also  die  Gäste  alle,  einschliesslich  des  Maecenas,  als  Hungerleider 
vor,  welche  ,,für  das  Genossene"  hätten  dankbar  sein  sollen.  Dem- 
gemäss  vermutet  er:  „i»ww  polius  consullahant  inlcr  sc  clancuhim, 
tdnim  posl  tarn  atrocem  casum  et  in  iania  parochi  perlurbationc  diutiiis 
moraturi  essent  an  ante  cocnac  rcslaiirationem  comtnunilcr  vaJcdicerenl, 
eodem  illo  casu  pro  exoptala  iamdudum  opporlunitatc  disccdcndi  utcnles. 
Et  condixerc  ut  discedercnl'''  (weil  sie  —  nach  einer  geraumen  Weile 
und  in  Folge  neuer  Tactfehler  Nasidien's,  V.  92  f.  —  am  Ende 
wirklich  gehen).  ^lan  sieht,  es  ist  ein  undankbares  Geschäft  aus 
einem  geistreichen  und  witzigen  Gedichte  den  Geist  und  AVitz 
wegzuinteri)retieren.  Den  Ausdruck  erläutert  derselbe  (p.  16)  so: 
„aiires  singuhrum  itu  secerni  videres  ut  Itini  inter  sc  dam  collorptcrcntur: 
simul  susurros  scparatis  auril/us  cum  Stridore  dividi  vcl  impcrliri  audires. 
Nam  dividere  eodem  sensu  dictum  est  quo  Carm.  I,  !,'>,  15:  fcminis 
carmina  dividcs.^'' 

V.  80.  „Statt  zu  fragen:  was  ist  naclihor  vorgefallen?  fragt 
der  Dichter  sehr  angemessen:  was  gab  es  noch  mehr  zu  lachen V" 
Haberfeldt. 

V.  81.  lieber  lur/cna  s.  m.  Art.  in  Fauly's  Keal-Knc.  IV. 
S.  733. 

V.  82.  sH)i  s.  zu  7,  16.  —  Der  liaiulsclirit'tlich  liesscr  beglau- 
bigte Indicativ  dantur  ist  zugleich  das  Passendere:  es  ist  dit> 
Tliatsache  welche  den  Vibidius  z»i  seiner  Frage  verajilasst.  AVürde 
dieser  selbst  die  Begründung  hinzufügen,  so  wäre  das  eine  —  na- 
mentlich  den   Sklaven  gegenüber  sehr  unmotivierte  —  Abschwä- 


Anmcikungeii  zur  aclilen  S;Uirc.  21'J 

cliuiig  dor  Fra<;e.  Ol•olli'^i  Beisiiicl  aus  Sali.  lug.  38  fviftt  nicht  zu. 
Zur  .Saclio  llalicrfolclt :  „AVieder  ein  Zug  vom  liriuiliclien  Geize, 
der  hinter  aller  Pracht  hervorhlickte."  Wenn  Nasidien  auch  nicht 
ausdrücklich  verboten  hatte  neue  zu  holen,  so  hatte  er  doch  jeden- 
falls unterlassen  zu  sagen  sie  sollen  es  thun. 

V.  ^i».  Bidetur  fasst  Weber  mit  Unrecht  persönlich,  von 
Vil)idius.  l)öderlein  stimmt  Orelli  bei  und  sagt:  Balalro,  itlpole 
fcslivissimus  hoino,  novam  aliamquc  ridemli  matcriam,  ne  inurbcmc  de 
diimini  casti  cl  moestitia  (zu  eng)  rideri  vidercttir,  siippeditabal  celcris 
hnpcllcbatque  eos ,  ul  vciiltis  secuttdus,  ad  ridcndum.  Eine  Hauptriick- 
sicht  dabei  war  wohl  die  auf  Maecenas,  um  dessen  Avillen  der 
Schein  als  ob  über  Nasidienus  gelacht  würde  vermieden  werden 
wollte. 

V.  S4.  »luialac  fronlis,  s.  Kirchner  zu  I,  1,  33.  Nur  darf 
der  Genitiv  nicht  mit  Nasidicne  unmittelbar  verbunden  Averden,  son- 
dern durch  Vermittelung  eines  daraus  zu  entnehmenden  allgemei- 
nen Begrifi's.  —  Ohne  Grund  stösst  sich  übrigens  Döderlein  p.  17 
an  arte,  statt  dessen  er  virtute  oder  providctilia  bezeichnender  fände 
und  das  er  nur  durch  die  Absicht  an  Ter.  Ad.  IV,  7,  2]  anzuspielen 
glaubt  entschuldigen  zu  können.  Allerdings  bezeichnet  arte  nicht 
,, entweder  die  erkünstelte  Heiterkeit  welche  N.  aft'ectierte,  oder  die 
bei  den  folgenden  Speisen  verschwendete  Kunst"  (Ilaberfeldt), 
wohl  aber,  im  Gegensatz  zur  Fortu7ia,  die  menschliche  Thiitigkeit 
und  den  menschlichen  Scharfsinn.  Im  Concretcn  kann  man  an 
V.  73  denken.  Bethätigt  aber  hat  sich  sein  Geschick  durch  die 
Veranstaltungen  zum  Ersatz  des  durch  den  schlimmen  Zufall  Ver- 
dorbenen. 

V.  85.    secutt,  s.  zu  V.  2. 

V.  86.  Ueber  tnazotiomus  s.  die  Xachweisungen  bei  Fca. 
Den  Contrast  zwischen  der  Grösse  des  Brettes  und  der  Kleinheit 
des  Daraufliegenden  bemerklich  zu  machen  scheint  der  Absicht 
des  Erzählers  nicht  fremd  zu  sein.  Auch  disccrpia  wäre  bezeich- 
nend, wofern  es  innuil  poihis  lacerakmi,  dilaniatam  in  fritsta  gntcm 
ijuam  sectam  ad  arlem  (Fea).  Diess  müsste  Folge  der  Eile  sein; 
da  aber  der  gewöhnliche  Ausdruck  scindcrc  ist  (Sen.  Ep.  47 ,  6 : 
alius  prcliosas  avcs  scmdit :  per  pcctus  et  chines  cerlis  duclihus  eircum- 
fcrens  crudilam  mamnn  frusla  cxctdü.  Brev.  vit.  12,  5:  quanla  arte 
scmdatilur  aves  in  frusla  non  cnormia),  gegenülier  von  welchem  das 
carpcre  sogar  behutsamer  ist,  so  scheint  jene  Ausdeutung  nicht 
begründet. 

V.  8S.  Wie  gründlich  Nasidien  von  seiner  Bestürzung  sich 
erholt  hat  beweist  das  redselige  Selbstgefühl  womit  er  wieder  auf 
die  Besonderheiten  der  Bereitung  hinweist.  Dahin  gehört  pingiii- 
hus  (s.  Fea)  und  das  von  Orelli  gut  vertheidigte  alhae  dos  Bland, 
antiquiss.  Vgl.  4,  44.  Weder  die  Farbe  noch  das  Geschlecht  des 
Thiers  konnte  man  ja  der  Leber  ansehen. 


220  Zweites  Buch  der  Satiren. 

V.  90.  „pcclore  adnslo  glaube  ich  vom  starkon  Anlnaten 
vorstellen  zu  müssen,  Avndiu'cli  ein  pikanter  Gcsclimack  gegeben 
•werden  sollte ;  denn  von  schlechter  Bereitung  ist  keine  Spur.  Na- 
sidien  bemerkte  (V.  93  f.)  seinen  Gästen  dass  die  Amseln  stark  an- 
gebraten sein  müssen,  Avenn  sie  gut  schmecken  sollen"  (Düntzer  V. 
S.  275  f.).  Aehnlich  Döderlein  p.  17:  gebräunt,  nicht  (wie  V.  68) 
verbrannt,  indem  er  Ter.  Ad.  III,  3,  71 :  hoc  salsum'sl,  hoc  adustitm,  hoc 
laiiliiin'st  partim  dadurch  für  sich  umdeutet  dass  er  partim  auch  zu 
salstim  und  adiislvm  zieht.  Allerdings  scheint  es  nach  V.  92  dass 
gegen  die  Gerichte  an  sich  nichts  eingewendet  werden  wolle.  Vgl. 
Haberfeldt:  ,,alle  diese  Speisen  waren  an  sich  nicht  zu  verachten, 
wurden  uns  aber  durch  die  Anpreisungen  und  beinahe  chemischen 
Beschreibungen  des  Wirtes  zum  Ekel."  Auch  hätte  dieser  es  füg- 
lich seinen  Gästen  überlassen  können  die  betreffenden  ,, besten" 
Tlieile  sich  selbst  vom  Ganzen  wegzunehmen. 

V.  94.  Der  Dativ  Ulis  ist  hier  so  vollkommen  berechtigt  (vgl. 
Keisig's  Vorlesungen,  S.  662)  dass  vielmehr  illas  oder  Hin  Anstoss 
erregen  könnte.  Der  neueste  Einfall ,  Ulis  mit  sci'j).  Afr.  zu  verbin- 
den [illis  scrpcHlibtis  Afris) ,  lässt  sich  nur  etwa  durch  die  Absicht 
erklären  in  horazischer  Weise  einen  heiteren  Schluss  herbeizu- 
führen. Uebrigens  hat  schon  Haberfeldt  bemerkt:  „die  besondere 
Species  von  Schlangen,  afri  angttes ,  bezeichnet  dichterisch  angties 
peslilen  lissim  os.'''' 


Register. 


l)ie  Zahlen  beziehen  sich  auf  den  hoiazischen  Text  (also  z.  li.  11,2,  10  hcileuiel:  zwei- 
tes Buch,  zweite  Satire,  zehnli-r  \'eis)  und  den  dazu  im  zweiten  Lfande  gegfohenen  Coinnien- 
tar;  wo  er.  I)eig-efüg'l  ist  sind  ilic  im  eisten  Bande  enihahenen  kritischen  Noten  g-enieint. 
,,S."  verweist  auf  die  Seitenzahl  des  betrelTenden  Theiles  vom  Commentar. 


A. 

A  =  nach  II,  2,  10.  mit  Namen,  Um- 
schreibung des  Genitiv  II,  3,  (j!). 
S.  78. 

ah  oder  «/?  II,  3,  4. 

abacus  I,  0,   110. 

ah  atiijuo  dare,  leyare ,  soivere  II ,  3. 
8.  80. 

Ablative,  absolute,  1,0,  122  E.  9, 30  E. 

ahscindere  und  ahscUlcre  II,  3,  303. 

ahsurhere  u.  ohsorhere  II,  3,240.  b,  21. 

ac  nach  einem  Compaiativ  I,  10,  50. 
mit  al  verwechselt  II,  2, 118.  3, 180. 

accipere  bewirten  I,  5,  I. 

accuiidjere  bei  Tische  I,  4,  86. 

accurrere  und  occurrere  I,  9,  3. 

Accusativ  auf  ein  oder  um  (wie  luxu- 
riem)  II,  2,  87  u.  3,  224  er,  auf  im 

I,  1,  6  er.  II,  3,  204  er.  auf  is  I,  4, 
20  er.  vgl.  II,  3,  12  er.  von  grie- 
chischen Namen  II,  1,  17.    auf  am 

II,  5,  76  er.  an  II,  4,  i  er,  en  I,  7, 
12.  8,  33  f.  er.    auf  in  I,  1,  105  er. 

aeerhum  odium  1,  3,  8."). 

acelum  figürlich  1,  7,  32. 

Ackervertheilungen  Octavian's  II,  0. 
S.   148  f. 

actio  redhihiluria  II,  3,  28'). 

addicere   II,  5,  100.   S.  144. 

adesse  in  gerichtlichem  Sinn  I,  0,  38. 

ad/iyere  und  adßiyere  I,  1,  81. 

