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Q. HORATII FLACCI
SERMONUM LIBRI DUO
EDIDIT
GERMANICE REDDIDIT
ET TRIGINTA CODICUM REGENS COLLATORUM
GRAMMATICORUM VETERUM
OMNIUailiie mSSTORIlM ADHVC A YARHS ADH1BIT0R13I opi:
LIBRORUMQUE POTIORUM
A PRIMOKDIIS ARTIS TYPOGRAPHIC/E USQüK AD IIUNC DIK.M KOIToRLM
LECTIOXIBIIS EXCUSSIS
RECENSIIT
APPARATU CRITICO INSTRUXIT
ET
COMMENTARIO ILLUSPRAVIT
C. KIRCHNER.
VOllIMIKIS II PARS n.
CONTINEXS COMMENTARIUM IN SATIHAS MBKI SEOUNDI
CONFF.CTIM Alt
W. S. TEUFFEL.
IIPSIAE
SUMPTIHUS F/r TVl'IS W. (J. IKinNKia
MDCf'CI-VII.
LL
H8II3S
• Gk
DES
Q. IIOHATIUS FLACCUS
ZWEI bCciiek
T
SATIREN
AUS DREISSIG UNVERGLICHENEN
UXD ALLEN BISHER VERGLICHENEN HANDSCHRIFTEN
WIE AUCH SiM-MTUCHEX BEDEITEXDEBS AüSGiBES
KüITlSCn HERGESTELLT
M E T K I S C H ÜBERSETZT
UND MIT ERKLÄRENDEM COMMENTAR VERSEHEN
C. KIRCHNER.
ZWEITEX THEILES ZWEITE ABTHEILING.
COMMENTAR ZUM ZWEITEN BUCHE DER SATIREN,
VEKKAS^;r VON
W. S. TEUFFEL.
LEIPZIG
DRUCK UND VERLAG VON H. G. TEUBNEK.
1857.
''i-S
VORREDE.
Einen Commentar zu Horaz zu verfassen wäre nur ohne
äusseren Anlass nieht leicht in den Sinn gekommen. Zwar
gab CS Zeiten -wo ich mich mit derartigen Gedanken trug.
Schon sehr jxmg hatte ich die Idee den Heindorf "sehen Com-
mentar zu den Satiren umgearbeitet heraTiszugebcn, und zwar
nach anderem Plane als dicss nachher Wüsteraann gethan hat;
aber eben durch das Erscheinen von Wüstemann's Arbeit
Avar jene Idee schon im Keime erstickt worden. Erst nach
der Herausgabe des Wcber'schen Commentar's erwachte in
mir von Keuem der Wunsch eine selbständige Bearbeitung
der Satiren zu unternehmen, erlosch jedoch sehr bald Avieder
vor anderen Arbeiten und Planen. Indessen trug dergleichen
doch dazu bei dass ich den Dichter, für den ich schon vor
anderthalb Jahrzehnten durch meine Erstlingsschrift mein
Interesse bethätigt hatte, nie ganz aus den Augen verlor und
in zahlreichen Abhandlungen, Uebcrsetzungen einzelner Thoilc,
sowie in akademischen Vorlosungen häufig genug auf ihn
zurückkam. Da ich jedoch die Beflissenheit Anderer so
gross sah und selbst um Geschäfte und Aufgaben anderer
Art nichtsweniger als verlegen Avar, so begnügte ich mich
seit Jahren damit gelegentlich mir Vorkommendes fortwäh-
rend mir anzumerken, ohne an eine zusammenfassende Arbeit
anders als vorübergehend und in unbestimmtester Weise zu
denken.
Da starb Kirchner, zum Commentar für das zAveite Buch
der Satiren so gut Avic keine Vorarbeiten hinterlassend. In
ihrer Verlegenheit Avandte sich die Verlagshandlung an C.
Halm um Path, und dieser schlug zum Fortsetzer A'on
Kirchner's Werke mich A'or. Der in Folge dessen an mich
ergangene Antrag kam mir nicht eben erAvünscht, da ich das
Undankbare exegetischer Arbeiten aus Erfahrung kannte
VI V 0 r r c d c.
und kaum erst den Entscliluss gefasst hatte meine Studien
über Aristophanes ' Wolken zu einem äusseren Abschluss zu
bringen, um dann mich ungetheilt der Ausarbeitung zunächst
des ersten Bandes meiner Römischen Literaturgeschichte zu-
zuwenden. Doch mochte ich mich der Aufforderung nicht
entziehen, theils weil Horaz eine alte Liebe von mir ist und
ein Schriftsteller zu dem man jederzeit gern zurückkehrt und
um so lieber je vollständiger man ihn kennen und verstehen
gelernt hat, theils weil eine so schöne Gelegenheit für einige
Dauer auf die Gestaltung und Erklärung wenigstens dieses
einen Theiles der horazischen Gedichte einzuwirken nicht so
leicht wiederzukehren schien. Ich sagte daher zu, unbeengt
durch den Gedanken an das entsetzlich Viele und zum Theil
so Unerfreuliche was schon über Horaz geschrieben worden
ist — lag ja nur ein kleiner Theil davon auf meinem AVege
— und unbeirrt durch die Erwägung dass bei dieser Sach-
lage, wie so manche abschreckende Beispiele zeigen, neu zu
sein möglich werden würde nur auf Kosten der Methode oder
der Nüchternheit, und dass das etwaige Verdienst nur in der
Abweisung des Verkehrten oder minder Richtigen und in der
bewussten Wahl des Besseren werde bestehen können.
Bei der Ausführung sah ich zwei Wege vor mir: ich
konnte einmal den von Kirchner für das erste Buch in An-
spruch genommenen und daher auch dem zweiten Buche nicht
zu versagenden Raum dazu benützen um eine Art Repertorium
für die Kritik und Erklärung dieses Buches zu liefern , worin
das in Commentaren und Einzelschriften in beiden Beziehun-
gen Geleistete möglichst vollständig zusammengestellt, beur-
teilt und durch Eigenes vermehrt wäre. Allein ich über-
zeugte mich bald dass dieses Verfahren nicht nur wcsentlicli
abweichen würde von dem durch Kirchner beim ersten Buche
befolgten, sondern dass dabei auch die zweite Abtheilung
einen Umfang erhielte Avelcher den der ersten noch weit über-
stiege, ohne doch in entsprechendem Verhältnisse auf Dank
hoffen zu dürfen. Denn selbst im günstigsten Falle, selbst
wenn es mir gelänge meiner Arbeit den höchsten (u-ad von
Vollständigkeit, Zuverlässigk(>it und Richtigkeit zu geben,
würde ddcli k(>in einziger Commenlnr auch nur zu d<>n Sati-
Y 0 r r e (l e. VII
ren dadurch cntbelirlicli ^vcrdeu, da sich mein Antlieil mir
auf eine lUilfte der Satiren beziehen würde. Ich schlug mich
daher auf die entgegengesetzte Seite, die verhreitetsten liear-
beitungen der Satiren geradezu vorauszusetzen, alles in ihnen
befriedigend Erklärte ohne Weiteres bei Seite zu lassen und
dafür alle kritisch und exegetisch sclnvierigen Stellen desto
umfassender, mit P2ingehen auf die Literatur besonders der
Einzelabhandlungen, um diese dadurch möglichst entbehrlich
zu machen, sowie mit genauerer Entwicklung der Gründe
welche für die Entscheidung im einzelnen Falle leitend sein
müssen, also mehr in der Weise von Excursen, zu besprechen,
auch aiif die den Einleitungen gesteckten Aufgaben beson-
dere Sorgfalt zu verwenden ; woneben sich zur Unterbringung-
kleiner Kachträge für einzelne Stellen voraussichtlich um so
eher Raum finden würde weil das im ersten Theile aufge-
speicherte kritische Material es gestatte von dem handschrift-
lichen Bestände ein kurzes Resume zu ziehen und damit als
mit schon bekannten Grössen zu operieren.
Indem ich so den Entschluss fasste mich auf eine Revi-
sion der Acten und Nachlese*) dazu zu beschränken musste
ich freilich vor Allem auf die Eigenschaft der Gleichmässlg-
keit für meine Arbeit mit Bewusstsein Verzicht leisten, und
dann konnte ich mir auch nicht verhehlen dass ich mit der
Entscheidung für diesen Plan von dem durch Kirchner be-
folgten abermals nicht unerheblich abweiche. Kirchner hatte
sich, nach der Vorrede zur ersten Abtheilung dieses Theiles,
S. VI, zum Ziele gesteckt „das volle Verständniss des Schrift-
stellers, ohne alle Kebenzwecke, weder für die Schule noch
für diese oder jene Classe von Lesern." Aber das Verständ-
niss ist selbst abhängig von dem Masse der Vorkenntnisse
welche der Leser mitbringt und dem dadurch bedingten Grade
in welchem dieselben, um zum Verständnisse des Schrift-
stellers zuzureichen, durch den Commentar oder auf sonsti-
*) Wenn ich liiebei auch die Lesarten von Ilaberfeldfs Altdorl'. auf-
geführt habe, so ist diess keineswegs geschehen weil ich auf diese Ildschr.
irgend welchen Werth legte, sondern nur darum weil Kirchner , bei seinem
Streben nach numerischer Vollständigkeit in Aufzählung der handschrift-
lichen Lesarten, consequenter Weise auch jene nicht iibcrgeiicn durfte.
VIT! Vorrede.
gern Wege ergänzt zu werden bedürfen. Während daher je-
nes Ziel einfach allen Comnientaren gemeinsam ist, wird jeder
derselben , je nach der Leserclasse für die er sieh bestimmt,
das.selbe auf vcrscliiedene Weise zu erreichen suchen. Indem
also Kirchner sich ein Ziel steckte dem von vornherein die
feste Bestimmtheit und klare Abgrenzung mangelte, konnte
es nicht fehlen dass auch die Ausführung ins Schwanken ge-
rieth, und wir sehen ihn denn einen Mittelweg gehen von dem
zu fürchten ist dass er keinem der beiden entgegengesetzten
Ansprüche volles Genüge thun wird: den Einen wird er viel
zu viel zu geben scheinen, die Anderen werden Wesentliches
vermissen. Wenn der Umfang zu welchem seine Arbeit un-
ter den Händen anwuchs es mit sich bringt dass für die letz-
tere Klage weit weniger Stoff vorhanden ist, so würden doch
gewiss Viele eine gleichmässigere Berücksichtigung der frühe-
ren Leistungen und eine eingehendere Begründung der eige-
nen Entscheidungen gewünscht haben; und überdiess zeigt
der Augenschein dass doch Vieles was für das volle Ver-
ständniss gar nicht unwesentlich Aväre weggeblieben ist, ohne
Zweifel darum Avcil es sich in jedem Commentare findet: ein
Grund der an sich vollkommen triftig ist, niu* aber sehr vieles
Andere gleichfalls entbehrlich gemacht hätte, für dessen
Wiederholung es wohl kamn eine zureichende Rechtfertigung
ist dass der Verfasser zu demselben durcli selbständige Un-
tersuchung gelangt sei. So schien mir gerade Kirchners
Beispiel eine Bestärkung in meinem nach reiflicher Ueber-
legung gefassten Plane zu enthalten, und zu meiner lebhaf-
testen Freude erhielt derselbe die Billigung von C. Halm, der
mir auch einige Beiträge zur ersten Satire spendete, die ihres
Ortes mit seinem Namen bezeichnet sind , so wie die Zustim-
mung der Verlagshandlung,
Ausserdem erlaubte ich mir udcIi in Einzelheiten der
Einrichtung die rein individueller Art schienen Abweichungen
von Kirchner. So habe ich den Connncntar nicht an den
Text der Kirchner'schcii Cebersetzung angeknüpft, sondern
an den des Originals, habe es unterlassen die Ueberschriften
der einzelnen Satiren, denen durch ihre 2 — 3nialig(^ Auffüh-
rung im ersten Theilc ihr Recht in genügendem blasse ge-
V 0 r r 0 d e. IX.
worden schien, abermals an die Spitze zusetzen, und konnte
OS auch niclit über mich gewinnen meine Datierung eines
jeden Stückes schon in der Ueberschrift als feststehende
Thatsache auszusprechen. Wohl scheint es dass für Kirch-
ner seine chronologischen Ergebnisse im Laufe der Jahre zu
einer nahezu unerschütterlichen Ueberzeugung geworden Ava-
rcn; mir aber Aviderstrebtc es den Schein einer Gewissheit
anzunehmen die ich in manchen Fällen nicht besitze und
überhaupt nicht in allen für erreichbar halte. Endlich habe
ich im Interesse der Kaumersparniss es auch unterlassen
die aus Horaz angeführten Stellen auszuschreiben, da der
Besitz eines Exemplars der horazischen Gedichte doch un-
bedingt von jedem Käufer dieses Commentars zu präsumieren
sein Avird.
Dass ich ausserdem im Einzelnen der Textgestaltung, da
AA'O mir Kirchners Entscheidung niclit zureichend begründet
schien, mich nicht gescheut habe die letztere zu bekämpfen,
Avird hoffentlich keiner Entschuldigung bedürfen. Noch mehr
aber claube ich mich der Versicherung überheben zu können
dass diess ihm Avie jedem Andern gegenüber immer in aller
Gemütsi'uhe und objectiAcr Form geschehen ist; denn ganz
und gar fremd ist mir die Weise zu denken und zu fühlen
AA'elche gegen jede A-on der eigenen abAA^eichende Ansicht
als über eine Bethätiguug A'on Unverstand oder auch von
persönlicher Feindschaft losfährt. Ebenso frei aber Aveiss ich
mich auch A'on der Fesslung des eigenen Urteils Avelche
Autoritäten folgt, statt die Gründe abzuwägen.
Ueber die Unterstützung Avelche ich bei meiner Arbeit
durch den Nachlass von Kirchner gefunden habe kann ich
mich kurz fassen. Das für meinen ZAveck VerAvendbare in
demselben bestand erstens aus kiirzen lateinischen Anmerkun-
gen Avelche Kirchner in seinem durchschossenen Handexem-
plare A'on Chr. .lahn's Ausgabe des Horaz eingetragen hatte.
Dieselben erstreckten sich aber Aveder über alle Satiren des
ZAVciten Buches noch enthielten sie irgend etwas Erhebliches,
schienen A-ielmehr ein für den ZAveck des Schulunterrichts
gefertigter Auszug aus Heindorf zu sein. Um Proben davon
zu geben habe ich bei der ersten Satire, , wo sie noch am
X V 0 r r e d e.
wenigsten mager sind, einige Anführungen daraus gemacht.
Zweitens das, wie es scheint, vollständige Conccpt der Ein-
leitung zur ersten Satire. Warum ich von demselben nur
eingeschränkten Gebrauch machen konnte wird aus meiner
Einleitung zu jener Satire erhellen. Ausser diesen beiden
Stücken bestand der literarische Nachlass Kirchner's, so weit
er in meine Hände gelangte, nur aus Collectaneen orthogra-
phischen, historischen und bibliographischen Inhalts, welche
grösstentheils schon in des Verfassers Quaestiones horatianae,
sowie im ersten Theile der vorliegenden Ausgabe ihre Ver-
wendung gefunden haben, für einen Dritten aber völlig un-
fruchtbar waren. Was hätte auch einem Solchen mit Ex-
cerpten aus Drumann, Hock, Vossius, Bach bist, iurisprud.,
Meibom's Maeccnas, Groddeck, Fr. Passow's Grundzügen u.dgl.
gedient sein können ? Lebhaft aber bedauerte ich dass mir
von Kirchners Sammlungen zu den horazischen Schollen
ISlichts zukam. Es scheint dass er seine hierauf gerichteten
Studien nur innerlich mit sich herumgetragen hat, ohne viel
zu Papier zu bringen, ausser etwa vielleicht in irgend einem
Handexemplar der Schollen, deren mir aber keines zu Ge-
sicht gekommen ist.
So sah ich mich bei dieser Arbeit auf mich selbst ange-
wiesen, und da der Verleger natürlich das Werk je eher je
lieber beendigt wünschte, so konnte von weit ausholenden
neuen Studien für dieselbe nicht die Rede sein. Ich hoffe
jedoch dass dicss nicht allzu fühlbar sein wird und bitte im
Voraus um Entschuldigung wenn ich auf dem weiten Gebiete
der Monographien und Aufsätze über horazische Stellen
etwas Wesentliches übersehen haben sollte, iiulcm ich das-
jenige was in dieser Beziehung neuerdings Dödcrlcin (Horaz'
K])isteln; erstes lUich, S. 67) gesagt hat mir ganz zii eigen
mache. Endlich bemerke ich noch dass zur Zeit der Ab-
sendung meines IMspts. der zweite Band der Ritterschen
Bearbeitung noch nicht erschienen war, und gelegentlich der
Revision der Druckbogen beiläufig sie zu berücksichtigen
deuchte mir nicht statthaft.
.lan
''"' W. Teuffei.
T.. 1 . II. .lanuar . <^r-
ubingen, ., ... IS5/,
INHALT.
Seile.
Erste Satire t
Zweite Satire 34
Pritte Satire 57
Vierte Satire . . 114
Fünfte Satire 125
Sechste Satire 144
Siebente Satirc 175
Achte Satire 200
Register 221
ZWEITES BUCH.
Erste Satire.
E i n 1 e i t u n g ''"').
„Diess ist der dritte Sermon worin Horaz von sicli und seiner
Haiire, im Vergleich mit seinem Vorgänger Lucilins, handelt, aber
in ganz anderer Weise als in der vierten und zehnten des ersten
Buchs. In der vierten rechtfertigt er seine Gesinnungen und Al»-
sii-hten vor dem Publicum als Erneurer der lucilisclien Satire, in
der zehnten rechtfertigt er sein (in der vierten) über Lucilius aus-
gesprochenes Urteil; beide sind apologetisch und doctrinär. Die
vorliegende Satire aber ist rein humoristisch; weit entfernt sich auf
irgend eine Selbstvertheidigung einzulassen setzt der Dichter die
Existenz seiner Satiren als eine vollendete Thatsache voraus , für
die er dieselbe Berechtigung wie einst sein Vorgänger Lucilius in
Anspruch nimmt. Zu diesem Beliufe bedient er sich der vortrefl-
lichen Auskunft sich an einen namhaften Rechtsgelehrteu, und vor-
zugsweise an den hochangesehenen, dabei jovialen und schorzlie-
beuden 0. Trebatius Testa, zu wenden und ihn über seine recht-
liche B efugn iso ziim Satirenschreiben zu Käthe zu ziehen.
Das Ergebniss fällt denn zu ihrer beiderseitigen Befriedigung aus."
,,Der Gang des Dialogs ist folgender. Eines schönen I^Ior-
gens kommt Horatius als C'onsultor (s. zu T, 1,9) zu dem schon ziem-
lich bejahrten llechtsgelehrten Trebatius, tim sich von ihm, in der
ironischen Verlegenheit worein er durch die widersprechenden Ur-
teile des Publicums über seine Satiren gesetzt zu sein vorgibt, rück-
siclitlich des weiter zu beobachtenden Verfahrens seinen Rath zu
crl litten. Der Jurist räth ihm kurz und bestimmt vom Schreiben ab
und empfiehlt ihm gegen seinen innern Drang eine angemessene
Diät, oder die Anwendung seines Talents zum Preise des siegrei-
chen Caesar und seiner Thaten (V. 1 — 12). Wie Horaz erklärt dass
seine Kräfte einer solchen Aufgabe nicht gewachsen seien, räth er
ihm, wenigstens Oaesar's bürgerliche Tugenden im Liede zu erhe-
ben (V. 12 — 17). Horaz zieht sich aus dieser Schlinge mit der Ant-
wort dass er eine passende Gelegenheit dazu abwarten müsse, und
Trebatius versichert dass diess eine viel bessere Aufgalje sei als die
Menschen mit seinen Satiren zu reizen (V. 17 — 23)."
*) Das mit Aufiilirungszeiclien Versehene ist, mit einigen Abkürzungen,
ilem Xachlass von Kircliner entnoninun.
IIORATII SAT. 11, 2. 1
2 Zweites Bucli der Saliion.
„Hierauf kommt der Dichter auf seinen Gegenstand , nämlicli
seine Befugniss zum Satirenschreiheu , welche er theils durch den
angeborenen innern Trieb und seine Gewöhnung an diese Beschäf-
tigung zu rechtfertigen sucht (V. 24 — 28) , theils mit dem Beis])iel
seines grossen Vorgängers Lucilius beschönigt , von dem er in die-
sem Sermon mit uneingeschränkter Hochachtung redet und so die
Verehrer desselben , nach der scharfen Kritik mit der er in Sat. I,
4 n. 10 dessen ästhetische Fehler aufgedeckt, wieder mit sich ver-
söhnt. Lucilius habe Alles was ihm im Leben begegnete seinen
Schriften anvertraut und in diesen ein treues Abbild seines Lebens
geliefert (V. 29 — 34). Seinem Beispiel folge er, der Venusiner (3j
— 39). Docli fügt er die Versichenuig hinzu dass er Niemanden
der nicht ihn beleidige mit seinem Grifl'el antfvsten werde, dass aber
Jeden der ihn reize seine Geissei sicher treffen werde (39 — 46).
Denn ein Jeder greife seine Gegner mit den ihm verliehenen Waf-
fen an. Diess sei einmal Naturgesetz, wie in der Thier- so auch
in der IMenschen-Welt (47 — 56). Demgemäss werde auch er, der
Dichter, bei seinem Berufe beharren, das Leben in jeglicher Farbe
zu schildern (57 — 60). Trebatius spricht die Besorgniss aus dass
dieser Vorsatz ihm sein Leben verkürzen und Ungnade bei den
Grossen zuziehen werde. Horaz weist zur Erwiderung auf Luci-
lius' Beispiel hin, der ungescheut die Laster seiner Zeitgenossen
aufgedeckt, aber seine hohen Freunde nie verletzt habe. Audi
liaben sie trotz seiner Angriffe auf andere römische Grosse mit ihm
im vertraulichsten Verkehre gelebt (61 — 74). Solcher hohen Gönner
könne auch er in seiner Weise sicli rühmen und im Gefühl seiner
Sicherheit bösliche Angriffe verachten (74 — 79). Trebatius gibt
diess zu, erinnert ihn aber an das bestehende Gesetz, welches wider
die Verfasser böser Gedichte gerichtliclie Verfolgung von Seiten
der Beleidigten verstatte. Sehr witzig benützt der Dichter den
Doppelsinn des Wortes mahi curmina zu der Erwiderung: Wie aber
wenn es nach Caesar's Urteil bona carmina seien V Dann, schliesst
Trebatius, wirst du unter dem Lachen des Gerichtshofes ungefähr-
det entlassen (79— -86)."
,,So endet dieser Sermon mit dem heitern Ausdruck siegreicher
Zuversicht des Horaz auf den Schutz des Herrschers in seinen dich-
terischen Bestrebungen. Diess deutet auf ein bereits angeknüpftes
näheres Verliältniss des Dichters zu Octavianus , welches damals
b(n-eits durch seine (Sat. I, 10 genannten) (Jönner vermittelt sein
mochte. Octavian hatte durch diese Freunde den Horaz aus seinen
Schriften als einen witzigen und geistreichen Dichter kennen und
schätzen gelernt, inid vermuthlich war er ihm auch als ein liebens-
würdiger Ciesellscliafter empfohlen; Horaz seinerseits war über des
iMa( litha-liers AbsiclitiMi und (Jesiunuugen gewiss durch die <lemsel-
ben uüIkm- stellenden Staatsmänner (»ines Besseren Ixdidirt , s(» dass
er seine frühere republicanischt» Abneigung gegiMi ilin (s. d. Einl.
Einleitung zur orslen Saliro. 3
zu Hat. I, 2. S. -20 f.) autgegeben und ilni als wolilwullcnden lleiin
und einzige Stütze des »Staats in dessen dermaliger Lage anerken-
nen gelernt hatte. Daher seine vorsichtige Annäherung an ihn im
Eingange unserer Sat. , in der er zwar sich noch zu Nichts ver-
pHichtet (sofern noch kein näherer Anlass zum Lobe des Herrschers
gegeben war, der sich bisher fast nur in den Kämpfen nn<l Groueln
der Bürgerkriege und ihrer unseligen Folgen bewegt hatte), indess
zum Preise seiner sich noch zu erwerbenden Verdienste um den
Staat durch Gereclitigkeit , ^Mässigung und Standliaftigkeit J[i)tT-
nung macht (V. 16 — '20). Sicher aber konnte es nicht die Absicht
des Dichters sein (wie Einige aus dem Eingangsgespräch mit Tre-
batius haben abnehmen wollen) sich in diesem Sermon bei Octavia-
nus zu entschuldigen dass er nicht ihn selbst zum Gegenstande sei-
ner Poesie mache, was weder mit dem eigentlichen Inhalte dieses
Stücks, noch überhaupt mit dem Charakter der Satire, in welcher
lUein Iloraz sich l)isher vorsucht hatte, übereinstimmt. ^lithin ist
dieses Eingangsges])räch blos für ein — Avenn auch nicht absichts-
h)ses (V. H3) — ■ Beiwerk der Einkleidung zu halten. *) Ob üiiri-
gens lloraz dem Octavian schon persönlich vorgestellt und bekannt
geworden war ist ungewiss, doch nicht eben wahrscheinlich, weil
er sonst in diesem Sermon, wenn auch den Caesar nicht persönlich
angeredet hätte (wie den Maecenas nach seinem ersten Bekanntwer-
den mit ihm in Sat. I, 3, 64), doch vermuthlich weniger zurückhal-
t(Mid und behutsam von ihm geredet haben würde als in V. 10 — 20
geschieht.''
Was die Abfassungszeit der Satire betrifft, so gehen hier-
über die Ansichten weit auseinander. AVährend C. G. Zumpt (vor
Wüstemann's Bearbeitung der lleindorf sehen Ausgabe, S. 37) das
.r. 719 annahm, Bentley aber mit dem ganzen ZAveiten Buche na-
türlich auch das erste Stück derselben innerhalb der drei Jahre 720
— 722 verfasst sein liess, womit das Ergebniss meiner eigenen Un-
tersuchungen in sofern übereinstimmt als ich im Rhein. Mus. N. F. IV.
S. 2()H — 2JI. vgl. S. 223 das Jahr 720 — 721 als Entstehungszeit die-
ser Satire nachzuweisen gesucht habe: so setzen dagegen C.Fran-
ke (lutsli hiir. p. 109 — 114) und G.F. Grotefend (Ersch und Gruher
11, 10. S. 463. 466. vgl. desselben: Schriftstellerische Laulbahn des
Iloraz, Hannover 1849, S. 16) die Abfassung derselben ins Jahr 724,
C, K ir c h n e r (Qiiaesl. hör. §. 35 f. p. 17 f. Satiren I. S. 20 f.) ins Jahr
726, Weichert (Poet. lat. p. 298. n. 22.) sogar ins J. 727. Von
diesen hat die Franke'sche wie die Kirchner'sche Ansicht ihre An-
hänger gefunden: erstere an Düntzer (Kritik u. P^rklärung der Sa-
tiren des Iloraz, Braunschweig 1841, S. 445: ,, höchstens in den An-
fang 725"), letztere an Walckenacr {^HiMnire de Ui vie et des pocsirs
'/' Horace, Paris 1H40, I. p.493ft".) und W. E. Weber (Q. Ilor. Fl. als
*) Di?8e Ansiclit Kirchner's dürfte nnlialtbar sein.
4 Zweites Bucli der Saliien.
Menscli uud Dicliter, Jena 1844) S. 175 f. (mit der ^[odification :
„genauer gesagt, 7-25 auf 726") i wogegen Orolli in seinen ver-
schiedenen Ausgaben bald dem Einen bald dem Andern folgt. Auch
liaben sowohl Franke als Kircliner zu beweisen gesucht dass die
.Satire weder vor noch nach dem von ihnen angenommenen Jahre
vcrfasst sein könne : Aufforderung genug für uns die von den ver-
schiedenen Seiten vorgebrachten Gründe unbefangen zu prüfen.
Hierbei müssen wir vor Allem Kirchner Kecht geben wenn er
sich gegen "Weichert's 727 ausspricht. Weichert weiss für seine Be-
hauptung nichts anzuführen als dass Y. 14 die Gallier als von Octa-
vian besiegt erwähnt werden, und dieser nach Dio Cass. LIII, 22 f.
in jenem Jahre ..hello in Brilanniam paralo, sed tiio.v seposifo, ab Vrbe
in Gallias profccliis esl'''. Aber mit den (Galliern hatte Octavian noch
zu vielen anderen Zeiten manchfache Berührungen, und unter die-
sen gerade das Jahr 727 herauszugreifen ist um so weniger begrün-
det weil damals Caesar non tarn res bellicas in Galliu gessil quam poliiis
ptiblicas civitalum comUliones ordinavit, teste Diane LIIL 22 extr. (Kirch-
ner Qu. Hör. p. 18) und er.st im J, 730 aus Spanien — • wohin er von
Gallien aus sich begeben hatte — nach Rom zuiückkelutc.
Für die Kirchncr-Weber'sche Datierung aber werden folgende
Gründe geltend gemacht, l) Die Prädiciernng des Octavian als in-
victiis (V. ll) ,,k.ann *) auf keinen anderen Zeitpunkt gehen als den
nach der glorreichen Rückkehr Oaesar's aus Aegypten und dem
Orient \\\\ Juli 725 d.St. , als er nach Besiegung des Antonius und
der Kleopatra , nach Unterwerfung Aegyptens unter die römische
Herrschaft, nach Demüthigung der Parther (deren Gesandte er
in Kloinasien cmpfieng, den flüchtigen Tiridates, Bruder des Kö-
nigs Phraates, in Schutz nahm und einen Sohn des Letzteren nach
Rom als (roissel abführte, Dio LI, JM) am 6., 7. u. 8. August einen
dreitägigen glänzenden Triumph ])egangen hatte (Dio Cass. LT, 21.
Servius zu Aen. VIII, 7l4. Suet. Aug. 22. ^Maorob. Sat. T, 12) und
nun unbestrittener Herr des römischen Reiches war. Zu keiner
fniheren Zeit würde, während der Dauer der Bürgerkriege, der
Name invictus auf Caesar Octavianus gepasst liaben." Aber die
Bürgerkriege w\aren schon mit der Schlacht bei Actium und dem
'J'ode des ]\r. Antonius zu Ende, so dass dasselbe Argument sich
auch für das J. 724 anführen Hesse. Ueberhaupt jedoch sclieint
man invictus zu sehr von dem Staudpunkte der Nachwelt aufzufas-
sen. Wir, denen die ganze Geschichte ()ctavians allgeschlossen
und durchsichtig vorliegt, köjinen allerdings nach einem Zeitpunkte
suchen in w(dchcm jenes Epitheton dem Octavian nut dem meisten
Rechte beigelegt werden konnte, wo er auf dem Höhepunkt seiner
kriegerischen Erfolgestand; aber der Mitlebende konnte, im Hin
*) Nacli Kircliiior's lotztcr l'nssnnir, in diMu liiiitcrlassoncn^Msjit i]^r
Einleitung.
Kiulciluii^ zur ersten Satire. 5
Mick auf das (Jlüek das drii Octaviaii eig(>iitlich iiicmals vciliess
und kaum die Ausnahme von einzoluou ►Scddajjpcn oifulir, ebenso
u,ut auch sclion früher denselben als unbesiej;t bezeichnen. Meint
Weber a. a, O. S. 175: ,,Hora7. konnte vor dem Tode der Kleopatra
und der Kinriclitung Aegyptens zu einer römisclieu Provinz von
(bissen Kriegsthaten ein so grosses Wesen nicht machen , da er
früher sein Schwert, mit Ausnahme der Kämpfe wider die l)arba-
rischen Illyrier, Dalmaten u. I'annonier, lediglich gegen Bürger ge-
zogen": so ist 7Ai erwidern dass ein Bürger auch Antonius war und
die fragliche Einrichtung nur sehr indirect zu den „Kriegsthaten"
uercchnet werden konnte.
•2) ,,Zu keiner früheren Zeit konnte sich Iforaz auf Caesar's
nlierste richterliche Entscheidung (V. S4) berufen als nachdem ihm,
seit seiner Kückkehr, unter anderen Ehren, vom Volke das Appel-
lationsrecht in allen ( ierichtssachen ertheilt war (Dio Cass. LI, 19)."
Aber diese Ausdeutung des iudicc V. H4 ist mehr als zweifelhaft, sie
ist unwahrscheinlich, um nicht zu sagen unrichtig.
3) ,,Erst im J. 726, nachdem Caesar seine vielen CTeschäfte in
i[erstellung des zerrütteten Staatswesens zum Theil beseitigt und
nach Uebernahme der Sittenaufsicht dio öft'entlichen Angelegen-
heiten mit Mässignng, AVeisheit und Gerechtigkeit zu ordnen unter-
nonnnen, auch mehr Zeit gewonnen hatte sich um Privatangelegen-
heiten zu künnuern, mochte Iloraz sich seines Schutzes rühmen
und aus eigener Ueberzeugung dem Trebatius die Mahnung in den
Mund legen (V. 16): Altamen et histum pnteras vi scriberc fortctn.^'
Wie wenig diess genügende BcAveiskraft hat leuchtet ein. Jene
l'iigenschaften hat Octavian nicht erst im Jahre 725 oder 726 bewie-
sen, und so objectiv und entfernt wie in dieser Stelle geschieht
k<mnte Iloraz derselben auch schon vor 726 Erwähninig thun.
Ebenso wenig ist es überzeugend wenn Weber a. a. O. Anm. 140
die Satire genauer noch ins J. 725 verlegen will, Aveil Dio LTI , 42
die ('ensur Octavian's und Agrippa's noch unter die Schlussbege-
beidieiten von 725 aufnehme — wiewohl er selbst bemerkt dass das
sehr weitläufige Geschäft sich ganz wohl bis in den Anfang von
726 hinausgezogen haben könne (Dio LTII, l) — und es nicht glaub-
haft scheine (warum?) dass die einstweilen durch Vorlegung hora-
zischer Gedichte vermittelte Annäherung an Octavian gar zu lange
nach den Triumphen erfolgt sei.
Alles dieses beweist nur dass die Satire, soweit es von den
fraglichen Stellen abhängt, allenfalls im J. 725 — 726 verfasst sein
kann, nicht aber dass sie es muss. Triftiger ist die Einwendung
welche die Vertheidiger dieser Ansicht gegen die Annahme des J.
724 erheben, dass in diesem Octavian gar nicht zu l\om anwesend
gewesen sei (nur 27 Tage lang verweilte er zu Anfang desselben
in Brundusium , um aber alsbald nach Asien zurückzukehren und
erst im Sextilis des J. 726 nach Italien und Rom zu kommen),
(5 Zweites Butli der Satiren.
während docli der gaiizf luluilt der >Stfllc über Octiiviau ilic An-
weseulieit des Grcpriescncu zu Itoui voraussetze. Diess ist gewiss
richtig. Geht es aucli nicht aus V. 84 hervor, sofern das fragliche
Urteil Octavian an einer beliebigen Stelle der Welt gefällt haben
konnte, so erhellt es doch aus der ganzen Haltung und Al)zweckung
der Aensscrungeu über Octavian. Wozu diese, wenn dem Dichter
nicht nahegelegt worden wäre , in (Jonsequenz seines Umganges
mit Octaviancrn nun auch offen und durch literarische Thaten in
das r.ager Octavians überzutreten V Und wozu solche Ansinnen,
wenn nicht Octavian personlich zu Rom war und der Uebergang
zugleich eine Einleitung für ein persönliches Vei'hältniss zwischen
dem Herrscher und dem Dichter werden sollte?
Das Jahr 724 scheint uns hienach in der That unmöglicli, und
Avir finden auch keinen der für diese Datierung vorgebrai-litin
Gründe unbedingt stichhaltig oder gar nöthigcnd.
Fürs Purste die vidnera Part/n (V. 15) scheinen wenig zu den
friedlich diplomatischen Verhandlungen zu passen welche Octavian
während des Winters 724 — 725 vonKlcinasien aus in den parthischen
Angelegenheiten führte; und wollte man die Stelle hierauf bezie-
hen, so würde man sich dadtirch jedenfalls über 724 hinaus, auf
725, gewiesen sehen. Und was zweitens die Gallier (V. I4) be-
trifft, so ist es zwar sicher dass Octavian am 6. August 725 auch
über die Gallier triumphierte; denn Dio Cass. sagt IjI, 21 : srograae
rij jiiiV 7CQCot}j iji-iiocc Ta rs rcöv IJcan'Ovuov xcd xct x(ov ^ekf^ic<TO)i\
ftjg TS lanvölag '/.al zäv ■nQogyjoQfov 6g)i6i, KeXrcov te '/.cd rcela-
Tcov rivfov. Aber man beachte die ganz untergeordnete Stelle
welche hier die Gallier einnehmen, und man wird es unglaubliih
finden dass Horaz von allen um diese Zeit besiegton Völkern einzig
und allein die Gallier genannt hätte. Noch weniger beweist die
gleichfalls von Franke p. 111 angeführte Stelle Dio's L, 24, in wel-
cher der Historiker den Octavian vor der Schlacht bei Actium zu
seinem Heere U.A. sagen lässt : KaxanaxsiG^ai Txgog yvvtuy.og Al-
yvTTxiag civa^iov (.lev x(av 7tcire(J(ov >}j.i(op, avci£,i,oi> ös y.cil //«wi' ra'rcöi'
T(ov xovg Pakaxag KaxsGxoaniiivcov ^ da sie, w'ie das Folgende zeigt
(xcöv xuv Pijvoi' dLCißEßriKoxcoi'. x(oi' ig BoexTaviav TXSTrfQcaco^iEvoiv), sich
vielmehr auf die gallischen Feldzüge nnti>r Julius Gaesar bezieht.
Die Tjeistungen Octavians und seiner Feldherren in (Jallien fallen
vielmehr theils ziendich vor das J. 724. theils zienilich nach dem-
selben , nämlich in die Jahre 715 (Dio XLVHl, 2()) , 7l(> (ib. 4»).
Ai)p. b. c. V, <)2 u. \.), 719 (Dio XLIX, 34), 720 (ib. 3«), und dann
Avieder 72(i (App. b. c. IV, :\h) , 727 ff. (Dio LIII, 22).
Beweisen also die beiden (Jründe Franke's nichts für das Jahr
724, so ist dageg(>n ihm Iteizupllichten wenn er es p. 112 f. un-
wahrscheinlicli tin(h>t {h\ss die Satire nach 724 verfasst sei, weil
sonst der Dichter in einer Stelle wtdche die bestinnnte Alisicht liat
den Octavian /u rühmen nicht unterlassen haben würde die drei
Eiuleiluiiir zur crslen Salirc. 7
lieiiierkcuhWfitlien Ereignisse des .1. 7'2j, die Seliliessung des Jauus-
leinpels, den glänzenden Triunijdi und die rcbeniahiue des Amtes
eines maijislt'r nioruin , mit gcbürendcm Naclidiuck Iiervorzulicbcn.
Ist aber die Satire weder im J. 724 verfasst, noch nach dem-
selben, so bleibt nur übrig dieselbe vor jenes Jahr zu setzen; eine
Datierung welche auch noch vieles Andere für sich und nichts Er-
liebliches gegen sich hat.
Vergleichen wir die Art wie in unserer Satire über Octavian
i;<'sjirochcn wiril mit dorjeuigen wie der Dichter diess in der fünf-
ten unseres Buches (V. 62 — 65) thut , so erhellt dass lloraz das
was er in der ersten sich erst ansinueu l.ässt und halb ablehnt , das
in der fünften von selbst thut und hier die Gelegenheit demselben
eine Artigkeit zu sagen sogar mit einer gewissen Gewaltsamkeit
herbeiführt; dort eine leise, zweifelnde und halb widerwillige,
daher auch nicht sehr graziöse iScliwenkung gegen den thatsäcli-
lichen Herrscher hin, hier eine offene, rückhaltslose, freiwillige und
warme Anerkennung seiner Verdienste ; dort ein Entgegenkommen
des Octavian durch rühmendes Urteil über den Dichter (V. 84),
dem dieser nur nicht widerstehen kann, hier die Initiative von
Iloraz selbst ergriftcn. Es scheint daher nothwendig anzunehmen
dass die erste .Satire vor der fünften verfasst ist. Nun werden wir
aber von der fünften sehen dass sie auf das Jahr 724 hinweist; auch
von dieser Seite also werden wir darauf hingeführt die erste Satire
vor 724 anzusetzen. Haben wir hicdurch den einen Grenzpunkt
L^ewonnen, so bietet den anderen das Verhältniss unserer Satire
zum ersten Buche. Dieselbe ist vorzugsweise zur Verthcidigung
gegen Augritt'e bestimmt welche sich der Dichter durch seine Sati-
ren zugezogen hatte, und zwar nicht etwa durch einzelne Stücke
dersellsen, sondern durch die eben erst erfolgte Ileraiisgabe des
ersten Buches *). Diess sclilicsse ich aus V. 22. Die Erwähnung
lies I'antolabus geht auf Sat. I, 8 zurück , die unbestreitbar zu den
ältesten Satiren des Horaz gehört; nun wäre aber doch wohl die
lI«'rvorhebung gerade dieses längst vergessenen Beispiels von An-
grirt'en unbegreiHicb ohne die Annahme dass dasselbe durch die
kurz zuvor erneuerte Herausgabe (mit dem gesammten ersten
Buche) wieder ins Gedächtniss zurückgerufen worden sei. Fer-
ner gegen ästhetische Splitterrichter sich zu kehren und sein Recht
zur Satire überhaupt zu verfechten , wie in unserer Satire ge-
schicdit, hatte Horaz dann erst rechten Anlass wenn er nicht lange
vorher nicht etwa dieses oder jenes einzelne Stück, sondern eine
ganze Sannnlung vcröfl'entlicht hatte, die nun zu einem Gesanunt-
urtcil über ihn und seine ganze Dichtart zu berechtigen und her
auszufordern schien. Auch die Hinweisung auf das günstige Ur-
*) Deu Beweis für die abf^csonderte Herausgabe des ersten IJiiclies
glaube ich geführt zu haben im Rhein. Mus. N. F. IV. S. 115 — 'IIU. 2'22 f.
8 Zweites Buch der Saliiou.
teil Octavian's über .seine litcrarisclie Thätigkeit gewinnt au Be-
deutung wenn dasselbe niclit durcli eine einzelne »Satire (deuu nur
von öolclieu ist in jenem Zusauuncnliauge die Rede), sondern eine
8amnduug derselljeu veranlasst Avar. (Vgl. liliein. Mus. IV. S.2l()f.)
Dürfen wir hienach anneinnen dass unsere Satire sich auf die Auf-
nahme bezieht welche das erste Buch als Ganzes beim Publicum
und Octavian gefunden (bei welchem Letzteren es den AVunsch
erregte den talentvollen Dichter für sich zu gewinnen iind zu V»e-
schäftigen), so dürfen wir, um für die Abfassungszeit dersell)en
den nächsten Anhaltspunkt zu gewinnen, uns nur das späteste Da-
tum von Stücken des ersten Buches vergegenwärtigen. Diess ist —
wofür ich der Kürze halber auf meine Abhandlung im lihein. Mus.
IV. S. 97 ff. bes. S. 113 ff. verweise — das Jahr 71!), und 719 — 720
dürfen wir daher die Herausgabe des ersten Buchs ansetzen (ebds.
S. 222). Unsere erste Satire wäre also wie vor 724, so nach (719
— )720 verfasst, und zAvar näher bei der letzteren Grenze (sofern
sie sich eben auf die Erfolge des damals veröffentlichten ersten Bu-
ches bezieht) als bei der ersteren (wiegen der -wesentlichen Ver-
schiedenheit des in ihr und in Sat. 11,5 zu Tage tretenden Ver-
hältnisses zu Octavian), also ungefähr 720 — 721. Bei der Annahme
dieses Zeitpunkts erklärt sich vor Allem die Nennung der (iallier,
und an erster Stelle: Octavian schulte und stählte um jene Zeit
sich und sein Heer für den vox'aussichtlichen Krieg mit Antonius
durch Kämpfe mit den Völkern im Norden Italiens. Sodann fallen
in dieselbe Zeit die angelegentlichen Bemühungen Octavians seine
l'artei auf Kosten des Antonius zu vergrössern und zu verstärken,
für welchen Zweck ihm literarische Grössen wie Iloraz besonders
willkommene Bundesgenossen sein mussten. Ferner war damals
Octavian (duic Unterbrechung theils in Kom selbst theils Avenig-
stens in Italien anAvcsend. Weiter entgehen a\ ir so der sclnveren
Inconveuieuz an welcher die Annahme von Franke soavoIiI Avie von
Kirchner leidet, dass nämlich ein Gedicht Avelches die Erklärung
enthält, der Verfasser Averde unter keinerlei Umständen die Tiiä-
tigkeit als Satiriker aufgeben (V. 60. vgl. 62 ff. 82), trotzdem an
das Ende dieser Thätigkeit gerückt, als Schlussstück seiner satiri-
schen Laufbalm aufgefasst \\ürde. *) Vielniebr erscheint dassellie
*) Schworlidi golioben wird dicises bedenken durch das was Kirchiior
(in .seinem N.'ichla.ss) liierauf orwidcrt: ,, erstens dass Ilora/, wirklieh
seihst andeutet (V. 8'1 — 4(>) wie er sich fortan (Ut nnniotivierten pcrsöii-
liclien Anfrrift'c auf Einzelne, wie in seinen hislieriiren Satiren, enthalten
tnid nur diejenigen welche ihn selbst reizten nnd heleidifrte'n zur Reelien-
schaft ziehen wolle" (aber danut verschwört er nur l'ersünlichkiMten ,
nicht das .Satirenschreiben); ,, zweitens dass er die Absicht seiner Poesie,
das Ijcben in allen seinen Farben [?] zu schildern, auch wirklich ferner,
nur in et>vas verändertem ("li;nakter, in seinen Episteln aiisfrefiihrt hat,
welche er gleich im folp^enden .lahrc, ''21, mit der zweiten Ej>istel (an
Lollins) bcjjann und bis zur Epistel an die Pisonen, bis gegen sein Le-
Einleitung zur eisten Satire. 9
jetzt al.s Pr(>;;rainin für «lie Fortsotzunj;' dieser Tliätigkeit, als in-
ilirecto Aiikiiiulig;un<;- tlass er fortan seine Satire weniger persönlich
halten werde, wie in allen weiteren Stiiekcn auch wirklich ge-
schieht. Auch in künstlerischer Beziehung ist so die Satirc ganz
an ihrem Platze, indem sie die Kunsthöhe welche der Dichter mit
T, 10. 6. 9 erstiegen hat festhält und von Neuem bethätigt. „In der
ganz dramatischen Haltung, der anmutigen Leichtigkeit inid CJc-
wandtheit des Dialogs, der charakteristischen Ausdrucksweise des
würdigen Juristen, der schalkhaften Ironie womit der Dichter seine
eigenen Interessen behandelt und nebenbei ganz unversehens ei-
nige Gcisselhiebe austhcilt, verräth sich der vollendete, in seiner
Kunst bewälu'te Kleister." (Kirchner, Xachlass.)
Die Einwendungen von Franke (p. 112) gegen jede x\nsetzung
vor 724 habe ich schon im Rhein. ^lus. IV. 8. 208. erledigt; die
erste {Oclav'mnus ante a. 724 res Parlhicas nondwn Icligcrat) mit Hin-
weisung auf dessen eigene Bemerkung (p. IIO) über den commu-
nis poelarum illiiis actalis ?/ws ut , eliamsi Ocknianus nihil quinl admn-
tliim mcmorabilc esscl adversus Parlhos gesscril ^ magnifice tamen de re~
liiis Parlhicis loquanlur: die andere (invicti nomine non ante poluil or-
nari quam Antonius et Cleopatra devicti et cxstincti essen t) durch die
Entgegnung dass Octavian so lange invictus habe genannt werden
können als er nicht victtis war, und dass im J. 720 Dift'erenzen mit
Antonius welche nur durch das Schwert zu lösen wären noch nicht
aui Horizonte aufgestiegen waren. Dazu füge ich jetzt theils die
Verweisung auf das oben S. 4 f. über invictus Gesagte, theils dass
auch im Angesichte von neuen Kämpfen dieses Epitheton ganz aui
Platze war, als eine Voraussagung weiterer Siege aiich in diesen;
und was die Parther betrifft, so nnisste wer im J. 721 den Octavian
zum Gegenstand eines Epos machen wollte auch diese in seinen
Kreis ziehen, nicht nur weil sie seit Caesar foi-twährend als etwas
Seinsollendes vor den Blicken standen, als eine unerlässliche Auf-
gabe, welcher auch der Erbe Caesars voraussichtlich sich nicht
entziehen durfte, sondern auch weil eine Geschichte Octavians un-
möglich al)seheu konnte von Antonius, welcher gerade in den .lali-
rcn 719 — 721 mit glücklicherem Erfolge als im J. 718 im Osten,
in Armenien namentlich und gegen die Parther, thätig war. Es ist
nun wohl vielmehr höchst bezeichnend für Iloraz dass er, wie er
hensende , fortsetzte, eine Dichtuiigsart welche die von ihm ausgebildete
Form der Satire im Hexameter fast unverändert lieibehielt, in ihrem In-
halt aber die herbere Weise der letzteren vermeidet und statt der objec-
tiven Darstellung ethischer Sittengemälde die subjective Unterhaltung mit
Einzelnen über (Gegenstände des Lebens und Denkens einführt." Aber
eine ^'orbereitung auf die Briefe bildet doch wohl ein Gedicht nicht wel-
ches beginnt sunt quiliits in salira, \. 2S tf. den Lucilius seinen VorgJttigcr
und Vorbild nennt, und zwar in I'.ezug auf das detrahere pellem u. s. w.
( V. f).3 tl".), endlich V. 17 ff. seinen Griffel als die ihm von der Natur ver-
liehene Waffe bezeichnet.
10 Zweites Buch der Saliren.
in der ganzen Stelle vom Feldlieiin iiielit spricht, sondern nur vom
Heer und den Feinden, so überdies« die Auigabe den Octavian zu
besingen sogleich erweitert zu einer vollständigen Zeitgeschichte,
und, wie um sein politisches Gewissen zu beruhigen, der dem
(Jctavian mit Erwähnung der Gallier dargel)rachteu Huldigung
gleich eine Art Gegengewicht beifügt in den auf Antonius' Theil
fallenden Parthern. Ucberhaupt aber boten sich für eine poetische
Ausführung des Begriffs Kriegsthaten für einen Römer jener Zeit
am unmittelbarsten die Gallier und Parther dar, als Vertreter des
Westens und Ostens.
Die Satire ist eigens behandelt von Ilemjiel, Progr. von Brom-
berg (1825.) 1833.; nachgeahmt von Boileau, Sat. IX.
Von der Person desjenigen der in unserer Satire neben lloraz
der Träger des Dialogs ist lässt sich , besonders durch die ciceroni-
sclie Briefsammlung, mit ziendichcr Sicherheit und Deutlichkeit ein
Bild entwerfen. C. Trebatius Testa war geboren zu Velia in
Lucanien, wo er von seinem Vater her noch im Jahre 7J0 d, St.
Haus und Güter besass (Cic.adFam. VII, -20. vgl. Top. 1, 5). Da er
noch damals in jener Stadt in gutem Andenken stand (ib. 19), so
scheint es dass er seine Jugend daselbst zugebracht hatte und erst
g<'gen seine Zwanziger - Jahre hin sich nach Rom begeben habe.
Hier bildete er sich zum Juristen aus, namentlich unter Q. Corne-
lius Maximus (ib. 8, 2. 17, 3. Pompon. Dig. I, 2, 2. §.45), und scliloss
sich zeitig an Cicero an, welcher damals auf dem Höhepunkte sei-
ner politischen Geltung stand (ib. 17, 2: cum Ic ex adoksccnliK (na in
amicitiam cl fidcm meam contuUsses). Zwischen dem talent- \ind
kenntnissreichen, dabcd heiteren und liebenswürdigen (quis Ic nun
amal? il). 20, l) jungen ^Manne und dem ihm vielfach wahlverwand-
ten älteren Cicero entspann sich allmählich ein Avahrhaft zärtliches
Verhältniss, in welchem Letzterer nicht ausschliesslich der Ge-
bende war {tion mcdiucfi afßcicbar vcl vnhipiale ex consuetudmc nostru
vclulilitate ex consüio alquc opcra tua, ib. vgl. 11, l). Es scheint dass
dem Vorwärtskommen des Trebatius in der ]tolitischen Laufbahn
(oder auch der Möglichkeit sich ausschliesslich dem Rechte zu
widmen) das Ungenügende seiner Vermögensverhältnisse im AVege
stand, wiewohl wir ihn schon im J. 7(K) d. St. als Patronus des her-
untergekonnncnen Städtchens IHubrä linden (il). 12,2. 18,3), wor-
aus A. llaakh (in Pauly's Real-En.c. VI, 2. S. 2078 f.) gefolgert hat
dass er daselbst zuvor l'räfcct gewesen sei. Um seine Umständ«>
zu verbessern wollte ihn Cicero, als er im J. 699 selbst eine Pro-
vinz anzutreten beabsichtigte, dahin mitnehmen (ib. 5,1.17,2).
Nacluhun dies(>s Vorhaben aufgegeben war emiifahl ihn Cicero im
folglMiden Jahre dem Caesar nach (Jallien mit grosser Wärme (s.
Farn. VH , 5), indem er sich dafür verbürgte probiurrm homincm,
mcliurctn viniin , pudenliorcm (vgl. 7,2. 18, 2) esse ticmmcm und au
Einleitung zur crsloii Saliie. 1 1
ilim in iure civili sinfjuhiris memoria, summa scitulia riilimeiul licr-
\orhol». Caesar ualim iliii rrcuutllich auf iv^l. ;ul <^u. fr. II, lö, 'S)]
iiltor Trebatius war eine zu friedlielie Natur und zu vorwölmt
«lurcli die socialen Genüsse der Hauptstadt, in deren feinsten Krei-
sen er vermöge seiner angcnelnnen Persünliehkeit ein gern gesehe-
nes Mitglied gewesen war, als dass er in dem halbeultivicrten Lan-
It', in einer üuigeliung deren ganzer Sinn auf Kampf und Krieg gc-.
richtet war und deren Ton durch ihre Stellung als Eroberer etwas
Uaulies angenommen Italien mochte, sich hätte behaglich fühlen kön-
lu'u : und da er ohnehin nicht aus eigenem Antriebe nach Gallien
gegangen war, sondern von seinem väterlichen Freunde Cicero
liall» genöthigt (vgl. extrtidcrc , Farn. VII, 6, 1. milk're 12, und an-
dererseits allrahcre 10, 4) und nur in der bestimmten Absicht seine
äussere Lage zu verbessern {honcstaiem et facullatcs augere, II , 3)
sich dazu entschlossen hatte, so wurde er, wie das nicht sogleich
kommen wollte, ungeduldig und sehnte sich nach Rom zurück, so
dass Cicero nur innner zu trösten, festzuhalten und zu ermahnen
hatte. Allmählich alier besserte es sich. Zwar ein Kriegsmanu
wurde er niemals: das Kriegstriliunat , das ihm Caesar anbot,
leimte er ab, trotzdem dass ihm die specifisch militärischen Ver-
richtungen desselben erlassen wurden (ib.H, l); von der Expedition
nach Britannien (7(K) d. St.) wusste er sich ferne zu halten (ib. 10,
1 f. 14, 1. 16, 1. 17, 3-), und bei dem Gedanken an einen Feldzug
glaubt Cicero dass ihm bange werde (aeslirorum limor , ib. 14, l).
Aber Caesar hatte bald des jungen Mannes schwache Seite heraus-
gefunden: er Hess ihn mit kriegerischen Aui'trägen in Kühe, be-
wunderte aber dafür seinen juristischen Scharfsinn und zog in ein-
schlägigen Fällen ihn zu Käthe (10, 1. 11, 1. 13, l), eine Anerken-
nung die ihn mehr freute als reiche Geschenke (ib. 13, l), ihn nach
wenigen Monaten wieder seinen heiteren Ton finden Hess (10, 1 f.
II, 2 f. 14, 2) und bewirkte dass er gar nicht ungern mehr in Gal-
lien war (13, 2). Als er dann vollends in C. Matius (über welchen
s. meinen Art. in Pauly's Keal-Enc. IV. S. 1644 — 1646) einen ihm
vollständig zusagenden Umgang fand (I5,2), tieng er an sogar
gern daselbst zu sein (15, 1), legte selbst seine Jurisprudenz auf
die Seite (16, 3) und befreundete sich mit dem Kriegsleben (\H, ]).
Seine Aengstlichkeit benahm ihm diess aber nicht (IH, 4); auch
scheint er schon im J. 701 nach Italien zurückgekehrt zu sein; we-
nigstens erstrecken sich die Briefe Cicero's an ihn nach Gallien
nicht über jenes Jahr hinaus. Sein Aufenthalt bei Caesar hatte
ihn ganz für diesen gewonnen; wir finden ihn daher nach Ausbruch
des Bürgerkrieges im J. 705 auf dessen Seite, in Gesellschaft sei-
nes Freundes, des eifrigen Caesarianers ifatius, dt-mselben ent-
gegenreisend (ad Att. IX, 15 A.), Aufträge Caesar's an Cicero aus-
richtend (Att. VII, 17, 13), diesen im Interesse Caesars bearbeitend
(ib. IX, 17, 1) und Aufträge desselben an Caesar besorgend (ib. IX,
12 Zweitos Biitii der Satiren.
15 A). Indesseu Avar er zu selir Manu ilcs Eoclites al.s flass er \u\-
bedingt inid uugotlieilt sich an Oar.sar liingel)cu und alle Schritte
desselben hätte billigen können; daher erhielt er sich auch mit der
.Senatspartei in gutem Vernehmen (vgl. Farn. IV, 1, l) und sprach
sich gegenüber von Cicero und Andern -wiederholt in einer Weise
aus dass dieser ihn fortwährend als seinen Meinnugsgenossen be-
trachtete und ihn als solchen einen bonus vir el civis nannte (Att. X,
1, 3. 11,4. vgl. IX, 9, 4). Nach Caesars Sieg benutzte er das Ver-
trauen des Dictators um ihn nach Kräften von allzu schroff gebie-
terischem Auftreten zurückzuhalten (Suet. Caes. 78). Diese Stel-
lung eines an der Politik nicht unmittelbar Betheiligten , mit bei-
den Parteien Befreundeten, beide Temperierenden imd von beiden
Geachteten behielt er auch nach Caesars Ermordung bei (s. Cic.
ad Fam. XI, 27, 1. vgl. 28, 8.); sie half ihm auch über den zwei-
ten Bürgerkrieg ohne bekannten Anstoss hinweg, und wie Oc-
tavian in ihm den Freund und Anhänger seines Oheims respectierte,
so scheint Trebatius seine Vorliebe für Caesar auf dessen Erben
übergetragen zu haben. AVenigstens sehen wir ihn in unserer Sa-
tire in ähnlicher Weise für Octavian wirken wie er es seiner Zeit
bei Cicero u. A. für Caesar gethan hatte. Aber nicht nur seine
politische Stellung war es die ihm Geltung undEinfluss vcrschafl'te,
sondern auch seine Rechtskenntniss. Einen Beleg dafür dass eins
iunc aitcloritas maxiina eral s. Inst. II, 25. Seine unmittelbarsten
Nebenbuhler auf diesem Gebiete Avaren Cascelius und ( Jfilius ; ihr
Verhältniss charakterisiert Pomponius (Dig- I, 2, 2. §. 45) durch die
Worte : Trchalhis pcrilior Cascelio , Cascelius Trchalio chqucniiur fiiisse
die Uli r , Ofilius idroque doelior. Sein berühmtester Schüler war An-
tistius Labeo (ib. §. 47). Auch war Trebatius literarisch thätig (Ttr-
balii eomplures libri exslant, scd mittiis frequc7üftnlm\ Pompon. 1. 1. .^".45).
Pnrphyrio sagt in dieser Beziehung: locum obliniiil inier poelas el ali-
quot libros de civili iure composiiit et de religionibus novem. Das Erstere
wird zwar sonst nicht angegeben, stimmt aber ganz wohl zu Treb.
sonstigem Wesen {non enim tu is es quem nihil nisi ius civile delectet^
Cic. Top. 19, 72), namentlich wenn Avir uns seine (Jugend-) Gedichte
in der AVeise denken Avie sie unter den griechisch gebildeten Gros-
sen Roms damals ]\Iode Avaren (s. die Aufzählung bei IMin. Ep. V,
3,5; Andeutung romantischer Verwicklungen des Trob. bei Cic.
Fam. VII, 16, 1- 9, 2), und ist um so eher zu glauben da auch alle
übrigen Angaben Porphyrio's über ihn richtig sind *) ; namentlich
Avird die Schrift de religionibus von jMacrobius , Gellius u. A. öfters
erwähnt. Von seinen juridischen Schriften finden sich in den Di-
gesten Spuren, nauuMitlich von einem Commentar zum Kdirtum
aedilium curuliuin (Dig. IV, ;<, IS. ij. 4. XXi, I, 6. v^. I. 12. v^. 4. 14,
*) Nur seuie Jlczoiclinuiifj des Trchatiits als c//tics mmafius will zu
V. 29 nicht recht stimmen; s. dort.
Einleilung zur ersten Satire. 13
v^. 3. vgl. Gell. N. A. IV, 2, 9 f.). Wenn es iiacli Dig. IV, 3, l^.
}^. 3 (Trrbalitis de ilulo dabal actionem , vgl. das Ed. Acdiliciuni: ex his
r.iKSsis iudiriuni dtdihnus^ D. XXI, l, ]. §. l) scheinen könnte als
li.itte Trel». selbst die curulische Aedilität bekleidet, so macht da-
u«gen ib. §. 4 (Trehalitis ail de doln dandum hidicim») wahrschein-
luher dass anch dabal acfioncm nur kürzerer Ausdruck ist für ariü,-
^••'ii dandam ail. Dass er im J. 706 Volkstribun gewesen sei hat
righius (Ann. III. p. 451) mit gewohnter "Willkür angenommen und
Andere wie etwas Ausgemachtes ihm nachgeschrieben. — Cicero
'rfasste für Trebatius irnd an ihn im J. 710 seine Topica und be-
hütete das Buch mit der Bemerkung, Trebatius werde freilich
Manches darin nicht verstehen (ad Fam. VII, 19). — Einzelne
Züge von Treb. s. noch zu V. 1 u. 8 f. Die Literatur über ihn s.
■i Haakh a. a. 0. S. -lOSO.
Hier ist noch die Frage zu erörtern nach seinem Alter zur Zeit
nsrer Satire. Ot^cnbar dürfen wir uns den Trebatius im J. 700
. St. nicht allzu jung denken. Nicht zwar wegen des Liebkosnngs-
.•rtes mi relide welches Cicero (Fam. VII, J6, l) gegen ihn ge-
I raucht (wiewohl auch eine Andeutung besonderer Jugend in den
luiefen Cicero's nicht enthalten ist, auch nicht in der aelas nppor-
hmissiina , 7, 2. vgl. 17, 3, was im Gegentheil besagt: versäume er
ilie jetzige (Telegenheit, so sei er später zu alt), aber darum weil
< '.lesar. der doch um (Offiziere nicht so verlegen war wie der Frei-
-i.liaarenführer M. Brutus zu Athen, ihm gleich die «Stelle eines
hihiinns anbot, und weil er schon damals ein gewiegter Jurist und
ils solcher des Cicero Lehrer war (ib. 11, 1 : salisne libi videor uhs le
/N- civile didicisse?)^ während er doch erst von Velia aus nach Koni
kommen war. Nehmen wir daher an er sei damals 3j Jahre alt,
■ mit im J. 665 d. St. geboren gewesen, so ist er immer noch 17
.1 dire jünger als Cicero, andererseits aber ziemlich gleichalterig
lit dem ums J. 670 d. St. gel>orenen C. Matius, und im J. 721 d.St.
'I .Jahr alt, was ebenso zu dem damaligen Alter des lloi'az (32 J.)
!s zu dem Auftreten des Treb. in dieser Satire stiunnt, wo der
ürdevolle Ernst sich mit Zugänglichkeit für Scherz vereinigt.
Dass er zur Zeit unserer Satire noch als lebend zu denken ist zeigt
wohl schon der ihm in den Mund gelegte Vorschlag ein Thema aus
der Gegenwart sich zu wählen; und positiv wäre es, wenn die
Pandektenstelle (Dig. XXIV, 1, 64) ,, Laben, Trcbfitiiis inier Tere/iliatn
et Ifecenatcm respondil: si verum diiortium fuissW rulam esse donnlio-
tiem , si simulalitm , ro/ilra^' sicher so zu emendieren wäre: „Trebatius
iiiler Tereiiliam el Maecenalem^^ ii.s.vr,, voraxisgesetzt zugleich dass ich
in der Ztschr. f. d. Ah. "Wiss. 1845, S. 608 f. wirklich bewiesen habe
dass ^laecenas' Vermählung mit Terentia ins J. 731 d. St., der Beginn
seiner Ehedissidien aber ins J. 736 d. St. falle. Dass jedoch Horaz
ihn in einem solchen scherzhaften Gedichte zum Interlocntor nahm
und beim Namen nannte lässt bei seinem Tacte voraussetzen dass
14 Zweites Bucli der Satiren.
es mit des Trobatius Zustiinimiiiii: gcscliali und der Dichter mit dem
geistreichen, g'ebihleten und heitern Juristen in vertrauten Uezieh-
ungen stand (wie auch ulroque V. 29 zu beweisen scheint) , wozu
schon diess Anlass gegeben haben konnte dass Beide halbe Lands-
leute waren (V. 34) und sich wohl bei Maecenas trafen; die beste
Ueclitfertigung dieser Freiheit Jedocli lag, gewiss auch nach Treb.
Urteil, in dem holien künstlerischen Gehalte des Gedichtes seUist.
Anmerkungen zur ersten Satire.
V. I . Da seine Satire die entgegengesetztesten Urteile zu er-
fahren hat — indem die Einen über allzu grosse Schärfe (in der
Sache) klagen, die Andern über allzu grosse SchlaHheit (in der
Form) — stellt der Dichter sich verwirrt und des Käthes l>edürftig
an. Er wendet sich desshalb an den befreundeten ijnd als gefällig
bekannten {plemts officü, Cic. ad Att. XI, 27, 1. vgl. Top. 1, S) Juristen
Trebatius, wie um einen Rechtsbescheid (s. Kirchner zu I, 1,9). —
Das von der einen Hälfte der Hdschrr. gebotene videnr*) ver-
diente schon als die vom Gewöhnlichen abweichendere (schwieri-
gere) Lesart den Vorzug vor dem Conjunctiv. Zudem ist der In-
dicativ auch an sich vollständig begründet (da im vorliegenden
Falle nicht die Qualität der betreft'enden Individuen von Interesse
ist, sondern dioTliatsache der widersprechenden Beurteilung der ho-
razischen Satire) und zugleich der dem Sprachgebrauch des lloraz
entsprechendere Modus. Vgl. 4, 47. I, 4, 24. Od. I, 1, 4. 21. 7, ö.
gegen Ep. II, 2, 128 ff. Aehnliches Schwanken der Ildschrr. iindet
statt Sat. I, 2, 28. 4, 75. 6, 4. Ep. I, 6, 5. II, 2, 182.
V. 2. Legem, nämlich ojicris (Ep. II, 3, 133), über das Mass hin-
aus welches die Gesetze und der Begriff der Satire, d. h. der Vor-
gang des Ennius und Lucilius, rechtfertigen und mit sich bringen,
somit über Gebür. Wenn gleich IToraz in AVahrheit sich weit unter
dem Masse hielt welches Lucilius geübt hatte, so war doch die
Zeit seitdem eme weit em^dindlichere geworden, und dadurch der
Schein von Rücksichtslosigkeit entstanden wo Lucilius vielmelir
wohl übertriebene Aengstlichkeit und Zahmheit gefunden liätte. —
sine ficrvis, vgl. Ep. II, 3, 26. 320.
V. 3. Vgl. Cioi^rat. 23, 76: {Altirus nturfar) siimmisSKS est el /in-
milis, consuedidinem vuitons, ah indisertis re plus quam opinione ili/p'
reiis. Ilaquc eum qui aadiinit , qiiamris ijisi in faules sinl, lameit illo
natiht ron/itluut se posse tlieere.
V. 1. ileiluei s. Kirchner zu 1. lo, 44 und dMzu()vid. ex Pont.
I, ;■), 13: lurlar (leihtrere versum.
*)" „Prarfi-rriuhtm iil mi/t/is ilcfiiiilc , de rc cerln et e.rplornta.'^ Kirch-
ner im Nachla.s.s.
Anmerkungen zur ersten Salire. 15
V. ö. /H'ucso'ibc seliliesst in sich (la^<.s der Befragende im Vor-
aus sich anheischig macht den crtheilten Kath auch zu befolgen,
für sich Gesetz sein zu lassen. Die juridischen Präscriptionon ge-
hören nicht liieher. — Quiescerc ist die Negation (contradictori-
scher Gegensatz) des Ilandehis, der Thätigkeit ühcrliaupt. Wel-
cher Art dieselbe im einzelnen Falle sei wird durch den Zusammen-
hang bestimmt; vgl. Ep. II. 3, 3H).
V. 0. per cum si alltägliche Schwurformcl , die der Darstel-
lung neben der Lebhaftigkeit einen leichten, conversationsmässi-
gen Anstrich verleiht. Vgl. I, 9, 38 (u. dazu Ileindorf). 47. Cic. ad
Farn. XI, 23, 2: si frcnum momordcris (s. zu V. 20), pcream si Ic
omnis — fcrrc polenml. Cassins ib. XV, 19, 4: jiercam nisi snlliriliis siim,
Ovid. Her. XVII, 183: peream si mm inriUmt nmuia ciüpam. Pont. IH.
.1, 45 ff.: pcream — Ic nisi video.
V. 7. eraf Zurückversetzung in den Augenblick der Vergan
genheit wo die Entscheidung zu erfolgen hatte und kategorische
Aussage über das damals stattfindende .Sachverhältniss. O. Ilalm
bemerkt darüber Folgendes: „Die Formel peream (infcream) male
si (si nnn, nisi) ist gleich einomprofeelo, und es kann darauf jedes
Tempus und jeder ^[odus folgen (s. die Beisi»iele bei V. 6) die in
einem einfachen Behauptungssatze sich ergeben können. So würde
hier Ilcnatius ohne diese Sclnvurformel antworten : 'Allerdings
wäre, es das Beste', was nach bekanntem lateinischem Sprachge-
brauche, wie das griech. ((qlgtov j)i', nicht aplimum esl oder essef,
sondern opfimum erat heisst, wie sogleich \. 16 pftterns scrihere. *)
Hält man fest dass die Formel pcream si ohne EinHuss auf das fol-
gende Verbtim bleibt und innncr die gleiche Form hat, so ergibt
sich auch eine sichere Erklärung für dispcrcam ui summnsscs nmnes
Sat. I, 9, 47, mit dem sich die (irammatiker vergeblich die Köpfe
zerbrochen haben. In einfachster Form würde die dort gestellte
Bedingung lauten: Himc hominem si tradcre velis, mediiis fidius o?niics
siimmoreliis, oder, mit rhetorischem Affect, nmnes suiinuoreris : 'da wer-
den bald alle ausgestochen sein" ; und so konnte es denn auch bei
Einsetzung der Schwurformel eben so richtig heissen inlerenm ni
sitmmoveris als summorcbis. Da nun aber Iloratius den Zudring-
lichen in aftcctierter Bescheidenheit von Imhcres an V. 45 in lau-
ter Imperfecten sprechen lässt, als zweifelte er selbst (bei grösster
Zuversichtlichkeit) an dem Erf<dg seiner Bitte, so geht das ni sum-
*) ,,Tn der bekannten Stelle der ars poct. .32S, die noch Sclinoidcwin
mit einer miissigen Conjectur heimgesuclit hat, nehmen wir an dass der
Lehrer nach den Worten si de rjuincunce reinota esl uncia, r/uid siipernl?
eine kleine Pause macht und dann drängend fortführt: putevns di.visse
'du kiinntcst es sclum {gesagt h.aben', d. li. die Antwort könnte schon er-
folgt sein. Minder riclitip: Madvig lat. Sprachl. §. 407: 'du h:ittest e.s
schon sapren können', wobei das bcdentnngsvolle dixissc seine richtige Ke-
zieluing verloren hat." Halm.
1 0 Zweites Buch der Satiren.
movcris (lureli die Attractinn der iModi in 7n summosscs über, wäh-
rend summoveres dei* ohne rhetorisclic Emphase ansgesproclioneu
Form summovebis entsprechen würde. Der dem griecli. Optativ
anoXoifiijv entsprechende Conjunctiv inleream konnte von den übri-
gen hypothetischen f'onjunctiven nicht mit afficiert werden, so
dass ein inleream ni summovisses sich eben so wohl Ijilden konnte
als ein percain si siitjunovehis.^'' — do7'mire im Sinne des Horaz
stärkere Wicderliolnng des von Trebatius durch quiescere ausge-
drückten Begriffes, *) von Letzterelu aber scherzliaft einen Augen-
blick lang (vgl, V. 10) w()rtlich genommen. Vor Folgerungen ans
der viel späteren Ep. II, I, 112 f. warnt Sat. I, 6, 122 f. Auch nicht
ganz zutreffend ist Gic. Tusc. IV, 19, 44: noctu ambitlahal in publica
Themislocles ^ quod somnum 710/1 capere posset, (juae7-enlibusqiie respon-
ih'hat, Milliadis Iropneis sc c sonmo cxcilari**). — Dreimaliges
Durchschwimmen als eine Art runder Zahl (ein paar Male);
überdiess ist hier, wo scliorzhaft der »Schein eines (xeheimmittels er-
regt werden soll, die ungerade, und insbcs(tndcre die (heilige)
Dreizahl, besonders am Platze. Vgl. Od. 1,28, 36. III, 22, 6. Ep.
1,1, 37. Ovid. Fast. IV, 315: lC7' capui i/'z-ond etc. V, 43j: 1r/'qiie
mmms piii^as frmtafia pe/iuit imda. Pers. 11, 15 f.: Tibc7'ino in gu/yitc
mergis 7)ia7ic criptit bis ierqtte. Juv. VI, 523: /<'?' /tialulifin Tibc/i mcrgetur.
'ril)ull. T, 2, 56. 3, II. Virg. Cir. 371 — 373 {}iume/-o Detts inipnre gau-
del). Plaut. Pseud. 704 K. und in zahllosen anderen Stellen (s. die
AuslL zu den angef. und Seebode, Schollen zu Ilor. I. S. 1 1 ff.), be-
sonders Liv. XXII, 10, 7: hidi 7U(ig7}i voli ae/'is tz-ecr/dis l/-iginla Iribus
millibits t/'Ccc7dis t/^igi/da Iribits trie/]te.
V. 8 f. Starke Muskelbewegung, durch gymnastische Ucbun-
gen und Schwimmen **=^), des Abends ist die eine Seite des ^littebs.
ein zureichendes Quantum Wein vor Schlafengehen die andere
(dalier iz-riguii/nqnc , nicht ve). In beiden hat Trebatius Erfahrung,
und beide sind aus seinem Charakter heraus angegeben: hinsicht-
lich der ersten Hälfte heisst er slitdiosissi/7uis I107110 7iata7idi bei Cic.
ad Fam. VII, 10 (von Weber zu uns. St. wunderlich missverstan-
den), und wenn ib. 22 der massige Cicero von einem (ielage nüt
oder bei Trebatius dotiiiiin be/ic potus scroquc 7-edic/-ul, so ist daraus
auf den jüngeren und lebenslustigen .Juristen, an welchem Cic. ib.
12 eine Indination zum Epikureismus bekämpfen zu müssen glaubt,
mit Sicherheit ein entsprechender Schluss zu ziehen. — liei dem
Angeredeten müssen wir uns, gemäss dem dramatischen Charakter
der Satire, als Antwort eine zweifelnde oder abwehrende (ifliänlr
*) Mit.sthorlicli K'ac. A'on. X. p. U vo){,'-loi<-lit Kp. 11,2. Til uinl .Voscli.
Ag..i;n(). S..1.I1. <)c>. u. r)8(). ci. ;\m. TihnU. i, 1, -is.
**) .,l)ormirc: non propter prurilum scrihcndi , seil i/iiod dormiif »a/uit
versus /arit , ut tempiis terat." Kirchner im Naclilas.s.
***) unct. Tih. transn. cf. Od. I. S, S. III. 12, ('>. Kirdiner, Naclilass.
Anmerkungen zur eisicn Satire. 17
denken, die den Trcb. veranlasst einen anderen, der Sache näher
rückenden, Vorschlag hiuzuznlugen (V. 10 ff.).
V. 10. rapit mit unwiderstehlicher Gewalt und unter Auf-
hebung deines freien Willens fortreisst; s. Epod. 7, J3. Orelli ver-
gleicht Liv. V, 6 {vcnandi Studium ac vnhiptas homines in montrs rapit)
und Cic. ad Fani. V, 12, 1: me comme?no?-alio posterifafis ad speni quan-
dam immorlalilatis rapit. — • au de fasse dir ein Herz und etc. Vgl.
Ep. 1,2, 40. Bei der Grösse und Schwierigkeit des Gegenstandes
wird es einen herzhaften Entschluss und die Ucberwindung von
allerlei Zweifeln erfordern.
V. 11 . Caesaris: der Beiname Augnstus . welchen Octavian
am 17. Januar 727 d. St. erhielt (s. Keal-Enc. V. S. 836 E. 837 A ),
findet sich weder in den Epoden noch in den Satiren, zufälliger
Weise auch nicht im ersten Buche der Oden ; in den andern Bü-
chern kommt er ZAvar vor (bes. Od, II, 9, 19. III, 3, U. 5, 3- IV, 2,
43. 4, 27. Ep. I, 3, 2. 7. 13, 2. 16, 29- II, 2, 48), daneben aber —
und zwar weil häufiger — fortwährend aucli nocli Caesar. Ueber
in vidi s. die Einleitung S. 9. — Horaz lässt sich den Vorschlag,
Octavian zu besingen, machen um sich darüiier öffentlich zu erklä-
ren warum er es nicht thue, vielleicht auch weil ihm derartige Zu-
mutungen wirklich schon direct oder indirect gemacht worden wa-
ren. Besonders natürlich ist derselbe im Munde des Trebatius,
dessen freundliche Stellung zur julisclicn Dynastie notorisch war;
s. oben S, II f.
V. 12. Die Antipathie von Ileindorf, Kirchner (welcher Quaesi.
hör. p. 18, not. 5 die Worte gar ironisch gefasst haben will) und
Orelli gegen die naturgemässe und durch Ep. II, 2, 38 — 40 ausser
Zweifel gesetzte Auffassung der Worte mulla — laturus begreife ich
so wenig als Weber (Sat. S. 249 f.). Trebatius wusste von Gallien
her dass die Julier kein undankbares und knickerisches Geschlecht
seien und spricht hier überdiess ganz objectiv: wenn du beim Sa-
tirenschreilten über Verkennung dich zu beklagen hast, so wähle
einen Stoff" der voraussichtlich sich besser lohnen wird. Horaz
aber lässt absichtlich diese Versuchung an sich herantreten , eben
um zu zeigen dass er ihr widerstehe. — Ueber pater s. Kirchner
zu I, 3, 127.
Nicht am guten Willen fehle es ihm, sondern an der Befälii-
gung für grosse historische Stoffe , was man hier so wenig als Od.
I, 6, 9 ff. 19, 9 ff. (vgl. II, 12, 9 f. IV, 2, 27 ff.) Ep. II, 1, 250 ff. für
Mose Ausrede zu halten braucht: wie nicht jeder Maler eo ipso
Schlachtcnmalor ist, so ist nicht joder poetisch Begabte zum Epiker
berufen, und Horaz hat durch die That bewiesen dass die ^Mittel-
gattung zwischen Prosa und Poesie, der künstlerisch gestaltete
geistreiche scrini) , sein eigentliches Gebiet ist, an angeborenem
(ilanz und Schwünge der Phantasie aber er ^langel leidet. Dass
er sich in ein ihm völlig heterogenes Gebiet nicht verlocken Hess,
HORATII SAT. II, 2. -
18 Zweites iJucli der Satiren.
dadurch hat er nur bewiesen dass er klüger nnd fester war als
Virgilius. Von den grossen historischen Stoffen , wie sie den Ge-
genstand des Epos bilden, werden die Schlachten vorzugsweise
hervorgehoben, nud diese hinwiederum in einer Weise speciiiciert
welche zeigt Avie weit Horaz davon entfernt ist octavianisclier
Schwcärmer zu sein. Vgl. Einleitung S. 9 f. Der gehobene Ton
hier und Ep. II, 1, 252 ff. sucht sich zu der Beschaffenheit des C4e-
genstandes in Verhältniss zu setzen und bezeichnet ein Erforder-
niss welchem der Dichter für die Dauer sich nicht gewachsen fühlt.
V. 13. horrentia vgl. (ausser Virg. Aen. II, 601) Ennius (od.
Vahlen) Ann. 288: dcnsunlur^ campis horrentia icla virorum. Trag. 177:
arinu rigent , horrescunl lela. Sat. 15: sparsis haslis lo/iyis campus splen-
dcl cl horrcl. Sil. Jt. VIII, 569 f. : Birpina piihes hurrebal felis.