Adjectiv  mit  Adverb  vertauscht  I,  6, 
113.  S.  240.  vgl.  II,  0,  100.  damit 
verbunden  II,  0,  27.  zu  zwei  Sub- 
stantiven gehörig  11,2,  100.  mit 
Infinitiv  verbunden  II,  8,  24. 

adilu.f  I,  0,  56. 

adiulor  I,  0,  40. 


adolevit  aetas  I,  9,  34. 
adspergere  figürlich  I,  4,  87  E. 
Adverbiiim  als  Attribut  1,  0,  51.   mit 

Adjectiv  II,  0,  27. 
adulteriutn  wie  bestraft  1,2,40.   131. 

133. 
advocati  I,  9,  38. 
adusius  II,  8,  90. 
uedes  ausgelassen  I,  0,  35. 
uedificare  II,  3,  308. 
aera  I,  0,  75.  .S.  235  f. 
ueruyu  figürlich  I,  4,  10 1. 
aeneus  und  aeneua  II,  3,  I83.  S.  93. 
aes  eorinlldwn  II,  3,  20. 
ayere  I,  9,  00.  eonvivam  II,  0,  1 1  I. 
ayyer  Tarquinii  I,  8.  8.  208. 
Agrippa's  Aedilitiit  II,  3.  8.  02. 
aheneus  II,  3,  183.   8.  93. 
ait  von  einem  fingierten  Gegner  I,  3, 

126. 
Alhius  1,  4,  28.  vgl.  100. 
Alhucius  oder   A/hntiu.t?    II,  2,  (17  r;-. 

Personen  I,  10,  47.    8.  301.   II,   I, 

48.  2,  67. 
alhus  und  alimi.s  II,  4,   13. 
Alfenus  I,  3,  130. 
alieni.s  ?nali.s  ridere  II,  3,  72. 
alioqui  und  aliui/uin  I,  4,  4  u.  0,  OO  er. 
allereari  II,  7,  57. 
AlterthumskrUmerei  in  Rom  1.  ;>,  Ol. 

S.  115.  II,  3,  20. 
nmalor  I,  3,  30. 
amhayes  II,  5,  9. 

amhu  Accus.  II,  3,  180  u.  7,  02  er. 
ainhuhaiae  I,  2,  1. 
Ameise  IJild  des  Fleis.ses  I,  l,  33. 
amiea  II,  '■'>,  öl. 
a/iiiei  I,  7,  23. 
an  elliptisch  I,  2,  103.  vgl.  4,  124. 


222 


Regrister. 


Anakolutha  I,  8,  120. 

aticeps  II,  1,  34.  S.  2'i. 

anitnus  per.soniticiert  I,  4,  18. 

Anklage  von  Staatsverbrechern  I,  4, 
•      65. 

(üimis  I,  1,  36. 

Anpissen  etc.  von  Bildern  I,  8,  38. 

Anrufnng  von  Göttern  II,  (>,  20. 

untesturi  I,  0,  76. 

Antonomasie  I,  7,  8. 

Anweisungen  II,  3,  69  f.  S.  80  f. 

Anxur  I,  5,  25.  26. 

Apella  I,  5,  100, 

Apollostatiie  in  Rom  I,  0,  78. 

Appius,  censor,  I,  6,  21. 

ap(ii.<i  amicis,  solibus  II,  5,  43. 

(iquam  praebere  I,  4,  88.  vgl.  11,2,60. 

aquarius  I,  1,  36.   S.  10  f. 

Arbuscula  I,  10,  76. 

arhusta  I,  7,  29. 

(treu  I,  3,  17.  vgl.  II,  3,  119  c/'. 

arcesso  und  accerso  II,  3,  261  er. 

(irdeo  es  brennt  bei  mir  I,  5,  72. 

area  I,  1,  45. 

Aretalogen  II,  3.  S.  58  f. 

aryenliim  Kunstwerke  aus  Silber  1,  4, 
28.  Geld  II,  3,  78. 

aryiitus  =  astulus  I,  10,  40  K. 

Avicia  I,  5,  2. 

Arislius  Fusciis  I,  9,  61. 

Aristophanes  1,4.  S.  140  f. 

rinipere  II,  l,  (H). 

Arsis  bewirkt  Dehnung  kurzer  Ver- 
balendungen I,  3,  7.  4,  82.  7,  7. 

(irtus  und  arctits  II,  6,  82  er. 

arunflo  (nicht  harundo),  I,  8,  (i  u.  II, 
4,  42  er. 

as  und  ae.i  verwechselt  II,  2,  99. 

Aseu/mn  1,  5,  87. 

Asir.iits  Pollio,  I,  10.  S.  357  f. 

nsseclari  I,  9,  6. 

fissertor  II,  7,  76. 

Assonanz  II,  3,  200. 

Asyndeton  I,  7,  8  E.  II,  2,  85.  5,97. 

-at  Endsilbe  lang  gebraucht  II,  2.  47. 
zusaniniengezogen  aus  tivit'f  II,  3, 
277. 

(it  Stellung  I,  3,  (i3.  s.  v.  a.  autem  I, 
f^,  60.  betheuernd  I,  8,  37.  mit  ae 
verwechselt  II,  2,  118.  3,  189.  mit 
ah  II,  3,  4. 

Atftbulus  I,  5,  78. 

Atelhmne,   I,  10,   S.  33.')  f.  Auin. 

nter  II,  6,  32. 

iiliiuf  x\ui\<i/t/iii  I,  l((,  31. 

uti/iii  und  iili/uiii    I,  6,  6."».    Vijl.   er    '.», 


52.  II,  I,  68.  3,9.  27.  5.7.  Be- 
deutung II,  ,3,  27.  S.  74  Anm   **) 

L.  Aldus  I,  10,  53. 

Attraction  I,  4,  2, 

Attribut  hypothetisch  I,  6,  89. 

aucloramentum  II,  7,  58. 

audax  II,  3,  165. 

uude  II,  1,  10. 

aveo  und  haveo  I,  1,  94  er. 

averrere  II,  4,  37. 

Aufidii  I,  5,  34. 

Aufidus  I,  1,  58, 

Augensalben  I,  5,  30. 

Aufjusiule.'i  II,  3,  281. 

Augusteische  Dichter  preisen  die  Un- 
thätigkeit  II,  6,  61.  S.  164. 

Attgusliis,  Gebrauch  bei  Horaz  II,  1,  II. 

avidus  I,  4,  126. 

aures  figürlich  I,  9,  20.  vgl.  70. 

auscuUo  II,  7,  1.  S.  180. 

Ausstossung  des  tonlosen  i  II,  7,  (')8. 

aut  im  ersten  Gliede  weggelassen   I, 

I,  8. 

aut  und  et  II,  1,  t^5. 
aulumare  II,  3,  45. 
avus  I,  6,  3. 

B. 

haca  (nicht  bacea)  II,  3,24  l  er.  vgl.  II, 

4,  69  er. 
Badezeit  I,  6,  125. 
halalro  I.  2,  2.  S.  32. 
Bttlhini,  I,  3.  S.  96  f.  Anm. 
Ballspiel,  1,6.  S.  251. 
hdlnea  I,  3,  137. 

hfirbiim  vellere  Beschimpfung  1,3,  133. 
Bnrium  I,  5,  97. 

/inrrus  ««der  /i(irii.s  I,  4,  109  er.    6,  3(». 
halUlum  I,  5,  36. 
Bauen  verderblich   II,  3,  308. 
Iieatu.1  II,  8,  1. 
Bedingungspartikulu   statt   zeitlicher 

II,  3,  10. 

heliiii  und  belliia  II,  3,  316  u.  7,  70 rr. 
bene  bei  Zeitwort  II,  6,  -K». 
/ienevculum  1,5,  71. 
beni(piH.f  I,  2,  4,  mit  Genitiv  11,3,  3. 
Beschünigung    von   l'ehlern    au  Kin- 
dern  ofler  (rcliobten   I,  3,  .1.3. 
.Bettelphilosophen,    Tracht.  I,  .3.  133. 
Bettelpropheten  I,  2,  2. 
/iibfieuhi.i,  s.    Fiiriii.-i. 
Hibli.ithekeu   iu  Rom    I.    I.   S.    153  f. 
/li'iiili,  I    10.  S.  373. 
Bild  st.lttderSacho  I,  1.11.1,7   S.  255. 
hiliiifiiiis  I,  10.  30. 


Uejjisler. 


223 


Binnenreim  II,  7,  (iO. 

Bohne  des  Pytliag-oias  II,  (i.  (V.]. 

ßolamis  I,  U,  11. 

homhi/cinus  u.  nericus,  1, 2  S.  60  f.  Anm. 

Hrachvlogio   I,  :i,  0.  4,  110. 

/ivHtidixium  I,  5,  104  i|iit  er. 

Iiuvcas  iii/hire  I,  1,  21. 

Bncliliandel   in  Koin  I,  4,  71. 

Hiicher,  Howeiskraft  derselben,  II,  3, 

69  f.  S.  81. 
Büsten  in  Bibliotheken  I,  4,  22. 
Butte  I,  2,  116. 


cadere  =  cunlinyere  I,  2,  39. 

Cddmits,  carnifex  I,  6,  39. 

Caecubum  I,  10.  S.  344.  vgl.  II,  8,  15. 

S.  210. 
caecu.t  =  ohcaecalHS  I,  3,  36. 
Caelius  und  Coclius  I,  4,  (59  er. 
Caesar  Bezeichnung  Octavian's,  II, 

1,    11. 
Caesur  II,  3,  134. 
ralceits  I,  3,  32.   128.  vgl.  G,  27. 
caliendrum  1,  8,  48.  S.  289. 
ralorifs  I,  2,  44. 

(^ilpurnius  Bihulus.  I,  10.   S.373. 
caininus  I,  5,  80. 

Campana  siipellex  I,  6,  118.   S.  248. 
cnmpanits  morbus  I,  5,  61. 
Campus  (Marsfeld)  I,  I,  91. 
candere  II,  6,  103. 

Candidas  1,2,  123.  vgl.  4,85.  11,6, 103. 
y.avrjcpoQoi  I,  3,  10. 
Canidia  I,  8.   S.  274  f.  II,  1,  48. 
cantarc  I,  9,  23. 
Canusium  I,  5.  91.   10,  30. 
Caprins  I,  4,  65. 
Capua  I,  5,  47, 
Caput  scaherc  I,  10,  71. 
carmina  Zanberspriic-he   I.  8,  19. 
carpere  viam  II,  6,  93. 
Cassius  Etruscas  und  C.  Parmensis  I, 

10,  62. 
cassus  und  qnassiis  II,  5,  36«'. 
Castraten  in  Rom  II,  8,  15. 
calhedrae  I,  10.  91. 
Catia  I,  2,  95. 
Catii  II,  4.  S.  1 14  f. 
Calnllus  I,  10.  S.  340  Anm. 
Caudium  I,  5,  50. 

caulis  nnd  colis  IK  2,  62  und  4,  I5rr. 
caupo  I,  1,  29. 
causa  und  cnassa    I,  l,2(>r'-. 
cedit  (iinpcrs.)   II.   1,  31. 
cr»/i   und  coeiia  II.  2,  77  er. 


ceiisas  antiquus  II,  3,  169. 
cereörosus  I,  5,  21. 
cerebrum  I,  9.  11  E. 
Cerinthtis  I,  2,  81.  8.  56. 
cerrilus  II,  3,  278. 
certare  aliquid  II,  1,49. 
Charta  und  carla  I,  10,  \cr. 
clieraqra  und  chirayra  II,  7,  15  er. 
Chierwein  I,  10,  24.  S.  344.   vgl   II 

8,   15.  ' 

chorda  und  corda  I,  3,  8  er. 
Chrysippus  I,  3,  127. 
Ciceronisehe  Stellen  erklärt:  Verr  V 

11,28  zu  11,2,  123.  S.  55.    Oiat! 