V. 14. An das halbverschollene Strategem des Marius hier,
wo es sich um die Zeitgeschichte handelt, zu denken scheint un-
gehörig und entlegen. Vielmehr sind die Worte mit Haberfeldt
und Funkhäncl (MützeH's Ztschr. IV, S. 177 ff.) zu nehmen ,,als
allgemeine Bezeichnung eines siegreichen Kampfes gegen die Gal-
lier, die dadurch als die Besiegten dargestellt Averden dass ihre
Waffen zerbrochen, sie also wehrlos sind," gerade wie der Parther,
wenn er vom Pferde gesunken, seines specifischen Vorzugs be-
raubt, gleichsam seinem Elemente entrückt ist. *)
V. 15. (lescribai, das weder durch die Qualität noch durch
den Umfang seiner handschriftlichen Beglaubigung vor dem Indi-
cativ einen Vorzug hat, enthalt eine JMilderung und Herabstimmung
der Behauptung welche sicherlich sehr wenig dem Sinne des Dich-
ters entspricht. Violmehr hat dieser das Interesse seine Nichtbe-
fUhigung möglichst bestimmt auszusagen. Ep. II, 3, 263 ist freilich
durchaus nicht entscheidend und hat Sat. II, 4, 35 sich gegenüber-
stehen.
V. 16. Haberfeldt: „Um den Schein einer blosen AusHncht
zti vermeiden treibt Horaz sich gleichsam selbst in die Enge."
Düntzer: „Den zugesagten Preis des Caesar enthält schon unsere
Stolle selbst."
V. J 7. Seipia dem ist eine unhaltl)are Zwitterform zwischen
*) Nur weil es aus einer der letzten Arbeiten eines vorzcitiü" Verstor-
benen ist werde hier erwüimt dass Sehneidewin , Pliilulotrus X. y. 3(51,
meint: ,,In den scbeinbar sehr ernst und würdevoll gesprochenen Versen
stichelt der Sehalk auf rrachtsccnen epischer Panepyrikcr der Zeit, welche
Octavians Cirossthatcn !?o}^cn die Gallier, wie auch den beliebten Stoti'
der Parthorkriopre bcsnntron hatten. Der eine hatte ansgemalt wie so ein
stolzer, stattlicher Kosake von l'urther von seinem Kosse herabjrleitend
an seinen Wunden verblutet, ein anderer fr. per. c. O'nllo.t (nicht fiiiHiim,
wie volii. l'urthi). Letzterer liess (letavianus seine Lanze prcf^cn einen
fXallisclien Krieger schleiiilcrn , welche so gewaltig gegen den Schihl traf
dass durch die Zersj)litterung der cttspis nicht er allein, nein Mehrere mit
ihm gotödtct wurden."
Anmorkungea zur cislen Satire. 19
der gviecliisclion Scipiadoi und der lateiuisclicn Scipiaüam^ vgl.
Lachmann zu Lucrot. III, 1034. — sapiens in dorn Sinne wie aucli
Laclius so liicss. Auf die Verherrlichung des Scipio ist es nicht
spociell zu beziehen *) , übcrhani)t nicht auf seine satirische Tliä-
tigkeit als solche. Denn die „Unklughcit" — wenn sie eine solche
war — Andere iristi laedcre vcrsu begieng ja Lucilius in ganz an-
derem blasse als Horaz, s. V. 69 und I, 10, 3 f • — Dass Lucilius den
jüngeren Scipio .in einem eigenen Gedichte besungen habe — wie
Ennius den älteren — ist aus unserer Stelle keineswegs zu schlies-
sen. Denn der folgende Vei's zeigt dass nur von gelegentlicher,
in die Satiren eingestreuter Verherrlichung hier die Kode ist, und
auch das Verhaltniss zum Vorhergcliendon führt nur hierauf. Auf
des Iloraz Klage über die Verkennungen die er um seiner Satiren
willen zu erfahren habe hat Trebatius in erster Keihe ihm gerathen
das Versemachen überhaupt zu luiterlassen. Da Horaz diess für
unmöglich erklärt, so meint Trebatius : Avenn denn Verse gemacht
sein müssen, so seien es (statt Hass erntender Satiren) solche von
positiv nützlicher Art, wie ein Epos auf Octavian wäre. Wie Ho-
raz hiegegen die Besonderheit seines Talentes geltend macht, so
schlägt der Jurist in dritter Keihe vor: wenn es also Satiren sein
sollen, so jedenfalls statt feindseliger solche mit freundlichem,
loyalem Inhalte, wie ja auch Lucilius den seinigen (unter Anderem)
gegeben hat. Als Beispiel solchen anerkennenden Inhaltes wer-
den die bürgerlichen und friedlichen Tugenden Octavians nam-
haft gemacht.
haiid milii dcero, s. Kirchner zu I, 4, 134. So schreibt Ci-
cero an Trebatius (Farn. VII, 7 extr.) , die Umstände zu Verbesse-
rung seii\er Lage seien alle nicht besser zu wünschen, ul lihi umim
timcndum sil ne ipsc tibi defuissc vidcarc.
V. 20. tutus sich deckend, ,,wie A. p. 28: scrpil luinii lutus^
s. V. a. cautus^'' (Haberfeldt). — An dem bildlichen Ausdrucke rc-
calcilrat hat man von jeher Anstoss genommen. Zwar ist den Alten
überhaupt der Unterschied zwischen den Menschen und den Thie-
ren (wie andererseits den Göttern) kein qualitativer, und sie las-
sen daher in weit grösserer Ausdehnung als unseren Begrifl'en zu-
lässig erscheint beide Gebiete in einander spielen. Bei den Idjl-
likorn ist diess förmlich System, und auch Piaton geht in dieser Be-
ziehung sehr weit (s. Keip. III. p. 413 D. 424 B. IV. ]). 440 D. V.
p. 466 C VII. p. 537 A. 539 B. und die Beispiele in meiner Einlei-
tung zum „Staat", S. 14). Ebenso wird bei Xen. Kyrop. 1,4, 15
(vgl. 21 ) der junge Kyros unbedenklich mit einem Gy.vka'E, ysyvaiog
vei-glichen , und Athene sagt (Soph. Ai. 7 f.) zu Odysseus : sv 6i ö'
*) Kleinlicli Mitstlierlicli (Kac. V. p. *•) , unten 7, 72 vergleichend:
fecif ut . tjuiim sativariim scriptione i?i muUorum odiuin incurreret, haherel fjui
se tuerelur; ex quo eins sapientia elucebat.
2*
20 Zweifes Buch der Satiren,
iK(peQ£i Kvvog kay.cäv}]g wg xig evQivog ßaöig. Vollends mit dem
Pferde werden Menschen oft zusammengestellt, namentlich in Be-
zug auf die Schnelligkeit der Bewegungen (s. Schneidewin zu
Soph. Oc. R. 467) , und wie Orestes bei 8oph. El. 25 Ü. einen Skla-
ven mit einem i'TCTCog svyBvijg vergleicht, so sagtbei Aesch. Ag. 842
Agamemnon von Odysseus : ^Ev%&elg sroifiog ijv ifiol öEiQucpogog;
vgl. "Aqijc öe'^ioßscQog, Sopli. Ant. 140- Horaz selbst erlaubt sich in
diesem Punkte viel, indem er nicht blos Ep. I, 10, 5 sich und Ari-
stius vehtli notiqiie colutnbi nennt, sondern Ep. I, 4 extr. sich sogar
Epicuri de grege porcum; auch s. unten V. 85. Aber in unserer
Stelle ist es ja nicht die Vergleichung mit einem Thiere — und
insonderheit einem Pferde — was auffallend ist, sondern die Stel-
lung in der dasselbe aufgefasst, die Thätigkeit die ihm (und Octa-
vian) zugeschrieben ist. AVir Avollen dem Humor des lloraz und
dem Couversationston der Satirc alle Rechnung tragen, Avollen
auch nicht übersehen dass Stellen wie ngog %hxQCi Xay.TC^eiv (Eur.
Bacch. T'Jd) , si freu um momordcris (Cic. ad Farn. XI, 23,2) eine
nicht .sehr verschiedene Handlung von 3Ienschen aussagen; aber
bedenklich bleibt es uns doch immer dass die am nächsten zutref-
fende Parallele die aus der mutwilligen, ja oft übermütigen Rede
pro Caelio (I5, 36) ist, wo Cic. von Caclius in Bezug auf Clodia's
Ansinnen sagt : calcilrat, respuit. Eben darum will es uns bedünken
als scheine durch den Ausdruck ein gewisser Mangel an tiefer,
herzlicher Achtung vor Octavian durch, etwa — nur in ganz an-
derem Masse und mit anderem Tacte — wie wenn Prokop (bist. arc.
17) dem Justinian ein yovllt'^eii' zuschreibt. Durch die Wahl des
Conjunctivs *) aber wird sicherlich in der Sache Nichts besser ge-
macht. Verletzend ist ja nicht die (bestimmte) Form der Aussage,
sondern ihr Inlialt. Der handschriftliche Indicativ bezeichnet ganz
richtig die in einem als möglich gedachten Falle (dem male paJpari)
unfehlbar eintretende Folge.
V. 22. Den Panlolabus mit J. Becker (Rhein. 3Ius. N. F.
V. S. 369 ft'.) für eine persona Luviliann zu halten scheint mir nicht
richtig, da sich in diesem Falle der Sinn ergäbe: wie viel besser
ist es, gleich Lucilius, von Andern anerkennend zu reden als —
den Lucilius zu spielen. Ueberdiess drängt laedere zu der Voraus-
setzung dass Pautolabus ein Lebender sei. Andererseits habe ich
gegen meine (im Rliein. ]\Ius. IV. S. 97 f. und Real-Enc. III. S.
1230 Nr. '\ begründete) Identilicierung von l*antol. mit Ilermogenes
(Tigellius) jetzt das Bedenken oh wohl Iloraz über die nämliche
Person in dem.selben Buche zweimal (Sat. I, 4, 72 und 8, 10 f.) das
(Jleichc unter verschiedenem Namen gesagt hätte. — Für Numen-
lanumque wüsste ich keine (! runde welche die bessere hand-
*) für M-elclien Kirchner (im Nachhiss) auf II, 3, 214. 249. 259 ver-
weist.
Anmerkungen zur ersten Satire. 21
schriftliche Beglaultigung des vc aufziiwägcii vermöchten. Wolil
steht Sat. 1,8, II que, und kann nur dieses stehen; aber daraus
folgt für unsere Stelle die Notlnvendigkeit gleichfalls que zu setzen
nicht viel stärker als die den Accusativ in den dortigen Dativ uui-
zuwaudeln. ve lässt die Wahl zwischen zwei Beispielen derselben
Gattung: mit AVichtcn sich herumzuschlagen wie P. oder N. Zum
Gedanken vgl. Aristoph. Eqq. 1267 f.
V. 24. Wohl wahr; aber Avas ist zu machen? (d. h. es ist
leider nichts zu raaclien.) *) Das Satirenschreiben ist nun eben
einmal ein individuelles Bedürfniss von mir, mein Steckenpferd,
wie Andere das ihrige haben. — sallal, s. Kirchner zu I, 9, '!?>
nebst Cic. in Pis. 10, 22. de oflF. III, 19, 75. 24, 93 nnd meinen Er-
örterungen in Real-Enc. VI, 1. S. 716. — Was die Scholiasten
über Milonius angeben ist nur aus unserer Stelle gefolgert. Da-
bei hallen sie es aber nicht richtig getrotYen wenn sie ihn als sciirra
bezeichnen. Ein solcher würde auf Verlangen auch nüchtern tan-
zen, und wer überhaupt die SelbstAvegwerfung gewerbsmässig
treibt, an dem wäre das ebrium saltare gar nicht erA\ähnenswerth.
V. 25. Ueber das Doppeltsehen Betrunkener citiert Kirchner
(ausser Juv. VI, 304 f. Petron. 64. Straton Anth. Pal. IL p. 512.
Aristot. Probl. III, 29) Ovid. A. A. III, 764. Vgl. auch Virg. Aen.
IV, 469 f. (von Pentheus).
V. 28. claudere s. I, 4, 40. 10, 59.
V. 29. inelioris (vgl. 5, 19. 29: Lucret. IIF, 1026: honus Ancus,
qui mclior mullis quam tu fuil- rebus) : mit welchem keiner von uns Bei-
den sich messen kann. Es ist eine Ver^valirung in Bezug auf die
durch Lucili rilu scheinbar ausgesprochene Gleichstellung mit Lu-
cilius. Dass Horaz in dieselbe den Tre1»atiiis unaufgefordert mit
hineinzieht ist ein Beweis von seiner Vertrautheit mit demselben.
Seine Erklärung erhält das Wort theilweise schon V. 34 ff., voll-
ständig aber durch V. 75. Uebrigens lässt sich zwischen unserer
Stelle und der Bezeichnung des Trebatius als eqties romanus bei
Porphyrie in der Weise vermitteln dass man annimmt Trebatius
sei erst durch Octavian — und etwa auch erst nach Abfassung un-
serer Satire — in den Rilterstand erhoben worden. Vgl. Weber,
Horatius als ^lensch etc. S. 191 f.
V. 3L cesserat bedarf (trotz dem unglücklichen Vertheidi-
gungsvcrsuch des gessernl durch Apitz p. lOl), nach Allem Avas seit
Bentley die Ausleger (z. B. LTaberfeldt = Ilcindorf , und Orelli)
bemerkt haben, Aveder der Begründung noch der Erklärung. Un-
*) Mitsclierlich I?ac. V. j). 10 vergleicht Cic. ad Fam. IX, 7, 1 (no7i
flesino fipiid isto.i roenitfire. Quid faciamf Tenipori scrvienduin est) und das
griech. rt iydy ttkOto (Liikian. l'roineth. 7) mit Valckenacr /.n Eur. Plioen.
'.102 (805) , Avelchcr formidam ad cos refert qtton invitos natura vcl fatum vcl
quaecunque tandem vix superanda twccssitas ccyit.
22 Zweites Biieli der Satiren.
per.söulich und ohne Dativ auch bei Curtius VII, 4: (jirin drdis te, iil-
cumqite cesserit meliorem fortiinam dedilus quam hoslis Judnlunts? — Als
näclistos Wort hat Kirchner um quam gesetzt, und gewiss mit Recht.
Ich halte nicht nur Orelli's licnierkung für richtig, dass neben der
Ortsbestimmung idio auch eine Zeitbestimmung [utiiquam) zu erwar-
ten, usqiiam ulio aber müssig sei, sondern es schiene mir auch un-
passend eigens zu negieren dass er in Fällen von Missgeschick ir-
gendwo anders hin sich gewendet habe als zu schien Büchern, also
z. B. nicht au Angehörige und Freunde; wogegen es ganz ange-
messen scheint hervorzuheben dass er jede schmerzliche oder
freudige Erfahrung in seinen Schriften niedergelegt habe.
V. 34. Dass die Bezeichnung des Lucilius als scnex nicht auf
dessen Lebensdauer sich beziehen müsse und könne, sondern auf
seine Entfernung von der Zeit des Redenden, hat Yarges im
Rhein. ]\Ius. 1835 p. 43 — 46 längst erwiesen. Es ist eine nahelie-
gende Anschauungsweise denjenigen der in einer vom »Standpunkte
tles Redenden aus frühen Zeit geboren ist, der also — als ideell
fortlebend gedacht — schon lange existiert, als alt zu bezeichnen,
die Benennung der längstvergangenen Zeit der er angehört, als
einer alten, auf den Einzelnen selbst überzutragen. Besonders be-
lehrend ist hiefür Cic. Brut. 10, 39 über Solen und Pisistratus: o/ ///
quidcm, ut papuH romani aclas csf, sencs, tit Alhcnicnsium sacchi numc-
ranfur, adolesccnies dcbcnt videri; vgl. ib. 41 u. 7,27; auch Sat. T,
10, 67. Auch Virgil dachte wohl nicht an natürliches Lebensalter
als er (Ecl. VI, 70) den Hesiod Ascracus scficx nannte, oder Proper-
tius als er (II, 34, 30 = III, 32, 30) senex von Aeschylus gebraucli-
te *). So sprechen auch wir vom ^Iten Gleim, Uz, Gessner, ohne
uns lim ihre Lebensdauer zu kümmern; ja wir können sagen: wie
mau das anzugreifen habe hat schon der alte Lessing gewusst, und in
Avenigen Jahrzehnten wird man ebenso vom alten Ilölty, alten
Novalis reden, so jung diese gestorben sind. Es ist diess ein ganz
relativer Begriff und hier, im jNIunde des Horatius gegenüber von
Lucilius, höchst bezeichnend für das rasche Leben der römischen
Literatur und Geschichte, vermöge dessen ein vor 70 Jahren Ge-
storbener bereits der alten Zeit zugezählt wurde. Ob man dabei
dann den Begriff der Ehrwürdigkeit oder den des Veralteten vor-
herrschen lassen will, liegt im Belieben des jedesmal Redenden.
"Was Lucilius betritl't so ist des Ilieronymus Datierung seiner Le-
benszeit vom .1. 606 — 6jl noch immer nicht erschüttert, und auch
das von des Eusebius unrielitiger Ansetzung des ninnantinisclieii
Krieges hergenommene BiMh'nkiMi (von v. lleusde, Epist. ad llenii.
IHH. p. 9 und .1. Becker, Ztschr. f. Alt. AV. 1846. S. 9ö2) ist von K.
*') C Ifabii: ,,Iii f;Ieicher Weise ist wohl mich (\ito scnc.r hei Cic.
p. Süll. §. '2'-^ 11. ]i. Arcii. tf. IC» zu verstehen. Kr heisst .so vielleicht als
ir;uii)t vrrtrcter eines Körners von altem Selirot nml Kern."
Anmcrkiiiigei) zur crsli'ii Satire. 23
F. Hermann, de .scriptdr. ill. (Göttingen 1848. 4.) p. 6 schon lange
beseitigt. Anf des Lueilius natürliclies Lcljensalter bezogen Avürde
sciii'x überdiess die nnwahrscheinlichc Voraussetzung entlialten
dass derselbe seine Satiren zumeist erst in seinen späteren Jahren
verfasst habe. Diess hat J. Apitz (Coniectanea in Kor. Satiras,
Berlin J856. 8. p. lOl) richtig bemerkt, dessen positive Erklärung
(in Lucilii saliris omnem vilam siciiti scnis in tabula votiva clc-
scri piam padiisse , so dass das tert. comp, sei par Lucilii et scnis
garrulilas) übrigens nur der Curiosität wegen angeführt werden
kann.
Nachdem V. 30 — 34 die Art des Lueilius näher bestimmt ist
(vgl. Lucili rilu) , wird es nun ebenso die Unterordnung des lloraz
(und Trebatius , als Liicafitis) unter ihn (melioris) , indem zum
Uebergange der Anschluss des Iloraz an denselben (durch seq. h.)
wiederholt wird. Eben so mache ich es, von meinen bescheidenem
Verhältnissen aus , ohne mich ihm überhaupt gleichstellen zu wol-
len, quidquid sum ego (V. 74). Zu Lucanus an Ajjp. vergleicht
Kirchner Catull 44. I — 5, und Fea Appulej. Apol. p. 28: <le patria
mca , quod cam silam Nuinidiac et GaeluUae in ipso conßnio meis scnplis
üslcndislis , quibns meinet professus sum — ■ Seminumidam et Semigaetu-
lum, non video quid mihi sit in ca rc piudeiulum. — anceps kann ich nur
als masc. (in Apposition zu sequor) betrachten: ich, von dem man
nicht weiss etc. Die von Heindorf für die Möglichkeit der Auffas-
sung als Neutrum beigebrachten Stellen scheinen mir nichts zu be-
weisen. Wenn es Liv. XXXI, 41 heisst: claiiseranf portas , incerlum
vi an volunlate, so ist dort ine. Apposition zii clauseranl und steht daher
ganz nothwendig im Neutrum; und bei Florus — falls aus ihm auf
Horaz gefolgert werden darf — II, 14: regnum — Andriseus invase-
rat, duliium Über an servus wäre dubius unzulässig, da es bedeuten
würde dass A. selbst nicht gewusst habe ob er ein Freier oder ein
Sklave sei. Anders verhält es sich mit dem objectiven aticeps.
V. 35. Gegenüljcr von der gewöhnlichen, auch von Kirchner
vorgezogenen, Verbindungsweisc des colonus (mit Venusinus) hätte
die Ileindorrsche (mit missus) den Vortheil dass das Substantiv da-
durch an Bedeutsamkeit gewänne.
V. 36. Sabellis, s. Kiroliner zu I, 9, 30.
V. 37. Romano kann jedenfalls nicht Neutrum sein, da Tto-
mnnum, wie Wüstemann bemerkt hat, sicli bäuhg finden müsste,
wenn es überhaupt gebraucht worden wäre. 3Iit Bentley agro zu
subintelligieren, also Romanus zn fassen als romanus agcr , scheint
sprachlich unthunlich, zumal in solcher Nähe von hostis ; es bleibt
daher nur der so häufige collective Gebrauch des Volksnamens.
V. 38. Dass quod Pronomen ist (aliquod) hat schon Bentley
gesehen.
V. 39. Din Ansicht von Fr. Jacobs (Lect. Venus. S. 3 »9), dass
scd dazu diene den Gegensatz zwischen der kriegerischen Stel-
2-1 Zweites Buch der Satiren.
lang von Ilorazcus Vaterstadt und seiner eigenen friedliebenden
Gesinnung hervorzuheben, kann ich nicht wahrscheinlich finden,
da jenes Verhältniss in "Wahrheit das der Aehnlichkeit ist: Avie
lloraz nach dem Folgenden sicli (in Zukunft) auf die Defensive,
die Abwehr beschränken will, ebenso bestand aucli die Mission
des colonus Vetiimnus nach dem Vorhergehenden in der Defensive,
der Abwehr der Apulier und Lucaner. Zu diesem Sachverhältniss
die Adversativpartikel in Beziehung zu setzen hat Rauchensteiu
(bei Orelli Ed. UI) versucht: das Vorhergehende habe eine scherz-
hafte Drohung an seine Gegner enthalten, sofern er Abkömmling
von Männern sei die jeden Augenblick haben schlagfertig sein
müssen; indessen Avolle er sich nach deren Beispiel blos abweh-
rend vei'halten. Aber eine Drohung ist in der Bezeichnung als
Venusiner niclif zu erkennen. Denn wenn auch die colonia Vc-
nusia (Orelli Inscrr. 867) in der Mitte zwischen Lucanien und Apu-
lien lag und ein Venusiner daher nicht wusste zu welchem von
beiden er sich rechnen solle , so war darum nicht jeder Venusiner
als solcher — vollends wenn er Sohn eines Freigelassenen war —
Abkömmling der römisclien Bürger welche imJ. -ifiSd. St. (s. Vellej.
I, 14, 5. vgl. Dionys. Hai. Exe. p. 2335) und, nach den Verlusten
des zweiten punischen Krieges, im J. 554 d. St. (Liv. XXXI, 49)
dorthin gesandt worden waren und konnte deren Eigenschaften auf
sich beziehen. Auch ist die Doppelseitigkeit in welcher die coloni
Vemisini so aufgefasst würden — einerseits als allezeit streithaft,
anderntheils blos abwehrend — in den Worten nicht begründet
und fast sich selbst aufhebend. Falls man daher nicht etwa scd
mit Wüstemann kurzAveg abltrecheud fassen will : um nach der
Abschweifung auf das frühere Thema zurückziikommen , müsste
man dasselbe vielmehr in folgender Weise an sequor huuc anknü-
pfen: meine Liebhaberei ist denn also Verse in der Weise des Lu-
cilius zu machen (welche Weise darauf näher l)estimmt wird); in-
dessen werde ich mich hiebei (als Satiriker) innerhalb der Linie
der Vertheidigung zu halten suchen (anders als Lucilius gewölin-
lich tluit, s. V. 64 ff.).
hie stilus ist einerseits gegenüber von dem bisher über die
literarische Thatigkeit des Lucilius und lloraz Gesagten zusam-
menfassend, theils vermiige seiner materialen BeschatVenhcit — als
metallen — geeignet den Uebergang zu dem folgenden lUhle zu
machen (der Griffel ist sein Schwert). Beispiele von Verwundung
und Tödtung durch Schreibgriffel (grnp/iia) s. bei Suet. Cacs. 8*2.
Calig. 28. Sen. de dem. I, 15, I.
nitro stellt auch hier (wie I, 4, 21. 7, 17. II,. 5, 28. 75. W. Ei>.
II, ], 227. 2, 107 u. a.) in seiner gewülinlichen Bedeutung: über
eine Ver])(lichtung, Aufforderung u. dgl. hinausgehend, somit un-
aufgeforcU-rt, ohne äussere Veranlassung, hier s. v. a. tum hicrssiliis.
Die Zusage bezieht sich theils auf die Zukunft, theils nur auf iion
Anmerkungen zur ersicn Satire, 25
personlicli polonüschen Thcil seiner Satiren. Eine Rcizunp:, Iler-
iiusforilerung für den Grift'ol lag übrigens in allen auffallenden, flag-
ranten Erscheinungen; für den Dichter als ethisches Siibject, als
Träger einer idealen Kiclitung, in aller Schlechtigkeit. Dass Horaz
auch bisher bei allen seinen Angrift'en auf Einzelne von persönli-
chen ^[otiven geleitet gewesen sei ist weder zu glauben noch zu
wünschen.
V. 41 hat Kirchner mit Ixecht des fringcre vorgezogen, das
wie hier so auch sonst (bes. Cic. de off. IIF, M, 112. p. Sest. 85,76)
bei weitem besser beglaubigt und auch an sich einzig das Richtige
ist, sofern das Ziehen des Schwertes durch ein Abstreifen der
Scheide erfolgt, ein Entblösen desselben ist. (Dieselbe Anschau-
ung liegt zu Grunde wenn dcstringcre häufig in dem Sinne von ano-
i,vsod^aL gebraucht wird. ) ]\[it dem Schwerte selbst geht keine Tren-
nung in seine Bestandtheile vor sich (denn die vagiiia ist so wenig
ein Bestandtheil des nisis als ein Futteral Bestandtheil einer Brille
ist) , daher (lisiri>i(/rrr enscm für sachlich unmöglich erklärt Aveiden
nniss.
V. 43. positiim, etyS] y.ELnevov (Aristoph. Nub. 44). Pereat
robigine, wie Bakcliylides in seinem berühmten Paean (Fr. 13
Bergk) vom Frieden sagt: i'yx^^- ^^ loyxcorci h,i(pEa. x cc^cpuKca öcc-
j.ivarcei svQcog (V. 9). Vgl. Tibull. I, 10, 49 f.: Pace — Irisda diiri Mi-
litis in ienebris occupal arma siius.
V. 45. Dass commorii von Acro richtig erklärt wird durch
lacessicril, provocriril (behelligt, aus meiner Kühe aufstört, so/licilarU),
zeigt seine Stellung zwischen den verwandten Begriffen noccai und
tätigere. — r Jarno wie Ep. I, 19, 47.
V. 4G. flehit hier anders als I, 10,91. Vielmehr: soll zu
weinen bekommen in Fidge eines zugefügten Schmerzes, d. h. soll
es schmerzlich zu fühlen bekommen, zw büssen haben. Aehnlich
Epod. 5, 74 und im Griechischen xAßfa», z.B. Aristojdi. Nub. 1415.
V. 47 ft". Humoristische Zusammenstellung seiner AVafte (des
slilus) mit der eines Oervius u. s. w. Vgl. V. 24 ff. — Vrnam s. v.
a. iudicia.
V. 48. Um alle möglichen und unmöglichen Auffassmigen von
Albuii zu erschöpfen hat Apitz, Coniectanea p. 102, nun auch
noch den Einfall vorgebracht es als Vocativ zu fassen. Richtig
s(*heint mir einzig die Verbindung mit venenimi. Die Frage von
Apitz : quid hoc venemim ad Canidiam ? beantwortet Kirchner (im
Nachlass) durch die Vermutung: Canidia proeiil dubio venenum ei mi-
nistraverat. Auch ohne dieses genügt Porphyrio's Angabc mit Ila-
berfeldt's Bemerkung: ,, Horaz triflt hier Zwei mit Einem Schlage."
— Ueber Canidia s. Kirchner zu I, 8. S. 274 f. imd dazu meine
Abhandlung über die Abfassungszeit der Epoden, Zeitschr. f. Alt.
W. 1844. S. 515 — 525.
V. 49. Mit der von Kirchner in der Uebcrsetzung und im
26 Zweites Hucli der Snliren.
Naclilass gewählten Deutung: yr. tualiiin est, statt der allgemein
angenoininenen Beziehung auf »linildtiir, kann ich niieh nicht he-
treunden. Das Uehel das er androht ist seiner (Qualität nach nicht
bestimmt weil es sich nach der Beschaftenheit der jedesmaligen
Sachlage richten wird, je nachdem der Process ein civiler oder
crimineller ist, und — im letzteren Falle — je nachdem die An-
klage lautet. — lieber Turius erhellt aus der Stelle selbst dass
er ein Mann war welcher durch die That bewiesen hatte dass er per-
sönlichen Verhältnissen und Stimmungen Einfluss auf seine rich-
terlichen Entscheidungen einräume, und zwar in feindseliger Wei-
se. Von dem was die Scholien über ihn angeben ist kaum ihre
Vervollständigung seines Namens brauchbar. — Die Schreibung
si quid — cerles wird neben ihrer grösseren Gewähltheit und
Schwierigkeit gegenüber von der ordinären {si qicis — ccrlcl) auch
noch durch die dritte Variante (si quid — cerlet) empfohlen. Origi-
nell ist auch hier wieder Apitz (p. 102 f.). Weil bei den beiden
ersten Beispielen das Motiv [iralus, iniinica) ausgesprochen Avar, so
meint er dass es auch beim dritten schlechterdings stehen müsse
(während es doch vielmehr eben darum sehr entbehrlich ist) und
ändert daher se ab in sibi.
V. 50. Auch hier bin ich nicht Kirchners Ansicht, welcher zu
ul bemerkt: hypothetice, Sat. I, 4, 69. Ep. I, 12, 8; und demgeraäss
auch übersetzt hat. Das Richtige gibt Ep. II, 1, 118 f. an die
Hand: hie error — quanias Virtutes haheat, sie coUige. Die
Thatsache ist schon durch die vorausgegangenen Beispiele ausser
Frage gestellt und wird im Weiteren nur noch von neuen Seiten
als Naturgesetz bestätigt.
V. 52. Zur Sache fülirt Lambinus die Parallelstellen laueret.
V, 1032 — 1039. Cic. N. I). II, 50 extr. an, sowie Aristot. de part.
an. II, 9. III, 1.
V. 53. Heindorfs Auffassung von monsiratuin {no^tv ii fu)
evöo^ev ösöeiyf.iii'ov ^ quod u/ide monslralum est nisi infus) finde ich
nicht so gesucht und künstlich wie Oielli und Weber meinen, ja
sogar glätter als die von Letzteren vorgezi>gene : uudc hoc iis mou-
siratum est uisi infus? — Zum F<dgenden vgl. J. A. Schäfer, (Hiser-
vationrs ad aliquot Plinii et Jloratii lucas , Ansbachor Schulprogramm
von 1831, wo (p. 13 f.j namentlich auf den Gegensatz zwischen dem
Namen Scaeva (OKaiog, laeeus) und dem nachfolgenden />/Vi dcxicrn
aufmerksam gemacht und daraus der Schluss gezogen ist dass er-
sterer fingiert sei.
V. 54 erklärte Kirchner, nach seiner -Vnmerkung zu 1,1, 9.")
(S. 17), mit Orelli, Wüstemann, Aj)itz (der es ein Oxymoron
nennt) u. A. : ita iniruin [mm maijis mirum) uf ueque etc. Nur will es
mir scheinen dass es alsflaiiu prirre oder quoil jniif Iieissen miissto.
Und ila auch Ileindorf's Erkhäiung ibirchaus nicht befriedigt, so
finde icli M<'iin'ki'"s Vorscldag weitaus am plausibelsten , der statt
Aiiinerkungeii zur cislon Satire. 27
Beutlcy's »liriim ;;/ cmoiuliit: lüininim. Die Ur.s;u"lio dos AVogfalls
von ni lägo dabei auf der Hand. Vgl. Kirchner zu [, 6, 102 (>S. 242.)
pcrcgrcve. (Hahn meint, das handseliriftliche tniruin sei, als Frage
gefasst, also miriim/, vielleicht doch zu halten.)
V. 57. Nc lotig um faciam, s. Kirchner zu I, '^, 137- Hier:
um die Beispiele nicht weiter zu häufen, sondern kurzweg den (als
Ergehniss aus denselben hervorgehenden) Entschluss auszus^ire-
chen welcher mir feststeht, — unter allen Umständen, komme was
da will, bei meiner literarischen Thätigkeit (als Satiriker) zu ver-
harren.
V. 58. Oder schon in diesem Augenblicke der Tod mir nahe
ist. In Bezug auf die l^arstellungen des Todes ist zu unterschei-
den zwischen dem Sterben, als dem Losreissen vom Leihen, xind
dem Zustande des Todtseins. Beide wurden geAvöhulich als Flü-
gclgestalteu dargestellt, aber nur das Letztere durch einen milden
Genius mit gesenkter Fackel. Den grausigen Bildern für den er-
stem Begriff" ist auch unsere Stelle beizuzählen, welche an einen
Raubvogel erinnert der seine Beute imihroist ehe er sich auf sie
stürzt. — Seine Vermutung dass die Stelle ein (parodischcs)
Citat eines epischen Dicliters enthalte hat Orelli später mit Kecht
aufgegeben. Weder enthält der Ausdruck irgend etwas Uebertrie-
benes, noch wäre hier, bei einer so ernsthaften Sache, etwas l'a-
rodisches am Platze. Dass die Sprache sich hebt liegt auch hier
(wie V. 13 ff.) am Gegenstande.
V. 59. seil = vel si, wie 6. 20. Terent. Andr. I, 2, 19: posliilo,
sirc aerjuum'st, te oro. Tibull. I, 6, 21: cxibÜ quam saepe ^ Urne, scu
viscrc dicel Sacra Bonac — Deae. 11, 4, 43: scu veniet tibi tiiors , ncc
cril (jui lugrat ullus , Ncc qui dct — munus. Propert. II, 20, 29 f. : seu
marc per longum tncu cogitel ire puella, Hanc scquar. III, 21, 7 f.: vix
— admiUil, seu venii exlremo dormit amica toro. Persius Sat. I, 67 f.:
Sive opus in mores — dicere, res grandes noslro dut Musa poctae und
zu letzterer Stelle 0. Jahn, p. 96- — Auf das sclum von Orelli
hinreichend widerlegte luserit konunt Apitz p. 103 zurück. Aber
die Verbannung ist dem Römer weder an sich ctAVas das er leicht
niunnt, noch wäre etwas Leichtes hier am Platze, wo der Sinn
vielmehr ist: Auch das schwerste 3Iissgeschick soll mich vom scri-
bere nicht abhalten.
V. 60. Dass dem Iloraz die homerische Stelle vorschwebt wo
Thetis zu Achilleus sagt: omv^ioQoq ö/j fiot, tsxo?, l'aGeca^ oi uyo-
'jeveiq (II. XVIII, 95) scheint unverkennbar und erhöht das Heitere
der Worte.
V. 62. Kirchner im Nachlass: frigore te fcrial Persius I,
109 de refrigeralo favorc accipit. Sed frigei ipsa haec explicatio. Quid
tum vital is' Frigus de morlc , ul Od. II, 8, 11. Ceterum consulto am-
bigue locntus esse videtur. ^Gegen jene (unter den Neueren besonders
28 Zweites Bucli der Satiren.
von Haljerfeldt adoptierte) Erklärung des Acro und Porphyrio
haben sich mit Eeelit schon Orelli und "Weber (S. 260) lebhaft er-
klärt. Die durch vilulis verlangte Hindeu\ung auf den Tod liegt in
ferial, nicht in frigore. Letzteres bezeichnet allerdings hier (v/ie
bei Sueton. Oct. 66: Jr/rippa ex Icvi frigoris suspicione — MyÜknus sc
cotUidil, und Sen. Ep. XX, 5 (I'22), II: Monlamts Julius iokrahiUs
poela ei amicida Tibcrii notus cl frigore) dem Zusammenhange ge-
mäss: Erkältung in der Freundschaft, Kaltwerden; indem ihm
aber durch feriul eine lebensgefährliche Wirkung zugesclirieben
wird, so ist es zugleich bildlich gedacht, etwa als ein eiskalter
Hauch der Mark und Bein gefrieren maclit (vgl. Weber S. 260).
Uebrigens ist natürlich ferial so wenig als das worauf es sich be-
zieht, viialis, wörtlich zu nehmen, sondern bedeutet: Ich fürchte
dass du bei solchen Grundsätzen es nicht lange treiben wirst , son-
dern dass mit einem Male (vgl. feriai) die hochgestellten Freunde,
die dich bislier gegen die allgemeine Missbilligung gehalten haben,
ihre Hand von dir abziehen und dann dir die Weiterverfoljrune:
deiner Bahn unmöglich wird. Dass dieses Bedenken ein sehr ge-
rechtfertigtes war zeigt auch die gründliche Art wie Horaz es be-
spricht. Er sucht es zuerst apriorisch zu widerlegen , indem er das
Eintreten eines solchen Falles wegen der Erfahrungen welche Lxi-
cilius gemacht habe unwahrscheinlicli findet; dann auch aposterio-
risch, durch Berufung auf das anerkennende Urteil des Octavian,
das freilich schwerlich dem specifisch satirischen Elemente der
horazischen Salurae gegolten haben wird. Was Horaz über die
Aufnahme sagt welche Lucillus' Satiren bei Scipio und Laelius
gefunden haben, dem fühlt sich sehr wohl an dass es überwiegend
paränetisch gemeint ist, als Vorbild für seine eigenen Gönner.
V. 64. „Respicit fabulam vel de asino qui pellem leoninam indiie-
rat vel de vulpe, ut Ep. T, 16, 45: iuirorsum turpem, spcciosum pelle
decora.^^ Kirchner (im Xachlass).
V. 65. Von den beiden dii)lomatisch gleichberechtigten Les-
arten hat auf für sich die grössere grammatische Schwierigkeit (s.
Krüger lat. Gr. §. 287, A. 3. S. 372), vermöge der sie der Gefahr
des Verändertwerdens mehr ausgesetzt war; für el spricht dass da-
bei Laelius und Scipio als ungetrenntes Paar behandelt werden.
V. 67. Da bei Melello nur an Q. Caecilius ^letellns ^facedoni-
cus, Cos. 611 (Real-Enc. II. S. 23 f. Nr. 6), gedacht werden kann,
und zwischen diesem und Scipio doch dissensio bestand (Cic. de oft".
I, 25, 87), so hat Kirchner (im Xachlass) doluerr — statt es auf
Laelius und Scipio zu beziehen — vielmehr durch homines erläu-
tern zu müssen geglaultt, was abor schon durch V. 71 ff. widerlegt
wird. .Teno Schwierigkeit ist auf andere Weise zu beseitigen.
Einmal war die Entzweiung zwischen beiden ]\[äunern lediglich
politischer Art (Cic. Lae.l. 21, 77. Kep. I, 19, 3l) und schloss ge-
genseitige persfiuliche Achtung nicht aus, wie denn Cicero (de off.
Anmerkungen zur ersten Salire. 29
1. 1. vgl. VcUej. I, 11, 6: acres iniioccnlcsque pro rcp. cum inimicis ro)i-
Irnlioncs) ausdrücklicli sagt class dieselbe sine accrhilalc gewesen sei
und von 3Ietellus verschiedene Aensserungeu wärmster Anerken-
nung von Scipio's Grösse nach dessen gewaltsamem Ende über-
liefert sind (Val. Hax. IV , 1 , 12. Plin. YII, 45). Sodann schl'ss
die verschiedene Partcistellung ebenso wenig einen gewissen Corps-
geist aus, vermöge dessen den Scipio rücksichtslose Behandlung
eines Aristokraten, auch wenn derselbe sonst sein Gegner war,
hätte empfindlich berühren können, trotzdem dass er selbst — ver-
möge seines persönlichen Verhältnisses zu Lucilius — ein ähnli-
ches Schicksal nicht für sich fürcliten durfte (vgl. V. "23). Ueber-
haupt aber scheint es mir, unter Voraussetzung von Hieronynms'
Datierung von Lucil's Leben, unwahrscheinlich, wo nicht unmög-
lich dass Scipio zu des Satirikers Angritfen auf Zeitgenossen in ir-
gend Avelche IJezichung treten konnte. Als Scipio im J. 625 seinen
Tod fand war Lucilius erst 19 Jahre alt, also keinenfalls schon als
Satiriker thätig. Daraus lässt sich nun freilich ebenso gut gegen
die Kiclitigkeit von Hieronymus' Datierung von Lucil's Geburt
argumentieren, wie auch aus V. 71 ff. man versucht ist grössere
Altersgleichheit zwischen Scipio , Laelius und Lucilius zu folgern
als sie sich bei jener Datierung ergibt; indessen führen solche
Zweifel nicht eben viel weiter, und es ist andererseits auch nichts
weniger als undenkbar dass der Darstellung des Horaz (bes. noti
dolucre) keine positiven Ueberlieferungen zu Grunde liegen, son-
dern dieselbe auf der selbstgemachten Corabination zweier fest-
stehenden Tliatsachen beruht, nämlich einerseits der Angriffe des
Lucilius auf Männer wie 3Ietellus und Lupus, andererseits der un-
getrübten Freundschaft zwischen Scipio und Lucilius bis an des
Erstem Ende. Oder kann Horaz das was streng chronologisch
genommen nur von Laelius ausgesagt werden durfte, dass er die
Angriffe des Satirikers auf Hochstehende nicht übel vermerkt habe,
auch auf den notorischen andern Freund des Lucilius ausgedehnt
haben. Das Eine wie das Andere ist um so eher möglich weil es
dem Horaz um jeden Preis darum zu thun sein musstc eine Paral-
lele zwischen Lucilius und sich in der fraglichen Beziehung zu
gewinnen. Hinkt sie ja doch auch in anderer Hinsicht, wie Horaz
selbst vollkommen klar erkennt (V. 74 f.). Denn das bürgerliche
und sociale Verhältniss zwischen dem röm. Ritter Lucilius und
dem neuadligen Laelius war doch ein ganz anderes als zwischen
Horaz und ^laecenas u. A.
V. 00. urripuit vgl. 3, 224 und Liv. II, 54: consiiles Gciiucius
fr. pl. arripuit. Zur Sache vgl. Kirchner oben S. 144 f.
V. 71 ff'. So wenig fühlten sie sich beleidigt dass sie vielmehr
fortwährend das innigste, vertrauteste Verhältniss mit ihm unter-
hielten.
V. 72. Ueber die Umschreibung vgl. Kirchner zu I, 2, 32
30 Zweites Buch der Satiren.
(S. 42). Dor Ausdruck besagt das Aufgehen des betr. Subjectcs
in der fraglichen Eigenschaft, des Scipio in der rirliis u. s. f.
V. 74. oluSf s. Kirchner zu I, 6, 115 und dazu Ep. I, 17, 13—
15- Auch vgl. Plin. H. N. XXIII, 1,5: urilur in furno donec panis
pcrcoqiialur.
V. 76. magnis, s. Kirchner zu I, 6, 73 (S. 234) u. vgl. oben
V. 61 : maiorwn. Zur Sache vgl. I, 10, 84 ff. Ep. I, 20, 23.
V. 77. „Respcxit fahulam de vipera limum mordentc, upud Phacdr.
IV, 8." Kirchner imXachlass (nach dem Vorgang von Dacier U.A.).
An die ,, harte Nuss" liat schon Ilaberfcldt gedacht. Auch ist die
Vorstellung vom Zahne des Neides eine häufige; s. Od. IV, 3, 16
und dazu Mitscherlich,
V. 79. Unter den Varianten können nur dif finde rc und
diffinger e ernstlich in Betracht kcmimen, um welche beiden sich
die zersprengten andern herumgruppieren. Hinsichtlich der äusse-
ren Beglaiibiguug halten sich diese nahezu die Wage, nur dass die
Autorität des Bland, antiquissimus von Cruquius, sowie das von den
Ildsch. einstimmig gebotene hinc dem difßndere einige Ueberlegen-
lieit verschafl't. Fragen wir sodann, welches von beiden eher einer
Correctur ähnlich sehe , so lässt sich zwar sagen , die Abschreiber
seien in Versuchung gewesen dem Trebatiiis einen juristischen Aus-
druck zu octroyieren und daher das ursprüngliche dif fingere abzuän-
dern in diffinde?'e. Aber diese Versuchung war doch nicht gross
und dringend, und diffindere als juristischer Kunstausdruck so ent-
legen dass Kenntniss und Einschnuiggelung desselben durch die
Abschreiber — • vollends an der 8telle des planen diffincjere — zu
den entferntesten Möglichkeiten gehört. Andererseits aber lag
eben in der Unverständlichkeit des difßndere eine starke Versu-
chung zu Abänderung desselben, wobei diffingere nach äusserlicher
Aohnlichkeit Avic materieller Brauchbarkeit nahe lag und durch
Horaz selbst (Od. III, 29, 47) geboten wurde. Sind so die äusseren
Gründe entschieden mehr für d, so müssten die exegetischen Ein-
wendungen gegen dasselbe von ganz anderer Beweiskraft sein als
sie es wirklich sind, wenn dadurch jenes Ergebniss sollte umge-
stosscn werden können. Zwar ist Bcntley vollkonuuen zuzugeben
dass diffindere im Sinne des juristischen Sprachgcbrnuches [diem dif
findere , vom Abbrechen einer begonnenen Verhandlung unter Ver-
taginig derselben) hier schlccliterdings nicht am Platze wäre: dar-
aus folgt aber nicht dass auch in jeder andern, der eigentlichen
(spalten, sprengen, in welcher es auch Od. III, 16, 3 gebraucht ist
und bei Appulej. Met. IX, p. 225: addens eiinciim, </iii rigentem nervi
leniieildlem viidcnter diffinderet) mehr oder weniger nahestehenden
IW'dcutung. Als solche kann froilicli nicht mit Düntzer behatiptct
werden: etwas durch Beweise zu Niclite machen, widerlegen;
wohl aber mit Fea und Orelli = ahseindere. reinovere ae reieere: ich
kann Nichts davon wegspalteu, Nichts davonthnn , muss es (deine
Anmerkungen zur ersten Sniire. JJ I
Bcliauptimg) lassen wie es ist, kann Nichts- dagegen sagen, uniss
mich damit einverstanden erklären. Weber erinnert hiebei an das
deutsche: ,, davon beisst keine Maus einen Faden ab;" und es ist
ganz wohl denkbar dass irgend welche ähnliche Vorstellung dem
bildlichen Ausdrucke tlif/i/nl. zu Grunde lag, welcher der Sprache
des gemeinen Volkes entnommen zu sein scheint, deren significante
Bezeichnungen die römischen Juristen auch soui^t gern geiirauchcn,
und Trebatius um so eher da er ein liumoristischer Charakter war.
— ■ Uebrigens vertheidigt difßngcre (und in zweiter Reihe ilif/idcrr)
Wiss, Quaest. Ilor. V. (1835. 4.) p. 25 ff. Kirchner, der — nach
seinen Aufzeichnungen zu schliessen — früher gleichfalls für dif-
fingcrc war, hat scliliesslich seine Ansicht geändert, wie der Text
und die kritischen Anmerkungen zeigen.
V. SO. ül — c Ureas, elliptisch zu fassen {fac iil r. nach Scliol.
Cruq.), wie im Griechischen OTicog (s. m. Anm. zu Aristoph. Nub.
257). Funkhänel, welcher iil mit monitus verbindet, durfte sich
dafür jedenfalls nicht auf Schol. Cruq. berufen; aber es scheint
auch dass diese starke Hervorhebung der (im Nachfolgenden erst
vor sich gehenden) Warnung („in der Eigenschaft eines Gewarn-
ten'') hier nicht recht passend wäre.
V. 81. sanclae ist ein ganz gewöhnliches Epitheton der Ge-
setze überhaupt, welches besagt dass sie in ihrem Ursprünge mit
religiösen Garantien umgeben, unter den Schutz der Götter ge-
stellt und als solche unverbrüchlich zu halten sind. Vgl. Ülpian
Dig. I, 8, 9. §.3: projirie dicimus sancta qtiue neqiie sacra iiequc pro-
fnna sunt, sed scmclione quadam con/irinata , iit Irges sanclae sioil , san-
clinne enim qiiadatn sunt subnixae. So sagt Licinius Calvus bei Serv.
Aen, IV, 58: et leges sanclas dociiit. Halm fasst ähnlich sanctac le-
gcs als „Gesetze auf deren Uebertretung Strafe gesetzt ist," und
vergleicht Cic. p. Rab. Post. §. 8: si est hoc novum in lege Julia ^ si-
culi muUu sunt severius scripta quam in antiquis legibus et sanclius
(d. i, wohl: mit schärferer Verpönung) etc. und Justinian's Instit.
n, 1, 10: ä/co et legum eas partes quiljus jmenas constituimus adrrrsus
eos qui contra leges fecerinl sanctiones vocamus. — ■ Legum, insbe-
sondere wohl die lex Cornelia de iniuriis vom J. 672 oder 673, welche
zwar ur.sprünglich nur auf Realinjurien sich bezog (Ulpian. Dig.
XLVn, 10 pr.: lex C. de i. compctit ei qui iniuriai'um agerc volet ob
eam rem quod sc pulsatum ver1)eratumve , domumvc suani vi introilam esse
dirat) und für diese eine Criminalklage einiührte, aber bald auch
auf Wrbalinjurien ausgedehnt worden zu sein scheint; für die Kai-
serzeit wenigstens erhellt diess aus ib. §.9: si quis librum ad in/'a-
miam alicuius pcrtinenlem scripscrit, composuerit , ediderit, dolore vudo
fccer it — uli de ea re agerc liceret; et si condemnatus sit qui id fccit in-
testabilis ex lege esse iubctur. Uebrigens war in der Zeit unserer Sa-
tire eine solche Erweitei-ung der lex Cornelia noch kein dringendes
Bedürfuiss, da in derselben zwar die Bestinnninij? der XH Tafeln
32 Zweites Buch der Satiren.
mit ihrer barbarischen Androliung von Todtprügelung für das occcn-
lore und condere Carmen qiioii i))fiiiniam faciat alteri gewiss längst anti-
quiert war, dafür aber das prätorischeEdict bestand, welches besagte :
qtii advcrsiis bonos mores (d. h. ad infamiam vel mvidiam alicuins spe-
ctans , Ulp. ib. §. 5) convicium ein fecisse , cuhisve opera faclum esse
dicelur quo adversiis bonos mores convicium fierel, in cum iudicittm dabo
(Ulp. Dig. 1. 1. 15, 2), und weiterhin: ne quid infamandi caussaftat:
si quis adver sus ea fecerit, 2)rout quueque res erit, animadverlam (ib.
§. 'Ib). Schützte dasselbe doch sogar Sklaven: qui servum alienum
adversus bonos mores verberavisse — dicelur, in cum iudicium dabo : ilem
si quid aliud factum esse dicelur (wohin Ulpian §. 44 besonders rech-
net: si infumalus sit vel facto aliquo vel carminc scriplo) , caussa coynita
iudicium dabo (ib. §. 34). Dass in unserer Stelle dem Redenden das
prätorische Edict zunächst im Sinne liege scheint auch aus ius est
iudiciumque (verglichen mit dem angef. iudicium dabo) hervorzu-
gehen. Das Angeführte zeigt zugleich dass das prätorische Edict
civile wie criminelle Behandlung der Injurien umfasste; wie auch
bei der le:c Cornelia der Fall gewesen zu sein scheint, deren crimi-
neller Charakter schon aus der Androhung der Infamie erhellt,
während andererseits mindestens in der späteren Zeit auch die ur-
sprünglich prätorische actio iniuriarum aestimaloria auf sie mitbezo-
gen wurde ; s. Marciau. Dig. 1. 1. 37 , 1 : eliam ex lege Cornelia iniu-
riarum actio civiliter nioveri jwtcst, condemnatione aestimatione iudicis fa-
cienda.
V. 82. Ueber die Dehnung d( r Endsilbe in condiderit s.
Kirchner zu I, 4, 82. und vgl. unten zu 3, J.
V. 85. opprobriis dignum, so dass also die exceptio veri-
tatis Platz greift. Vgl. Paulus in Dig. XL VII, 10, 18 pr. : cum qui
71 oc entern infamavit non esse bonum aequum ob eam rem condemnari ;
peccata enim nocentium nota esse et oportere et expedire. Darin liegt
die sachliche und zugleich juridische Berechtigung zum Angrift'e ;
die persönliche und moralische in inleger ipse. — Der Singularis
[dignum) steht weil zunächst nur von einem einzelnen Falle die
Rede ist, in welchem eine Klage angestellt gedacht wird.
latraverit liat ohne alh^i Zweifel auF den ersten Anblick
etwas sehr Auffallendes, das Bentley mit gewohnter Schärfe und
Lebhaftigkeit dargelegt hat. Aber durch die lldsch. ist es unver-
gleichlich besser beglaubigt als laccrarerit , das überdies* eben
durch seine Unanstössigkeit und seine LIebereinstimnnnig mit dem
gewölnilicluMi Sprachgebrauche, wie ihn Bentley nachgewiesen
liat, sich als ('(urectur kundgibt. Eine metliodisclie Kritik würde
dalier der Aufnalime von bttr. nur in dem Falle sich entziehen kön-
nen wenn sicli dasselbe als innerlich vollkommen unhaltbar und
unmöglich erweisen lie.ssc. Diess ist aber durchaus nicht der Fall.
Dass CS sprachlich nicht anzufechten ist hat Bentley sell)st durch
Epod. j, j7 f. und Ep. T, 2, 66 erwiesen. Aber nucli die sachlichen
Anmerkungen zur ersten Satire. 33
Bedenkcu friedigen sich bei genauerer lietrachtung. Wohl wird
in der Kegel lalrarc von einem Aveit tiefer Stehenden gegenüber
von einem Höhereu, und von kleinlichen, hämischen Angriffen ge-
braucht werden. Aber dass das Erstere nicht immer der Fall ist
zeigt das von Bentley selbst angeführte Beispiel Liv. XXXVIII,
54: morle Africani crevere inimicorum animi, qiionim priiiccps fuÜ M.
Porcius Calo , qui vivo ijuoquc co adlalrare magnitiulincm eins sotiUis erat.
Und ganz treffend hat AVeber 8. 264 bemerkt, der Ausdruck ver-
liere sein Anstössiges wenn man statt an einen bosliaften, jedem
Vorübergehenden an die Beine falu-enden Klafter vielmehr an ei-
nen treuen , wachsamen Haushund denke , der zwischen ehrlichen
Leuten und verdächtigem Gesindel zu unterscheiden weiss und
jene unangefochten ihres AVeges gehen lässt, diese aber abzuhal-
ten sucht, auf ihr Nahen aufmerksam macht und Hülfe gegen sie
herbeiruft. Ebenso macht der Satiriker Lärm nur über die
Schlechten und sucht das öftcntliche Gewissen gegen sie wachzu-
rufen. Sie zu laccrare , dazu hat er gar nicht das Recht, iind es
würde daher seinen Handel verschlimmern und hätte auch Octa-
vian's Billigung nicht erhalten können wenn er sich eine solche
Ueberschreitung seiner Befugniss hätte zu Schulden kommen las-
sen. Zu Allem diesem hin möge man sich das zu V. 20 Auseinan-
dergesetzte vergegenwärtigen, die Achnlichkeit von arripuü (V. 69)
erwägen , sowie endlich bedenken dass nach der gewählten Fas-
sung Horaz seine Person gar nicht unmittelbar mit dem lairare in
Beziehung setzt, sondern die Darstellung allgemein hält, so dass
er scheinbar niir von einem angenommenen Falle redet.
V. S(). Die taJnilae bezog Gesner auf die labellae imUciariae
(wiewohl er zugleich die Erklärung mit subsellia damit vermengt)
und nahm solvi = frangi ^ wobei sich aber eine alberne Vorstellung
ergäbe, wenn man das Lachen sich als das die Zerbrechung dieser
Täfelchen Bewirkende denken müsste; nähme man jedoch risu als
Abi. modalis (wie silcnlio), so wäre einzuwenden dass das Zerbrechen
der hölzernen Stinnntäfclclien durch die Kicliter nicht nur sehr un-
nöthig, sondern sogar unberechtigt wäre. Zud<'m ist labellae der
technische Ausdruck , statt dessen nicht etwa das völlig verschie-
dene iabulae gesetzt werden kann. Schon aus diesem Gnuide kön-
nen wir auch die verwandte, schon von Acro eventuell gegebene
{Alias: non erunl in cum severi [iucUces] qui iure persequilur) , vtm
Matthiä zu Cic. pro Rose. Am. 29 , 82 ausgeführte {iit Cic. de or. II,
58, 236: „odiosas res ioco risuque dissolvere"' dixil, sie Hör. „solv. r.
lab.'\ i. e. senlenüae iudicinn miliares ßeiü risu) und von Wüstemann
und Or(dli adoptierte Erklärung nicht billigen. Nimmermehr kann
iabulae die setilenliae iudicum (oder gar die iudiees selbst) bedeuten,
und solvi weichgestimmt werden. Und dass es etwas Anderes ist
zu sagen odiosas res 7'isu dissolvere , und tabulas solvere, hat schon
Weber bemerkt. Andere haben Iabulae von den Gesetzestafeln
HORATII SAT. II , 2. "
34 Zweites Buch der Satiren.
verstanden. Auch diess findet sich schon bei Acvo {(uil ipsae leges)
nnd wurde verfochten von H. Stcphanus, Lambin, Haborfeklt,
Mitscherlich (im Göttinger Prorectoratsprogramm von 1826. l'ol. p.6:
leges solvitnlur, labefactanlur , senlailia iudicum non saus ad cas exacla,
qua reiis poetiae secutidiim eas irroyatidae sublrahüur) , Döring, Dün-
tzor, Krüger, Kirchner (im Nachlass: iahidas inlelUge XII legiiiu:
vim sitam amitlenl) , Apitz (risu luo , i. e. satira (ua , leges i-esolvcntur
seu rescindenlitr). Aber Horaz kann doch nicht sagen wollen dass
seine Freisprechung dem Rechte zuwider erfolgen werde; wird er
aber freigesprochen weil man von seinem Falle findet dass er nicht
unter das fragliche Gesetz siibsumiert werden könne, so ist das
keine Auflösung des Gesetzes. Dazu kommt dass nach dem zu
V. 81 Bemerkten die XII Tafeln nicht hieher gehören. Drittens
Zeune und G. Hermann bezogen tabulae auf die Satiren des Horaz,
indem der Erstere meint saiiras in iudichim allatas et sigillis ac vincidn
solvendas esse, G. Hermann aber erklärte : man wird lachend dein
Buch aufmachen und dich gehen lassen (Philologus IV. S. 626) . Aber
dass tahidac kurzweg von Papierrollen (vgl. Ep. I, 20) solle ge-
braucht werden können ist imglaublich. Am wahrscheinlichsten
finde ich daher noch immer die Erklärung Heiudorf's: es wird sich
ein solches Gelächter erheben dass davon die Bretter auseinander-
gehen, ähnlich wie wir sagen: er lügt dass sich die Balken biegen.
Diese Auslegung hat Weber unterstützt durch Juvenal VII, 86:
cum fregü suhscllia versu Esuril. Zwar hat Mitscherlich 1. 1. hiege-
gen eingewendet: lUa legis interprclalio vix eiusmodi est ul tanlum
7'isum provocare poluerit sicque ht/pcrbolen islam excusarel, nee inde ap-
parel quam vim iste risus effusior ad absolrendum Horalium habere po-
tuerit. Aber das Erstere ist doch wohl Ge.scbmackssache, und was
das Zweite betrifft so ist damit dass die Richter selbst einen Fall
als gar nicht ernsthaft behandeln zugleich die Frivolität der An-
klage ausgesprochen. Der starke, volksthümlich hyperbolische
Ausdruck scheint uns der Sprechweise und dorn (Miarakler des
Trcbatius (s. zu V. 79) wohl angemessen.
/weite S a t i r e.
Ki nl Ol tun o\
Ihr 'IMiema stellt diese Satire selbst an ihre Spitze: os i.st
die Kuipl'elilung geniigsauu'r Jjebensweiso (des ^»«/to vii'erc, V. I ;
Einleitung zur zweiten Satire. 35
riclus te/niis, V. 53. 70), im Gegensatze zu der in der Zeit des Dich-
ters lierrschendeu Genusssucht. Diese Enipfehhing -wird erstrebt
zuerst durch Bekämpfung dieser Schwelgerei und der Vorurteile
auf denen sie beruht ( — V. 52). Würde man ein arbeitsames, thä-
tiges Leben führen (V. 4 — 22), so würde man sich überzeugen dass
der Unterschied welchen man zwischen den Speisen macht ein
rein imaginärer ist, beruhend auf blosen Vorurteilen und der ]\[ode
( V. 23 — 52). Der Begriff der einfachen Lebensweise wird schärfer
Ix'stinuut durch Abgrenzung desselben, Avie im Bisherigen gegen
die Ueppigkeit, so nun auch gegen schmutzige Lebensart, zwi-
--(.hen welchen beiden Extremen die AVahrheit in der Mitte liege
V- 53 — 69). Ferner wnrd die Empfehlung des (enuis virius bewirkt
durch Darlegung seiner Vortheile (V. 70 — ^99), welche bestehen in
körperlicher und geistiger Gesundheit , Frische und Arbeitsfähig-
keit (V. 71 — 8l), in der ^Möglichkeit bei besonderen Anlässen und
in späteren Jaliren etwas zuzugeben (82 — 88) , dem steten Vor-
liandensein eines Vorraths für Gäste (89 — 93) und der Bewah-
rung eines guten Leumunds (94 — 99). Keine Bereclitigung zu ent-
gegengesetzter Lebensweise verleiht auch der grösste Reichtum;
iiat man Ueberfluss, so verwende man ihn für wohlthätige und
fromme Zwecke und dazu um für die Zukunft (und etwaige
Wandlungen des Glückes) sich etwas zurückzulegen (V. 99 — 11 1).
Iliezu wird noch gefügt dass der Redende, der Landmann Ofellus,
diese Lehren durch sein eigenes Leben und Beispiel bestätige, in-
dem er früher im Wolilstande nicht besser gelebt habe als jetzt in
beschränkteren Verhältnissen (112 — 125); daher er denn auch durch
-eine Denkweise gegen alle Schläge des Schicksals gewappnet sei
126 — 136).
Dass die ganze Auseinandersetzung dem Ofellus in den Mund
-elegt ist hat seinen Grund wohl hauptsächlich darin dass der
1 )ichter seine eigene Person nach Alter und Lebensweise zum
Träger der Ideen dieser Satire nicht besonders geeignet fand.
Denn auf die Darstellung selbst ist diese Einkleidung ohne Ein-
tluss: der Bauer verräth eine Detailkenntniss der städtischen Le-
bensweise als wäre er der gewiegteste Städter, Ja, auch des Vor-
tlit'ils welchen Horaz sonst ans der Uebertragung des Wortes an
oinen Dritten zu ziehen liebt, dass er uns über seine eigene Ueber-
/.('Ugung hinsichtlich der in Rede stehenden Fragen in einiger L'nge-
Liewissheit lassen kann, begibt er sich diessmal freiwillig durch die
Wendung in V. 112: quo magis his credas. Der baare Ernst, die parä-
netische Tendenz, ohne künstlerische Illusion, tritt damit zu Tage.
In Bezug auf die Abf assungs z eit der Satire herrscht grosse
Meinungsverschiedenheit. Ins Jahr 717 d. St. setzt sie Kirchner
<^)uaest. hör. j). 13. 60 und oben Bd. I. S. 8 f.), welchem W. E.
Weber (Iluratius Flaccus u. s. w. S. 198 — 201) beitritt; ins J. 718
AValckenaer {Hisl. de In vie d' Nor. I. p. 283 ff.); l'ür 719 entschei-
3*
36 Zweites Buch der Satiren.
den sich G. F. Grotefend (Erscli und Gruber II, 10. S. 463) und C.
G. Zumpt (vor Wüstemann's Ausg. S.38); für 720 C. Franke
(Fasti hör. p. 114) und Düntzer (II. S. 269); 722 wählt C. Passow,
und 725 endlich Ohr. Jahn zu V. 104 {der zweiten Ausg.), sowie
Obbarius, in dessen Jahrbb. XXXVII. S. 364, und der Verfasser
des Gegenwärtigen, im Rhein. Mus. N. F. IV. S. 211 — 213, vgl.
S. 220. 240. Diese Verschiedenheit hat ihren Grund darin dass posi-
tive historische Zeitandeutungeu in dem Stücke lediglich nicht ent-
halten sind. Denn mit Unrecht hat man solche theils in V. 103 f.
theils in V. 112 fl". entdecken wollen. Wenn V. 103 f. gefragt wird:
quare lempla riitinl cmliqua dcum.' so ist diese ganz beiläufige Er-
wähmrng einer notorischen und längere Zeit bestehenden That-
sache nicht geeignet darauf den Schluss zu gründen dass sie in
Zusammenhang stehe mit der von Octavian in seiner Censur (Jahr
726 d. St.) vorgenommenen Wiederherstellung zerfallener Tempel
(Dio Cass. LIII, 2, 4: rcHv vaav TiQovoiav iTTOirjOaio' TOvg fxav yaQ
. . . iTnazEvdaui iy.iXsvasv, zovg de loLTCOvg avTog uvey.xi'fiaxo. Vgl.
Suet. Oct. 30: aedes sacras velustale collapsas atii incendio abstimplas
refecit. Ovid. Fast. II, 57—61). Das Einzige was sich daraus fol-
gern Hesse ist das sich ohnehin von selbst Verstehende : dass die
Satire verfasst sei zwischen dem Anfange der Bürgerkriege, der
Hauptursache jenes Zerfalles, und dem J. 726. Sodann V. 112 ft".
soll beweisen dass Horaz kurz vor der Abfassung dieser Satire den
Ofellus wieder in seiner Heimat gesehen \ind gesprochen habe,
was nur gelegentlich der brundisinischen Reise habe geschehen
können. Diese Argumentation hat namentlich Kirclmor geltend
gemacht; ich muss aber die beiden Behauptungen welche sie in
sich schliesst gleich sehr bestreiten. Weder kann ich in der
Stelle eine Xöthigung erl)licken eine Erneuerung des persönlichen
Verkehrs zwischen dem Dichter und Ofellus anzunehmen, noch
auch sonst einen Grund diesen vorausgesetzten Verkehr auf die
brundisinische Reise zu beschranken. In letzterer Beziehung liat
Strodtmann (Hör. Serraonendicht. S. 313; mit Recht bemerkt dass
wir überhaupt von den Reisen unseres Dichters viel zu wenig wis-
sen um bestimmen zu können wann derselbe seine Vaterstadt Ve-
nusia wieder besucht habe, in welche ihn zu einer unbekannten
Zeit irgend welche persönlichen Angelegenheiten zurückführen
konnten. Und was das Ersterc betrifft so kann ich schon das nicht
kurzweg zugeben dass der „Bericht über des Ofellus einfache Weise
das Gepräge frischer, localer Erinnerung trägt" (Kirchner I. S.9):
er trägt nur das Gepräge der Anschaulichkeit, das aber bekannt-
licli keineswegs eine unmittell)ar zeitlich vorhergegangene leibliclie
Anschauung voraussetzt. Sodann von den 'rextworten selbst be-
weist uunc (V. II4) wohl dass Ofellus zur Zeit unsert>r Satire noch
lebte: aber was ist damit gewonnen so lange wir die Abfassuuüs-
zeit von dieser nicht kennen? Dagegen besteht erstens bei novi
Einleitung zur zweiten Satire. 37
(113) keine Nöthigiing die persönliche Ansclianung von derjenigen
Seite aitf welcher das AYort stellt , der Kindheitszeit des Dichters,
auszudehnen auch auf die Gegenwart; vielmehr könnte man ver-
muten dass dieses üherwiegend auf Acrmittelte Wahrnehmung
(z. B. durch Berichte Anderer) hindeutende Wort statt des näher
liegenden vidi schon hei der ersten Hälfte gewählt Avorden sei Aveil
villi für die zweite Hälfte {quam nunc accisis) nicht gepasst hätte.
Zweitens videas (114) giht, wie schon J. Täte, Horat. restit. p. 146,
bemerkt hat, für chromdogische Folgerungen entfernt keinen An-
halt; und nuper (V. 133) enthält eine so unbestimmte Hhideutung
auf eine nicht sehr entfernte Vergangenheit dass auch daraus nicht
zu entnehmen ist wie lange es sein mag seit Ofellus durch die nach
dem Bellum Muiinense (71l) von den vereinigten Triumvirn beschlos-
senen und ausgeführten, nach dem bellum Philippcnse (vgl. Ep. II,
"2, 49 ff.) fortgesetzten Proscriptionen und Ackervertheilungen —
welche sich namentlich auch auf Venusia erstreckten *) — seines
(rrundeigenthums beraubt und aus einem domi?ius zu einem colonus
des Veteranen Umbrenus gemacht worden war: so dass nuper,
wenn auch nicht ganz ebenso gut wie z. B. zum J. 717, doch noch
vollkommen stimmen würde auch zu dem J. 725 als Abfassungszeit
unserer Satire. Eben so wenig lässt sich, was Franke's Haiipt-
argument ist, eine Folgerung ziehen aus der Stellung unserer Sa-
tire als zweite dieses Buches, da für uns Frankens Voraussetzung
von einer chronologischen Ordnung der Satiren nicht existiert (vgl.
Rhein. Mus. N. F. IV. S. 94-97. 115. 221 f.).
So von äusseren Anhaltspunkten für die Bestimmung der Zeit
unserer Satire völlig im Stiche gelassen sehen wir uns ausschliess-
lich auf die — freilich nicht für Jedermann gleich überzeugenden
— inneren Merkmale angewiesen, auf den Gedankenkreis und die
Darstellungsweise imseres Gedichtes. Und in dieser Beziehung
qlaube wenigstens ich der Satire den Charakter der Jugendlichkeit
lieilegen zu müssen. Schon dass der Verfasser sein Thema so weit
und allgemein wählt finde ich hiefüi- bezeichnend: er gibt sich der
jugendlichen Hoffnung hin durch seine Strafpredigt etwas anders,
etwas besser zu machen, er glaubt die Strömung der Zeit aufhalten
und umlenken zu können wenn er sich ihr entgegenstelle. In
Uebereiustimmung damit findeich auch die Darstellung selbst: den
lebhaften, eindringlichen, aber auch etwas polternden Ton, das
Unkünstlerische der Einkleidung und ihrer Durchführung, und
manche Unbehülflichkeiten des Ausdruckes im Einzelnen, wie die
undurchsichtige Con.struction V. 10 ff., in deren Maschen der Dich-
*) Appian. h. c. IV, .3 : infXTttaai de rjdr] xbv crgcnov ig r« viy.rjtrJQiK
Tov noXiuov alXaig zs dcooFccig xai ig ■AuxoiY.iav Söa^at zcav IzaXiv.wv nö-
Ifcov o-Azto-Auiöi-Aa . . . Y.ai Tjaccv cu nöXeig cclXai zs Kai ui itSQKpavtGzazat
(läXiczct avzäv Kanvri Y.cd Pijyiov kuI O.vsvovgl'u u. s. w.
38
Zweites Buch der Satiren,
tcr sicli selbst verstrickt, den unverstiinclliclicu V. 29, tlas Unver-
mittelte des Uebcrgaiigs V. 70, das Ungewandte des Jltcr in V. 80,
u. dgl. mehr. Wenn man diess zugibt darf man es nicht dadurch
zu erklären glauben dass mau sagt , unsere Satire stehe denen des
ersten Buclis der Zeit nach am nächsten*). Denn das erste Buch
enthält auch Gedichte von höchster Kunstvollenduug, ^ie I, 6 und
10, besonders aber I, 9. Vielmehr muss man jene Aehnlichkeit auf
die älteren — und damit, bei einem Dichter welcher mehr Talent
als Genie ist, auch minder vollkommenen — Satiren des ersten Bu-
ches beschränken. Ganz besonders auffallend finde ich die Ver-
wandtschaft unserer Satire mit der ersten des ersten Buches. In
beiden derselbe Ideenkreis: die Mahnung ind-a nalurae fines vivcre
(1,1, 50) bildet den Inhalt wie von I, 1 so auch von II, 2, — nur
dort ausgeführt in Bezug auf das Erwerben, hier auf das Genie-
ssen, so dass beide einander gegenseitig ergänzen. In der Polemik
wider die entsprechenden Zeitgebrechen in beiden dieselben reali-
stischen Waffen: man vgl. I, 1, 46 ff. mit II, 2, 27 f. 34. Auch sonst
manche Aehnlichkeiten des Gedankens: vgl. I, 1, 73 ff. mit 11, 2,
102 ff. , I, 1, 80 ff", mit II, 2, 108 ff. und I, l\ 101 ü\ mit II, 2, 53 ff.
Sodann liinsichtlich der Anlage in beiden dasselbe Vor- und Zu-
rückspringen, in der Darstellungsweise in beiden Schwerfälligkeit
und Dunkelheiten: in der einen wie in der andern zahlreiclie cni-
ces i/ilerprefion, Uebergänge wie I, 1, 108 und II. 2, 70, und (Am-
structionsverwicklungen ebenso I, 1, 23 ff. wie II, 2, 10 ff". Sogar
bis ins Einzelne des Ausdruckes hinein lässt sich die Aehnlichkeit
verfolgen: die Wendung hac inenie von I, 1, 30 kehrt bei Horaz nur
11,2, 90 wieder, und mit 7ion mcaiihis fuütri (I, 1, 35) vgl. meiuens
fitturi (II, 2, 110), den Gebrauch von lihts I, 1, 92 mit pluribus II, 2,
109, das charakteristische contenlits I, 1, 118 und II, 2, 110. Von
diesen Aehnlichkeiten mögen manche unwillkürlich sein und darum
auch wirklich Ausflüsse der imgefähren Gleichzeitigkeit der Ab-
fassung beider Satiren; aber sie sind doch wohl zu gehäuft als dass
sie nicht zu der Vermutung führten, der Dicliter habe Wiederho-
lungen darum weniger sorgfältig gemieden weil er bei Al»fassung
der späteren von beiden bereits mit sich im Zweifel war ob er der
älteren noch weitere Vei'breitung geben solle. Da in Bezug auf
I, 1 die Verbreitung wirklich geschehen ist, so müsste jene ältere
11 , 2 sein, und wir könnten uns von letzterer auch sehr leicht er-
klären Avas solclio ZweitVl hervurgerufen hätte. I, 1 ist an Mac-
cenas gerichtet und wohl die älteste unter den Satiren in welchen
dieser eine Kolle spielt (s. Rhein. Mus. a. a. 0. S. 101 ): zwischen
*) So Fr. Jacoli im Liil)cckcr Procrr. von 1811, S. 13: „Diese Siclior-
hcit der Stcnnii«; des Inneren und der Furm ziiplcich ist nocli in einzel-
nen .Satiren des zweiten lUiclics, z. 15. im Ot'cllns , viel wcnijror d;i, der
allerdings der Zeit nach dem ersten IJucbe am niiclistcn stehen mag."
Einleitung zur zweiten Satire. 39
II, 2 und I, 1 fällt das Bekanntwerden des Horaz mit Maecenas,
und die Einsicht, das klare Bewnsstsein dass der Hauptinhalt von
8at. n, '2 in erster Reihe den neuen Gönner und Freimd treffe,
uiajr den Dichter zu dem Entschlüsse iieltracht haben dieses Stück
bei künt'tiiier Saunnlung- seiner Satiren auszulassen. »So blieb es
denn we<r als Horaz ums J. 719 — 720 (Rhein. ^lus. a. a. 0. S. 115
— 119. '2'22f.) das erste Buch herausgab. Als er dann aber später,
zwischen den Jahren 726 und 730 (s. ebendas. S. 22l), die nach
dem ersten Buche verfassten Satiren zusammenstellte und heraus-
gab fügte er denselben auch den älteren Ofellus bei, weil er seit-
dem den Humor des Maecenas kennen gelernt hatte, welcher weit
entfernt war dergleichen übel zu nehmen und vielleicht ihn selbst
aufforderte den Ofellus mit herauszugeben. So würde sich das
Ergebniss dass II, 2 ums Jahr 715 — 716 verfasst sei *) ganz wohl
vertragen mit der Thatsache dass dieselbe dem zweiten Buche ein-
getheilt ist, trotzdem dass dieses nach dem ersten herausgegeben
wurde, wie ich im Rhein. Mns. a. a. 0. 115 ff. 222 f. festgestellt zu
haben glaube.
Zti einem ähnlichen Schlüsse ist aucli "U". E. "Weber (Horatius
etc. S. 198 f.) gekommen in Folge seiner Anerkennung einerseits
der gesonderten Herausgabe des ersten Buches, andererseits der
Kirchner'schen Datierung unserer Satire (717). Wie ich somit in
Bezug auf den AVeg zu jenem Ergebnisse von Weber wesentlich
abweiche, so auch hinsichtlich der Begründimg jener (vorläufigen)
Zurückhaltung von Sat. H, 2. AVeber meint (a. a. 0. S. 199 f.), sie
sei geschehen um nicht , .durch die gehässige Erinnerung an die
Beraubungen italischer Einwohner zu Gunsten geldgieriger Solda-
ten Missfallen anzuregen." Aber das konnte die blose Erwähnung
einer doch nun einmal nicht aus der Geschichte wegzustreichenden
Thatsache unmöglich thun. Die Art wie unsere Satire diese That-
sache behandelt würde sogar, meines Erachtens, zu einer ganz
entgegengesetzten Folgerung berechtigen. Ofl'enbar sind die Aus-
drücke metolus ngeUus (V. 114), novus incola (l28), ager Umbreni siib
tiomine dicttis (l33 f.) sehr schonende, fast verhüllende, wie auch
V. 126 die Zurückführung auf die Fortuna eine sehr glimpfliche
Auslegung ist. Noch melir aber : ist der Zusammenhang in wel-
chem jene Thatsache erwähnt wird nicht ein politisch beschwich-
tigender? Ofellus nimmt jene Beraulning ganz und gar nicht übel:
er lebt jetzt mit den Seinigen um Nichts schlechter als früher, und
tröstet sich mit der GeAvissheit dass auch Umbrenus seinen Besitz
nicht ewig behalten werde. So geht Ofellus allen Andern die sich
*) Denn dass Sat. I, 1 nicht mit Kirchner erst ins J. 71Ü zu setzen
ist glaube ich erwiesen zu haben im Rhein. Mus. a. a. O. S. 07 — 101,
nur dass das dortijre Resultat sich durch die veränderte Ansicht über
Sat. II, 6, 40 f. um ein Jahr vorrückt.
40 Zweites Buch der Satiren,
in gleicher Lage befinden mit dem Beispiel der Resignation voran,
er predigt ihnen gleichsam dass Ruhe die erste Bürgerpflicht sei,
Avie denn die Schlussermahnung zur forUludo (V. J35 f.) sich aus-
schliesslich auf ausharrendes Dulden bezieht. Ja, Ofellus macht
den Beraubten gewissermassen sogar Vorwürfe über ihre Unzufrie-
denheit, indem er ihnen indirect sagt: wenn sie nicht so anspruchs-
voll, verwöhnt, genusssüchtig wären , so würden sie das über sie
gekommene Missgeschick ruhig zu ertragen Avissen; wenn sie wären
■wie er und vorher gelebt hätten Avie er, so Avürden sie jetzt nichts
vermissen. Ist so dieser Theil der Satire offenbar aus einer poli-
tisch A'ersöhuten Stimmung unseres Dichters hervorgegangen, so
liegt die Vermutung nahe dass ursprünglich, im J. 716, der Schluss
herber gelautet haben Averde, Avofern überhaupt die Satire damals
sich über V. 111 hinauserstreckte. Und diese Hypothese , dass
V. 112 — 136 später A^erfasst seien als die übrige Satire, erst um die
Zeit der Herausgabe des zAveiten Buches, Avird auch noch durcli
andere Umstände Avesentlich imterstützt. Vor Allem durch die un-
A'erkennbare Verschiedenheit des Charakters und Tones beider
Theile. "Während der erste aggressiv, rhetorisch, markiert, unruhig
ist und nach dramatischer Haltung strebt, so herrscht dagegen im
zAveiten epische Ruhe, Detailmalerei, Reflexion und Resignation;
der Strom der Rede ergiesst sich hier ohne Unterbrechung und
ohne merklichen AVellenschlag vorwärts, und die Schlussparänese
nimmt sich aus als wäre sie eigens dazu angefügt um dem paräne-
tischen Inhalte der eigentlichen Satire gerecht zu werden, Avill
aber zu diesem gar nicht recht stimmen, da man in einer Lobrede
auf den victus iemiis Alles eher erwarten Avürde als eine ^[ahnung
zwx fo7'l)tudo. Ebenso macht quo mngis Iiis credas (V. 11 "2) den Ein-
druck einer nachträglich, als der Dichter den Faden der Erörte-
rung längst A'erloren hatte, bewerkstelligten Anknüpfung eines
neuen , nicht organisch zusammenhängenden Zusatzes. Weiter der
in V. 123 und 125 enthaltene Zug entspricht Avenig dem Geiste der
A'orhergehenden Rede des Ofellus und seinem Preise des tenuis
victus- und V. 126 scheint spätere Wiederholungen derselben Ge-
AN'altmassregeln , Avie sie zu Anfang des J. 724 Avirklich Stnft fan-
den (s. die Einleitung zu Sat. II, 6), im Voraus (oder vielmehr
nachträglich) mitberücksichtigen und in dem Tröste mitbefassen
zu sollen. Auch würde scliAverlich Jemand etwas vermissen Avenn
mit V. Jll geschlossen Avürde : das Thema ist erschöpft, und der
neue Ansatz im Folgenden kommt sogar unerAvartet.
Von diesem Standpunkte aus liätten Avir nunmehr hinreiclieu-
den Raum für eine Erneuerung der persönlichen Bekanntschaft
unseres Dichters mit Ofellus, wofern diess nach dem oben über
tiori Bemerkten noch irgend ein Interesse hätte.
Andererseits ist es jetzt klar Avarum Horaz in der Rede des
Ofellus es vollständig unterlässt deren Inlialt zu seiner eigenen
Einleitung zur zweiten Satire. 41
Person, zu soinen Verhältnissen und Stimmungen in Beziehung zu
setzen, trotzdem dass dieselben — man denke nur an II, 6 — so
viele Berührungspunkte boten. Es hat dicss seinen Grund darin
dass zur Zeit der Abfassung jeuer Rede (J. 715 — 716) der Dichter
sein Sabinura noch nicht besass, vielmehr sich in Umständen be-
fand Avelche Veranlassung geben konnten ihn, wenn er im eigenen
Xamen gegen die Tafelgenüsse donnerte, mit dem Fuchse der
Fabel zu vergleichen, der die allzu hoch hängenden Trauben sauer
fand. Nachdem er Tischgenosse des ^laecenas geworden war kam
er im Wesentlichen auf das gleiche Thema wieder zurück; in wel-
cliem ganz anderen Sinne und Tone er es aber nun behandelte,
das zeigt die vierte Satire unseres Buches. Dass er schon in der
uusrigen einige Detailkenntniss der Tafelgeheimnisse verräth wird
man nicht für eine Einwendung gegen unsere Datierung ansehen :
lloraz konnte sie in früheren Lebensstellungen und Umgebimgen
»-elir leicht sich erw^orben haben.
Die vorliegende Satire ist eigens bearbeitet Avorden von Kirch-
ner in dem Programm : Horazens Ofelhis. Zweiten Buchs zweite
Satii-e. Lateinisch und deutsch mit kritischen und erläuternden
Bemerkungen. Einladungsschrift zu den öffentlichen Schulprü-
t'ungen den 22. und 23. Sf'ptember. Von C. Kirchner, Dr. phil.,
f'onrector. Stralsund 1817. 30 S. 4. Der geringere Umfang dieser
Satire gestattete dem Verfasser bei seinen Bemerkungen mehr ins
Detail zu gehen als bei seinem Damasippus; dalier auch im Xach-
tolgenden manches noch immer Brauchbare , oder Solches wobei
('S galt Kirchner's Prioritätsrecht zu Avahren, aus jener Schrift
aufgenommen worden ist.
Anmerkimsren zur zweiten Satire.
'O
V. 1. ,^Virius ist hier nicht im ethischen Sinne zu nehmen,
\ ielmehr als gute Eigenschaft, Vorzug, wie die Lateiner auch
rirtus arboris, eqiii, formae u. s.w. sagen. Der Dichter ist fein genug
in diesem ganzen Sermon die Massigkeit nicht von der moralischen
Seite, sondern von Seiten der Lebensklugheit zu empfehlen, wo-
durch er unstreitig bei seinem Publikum mehr ausrichtete als wenn
er, wie die damaligen Hausphilosophen, den mürrischen Ernst
i'ines Sittenytredigers annahm." Kirchner (1817), S. 19. Ebds.
p. 2 gegen Fea's Vertheidigung von honis: Triplex est ratio. Jui
rnim ho vi speciaüm pro tcmperatitihus -. tum vide quae tibi senlentia oria-
liir: quanln virlus Sit temperanlibus esse temper anlcs, apage absurdam
laulologiam! atit communifer boni (moralisch gut); tum sive dativus pos-
sessionis est (quae insit bonis): id et oiiose dictum et minus vere, non
42 Zweites Buch der Salireii.
omiies ciiim boni Icmpcrantes ; sivc (Jalinis commodi: id ridicide; virlus
c/iiin in oinnes valcl, tioti in bonos lantnin. Boni sei vielmehr familiaris
compellalio , iil Sat. II, 3, 31. 6, [öl.] 95. [Ep. II, 2, 37.] cf. eliam Bentl.
ad Od. III, 2, .1. Audi setzt das folgende scnno voraus dass eine
Anrede vorangegangen sei. Die Variante boni und bonis ist wie 7, 81.
V. 2. „r/iiac praecepit, praecepia Ofelli sttnl. Kirchner p. 2,
welcher 7, 45 vergleicht (Apitz p. J06 auch Euv. Hei. 513: Xoyog
yao sGtiv ovk £[.iog, Gocpcov ö tTTog) und gegen Ileindorf "s u. A. quem
bemerkt: Od. I, 24, 2 gehöre nicht hieher, indem dort jyraccipe can-
tiis bedeute praci , ordirc (nicht doce). „Praeciperc sennonem nihil
possit esse nisi mandai-e (dient tradendum , auftragen. AI mira haec
ralio foret conlraque omnem verilalis spceicm , poeta si fingerelitr aece-
pisse a simplici ruslico sennonem mullifaria iirbanilate conditum, eumquc
in hunc eerie ßnem eomposidim ut Bomanis hominibus exponeret. Mu-
ialitr conditio si praecepia eins excepla siio modo poela ornal suisque ver-
bis proponil. Idque ipse Horaliiis indical cum inde a V. 116 OfeUum lo-
quenlem indueil.'' In Bezug auf diese Auseinanderhaltnug des An-
theils von Ofellus und von Horaz theile ich Weber's (S. 271) An-
sicht. Darin dass dem Ofellus Dinge in den Mund gelegt sind
welche über den Gesichtskreis des riisticus hinausgehen mag man
einen Mangel an Kunst erblicken: eine Berechtigung zu jener
Scheidung ist darin nicht enthalten.
V. 3. „Leclio abnorjui a Benlleio iam exjilosa est. Crassa Mi-
ner ra dicilur proverbialiler, sed mtsquam abnorm is."' Kirchner p. 3.
„Der Ausdruck ist von der AVollarbeit hergenommen , von deren
Vorsteherin 3Iinerva der Name auf den Faden selbst übergieng, so
dass crassa oder pinrjui Minerva so viel hiess als rudiore /ilo.^'^ Der-
selbe S. 19 f. Vgl. Weichert, Poet. lat. p. 26 f. not. 5.
V. 5. ,,insanus für enormis, ingens. Es ist hier nicht blos an
das prächtige Service der Tafeln zu denken, sondern auch an die
Schenktische, abaci, welche mit Trink- und Schau-Gefassen aus
Gold und Silber von der köstlichsten Arbeit besetzt waren." Kirch-
ner S. 20.
V. 9. „Die Construction ist seltsam versclioben. Iloraz liatte
im Sinn zu sagen: Venalionc equove lassns , vel pila discore faligalxts,
cum labor ext. faslidia, sperne cibum rilem. Durch die Nebenbestim-
mungen aller welche das zweite Glied erhielt, si — falignt seu te —
agil, verwirrt sich die Rede, und um kurz und gut fertig zu wer-
den wird das pelc — ai'ra disco hinzugefügt, mit Uebcrgehung der
pila. In dergleichen Dingen befolgt der Dichter ein anderes Ge-
setz als der strenge (Jrammatiker." Kircliiun-, S. 20.
V. 10. „ab bezeichnet das Müdesein nach (b'm Ixeiten." K.
S. 20. Vgl. Hand Tnrs. I. p. 45 f.
V. 1 1 . ,,yl//7iV/rt hier sehr gewählt dir disci/dina , da in älteren
Zeiten Keitcn und Jagen die llauptübung(>n des für den Krieg ge-
borenen Kömers waren. Man verjrleiche das leicht lr<njische dieser
Aiiincrkuiigeii zur zweileu Satire. 43
Stelle, wie es für den Satireutou passt, mit dem heiliireu Ernste
der Ode III, 24, ö5ff." K. S. 20. Zu militia vgl. auch Od. III, 2, 2 und
Ep. I. 2, 67. Ueber das Jagen als Vorübung des Kriegs s. besond.
Xenoph. Kyrop. I, 2, 10. üeber pila s. Kirchner zu I, 6, 126. S. 251.
V. 14. ,^ Penll. ?)tul(is cxemplis oslcndil vocab. extundcrc iion
uisi semii invemendi, acquirendi , extorqucndi iisu venire. Licet crcinpJa
u WctzeUo (e Celso IV, ö) et Fea (e Quintil. Inst. I, 3, 6) (dkila tühil
contra valetnU ., tarnen cum Gesnero sentimus: dura lex fiierit si reiicerc
velimus omnia semel tanlum observata.'"'' K. p. 4. Mitscherlich, im
Göttinger Prorectoratsprogi-. von 1826, p. 7 f. tritt in Betrefl" der
Missbilligung von exluderil auf Bentley's Seite, indem er (p. 8) sagt:
cxtunduntur v. c. mallco partes deorsiim prcssac , oculis adco subductac ;
ita , fjuinn suprrficiem aequanl aiil aJlius adeo tundiintur , profeninlur, in
conspectu/n veniunl . nequc vero a corpore suo excutiuntitr alque expel-
lunliir. Ex ipsa hac verbi proprictate iranslatio eins ioquendi usu consti-
tuta atque circumscripta est. Ingenium extundit aliquid intentiore studio,
meditatione profert aliquid quod abstrusum adhuc ac reconditum erat adeo-
que reperit, invenit: altera signi/icatio , quae est obtinere, a repetilis
mallei pulsibus arcessenda est quibus aliquid per/icitur (wie Ter. Hec. I,
2, 28. Plaut. Most. I, 3, 64). Ebenso wenig aber billigt Mitsch. Bent-
ley s expulerit, und über Gesner's dura lex bemerkt er: quod etsi
quodam tenus concedere licet, non eo usque tarnen Heere id arbitror ut con-
trariam prorsus vuJgari signißcalionem ulicui verbo sine omni auctoritalc
aff'ricemus atque obtrudumus : entscheidet sich vielmehr schliesslich
für extulerit, als non minus poeticum et rei apprime convenientem. La-
hor effert e corpore , educit quasi fastidia , dum abigit, expellit ea ,• prae-
clara imagine. Similiter noster Ep. I, 2, 47 deduxit. Vgl. aber auch
Orelli und Weber S. 273 f., sowie Apitz p. 106, welcher riclitig be-
merkt, man müsse bei exlundere unterscheiden ob das Object des-
selben etwas schon Gegenwärtiges sei oder nicht : aliud est rem
iam praesentem extuudere , aliud rem nondum praesentem extundere. Al-
lerum significat tumlendo removere (hinausklopfen), alterum tundendo
promovere (herausklopfen), wie auch excutere , exprimere und extor-
quere gebraucht werden, so dass Horaz extund. fast, mit gleichem
Rechte gesagt habe wie Seneca Ep. 119 fastidium excutere.
V. 16. atrum hiemat verband Kirchner schon 1817, indem
er bemerkte: hiemi quidem convenienter epHheton atra tribuilur, ut
apud Virgil. Aen. VII. 214 atra suljcgit hiems, et saepius: at mare non
nisi in procella nigrescit. Dann ist es aber also selbst auch atrum,
sobald CS stürmt.
V. 20. „pulmentarium ist Alles was zum Brode gegessen
wird, die Fischspeisen ausgenommen, für die besonders der Aus-
druck obsonia galt. Horaz drückt denselben Gedanken deutlicher
aus Ep. I, 18, 48 f." Kirchner S. 21.
V. 21. ,,Neque reslHuendum etiam Od. II, 9, 5. 16,8. IIT, 11,
43. 12, 1. IV, 4, 31 ; in Epodis saepius, in Sermonibus ter; in Epistolis
44 Zweites Buch der Satiren.
jutsquam peccatiim est. Ne muUa, Horaihis jyarticiilam nee ante voca-
letn in eodem versu usque viiavü , el omnes qnkunque loci in qiiibus adhuc
talis leclio depi-ehenditur in corruplis habendi. Indocic hac de re Benl-
leiits dispulavil ad Od. III, 11, 43." K. p. 5. Später würde er sich
wohl behutsamer ausgesprochen haben. Vgl. auch Hand Tur.s. IV.
p. 93—96.
V. 28. mim ad est Hiatus in der Thesis, Avie bei Lucret. II,
681 : reddita sunt cum odore. III, J082: sed dum übest. VI, 276.- simul
cum eo. (Vgl. oben I, 9, 38). Lachniann zu Lucret. p. 130 f. erklärt
diess daraus dass m finale longam syUabam facil sivc producenda voculi
sive obscuro sono cum vocali quasi in diphthongum coalescenle : quod ni
faceret neque in versu omitti ncque Jiiatum fucere passet, qui in brevi syl-
laba malus est. Dagegen Fleckeisen in Jahn's Jahrbb. LXI. S. 49 —
53 hat die Berechtigung dazu in dem einsilbigen Charakter der be-
treffenden Wörter gesucht, indem er das Gesetz atifstellte und
durch eine grosse Anzahl von Belegen begründete: ,,alle einsil-
bigen auf einen langen Vocal oder m auslautenden Wörter brau-
chen mit einem folgenden kurzen Vocal nicht zu coalescieren."
Uebrigeus finden sich bei den "älteren römischen Dichtern auch
Beispiele des Hiatus bei mehrsilbigen Wörtern auf /n (Ennius: mi-
lia mililum octo und dum quidem uniis hämo). Die Sammlung von sol-
chen bei K. L. Schneider I. S. 158 f. bedarf zwar der Sichtung,
vielleicht aber einer minder rigorosen als Lachmann zu Lucr. p. 99f.
voraussetzt.
V. 29 f. Eine berüchtigte Vexierstelle, welche übrigens mehr
der Dichter selbst auf dem Gewissen hat als seine Abschreiher.
Denn der Varianten sind weder viele noch erhebliche, da es doch
wohl ziemlich gleichgültig ist ob man nihil liest oder nil, und sogar
das wenig L^nterschied macht ob hac — • illa geschrieben wird (wie
man bei dem Stande der Hdschr. ohne Zweifel muss) oder hacc —
illä, sofern die Beziehung von ille auf das räumlich Nähere ein nicht
eben sehr seltener Ausnahmsfall ist (vgl. \. 36 f.). Dass die Variante
petere aus dem Scholion des Porphyrion (carnem tarnen hanc magis
quam illam pelere non dehes) entstanden sei, in quo scriba idiquis, qui
Horatii verba quid vellent non pcrspicercl , inlcllir/cndi et corrigendi viam
et rationem reperisse sibi viderelur, hat Dillenburger, Horatiana II
(Progr. von Emmerich 1845. 4.) p. 20 (vgl. Obbarius in Jahn's
Jahrbb. XXVIII. S. 245 f. und Meineke Praef. ed. 11. p. XXVII.),
wahrscheinlich gemacht. Und so sind wir als Object für unsere
Experimente auf die Worte angewiesen: carnc tarnen quamris distal
nihil hac magis illa. In Bezug auf deren Vertheilung und Auffas-
sung: wird man das Keich der Möglichkeit für erschöpft ansehen
dürfen : den Verfasser wenigstens gelüstet ganz und gar niclit nach
dem Ivulniie eine neue, noch nicht dagewesene Erklärung aufge-
stellt zu Iiaben; vielmehr begnügt er sich die aufgestellten, soweit
sie ihm bekannt geworden, zu dassificieren und beihinfig kurz au
Anmerkungen zur zweiten Saiire. 45
bourtcileu. Auf die eine Seite mögen diejenigen treten welche
den Vers aus sich selbst erklären, auf die andere diejenigen welche
zu seiner Erklärung etwas von Aussen her zu Hülfe nehmen. Letz-
teres thut am Durchgreifendsten A. Meineke , indem er nach ilkt
einen Vers einzuschalten vorschhägt ungefähr von folgendem In-
halte: delector : jndchri quid habel lunonius ales. In bescheidenerem
Masse thun dasselbe — ausser A. Möbius (Jahn's Archiv IV. p.
618 f.), welcher chclo idem honor adcsl aus dem Vorhergehenden wie-
derholt *) — besonders die von Kirchner angeführten Glossen des
Lips. l und Mon. 5, an welche sich z. B. Georg Fabricius, M. Ges-
ner, Döring, Obbarius (in Jahn's Jahrbb. XXVIII. S. 245 f. und
XL. S. 176) und Kirchner selbst anschliessen, indem sie zu hac
magis (quam) ilhi aus dem Vorhergehenden vesceris wiederholen,
wobei Kirchner's beiderlei Bearbeitungen sich nur dadurch von
einander unterscheiden dass er J8J7, durch Setzung eines Komma
sowohl nach iamen als nach nihil ^ den Ablativ carne näher mit huc
und illa verbindet (und zu distal also cai-o als Subject nimmt) , 1854
aber, durch Weglassung des ersten Komma, carne näher zu distal
rückt: eine Veränderung welche aber schwerlich eine Verbesse-
rung ist, da in letzterem Falle von Horaz zu erwarten gewesen
wäre dass er distant gesetzt und die beiden Thiere {pavo und gal-
lina) durch die Geschlechter der Pronomina von einander unter-
schieden hätte. Aehnlich Haacke Quaest. hör. IL und Fr. Jacob
(Lübecker Progr. 1839. 4. vgl, Jahn s Jahrbb. XXVI. S. 474), wel-
che interpungieren: carne tarnen, quamvis distal nihil hac, (F. Jacob;
«lagegen Ilaacke : nihil, hac) magis illa — .- (mit einer „affectvollen
Aposiopese" von vesci cupis oder vesceris) ; wobei Haacke (und mit
ihm später Orelli) erklärt: non vesceris illa pluma splendoris plena ;
tarnen carne pavonis, quamquam illa quidem nihil differt u gallinae carne,
niayis quam hac vesci cupis. Liceat. Verum unde sentis u. s. w. Gegen
die Heranziehung von vesceris aber haben sich Heindorf, Jahn (in
s. Jahrbb. XXVI. S. 474) und Apitz erklärt, Letzterer (p. 107) mit
den Worten : ..proindc quasi alteram interrogationem (coclo — idem .')
sicco pede Iransire possimus. Quod si fieri posset, primum aliis etiam
exempUs quam Carm. I, 16, '20 et IV, 14, 13 evinccndum foret Horatium
huc magis quam illa vesceris pro hac magis quam illa vesc.
di.visse : quippe illa loquendi ratio non Ha rara est. Sic Nepos Them. 5
*) Er interpungiert : carne tarnen — , r/uamvis d. n. h. m. illa, Impari-
fjiis u. s. w. und erklärt: \um coclo cadem est ptutnae piilchritudof Eadem
quidem non est. Carne tarnen (s. ijuod curnem attinel) cocto idem honor adest
{i. e. idem honor Irdmilur ac si haec avis piclam caiidam etiamnunc expandat),
quamvis Uta gallinae coro hac pavonis carne nihil nuiqis (i. e. nihilo mayis,
nullo moilo) distal (v. huic pavonis carni non est postponenda). Ergo le impa-
ribus formis (i. e. dirersa ulriusqiie avis ejcterna spccie) esse deceptum palet.
Die hiebei sich erg^ebende Aussage dass rohes und gekochtes Pfanentieisch
einander gleichstehe scheint nicht viele Gläubige gefunden zu haben.
46 Zweites Buch der Satiren.
)ni/ius (licbits Iriginla in Asiam reversus esl ; Jitven. VI, ]I9 comite an
cillfi nun ampUus iinu. Insuper aulcm ipsa scnlcntia-. carne lamen hac
mtigis quam illa vesceris — posl anlegressam longe graviorem {rix lamen
— ■ palnlam) vehementer languct.'^ Diese Einwendungen treffen nur
zum Theile den Vorschlag von Düutzer, -welcher vescor aus dem
Vorhergehenden ergänzt, indem er in V, 29 den Angeredeten er-
widern lässt: ,,Ja, wenn auch im Fleische kein Unterschied ist,
will ich doch dieses lieber als jenes essen ," worauf in V. 30 Horaz
bemerke: ,,Nun, so ist es offenbar dass du durch die blose Ver-
schiedenheit des äussern Ansehens dich täuschen lassest. Nun,
meinetwegen sei's!" Die Auskunft wäre eine willkommene, wenn
sie mehr zu dem Charakter dieser Satire stimmen würde , in wel-
cher die dramatische Form eine noch sehr unentwickelte ist — die
beiden Male wo ein Anderer redend eingeführt ist geschieht diess
durch «//, inqiiit, V. 40. 99 — und wenn sich absehen Hesse wie
der Angeredete dazu kommen soll die gar nicht verlangte Einräu-
mung, dass im Fleische kein Unterschied sei zwischen Pfau und
Henne, von selbst zu machen. Und wenn neben dieser Einräu-
mung der Augeredete dennoch behaupten würde dass er dieses
lieber esse als jenes, so Aväre das eine Unvernunft und Verstockt-
heit mit welcher die glatte Willigkeit der Antwort (V.30) in keinem
Verhältniss stände. — Die zweite Classe , welche die Elemente
der Constructiou rein aus der Stelle selbst zu gewinnen sucht, hat
bei aller sonstigen Verschiedenheit unter sich gemeinsam dass sie
V. 29 und 30 in enge Verbindung setzt und tamen zu deeeptnm ie
palet zieht. So der Commcnt. Cruq. : quumvis caro gallinae non diff'ert
a earne pavonis, tamen palet tc deeeptum esse impariints formis (Ji. c.
pndehritudine pavimis). Crucjuius selbst: quamvis nihil magis hac carne
jHivonis distal ab illa gallinae, tamen natura carnis et sapor non ita te
decepit tft fonnariim imjiarilas. Bentley : quamvis nihil distal {nihil ex-
cellit) carne hac (pavonis) magis illa {gallinae) , lamen palet te deeeptum
imparibus formis {avium) hanc carnem Uli praeponere. F. H. Bothe
(p. 49, unter bedingter Beistimmung von Chr. Jahn in Ed. I. und
Dillenburger, Horatiana I. p. 2J): quamvis distal gallinae caro a pa-
vonis, tamen nihil {non) hac {pavonis) magis illä {gallinae, sed) impari-
bus formis deeeptum te esse palet. ^) A. jMatthiä (in der Praef.
*) Dillenlturger nioditiciert <lio Butlie'schc Auffassunfr in Etwas. Wäli-
rcnd Botho einen ii])joctivcn l'nterseliied zwiselicn dem Fleisch des Pfanes
und der Henne zugibt (l)ei alieni Unterschied, obwohl ein Unterschied
vorh.anden ist), so setzt Dillenburger diesen auf einen blos anpenonune-
ncn lierunter: clinrnsi vcl maxime conrcdatiir discvimen alii/uixt ititenssr in/rr
pnvonis et ffttlliiiac carnem, tarnen palet nnn cainis praestanliam et sapuirm tc
set/iii , seit pliiiiianini, foniinc palrlnituilincni et specicm (llorat. II. p. 21).
.lahn rrkliiit (l'M. I. p. 'i.'j'i): non vcsvrris pliinia pavonis , ncf/iic cor/o it/cm
liuniir ailcsl , et lamen . ipiamvis illa aris (pavo) carne sua nihil niat/is hac
(jpiltiiia) ilislat , inipaiilius funnis , ul palet, dccipcris. \ihil magis stehe da-
bei simplicitcr pro nullu modo, ueulKpiam.
Anmerkungeu zur zweiten Satire. 4 /
zur Ausg. von Alcaei reliqq. 1827) : quainvis hac carne (gaUinae) nihil
mwjis ijiihilo »lagis , ovdii' xi fiakXov) distat illa (^caro paronina), tarnen
u. s. w. Ct. T. A. Krüger (zweite Aufl. 1856): quamvis hac carnc
{paionina) uil [d. h. nulla caro) mugis distat illa [carne t/allinacea) , ta-
rnen palet. In ähnlicher "Weise, trotz kleinen Abweichungen in der
Textgestaltung, Fea und 3Iitscherlich i^Rac. Yen. I. p. 4), indem
sie haec magis illa lesen und erkljiren : quamvis haec {caro pavonis)
nihil magis distal {cxcellil; Mitscherlich : ovölv ^aXkov diafpi^u, plane
nun distal, minime praeslanlior est) illä {cjallinae) carne, tarnen (über
■welches jedoch Fea hinweggeht) te deceplum palet {ö))log ei a/nuxi]-
&ii.;. manifeslo deciperis) imparihus formis [dirersa externa spccie , jntl-
chriliidine pavonis anleqiiam coquereliir , cid eliam carnis coclae saporcm
responsuriini tibi fingehas). Wie Fea (und Acre) ignoriert tarnen auch
K. Schwenck in Ztschr. f. Alt. W. 1839, S. 6-23, indem er erklärt:
,,Es ist oftenbar dass du dich durch die Ungleichheit im Aussehen
beider Vögel täuschen lassest, -wiewohl das Fleisch der Henne von
dem des Pfauen durch die Ungleichheit im Aussehen nicht im Ge-
ringsten mehr (?) verschieden ist." Nur Lambin lässt tarnen in der
ersten Hälfte der (angenommenen) Periode: quainvis tarnen nihil
di/feral pavo a gallina carne (nam gallinae caro carni pavonis est siinil-
lima) , perspicuum est le hac forma (pavonis) magis quam illa (jjallinae),
quae formae sunt impares , deceplum esse. Und wirklich scheint
Kirchner Recht zu haben wenn er (1. 1. p. 7) bemerkt dass es un-
möglich sei tarnen zum folgenden Verse zu ziehen; falsa enim com-
positio senlenliarum foret: ^quainvis caro non melior est, tarnen forma te
deeepit.' Quid caro ad formam.^ Ubi dicenäum fuissel: cum caro non
melior sit, forma te decepil. Nächst lamen ist es, wie die vorausge-
hende Aufzählung zeigt, auch magis das zu allerlei Kunststücken
der Erklärung veranlasst hat. Andere nehmen diess in der Be-
deutung von lanx , unter Berufung auf magida bei Varro L. L. V,
120 und Plin. H. N. XXXIH, 11, 52: lances , quas anliqui (zu wel-
chen nach dem .Sprachgebrauche der Kaiserzeit alle republikani-
schen Schriftsteller, also zum Theil auch noch Horaz , gerechnet
werden) magidas appellaverant; vgl. auch Helladios bei Phot. P)ibl.
p. 533, b, 10: ^ fictylg avrl riig xqu-xi^}]g Aiyvitxiov ööi,H '/.cd ttuv-
xsXag sy.&sG^ov ■ E'n:r/aQuog de 0 ^cooievg y.ul KeQy.iöag 0 ^eloTXOiog
inl xijg avxrjg diavouig iyg/jGavxo xij ke^ei, y.cd i.a]v '/.cd 6 Axxiy.ög
Zocpoy.kijg (Fr. 651 D. = 664 Xck. : xag 'E-/Mxaiag ^luylöug dÖQ-:noi>).
Diese Erklärung hat zuerst aufgestellt der mit E(ichstädtV) unter-
zeichnete Kecensent in der Jenaer Lit. Ztg. 1827. Nr. 215, S. 273,
darauf Thorsten, de coniunctivi modo u. s.w. (Kopenhagen 1828), p. 152;
adoptiert wurde sie von Chr. Jahn in s. Jahrbb. XXI. S. 106 und
XXVI. S. 205, L. Döderlein, Synonym. VI. S. 207, J. S. Strodt-
mann (Hör. Sermonendicht. Lpz. 1855) S.97 u. 314, Apitz 1. 1, p. 107,
zum Theil gleichzeitig iqit der schon von Xylander (1575) vorge-
schlagenen Zertheilung von quamvis in quam vis (welches du eigent-
48 Zweites Buch der Satiren.
lieh Avillst), welches gebilligt worden ist von Rosen (Jalm's Archiv
IV. p. 619), C. H. Müller (Blankenburger Progr. von J839 ; vgl.
Jahns Jhbb. XXVI. S. 205), Jahn (Ebds.), Wüstemann, Jeep,
Strodtmann, bekämpft dagegen von Bentley, sowie von Apitz 1. 1.
welcher selbst qiiamvis nihil (J. c. admodum nihil) verbindet und V. 30
igilur supplirt. Wider das Erstere aber hat Obbarius (Jahn'sJhbb.
XL. S. J76) cingeAvendet: „abgesehen von dem seltenen Gebranche
des müfjis in dieser Bedeutung, das nicht leicht ein römischer Le-
ser, wegen der Nähe von distat nihil, anders als im gewöhnlichen
Sinne der Comparation nehmen konnte , wie kommt auf einmal die
►Schüssel zur Sprache? Wodurch wird lamcn motiviert? Fragen die
nicht zu lösen sein dürften." Und W. E. Weber meint (S. 278 f.),
keine Schüssel in der Welt bestehe selbst aus Fleisch, sondern
trage nur solches, carne aber sei hier nothwendig Ablativ des Stof-
fes, nicht des Modus. Wohl lässt sich auf diese Bedenkon alle re-
plicieren *) ; im Ganzen aber ist die Sachlage die dass von allen je-
mals aufgestellten Erklärungen keine einzige einen allseitig befrie-
digenden, jede Einwendung ausschliessenden Sinn gibt. Unter
diesen Umständen haben Viele zum Conjecturieren ihre Zuflucht ge-
nommen, und (ausser dem von Kirchner im kritischen Theile An-
geführten) z. B. statt carne vermutet carpe — hanc oder gaudenlem,
quamvis u. s. w. oder neuestens carne tarnen carnis (als Nominativ;
s. H. Weil in Jalm's Jhbb. LXXI. S. 723). Andere, wie Görlitz
(Emendat. Hör. p. 7) und (eventuell) A. Mcineke (Praef. p.
XXVII f.), haben den Knoten zerhauen und den Vers kurzweg ge-
strichen , als ab inlerpoldtricc manu intrusus. Und gewiss würden
Avir denselben sehr gern und sehr leicht entbehren , zumal da er
mit V. 35 ziemlich tautologisch ist; auch sanitätspolizeiliche Grün-
de würden diesen Ausweg dringend empfehlen; nur Avird Manchen
der Scrupel quälen ob ein solches Verfahren den Gesetzen beson-
nener, methodischer Kritik gemäss sei. Ich Avenigstens ziehe es
vor oft'en ein Non liquel auszusprechen inid es Jedem zu überlassen
welche von den verschiedenen bedenklichen Erklärungen er für
die (relativ) am Avenigsten bedenkliche halten Avill. Es gilt hier
das Wort des Iloraz , Sat. I, 4, 68 f. Uebrigens können sich die
ZAveifel nur auf das Einzelne beziehen; denn dass im grossen Gan-
zen der Sinn der von lleindcirf bezeichnete sein muss zeigt der Zu-
sammenhang mit dem Nachfolgenden uuAviderleglich. Insbesondere
ZAveierlcn Avird als feststehend betrachtet Averden dürfen: l) boAveist
di'crplum dass nach der Ansiclit des Dichters das IMauentleisch —
*) Auf (lio bfidon K't/.ton /.. 15. mit 11 er t /. hoi<r (niu-li hiieriiclicr Mit-
theiliinf;) : „Curnc ist weder ein .\1)1. modi noch partis , sondern ein .\I)I.
der niliiercn Hcstiniinunp der dem inalrumcnlalis selir nahe kommt. Eine
ScliÜHsel liiauelit darum eben so \venig selbst aus Fleiseli zu bestellen wie
Properz aus Müttern und Waffen wenn er, siuli dem llektor vergleichend,
sagt : inferior muUo ifiiitm siin vcl iiintre vcl armis."
Anmerkungen zur zueilen Salire. 49
unbefangen, olijectiv Ijctrachtot — (mindestens) nicht sclimackliaf-
ter ist als das der Henne, die entgegengesetzte Beliauptung viel-
iiielir auf bioser Einbildung, Täuschung beruht, welche durcli die
grössere Schönheit des Pfaues, der unscheinbaren Henne gegen-
über , bewirkt ist. Andererseits aber — und dieses Zweite ergibt
sich ausser dem Gedanken selbst namentlicli aus eslo und wohl
auch dem (einlenkend aufzufassenden) (amen — • enthält dieser Un-
terschied der äusseren Form auch ;5ugleich einen Entschuldigungs-
grund für jene irrige Bevorzugung; wogegen (nach Horazj kein
solcher Entschuldigungsgrnnd vorhanden ist für die (rein capri-
ciöse, rein eingebildete^ Unterscheidung des Fangorts (V. 31 fl\).
Eslo (vgl. 1, 83. 3, 65. Ep. I, 17, 37) schliesst oder bricht etv.as
liisher Erörtertes ab, mit einem Zngeständniss, das aber häutig nur
t^in halbes, der Kürze wegen gemachtes ist, in der Absicht zu ver-
hüten dass durch Fortsetzung des bisherigen Themas die beabsich-
tigte Besprechung eines anderen — wichtigeren — ■ Gegenstandes
verzögert werde. Es wird also damit zugleich zu einem neuen
(Gegenstände übergegangen, ohne dass jedocli das Bisherige immer
für vidl-tändig erledigt ei'klärt werden möchte. Eslu lässt sich so-
mit wiedergeben durcli: lum meinethalb, seis denn, halte es da-
mit wie du willst, u. dgl. P^benso wird im Griechischen elev ge-
braucht; s. zu Aristoph. Xub. 176.
V. 35. du eil s. Kirchner zu I, 2, 88.
V. 36. qnia scilicel. Ueber die Kürze des a vor sc s. Kirch-
ner zu I, 2, 30 und Schwenckfeld in Jalm's Archiv IV. p. 624 — 627.
— Ueber die Beziehung von Ulis auf das Nähere, his auf das Ent-
ferntere s. die Citate in Chr. .Tahn's erster Ausg. p. 252, wozu Di'a-
kenborch ad Liv. XXIV, 29, 3. Wiss Quaest. hör. V (Einteln 1835. 4)
am Ende, auch G. T. A. Krüger Lat. Gr. §.419, A. 1. Es findet in
solclien Fällen gleichsam ein GonHict Statt zwischen dem räumlich
(auf dem Faiiier; und dem gemütlich (nach dem Interesse) und in
der Wirklichkeit näher Stehenden. Vgl. z.B. Liv. III, 72 hoc socios
audire , hoc hostes: quo cum dolore hos (die socü), quo cum gaudin
illos (die Feinde) !
V. 3S. So sinnlos wie es Kirchner (1817. p. 8) darstellt wäre
die Auffassung des Verses als Nachsatz gerade nicht. Es wäre in
diesem Falle eine zusammengedrängte Ausdrucksweise, Avobei der
eigentliche Nachsatz in vnhjaria enthalten wäre: Weil jenes die
natürliche Grösse ist, so ist es das Gewöhnliche, und das Gewöhn-
liche verschmäht ein selten nüchterner klagen. Doch mag immer-
hin die Kirclmer'sche Zertheilung in zwei Sätze den Vorzug ver-
dienen, so dass ad inlerrogalionem „quo pertinel?'''' responsum ironicum
fit: ,.quia scilicel — dedil,'' cui suhiunyilur enuncialum commune: „sio-
machus (enim) raro iei. t. vulg.'" L'nde upparel Itunc versum abesse tion
posse ; concludit enim sententium, gulonum pervcrsilulem indicans. Uebri-
gens vertheidigt rai-i wiederum Apltz p. 107 f. wegen der angeb-
HORATII SAT. II, 2. 4
50 Zwvilos Riifli der Siifuvn.
liclioii Zweidputigkoit von raro: fjuaina?)! sloinarJiiis rarn iciuntis cliavi
hinninis roracis ri>( , qui vohjari<( tum Inniiil. Dass aher rari iriidiiis
nliue Weiteres t-ari avidifs bedeuten könne ist mit Cic. orat. 30, 106
nicht zu erweisen. Vielmehr wie dort iriimris Iiiihis muUipUcis ora-
titmis aiires civitatis accrpimus bedeutet: Avelchc dergleichen (durch
Crassus und Antonius) noch niemals zu hören (-gleichsam zu ko-
sten) bekommen hatten und daher ein dunkles Verlangen danach
trugen (oder jedenfalls dem Gebotenen cilrig entgegenkamen), so
Avürde rari iciunus beissen: der »Seltnes noch nicht gegessen bat
(und desswegen dafür Kaum luid Appetit hat), also das (iegentbeil
von dem was in unsere Stelle passt.
V. o9. inagfio magniim. Uelier diese bcvsonders bei Cicero sehr
beliebte Wortstellung s. G. Wiehert, die lateinische Stillebre (Kö-
nigsberg 1856) S. 486 — 480. Ein anderer Fall ist Ep. I, 18, 89;
der gleiche aber, nur in Bezug auf Substantive, Ep. I, 18, 5.
ir, 3, 133.
V. 40, „T/iscilc Tlciiid. cmrndaf vcllr, iinprrfrrto o/fnisiis, iibi jiroc-
SCJIS (vrli)n) piilal rcqiiiri. Prr/jcram. V cllem hie iur,uH merum opta-
linu co{/ifanfis, rclim rst sprrantis. Sic K/>. I, 11, 8." Kirchner (1817)
p. 9. Vgl. zu Sat. T, 1, 55. Seine frühere (Ebds. S. 23 f.) Behaup-
tung, dass Harpi/is der Dativ sei (//iiac Narpi/is conri'nial, wie ai^iog
mit Dativ der Berson), scheint Kirchner später selbst aufgegeben
zu haben.
V. 4"). reg um, s. Kirchner zu I, i', (S(i.
V. 47. erat. Ueber die J^ängc der Endsilbe s. Kirchner zu
I, 4, 82. vgl. 5, 90: solcal /inmeris. V^arro bei Nonius p. 195: earros
adcurat iiSf/iie polilos. Virg. Aen. V, 853: nusquam aiiiiltebal oeiilnsi/ue
siih asira ienehaf. \h. IGT: eiin; e/a/nore (ri/as revueuhat ecee Cliumtliutu
u. s. w. und unten zu 3, 1. Eleckeiseu in Jahn's Jhbb. LXI. S. 18.
31 f. 35 (wo als Beispiele der ausnahmsweise pyrrhichischen Pres-
sung von end bei Plautiis angeführt sind Mil. gl. 15. Bacch. 421. 563).
V. 55. Richtig vertheidigt Apitz p. 108 das handschriftliche
jirariiin durch die Bemerkung: p rar tun jirarilttfem iiidieal fiiliiniin,
prarits praeseidem. Vgl. Düntzer IT. S. 278 Anm.
V. 50. Dass das vom Bland, anticjuiss. geliotene, von üentlev
gut vertheidigte di/eliim das Kichtige sei hatte Kirchner schon ISI7
erkannt, inid liemerkt: est edf/noineii diiefinn e.v siinilitiidine reri eiinis
(oder wohl richtiger aus dem wirklichen Sachverhalte, weil er vcrc
ein Hund war, vgl. Orelli), ut dislingiiatur n engnowinilms solh^tirii
hifS atqite /irreditariis , qualia sunt Cutulus, Bestia etc.
V. 5S. Den Unterschied zwischen d iffundere und defuu-
dere, wonach nur das TiOtzere das Richtige sein kann und die
Irland, sich abermals bewähren, bat schon Eea vnllki)iiniien IxMVie-
digi-nd bestiunnt. Vgl. Ep. 1,5,4. l'roculiis in Dig. XXXIII, 6, 15:
nmp/i(irus, eailns, in quilnis rinn ili/fusu serrunius ... rinutn enini in om-
p/inras et eadus hue menle di/fiiiidiinus iil in Ins sll /Inner usus CdUSSa
Aiiiiiorkiingon zur zweiton Saliro. 51
/irnhrtiir. Gegen die Bezielmng von ilrf. auf die Lihation hat sich
Kirchner (1817. p. lO) mit Recht an.sgesprochen.
V. G3. Eine Wendung wie 8at. I, 1, 10] f. Ueber die Klisinu
des hingen Vocals iiv //iiali s. Kirchner zu I, 9, 30. Ö. 308.
V. 05, Kirclnier liat sehr Uiu-echt wenn er gegen das hlandi-
nische qua einwendet, es würde das Futurum erfordern: »iii/ititis
iril qua mm offcndel. Vielmehr bedeutet es : eatctuts tä sitn/ibus mm
nß'nulnl (vgl. I, 2, J23), eine Limitation der miiniUdcs des AVeisen:
bis auf einen gewissen Grad, soweit dass er sich hütet durch
Schuuitz Anstoss zu geben, wird er iiimidiis sein. Dass diess dem
Zusnunnenhaug einzig angemessen sei hatte Kirchner schon 1817
lieutley zugegeben, und durfte um so weniger <jiii beibolialteu, mit
der Erklärung: qiiijipe qiii, sofern er. Aber wer nicht durch Sclnnutz
Ansioss gibt, der ist bei Weitem nofh nicht miintliis. Vgl. auch
Weber S. 28(j. Dass qua — offcmlal das Ursprüngliche ist erhellt
auch aus den Varianten, indem die Einen davon qua festhielten
und den unverstandenen Conjunctiv in den Indicativ verwandelten
[qua — ii/J'i'iulil) , die Andern das unverstandene qua fallen Hessen,
aber o/findat festhielten, Avelches Spätere mit olfciukl ;ind (if/'c/idil
vertauschten; und dass der Anstoss von Anfang an um qua sich
drehte darf man vielleicht aucli aus der Variante quod entnehmen.
V. Ctl. Po/jt/ti/rio : ^Jlir esl Albucius . . . qui uxorem suaiii veneno
uf'caviY^ (Sat. II, 1, 48). Quod parum credihilc. Albucii plurcs memo
t (lutur; eliam aputl Lucilium Albucius quidam exagilalur , quem h. l. in-
irlligi esl probabile. Kirchner im Nachlass. Die Vermutung selbst
mag auf sich beruhen.
V. G8. ,.7)cque — ?tec Jfaralin r.sl sol/rmnis conslniclio, a qua sine
'iraviore caussa rccedi non dcbel.'''' Kircliner 1SI7, p. 11. Ueber Nae-
rius vgl. Kirchner zu I, 1, 101.
V. 09. praeb. aq. s. Kirchner zu I, 4, 88. So igni atquc aqua
iii'cipere alqm (gastlich aufnehmen) bei Novius V. 98 (p. •228 Ribb.);
das Gegentheil aqua cl igni inlerdicerc alicui.
V. 74. miscucris als Choriambus gemessen, mit langer letz-
ter Silbe, wie placaris Od. III, 23, 3; dederis Od, TV, 7, 20; orrideris,
ili. 21 ; reddideris und biberis Ovid. Amor. I, 4, 31 f.; vgl. fecerimus
als l>oj)poltr()chäus) bei Catull. 5, 10. K. L. Schneider lat. Gr. I.
S. 749. 731.
V. 79. adfiqil, das auch durch des Gotb. 2 effu/il bestätigt
wird, ist von Fea genügend gereclitfertigt. Es ])edeutet: hält am
l'.uilon fest, lässt ihn nicht seiner natürlichen Richtung in die
llölie folgen. Zur Sache erinnert Kirchner (S. 27) an Cic. Tusc.
V, 13, 38: humauus animus, dccerplus ex menle divina , cum alio nullo
nisi cum ipso deo . . comparari polesl und bemerkt: ,,dass unser Geist
ein Ansfluss aus dem göttlichen Wesen oder der allgemeinen
Weltseele sei war ein damals so populärer und durch die Philo-
sophon allverbreiteter Gedanke dass er ohne Unschicklichkeit in
4*
52 Zweites Bucli der Satiren.
diesem von einem Landmann entlehnten Sermon angebracht wer-
den konnte."
V. 84. Apitz p. 108: „Hciilh'iin/i nmhigiiilas vocahitU ubiquf
o/fc>i(Icbal , sed tioti peri/idc quoque Ep. 1, ]8, 68." Vgl. auch zu 3,
131. Dass Bentley's idiii^e eine unpassende Gleichstellung des ganz
heterogenen Falles vom Eintreten des Alters mit den vorüberge-
henden und blo.s angenommenen Fällen in Y. 83 f. enthalten würde
hat schon Kirchner bemerkt (p. J2f'. : sive-sivenon tiisi hypolhelice
valc?U, rem signißcanlcs fjuuc fieri quidem possil, ul tion coiiliuuo sem-
perque fit. Sic furluiluvi iwn minus csl incidcre diem feslion quam ad-
pcrsam raleludiiiem. /Je senechdc >io?i Hern-, quae cl ccrlo venil el upiid
oniiies ?'emissiorem cullum requiiil. Inde: tdrique accedenl (uuii, i. e. et
tum proferlo cum anni accedenl).
V. 85. Gegen die Aufnahme von e l (das auch der Goth. 2
hat?) macht ausser Fr. Pauly besonders Apitz p. 108 f. Opposition,
indem er meint : nos tarditalcm agyredienlis senectulis ipso melro adiim-
bratatn copula et ahiecla melius scrvari rensemus quam eadem inserla.
Ac ?udla omni/io suppelit caussa cur eam admodum e.rpekis. Worauf
er das Asyndeton durch Stellen wie Sat. I, I, 3 (vgl. V. 109). 2, 85.
4, 138. 9, 13 vertheidigt. In der That ist nicht abzusehen wie es
hatte geschehen sollen dass die schwierigere Lesart (als Asynde-
ton) fast in allen lldsch. sich erhielt, die plane mit el aber in so
wenigen Eingang fand, — wenn sie nicht in eben diesen ein Glos-
sem wäre.
V. 89 iV. Dritter Vortheil einfacher Lebensweise : man hat,
wenn man nicht selbst edax ist, inuner Vorrath für besondere Fälle,
und diess Avar der Grund Avarum die Alten n. s. f. Der Dichter
wählt aber die umgekehrte (iedankenfolge, um den Abliandlungs-
ton zu vermeiden und durch das Verdecken oder Ueberspringen
der Uebergänge zu überraschen und zum Nachdenken anzuregen.
V. i)."). Die Autorität des Bland, antiquiss. und anderer guter
Hdscli. (in Uezug auf den Goth. 2 weichen die Angaben von Kirch-
ner und von Fr. Pauly von einander ab) muss für den Conjunctiv
(occupel) geneigt stinnnen, ohne indessen hier zwingende Kraft zu
haben, da gerade für denkende Absclireiljer es näher lag mittidst
der Setzung des Gonjunctivs den Relativsatz inniger mit dem
Hauptsätze zu verbinden. (Vgl. zu V. I0().) (Jb diess aber hier am
Plat/.e war lässt sich bezweifeln; denn dass eine liobjtreisung der
faiiift dem Angeredeten ferne liegt zeigt der sehr massig gehal-
tene Ausdruck aliquid. \Viihl aber ist es ganz ])assend zu sagen:
da die öft'entliche I\reinung (notorisch) eine I\Iacht ist, so wirst
wohl auch du ilir einigen EinHuss auf dein Ilandtdu einräumen.
Kirchner, der sclmn 1817 /«v///;*// vorzog, vertheidigte es (p. |4) durch
ilie Worte: melius scnlenlia cuntmuniler efferlur quam huic ncpoti per
ciiniunclirum Iriliuilur. LCbrigens erscheint es als ein höchst müss-
iger Streit ob nach humitniim ein Fragezeichen zu setzen sei oder
Anmerkungen zur zweiten Salire. 53
ein Doppelpunkt. So itnlcuji-ltar das logisoho Vorhällinss das von
Vordersatz und Naelisatz ist (Wenn du — Wertli legest, so muss
ieli dir bemerken dass etc.), ebenso gewiss ist auch dass dieses
A'erliältniss niclit ausgeprägt ist, viclmelir für den rlietorisclieu
Zweck (vgl. zu 7 , 109) beide Satztlieilo auseinandergelegt und
selbständig gemacht sind; und dabei kann das Fragezeichen dazu
dienen die gesteigerte Lebhaftigkeit der Darstellung anzudeuten,
das I)oppel])unkt aber auf das eigentlich bestehende logische Ver-
liältniss aufmerksam zu macheu. Im Deutschen grenzen beiderlei
Ausdruckweisen l)esonders nahe an einander; vgl.: Willst du mir
folgen, so unterlasse diess, und: Willst du mir folgen? so unter-
lasse diess. Auch s. unten zu 6, öO.
V. 99. Der handschriftliche Thalbestand, wie er durch Kirch-
ner dargelegt ist, gebietet as aufzunehmen, das auch sachlich
allein das Passende ist, da der laqKCus doch eine bestimmte Summe
als Preis voraussetzt. Vgl. Bentley. Ebenso spricht man hier zu
Lande von einem ,, Batzenstrick." Einen unglücklichen Versuch acs
VAX vertheidigen hat (nach Fea) neuestens Apitz p. 100 gemacht. —
Leiter inquit mit unbestinnntem Subjecte vgl. Jvirchncr zu I, 3,
126. S. 126. vgl. zu I, 4, 78. Doch ist nicht zu leugnen dass im vor-
liegenden Falle der uninittelltar nachfolgende Name Trausius , wel-
cher nur bei einem ausgebildeten Interpunctionssystem — Avie es
die Alten nicht hatten — von inquil sich ohne Schwierigkeit tren-
nen lässt, sowie die sonst durchaus in der Stelle vorherrschende
wirkliche Anrede, die Versuchung inquis aufzunehmen gross macht.
V. 100. Der Gedanke hat Aehnlichkeit mit Ep. I, 18, 28 f.
Die Ausdehnung des CTcbrauchs von vecligal auch auf die (beson-
ders aus Besitzungen an Grund und Boden gezogenen) Einkünfte
von Privaten hat schon Hcindorf erwiesen. Zu den von diesem
nachgewiesenen Stellen fügt Obbarius (Jahn's Jhl)b. XL. S. 177)
mit Unrecht Liv. XXVIII, 30 (vecligal ex agro eorum cnpimus, näm-
lich die resp. Saguntitwrum) , mit Kccht aber Cic. ad Att. XII, 10, I :
eqitidem iam nihil cgeo veclignlihiis et parva cofUcntus esse possuni.
V. lOf). Die Schreibung einiger Ildsch., worunter des Bland,
antifjuiss., tibi rectae ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswei-th.
Einmal wird dadurch Bentley's rwj/ abgewiesen und criinl gesichert,
von welchem Kirchner (]). 1,')) mit Kecht behaui)tet dass es durch
den Sinn gefordert werde: quid si res adversae incida?it'{ Tu scilicet
tiniis eris cui sempcr (auch in aller Zukunft) oinnia prospcre cedanl!
Sodann wird dadurch die Wortfolge tibi rede sicher gestellt, welche
für die Färbung des Tones und Sinnes so bezeichnend ist wie 3,
112: cum longo fusle, Ep. II, 3, 260: cum magno pondcre und I, 20, 8:
quum plenus, sowie die entgegengesetzte in Sat. I, 1 , 28 (wozu s.
Kirchner). Denn nicht vollständig auszureichen scheint der von
l'entley zu I, 10, 40 (unter Berufung auch auf I, 8, 50. II, 7, 35) auf-
gestellte Gesichtspunkt: amal Noslcr qtiotidiani sermonis inornulam
54 Zweites Buch iler Satiren.
simplici/ali'/ii . Kiullieh zeigt dieser Fall >vie wenig der Schreiber
des Bland, aiitiquiss. oder seiner Quelle frei war von dem Streben
nach einer oberflächlichen, äusserlicheu grammatischen Correctheit
(vgl. zu V. 9j).
V. lOO. Ueber plurilms s. Kirchner zu I, 1,92; über die
Coustruetiun von asstiC7it zu I, 4, 105; über die Doppclbeziehung
von supcrhum (auch zu menlem) zul, 2, 123. S. 73. ()b1)arius zu
Ep. I, J7. 57. p. 302, not.**.
Y. 1 12. Gegen die Einwendung als hätte Ofellns es leicht sich
von Genusssucht fern zu halten, da es ihm an den ^Mitteln dazu fehle.
V. 118. Statt des früher bevorzugten al hat Kirchner zuletzt
mit Kecht das ganz ungleich besser beglaubigte ac aufgentmnnen,
das auch den Anforderungen des Sinnes einzig entspricht; denn das
Folgende gibt nur eine andere Seite derselben Sache wie das Bis-
herige. Ofellus beschreibt die Einfachheit seiner Lebensweise nach
zwei Seiten hin: ,,ich selbst ass an Werktagen nichts als etc. und
(so denn auch) wenn Besuche kamen, wurde gleichfalls nur Selbst-
erzeugtes aufgetischt." Zu einer thatsächlichen Einwendung, wie
al sie enthalten würde, ist kein Raum vorhanden.
y. 119. imb7-em hat AVüstemann, unter Zustimmung von
Obbarius (.Tahn's Jhbb. XL. S. 177 f.), wegen V. 121 f. auf die
eigentliche Regenzeit, den Winter, bezogen.
V. 123. Zweierlei ist hier fraglich: Erstens das Verhaltniss
des htihis zum polare. Heindorf, Düutzer (TL S. 287 *) u. A. tren-
nen Beides: es fand ein Spiel Statt, wobei jeder Fehler welchen
Einer (in diesem Sjiiele) begieng das Trinken dictierte. lliegegen
wird nicht mit Kirchner (S. 29f.) einzuwenden sein dass ,, Spiele
nach Tisch l)ei den Alten nicht Sitte waren, als etwa bei städti-
schen Weichlingen das Würfelspiel, wobei aber doch von einer
culpa nicht dit^ Rede sein konnte"; denn in müssigen Stunden wer-
den sich die Landleute nicht viel anders unterhalten haben als die
^füssiggänger von Profession, und Versehen Avaron auch beim
Würfelspiel möglich , z. B. wenn Einer einen Würfel zu Moden
fallen liess. Wohl aber scheint jene Deutung sprachlich mimöglicli.
Vor .VUem kann jiolarc »irn/islru nicht kurzweg bedeuten fiuhiinli ma-
f/islra. Schwenck (Ztschr. f. A.W. 1840. S. 9I<>) hat mit Recht be-
merkt dass magistcr pittnre ni.r heissen könnte: Herr i^ileister) im
Trinken, d. h. grosse Tüchtigkeit im Trinken besitzend. „Denn
nur wenn die durch das Substantiv bezeichnete Eigenschaft mit
der durch das Verbum angegebenen Handlung in uumittelliarem
Zusannnenhange steht kann tler Infinitiv zu dein Substantiv treten;
dagegen gibt es kein Beis])iel von einem lniinitiv(> der zu ein«'m
Suli.stantiv gesetzt worden wär(> wimui die Handlung die das Zeit-
*) V>,'1. Till. \' S. '2^y\: ,.j)oliirt' ist der Acciisativ der lu'zieliung: wo
der l\ld <li r AikihIikt (tnnijislcv) w.-ir in Hozup auf das Trinken."
.Viiincrkimyon zur zweiten Satire. 55
wort enthalt nicht von dorn durch das Sulistantiv bezeichneten
Wesen ausi;eiilil wird." Sodann kämen bei jener Anflassung die
BegritVc culpa und polare wie hereingeschneit daher. Ist denn calpa
ein wesentliches Erforderniss jedes huhis? Und ist kein ludus mög-
lich ohne polare^ Richtig ist daher nur die von Kirchner (1817. S.
29 f.), Mitscherlich (Rac. I. 1827. p. 4f.), Orelli u. A. gewählte
Identification von ludus und polare^ so dass eines das Prädicat des
andern (als des Subjcctes) ist; vgl. Auch Plant. Stich. 733 f. : S.Alium
hl dum uufic vulo. Sl. Bibr si hibis. S. Nun mora cril apul mc. sei pol
cnuviii sat est. Die zweite Frage ist: in welchem Sinne die culjtn
a\a magistra (bil)Cndi, convirii) zu denken sei? In dieser Beziehung
stellen sich die Inteipreten insgemein an als hätten sie ilir I>eben
lang von einem Connnerse noch nie gehört, geschweige denn einem
angewohnt. AVie Orelli so meinen auch Wüstemann und Apitz *),
pädagogische Reminiscenzen unzeitig hier einmengend, der sich
Verfehlende sei mit (Jarition, mit Entziehung von Wein, bestraft
worden, wogegen Düntzer (II. S. 287), unter Zustimmung von Ob-
barius (bei Jahn XL, S. 178), mit Recht einwendet, der tuagisicr
convivii halte das Trinken nicht verboten, sondern geboten. Wenn
man hiegegcn Plaut. Stich. 72311'. geltend macht, wo der Sklave
Sagarinus sagt: tdcr dcmulassil poculo /iiullahilur, und diess alsl)ald
erläutert: ergo ohserva : si peccassis , mullam hie retincbo ilico (d. h.
werde selbst den Becher austrinken), so übersieht man dass dort
eine Sklavenkneiperei ist, wobei nur ein bestimmtes Quantum
Wein vorliegt , von welchem Jeder sich möglichst viel zu Gemüte
zu führen bemüht ist; bei einem Gastgelage aber wäre s<dche Pro-
cedur eine ärmliche, llungerleiderei (vgl. Nagel Act. Soc. Traiect,
IV. p.263 und Weber S. 293). So hat Mitscherlich auch Cic. Verr.
V, 11, 28 schwer missverstanden, indem er (1. 1. p. 5) meint, dass
es am Schlüsse der verrinischen Gelage aussah wie auf einem
Schlachtfeldc hänge mit Verres' Gehorsam gegen die leges quac in
poculis j/oncbanlur nidit etwa so zusammen dass derselbe jedes
Quantum und jedes .Alischungsverhälfniss das ihm der Präses dic-
tierte gewissenhaft nachtrank und durch scherzliafte Verletzungen
des (,'omments, nuit willige Subordinatiousfelder u. dgl. solche Stra-
fen selbst provocierte, sondern: Verrcm (und alle andern Theil-
nelnner! denn nicht der Prätnr allein lag unter dem Tische) sedulo
cavissc ne culpa commissa poculo (seines eigenen Weines!) fraudure-
lur. Unsere Stelle aber erklärt JMitscherlich geAviss richtig: com-
pohilio ilu inslilula erat iil culpa bibeiidi magislra esset ^ cidpa adco com-
missa poculo ehibcndo redimrnda esset (p. 4.), und; per lusum Ha pota-
bamus ul peccala poculis CA/iaiiriendis lueiida cssrni (p. ,')). l^lienso
*) p. '■^'^•. iiuif/islia piiliiin ciil/inii/e, .sivc potn inlcnliclo . was ein Oxy-
moron sein soll; und p. lüU: n/ji iii<i(jistia erat polalio(-nis'f) culpa, quod
parsimoniitc Ofdli itiiicc coiigruil.
56 Zweites Buch der Satiren.
Kirchner schon J817 (S. 30) : ,,Üer hidii.s bestellt im Trinken selbst,
wobei die Versehen — entweder im Keden oder gegen die Trink-
eesetze — mit einem Becher bestraft wurden." Und Behwenck
o
(Ztschr. f. A. W. ]840. S. 916): „Ilienach Avar unser Spiel, zu trin-
ken, indem die Fehler dabei statt eines Vorsitzers dienten, d.h.
wer einen Fehler beim Trinken (V) maclite musste zur Strafe eine
Quantität mehr trinken." Die Einwendung dass diess gegen Ofel-
lus' „ländliche Einfachheit" (Düntzer V. S. 254; parsimonia , Ai^itz)
Verstössen würde ist nicht von Belaug; denn dass nicht jenes der
Grundcharakter von Ofellus' Bewirtungen war, sondern heitere
Geselligkeit, zeigt besonders V. ]'25.*) Bei alle dem ist zuzugeben
dass das ciiIjhi unseres Dichters nicht eben ein sehr bezeichnender
und glücklicher Ausdruck ist, welchen Horaz freilich schwer ge-
nug abgebüsst hat durch Auslegungen wie die echt holländische
von Nagel ist : hidus erat Ha polare ut culjya (//. c. transgressio leginn
convivii) camquc secuta calicis cbibcndi necessilas viagistra esset, ui in
posterum attciüiores essenl, ne plus iuslo bibere cogerenliir adeoque in
ehrietaiem incidcrcnl aliisque , ut ebrii solent, risum pracbcrent.
V. 124. Die richtige Erklärung des ita, wie sie jetzt sich in
allen Ausgaben findet, gab (ausser Heyne zu Virg. Ge. 1 , 321 )
Ivirchner schon 1817, p. 17: Ha est formula prrcantis, ut in trilissinw
illu: Ha me Di amcnl! haud minus quam sie (Od. I, 3. in.). Trotzdem
verband es Mitscherlich 1. 1. p. 5 Avieder mit alto und fasste es ,«'<"/-
Ttjcw?, Ha ut Ofellum manibus ipsam culmorum alfitudinem, quantam cu-
perei, designantem cogitaremus (ähnlich J. A. Schäfer, nur dass
er es auf die Gebärde des Emporhebens der Becher bezog; s. bei
Orelli). Kichtig dann auch F. Hand Tursell. III. (1836.) p. 494:
Votum convivarum Ccrcrcm adoranlium erat: Ha surgat alto cuhno. Dass
das ^lissvcrstehen der Stelle schon alt ist lehren die Varianten , in
welchen ein ut {itti) bald (an verschiedenen Urten) eingeflickt i.st,
bald sich an die Stelle des Ha gedrängt hat.
V. 129. Apitz p. 109 f- vertheidigt (wie auch Morgenstern,
Spec. II. p. X) wieder die Schreibung einer wenig beachtenswer-
then Minorität von Hdschr., propric, weil propriac ein rieonasmus
sei : est herus tcllnris cui lellus est propria seu in pcrpcluum olilincnda :
denn herus (im Gegensatz zu incola, wie dominus zu ciilonus) bedeute
für sich schon den Eigenthümer. Das Adverbium müsste jetlen-
l'alls so wie Fea thut aufgefasst werden, als Verstärkung des B(^-
griftes herus : eigens zum Herrn, wie proprie tuus liei C'ic. ad Fam.
IX, 15 u. dgl. Aber eine ganz ähnliche Bedeutung hat auch prn-
priae: Herr der tellus , so dass diese ihm propria (sein dauerndes.
*) Sclnvcuck a. n. O. : ,,(icr)nlc (Hess dnss nur das Trinken seihst nach
dem Ksson zum Spiele peniaelil wird, ohne nach andern Zerstreunnpcn
und S|iie!eu zu suclien , passt zu der geschilderten rnliiuen Kinfaehheit
des Lehens."
Aniiieikiingeii zur zwi'iteii Satire. 57
unverlierbares Eigentlium, vgl. zu 6, ö) wäre. Und da gerade das
Letztere der Gedanke ist welcher V. 130 ü'. ausgeführt wird, auch
die Entstehung von proprio aus projtriae sich sehr leicht auf die
von Kirchner im krit. Commentar (p. IH4) angedeutete V.'eise er-
klärt, so ist sicher />ro/;/7rt<' das Richtige. In Bezug auf das Ganze
vergleicht Fea die zu 6,5 angeführten Worte des Lncilius, Ajiitz
aber Ep. II, 2, I7ö f. Cic. de harusp. resp. 14 und 8en. Cons. ad
Marc. 10.
V. 131. vafri, s. Kirchner zu I, 3, 130. S. 129. Vgl. Afranius
(V. 48, p. 147 Ribb.) 7-its ire, dotcin nc rcpromitlns, vafer.
V. 133. Nuper ist ein sehr relativer Begriff, je nachdem dem
Redenden die inzwischen verflossene Zeit lang oder kurz vorkommt.
»Steht iinn das betreffende Ereigniss noch lohendig vor der Seele,
so kann nuper auch von einem ziemlich langen Zeitraum gebrauclit
werden, wie voxi fünf Jahren Epod. P, 7 und von dreizehn Jahren
bei Gic. Brut. 90, 309.
V. 134. Die Variante erat verdankt ihre Entstehung wohl
der Nachbarschaft der Worte 7Uiper Ofelli dictus. Von den beiden
durch Bentley aufgestellten Gonstructionen desselben (nuper Ofelli
(liclus erat: nulli proprius; und: n. Ofelli, dielus erat nulli pjroprius) ist
keine sachgemäss und richtig. Bei der ersten fehlt es an einer
vernünftigen und dem Zusammenhang entsprechenden Aussage
über den ager, und bei der zweiten kommt zu Allem hinzu dass
dictus hier, wo von ^Menschen die Rede ist , in dem Sinne von dica-
fus stehen soll. Dagegen hat das sinnvolle eril unter anderen den
Goth. 2 für sich.
Dritte Satire.
Einleitung.
Die vorliegende Satirc ist nächst dem Briefe an die Pisonen
die ausführlichste Arbeit unseres Dichters. Zum CJegenstand
und Inhalte hat sie einen Satz der stoischen Ethik und l'sycho-
logie , die Behauptung ori nag a(pQcov fiaivsrai (Stob. Ecl. II, 12 b
Diog. La. VII, 1, 124. vgl. Gic. Tusc. III, 5, 10. Parad. IV. j. Die-
ser Satz war ein Ausfluss der stoischen Gonsequenzmacherei, Avel-
che vor dem schroffsten Widerstreit mit der Wirklichkeit nicht nur
nicht zurückscheute, sondern sogar mit Vorliebe ihre Aufstellungen
zu Paradoxien zuspitzte. AVeil nach stoischer Lehre die Tugend
5S Zweites nucli der Sylircn.
die richtig;?, mit Natur und Vernunft übercinstiiumende Bescliaffen-
lioit des Willens ist, somit ein Hahitus, eine Cfestaltung und Rich-
tung des innorn Wesens welche, wenn sie einmal existiert, weder
einer Steigerung noch einer Einbussc fähig ist, so ist für die .Stoi-
ker derjenige welcher die Tugend und die mit ihr identische Weis-
heit besitzt ein Ideal menschlicher Vollkommenheit und bewährt
sich als solches in allen Verhältnissen in welche er etwa hiuein-
tritt. In dcmscll)en blasse aber wird derjenige welcher jene Be-
schafl'enheit des AVillens nicht besitzt von den Stoikern mit den
schwärzesten Farben gemalt. Ihre abstracte Ethik kennt nur ali-
solut Gute und absolut Schlechte; nach diesen beiden Arten zer-
fällt für sie die Menschheit in zwei sehr ungleiche Hälften, zwi-
schen welchen kein Uebergang, kein Mittelglied besteht; und wie
sie auf ihren Weisen alle möglichen Voi-züge zu hänfen lieben , so
können sie auch die Kehrseite dieses Begriffes, den Unweisen, nicht
abschreckend genug darstellen. Nach ihnen ist „der Unweise
schlechthin thöricht, unglückselig und verkehrt, oder, wie ihrKraft-
ausdriick lautet, jeder Unweise ist ein Verrückter; denn verrückt
ist Aver über sich selbst und das was ihn zunächst angeht kein Be-
wusstsein hat." (Zeller, Griech. Philosojdiie III, S. 144.) Dieser
Satz, so consequent er innerhalb des stoischen Systems ist, schlägt
doch zugleich den natürlichen Verstand so grell ins Gesicht dass
er eben damit eine Verurteilung jenes Systems selbst ist, und aus
einem Gefühle dieses Sachverhalts ist es wohl zu erklären dass
Cicero in den beiden Stellen wo er auf dieses Thema zu reden
kommt das eine Mal (Tusc. HI, 4, H f.) mit der Begründung durch
eine Art von Wortwitz sich abhndet, indem er die etvmologische
Bedeutung von insimia ausbeutet und l)eliebig dafür insanilas unter-
schiebt, das andere ]\Ial (Parad. 1. 1.) anstatt einer Erläuterung
vielmehr eine leere Tirade gegen Clodius gibt. Auch Iloraz hat
sicherlich hier einen wunden Fleck des stoischen Systems erkannt
und eben darum gerade diesen Satz sich zur Behandlung auserko-
ren, zumal da derselbe ausserdem Gelegenheit bot eine Fülle von
Erfahrungen und Eebensbildern. wenn auch in dem verz(Mrenden
Spiegel <ler stnisthen Auffassung, vor Augen zu i'üliren. Durch
diesen Satz und seine Ausliihrung den Stoicismus sich sellist
charakterisieren zu lassen betrachten wir als den unmittelbarsten
Zweck unseres Gedichtes, seinen (»rundcharakter denniach als
einen lit<'rarischen , womit aber vollkommen verträglich ist die
Rücksicht mittelst dieses literarischen StotVes zugleich eine ethi-
sche Wirkung zu erzielen: es liegt nicht ausser dir Art drr saluni
dass sie zur Satire wird.
Zur Charakteristik des Stoicismus iliente auch die Persönlich-
keit seiner \'ertreler un<l rrediger in der damaligen Zeit, die so-
genannten Aretalogen, wie Crispinus (s. Kirchner zu I , I , 120.
S. 24) «'iner war. Dnch würden wir es für eine zu enge Betrach-
Eiiileilunj; y.uy drillen Satire. 59
tungswolso nnspros Godielitcs halten Avcnn man den Zweck des-
selben in der Darstellung einer .solchen Figur aufgellen lassen Avollte.
AVozu >\"ärc CS in diesem Falle da.ss lloraz siuh aussihliesslieh die-
sen einen stoischen Satz auswählte? Noch viel weniger aher kön-
nen wir die Wendung billigen welche Fr. Jacob (im Lübecker Pro-
gramm von 18+1, S. 16 f.) jener Auffassung gegeben hat. Er legt
nämlich ein Hauptgewicht auf die „burleske Achnlichkeit zwischen
einem Aretalogeu und einem Satiriker, und dass Damasippus wie
Horaz , Horaz wenigstens nach Aussage seiner Feinde, durch das-
selbe />/;?-«//<'/• jeuer zur Aretalogie, dieser zur Satirc gekounuen
sind: jener durch einen Bankerot an der Börse, dieser durch einen
Bankerot seiner Partei auf dem Schlachtfelde." „Diese Aelinlich-
keit lag so nahe . . . dass es nicht Wunder nehmen kann wenn einer
der Gegner sie aufgegriffen und bitter genug demselben , auch in
seinem Verhältnisse zu Mäcen, vorgehalten hatte. Jetzt nun konnte
Hnraz nichts Gescheideres thun als sich selbst neben den Aretalo-
geu stellen und Freund und Feind einzuladen selbst den Unter-
schied zwischen beiden zu finden. Diess thut er indem er den markt-
schreierischen Declamator Wahres und Falsches , Ernst und Thor-
hcit, in der lustigsten Vermengung mit gleichem Pathos morali-
scher Entrüstung, ohne innere AVahrlieit daherreden lässt." Wei-
terhin fS. 17) bringt Jacob damit sogar Sat. I, 3, 63 f. in Zusam-
menhang: wie Horaz den Mäcenas manchmal (unwissentlich) stört
und ihm lästig Avird, so hier Damasippus dem Horaz, — wol>ei aber
der wesentliche Unterschied besteht dass jener es arglos thut, bei
diesem aber es Ausfluss seiner Selbstüberhebung und seines Bekeh-
rungseifers und System, wo nicht Profession ist, dass dort es als
Naivität entschuldigt wird, hier die Eigenschaft der Zudringlichkeit
ungemindert bestehen bleibt. Die ganze Auffassungsweise aber er-
weist sich durch Vergleichung von Sat. I, 3 nnd TI, 7 als unrich-
tig, sofern es auch dort die Sätze sind um welche es zu thun ist,
nicht die wechselnden Personen derer durch welche sie vorgetra-
gen werden. Auch ist das was Eigenthümlichkeit der Aretalogen
sein soll in Wahrheit vielmehr Planier der Stoiker selltst, nur zum
Tbeil etwas karikiert, und endlich ist zu sagen dass wer so be-
schränkt war um die Handhabung der nationalrömischen Satura
mit dem Treiben der Aretalogen zu verwechseln, der einer Ant-
wort nicht würdig Avar, wie denn auch unsere Satirc nirgends eine
Antwort darauf enthält.
Die E in kleidu ng hat manche Aehulichkeit mit der von H, 7.
Diessnial ist die Fiction dass der bankbrii( liige Kunstenthusiast und
Kunsthändler, nunmehrige stoische Tugendiirediger fuuius Dama-
sippus den Horaz auf seinem Uandgute , wohin sich der Dichter
von den Saturnalien aus der TIaujitstadt zurückgezogen, um seinen
Studien und der Poesie zu leben, überfalle und mit Vorwürfen über
seine Unthäti"rkeit überhäufe. Nach der Berechtigung zu einem
60 Zweites Biicli fler Satiren.
solclien Auftreten befragt gibt Damasippus die Aiiskniift dass er,
mit seinen früheren Bestrebungen gescheitert, nunmehr ein Send-
bote der inneren Mission geworden sei, und Aveiss seine Bekehrungs-
geschichtc mit einem Sermon über das Thema dass alle Nichtwei-
sen verrückt seien kunstreich zu verflechten. Die Kühnheit des
Dichters, im Bewusstsein seiner geistigen Gesundheit zu einer An-
wendung des Satzes auf seine Person herauszufordern, hat zur
Folge dass der Fanatiker ihm ein langes Sündenregister vorhält, des-
sen Horaz Mühe hat sich zu erwehren und das er endlich mir durch
einen kräftigen Trumpf sich vom Leibe bringt, indem er als die
grössten Narren die Stoiker seilest bezeichnet. Dass so zuletzt ,,auch
der Dichter selbst von Damasippus seine Narrenkappe mit mehr als
Einer Schelle aufgesetzt bekommt" (Ochmann p. 5 not.) ist eine
Bethätigung des Humors von Horaz, die zugleich fein berechnet ist,
indem diese Selbstpreisgebung des Dichters den ernstlich gemein-
ten Vorwürfen seiner Feinde den Stachel benehmen musste und
diejenigen welche etwa in der vorangegangenen Kapuzinade etwas
abbekommen hatten zu versöhnen geeignet war. Ochmann ver-
gleicht in dieser Hinsicht (1. 1.) Seb. Brant's Verfahren, welcher
zu Ende seines Narrenschifi's in der ,, Entschuldigung des Dichters"
V. 74 f. sage :
AVie vast ich an der Kajipen scliiitt
Will sie mich doch pfaiiz lassen nytt,
nachdem er bereits zu Anfange (Ein Vorred in das Narrenschift' V.
137) gesagt:
Den Vordantz hat man mir gelan,
und den ersten Abschnitt mit den Versen eröffnet:
Das ich svtz vornan in dem SchvfF,
Das hat warlich ein sundrcn (rrvtl".
Nicht minder fein an<rele<it ist es von unserm Dichter dass er die
Haupterörterung, über den erwähnten stoischen Satz, nicht auf Da-
inasippus selbst zurückführt, sondern auf eine respectablere Quel-
le, den Stoiker Stertinius. Für Damasippus wäre sie zu ernsthaft
und zu doctrinär gehalten, Hesse auch noch die Möglichkeit offen
dass die betreffende Lehre nur etwa den Auswüchsen der Schule
eigenthümlicli sei, diese selbst aber nicht dafür verantwortlich ge-
macht werden könne. So aber haben wir in demjenigen was den
Kern unserer Satire ausmacht ein wirklicli treues Abbild stoisclier
Argumentation und Mani(M'. Dahin gehört namentlich auch das
Dramatische, mimisch liebendige und Desultiu-ische des Vortrags,
welches den Hörer fortwährend in .Atliem erhält uml iiim iiiniHM-
neue Ueberraschungen bereitet. Wenn Horaz überhaupt auch sonst
,,die poetischen Asyndeta'' (Döderlein, Briefe» d. H. S. (iti) liebt, so
ist diess im gegenwärtigen i'alb" noch gesteigert. .Teden Augen-
blick wecliselt die Scene, und ojme Vorbereitung, ohne Uebergang
sieht niJUi sicli ]dützlicli in ciniMi ganz anderen ( Irdankonkreis ver-
KinleiUing: zur diillPii Satire. Gl
setzt. So sind namentlich die verseliiodonen Arten von Tlioren,
an welchen die Eigenscliaft der Verrücktheit nachgewiesen wird,
ohne alle Verniittlung und Ankündigung an einander gereiht (s.
z. B. V. 14-2. 1^7. 239. 243. 247. 2«l). Ks werden näiidich nach Fest-
stellung der Detinition nnd Krörterung des speciellen Falles wel-
cher den Ausgangspunkt hildet (V. 41 — 76) unterschieden die avori
(V. 82 — 157), ambiliosi (V. 158—223), luxuriosi (V. 224 — 246), Ver-
liehten (V. 247 — 280), Abergläubischen (V. 281 — 295), als Hauptar-
ten der Leidenschaft und Thorheit, und in Bezug auf jede der Be-
weis versucht dass sie complete Narrheit sei. Dieser doctrinelle
Theil folgt einer festen, V. 77 — 80 voraus angekündigten Disposi-
tion, so sehr auch die Ausführung selbst den Schein freien Ergus-
ses annimmt; der Kest aber hat einen mehr lockeren, durch die
Einkleidung bestimmten Gang. Der Anfang macht uns mit der Si-
tuation und den persönlichen Verhältnissen der Interlocutoren be-
kannt (V. 1 — 31). Die vornehm kühle Zurückhaltung welche Ho-
raz gegen Damasippns beweist reizt diesen dem Dichter die Be-
h;iui)tung an den Kojif zu schleudern: du brauchst dich nicht so in
die Brust zu werfen; du bist ein Xarr, wie alle andern Unweiseit
auch. Hiefür beruft sich Damasijip auf die Autorität des Stertinius,
der in einem kritischen Augenblicke ihm das sonnenklar bewiesen
und ihn dadurch nicht nur vttn einem übereilten Schritte zurückge-
halten, sondern auch für sein ganzes weiteres Leben gegen alle
Angriffe der 3Ienschen stichfest gemacht habe (V. 31 — 299). Der
Schluss (V. 300 — 326) wendet die allgemeine Erörterung ins Per-
sönliche. Bei der Auseinandersetzung des Stertinius, Avelche auch
durch ihren Umfang sich als der Haupttheil unseres Gedichtes er-
weist (V. 38 — 295) , war die drohendste Gefahr die der Einförmig-
keit, indem als letztes Ziel aller Wege und Betrachtungen immer
die gleiche Verrücktheit unwandell)ar feststand. Horaz hat diese
Gefahr zu beseitigen gewusst, nicht nur durch treue, ja übertrei-
bende Nachbildung der stoischen Lebendigkeit, sondern auch da-
durch dass er für dieselbe Sache die Ausdrücke aufs Mann ichfal-
tigste zu wechseln Musste. In unserer Satire betinden sich als Be-
zeichnungen der Narrheit, ausser dem technischen iusanus, insa/iire
und üisania (V. 32. 40. 44. 48. 52. 63 f. 67. 74. 81. 102. 120. 130. 134.
159. 184. 197. 201. 221. 225. 271. 298. 302. 306. 326) folgende: furt're
(V. 41 j, furiuSHS (207. 222. 304), dcsipere (47. 21 1), excors (67), (h'Iinis
(107. 293) et umens (107), amenlia versalus (249), demens (l33. 135),
cerrilus (278), rommotiis (209), commotae mentis {'27H)., mcnlem concus-
sus (295), male tulae menlis (l37), pulidi cerebri (75); ferner in Frage-
form qiii sanits (241. 275- vgl. 284 f. 322), inleger menlis (65), integer
«/»■//»'(220), incohimi capile (]^'2) , recliini animi servare (201), animo
sliire (213), j^enes se esse (273); endlich noch die Wendungen ^'. 82.
217 f. 223. 246. 287.
Die Fragenach ihrer Ab fa ssun j^s ze i t beantwortet die vor-
02 Zwfilcs Riuli der Satiren.
liegemlc Satire selbst, sofern in V. l^iO von der Aedilität Agrippas
als unmittelbarer Gegenwart die Rede ist. Diese fällt nun aber ins
J. 721 d. St. (üio Oass. XLIX, 43. Frontin. de aquaed. 9. l'lin. H.
N. XXXVI, lö, '24): im Laufes dieses Jahres muss also die Satire
verfasst sein. Und zwar genauer gegen das Ende des Jahres; denn
V. 4 ft". wird die Scene in die Saturnalien gesetzt, welche bekanntlich
nach der Mitte Decembers gefeiert wurden. Daraus ist nun zwar
schlechterdings nicht zu schliessen dass das Gedicht in der j\Iitte
des Decembers erst begonnen worden sei: Hoi-az konnte den
Grundstock und Plan desselben schon von liom fertig mitbringen
und nur zur formellen Vollendung und Ausfeilung desselben die
ländliche Stille aufgesucht haben. Diess ist um so wahrscheinlicher
da llnraz nach V. 308 damals auf seinem Gute baute: denn Bauen
und Dicliten vertrauen sich bekanntlicli nicht sehr ":ut. Es wäre
sogar nothwendig anzunehmen, wofern V. 18ö verbieten würde über
7"21, als das Aedilitätsjahr Agrippa's, hinauszurücken, was jedodi
nicht der Fall' ist. Denn der Dank des Volkes für die Leistungen
des Aedilis Agrippa, wie er sich in den plaitsus bei jedem öffentli-
chen Auftreten des Letzteren kundgil)t, konnte ganz wohl noch ins
J. 722 hinüberreichen, also auch in diesem Jahre noch sciliicl ul phnt-
siis ijiios fcrl Jf/rippa feras fii gesagt werden. Nur bis zum J. 723
darf man jedenfalls nicht liinalisteigen: denn im Frühling dieses
.lahres zog Agrippa von Rom aus und in den Krieg, wo er sich Lor-
beeren ärntete über AV(dchen seine Tliätigkeit als Aedil (und von
dieser ist V. 180 ausscliliesslich die Rede) in den Hintorgrund trat
(Rhein. Mus. N. F. IV. S. 213). Andererseits aber wäre es er-
wünscht die Vollendung und Herausgabe der Satire möglichst kurz
nach der Saturnalienfeier ansetzen zu dürfen, weil in diesem Falle
die örtliclie und zeitliche Färbung der Einkleidung noch von be-
sonderer Frische gewesen sein würde; und da lediglich nichts nö-
tliigt über das Jahr 721 selbst hinauszugelien , vielmehr die Ans})ie-
lung auf Agrippa's Aedilität l)ei Annahme dieses Jahres erst recht
motiviert erscheint, so dürfen wir wolil sagen dass das («edicht ge-
gen das Ende des Jahres 721 verfasst und im December desselben
Jahres, auf dem Landgute des Dichters, zu Ende gebracht und von
da Behufs der Herausgabe nach Rom gesandt Morden sei. Was
Kirchner L S. 13 gegen das J. 721 einwendet, den Umfang un-
serer Satire, ist schon durch das Bisherige beseitigt, so wenig im
Ucbrigen gegen die Verschieltung bis in den Anfang iles J. 722 Wi-
drrsprucli zu erheben wäre. Aber es scheint als hatte Kirchner aus-
ser Augen gelassen dass die Verlegung in die Saturnalienfeier doch
nur poetische Fiction ist, die man niclit so beim Worte nehmen daif
dass niSin desshalb den Anfang der Satire in die zweite Hälfte «les
Decend)er setzen nu'isste. AVir können es daher nicht eben „wun-
dcrücli" finib'U wenn fast alle (udehrte welclie die ( 'Iironologie chM'
llorazischon (Jcdiihlc bchamb-lt hab»>n unser (Jcdicht — d. h. seine
Einleitung zur ilrillen Salirc. 63
Vollendung — in tlcn Decomber 7'2I setzen, wie blassen vit. Hör.
p. 133 — 13.'), ileindorf, G, F. Grotofond (z. B. im Rhein. ^Fns. N. F.