30,  106  zu  II,  2,  38.  S.  50. 
Cicirrus  I,  5,  53. 
Ciltiii  1,  6,  2. 
ciuiex  I,  10,  78. 

cinctus  I,  2,  25.  5,  5.  alte  II,  8,  10. 
einiflones  I,  2,  98.  S.  62. 
cippi  I,  8,  12. 

circa  und  eiieuin  II,  3,  146  er. 
Circenses  ludi,  Cireus  I,  I,  114. 
eircumayi  I,  9,  17. 
Cireus  maxünus  in  Koni  I,  6,  113. 
citare  von  einem  Liede  I,  3,  7  K. 
Citate  aus  andern   Dichtern  1,1,36. 

68.  5,  9. 
eitra  nachgestellt  I,  10,  31  E. 
Clytaemnestra  I,  1,  99. 
eoactor  I.  6.  80.  8(i,  S.  240. 
Coae  vestes  I,  2,  lOI.  S.  (11  f.  und  S. 

6*3  Anm. 
Coeeeius  I,  5,  27. 
coynitor  II,  5,  38. 
co/iors  I,  7,  23. 
colleyia  I,  2,  1.  S.  31. 
cijines  ire  II,  5,  17. 
eomieus  II,  5,  91. 
coinissari  I,  4,  48. 
comites  I,  7,  23. 
eommissa  I,  3,  95. 
communis  res  II,  6,  3(». 
Comparativ  ohne  näliero  Bestimmung 

II,  3,  300.    i]  xara  II,  3,  310. 
compensare,  Constrnctiun  I,  3,  70. 
compita  und  compitales  II,  3,  281. 
eomponere  von  Feclitern  I,  I,  103.   7, 

20.    vom  Bestatten  I,  V(,  28.  toqavt 

II,  3,  77. 
coneedere,  Bedeutung  I,  4,  140.    vgl. 

II,  3,  305. 
eoncinnus  I,  10,  24. 
condicin  und  conditio  II,  8,  05  er. 
eonficere  von  Ftchtcrn  I,  9,  29. 
confidens  1,  7,  7. 


224 


Register. 


Conjunctiv  hypothetisch  I,  •(,  54.  in 
Kelativsätzen  II,  4,  2.  87.  8,  ö-i. 

coniunx  und  co«i«.i"  II,  5, 31  u.  7,4Gf;\ 

consiliiim  eines  Prätors  I,  7,  23- 

ronlinuare  dapcs  II,  6,  108. 

contra  respondere  II,  3,  233. 

conventus,  Bedeutungen  I,  7, 22.  8.  2(53. 

Coordination  zweier  Satztlieile  II, 
6,  48  f. 

Copula  au.sgelassen  I,  3.  S    101  M. 

Corinllnum  aes  II,  3,  20. 

corniia  figürlich  I,  4,  34. 

corpus  curare  II,  5,  38. 

cothurnus  I,  5,  64. 

Craünns,  I,  4.  S.  140. 

credo,  Stellung  II,  7,  <)8. 

crepare  II,  3,  33. 

crepidae  I,  3,  128. 

Crispinus  I,  i,  120.   S.  24. 

crudus  I,  5,  49. 

crustida  I,  1,  20. 

ctihare  I,  9,  18. 

cuculum  clamare  I,  7,  31. 

CHcuhis  und  cucullus  I,  7,  31  er. 

cum   Präposition    oder  Conjunctiun  V 

I,  3,  70.  cum  anulis  II,  7,  8. 
cuinera  I,  1,  53. 

cunnun  für  inulier  I,  3,  107. 
Cupiennius  I,  2,  30 
cm;«,  curator  techni.<5cli  II.  3,  217. 
cur /US  muhis  I,  0,  104. 
curti  ludaei  I,  0,  70. 
ciislodcs  der  Frauen  I,  2,  08. 
cutis  st.  corpus  II,  5,  .38. 
ci/at/ius  I,  1,  54.  vgl.  0,  117. 
Cytlicris  I,  2,  55  mit  Anm,   S.  40. 

D. 

da   II,  8,  4. 

Dakcr,  Kämpfe  der  RJimor  mit  ilmen, 

II,  0.  S.  147  f. 
damnatus  dare  II,  3,  8(). 
damnose  II,  8,  34. 

dccein  rund  und  tecliniseli  II,  3,  (i'.l  f. 

S.  78. 
Dccii  I,  (•),  20. 

dcducrre  I,  9,  .59.  vcrsum  II,  1,4. 
dn-ssc  sihi  I,  4,  134.    vgl.  9,  50.    II, 

I,  17  (S.  19). 
dr/bif/crc  und  diffiiiijere  I,  10,  37.    S. 

3.52  n.  M. 
dr/'uiidrrr  und  ili/fundcrc  II,  2,  58. 
(/(•///  und  dc/diir  1,  5,  97  rr.  und  dciiidc 

I,  (•),  49  rr. 
Demetrhis  1.  10,  17.    S.  339. 
dvmissus  linuiii^   1,3     S .   1 00. 


denique  I,  1,  106. 

depellere  und  propellere  I,  2,  G. 

dcprendo  und  deprehendo  I,  2,  134  c/'. 

4,  114  er.  II,  7,  43  er.  Yg\.reprcn//u. 
derisor  II,  6,  54. 
deslringere  und  rf«s/r.  II,  1,  41. 
r/e/er   und    taeter    verwechselt    1 ,  3, 

107  er.  5,  7. 
dicere  II,  3,  5. 

Dichten  verglichen  mit  Wehen  11.3, 2. 
dies  lovis  II,  3,  291.  S.  109. 
difßndere  II,  1,  79. 
dij/indo  und  difßngo  II,  1,  79. 
diffuujo  u.  dcfinyo  I,  1 0,  37.  S.  352  n.  M. 
diffunderc  und  defuiidere  II,  2,  58. 
/J«  von  Hochstehenden  II,  6,  52. 
Dilogie  II,  5,  59.   8.  137  f. 
discinctus  I,  2,  25.  S.  38. 
discribere  technisch  II,  3,  09  f.  S.  SO. 
distringcre  und  destr.  II,  1,  41. 
dividere  II,  8,  78. 

divirius  prophetisch  I,  9,  30.   S.  303. 
düctus  I,  9,  7.   II,  7,  13. 
donat  s.  V.  a.  donator  est  II,  5,  60. 
Donner.stag  11,3,  291.  S.  109. 
Doppelbeziehung   eines  .\ttrihuts    I, 

2,  123.  S.  73.   Vgl.  4,  92.   HO.    II, 

2,  109.  7,  68. 
Doppelconsonant  keine  Positinnslän- 

ge  bewirkend  I,  2,  30.   II,  2,  3(). 
Doppelsinn  I,  1,  97. 
Doppeltschcn  Betrunkener   II.  I,  25. 
doriiiire  in  lucem  II,  0,  61.   S.  163. 
dramatisierende  Darstellung  I,  2,  92 

und  8.  290. 
Dreizahl  II,  I,  7.  8.  10. 
ducere  carmen  I,  10,  44.  vgl.  II,  1,  4. 
ducere  und  indueere  1,  2,  88. 
duieis  amicus  I,  3,  69. 
dumla.rat  II,  6,  42  er. 
dun/s  und   dirus  I,  2,  6. 

E. 

ee/diius  I,  (">,  1 17. 

eequis  II,  7,  34  er. 

edul um  praetorium  II,  1,81   (8.32). 

Eyeria  I,  2,  126. 

eheu  u.  heu  heu  I,  3,  6(>  u.  II,  3,  I56rr. 

ein  und  heia  II,  6,  23  er. 

eiieere  I,  8,  8. 

ICinsilbige  Worte  am  Schluss  dos  \\c- 
.\amcters  1,2,  131  f.  wo  in  l'licsi 
verkürzt  I,  9,  38  nicht  elitlicrt  II. 
2.  28. 

elemeuta   I,   !,  2(>. 

eli(/i> ,  eripio  ,  eruii   I,    I,  25. 


Resisler. 


22; 


Elision  eines  langen  Vocals  vor  ei- 
nem luiizen  I,*.),  30.  S.  303.  unter- 
lassen II,  2,  28. 

Ellipsen  I,  1,  15. 

ellehorus  und  hcUehnriix  II,  3,  9,2er. 

chctuf!  und  elotus  II,  4,  US  er. 

emtor  Kauflustiger  II,  3,  109. 

Endsilben,  (j^uantitiit  derselben,  II, 
3,  1.  8.  (Uif.  vgl.  11,3,  187. 

otim  auf  eine  Gebärde  bezogen  11. 
3,  123.  Stellung  II,  7,  105. 

Ennius'  Saturn  I,  10,  64. 

Epidaurische  Schlange  I,  3,  27. 

Epikur's  Lehre  I,  1,  50.  75.  I,  2.  S. 
20  f.  2,  73.  75,  111.  3.  78.  00  (S. 
117.).  08.  00.   111.  5,  101. 

Episteln  des  Horaz ,  Verhältniss  zu 
den  Satiren,  Einl.  zu  II,  1.  S.  8  f. 
Anm. 

cquüleni  :=  utiqiie  I,  10.  S.  331  n.  M. 

e(/ui.<i  albis  praeeurrere  I,  7,  8. 

Equiles  I,  10,  70. 

Er/uns  Tiiüeus  I,  5,  87. 

erat  Optimum  II,  1,  7. 

Erbschleicherei,  Einl.  zu  11,5.  S. 
12(5  f. 

er(ju  I,  10,  7.  II,  3,  Ui2.  5, 101.  0,  70. 

eripio,  eriio,  eligo  I,  4,  25. 

crro  II,  7,  113. 

erviim  und  /lerviim  II,  0,  117r?\ 

es  ausgelassen  II,  8,  2. 

E.tqniliae.  Esquilinus  moni  und  eaiiipm; 
I,  8,  14.  S.  267—273. 

eise  in  aliqnn  rc  I,  9,  2. 

est  in  den  Hdsch.  ausgefallen  1 ,  2, 
81.  S.  .56  g.  E.  II,  4,  48. 

est  tni/ii  hetie  II,  (5,  1, 

est  mihi  eiiiit  etc.  1,2,  57. 

est  mit  Infinitiv  I,  2,  79.  In  der  I5dfg. 
prodcst?  II,  5,  103.  S.  1-13.  s.  v,  a, 
li'ct  II.  5,  103.  S.  143. 

csto  II,  2,  30.  S.  49.  vgl.  3,  05. 

Etrusker,  l'rsprung  derselben,  1,  G,  1. 

et  und  ni(t  II,  1,  65, 

et  und  ut  11,  7,  113. 

Evandcr  I,  3,  91, 

eva.ili  II,  7,  68. 

Eupolis  I,  4,   S.  140  n,  M. 

ex  vor  Consonanten  I.  4,  87  er. 

exagitent  me  dii  II .  (>,  5  I. 

exeipere  I,  5,  1, 

exereitatio  vor  Ti.sche  I,  5,  48. 

exsecare  mit  Dativ  I,  2,  14.   S.  .3(;. 

exsorbere  II,  3,  240. 

e.v.<tpeetnre  I,  5,  8  E. 

exstruere  II,  6,  |(I5. 
HORATIl   .SAT,    II,  2, 


e.vsudare,  I,  10.  S.  346  f. 
exterior  comes  II,  5,  17, 
exinndere  II,  2,  14. 

F. 

Fabeln,  Anspielungen  dar;iuf,   I,  6, 
22, 

F<d>ius  I,  1,  13.  2,  134. 

fnecre   von  einem  Zustand   1,1,  64, 
vgl,  94. 

facetus  I,  10,  45. 

faeics  I,  2,  87  E. 

faetus  kunstreich  I,  10,  58. 

Falernerwein    1,10,24.    S.  344.    II, 
8,  16, 

Fanniiis  I,  4,  21. 

far  I,  5,  69. 

Fasten  (das)  bei  den  Römern  (Grie- 
chen u.  Juden)  II,  3,  291. 

Fausta  I,  2,  64, 

feeimdus  =^  prac'fjna/is  II,  4.  44. 

Fehlerfrei  ist  kein  Menscli  I,  3,  68. 

Feigenholz  I,  8,  1. 

Feronia  I.  5,  24. 

fernla  I,  3,  1 19, 

ßcits  Genitiv  II,  2,  122  er. 