Iir. 8. 471), G. Franke Fasti hör. p. 1 14 - Uli, Düntzer Thl. V. S. 255,
Znnipt vor Wüsteniaun , 8. 41 (vgl. Rhein. Mus. X. F. IV. 8. "241),
Walckenaer hist. de la vie et des poes. d'IIor. I. p. 330. W. E. Weber,
Horaz als Mensch etc. S. 162. Anin. 132 f. vgl. 8. 197, wenn gleich
zuzugeben ist dass Manche derselben durch die Fassung ihrer
Worte einem solchen Vorwurf Berechtigung gegeben haben, wie
Walckenaer, welcher meint nu il la compnsd peiidaiit les Stiluniales
<//' l'an 721, aber dann doch wenigstens fortiahrt: eile ne diil donc
jtarailrc qiC au comnicnccmcnl dr l a)}iH'C 722. (Bis ins .T. 722, und
zwar an dessen Ende, ist nur Düntzer herabgegangen, II. 8. 330 f.
und III. 8. 17, jedoch ohne Gründe dafür beizubringen und so dass
er V. S. 255 seine Aufstellung indirect zurücknahm und zum De-
cember 721 zurückkehrte.) Unsere Datierung stimmt auch zu dem
im Eingang der vorliegenden 8atire über die damalige poetische
Unthätigkeit des Horaz Gesagten; denn in das Jahr 721 selbst ist
kein antleres Gedicht mit 8icherheit zu setzen, und nur 8at. II, 1
und die gleichfalls ülier des Dichters Lässigkeit klagende Epod. 14
fallen waln-scheinlicli 720 — 721. Vgl. meine Abhandlung über die
Abfassungszeit der Horazischeu Epoden Zschr. f. Alt. Wiss. 1845,
S. 613 f., sowie die Bemerkungen im Rhein. ^lus. a. a. 0. 8. 214.
Im J. 721 kann Damasippus ganz wohl noch am Leben gewesen
sein , da die beiden Briefe an Atticus worin Cicero seiner in ge-
schäftlichen Beziehungen gedenkt (XII, 29. 33. vgl. ad Fam. VH,
23, 3) aus dem .L 709 stammen.
Was aber endlich das Verhältniss dieser Datierung zum Be-
sitz des 8abinnms betrifl't, so ist es mir i;nmöglich das von Kirch-
ner I. 8. 13 gegebene Versprechen zu lösen, nämlich nachzuweisen
„dass unter der vilhda V. 10 nicht das sabinische Landgut zu verste-
hen sei, welches Horaz damals noch gar nicht besass, sondern, wie
Walckenaer richtig annimmt, sein kleines Landhaus bei Tibur."
Walckenaer seilest (1. 1. p. 3.30) drückt sich weniger bestimmt aus:
,,?/ nc scmhlc pas aruir posscde alors cc domahic dr la Sabine, doiil Me-
cene hti fil (hm ä toie r'poque jwslerirure. II n\'n fall pas mciilkm , rl ce
lü'it eitl rle Irop rlotyne pour tinc ahsence aussi rourlr.'^' Ich weiss nicht
ol) Kirchner noch andere rJründe anznfüliren vermocht hätte: die
Walckenacr'schcn aber beweisen jedenfalls nicht was sie sollen.
Denn dass Iloraz nur für die Zeit der Saturnalien aus Rom sich
zurückgezogen habe ist nirgends gesagt und wegen des Bauens
(V. 308) nicht einmal wahrscheinlich; und dass Iloraz am Ende des
J. 721 sein 8abinnm noeh nicht gehaltt habe ist eine blosse Voraus-
setzung, welche erst zu beweisen wäre und welche zusammenfällt
sobald sich wahrscheinlich machen lässt dass in unserer 8atire
nicht wohl von etwas Anderem als dem 8abinum rlie Rede sein
kann. L'nd in dieser Hinsicht hat .L 8. 8trodtinaiin, Huratius' 8er-
64 Zweites Buch der Saliron.
moiieiidiclitungon (Leipzig J8J5), S- 317 mit Rocht bemerkt : „Wenn
aiicli Horaz bei Tibur eine Wohnung liatte, so war dieselbe keine
Villa, kein Landbesitz , kein Herrenhaus , sondern ein deversorium
oder eine gemicthete hnhitaiio. Auf eine solche aber passt schon
nicht recht der Ausdruck villiil« ^ an; allerwenigsten aber der hier
die »Sache völlig entscheidende Vorwurf des Damasippus dass Ho-
raz sich mit Bauten beschäftige , d. li. in dieser Rücksicht die Gros-
sen und Vornehmen nachahme und das thue was sich nur für einen
Maecenas zieme, V. 307 — 313. Eine solche Situation setzt nothweu-
dig einen ihm eigenthümlich gehörenden Grund- und Hausbositz
voraus und führt uns daher mit zwingenden Gründen aiif das Sabi-
num hin, dessen Schenkung daher schon ins J. 721 fallen muss."
Letztere Folgerung ergibt sich mit Nothwendigkeit aus unserer Sa-
tire, als der frühesten Erwähnung des Sabinum, und es Aväre nicht
einmal vermessen, das Geschenk des Maecenas sogar ins .1. 7"20 zu
versetzen, wie ich in Pauly's Real-p]nc. III. S. 14()7 (mit Anm.*) ge-
than habe, und darauf auch G. F. Grotefend im Rliein. Mus. N. F.
III. S. 471 — 473. Nur führt des Letztern Argumentation vielmehr
auf das Jahr 721. Er geht nämlich von Od. III, 8, 11 f. aus: {hie
dies corlicem dimovehil) amphorae fumum bibere i?istitutae consule Tullo:
diesen Jahrgang nenne Horaz Aveil es ,,der älteste im eigenen Be-
sitzthum gewonnene AYeiu" sei. Diess ist überzeugend; aber Con-
sul war (Lucius Volcatius) Tullus niclit im J. 720, wie Grotefend vor-
aussetzt, sondern 721 = 33 v. Clir. , und in den Anfang des letzte-
ren werden wir daher die Schenkung des Sabinums zu setzen ha-
ben. Für Letzteres spricht auch die sechste Satire unseres Buches.
Denn so wenig aus ihr (die am Ende des J. 723 verfasst ist) ein Ar-
gument gegen unsere Datierung von Sat. II, 3 oder gegen die Be-
ziehung von. villula auf das Sabinuni sich entnehmen lässt, da der
neue Besitz den (der sechsten Satire zu Grunde liegenden) Charak-
ter der Wohnlichkoit erst nacli Vollendung der Bauten (unten \ .
30'S) erhielt, Sat. II, 6 somit jedenfalls einige Zeit nach Sat. II, 3
verfasst sein muss: so Aväre doch andererseits die Entfernung des
J. 723 von dem J. 720 zu gross als dass ohne dringende (iründo
über das durch unsere Satire als älteste Erwähnung des sabinischon
Gutes gebotene J. 721 zurückgegangen werden dürfte.
Nachgeahmt ist unsere Satirc in Boileau's vierter; vgl. dar-
über Walckonaer a. a. O. p. 327 f.
Literatur: Horazons Damasipjius, Zweiten Huches dritte
S;uire. Lateinisih und deutsch mit Varianten und Anmerkungen.
i;iubi{hiiigssclirit't zu den diessjährigen öiVentUchen Schuliirüfungcn
am Stralsunder (Jynniasium etc. von ('. Kirclmer, Dr. Ph. Gou-
rector. Stralsund 1818. 40 S. 4. Der grössere Theil hievon , den
Text, dio Varianten und die Uebersetzung umfassend, ist dhrcli
Kirdnier's spfitere Umarbeitung (oben Bd. I. S. 184 tV.) antiquiert:
aucli VOM den (populär gehaltenen") Anmerkungen (S. 30 — 40^ ist
Anmerkungen zur dritten Satire. 65
alles Brauchbare in die seitdem erschieuouon Commentare über-
gegangen , so dass im Nachstehenden nur selten Gelegenheit war
dieser Kirchner'schen Arbeit Erwähnung zu thun. Ferner enthält
das Lübecker Programm vom J. 1841, S. 16 — -21 „Einige'' meist
paradoxe „Bemerkungen über die 32 ersten Verse von Hör. Sat.
II, 3" von Fr. Jacob; sowie das von Oppeln aus dem J. 1843 auf
seinen ersten 16 Seiten den Anfang einer breit angelegten Abhand-
lung de Damasippo Jloratiano (d. h. Sat. II, 3) vom Oberlehrer Dr.
Johannes Och mann; endlich hat G. T. A. Krüger unsere Sa-
tire, „für den Schulzweck erklärt", als Braunschweiger Programm
vom J. 1852 (30 S. 4.) erscheinen lassen , Avelche Arbeit dann in
seine Ausgabe der Satiren und Episteln (Leipzig, Teubner 1853;
Zweite verbesserte Auflage 1856) übergegangen ist.
Anmerkuneren zur dritten Satire.
'ö
V. L Unbefangen angesehen ist es unzweifelhaft dass die
Schreibung sie ?'. scribis nicht nm- ganz überwiegende Beglaubi-
gung für sich hat, sondern auch von ihr aus die Varianten sich
leicht erklären , durch das Bestreben die anstössige Verlängerung
der Endsilbe von scribis zu beseitigen. Dieser Anstoss hat auch in
der neuern Zeit fortgewirkt, sofern alle Bevorzugung der Varianten
und alle Aenderungsvorscliläge wesentlich auf ihn sich gegründet
haben. So lueint Bothe p. 61: tali licentia hie ulcntem Ho7'alium nomie
in ipso limine impingere rectc diccremus? Lachmann zu Lucretius II,
27. p. 77 findet scribis td auch für die Satiren nicht zu ertragen; Fr.
.Tacol) a. a. 0. S. 18 meint, das Futur scribes, „das gute Hdschr. ha-
ben", sei „nicht nur des Metrums, sondern nocli mehr des Gedan-
kens*) wegen das liichtige"; Meineke will nach scribis ein tu ein-
schalten, Apitz gar scribis raro umstellen, um statt des kleineren
Uebels ein grösseres zu bekommen. Es fragt sich ob der Anstoss
ein so gegründeter ist dass man ihn um jeden Preis auf irgend wel-
clie Weise weprzuschaffen hat. Dabei ist zuzugeben dass die Länge
*) Letztere Paradoxie sucht er S. 10 folo^endermassen zu rechtferti-
gen: ,,Es ist bekannt dass die Körner, wenn ein ganz unerwartetes Ereig-
niss oder eine nnglaubliclie Znmutnng unwillig oder verwundert oder un-
gläubig, überhaupt mit Atfect, ausgesprochen wird, dieses Futurum fra-
gend oder ausrufend ebenso gebrauchen wie wir unser sollen. Man leugnet
damit gleichsam das bisher Unerhörte auch für alle Zukunft. Wegge-
bracht ist das Futur aus andern ITdschrr., weil nach Verkennung der Frage
dasselbe falsch als Imperativ aufgefasst wurde." 8ehr wahrscheinlich
wird man diesen Hergang schwerlich finden.
H0R.\T11 SAT. I(, 2. ^
66 Zweites Buch der Satiren.
der Eudung der zweiten Person des Zeitworts wenigstens im Prä-
sens eine grosse Seltenheit ist (über das Futurum exactum s. zu II,
2, 74), so dass ich kein zweites vollkommen gleiches Beispiel kenne;
indessen ist diesem Umstände, als einem zufälligen, wohl kein gros-
ses Gewicht beizumessen, indem linguistisch betrachtet die Länge
von scribis sich schwerlich anders beurteilen lässt als die von agit,
unten V. 260, gerade wie die von miscueris (II, 2, 74) nicht anders
als coudideril II, 1, 82. Ueberhaupt aber ist diese ganze Frage in
ein neues Stadium getreten seitdem F. Ritschi in den Prolegomena
zum Trinummus p. CLXXIV — CLXXXYII nachgewiesen hat „dass
alle diejenigen auf ;• und t auslautenden Endsilben für welche die
übrigen zugehörigen Flexionsfovmen den Beweis liefern dass der
den beiden genannten Auslauten vorhergehende Vocal von Natur
lang war*) in der plautinischen Sprache auch lang gebraucht wor-
den sind , während sie in der spätem Latinität gewöhnlich verkürzt
wurden, aber so dass von der ursprünglichen Quantität noch zahl-
•reiche Spuren übrig geblieben sind" (Fleckeisen in Jahn's Jahrbb.
LXI. S. 17 f.) ; worauf denn Fleckeisen (a. a. O. S. 17 — 35) , unter
Ritschis Zustimmung, dieses Gesetz nicht nur durch eine grosse An-
zahl von Beispielen noch fester begründet und verschärft**), son-
dern auch noch auf eine grössere Anzahl sonstiger consonantisch
auslautender Endsilben ausgedehnt liat , wie ^r, »/r, hus, inus , is {\\\
bestimmten Fällen). Diese Entdeckungen liat zwar neueslens M.
Crain (im Philologus IX. S. 664 ff.) zu limitieren gesucht und na-
mentlich statt der von Ritschi und Fleckcisen behaupteten Ursprüng-
lichk'eit der Länge theilweise wiederum Verlängerung durch den
Versictus (beziehungsweise Schärfung und Verstärkung ihres Ge-
wichts durch die Pause) setzen wollen; aber in der Hauptsache
bilden jene Ergebnisse unzweifcUiaft eine unverlierbare Errungen-
schaft, die auch unserem scribis zu Gute kommt, sei es nun dass
man ihm, an das griechische yQC(q)eig erinnernd***), eine ursprüng-
*) Niimlich or in den Substantiven mit dem Gen. öm und allen Com-
parativen, sowie (nach Flcckeiscn's Boweisfiihrnnfr) anch im Passiv der
Verba; ar, er, at. et in allen Vcrbalformen ; /7 in allen conjnnetivisehcn For-
men , ferner im Ind. Pracs. der Verba mit dem Charakter j und (wio
Fleckeiaen hinzusetzt) im Terf. Act. (Fleckeiscu a. a. O. S. 35.)
**) ,,W;lhrcnd Kitschl die Länge jener Kndunpon nur als neben der
später f^pbräuchlichen Kürze dersellien vorkommend darstellt, bchau|)te ich
vielmehr dass I'lautus dieselben in den Versmassen des Dialojjs immer
lanp gebraucht hat, mit der einzif^cn Ausnahme die er sieh mit der Ver-
kürzung voraliseher lanpfer Endsilben erlaubt hat, nämlich in iambisehen
Wortformcu" (d. h. zweisilbigen mit kurzer paenultima, s. Ebils. S. II t. ).
IMeekeisen a. a. (). 8. .35.
' '*) M. Crain a. a. <). S. Ii(t7 bemerkt dass i hier nur eine Abschwä
ehiiMj: eines ursprünglichen tt sei und erklärt die liängo von ix aus der Paral-
lele lat. vrliis, sanskr. va/insi, im /,end. vainhi, gricch. f][f«S, altshiv. vcleii.
Anmerkungen zur (irillcn Sniire. 67
liehe Länge Itoimessen will, oder in seiner Quantität den Einfluss
der Hanptcä.sur und der Arsis erkennt. In crsterem Falle dürfte
man freilich nicht sagen dass „gerade das durch Jahrhunderte hin-
durch gerettete Bewusstsein einer solchen ursprünglichen Länge es
gewesen sei was dem Dichter gestattete in diesem einzelnen Falle
diese Endung als lang zu gehrauchen" (M. Crain a. a. O. 8. 667 f.)^
wohl aher dass in Folge dieser ursprünglichen (Quantität die Aus-
sprache der Silbe eine solche blieb welche dem Dichter es leicht
machte unter gegebenen Umständen an die Stelle der conventionell
gewordenen ^[essung als Kürze die als Länge zu setzen. (Vgl. über
den Gegenstand auch den Aufsatz von Hirschfelder, in Mützell's
Ztschr. für Oynmasialw. IX. S. 82 — 84.) — Ueber sie raro stellt
Fr. Jacob a. a. (). S. 18 folgende Contcmplationen an: ,,iS/c ist un-
ter seinen Synonymen das am meisten hhnveisende und vergegen-
wärtigende. Daher ich gern denen beistimme die das s für eine
condensierte Aspiration halten und sie mit hie, als dessen Neben-
form, zusammenstellen wollen. . . Wäre also hier nur eine rii-
hige Rede und Hinweisung auf etwas Gleichgültiges, so würden
wir tarn raro ser. geschrieben finden. Durch sie hingegen , zumal
wenn es emphatiscli an die Spitze der ganzen Rede tritt, Avird Pa-
thos im Ausdrucke hervorgebi'acht; die Rede wird unwillkürlich zum
Ausruf oder, nach Umständen, zu der nahe verwandten, den Römern
so unendlich geläufigen Frage. Diese nun (Jacob setzt serihes voraus)
. . . lässt den stoisclien Moralpolterer in seinem CHiarakter auftreten
oder vielmehr hereinbrechen , unwillig über ein entsetzliches Ver-
gehen, das er rügen muss." Gegen Bentley's si raro haben sich
Ilaherfeldt, Heindorf, Düntzer (III. S. ■^■^■^ A.), AVeber, Apitz u. A.
einmütig ausgesprochen.
V. 2. relexcns. Die Verglcichung der dichterischen Thätigkeit
mit dem Weben ist keine seltene; vgl. Ilertzberg zum Ciris V. 39
(S. 77 f.) ; häufiger die mit dem Spinnen ; vgl. zu II, I, 4. Uebrigens
befolgt hiermit Horaz seine eigene Vorschrift in I, 10, 72.
V. 3. Dass (ihi ,, vermöge seiner Stellung auch 7A\ bcniipnts^'-
gehöre, wie Ileindorf behauptet, kann ich nicht finden; vielmehr
würde mir die Verbindung sibi benignus vini für den Satirenstil un-
angemessen scheinen, wie sie auch Avohl ohne Beis])iel ist; denn
Od. ni, 29, 52 und l'laut. Trin. 740: uon lemerc dicant Ic benigninii rir-
griHj beweisen natürlich nichts. Ueber die Selbsfanklage (vgl. eanas)
dass er somni benignus sei s.zu 6, 61.
V. 4. Ob al oder ab zu lesen sei kann nach Bentley's Ausein-
andersetzung — wiewohl sie, wie meist, auch übertrieben Spitzfin-
diges enthält — nicht mehr zweifelhaft sein. .// hat mit andern der
Bland. anti([uiss. (liei Kirchner F. ]>. 186, a ist daher Cnt(j. |, a zu
lesen, statt l, ?/??.), und die Einwendung ist hier vollkommen am
Platze: sie ist gegen den im Bisherigen Hegenden Vorwurf dass
5*
68 Zweites Buch der Satiren.
Nichts geschehe gerichtet *). Dass ab müglich und so wie Orelli tlmt
zu erklären -wäre ist unbestreitbar; aber das Asyndeton wäre hart,
und machen Avir die Probe iiud fragen welches von beiden den Ab-
schreibern verdankt werden könne, so wird das sicherlich ab sein.
V. 5. Italien einen nordischen Winter octroyierend begreift
Kirchner nicht wie Horaz „sich wie ein Einsiedler auf seinem be-
schneiten Landgute vergraben", Damasippus sich ,,im Schnee und
Unwetter" aufs Land bemühen mochte, und meint daher Salurnal.
sei „bildlich zu verstehen, von den städtischen Schmausereien und
Zerstreuungen, welche unserem Dichter als ein beständiges Saturnal
erscheinen mussten." Ausführlich hat hiegegen Düntzer III. S.
334 f. gesprochen , Wüstemann auf den eine solche Auffassung aus-
schliessenden Zusatz ipsis hingewiesen, auch Weber S. 313 Einiges
eingewendet; und Kirchners jetzige L'ebersetzung scheint zu be-
weisen, dass er von seinem Bedenken zuletzt selbst auch abgekom-
men ist. In Bezug auf die Interpunction hat Kirchner scho» in sei-
ner ersten Bearbeitung zu Ileindorf gehalten, vor welchem schon
Haberfeldt sobriiis erklärt hatte: „nicht blos nüchtern von berau-
schenden Getränken, sondern überhaupt frei vom Taumel der Zer-
streuungen und Vergnügen"; und neustens ist diese Abtheilungs-
weise von Apitz p. 111 umständlich gerechtfertigt worden. Es
scheint auch dass der Zusannnenhang nur die Verbindung mit ergo
die gestattet. Denn dieser besagt : wenn du nichts thust als Schla-
fen und Trinken, was soll da herauskommen V Freilich hast du jetzt
einen energischen Anlauf zum Besseren genommen : du hast dich
in der vergnügungsreichsten, lärmendsten Zeit aus Rom losgerissen.
Da du also jetzt das Gegentheil von Früher bist, die Genusssucht
der Nüchternheit Platz gemacht hat, und damit auch die früheren
Hindernisse des Arbeitens weggefallen sind, — so mache denn
Ernst aus deinen Versi)rechungen. Letztere bezieht Ochmann p. 1 1
Anm. auf das Thatsächliche dass Iloraz wegen seiner Uuthätigkeit
über sich selbst böse gewesen sei und dass er an den Saturnalien sich
aufs Land geflüchtet habe. So gefasst trifl't die Erklärung zusam-
men mit der von Wüstemann, welcher proviissis von den durch
Horaz erregten Erwartungen versteht, wie das Wort Ep. II, I, j'2. (V)
2, 10. (V)3,45. 138 (V) gebraucht sei; denn wenn diese Erwartungen
durch Worte erregt sind, wie in dreien der angeführten Stellen, so
ist das nur eben die gewöhnliche Bedeutung des Verbums. In un-
serer Stelle ist übrigens nicht abzusehen warum mündliche Erklä-
rungen, was er Alles unternehmen werde wenn er aut' dem Lande
sei (V. 9 f.), auszuschliessen sein sollten. — Zu <lic bemerkt Och-
mann p. 10, not. 1: tion est fac ml aliquUl commcntcrc altjiir illico ver-
bis peiUbus rlnusis cxprinias , iinmo: mcdilata pro/'rr , kijc {recita)
*) Sehr umstihuUicli iiiul vorworrcii sjiriclit für nt Ocliniann a. a. ().
p. 8 I'. not.
Anmerkungen zur tiriltcii Satire. 69
fjuac sine dubio in scccssu niris commcnUtla habcs pocinala , wie diccrc
stehe Cann. saec. 8. 76 und incipe bei Virg. Ecl. 5, 10 ff. gebraucht
sei. Die.ss würde voraussetzen dass Horaz schon einige Zeit auf
dem Lande Aväre . die Scene also viehnojir nach den Saturnalieu
fiele; auoli wäre es eine unberechtigte Forderung Damasi])p's dass
Iloraz das Ausgearbeitete ihm vor Allen mittheile. Vielmehr steht
die sowie oben 1, IJ dicere. — Nil es(, eine der Conversationsspra-
che eigenthümliche (daher vorzugsweise bei Plautns und Terenz
vorkommende) Wendung, in manchfachen Nuancen gebraucht, z. B.
um etwas (von dem Redenden selbst oder einem Andern) Vorge-
brachtes zu verwerfen, etwas als nichtig zu bezeichnen n, dgl.*)
Die Beispiele welche Düntzer V. S. 256 den Heindorf sehen hinzu-
fügt (Ter. Eun. IV. 3, 10. Juv. IIT, 10) sind beide nicht zntreftend.
V. 8. Lambin's Parallelen für iralis diis natus vermehrt Wü-
stemann durch Ph.ädr. IV, 19, 15 und Juv. X, 129. Auch s. Plaut,
^lil. gl. 314: qiiis mctgis deis inimicis nalusl quam tu aique iralis? Seneca
Lud. de morte Cl. 11, 3: indcte corpus eins dis iralis naluni. Vgl. zu 7,
14. — ,,L)ie Ziramerwände waren durch dreifache Lagen von Kalk
und Marraorstuek und durch Abreiben mit Marmorstaube so fest
und glatt dass man sie füglich als Schreibtafeln benutzen und mit
dem Griffel darauf kritzeln konnte (s. Vitruv. VII, 3). Hier sind
die stärkeren Spuren der dichterischen Ungeduld gemeint welche
das spitzige Instrument auf der Wand hervorbringt." Kirchner S.
.30. Oline mit Weber (S. 315) vorauszusetzen dass die Wand der
hora zischen Villa mit Wandgemälden etc. geschmückt gewesen sei
wird man doch ein solches mutwilliges Verderben der eigenen
AVand unglaublich finden. Laizulässig ist aber andererseits auch
die Erklärung von Mitscherlich,Rac. VIII. p. 4: Cui aliquid vitio. crimini
vcrtilur, in quo culpac alicuius suspicio hacrel , is lahorare ea rede dici
polest; itaque quum h. 1. calami culpenlur , contexlus iubet ut paries si-
mililer culpa laborans inlelligalur, qui adeo in caussa Sit quo minus Hora-
lio res procedat.
V. 9. miixantis stellt in komischem Contraste mit praeclara
den Inhalt als einen schlimmen dar und als einen solchen der für An-
dere gefährlich werden könnte. Rtimpe bei Jacobs, Lect. Ven. S.364
vergleicht Phädr. IV, 22: hoc scriptum est tibi qui magna cum minaris
extricas nihil. Funkhänel, Ztschr. f. A. W. 1844, p. 701 — 703, hat sich
bemüht zu beweisen dass weder minari noch aneiksiv in solchen
Fällen einfach statt iactare .stehe, sondern fortwäbrend die Bedeu-
tung drohen beibcdialte, und bemerkt: magna iaclanles semjtcr cum
quadam irrisionis et contemptus notionc minari dicunlur (p. 701), und
(p. 702): foriasse eliam hanc ab caussam hoc verbo usus est quod sali-
*) Mit.scherlicli Rac. Vlll. p. 4: Damasippus inxtat Horatio ut tondein
aliquid ex se promat et, quasi aliquumdiu, sed /rustra , ex.vpccta.ssel, addit: nil
est , nUiil in wediimt profers.
<! 0 Zwciles Buch der Satiren.
rar um sc/ij/lorcin Jcvilcr nulare vuluil. Letzteres ist sclnvcrlich rich-
tig, weil es durcli Ep. 1,8,3 sich widerlegt und der horazischeu
Satura den juveualischen (und modernen) Begriff der Satire Unter-
schicht. Das Erstere aher ist dahin zu modificieren dass wer Gros-
ses, Ungewöhnliches unternimmt damit einestheils sich eine das
Maass Anderer ühersteigcnde und eventuell sie hedrohcndc Kraft
ziÄraut, andererseits dadurch zugleich den (nivellierenden) Spott
herausfordert.
V. 10. Wie durch Ilervorhehung des in den Zeitumständen
enthaltenen bedingenden Zeitparlikeln als caussale oder Bedin-
gungspartikeln gebraucht werden können (vgl. oxe mit meiner Anm.
zu Aristoph. Nub. 7), so lässt sich andererseits auch davon absehen
dass die Bedingung eine wesentlich zeitliche ist, und kann daher eine
Bedingungspartikel (wie hier st) gesetzt werden wo auch eine tem-
porale zulässig wäre oder sogar eher erwartet würde. Vgl. die Aus-
leger zuEp. 1,7, 10. — Icpidus bezeichnet das angenehm AVarme,
gerade recht, weder zu kalt noch heiss. Zu welchem von diesen
beiden Begriffen es im Gegensätze steht hängt von dem jedesmali-
gen Zusammenhange ab. Tcpidac hrumac und hkmcs (Od. II, 6, 17.
Ep. I, 10, lo) bedeutet natürlich: nicht zu kalte (gelinde Kälte),
sol tepidus (Ep. I, 20, 19) aber eben so gewiss: nicht allzu heiss*).
Tepidum tccliim kann nach Umständen beides bedeuten, in unserer
Stelle aber, im December, bedeutet es das behaglich Warme der
kleineren, leichter zu erwärmenden Räume der Villa, die der Dich-
ter üljerdiess, wenn er nicht wollte, gar nicht zu verlassen brauchte.
Nennt sich doch Iloraz Ep. I, 20, 2^ praccamim , sulihiis aplinu.
V. 11 f. Bei Plalona ist schon darum nicht an den Komiker zu
denken weil die alte Komödie durch Eupolis bereits hinreichend
vertreten ist. Auch bemerkt Düntzer IIl. S. 3;,V> Anm. nicht mit
UnrQcht: „gerade durch stiparc wird klar dass hier wohl verschie-
denartige Schriftsteller verbunden werden." — Bentley's .-/ rcÄ» -
locho ist durchlFeindorf und Weber sattsam zurückgewiesen. Uebri-
gens zeigt die Nennung dieses Dichters W(dil dass Iloraz zur Zeit
unserer Satire noch weitere .Tamben (Epoden) zu verfassen im
Sinne hatte, was auch geschah, wie die Glironologie der Epoden
zeigt. — ,,linitos bezeichnet den l'nterschied weh'li(>r zwischen der
gcwöhnliclien Hegleitung der Grossen und der vom Dichter gewähl-
ten Statt fand.'-' (llabcrfeldt.) l'm so grössere Erwartungen musste
bio erregen.
*) Viel zu insc-li sind dnlior Döilorloin u. O. T. A. Kriiiror zur aiippf.
Stelle der sonst liiibsclun Doninnfr von M. Ilcrt/. pfofol^jt , dio auch diess
(jcpeii sich hat dass dasjcnifje .^cniosu-i- wo die Zald di-r Sihiilcr nandiaft zu-
nimmt {phirrs rt(hiioi'rril aiivrs) viidniohr das mit dem Hcrhst l)o;riMnondc.
ist, wo aucii dicjcniircn Kitern welche den Sommer auf den« Lande zu-
l)rinpcn in (Vw Stadt ziciicn. Dio richtige Krkliirunp hat schon Ohbarius
zu d. St., p. T)!'.».
Anmeikuiigcn zui drillen Salirc, 71
hl V. IS tV. ündct Fr. Jacob a. a. 0. »S. 20 (gewiss mit Uu-
lechtj ciue „freche Anspielung, es gehe ihm ( ileni Daniasippus)
eben so Avic dein Horaz. Seit seinem Baukrot kümmere auch er
sich um anderer Leute Thun und Lassen, wie (b-r Satiriker Iloraz ;
sie seien Beide CoUegen; auch er sei, wie Jener, auf seine Weise
ein vir mercurialis (V. 25)."
V. 19. Die richtige Erklärung von Janas mcdias — gegen-
über von der durch Heindorf bevorzugten des Manutius und Bent-
ley — hatte schon Lambin nahezu erreicht (/. m. intclligendiis esl
locas mcdias inicr daos Janos , gao in loco eraut argcntarii et fcncralo-
rcs), an welchen unter Andern Haberfeldt sich anschloss (,,am mitt-
leren Janus oder in der Mitte zwischen dem /. sanimas und imas —
war die römische Börse'"); vollständig gegeben und begründet hat
sie besonders Fea zu Ep. I, 1, 5J , und ihm folgte Kirchner a. a.
0. S. 31 und alle neueren Erklärer.
V. 20. Uobcr die Stellung von Jiam s. zu 6, 78. Ueber das
Weitere handelt F. W. S ch neide Avin 's Gratulationsschrift zu
.Alitscherlichs 60jährigem Amtsjubiläum {Inesl brcvis disputalio de loco
Uoralii Senn. IL 3, 18 sqq. Göttingen, 1845. 11 pp. 4.). Nachdem er
darin p. 1 — 3 von der Antiquitätenliebhaberei der Griechen gehan-
delt bespricht er p. 4 — 5 die gleiche Leidenschaft bei den Körnern,
um p. 5 zu Damasippus zu gelangen und p. 6 ft". unsere Stelle, beson-
ders V. 21 f., näher zu betrachten. Er erklärt sich hier gegen die
gcwödinliche , durch Heindorf vertretene Auslegung, nach welcher
Damasippus sage: olim solcbam conquircre ahetiea vasa velusla Corin-
thia aliaque quae sculpta infabrc et fiisa durius sumtnam atüiqaitalcm
lestarcnlar (p. 6). Hiegegen wendet Schneidewin ein, qaacrere
müsse vielmehr inquirere, pcrscralari hoisaeu, da die Bedeutung con-
qairerc zwar zu V. 21 , nicht aber zu V. 22 passe , indem in diesem
Falle statt qaid vielmehr qaod gesetzt sein müsste. Auch seien die
liömer bei ihrer Liebhaberei für Alterthümliches nicht auf dasKunst-
lose besonders erpicht gewesen, sondern haben der Vereinigung von
Alterthümlichkeit und geschmackvoller Form den Vorzug gegeben,
wie es bei Cic. Verr. act. I, 5, 14 heisst er habe den Siculern keinen
Gott gelassen qai ei paallo magis affuhre alqae andqun artißcio facias vi-
dcrctur. Und dass nur die negative, kritische, tadelnde Seite her-
vorgehoben werde (infahre — darias), nicht aber auch die der An-
erkennung, sei fein psychologisch: sciliccl tarn demam calliditatem
oslcntamas noslram cum de predo operum arlis superho vollu detrahimus
cl ila dispatamas at a communi hominam admiraüone noslram inlcUigcn-
liam jjlane segregcmus (p. 7). Ferner, wenn der Sinn der Worte
wäre til Damasippus vasa Corinihia aevi prisci conqnisivisse dicaiur uni-
verse, so wäre auffallend dass gerade pollubra ausschliesslich ge-
nannt werden, und das Epitheton vafcr stände in diesem Falle müs-
sig (p. 7). Schneidewin entscheidet sich daher (p. 8) für Wielands
Beziehung der Stelle auf die Frage nach dem Alter des korjuthi-
72 Zweites Buch der Satiren.
sehen Erzes, verLimden mit F. G. Welckers Bemerkung (Aesch.
Tril. S. 558) , Horaz habe die Stelle des Sisyphos von Aeschylos
vor Aixgen gehabt, wo Sisyphos spreche (Fr. 239 G. H. = 221
Navick) :
Kai viTtzQu dij XQV ^B0(p6QC0v Tcodcöv cpsQfiv.
Asovtoßd^cüv Tiov OKcicpr] ^al-Krjlazog;
Zu Kom seien die Alterthümler der Volksmeinung von der Entste-
hung des korinthischen Erzes bei der Zerstörung der Stadt durch
Mummius entgegengetreten ; denn aegre ferre debebatil qtiod aeris
Corinthii ultra tnodimi cxpelili origo ad recenliora saecida detruderetiir.
Jgilur perreptabcmf vel ahdiios literarum atigidos , si quid alicitnde
caussae suae ])utroci?iium invenh'cnt . . . Ecccilaü ad quacrcndum incide-
hanl in Aeschylei Sisyphi X. aKcccpiiv xf^XmjXarov , quam cupide arripic-
bant . . . In eo aidem ^>;r»/fi«ri callide solvendo occupalum sc fuissc
ail ßamasippus , quo pi-obel sc vel arcana ariiutn atligisse (p. 9). Ilie-
gegen drängt sich alsbald die Einwendung auf dass dadurch
Damasipp zu einem gelehrten Alterthumsforscher, zu einem Gram-
matiker, statt zu einem Kunst- und Antiquitäten- Händler ge-
macht werde. Auch Schneidewin hat diess gefühlt und dagegen
geltend gemacht dass bei der "Wut der Römer für korinthische Ge-
fässe jene Frage eine sehr praktische Seite gehabt habe {de Corin-
Ihiis quaeslioncm — in vsttm vilac commerciaquc tunc fiominuni suwniu7n
habidssc momenhan, p. lo). Aber das würde es noch lange nicht
rechtfertigen dass der Begrift' eines Kunsthändlers auf diese rein
theoretische Weise vom Dichter bestimmt würde. Wohl aber ge-
hörte zu den Erfordernissen und Geschäften eines solchen zweier-
lei, die Beurteilung ob ein angebliches Stück aus dem Alterthum
wirklich acht, alterthümlich sei, und sodann die Abwägung dos
(absoluten) Kunstsverthos eines Stückes: — Beides ist in unserer
Stelle ausgeführt, das Erste in V. 21, das Zweite in V. 22. Und
zwar ist der erste l^unkt mit einigem Jlumor ausgeführt, mit ge-
linder Selbstporsifiierung , wenn man darin nicht vielmehr eine
Verhöhnung der Kunstliebliaber erblicken will, die nach derglei-
chen Artikeln beim Kimsthändler fragten und für welche daher
dieser auf solche Dinge ausgehen musste *). Der Humor liegt eben
darin dass als Beispiel von Altorthümern gerade ein Geschirr zum
Fnsswaschcn genannt ist; und dass gerade der Xauie des Sisyphos
damit in Verbindung gebracht wird erklärt sidi aus der aescliy-
Icischen StoUe so genügiMul <biss alle Veranlassung wegfällt darum
an korintliisdies Hrz zu denken. Sinn also: es war meine liieb-
liaberci zu untersuchen ob ein Gefüss aus dem grauen Alterthumc
*) Kirc.hnor a. a. O. S. 31 : ,,Dic daiiialiijo Kinistlvriiinoioi imiss sicli
vom Diclitcr die sdialkliaftc l'obortroiljuiip; frcfalliMi lassni iiarli der sie
Hildworkcii von korintliiwclicin Kr/, aus jener iiiytliiselun Zeit , wo daran
nucli Jiiulit zu denken war, nachspürt."
Anmerkungen zur dritten Satire. 73
.stamme , mit Keiuiermieue die künstleri^clien Mängel und Vorzüge
eines Stückes abzuwägen u. s. f. In der Scliilderung dieser seiner
früheren Thätigkeit wird Damasi})pus leLhaft, warm und beredt,
s. V. 23 f. Sclmeidewins Einwendungen trefi'en diese Deutung
nicht, auch nicht seine sprachliche, da quaercre hiebci wirklich in
dem Sinne von fnquircre gebraucht ist.
Y. 27 fl". morbi s. Kirchner zu I, 6, 30. Controvers ist im Fnl-
genden die Abtheilung der Worte, ob Horaz von iN'otv bis esto ul Übet
(V. 31) spreche, also namentlich auch die Worte alqui emovil ihm zu-
zuweisen seien, oder mit Aiqui Damasipp zu reden beginne und bis
medicum itrget (V. 30) fortspreche, darauf Horaz mit Lttm — übet
(V. 31) einfalle, und dann Damasippus mit 0 bone .seine lange Er-
örterung anfange. Für die erstere Abtheilungsweise haben sich
ausgesprochen Morgenstern, de sat. atque epist. Hör. discrimine p. 57
und Symbol, crit. Spec. 11. p. XII, sowie J. Chr. Jahn (und Th.
Schmid), C. H. Müller (Blankenburg 1839. 4.) *), Fr. Jacob a. a. 0.
S. "20 f., Ochmanu p. 12 ft". not. Veranlassung zu ihr hat einzig iio-
viis liHorbus) in V. 28 gegeben, sofern man diess auf das Bekennt-
niss der stoischen Philosophie bezog und dann im Munde des Da-
masippus unmöglich fand. So z. B. Jacob S. 20: „die spätere stoi-
sche Vorlesung verlöre alles Salz Avenn Damasipp nicht wenig-
stens den Schein des Ernstes, wie andere Spassvögel aiich, beibe-
hielte. Daher kann er denn weder im Ernst noch im Scherz diesen
stoischen Bekehrungstrieb einen morbus nennen." AVirklich macht
es im Wesentlichen keinen Unterschied ob man darunter die Phi-
losophie selbst oder (mit Düntzer II. S. 338) die Sucht um Andere
sich zu bekümmern [alicna negolia citro) , also den ,,Bekelirungs-
trieb ," versteht ; denn auch letzterer ist ja doch nur ein Ausfluss
seiner Eigenschaft als stoischer Enthusiast. ***) Die Frage ist einzig
ob er seinen jetzigen Zustand selber als morbus bezeichnen kann.
Ich gestehe dass ich dabei wenig Anstoss finde, wenn man den
Ausdruck auf das Leidenschaftliche, Enthusiastische bezieht das
dem Damas. nach wie vor eigen ist und das nur seinen Gegenstand
gewechselt hat, das Damas. auch unbedenklich an sich zugeben
kann; falls man es nicht etwa vorzieht auch hier (vgl. V. 21. 33. 35)
einen Beweis vom Humor des Damas., seiner ,, ergötzlichen Selbst-
*) Letzterer mit der Morlitication dass er die Worte des Horaz mit
V. -30 scliliesst rwelchen Vers er erklärt: wenn z.B. ich Sclilafsüchtiger
hier — vgl. V. 3. 15 — zum Fanstkäinpfer werde und sogar dem Arzte
— näml. dem Damas. — zusetze), und V. 31 ganz dem Damasippus bei-
legt. Gegen Letzteres s. Jahn in s. Jahrbb. XXVL S. 200.
**) Heindorfs Erklärung: „ich kranke, da ich noch kein vollendeter
AVeiser bin, noch immer an Thorheit, folglich, nach stoischer Ansicht,
auch an Tollheit" ist unstatthaft , weil in diesem Falle gegenüber von
Früher höchstens von einem quantitativen Unterschiede die Rede sein
könnte, novus also keinen Sinn hätte.
74 Zweites Dudi der Satiren.
Verspottung" (Fr. Jacobs), zu erblicken, oder auch (ähnlich wie
]\Iitsclierlich Rac. II, p. 9 f.) eine Einmischung des Urteilcs von
lloraz , welcher spöttisch den Redenden an den letzten Ilauptbe-
grifl' anknüpfen lässt, statt ihm einen neuen, seinem Sinne cntsjH-e-
chenden Substantivbegriff, wie amor (vgl. V. 20 amabam) , in den
Mund zu legen , — also eine Art erweiterten Zeugma's. Eine Nö-
thigung sich so oder anders mit tnorbtis auseinanderzusetzen scheint
mir in der Unmöglichkeit der ^lorgenstern'schen Vertheilung zu
liegen, wekhe Fr. Jacoljs Verm. Sehr. V. S. 394 f. gut nachgewie-
sen hat, besonders indem er sagt: ,, lloraz behandelt den Damas.
fortwährend mit entschiedener Uel)erlegenheit und mit einer ge-
wissen ironischen Trockenheit, mit der sich nach meinem CTefühl
die Ausführlichkeit der Rede in den Worten Jtrjui bis urgct nicht
verträgt. Dann würden auch die Worte (him »e — libel nachschlep-
pen." Gegen die einfache Wahrheit dieser Einwendung haben
Jacob und Ochmann vei-gebens angekämpft und durch die Unklar-
heit, Künstlichkeit, avo nicht Verschrobenheit, ihrer eigenen Deu-
tung die Richtigkeit von jener nur noch mehr bestätigt. *) Dage-
gen von atfjui ist zuzugeben dass es zwar nicht Ochmann (vgl.
Düntzer V. S. 256, Anm. 2), al)er doch Jacob gelungen ist zu zei-
gen dass es auch bei der Morgenstern'schcn Abtheilung nicht sinn-
los wäre **).
Das Flickwort mirc, welches sich durch das folgende iil solel
eigentlich selbst Aviderlegt , würde durch Ilorkols niaiar beseitigt,
wenn eine Möglichkeit wäre dass ein so klares AVort in ein so un-
klares hätte übergehen können und wenn ein morbus conlis sich
*) OcliniJinn p. 15 not.: .,Oi>ae tu mild tiarrasli, Dumasippt' , ile — mcr-
candi sliidlu tiio et n/pidine, i.sta omnia quo melius nnri eo mo/jis miror te Hin
morbo (Tusc. III, 10, '22) lUieralum esse, quamvis i/litil {istn vdra/iilis lilnra-
lio ab emacitatis vitio) verum sit, hoc tarnen rcrle aidmailverlendum est (.') mire
profecto velcrcm animi moi'hum uoiinisi novo cxpulsum e.stc, quemadmodiim in
corporis dolorihus fieri solet ,• veluti veternosus qui est, sufdto midatus in
phreneticum, etiam medicum xirgcl. Quod qnum ita sit (». e. quum nonnunqunm
fiat ut prior isque levior morbus vcl in graviorem eumque periculosum sese im-
mutet, itaque ego non sim pcricnlo vaeuus ne idem illud in le cadtit) , id unum
in hoc tempore exopto ut nc quid simile facias mihi alque veternosus pugil
/"actus medico ; cctentm esto apud te ut libel {seu : esto aeger , insanus , ut li-
bet).'-' N.icli .Tacol) S. -'0 »o\[ V. 27 iroiiiscli .sehi: ,,cs ist erstaunlich
dass (In die Kranklieit losgeworden bist!" ^cinc übripe Krklilninjj liiinp:t
mit zwei fixen Ideen zusammen, der Weseuspleieldieit der Satirc nnt der
Komödie, nnd der beanspruclitcn Collegialitiit des Damasippu.s mit lloraz.
**) ,, Allerdings ontliült atqui einen Kinwurf <ler von .\nssen heran-
tritt, scd einen Einwurf di-r aus dem voranjrehenden Gedanken sich ent-
wickelt. Dabei kann aber doch kein Zweifel sein dass auch in uns •rleich-
»am anderswoher ein Kinwurf in eine (ic<lankenreihe einbrechen kann,
und das posehieht hier in derselben Weiso wie sicli V. U IJama.sippus
selbst unterbricht." „Atqui »{cht liier einlenkend und abkühlend = Indess".
Fr. Jacob, S. 20.
Aiiiiicikmii;!'!) zur diilloii S;ilii(', 75
mit Recht als sflnveror dcun ein marbtts luteris capilisve be^ciclmon
liesse.
V. 29. Apitz p. 112 macht (Muon unglücklichen Versuch capi-
tis'jitf g;ejjjen Bcntley zu vertheidigen durch die Stellen I, 4, 115 f.
(i/iiiilf/iif). II, 1,67 f. (faniosisqnc) , in welchen beiden (juc ebenso
zulässig ist — da die betr. zwei Punkte sich zu einander niclit aus-
schllessend verhalten — als es in unserer Stelle diess nicht ist.
V. 'M). Apitz ]). 112: „prononiinc hie nofi aliler quam v. 23 et
162 cxcinplum proponiliir , iicqitc fielo quodam Jkimasippi gesln indige-
nms. Cf. Ep. TI, 2, 61 sqq.'''' — Das Gegentheil des lelhai-gieiis hat
IMartial XI, 28: invasit inedici Nasicu phrcnc Heus Eueli el percidil
Hylan. Hie, puto, sanus eral.
V. 31. Gegen Kirchner's Deutung der Worte, von welcher
aus der Uebersetzuug nicht erhellt ob ev sie festgehalten hat oder
nicht, s. Düntzer 11. S. 339.
V. 32. Wäre Bothe's (p. 65) Auslegung {propc orniies, ulpolc
slidliy h. e. tiiaiur pars hapiinuin, qiiac maior pars cnnslal shdlis) richtig,
so würd(^ sich Iloraz mindestens sehr undeutlich ausdrücken. Aber
prope ist vielmehr eine ^lilderung der Schroffheit des Systems (vgl.
auch I, 3, 98. Ep. I, 6, 1. 18, 28. Hand Turs. IV. p. 603) welche be-
weist dass Damasippus noch nicht auf dessen Höhe steht. El heisst
übrigens hier auch; s. Ilaud Tursell. II. p. 527 — 529-
V. 33. Funkhänel, Ztsch. f. A, W. 1844, p. 705 spricht von ei-
nem singulare ironiac gcnus, quod Horalius cos quihuseum aul ipsc
colloquilur aul alias collnquenlcs inlrodueil lalia dicciiles facil ul invili sc
suaque ipsi irrideanl, quac ab horutn quidcm j)Crsoi)is alicna sunt, sed
uon a salirarum consilio et ralionc. Dahin rechnet er ausser V. 35
(sap. barh.)'*) namentlich hier crepal, über welches Wort er be-
merkt : quam aceommodatum sil arclalogorum loquaeilati cl elamosac va-
uiloquentiac non est quod demouslrcm . . . Nequc Horalius knie voeabulo
lantum dictilandi vim iribucrc vidclur , scd clamoris aul moleslac repeli-
tionis , ul intelligatur vox sive dolctitis el qucrcntis sive iaetantis sirc do
cenlis quac facile taedium audienlibus aß'cral. Diess weist er nacfi an
Od. T, 18, 5. Ep. I, 7, S4. II, 3, 247. Lucret. II extr. Aehnlicli Ila-
berfeldt, Düntzer, Wüstemann, Orelli, AVeber u. A.
V. 35. Vgl. Kirchner zu I, 3, 133. S. 131.
V. 37. Zu Ileindorfs Ileispicdeu für die Verhüllung vor dem
Sterben füge Ilia ehe sie sich in den Anio stürzt bei Ovid. Amor.
III, 6, 79 und aus Gcschichtschreibern Capitol. Pert. 11: precalus
Jovem Ultorem toga captil opcruil atquc a cctcris confossus est. Prokop.
Goth. III, 17: öijaag im reo ttqogmtcio O-aij-iciziov , rovroi rs rovg 0(p-
&c(ki.iovc: y.akvtl^cqievog i]Xc(to ano tijg ye(pvQC(g ig ro Tißtoißog vöojo.
In solchen Fällen dient es offenbar auclu dazu d(Mu zum Sterben
Entschlossenen den Anblick der Gefahr zu entziehen , der ihn in
*) Auch elalrem Ep. I, 18, IS preliört daliin.
76 Zweites Bucli der Satiren.
seinem Vorsatze erschüttern könnte; sonst mag es das Sclioiden vom
Lichte bedeuten, auch wohl den Zweck haben den Umstehenden
den Anblick des Todeskampfes vorzuenthalten. Vgl. auch Val-
ckenaer zu Eur. Hipp. 1458. Lipsius de crucc II, 2. not.
V. 38. lieber d ext er s. 0. Jahn zu Pcrsius II, 11. p. 122.
V. 39. Das triviale urget hat aucli Ilaberfoldt's Altdorf.
V. 43. Ueber die Quantität von mala s. Kirchner zu I, 2, 30.
— Meineke's sfiillifies wird unterstützt durch das Fehlen von cl
in Bas. 3 und Gph. 1. — Die schwach vertretene Variante qttae-
cumque ist offcid)ar durch die Nachbarschaft von inseilia , sowie
dadurch veranlasst dass man nichf erkannte wie das dem zweiten
quem beigefügte cumque auch zum ersten gehöre.
V. 45. atituma?'e (sagen) scheint schon in der cicoronischen
Zeit nicht mehr für schriftmassig gegolten zu haben ; wenigstens
findet es sich bei Cicero selbst niemals (Orat. 49, 166 ist ein Citatj,
dagegen bei Plautus, Pacuvius, Torenz , Lucilius, L. Attius \rnd
Atta. Dass es in der Volkssprache sich erhielt macht unsere Stelle
wahrscheinlich.
V. 50. Der Singular utriqiie entspricht! zu ängstlich den
äusserlichen Anforderungen der Grammatik als dass er nicht ver-
däclitig sein müsste, und die Hdsch. die ihn haben vermögen ihm
Avenig Hülfe zu gewähren, da dieselben — auch Altdorf, gehört zu
ihnen — ■ fast alle (ausser Lips. 2 und Dorv. 1 , über welchen letz-
teren Kirchner zu V. 56 schweigt) in V. 56 das unrichtige variiiin
haben. Der Pluralis [ulrisqtie') ist um so berechtigter da aus passiin
palanles zu ersehen ist dass der Dichter sich keineswegs mir Zwei
denkt, vielmehr ille und hie Vertreter ganzer Partien und Rich-
tungen sind; überdiess gebraucht Horaz, wie Orelli bemerkt hat,
mit Vorliebe den Plural von ulcrquc : s. 1,8,25. (Für iiirisqtic
stimmte auch C. II. I\[üller, dessen sonstige Erklärung der Stelle
— palanles von Aveidcnden Schaflierden , ille und hie auf lra»ies be-
zogen — in .Jahn's Jahrbli. XXVI. S. 206 angeführt ist.)
* V. 57. Ruenlis ist ohne Zweifel aufzufassen wie timentis,
V. 54; und da dort nicht ahslraelum pro couereio steht (sonst müsste
es timens heisscn), sondern zu dem Genitiv sliilfifia zu wiederholen
ist, so wird wohl auch ruenlis. Älasculinum sein, wofür überdiess die
nachfolgende ])ersönliche Ausführung spricht. Davon abgesehen
ist zuzugeben dass die Bezi(>hung auf shillitine möglich wäre, wofür
Apitz sich auf die Pcrsonilicationen der inridia ol)en 1 , 76 ft". und
der sliillilift und sii}>irnlia bei ('io. '^l'usc. \^ 18 beruft. — Ucberflüs-
sig ist Schnciilewin's ((lött. (Jel. Anz. IH55, 8.740) \'orschlag nmire,
wodurch überdiess der Parallelismns mit honesta soror zerstört
würde. Letzteres wäre jiicht der Fall bei HorkeFs Einfall nniela^
für den aber sonst auch Nichts anzuführen ist. Wenn das folgende
honesta soror einen Angenblii-k lang die Voraussetzung erwecken
kann dass etwas minder IChrbares iind Züihtiges vorausgegangen
Anmerkungen zur dritlcn Satire. 77
sein müsse, wie die ainica, so beseitigt sich diess gründlich durch
das Nachfolgen von uxor , und zwar au der gleichen Versstelle,
und ohne dass ein Vertlieilcn an zweierlei Personen möglich wäre.
Zudem ergäbe sich bei der Abtrennung von amica eine eintönige
Aufzählung von ermüdender Vollständigkeit , wogegen durch die
Verbindung von amica matcr der Vortrag an Raschheit und Leben-
digkeit gewinnt. — Die Stellen I, 3, 38. Ep, I, 1, 20. 15, 21. Cic.
Phil. II, 24, 58 hätte sich Fea ersparen können: dass amica über-
haupt sprachlich zulässig wäre bedurfte Avahrlich keines Beweises,
wohl aber dass sie in dieser Umgebung genannt sein könne.
V. 00. Kirchners Interpunction scheint angemessen , da sie
die Scene mehr individualisiert und zugleich den Vortheil bietet
die phonetisch und rythmisch gleichen Worte Fufius und ehrius eini-
germassen auseinanderzuhalten. — Die Ueberreste der Iliona des
Pacuvius s. bei üibbeck. Trag. rom. p. 83 — 86 und dazu ib. p. 292 f.
— Cum edormii (vgl. V. 277), „statt spielte (wie I, 5, 63 sallare
Cyclopa)- cum Ilionam dormientem agit sollte es heissen; er war aber
wirklich auf dem Theater eingeschlafen." Kirchner S.32. Das Prä-
sens edormii steht Cwic donall, 2, 56), weil oUm eine nähere Be-
zeichnung der Zeit durch das Zeitwort unnöthig macht ; s. Schnei-
dewin in den Göttinger Gel. Anz. 1846. S. 967 if. Fleckeisen in
Jahn's Jahrbb. LXI. S. 65.
V. 62, Als Entstehungsgrund der hier übellautenden und dem
Gebrauche des Horaz widerstrebenden Form volgum (oder vidgiim)
hat Fea unrichtige Verbindung — mit similem statt mit cunclum -^
vermutet. Hinsichtlich der sachlichen Beziehung von Imic erroi'i
scheint Weber S. 324 gegen Heindorf Keclit zu haben.
V. 65. Analog dem Gebrauche des griech. dev (vgl. oben
zu V. 30, S. 49) scheint es richtiger nach esto weniger stark
zu interpungieren als vor ihm. Aber mit Düntzers (11. S. 343),
von Orelli und Dillenburger befolgter, Interpunction (nach cre-
dilor Punkt statt Fragezeichen) kann ich mich so wenig befreim-
den als Kirchner, da bei ihr alles Gefüge und Ineinandergreifen
der Satztheile aufliören würde und Horaz ziemliche stilistische
Unbehülflichkeit bewiese, sofern er es nicht vermocht hätte das
Verhältniss derselben auszuprägen. Die Sache betreuend so ist übri-
gens von der nachfolgenden Sophisterei — wobei zwischen Geld-
gebeu unter der ausdrücklich ausgcsj)rochenen , zugesagten und
verbürgten Bedingung der Zurückgabe , und Geldgeben unter der
Bedingung der Nichtwiedergabc gar kein Unterschied gemacht
wird — sehr zu bezweifeln dass sie je aus dem Munde eines wirk-
lichen Stoikers gekommen ist; von den kynisch gefärbten könnte
diess mit mehr Zuversicht ausgesagt werden. Vgl. Weber S.32j.
V. 69 f. Sieht man die Worte an wie sie sind, so sollte man
meinen der Ilauptgegensatz beruhe auf den Zahlen {decem — cen
tum — 7nille) und die denselben beigefügten Substantiv - Begrifl'e.
78 ■ Zweifes Buch der Satiren.
seien wesentlich gleichartig, nämlich Schuldurknnclen, Formulare,
Demgemäss erklärt man ancli gewühnlich, z. B. Heindorf, Beier
(zu Cic. Ort'. II. p. 433), Düntzer, Orelli, Weber u. A. mit uner-
heblichen Abweichungen. Aber so scheinbar das auch ist, so ist es
in der Wahrheit doch nur ein Irrlicht. Ist es schon wunderlich ge-
nug dass zehn Schuldscheine nicht genügen sollen, sondern hunderte
verlangt werden, dass zwei verschiedene Personen in einem doch
so gleichen Zusammenhange aufgeboten werden, so ist der eigent-
liche Sumpfboden doch der um a Nerio heriim. Dieses soll, parallel
mit Cicuiae, so viel sein als lA'm/, zu erklären aus einem im Sinne
liegenden desumptas oder dictalas (Ileindorf), commoüalas , ab eins
formuUs dcscriptas (Mitscherlich Rac. Ven. I. p. 6) , wofür man sich
auf Cic. ad Att. XVI, 7, 7 beruft: edicium legi a Bntlo {acrrjtlmn),
als eine nachlässige, von der Convcrsationssprache entlehnte llede-
weise. Vgl. Hand Turs. I. p. 18 f. Teipel in Jahn's Jahrbb. XXIV.
S. 219 — 221. Dabei ist dann aber nur nicht zu begreifen warum
Horaz nicht vielmehr wirklich Nerii gesetzt hat, das metrisch sogar
noch gelegener gewesen wäre. Diess führt auf die Annahme dass
a Ncrio eine technische und daher nicht zu umgehende Ausdrucks-
weise sei. Ebenso ist dcccm technisch. Wie decem und öiy.u. auch
fjiiinfßie, nivxE. überhaupt unzählige Male für eine runde angenom-
mene Zahl steht, Avo wir ein Duzend, ein halbes Duzend sagen (vgl.
meine Anmerkung zu Aristopli. Nub. 10, auch Epist. I, 18, 25 mit den
Intpp. und Plut. Symp. IX, 5, 1 >/ öeKccg iv zoig agi^^ioig xpcmcroi'),
so ist insbesondere in den Pandekten decem — nämlich milia scsler-
tium, welche AVorte manchmal auch beigefügt werden (wie sesieriimn
Ä' milkt in den Formeln bei Gajus IV, 21. 34. 41. 50; X milin ib. 43,
und seslcrlia X ib. III, 102. 113) — eine ganz stehende Bezeich-
nung für eine angenommene Summe; so z. B. Dig. II, 14, 27. §. 6:
Si slipulalus dcccm mit Stichum u. s. w. XXX, 104, 3 tl". : damiias esln
hcrcdi dcccm dare. XXXIV, 4, 6. pr. : quum res pro rc datiir, iil pro
fiindo dcccm , wo Haloander das Glossem atirci mit Recht weglässt,
wie gleicli §. 2 zeigt: si pro fiindo dcccm Icffcnltir. XLV, 1,2. §. I :
i/iiitm dcccm dari slipulamur. Ulpinii. XXIV, 14: Tiiio homincm ntil dc-
ccm /icrcs 7UCIIS dato. Ilienach ergäbe sich für unsere Stelle als
nächster Sinn der schon von Porjdiyrio (iuris verho scriherc csf mtt-
linnn siimcrc) und dem Comm. Cru((. angechMitete und durch l'entloy
ad Ep. II, I, 105 nahe gelegte: gilt dem Nerius eine (^)uittuiij; für
(em|)fangene) 1000 H., oder, wenn eine einfache Quittung dir nicht
genügt, so füge noch liundert cfitilinncs und tausend calcnnc bei: den-
noch u. s. w. Dabei stände scriherc, als (Korrelat von diciarc V.76,
in dem erweislichen teclinischen Sinne des Hescheinigens, wie in
der von Heindorf angef. Stelle Dig. XII, I, 40 pr. : LccUi est —
ctnitii) hiiiiismiidi : L. 7'iliiis scripsi me acre/nssc a /'. Mticrio i/iiindrcim
miiliiti iiinncnda mi/ii de domo: vgl. XXVI , 7, D. *?. 7: /"/'•'" elinm sif-i
creditam jtcnmiiim scrilicrc potest: auch s, XLIN', 4, 17- pr.: idcm
Anmerkungen zur drillen Satire. 79
homo ruslicanus geiicro scripsil tisuras ex doiis promissione (mit dem
Folgenden, wo der geticr als ex chirographo agcns angenommen
wird). Indessen ist, Avie schon Heindort' bemerkt hat, diese Kr-
klärung darum unmöglich weil in der ganzen Stelle nicht der
Schuldner (der die Quittung ausstellt), sondern der Gläubiger an-
geredet ist. Vom Gläubiger ist scribcre gleichfalls technisch.
Diess zeigt ausser Plant. Cure. III, 40 (wo der Bankier Lyko sagt:
mihi isloc nomine — dem langen des Offiziers — , dum scribo, cxplevi
Iotas ceras qtiatliior) ganz besonders Cicero pro Q. Kose. 1 : Eril in
illiits (des Klägers Chaerea) tabulis hoc ?iomen, at in huius (des angeb-
lichen Schuldners Roscius) twn erit: cur potius iUius quam huius crc-
delur? ,,Scrij)sissel iUe, si tiOJi iussu huius expensum tulisscl ?'■'• JSon scri-
psissel hie quod sibi expensum ferri iussisset? Nam quemadmodum Uirpe
est scribere quod non debealur , sie improbum est non referre quod de-
beas. Aeque euim tabulac eondemnantur cius qui verum non rellulil, et
eius qui faJswn perseripsil. Diese Stelle- beweist dass scribere (nnd
perscribere) vom Eintragen eines (ausgeliehenen) Postens durch den
Ansleiher (nunmehrigen Gläubiger) gebraucht wird, welchem an-
dererseits referre entspricht, das Eintragen des (als Aulehen ein-
genommenen) Postens durch den nunmehrigen Schuldner in sei-
nem Kechnungsbuche. In jenem Sinne steht perscribere auch bei Cic.
ad Att. IX, 12, 3: viri boniusuras perscribunl und Plaut. Truc. 53: pro
tabulis ubi aera perscribuntur usuraria; in weitcrem aber bei Cic.
Verr. V, 19, 48: perspicio — pecunias isli (dem Verres) erogalas in
ttperum localiones falsas esse perscrijHas und p. Place. 19, 44: pecu-
niam maiorem cum huic (F/acco) darent in aedem s'aeram reßciendam sc
perscripsisse dicunt: wie tinch perseriplin Phil. V, 4, 11: sesferlium sc-
ptiens milicns falsis pci'sci-iptionibus donalionibusquc avertit, vgl. ad Att.
IV, 1«. XII, 51, und geradezu vom Schuldner ad Att. XVI, 2,1:
de rublilio, quod perscribi (an ihn bezalilt werden) oportet moram non
pulo esse faciendam. Ueberliaupt wird scribere mit seinen Compo.sita
von einer ganzen grossen und manchfaltigen Gattung von Geldge-
schäften augewendet, welche zu Kom mindestens schon in der Zeit
des Plautus neben der in Metallwerthen als vollkommen gleichbe-
reclitigt und sogar noch häufiger angewendet hergeht, der schrift-
lichen mittelst Eintrags in die Rechnungsbücher (Belasten und
Gutschreiben) , Anweisungen auf die argenlarii, Verschreibungen
u. dgl. Zusammengestellt sind beide Gattungen bei Suet. Caes. 42:
si quid usurac nomine numcratum aut perseriplum fuissel und besonders
(j'ic. ad Att. XVI, 2, I : cum videas quantum de iure nostro decesseri)nus,
qui de residuis CCCC HS. dueentn praesentia solverimus, rcliqua
rescrihamtiSy d. h. durch Anweisung zurückzahlen, wie Ter.
Phorm. V, 7, 29: iUud mihi argcnlum rursum iubc rescribi, wo Do-
natus erklärt: rescribi, reddi, scu per mcnsae scripturam dari; eigent-
lich: lasse es wieder auf meinen Namen zurückschreiben; vgl.
Au,son. Epist. V, 23: praedictos iam nunc rcscribe Darios, und un-
80 Zweites Buch der Satiren.
ten V. 76. So iratisscriberc bei Virg. Aen. VII, 422: Turne, paliere
iua Dardaniis transscribi sceplra colonis , und disrribere bei Ter.
Phorm. V, 7, 30 (zurückgeben soll icli das Geld): giiodne cgo di-
scripsi (wie der Bembinus hat) porro Ulis quibiis debui (das ich an
meine verschiedenen GLäubiger abgegeben, vertheilt, somit selbst
nicht mehr habe)? So Plaut. As. II, 4, 34: scribit niimmos = be-
zahlt das Geld. Diese sachlichen und sprachlichen Verhältnisse
hat W. Kein behandelt in seinem Rom. Privatrecht S. 324 und in
Pauly's Keal-Enc. I. S. 716, unter Anwendung auf unsere Stelle in
Mützell's Ztschr. f. d. Gymnasialw. VII (l853) S. 301, und letztere
Erörterung ist nach Mittheilungen von OGK. Schmid in "Wol-
fenbüttel ergänzt und erweitert worden durch G. T. A. Krüger in
der Vorrede zur zweiten Aufl. seiner Ausg. der Satt. u. Br. S. XI
— XV. Namentlich ist hier der technische Gebrauch wie von de-
cem so auch der Präposition « näher besprochen, von demjenigen
auf dessen Kasse mau eine zu machende Zahlung anweist. Dare,
solvere, numerare ab aliquo bedeutet nämlich bezahlen mittelst An-
weisung aiif Jemand, aus dessen Mitteln, im Gegensatz zu der Be-
zahlung aus eigener Kasse {ex arca oder de domo), so dass mit «
gleichsam der Bezogene (Acceptant) genannt wird. Voi-aussetzung
ist dabei dass dieser dem Ausstoller entweder schuldig ist oder ihm
Credit schenkt. Verhältnisse dieser Art waren in Rom um so
häufiger je mehr es Sitte wurde dass die Gapitalisten — welche
keine Zeit hatten ihre Silbervorräthe zu hüten — ihre disponiblen
Baarmittel den argenlarii übergaben, als Depositum (und daher un-
verzinslich) oder als Anlehon (^ri-ediliitn), und nun ihre eigenen Ver-
jiflichtungon mittelst (persönlicher, mündlicher, oder schriftlicher)
Anweisungen auf ilnen Bankier tilgten. Aber auch wer kein Gut-
haben bei einem Bankier hatte konnte doch auf ihn einen Wechsel
ziehen, wofern er bei diesem Credit genoss und gegen Aufrech-
nung der üblichen oder vertragsmässigen Zinsen. Die Stellen wo
sich jene Ausdrucksweise findet sind sehr zahlreich. (Vgl. Hand
Turs. I. 1). 16 f.) So Plaut. Cure. V, 2, 20: rem solri a irnpezita ineo.
Cic. ad Att. VII, 18, 4: fraler Inborcd iil tibi <juod debcl ab Eijnalh sol-
?;a^-vgl. ib. V, 21, II. p. Cacc. 6, 17. IManc. 42, 103. Plaut. Capt.
II, 3, 89: sequercmc, viatinim ul dem hitic u Inipezila tibi. Cic. p. Place.
1<), 44: si praetor dedil {Fliiieo /)eriini((m) a t/uaestore niimerarit, t/utiesior
a mensa publica (Staatsl>ank), mensa aul ex vecliyali aul ex tributo. So
dann auch von testamentarischen Anweisungen (z. B. Jjegaten) auf
Jemand. Dig. XXXIV, 4, 6. §. 1 : si id quod a Tilio dedi a Maerin
dem, wofür nachher quod Titium dare damnavi gesetzt ist. Ulpian.
XXIV, 16: pO'il mnrb'm fieredis lei/ari nun /tolesi , ne ab fieredis /ierede
legari videalur. Dig. XXX, j3. I : si /iiiidum mihi legaverat ab impubere.
Cic. p. ('lu. 12, 33: (uxori) leslameido legal grandem peeuniam a filio, si
qui Uidiis essel : ab seeundo /ierede nilnl legal. Toj). 3, 14. 4, 21. ad
Att. XIII, ^6, 3. Dig. XXI.\, I , 13. i^. 4: quam mites in leslamenlo sa<>
AnmorkungPii zur drillfn S.iliro. Sl
serro — rl a primo cl a srcmido /ic/'rdr prr /idrironimissiiin licrcüihilt'in
reliqucril. XXXV, 2, 23. §. I o Uberlo riii /'itnduin leganeral per fiilei-
commissum Seiuc unntia dcccm (s. S. 78) drdil. Dem analog ist nnn
auch scribcre ab aliquo , wofür ich zAvar keinen dirocten Belog-
kenne, wolil aber für pcrscribcre Liv. XXIV, 18 extr. : si i/tiid em-
plinn ptiralinnque pitpiUis ac vidiiis fotyf a qiiacslore pcrsrribelmliir, cl. li.
Käufe nn»l Anscliart'ungen für d'w Wittwen (welche ihr baares (iehl
an die Staatskasse abgeliefert hatten) wurden durch schriftliche
Anweisungen auf den (^uästor bewerkstelligt*); und die Fülle der
analogen Verbindungen ersetzt jene zufällige Seltenheit dieser ei-
nen. Diese Seltenheit kann uns daher nicht hindei'n in iniserer
Stelle scribe dcccm a Ncrin denigemäss zu erklären : leihe (Jemandem)
eine gewisse Summe mittelst des Ncrius (in Gestalt einer Anwei-
sung von dem fraglichen Betrage auf Nerius), und wenn dir an die-
sem Sichernngsmittel noch nicht genug ist, so füge u. s. w. Das
Sicherungsmittel besteht nämlich darin dass der Bankier Nerins
die anf Anweisung des Ausstellers an den Nehmer (Uemittenten)
gemaclite Zalilung in seine Büclier eingetragen hat, Avorait sicli ein
nach römischem Rechte zureichender Beweis dafür dass der Kemit-
tent von dem Aussteller (Trassanten) die betreffende Summe erhal-
ten habe und ihm schuldig sei herstellen Hess (vgl. Dig. XL VII, 2,
27- §• 1 si r/iiis , qiiiiin alias probaiiotu's mcnsacque scriphiram liaherel,
chirofjraphi furtum passus sif etc.). AVar doch das Ilausbucli des Gläu-
bigers allein schon genügend eine vollkomuien bindende liiteral-
obligation h(>rznstellen (Rein, Privatrecht S. S2j und in Real-I^nc.
IV. S. 1103. V. S. 679. Baumstark Ebds. III. S. 458 f.). Wenn die-
ser Nerius überdiess als ein genauer, gewissenhafter Geschäftsmann
bekannt war, so konnte diess den Credit seiner Bücher nur erhöhen
und mnsste somit der Umstand dass die Zahlung an den Schuldner
durch seine Vermittlung erfolgt war in den Augen des Gläubigers
eine stai'ke Sicherung sein. Nichtsdestoweniger genügt sie dem in
unserer Stelle vorausgesetzten nicht: er lässt sich noch Schuldver-
schreibungen ausstellen {lalnduc in ähnlichem Zusammenhange bei
Oic. ad Att. IV, 18, 2: hacc jtaclio non vcrhis. sed nominihus ei pcrsrrip-
*) So Rein, Privatrecht ,S. 324. Den Worten nach wäre e.s gemäss
den früher an^ofiilirten Stellen ancli mö<:flich zu erklären: wurden von
dfiii Qiiästor i'inp^e tragen — als Schuld der Staatskasse gegen die Xev-
käiifer. Aber dann wäre ja dieselbe Schnhl der Staatskasse doppelt auf-
geführt: als Ganzes in der Form eines Gntliabcns der Darlciherinu , und
in Theilen als (iiithaben jener \'erk;iufer. Noch weniger kann es bedeu-
ten: wurde von dem Q. eingetragen — als .an jene Verkäufer und d.amit
an die (xläubigerinn gemachte Zahlung der Staatskasse (somit al.s abzu-
rechnendes Soll der Glänbigerinn). I)enn das würde voraussetzen dass
jene "N'erkäufer dinch die Staatskasse Ijaar befriedigt worden wären, wäli-
rend es dieser an baareni Gelde dtieh gerade fehlte und alle damaligen
Vorkehrungen darauf zielten ihr Haarzaldnngen abzunehmen und ba.ircs
Geld zuzuführen.
UOriATII SAT. II, 2. 6
82 Zweites Buch der Saliren.
tionihus multorum iahiiUs cum esse facta dicerehir und Big. XL VIT, "2,
'11 pr. : qai tabuhis rel caulioncs amorel fitrti Iciiefur n. s. w. Fremil-
wörter für solche Scliuklschcine sind si/nf/rap/ia nnd chirofjrajihum
(s. Rein in Real-Enc. VI, 2. S. J537 f.), und zwar in 3Ielirzalil, tiir
den Fall dass etwa die Urkunde verloren gehen sollte (Dig. 1. 1.
§. 1 : quwn possil dcbitum aliumle probarc , quemadmodum si in hinis la-
bulis inslnnne?ilum scriptum sit: nam uiliil videtur deperdere , si futurum
est ul alio rhirof/raplio salro sccurior sit eredilor), ttberdiess mit allen
möglichen Kochtsvorbehalten, Verclausulierungen und Schlingen.
Trotz alledem ai»er kann ein verschmitzter und frecher Schulduer
doch seine Schuld ableugnen (V. 7l).
Dass Kirchner nach non csl satis ein Fi-agezeichcn gesetzt hat
wird bei dieser Erklärung doppelt zu billigen sein.
V. 72. rapies in ins s. Kirchner zu I, 9, 77. S. 319, wo je
doch die "Worte „vor die Geschworenen" unrichtig sind. Die Va-
riante iura ist offenbar aus ^[issverstäuduiss von mnlis^ dessen erste
Silbe man für kurz nahm, entstanden. — malis ridenle m alienis
erklären llnschke zuTibull.III, 6, 30. Göller zu Thukyd. I, 70 und
G. T. A. Krüger in .Jahns .Tahrbb. LXVIII. S. 296 f. , sowie in
seiner Ausg. durch n risu alienis, was Krüger von innerlichem La-
chen versteht , ,,so dass der Gläubiger es nicht merkt, indem das
Gesicht das Lachen nicht erkennen lässt," was mir aber weder den
Worten noch dem Zusammenhange zu entsprechen scheint. Wer
würde je ein heimliches Lachen bezeichnen als ein Lachen mit
fremden Backen? Und welchen Grund hätte der Schuldner seine
wirkliche Stimmung zu verbergen, die zuversichtliche Hoffnung auf
Sieg die er hat und durch die er vielleicht sogar den Kichtev einen
Augenblick lang irre machen kiinnte, diese nicht zu zeigen?
Auch die von Ilaberfehlt und Ileindorf augeführte Stelle Val. Fl.
Vlir, 164 beweist lediglich nichts für die Krüger'sche Deutung.
Dort sagt Medea's Afutter : Aber meine Klagen über den Entführer
meiner Tochter sind unberechtigt: sie selbst hat es ja so gewollt,
sie ist in .Tason verliebt (V. 1 J9). Diese Erkenntniss lr»st ihr das
Räthsel von Medea's auffallendem lienehmen seit der Ankunft der
fremden Männer, ihre Appetitlosigkeit, Ctleichgültigkeit gegen
Putz, ilire IMässe, ihr Seufzen, das Fnstäte ilires Blickes. In tlie-
ser Reihe von Zeichen der Verliebtheit lieisst es dann: fmc erat —
f/uod —^ non ul/us tilii lunc colur — aluue nlienn gaudia voitu semprr erant .'
Das kann doch gewigs nicht heimliche Freude bedeuten, wie Krü-
ger es erklärt: wie würde die zu der Blässe und den Seufzern pas-
sen? und wolicr wüsste di(> Mutter überhaupt von dem l)as»>in die-
ser Fretide, wenn ihre 'J\»rhter so gar nichts davon merken Hess?
Vielmelir war M(>dea , als unghicklich Liebende, bpfrübi , nn«l die
(»ffizielle Heiterkeit die sie, um nicht gar zu sehr ;iufznfallen, zei-
gen imisste w.Tr eine «-rzwungene; das (»esidit welches Heiterkeit
an sich tnig war nirlit ilir eigenes, sondorn ein angenommene-.
Annicrkungon zur drilton Satiro. 83
fremdes. So steht aucli dort nlirnus m dem einzig richtig'en und na-
türlichen Sinneden eslialten kann, als (oontvadictorisflier oder con-
trärer) Gec^ensatz von siiiis; und so können auch bei lloraz fremde
Backen nur solche sein welche nicht die eigenen sind. AVas heisst
nun aber mit Backen lachen welche nicht die eigenen sind? liaacke,
Qnaest, Hör. Spcc. II versteht es von unwillkürlichem, unfreiwilli-
gem Lachen, indem er sich den Schuldner als hinnincm Icvcm, caUi-
flinn , faUaccm denkt, qui in ins raplus periculum ila adirct iil spcin iii-
dicii fallcndi cl ex laqucis omnibus scse cxpedicndi male (euere f alque in
vilns cl quasi aliena vi, fwn siia vohnüalc et lihidinc pcrmolus, in 7-isum eri/m-
perel apcrlum. Also der das Lachen nicht unterdrücken kann.
Aber auch hier muss ich bezweifeln dass je ein vernünftiger ]\I('usch
Jemanden der mit einem Gelächter herausjjlatzt als einen Solclien
bezeichnen werde der mit fremden Backen lache, während er doch
vielmehr gerade seine eigenste Stimmung nur nicht länger zu be-
mänteln im Stande ist. Gesner meint, die fremden Backen seien
die des Gläubigers, auf dessen Kosten er lache. Aber da der Gläu-
biger in unserer Stelle der Angeredete ist, so müsste es statt alienis
heissen inis -. auch heisst mit Jemandes Backen lachen nicht: zu des-
sen Schaden, sondern vielmehr: aus dessen Stimmung heraus; und
diese ist bei dem Gläubiger nicht so dass er lachen möchte. An-
dere (wie Ilaberfeldt, Kirchner S. 33 und in der Ucbersetzung,
Düntzer V. S. 257) verstehen mit Lambin den Ausdruck von er-
zwungenem, simuliertem Gelächter. Keine Frage dass er diess an
sich bedeuten könnte; denn ein solches Lachen ist wirklich nicht
•das eigene, sondern gleichsam aus einer fremden ]\.olle heraus.
Nur aber passt ein solcher Sinn nicht in unsere Stelle; denn er
würde besagen dass dem Schuldner doch eigentlich bei der Sache
nicht wcdil zu AEute sei, was aber mit dem ganzen Zusammenhange
und insbesondere mit dem folgendem Verse in Widerspruch stände.
Ihre Quelle hat diese Deutung aber auch nicht in der horazischen
Stelle, sondern vielmehr in der bekannten homerischen (Odyss.
XX, 347). Dort ist der Freier «(T|3fCfroc yiXoic allerdings kein na-
türliches, weil dabei o6(5s Grpecov öay.ovocpiv m^iixlccvro (V. 34Hf. );
alter was beweist das für unsere Stelle? Wenn damit über die Aus-
legung der itnsrigen etwas (mtschieden sein sollte, so müsste man
zuvor wissen nicht nur dass Iloraz diese homerische vor Augen
gehabt, sondern auch dass er sie wirklich in dem angegebenen
Sinne verstanden habe. Keines von beiden aber wissen wir, und
es ist sehr möigliih dass Iloraz , auch wenn sie ihm im Sinne lag,
durch die l'rädlcierung als äoßearog sich verführen Hess yray^^ioiOi
yeXokov aXkoTQioiGiu gegen den dortigen Zusanuneniinng — den er
sich nicht vergegenwärtigte — als unbändiges liachen aufzufassen.
Jedenfalls hat er — • und darin stinnnen wir mit Ilcindorf, Grclli,
Weiter, Fnnkhänel a. a. (). S. 703 u. A. überein — sein malis 7-iden
(cm alienis so verstanden und verstanden Avissen wollen, als ein La-
6*
84 Zweites Biicli der Satiren.
chen wobei mau seine Backen heliandelt als wären sie nicht die
eigenen, keine llücksicht auf das für sie Zuträgliche nimmt, sie
der Gefahr des Berstens aussetzt, wie wir sagen sich krank lachen.
Diess ist xim so zuverlässiger als damit unsere Stelle sich nin- der
langen lleihe derjenigen auschliesst avo derselbe Gedaidce und Ge-
gensatz sich lindet: nicht nur Tliukyd. I, 70 geliört hielier und Lu-
kian. Luc. '2'2 tm TQCCuixart (og cIXotquo i-xißuLvov ^ sowie Gregor's
von Nazianz Ausdruck über die Märtyrer, sie hätten Alles geduldet
(ögTtcQ iv akkoTQLOig GOifiaaiv, sondern aucli die von Funkhänel ange-
führte Isoki". Paneg. :>4 = 86: 0)G7tSQ ii> aXkoxQiaig i^jv^ciig f.i£i.Xovreg
y.ivövvsvHv , und Orelli's Beispiele, Isokr. de pace 1"2, Jjysias Epi-
taph. 24; ferner Joseph, b. iud. V, 12, 4: Tag "^v-jf^ug ■iioQLGuvng uno
Tcov aa)j.iuT(au aji,(pOT£QOig cog äXXoT(iLOtg iyjjcoi'zo, und VII, 9, I : 'j^u&a-
TCiiJ cdXoroiuig x^qgIv v7iovQyov[.ievoi,. Sodann von lateinischen Schrift-
stellern ausser den von Orelli erwähnten Stellen Sen. de dem. I,
12 und Cous. ad Helv. 3 auch Liv. VI, 36: vociluis uliems id mo(U> ijuoil
domi praeceplum erat inlcrccssioni suae praelctulcbanl, sowie Justin. II,
9, Jl von den Athenern bei ^Marathon: tavrjuam alienis (miniis , nou
suis, periclikUiiri jjrociirrcbanl. Und wenn Tyrtaios fr. 9, 5 sagt
i'/^d-Qau jiifi' ilfvx^v ■d'ij.iEvog u. s. av. , so ist diess im Wesentlichen
das Gleiche, nur noch in gesteigertem Masse.