/idciiissor  imd /idepromissor  II,  6,  23, 

fieri  für  esse  I,  1,  104. 

/?//.r  I,  3,  35. 

/lagellum  und  /lagrum  I,  3,  119.  g.  E, 

/lere  II,  1,  46, 

/hiere  II,  7,  7. 

/luit  midtus  I,  7,  2S. 

joenum  und  fenwn  I,  4.  34  er. 

foemim  in  eornu  I,  4,  34. 

fomenta  I,  1,  81. 

Fonteius  I,  5,  32. 

fores  II,  6,  112. 

Fvrmiae  I,  5,  .37. 

formido  I,  8,  4. 

forniees  I,  2,  30. 

fors,  Fürs  und  Fortuna  I,  1,  2. 

Forum  Appi  I,  5,  1. 

Fraucngeschnieide  I,  2,  80, 

frigus  Fieberfrost  1,1,  80.   Erkalten 
der  Freundschaft  II,  1,  ()2. 

fr it Ullis  II,  7,  17, 

froutihus  adversis  I,  I.  103. 

Frühaufstehen  der  K'ünier  II,  6,  61. 
S.  163  ff. 

Früher  Tod  Ausgezeichneter  II,  7,  3. 

friigi  von  Sklaven  II,  7,  3. 

fucns  I,  2,  83. 

Fnfidiiis  I,  2,  12, 

Fiifiiis  und  Fnsins  verwechselt  I,  2, 12, 

fi/i/is  und  fi/j'is  verwechselt   II    7.35 

15 


22n 


«oüislcr. 


fiinU  und  fuU  verwechselt  I,  (j,  l;i, 

fiiit  mit  part.   pass.   I,  ('),  13. 

fuit  f/ui  Jiiit  Indie.  oder  Conjnnct. 
(Praes.  od.  Praet.)  I,  (3,  4. 

Fimdanius  I,  10,  40.  II,  8.  S.  204. 

Fimdi  I.  5,  34. 

I'itne  Uuvo  lahorare  II,  7,  "20. 

fiüicrft  I.  0.  42.  S.  227. 

Fünt'silbiges  Wort  am  Sclilu.sse  des 
Hexameters  I,  1,  KU». 

für  I.  4,  4. 

Fitriae  II,  3,  135. 

Furien  I,  8.  33.  S.  284. 

I'iiriosu.t  unter  Curatel  II,  3.  217. 

Fiirius  ßihaodiis,  Einl.  1, 10.  S.  326  f. 
320.  3")i  f.  und  II,  5,  40. 

Funiii  I,  10.  80.   S.  374. 

furtian  1,3,  122.  mit  frustwn  ver- 
wechselt II.  4,  70. 

G. 

Galha  I,  2.  40. 

Galli  I.  2,  121. 

(jaUicinüim  I,  l,  10. 

Gallier .  Fcldziicre  geg'en  sie  unter 
Octavian,  Eiul.  zu  II,  1.  S.  6.  8. 

Gang  charakteristisch  I,  3,  10. 

Garyonitis  I,  2.  27. 

(jarrire  I,  10,  42. 

Gattung  nacli  einem  E.xemplare  ge- 
nannt II,  7,  30. 

Gebetsformen  II,  0,  0.  20. 

Gedränge  in  den  Strassen  Ronrs  II. 
5,  94: 

Gegensätze  der  Personen  ohne  Pro- 
nomen au.sgedrückt  II,  3,  212. 

Geldgeschäfte  in  Rom  II,  3,  09  f.  S. 
79'  f. 

Henelrix  II,  3,  133. 

«jrenitiv  der  Eigenschaft  bei  einem 
Ajipellativ  I.  I  ,  33.  Ausgedehnter 
Genitivgebrauch  I.  10,  21.  8.  343. 

GcnUrix  oder  Gaiclrix^,  11,3,  133. 

jieints  jiersönlich  I,  5.  54.  vgl.  (i,  12  E. 

Gcsiirächsgegenstände  II,  0,  44. 

(ihidiatorcnkünipfc  I,  7,  20.  (luiiina- 
viciHion  II,  7,  58. 

Ulms  I,  3,  JOO. 

Gnatia  I,  5,  98. 

t/iif/lus  uud  Jinitis  s.  ^7'.  I,  1.  83.  2.  21. 
3.  l.i.  II.  2,  115.  3,  109.  199.  304. 
5,  28.  31. 

Gvarci  und  Grau  I,  10,  35  rr. 

(triicisnicn  I.  2,  79.  (>,  73,  8.  23  1  '.l. 
II.    II.  5  (.0. 

ijnipliiiim  11.  I.  39.   S.  21. 


Griechische  Nameusformen  11,3,254. 
ijutln.s  I.<>.  118. 

H. 

llaartüilette  bei  den  Römern  I,  3,  30. 

hubena  =  scutica  I,  3,  1 19. 

hahel  hoc  I,  3.  3. 

haerere  I.  3,  32. 

Hatjna  I,  3,  40. 

Hände  emporstrecken  II.  5,  97. 

haiid  und  haut  I,  1,  35  u.  4,  8  er. 

Heizung  I,  5.  80. 

Hekate  I.  8.  33. 

Heliodorus  I,  5,  2. 

Jlerculis  pars  II,  0,  13. 

Ilermogenes,  s.   Tifjellius. 

/icriis  und  crits  II,  3,  265  und  8,  16. 

43  er. 
Heulen  bei  der  Anrufung  von  I'nter- 

weltsgöitern  I,  8.  25. 
Hiatus  1,  1,  108.  in  der  Thesis  II,  2, 

28.  am  Anfang  des  zweiten  Fusses 

II,  3,  137. 
fnc  von  der  ersten  Person   I,  9,  47. 

auf  das  räumlich  Entferntere  sich 

beziehend  II,  2.  36. 
hoc  ~  idelrco  I,  1 ,  46  3. 93.  4,  9.  6. 4 1 . 
Homer  Odvss.  XX,  347  zu  II,  3,  72. 

S.  83. 
honos  und  hotior  I,  0,  83  er. 
Horaz'  Aeusseres  I,  3.  8.  88  f.  liebt 

den  Schlaf  11,6,61.  S.  164.  Vcrhält- 

nlss  zu  Octavian,    Einl.  zu  II,  1. 

8.  2  f.  7.    Einl.   zu  II,  5.    8.  129. 

mit Sabinum beschenkt  11,3.  S.63f. 

(•).  8.  149 f.   bei  Maecenas  11,6,33. 

7.  33.  Schreiberamt  II.  6,  36    I!e- 

fähigung  zu  historischen  Stoffen II, 

1, 12.  S.  17  f    liebt  heitere  Schlüsse 

I.  I,  120.  11.3,326.  Ucberrasehun- 
gen  II.  2,  89  ff.  3.  S.  60.  sein  Hu- 
mor 11.3.  S.CO.  3,33.  Einmi.-;chung 
seines l'rteils  11,3,27.  S.  74.  Ironie 

II,  3,  33.  nimmt  seine  Figuren  aus 
Cicero's  Uriefen,  Einl.  zti  11,1.3. 
S.  03.  II. ,4.  8.  110.  als  Fiibuli-Jt. 
11,6.  S.  146f.  Verhälti\iss  zum  8toi- 
cismus,  I'inl  zu  II,  7.  S.  175  f.  Re- 
ligiöse Ansichten  1,5,  101. 

Ilorazstcllcn  behandelt:  Snt.  I.  5. 
97  f.  zu  II,  7,  II.  Sat.  1.9.  IS 
zu  II,  1,7  (S.  15).  Ep.  I,  19.  10  zu 
II,  3  212.  Ep.  1.20,  I  zu  11,5  43. 
E|..  1,20,  19  zn  n.A,  lOAnni.  Ep. 
II.  3.  .328  zu  II  I.  7  (S.  15  Anm.). 
Od    III,  S,  II  zu  II.  3.  S.  64. 


UcLMstor. 


O')? 


horrcre  II,  1,  13.  vul.  II,  5,  U. 

hüvli  Caesaris  1,  '.),  IS. 

//0/7«  Lamiani,  I,  8.  S.  270. 

hurli  Macccnaüs,  I,  8.   S.  2()7  —  270. 

271  f. 
hybrid a  I,  7,  2. 
Hyperbaton  1,5,72.  vgl.  II,  5.'.).   5Ü 

'(S.  VM). 
hypennctri  versus  1,  0,  102.  S.  242. 
f/i/psaea  I,  2,  Ol. 

I. 

i  consonautisch  I,  7,  29  E    II,  8,  1. 

tonloses  ausgestossen  II.  7,  (iS. 
iacio  in  Compo-s.   (ohiiciu  otl.  ohiciu?) 

er.  1,  l,  123.  0,  32.  30.  00.  107.  II, 

3,  100. 
faiiiis  meditis  II,  3,  19. 
Janustempcl  I,  4,  üO. 
Lliis  Zahltag  1,  3,  87. 
iciuniuin  II,  3,  201. 
ieiunus  mit  Genitiv  II,  2,  38.    S.  50. 
ignolHS  =  ijjnubilis  I.  li,  ü. 
-iit  (Endung),   iambisch  gemessen  I, 

9,  21. 
Uia  I,  2,  12Ü. 

illc  vom  räumlich  Näheren  II.  2,  30. 
illusus  II,  7,  108. 
Ulutus  und  illotus  II,  4,  81  u.  8,  52 

{er.), 
imagincs  I,  G,  17. 

imbeeilltta  und  imbeeillis  II,  7,  39  er. 
iinmo  und  imo  I,  3,  20  er. 
iiiunorsus  II,  4,  Ol. 
impellere  aufstören  I,  3,  05 
Imperfcetum    coniunetivi   1,3,4.    mit 

rlqpf.  verbunden  II,  3,  93  f. 
imprabiis  I,  3,  24. 
iimts  und  unus  I,  4,  87. 
in  ayrum  und  in  fronte  I.  8,  12. 
ineendit  und  inlendil  II,  7,  48 
incerta   ^enus  I,  3,  109. 
inercbrescere  II,  5,  93. 
Indicativ    in    hypothetischen   Sätzen 

I,  3,  15.    nach  l'uil  r/ui  1,0,  4  E. 

nach  sunt  r/iti  II,  1,  1. 
indoi-mire  I,   1.  71. 
indueere  I,  2.  88. 
Induction.smetlmde  I,  2,  I. 
Infinitiv    bei  Ausrufungen  II,  8,  G7. 

bei   lebhafter  Schilderung    1.9,  9. 

bei  einem  Substantiv  II.  2.  123- 
in/lare  alqm  II,  5,  98. 
iiifringerc  I,  3,  110. 
ingenuHS  I,  6,  8. 
iiihiare  I,  1,71, 


in  iiidiciu  und  in  iure  1,  9,  3V(.  vgl.  II, 
3,  72. 

Injurien,  (iesetzgebung  darüber.  II, 
I,  81. 

//(r/«^;w  nachdrücklich  I,  9,50E.  Ge- 
brauch II.  3,  27(). 

im/uit  von  einem  fingierten  Gegner  I, 
3,  120.  S.  120.  vgl.  4,  78.  II,  2,  99. 

inrogo  und  irrugo  I,  3,  118f';-. 

insanire  in  ali(]uani  und  in  (diijua  I,  2, 
48. 

instita  I.  2,  29. 

inslitor  I,  1,  0. 

insucseere  activ  I,  4.   105. 

intendit  u.  ineendit  II,  7,  48. 

intcrdietuni  II,  3,  217. 

intestabüis  II.  3.  181. 

introrsiim  und  introrsus  II,  1,  (55  rr. 

invertcre  mit  Dativ  II,  8.  39. 

invidere  mit  Infinitiv  I,  2,  99a.E. 

iocuUtria  I,  1.  23. 

ioeundus  und  iueundus  s.  er.  I,  3,  93. 
5,  44.  70    II,  0,  02.  90. 

lovi  eurottavi  surripere  sprüchvvürtlicli 

1.  4,  94.   S.  107. 
il^sc,  sc.  is  II.  7,  10. 

ipse  von  der  Hauptperson  II,  8,  23. 