V. 73. L)ic von Kirchner gewählte Interpiinction könnte ich
nur dann als eine Verbesserung erkennen wenn das fragliche Snli-
ject ursprünglich ein aper wäre, wie das in I, I, J7 ui'sprünglieh
ein iuris ronsullus ist. Vielmelu" ist jedoch aper nur als erstes (ilicd
in einer licihc von Verwandlungen aufgel'ührt. Dagegen billige
ich vollkonunen seine Interpunction in V. 74 , da es mir als das
Natürlichste erscheint dass wie insani und scDii ^ so auch nude und
bcuc einander entsprechen.
V. 7G. Uc'ber rescrihc rc s. zu V. 69 f. (oben S. 79), wonach
das von Kirchner zu I, 2, 16 Gesagte zu berichtigen ist.
V. 77. Uel)er In gam compo7i erc hiü Orelli (trotz Düntzer's
Widerspriicli, II. S. 344 Anm. und V. S. 257) das liichtige. Nur
war nicht der Begriff des Anständigen hervorzuheben, denn der
Zweck des Ordnens ist vielmehr dass der Hörer nicht etwa durch
nachträglich sich ergebende Inconvenienzen genöthigt werd(> seine
Aufmerksamkeit von dem Sernum ab und auf seine Toga zu lenken.
V. 7H. Ehrsuclit und llal)gier zusannnengestellt wie 1,4, 26.
Wenn .Incob S. I4 meint, (trijeulum in dem Sinne von Geld sei
dem römischen Idiom fremd und ein (Jräcisnms des Iloraz . so ist
zti entgegnen dass urnnilitni hier so wenig als anderswo (z. H. (5, |(».
I, I, H6. l''i>. I, 2, 44) oder als auruin unmittelbar Geld bedetilet,
sondern Sill)er, nur dass dabei an gemünztes gedacht ist.
V. Hl. Dass bei der Interpunction vor ros das docli in der
Thesis stellende l'ronomen vos ,,ein ganz iinverhältnissmässiges
Gewicht" erhielte (Weber S. 326) kann ich nicht iimleii. .Vnderer-
Anraerkiinscil zur diilltn Saiiic. 85
seits scheint es iiiir ;il)cr aiu-li dass die Aiiscinaiiderlialüiiig von
onim'S lind vus olme (Te\valt.sauikeit sich iiiclit hewirkeu lasse, und
was Diinizer (11. 8, 'M4 f.), Orelli un<l Wiisteniann gegen die Hein-
dorfsche Interpunetion einwenden scheint mir niclit ganz stichlial-
tig. Der Krstere sagt: „Nach Ileindorf würde der 8atz lieissen :
während icli zeige dass ihr närrisch seid tretet herzu; aber das
Herzulreton wird doch gedacht ehe der spccielle l^eweis für die
einzehie lioidenscliaft geführt wird." Iliebei wird wohl in diüii zu
\ iel hinein gelegt. Das Herantreten soll gleichzeitig mit der
Erwähnung, gleichsam dem Aufruf, erfolgen, d. h. unmittelbar
darauf. Der Dichter sagt also: Ihr Tlioren alle konnuct zusammen
und tretet einzeln der Reihe nach vor, wie ich jeden von eucli
vornehme. Omncs kann von vos nicht getrennt werden, da nicht
abj^oliit alle Menschen — ein IVfensch ist ja auch der sapiens - —
Narren sind, sondern nur die sUiUi, die eben in unserem Satze an-
geredet werden und von denen unmittelbar zuvor eine in den
Hauptarten und gegenüber der folgend(;n Ausführung so vollstän-
dige Aufzählung gegeben w-ar dass man sieht sie sollte die Ge-
sammtheit der Thoren vertreten.
V. 83. Der Zusannnenstos« von a?i Aiilici/fam hat für das
antike Ohr nichts Anstössiges. Vgl. meine Bemerkung zu Aristoph.
Nnb. 77. So daselbst V. 776 «V ccvrtöiKÖöv und Pac. 6:27 «V avögm'.
V. 8t. Andere des Namens Stabe rius s. in der Real-Enc.
Vr, 1. S. 1388. Es ist übrigens ein Beispiel für die avarida zunächst
nur in dem Einen Sinne des AVortes, als Habgier, Sucht mögliclist
viel zu besitzen. Möglich dass er, um so viel bis an sein Ende zu
behalten, zugleich auch geizig war. Doch tritt weder das Eine
noch das Andere in der Beschreibung scharf hervor.
V. 86. Damnali in dem Sinne wie in der oben S. 78 ange-
führten l'andektenstelle XXX, 104, 3 und oft, z. B. ib. 45, 1: hcrcs
fjeneraUler dare damnattis : aus der lex Falcidia (Dig. XXXV, 2, 1 pr.) :
is hcrcs qw\ eam pcctiniam darc iussiis, damnalus cril, enm pccuriiatn dc-
belo dare quam damnatus est. XIX, I , 5 pr. : si hcrcs teslamcnto quid
vcndere damuatus Sit. XLIV, 4, 8. '5^. I : si hcrcs damnalus sif imu pc-
ler e a dcliilorc u. dgl.
V. 89. hoc ist nicht mit Heindorf auf die Voraussicht des Ta-
dels, sondern auf die ganze testamentarische Bestimmung zu bezie-
hen, welche Stertinius ironisch vertheidigt: ich halte sie für wohl-
begründet, ganz gerechtfertigt. Da dicss voraussetzt dass gute
Gründe sich dafür anführen lassen, so wird nach diesen mit 7//»/
cryn u. s. w. gefragt: wenn es denn also begründet war, welclies
war der Grund?
V. 03 f. perisscl — vidcrctur verdient schon als Icctio dif-
ficilior den Vorzug, und es ist keine Enijtfeiibing für den von Kirch-
ner so übermässig hoch gestellt(!n Lips. '2 dass er die kurz(birmige Cor-
rectur /jc/'/rr/ hat. Es ist aber auch das logisch Kichtigere. Hier wie
86 Zweites Buch der Satiren.
in den von Bentley augefülirtcu Beispielen (I, 6, 79 f- Ter. Phorvn.
I, 2, 69. Ad. II, 1, "24) gellt das im Plqpf. stehende Zeitwort dem
im Iinpf. stellenden voraus, die dm-eli jenes ausgedrückte Handlung
ist vollendet wenn die von diesem ihren Anfang nimmt. In unse-
rem Falle ist dabei nur das Bemerkeuswerthc dass die Fortsetzung
über das Leben hinüber einfach erfolgt, ohne von der Unterbre-
chung durch den Tod Notiz zu nehmen.
V. 96. Conslruxeril (zusammengethürmt) ist unendlich be-
zeichnender als das auch minder gut beglaubigte conlraxerü.
V. 97. Die Stellung der Adjcctive gegenüber von den Sub-
stantiven in V. 95 ist eine chiastische, und zwar so dass virlus in
fortis und iuslus auseinandergelegt Avird, dagegen famd und decus in
clnrus zusaiiimengefasst. — Wie die lieduction aufs Triviale, d. h.
auf den eigenen geistigen Standpunkt, der unwillkürlich leitende
Gesichtspunkt der meisten Abschreiber war zeigt unser Vers, wo
das charakteristische Frag- und Antwortspiel Mühe gehabt hat sich
vor dem Untergang in einer ganz prosaischen Aufzählung zii ret-
ten. Uebrigens misst hier der Stoiker dem populären Bewusstsein,
dessen Ideal der lieiche ist, in Bezug auf dieses die gleiche Oon-
sef|uenzuiaclierei, bei Avelchc das stoische System Itei dem seinigen,
dem sapiens, zu entwickeln ptlegtc.
V. 99. Ueber die Construction siinile isli s. Kirchner zu I, i,
123. S. 124.
V. 103. Indem der Ivedende die Verrücktheit der ararilia
nachweisen will stellt er ihr das Verfahren des Aristippos als das
viel vernünftigere gegenüber; weil aber dieses doch selbst wieder
Anlass zu Ausstellungen bietet und nicht holVen darf allgemein als
mustergültig anerkannt zu werden, so .sclilägt Stertinius noch einen
anderen Weg der Beweist ührung ein, für welchen er auf unbeding-
tere Zustimmung rechnet.
V. 10(3. Weitere Ibnspiele wo twii, ohne die Vermittlung eines
Zeitworts in Ansjiruch zu nehmen, direct mit einem Substantiv wr-
bunden ist s. bei Hand, Tursell. IV. p. 257 f. 3. Aehnlich bei Sali,
epist. IMithr. g. 1'^^. (p. 109 Oerl. 1856): omnia non serva^ el inaxiimc
regna , hoslilia ducunt.
V. Iü8. ]3ie Variante 7»/(/ erklärt .sich leiclit aus dem Nacli-
folgi'u eines mit d beginnenden Wortes und ib-m N'eikennen der
Bedeutujig von 7»//. Auch vgl. V. 99.
\. 112. /'(1 r r rrltis ist sehr ltez(>ichnenil un<l treiVend : der
(leizigc streckt sich , um eine möglichst grosse Fb'iche mit seinem
eigenen Leil)e zu decken, was ihm aHein verhältnissiniissige Beru-
higung gibt. Bentley's Einfall /iroirrlus ist von Fon und lleitulorf
genügend zurückgewiesen. — cum fiisir, vgl. 7, 9 und Kirchner
zu I, It), ;V2.
V. 1 I'?. .\ii drill w icdi'iliolti'n i vgl. V. I 10) cmi l in ij rrr schei-
nen Mciiirkc und Apit/, (p. II.')) nicht mit (Jrund .\nst<>>s zu neli-
Aiiinei'kuiiyeii zur cliillin Satire. 87
mcn , da Begriti iiiul Ausdnu'k in dii-scm Zu^aiiimenliaiig schwor
/A\ uiugehou war. Jedcuralls kann dos Krstorou cu/i/'ri/ifjcn' und des
Zwoitou coiUumlcre koiuou Vorgloicli damit aushaltou.
V. 117 f. scheiut mir uiitlc ocloginla vollkominou passend
und wodor Horkers iidis , nocli Mciucko's itlvac berechtigt. Nicht
zwar dass ich es vertheidigou möchte wie Schneidcwin, Güttiuger
Gel. Ann. 1855, S. 7-K) f ■ , durch die Annalinie „lluraz verspotte
den Vers aus einem pomphaften Cirahepigrahim, wo mit Salbung
N/i</c oclof/iiila /laliis gesagt war"; denn wenn der Betreuende nun
einmal so alt geworden war, welche andere Zahl hätte — Avonn
überhaupt eine solche angegeben werden wollte — • gesetzt werden
können? Auch glaube ich nicht dass singuhiri illo annoruin mimcru
jiuclu homincin qucndam pcrvcrsiim im Auge hatte, quem 7ioininiirc aiil
nun vo/iiil aiil non poluil (Ajiitz p. 115); denn 79 Jahre alt zu sein
war doch keine habituelle Eigenschaft von irgend Jemand. Aber
ich finde die „Salbung", das Gewichtvolle der Zalil 79, das sie so-
gar nitcli in grösserem Masse besitzt als die runde, glatte Zahl MO,
als Bezeichnung eines liohen Alters hier ganz vortrofilich am Platze
um einen recht starken Gegensatz zu der hier geschilderten Le-
bensweise zu bilden. In ähnlicher Weise sagt Juvcnal VI, 192 f. :
Tunc eliam, quam sc.vliis et oclogcsimus anmts pulsat, luUiiic (jraccc? von
einer velitlu, olnie dass ich auch dort mit Apitz an eine bestimmte
l'erson denken möchte. In unserer Stelle ist undc od. überdiess
auf eine Weise diplomatisch l)eglauliigt dass schon diess von Con-
jecturen abschrecken sollte. Uebrigens wird die Lebensweise des
Geizigen nach den drei Rubriken Essen (V. lil — 114), 'l'rinken
(115 — 117) unil Iiäusliche Einrichtung (117 — 119) al>g(!handolt.
V. 123. ,,Das Erste, filius til, ist oft'onbar ein von Stertinius
ironisch gesetzter Grund, das Zweite («6' libi desil) ein wirklich an
gegebener; der wahre Grund aber ist die Lust immer mehr zn ha-
ben." (Düntzer IL S. 348 f. A.) cnim in V. 124 bezieht sicli dann
auf eine jenen angegebonen Grund abweisende, wegwerfende
Gebärde. Widerlegt wird derselbe im Folgenden zuerst duroli die
Bemerkung dass ein Bischen mehr ausgeben noch nicht arm ma-
chen würde, sodann aber vorgehalten dass jener Zweck (V. 123)
bei Weitem nicht die Mittel rechtfertigen würde welche der avarus
in xVnwendung bringe. Diess wird ausgeführt im Anschluss an die
erste Einwendung: und wenn du denn also so Avenige Bedürfnisse
hast und so geringe Ansprüche machst, dich mit einem ]\Iininnim
begnügen kannst, warum erwirl)st du denn fort und fort, sogar
unter \'erbrechenV Du, der du so (unverständig) handelst, solltest
(willst) bei Verstände scinV
V. 128 f. Die ^';lrianten alle sind Besläligungen der Schrei-
bung hm. Sodann w ird vc durch die (Qualität und Zahl «h-r ildscli.
sowie den Sinn empfohlen ; denn poptiltts und scrvi sind Begrift'e
welche so wenijr mit einander jcemein haben dass man sie besser
8S Z\vuik\s Hucli dci' Salircn,
auseluandcrhält als verbindet. Tnu liat so viel für sich (vgl. Bent-
ley, Wolicr und Ai)itz) dass man trotz der initer andern Umständen
niclit j;enü<;enden äusseren Beglaii1)if;ung seine Ant'nahme in den
Text nur billigen kann. Denn liios ist neben quos ocrc piir. böclist
cntbebrlicli und vor quos aucli übellautend; luo dagegen liel)t be-
deutsam den Begrift' des scrvus cinplilicius stärker hervor. Wenn
Jemand einen Sklaven den er mühelos geerbt hat nicht besonders
zu schätzen -weiss, so ist das weit weniger auffallend als Avenn der-
selbe einen Sklaven auf dessen Erwerbung er eigenes Geld ver-
wendet hat uunütliiger Weise , ohne allen vernünftigen Grund,
misshandelt und damit nur sich selbst beschädigt , — ■ ähnlich wie
man durch mutwilliges Verletzen liarndoserLeute aus dem Volke bei
geordneten Kechtszuständen den grössten Schaden sich selbst zufügt.
V. 131. ctim laqueo, eine Zweideutigkeit welche sich so
rasch löst wie cum tencb?^is bei Tibull. 1,2, 25. Vgl. meine Bemer-
kung zu Aristoph. Nub. 1199.
V. 132. Dass Kircliner mit Düntzer und Orelli das Fragezei-
chen nach CS in einen Punkt verwandelt hat scheint beifallswerth;
denn so entspricht die Art wie die geM'ühnliche Ansicht angeführt
wird genauer dem parallelen V. JHO, Avie auch dem V. 120; und
durch Wegfall der Frage vor quid cnim wird überdiess die Manch-
faltigkeit befördert.
V. 133. Die von Kirchner wie es scheint gebilligte Unter-
scheidung zwischen Gcnelrix als Beiname und gcniliix als Appellativ
ist sicherlich unhaltbar, als ebenso irrational wie unerweisHch.
Wenigstens findet sich auf IMünzen und Inschriften neben iler
Schreil)ung Venus (jcnclnx (P^ckhel VI. p. 466. 51 1 auf Trajan u. Tla-
ilrian; IMounnscn Inscr. Iv. N. 1385, aus Conjectur, u. susp. 112. 491.
671. Urelli II. p. 399 und vielleicht Nr. 4643), auch Venus (jciiitriv
(Eckhel VII. ]). 258 aus Elagabars Zeit; ]Mommsen 4837 aus Tele-
sia, und susp. 258.960; Orelli 1358. 1365), und die Analogie von
f/enilor' spricht entschieden für durchgängige Bevorzugung von //<•-
nitrix; s. F. Schultz, orthograjjh. quaest. dccas (Paderborn 1865)
p. 31 — 40. — Das parallele faris reicht nicht aus iim die Entsteh-
ung von occidis, falls occklif das Ursi»rüngliche wäre, zu erklären;
wohl aber ist nichts begreiiiicher als dass die Abschreiber die
etwas schwierigere zweite I'erson abänderten in die j)lane und
platte dritte. — ■ Ironisch wird die Verschiedenheit des ( )rtos und
(h's Werkzeuges (der Verfahrungsweise) auf beiden Seiten als eine
solclie bezeichnet welche einen wesentlichen Unterscliied in den
Handlungen selbst und ihrer Beurteilung begründe; und im Fol-
genden die Prädicierung des Orestes als demrns, schon vor und bei
der Tliat, gerechtfertigt. Es sind also eigentlich zwei Gründe ans
denen der Gegner d(^n Orestes nicht für einen Beweis dass IMutter-
niörder verrückt seien gelten läs.st : w eil dieser ganz anders ver-
fahren und weil er ers( nach seinem Muttermonle walinsinniir ge-
Aiimeikiin;;t'n ziir diilton S;iliie, 89
worden sei. — Wa.s Düutzcr iiiul nach ihm Wübtcmann iu Argis
finden wollen liefet nicht darin.
V. 134. lieber die Cäsur in diesem Verse s. Ijachmann zu
Liaret. VI, 1067. p. 413 (wo von horazischcn Parallelen Ep. II, 3,
87. 377 anj;efuhrt ist).
V. 13.'). ,.Stertinius dreht iu seiner Soiihistcrci den BegrifV der
Furien um. In der Fabel stellen sie die (lewissensbisse, die stra-
fende Gottheit vor, hier die Verrüektheit des Verstandes, worauf
ihn die Ableitung; von furcrc leicht führen konnte." Kirchner, S.35.
Wenn hiegegen Diintzer II. S. 350 A. bemerkt: „Fiiria wird von
den Dichtern von jeder aufregenden Leidenschaft die uns willen-
los umhertreibt gebraucht, Ovid A. A. II, 487 {in furias agilanliir
equne). Prop. IV (V), 4, 68 ft". {ncscta vae furiis acaibuissc twvis)^ so
trift't das unsere Stelle nicht, in welcher das furiis agi, von Orestes
ausgesagt, unverkennbar an den Mythus anknüpft.
V. 137. Die Auslassung von «7 liessc sicli, wenn sie melir ur-
kundliche Begründung hätte, vollkommen rechtfertigen durch den
Ictus und das Nachfolgen eines kurzen Vocals; vgl. Jahn's Erör-
terung zu Virgil. rJe. TI, 144 (p. 413 f.) und dazu KitscliFs Prolegg.
zu Plaut, p. CLXXXVII ff. mit Flcckeisen's Rec. in Jahn's Jhbb.
LXI. S. 46 — 53. Am Anfang des zweiten Fusses steht der Hiatus
ebenso Georg. I, 4. IV, 343. 463. Aen. 11, 606, welches letztere Bei-
spiel {si perco, hominum manibus pcriisse iitvahil) auch nach der (^>ua-
lität der zusammenstossenden Laute unserem Falle sehr ähnlich
wäre, mit dem einzigen Unterschiede dass dort der 8inn eine kleine
Pause zwischen beide AVörter setzt; vgl. auch Aen. I, 16 {Saino : hie).
V, 735 (colo; huc). Aber est fehlt allein in dem sehr jungen Gph. 2,
und in diesem wohl nur durch Versehen , ist auch so unentbehrlich
wie V. 139, so dass — bei besserer Unterstützung durch die Hdsch.
— jedenfalls quo hahilusl gesetzt werden müsste.
V. 13S. Ueber nil sanc s. C. Peter zu Cic. Brut. Exe. VII.
p. -280 — 282.
V. 141. Horaz nniss einen römischen Tragiker Avelcher den
0Qi6T)~iQ des Eixri])ides benützte vor Augen haben; denn wenn auch
bei diesem (Or. 264) die fragliche Aeusserung gegen Elektra sich
findet, so desto weniger eine gegen Pylades; wogegen eine solche
Steigerung ganz in der Art der römischen Bearbeiter war. An den
Dnlorcstes des Pacuvius aber ist, nach dessen ganzem Gegenstande
(s. Kildjeck, Trag. rom. p. 281 — 284), keinenfalls zu denken.
V. 1.04. ingetis, welches in der Hauptsache schon lI(Mndf»rf
richtig vertheidigt hat, hält auch Apitz p. 116 mit Recht fest (sei s.
V. a. valida). Der Arzt fordert gleich eine tüchtige Stärkung, um
den vermeintlich erzielten Erfolg nachhaltig auszubeuten. Für
den Ton desselben ist auch acccdil (welches der Altdorf, gleich-
falls bat) bezeichnend, und die Varianten sind unglückliche Ver-
suche der bedr(dit geglaubten Grammatik beizuspringen.
90 ZwL'itcs Biicti dt'v Siiliien.
V. 15(). Apitz p. 1 Hi koinint wltulcr auf ctnlian zurück; emtae
ist aber seliou darum daa alleiu liiclitigc weil, Avie Orelli bemerkt,
das plisanariwn, als solelies, vom Arzte nicht gekauft, sondern sell)st
bereitet ist. Davon abgcsclicn ist es der Hast des Fragers ganz
entsprechend dass er an das letzt Vorausgegangene anknüpft. —
Octussibiis ist gegen das Glossem octo assibus schon von lientley
festgestellt. Will man aber in dem Pluralis etwas Weiteres finden
als den incorrecteren Sprachgebrauch des gewöhnlichen Lebens,
so könnte es Avohl nur diess sein dass alle solche Dosen 8 Asse
kosten, diess also der gewöhnliche Preis sei.
V. 157. Den Vertheidigern des durch die Hdsch. ganz über-
wiegend begünstigten quc hat sich auch Apitz p. 116 f. beigesellt,
und man sollte die Sache nach dem von Heindorf und Orelli Ge-
sagten für abgemacht halten dürfen. Die Umstellung von quc z. B.
auch V. 130. Mit Unrecht hat übrigens Düntzer II. S. '6's2 die Ausle-
gung von Cruquius {si non furlis et rapinis heredtim, profcclo ego morbo,
i. c. morhi curalionc, Mus cxhaurior) Avicdcraufgefrischt (,,du willst
micli Ijewahren gegen liaub des Erben, aber so dass du durch die
Heilung der Krankheit mich ruinierst"); denn wurho pcrire wird
kein Mensch vom finanziellen Ruin durch eine Cur sagen und ver-
stehen; anch müsste dann morbus und furla in umgekehrter Ord-
nung stehen, nnd dass der Geizhals lieber furlis rapinisquc sich rui-
nieren lassen wollte als durch die Curkosten — wo er doch etwas
von seinem Gelde hätte — ist psycludogisch undenkbar. Vielmehr
meint der Geizhals: wenn ich nun doch einmal y>(v//i' nniss, so will
ich es lieber morbo als furlis; denn der A(.'rger über diese letztern
würde ihn das Jicben kosten.
V. KkJ wird anch von Apitz p. 117 beanstandet, indem dieser
CS für möglich hält dass .Jemand, caussam (vielmehr raliaiwin) nc-
galionis Cralcri dcsiikraiis ^ denselben aus Ej). I, 6, 28 lierübergenom-
men habe. Aber in unserer Stelle ist der Vers kcincnfalls entbehr-
lich; denn es ist weder selbstverständlich dass der betreH'ende
Kranke ein anderes Leiden hat, noch gestattete der Parallelisnuis
zum Folgenden Av.\\\ Dichter über die positive Seite hinwegzugehen.
Wäre daher die Thatsache der Wiederh(dniig ein Grund zur Ver-
werfung, so müsste man sie mit K. F. Ilermaun gegen l'ip. I, (J, 'Js
gelteud machen. Aber jene Folgerung ist ülierbaupt nicht zuzu-
gel)en. iloraz wird so wenig als Jean J'aul unil andere Leute .sich
vl(d (bniiit befasst haben seine eigenen Arbeiten wieder zu lesen,
nnd so konnte es ihm sehr leicht begegnen dass er, wenn er nach
.Jahren in einem untergein-dnelen Funkte in das (Jeleise eines
(Viibi'ren GedankiMis hineingerieth , unwillkürlich auch wieder den
gb'ichen Ausdruck für densellu-n gebrauchte. Das Fiuzelne be-
tretVend so ist (lul nicht so zu V(>rslehen als ob der Arzt mit seiner
Diagnose zwischen zwei so heterogenen Krankheiten sdiwanken
würde, sondern Sicrtinins bebält sich selltst ilie Wahl zwischen
Aiimcrkim^eii zur iliillcn Satire. \H
zwoi Beispirk'u vor: weil es nur andere Organe »ind au denen er
krankt, etwa die Lunge oder auch die Nieren. Diess spricht zu-
gleich für den Indieativ Icntanitir, für -welchen ohnehin uehen
der sehr erhehlichen handschriftlichen die Autorität Priscian's
schwer ins CJewicht fällt. Und da überdiess die Versuchung den
Kraterus f«»rtreden zu lassen und daher den Indieativ alizuändern
in den Conjunctiv eine viel grössere war als die zum entgegenge-
setzten Verfahren, so hätte Kirchner wohl besser gethan tcntanlur
in seinen Text aufzunehmen. Vgl. auch AVeber S. 335.
V. 105, audax bedeutet Aveder hier noch bei Catull. 50, 18 f.
siipcrbus, sondern in beiden Stellen (bei Catull zeigt diess die nach-
folgende Drohung mit der Nemesis) vermessen. Jmb. et und. ist
Bezeichnung eines politischen Schwindelkopfes.
V. 106. Die Varianten erklären sich einfach aus Unkenntniss
des Fremdwortes, für dessen Nominativ z. B. die Abschreiber ba-
ralro hielten , wobei dann Andere sich an balalro erinnerten und
dieses emendicrten. — Als Motiv des Geldvcrschwendens wird im
Folgenden zunächst politischer Ehrgeiz vorausgesetzt.
V. 1()9, Von auliquo ccnsii gibt es zwei entgegengesetzte
Auffassungen: die Einen (wie Heindorf, Kirchner, Düntzer, Krü-
ger) fassen es mit Acron als Einschränkung des Begriffes reich, die
Andern (z, B, Ilaberfeldt, Voss, Orelli, Wüstemann, Weber) als
Steigerung desselben. Mir scheint es nicht als ob es in der AVtsicht
des Dichters liegen könnte den Oppidius als eigentlich nicht reich
darzustellen , in welchem Falle für seine Söhne die Versuchung
zum Verschwenden nicht gross sein konnte. Auch kann Oppidius
nach V, 185 einer fernen Vergangenheit nicht angehören. War
sein Besitz ein uralter, so war die Pietät für denselben um so na-
türlicher, so wie der AVunsch ihn auch ferner ungemindert bei sei-
ner Familie zu erhalten. Wüstemann citiert für diese Bedeutung
Ovid, Amor. I, 10, 4J : tiirpc lori rrdilti censtis aurjcrc patcrnos. —
lieber die Form divissc s. zu 7, 68.
V. 171 f. Ueber talos s, zu 7, 17. Mit Unrecht deutet Kirch-
ner S, 36 den siniis gegen Ileindorf auf ,,die beutelartige Falte
welche der obere Theil der Tunica durch das Umschnüren des
Gürtels vor der Brust bildete; denn die Toga trugen Knaben noch
nicht," Doch, aber die toga praclexla (nicht die ririlis). Ueber die-
sen Sintis s. Becker's Gallus von Kein III, S, 112. 115 f. So z.B.
Liv. VI, 15: quod in sinn est exculerc. Dass ludere hier, bei Kinder-
spielzeug, doch seine gewöhnliche Bedeutung spielen nicht haben
solle, sondern tändeln (AVeber), d.h. es fahrlässig behandeln nn<l
so thatsächlich -^ perderc, wie Ter. Phorm. II, 2, l*^: opera Ixdilur
und Alartial. III, 25, 0: ludilis otiuin (Apitz), wird mir schwer zu
glauben. p]s scheint vielmehr einen Gegensatz zu bilden zu dem
NichtSpielen (abscondere) des Bruders. Es sind so drei Gharakter-
züge von Aulus angofüiu-t : dass er seine Spielsachen der Gefahr
92 Zweites Buch der Satiren.
des Verlierens aussetst (laxo sinn fcrre) , dass er sie verschenkt,
und dass er damit spielt, somit sie der Gefahr des Verspielens
preisgibt.
V. 181. Dass die In t es ta bi li tä t ein „erhöhter Grad" der
inf'iimia sei, wie Unterholzucr zu Ileindorf und im Superlativ AVe-
ber S. 337 behauptet, lässt sich nur in dem Falle sagen wenn die-
selbe zu der bereits ausgesprochenen mfamia hinzutritt. An sich
aber ist infamis ein viel umfassenderer, weit mehr bürgerliche
Nachtheile in sich schliessender Begritt" als inlestabilis. Dieses be-
zieht sich nämlich zmirächst nur auf die Fälligkeit Zcuguiss abzu-
legen und Zeugen (zu einer vorzunehmenden Eechtshandlung) zu-
zuziehen; s. Dig- XXVllI, 1 , 18. §. 1 : .s/ i/iiis ob ciu-mcu famosxnn
danmelur^ SconsuUo expressum esl id inlestabilis sil (vgl. XXII, ö, '21 pr.
XLVII, 10, 5. §. 9 f.) ; ergo nee tcskunentum faccre poicrit nee ad testa-
menium adhiberi; ib. 1. 26: qiiiini lege quis inteslabilis iiibelur esse, eo
perlinet ne eins teslimoniiim reeipialur et eo amplius , ut quidain putant.
neve ipsi dicaiur teslimoninm. Dass inlestabilis der weniger strenge
Begriff ist geht auch daraus hervor dass nur dieses , nicht infamis,
zu dem laxen populären Gebrauche erweitert und so z. B. mit iin-
probiis zusammengestellt wurde, wie es schon in den zwölf Tafeln
hiess : improbus intcstabilisqiic esto.
V. 1S2. Durch tu könnte man sicli versucht fühlen anzuneh-
men dass die Worte des Oppidius mit V. 181 ihr Ende erreicht ha-
ben und nun der Stoiker wieder in eigener Person redend und mit
einem fingierten Gegner kämpfend dargestellt werde. Der Mangel
einer Andeutung dass ein Wechsel der Person eingetreten sei
würde in diesem Falle, wo die abspringende Planier der Darstel-
lung ein Theil der ('liarakteristik ist und durch die drastische Le-
bendigkeit der ^liniik ergänzt Avird, nichts dagegen beweisen. In-
dessen stehen V. 181 f. und 182 ff. doch in nahem sachlichem Zu-
sammenhang, und paternis (V. 184) scheint anzudeuten dass der
Vater noch fortredet, wenn er gleich seine Worte jetzt nur an den
einen seiner beiden Söhne richtet, denjenigen (vgl. uter , V. 180)
welcher die Bahn politischen Ehrgeizes betreten und durch wel-
chen daher der väterlichen Hinterlassenschaft di(> grösste Gefahr
drohen würde. Jene Besorgniss Hess sich von 'IMberius ebenso gut
hegen wie von Aulus: wenn dieser bei seinen Largitionen (V. 182)
nur dem Zuge seiner angeborenen Gutmütigkeit folgte, so konnte
dagegen jener mit klarer Berechnung dem Zwecke (V. 183 ff.) auch
seine natürliche Sparsamkeit zum Opfer bringen.
V. 1S3. Apitz p. 118 hat den Einfall latus als Particij) v.m
frro zu nehmen: ut a populo q^enöiiivog in circo s/Kiliirr rt arncus pm-
pimaris, ohne sich an dem liandgreillichen Widerspruche seines
(jpfp()f(fi'0^ mit Spaliere zu sto.ssen , während er gegen die natürliclic
Auffassung (wie wir sagen: sich breit machen, wichtig tbun^ nich-
tige Einwände erhebt, davon hergeniuumen dass mauclie Ausleger
Anmerkungen zur driilin Saliro. 93
ilas Wort ungosiliickt erklärt haben. Das llichtige hat aber schon
Ik'iitley. — Sti niöglieli es an sich ist dass „Horaz sich einmal die
Zusauinienziehung (v<tn ai'neiis in acncns) erlaubt haben könne"
(Düntzer II. S.3jö Anm.), — wiewohl die Notiz des Gellius (N. A.II,
:^, ü f.) dass Virgil ahcna und aheni geschrieben habe (vgl. Servius
zu Acn. I, 213), ferner die Schreüiung auf der Üeberschrift des
gleichzeitigen Mon. Ancyr. (in diabus ahcncis pilis) , sowie die ste-
hende Xamensform Ahenolxirbus (Ferd. Schultz, Quaest. (irthograph.
decas, Paderborn I8J5, p.4Sf., auch I^achmanu im Rhein. ■\[us. N. F.
Iir. S. 6I4) eine solche Annahme bedenklich macht, — so fragt sich
im einzelnen Falle ob der Stand der handschriftlichen Ueberliefe-
ruug diese Ausflucht gestattet. Und in dieser Hinsicht scheint hier,
wo neben uul aenciis in einer ansehnlichen Anzahl von Hdsch. sich
el ucneus findet, die Aixfnalimc des letzteren unumgänglich ge-
boten, da es wohl denkbar ist dass Verkennung der nicht äusserli(*h
angedeuteten Viersilbigkeit von ar/ici/s Alisclu'eiber zu Verwand
hing des«'/ in auf veranlasste, nicht aber das Gegentheil. Auch
ist Olli dem Sinne nach zwar nicht fehlerhaft, aber doch minder pas-
send, da die beid-erlei Ehrenbezeugungen sich zu einander nicht
ausscliliessend verhalten.
V. 185. Ueber plausiis s. die Ausll. zu Epist. I, 6, 7 und
Plut. Sertor. 4: arciöcoy.c öl '/.cd 0 örjaog avTa rtfii^v n^iTtovOav. eig-
ek&ovia yaQ eig &earQov ii^eöeE,aro xs '/.qotoj '/.al 7MX£V(p{]arjG£v. cov
ov6l roig Ttai'v 7Tqo}']kov6ii' ijXiy.ia ts y.al öo^]] rv/^eiv }]v ^äöiov.
V. 187. velii steht hier in seiner ursprünglichen Quantität,
wie bei Plaut. Meii. prol. 49. Trin. 306, wonebcn die Verkürzung
sich bereits findet liei demselben, Merc. 457. Vgl. Kitsclil Prolegg.
zu Plautus p. CLXXXII f. und oben zu V. I, S. 66.
V. 188. quaere des Bland, antiquiss. scheint ein Emenda-
tionsversueh eines denkenden Abschreibers zu sein, um die Dar-
stellung glätter zu machen, ist aber in AVahrheit unmöglich neben
der alsbahl naclifolgenden Gestattung des dxccre (V. 189 f.). Unbe-
gründet wäre daher das ]>edenken ob man nicht durch Aufnahme
des Indicativs den Dichter corrigiere , statt seiner Abschreiber,
Aveil, wie Bentley bemerkt hat, in der Quantität von quaere (und
in dem Nominativ plebehts) für die Abschreiber eine starke Versu-
chung zur Aenderung gelegen habe, wobei quaero sich von selbst
darbot.
V. 189. Da bei der grossen Aehnliclikeit zwischen at und ac
die Zahl der Ildschr. welche das eine oder das andere haben be-
sonders wenig besagen will, al überdiess durch die Variante au(
unterstützt wird, so hängt die ganze P^ntscheidung von den inne-
ren Gründen ab. Und nach diesen scheint al den Vorzug zu ver-
dienen, da ac nach cl sich übel ausnähme und ein f Gegensatz wirk-
lich besteht, zwischen der Ueberzeugung des Agamemnon {fieqnam
rem imp.) und der möglichen Ansicht Anderer {si rui n. s. w.) , wif
94 Zweites niieli der Satiren.
andererseits zwischen der jede Widerrede nnsscliliessenden Erklä-
rung riw sunt — et aeq. rem hnp. und der Gestattung von Einwen-
dungen {si ciii — pcrmillu).
V. 191. Ecdducerc, wie Lucretius viermal liat (I, 228. IV,
992. JOOl. V, 1337. vgl. rcUalum II, lOOJ. V, 614 und in d. lex Thoria
80; rccckkre Lucr. I, 857. 1063. V, 280. Laclimann zu Lucr. p. 303),
scheint als die seltenere und schwierigere Sclireibiing den Vorzug
zu verdienen. Dass die Präposition re in der Zusanmiensetzung
kurz sei war wold jedem Alisclireiber bekannt und musste , wenn
in einem Originale die Verdoppelung von d initerlassen Avar, zu
Verwandlung desselben in de verlocken, obwohl dediiecre (ohne
domuui) nach dem von Bcntley selbst nachgewiesenen Spraclige-
brauche blos abführen, ins Meer ziehen heissen könnte, somit über
die noch so viele Gefahren drohende Fahrt selbst nichts aussagen
\viirde. Was Bentley gegen /•«/«ra-c einwendet, es hiesse rursus in
Asiam dueere , ist schon von Heindorf abgOAvehrt ; und ich gestehe
nicbt abzusehen wie rcducerc , wenn es nielit von lloraz selbst her-
rührte, in fast allen Ildschr. an die Stelle von dedttrere treten konnte.
V. 192. ei-ijo steht hier in seiner ursprüiigliehen Bedeutung:
in Wirklichkeit, also: ist es dir Ernst mit deiner Erklärung? Er
kann kaum seinen Ohren trauen, und vergewissert sich vorsichtig,
ehe er wirklich fragt, der Gefahrlosigkeit der Sache. Vgl. jNlit-
scherlich Kac. VI. p. 3 f. und unten 5, 101.
V. 194. Die Schreibung pnlescil ist so vortrotYlicli l)oglau
l)igt und wird durch laueret. III, 871 — wo es ganz in demselben
Zusammenhange, vom Verwesen eines nnbestatteten Leicbnams, ge-
braucht ist — sowie durch die Analogie von irvd^erai so nachdrücklich
unterstützt dass es wohl aufzunehmen war. Lachmann's Bedenken
(zu Ijucr. 1. 1. p. 188 f.) kann ich nicht theilen, da pufor bei Lucr.
TI, 872. 929. VI, 1101 nicht geradezu in dem Sinne von ;)»//;rf/o ge-
braucht scheint , sondern vielmehr gleichfalls vom Broccss der Ver-
Avesung, welcher die Entwieklung übler Dünste (VI, lIOl) und von
Würmern (II, 872. 929) zur F.dge hat. So Cic. N. D. II, 64, KiO:
riii (dem Schwein) ?ie pii/eseerel (in Verwesung übergehe) animam
ipsam pro S(de dalain diril esse ('/iri^sip/)i(s. Fea unterscheidet: jni -
frescuul et (juae midum odorein iton eniillunl (wie /ndreseere sn.vu
vom Mürbwerdcn bei Lucr. V, 307 und aliud pitfreseit -- zerfällt —
el iieri) defii/e liitK/iief, ib. 832) el f/iitie sidi terra : al fne Aia.r pu lesrere
dirihir , ipiia iiiinnnatus: (ptod hnrrnreni el eoinmiseralionem e.veifahal.
Doch schi'int «labei der Willkür noch ziendicher S])ii>lraum geblic-
l»<'n zu sein ; wenigstens sagt Sen. dv^ tram(. 14, 3: '/and »id se/iallaram
allinel, n le inr/)taiii si pahis iiiea iideresse sa/tra terrai» an in/'ra fiii
Iresram. \'gl. auch ()relli.
V. '200. {',. 'V. \. Krüger (Vorrede zur 2ten Ausg. S. IX) or-
innni an dm Aufsatz von A. I''Iiitz : die griecliis<'lie Opfcrgt>rsto
war mit Salz viiniiseht (Ztschr. f. Alt. Wiss. I8:)4. Nr. 41 f. S. 324 ff.),
Annirrkiingeii zur drilton Saiii'C 95
ilurch wclclicu Buttmann's Untersuclmng (im Lcxilogus 1. S. 191 ft.)
auf schätzbare AVoise ergänzt werde. — Die Assonanz der Schluss-
Avorte in den vier Versen 198 — 201 ist ohne Zweifel zufällig.
V. '201. Von den Interpunetiousweisen ist die Hoindorf'sche
sachlich wie sprachlich unmöglich, wie Diintzer IL S. 3bH A. **
und besonders W. E. "Weber S. 3+1 erwiese)! Iiat. Ferner Quursum
imauHS.' Quid oiiin u. s. w. vertheidigt Bothe p. <S0 folgendermassen:
Vcrba Q. i. sunt Agamctnnom's, quacrcnlis quonam modo ipsc videalur in- '
satius. Cut aller sie rcspofidcl iit Aiaeem minus insaniisse quam Agamem-
nnnem oslendal. Refei-endum aulem insanus ad praegressum servas.
Aber abgesehen von der Unerweisbarkeit eines solchen Gebrau-
ches von quorsum, welchen Bothe selbst nur durch Berufung auf
(^)uintilians variis ?)Crbis el figuris fcliri.ssimc audax zu stützen weiss,
scheint es aucli dass in diesem Falle ego niclit felden dürfte. »So-
mit bleibt nur übrig quorsum als selbständige Frage zu nehmen,
Vollständige oder unvollständige; denn letztere Differenz scheint
nicht erheblich, da aiich ohne Zeichen der Aposiopese die Frage
der Ergänzung bedürftig ist. In dieser Beziehung scheint unten 7,
21 den Weg zu zeigen, wie bei Ter. Ad. I, 2, 20 quorsum isluc? ge-
setzt ist, wo Donat anmerkt: deest pcrlinel aul dieis (Bothe p. 80).
Im Sinne des Agamemnon wird es als ein ärgerliclies und halb dro-
hendes Auffahren zu fassen sein: was soll das heissenV Woraui'
aber der (ieg(>nredner uneingeschüchtert ausführt dass das Beneh-
men des Aias zur Zeit als er für toll galt keineswegs so auffallend
gewesen sei dass das von Agamemnon (in Aulis) damit nicht parall-
elisiert werden könnte. Auf dieses liecht der Vergleichung b(!-
zieht sich ctiim. Agamemnon's Verwahrung dagegen enthält dann
V. 205 ff.
V. 208. Bei dieser schwierigen Stelle fragt es sich zunächst
ob veris zu lesen ist oder vrri. Das Erstore stützt sich haupt-
sächlich auf den Irland. 1, a. Crufjuius bemerkt nämlich: Codex anli-
quissimus BJandin. /iahet S])eeics alias veris, eum hac adnatalione :
eonlrarias verilali. . . . Equidem Blatid. eodieis leclionem iypis mandari
mahiissem, propler i^eluslalem , sed s lillera maiuseulu adcmia sequenti di-
elinni adseripta erat pracecdenli. In Buslidiann s aperle esl erasum. So
bericlitet auch lianddn von seinem cod. Tornes. (Nr. G bei Kirchner)
er habe die (»losse: speeies verilali dissimileis. Für jene Schreibung
hat scj^m Lambin Ep. I, 16, 20 und II, I , 240 angcfülirt und sie so
erklärt: qui speeies alias veris ^ i. e. a veris diß'ercnles seu non rerus, el
praelerea seelcris Unmdtu prrmislas , i. c. eum srelere eoniunetas , eapiel
eommolus hahendus est. Ebenso Orelli (welchom Dilleuburger , Düu-
tzer V. S. 259 und in seiner zweiten Ausgabe auch Krüger folgen) :
falsas et confusas ca mentis agitatione et eonturhalionr quae faeillime rel
ad seelera eommillcnda uns ahripit. Es ist kein Zweifol dass diese Ties-
art dijilomatisch und sprachlich V(dlkonnnen möglich und berech-
tigt ist. wiewohl die Vergleichung von 7, 81 aul die Variante veris
9(5 Zweites Biirli der Satiren.
sr. neben vcri sc. keinen allzugrossen Woitli zn legen riitli. Aber
man betrachte nur den Sinn: Wer die Ersclieinungen (subjectiv:
Vorstellungen, Begriff"e) als unwahre und im Aufruhr des Verbre-
chens vermischte auffasst, der etc. Iliebei ist auffallend wie in
der zweiten Hälfte ganz beiläufig durch sr. tum. eine Motivierung
eingeschmuggelt Averden will; und zwar was für eine! Von allen
möglichen Trübungen der geistigen Klarheit Avird ausschliesslich
diejenige herA'^orgehoben welche durch sclnvere ethische Verschul-
dung bewirkt ist oder (was aber hicA'on sehr verschieden ist) zu sol-
cher führt: eine Avunderliche AVahl, da sie auf keinen der beiden hier
vorliegenden Fälle passt, weder den des Aias noch den des Aga-
memnon. Und Avie soll diess zu der in V. 210 nachfolgenden Dop-
pelmotiAnerung durch slullilia und ira stimmen.' Dann dieser Aus-
thuck sceleris tiimuUus! Wohl kann man uneigentlich von einem Auf-
ruhr der Leidenschaft reden, auch tumullus menlis (Od. II, J6, 10 f.)
ist ganz rationell, nicht aber tumullus sceleris: denn je grösser die
Aufregung, der Affect, desto kleiner die Zurechnungsfähigkeit,
desto kleiner also das scelus; der iumuUus steht also zum seelus nicht
nur nicht im Verhältniss der Inhärenz , sondern sogar in dem der
Ausschliessung. Fei-ner was soll „vermischte" sein? Mau sagt es
bedeute cnnfusas, unter einander gemischte, A-erwechselte , A-erwor-
rene. Gut, aber Avarum hat Horaz dann nicht dieses AVort gesetzt?
Cofifusas und pcrmixlas haben ja die gleiche Quantität, und bei dem
ersteren Aväre nicht so Avie bei dem zweiten das Bedürfniss goAve-
seu die (beiden) Ingredientien der ]Miscliung zu kennen. Ueber-
diess: Avenn man die Erscheinungen unter einander mischt, so hat
man in dem einzelnen Falle nicht die rechten, Avahren; es Aväre
diess also tautologisch mit aliac vcris. (Vgl. auch Weber S. 342.)
Mit der Lesart vcris kann ich aus diesen ({runden mich nicht be-
freunden, bleibe vielmehr bei vcri. Womit nun aber dieses \-er-
Itinden: mit spccirs oder mit tumullu .' Denn Wiistemanns Vorschlag,
sie mit Ijoidcn zu verbinden, sieht zu sehr einer Auskunft der Ver-
legenheit ähnlich , und der dadurch zu Wege gebrachte ,, Kampf"
{luiuuUns'.)A\\\^Q\\Q\\ IJecht und Unrecht — Avelcher Kampf die Ver-
wechslung beider begünstigen soll — leuchtet uns zu Avenig ein als
dass Avir hievon nicht absehen sollten. Ebenso auch ^von Haacke's
•Vnsicht ((^uaest Hör. Spec. II), Avclcher die untrennbaren (Jeni-
tive vcri scclcrisqiic trennt und jenes mit .s7;«V'//'.v,dieses mit hiini^u vvr-
bindet, in dem Sinne: tjui vcri spccics alitts alt/uc uiiuin illmn satimii cl
rccidin et /tcr»ii,vtiis luuiultu sceleris capicl , comiimlus hnhchilur : ähnlich
wie Mitsclierlicli ( IJac. ill. p. 7) '•'■/•/ von tilitis abhängig macht uml
sceleris mit sjiccies verbindet, so dass die strueturn rcrhorum „sinijili
f/.v.v/wm" hacc est: qui spccics alias vcri (i. c. falsas) et sceleris (i. c. scele-
slas) permi.vlas (i. c. nun) capict, lumallu (per auiini tamulhnn, h. e. am
hitinnc tluctus), is iunninnfus hnhchilur: und Agamemnon doppelt V(>r-
rückt wäre, als slultus (Avegen der spccics /ulsnc, «ler tiluli iinnics) und
i
Anmerkungen zur drillen Satire. 97
als scclcstiis (^scehts coinnnllis, 212): eine Erklärung bei welcher man
sich über die vorausjresetzte Ausdrncksweise billij;- noch mehr wun-
dert als über den Gedanken. Die andern Ausleger theilen sich:
mit species verbinden die Genitive z. B. Fea, Heindorf und Weber,
mit tumullH Aero, Xylander, Torrentius , Bentley, Haberfeldt und
Kirchner. Bentley meint: iam rede lumuUum dixeris ubi verum et see-
his permisceniur ... Alias aiilem species absolute, pro alienis a veritate,
aliis ac ipse opinalus est, quidni cum Xyhmdro accipere possimus? Ha-
berfeldt schreibt Letzteres, sammt dem ac ipse, ab. Kircliner (Be-
arbeitung vom J. 1818, S. 37) findet dass ,, Bentley, der überall am
schärfsten blickt, richtig veri scelerisque tumultu verbindet; nur er-
klärt er das species alias capere nicht befriedigend. Oftenbar sclnvebte
dem Dichter, der sich so oft homerischer Ausdrücke bedient, ana-
log dem obigen (V. 72) malis alienis ridere auch hier das homerische
aXkocpgovitv (II. XXIII, 698) vor, welches sehr bezeichnend die
Verwirrung der Vorstellungen beim Entschwinden der Besinnung an-
deutet; ein hier sehr passender Ausdruck, wodurch die Definition
des Wortes commotus, geisteszerrüttet, erst klar wird." Demgemäss
hat er schon 1818 übersetzt: ,,Wer sich fremde Gebilde, die Eccht
und Frevel im bunten Wirrwarr mischen, erjagt" u. s. w. Da er
jedoch 185i den Anfang und das Ende in ,,Wer unklare Begrit^e,
die — mischen, erfasst'" abgeändert hat, so scheint es dass er jene
Auffassung von sp. al. c. aufgegeben und die früher bekämjjftellein-
dorfsche Erklärung von species angenommen habe , falls nicht die
homerische Stelle es sein soll welche dem alias die Bedeutung „un-
klar" verleiht. Wie aber veri sc. (. p. soll bedeuten können: „die
Recht und Fr. im b. W. mischen" bekenne ich auf keine Weise er-
mitteln zu können. Nach meiner Meinung wäre bei Bentleys Ver-
bindungsweise zu übersetzen: Wer fremdartige Begrifl'e im Durch-
einander von Recht und Schuld vermischt auffasst. Diess hat aber
nahezu keinen Sinn , und Bentley selbst hat einen solchen nur da-
durcli gewonnen dass er aus der Verbindung der beiden Genitive
mit iumultus gar nicht Ernst machte. Denn wenn er sagt: einen tu-
mullus könne man die Verwechslung von Recht und Unrecht ge-
wiss nennen, so ist das doch keine Verbindung von veri scelerisque
mit tumuUus , sondern eine Erklärung als ob die Worte lauteten:
qui vero ac scelere permixlo species alias tumultu capiet. Bei wirkli-
clier Verbindung von veri scelerisque tumultu wäre von jenen Begrif-
fen ein actives Verhalten, ein Tumultuieren, ausgesagt, und zwar
als eine häufige Erscheinung, welche zur Folge habe dass der Be-
treffende species alias pcrmiscct. Unter einem solclien Tumultuieren
kann aber wenigstens ich mir nichts denken. Daher entscheide ich
mich, trotz der für Bentley's Verbindung günstigen Cäsur, für die
mit species. Hiebei sind aber wiedeinim zwei Nuancen möglich.
Weber fasst alias als Prädicat : qui capiet species veri scelerisque alias
(als andere, nämlich quam sunt), tumultu (d. li. (umultuose) permi.r-
HOrsATII SAT, II, 2. 7
98 Zweites Buch der Salircii.
/«5, oder vollständiger: qui capicl species vcri scclchsque Utmulluose
iiiler se pennixlas , ila ul aliae quam sunt (d. li. falsac) ßant. Diess
scheint aber weder durch die Stellung von alias gestattet, noch auch
einen befriedigenden Sinn zu geben, da in diesem Falle die beiden
Worte alias und pcrmixlas einander in ihrer Bedeutung zu sehr ähn-
lich Avürden. Ich gebe daher mit Jahn der Ifeindorfschen Ausle-
gung den Vorzug, Avelche alias als Attribut nimmt, und erkläre hie-
nach: Wer die Begriffe (als in die Erscheinung tretende, species)
von Gut und Bös, welclie andere (d. h. v(m einander verschiedene)
sind, tumultuarisch verwechselt aut'fasst gilt für verrückt , mag nun
sein IMissgriff (jene Verwechslung) in habitueller oder in vorüber-
gehender Trübung des Verstandes (sltiUilia — ira) seinen Grund
haben. Wir haben so alias (qtiae aliae su/il^ wie z. B. agna und gnala)
nnä permixlas als einen klaren und natürlichen Gegensatz, linniilla
als nähere Bestimmung xtm jwrmixlas (die psychologische ]\rotivie-
rung des jyermixlas capere oder pcrmiseere = errare folgt in V. 210),
wwA jiermixlas selbst in der ibm gebürenden Stellung, als Haupt-
begriff, auf welchem die Aussage des Verrücktseins beruht, das
Nichtunterscheiden von Solchem was verschieden ist und daher
unterschieden Averden sollte, bei Avejchem JMangel es für die Sache
und das schliessliche Urteil gleichgültig ist ob er in einem Defect
des Verstandes (einem Nichtkönnen) seine AVurzel hat oder in ei-
nem Defccte des Willens (Unterjochung desselben durch die Lei-
denschaft). Der Gebrauch von iumuUu rechtforiigt sich durch Od.
I, 16, 11 f.: tremenilo Juppilcr ipse mens iumuUu , vgl. auch Od. II I,
27, 17, und andererseits Cic. Phil. VIII, 1,3: Mio vacaliones valenl,
iiimulUi 7ion valenl, wo die Definition des technischen Ausdruckes
{quid est aliud tumullus nisi perlurbaiio tankt ut maior timor oriatur?)
auch für unsern Zusammenhang sich passend erweist ; denn iuniulta
steht hier wie es bei Liv. XXV, 13 heisst: per tumulluin ae trepida-
tiouem omnia arji. oder wie Seneca Oed. 32H sagt , inter tumullus atto-
nilae mentis ratjos. Da so gefasst die Worte einen meines Krachteus
befriedigenden Sinn geben, so kann ich Oonjectnren, wie llorkels
cerehriquc tumullu oder Ajtitzens species alias reris celerisque (.v. cele-
resque) , schon ])rincipiell nicht billigen. Auch wenn nocli irgend
welches Bedenken übrig bleiben sollte, so glaube ich docli niclit
dass es atif dem Wege der Emendation beseitigt werden darf, in-
dem nicht die Abschreiber daran Sclmld sind, soiulern diessmal der
Dichter selbst.
V. 212, Als Beispiele tiir die Auslassung di\s Prnu«>meus bei
Gegensätzen citiert Apitz p. 120: Sat. l, 9, 7() »'. 10, 27 IV. Ep. I, 14.
19 fV. n, 2, fi4. Od. II, 17 extr. III, 1(5, 3M, mit der Bemerkung: /los
quidrm aliasque locos lientk'ius inlactos reliquil : sed r. 212 rt 234, sicut
Sat. I , 2, 90 et Ep. I, J4, 40 interpolare nnn viinrlatus est. lOin wei-
terer Beleg ist Ej). I, 19, 10 {edi.ri), .sofern dort der Singularis hör
zti n">tbigen srheint das edirlum des Horaz auf \ . H (". zu besohrän-
Anmerkungen zur drillen Saiirc. 99
ken und damit der Aeiisserun<r des Kratinos und dem Beispiele des
Homer und Eiinius gejjeuiiberzustcllen.
V. 2i;>. Dass Kirchner die Interpunction lieseitigt hat lässt
sich nur billi^n, indem jedenfalls die Worte übi cor beiden Thei-
len gemeinsam sind (die Beispiele Sat. I, 2, 114: liOi cum fauces urit
silis und ib. 116: üiment tibi cum inguina nöthigen nicht auch in unse-
rer Stelle //W ausschliesslich mit cum iumklum est zu verbinden, da
dort im Nachsatz eine andere Construction .stattfindet). Im Uebri-
gen ist es rathsamer vilio zu purum zu ziehen : cum tibi cor est tumi-
dum , est (^- ue tibi) purum Kilio? Denn dass tumiilum einer näheren Be-
stimmung minder bedarf hat schon Heindorf durch I, 7, 7: conßilens
tumidusque erwiesen; auch stände vitio bei tumidum leer, wogegen
die bezeichnete Verbindung den ganz passenden Gedanken enthält:
ist denn das tumidum esse (der Hochmut — Agamemnons Fall) nicht
auch ein Fehler und eine Krankheit? — Heindorfs Bemerkung
über cor ist in unserer Stelle nicht au ihrem Platze. Vgl.. auch
Düntzer 11. S. 360 und Orelli.
V. 217. inte r die tum steht hier nicht in dem specifisch tech-
nischen Sinne eines Zwisclienspruchs der Gerichtsbehörde in einem
Civilprocesse , sondern in dem zugleich populären eines Verbotes,
wie z. B. Cod. lust. V, 16, 20: propter iuris civilis interdictum. Vgl.
Heindorf, auch über tutela und propinquos (V. 218). Der teclinische
Ausdruck aira (und curator) findet sich übrigens in den XH Tafeln
noch nicht. Diese bestimmten nur im Allgemeinen dass ein furio-
sus die Rechtsfähigkeit verliere und dieselbe auf dessen Agnaten
(und Gentilen) übergehe. Die näliere Regelung dieses Verhältnisses
und die Bestimmung eines Einzelneu (zunächst aus der Mitte der
Agnaten) zum curator erfolgte erst durcli das prätorische Edict. Vgl.
Auct. ad Her. I, 13, 23 = Cic. de inv. H, 50, 148. auch Tusc. IH, 5,
II. Inst. I, 23, 3: furiosi quoque et prodigi — in curatione sunt agna-
torum ex lege XII tabularum : sed solent Bomae praefectus urhi vcl prae-
tor el in provinciis praesides ex inquisitione iis curatores darc. Dig.
XXVII-, 10, 1. 4. 6. 7. 10. II. 12. 13. 14. 16 pr. 17. vgl. III, 1,1.^.
11 ib. fr. 2. XXVI, 5,8. §. 3. Cod. V, 70 {de curatore furiosi rel
prodigi).
V. 230. Den Anstoss welchen Bentley, Heindorf, Meineke
und Linker an quid tum genommen haben kann auch ich nicht be-
gründet finden. Schon Haberfeldt meint : „Stehet es gleich nicht
des Nachdrucks wegen, so wird doch das Komische der Erzählung
dadurch erhöhet." Es muss doch dem Dichter, vollends Avenn er
einen Stoiker reden lässt, jederzeit unbenommen sein den geradli-
nigen Verlauf seiner Erzählung durch einen solchen Sprungstein
zu unterbrechen und dadurch seine Darstellung zu beleben; auch
dei-en Zerliacktheit ist ganz charakteristisch. Die Variante qui tum
hat kaum den Werth einer .selbständigen I^esart: sie ist ein Ililr-
fehler, beim Dictieren entstanden.
7 *
100 Zweites Bucli der Satiren.
V. 233, Dass conlra rcsponderil (vgl. Virgil Aou. VI, 23.
Curtius yil, 9, ]. Hand Tursell. IL p. 113 extr.) das Ursprüngliche
ist zeigt das Schwanken der Glossatoren zwischen hoc und hacc,
wozu noch die (wohl aus hec entstandene , von Kirdbner nicht er-
wähnte , wohl aber von Fea) Variante hie kommt.
V. 235. Die Schreibung vcllis ist zu ungenügend beglaubigt
und Fea's Vertlieidigung derselben zu weni^ einleuchtend (s. Orelli
u. vgl. 7, 27), als dass sie lialtbar wäre. Entstanden ist sie wohl
dadurch dass verrere in dieser Bedeutung den Abschreibern weni-
ger bekannt war, oder durch schlechte Aussprache des r beim
Dictieren.
V. 238. Das handschriftliche currit nach dem von Bcntley,
Fea, Heindorf, AVüstemann, Weber u. A. schon Gesagten zu recht-
fertigen wäre Ueberfluss.
V. 240. Orelli hat gewiss Recht, dass nur bei Voraussetzung
der Ursprünglichkeit von 00 5 or 6 e;-^/ die Entstehung der beiden
andern Lesarten sich Ijcgreifen lässt, obwohl an sich hier (anders als
8, 2-t) auch ahsorberc passend wäre, sofern hier die Art des Ver-
schlingens von minderer Bedeutung ist als dass eine so gi-osse Summe
mit Einem Male verzehrt wird. Dagegen exsorberc würde voi-aus-
setzen dass ein Gegenstand (Körper) genannt wäre welcher durch
das Schlürfen entleert würde.
V. 243 f. KirchnersLitorpunctiousiweise hätte die Cäsur in V.
244 für sich, und auch eine nähere Bestinnnung von nobile wäre
nicht unerwünscht. Andererseits aber hat es etwas Unberechtigtes
die ncquilia und nugac in solclier Weise scharf von pravonrn ainor
zu trennen, mit welchem sie doch innerlicli so nahe verwandt sind.
V, 245. Ueber die Quantität von lusciiiias s. Orelli. Dazu
vgl. Plaut. Bacch. 38, wo Kitschi pol cgo mctuo lusciniolae nc dcfuerit
canlio gibt, und Phaedr. III, 18, l f . : pavo ad Iimonem venil. indignc
fercns Cunlus hiseinii quod sibi iion IribuerU. — Für die allgemeine
Bedeutung von ;;/•«« rfertf (schmausen) citiert Düntzer H. S. 363
A. 2 die Stellen Ep. I, 17, 13. H, 3, 340. Sat. T, 6, 127 — letztere
mit Unrecht. — In dem Punkte welches sich bei Kirchner am
Schlüsse des Verses lindct — wdfern es wirklich absichtlich ist —
wird schwerlich Jemand eine Besserung erkennen.
V. 24(>. Die Schreibung sau in wird durcli die Varianten.^»////;
(Fea's 1, a u. 3, a, von Kirchner übergangen) und saiiiii wesentlich
unterstützt. Es scheint dass die Abschreiber sich an dem apoko-
jtierten Fragwortc vor einem C'onsonanten stiessen, und nachdem
sani aus sanin gcwcn-den war, so vennissten die Einen die Partikel
iit (vgl. zu 7, 113), die Andern etwas die erste Seite der Frage
Markierendes. Unbereelitigt und unbrauchbar ist Apitzens sane.
In l{e/,ug auf notali und noiandi ist der Sclireib- oder Druckfeh-
ler bei Kirchner wohl dahin zu bericlitigen dass Lips. 1 u. 2 a prinm
niiinu die Lesart »n/(/// li.-ilien , welclies ül»erli:iiipt nacli dem Stande
Annurkiiiigen zur drillon Satire. 101
der handsfliriitlichcn Ueberlioforung tlen Vorzug verdient. Audi
des Per.sius iwlasli spricht dafür, .sowie dass es die schwierigere
]l,esart ist. Denn planer ist nolandi unstreitig, Avobei die z.weierlei
Unterscheidungsarten der sani und inscmi einander als gleichberech-
tigt gegenüberstehen. Doch hat auch nolati seinen guten Sinn. Da-
bei wird die Unterscheidung als ein einziger, aber zweigliedriger
Act dargestellt: Aver in dem Haufen sanus ist wird Aveiss, Aver insa-
nus scln\arz bezeichnet, und gemäss dieser (vorausgegangenen)
Bezeichnung gehen sie in zwei Abtheilungen auseinander. ,,Auf
Avelche Seite sollen sie treten? Gehören sie zu den Weissen (d. h.
Weissbezcichneten) oder zu den ScliAvarzeu?" Uebrigens gehört
die skythischc Sitte wohl niclit hieher, sondern der Ausdruck ist
mit Weber S. 349 auf die ,, natürliche Symbolik der hellen und der
dunkeln Farbe" zurückzuführen , AV'ornach — A\enigstous bei den
Angehörigen der circassischen Rac-e — das AVeisse als das Normale,
Vollkommene, Schöne betrachtet Avird und das Schwarze als des-
sen Gegentheil.
V. 247 f. Ueber diese Kinderspiele s. K. F. Hermann, Griech.
Privatalt. §. 33, 23 f., über p«r impar Ebds. Anm. 27 und meinen
Artikel in Keal-Enc. V. S. 1166 mit Plut. Syrap. IX, 12 extr. :
XKv Iqcox(6vx(ov növzQu äqxm t?] xhqI 6vveiXi]g)6xeg ij/ TteQixxa Cvvxei-
vovaiv.
V. 253. Statt der theoretischen Conclusion (so steht also fest
dass der amalor ein insanus und geistig krank ist) ist , mit Ueber-
springung derselben, sogleich die praktische gesetzt (so sf)llte er
auf seine Heilung bedacht sein).
V. 254. IMit Kecht scheint Kirchner (und Fea) die Form Po-
letnon aufgenommen zu haben, da erst mittelst der Hdschr. festzu-
stellen ist Av-^e Aveit Horaz auch in den Satiren griechische Formen
zur Anwendung bringt (Wüstemann erinnert diessfalls au Platuna
V. Jl), statt nach einer vorgefassten Meinung die einzelnen Stellen
zu gestalten. An sich schon iHsst sich bezweifeln ob der Dichter
in dieser Hinsicht ein festes Gesetz befolgte und nicht vielmelir im
einzelnen Falle sein Ohr befragte, Avelcbes ihm hier (vor ponas) si-
cherlich die griechische Endung em])fahl.
V. 255. Dass in den meisten Hdschr. ctibilalc geschrieben
ist (statt ciihilal) hat unzAveifelhaft seineu Grund in falscher Ablei-
tung des nachfolgenden focalia. Uebrigens billige ich es nicht dass
Weber S. 350 diese Dinge in Folge übertreibender Darstellung als
,, Anzeichen leiblicher Krankheit" auffasst. Das Aväre schon gegen
den Zusammenhang: Avie Polemon die Zeichen seiner Krankheit,
die Kränze, al)gelegt hat, so lege du die Zeichen der deinigen ab,
nämlich die fasckilac u. s. av. Die Avarme Kleidung ist allerdings —
Avenigstens für Kom und die damalige Zeit — ein Zeichen von
Weichlichkeit (A'gl. Aristoph. Nub. 987), wohl auch von lockerer
LebensAveise und dadurch verschuldeter SchAvächlichkeit ; und
102 Zweites Buch der Satiren.
morbus ist tlalier gewiss auf die liier abgehandelte luxuria zu be-
ziehen.
V. 259. Kirchner hat mit Bentley Ca teile geschrieben; dass
aber auch er es darum nicht als Eigennamen aufgefasst haben
wollte zeigt seine Uebersetzung. Gegen Fea's cücllc s. Orelli. Die
Variante optal verdankt ihre Entstelmng wohl dem vorausgegan-
genen fiegat. lieber amator s. Kirchner zu I, 3, 36.
V. 260. Die Situation ist aus dem Vorhergehenden und Nach-
folgenden so zu vervollständigen: der amator war exchisus iind ist
daher iratus (V. "258), wird aber in dieser seiner Stimmung arcessitus
(V. 261) oder rrrocafus (V. 264), und überlegt nun ob er der Einla-
dung folgen solle oder nicht. — Die Messung von ar/it ist wie die
von defendil (Sat. I, 4, 82), ficjit (Od. III, 24, 5), faeil (Virgil. Ecl.
VII, 23), sinit (Aen. X, 433), erit (Ecl. III, 97. Aen. XII, 883). K.
L. Schneider Elementarl. I. S. 746 ff". A. Fleckeisen in Jahn's Jhbb.
LXI. S. 34. Vgl. oben zu V. 1.
V. 262. ne nunc vorzuziehen dürfte der blose Wohlklang
nicht bestimmen, wenn es nicht zugleich in manchen Handschriften
von Gewicht *) sich fände , die schwierigere Lesart und dabei
sprachlich möglich "vväre. Zwar so wie K. F. Hermann Lcct. Pers.
III. p. 29 tliut möchte ich nc nicht vertheidigen: 7tihil obstat quomi-
nus in ulroquc loco (bei Iloraz und Persius V, 172) eodem sensu intelli-
gamus quo apudllor. Sat. II, 1, 5 {ne faciam omnino versus), h. c. vc-
tasnc me accedere, da in unserem Falle ein Selbstgespräch ist, nicht
— wie Sat. II, 1, 5 — ein monens gegenübersteht; um so lieber
aber so wie O.Jahn zu Persius p. 207 andeutet: cum apud Pctronium
bis (9. 47) ita 2)ositum legatur [ne statt ne-quidem), vidc an scrmoni po-
pulari hoc Iribucndum Sit indcquc translatum ; obwohl mir nicht inibe-
kanut ist dass derselbe p. GXCV f. sagt: duljius sum num — rcsli-
lucndum sit V, 172. 174 nee nunc, quo ducunt eliam Mp. Rom. Auch
liier wieder muss ich fragen: wenn lloraz 7iec geschrieben hätte,
wie hätte irgend ein Abschreiber auf den Gedanken konnnen kön-
nen das so gar nicht in dem gewöhnlichen Sprachkreiso liegende
nc zu setzen? — ■ Aehnlich denke ich über vocat und voccl. Den
Terenz mit seinem cum adcersor ultro hatte wohl Iloraz vor sidi
liegen oder im Gedächtniss und schrieb daher den Indicativ (rocal),
nicht aber hatten jenen die Abschreiber vor Augen und konnten
dadurcli sich bewegen lassen rocet , wenn sie es ii> ihrem Originale
fanden, in vocat zu verwandeln. Der Conjunctiv ist ferner di(>
häufigere Constructionswcise inid auch darum wohl zu begreifen
dass vocat nur durch so wenige Hdsch. uns erhalten wurde. Bei
Persius ist das durch die Ildsch. Gcboteno cum arccssor et nitro
*) Z. 15. (Iciii (lotli. 2 ; <lonn wiiin Ivirclinor von ilomsclbcn nachher
ftn<;^il)l er lintic ncc nunc me cum, so wird im dieser zweiten Stelle (statt
üth. '2) zu lesen sein Oph. 2.
Anmerkungen zur diiUen Saliie. 103
si/pplicd, eiu Wechsel der Oonstruction \\ clclier zwar selir hart, dem
Persiiis aber doch vielloioht zuzutrauen i.st. Das Gespenst der
enallagc tnodonim möchte ich jedoch zur Unterstützung nicht auf-
bieten, clier au eine leise Nuance der Darstellunji,- denken, so dass
rhädria als notorisch die Tliatsache des Herbestellens [arcessoi')
annimmt, als minder gewiss aber was ihm über die nähere Art und
Weise (das stipplicare) lierichtet wird oder was er sich vielleicht
nur selbst so ausmalt.
V. 272. Auch Strabon V, 4, 2 (p. 240 Cas. = I. p. 331, 12 1".
Mein.) nennt Picenum {TlLY.cvxiv}]) yo^oav aycc^tiv noog unavru. ßeX-
Ti(o öe roig ^v}uvoig y.aQTCOig »/ rotg GLny.oig.
y. 270. scrutari mit dem entsprechenden Substantiv (E}». 1,
7, 65) ist erhalten in dem schwabischen Krust und krusten (mit
markiert langem u). — Am Schlüsse des Verses macht die Verbin-
dung der Worte Schwierigkeit. Die Einen setzen das Punkt nach
modo hiquani , die Andern vorher. Im letzteren Falle ist dann wie-
derum eine Manehfaltigkeit von Auffassungen: als Versicherung
(Hand Turs. lU. p. 639 und Apitz p. 122) oder (besser) als Frage
(Orelli); und modo — von den Vertheidigern der erstem Inter-
punctionsweise zum Imperativ gezogen — wird gleichfalls ver-
schieden gedeutet : gewohnlich als Zeitbestimmung = ntq)Cr (Mit-
.scherlich, Kac. II. p. 8: mit der Besonderheit dass es minimc rc-
ferri debel ad tempus quo res isla acciderit, scd ad pcrcttssa, hoc
sensu : ßfarius quum slalim atque HeUadem percusserat sc praecipitavil
— nontic itisaniil.') , von Hand 1. 1. nicht glücklich als nur: modo
ccrrilus, inquam . fuit Marius -. an absolvcs eum erimine commotae men-
lis^? Den Hauptanstoss bildet aber inquam, welchem es nicht
recht gelingen will sich über den Rang eines Flickwortes zu er-
heben. Wenn es an den Schluss des Satzes gestellt wird soll es
nach Bothe p. 86 bedeuten, eodem sensu dici igncm gladio scrti-
larc alquc Adde er. slult., also: Füge noch Blut zu der Thor-
heit und, sag' ich (damit), wühle nur im Feuer mit dem Schwerte.
Diess scheint die von Kirchner begünstigte Erklärung zu sein.
Hiegegen wendet Orelli ein: huic rutioni proisus adversatur v. in-
quam, quo i(a ul vohterunl Uli (Voss, Heindorf, Kirchner u. A.) La-
tini nunquam utunlur. Allerdings, die Identität einer Behauptung
mit einer andern wird damit sonst nicht ausgedrückt, sondern eine
nachdrückliche Hervorhebung oder Wiederholung eines einzelnen
Wortes oder einer Erklärung oder Frage. So Od. II, 8, 13: ridet
hoc, inquam, Venus ipsa. Sat. I, JO, 64: fueril Lueilius, inquam, comis
et urbanus. II, 7, 22: ad te , inquam ( , hacc tendunl). 8, 27: cetera lur-
ba, nos , inquam, coenamtis aves. Vgl. Cic. ad Att. I, 20, 7: per mihi,
per, inquam. gratum feceris si u. s. w. Ein. II, 22, 72. AVrr. II, 4, 29,
67. Phil. H, 44, IJ2. Vellej. II, 66, 3. Lucret. II, 257: unde esthaec,
inquam, falis avolsa polcstas ^ Unter allen diesen Stellen ist überdiess
(ausser Sat. II, 7, 22, welche hier nicht in Betracht kommen kann)
104 Zweites Buch der Satiren.
keine avo in/juam an den Scliluss des Satzes gestellt wiüc. (Vgl.
Mitschcrlich Kac. 11, p. 8.) Damit ist freilicli die Unmögliclikcit ei-
ner .solchen Stellung noch nicht erwiesen, zumal da die entgegen-
gesetzte Vei'bindung Modo, inqiiam , HeUade \\. s. "w. gegen sich hat
dass inqxiam alsdann etwas hervorhebt was nicht hervorzuheben ist.
Diess geht deutlich auch aus den betreffenden Erklärungsversu-
chen hervor, Avie wenn Düntzer II. S. 368 sagt; ,jnodo, wie häutig
von kurz vergangener Zeit, wie Cic. Yerr. 11,4,3, und inquam
hebt das modo bedeutend hervor: eben ja noch," oder Orelli: ,,!//i
modo (tniper) , inquam {quo tibi notum exemplum in memoriam revocando
scnteulium meam clurius ctiam exponarn) , Marius ille^' u. s. w. Unter
solchen Umständen wird man es begreiflich linden dass Manche,
um nicht einen kleinen Mangel von Seiten des Dichters selbst an-
nehmen zu müssen, zu Conjecturen ihre Zuflucht nahmen, unter
welchen Franke's i?i quem [gladiu»i , Marius cum praccipilal se) mit
Auszeichnung zu erwähnen ist.
V. 277 f. Zur Vertheidigung von praecipikU — fuii gegen
Kirchner's (von diesem zuletzt selbst zurückgenommenes) furil ver-
weist Düntzer II. S. 368 Anm. auf Reisig's Vorlesungen S. 494.
Dass die Zusammenziehung von — avit in — Td augusteischen Dich-
tern nicht imputiert werden könne hat schon K. L. Schneider, lat.
Gr. I. S. 593, Anm. und 750 Anm. erwiesen. Lachmann zu Lucretius
p. 290 f. zwar für Plautus und Lucretius diese Zusammenziehung sta-
tuiert, auch für den Ersteren aber Fleckeisen in Jahn's Jahrbb. LXI.
S. 63 — 65 bestritten. Den von Kirchner zu I, 2, 57 (S. 50) Behufs
der Vertheidigung des Präsens praecipitai eingeschlagenen Weg
möchte icli nicht gehen, sowenig als Chr. Jahn's Erörterung zu
Virgil p. 457 f. etwas für unsere Stelle Geeignetes bietet (wohl aber
für Ovid. Trist. IV, 1, 19: me quoquc Musa levat Ponii loca iussa pelcii-
tcm, gegen Lachmann's tenctilcm). Vielmehr scheint mir das I'rä-
sens so berechtigt zu sein wie bei Plautus ^Men. prol. 24 f.: poslquam
iam pueri seplucnncs su?ii, paler Oneravit navim maynam mullis mercibus
oder Catull 44, 21 : qui tunc vocal mc cum malum Ubrum legi (gelesen
habe, nach Lachmann's unfehlbar richtiger Verbesserung, statt
des handschriftliclion Jegil). Es bedeutet nämlich: in dem Augen-
blicke wo ]\[arius sich herabstürzt — war er da verrückt? Einen an-
dern AusAveg bietet w»or/o, als Z(>itbestimnnnig genommen; s. ol)en zu
V. 61. — pr aecipilar c ohne nähere Bestinnnung wie Liv. XXIII,
19: praccipilasse sc quosdam non tolerantes famem constabal. Suct.
Oct. 27 und Lamprid. Commod. 10: hunc invilum praecipitari iussil.
— Zu ccrritus vgl. Plaut. Men. 890: num larvatust aul ccrritus.'
Pocu. III, 1, 25: ncquc nos populus pro cerritis inscciabil lapidihus.
V. 280. llabcrfeldt S. 138: „Bei dem letzten Beispiele konnte
man einwcMiden: Eine solche Tliat gehört nicht zu den Thorlieiten
und Vcrirruiigen der Liebe, sondern zu den otl'enb.nsten Lastern;
Marius war also kein Narr, sondern ein Verbreclier. Hier, ant-
Anmerkungen zur diiltcn Snliie. 105
Avortct Stortinius, unti'iselieidest du Saclien die in der Tliat einander
älinlich sind, dem Namen nach. Es wird, ist seine ^leiniing, erst
ein hoher Grad von Wahnsinn erfordert ehe einer ein solelies Ver-
brechen l)ep:eht." Damit wird die Stelle sachgemässer erläutert
als durch die Behauptung von Apitz, die Gegensätze seien scelus
und c rhu eil , nicht scelus und mens commola, „neque de vocabulis agiltir
quac sint sibi [d. h. inter se\ cognata, sed de vocabulis ipsis rebus quibus
imponatüur cognatis." Vgl. auch Orelli.
V. 2S1 . Die Scholien zu uns. St. verwechseln die (von Octavian
eingesetzten) Magislri auguslales oder .1/. larum augustorum oder Com-
pitcdes larum auguslorum mit den municipalen AugustaJes . zu welchen
die Seviri gehörten und welche den Cult des August zu besorgen
hatten. Vgl. Kein in Pauly's Real-Enc. VI, 1. S. 1257 f. Von diesen
municipalen sind dann wiederum zu unterscheiden die von Tiberius
geschafleneu sodales Auguslales in Rom. Uebrigens erfolgte die Re-
stauration des Larencultus auf den compita durch Octavian (Suet.
Oct. 31. Ovid. Fast. V, 128 ff.) erst im J. 747 (wie denn auch das
Thun unseres Freigelassenen ein rein individuelles ist und als Ver-
rücktheit dargestellt wird). An Götterbildern fehlte es den com-
pita (V. 26) darum doch nicht. Vgl. "Weber S. 354.
V. 2S2. Waschungen, als Zeichen der inneren Reinheit wo-
mit man den Göttern nahe, giengen wie den Opfern (II. I, 449.
Od. m, 440. Hesiod. Opp. 724 ff. Virgil. Aen. IV, 635. Vgl. K. F.
Hermann, Gottesdstl. Alterth. §. 23. Nägelsbach, nachhoni. Theolo-
gie, S. 203) so auch dem Beten gewöhnlich voraus: s. II. VI, 266 f.
Od. II, 261. Cato R. R. 131. Ovid. Fast. IV, 778. Persius II, 15 f.
und andere Stellen bei ^[arquardt, Hdb. der röm. Alterthümer IV,
S. 464. Anm. 3050.
V. 2S3. Was Kirchner bewogen hat die Schreibung Quid tum
maynum trotz ihrer ausgezeichneten handschriftlichen Beglaubi-
gung zurückzuweisen ist mir nicht klar. Ileindorfs Gründe können
es kaum sein. Denn seine Behauptung, quid tarn m. könne nur be-
deuten: wo gibt es etwas so Grosses? nicht aber: was ist es denn
so Grosses? — ist ein unbegründeter Machtsprnch, welcher durch
die von Bentley angeführte Stelle Virgil. Aen. XI, 705: quid lam
egregium si femina forti Fidis equo^ widerlegt wird. Mit Recht hat
vielmehr AVeVter S. 355 bemerkt dass quiddam magnum das was
Heindorf wolle gar nicht bedeuten würde, sondern in diesem Falle
aliquid mag/ium oder magnum quid addens erfordert würde ; denn das
was er hinzufügte war nicht ein Festbestimmtes, das der Redende
nur nicht nennen mag — • woher käme auch solche Rücksichtnahme
dem damischen Alten gegenüber? — , sondern er hatte die AVahl
unter vielerlei Gelüliden oder Beschwörungsformeln. Und wenn
Apitz p. 122 f. dieses quiddam dadurch vertheidigen will dass er
quiddam magnum addens unum verbindet und dieses erkläi't : maiore
voce addens unum , so lieisst diess eine schwere sprachliche Unmög-
106 Zweites Buch der Satiren.
lichkcit an die Stelle einer leiclitcrcn setzen. Ferner ist es auch
iinbegrüudet dass quid tum magniim tantologiscli wäre mit dem fol-
r:;endeu JJis ctcniin facile est: denn das Erstere soll das Recht zu der
Bitte motivieren, gegen den Vorwurf der Unbescheidenheit sicher
stellen: nur mich, diesen einzigen Menschen — das will ja gar
nicht viel heissen; ich dehne meine Wünsche ja nicht ins Unge-
messene aus, beschränke sie auf ein einziges Individuum. Das
Zweite dagegen soll den Inlialt der Bitte als erfüllbar, im Kreise
des Möglichen und Thunlichen liegend erweisen. Jenes also be-
gründet die siibjective, dieses die objective Seite der Bitte. End-
lich lässt sich leichter begreifen dass beim Dictieren sich für das
Ohr des Schreibenden dl zu dd assimilierte als umgekehrt. Daher
ist auch C. Scheibe's (Philologus V. S. 173) qiii iam weniger wahr-
scheinlich als das handschriftliche quid tarn. Die von Wagner vor-
geschlagene und von Weber gebilligte Zerreissung dieser beiden
Worte {qtdd ? tarn m.) hat Orelli in seiner zweiten Ausgabe mit
Recht verworfen, sowie in der dritten addcns (neben orahat) genü-
gend gerechtfertigt. Vgl. auch Bothe p. 86, welclier übrigens (p. 87)
die Bitte ohne Grund auf die chrysippische Lehre von einer par-
tialen Unsterblichkeit (der Weisen) bezieht. Hatte diese gleich für
Manche etwas Einleuchtendes (s. Cic. p. Sest. 62, J31. Tusc. I, 12,
27 extr. Tac. Agr. 46 in. Sil. It. X, 524. vgl. 577), so liegt sie doch
dem Alten sicherlich ferne, der vielmehr V. 284 an die Erhaben-
heit der Götter über die Naturgesetze appelliert; und noch weni-
ger Aväre dem Stoiker Stertinius eingefallen diese Lehre seines
Meisters irgendwie lächerlich machen zu w(dlen.
V. 285. Falls es dem Verkäufer nicht etwa darum zu thun
war einen Process auf den Hals zu bekommen; denn eine aclio
rcdhibitoria stand in sicherster Aussicht. Die betreffende Bestimmung
des ädilicischen Edictes steht Dig. XXI, 1, 1. §. 1,
V. 287. Dass Horaz unter den vielen Narren Roms gerade ei-
nen ]\Ienenius genannt hat ist wohl nicht <dine scherzhafte Mitbe-
rücksichtigung des Zeitwortes ft(vti'6(7i>(Vf (f<f'(i>/)'fif) geschehen, — falls
man nicht überhaupt des Menenius Person'und Bedetitung in dieser
Ableitung aufgehen lassen will. Vgl. die Zusammenstellungen von
Düntzer I. S. 201 Anm. und Apitz p. 20 f., die übrigens ebenso der
Sichtung bedürfen als der Vermehrung fähig sind. Dahin gehören
violleicht aucli paiiper Opimiiis (opes) oben V. 142 und der Nomen -
dator Nomentanus unten 8, 25 f. Vgl. auch Kircliner zu T, 6, 40.
V. 2!)|. Das Fasten als Gultusbesfandtlieil ist der röniisclicn
Religion ursprünglich fremd: ibrein (^liaraktcr li(>gt es ternc durch
irgend welche Vorkehrung die ])]iysische Leistungsfähigkeit des
Bürgers zu mindern*); wo es sich dalun- findet lassen sich die
*) Etwas Anderes ist natürlich die KnthaUniip von liestiiumton (un-
reinen oder heiligen) Speisen, wie sie dem fJamcn Dialis obhxp , nach Gel-
.\nmerkun;;cii zur drillen Satirc. 107
Spuren fremden Einflusses nachweisen. So bei Livius XXXVI, 37:
Uhros SibijUinos deccmviri cum mUsscnt rantnliaveruiit: iciiiniiim inslidicn-
(htm Cercri esse *) cl iil ijitinlo quoquc anno servandum — clie N>]ßreia
der Thesmoplun-ien (Atlieu. VII, 80. p.307 F. vgl. Aristopli. Av. 1519.
Thesm. 949. 984. Kallimacli. li, in Cer. 6. Ji. 17 Tlut. de Is. et Os. 69),
■welche sich, als eineBethätigung des Sclimerzes und der Trauer (Ari-
stoph. Xub. 621 f. : noXkuxig 6" rjfxcov ayourcov x(öu &c(üv anaaxiav, iji'ik
UV Ttcv&co^isu 1] Toi^ Mi^vov^ i] 2!aQ7tt]d6i'a), ])eiin Demeter-Mythus auf
das Verschwinden der Kora bezogen zu haben scheint. Hier geht
der hellenische Ursprung schon aus der Ilcrleitung aus den sibylli-
nischen Büchern hervor (Schwegler, Rom. Gesch. I. S. 801 f. ^far-
quardt, Forts, von Beckers Rom. Altertli. IV. S. 51 f. 57 f. 304 ft".
bes. 310). Ferner wenn Nigidius Figulus bei Isidor. Orig. XX, 2,
10 sagt: 710S ipsi iciunia ienlacidis levihus soh'imus , so ist dieses nos
jpsi wohl auf die Person des Xigidius zu beziehen inid die Aus-
sage mit dessen mystisch -asketischer, pythagorisierender Richtung
(M. Hertz, Nigid. Fig. p. 23 ff.) in Zusammenhang zu bringen. Bei
Sueton. Oct. 76 (wo Augnstus schreibt : ne Itidueus quidem , mi Ti-
bcri, tarn düifjenter sabbalis ichmium scrval quam cgo hodie servavi)
zeigt der Zusammenhang dass hier von keinem Fasten aus religiö-
sem Motive die Rede imd die Zusammenstellung mit dem jüdischen
Fasten eine blos sclierzhafte ist. Weiter bei Petron. Sat. 44: nemo
coclum coclum pulal , nemo iciunium scrval^ nemo lovem pili facti ist
diese Aeusserung (welche mit den im Nachfolgenden erwähnten
Nudipcdalia nichts zu thun hat) ein Symptom der in der nerouischen
Zeit vollzogenen Sättigung des Volksglaubens mit orientalischen
Elementen. Dahin gehört auch das (wenigstens partiale) Fasten
bei Spartian. Did. Jul. 3: lulianus laniac paraimoniae fuisse perhibe ■
tur ul . . . saepe^ nidla cxsistenle reh'gionc , oleribus legummtbusque coti-
Icnlits sine canie coenavcril (was beweist dass Andere pi'ople?- religio-
nem dasselbe thaton). Dass das Fasten überhaupt den Römern
fremd war sagt positiv Tertullian. a])olog. 40: cum ab imbribns acsli-
va hibcrna suspendunl et anhus in ctira est, vos quidem (die nichtchrist-
lichen Römer) quolidie pasti statimque pransuri . . . Aquilicia lovi
immolalis, Nudipedalia popttio dcnunlialis . . . Nos vero (die C!hristen)
ieiuniis aridi el omni conlinenlia cxpressi . . . Deum langimus, et cum
misericordiam extorserimus — luppilcr honoralui\ (Vgl. auch Liv.
XXXIX, 9: dccem dicrtim caslimonia opus essc: dcctmo die ce natu tu,
deinde pure laulutn in sacrarium deducluram.) Danach ist es denn
auch zu beurteilen wenn derselbe in der Schrift zur Vertheidigung
litis N. A. X, 15, 12: capram et cattiem incoctum et /leilerarn et fahum neque
längere Diali mos est neque nottnnare.
*) Vgl. Calcnrl. Amit. IV. Non. Oct. (Orelli II. p. 400): feiwiium Ce-
rcris. Auch Ko.stus p. 151: minuiliir populo luctus , — cum in casto Cereris
est, mit Arnob. V, 10: temperare ab alimonio panis, cui reinomcn dedislis castus.
lOS Zweites Buch der Satiren.
der luontaiiistischcn a"t'/jo/>/ir/^/rt, do icluuiis adv. pyycliicos, 16 sagt:
sed el omnem raneivocpQOvyjöiv cthici agnosctinl. cum slupcl coelitm et aret
annits Nudipedalia dcnunüanlur^ rnagistralits piirpuras j)otiunl, fasccs rclro
avcrUml^ preccm indirjiUml^ hostiam instauraul. Jpud quasdam vcro colo-
tiias (die er niclit näher bezeichnet) praelcrca anmto rilii saccis relali cl
chiere conspicisi idolis suis invidiam supplicem obiiciunl, balnea cl labcr-
nctcula hl nonum usque cUiuduntur , imxcs in publica ignis apud oras,
aquac ncc in hmcibus -. Niniviticum crcdo iuslilium. Judaicum certe iciu-
nium ttbique celcbraiur (von einzehien supcrstiliosi nnter den Nicht-
juden), cum omissis lemplis jjcr omnc lilus quocunquc in aperlo cdiquando
iam precem ad coelum milhmi, cl, licet cullti el ornatu (der nicht biisse-
risch ist) moeroris )nunus infametit, tarnen fidem abslinenliae affcclant et
slellae (des AbendsternsV) auctorilalem demoranlis suspirant. (Zum
letzteren Satze vgl. Fronto ad M. Caes. II. Ep. 10: tiec aliter Kai.
Sept. exspcclo quam supcrslitiosi slcllam qua risa ieiunium polluant.
Athen. IV, 44. p. 156 A.B. : avireivcg ijucig coGtisq vrfiTEiciv ciyovxag
Kcd TtiQi[iivovxag xo uvaxiXXov aaxQOv ^ ov cpc(6i fi>/ (fuvivxog ot xriv
yjj}]6xi^v xavxtjv cpiXoGocpiav evQOvxsg i'Ojittfiov dvui, ^u]8Evog ysveG&ca.)
Nach allem diesem kann es vollends in unserer Stelle, bei der su-
perslitiosa, nicht mehr zweifelhaft sein dass orientalischer Einfluss
zu Grunde liegt. Man könnte hiebei an Isis ('und Juppiler = Sera-
pis) denken, deren Cult gleichfalls mit Fasten verbunden war (He-
rodot. II, 40. IV, 186. Appulej. Met. XI. p. -268. 272 Bip.), oder —
wenn er schon für diese Zeit in Rom erweislich wäre — an den
Dienst des Juppiter von Heliopolis, dessen Priester ebenfalls fast-
eten (Macrob. Sat. I, 23, 13), wie auch die Einweihung in den
Mithrasdienst mit strengem Fasten verbunden war (Marquardt a.a.O.
S. 96) ; indessen näher liegend und zu dem Uebrigen besser stim-
mend ist das Fasten der Juden. Im mosaischen Gesetze auf einen
einzigen Tag beschränkt, den grossen Versöhnungstag (Levit. 16,
29 ff". 23, 27 ff. vgl. Act. Ap. 27, 9), griff' es in der nachexilischen
Zeit inmier weiter um sich: man begieng niclit nur ordentliche all-
gemeine Fasttage zum Gedächtniss unglücklicher Ereignisse, son-
dern auch ausserordentliche aus Anlass öffentlicher Unglücksfälle
in der Gegenwart (s. die Nachweisungen bei Winer Bibl. Kealwör-
terb. I. S. 364 f. der dritten Ausg.) ; und das Fasten Einzelner,
schon in der vorexilischen Zeit zwar nicht geboten, aber doch nicht
selten, theils aus Trauer über Geschehenes, theils als l^ussübung
um drtdiendes ITnglück abzuweuileii (2. Sam. 12, 16. Tob. 3, 12.
Esth. 4, I.')ft'.), wurde gleichfalls nach dem Exil viel häufiger; vgl.
IMaimnniil. Taanith c. ].: sicut congrcgaliti ieiunal propter n/'/JicIiones
suas^ sie eliam hmno singularis prnpler suas\ si nempe sit quispiam de
suis qui aegrotal . . . lenetur ad ieiunandum pro eo u. s. w. Aber auch
ohne besondere Veranlassung wurden sie nunmehr regelmässig be-
gangen, als verdienstliches Stück des religiösen (^ultus (.Tudith 8, 6.
Tob. 12, 9. Luc. 2, 37). Insbesondere die IMiarlsäer tliaten sich durch
Anmerkungen znr dritten Satirc. 109
ihre häufigen Fasten hervor (Matth. 9, U) : sie fasteten jede "Woche
zweimal (Lnc. 18, 12), n<ämlich am fünften "Wochentage (also dem
Donnerstag) , an welchem Moses die Spitze des Sinai bestiegen
haben sollte , und am zweiten (also Montag) , als an welchem er
wieder herabgekommen sei (Taanith 2, 9. Hieros. Megillah f. 75, l).
Vgl. Taanith fol. 12, 1: humo singidaris , qui suscipil in sc iciunia die
quinto et scciimlo per loltnn anniim. (Die Kömer, welche sich den Cul-
tusact nur in Zusammenhang mit einem Cultustage denken konn-
ten und als solchen den Sabbath kannten, bezeichneten irriger
"Weise den letzteren als jüdischen Fasttag; s. August bei.Sueton.
1, 1. Petrou. Fragm. 35, 6 : ieiuna sahbalha lege premel. Martial. IV, 4,
7: ieiimia sabhaiariarum. Justin. XXXVI, 2: Moses sepUmum diem,
more gentis sabbaliim apj)cUatum , in omnc aevum ieiunio sacravil, qiio-
niam illa dies famcin Ulis erroremquc finieral : vgl. Tac. Hist. V, 4:
hngam olim famem crcbris adhuc iciuniis falenlur. v. Seelen, de ieiun.
sabbath. ex anliqoil. hcbr. Rostock 1741. 4. J. Cf. Schickedanz , quae-
dam scriplorum ctlinicorum loca de ieiunio sabbath. Zerbst 17ü8. 4.) Der
Donnerstag war dies lovis, und darauf hat man längst schon unsere
Stelle bezogen. Die Alte ist zwar im Irrthum Avenn sie von einem
indicere iciunia an diesem Tage träumt; aber das Angeführte zeigt
dass die Römer nicht eben sehr genaue Kenntniss von diesem
Theile des jüdischen Cultus besassen, zugleich jedoch auch dass
das Fasten am Donnerstage theilweise wirklich als eine Pflicht beob-
achtet wurde , daher dieses Missverständniss um so leichter ent-
stehen konnte. Vgl. über den ganzen Gegenstand Spanheim zu
Callim. h. Cer. 6ft'. Meiners, Gescliichte der Religionen IL S. l39fF.
"Winer a. a. O. S. 364 — ^366. Auch Böttiger, Kunstmythol. 1. S. 132tf.
V. 292. casus medicusve-. der Zufall (Selbsthülfe der Na-
tur) oder menschliche Kunst. Zwischen den beiden ^Motivierungen
ist die Wahl gelassen*), da sie einander (wenigstens in der Haupt-
sache und für die populäre Ansicht) ausschliessen; que ist daher
unmöglich.
V. 298. totidem der quantitative Ausdruck statt des qualita-
tiven und diesen mit einsclilicssend, wie von wörtlich genauer
Uebereinstimmung bei Cic. Brut. 96, 328: totidem quot dixit scripta
verbis oratio, und ad Att. VI, 2, 3: itaque istum ego locum totidem ver-
bis a Licaearcho transtuli.
V. 299. collo hat auch Haberfeldt's Altdorf.
V. 300. p Iuris, vgl. Kirchner zu I, 1, 92. Mag man als die
zu Grunde liegende Vergleichung mit dem Comment. Cruq. und
*) Bergk in Ztsclir. f. «1. Alt. \V. 1850, S. 1.T2: „vel n\u\ ve sind
identisch; das enklitistlie ve liat nur eine weitere St-liwäc-hung erlitten,
wälnend das selI)st;indiore vel den Endconsonanten festliiilt. l'el ist aber
nicht sowohl anf den Conjunctiv i'eli.<: znriiclvzufiilncn , sundern ist apo-
kopierte Form von volx {vif)-"
110 Zweites Bucli der Satiien.
Düntzev quam comparasii (was nur etwas trivial scheint), oder quam
ante damtium, priusquam decoxisli mit OrcUi und Wüstemann: jeden-
falls ist der Sinn: so Avahr du ü-iite Geschäfte machen möerest.
V. 301. Der Ahlativ qua. Avelclier steht wie V. 21)5, scheint
das einzig Logisclie zu sein. Slullilia und insania sind zwei Begriffe
von welchen in der ganzen Satire gezeigt Averden will das.s mit
dem Vorhandensein des ersten unmittelliar auch der zweite gesetzt
ist. So auch hier: welches ist die slulliliu die ich an mir habe und
kraft deren (durch deren Besitz) ich insatiio?
V. 303. Die Aufnahme von abscissum, trotz der vorzüg-
lichen Beglaubigung von abscisum, rechtfertigt sich damit dass nur
das crstere Zeitwort dem wilden, ekstatischen Gebaren der Agave
und dem Mythus entspricht. Das zweite würde eine zwar gewalt-
same, aber dabei doch ruhige und kunstgerechte Trennung des
Hauptes vom Leibe bedeuten, wie sie etwa der Scharfrichter vor-
nimmt (Fea: Agave non ferro capul filio ampulavil, quod esset absci-
sum, scd manibus diseerpsit, dilaniavü)] wogegen absciss. die Rück-
sichtnahme auf das natürliche Gefüge verneint (Döderlein, Sjn.
IV. S, 154) und damit allen sonstigen Darstellungen des Actes (s.
Fea und Orelli) gemäss ist. — Das durch den vetustiss. Bland, und
andere vorzügliche Hdsch. gebotene manibus bedarf nach Bentley
keiner Vertheidigung mehr. Es bedeutet: sie hat den Beweis für
ihre Verrücktheit in den eigenen Händen und glaubt doch nicht
daran. Demcns, das vorausnehmen würde was erst zu beweisen ist,
kann erst nach dem" Ausfall von manibus durch Abschreiber einge-
flickt worden sein.
V. 305. Liceat conc. vcris entschuldigt gleichsam das Bekennt-
niss dass er slullus und — wie er nach einigem Zögern hinzufügt —
(im Allgemeinen, gewissermassen) aucli insanus sei: es sei mir er-
laubt es zu sagen, weil es nun doch einmal der Walirheit gemäss
ist; ich darf das wohl sagen, da es ja keine Schande ist der Wahr-
heit die Ehre zu geben. ]\Ieineke's Vorschlag {vinral c. r.) ist eben
so überflüssig als der von Horkel oder Apitz, welcher Letztere
{conc. vcrc) Schwierigkeiten macht wo keine sind.
V. 308. ,,In dem Vorwurfe des Bauens liegt ausser dem Ta-
del der Nachahnumgssucht noch die Ansicht der Alten von der
Verderblichkeit des Bauens überhaupt. Livius VI, II nennt das
Bauen res damnnsissima eliam divitibus. und ausser den Stellen welche
(rronov und DrakenI)orch dort beibringen vgl. auch die Warnung
bei Gic. Off. I, ;i9, 139." Dillenluirger Zschn f. A. W. IH40, S. 677.
— Sehr unbegründeter Weise schilt Düntzer (II. S. 373 A.*) auf
Heindorf wegen dessen vollkommen richtiger Bemerkung über ab
imu u. s. w.
V. 310. Corpore maioreiu ineessum, s. C)bbarius zu Ej).
I, '20, '21. p. 563. ITebor den Namen Turbo s. Bentley. Ein lt. Vn-
lerius T. und ein M. \';ib rius T. linden sirh :\u\' Aov Inselirift aus
Anmerkungen zur drillen Satire. 1 1 1
Canusium Nr. 635 (I, 27. 32) bei Momrasen , und ein Virius T. auf
der capuanisclien cbds. Nr. 3614.
V. 31.'). ianlum ist nicht nur die minder alltägliclie und
schon darum ■wahrsclieinlichcre Schreibung (Avähreud lanlo sehr
leicht aus der zweiten Hälfte entstehen konnte), sondern zugleich
das Richtigere, obwohl sich Ileindorf in dieser Ilinsiclit zu stark
ausdrückt. ]\Iit Unrecht behauptet nämlich Fea dass in <lissimilis
ein Comparativ liege : im Unterschied von dem folgenden minorem
vertritt es die zwischen Horaz und Maecenas bestehende qualita-
tive Verschiedenheit. Aehnlich heisst es bei Livins XXXVII, 57
(angeführt von AVüstemann) : ianlum pracferri ^ in solchem Masse
vorgezogen werden, wo al)er auch ianio (um so viele Grade) stehen
könnte, da es im Materiellen auf dasselbe hinauskommt und prae-
ferri wirklich einen Comparativbegrift" in sich schliesst. Apitz bläst
sich gegen Bentley aiif, dass dieser nicht gemerkt habe wie lanln
beide ]\Iale Dat. mascul. sei; ich vermute aber dass auch in Zukunft
noch Manche nicht nötbig finden Averden dem Dichter diese Schmei-
chelei zu octroyieren.
V. 317. Dass Bentley mit seiner Vertheidigung der Schrei-
bung des Bland, anliquiss. vollkommen das Richtige getroffen hat
beweisen unwillkürlich auch die Versuche von Fr. Jacob (Progr.
von 1841 , 8. 26) und Apitz (p. 124) die ältere Vulgata in Schutz zu
nehmen. Die Entstehung der letzteren lässt sich an der Hand der
Varianten vollkommen klar machen : nachdem lantum durch landcm
verdrängt war (/»//« (andern , sufßans se , magna) — iind wie sehr
diess gelang zeigt Porphyrie und die Schreibung 7nim ianla , sowie
das ianlo der Hdsch. in V. 318 — entstand das Bedürfniss magna
näher zu bestimmen durch ein (deiktisches) sie, das sich nun an die
Stelle von sc setzte («. iandcm sa/f/ans sie m. und, unschlüssig zwi-
schen se und sie schwebend, si m.) , aber alsbald auch wieder das
Verlangen nach dem unentbehrlichen se hervorrief, welches schliess-
lich dadurch gewonnen wurde dass man Saffians abänderte in se in-
flans und so eine Scheinbefriedigung durch die Schreibung num
(andern, se infla?is , sie magna fuisset zu Wege brachte. Hienacli cha-
rakterisieren sich auch die verschiedenen Hdsch. nach der Abstu-
fung ihres Alters und Werthes.
V. 31 S. Die Behauptung von Bentley dass lantum ^.eodiees Cni-
fjaiani exhihenC' ist freilich nicht sicher; denn die Worte vnn C'ru-
quius lauten: ^,jium ianlum suffluns sc m. f. sie hahcl Jilandin.
vetiistissim. cum Tons, quos seenlus sum. celeri hahenl, iandcm suf-
flans. . . . sie et in sequenli versa (ccteri hahenl.' oder libri omnes ha-
benl?) num Ianlo? cum scribcndum sil, num iantum , pro iam magna
fuisset; quamquam hie tanlo tolerari polest , propler eompuralivum , ma-
ior."^ Zwar geht hieraus ebenso wenig mit Siclierheit hervor dass
lantum in jenen beiden Hdsch. nicht stand, sondern diess eine
blose Conjectur von Cruquius war; aber doch ist es iuunerhin be-
1 1 2 Zweites Buch der Satiren.
deiiklicli dass dieser niclit auch hier ausdrücklich angibt dass mit
"jenen beiden Hd seh. so zu schreiben sei. Indessen kann laulo
sein Dasein theils dem dimidio verdanken theils dem Unterliegen
von tanlum in V. 317, und in hohem Grade verdächtig wird es durch
die Mittel welche angewendet werden müssen um es festzuhalten
imd ihm einen Sinn beizulegen. Versucht ist diess worden theils
von Botlie (p. 92) thoils von Düntzer (II. S. 375) , neuestens auch
von Apitz p. 12if. Während der Erstere abtheilt: ,,.1/rt/or." — iJi-
midio? Numtanto? — Qmim magis efc. , so der Letztere : ,^Maior.''' —
Dimidio num? — Tanlo quam magis etc., und Düntzer zieht quam ma-
gis . . . inflarei zu num tanlo , nicht zum Folgenden : ,jMaior dimidio.'''
— Num lanto? quum magis alque sc magis inßarel. — ^,Noti si le ruperis,
inquil^ Par eris.''^ Die Antwort des Jungen soll also maior dimidio
sein und hieran sich die Frage der Alten reihen: num tanlo: ,,war
es vielleicht um so viel grösser? indem sie immer mehr und mehr
sich ausdehnte." Mit letzterer Verrenkung der Worte ist nicht
■ einmal die nächste Einwendung (gegen laiilo) beseitigt, dass die
Alte, indem sie sich aufbläst, nicht das darstellen will um was das
fragliche Thier grösser gewesen sei, sondern die ganze Grösse
dieses Thieres, oder, wie diess Orelli ausdrückt: ranae, quac suf-
ßando sc viluli magtiiludinem iam assccutam sc speral, purum convenil
quaerere quanlo maior vilulus ipsa fucril. Ausserdem wäre bei Dün-
tzer's Auffassung quam — inßarel der Vordersatz zu dem Nach-
sätze: fragte sie. num tanlo ^ jener müsste somit vielmehr lauten:
• quum sc magis inflasset: aber inquil und die ganze Stellung der Worte
weist darauf hin dass quum etc. vielmehr Vordersatz zu der Antwort
des Jungen sei. Lassen wir also Düntzer und wenden uns zu Bo-
tlie und Apitz. Von deren Vorschlägen ist der von Apitz sicher-
lich der noch unerträglichere, da er dem Dichter ein Kauderwelsch
zumutet wie dimidio num.' und folgende Worte: quum tanlo {i. c. di-
midio) magis alque magis sc inßarel! Dagegen bei Bothe's Abthei-
lungsweise wäre auf eine so concrete Frage wie dimidio.^ ist mit Fug
und Recht eine runde und nicht blos indirect angedeutete Antwort
zu erwarten. Ueberhaupt aber sieht man keinen Grund ab warum
über die W(»rte solche Zerstückelung verhängt werden sollte. Ver-
binden wir maior dimidio, so lassen sich diese Worte entweder als
Antwort des jungen Frosches auffassen, oder als participiale Zeit-
bestimmung: quam dimidio maior esset (d. h. se dimidio maiorem fecis-
sel) iiilerrogavil: Xum lanlum .' Gegen das Erstere hat Botho einge-
wendet: quasi dimidio lanlum rana Ims maior diccndus Sit, quac ineptia
ne ranunrulo quidem impulanda : und Apitz p. 12+: die Angabe würde
durch das naclifolgende non si te ruperis u. s. w. otl'enbar widerlegt.
Ganz richtig bemerkt aber in dieser Hinsicht Düntzer H. S. 374:
„Es ist zu bedenken dass dem jungen l'Vosche in dieser Beobach-
tung über die (»rosse die richtige Beurteilung fehlt; er weiss das
Vcrhältniss gar nicht /u scliiit/.en , und erst zub'tzt sidit er dass
Aiimorkungon zur diilloii S.ilire. 113
trotz aller Anstrengung die Alte nie die Grösse dos Kalbes errei-
chen werde. Wäre der Unterschied in seiner ganzen Grösse dem
jungen Frosche gleich klar gewesen, so würde er alsbald von wei-
teren Vorsuchen abgorathen haben ; jetzt aber meint er am An-
fange, wenn sie noch halbmal so gross sei werde sie dem Kalbe
gleichkommen." *) Dieser Zug ist sogar psychologisch fein von
Horaz angebracht, wie ül)orhaupt seine Erzählung der Fabel durch
die Vergleichung mit Babrius Fab. 28 und Phädrus 1,24 nur ge-
winnt. Eben darum gebe ich dieser Erklärung auch den Vorzug
vor der von Kirchner (und Weber) gebilligten zwciterwähnton
Waddelschen, bei welcher man überdiess die AntAvort auf die
Frage 7ium lantum schwer vei'misst, ,,die wir hier nicht entbehren
können, da gerade durch sie die Alte veranlasst wird sich noch
mehr aufzublähen" (Düatzer II. S. 375 und nach ihm ebenso Wüste-
mann, Orelli und Apitz).
V. o22. Die Variauten scheinen dadurch veranlasst dass die
Abschreiber in der ersten Hälfte des Verses durch die Allgemein-
heit des Gedankens das Präsens für gefordert hielten und die hie-
durch entstandene Lücke dann in ihrer Weise ausfüllten. Zu den*
so interpolierten Ildsch. welche facil, ei sanus facics tu haben geliört
übrigens auch Haborfeldt's Altdorf.
V. 323. Rabiem bezieht Düutzer II. S. 376 (mit Aum.* ) vgl.
V. S. 261 auf die (satirischen) Gedichte des Horaz: ,,Du schreibst
Gedichte, was nur ein Toller thut, und zwar solche in denen du
deine Wut auslassest." Da die übrigen angeführten Züge alle per-
sönlicher Art sind und der Gedichte in unserem Verse durchaus
keine Erwähnung geschieht, so ist diese Deutung zu verwerfen.
V. 32G. Uebor den Schluss vgl. Kirchner zu I, 1, 120. S. 23.
Im vorliegenden Falle eludiert er zugleich die ganze bisherige
Auseinandersetzung, indem diese als Ausfluss der inscmia des Da-
masippus aufgedeckt wird. Auch hier, wie in der siebenten, siegt
schliesslich die Wirklichkeit und der gesunde Verstand über die
Consequenzmacherei und hoffärtige Selbstverblendung der Schule.
*) Vgl. Strodtmann, Hör. Sermonendichtungen (Leipzig 1855), S. 317:
,,Es ist die kindische , noch niclit das ^lass genau angebende Ausdrucks-
weise und Vorstellungsart des Frösclileins, sowie auch nachher rupcris nielit
zu pressen ist, da ja bei dem eigentlichen Zerplatzen keine weitere Aus-
dehnung, sondern vielmehr das Gegentheil erfolgt.'' (Ruperis lieisst: wenn
du dich so aufblasen würdest dass du beinahe platztest, platzen möchtest.
Vgl. auch Kirchner zu I, 3, 13ü.)
HORATH SAT. II, 2.
114 Zweites Buch der Satiren.
Vierte Satire.
Einleitung'.
Die Einkleidung dieser Satire hat die meiste Aelinlicbkeit mit
der in der achten unseres Buches. In beiden haben wir zwei In-
terlocutoren, einen Fragenden und einen der auf Befragen aus-
führlichen Bericht über etwas Erlebtes gibt, dessen Darlegung den
Hauptinhalt der Satire bildet. Die Person des Befragers gewinnt
in beiden gleich wenig concrete Anschaulichkeit und geht in dieser
ihrer Kolle, als Frager und damit Vehikel des Dialogs, vollstän-
dig auf; dass wir uns aber den Dichter selbst darunter zu denken
haben ist mehr als wahrscheinlich. Es ergibt sich nämlich aus dem
AYesen der Satire, wie dieses noch bei Horaz erscheint. Auch die
horazischen Satiren noch sind, Avie es die des Lucilius waren, freie
»Tilrgüsse des Dichters über beliebige Themata, wobei den Einheits-
punkt für alle einzig die Person des Dichters bildet (vgl. meine
Einleitung zu der Bearbeitung der Satiren in den ,,Classikern des
Alterthums", Stuttg. 1856. Lfg. LXX. S. 10 f.). Wenn daher nicht
ausdrücklich das Gegentheil allsgesprochen oder angedeutet ist
— wie I, 8. II, 2 und 5 — , so haben wir in den Satiren unter dem
in erster Person Redenden immer den Satiriker selbst zu verste-
hen. Diess ist, um bei unserem Buche stehen zu bleiben, voll-
kommen klar bei der ersten und dritten, nicht viel weniger bei der
siebenten, und da bei der vierten und achten zn einer anderen
Annalime lediglicli kein Grund vorliegt, so gewiss auch bei diesen
beiden.
Der andere Träger des Gesprächs, der Befragte, wird Cot ins
genannt. Personen dieses Namens kennen wir im achten Jahrhun-
dert d. St. mehrere. Um der Calia in Sat. I, 2, 95 nicht weiter zu
gedenken, linden wir einen Q. Catius Aemilianus in der ciceroni-
schen Rede pro Tullio §. 19, und einen Irib. mil. C. Calhis aus dem
Vestincrlande (oder mit dem Beinamen Vestinus) welcher im .T.711
von Antonius an Lepidus gesandt, von Mvmatius aber abgefangen
wurde (Oic. ad Farn. X, 2H, ö) , insbesondere aber einen Epikureer
dieses Namens aus dem Insubrischen , welolier kurz vor dem Jahre
709 d. St. gestorben war; denn in diesem .Tahro schreiltt Cicero an
C!assius, den er mit seinem Eidcureismus neckt: Cnlius fnsiihrr, Epi-
rurciis, f/iii uuprr est morluiis , i/iiar illc (^tinjetliiis (Epikur) cl iam anlc
Dcmocritus sl'öfoku^ hie spcclra nomimit (ad Farn. XV, 16, l), worauf
Cassius antwortet : ( . . . proplrr spectra Caliann : ) pro quo tibi pro-
ai/Hrt cpislohi toi riislicos Stoicos rrgcram itl Caiium Athcnis naium esse
dieas (ib. 19, l), und weiter unten: Ipse Kpieunis , a quo omnes Caiii
Einleitung zur viciten Satire. 115
cl Jina/iini, inali vcrborwn inlcrprcles, proßciscunliir , dicü u. s.w. lieber
denselben sagt Quintil. J. 0. X, 1, J24: in Epicurcis levis quidem
sed non initirundus lamen auctor est Calius. Porpli^rio zum Anfang
unserer Satire : Calitnn inlcrrogaf, cocnartim auclorem , cocnac prae-
cepla. Hie Calius Epicurcus ftiit , qui scripsil qiialuor Ubros dr i-erutn
natura et de summo bono. Comni. Cruq. ebendann: fuil aulem M.
Calius Epicurcus, qui quatuor Ubros scripsil de r. ?i. el de s. b., und zu
V. 46 : Irridcl cum quod de opere pislorio in suo libro scribil de sc ipso ;
haec primus invenil el cognovit Calius MiUiiides. Für erdichtet oder aus
unserer Stelle selbst falsch erschlossen (Düntzer II. S. 292) kann
ich letztere Notiz nicht lialten : dafür lautet sie zu concret und bot
unsere Stelle zu wenig Stoff; wohl aber ist sie eine übel ange-
brachte Reminiscenz; denn der Anonymus welcher in V. 46 und 74
mit Emphase von seinen culinarisclion Erfindungen spricht ist ja
doch keinenfalls Catius selbst — was hätte auch unseren Dichter
zu einer so wunderlichen Auseinanderlegung der Person dieses
Gestorbenen oder auch seines noch lebenden Freigelassenen be-
stimmen können? — : das Citat aus Catius nützt daher hier nicht
mehr als es etwa zu II, 8, 51 f. genützt hätte und hat nur die Be-
deutung einer Parallelstelle, in welcher gleichfalls mit Wichtig-
keit von einer unerheblichen Entdeckung gesprochen wird. Eben-
so wenig sehe ich einen Grund den Namen Catius als Hülle
für irgend welchen anderen zu betrachten. Jedenfalls niclit für
den Namen des treuen Freundes von Caesar, des liebenswürdigen
römischen Ritters C. Matius (über welchen s. meinen Artikel in
Pauly s Real-Enc. IV. S. 1644 — 1646), wie C. Manso (Vermischte
Abhandl. und Aufsätze S. 284 ff.), unter Zustimmimg von C. Pas-
sow (Leben des Horaz, Anm. 172, vor seiner Uebersetzung der
Briefe), vermutet hat, auf welchen aber gar nichts passt, nicht
einmal — was doch in erster Reihe zu erwarten wäre — die
Quantität des beiderseitigen Namens; und mit Recht hat Obbarius
(Jahn's Jhbb. 1835. XV. S. 57) bemerkt dass solche Namen sonst
immer den Charakter der Fiction, nicht aber (wie bei Catius der
Fall wäre) den der Wirkliclikeit an sich tragen, d.h. dass die
Dichter statt des wirklichen Namens nicht gleichfalls wieder einen
wirklichen, sondern einen selbstgeschattenen zu wählen pHegen.
Diess gilt auch gegen die Vermutung Heindorfs, dass mit dem ver-
änderten Namen Catius der Dichter einen der Tischgenossen 3[ae-
cen's bezeichne welcher besonders auf die gastronomischen Beleh-
rungen des Gönners zu achten pflegte (S. 337). AVozu aher über-
haupt nach einem darunter versteckten Namen suchen? Catius
selbst wird ja niclit verspottet, er ist nur Organ der Mittheilung,
wie Fundanius in der achten : wozu also seinen Namen vei-än-
dern? Dass er die betreffenden Belehrungen für Avichtig hält war
hiefür kein zureichender Grund ; denn diese Ansicht tlieilt ja —
wenigstens scheinbar — auch der Befragende selbst, und überdiess
116 Zwiiles Buch der Satiren.
bildete sie einen liöchst harmloseu Zug, gerade genügend um eine
Bürgschaft zu bieten für die Treue der Mittheiluug und deren In-
halt leise zu ironisieren, bei Weitem aber nicht um dem Redenden
selbständige Bedeutung zuzuwenden. Vielmehr theile ich die An-
sicht der meisten neueren Interpreten, dass der horazische Catius
identisch sei mit dem ciceronischen, ein Aveiterer Belog für die Vor-
liebe womit Horaz in diesem zweiten Buche seine Figuren aus der
ciceronischen Briefsammluug schöpfte. Zur Motivierung der Wahl
gerade dieses Namens reicht vollkommen der Umstand aus dass
Catius als Epikureer bekannt war, womit sich in der populären
Vorstellung der Begriff der Genusssucht so enge verband dass von
einem Epikureer Jedermann ohne AVeiteres ganz besonderes In-
teresse für gastronomische Lehren voraussetzte; und ist die Notiz
des Comm. Cruq. zu V. 46 richtig, so kann diess nur dazu dienen
es noch weiter zu rechtfertigen dass Horaz gerade dem Catius
diese Mittheilungen in den Mund legte.
Der passive Hanptheld der Satire, welcher in 11,8 wahr-
scheinlich mit verändertem Namen bezeichnet wird, ist in der uns-
rigen gar nicht genannt , und diese Verschweigung wird als eine
absichtliche dadurch bemerklich gemacht dass eigens nach dem
Namen gefragt, seine Mittheilung von dem Befragten aber bestimmt
abgelehnt wird. Noch bedeutender ist der Unterschied unserer
Satire von der achten hinsichtlich der beiderseitigen Behandlunir
des Helden. Während in der achten Nasidien's Tactlosigkeiten
unbarmherzig gegeisselt Averden und der Dichter ganz direct und
unverhüllt gegen denselben Partei ergreift (V. 18 f. 79 f.) , so ist
dagegen in der vierten die freundschaftliche Schonung unverkenn-
bar mit welcher die Person desjenigen welchem Catius seine Weis-
heit verdankt völlig zurücktritt und auch in der Darstellung seiner
Lehre die Grenze feiner Schalkhaftigkeit und heiteren Humors
nirgends überschritten wird *). Diess drängt zu der Annahme dass
der Ungenannte einerseits ein Hochgestellter war, dessen Namen
vor dem Publikum gelieim zu halten der Dichter seine guten
Gründe hatte, andererseits ein dem Horaz Eugbefrcundeter ; und
dass er endlich ein Mann gewesen sein muss welcher den Lebens-
genuss zu seinem Studium machte und vermöge seiner Mittel und
Stellung es auch thun konnte, dabei aber auf seine Gesundheit
ängstliche Rücksicht zu nehmen Ursache hatte, zeigt unsere Sa-
tire. Auf wen nun würden alle diese Alerkmale so vollständig, so
überraschend zutreffen als auf MaecenasV Audi heute noch (wie
im Riicin. jMus. N. F. IV. S. -Jlj) muss ich daher der Vernnitung
Jleiiidorfs, welcher dann auch W. E. Weber (Hör. Satiren S. MVi.
:Wj i'.) beigetreten ist, nuiueu vi>llen Beifall schenken, und ich
*) Von dem , .scharfen Spott" wolchon Düntzcr V. S. 2(»".' Anm. in
dein Gedichte findet vcrniag ich Icdiglicli nicht.s zu entdecken.
Einleilung zur vicricn Satirc. 117
vüsste durchaus nicht dass in der seitdem erschienenen Literatur
irgend etwas Begründetes dagegen gesagt worden Avare. Wohl
aber enthält eine Art Bestätigung derselben die Notiz des Plinius
H. N. VIII, 68: pullos eartim (der mulac) epiilari Maecenas inslitiiil,
mtdliim CO tempore pruclaios omigris: post cum iiüeriit auctorikts saporis-^
denn diese Neuerung ist ganz und gar in gleichem Geiste gehalten
wie die in imserer Satire (bes. V. 40 ff.) dem Ungenannten zuge-
schriebenen Unterweisungen. — Einfälle wie den von AVieland,
dass der Anonymus Horaz selbst sei (vgl. Heindorf S. 336 f.), oder
von C. G. Zumpt, welcher darunter den Nasidienus versteht *),
werden wir hoffentlich nach dem ganzen Gange unserer Erörterung
nicht noch eigens zu widerlegen haben.
Das Urteil über die Tendenz unserer Satire ist abhängig
von der Ansicht Avelclie man über die in der Satire enthaltenen
gastronomischen Lehren hegt. Die meisten Ausleger behaupten
dass in denselben AValires und Falsches, Seltsames und Triviales
wunderlich gemischt sei; dagegen W. Y.. Weber (Sat. S. 364) ver-
sichert dass man „der Triftigkeit inid dem feinen Geschmacke in
den fraglichen Lehren alle Gerechtigkeit widerfahren lassen"
müsse , und meint (S. 366) dass ,, gerade diese zum Theil barokeii
und ein wenig sonderbaren, dabei jedoch sinnreichen, den mit
Liebe studierenden und vielerfahrenen Kenner verrathenden, Leh-
ren ganz im Geiste des Maecenas seien", was er dann im Einzelnen
näher begründet. Da ich in diesen Dingen auf Sachkenntniss sel-
ber durchaus keinen Anspruch machen kann, so muss ich statt
Gründen diessmal der grösseren Autorität folgen , und diese ist in
culinarischen Fragen ganz unbestreitbar auf Seiten AV. E. We-
ber's, dessen Comm.entar zur zweiten und besonders zur vierteil
Satire dieses Buches zeigt in welchem Grade er selbst eine aticto-
j'ilas saporis war. Von dieser Voraussetzung ausgehend muss ich
alle diejenigen Auffassungen für unrichtig halten Avelche meinen,
Horaz verspotte diejenigen welche in gastronomischen Dingen
blind der ]\Iode huldigen (so z. B. Wüllner im Düsseldorfer Pro-
gramm von 1833, Düntzer IL S. 291 , G. T. A. Krüger u. A.) , oder,
wie Orelli und Wüstemann, der Dichter wolle durch dieses Ge-
dicht diejenigen mystificieren welche mit einem gewissen Neid von
der Tafel des Maecenas hörten und begierig waren die Geheim-
nisse seiner Küche zu erfahren: beides Ansichten welche weder
mit dem Inhalt und Ton imseres Gedichtes noch auch mit dem
Tacte welchen Horaz bei der Wahl seiner Gegenstände zu bewei-
sen pHegt recht vereinbar erscheinon. Die erstere Ansicht legt
überdicss sehr mit Unrecht thatsächlich das Hauptgewicht auf die
Person des Catius : ein Fehler welchen auch die alten Erklärer
*) ,, obgleich II, 1, 63 ff. und II, 8, 15 ff. niclit mit einander stimmen,"
Düntzer V. S. 2ni.
1 1 8 Zweites Buch der Satiren.
begehen , iudem sie , verführt durch das unmittelbare Vorausgehen
einer (gewissermassen) gegen die Stoiker gerichteten Satire , als
Hauptzweck der vorliegenden die Bekämpfung der Epikureer be-
trachten. Davon ist aber die vierte Satire ungefähr eben so weit
entfernt als die erste davon die Rechtsgelehrten persiflieren zu
wollen.
Wenn ich also in Betreff der Tendenz der vorliegenden Satire
in der Hauptsache mich an "Weber anschliesse, so glaube ich doch
in zweierlei Punkten von ihm abweichen zu müssen. Einmal kann
ich mich mit der Art nicht befreunden wie er sich die Entstehung
und denZAveck der Satire näher ausmalt (S. 365 f.). Ist seine Vermu-
tung auch bei AVeitem Aveniger verfehlt als die parallele von Wü-
stemann (Heindorfs Satiren, S. 383), und ist so viel an ihr gewiss
richtig dass unsere Satire der Tischgenossenschaft des Dichters
mit Maecenas ihren Stofl' und damit ihre Entstehung verdankt, so
scheint mir doch die Tharsache der Verötfentlichung derselben ein
Veto dagegen einzulegen dass man (mit Wieland) das Gedicht
ausschliesslich oder überwiegend als auf die Belustigung des Mae-
cenas und seiner Gesellschaft berechnet auffasse. Xoch mehr aber
bezweifle ich dass Weber Recht hat wenn er (S. 364 f.) den Inhalt
unserer Satire ernst nimmt und dieselbe für eine „Apologie der
Gastronomie" erklärt, ,,eine Verherrlichung guter Lebensgrund-
sätze in Bezug auf das erste Bedürfniss Leibes und der Seele und
insofern eine Palinodie der rigorosen Erugalitätslehren des Ofel-
lus," oder gar (Horatius als j\Iensch etc. S. 204) „eine Apotheose
des wahren Bewirtungsgeistes und Speisegenies," einen ,, Hymnus
auf die Kunst zu essen." Damit wird der Ton der Schalkhaftig-
keit verkannt welcher aus der hyperbolischen Bewunderung hervor-
leuchtet die der Dichter den Catius für diese Lehren hegen lässt
und ganz besonders aus den Schlussworten V. 88 fl". Mir scheint
vielmehr durch das Ganze ein Zug leiser Ironie hindurchzugehen
und der Gedanke durclizuscliimmorn dass diese Dinge doch alle
in Walirheit nichtig und ernster Beachtung nicht würdig seien.
Obwohl daher der Dichter noch Interesse genug dafür besitzt um
sie zum Gegenstande einer eigenen Schilderung zu machen, so ist
er doch zugleich darüber hinaus itnd im tiefsten Inneren der
Grundanschauung des Ofellus treu gelieben, wie er sie denn —
wold l)Hld darauf — in der sechsten Satire auf warme und glän-
zende Weise ausgefülirt hat. Nur dem Inhalte, nicht aber dem
Geiste der Behandhing nach kann ich desshalh die vierte Satire
für ein Gegenstück zu der zweiten anselicn; denn was diese auf pro-
saiscli ernsthafte, ])athetischc Weise direct zu erreichen strebt,
das lässt die vierte gleiclisam zwischen den Zeilen losen, es ergibt
sich iür den denkenden Leser von selbst aus der Art der Einfüh-
rung und Darstellung. Zu der achten unseres Buches steht die
vierte in dem Verliältniss dass, wälirend in jener an einem lächer-
Einleitung zur vierten Satire. 1 19
liehen Exemplare gezeigt ist wie ein feiner Lebemann nicht spricht
und nicht handelt, so nun in der vorliegenden positiv dargelegt
wird was alles zu einem solchen gehört; dort einer welcher sich
auf Gastronomie zu verstehen behauptet, in Wahrheit aber ein
tactloser Stümper ist, hier ein wirklicher Kenner, der auf diesem
Gebiete sich mit genialer Sicherheit und Leichtigkeit bewegt. Im
Lichte unserer Satire erscheint nun auch Xasidien's Herandrän-
gen an Maecenas von einer neuen Seite. Nasidien Avill auch so
eine Art Maecenas sein, macht gleichfalls Anspruch auf auctoritas
saporis und ladet Maecenas gleichsam als seinen Collegen ein, um
ihm dui-ch die That ein ancfi io soti piliore! zuzurufen. Mit der drit-
ten unseres Buches hat die vorliegende gemeinsam dass wie dort
der Neulingsphilosoph Damasippus die eben gehörte Weisheit des
Stertinius brühwarm wieder an den Mann bringt, so hier Catius
die eben vernommenen culinavischen Vorschriften des ungenannten
Meisters (Strodtmann, Sermonendicht. S. 318).
Könnte es hienach scheinen als ob diese Manchfaltigkeit von
Berührungspunkten mit andern Satiren dieses Buches ein Beweis
dafür wäre dass die vierte zu den spätesten geliöre , so würde
eine solche Argumentation doch weitaus nicht zureichen um eine
auch nur subjeotive Gewissheit zu begründen, da mit nicht viel
weniger AVahrscheinlichkeit auch umgekehrt sich sagen liesse dass
in unserer Satire mehrere Motive noch bei einander seien welchen
der Dichter später eine eigene Ausfühining angedeihen Hess. Ei-
nen festeren Anhalt für die chronologische Einreihung böte die
Heindorfsche Bestimmung des Ungenannten, weini es erlaubt wäre
die eigene Ueberzeugung unmittelbar als allgemeines Zugeständ-
niss zu setzen; denn dass alsdann die Satire in eine Zeit fiele wo
unser Dichter dem !Maecenas nahe genug stand um ohne Anstoss,
vielmehr mit dessen Zustimmung oder gar auf seine Aufforderung
hin, einen derartigen Gedanken fassen und ausführen zu können,
Aväre wohl einleuchtend. Auch die Reife der Kunst Avomit der
Dichter einen so widerspänstigen Stoff in heiterer Sicherheit,
Leichtigkeit und Durchsiclitigkeit zu behandeln und die Trocken-
heit des Lehrtons glücklich zu vermeiden weiss führt nur zu einem
allgemeinen Ergebniss. Elier dürfte aus dem Verhältniss zu II, 6,
wie wir es oben geschildert haben, eine genauere Datierung zu
entnehmen sein; denn wenn in unserer Satire eine Detailkennt-
niss der städtischen Lebensgenüsse zu Tage tritt mit welcher sich
der Ofellus bei Weitem nicht messen kann und die in II, 6 mit ed-
lem Nachdruck ausgesprochene Denkweise in unserer Satire erst als
leiser Ilaucli halb unwillkürlicli hindurchklingt, so ist die vierte doch
wohl vor die sechste zu setzen, in eine Zeit wo des Dichters Ver-
hältniss zu ^laecenas in vollster Blüte stand, wo er die Geheimnisse
städtischer Genusssucht aus längerer Erfahrung vollkommen be-
herrschte und von diesem Treiben sich noch nicht äusserlich zurück-
120 Zweites Buch der Satiren.
gezogen hatte, obwolil er innerlich ihm nicht mehr mit ganzer
Seele angehörte. Nun fällt aber II, 6 sicher an das Ende des
J. 723; unsere Satire werden Avir daher aus dem Jahre der akti-
schen Schlacht weg ungefähr ins J. 722 zu setzen haben, und zwar
— falls man mit W. E. Weber (Horatius als Mensch etc. S. 204)
auf V. 21 f. Gewicht legen will *) — in den Sommer dieses Jahres.
So haben uns Gründe zu dem gleichen Ergebniss geführt wel-
ches von G. F. Grotefend (bei Ersch und Gruber II, 10. S. 465, b.)
ohne nähere Motivierung aufgestellt und von C. Franke (Fayti hör.
p. 116 f.) einzig durch seine Voraussetzung von der chronologischen
Anordnung der Satiren unseres Buches gestützt worden ist. Da-
gegen hat C. G. Zumpt (vor Wüstemann' s Ausg., S. 29 ff.) monströ-
ser Weise das Jahr 714 angenommen , worüber ich nicht Avieder-
holen will was ich schon in den Jahrbüchern der Gegenwart 1843,
S. 240, und im Rhein. Mus. N. F. IV. S. 235 f. gesagt habe. Ohne
eigentliche Gründe (denn das oben I. S. 18 Gesagte führt auf kein
bestimmtes Jahr, sondern gibt nur Grenzen: einerseits die Zeit wo
Horaz noch nicht solche Specialkenntnisse haben konnte, anderer-
seits wo er für diese Dinge kein Interesse mehr hatte) hat Kirchner
das Jahr 724 gewählt, und Walckenaer {Hist. de la vie rf' Hör. I.pA'^
ist ihm darin beigetreten. Wenig Nöthigendes hat auch die Argu-
mentationsweise von W. E. Weber, welcher a. a. 0. S. 203 f. un-
sere Satire ins J. 726 setzt, weil ,,eine Friedenszeit wie sie erst
mit den Triumphen von 725 eintrat . . . sich zu Diners und Gast-
gelagen eignete, welche das Fundament jener genialischen Sit-
tengemälde (II, 4. 8) sind." Die grosse Aehnlichkcit der Einklei-
dung in diesen beiden Satiren neben dem Mangel wirklicher An-
knüpfung dürfte sogar eher darauf führen beide zeitlich etwas
auseinanderzuhalten.
Hinsichtlich der Anordnung hat schon AVüstemann S. 381 f.
bemerkt dass Catius ganz dem Gange der IMahlzeit folge: ,,Von
V. 12 — 34 beschäftigt er sich mit dom prandiiim und dem dabei vor-
kommenden Getränk (miihum). Dann geht er zur coc/ia über (V.
35 — 50) und spricht bei dieser Gelegenheit aucli von den Weinen
(V. 51 — -57). Daran knüpft sich was er von l'ikel, Saucen und an-
dern Reizmitteln sagt (V. 58 — 69). Hierauf spricht er vom Nacii-
tisch (V. 70). Den Schluss macht er mit allerhand Vorschriften
welche das geschmackvolle Anordnen einer Tafel und das Servie-
ren bei derselben betreffen (V. 73 — 87)."
Den Stoff hat der Dichter ohne Zweifel dem Leben, nicht den
Büclieru entnommen, und wir billigen daher ebenso wenig die
*) i.^^'er eine Auwcisuiip }jil>t wie iiuiii sicli im Soiinner vor unjrc-
siindem Obstppinisso ticwalircn sull wird eine solche licliro nicht in einer
■Tnhreszpit vortrnijon wo das friifrliciio Obst nicht zu hahon ist." Weher
a. a. (). Indessen ist die Satire doch wohl nicht nnsschliosslich darauf
anpelept im Sommer <reiesen zu werden.
Anmerknni^en zur viorlcn Satirc. 121
Vermutung von AYalckcnaer (1, 1. p. 438) , die Zvvxfjorpoi des Damo-
xenus (Athen. IIT. p. 102 f. = Meinekc p. II49Ö"- ed. min.) haben
zur Quelle gedient, weil dort der ficr/eLQog sich als Ettikovqov (la-
&)}rrig bezeichnet, als die von Apitz p. 125, Horaz habe sich an
des Varro satura ttsqI iösG^atcov angeschlossen.
Der Natur des StotTes gemäss hat bei dieser Satire die Saeh-
erklärung weitaus das Uebergewicht, und für diese bietet der von
dem Verfasser herausgegebene Commentar von W. E. AVeber (S.
367 — 393) eine so reiche Fundgrube dass wir nur auf ihn verweisen
und selbst uns im Folijenden um so kürzer fassen können.
Anmerkungen zur vierten Satire.
V. 2. Die Varianten sind schon von Bentley treffend abge-
wogen, und Apitz p. 125 vertheidigt die Bevorzugung des Conjun-
etivs auch durch Sat. I, 6, 43 f. 9, 25. Dem vincanl kommt vincunl
äusserlich am nächsten , vincenl aber scheint ein Versuch das Letz-
tere zu eraendieren.
V. 13. Die Aufnahme der (von ihrem Urheber selbst nicht
festgehaltenen, s. Orelli) Bentley'schen Conjectur alma dürfte
nach dem was Dacier gegen die Steigerung magis alma und "Weber
S. 369 (mit welchem Apitz p. 126 übereinstimmt) zur Vertheidigung
der handschriftlichen Lesart alba gesagt hat nicht genügend ge-
rechtfertigt sein. Ohnehin war ahntis ein den Abschreibern so be-
kanntes Wort und die Bedeutung die es hier haben müsste so un-
zweifelhaft dass es unbegreiflich wäre wie es so spurlos hätte un-
tergehen sollen.
V. 37. Ein Blick in Kirchner's Verzeichniss der lldsch.
welche averrere und welche averlerc haben zeigt die Unmöglich-
keit das Letztere festzuhalten. Und welcher Abschreiber wäre
auch, wenn er das alltägliche avert. in seiner Urschrift fand, auf
den Gedanken gekommen es durch averr. zu ersetzen? Wie sehr
dagegen Letzteres dem Missverständniss ausgesetzt ist, das zeigt
Bentley's Erklärung. Diese ist allerdings ohne allen Zweifel ver-
fehlt; aber das beweist nichts gegen die Richtigkeit der Lesart;
denn seine Erklärung ist weder die einzig mögliche, noch auch
nur die nächstliegende. Viel eher ist diess die von Dillenljurger,
Horatiana IT, p. 22: omnes cupide cmcrc , ul ne imus quidcm relhujua-
iur. Poela enim hoc dicil: non satis csl onmes preliosos pisces qitovis
prelio coemisse, ul^ qutim tu ad mcnsam piscaloriam slcfens, omnes pisces
quasi scopis collecli videantur , scd uccedat oportet ars et scienlia quodvis
genus ex sua natura purandi et apponendi. Im Wesentlichen ebenso
1 22 Zweites Buch der Satiren.
Apitz p. 126 f.: pisces meiisa avcrnmtur si nullo reliclo iahula fü rasa.
Quocirca cara p. av. m. non signißcal celeriler cupklerjue , sed stimmatim
caros pisces emere. yegat Uaque Catius satis esse quoscumque ca7'os pi-
sces coemcre , si coenilos disüncte apparare nesciat. Mir scheint in dem
Ausdrucke zugleicli etwas Geringschätziges zu liegen: blind und
plump draufloskaufen, ohne sich auf den Unterschied der Arten zu
verstehen, immer nur dem hohen Preise nach. Heindorf weiss ge-
gen averrerc nichts einzuwenden als : ,,der Ausdruck scheint ge-
sucht," und meint: ,, Handschriften können hier nicht entscheiden."
Aber Avas denn? Etwa capriciöse Geschmacksurteile wie jenes „ge-
sucht"? Uebrigens vergleicht Düntzer Martial. H, 37, 1: quidqxiid
ponilur (vgl. unten 6, 64) hinc et inde verris (vom Tische wegfegen,
um es mit nach Hause zu nehmen).
V. 44. Gerade dass fecu7idi leporis vollkommen berechtigt
und sogar das Gewöhnlichere wäre (wie Bentley nachgewiesen hat)
verschafft der Schreibung einiger weniger Hdsch. — aber unter
diesen des Cruq. 1, a — fecundae um so mehr Glauben, und
vergebens hat sich des ersteren nach Fea's Vorgang neuerdings
Apitz p. 127 (unter Yergleichung von deus Venus) angenommen.
Vgl. unten 8, 88, Dass fec. hier die ^edeutnn^ praegnans habe hat
z. B. Düntzer II. S. 301 Anm. vgl. V. S. 262 bemerkt.
V. 48. est kann in der That kaum für entbehrlich gelten
(s. Bentley) , und es wird sich daher nur um die Stelle handeln wo
es einzuschalten wäre. Dabei wird am entscheidendsten der Ge-
sichtspunkt sein, an welcher Stelle es am leichtesten ausfallen
konnte, in zweiter Reihe, an welcher es am passendsten stände;
denn die verschiedenen Varianten mit est haben nur den Werth
von mehr oder weniger glücklichen Conjecturen. Dass Crurj. 2 u.
3 esl vor co7istimere hat könnte daher kein Bestimmungsgrund sein
diese Lesart vorzuziehen; ]iassend stände es allerdings doi't, doch
erklärt sich der Ausfall leichter wenn wir iins denken dass es ur-
sprünglich an das Ende des Verses gesetzt gewesen sei, in der
Form curainsl. Bentley's Einreihung vor salis scheint keiner der
beiden Anforderungen recht zu genügen; namentlich würde es auf
est, vollends neben dem starken iicquaquam, einen Ton werfen
welcher mit dem vorliegenden Zwecke nicht in Verhältniss stände.
Apitz p. 127 vermutet licel statt salis, gegen den Sinn: erlaubt ist
solche Einseitigkeit wulil , aber es ist mit ihr nicht gethan.
V. ()l. An immorsis, welches Chr. Jalin eventuell vorschlug
(in der Bedeutimg uoii tnansis., sed qiias integras et nides dcvorareris),
hatte schon Bentley gedacht (aber in der Bedeutung adniorsis, com-
manducalis , degustatis), indessen mit Recht jede Aenderung für
ülicrflüssig erklärt, da immnrsiis, so gefasst wie er thut (= vrtli-
ralHS: durch Beizen, Heizen mit Schinken wieder gekräftigt), in
der 'IMiat einen ganz befriedigenden Sinn gibt. Der Zusanunen-
hang ist so: Einen schlaff gewordenen Trinker erfrische mit gern-
Anmerkungou zur vierten Satire. 123
steten Krabben , nicht aber mit Lattich, denn dieser ist für einen
dnrch Wein erhitzten Magen zn unverdaulich; weit lieber durch
beizende Speisen, wie Schinken, ja allenfalls durch solche wie
die (4arküc!ien sie liefern (Schweinskutteln u. dgl.). Damit sind
zugleich die Ehiwendungen von Apitz p. r27 f. erledigt, durch
welche er sich zu der Vermutung fJagilal is morsits (,, gebeizt, de vino,
tintlr morsus skimachus plane nlem qui modo ucei- post viinim vocatus esV)
führen lässt. Der Jahn'schen Erklärung von immorsus [stomachus,
i. e. vellicaltis, excitatus, eodem modo quo v. 59 cicer dicitur. "Stomachus
vino acer reddilus cl idco immorsus flagilat refici perna et hillis.'') scheint,
nach seiner Uebersetzung zu schliessen , auch Kirchner den Vorzug
gegeben zu haben. Ich kann mich aber nicht überzeugen dass
immon<us und acer. angebissen und scharf, AVechselbegriÖ'e sollen
sein können. Die EinAvendung von Düntzer (V. S. 263 Anm.) , ein
voller Trinker der noch mehr trinken wollte habe sich ,, eines viel
einfacheren Mittels bedient, des blosen Erbrechens," übersieht
dass unsere Stelle sich auf den Standpunkt des Wirtes stellt, der
doch nicht zur Anwendung jenes allerdings sehr einfachen , aber
sicherlich nie für sehr appetitlich gehaltenen , Mittels einladen
konnte. Bei der Schreibung in morsus ist die Beziehung auf das
Essen gegen den Zusammenhang, und sprachlich unmöglich die
Deutung von Düntzer (II. S. 304. V. S. 262 f.): gestärkt gegen den
beissenden (bittern) Geschmack im Magen, in Folge der sich bilden-
den Galle. Ganz anderer Art sind die beiden von ihm aus Forcel-
lini augeführten Stellen Martial. VII, 25. 5 : tiec cibus ipse iuvat morsu
fraudatus aceti (ohne beissenden Essig) und Plin. H. N. XXXVI,
26, 65: aquae marino credutUur adstringi morsu. — Das mildernde
malit steht ganz passend bei einer so paradox klingenden Behaup-
tung.— Fervenl (V. 62) erklärt ^litscherliehRac. \.]).^\on cibi qui
saporis acris sunt, gustu mordent. IIa radix costi fervcns guslu dici-
tur Plinio XII, 12, eidemque X//, 25 balsami semen mordens guslu fer-
vensque in ore. cf. Apic. S, 1. Diesen brennenden Geschmack haben
sie aber nach ihm nicht selbst, sondern sind vielmehr fad und er-
halten ihn erst durch reichliche Gewürze. Damit richtet sich diese
Erklärung selber.
V. 63. Vgl. Kirchner zu I, 2, 37.
V. 74. ,,invenior: hanc leclionem videre est in Blandin. antiqu.,
Buslid. et Dir. cod. Ceteri omnes hahent inveni : sed inrenior aptius ajipa-
ret."" Die Berücksichtigung der ersten Hälfte von dieser Angabe
des Cruquius ist in Kirchners kritischen Noten aus Versehen unter-
blieben. Sie genügt für sich schon um invenior zu sichern und in-
veni als eine Verschreibung oder einen Emeudationsversuch zu
charakterisieren, veranlasst dadurch dass hier von einer Erfindung
die Rede ist.
V. 78. Die Zuversicht womit Kirchner aus zwei seiner Hdsch.
— und nicht einmal gewichtigen — den Accusativ stomacfium auf-
124 Zweiles Buch der Satiren.
genommen hat, der docli durcli die Nähe von moveni so leicht sich
einschleichen konnte, vermag ich durchaus nicht zu theilen. Zu
einem solchen Verlassen der Grundsätze methodischer Kritik
scheint entfernt kein Grund vorzuliegen. Consequenter Weise
muss dann auch der Plural movent fallen, welcher dem als Subject
genommenen fcislidia seine Entstehung verdankt und nur durch
Hdsch. zweiten iind dritten Ranges geboten zu werden scheint.
Unpersönlich (wie Bentley meint) steht aber der Singularis natür-
lich nicht; nur dass die Construetion durch das unlogische Inter-
pungieren nach faslidia verdunkelt wird. Auch der Sinn ist gegen
Kirchners Vorschlag; der Ausdruck ,, grosser Ekel setzt den Ma-
gen in Bewegung" hat . verglichen mit dem bei movet stomacho sich
ergebenden, etwas Widerliches und Geschmackloses.
V. 79. So verführerisch die Variante frusla ist, so ist sie
doch schwerlich das Eichtige. Es würde dabei die Vermittelung
für das Fettigwerden der Hände fehlen. Eine solche enthält die
auch durch dieBlandin. alle (denn nur vom cod. Div. berichtet Cru-
quius dass er frusta habe) gebotene Lesart furta. Der Sklave hat
z. B. ein Stück Geflügelbraten gestohlen, d. h. beim Auf- oder
Abtragen mit der Hand heimlich von der Platte genommen (vgl.
zu I, 3, 81) und gierig, naschsüchtig (diess liegt in Ikjurrit) es be-
nagt und verschlungen: kein Vrunder dass nun seine Hände fettig
sind. Auch die Conjectur von Apitz p. 128: cnisia (wofür er Ju-
venal IX , 5 : lamhenli crusMa scrvo anführt) kann ich daher nicht
für berechtigt halten.
V. 80. Gegen Heindorf, welcher in vetus etwas Tadelndes
finden wollte, hat sich mit Recht erklärt K. Schwenck in der
Ztschr. f. Alt. Wiss. 1840. S. 916 f., indem er bemprkt dass auf ein
neues Gefäss die Aussage gravis liiuiis adhaesit gar keine Anwen-
dung finden könnte. Je ehrwürdiger das Gefäss an sich ist. um so
Aviderlicher muss seine Verwahrlosung auffallen, vclus steht nicht
wesentlich anders als 6. 61.
V. 84. Auch hier hat Schwenck a. a. 0. S. 917 f. mit gutem
Grunde gegen Heindorf polemisiert. Schwenck denkt sich die
Sache so: die iori waren mit einem waschbaren Stofl'e überzogen,
den tornh'a , und darüber nun zum Prunke der (Jastmäbler Purpur-
decken gebreitet. Wenn diese letzteren sich verschöben, so würde
der abgewaschene (vielmehr ung(»waschenc) Polsterüberzug er-
scheinen und einen widerwärtigen CNuitrast mit dem Prunke jener
Decken bilden. Jetzt ist die Frage erledigt durch W. A. Becker;
s. dessen Gallus (Ausg. von Rein) II. S. 247 f. "nd vgl. auch We-
ber S. 391 f.
V. 8(). Eine unmögliche Auffassung der Stelle unternimmt
Apitz, indem er (p. 129) <lie Worte so ordnen will: hucc timlo iuslius
rcprchendi quanto minorem curam siimjiltomjuc /uthcanl quam illa
f/uac clc.
Anmerkungen zur vierten Satire. 125
V. S7. Die Qualität der Udsch. welche ncqueunl haben
(Cruquius selnveigt über die seiuigeu und lasst Lambin's uequeanl
abdrucken) kann zweifelhaft machen ob der Indicativ, welchen
man zugleich weit weniger erwarten sollte als den naheliegenden
Conjunctiv, nicht doch Aufnahme verdient hätte.
V. 90. Unbegreiflich ist wie Heindorf der Behauptung von
Bentley, die Stellung memori referas sei eleganlior , widersprechen
mochte, was sie doch, ganz abgesehen von der eurythmischen
Trennung des Adjectivs und Substantivs mittelst der Hauptcäsur,
schon darum ist weil sie in die Wortendungeu Manchfaltigkeit
bringt. Von der Seite des Sinnes ist gleichfalls die Voranstellung
von memori empfohlen: obwohl ich in die Zuverlässigkeit und Ge-
nauigkeit deines Berichtes keinen Zweifel setze. Durch diese Vor-
züge mag es aufgewogen werden dass Avie der Goth. 2 so auch,
wie es scheint, die Blandin. die iimgekelute Ordnung {ref. mein.)
haben, deren Vertheidigung bei Düutzer (11. S. 309 Anm.) nicht
befriedigt. Unzweifelhaft ist jedoch auch so dass quamvis der Con-
strnction nach zu referas gehört, nicht zu memori.
Fünfte Satire.
Einleitung'.
Die Römer haben von ihren ältesten Zeiten her einen sehr
regen Trieb nach Erwerb und Besitz gehabt, welcher durch die
Erfolge ihrer AVafieu und ihrer Politik ins Unersättliche gesteigert
und zugleich von den langsamen und mühsamen Wegen zum
Keichthum, durch Arbeit, abgezogen wurde: bald die nackte Ge-
walt in der Form von Plünderungen und Erpressungen, bald
kümmerlich in das Gewand des Rechtes gehüllte Speculationen
führten dem Senatoren- und Ritterstand unermessliche Reichthü-
mer zu, und nur in kleinerem ^[assstabe bereicherten sich auch
die gemeinen Bürger, wenn sie als untergeordnete Beamte oder
Krieger mit den Provinzen in Berührung zu kommen Gelegenheit
hatten. Aber für Alle stand dieser Weg doch nicht offen, er ver-
engerte sich sogar immer mehr, während die Genusssucht und Ver-
schwendung und damit das Bedürfniss eher noch zunahm. Die
Bereicherungswut sah sich daher veranlasst andere, auch in der
Heimat tliessende und doch nicht in der verhassten Arbeit besteh-
1 26 Zweites Buch der Satiren.
ende , Quellen aufzusuchen, liier bot sich von selbst das Erben
dar. Unter allen Arten zu Geld zu gelangen gehört das Erben
ohne Zweifel zu den bequemsten. Ist es seinem Wesen nach eigent-
lich nur auf einen kleinen Kreis beschränkt, indem es ein Ver-
hältniss der Verwandtschaft oder Intimität voraussetzt, so enthielt
die damalige Zeit manclic Umstände welche einer weiteren Aus-
dehnung jener Gelegenheit günstig waren. Mit der zunehmenden
Sittenlosigkeit und der Kostbarkeit der Lebensweise wuchs die
Abneigung gegen den Ehestand, von welcher Augusts spätere Vor-
kehrungen redende Zeugen sind; die grosse Zahl von reichen Frei-
gelassenen , welche Freiheit und Reichthum oft sehr zweideutigen
Diensten verdankten und ihrer ganzen Stellung nach vom Heiraten
abgeschnitten und ohne alle Familienverbindung waren, vermehrte
die Classe der Ehe - und Kinderlosen : und so stand in Kom der
Erbschlei clier ei ein weiteres Feld otfen als sonst irgendwo.
Erscheint sie bei Plaut. Mil, gl. V. 705 — -715 noch in der berechtig-
ten Gestalt der wetteifernden Aufmerksamkeit von Vettern und
Basen für ihren unverheirateten Verwandten , so treffen wir sie da-
gegen schon in Cicero's späteren Lebensjahren auf einer ansehn-
lichen Stufe der Ausbildung; vgl. Paradox. V, 2, 39: hereditalis
spes quid iniquilatis in scrvicndo non suscipit? quem nutum locupletis
orbi setiis non observat? loquilur ad volunUdcm , qiddquid dcnunciatum sil
facil, assectalur^ assidrl, tmincral (vgl. de off. III, 19,75). Dem
schliesst sich für den Anfang der augusteischen Zeit iinsere Satirc
an, und für deren Mitte Epist. I, 1, 77 — 79. In der Kaiserzeit, wo
mit dem Erlöschen des letzten Funkens von Vaterlandsliebe iind
öffentlichem Interesse das allgemeine Wettrennen der Selbstsucht
auf die höchste Höhe stieg und wo von den früheren Quellen der
Bereicherung so manche versiegt waren, wurde die Erbschleicherei
immer mehr zu einem völligen System ausgebildet und trat in die
Keihe der gewöhnlichen Einkommensquellen, so dass die Gesetz-
gebung sicli zum Einschreiten gcnöthigt sah, um wenigstens die
schreiendsten 3Iissbräuche wo möglich abzustellen. Vgl. Plin. II.
N. XIV, I : avariliae Umlum artcs cohnUur .... Postqiiam cocperc or-
hiliis in auclorilate summa et polcntia esse (vgl. Tac. Ann. III, 25. XIII,
52. XV, 19- Sen. consol. ad 3Iarc. 19), caplalio in qitaesiu fertilissimo,
ac sola gaudia in possidendo , pcssum irre vitae pvetia. Besonders aus
der neronischen Zeit sind der Zeugnisse für diese Unsitte viele:
Seneca de benef. VI, 3-'^, 4: Arruntium rt Hidcrium el ecferos qui cap-
landiirum Irslamrnlorum arlem pro/'essi stini: vgl. de const. sap. 6,1.
Ei)ist. VII, 6 (=6H), 10. Tac. Ann. XIII . 4-2. XIV, 40. Petvon. Sat.
IIb. 124 (wo sicIi dafür der scherzhaft tingierte Name herrdipeta fin-
det). 125. I4l. Auch wissen wir aus dieser Zeit von gesetzlichen
Massregeln gegen den Unfug: cautum ul in teslamenlis primae duae
cerac , (eslalorum modo nomine inscriplo , vacuac signaluris nstenderentur,
ac ne quis ulicni teslummli seriplor legtdum sibi udsrriberet (Suoton.
Einleilung zur fünflen Satire. 127
Ner. 17). Letztere Bestininiuug (vgl. Dig. XXXIV, 8,1: Seiialiis
pocnas legis Corneliac consliliiil adrrrsus cum qui sibi hcredilatem vel le-
guliiin scripsisscl) -wiirfle auch auf die Zeugen ausgedehnt: qiti Icsla-
menlo hcres insliluilur in eodem teslamenlo Icslis esse von polest (Dig.
XXVIII, 1, 20 pr.). Dahin gehört auch dass Testamentsbestim-
mungen wie: qua ex parle ine Tilius heredem scriptum in tabulis suis
recitaieril, ex ea parte hcres esto für ungühig erklärt wurden (l^ig.
XXXIV, 8, l), und von dem Falle si quis aliqurm leslari pro/iilnierit
vel eocf/erit handeln eigene Titel (Dig. XXIX, 6. Cod. VI, 34). *)
"Wie hieraus die ungeminderte Fortdauer der Erbschleicherei er-
hellt, so auch aus den Schriftstellern der späteren Kaiserzeit, von
Avelchen Obbarius zu Ilor. Ep. I, 1, 78 folgende Stellen anführt:
Tac. Germ. 20. Plin. Ep. II, 20. IV, 15. VII, 24. VIII, 18. Martial.
IV, 56. V, 18. VI, 63. VIII, 27. IX, 89. XI, 44. (XII, 40.) luven.
IV, 18. V, 98. 137. VI, 38 f. X, 202. XII, 93—130. Stat. Silv. IV,
7, 35 ff. Ammian. IMarc. XIV, 6. XXVIII, 4. Lactant. Inst. V, 9, 16.
(llieronym. J]p. 52.) Lukian. dial. mort. 5. 6, 3 f. 8. 9. Plutarch. de
amore prolis VII. p. 935 R.
Die Erbschleicherei ist es denn auch welche den Gegenstand
der vorliegenden Satire bildet. Sie wird darin als ein vorzügliches
Mittel zu Reichthum zu gelangen mit Humor und Sarkasmus em-
pfohlen und auf diesem indirecten Wege ihre sittliche Verwerflich-
keit, sowie die Erniedrigungen zu welchen sie veranlasst, nachge-
wiesen. Die Einkleidung hat Aehnlielikeit mit der in der ersten
unseres Buches : in beiden eine Consultation, und in beiden stimmt
der Consultierte bald einen schalkhaften bald einen kategorischen
Ton an. "Während aber dort derselbe eine Person aus der Gegen-
wart ist, so ist hier das Ganze auf einen mythologisch -literari-
schen Boden verlegt. Der Befragende ist nämlich üdysseus, der
Befragte Tiresias, und die ganze Scene wird an Odyss. XI, 137
angeknüpft, indem üdysseus, nachdem ihm Tiresias mitgetheilt
dass er arm **) in seine Heimat zurückkommen und dort seine Ha-
be von den Freiern aufgezehrt linden werde , von dem Seher nun
auch darüber Belehrung verlangt auf welche AVeise er diese seine
schlimme Lage werde verbessern können. Indem sie aber so sich
als Fortsetzung und Ergänzung der Odyssee geben will ironisiert
die Satire selbst wieder diese ihre Einkleidung, indem sie sie fort-
während neckisch durchbricht, specifisch römische und der unmit-
telbarsten Gegenwart entnommene Züge einmischt, hiedurch das
Ganze in einem heiteren Zwielichte hält und von vornherein die
nüchterne Einwendung beseitigt dass für die Verhältnisse des
Odysscus auf seiner kleinen Insel der Kath ein sehr unpraktischer
*) Vgl. C. Thomasius , de iure iniust. her edipe lamm, Halle 1G05. Byn-
kershoek, de caplatoriis instilutionibus , in dessen Opusc. p. 232 flf.
**) Anders freilich Odyss. V, 38 flF.
128 Zweites Buch der Satiren.
sei. Ebenso macht der grelle Coutra.st der Ebrwürdigkeit des Re-
denden und Ern.sthaftigkeit .seiner Sprache mit der absoluten Fri-
volität des Inhaltes einen komischen Eindruck. Diese Schalkhaf-
tigkeit der Behandlung, wie die sittengeschichtliche Wichtigkeit
des Gegenstandes, hat bewirkt dass man von jeher die gegenwär-
tige Satire zu den anziehendsten unseres Dichters gerechnet hat.
Indessen durch allen Scherz der Ausführung schimmert die ernste
•Grundanschauuug hindurch, dass dieses Treiben eine Entwürdi-
gung des Mannes, eine Knechtschaft sei, sittliche Freiheit also
nur dadurch sich gewinnen lasse dass man darauf verzichte auf
äusseren Besitz übertriebenen AVerth zu legen.
Eine streng logische Anordnung des Gedankenganges ist von
unserer Satire um so weniger zu erwarten je treuer sie den Cha-
rakter eines Gespräches und der salura bewahrt. Nach der Einlei-
tung (V. 1 — lO) werden zuerst die Aufmerksamkeiten geschildert
durch welche man sich die Gunst kinderloser reicher alter Leute
zu verschafien suchen müsse (V. 10 — 44). Den Zweck maskiere
man dadurch dass man auch da wo nur ein einziger, schwächlicher
Sohn vorhanden ist sein Netz auswirft (V. 45 — 50). Seine Neu-
gierde über den Erfolg der Bemühungen muss man zu verhüllen
wissen, um nicht gefoppt zu werden (V. 51 — 69). Rath sich unter
der Umgebung der Alten Bundesgenossen zu gewinnen (V. 70 — 72),
ganz besonders aber die Haiiptperson selbst durch jedes Mittel,
auch die schnödeste Preisgebung, zu ködern (73 — 83)- Dabei ist
aber Vorsicht nöthig, dass man nicht durch Uebermass des Eifers
den entgegengesetzten Erfolg herbeiführe; die Eigenthümlichkeit
des zu Erobernden muss für die Wahl der Alittel massgebend sein
(84 — 99). Auch über den Tod des Umworbeneu hinaus muss die
Rolle fortgesetzt (99 — 104) und durch Liberalität einer Erweiterung
des Geschäftes vorgearbeitet werden (100 — 109). Komisch jäher
Schluss (109 f).
Für die Bestimmung der Abfassungs z eit unserer Satire
ist ein Anhaltspunkt gegeben an V. 6"2 — 64. Dort ist der Gedanke
,,zur Zeit des Octavian" so ausgeführt dass Octavians Leben nach
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auseinandergelegt wird:
er ist ein Sprössling des Aeneas, gross zu Wasser und zu Land,
und wird den l'arthern noch furchtbar werden. Die Satire muss
also zu einer Zeit verfasst sein wo Octavian durch Siege zu Was-
ser und zu Lande unbestrittener Alleinherrscher auf beiden ge-
worden war und nun ernstlicher daran denken konnte das alte
Project seines Oheims, die Rache an den l'arthern, zur Ausfüli-
rung zu bringen. Beides passt auf das .lahr nach der Schlacht bei
Actium , 724 d. St., in welches auch Weber (lloratius als Mensch
etc. S. 176 — 17H) und Düntzer die Satire setzen (s. Rhein. Mus. IV.
S. 209. vgl. 229). Vor der Schlacht bei Actium dieselbe verfasst zu
denken (wie Grotefend a. a. 0. S. 465, b, und Franke p. 118 f. das
Rinleiliiiig zur rünflon Saliro. 1 29
J. 722 annclimoii) sclioint die ausdrückliche Erwaliimng von iSee-
siegen zu verbieten; denn der bei Actiuni Avar der erste grosse
welchen Octavian zur See davontrug. Denn der bei Naulochus
(;-i. Sept. 71^^) war ohne persönliche Theiliialune des Octavian
durch Agrippa erfochten worden und war nicht zu preisen ohne
dass zugleich die früheren unglücklichen Seeschlachten gegen
Scxt. Ponipejus , besonders Octavian's Niederlage bei Taurouie-
niuin, ins Gedächtniss gerufen worden wären. Auch passt zu der
Zeit vor Actiuni nicht die unmotivierte und fast gewaltsame Art
wie eine Gelegenheit dem Octavian eine Artigkeit zu sagen auf-
gesucht und gemacht wird, welche sich sehr bestinnnt unter-
scheidet von dem Verfahren der ersten Satire unseres Buches,
wo Iloraz, trotz äusserer Veranlassung zum Gegentheile, von Octa-
vian noch in sehr fremdei", kühler und ausweichender Weise redet.