S.  212. 
ipsus  II,  G,  108.  S.  172. 
iratis  diis  natus  II,  3,  8-  7,  14. 
is,  ipse,  se  II,  7,  IG. 
-is  Endsilbe,  als  Länge  gebraucht  II, 

2,  74  {miseueris).  3,  1-  S.  OG  f.  (sm- 
bis.) 

-il  Endsilbe  II,  3, 187  (velii).  260(agil). 
ita  zur  l.cjahung  II,  7,  2.  bei  Gebet- 

formcln  II,  2,   124. 
Juden  in  Korn  I.  4,  143.  9,  70  g.  E. 
iudices  scleeti  (u.  delecti)  I,  4,  123. 
iiigerum  I,  1,  50. 

Julius  Florus  I,  10.  S.  328  Anm. 
Jnnofest  I,  3,  IG. 
Juppiter  und  Jupiter  I,  1,  20 tr. 
iu)-e  von  Rechtswegen  I,  2,  4G. 
iuris  periti  I,  1,  9. 

K. 

Kulendac  Zahltag  I.  3,  87. 
Kallimachus .    von  Horaz    angeführt 

I,  2,  105.   S.(i8. 
Kleidung  (warme)   II,  3.  255- 
Kleinasiens  Keichthum  I,  7,  18. 
xfofiotjfiv  I,  4.  48. 
Komödie,  attische  bes.  alle.    I,  4.  S. 

139  f.    ob  sie  Poe.<ie  sei  I,  4,  45. 
Kopfschütteln  I,  5.  5S. 
15* 


228 


Resisicr. 


L. 

Luheo  I,  3,  82,  S.  108—111. 

Laberius,  I,  10.   ö.  330  Aiim. 

lacerare  und  tatrare  II,  1,  85. 

lacerna  II,  7,  55. 

lacrimosun  fumtis  I,  5,  80. 

lactuca  II,  8.  8. 

/«c«*'  in  Rom  I,  4,  37. 

Laevini  I,  6,  12. 

laevum  bicederc  II,  5,  17. 

lagaiiian  I,  6,  115. 

lambere  und  prachtmhere  II,  (i,  100. 

lapidcs,  lapilli  I,  2,  80. 

Larcncult  auf  den  coinpita  II,  3,  281. 

lasanum  I,  G,  100. 

lassus  und  laxus  I,  10,  10  tv. 

laleriim  dolor  I,  fl.  32. 

Latimis  (pater),  I,  10    S.  317. 

^öi;r«re  I,  3,  130.  II,  1,  85. 

lairo  I,  4,07. 

lati'ocinium,  .Strafe  dafür  I,  3,  122. 

latus  chivus  I,  5,  30. 

latus  darc  u.  djrl.  I,  3,  59. 

latus  spalialur  II,  3,  183. 

latus  tegerc  II,  5,  17. 

laudare  glücklich  preisen,  I,  1,  3. 

Lautmalerei  II,  8,  78. 

lauitcs  und  lolus  II,  3,  282  er.  \^\.  il- 

lutus. 
Leber,  Sitz  der  Leidenscliaften  I,  '.I 

06. 
lecticae  I.  2,  08.  S.  Ol. 
legare  ab  aliquo  II,  3.  8.  80  f. 
legatio  libera  I,  5,  45. 
legere  (sacrum)  I,  3,  117. 
lentus  I,<),  OL   S.  314. 
TjConini.sche  Verse  II,  7,  00. 
lepus  in  beiden (jfesehleclitern  II,  1,4  l. 
levis  tiink  II,  0,  08. 
lex  Cornelia  de  iniuriis  II,  1,  81. 
libatue  dapcs  II,  (i,  ((7. 
libein  I,  4,  0.")  E. 
lihvMns  von  einer  einzelnen  Satire,  I, 

10.  S.  323  E.  I.  10,  02. 
libertinae  I,  2.  47. 
liberVmorum  filii  I,  0,  21. 
liberlinus  und  lihertus   I,  0,  0. 
libel  und  Inbet  II.  3    31  rr. 
Licinins  (mIvus  I,  10.  S.  341  f.  An  in. 
ligurrid  und  ligurio  s.  r;'.   I,  3,81.  II, 

I,  70. 
I.inlvsjreben   II.  5,  17. 
tippihidi)  des  lloraz  1,5,30.    10.     in 

h'uni   liüiilit,r  I,  7.  3  !•:. 
li'/inilniH  Tür  (it/un  I,  1    51. 


Liviu.s  XXIV,  18  extr.   zu  Sat.  11,  3, 

70.  S.  81. 
loculi  I,  3,  17.  vgl.  0,  73.  S.  23L 
loligo  I,  4,  100. 
Loiigaremis  I,  2,  04.  S.  52. 
loruin  :=  sculica  I,  3,  110. 
Lucilisches  bei  Horaz  1,6,  45.  106. 
Lucilius  1,4.    S.  142—140.  vgl.  S. 

179  mit  Anra.  Lebenszeit  II,  1,  34 

vgl.  67  (S.  20). 
Lucilius   und  Lucillius   s.   er.  1,4,6. 

IG,  2.  II,  1,  17. 
Lucrezisches  bei  Iloraz  L  1,  13.  23. 

118.  2,  8.  3,  99.  5,  101.  8,  ^16. 
Lucumoneu  I,  6,  2. 
luna  vfiga,  errans  I,  8,  22. 
lunula  I,  6,  27. 

luscinia,  Quantität  II,  3,  245. 
luslra  I,  ü,  68. 

luxuriem  und  Uuvurium  II,  3,  224  er. 
Lycoris  I,  2.  55  mit  Anm. 
Lyinpha  =  Ngmpha  I,  5,  98. 
Lijnceus  I,  2,  90. 

M. 

Maecenas  1,2,  25.   S.  38  f.   vgl.  S. 

273  f.    11,4.    S.   116  f.   Politische 

Functionen  11,  0    S.  117.   vgl.  II, 

6,  3S. 
Maecius  Tarpu  I,  10.  S.  355. 
Maenius  I.  1,  101.  vgl.  3,  21  <■»•. 
inagis  Schüssel  II,  2,  29.  S.  47. 
magister  bibendi  II,  2,  123.   S.  55. 
magistri  auguslales  II,  3,  281. 
magna  sonarc  I,  6,  43. 
magnae  k-yiones  I,  6,  4. 
maynus  hoclianselinlich  I,  6,  73. 
(iccHccQfq  von  llerrscliern  II,  6,  52. 
Malchbms  I,  2,  25.   S.  39  f. 
mallem  und  mal  im  I,  1,  55. 
malus  Taugenichts  I,  4,  3. 
Maimtrra  1,  5.  .37. 
manat  rumor  II,  6,  50. 
iiuineipium  und  mancupium  II,  7,  3  er. 
Manes  I,  8,  29. 
inanumissio  per  tnensam  II,  6,  65  .Vnin. 

per  vindielam  II,  7,  76. 
maris  capcrs  II,  8,  15. 
Marsvasstatue  I,  0,  120. 
Matii'is,  C,  Einl.  zu  11,  I.  S.  II  ■r  E 

II,  4.  S.  115. 
mei  meine  Leute  (Sklaven')   II,r>.  65. 
mein  est  II,  6.  32. 
.Memuoii,   1.  10.  S.  352  M. 
.Veiieiiius  (Narr)  II.  3,  287. 
mercator  I,  I,  6.   vgl    !,  29. 


Rejrisler. 


229 


mercedes  für  iisurar   1    2,  11. 

Tiiere/ri.v  1,  4,  113. 

Messtila,   Schreibung-  I,  (l,  4i  n.   10, 

85  er. 
Messias  I,  5,  53. 
»leliri  intmtnos  I.  1,  ',)(). 
AJe/ellus,  VorhiiUniss  zu  Scipio  II.  1, 

67. 
»li/n  vcrselilunfrcu  1,  3,  23  er. 
iiiilia  (niclit  mi//ia)  s.  er.  1,1,  4").  5, 

•25.  8(j.  (j,  111.  II.  1.  28.  3.  23.  11(5. 

4,  76.  vgl.  I,  8,  12  er.  inilia  (.sester- 
iiuin)  ,ius2:elassen  II,  3,  69  f.  S.  78 

M  Hon  ins  II,  1,  24. 

mimac  I,  2.  2     S.  32  f. 

iiiimus  1,0,  46.  u.  I,  10,6.   «.333  — 

336  .Vnm. 
Miinusiirtiges  bei  Horaz  I,  1,  15. 
minari  11,  3,  U. 

Minderjährige  in  Koni  I,  2,  17. 
Minerva  (crassa  etc.)  II,  2,  3. 
Minerval  I,  6,  75.  S.  235. 
minimo  provoeare  I,  4,  14. 
miser  activ  I,  6,  129- 
inisere  I,  9.  8. 

Mittao:.s.schlaf  II,  (i,  61.   S.  163  ff. 
mi.vtus  und  mi.ttits  11,  3,  209  c/'.  v<rl. 

I,  10,  24  (7-,   11,  1,  19  u.  8,  45  t/'. 
III od i US  I,  1,  45. 

modo.,  Bedeutunfren  II,  3,  276. 

modidalur  I,  3.  129. 

moeeliHs  II,  7,  13. 

Molos.serhunde  11,6,  114. 

momentum  liorae  I,  1,8. 

iiionumentum  n.  monimenliim  I,  8,  13  er. 

morbus  vou  Psychischem  I,  6,  30.  vjrl. 

II,  3,  27. 
Morgrentränme  I,  10,  33. 
mulleus  I,  6,  27. 

muUus  und  muliis  II,  2,  34  er. 
midtum  bei  einem  Adjectiv  II.  5,  92. 

5.  141. 

I\fidvius,  Schreibunff  II,  7,  36  er. 
mirndus  Adj.  I,  2,  123.  11,2,65.  Subst. 

=  genus  humanum  1,3.  112. 
mtinire  oppida  I,  3,  105, 
Mnrena  I    5,  38. 

mutare  constr.  II,  7,  110.  vgl.  8,  50. 
miUo  und  mutto  I,  2,  68  er. 
niiUiis  a'oyo;  I,  3,  100. 

N. 

nam  wa.s  begründend?  II.  6,51. 

Namen  von  absichtlicher  Appclhitiv- 
bedcutung  1.  6.  40.  II,  3,  287.  grie- 
chische Form  derselben  II,  3,  254. 


Narrheit ,  hvteiinsche  Ausdrücke  da- 
für II,  3.  S.  61. 

Nase  figürlich  gobrauclit,  1,3.  S.Ol  f. 
Anm.  vgl.  I,  (>,  5.  II,  7.  38. 

Nasenpolyp  1,  3,  40.  S.  97. 

yasidieniis  Hn/'u.s  II,  8,  S.  200  ff. 

Nasidius  II,  8.  .S.  202  f. 

naiare  II,  7,  7.  S.  181. 

Natia  I,  6,  124. 

natura  bei  den  Epikureern  und  Stoi- 
kern I,  3,  113. 

nalus  irutis  diis  II,  3,  8. 

7iau(a  I,  1,  6.  20  E. 

ne  abhängig  von  einem  fehlenden 
Zeitwort,  I,  2,  OO.  vgl.  II,  3,  ■-'()2. 

-ne  (Fragwort)  aj)okopiert  vor  einem 
Consonanten,  II,  3,  246. 

ne  statt  ne-quidem  II,  3,  2()2. 

Neljeneinanderstellung  verschiedener 
Casus  desselben  Wortes  II,  2 ,  39. 

nee  und  neque  II,  2,  21.  nee  non  II, 
6,  108. 

negoliator  1,1,  6.   vgl.  7,  4. 

Nekromantie  I,  8,  20. 

nei/ipe  I,  10.  S.  326-  331  E.  332 
Anm. 

nei/iie  und  nee  II,  2,  21.  neque  nee  II, 
2,  68. 

nequiquam  II,  7,  27  er. 

nequilia  und  nequilies  II,  3,  2  14  er. 

Aerius  II,  3.  60.  S.  81. 

7n  und  nisi  I,  3,  134  u.  II,  3,  285  er. 

niyer  figürlich  I,  4,  85.   für  in/'auslus 

I,  9,  73. 

Mijidius  tujulus  II,  3,  291,  S.  107. 

///■/((7  und  nU  s.  er.  II,  3,  92.  1 16.  203. 
215.  219.  II,  6,  4. 

nil  e.st  II,  3.  5.   S.  69. 

;///  sane  II,  3,  138. 

nomen  .Scliuldposten  I,  2,  16. 

yomentanus  I,  1,  102.  vgl.  8,  H.  H 
8.  S.  204. 

nomina  Subjectwörter  I,  3,  104. 

yominalivus  ahsohttus  im  Eat.  u.  Grie- 
chischen I,  2,  101  mit  .Vnm.  S. 
m  f. 

non  mit  einem  .Substantiv  verbunden 

II,  3.  106.  bei  einer  Ermahnung  II, 
5.  91.  non  meniiar  und  ne  menliur 
II,  6.  32. 

nosler  II.  6,   18. 

nola  (Falertd)  I,  10.  24  E. 

yoviiis  I,  3,  19.   S.  8().  6,  40.   120. 

niiyac  I,  9,  2. 

numeri  I,  4,  7. 

nnmino  addieerc  schenken  II.  5,  109. 


230 


Register. 


nummus  und  nuiitus  II,  3,  1 10  <•/■. 
nuiiKjuid  vis'i  Abscliiedsformel  I,  9,  6. 
nuper  II,  2,  i'.Vd. 

0. 

Object  doppelt  zu  nehmen  I,  1 .  8.S. 
vgl.  4,  10(3. 

obUmare  I,  2,  ()2. 

ohlivia  II,  G,  02. 

obsonium  und  opsonium  I,  2,  9  u  II, 
2,41  er. 

obsorbere  und  absorbcre  II,  3,  240, 
8,  24. 

obstipus  II,  5,  92. 

occupo  I,  9,  6. 

Octavian's  Censur  (726),  Einl.  zu  II, 
2  (S.  36).  Seesiege,  Einl.  zu  II,  .^, 
S.  129.  Ackervertheilungen ,  Einl 
zu  II,  6.  S.  148. 

Octavius  I,  10.  81.  S.  372. 

odiwn  tbatsiichliche  Gehässigkeit  I, 
7,  6. 

oenophorum  I,  6,  109. 

Ofellus,  P]iul.  zu  II,  2.  S.  36  f. 

ohe  iam  II,  5,  96. 

Ohr  figürlich  1 ,  9,  77. 

olus  I,  6,  115.  vgl.  II,  1,  71. 

olusciilum  II,  6,  64.  S.  166. 

omasuni  II,  5,  40. 
■   opertus  und  apcrhis  I,  2,  87. 

oppedere  I,  9,  70. 

6ipifia9ftg  I,  10,  21. 

oplimus  I,  5,  27.  S.  190. 

Ordnung  bei  Tische  II,  8.  23. 

Origines  und  Orifjenes  I,  2,  55  er. 

Origo  I.  2,  55. 

Osci  I,  5,  54. 

o  si  II,  6,  8. 

ossa  I,  8,  22.  S.  280. 

Ovid  Nachahmer  horazischer  Stel- 
len I,  1,  5.=).  vgl.  II,  5,  10. 

omm.,  Theil  der  proimihis  I,  3,  (5. 

Oxymoron  I,  2,  91  E.  3,  25.   S,  87. 

V. 

Pficideianus  II,  7,  97. 

paetus  I,  3,  44. 

pnlla  I,  2,  99. 

palumbcs  und  pahimbus  II,  8,  91  rr. 

I'fnHiliun  I,  10,  78. 

I'rinlnlabns  I,  8,  11.   II,  1,  22. 

Pantomimen   1,  5,  63. 

l'arallelisnnis  der  Vcrshälfteii  11.7,61*. 

piinisitar    I,  2,  9S\   S.  62. 

Parntaxis  II,  7,   109.  vgl.  profwu's. 

parcHs  mit  (Jenitiv  II,  5,  79. 


par  viipar  II,  3,  247. 

parochi  I,  5,  45. 

Parodisches  I,  1,  36  (S.  1 1).  (i.S,  114. 

2,  37.  5,  51. 
Parther  bei  den  augusteischen  Schrift- 
stellern, Einl.  zu  II,  1.  S.  9. 
Partiale  Unsterblichkeit  II,  3,  283. 

8.  106. 
Partikeln  weggeworfen  II,  7,  68  E. 
parvolus  und  parvulus  I,  1.  33  er. 
pascere  II,  6,  67. 
pastilli  I,  2,  27. 
paier  Ehrentitel  I,  3,  127. 
patera  I,  6,   118. 

jtatiens  u.  sapiens  verwechselt  1,1,  37. 
paiicoruin  hoinwum  I,  9,  44  E. 
Paulus  u.  PauUus  1,  6,  41  er. 
pauper  I,  6,  71. 
pauperare  II,  5,  36. 
pax  Miseni  facta,  I,  5.  S.  175. 
pax   Tarentina,  I,  5.   S.  177. 
peceare  I,  2,  67. 
Pediatiits  I,  8.  39. 
Q.  Pedius  Poplicola  I,  10.  29. 
pellere  und  tollere  I,  2,  110.  s.  v.  a. 

movere  II ,  6,  98. 
pellkula  und  pellis  st.  corpus  II,  5,  38. 
percontor  und  pcrcunctor  s.  er.  I,  2,  7. 

6,  112.    10,  25. 
percurrerc  intransitiv  I,  1,  23. 
perdilur  II,  6,  59. 
p Cream  si  II,  1.  6. 
Perfectum  od,  Ira])erfectuni  des  Con- 

junctivs  I,  8,  41. 
Periodologie  der  horaz.  Satiren  I.  I, 

36.   6,  56.   vgl.  4,  95  und  S.  231. 

255.  7,  9. 
perscribere  und  perscriptio   technisch 

II,  3,  69  f.  S.  79.   ab  atiquo,  S.  81. 
persequi  und  prosequi  I,  9,  15. 
Per-sius  Sat.   \,  172  f.   zu  II,  3,  262. 
Personificationcn  II,  3,  57. 
pei'videre  I,  3.  25. 
pes  figürlich  I.  10,  I. 
Petillins  ("apitolinns  1,  4,  '.U. 
pelorrilum  1,  6,  104. 
Pfau  I,  2,  116. 
Pferd,  Vergleichungen  damit,   II,  I, 

20.  S.  20. 
Phari.säer  fasten  II,  3,  291.   S.  lOS  f. 
pliarmacnpolac   I,  2.  1.    S.  31. 
Phih.domus   1,  2.   121. 
pliiiints  11,  7,  17. 
I'iccnuin  obstreich    11,3.272. 
pificr  I,  7,  17. 
pinyuis,  l,  3.  S.   101. 


llcgislcr. 


231 


PUhoh'on  I,  10,  22. 

phtnsux  II,  3,  185. 

pleruiuijuc  I,   10,  15  E, 

plorarc  iubere  I,  10,  91. 

plustrnm  und  plau^lrum  I,  (>,  42  er.  plo- 
stcllum  II,  3.  2 17  er. 

Plol'nis  I,  5,  40. 

Plural  generalisierend  I,  4,  33. 

plus  u  ;;/!<;•«  elliptisch  1,1,  02.  vgl. 
II,  3,  300. 

Plu.squaniperfect  von  etwas  sicher 
Eintretendem  I,  9,48.  mit  Impf, 
verbunden  II,  3,  93  f.  Vgl.  II,  6, 
48.  S.  ICO. 

pocula  paarweise  aufgestellt  I,  (i,  117. 

Puhsyndeton  I,  6.  34. 

Pompeius,  Sexlus,  I,  5.  S.  175  f. 

Pomponhif  I,  4,  52. 

ponerc  st.  opponerc  11,0,  ()4.   S.  16G. 

/^ows  cmiipamis  I,  5,  40. 

Pontinische  Sümpfe  I,  5,  45. 

pupino  II,  7,  39. 

populus  =  liirba  I,  0,  79. 

PomV*  II,  8.   S.  203  f. 

porreclus  II,  3,  112. 

porrUjere  II,  6,  59. 

porrigo  und  prurii/o  verwechselt  II. 
3.  120  er. 

Positive  Bestimmung  aus  einer  ne- 
gativen zu  entnehmen  I,  1,3. 

possim  und  possuin  I,  6,  52. 

praceipere  II,  2.  2. 

praccipüare  se  ohne  nähere  Bestim- 
mung II,  3,  277. 

praeeones  I,  0,  8tt. 

Praedicat  zu  zwei  Satztheilen  einmal 
II,  5,  26. 

praeymlalor  II,  0.  109.   S.  173. 

praelnmhens  und  praclihatm  II,  6,  109. 

Praeposition  wiederholt  I,  7,  12. 

Praesens  mit  cum  in  der  P>zählung 
I.  5,  20.  vgl.  2,  50.  bei  ungenauer 
Zeitangabe  II,  3.  00.  neben  einem 
Praet.  II,  3.  277  f.  von  einer  fort- 
wirkenden Handlung  der  Vergan- 
genheit II.  5.  00. 

Praesens  Coiij.  mit  Futur,  I,  4.  S.  173. 

Praesens  Ind.  mit  Futur  verbtindcn 
1,4,  141.  S.  173.  im  Kelativsatze 
bei  einer  Erzählung  I,  0,  13. 

Praes.  oder  Praet.  des  Conjunetivs 
nach  fuil  qui  I.  6,  4. 

praelerea  als  Uebcrgang.spartikel  I, 
I,  23. 

prtietcxlu  I.  5,  30. 

praevidere  I,  3.  '.'5 


prnndcre  schmausen  II,  3,  245- 

j)r(indium  I,  0,  127. 

prensdre  u.  pressure  I,  9,  64. 

Priapela  I,  8,  3.   S-  277. 

Priapus  I,  8.  3.  Bilder  I,  8,  1. 

prius  II,  5.  73. 

privus  s.  v.  a.  eximiits  II,  5,  1 1 . 

jyrohits  I,  4.  S.  100. 

procedo  u.  procedit  mihi  I,  2,  37. 

procul  Bedeutung  II,  0,  105. 

procuratur  II,  5,  38. 

proeiirrere  (in  aeiem)  I,  7,  21. 

pronnssa  II,  3,  5. 

Pronomen  fehlend  auch  bei  Gegen- 
sätzen 11.  3,  212. 

propc  eine  Behauptung  mildernd  II, 
3,  32. 

propellere  u.  depellerc  I,  2,  6. 

Propertius  Einl.  zu  I,  9.  8.  292. 

propriiis  II,  0,  5.  vgl.  2,  129. 

Proscriptionen,  Einl.  zu  II,  2.  S.  37. 

proseqiä  und  perseqid  I,  9,  15. 

prostare  I,  2,  30. 

prolasis  paralaetica  II,  6,  50.  vgl.  II, 

2,  95.  S.  53.  7,  109. 

proliniis  u.  prolenus  II,  5,  21  er.  vgl. 

quatenus. 
prout  II,  (1,  67. 
Prüfungscommission  (literarische)  zu 

Kom    (angeblich),    I,   10.   S.  353. 

355. 
pukher  spöttisch  I,  10,  17.  S.  339. 
piilchre  nosse  u.  dgl.  I,  9,  62. 
2)ullus  I,  3,  45. 
pubnentarium  II,  2,  20. 
pur  US  I,  4,  67  E.  vgl.  9,  49. 
pus  I,  7,  1  E. 
puta  11,  5.  32. 
Puteal  (U/joms)  II,  6,  35. 
putesecre  und  pulrescere  II,  3,  194. 
pijrgus  II,  7.  17. 
Pythagoras'  Bohne  II,  G,  63. 