Dagegen seit Actium und Antonius' Tod war Octavian's Herr-
schaft die einzige politische Möglichkeit, gegen welche sich nur
llartköptigkeit oder Principienreiterei verstecken konnte. Wie
hienach die Verschiedenheit des in beiden hervortretenden Ver-
hältnisses zu Octavian darauf führt die fünfte Satire um einige
Jahre nach der ersten anzusetzen, so wird diess ferner wün-
schenswerth durch die schon hervorgehobene Aelmlichkeit der
Einkleidung in beiden; und die für unsere und die erste Satirc.
gefundenen chronologischen Ergebnisse dienen so sich gegenseitig
zur Unterstützung. Uebrigens die zeitliche Kluft zwischen bei-
den Satiren allzu gross anzunehmen und die fünfte etwa mit C.
Passow und Kirchner (oben I. S. 19) ins J. 725 oder mit Weichert
(Poet. lat. rel. ]). 346. n. Jl) ins J. 726 zu setzen scheint unrätli-
iich, weil in diesem Falle ein bestimmteres Eingehen auf die
drei Ereignisse des J. 725 (Schliessung des Janustempels , drei-
facher Triumph , Uebernahme des Magisterium morum durch Octa-
vian) zu erwarten gewesen wäre; auch hätte alsdann Horaz Er-
folge über die Parther nicht als etwas erst Bevorstehendes be-
zeichnet, sondern als bereits erreicht, da Octavian im Winter
72-it auf 725 in Kleinasien durch die Händel zwischen Tiridates
inid Phraates Gelegenheit erhielt schiedsrichterliche Autorität über
Beide auszuüben (Dio LT, 18).
Eigens behandelt ist die vorliegende Satire von J. A. (J.
van Hensde , in den Utrechtcr Symbolac literariae VIH, p. 99
— 194, welche Bearbeitung mir übrigens nicht bekannt gewor-
den ist.
noUATII SAF. II, 2.
1 30 Zweites Bucli der Satiren.
Anmerkungen zur fünften Satire.
V. 9. ))iissis ambayihus verbinden die Scliolien, Haberfcldt,
Herbst, Orclli n. A. mit arcipc. Die von Hoindorf liiegegen geltend
gemachte Wortstellung sucht Orelli durch Od. IV, 12, 26 zu ent-
kräften, wo aber der Fall ein ganz anderer ist, indem dum licet
in das eine grammatische Einheit bildende nigrorum igniiim mcmor
misce an beliebiger Stelle eingeschoben w^erden kann, da es zum
Ganzen gehört; abgesehen davon dass von den Freiheiten eines
lyrischen Gedichtes nicht ohne Weiteres auf eine Satirc sich fol-
gern lässt. Auch hat Weber, Sat. S. 403, richtig bemerkt dass tniss.
amb. accipe vielmehr bedeuten w ürde : höre so dass du (in Bezug auf
das Anhören) aWeambages bei Seite lassest. Wüstemaun undDiintzer
fassen es als selbständigen Zwischensatz, ut amhages millatn , da dem
Tirosias , welcher nach V. 1 mit Odysseus schon viel gesprochen
habe, die Zeit kurz zugemessen sei (Wttstemann). Aber von einer
Eilfertigkeit des Tiresias ist vor V. 109 lediglich Nichts zu entde-
cken ; und eine Versuchung ambages zu machen war für Tiresias
um so weniger vorhanden da Odysseus, wie Weber gleichfalls
bemerkt hat, selbst auch sehr gerade auf sein Ziel losgegangen
war. Ueberdiess eri'egt auch bei dieser Auffassung die Stellung
der Worte Bedenken. Durch diese wird einzig begünstigt die
von Heindorf, Weber, Krüger gewählte Beziehung auf horrcs. Hie-
bei ist der Umweg über ie horrcre dicis nicht einmal nöthig, wel-
chen übrigens Wüstemann, nachdem er dafür den ciceronischen
Gebrauch angeführt hatte , nicht daneben für unlateinisch erklären
durfte; Jiorrere bezeichnet das Gefühl des horror auch als geäus-
sertes, xuid ainbfigrs wird nicht blos von Worten gebraucht, sondern
auch von Handlungen, wie l)ei Liv. IX, 11 g. E. Pontius das dass
Postumius den römischen Fetialen mit dem Knie gestossen vi.r pue-
ris dignas amhages nennt. Die Worte besagen: weil du denn also
einen ungekünstelten herzlichen Abscheu vor dem Annsein hegst.
V. 10. Dem gedächtnissstarken Ovidius, als er unter den
Aufmerksamkeiten für dieG(diebte auch die Zusendung eines Kram-
metsvogels aufführte (i/iiin rdaiii turdoipic Uccl missat/ur rolttmbn Tr mr-
momn ditmiiiac leslificerc lu(ii\ A. A. II, 2(i!) f.), fiel der Ziisaunnen-
hang ein in welchem Horaz denselben Vogtd erwähnt, und er fügte
daher die Verwahrung ein : titrpilrr /lis rmilitr sprs mn/iis et nrlta se-
nccliis. Ah pcrcant per (jiios munera crimen hnhent! (ib. 271 f.)
V. 11. Heindorfs Sträuben gegen die Erklärung des prirtim
dincli r.vimium begreife ich uiclit recht. Wenti diese Bedetjfung nicht
erweislich ist, so kann diess seinen Grund darin haben dass das
Wort überhaupt der ältercMj Spracli(> angehört und in ilou auf uns
gekoniiiicncn Siliril'twerkeu d;ilH'r selten ist ; seiner ( Jnindliedeutinig
Anmerkungen zur fünllen Satire. 131
aber liegt sie so ualie wie beim deutscheu JBcsouder uud deu ge-
gentheiligeu BegriflPeu (gemeiu; vgl. "Weber Sat. S. 404); uud iu der
gegeuAvJirtigeu Stelle wird dieselbe durch den Zusauuiicnhang cut-
scliiedeu gefordert. Denn nicht das Nächste Beste oder alles uud
jedes was man geschenkt bekommt soll dem lleiclien zuwandern,
sondern was einen besonderen Wertli hat, als Leckerei u. dgl. Bei
Ileindorfs Erklärung enthielte 7^/'/V(//» eine Tautologie und Trivia-
lität ; denn zum Eigeuthum wird übcrhauj^tt Alles was man geschenkt
bekonunt. Auch Orelli's 3Iodification {ca cotulirionc ul In solus eo
fniare) bessert nichts; nicht nur ist das die gewöhnliche Vorausse-
tzung bei jedem Geschenke, sondern es ist zugleich etwas das der
orhits der Gabe nicht ansehen könnte, was also den AVerth dersel-
ben für ihn nicht erhöhen würde. Dieser Werth muss ein objecti-
ver, in der betreffenden Sache selbst gegründeter sein. Ich fasse
daher das Wort wie AVeber, Krüger und — nach seiner Ueberse-
tzung zu schliessen — Kirchner.
V. 17. AVäre er auch der grösste Schurke, so musst du ihm
dennoch den Elirenplatz einräumen wenn du , von ihm zum ]\[itge-
hen aufgefordert, dich mit ihm auf der Strasse sehen lassest. Es
hiesse sich aller Ansprüche auf dankbare Anerkennung begeben
wenn man mit einer solchen Achtungsbezeugung warten würde bis
der Betreffende sie selbst verlangen würde (vgl. V. 75). Ich be-
ziehe daher (mit Düntzer) si posltilet nur auf die Begleitung [co-
mcs ire, vgl. TibuU. I, 4, 41: fieii comes ire nerjes etc.). Einer sol-
chen Aufforderung ist nicht nur Folge zu leisten (oi)wohl es schon
schimi)tlich genug ist in solcher Gesellschaft öffentlich zu erschei-
nen) , sondern dabei noch überdiess ihm der Ehrenplatz zu lassen.
Comes exlcrior ist von den Auslegern längst ins Reine ge-
bracht. Wie es hier identisch ist mit latus (vgl. I, 3, 59) tegere'^)
(oder l. cUmdcre bei .luv. III, 131), so ist dieses selbst Avieder .(nach
Suot, Claud. 24 vgl. Eutrop. VII, 8 ^= 13) identisch mit laevwn inccdere.
Dass die rechte Seite der Ehrenplatz war erhellt z. B. auch aus
Sueton. Tib. 6 g. E. Zur Erklärung der betreffenden Ausdrücke,
welche von Weber Sat. 405 gewiss richtig gegeben ist, ist beson-
ders lehrreich Xen. Kyrop. VIII, 4, 3: ov aalLöxu ixiua naou xtiv
c<Qiax£QCiv xsiQa (^ey.a&iasv) ^ cog eveTtißovkevxoxEQdg xavxtjg ovßt]g rj
xi}g 6s';^i.ug. Indem man sich links stellte erklärte man sich also gleich-
sam für den Knappen des Andern. Der Freiherr von Keichenbach
bringt auch diese Sitte in Zusammenhang mit seinen odischen Ideen.
,,Man sagt zwar es geschehe um der bevorzugten Person die rechte
Hand frei zu lassen. Diess mag seinen Antheil an der Sitte haben;
aller ungleich schwerer wiegt hier der EiuHuss der Sensitivität.
Wenn zwei ^Menschen seitwärts nahe an einander stehen , so ver-
laden sie ihr Od ircKenseiti"; auf einander: der welcher rechts steht
*) Vgl. auch Sen. Ep. 22, 0: nudum crit latus f incumilala Icclica'f
j 32 Zweites Buch der Satiren.
erhält vom Liukssteliciuleu oduogutive Zuladung, dor wclclitn- links
stellt vom Andern odpositive. Es gewinnt also der Rechte an Ne-
gativitüt so viel als der Linke davon verliert; andererseits erhält
der Linke so viel au Po.sitivität hinzu als der Rechte auf ihn ab-
lädt. Nun ist aber der Zustand der grösseren odischen Negativität
der kühlere und angenehmere , der der grösseren Positivität der
lauere und widrigere. Der Schlüssel zu diesem uralten Herkom-
men liegt also im Innersten unseres Naturells." Odisch-magnetische
Briefe, XIII. Allgemeine Zeitung 1852. Beilage zu Nr. 17«. S. 2844,
f.«.; V. 18. iitiie etc. von einer Zumutung (limc vis, posltihts vi etc.)
welche mit Entrüstung abgelehnt wird, wie Ep. I, 18, 16 f. Liv. IV,
2: illine ul impime .. concilent fitiilima bella? V, 24: viclaume itl quisquam
viclrici palriac 2)i^aeferrel? — Auch vgl. Liv. XXXV, 42: mm ila se
a nwciita cum gessissc.
V. 20. hoc bezieht auch Funkhänel , Ztschr. f. Alt. Wiss.
1844, S. 704, auf die Armut: hac condicionc si opcs rcparandac sunt,
forlcm animum paujycrlalcm lolcrare iubcbo. AI stdtim tarnen (inimum ad
id rcvocans qiiod vchcmcnlissime ciipil .. shmdque iion soJum turpem esse
viam a Tiresia 7no)islratam , sed cliam longam esse repulans admonet va-
tem ul j)alcfaciat quo modo celerrime clivilias possil colUgere. Sed perslal
in seiUcntia Tiresias , dcnuo de Icslamenlis captandis jtraccipiens. Aber
zu einem solchen Herumfahren in entgegengesetzten Ansichten
(ich will arm bleiben: nein, ich will nicht arm bleiben) geben die
Worte des lloraz lediglicli kein Recht; Aväre durch forlcm — iubcbo
der Entschluss arm zu bleiben ausgesprochen und durcli cl — luli
weiter begründet worden, so könnte unmöglich ohne allen iTeber-
gang fortgefahren werden: sage wie ich schnell zu Reiclithum ge-
langen könne. Und überdiess ist des Odysseus Entschluss die Ar-
mut nicht zu ertragen vieiraehr der feste Ausgangspunkt der gan-
zen Situation, der Befragung des Tiresias (vgl. auch V. 9). Hoc
kann daher nur auf die Zunuitung bezogen werden einem verächt-
lichen Wicht den Vortritt vor sicli zu lassen. Iliegegcn wallt des
ILdden edler Stolz auf, um sich aber sehr schnell gefangen zu ge-
ben sobald ilun Tiresias das Medusenhau])t der Armut entgegen-
hält. Er unterwirft sich, verzichtet aiif allen Widerspruch*) und
heisst den Tiresias in seiner Aufzählung der Büttel zum Reichthinu
fortfahren {prolinus wie Ep. I, 18, 67. Virg. (Jeorg. IV in.). Tiresias
antwortet: Ich kann nur wicd(>rholen dass das beste Älittel die Erb-
scldeichcrei ist, deren Theorie er dalu'r weiter auseinandersetzt.
Aehnlich bekehrt sich NeojjtobMuos bei Soph. Phil. 116 rasch wie
Odysseus seinen Eingeiz zu kitzeln weiss.
Forlcm (>rhält <hirch sein(> Stellung und das nachlolgcmb« rl
da.s Gewicht ein(>s ersten («nnides: fürs Krstf ist nu'in <ini»ius ja
*) Wie <,M-iiiiillich sciiio K'osifjiüition ist /.oij^t er hosoiulors \'. "(i IV.,
wo schie fin/.i;ji' lOinwcudinitr «b-r ZwoilVl ist ol) rciioliUH' ;»uf <l:»s .Vii.sin-
iicii ciu'^'i'licii wi'idc.
Anmerkungen zur riinrien S;ilire. l'.V.]
iilierliaupt /hrlis, und ilann ist es vicllciclit niclit i-iiiinal das Aergstc
vdii Alli'ni was je über mich gekoiunien.
V. 26. Ullis US gehört zu beiden Satztheilen, steht aber erst
lieiiii zweiten; vgl. Dissen zu Tibull. I, 1 , 51 und das Beispiel aus
Ovid. A. A. ir, -269 oben zu V. 10.
V. 28. Uelter die Verbindiin.:;sweise von hnjirobiis liat We-
ber 8. 407 f. eine selir au.sfülirliche P]rnrterung angestellt. Ohne
Zweifel lässt es sich nehmen als laiu {'da) improhus u( — voccl (vgl.
1,1, 95); doch scheint mir ans dem Gegensatz V. .'30 hervorzuge-
hen dass der Dichter es vielmehr als selbständigen Zug sich ge-
dacht habe: denjenigen der als notorisches niauvais sujcl wenige
Freuudc (advocali) und Vertheidiger hat, und dessen Sache die
schlechtere ist (so dass der Process selbst von der audacia des be-
trefTenden Individuums zeugt), nimm du in deinen Schutz, falls
derselbe zugleich ein kinderloser reicher ^laun ist. (IMitsclierlich
Kac. VIII. p. 5 verbindet: improhus uUro i/liiis rshi dcfcnsor . und er-
klärt: iniproho, suinmo sludiu cnussa/ii istius hi)minis (if/c , idquc ullro, uon
rogalus, o/frrciido Ic dcfcnsorein acerriinum caussae eins, et si jjcssimac.)
Y. 32. Da der Vorname das einzelne Glied einer Familie von
anderen derselben Familie unterscheidet, die Anrede beim Vorna-
men somit die der Familie cigenthümliche ist, so ist sie die vertrau-
lichste und, von einem Ilochstehenden angewendet, unter Umstän-
den für den Augeredeten schmeichelhaft. Ueberhaupt aber hat jede
Allkürzung des vollen offiziellen Xamens , also ebenso auch die
AVeglassnng des Vornamens, einen familiären Cliarakter. Vgl. Cic.
ad Fam. VII, 32, 1 : quod sine praenomine fnmilinriler , ul debebas, ad
me epishiJam misisti u. s. w. — Ueber die praenoniina im Allgemeinen
vgl. Orelli Inscr.Xr. 271 1 — 2728. Index dazu vonllenzen p. 1. Ueber
pula s. Hand Tursell. IV. p. 627 — 629. In unserer Stelle steht es
der ursprünglichen Imperativbedeutung (denke dir) noch ganz nahe.
V. 35. Vgl. Livius VIII, 32, 9: vilam sibi cripi eilius quam glo-
riam rerum geslarum pusse, und andere Stellen bei Hand Tursell. II.
p. 78. Ebenso ocius, Ep. I, 14, 23. — oeulos, s. meine Anmerkung
zu Aristoph. Nub. 24.
V. 30. Vgl. Plaut. Pseud. I. 3, 137 -- 371 li. : Icd amalorem
esse invenlum inaiiem quasi eassam nueem. — pauperare, ein der
Volkssprache eigenthümliches Wort, daher sonst nni bei Komikern,
wie Plautus (Mil. gl. 729. Pseud. 1128 R.) und Titinius (v. 66. 134
Kibb.), sowie den späteren Alterthümlern , vorkommend. Eben
darum aber ist es auch in unserer Stelle vorzüglich passend.
V. 38. pclliculam curare, volksthümlich gefärbter Aus-
druck statt des sonstigen edleren corpus curare (Livius III, 60. IV,
9. V, 28. 45. XXXVI , 18 u. oft). Aelmliche Verwendung von pellis
I, 6, 22, sowie von cutis Ep. I, 2, 29. 4, 15. Auch Lucil's fnllicidus
{ego ^ si quis sum et quo foUiculo nunc sum indulus . XXVI, 17 Dousa)
gehört bieher. — Coguitor , der durch öfl'eutliche und mündliche
134 Zweites Buch der Satiren.
Erklärung vor Gericht bestellte Vertreter eines (in der Stadt) An-
wesenden, der als solcher ganz domini loco huhclur (Gaius IV, 97)
und daher das Anwesendbleiben des dominus überflüssig macht, wäh-
rend der proairator, als Stellvertreter eines AhAvesenden, seine Le-
gitimation erst erweisen , d. h. Bürgschaft stellen muss dass der
eigentliche dominus die in seinem Namen vorgenommenen Rechts-
handlungen als für sich verbindlich anerkennen werde. — Ipsc
trete selbst (persönlich) an dessen Stolle , in gedachtem Gegensatz
theils zum dominus Ulis, der bis dahin den Process geführt hat, theils
auch wohl gegen Anrufung irgend welches Dritten, etwa eines
Kechtsgelehrten. Dass Bentley seine widernatürliche Trennung
von fi cogn. und ipsc später selbst aufgegeben hat ist schon vonOrelli
11. A. angemerkt.
V. 39. Die erste Hälfte malt schon durch ihre Lautverhält-
nisse die Ueberwindung von Widerstand. Zur zweiten Hälfte vgl.
Tibull. I, 7, 21: arcnles cum findil Sirius agros, und andererseits
Afranius V. 106 Kibbeck: siliccs cum findat gehis. Virg. Ge. IV, 13j
f. : cum (rislis hicms — frigorc scixa rumpcrcl. Die Vergleichung bei-
der Stellen zeigt zugleich die Abgeschmacktheit des Ausdruckes
(von Furius Bibaculus?) Canic. f. infantcs slatuas'^-). Das Zerspren-
gen von Kieselsteinen mag als hyperbolische Kcdeweise hingehen;
wenn aber ein Kunstproduct , eine Statue — sei sie von Holz oder
von Stein zu denken — in solcher Weise als Thei'uiometer behandelt
wird, so ist der Missgritf um so schwerer da eine zersprungene Statue
an sich eine unästhetische, ja lächerliche Vorstellung ist, die sich zu
pathetischer Verwendung schlecliterdings nicht eignet. Dazu kommt
nocli das unglückliche infanlcs, über welches s. Orelli mid Weber.
V. -10. Schon zu Weber's Sat. 41) habe ich auf die Notiz aus
dem Gloss. Philox. aufmerksam gemacht: omasum, ßosiov Y.oTCiov
ki7TC((3oi> . rrj xcov rdXkcov yAwTTj/, und danach wahrscheinlich ge-
funden dass mindestens auch omaso (vgl. Ep. I, 15, 34 und Capito-
lin. Pert. 12, avo als Beweis vonPertinax' Knickerei angeführt ist : omi-
ris si quando de prandio suo millcre voluit misit o/fulus binas aul omosi pur-
lem , (difptando lumhos g(dlinaccos) als parodisclies Citat ans Purins zu
denken sei, indem das von diesem Epiker vielleiclit zuerst litt>rarisch
verwendete Wort vom Satiriker auf den Urheber s(d!ist angeweiulet
wäre**). War aber hienadi Furius ein starker Esser und in Ftdgc
dessen schmeerbäuchig (vgl. Sen. Ep. 47, 2 : ingcnli avidilatc oncratdisicn-
*) Mitscherlicli Kac. IX. p. 1 f.: muiorcm ridicuti pavlcin in tota locu-
tiotie poneiulam c.ristimo , qiioil furius uou tcrram solis ardure f'indi di.rcril,
quitd fcvc sulcinue est poclis in ciusmnili dcscriptionibux , sed miuiitulas xlalmis;
<]H(id (juiilcm iiifra oiimcm rpicnm difinitiitcni esse videlur.
*'*) Mitschcrlkh Kiic. IX. p. r> findot die Kczicluiiijr .-luf die Dickbäu-
cliigkoit dos Furiu.s darum niclit wahrsclioinlich woil Horaz selt»st (in spä-
tcr<;n Jalircii) nadi Suctoii «Acsv/Zj/v (joweseu .sei, und mrint : iitrumt/uc poeta
Fuvin iiiipiiK/if. rdticiinlem distcnlo venire et sordcs cibi gencre vilissiiiio. Desig-
Anmerkungen zur fünften Satire. 135
liim ven(rcm), so ist vorauszusetzen dass er auch einen entsprechen-
den Durst gehal-t haben werde (umgekehrt Plin. TI, N. XIV, 28,
HO: oltiis, ul f/i(onUüfi bihcril taulutn cdat, prctium vhwlniliac lege aceipü),
und wir werden dalier geneigt sein hoi Plin. IT. N. Praef. 24: Lu-
euhratiimem {inserijtsit librum), jntio (jitia Bihacuhis erat et voral/atiir auf
die häutige Theilnahmc an abendlichen Symposien bei Laiiipen-
schein (vgl. oben J, 2j) zu beziehen, statt mit L. von Jan, Ehren-
rettung des ^I. Furius Bibaculus, in den Verhandlungen der Erlan-
ger Philologenversamndung (Erl. 18ö2. 4) S. 60 — 64, Vivactthis zu
lesen und es von Lebensverlängerung durch Nachtarbeiten zu ver-
stehen, wogegen s. auch Rührnmnd in ]Mützeirs Ztselir. f. Gynina-
sialw. VII (J853). S.658 — 662 und v. Jan's Koplik, nebst Eührmund's
])iil»lik, Ebds. VIII (1854). S. 234 — 236 und im Philologus IX. S.443.
Weitere Conscquenzen jener Lebensweise und Körperbeschafl'en-
heit, welche (inf eonsjuiet ein Liclit werfen könnten, seien liiemit nur
angedeutet. Uebrigens lässt unsere Stelle annehmen dass Bibaculuy
noch lebte; und da er im J. 651 geboren war, so stand er damals
in seinem 73sten Jahre , war also in diesem Sinne allerdings Viva-
eulus. Sonst vgl. über ihn Kirchner oben zu Sat. I, 10. S. 351 f.
V. 43. a?nieis aptiis eigentlich an sie sich anschliessend, wie
solibus rty;/«/5(Ep.1, 20, 24) den Sonnenstrahlen sich anschmiegend, ih-
nen nachziehend bedeutet, trotzdem dass Döderlein seine paradoxe
Beziehung auf die Kahlkö])tigkeit des Dichters auch neuestens ernst-
haft wiederholt hat. Aber dann würde ja der Dichter in einem
Athem sagen er habe (schon lange Zeit) graue Haare (pracca-
niim) und er habe keine Haare.
V. 48. Heindorfs uti (statt ut et) würde an Wahrscheinlich-
keit gewinnen wenn man für die augusteische Zeit noch die Schrei-
bung utei voraussetzen dürfte; auch wird es unterstützt durch die
Varianten et ut und ul (ohne et) , weit mehr als durch die Innern
Gi'ünde welche Heindurf beigebracht hat und welchen gegenüber
die Haltbarkeit von ut et schon von Wüstemann und Orelli erwie-
sen ist. Neben Heindorfs Vorschlag lässt sich auch der von Apitz
p. 130 hören: ul adscribare ^ wobei als vermittelnd die Schreibung
ut atscr. zu denken wäre.
lieber die hier zutreffende substitulio puptllaris s. Inst. II,
16. Gajus II, 179. Ulpian. XXIII , 7 AT. Cic. de inv. II, 21 , 62 (wo
auch mehrmals der Ausdruck sceundus heres gebraucht ist).
V. 51. quictimque tradet — ahntierc memeulo , leichte Anakolu-
thie, s. Kirchner zu I, 2, 101. S. 63 f. Anm.
V. 55. Dafür dass rccoclus hier nicht seine gewöhnliche Be-
deutung (umgoschmolzen , umgebacken — aus einem Vvir in einen
scriba) habe, sondern die von gerieben, durchtrieben, abgefeimt,
nulur igilur poela fameliciis, qui. quo ventrcm sutim cxpleal, ad eiusmodi ci/jos con-
fugere necesse liaheat, gleich dem Parasiten in Ep. I, 15, ^U f.
13(3 Zwx'iU'S üucli clor Saliren.
lü^bt sich eiuzig die Analogie von relorridiis anführen, welche selbst
eine zweifelhafte ist. Denn bei Gellius N. A. XV, :\0, I {qui ah (ilio
fjcncrc vilae delrüi iam el rclonkU ad lilcranim disciplinas scriii!> adciiiil
— fluni incpli el friroli) ist es durchaus nicht in lobendem Sinne ge-
setzt, sondern als Gegentheil von jugendlicher Frische (ausgetrock-
net), und ebenso kann es in der Fabel von der Katze und den Klau-
sen genommen werden, bei Phcädrus IV, 2, 16: (diquol seciilis vcnil
el ?^elorndus, Qui saepe laqiieos ei imiscipida e/fugcral: eine vor Alter
eingetrocknete (provinciell: eingesclmurrtc , huzelig gewordene),
die aber vermöge ihres Alters auch erfahren und gewitzigt war.
Für die fragliclie Bedeutung von recoclus selbst hat man nur Catull
54, 5 anzuführen gewusst: Si non omiüa displiccrc vcllem Tibi el Su/'-
ficio seni recoclo ... Da aber die Stelle ein Fragment ist, so gil>t
sie Nichts an die Hand was nöthigen würde von der sonstigen Be-
deutung des Wortes abzugehen, für welche man hängst Valer. Flacc.
VF, 444 angeführt hat, wo es von Medea heisst: reeoqxnt fessos ae-
lalc parentes, so dass senex recoclus einen Greis bezeichnen könnte
der sich durch Künste der Toilette jung zu machen bemüht ist, ähn-
lich wie (mus rerocla viiio desPetronius bei Diomed.III.p. 317. Dazu
kommt als entscheidend dass bei der entgegengesetzten Erklä-
rung: ein al)gefeimter Schreiber , gewesener Vvir, letztere Bestim-
mung nicht nur sachlich höchst raüssig, sondern auch sprachlich
unmöglicli ist. Denn wenn in der späteren Kaiserzeit ex consule,
ex quucslore \\. s. w, gesagt wurde (Hand Tursell. II. p. 6öO, 13),
statt des früheren vir consularis , quacslorius , so wird man doch dar-
aus Nichts für Iloraz folgern wollen. (Die Heiudorfsche Auffas-
sung vertheidigt auch Mitscherlich, Kac. VI. p. 5 f., w'o es heisst:
recoqui ca diciinlur quac coqiieiido innovaulur alque (diam formam ituluunl.
De ferro Flor. III, 20. Ad hnminem si Irans ferlur recoclus is dicehir
qui alias faclus esl alque anlca eral, sive corporis speciem , sive cxlernani
eius rondilio7icm, sive denique auimi hahilum specles, designala siniul mula-
tione in melius facla. De inyenio ullerius informando alque perpoliendu
adhihuil Quinlil. .T. 0. XII, 6, 7.)
V. 59. Für jeden Unbefangenen ist die nach dem Wortlaut
zunäclist sich darbietende Deutung der Worte quid quid dicain
aut eril aut non die von Boethius undBentley aufgestellte, weldie
auch Funkhänel (Ztschr. f. A. W. IH44. S. 70j) vertheidigt hat:
Alles was ich sage geschieht — oder auch nicht. Was man hi(>ge-
gen vorgebraclit hat sind mehr Vorurteile als Gründe, llaberfiddt
macht zunächst den Apollo geltend: lloraz spotte ihn- Götter und
der Keligiiui niemals, sondern rede davon immer mit Anstand.
Aber ein Spott auf Apollo ist aucli so nicht vorlianden: der Gott
bat dem Tiresias das dirinare verliehen mit allen Eigenschaften
welclie zu dessen UegriiVe gehören und deren eine nun einmal nn-
torisch di(f I\löglichkeit des Nichteintrefi'ens der Weissagungen ist.
lieber die Grenze erlaubten Scherzes wäre wohl >iur dann hinaus-
Anmerkungen zui fünftcu Satire. lo7
gegangen wenn eine deui Gott selbst zngosclu'iel»ene Wei^f^agung
in solclier Weise verdächtigt wäre. Sodann hat man aus V. 62 ft".
argumentiert: der dortige Preis des Octaviau würde wesentlich be-
einträchtigt durch das Vorausgelien einer so zweideutigen Erklä-
rung. Aber ein unmittell)arer Zusannnenhang zwischen dieser und
dem erstereu findet nicht Statt, beide sind durch eine Zwischenrede
des Odyssens auseinandergehalten, und die Erwähnung ()ctavian's
bildet nur die Zeitbestimmung für den Gegenstand von Tiresias'
Weissagung, nicht iliren Inhalt selbst. Endlich hat man die Sticlie-
hM auf das Bedenkliche der Weissagekunst frostig und scliaal ge-
funden. Das ist Geschmackssache und kann uns uiclit hindern der
durch die Worte selbst gebotenen Erklärungsweise zu folgen. Und
diess um so mehr je bedenklicher die entgegengesetzte Deutung
ist: was ich sagen werde wird entweder geschelien : näudich wenu
ich sage es werde geschehen; oder nicht geschelien: wenn ich sage
dass es nicht geschehen werde. Ihr sind nach dem Vorgang alter
Erklärer namentlich Döring, Jacobs (wiewohl zweifelnd), Haacke
(Onaest. Ilor. Spec. II), Düntzer, Wüstemanu, Weber gefolgt*).
Indessen die von Jacobs dafür (eventuell) angeführte Stelle Xcu.
Anab. IV, 4, 15 beweist vielmehr die Unmöglichkeit jener Deu-
tung. Denn wenn es dort heisst: ovtog idoy.ei xca ttqotsqov rcoXXa
t'jdt] alijd^EvOcd roKxvra, ra övra xe cog ovtcc y.al xa fitj oVr« cog ov/.
oj'r«, so ist hier eben das ausdrücklich gesetzt was in unserer
Stelle, wenn sie denselben Sinn halien sollte, gleichfalls nicht feh-
len dürfte, oder mindestens erfordern würde dass es hiesse: dicam
qHkhpihl cril aiU iion (crit). Wenn Keisig (lat. Sprachwiss. S. 83ö)
und nach ihm Paldamus (Ztschr. f. A. W. 1838. S. 1145) und Apitz
Letzteres durch die Annahme eines Hyperbaton zu gewinnen su-
chen, so muten sie damit unserem Dichter eine Unfähigkeit sich
auszudrücken zu welche unseren Begriffen widerstrebt , und zwar
um eine Aussage zu Wege zu bringen welche, streng genommen,
nicht einmal in den Zusammenhang passt, da Tiresias im Weiteren
keineswegs alles was geschehen und miterbleiben wird voraussagt.
Es ist noch übrig mit Orelli, Düntzer, Dillenburger, Krüger u. A.
eine Dilogie anzunehmen, so dass Horaz scheinbar die beiderlei
Seiten der Wahrsagekunst, das Voraussagen dessen was gesche-
hen und dessen was unterbleiben werde, ausführe, zugleich aber
durch die Wortfassung in neckischer Weise seine persönliche An-
sicht über den AVerth derselben aiuleute. Diese Erklärung beruht
*) Einen unmöglichen Mittelweg- schUigt Mitscherlich ein (Rac. II. p.
0), indem er die D<)ring:'sche Dcutunjr verwirft und doch in den Worten
den Sinn finden will: ego vales sunt veracissiinus , r/uippe ab ipxo .^pollinc
edoctus. ,,yimirwn Tiresias et omnino vales e.v mente poelnc scmpcr vera di-
citnl, qnalenus vaticinia sua lom ohsciiris ambafjihiis involvunt ul ifuod evencril auf
non evenerit ah iis scmpcr pracdictum vidcri possit.^' Wie soll aber das aus
den Worten unsers Textes gewonnen werden?
138 Zweites Buch der Saliren.
auf der Voraiissetzung dass das Erstcre überhaupt in den "Worten
liegen könne; vermag man diese zu tlieilen , so wird man im Ue-
brigeu diese Auffassung der Art des Horaz und der Sclialkliaftig-
keit unserer Satire entsprecliend finden müssen. — Ilabcrfeldt's
(oder violmelir Eiclistädt's) Vorsclilag : mit non divinare mihi 7nafjmis
donavil Apollo, welcher lange Zeit viele Anhänger fand, ist zu ein-
leuchtend und plan als dass er richtig sein könnte.
V. 60. donai nach griechisclier Weise (K.W, Krüger Gramm.
§. 53, 1. A. 2. 3) von einer in der Gegenwart fortbestehenden und
in jedem beliebigen Momente wieder neu werdenxlen Handlung der
Vergangenheit, in dem Sinne von donator est. Wüstemann ver-
gleicht Plaut. Men. 558 R. : tä haec quac botia datit di mihi ex mc iam
sciat, und Catull 14, 9: quod si hoc novum ac repertum Miinus dal tibi
Sulla litlcrator. Aehnlich Virgil. Aen. I, 731: Juppiter ^ hospitibus
nam te dare iura loquuntur. IX, 266: cratera aul/ijuum, quem dal Si-
douia Dido. Chr. Jalm zu Virg. Aen. II, 275 (p. 457). Ph. Wagner
zu Kcl. VIII, 45.
V. 63. genus, vgl. Kirchner zu I, 6, 12. S. 218.
V. 69, Heindorfs Ansicht, es habe im Testament vielleicht
statt eines Legats geheissen Nasicam cum suis pilorarc iiibco , ist an
sich nicht xmwahrscheinlich, indem es gar nicht selten war dass
man Expectorationen die man im Leben niclit laut werden zu las-
sen wagte seinem Testamente anvertraute, was in der Kaiserzeit be-
sonders in Bezug auf politische Verliältnisse geschah, so dass schon
unter August der Senat gegen die licenlia leslametüorum (Suet. Oct.
56) einschreiten wollte: vgl. Tac. Ann. VI, 38. Lukian. Nigrin, 30.
Auch gewänne die Situation an drastischer Kraft wenn wirklich in
dem Testamente sich des Nasica Namen vorfand, aber in Zusam-
menhang mit jener oder irgend welcher anderen imfreundlichen
Aeusserung welche die Enterbung begründete. Indessen gestatten
die Worte auch die Auffassung.: Nichts vermacht als — was in
Folge dieser Entdeckung von selbst eintreten musste — plorare; wo-
für Jacobs Vcrm. Sehr. IV. S. 402 Lukian. Dial. Mort. IX, 3 ange-
führt hat, wo der reiche Polystratos erzälilt wie er seine Erbschaft
jedem Bewerber versprochen und sie durch die Hoffnung an sich
gefesselt habe, aklag ds rag ccXi]&£tg Siccd't'jy.ag e'yrov iy.Fi'vag Karilt-
Ttov, oi(.i(a^eii' ünaGi cpQccGctg. Uebrigens erzählt Valerius Maximus
VII, 8, 5. 6. 8. 9 mehrere andere Beispiele solcher testamentari-
schen Täusclnmgen, worunter (§6) ein den Octavian selbst (durch
T. ]\[arius Urbinas) bctretfcntles; unser Fall hat aber das Eigen-
thüinliche (bass die Entdeckung noch bei Lebzeiten des Testators
erfolgt und dalier sidi wohl zugleich an ihm selbst rächt.
V, 73. prius kann nicht Accusativ s(Mn (abhängig von vincil)
und auf die Gewinnung der llingel)ung des sene.r bezogen werden,
so dass es von dem nämlichen Gegenstände gesagt wäre wie unmit-
telliar zuvor hoc und bedeuten würde: das eben Erwähnte. Auch
Anmerkungen zur fiinflen Salirc. 139
als Zoitbestimmung darf es nicht wolil gofasst wcrilon , iu dein
Sinne: vor seiner Umgebung den scncx selbst; denn dadureh kiime
zu der Entgegenstellung der beiderseitigen Wichtigkeit und För-
derlichkeit (ailiuval — vincii) auch noch ein Unterschied der lieihen-
t'olge , welcher wohl gegen den Sinn ist, da nach Gewinnung des
Herrn selbst die der Haushälterin u. s. w. untergeordnete Bedeu-
tung hat. Vielmehr ist prius Nominativ, entweder mit Düntzer als
Apposition zu vi/icil, y.Qeirrov ov , oder als Subject von vmcil^ in dem
Sinne wie ich es zu Weber S. 4l8 vertheidigt habe: die erstge-
nannte ^[ethode, nämlich die Taktik Na[i(deons, ipsum capui cxpug-
/lare, so dass damit der Dichter zu weiterer Ausführung des V. 10
IV. 27 ß". empfohlenen Systemes zurückkehrt.
V. 74. Martial. XH, 40, 1 : lyicntms: credo; rccilas mala carmina-.
laiido.
V. 79. parcus ist ein negativer Begriff: nicht gern und nicht
viel ausgebend. Es erträgt daher ganz wohl eine nähere Bestim-
mung, was dasjenige sei was Einer nicht gern ausgebe, wie in un-
serem Falle grosse Geschenke. Vgl. Jacobs' Auseinandersetzung,
a. a. 0. S. 403 f., nach welcher man nicht hätte erwarten sollen
dass Jemand auf den Einfall gcriethe magniim parca zu« verbinden.
V. 83. Ueber das Sprüchwort vgl. die Paroemiogr. gr. von E.
V. Leutsch und Schneidewin I. p. 376 f. zu Gregor. Cypr. P. HI,
97: '/aXsTCOv '/pQiOv Kvva ysvsLV, und H. p. 643. Apostol. XV, 53 a:
ay.vrovg evay,a öigerca nvcov, aetvog de GxvTorgayet' inl rav yevöa-
liii'coi' y.cr/.iag rivog y.cd ovxto /.u] anonavonivoiv ixEivrig.
V. 84. Mit gutem Grunde hat Gesner bezweifelt ob das hier
erzählte Geschichtchen eine wirklich damals in Kom vorgekom-
mene Sache sei. Denn eine solche testamentarische Bestimmung
wäre in Rom ungültig gCAvesen. Vgl. Gaius HI, 98 und Dig. XXVITI,
7,9: condUiones quae contra bonos ?nores inseriinliir rcmillendae sunt,
und ib. 14: cotidiliones contra edicUi imperatorum aut contra leges aut
(juae legis viccm ohiincnt scriptae, vel quae contra bonos mores vel deriso-
riae sunt aut ludusniodi qitas Praetores improhavcrunt , pro ?Wfi scriptis
liabentur , et pcrinde ac si conditio hercdilati sive legato adiecla non esset
capitiir hercditas legatwnve. Die Erwähnung der Praetores macht es
wahrscheinlich dass dieser Grundsatz ein schon der republikani-
schen Zeit angehöriger ist. Es ist daher anzunehmen dass das Ge-
schichtchen ursprünglich einem Volksschwank entnommen war und
hier nur der Einkleidung gemäss als historisch und zu Theben vor
sich gegangen dargestellt wird.
V. 88. Die Nutzanwendung, das fabula docet der gegebenen
Erzälilung ist enthalten in cautus adilo. Vgl. Haberfeldt dazu:
das lehrreiche Resultat das aus jener P>zählung für den Erbschlei-
cher hervorgeht.
V. 90. Jlit vollstem Rechte hat Kirchner Bentley's Conjcclur
äffendes verschmäht, da der durch die handschriftliche Lesart
1-10 Zweites Buch der Saliren.
off endet bewirkte Wechsel der Darstellung vielmehr höchst will-
kommen sein mnss. — ; Vitro mit garrulus zu verbinden, was Hein-
dorf als Bentley's Ansicht aus dessen Interpunctiousweise {offcmles
fjarnihis ullro :) geschlossen hat, wäre allerdings müssig, da die Be-
zeichnung als fjttrruhis von selljst schon in sich schliesst dass das
betreffende Individuum auch ohne alle äussere Veranlassung, eben
vermöge seiner Eigenschaft als garnilus, zu plaudern pflege. Auch
bei der Verliindung mit o/fendel, welche Döderlein, Lat. »Synonymik
TII.S. 106 (vgl. Scherflein zum Verständniss des Hör., Erlangen 1853,
S. 18) für Bentley's wahre Absicht gehalten und so erklärt hat: »on
modo twn delcckdrit , sed offendet polius, ergibt sich etwas sich von
selbst Verstehendes, denn nonincin, ncdum morosum, gatruhis dclcrta-
l)il (Funkhänel a. a. O. S. 707). AVährend also für diesen Vers idlro
ü^)erflüssig ist, so ist es dagegen für den folgenden unentbehrlich;
denn richtig hat Heindorf erkannt dass non cliam sileas eine Bestim-
mung dieser Art verlange: nicht von selbst, ohne äusseren Anlass,
ohne dass in seinen "Worten oder seiner ganzen Stimmung eine Auf-
fortlerung zum Schweigen enthalten wäre. Denn schweigt er ohne
solchen Anlass so setzt er sich dem Verdachte aus dass er ein un-
geselliger,-langweiliger Mensch sei. — Fea's ultra hat schon Hein-
dorf abgewiesen.
V. 91. non silcas gilit die unmittelbare Form der Ermahnung
auf und stellt den betrefiend(Mi Rath als einen aus der Natur der
Sache sel]).st folgenden dar: du darfst nicht schweigen (wenn du
dir nicht den Vorwurf der Unliebenswürdigkeit zuziehen willst).
Ebenso Ep. I, 18, 72. II, 3, 460. Quintil. I, 1, 5: non assuescat (piicr)
■sermofii qui dcdiscendus sil: es darf nicht sein dass er sich gewöhnt.
— Comicus wie Cic. p. Rose. Am. 16, 47, wo der Eutychus in
Caecilius' ITypobolimaeus als comicus odolescens bezeichnet wird,
und Caecilius selbst, v. "243 (p. 63) RiVtbeck: ante omnes comicos stul-
fos scncs, sowie Pompf)nius im Pracco posterior (v. 138. p. 208 Ribb.):
quasi scrvi comici conmictiUs.
V. 02. Ohslipus mit slipare in Zusammenhang zu bring«Mi,
so dass es eigentlich ,, zusammengedrückt" bedeute, wie Schwenck
und Weber S. 422 thun, will gerade zu der bezeichnendsten Stelle
nicht passen, zu Suet. Tib. 68: incedehal cervicc rigida et ohslipa , ad
duclo ferc vultu, plcrumquc lacHus ... Quac omnia intirata afi/uc nrro-
flKutiac plena u. s. w. Richtiger scheint es daher das AVort als G(v-
gentluiil einer natürlich leichten, bequemen und annnitigen Kopf-
haltung zu verstcdien, von einer Haltung von der man zu sagen
])llegt sie sei als ob der Betreffende einen Pfahl (oder einen Lade-
stock) im Rücken hätte. Diese ünbew(«glichkeit kann alsdann
nach beliebigen Richtungen hin (aufrecht oder seitwärts) Statt fin-
den und demgemäss auch verschiedenen Charakter an sich tragen:
die steif aufrechte Haltung wird den Eindruck von Trotz und HocIj-
nnit macheTi, die unbrweglich vorw;irts oder auf die Seite sich stre-
Anmerkungen zur fiinfien Salire. 1 4 1
ckcncle dagegon gospauutc Aiifnierksamkcit oder starr machende
Angst, wie in unserem Falle. Der „vorwärts gesenkte Kopf" ist
nicht die Pantomime der Angst , die sich vor der drohenden Ge-
fahr vielmehr in sich znrückzieht. — Für mullum ziehen auch wir
die Verhindnng mit simUis vor, theils wegen Ep. I, 10, 3 theils weil
eine Verstärkung des I3egrifl;'es der Heuchelei mehr am Platze
scheint als eine Steigerung der Angst.
V. 93. lleindorf's u. A. Argument gegen die Schreibung in-
ifcbruH, dass das „doppelte r unerträglich" sei, will sehr wenig be-
sagen. Um so gewichtiger sind die von llaase zu Reisig's lat.
Spi*achw. S. 2ö9, Anm. 3(H) für das doppelte r geltend gemachten
Gründe. Uebrigens vergleicht Lambin Cic. ad Fam. VII, '20: vcnlus
incrcbresril. cura ut valeas. Virg. Aen. III, 503: crebrescunl oplalae
aurae.
V. 94. velet durch die Kaputze (cuailhis), s. W. A. Becker's
Gallus von Rein, III. S. 1-27 f. — - turha, vgl. I, 4, 25 (und dazu
Weber). II, 6, 28. Ep. II, 2, 72 ff. Plaut. Merc. 114—118- R. Ti-
bull. I, 5, 63 f.
V. 95. Indem er übersieht dass difßcilis et 7norosus in V. 90
und hqiiax in V. 95 zwei verschiedene Annahmen sind, welche nicht
auf dieselbe Person bezogen werden dürfen , erblickt R. Sej-ffert
(Scliolia ad Hör. Sat. , Kreuznach 1856. 4.) p. 14 — 16 Schwierigkei-
ten wo keine sind und lässt sich dadurch zu dem Vorschlag brin-
gen: auram subslr. loq., was heissen soll : einem Schwätzer halte den
Mund zu.
V. 96. Zu ohc iam vgl. (ausser I, 5, 12 und den dort von Uein-
dorf beigebrachten Stellen, sowie Persius I, 23) Plaut. Gas. II, 3,
32: ohe iam salis, nxor , est. Martial. IV, 89 (91), 1 u. 9: ohe iam sa-
tis est, ohe libelle. Uebrigens interpungiert Meinekc (und nacli ihm
Linker): „öÄe.'" iam u. s. w.
V. 97. Die Gebärde des Emporstreckens der Hände gegen
den Himmel setzt die Götter in irgend welche Beziehung zu dem
jedesmaligen Vorgange. So bei Cic. Fam. VII, 5, 2 bei einem über-
raschenden Zusammentreffen zweier Thatsachen : maiiiis siislulimus,
indem sie darin ein Walten der Gottheit, gleichsam einen Beleg der
Providentia spccialissima , erblickten. Bei Catull. 53, 4 f. {admirans
uit haec manusquc tollens : Dimarjni, salaputium disertum!) werden die
Götter als Zeugen einer Thatsache angerufen welche so wunderbar
ist dass sie unglaublicli scheinen könnte. Von selbst erklärt sich
Ijivius XXXV, 31 : Ouiucliits adeo exarsil ira ut manus <id caelum ten-
deiis festes ingrali ac fierfidi animi Marjnctum inroraret. In unse-
rem Falle streckt der Gelobhudelte die Hände gleichsam liülfe-
llehend gen Himmel, weil es ihm allmählich gar zu arg wird.
Man solle lo1)en bis er — nach einem provinziellen Ausdrucke —
..nach Gf)tt schreit." — Das handschriftliche Asyndeton urgc, infla
rechtfertigt sich durch die Leldiaftigkeit der Rede; nur muss man
142 Zweites Buch der Saliren.
dann die Zeitwörter nicht (mit Kirchner) durch ein Kolon, sondern
(mit Urelli) durch ein Komma von einander trennen.
V. 98. inflarc ist ein häufiges Bild, z. Ij. Ep. II, 1, 17H. Liv.
XXXV, 42. 49: iußassc vana sj>r el itijhUos esse. Daher auch liimere
von dem Hochmütigen (Aufgehlasenen), ohen 3, 213. Ep. I, I, 36.
Vgl. Mitscherlich Kac. VI. p. 7. Eigentlnimlich ist hier nur die
Art der Ausführung, indem der eitle Alte mit einem Schlauche ver-
glichen (oder vielmehr identificiert) ist der diu-ch tiimida verha auf-
getrielien (aufgeblasen) Avird.
V. 1()(). So sehr zuzugehen ist dass eslo der zutreffendste und
bezeichnendste Ausdruck wäre (s. Gaj. II, 117: soUrnitiis hisliliilid
hure est: Tiliiis hcres csto, vgl. Suet. Tib. 23- Quintil. IX, 2, 34 f. und
die Beispiele bei Bentley), so wird eine methodische Kritik doch
eben darum dem durch die meisten und besten Hdschr. gebotenen stl
den Vorzug geben müssen , von Avelchcm, unter Voraussetzung der
Ursprünglicbkeit von csln, lediglich nicht zu begreifen wäre wie es
entstanden sein sollte. Vgl. Düntzer V. S. 266. Richtig hat über-
diess Orelli Ijemerkt dass Iloraz auch mit quarlae parlis von dem
technischen Ausdrucke abgehe, Avelcher ex quddranle oder ex tcr-
uneio lauten würde.
V. 101. audie7-is aus dem Munde des vorlesenden serilia.
Die Ertiffnung und Verlesung (reeUatio, Suet. Tib. 23. Pauli, IV,
16, J ff. Cod. VI, 32, 1. Tertull. apolog. 15) erfolgte vor dem Prä-
tor, Dig. XXIX, 3, 4. — ■ Krfjo^ er stellt sich an als könnte er
es gar nicht glauben, schlechterdings sich nicht darein finden.
{„Ergo in Fragen des Affccts muss aus dem Gefühle eines durch
Prämissen erwirkten Schlusses erklärt werden und führt daher
überliaupt gern ein Resultat oder llauptmomeut einer Ilaudlung
ein." Fr. Jacob, im Lübecker Progr. I«41 , S. 25, Anm. g.) Vgl.
auch Xenoph. Kyrop. VII, 3, 8: cpsv w ayaO^}] y.al tilGt)] '^v/i)'], ol^i]
ö)] anoXtTcm' rjj.uig ;
V. 103. sparge. Haberfeldt: ,,weil er diese "Worte abgebro-
chen und abgesetzt ausrufen soll, als ob sie ihm der Schmerz ein-
gäbe und die Wehmut ihn oft unterbräche." Aber nicht von ein-
zelnen Worten, sondern von der uugetheilteu Aeusserung ergo —
/ifli lein whd das .<f/?rt/7/r/r ancmpfoblen. \'ielmehr bedeutet es, wie
ich schon zu Weber S. 423 beuunkt, i-instreuen, bei verschiedenen
(zeitlich auseinanderliegenden) (rcdegenheiten äussern, wie bei
<^)uintil. VllI, 3, 5JS: de har jxirle el in alio uohis opere pleniiis dieluiu
est et in Itoe sarjte Iraelatitr et nd/iiie spargeliir oinnihus locis.
An der handschriftlichen Lesart illaerimnre. Est Gaiidin prodcn-
leni vollum cclarc hat Bentley ausgestellt: i/tiidni possihHc est ndliim
relarc' duhiumne id citii/uam est.' putida senlentia et Floratio indigna.
Et quid illud est, eelare riiltnni gaiidin /intdentein .' hnee videntiir aGvGxctict
et seeinii juignunlia. <Jiii/)pe si ridtiis eelatur, ipiowinlo prodit .' Laclimnnn
aber, zum LiicnMiiis p. 2')7, hat siili au d(<m (iobrauche d(>s <\v/go-
Anmerkungen zur l'ünften Satirc. 143
stossen, indem er voraussetzt dass es liier in dem Sinne von csl
altqiml, prodesl (oder hivat^ Avie Acre erklärt) zu nehmen sei, wie bei
Sen. Ep. 87, 9: M. Catn ccnsrin'us , quem tum reip. hcrcle fuü tiasci
quam Sripinticm, nnd de dem. I, 18 : quanlo aulem nun nasci fuil quam
numcrari inlcr puhlico mala naios '. was ab anliquorum usn rcnidlissimum
und daher auch von lloraz nicht zu glauben sei. Und in der That,
wenn eine unzweifelhafte Nothwendigkeit vorhanden wäre esl in
dem angegebenen Sinne zu fassen, so ist unbestreitbar dass alsdann
lue Worte nicht richtig sein könnten. Aber wie schon die Stellen
des Seneca in dieser Hinsicht nichts weniger als sicher sind (in der
ersten haben Fickert und Ilaase aus dem Paris, und andern e rep.
aufgenommen, in der zweiten mit allen Handschriften ausser dem
T^az. /iirlius vor fuil eingeschaltot), so bietet auch die horazische
die ^[öglichkeit , mit den neueren Auslegern rsl mit Iniinitiv in der
IJedeutung von licet aufztifassen, wofür Lachm.anu selbst als vor-
horazisches Beispiel Varro bei Gellius XVni, 12, 9 anfuhrt: inier
(blas filias rer/um quid tnulcl, inlcr Anligonam el Tulliam, esl unimadvcr-
tei-e. Aus Horaz gehören hieher Epod. 17, 25 : est levare und Sat. I, 2,
101; vidcrc est. Prädikow's und Lachmann's illacrima. E rc csl gibt
zwar einen vortrefflichen Sinn, und das Ausfallen von e, somit die
Entstehung der handschriftlichen Lesart, hat sehr viel Denkbares;
doch scheint es bedenklich ohne zwingende Noth sich auf das Ge-
biet der Mutmassung zu begeben und dabei dem Dichter etwas
anzusinnen was in ungewöhnlichem Masse kakophonisch wäre.
Bentley's Einwendungen scheinen durch Heindorfs Erklärung be-
friedigend beseitigt. Dabei ist aber zuzugeben dass die Ausdrucks-
weise etwas Auffallendes hat, was wir daraus erklären dass die-
selbe überhaupt in diesen letzten Versen den Charakter der Eil-
fertigkeit annimmt, in dem Gefühle dass des Redenden Zeit abge-
laufen sei, also darauf berechnet ist den jähen Schluss vorzuberei-
ten und zu motivieren. Hält man eine Aenderung für berechtigt^
so würde durch das Felden von csl in einer Anzahl Handschriften
am ehesten noch Ohr. Jahn's Umstellung von est empfohlen. Apitz's
Auffassung von prodcnlcm vuUum als Subjectsaccusativ {csl vullum,
qui (jaudia pj'odil , gaudia cclarc) wird nicht leicht Jemandes Beifall
erhalten.
V. 109. emptor ähnlich im Deutschen: w'enn er zu einem
Grundstück Käufer ( d. h. Kauflustiger, Liebhaber) sei. So bei
Cic. p. Caecin. 6, 16: dclerrcnlur cmplores muUi, partim gralia Cacscn-
tiiae , partim cliatn prclio. de off. IH, 13, 62: quam postulassct ut sibi
fundus cuius emptor erat semel indicarclur. Dig. XVIH, 2, 4 §. 2: si
scrvi emptor c.rslilcril, qui supra viginti promitterct. Einige Aehnlich-
keit hat auch sponsorem in 6, 23, sofern os thatsächlich s. v. a.
spunsurum ist. — Bei nummo (sester lio) addiccrc in dem Sinne
von schenken ist nummus ein fictivcr KaufscliilHng , dicis caussa ge-
geben, um Gegenseitigkeit der Leistung und damit die Form des
144 Zweites Buch flcr Saliren.
Vortrages herzustellen. Die Schenkung schloss sich damit au die
fitreugrömische Eigeuthumserwerbungriart der mmtciputio an, welche
übrigens nur bei res ?nancipi statthatte. S. Kein'.s Artikel mmicipu
Uli, Keal-Enc. IV. S. 1469 — 1472, bes. S. 1470 n. M. — Addicerc,
gewöhnlich von dem magistralua oder dem ' iudex gesagt welcher
die Eigeuthumsvcränderung durch seinen Spruch legitimiert (z. B.
Cic. Vcrr. III, 63, 148- Caes. b. c. II, J8. üaj, I, 134. II, 24 oder
in den XII Tafeln: posl meridiem pr^arsenü sUilem addicilo ; daher Cic.
p. Rab. l'ost. 17 : ecquis est qiä bona Rahirii nummo scslertio sibi nddici
vclil.' Val. Max. V, 2, 10: eocluderunt ut exseqiikn^um appavidus se-
slertio tiummo ipsis praebenlibus addiceretur ^ und oft), ist hier in j)opn-
lärer Weise vom Verkäufer gebraucht, der einem Andern einen
Gegenstand um einen bestimmten Preis (hier 7utmmo) überläs.st (zu-
s]iricht). So scheint es auch bei Suet. Caes. 50 gebraucht: {Caesar
Scrviliae) margarilam mercaliis est, et bellu civili, super alias dunalia-
nes , amplissima praedia ex auclionibus haslae nummo addixil , sofern
dort der Zusammenhang (in welchem von Privatschenkungen die
Rede ist) und die "Worte ex auc. h. zu zeigen scheinen dass Caesar
die Güter zuerst für sich erstanden und dann der Servilia unent-
geltlich überlassen habe. Ebenso Dig. XVIII, 2,7: licet vcnditori
meliore allata.condilione addicere posteriori, nisi prior paratus Sil plus
adiicere ; ib. fr. 11. §. 1 : si tribus vendenlibus duo posteriori addixeritil:
und il). 13 pr. : si (juis mihi totum fu/idum ad diem addixissel, postca rcro
prctio adiecto dimidiam alii addixerit.
V. 1 1 0 f. AchuHch bricht bei Virg. Aen. V , 738 f. der Schat-
ten des Anchises ab, weil ]\Iitternacht (die Geisterstunde) vorüber
sei und er Morgenluft wittere.
Sechste Satire.
Einl oitunji-.
Das nachfolgende Gedicht erfüllt eine der unmittelbar-
.sten Aufgaben der Satura , die Stditstdarstellung des Dichters,
in der liel)enswürdigstcn und dabei gehaltvollsten Weise. Es legt
die Ansichten des llora/, über Stadtlebeu und Landleben dar, in
der Richtung dass dersell>e für das letztere entschieden Partei
nimmt und das stille Glück desselben im Gegensatz zu deni nnrn-
bigiii Treiben der Hauptstadt in il»>n wärmsten Farben ausmalt,
doch so dass, dcui ( 'liMiaklcr der Satura gemäss, die l'erson des
F^inleitung zur seclisicn Satire. 145
Dichters fortwälireml der Mittelpunkt bleüH. Oegeuiil)er von Mae-
cenas hat die Dailogung tles Dichters den Sinn einer Danksagung,
indem erst durch dessen Geschenk, das Sal)inum, für ihn die Mög-
lichkeit geworden ist seinem inneren Zuge nach ländlicher Kühe
und Unabhängigkeit Folge zu leisten ; vielleicht auch will der Dich-
ter zugleich sich bei ^faecenas darüber rechtfertigen dass er so oft
aus der Hauptstadt und aus seiner Gesellschaft weg sich auf das
Land zurückzieht. Für das grosse Publikum aber war aus dieser
Darlegung zu entnehmen wie Unrecht es liabe der Stellung des
Dichters bei Maecenas irgend welche politische Bedeutung beizu-
messen und ihn desshalb mit Zumutungen oder Neid zu verfolgen,
während doch ihm um politischen EinHuss und städtische Angele-
genheiten es gar nicht zu thnn sei, tmd sein Verhältniss zu Maece-
nas lediglich persönliche und gesellige Natur an sich trage. Diese
Auseinandersetzung seiner Grundsätze vor einem engeren und wei-
teren Kreise ist der Zweck des vorliegenden Gedichtes. Dabei
weiss aber der Dichter dem Besonderen und Persönlichen durch die
Bedeutsamkeit seiner Behandlung den Werth eines allgemein Gül-
tigen zu geben. Den !Massstab der juvonalischen Satire imd des
heutigen Begriffes dieser Gattung anlegend raüsste man unser Stück
die Kehrseite der Satire, eine Idylle, nennen; das Wahre aber
ist dass im Geiste des Dichters beide Richtungen ungetrennt in ein-
ander liegen, und daher der freie Ei'guss seiner Gedanken und
Gefühle — was die Satura auch bei ihm noch ist — bald mehr die-
sen bald vorherrschend jenen Weg einschlägt. Vgl. zu V. 17. S. 15"2.
Mit dem Ausdrucke dankbarer Zufriedenheit über Umfang
und Besehaftenheit seines ländliclien Besitzes beginnt der Dichter
(V. 1 — 15). Die durch diesen Besitz gewonnene Flusse, körperliche
und geistige Gesundheit und Frische will der Dichter benützen zum
Preise des Landlebens (V. 16 — 19), was er zuerst auf negativem
AVege thut, durch Darstellung der nianchfachen Beschwerden und
Unannehmlichkeiten welche der Aufenthalt in der Hauptstadt für
ilin hat ( A'. ÜO — 58). Bei Aufzählung derselV)en folgt er dem Gange
des natürlichen Tages und der Geschäfte welche dessen einzelne
Abschnitte für ihn mit sich bringen. 3Iit dem ^[«trgen Ijeginnt er:
Geschäfte vor Gericht, auf dem Markte (V. 20 — '26). AViderwärtig-
keiten des Rückwegs von da (V. -27 — 31). Ankunft bei !\[aecenas,
wo aber seiner hundert fremdartige Geschäfte warten (V. 32 — 39),
zum grossen Theile Folgen und Beweise der irrigen Vorstellungen
welche über den eigentlichen Charakter seines Verhältnisses zu
Maecenas verbreitet sind, daher der Dichter dieses erläutert (V. 4()
— 58). Alles diess wirkt zusammen um ihm die Hauptstadt zu ver-
leiden und seine Sehnsucht nach dem Landleben zu wecken (V. 59).
Mit diesem Gedanken ist der Uebergang gemacht zu <ler positi-
ven Schilderung seines Landaufenthaltes und zugleich des Dich-
ters Verhalten und Stiuuiiung dazu ausgesprochen, und die Ton-
HORATU SAT. II, '2. 10
146 Zweites Duell der Satiren.
l'ärbung für die Schilderung selbst gegeben. In fast lyrischer Weise
Avird begonnen (V. 60 ff.) ; doch trägt der Dichter dafür Sorge sich
zeitig wieder herunterzulassen auf den ebenen Boden der Satire
und ihre ruhigere Atmosphäre (vgl. V. 63); der epische Charakter
der Darlegung, schon in V. 63 — 67 im Kampfe mit dem lyrischen,
bricht mit V. 67 siegreich durch und bleibt von da an der herr-
schende. Dabei wird des Dichters Landleben zuerst im Allgemei-
nen charakterisiert (V. 60 — ■62), dann als bezeichnendster Unter-
schied gegenüber von der Hauptstadt seine ländlichen Mahle ge-
schildert, nach den drei Seiten des Essens (V. 63 — 67 ), des Trinkens
(V. 67 — 70) und des Tischgesprächs (V. 70 — 79). Letzterer Tunkt
dient zugleich dazu um zu etwas Neuem überzuleiten. Die bis-
herige Gegenüberstellung des Lebens in der Hauptstadt und auf
dem Lande, wie sich beide in den Erfahrungen des Dichters gestal-
ten, wird schliesslich in allgemeinerer Fassung und sinnbildlicher
Form wiederholt, in der Faliel von der Stadtmaus und der
Feldmaus (V. 79 — 117), welche zunächst nur als Probe der Art
ihrer ländlichen Tischunterhaltung eingeführt wird , in Wahrheit
aber die ganze bisherige Auseinandersetzung des Dichters in eine
Spitze zusammenfasst, seine persönlichen Erfahrungen zu AusHüs-
sen eines allgemeinen Verhältnisses erweitert, damit zu absoluter
Gültigkeit erhebt, und die AVahrheit veranschaulicht dass äusserer
Glanz keinen Werth hat ohne inneres Glück, dass ohne Frieden
des Gemütes die reichste Fülle von Genussmitteln nur ein glän-
zendes Elend zu schafTen im Stande ist.
In der Einführung und Behandlung dieser Fabel zeigt sich
des Dichters Meisterschaft in hellstem Lichte. Mit feinster Kunst
weiss er zu verhüten dass dem J^eser begegnet was Goethe sagt;
„man merkt die Absicht — und man wird verstimmt." In der
zwanglosesten Weise, ganz beiläufig und wie von selbst geräth
man in die Fabel hinein, welche im Plane des Dichters eine so
wesentliche Rolle spielt; und scheinbar geht der Satiriker ganz
unter im Fabulisten: weder während der Erzäldung selbst noch an
ihrem Schlüsse tritt die geringste unmittelbare Beziehung auf den
vorliegenden Zweck auf die OberHäche, der Diehter scheint sogar
zuletzt den liückwog auf diesen Zweck verloren zu haben, alier
nur weil er zu tactvoll ist um die Folgerungen selbst zu ziehen
und von Seiten seiner Leser auf ähnlichen Taet und auf Einsicht
rechnet. Auch in der Erzählung der Fabel bewährt Iloraz seinen
Kunstverstand. Besonders gewinnt er durch die Vergleiclumg nnt
den Fabulisten von Profession, wie Babrios. Nicht nur dass die
ganze Ausführung weit lebendiger, dramatischer, die Ivatastrophe
concentrierter und eiVectvoller ist, sondern «\s ist auch die Aus-
malung der beiderseitigen Charaktere weit individueUer und feiner,
und einen ganz besondern Reiz hat der Dichter seiner Darstellung
dadtu'ch zu verleihen ijewusst dass er das Kleine als i^ross behau-
Kiiileituni; zur seclislen Salire. 147
(Iclt, und durch einzelne patlietiselie Wendungen , wie besonders
durch das gro.ssaitige Käsonnenieut des kUMuen Epikureers, einen
heitern Centrast mit der Person der Handelnden hervorhringt.
Neben ilireni künstlerischen Wertlie hat die .Satire auch gro-
sses biographisches Interesse: sie wirft auf mehrere persönliche
Verhältnisse unseres Dichters ein helles Licht, insbesondere auf
den Beginn und Verlauf seiner Stellung zu JMaecenas und die Ver-
leihung des Sabinum. Um so wichtiger ist es ihre Abfassungs-
zeit festzustellen, für welche sich in dem Gedichte selbst mehrere
Data Hnden. Fürs Erste V. 38, wonach zur Zeit unserer Satire
]\[aecenas eine i)olitische Function (als praefeclus tirbis) hatte. In
solcher Th.ätigkcit finden wir ihn aber bei Dio Cassius (XLIX, 16.
LI, 3) nur zweimal: im J. 718, während des sicilischen Krieges
(vgl. Appian. b. c. V, 99), und dann im J. 723, während des akti-
sehen Krieges. (Auf eine dritte, spätere, Reichsverwesung scheint
zu deuten Od. III, 29, 25 — 28, nicht aber III, 8, 17 ff., denn vgl, da-
selbst V. 25 privalus.) Von diesen beiden Daten kann das ei-ste
hier nicht in Betracht kommen, indem bei Annahme des J. 718 als
Abfassungszeit unserer Satire das Bekanntwerden des Horaz mit
Maeccnas (V. 40) bis ins Jahr 711 zurückzusetzen wäre, wo doch
unser Dichter noch mit Brutus im Felde stand. Wählen wir daher
die Zeit unmittelbar nach der Schlacht bei Actimn, so stimmt
liiezu nicht nur die Datierung jenes Bekanntwerdens, sondern
auch alle übrigen Andeutungen und Voraussetzungen unserer Sa-
tire. So vor Allem die Frage nach den Dakern (V. 53). Die
Züge der Daker, ein Stück Völkerwandei'uug, hatten schon Julius
Caesar's Aufmerksamkeit erregt und in ihm den Vorsatz wachge-
rufen auf seinem beabsichtigten parthischen Feldzuge auch sie zur
Ordnung zu In-ingen. Octavian betrachtete sich als Erben auch
dieses Planes und strebte in seinem pannonischen Kriege (J. 719 f.)
nach dem Besitze von Siscia vorzüglich desslialb tV u6(pa\(ag tc<-
^LiiUi} rrj noket yo^''^'' ^'^''- ^«'''■((i (A]»pian. Illyr. 23, vgl. 22). In Dal-
matien verwundet kehrte Octavian nach Rom zurück, mit der Fort-
führung des Krieges den Statilius Taurus beauftragend, und da
Octavian in den nächsten Jahren durch Antonius vollauf in Anspruch
genommen war, so blieb derselbe auch fernerhin in den Händen
von Legaten. Die Zerwürfnisse zwischen Octavian und Antonius
suchten die Daker für sich zu benützen : mit ihren Forderungen
von Octavian zurückgewiesen schlugen sie sich auf Seite des An-
tonius und hatten um die Zeit der Schlacht bei Actium eine droh-
ende Haltung inne, welche ganz wohl besorgte Fragen wie die
in V. 53 (vgl. Od. III, 6, 13 — J6) rechtfertigte und für Octavian
Anlass wurde bei seinen aktischen Triumphspielen (J. 725) daki-
sche Gefangene im Kampfe mit suevischen auftreten zu lassen
(Dio LI, 22). Uebrigens bestand um dieselbe Zeit Octavian's Legat
^I. Crassus von ^lakedonicu aus siegreiche Kämjife mit den Da-
1(1*
148 Zweites Buch der S;itiren.
kern (Dio LI, -l'S) ; ihre völlige Unterwerfung gelang aber erst dem
Trajaniis. Ferner stimmt zn der Abfassung am Ende des J. 7'23
die Frage nach der A ckerv erth ei lung V. 55 f- Der Landan-
weisungen an Veteranen kennen wir unter Octavian mehrere. Zu-
erst die in der Proscriptionszeit (J. 711 Ö'. d. St.), nach der Schlacht
bei Philippi, zusammen mit Antonius, durch welche ausser lloraz
(und Ofellus) auch Virgil und Tibull betroffen wurde, von welcher
aber hier begreiflicher Weise nicht die Rede sein kann. Sodann
im J. 718, nach Beendigung des sicilischen Krieges. Damals hatten
die Veteranen Meutereien angefangen und stürmisch Entlassung
und Belohnung von Octavian gefordert. Diese subila cxcrcitus se-
dilio pdrliin scverilale, partim liberulildlc (est) discussa principis (Vellej.
II, 81, 1. vgl. Dio XLIX, 13 f. Appian. b. c. V, 128 f.). Octavian
entliess nämlich alsbald die 20,000 ältesten imd wies sie aus Sici-
lien weg, damit sie mit ihrem meuterischen Geiste ihre Kameraden
nicht weiter anstecken möchten (£;c'7r£,a7r£ t»};; vrjGov, fxij diacp&ei-
QaiEv sreQovg, Appian. 1. 1. 129). Ebendesswegen aber konnte in die
sem Jahre nicht daran gedacht werden den Veteranen Güter Tri-
quelra tellure (V. 55 f.), in Sicilien, anzuweisen, wie überhaupt da-
mals Anweisungen noch gar nicht erfolgten, sondern nur Zusagen
{ccTtiXvE — xoGovöe xoig in MovTunjg [.lovocg ineLTTcoi' ort ocpiGiv anoöcoöei
xa xore v7T£a'j[tjixii'a '/.caTtiQ ouxcog UTTolvd-ciüLV ^ -"^PP- !• !•)• -"^^^ ^^'
diese dann ov noXka vaxeQOv (Dio XLIX, 14) zur Erfüllung brachte,
so wies er ihnen Ländereien in Capua und auf Kieta {xijv ycogav
xt}v Kvcoatav^ Dio 1. 1.) an; s. Dio 1. 1. Vellej. Fat. II, 81, 2. ÄVenn
schon hienach es im höchsten Grade unwahrscheinlich ist dass ge-
genwärtige Stelle und Satire mit Bentley und Ileindorf aufs J. 718
zu beziehen sei, so wird diess vollends unmöglich durch die als-
dann sich ergebende Folgerung dass der Anfang von Horazens Be-
kanntschaft mit Maecenas ins J. 711 fiele. Wir sind daher mit der
Veteranenbelohnung auf die Zeit nach der Schlacht bei Aktium
hingewiesen. Octavian hatte damals seine und des Antonius Le-
gionen ohne Belohnung, nur mit dem Versprechen sie aus der
ägyptischen Beute zu bedenken (Dio LI, 3), nach Italien zurück-
geschickt und sich selbst in den Osten begeben, um auf Samos den
Winter von 723 — 724 zuzubringen Aber zu Anfang des J. 724
{(/luirluin ipsc cum M. Liciniu Crasso coiisiil, Oros. VI, l't. vgl. Dio LI,
4) eilte er, htrbalus niinliis de scdilidiw uiilitum pracmia et missioni-m
jtüsccnlhim (Suet. Oct. 17), nach Italien, hielt sich jedoch nur 27 Tage,
doncr dcsidcriii militiim ordi/iarcnltir (Suet. 1. 1.), in Brundisium auf
und begab sich dann in den Osten zurück, nach Syrien und Aegy-
pten (Dio, Sueton, Orosius 1. 1. Plut. Ant. 73 f.). Die Beschwichti-
gung des Heeres bewirkte er dadurch dass er roig ^liv älkoig Xif'l'
fiarcc f'öcoKe, xoig öe öic^ Trai'xog avxco GvGTtJmevGaOi xal yijv n-yOsXnr/-
1-6 1/« f. xovg yag öi'jfxovg xovg h> xij Ixaki'cc xovg za rov \-1i'T(oviov (jnyo-
vijGat'Tag idüixiGag zotg (xlu Gt^azicÖTaig zeig t£ noXeig x«/ r« ;(a)j>/«
Eink-ilnng zur sccilslon Salire. 140
avTcov iyafJiGcao , r/.eivni' dl 6>] roig ^ih> 7tXeto6i t6 rs ^VQQct'/^iov y.al
Tovg (ptkiTTTTOvg äk).a rf eTToixen' avTiöcoy.f. Dio LI, 4. Dass .solclie
]Mas.srogelu »(itliig Avordoii Avüidcu mii die iiatdi dein aktischon
Kriege dem Heere gemachten Zusagen zu erfüllen Hess sich voraus-
sehen, da der zur Vertheilung offenstellende ciger piiUicus längst
sehr zusammcngeschrunnift war; die Frage V. 55 f. ist daher von
angstlicher Besorgniss für die eigenen Güter in Italien eingegeben
und hat andererseits den Sinn einer Hoffnung dass das Gewitter
sich vielmehr über Sicilien entladen werde, eine Hoffnung welche
freilich nicht in Krfüllun"; üien<r. Eben darum aber muss unsere
Satire gerade in die ^Mitte fallen zwischen die Ertheilung des Ver-
sprechens nach der Schlacht bei Actium *) und dessen Erfüllung
in Folge des Soldatenaufstandes zu Anfang des J. 724, also ans
Ende des J. 723, und in diesem Ergebniss kommen dann alle ange-
führten Daten zu ihrem Kechte. Horaz hat sich, wie es scheint,
auch jetzt wieder (wie Sat. II, 3) vor dem Geräusch der Saturnalien
aufs Land geflüclitet (V. 16), auf sein Sabinum, und benützt hier
seine Flusse zu Abfassung vorliegender Satire, über deren Abfas-
sungszeit fast alle Gelehrte einstimmig sind. Nachdem schon Mas-
son, vita Horatii (Lugd. B. 1708) p. 150 — 154 die Gründe für das
.lahr 723 dargelegt, hat Chr. Jahn (Jahrbb. I. S. 229) ihm beige-
stimmt, Kirchner, Quaest. bor. p. 19 f- die Unrichtigkeit der Bent-
ley'schen Datierung sorgfältig nachgewiesen und ist positiv zu
demselben Ergebniss gelangt wie Masson; vgl. oben Bd. I. S. 16 f.
Dasselbe war der Fall bei G. F. Grotefend, Allg. Enc.IT, ]0. S.466, a.
C. Passow, Briefe des Horaz, x\nm. 45. 115. C. Franke, fasti bor.
]). 119—122. Düntzer II. S. 399 f. W. Teuffei, Rhein. Mus. N. F.
IV. S. 215 f. P. S. Frandsen, Maecenas, S. 197 — 199. AV. E. AVeber,
Horatius als Alensch, S. 152. 162. (mit Anm. 133) und Hör. Satiren,
S. 441 — 444, und A. AVenn dagegen C. G. Zumpt (vor AA'üstemann's
Ausgabe^ S. 25, Anm. 2. und S. 38 — 41) für das Jahr 720 gesprochen
hat, so glaube ich dessen Argumentation zur Genüge widerlegt zu
haben im Rhein. AIus. a. a. O. S. 225 — 228.
Einige Aleinungsverschiedenheit herrscht nur über die Anwen-
dung jenes Ergebnisses auf die Bestimmung der Zeit wo Horaz in
den Besitz seines sabinischen Gutes gelangt sei. C. Passow iind
Kirchner (oben I. S. 17) folgern nämlich aus dem Eingang unserer
Satire dass der Besitz des Sabinums für den Dichter damals noch
neu gewesen sei. Dagegen s. Franke p. 116. 121. Düntzer S. 399 f.
und Rhein. AIus. a. a. O. S. 217. wo ich bemerkt habe dass der An-
fang vielmehr die vollständige Beendigung des (Sat. II, 3 noch un-
erledigten) Baues und der inneren Einrichtung voraussetze , sowie
*) Letzteres auch dessliall) weil vor der Schlacht bei Actium Jeder-
mann begreiflicher Weise statt nach den Dakern sich vielmehr nach dem
Stande des Kampfes gegen Antonius erkundigt haben würde.
150 Zweites Uiich der Saliren.
(lass die Abwägung der Yortlieile des Landlebens gegenüber der
Stadt und die Sebnsucht des Dichters naeh dem Lande ein Beweis
sei dass er alle Genüsse desselben schon aus ErfaJirung kenne.
AVeber (Iloratius S. 162) nennt daher unsere Satire ein ,, poetisches
Besitzergreifungsrnanifest nach vollendeten baulichen Reparatu-
ren." Kirchner selbst gibt übrigens a. a. 0. zu dass Horaz zur Zeit
tinserer Satire schon ungefähr ein Jahr lang im Besitze des Sabi-
nums gewiesen sei.
Literatur zu unserer Satire: IL Töpfer, de Horatii consiliis
in scribenda Sat. 11,6. Arnstadt 1829.4. S. 4. Gröbel, Editionis
Horatii etc. specimen IV. Prgr. von Dresden 1845. 39 S. 8.
Anmerkimgen zur scclisten Satire.
V. I ft'. lunner habe ich mir gewünscht ein Gut zu Ijesitzen
von massigem Umfang, aber meinen Bedürfnissen genügend und
die Bedingungen der Unabhängigkeit in sich schliessend. Zu letz-
teren gehört namentlich die zu allen Jahreszeiten fliessende (Quel-
le; auch s. Ep. I, 16, 14. Warum er sich ein "Wäldchen wünscht
s. Ep. II, 2, 77. Auf den Schlitz gegen Winde ist in diesem Klima
schAverlich (mit Weber) so viel Gewiclit zu legen dass desswegen
super his auf höhere Lage des Wäldchens bezogen werden müsste.
— benc est vgl. Maecenas bei Sen. Ep. lOl, 11: r/7« dum superesl
hcnc est. — 71 il atuplius oro vgl. Ep. I, 2, 46.
V. 5. propria als festes, dauerndes Eigenthum, über wel-
ches er mit vollster Freiheit verfügen könne. Ausser den schon
von den Auslegern angef. Stellen (wie Cornel. Ncp. Thrasyb. 4.
Cic. p. imp. Pomp. 16, 48. Virg. Ecl. VII, 31. Acn. VI, 872 u. A.)
s. oben 2, 129. 134. Plaut. Most. 225: »7////« nmalorein lihi proprium fu-
turum in vita. Terent. Andr. IV, 3, 1 : uihilne esse proprium cuiijuam '.
V , 5 , 3 f . : ego J/eorum vitam proptereu scmju'ternum esse arbilror Quod
roluplales eorum proprfiie sunt. Non. Marc, p. 36-: proprium sif/ui-
/icat perpetuum. Aerius Armorum iudieio: tium non faeile sine deum
opera humanti propria sunt fiona. Idem Medea: Fors dominatur , neque
riin Ulli Propria in vila est. Lueilius Sat, XVII: in usura omnia ponit
Nontnar/na, proprium vero nii neminem habere: und: rum sriam nihil
in vita proprium mortali da tum esse. Afranius J'opiseo: IH tifd dent
propria i/uaeeunt/ue e.voptes Ilona \\. i<. -w. Bei Horaz könnte sich der
Wunscli audi darauf beziehen dass er, so lange auf <lem (Jute noch
Schuhleu lasten — und auf solche dürfte aus l-'.p. I, 7 . HO f. zu
schliessen sein — , sicli nicht als unliesrhränkfer l'jgenthüuKU- fühlt.
V. (i. si U.S.W, drückt die Voraussetzung aus unter welcher
.\iimoikiini;(.'n zur scrlislon Salirc. 151
allein er aut'Eiliöriing seines AVnnsches (Gelietes) Anspruch mache,
die. Voraussetznni;- dass er dessen würdig sei. Die naivere ältere
Zeit berief sich dabei wohl auf (religiöse) Leistungen des Betenden,
welche demselben seiner Meinung nach ein gewisses Hecht auf
eine Gegenleistung von Seiten des Gi)ttes verleihen; vgl. die von
Heindorf angeführten »Stellen. — Die Stellung der Satztheile in
V. 6 u. 7 ist a&c, hca.
V. S. vener or hier, mit Einschluss des die Ehrfurchtsbezeu-
gung begleitenden Gebetes, Avie Plaut. Aul. prol. 8: venerans mc
ul hl scrvurem sibi. Propert. III, 13 (20), 33: 7icc tu supplicibus mc sis
vcncrata iabellis. Caecina bei Cic ad Farn. VI, 7, 2: qtii ?niilla deos
vcucrati sunt contra eins salutcm. Vgl. horres oben 5, 9. — Ost mit un-
terdrücktem , oder vielmehr durch den Ton des Vortrags ausge-
drücktem, Nachsatz: wie wäre das so schön! wie wäre ich so froh!