Q- 

qua  r=  q.  ralione  I,  4,  87. 

quaerere  s.  v  a.  inqidrereW.'i,  20.  S.7I . 

quueso  und  quaero  I,  10,  51  er. 

Quästur  I,  6,  131. 

quae  tua  virlus  est  u    dgl.    1,9,  54  E. 

quamquavi  und  quamvis  II,  2,  41  er. 

qunndoeunquc  I,  9,  33. 

Quantität  der  Endsilben  II,  3,  1.   S. 

06  f. 
quatenus  und  quatinus  s.  er.    1,1,  61. 

3,  76.    11,4,  hl. 
qualtunr  I,  5,  8(5  r/-. 


232 


Register. 


que  und  qui  II,  7.  83. 

qne  und  ve  II,  1,  22.    2,  84     3,  29. 

157.  21)2. 
qm  und  quh  I,  4,  41. 
qxda  sum  und  17.  siin  I,  6,  47. 
ry?aV/  Substantiv  I,  0,  5.'). 
quidam  und  cdiquis  II,  3.  2S3. 
quiddain  und  17»^  ^//«   II,  3,  283. 
quid  faciam  II,  1,  24. 
quidquid  und  quicqidd  1,2,  CO.  0,1. 
quidqidd  mit  Genitiv  der  Person  I,  6, 

1  E. 
^inV/  <(Z;i  i^iÄ  und  qidd  vis?  II,  6,  29. 
qidd  tum?  II,  3,  2.50. 
qidd  vis  II,  7,  39. 
quiescere  II,  1,  5. 

quinquenmis  und  qinnqiiennis  II,  2,  57. 
Qidnlus  und  Ouinclus  II,  ü,  37  c?'.  vgl. 
"  3,  243  u.   0,  32  c;-. 
«7?<!'6'  und  qiicis  I,  1,  75  f/'. 
qidvis  als  Ein  "Wort  I,  4,  25  C7\ 
quo  mit  Inf.  (Frage)  I,  6,  24. 
quod  t=  quod  nllinct  ad  id  quod  I  3, 3ü. 

R. 

vapere  I,  9,  77.  S.  319.  II,  1,  10. 

raro  und  rare  II,  2,  38. 

ratio  bei  den  Epikureern  und  Stoi- 
kern I,  3,  113.  S.  121. 

ratio  —  l'ors  I,  1,  2. 

Kauclifänge  im  Altertlium  I,  5,  80. 

Kechtsgelelirsamkcit  1,  1,  9.  29. 

recitatiuncs  in  Eom  I,  4,  75.  vgl.  S. 
351. 

recoctus  II,  5,  55. 

rede  bei  Zeitwort  II,  6,  46. 

rectus  vom  Wuchs  I,  2,  123. 

redducerc  II,  3,  191. 

Itclativ  auf  ein  nachfolgendes  Prä- 
dicat  bezogen  II,  8,  2/. 

Relativ  beim  Einwurf  (st.  at  is)  I, 
1,30.  mit  dem  Conjunctiv  11,2,95. 

iclliyio  I,  9,  71  er. 

reprendo  u.  repreliendo  s.  er.  I,  0,  (>7. 
10,  52.  55.  II.  3,  138.  4,  80. 

rerum  bei  Superlativen  I,  9,  4. 

rcs=li.s    1,  9,  41. 

rescrihcre  11,  3,  09  f.  S.  79. 

respondere  vor  Gericht  I,  9  30. 

rvsponsarc  II,  7,  85. 

rctindum  I,  1,  47. 

returridus   11,  5,  55. 

rciis  I,  9,    1 1 . 

rr.r  I,  2,  80.  WorLspicl  d.ninit  I,  7, 
34. 


rhedae  I,  5.  Einl.  S.  180.  I,  5,  80. 
rhctor  für  orator  I,  10,  l5. 
rliomhus  I,  2,  116. 
riclus  I.  10,  7.  S.  337. 
ridere  malis  alienis  II,  .3,  72 
ridicidus  ohsorhere  II,  8,  24. 
Ringe  tragen  bei  den  Römern  II,  7,  8. 
rohigo  und  rubigo  II.  1,  43  fr. 
rodere  figürlich  I,  4,  81. 
Hosira  II,  0,  50. 
Ru/illus  I.  2,  27. 

rumpi  I,  3, 136.  II,  3,  319.  S   1 13  Anm. 
Rnpilius  I,  7,  1 . 
Ruso  I,  3,  86. 

Rvthmen  malerisch   I,  1,  28.    vgl.  2, 
127.  abgeschwächte  I,  10,  32. 

s. 

.s  vor  s  weggefallen  II,  7,  81. 
Sabbath  der  Juden  I,  9, 09.  vgl.  70  g.E. 

kein  Fasttag  II,  3,  291.  S.  109. 
Sabelli  I,  9,  30. 
Sabinum  wann  dem  Horaz  geschenkt? 

II,  3.  S.  03  f.    vgl.  S.  149  f.   Lage 

II,  0,  16. 
Sacra  via  I,  9,  1 .  vgl.  35. 
Sagana  I,  8,  25. 
sal  figürlich  I,  lU,  3. 
Salbungen  I.  0.  r-'3. 
sa/tare'~l,  9,  23.   II,  1,  21.  aliqidd  I. 

5.  03. 
Sahndienus  Riifus  II.  8.  S.  201  f. 
Saluslius  I,  2,  41.  48  <:'r.  u.  Anm.    S. 

47  f. 
sahttatio  viatutina  I,  0,  101. 
Salzfass  1,  3.  14. 

sanctiis  Beiwort  der  legcs  II,  1,  81. 
so  »US  I,  ('),  89. 

sapiens  II,  1,  17.  S.  19.  II,  8,  00. 
Sarme7itns  I,  5,  52. 
saiira  und  saturac  I,  4,  0.  S.  143.   II. 

4.  S.  114.  II,  6    S.  14«  f.    152. 
Satiriker  vor  Horaz  I.   10,  47. 
Saturn  Menippea  des  Varro  I,  10,  47. 
Satureia  I.  0,  59. 
Satunialia   II,  3,  5. 
Scaeva  II,  I,  53. 
Scaurus  I,  3,  48. 
sccna  und  scaena  II,  1,  71  rr. 
Sciiarfsichtigkeit  der  ,\dler  u.  Schlan- 
gen I,  3,  27. 
Scidafen  der  Griechen  n.  Römer  11, 

0,01.  s.  103  ir. 

Schhiss  der  liDra/ischen   (Jodichte   I. 

l.  120. 
Schlii.ssfornud  der  Briefe   1.  10.  92. 


Register. 


2;^;} 


Schreibinatorial  der  Alten  I,  10,  72. 
SciinlgeM  I,  6,  75. 

Sclmlnnterriclit  1,0,  72.  77.  virl.  10,75. 

scilicei  ironiscli   I,  10,  27.  S.  315  K 

srilln  und  S(/ill(t  II,  4,  5'S  er. 

xcinderc  11,8,  86. 

8clavcn.  Zaiil  1.0.108.  Treis  II, 
7,43.  peculium  II,  7,  79.  Ilire  Tr.Tclit 
1,1,07.  Verkiistigung- 1.5,00.  Mit- 
essen am  Ti.sclie  11,6,  65.  Stell- 
vertreter II,  7,  70.  Gegen  Injurien 
geschützt  II,  1,  81.  S.  32.  Strafen 
1.2,130.  3,81.  8->.  11,7,118.  Ent- 
laufen derselben  I,  1,  78. 

scribae  zuRom  1, 5, 34.  II. 0,  36.  S.  158. 

scvihere  in  technisclieui  Sinne  II.  3, 
69  f.  S.  78  f.  scr.  ab  alquo,  Ebds. 
S.  81. 

xcrinia  I,  1,  120.   S.  24. 

scrulari  II.  3,  276. 

scierra  II,  7,  15.  vgl.  II,  1,  24. 

scutica  I,  3    119. 

se ,  ipse ,  is ,  Unterschied  und  Ver- 
wechslung, II,  7,  16. 

.lecare  für  dirimere  I,  10,  15. 

sed  II,  1,  39. 

Seewa.sser  unter  den  Weinen  II ,  8, 
15.  S.  210. 

sella  (feslaloria   I,  2,  98.  S.  61. 

semel  und  simnl  II,  8,  24. 

Senatspflichten   I,  0.  34. 

Seneca  Leser  des  Horaz  I,  2,  114. 
vgl.  02. 

senex  vun  Früherlebcnden   II,  1,  34. 

sensus  rommimis  I,  3,  65.  S.  Iti4.  vgl. 
97  (S.  117)    4,  76. 

sentio  II    7,  25. 

arjTCi'a  I,  4,  100. 

sepulcrum  (nicht  sepulcltruni)  I,  8,  10 
u.  36  fr. 

.fequnnlur  und  sccuntur  I,  6,  108  C7'. 

sericus  u.  hombycimis  1,2.  S.  66  f.  Anm. 

seu  8.  v.  a.  vel  si,  II,  1.  .59. 

sextarius  I,  1 ,  74. 

si  fehlend  I,  3,  15. 

sie  demonstrativ  I,  2,  106.  vgl.  II,  3, 

I.  S.  67.  sie  tu  getrennt  I,  1,  23  u! 

II,  2,  68  er. 
siearius  I,  4,  4. 

Sicherhcitsiiolizei  zu  liom  I,  2,  42. 
Siegelringe  des  Octavian   u.  .Maccc- 

nas  II,  0.  38. 
Siesta  11,0,  61.   S    103  ff 
siin  und  siiin  I.  6,  47. 
si  Die  amas  I,  9,  38. 
similis  mit  Dativ  I.  3   123.  vjrl.  4,  130. 


simiiis  I,  10,  17,  S.  339. 

Simplex  I,  3,  03  E. 

siiujulliiii  I,  0,  50. 

Singnnterricht  der  Mädchen  I,  10,  9(t. 

Sinucssa  I,  5,  39. 

sinns  der  Toga  II,  3,  172. 

si  qui  und  si  quis  I,  4,  4 1 . 

Sirius  I,  7,  25. 

Sisyphus,  Zwerg  I,  3,  47. 

sobrius  II,  3,  5. 

sodes  I,  9,  41  er. 

sol  für  dies  I,  9,  73. 

solari  alqita  re  II,  0,    117. 

solcac  I,  3,  128. 

soleas  poseere  II,  8,  77. 

somnus  meridianus  u.  s.  w.  II,  6,  61 .  S 
163  f. 

sortes,  I,  9.  S.  303.  304. 

sparyerc  II,  5,  103. 

speetacidum  Augenweide  I,  7,  21. 

spondere  I,  3,  95.  S.  116. 

sponsio  II,  6,  23. 

Sprachmengerei  I,  10,  20. 

Sprüchwörter  u.  Sprüchwortliches  I, 
1,  85.  96.  7.  8.  16  E  10,  34.  II,  5, 
83.  7,  71. 

sl  und  se  in  den  Satiren  keine  Ver- 
lilngerung  bewirkend  I,  2,  30. 

Slaheriiis  II,  3,  81. 

stnre  sich  halten  I,  10,  16. 

slilus  I,  10,  72.  II,  1,  39  (S.  24). 

Stoische  Sätze  I,  3,  96.  124  f.  II,  3. 
S.  57 f.  vgl.  ()0.  II,  7.  S.  175  f.  Ma- 
nier, Einl.  zu  II,  7.  S.  170. 

slola  I,  2,  29.  vgl.  30.  S,  42  f. 

slriiujerc  I,  2,  8. 

stupcre  II,  7,  95. 

submovere  I,  9,  48- 

subscrip/io  I,  10  92. 

substiliUio  pupillaris  II,  5,  48. 

subitcida  1,  2,  25. 

suecinelwi  II,  6,  107. 

SHCus  (nicht  .v«ccj<s)  s.  er.  1,4,  ]0(» 
II,  4,  13.  70.  8  46. 

Sueton.  Oct.  70  s.  zu  II,  0,  52. 

Suleius  I,  4,  Ol 

Sulla  und  Sqlla  l,  2,  dX  er. 

(Ser.)  Sulpieius  I,  10,  80.   S.  373  f. 

Silin  ausgelassen  II,  8,  2. 

summa  vox  I,  3,  8. 
siimptus  I,  B,  80  er. 

sumus  und  sitnl  ausgelassen  II,  S,  2. 
super  r^  insupcr  II,  7,  78. 

super  und  siipra  II,  8,  23  er.  vgl.  7.78. 

sijllepsis  fienerum  I,  I,  IHO. 

S'yne.sis   I,  1,  63     100.   9,  4. 


234 


Register. 


Synizese  1,  8,  43. 
Synkope  I.  9,  73.  II.  7,  08. 
F.  Synis,  I,  10-  S.  337  Anm. 

T. 

Tahernae  lihrariae  I,  4,  71. 
tabula  Rechentafel  1,  (5,  73.  S-  234. 
lahulae  s.  v.  a.  tahellae  ?    II ,   1 ,  8(1. 
Schuldversclneibung-en  II ,  3  ,  69  f. 
S.  8If. 
tacitutt  in  Gedanken  vertieft  I,  3,  ()5. 
Tacttieten  I,  10,  43. 
taeier  und  deter  verwechselt  I,  3, 107. 
5,  7. 

taeter -a.  teter  s.  er.  1,2,33.  3, 107.  5,7. 

Tanais  I,  1,  105. 

lanlum  bei  Adjectiven  und  Zeitwör- 
tern II,  3,  313.  mit  tandem  ver- 
wechselt II,  3,  317.  mit  tunlo  II, 
3,  313.  318. 

tardus  I,  3,  5ö.  S.  101. 

tetnplum  Herculis  Musariim  I,  10,  38. 
S.  353  f.   Vestae  I,  9,  35. 

ientarc  A'on  Krankheiten  I,  1,  80. 

tepidus  II,  3,  10. 

Tcrcntius  J'arro  Alachins  I,  10,  46- 

terere  vom  tornus  und  vom  cacluin  I, 
3,  91.   S.  114. 

Testamente  II,  4.  S.  120  f.  zu  II,  5, 
69.  84.  101. 

telrarchae  I.  3,  12. 

Thiere  mit  Menschen  verglichen  II, 
1,20.   S.  19  f. 

Thraex  {TItrax,  Threx)  II,  0,  44. 

Tigeüius  (Sardus)  und  Tig.  Hcvmugc- 
ncs  I,  3,  3.  Titj.  Ilermog.  1,4,  72. 
10,  17. 

TiUius  I,  6.  24.   107. 

tirociniion  (fori)  I,  2,  17.  S.  37. 

Tisiphone  I,  8,  33.  S.  284. 

Tod.  Darstellungen  desselben,  II.  I, 
58. 

toga,  Form  und  llmwurf  I,  3,  31.  to 
gam  componere  II,  3,  77. 

toga  als  Frauentracht  1    2,  03. 

toga  virilis  I,  2,  17. 

tollere,  Ilcdcutunffcn   1.  4.  II. 

tollere  und  pellere  I   2,  1 10. 

tonst rinac  I,  7,  3. 

toralia  II,  4,  84. 

torpcre  II,  7,  95. 

totidem  verhis  II,  3,  298. 

totien.i  und  toties  11,3,  194  u.  7,  70  er. 

tradtre  ^  eommentlarc  I,  9,47. 

traieetus  und  transieetus  II,  3,  29  er. 
vgl.    1,  Her. 


transscribere  II,  3,  09  f.  S.  SO. 
Trebatius,  Einl.  zu  II,  1.  S.  10—14. 
Irihuni  militum  I,  ü,  24  u.  48. 
trihiini  plebis  1,6,  39.  (Strafgewalt), 

40  (Sitz  im  Theater). 
trigoti  I,  6,  120.  S.  251. 
tripes  I,  3,  13. 

tristis  in  finsterem  Ernst  I,  5,  103. 
(.)/.)    Tullius  Cicero ,    der  Sohn  1 ,  0, 

24.   107. 
(Ser.)  Tullius  I,  6.  9. 
tumidus  absolut  II,  3,  213. 
tumuUus  mentis  u.  dgl.   II,  3,  2 OS.    S. 

90  f.  98. 
tuniea  I,  2,  25. 
Turbo  II,  3,  310. 
turdi  J,  5,  72. 
Turins  II.  1,  49.  S.  20. 
turricula  II,  7,  17. 
turris  Maecenatiana  I,  8.  S.  270. 
tutus  II,  1,  20. 

U.  V. 

vadimonium  I,  1,  11.  9,  30. 

vafer  I,  3,  130.  S.  129  oben.  vgl.  II, 

2,  131. 
Valerius  Cato,  I,  10.  S.  326  f. 
Valerius  Messala  {Corvimis)  I,  10,29. 
valetudo  und  valitudo  II,  2,  88  er. 
Vulgius  Rufus  I,  10,  81.  S.  371. 
valgus  und  varus  I,  3,  47. 
vulvae  II,  0,  112. 
l'dvius  und   Varus  s.  er.  I,  5,  93.    fl, 

55.  9,23.   10,44.   81.  II.  8,  21. 
(Z.)  Varius  I,  5,  40.   S.  195  f. 
f'arro  Atacitnis  1,  10,  40. 
ve-  I,  2,  129. 
ve  (enklitisch)  und  quc  II,  1,  22.    3, 

157.  292. 
ve  (enklitisch)  und  vel  11,3.292  .Vuni. 
Uebergang  aus  der  directcnC'on.struc- 

tion  in  die  abhjlngige  I.  I,  02. 
veetigal  von  rrivatcinkiinfton    II,  2, 

100. 
vel  und  ve  II,  3.  292  .Vnm. 
vcliiii  und  vcllem  II,  2,  40. 
vellere  und  verrere  II.  3,  2:<.'>. 
veneiia  Zaubertriinke   I,  8,  19. 
veiierari  11,  0,  8. 
veiius  I,  2,   I  19  er. 
re/»«,v/«I,0.73.  II.  1,39.  S.  24  Kinl. 

zu  11,2.  S.  37  Anm. 
verba  Attributswörtor   I.  :<,  101 
Vorgloicliung  von  .Menschen  mit  Thie- 

ron  II,  1,20.   des  Dichtens  nüt  ilom 

\Veben  11,  3,  2. 


Register. 


235 


Verhüllung  vor  dem  Sterben  II,  3,  37. 
Verkürzung  einsill)iger  M'iirter  I,  9, 

Vermisciiung   zweier  Constructionen 

1,  10,  21  E. 

vcrnilis  und  venialis  II,  C.  108. 
verliere  und  vollere  11,  3,  235. 
vcrsare  und  vexare  verwechselt  I,  7, 

15. 
Verschiebung  der  BegriÖ'e  II ,  8,  50. 
Verschiebung    der    Construction    II, 

2,  9. 

Vestatenipel  zu  Kom  I,  9,  35. 
Vcstes  hyssinae ,  scricae ,  bombjicinac, 

I,  2.  S.  05—67  Anni. 
vestigia  ponerc  II,  0,  101. 
veteres  II,  ü.  Ol.  H.  102. 
velm  II.  4,  80. 

t^ia  Appia  I,  5,  6.    nöurs  1,0,  108. 

Sacra  I.  9,  1. 
vicarius  II,  7,  79. 
vici  l,  9,  13. 
villa  publica  I,  5,  -15. 
Villius  I,  2,  04. 
vincere  (iiidicio)  I,  2,  134. 
vindicla  II,  7,  70. 
vincac  I,  7,  29. 

?;/«  ^M  und  i'i.s-  tu  I.  9,  70.   II.  6,  92. 
rirgilius  (nicht  f'erg.)  s    er.  I,  5,  40. 

0,  55.   10,  45.  81. 
Virgilius  1,3.  S.  90.    vgl.   I,  10,  45. 

Verhältniss  zu  Horaz  I,  0,  55. 
virlus  II,  2,  1. 

n.scus  I,  9.  -42.  vgl.  II,  8.  20. 
f'iselliiis  n.  Bisellins  I,  1,  105  r/-. 
visere  I.  9,  17. 
Vitium  vini  II,  8,  50. 
L'lixes  Schreibung  II,  3,  197  und  5. 

100  er. 
ultra  II,  1,  3g.  S.  24  E.  II,  5,  90. 
wr.hrae  II,  8.  22. 
l'msciireibender  Ausdruck   1,2,  32. 

II,  1,  72. 

l'raschreibungeu  von  Eigennamen  I, 

5,  87. 
umquam  und  usquam  II,  1,  31.  S.  22. 
unde  für  a  quo  I,  0,  13. 
ungo  und  uiiguo  I,  0,  123  er. 
unguis:  ad  ungucm  faelus  I,  5,  32. 
Unsterblichkeit  (partiale)  II,  3,  283. 

S.  100. 
Untervveltsfarbe  dunkel  I,  8,  23.  vgl. 

27. 
unus  und  imus  I,  4,  87. 
iinus  de  mullis  I,  9,  7?. 
l.'nverbundene  Sätze  I,  9,  1  E. 


voces  I,  3,  103. 

l'ulcanus  für  iguis  I,  5,  73. 

Volksglauben  vom  frühen  Tode  aus- 
gezeichneter Kinder  II,  7,  3. 

roranus  1,  8,  39  E. 

Vorname,  Anrode  damit  oder  Weg- 
lassung 11,  5,  32. 

urgere  (nicht  urguere)  s.  er.  1 ,  2,  15. 
3,  09.  II,  2,  64.  4,  77.  5,97.  —pro- 
posilum  II,  7,  0. 

urna  I,  I,  54. 

usquam  und  umquam  II,  I,  31.   S.  22. 

usus  Bedürfniss  I,  3,  102. 

ul  absolut  (für  ita  ut)  1,  1,  95.  nach 
vcreur  (st.  we)  1,  3,  120.  ellipti.sch 
II,  I  ,  8i).  bei  empörenden  Zumu- 
tungen 11,  5,  18.  bei  verwundertem 
Ausruf  II,  0,  53.  in  Fragen  II,  8, 2. 

ut  und  et  verwechselt  II.  7,  113. 

uterque ,  Schwanken  zwi.schen  Sing, 
u.  Plur.  II,  3,  50. 

w. 

Waschungen  vor  dem  Beten  u  Oi)feru 

11,  3,  282. 
Wasser  bei  Tische  I,  4,  8S. 
Wasserarmut  in  Italien  I,  5,  89. 
Weibliche  Endungen  von  Miinnerna- 

men  I,  8,  39. 
\\'eihgeschenke  I,  5,  05. 
^^'eine  mit  Seewasser  vermischt   11, 

8,  15.   S.  210. 
Wiederholungen  des  gleichen  "N'erses 

I,  2,  13.  II,  3,  103.  ähnlicher  Worte 

II.  7.  .30. 

Wirtshäuser  im  Alterthum  I,  5,  2. 

Wortbrechung  am  Schluss  des  Hexa- 
meters I,  2,  02.  vgl.  9, 51.  11,3,117. 

Wortstellung  II ,  2,  39.  100.  1 ,  90. 
8,2. 

Würfelgeräthe  II,  7,  17. 

z. 

Zähne,  falsche  I,  8,  48.  S.  289. 

Zeitpartikeln  caussal  gebraucht  II, 
3,  10. 

Zeugma  I,  3,  9. 

Zinsfuss  in  Kom  I,  2,  14. 

Züchtigungswerkzeuge  1,3,  119.  vgl, 
S.  330  zu  V.  5. 

Zusammenstellung  stammverwandter 
Wörter  II,  2,  39, 

Zusammenstoss  gleichlautender  Sil- 
ben 11,  3,  83. 

Znsammenziehung  von  -avit  zu  -at'i 
11.  3,  277  f. 

Zweideutigkeit  II,  3,  131. 


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