Aehnlich wie orra', Aristoph. Nub. 69 und dazu meine Anmrkg.
V. 10. Die Variante qua ist wohl nur aus einer Glosse zu der
etwas weniger häutigen Form quac entstanden, über welche s. G.
T. A. Krüger's lat. Gr. §. 425, 3- Anm. und über illi-qui incrcc-
narius Ebds. §. 552, Anm. 3, a.
V. 13. Hcrcule. lieber die römische Sitte von einem uner-
warteten grossen Gewinn dem Herkules den Zehnten {Hcrculis pars,
Hcrcuhinca) zu geben s. besonders Dionys. Hai. Ant. I, 40. Naevius
bei Priscian. p. 470 Kr. (]>, 141 f. Klussm.), und andere Belege bei
Heindorf ad 1. , sowie bei IMezger Art. Hercules in Pauly's Real-
Enc. III. S. 1176 f. Den Hercules desshalb als Erdgeist oder Ko-
bold aufzufassen ist man aber nicht lierechtigt. — - Grat um halte
ich mit Apitz p. 132 für das Masculinuin: was ich habe geniesse
ich mit Dank und Freude.
V. 14. pingue, s. Kirchner zu I, 3, 58. S. 101.
V. 15. custos-adsis, vgl. I, 6, 81 f.
V. 16. ergo, s. Kirchner zu I, 10, 7. S. 336 f. — In monlcs
et in arcem, vgl. Od. HI, 4, 21 f.: vester, Camenac , vcstcr in arduos
ToUor Sabinos. Diese Stellen bilden einen der (Jründe aus welchen
sich Noel de Vergers (vor der Didot'schen editio Bondiana des IIo-
raz, 1855) p. XXVE f. gegen die von Dom. de Sanctis , Capmartin
de Chaupy, Fea, Nibby, Gell u. A. angenonnnene Placierung des
horazischen Sabinum ausspricht und dasselbe vielmehr mit dem
Architekten P. Rosa hinter dem kleinen Dorfc Rocca giovane sucht,
auf dein sogen. coUc del poetcllo. Dort findet sich auch in der Nähe
eine Quelle welche Fonfc drlf Oratini heisst (ib. p. XXIX).
V. 17. Von den Erklärungen dieses Verses werden wir die
von Dacier und Sanadon (suliris := quam saliras) als unmöglich (ne-
ben illustrem) bei Seite lassen dürfen, trotzdem dass neuestens ein
Paradoxenjäger auf sie zurückgekonunen ist und sie durch Sat. II,
3, 9 f. stützen zu können geglaubt hat. Ilaberfeldt's, von Kirchner
wieder aufgefrischte, Umstellung der Verse 17. 18. 19 in 18- 19. 17,
\ 52 Zwoilcs Buch der Saliren.
so dasö (juiä priiis illuslrem Nacli.satz -wäre zu dem Yordei.satze ubi
nie removi nee mc amhitio perdit, ist weder durch ein Bedürfniss ge-
boten, nocli durch irgend welche handschriftliche Tliatsache unter-
stützt, noch auch sprachlieh oder sachlich wahrscheinlich. Nee me
amb. 2)er-dil sieht wahrlich keiner Fortsetzung des Vordersatzes mW
/HC removi ähnlich (statt nee iam umhilione perdo?-) ^ und durch die Er-
weiterung ./i//»//'»».svy(/r n. s.w. erhielte dieser Vordersatz einen sehr
schleppenden (Hiarakter. Aber auch Gesner's Abschliessnng von
V. 17 durch Zeichen der Parenthese, so dass nee me amhitio perdil
der (alleinige) Nachsatz zu ubi me removi wäre, scheint wenig bei-
fallsuerth. Nicht nur dass V. 17 alsdann völlig müssig, wo nicht
störend, dasteht, ergibt sich so ein — wenigstens hinsichtlich des
Anfangs — ziemlich trivialer Sinn : wenn ich mich aus der Stadt
aufs Land zurückgezogen habe , so habe ich Ruhe vor der ambitio.
Mir scheint (wie Weber u. A.) immer noch das Gerathenste Alles
zu lassen Avie es ist und so zu erklären: Nachdem ich mich nun
also in meine Berge zurückgezogen, was sollte ich da eher zum
Gegenstande meiner Sattirae wählen (als eben diese Berge und
das Glück das sie mir gewähren*)? Habe ich doch jetzt. Dank
diesem ländlichen Aufenthalte, Müsse und Gesundheit (um frischen
Mutes mich dem Dienste der 3fiisa pedes/ris zu widmen). Dabei
fehlt also nur in V. 18 die den Zusammenhang motivierende Par-
tikel des Grundes.
Uebrigens konmit von der Satire hier Aveniger ihre begrifl'liche
Verwandtschaft mit der Idylle in Betracht (sofern sie eine kritische
Darstellung der Gegenwart ist, ausgehend von einem Ideale, die
Idylle aber Darstellung des Ideales als eines gegenwärtigen);
denn der juvenalische (und moderne) Begriff der Satire findet auf
die horazischen nicht unmittelbar Anwendung**); vielmehr ist
daltei die lucilische Behandlung der Satire zu Grunde zu legen,
wonach die Satire williges Organ für einen beliebigen Inhalt ist
und ihren Einlieitspuukt fast ausschliesslich in der Persönlichkeit
ihres Dicliters Iiat. Vgl. oben S. 144 f. Eben darum liat auch Ho-
raz jetzt die freieste Wahl in Bezug auf den Stoff seines Gedicli-
tes, gil)t aber dem Preise des Landlebens, als dem ihm nunmehr
nächstliegenden , den Vorzug.
V. 20. Der Zweifel ob die gewählte Art der Anrufnu": die
*) Die KrklJirniip : ,,clier als Anderes" (,,aiu (tosclieidestcn," Weber,
Iforatins u. s.w. S. 1^2. A. l'.V.\), so dass priiix thatsäclilich so viel wäre
als firiiiiiiiii , ist schon darum nicht walirscheinlicli weil der Dichter, wenn
er diesen Sinn wollte, />r/www' liiitte setzen können ohne im l'ebripen den
\'ers zu ändern.
**) Diess verUcMiicnd j:l;nilit K*. SoytVert, Sclml m] Hör. S.if. Kiciiz-
nach 18.")(». -l ) |>. IH illuslrem so crUliiroJi zu müssen: t/iiiii iniiriinis satirivo
scrmone iit rnmiin et iiitiiw sapieiUissimo ctiif/iic roiitciiinciulum tlrmonslrcm; was
<r weitcrhiu (p. ".'!) auf die innlii iiiliis lieziolit.
AiinuTkiiiigcn zur scclislon Snliio. 153
dorn betroffenden (iotte willkoninienste sei -war eine natürliche Folge
des anthroponiorpliistiselien Polythei.smns, einerseits von der Menge
der Götter und ihrer BozeiLdniungen, andererseits ihrer Auflassung
als Personen mit persnnliclien Liebhabereien und Launen. I5ei
Erleucliteteren nioelite auch ein Zweifel an der AValirlieit des Po-
lytheismus selbst zu Grunde liegen. Beispiele solcher Zweifel bei
Anrufungen s. bei Heindorf, und E. von Lasaulx, über die Gebete
der Griechen und Römer (Würzburg 1842. 4.) S. 6, Anm. 17 — 20;
auch meinen Art. Prcces, Real-Enc. VI, 1. S. 39. Vgl. Ilias I, 39 ff.
und Plat. Rep. IM. p. 394 A. und die Verhöhnung dieser Sitte zu
Anfang von Lukian's Timon : co Zev cpilis y.cd i,Ei>L£ y.cd iraigsis ymi
icfiozie y.cd aßTBQOTCtjva y.cd ooy.ie y.cd v£(psk)jysQiTa y.cd eoiy(*ov7T£ ymi
cl' TL Ge cfklo Ol U(j3qoi't}jtoi TtOLtjxcd y.akovoi^ y.cd ^icckiGTC( oxav c.no-
QcoGi TTQog xci ^liTocc u. s. w. Bei Horaz entspricht dem Charakter
als Anrufung auch die Feierlichkeit des rythmischen Ganges.
V. 23. Des Marcilius Rojiuim wiederholt R. Seyffert, Schol.
I. p. 22, Aveil ad negolia forcnsia rapi auch die rure viventes betreffe:
aber docli wohl niclit so häufig, und namentlich zu einer sponsio hat
er auf seinem Sabinum Avenig Veranlassung. — spo7isorem vgl.
zu 5, 109 und in der Sache vgl. Ep. I, 16, 43. IL 2, 67. Eine solche
sponsio ist also des Dicliters erstes Geschäft am ]\Iorgen (vgl. Kirch-
ner zu I, 9, 35 g. E. und zu I, 6, 1J2 g. E.), und er muss sich be-
eilen um dabei der Erste auf dem Platze zu sein. Was Heindorf
über Sponsor bemerkt hat die drei Fehler dass er die Bürgschaft
verwechselt mit der Caution [snlisdalio) ., den Begriff' viel zu sehr
erweitert (vor Gericht oder sonst irgendwie), und fideiussor
mit Sponsor identificiert. Vgl. aber Gajus III, 115 f.: pro eo qui pro-
miUit solenl (du ohlkjari , qiioriim alios sponsores , ah'us fidepromissores,
(dios [Uleiussores appelhnniis. Sponsor ita inlcrrogaliir : id duri spondes?
/idcjiromissor : id ßde promiltis ^ ßdeiussor ita: id fide Uta esse iidies?
II». 118: Sponsor is et fideproniissoris similis condicio, /ideiiissoris dissimilis -^
was im Weiteren näher ausgeführt wird. In den Pandekten findet
sich dieser Untei-schied freilich nicht streng durchgeführt, wahr-
scheinlich weil die Form der sponsio (Wette) als eine veraltete all-
mählich ausser Gebrauch kam. Aber noch im God. Tlieod. heisst
es III, 15, 1: sponsoram vel fideiiissonim — promissioncs ] und in der
Zeit des Horaz war von den verschiedenen Bürgschaftsformen
sponsir» die strengste, feierlichste, für den Bürgen gefährlichste.
rapis drückt die Unfreiwilligkeit und anderseits die Hast
aus; vgl. Kirchner zu I, 9, 77 (S. 319). — Eia (1,1, 18) u. s. w.
als Worte des Janus aufzufassen hat schon Haberfeldt vorgeschla-
gen, während die Aelteren sie als Selbstgespräch des Horaz be-
trachten. Einen für das Eine oder für das Andere entscheidenden
Grund vermag ich im Zusannnenliange nicht zu entdecken.
V. 25 f. Mag es hoher Sommer oder tiefer Winter sein (vgl.
5, 39 ff.) : auf den Weg muss man sich machen. In der Beschrei-
154 Zweites r>iirli der Satiren.
billig des AViiiters sind die ^[cikmalc gcliäuft: ]) hnmia , 2) nirakm
ilicm^ 3) inlcritjrc gyru (vgl. aucli 'ril)ull. IV, I, 160: scu ciier /ühcnias
projicrul decujTCrc liiccs), 4) Irahil (die Widcrwilligkeit ausdrückend:
der Tag will gar nicht heraus, es muss Gewalt gegen ihn gebraucht
werden, d. h. er beginnt spät).
V. 27. Schon zu Weber S. 435 habe ich bemerkt dass die
Aufeinanderfolge der zweierlei Acte schon durch lociilo hinrei-
chend markiert sei (also würde poslmodo vielmehr bei der Ver-
bindung mit luclaiuhim ,,selir müssig sein") , wogegen mi ohsit einer
Zeitbestimmung um so dringender bedürfe, da für die Gegenwart
die Wirkung der Handlung (der sponski) vielmehr eine angenehme
sei: der Dichter hat nämlich dadurch einen Freund sich verpflich-
tet (V. 24). Ferner entscheidet für die Verbindung mit obsü die
Stelle Od. I, 28, 30 f. : ncgiigis immerilis tiocihiram postmodo ie nalis frau-
dem committere? vgl. Til)ull II, 5, 102 {imjeril — makdicta piicllac.)
poslmodo quae volis irrita facta velit. Dass bei dieser Verbindung
„der Satz gar zu abgebrochen dastände" (Düntzer III. S. 406 A.**)
kann ich schlechterdings niclit finden. — Cläre (vom lauten Vor-
trag vor Zeugen) ccriinnrjtie (von der bestimmten, kein ]\Iissver-
ständniss gestattenden und keine Hintertliüre übrig lassenden Fas-
sung der Ausdrücke) , Adverbium und Adjectiv neben einander,
wie Terelit. Ad. IV, 3, 18: et recte et verum dicis. Homer: xorA« y.cu
v'\\)L ßißag, el ireov zal argezicog ayogevetg. Schneidewin zu Soph.
Oed. li. 322.
V. 2S. lurba s. zu 5, 94. Plaut. Merc. 114 ff. : . . plenis semilis gut
admrsum eunt aspellilo, Dclrude , delurha in riam . . Currenti , properanli
hau rpiisquam digmim habet decedere. Ita tres res similu agendae sunt,
quando unam occeperis: Et currendu/nsl et pugnandum et iurigandum
autem in via. — Tardis erklärt K. Seyttert, Schol. I. p. 30 wieder
sehr originell: tardi sunt ii qui tardius de lecto surrexeruntl
V. 29. Mit Recht hat Kirchner die liandschriftliche Lesart
hergestellt. Eben weil quid tibi vis die gewöhnliche Ausdrucks-
weise ist geriethen die Abschreiber in Versuchung tibi einzusclial-
ten , und daraus erklären sich alle Varianten an unserer Stelle.
Was Wüstemaiin über den Unterschied von quid eis und quid tibi
vis behauptet (das Erstere sei das Allgemeine : was willst du? So
frage der welcher wissen wolle was der Andere vorhabe. Quid tibi
vis, was willst du damit V frage nur der welcher das Thun des An-
dorn schon kennt und den Zweck oder die Absicht erfahren will)
wollen wir dahingestellt sein lassen, um so mehr da im vorliegen-
den Falle das Thun des Iloraz (pulsare) dem Fragenden hinrei-
chend bekannt ist. Aber quam rem bezöge sich ausscliliesslich
auf das ;)«/.sY//T selbst, das doch sehr unzw(Mdeutig war, wogegen
quus res entweder beissen kann: was machst du da für SaclienV
oder: was für Geschäfte hast du dennV — Dass i m /> rofnis niclit
mit //.'//.">', suiidcni nur mit urgef verl)unden werden kann wird heut-
Aimifiiaiiij^cii zur scclislcii Siiliro. 155
zuias'c von NicMiiaml molir bestritten. Die Gründe s. bei Weber
8. 43J. Apitz vori;h'ielit Lucilius bei Gellius N. A. XI, 7, 9: hie
'sl — orc imprubus dura.
V. 30. iralis prcril/us vgl. 7, 36.
V. 32. hoc zu beziehen auf die Ilandluns; des rccurrcrc ad
jMacccnalcin hat, wie Weber S. 435 nicht mit Unrecht bemerkt zu
haben scheint, gegen sich dass davon Horaz nicht leicht sagen
würde: fioc meUi est. Es ist daher wohl besser auf die vorher-
gehende Aeusserung des gepufttcn Vormannes zu beziehen, wenn
auch nicht gerade mit Apitz auf die iiHüae preres , vielmehr auf die
in den fraglichen Worten liegende iniwillkürliche Anerkennung
der Innigkeit seines Verhältnisses zu Maecenas. — Zu mclli est
vergleicht K. F. Hermann, Philologus X. S. 244, Alexis bei Athen.
XIII, 7: 1] vav yciq civÖQwv ion ttqoc xeivrjv |itiAt, und emendiert
so auch Aristophanes bei Bekker Anecd. p.434: ovrco xl xanÖQQYixa
Öqccv Igxlv (.lih. — non mcfitiar: es fällt mir gar nicht ein das
Gegentheil zu sagen ; dagegen bei nr menliar (Cic. ad Farn. III, 4 exlr.)
ist der Kedende einen Augenblick in Versuchung die Wahrheit
vorzuenthalten, bekämpft und überwindet aber diese Versuchung.
— atras wird kamn anders bezogen werden können als auf die
düsteren Erinnerungen an die frühere Verwendung (als Armeu-
kirchhof), welche noch immer nicht völlig verwischt sind; denn
weder Lambin's eventuelle Erklärung {(in proptcr sexcenlas occupa-
fioties et curas quüms obniebalur cum eo vencrat* Aber durch diese
wird sich Iloraz das Haus des ^[aecenas doch nicht völlig verlei-
den lassen), noch Düntzers (V. S. 268 f. mit Eifer vertheidigte)
Deutung von schattigen Waldungen (wie Od. IV, 12, 11 f.: nigri
coUes Arcadiac , Virgil. Acn. I, 165: dcsupcr horrcjiliqne atntm ticmus
immincl uinbra — also mit dem Nebenbegrifte des Schauerlichen)
will zusagen. Freilich ist zuzugeben dass eine solche Erinnerung
an das Einst in dem freundlichen Jetzt nicht eben sehr geschickt
.sein würde, und eine Emendation Avie (dtas wäre daher Avillkom-
men, so wenig sie im handschriftlichen Bestände einen Anhalt hat.
V. 33. Der passive Ausdruck ventiim est hebt sehr bezeicli-
nend die dabei Statt findende Passivität hervor: es ist kein Gehen,
sondern ein Geschobenwerden. Uebrigens ist aus unserer Stelle
nicht zu schliessen dass Iloraz schon damals bei ^Faecenas auf
dem Esquilin gewohnt habe, sondern nur dass er dort in der Kegel
den Tag zubrachte und daher Bestellungen für den lautenden Tag
oder den nächsten Morgen hieher ausgerichtet zu werden pfleg-
ten. *) Zu V. 31 würde zwar die Voraussetzung des Zusammen-
*) Mitschcriich (Kac. II. p. 10) denkt sich die Sache folgendermassen :
Qiiimi Horatius quovix mnne Maecenatem snlulalurns Esquitias pc/erei , ü f/ni
vel cum co colfor/ui vei per cum it Maccenalc alif/iii/l of/linrrc vellcnt ohsidc-
bant viuin qua poetae praclereundum esset vel ipsi vel aliis rei sitae cwum
demandaverant. lam Uta negotia aliena per {itSQl) caput eius salire putanda
156 Zweiles Rudi rlcr Sniiren.
wohnens mit IMaeccnas .sehr wolil passen, um so weniger aber zu
V. 48 f. (da in diesem Falle das iina sjtccfare und ima ludere gar
nicht melir hätte auffallend gefunden werden können), und vol-
lends nicht zu II, 7, 32 ft'. Scliol. luv. I, 12: Frontonis] in Oraiinna
domo, in qua poelae rceilabrinl , zusammen mit Fronto ad Marc. II, 1 :
Horalius mihi propler Maecenalem ac ßlaecenatianos horfos meos non
alienus — liabcn dalicr für die Zeit imserer »Satire und die von II,
7 noch keine Geltung.
V. 31. Noch eine Probe derK. SeyflPert'schen Exegese: atnhitio-
stirum neyutia velul infernalis manium , uvium , htporum canumrjue lurbn,
quae olim. hunc locum infeskibal, Esquilias ifigredienlem , antequum ad
duleissimum amicum pervetiiaf , iindique assultunl (Scliol. ad Hör. Sat.
I. p. 32).
V. 35. Puteal Libotiis sedes prarlnris fuit prvpe aremn Fabid-
num, dictum quod a Libone illic primum Iribiinal et subselUa collocala
sint, Porphyrio zu Ep. I, 19, 8. Diese Angabe ist, im Gegensatz
zu solchen welche das puleal als Sitz der "NVeclisler bezeichnen,
ausführlich gerechtfertigt von K. Fr. Hermann , Prooemium zum
Marburger Katalogen von 1839 — 1840, p. IV — VI. Derselbe hat
ebds. p. VI — VllI nachgewiesen dass die Unterscheidung zweier
Pulcalin , wovon das eine m comitio, das andere ad arcum Fabianum
sich befunden habe, eine willkürliche, n\ir auf den unzuverlässigen
P. Victor sich stützende , Aunalime von Salmasius (Exercit. Plin.
p. I139ft.) sei; vielmehr unum (antum in foro comilioquc romano fuisse
puleal, quod prisca aelate sive ob Narii auguris novaculam siir ob fulguni
ibi ronditn consccralum postmodo a Scribonio Lil'one (und zwar vi<>l-
leicht dem Volkstribun des J. 60j d. St.), cui negotium publice con-
quircndorum sacellorum demandulum esset, instauratum atque ita exorna-
tum Sil tit cadem opera praetori, qui in illo loco propc arcum Fabianum
ins dicere soleret, Iribunal alque subscllia exslrueret , quo facto et fcnera-
lores et alios qui Utes privatas pcrsequercntur frequenter eo commearc
consentaneum erat (ib. p. VIII). Auch unsere Stelle spricht für die
Identität, sofern darin nude von den\ Puteal die Kede ist. Als Er-
bauer des Puleal betrachten übrigens Andere vielnudir den L. Sori-
bnnius Libo welcher 538 Volkstribun und ö,')0 praetor peregr. war
(Liv. XXIX, 11. 13), ohne dass jedoch für die eine oder die andere
Annahme Gründe beigebracht worden wären. Was unsere Stelle
betrifft so hat K. F. Hermann 1. 1. ]^. V. bemerkt dass ni/iil impedit
quo minus (locum) ad advocationem in iure operamque apud iribunal
praestandam convertamus; und die ganz ähnliche von (.''icero, ]>.
(-j|uint. t>, 25, wo Nacvius seine Freunde auf dieselbe Stunde als
siinl qnac ipsi inm antea roncvedila crant cl qvortnn in via meminit qund apud
Miieventilciii csseiil hncinndn. AltcrntH, quod iicgotia citcn Intus salire di-
rnnlur , /nie ml cos /lomitics spcclut t/ui /loratii Intus rii rumdnut , mnndatn sua
r.rpcililmi.
Anmerkungen zur seclislcn Satire. 157
Zeugen ad lnbuhtm Scxliam ziisammeubittet, macht es vielmehr si-
cher chi.ss aucli bei lioraz es sieli lun einen gerichtliclien Act dieser
Art handelt. (So hätte auch Kircliner erklärt, wie aus seiner An-
merkung zu I, 6, 120. S. 248 n. M. zu schliessen ist.) Dass nach
Martial exerccl raucos terlia causidicus (vgl. llor. Sat. I, 9, 35 f.) be-
weist hiegegeu Nichts; denn es war natürlich dass die Sachwalter
erst eine Stunde nach dem Beginn des i;erichtlichen Verfahrens
zum Wurte kamen, nachdem die Vernehmung der Parteien und
Zeugen längere Zeit in Anspruch genommen hatte. Grössere Cri-
minalfälle , zu welchen die Zeugen zum Theil Aveither zu kommen
hatten, mochten aucli später beginnen als einfache Civilprocesse.
Ebenso wenig können die Stellen Uvid. Rem. am. 561 : qui Piileal
lanumquc liniel celeresque Kalciidas und Cic. p. Sest. 8, 18: putcali el
feneratorum gregilms mßatus gegen die obige Deutung unserer Stelle
eine Einwendung begründen. Denn der Prätor verhält sich zu den
fi'iieralures so wenig ausschliessend dass die Anwesenheit des Erste-
ren an diesem Orte , und in Folge dessen aucli das Zuströmen des
Volkes dahin, vielmehr die argeiiUtrü bestimmen musste ihre Buden
gerade in dieser (regend aufzuschlagen. Ueberdiess kann in bei-
den Stellen die Aufführung des puleal neben den fencrulores (= la-
fius) den Zweck haben eben die processualische Seite an den pecu-
niären Verwicklungen zu vertreten; vgl. K. F. Hermann 1. 1. p.
V. g. E.
V. 3G. Vgl. Plaut. Aul. II, 2, 22 f.: paticis , Euclio, est qtiod le
volo De commum rc adpellare , mea et Ina. Livius I, 50: conveniant in-
dicil: esse quae agere de rebus cotnmunihus velil (vgl. XXXVII, 60: de
rebus ad Cretenses parlier Romanosquc pertinentibiis agerel). Tac. Ann.
1,22: missutn ad vos a Qermanko exercüu de cummunibus commodis.
Titinius V. 63 (Com. lat. p. 122) Itibb. : rem nuignam aibal velle sc me-
cum loqui. (Als Curiosum sei angeführt dass K. Seyffert, Schol. I.
p. 23 verbindet: meminisses te hodie reverli de rc commimi, und diess
erklärt: orabanl meminisses unam ex caussis redilus tui in urbem esse
rem communrm , quae ad lolum scribarum corpus perü'nerel.)
Porphyrio : hoc loco signißcal se Horalius decuriam habuisse.
Acro : /lic oslendil de numero se fuissc scribarum. Es ist unmöglich
sich dieser Folgerung — namentlich aus communi — - zu entziehen,
vollends da in der auf Suetou. zurückgehenden Vita Horatii 2. Zeit
und Ort der Erwerbung, sowie nähere Bestimmtheit dieser Stel-
lung angegeben wird. Zwar hat man die Fortbckleidung derselben
unvereinbar mit des Dichters Verhältniss zu Maecenas finden wol-
len; aber uns scheint es vielmehr höchst bezeichnend für den Un-
abhängigkeitssinn unseres Dichters dass er mit seiner Subsistenz
nicht völlig auf seinen Gönner angewiesen sein wollte, sondern
für alle Fälle einen Weg zu redlichem Erwerbe sich offen erhielt.
Freilich mag er damals wenig genug Zeit auf diese Geschäfte ver-
w (Midi't haben (auch in der Erzählung seiner Tagseintheilung, Sat.
I5S Zweites Buch der Salircn.
I, 6, 111 ff., haben sie keinen Platz gefunden) 5 aber auf diese Ein-
nalimequelle völlig zu verzichten wäre — vollends vor der Scblacht
bei Actium und dem Tode des Antonius, ehe die neue Ordnung
der Dinge auf festen Füssen stand — • eine Unvorsichtigkeit ge-
wesen. Dass Horaz sich dieser Stellung weder schämte noch zu
schämen Ursache hatte zeigt eben unsere Stelle; und auch Cicero
nennt (Verr. III, 79, 183) den Stand der scribac einen ordo huueslits:
est vero htmesltts quod eorian htmimim fiilei Udndae publicac pericidaquc
inagislmliium commilluntur . Vgl. auch Weber, Horatius als Mensch
etc. S. 56 — 61.
V. 38. Einen unglücklichen Gebrauch haben viele Ausleger
an unserer Stelle gemacht von der Notiz des Plinius, II. N.
XXXVII ,1,4: Divus Auguslus inter initia sphinge signuvil. Duas in
vudris afuiidis iam indiscrclae similUudinis invciicral. Altera per bella
civilia, absente eo, amici signaverc episloUis el edicla qiiae ratio tempn-
rum nomine eins reddi poslidabaf, tum infaceto lepore aceipicntium , aenig-
mala aifcrre eam sphingem. Quin eliam 3Iaecenatis rana per eollatiunem
pecuniarum in magno timore erat. Vgl. Dio Cass. LI, 3. An jene
Sphinx nun dachten hier die Meisten. Indessen hat Frandsen,
Maecenas (Altona 1843) S. 71 f. mit Recht bemerkt, wenn (nach
Dio) Octavian zur Zeit des Kriegs gegen Antonius dem Maecenas,
als seinem Stellvertreter in Pom, ein Duplicat seines Siegels an-
vertraute, um seine nach Umständen abgeänderten liefehle und
Zuschriften wieder versiegeln zu können und den Schein zu er-
regen als ob sie in dieser Gestalt von Octavian selbst ausgegan-
gen wären, so habe diess in der damaligen Zeit nothwcndig ein
Staatsgeheimniss sein müssen; jedenfalls so notorisch konnte es
nicht sein dass hier unter Signa ohne AVeiteres das Siegel Octavians
verstanden werden könnte. Vielmehr zeigt der Schluss der Stelle
des Plinius dass das Privatsiegel des jNIaecenas zugleich sein Amts-
siegel war so lange er eine officielle Stellung bekleidete, und ,,der
Frosch war also hier (wo es sich um die Bittschrift einer Privat-
person handelt) ganz an seiner Stelle" (Frandson S. li). Horaz
seinerseits soll die Ausfertigung befürworten. — Ueber imprimat
curu s. Lachmann zu Lucret. VI, '231. p. 363-
V. 40. Das siebente Jahr beginnt in dem Augenblicke wo
das sechste seine Vollendung erreicht, und macht dem acliten l'latz
in dem Augenblicke wo es sich selbst vollendet. .Temehr es sich
also der Zeit seiner Vollendung nähert, in deinsell)en Verhältniss
nähert es sich auch dem acliten Jahre. Septim us 0 ctavo pmp ior
annus ist demnach: sclion überti'o, fast 7 Jahre. Nur diese Krklä-
rungsweise, wie sie ■/.. H. durch Haberfeldt, Kircbner ((^)ii.nor. ]). I»t),
Franke, Düntzer, Wolter vertreten ist, entspricht dem Spvacbge-
brauche. Unrichtig Andere, wie .Masson, ('. Passow , Weichert,
Frandsen (Maecenas S. 199 — 201): fast acht Jahre. Zu Wobor S.
437 f. habe ich Tac. Agr. 33 verglichen : ortitrus annus est r.r gun —
Anmorkungon zur sechsten Satire. 1 r)9
vicislis , und dazu bemerkt: dass es dort est heisst, und bei Horaz
fiitjrnl . macht keinen wesentlichen Lntorscbicd 5 denn das ^^s** der
Zeit besteht eben in ihrem fugere. Mit poetischer Färbung des Aus-
drucks könnte es bei Tacitus heissen: octavus anmts fuyil ex quo etc.
Tind umgekelu't bei Horaz: iuin esl (oder fueril) antnis septimits, octavo
/iropior, ex quo u. s. w. es Avird nächstens acht, ist demnach jetzt
nahezu volle sieben Jahre dass Maecenas u. s. w.
V. 42. ad hoc quem vgl. 8, 25. — lollere rheda etc. Vgl.
Kirchner zu I, 6, 102. S. 242.
V. 43. Mit der ganzen Schilderung vgl. die des Enniiis bei
(iellius N. A. XII, 4 = Enn. Ann. 244 it". Vahlen : Qui res audacler
magnas parvasque iocumque Eloquerelur ^ cuncla shuul malaque el bona
diclu Evomerel , si qui vellel , Moque locarel. Dass übrigens Ploraz hier
absichtlich die Undichtigkeit seiner Stellung übertreibt, hauptsäch-
lich wohl um vor Neidern und Bittstellern Kühe zu bekommen, ist
schon von Wüstemann, Orelli und Weber bemerkt.
V. 44. hoc geuits , vgl. Varro unten zu V. 72. — ^lit diesen
CJesprächsgegenständen vgl. aus der byzantinischen Zeit tJlaudian.
in Eutrop. II, 358 ft". : ad solilos coepere iocos et iurgia drei Tendere :
nrquidquam magna conßigilur ira, Quis tnelius vihrata puer verligine molli
Mcmbra rolel? verrat quis marmora crine supino? Quis magis enodes la-
terum delorqueat areus? Quis voci digilos^ oculos quis motibus aptel^ Orelli
vergleicht Arrian. Epict. III, 16, 4: ri TTOn'jjeig av n-fpt uovoiicr/oiv
kalr] (der hochstehende Gönner), «v Tiegl iTtTtcov, cn> mql «9-A//tcji', «r,
xo eri TOVTMv yeiooi'. Ttegl ca>9Qc67tcoi"^
Threx (Ep. I, 18, 36) — par vgl. Suetou. Domitian. 10: pa-
Irem familias , quod Threcem Mirmilluni purem, muncrario imparem di-
.rrra/, drlr actum e speciacuUs in arenam canibus obiecil, cum hoc tilulo:
impie locutus parmularius. Uebrigens war an unserer Stelle aus zwei
Bland, die Schreibung Thraex (d. h. Qoul'S,. 0?^'=) herzustellen,
als die der griechischen Form am unmittelbarsten entsprechende
und iliejenigeaus der sich die beiden Varianten 7'Ä/r.r \x\\(\Thrax er-
klären. Die Form Thraecia hat aus Fast. Cap. tr. ad a. 726 {ex Thrae-
cia et Geteis) und alten Handschriften bei Cic. de off. II, 7, 25. prov.
cons. 2, 4. Tac. Ann. II, 64 f. IV, 46. 48. XII, 63. (sowie Thraessa
bei Hör. Od. III, 9, 9) nachgewiesen A. Fleckeisen, Philologus IV.
S. 311 f. Anm. Der angebliche Unterschied zwischen Threx und
Thrax fallt damit von selbst zusammen. Findet sich doch eben die
Schreibung Thraex als Gladiatorenart auf der Inschrift bei Mura-
tori 1751 , 4 und Traeci auf der Grabschrift des Gbidiators Gallisius
zu Thermä in Sicilien bei Orelli 2576. sowie Doctor Thraec. eben-
das. Xr. 2579.
V. 40. Et quae. Die Verallgemeinerung beruht auf dem Inhalt
des Verses, nicht etwa dem Relativ selbst. Vgl. 7, 36. — bene,
vgl. /m/o bei Ennius a. a. O. (oben zu V. 43) und rede bei flaesar b.
c. I, 74: imperatoris ßdem quaerunt , redene se Uli sinl commissuri (ob
160 Zweites Rurli der Salireii.
OS für sie ratlisam sei u. s, w.). Livius VII, 39, 10: quem esse ctii ex
iniuria insanienlis exercitiis caussa rede cummülalur.'
V. 48 f. noster, dem gewöhnlielien Gebrauche des possessi-
ven Fürworts gemäss, unser Freund, unser Mann, was thatsäclilicli
s. V. a. Ich, nur in sich selbst entäussernder und objectivierender
Weise gesagt ist. Von den bei Bentley angefülu-ten Stellen ist frei-
lich (vgl. Düntzer II. S. 412 Anm.) die eine (Plaut. Epid. I, 2, 44:
iiovi ego nostros ,,ich kenne meine Pappenheimer") nicht beweisend,
noch weniger die von Orelli beigebrachte: Plaut. Amph. I, 1, 10'2,
wo Sosia, nachdem Mercur behauptet hat er seiSosia, ver.-;etzt:
me alienahis nunquam quin nosler sietn, tiec nobis praeter tne quisqitamsl
alhts servos Sosia. Hier legt Sosia den Begriff seiner selbst gleich-
sam auseinander in die beiden Theile: ein Sklave unseres Hauses,
und zwar derjenige welcher Sosia heisst. "Wohl aber trifft Plaut,
lind. IV, 7, 19 zu, wo Daemones sagt: minime isluc faciel nosler Dae-
mones. Denn dass hier noch überdiess der Name beigesetzt ist
macht keinen wesentlichen Unterschied. Ueberhaupt aber liegt
dieser Gebrauch so sehr in der Natur dieses Pronomens dass er
auch ohne Parallelstellen glaubhaft wäre, zumal da die Selten-
heit in der Literatur nichts gegen das Vorkommen in der volksmäs-
sigen Sprache beweisen kann. Dass Kirchner mit Recht die Bent-
ley'sche Interpunction (nach noster) befolgt hat wird nach Hein-
dorfs und AVeber's Auseinandersetzungen kaum noch einer Bemer-
kung bedürfen. Auch dass die Ilauptcäsur nacli nosler fällt spricht
für Bentleys AbtheilungSAveise.
Speclaver at — Inserat haben die Handschriften mit weni-
gen Ausnahmen, und es ist nicht abzusehen wie das I'lqpf. an die
Stelle von speclarrril — hiseril hätte gelangen sollen , wenn letzte-
res das ursprüngliche war; wohl aber begreift man wie bei der Nähe
von V. 39 (lixeris in einige Handschriften sich der Conjunctiv ein-
schleichen konnte. Bei der handschriftlichen Lesart sind die bei-
den Glieder, statt sie zu einander in Beziehung zu setzen (als Vor-
der- und Nachsatz), in lebliafter Weise einander ohne Verbindung
coordiniert : er war im Tlieater neben ^laecenas gesessen: das
Glückskind ! heisst es allgemein. Ebenso in der von Orelli citier-
ten Stelle Sat. II, 7, 68 und sogleich wieder unten V. 50, wozu s.
die Anmerkung. Das Plusquamperfectum aber steht ganz richtig,
da in dem Minnente wo der (sell>st der Vergangenheit angehörige,
wiewohl potentiell fortdauernde, weil vork(nnnu'nd(Mi Falls sich
wiedcrlinlcude) Ant<rni' Fitrlanae /iliiis erfidgt, die Handlung durch
die er veranlasst ist Ijorcits ganz oder tlieihvoise der Vergangen-
heit angehört; s. Ilaases .Vnnu'rkung 4,')(i zu Ixcisig's lat. Sj)rach\v.
S. Ü04 ff. Vgl. l'utsche in Jahn's .lalirblt. I>X.\I CS. 193. Ludere
stellt übrig(>ns hier wie 1, j, 4H. — Campn^ s. Kirchner zu I, |, 91 und
1'^'- I, 7, ;i9. M, 4. Ueb(>r die Brachylogie umnes .s. Kirchner zw
I, 2, 4ü. Nägelsbacb lat. Stilistik (I8.V2) S, 511.
Anmeikungeu zur seclisicn Satire. 161
V. 50. Die Rostra, über welche Weber sorgsame Zusam-
menstellungen gibt , sind hier schwerlich so zu denken dass das
fragliche eisige (schreckhafte) (rerücht durch liedner von doi-t
aus verbreitet worden Aväre ; denn es ist nicht wahrscheinlich dass
man in der damaligen Zeit die Benützung der Kednerbühne zur
Ausbreitung beunruhigender Nachrichten gestattet hätte. Daher
sind sie hier wohl nur als Raumbestimmung gesetzt: das Gerücht
verbreitet sich vom Centrum nach der Peripherie. — matiat wie
Liv. II, 49 in,: mcnuil lola urbc rumor. — coinpitti 3, 2j f. — Uebri-
gens haben wir V. 48 — .'il die Spracherscheiuung der sogen, prota-
sis paratacticn im engern Sinne (denn im weiteren könnte auch Sat.
II, 7, 109 ff. so genannt werden), von welclier zahlreiche Beispiele*)
aus griechischen und lateinischen Schriftstellern (z. B. aus Aristo-
phanes: Nub. 1076 f. Av. 76. Thesm. 153. Eccl. 179; aus Horaz: Sat.
I, 3, 56. Ep. I, 1, 33 ff. 87. II, 3, 25) gesammelt hat K. Fr. Her-
mann vor dem Göttinger Sommerkatalogen von 1850 (l8 pp. in 4.),
wozu vgl. C. Scheibe's Auctarium dazu , im Philologus V. S. 359 ff.
Die Erklärung dieser Erscheinung s. unten zu 7, 109-
V. .")1. ««»», dieThatsache des Anredens selbst, und dass der
Fragende gerade an ihn sich wendet, begründend,
V. 52. In Leos liegt weder eine Ironie noch eine Schmeiche-
lei , vielmehr ist es volksmässige Bezeichnung der „massgebenden
Kreise", der Mächtigen, die gleichsam das Schicksal in Händen ha-
ben. Indem das Volk den Begriff eines Höherstehenden ausdrücken
will geräth es ganz von selbst in die Sphäre der Götter hinein, da
innerhalb des Polytheismus Gott und Mensch nur r^uantitativ von
einander verschieden sind. Vgl. Ep. I, 19, 43 und Sueton. Oct. 70,
in welcher Stelle übrigens die Angabe dass Octavian und seine
Tischgesellschaft sich einmal als Götter verkleidet haben von dem
vorsichtigen Erben Caesar's schwer zu glauben ist; vielmehr scheint
dieselbe ein Versuch die überlieferte Volksäusserung {frumenlum
omne deos comedisse) zu motivieren und auszudeuten. • — • In ähnli-
cher Weise im Griechischen ixäy.aQeg von den Herrschern, z. B.
Aristoph. Ran. 85 Agathon sei eg ^a/.aQiov ivcoyiav (d. h. zu Ar-
chelaos) gegangen.
lieber die hier und in den folgenden Versen vorkommenden
geschichtlichen Andeutungen s. die Einleitung, oben S. 147 ff.
V. 5r{. ut im (verwunderten) Aiisruf wie 8, 62. Ep. I, 19, 19.
Epod. 2, 19 und oft bei Plautus, z. B. ^[en. 571 R.: ut hoc uiimur
maxuine mnre moro! !Mil. gl. 400: ul ad id cxemplum somniwn consimile
somniavil! Capt. I, 2, 62: ul sarpe summa ingenia in occullo latent! Ter.
*) Yernii.sst liabe icli p. 1'2 das Losonders lebendige und bezeichnende
ans Tiltull (I, 0. 5:V) : atlujerit, Inlicntnr opes , wozu v^\. Dissen. Weitere
horazisclie (dazu aber auch Hat. II. 'i , '.»4 f. 3, Ii4 tmd 202 f.) s. bei
Heindorf zu Sat. 1,1, 45.
HüRATII SAT. II, 2. 1 I
162 Zweites Bucli der Satiren.
Phorm. V, 7, o'i: td hidos facil! Cic. fid Att. II, -Jl , 3: ul iUe lum Iiii-
inilis ^ ut demissus erat!
V.54. derisor Ep. I, 18, 11. II, 3, 433. — exagitcul scherz-
haft gefärbte Verwünschung (mögen hinter mir her sein), statt des
gewöhnlichen pcrduinl oder perdaiif, Avie in dem von AVüstomann
nachgewiesenen Schreiben des Tiberius an den Senat (Tac. Ann.
VI , 6) : quid scribam vohis — (// mc deacquc peius perdunl quam perirc
me quotidie senliu, si scio.
V. 55. Dass hier ein zweiter Interlocutor eintritt zeigt die
Verschiedenheit des Eindruckes welchen die Betheurung seines
Nichtwissens auf diesen macht; vgl. V. 53 f. mit 57 f.
V. 57. miiuiniur der Handschriften besagt: dieser und Alle
die es hören oder davon hören bewundern mich. Diese Erweite-
rung ist um so weniger anstössig da seit otimes (49) und quicunquc
(öl) kein anderes Subject namhaft gemacht war. miralur ist ein
nüchterner Aenderungsversuch von Grammatikern, unum weil das
Folgende einen Superlativbegriff enthält.
V. 59. Seinen Abänderungsvm-schlag hat Laclnaaun darauf ge-
stützt dass pcrdilur ein ci:ra'^ leyo^iivov sei und hat für ponjiltir ange-
führt Ovid. Met. IV, 199, von Helios: spcclamliquc {Lcucolheam) mura
brumales porn'gis (streckst^ dehnst, verlängerst) horas. In unserem
Falle subjectiv: der Tag dehnt sich mir, wird mir langweilig, ich
kann es nicht erwarten bis er zu Ende ist. Vgl. Virg. Ed. VII, 43:
.<;/ mihi 7wn hacc lux toto iam lunyior anno csl. Indessen ein Gefühl von
LangeAveile, sollte mau meinen, könne bei dieser von allen Seiten
her in Anspruch genommonen Thätigkeit nicht autkommen, und
dass die Form für uns sonst nicht existiert kann auch blosser Zufall
sein, welcher eine Abänderung der durch alle Handschriften gebi>-
tenen Lesart nicht rechtfertigen kann. (Franz Pauly /)rt><///Hr; vgl.
Paul. Diac. p. 228 M. : prodil ... ilcm pcrdil^ ul Ennius: noenum —
mit Vahleu — sperando cupidc rem prodcrc summam.)
V. 61. Veter CS ist einsehr relativer BegrilY. Es bezeichnet
mehr den Gegensatz zum "Wesen und Cliaraktcr der Gegenwart als
ein festbegrenztes Zcitverhältniss ; gegenüber von dem Modischen
i.st es das Feststehende, Classische, 3histergültige, Absolute und
Ideale. So gebraucht Tacitus das Wort von der Zeit vor Begrün-
dung des Kaiserthums (vgl. z. B. Ann. II, 83: sads inluslre si velcns
inlcr scriplores habcrelur und Jul. Capitol. Gord. tr. 7: cum Tullio, cum
J'irgilio cclerisquc vc(cribus) , vor der Schlacht b«M Actium; so nennt
Cicero de fin. V, 8, 23 die Akademiker und Peripatetiker (im (Jc-
gensatz zu den jüngeren in seiner Zeit noch fortlebcMiden Scluibn
veleres und ib. 21 antiqui: so verstellt Horaz darunter hier die Schritt
steiler vor der — gleichfalls in seiner Zeit nocii fortwirkenden —
alexandrinischcn Periode, die der guten alten Zeit, wie er sie 3,
II ff. .si>ecificiert, und 7, lol ebenso die Meister <ler cinssischcn
Anmeikungen zur seclislon Sytiro. 163
Kunstperiode, von Periklos bis Alexander. Vgl. auch 1, 3, 91. II,
3, Tl. 4, 80.
So in HO. AVeit mehr als die Griechen, •welche zwar früli auf-
standen (vgl. Beckers Charikles von Hermann IJ. S. 30), aber
auch häutiir genug der .Alittagsrnhe pHegten (Pherecr. fr. 78 M. : fjit-
TTiTTkcqisio^ '/.c<\}evöe t»/^' usG)ji.iß()L'a^ ; aucli vgl. Aristoph. Yesp. 774.
Aeschjl. Ag. 565 f und K. F. Hermann, Griech. Privatalterth.
§. 17, 19), waren die thätigen Köm er schon sehr früli auf den Bei-
nen. Nicht nur dass bei Livius ganz regelmässig amtliche Thätig-
keiten htce piima beginnen, namentlich das arma vapcre (wie VI, 12),
aber auch Verhandlungen auf dem Forum (wie III, 47 in.), sondern
selbst utile hirtm wird erforderlichen Falles der Anfang gemacht
(z. B. Liv. III, 27: diclalor cum ante Uicem in forum vcnisset) , und
ebenso frühe arbeiteten viele fleissige Privatleute ; vgl. Hör. Ep. I,
2, 35. II, 1, 112 f. Plin. Epp. IX, 4(). Und wie viele Briefe Ci-
cero's sind nicht vor Tagesanbruch geschrieben (z. B. ad Qu. fr.
fr. III, 2, l)! ^lindestens mit der Sonne begann man das Tagewerk
(Hör. Ep. II, 1, 103 f. Ovid. Amor. I, 13, 13—24. Prokop. bist. arc.
15. p. 92 Or.), und es galt für weichlich in htcem dormire (Hör. Ep,
I, 2, 30. 18, 34. vgl. 17, 6. Sen. Ep. 122, 1 : liberale adhuc spalium esl
si quis cum ipso — die surgaf, officiosior mcliorque si qtiis ilhim exspeclal
rl lucem primam excipil , turpis qui al(o sole scmisomnus iaccl , cuius vi-
(jilia medio die incipil). Der beste Beleg ist die Sitte der Moi'genauf-
wartungen (iS'«/»/rt//o7?C5), officium anlclucanum genannt; soAvie die
häufig damit verbundenen Befragungen in Rechtsangelegenheiten
(Sat. I, 1 , 10. Ep. II, I , 103. Cic. pro Mur. 9, 22). Die Sitte der
Mittagssiesten scheint erst gegen das Ende der Republik aufgekom-
men zu sein*); die Anekdote aus dieser Zeit bei Hör. Ep. 1 , 7 , 47
schliesst sie noch aus, und auch Varro (R. R. I, 2, 5) entschuldigt
sie bei sich noch hall), als ein individuelles Bedürfniss (in Folge
seiner überwiegend nervösen Thätigkeit) , und beschränkt sie auf
die heisse Jahreszeit : acslivum diem si non dif/inderem insililio sotnno
meridie , viverc non possem. Sehr bezeichnend ist ferner Ciceros Ge-
ständniss, de divin. II, 68, 142: iiunc fluidem, propler inlcrmissionem
forensis operae, et luctibraliunes delraxi et mcridiationcs uddidi, quihus uti
anlea non solebam. Dagegen setzt Catull 32, 3 {itibc ad te veniam me-
ridialum) u. 10 (nam pransus iaceo) , 80, 3 f. {cum te oclavo quiele E
inolli tonfjo suscital hont die), vgl. 61, 114, sowie Plut. Luculi. 16 sie
für den Sommer (vgl. longo die 1. 1.) schon als ziemlich allgemeine
Sitte voraus, und die angeführten Stellen Catulls zeigen zugleich
■wie diese Siesta sonst noch benützt wurde (vgl. Aristoph. Vesp. 500.
*) Wenn Silius (XIII, (>.37 f.) des älteren Africanus Mutter, l'ompo-
nia , sacen liisst : sola die caperein medio qiiitm forte peldos Ad requiem
somiios, so beweist tliess nm so woniger etwas für das niHnnliche Geschleclit
da es Uebertragnng späterer Sitte sein kann.
11*
164 Zweites Buch der Satiren.
Pac. •iOO). Als nun aber mit der nionarchibclien Kegicrungsforni
Kühe die erste Bürgerpflicht zu Averden begann, nuisste dicss auch
auf diesen Theil des Privatlebens von eingreifendem Einfluss sein.
Besonders die Uebergangspcriode, die augusteische Zeit, in welcher
der Bürger durch öft'entlichc Geschäfte nicht mehr in Anspruch ge-
nommen war und sich selbst zum Mittelpunkt einer angestrengten
Thätigkeit zu machen noch nicht gelernt hatte, zeigt in dieser Hin-
sicht bemerkenswerthe Eigenthümlielikeiten. In die Wette mit den
alexandrinischen Idyllikern (Theokrit. VIU, 77. IX, 33. Mosch, j,
11 f.) preisen die Dichter dieser Zeit als IIauptl)estand theil der ivers
vila (Til)ull. I, 1, 5) die diilces sonmi in gramine, im Schatten eines
Baumes , an einem murmelnden Baclie , einer kühlen Quelle : Vir-
gil. Ecl. V, 46. Ge. II, 470. Horaz Od. I, 1, -21 f. Epod. 2, 23 ff. Epi.
I, 14, 35. (vgl. Tibull. I, -2, 7«. Ovid. Met. XI, 602 ft'. Fast, m, 17 f.).
Wie Horaz hier den reichlichsten Beitrag liefert, so ist er über-
haupt derjenige bei welchem das Schlafen die grösste Rolle spielt. Zu
einem gemächlichen Leben rechnet er namentlich aucli primain som-
fiiis in Jwram (Ep. I, 17, 6); ungestörte Nachtruhe fordert er für
den Dichter als clicns Bacrhi somno gawlcnlis el iimbra (Ep. II, 2, 78
f.); schon an geAvöhnlichon Tagen beeilt er sich nicht eben mit dem
Aufstehen (Sat. I, 6, 119 fi.) , noch weniger aber an Festtagen (Ep.
1,5, 10); in der Stadt ist er vini somniquc benignus (Sat. II, 3, 3.
vgl. 7, 114), sehnt sich aber doch nach dem Lande, weil man dort
ruhiger schlafen könne (II, 6, 61. Ep. II, 2, 79). Es scheint hier-
nach dass unserm Dichter der Schlaf ein besonders unerlässlidies
constitutionelles Bedürfniss gewesen sei; auch dürfen wir darin
wohl einen Ausfluss der ihm eigenen Behaglichkeit erblicken, wie
andererseits nicht vergessen dass Horaz vermöge der Dichtarten
in denen er arbeitete mehr Anlass als Andere hatte von seinen Le-
bensgewohnheiten zu reden. In der eigentlichen Kaiserzeit linden
wir als feststehenden Gebraucli den sumnus meridianus (Plin. Ej).
IX, 40), tjfiSfjLvog vTtvog (I'rokop. bist. arc. 15), y.oif.itj6ig f.ie&tj^isQii>t'}
(Flut. Symp. VIII, 7,4), das meriiliari (Suet. Calig. 38. Ner. 6),
und Celsns I, 2 gibt den Kath, longis dicbus (vgl. oben CatuU HO,
4) meridiari poliiis ante cibtim , sin minus posl eum. So pflegt auch
Seneca nach dem jrrandium kurz zu sclilafen (f^p. K^, 6). Vgl. auch
Capitoliu. Ma.viinin. duo 23: mediu die, cum a proelio quieseerelur, el
Ma.viminum el filium f/uieseenles in lenloria pasilns oeeideruni , sowie
Lamprid. Alex. Sev. 31. 35. Aus noch späterer Zeit erzählt
Prokop. bell. Vand. I, 2 »lass iui J. 109 n. Chr. Alarich die Sie-
.stastnnde zu seinem Angrifl' auf Rom abwartete: a^tcpl y^iiQav ^li-
Gtjv ct7tavx(ov r}di] vnvoi' cog ro eixog ^isrct ra atria aioorj-iEvcoi'. Auch
das Früliaufsteheu nuisste durch den Mangel driugeuder (Jeschäfto
in der Kaiserzeit INIinderuiig erleiden, wiewohl für die faulen
Griechen zu Korn innner uoi-h viel zu früh aufgestanden wurde
(Lukian. nicrc. lund. 25. 30) , und besonders verhasst war den im
Anmorklinffen zur soclisloii Salirc. 165
])ienste von liömcrn stchonden ilio Hausglocke welche Morgens
(las Gesinde zu wecken pflegte (Lukian. ib. 24. 3l). Mit Sonnen-
aufgang erhol» man sich vom Lager (Persius III, I ff.), und Män-
ner von ernsterem Streben suchten auch jetzt — von der Ueber-
zeugung ausgehend , abscfdere vilae giiod sopor en'pkif tcmpus (Sil.
It. XII, 560 f.) und wg vv/.xbg avarravea&ca dei. )]uc'Qag de ngdr-
reiv cnaarävTag (Plut. Symp. VIII, 7,4) — durch Benützung ei-
nes Theiles der Xacht die Zeit zum Arbeiten zu verlängern; s.
Plinius II. N. praef. 1«: subsirin's irmporibus isla (literarische Arbei-
ten") curamus. i. c. tiocturn/s. Dies vobis impcmiimtis. cum somnq laJeliidi-
jiem compiilatniiS , tri hoc solo pracmio coutcnti quod dum isla — musinamur
phtrihus horis vivimus. Quintil. I. 0. X, 3, 26 f.: in omni stiidiorum ge-
ticre — bona vaMudo — necessaria est, cum tempora ab ipsa rerum na-
tura ad quictcin refeclionemque nobis data in acrn-imum laborcm conver-
timus . . ■ Jbunde, si vacet , lucis spalia suf/iciunl] occupatos in noctcm
ficccssilos a§it. Est tarnen lucubratio — Optimum secreti genus. A'gl.
Lamprid. Alex. Sev. 27: si fiecessitas cogerct ante lucem actibus operam
dahat. Capital. Gord. tr. 6 extr., wo dass Gordian somni plurimi war
damit entschuldigt wird es sei aus natürlichem Bedürfniss , />^r na-
luram, non per ebrietatem atque luxuriam, geschehen. Ueber die wi-
dernatürliche Verkehrung der Ordnung von Tag und Xacht durch
viele seiner Zeitgenossen klagt Seneca, Ep. J22.
V. 62. Zu unserer Stelle vgl. Lucret. IIT, 1066: out ahit in som-
num gravis atque oblivia quaeril. Auch hat man längst verglichen die
Nachahmung des Valer. Flacc. Arg. IV, 5.35 f.: hu7ic tibi reclinem
stralis et pace fruentem Adspiril ac longae dueentem oblivia poenae u. s. f.
Diese Stelle, sowie Virgil. Aen. VI, 714 f.: Lethaci ad fuminis un-
dam — longa oblivia potant, zeigt zugleich die Richtigkeit von
Heindorfs Erklärung des dncere (schlürfen). Denn dass Horaz im
vorhergehenden Verse die Mittel beigefügt hat durch welche die-
ses Schlürfen erfolge macht keinen Unterschied.
V. 6.3. "Weder Düntzer's erste Annahme einer Brachylogie statt
fidia cognata fabae Pytbagorae ^ noch seine spätere (V. S. 271 ) einer
Umstellung von que: falta Pythagorae ac simul cognata oluscula, kann
ich im Geringsten plausibel finden, halte vielmehr die (auch durch
des Seren. Samm. Nachahmung beglaubigte, c 40: Pythagorae cog-
nata levi condita cumino proderit) Anspielung auf die volksmässige iind
ursprünglich wohl scherzhaft gemeinte Combination der pythago-
reischen Enthaltsamkeit vom Bohnenessen mit der pythagoreischen
Lehre von der Seelenwanderung für die einzig richtige Erklärung,
^lir scheint als erhielte die Darstellung dadurch eine komisch ärger-
liche, humoristisch verzweifelnde Färbung: ich wollte ich hätte auf
meinem Tisch (statt der städtischen Leckereien an der Tafel des
Maecenas) die Base des Pythagoras ! — Da Bohnen und Kohl einen
wunderlichen Küchenzettel abgeben würden, so ist simulque wohl
auf die Identität des Tisches, nicht aber die der Zeit, zu bezieben.
166 Zweites Buch der Satiren.
V. 04. AVas mit Meineke's fabis (statt salis) oder gar Bentley's
focis gebessert seiu soll ist nicht abzuseilen. Dass salis mit unrla zu
verbinden sei bat sclion Ilaberfeblt erkannt. Nicht eine ma'^ere
armliche Kost ist es nach welcher sich Horaz sehnt, sondern eine,
ausreichende, aber einfache. — punentur wie -2, 23. 8 91. v"-l. 8 69.
Macrob. Sat. VII, VI: sacpe apposila saUla carne, quam laritlum voca-
miis^ quaerere mecum inslilui, qua ralmic carncm admUlio salis servcl.
Bentley vergleicht Martial. V, 80 (78), 6 ff. .• -ponelur — pallcns faba
cum rubenle lardo. Auch s. luv. XI, 84: nalalicium cognalis ponere
lardum. — Oluscula vgl. Cic. ad Att. VI, 1, 13: in filicalis lanci-
bus cl splendidissimis canislris olusculis 110s soles pascere. luv. XI, 78 f. :
Cun'us parvo quae legeral hor.'o Ipse focis hrevihus pouehal oluscula.
V. 65. Gö tter- Xä chtc und -3Iahle zur Bezeichnuu"- der
seligen Sorglosigkeit derselben. Dass er ,,auf dem Lande jeden
Tag bis tief in die Xacht hinein schmause" liegt in den ÄVorteu
des Horaz durchaus nicht, so natürlich es ist dass er sich einen s<>
vergnügten Abend möglichst oft zu bereiten sucht, wie Cato in der
von vielen Auslegern angeführten Stelle, Cic. de sen. 14, 46: in
Sabinis conviviuin vicinorum quotidic compleo, qiiod ad mullam noclem
quam maxinie possumus vario scrmonc producimus. — Da!?s mei auf
die Sklaven sich l)eziehe ist nicht zu glauben, trotzdem dass es
Od. III, 17, 16 heisst: cras genium mcro Curabis et porco himesiri Cum
famidis opcrum solutis (doch ist aus der Theilnahme des Gesindes an
einer festlichen Feier niclit auf regelmässiges Mitessen am Tische
zu schliessen), und trotz Seneca's Urteil, p]p. 47, 2: ridco islos qui
lurpe exislimanl cum servo suo coenare *), obwohl es glaublich ist
dass auch Horaz — zumal auf dem Lande — seine Sklaven in der
älteren patriarchalischen Weise (vgl. Sen. ib. 'Jf. 4: Uli quibus non
Urnlum coram domino srd cum ipsis erat sermo — parati erant pro domi-
no porrigere ccrricem . . . in conciviis loqurbanlur, sed in tormentis tacr
bunt) hielt, obwohl ferner mei an sich ganz wohl ,, meine Leute"
(d. h. Sklaven) bedeuten kann xnul es auch oft genug bedeutet
(Plin. Ep. II, 17, 24: Saturnalibus — cum reliqua pars tecli liccnlia
dierum feslisquc clamoribus personal: nam nee ipse m cor um lusibus
nee Uli studiis meis nljslrcpunl) , endlich obgleich die anhangsweise
Erwähnung derselben (qtie) und dass ihnen kein Einfluss auf den
Numerus des Zeitwortes vergönnt ist (wie in der von Wü^temanu
aus Haase zu lleisig, Amn. 34j, angeführten Interdictsformel bei
Cic. p. Tüll. 44: unde lu aut familia <iut prncurntor tuus illum — vi
deiecisti, du in eigener Person oder dm-ch einen Sklaven oder Stell
Vertreter) für Sklaven ganz beson<lers passen würde. Aber da das
Folgende zeigt dass au diesen Mahlen Nachbarn und Freun(b'
*) Diess war übrigens so sdir die allgciiKMiic An.siilit dass <lio Zu
ziehnnp zum Tische rles Herrn als (uiilT.rmliche) Art der Freilassunp bo
trachtet wurde, die iiiaiiumissio per niensam. Verl. Thcopliil. paraphr. Inst.
I, ."), 1. r.|.it. Inst. Gaii r, 1. I.
Aiimerkuiii^rn zur scclistoii Salirc. 167
'J'Iiiil uclimcn, .so wäre os denn ilocli eine höchst bcfrcimlliclie
Darstolhiiij^swoise Avonn in der Aufzühlung der Theilnohmer die
Skhivon doppolt aufgofiihrt wären {»ici und vcrnns) , jener Freien
aller gar keine directe Erwälnning gescliälie. Mei steht also wie
siKirinn , V. 41 : ich mit meinen Freunden.
V. 07. pasco, wie bei Cic. ad Att. VI, I, i;^ (zu V. 64, S. 166),
den Begrirt' einer halbthierischen Abfütterung enthaltend, zugleich
aller den Nebenzug der Keiclilichkeit, indem die Sklaven davon rund
und fett werden. — Libads dapibtis von pasco zu trennen, als
atil. abs. (nachdem u. s. w.), scheint sprachlich gewaltsam (obAvohl
liliare (Uipes auch bei Liv. XXXIX, 43 vorkommt und der dort bei-
gesetzte Dativ düs sehr leicht zu entbehren wäre, wie in den von
Forcellini nachgewiesenen Stelleu Cic. Legg. II, 8, 19: certas fru-
gcs — sacrrdiih's pi/blicc libanto. Tibull. 1, 10, 21: seu quis libareral
uvam. Ovid. Fast. I, 588: sairrdos — - flammis visccra libat ovis), und
andererseits sachlich unmöglich es in der Bedeutung ,, geweihtes
M-ahl" mit pasco zu vorbinden: ich speise die vernae mit Kuchen,
So Avenig von dem aufgeklärten Horaz zu glauben ist dass er den
Larenbildern Kuchen vorsetzen werde, eben so wenig ist ihm die
Frivolität zuzutrauen dass er die den Göttern vorgesetzt gewese-
nen Sfieisen an die Sklaven verschenkt habe. Vielmehr ist mit
Haberfeldt, Heindorf u. A. Acron's Erklärung drgiislalis beizustim-
men, von dem es sich aber so unterscheidet wi(> Nippen vom Ko-
sten; vgl- Döderlein, Syn. III. S. ]-27. Ausser Virg. Ecl. V, 26:
neque amtiem libavit nee atligii herbum, Aen. V, 92 und Ovid. Am. I, 4,
34 s. auch Stat. Silv. II, 1, 60: incepias dapes Ubataque vina (Düntzer
V. S. 272). — Prout {pro eo ui) , ein vor Cicero's Zeit nicht vor-
kommendes Wort, carminibus non salis apfum erat, nee lunlum ob for-
tnam, sed clkim propler noiionis sicrililaiem (Hand Tursell. IV. p. 627).
In Sermonen ist es aber nicht zu beanstanden. In Versen findet es
sich sonst noch bei Pseudo - Ovid. Her. XXI, 227: adspicercs vcllrm,
proul ipse rogabas , und Auson. Mosell. .372: millr alii, prnid qucmqite
stnis magis im peius urgcl, esse im cuphint.
V. 6S. Siccat (vgl. Od. I, 31, 11) inaequales calices er-
hält seine Erläuterung durch das nachfolgende seu acria — seu mo-
dicis (wie proul c. l. est durch solid. leg. ins.) und bezieht sich dem-
nach auf die Ungleichheit der Mischungsverhältnisse. Vgl. Kirch-
ner zu I, 6, J17.
V. 70. ergo, dem geschilderten Gesammtcharakter dieser
Mahlzeiten entsprechend ist auch das Tischgespräch ; vgl. Kirch-
ner zu I, 10, 7. S. 3.37.
V. 72. Vgl. die Stelle aus f'laudian, bei V. 44. Haberfeldt
erinnert an Varro's Vorschrift (bei Gellius N. A. XIII, 11 , 4 f.) in
Bezug auf die Tischgesjiräche : habendos — iucundos alque invitabilcs
et cum quadam inlccebra et voluptale utiles, ex qtribus ingenium nostrum
venuslius fiat et amoenius. Quod profecto, inquit, eveniet si de id gemis
168 Zweites Buch der Satiren.
(vgl. V. 44) rebus ad communcm vilae tisum pcrlmentihus confabulemur
de quibiis in foro alqiic in ncgoliis agendi non csl olitttu.
V. 75. Vollständiger iintersclieidet Aristoteles, Eth. Nie. VIII,
3, drei Arten von Freundschaft: die auf dem Guten, die auf der
Lust und die auf dem Nutzen beruhende. Von diesen erkennt er
aber (VIII, 4) nur die erste, die unter sittlich guten und an Tu-
gend sich ähnlichen Menschen, als die wahre an 5 am grössten aber
sei die Freundschaft zwischen denen welche dem Freunde um des
Freundes willen das Gute Aviinschen. Mit seinem in solchen Din-
gen geAvöhnlichen Mangel an Schärfe der Unterscheidiing hat Ci-
cero, de amic. 8, zwei heterogene Motive durcheinandergemischt,
einerseits die Gleichartigkeit des Wesens und andererseits dass
man den Andern als ein Ideal betrachte , welches Letztere aber
nicht auf Freundschaft führt, sondern auf Hochachtung oder Be-
wunderung.
V. 76. eins wie 1, 70. Od. III, 11, I8 (mit Orelli's Excurs).
IV, 8, 18.
V. 78. ex rc, Haberfeldt: wie es das Gespräch mit sich
bringt; er weiss Alles mit einem passenden Geschichtchen zu be-
legen. Si quis nam (die in Hdsch. sich findende Umstellung
iVV/w si quis ist ein vorlauter Verbesserungsversuch), wie in den
von Bentley angeführten Stellen 3, 20. 41. 302. Ep. II, l, 186., wozu
Hand Tursell. IV. p. 3 fügt: Plaut. Mil. 1379: ego nam (Ritschi:
iamiam) conveniam illunc. Virgil. Aen. III, 379: prohibent nam cetera
Parcae scire. — Den Arellius hält Haberfeldt für einen „reichen
Landwirt in der Nachbarschaft, der entweder bei allem Reich-
tliume unglücklich war, oder, wie sich aus der folgenden Fabel
schliessen lässt, die Einkünfte von seinem Gute in der Stadt ver-
zehrte." Im letztern Falle wäre er ein 3Iittelding zwischen Land-
mann und Städter gewesen, die Fabel hätte also auf ihn keine An-
wendung gefunden. Man müsste ihn daher vielmehr für einen rei-
chen aber unglücklichen Einwohner der nächsten Stadt halten.
Der Vergleichungspunkt liegt aber wohl einzig in soUicitas opcs:
weil sie sorgenvoll sind möchte der Redende die Schätze des Ar.
so wenig mit seiner beschränkten, aber sorgenfreien Lage vertau-
schen wie die Feldmaus mit der Stadtnians tauschen wollte.
V. 79. Für den Gebrauch von olim in Krz/ililungen führt
Hand Turs. IV. p. 369 ausser den schon von Lambin beigebrachten
Stellen an: Plaut. Stich. 539: fuil olim — scncx. ei filiac duar rranl.
Phädr. 111,2,2: Panthern imprudcns olim in foveam dccidil. 17, I:
Olim quas vellent esse in lulela sua IHvi legeruni arbores.
Die Fabel ist in der vulgären Sanunlung der nesopischcn Nr.
121, bei Korais .301 ; bei Baitrios Nr. 108, bei Dositheus 18.
V. 8<> f. Zweimaliger Chiasmus, \u\\ die gegensätzliciien und
vorwandten (bzhgsw.- identischen ) BcgritVe neben einander zu luin
gen, wie bei Cic. Fat. 5, 9: quac quamque rem res conseqiialur. Andere
AiiniiMkiini^cn zur sechsten Siliic. 169
Beispiele s. bei Krüger lat. Gr. §. 686, '2. — acccpissc s. Kirchner
zu I, 5, I. S. 183.
V. S2. Die vorzügliclie Beglaubigung von inten Ins, sowie
(las Bedenkliche der Construction attcnlus quncsHis (vgl. Ep. I, 7, 91,
II, I, 172), stimmt für das Erstere.
V. S3. solrerct'^ das Gegentheil i^aber im Extrem) s. bei .Si-
lius It. XI, 171: peclora magnis nutifjuam angusta inalis. — hospi-
(iis für Bewirtungen, für die Fälle wo es einen Freund zu bewir-
ten galt. Dass das Wort für fiospilibtis stehe, wie nach dem Vor-
gjinge des Comm. Cruq. Viele angeben , kann man nicht mit Keclit
behaupten. — Quid mxilta? um nicht lange bei der allgemeinen
Schilderung zu verweilen , sondern gleich zum einzelnen Falle
überzugehen. Hle hebt das Subjcct hervor, indem es die gegebene
Schilderung zusammeufasst : der Geschilderte, illc aiiiis ingnmim
iam fiarraverat, wie schon Bentley richtig erklärt hat.
V. 84. Sepostli (Tibull. II, ö, 8: nimc indue vestein seposilam)
ciceris (I, 6, ]I5) invidit, eine dem Griechischen nachgebildete
((Juintil. IX, 3, 17: e graeco Iranshila vcl Salluslii plttrirna — vcl ffo-
ralii : nam id maxime probat hoc : ,,ticc ciceris — avenae'') Coustruction,
für das Lateinische berechtigt als constr. ad sensam , sofern darin
der Begrift" des Beraubens (Nichtmittheilens) liegt, nicht der der
Fülle , was zu der Künnnerlichkeit dieser Schätze nicht stimmen
würde. Der Hauswirt tischt sein Bestes auf und kargt gegen sich
nelhst ■ {sepositi hier und relincpiens 89), um Alles unverkürzt seinem
Gaste zu lassen (hätte er diese Dinge in Fülle, so wäre die Vor-
sicht sehr überflüssig). Aber in Walnheit und in de'n Augen seines
Gastes sind alle diese vermeintlichen Herrlichkeiten höchst ärm-
liche Sachen. Daraus erhellt zugleich dass seniesa (V. 85) nur be-
deuten kann: von den Menschen angegessen; s. meine Anmerkung
zu Weber, S. 449 f. und vgl. I, 3, 81.
V. 88. per rectus wie V. 106 (vgl. rubans, lio) mit dem Ne-
benbegrift" des Behaglichen, Sichzuhausefühlens. horna Od. III,
23, 3.
V. 89. ador s. Kirchner zu T, 5, 69. — r cliuqucns , Ep. I,
7, 19. Gegentheil von tollere.
V. 90. t andern, nachdem das so eine Weile fortgegangen war,
ohne dass der Gast sein Urteil anders als durch die That (V. 87)
ausgesprochen hätte.
V. 91. Haberfeldt : „der Naturkundige möchte vielleicht ein-
wenden dass selbst die Feldmaus nicht wüste Waldungen , sondern
fette Fluren aufsiiche. Der Dichter nahm hier vermutlich mehr auf
sein Sabinum , welches er mit jenem öden Aufenthalte vergleicht,
als auf die Natui-geschichte der Mäuse Rücksicht." Wahrschein-
licher ist dass der Dichter durch das Interesse des Gegensatzes zu
dem Leben der Stadtmaus hierauf gebracht wurde. Wie wenig in
170 Zweites niicli der Satiren.
der Fabel nach der physikalischen Wahrscheinlichkeit gelVaiit wird
ist aus Kp. I, 7, "29 bekannt.
V. 92. vis in s. Kirchner zu I, 9, 70. S. M6. Das Richtige
hat übrigens schon Cruquius : ,,L(imbinus Icfjil: vhi In. Etjo scqiiar
conscnsum jyhirium codd. scriplonim , vis lii: quod haec Ha inlerrugcl ul
ad riis desercndum invilcl. Al vin' tu.' sie percontatiir rnslicum perimlc
ac si tarn diu apud se slaliiissel mtis rusticus ul relictis silvis in urbem
commigrarct. eius enim sensus est: verene ita est Ic velle praeponcre elc..'
Lcgilo VaUam II, 14.'' Dass in seinem Texte vin tu gesetzt (oder
Avolil geblieben) ist kann daher nur ein Versehen sein. Beispiele s.
bei Bentley.
V. 93. cüT'pe viam nimm den Weg unter die Füsse. Vgl. 1,
5, 95. Od. II, 17, 12. Der Ausdruck besagt das geordnete, keinen
Tlieil überspringende Fortschreiten auf einem AVege; das Älerkmal
der Kaschheit ist darin nicht enthalten. Mihi crede wie TibuU
IV, 4, 3: crede mihi, proper a.
Y. 95. magno aul parvo als Neutra zu fassen (Grossund
Klein) räth das vorhergeliende lerrcslria. vgl. l, 77. Ep. II, "2, 179.
V. 97. Vgl. Ep. II, 1, 144 und Sali. lug. 1 in.: falso querilur de
natura sua gcniis Inimamnn quod imhccilla atquc acvi brevis forte po-
tius quam virtute rcgalur.
V. 98. pepulerc =^ movere, den Eindruck hervorbrachten
dass sie sich entschloss sich auf den Weg zu machen. Cic. Off. III,
10, 41 hat schon AVüstemann verglichen. Levis flink, leichtfüssig;
der Abschied kostete sie gar keine Ueberwindung. Vgl. axich 7, 29.
Auf das malerisch Hüpfende des Rythmus hat Dacier aufmerksam
gemacht. ExsUit natürlich die Feldmaus, wie ausser levis nament-
lich auch domo beweist.
V. 100. Jioclurni s. Kirchner zu I, 6, 113. S. 246. Eine Xe-
benbestinnnung der Handlung ist mit dem handelnden Subjeete
.selbst in grannnatische Beziehung gebracht.
V. 101. tarn tenebat — cum ponil s. Kirchner zti 1,5, 20.
vgl. unten V. 111 f. Uebrigeus hat die Annahme einer parodischen
Absicht Avenig AVahrscheinlichkeit , da Horaz auch sonst (wie V.
88. 92 ff.) die Ausführung absichtlicli ])atlietisch halt, um durch den
Contrast mit der Kleinheit des CJegenstandes eine heitere Wirkung
hervorzubringen. Denselben Cliarakter trägt auch der Ausdruck
vestigia ponere (Ep. I, 19, 21) flu sich, der zwar allerdings auch
in der ,, Prosa" vorkounnt, aber iunner etwas (Jewähltes hat.
V. 103. Ueber den Scharlach gibt Weber gründliche Aus-
kunft. Zu canderel vergleicht liambin ferrum . carba randens, la-
minae candentes- ebenso taedae candentes , ad Ilerenn. IV, 46, 59.
AVenn Döderlein Syn. IV. 8. 248 solche Falle auf die Ersdieiuuug
des Weissglüheus bezielit, so macht unsere Stelle zweifelhaft ob
PS nicht vielmehr vom Kothglülien zu verstehen sei. A'gl. Candida
ßamma , N'alcr. IM. \'1I1, 247. V(l>erliaupt wiegt bei candcre, candi-
Anmorkuiii^oii zur scclisleii S.Uirc. 171
(las u. s. w. der Begriff des Hellen, Glänzcndon vor, und die Farbe
ist dabei das Secundäre.
V. 105. jtroctil erklärt Ilaberl'eldt und lleindorf: in die
Ferne, liier in die Höbe (Entfernung vom Boden), also s. v. a. in
allutn (Od. n, 3, 19). Aber diese Bedeutung" ist luierweislieli, stände
überdies» liier tautologiscli, da der Begritt' der Höbe scbon in c.v-
slriirlis entbalteu ist (vgl, cotislruere 3, 96. I, 1 , 44; aucb famulae
f/iiihtis ordine longam riira peiutm sintere^ Virgil. Aen. I, 704). Letz-
tcrc Tbatsacbe niat'lit aucb Weber's Erklärung unmöglicb : weitbiu,
in langer Reibe, so dass die Körbe neben einander steben würden,
allerdings sebr bequem für die Clause, aber eben darum zugleicb
nnpraktiscb und umvalirscbeinlicb von Seiten der Menseben, ^'iel-
nielir sibeint ricbtig nur die Auslegung von Düntzer und Orelli: in
einiger Entfernung {a'JTWTiQfo . Ar. Nub. 772), wie in der Verbin-
dung procul (ulstarc (Hand Tursell. IV. p. 593, 9) und ähnl., wie ja
überbaupt procul ein relativer Begriff ist (Hand 1. 1. p. 589, l). Da-
bei wäre es aber natürlicli unstattbaft procul mit inerant zu verbin-
den (sie waren in einiger Entfernung darin entbalteu!), vielmebr
gebort es zu exstructis: die Körbe waren in einiger Entfernung von
den lecii aufeinamlergestellt (docb so dass die Maus nocli wolil bei-
kommen konnte) , um die Passage im Zimmer nicbt zu bindern,
standen also auf der Seite (,, abseits", wie Kircbner übersetzt), in
einer Ecke. Auf diese Entfernung von dem Icctus beziebt sich auch
cursitai, V. 107.
V. 106. ergo vgl. V. 16. 70. Hier: in Folge dieser einladen-
den Umstände.
V. 107. succincius für die Arbeit; vgl. Kircbner zu I, 2, '25
(S. 38) und 5,5 (S. 185). 8, 23- So succincü minislri bei Lucan. I,
607; mccinctus cursor bei Martial. XH, 24, 7. Vgl. unten 8, 10 und
70. — Cursitai vgl. Silius It. VII, 176 — 178: laetus nee scnsrnit
hospes Ailvcnissc deum , scd cnim de more parenlum Gralo cursabal studio.
V. 108. continuut dapes, macht die dapes zu conlinuac,
dass sie eine zusammenhängende Kette bilden, reiht (xericht an
Gericht. So Sali. Cat. 20, 11 : binas domns conlinuare. Livius
XXXIV, 4: cupido agros continuandi. Ovid. Met. XIV, 239 f. : saxa
trabesquc conlinual. — nee non^nn^ ermangelt (uuterlässt) nicht
die Geschäfte eines verna ganz in dessen Weise zu versehen.
Ebenso Cicero Parad. I, 1,8: nee (oder neque) non saepe laudabo sa-
pienlcm illum Biantem. Etwas anders p. Pose. Am. 15,45: neque
haee tu non intelligis, es ist nicbt der Fall, man kann nicht sagen,
dass du es nicht verstehest (dass diess die Ursache sei). Vgl. Hand
Tursell. IV. p. 111 f. — vernililer bat Kircbner mit Recht nach
vielen, und darunter den vorzüglichsten, Hdsch. gesetzt, trotzdem
dass die Mehrzahl vernalilcr hat. Aber diese Form ist schon darum
bedenklich weil ein der Zeit nach so nahe stehender Dichter wie
Manilius dieselbe in ganz anderer Bedeutung (= vernus) gebraucht,
172 Zweites Buch der Saliren.
Astr. III, "258: iunc angnsla dies venuiles verlil in lioras\ m ie auch bei
Caocilius Statius v. 131 (p.47 Ribb. aus Non. Marc. p. 42, 28): nimis
(andern hoc qiiidcm fit ^rrnililcr, und 8en. de benof. II, ll , 3: et haec
ipsa non vct^nilitrr jene Form nach den Hdsch. allgemein aufgegeben
ist. Was Döderlein (Syn. V. S. 50) über den Unterschied von ver~
nalis und vernilis wissen will ist daher einzig aus der Analogie von
iuvenalis und iuvenilis geschöpft. — ipsis soll nach Heindorf die
ofßcia den dapes entgegensetzen. Aber das Auftragen der dapes
bildet ja eben den Hauptbestandtheil der dapes. Richtiger wird man
daher sagen, das Geschäft selbst werde in Gegensatz gestellt zu
dem vorher erwähnt gewesenen Aufzuge dabei {succinc(us). Indessen
beruht Lambin's ipsc auf dem richtigen Gefühle dass ipsis ziemlich
nichtssagend und entbehrlich sei, wogegen verniliter ausgesprochen
verlangt dass im gegenwärtigen Falle der Wirt {hospes) selbst den
venia gemacht habe, dass hier beide Functionen in Einer Person
vereinigt ge^vesen seien. Nur führt von ipse kein Weg auf das
handschriftliche ipsis. Desto näher läge ein solcher wenn wir als
das Ursprüngliche die alterthümliche Form ipsus voraussetzen,
welche hier mit der in der gegenAvärtigen Erzählung so häufigen
komischen Emphase gesetzt wäre: in höchsteigener Person. Vgl.
auch avrog vom Herrn.
V. 109. Das von allen andern Handschriften gebotene /; rof -
lambens hatBentley nach zwei Codd. mit pr aelibans vertauscht.
Seine Gründe sind die beiden: 1) dass in dem fraglichen Sinne
das einfache lambcre gebräuchlich sei, praelambere erst bei viel spä-
tem Schriftstellern und in anderem Sinne gebraucht Averde. 2) Im
gegenwärtigen Falle ist von der Ausübung eines ofßrium die Rede,
die betreffende Handlung ist also nicht nur nicht unerlaubt, sondern
positiv pfliclitmässig, kann daher nicht durch lambcre bezeichnet
werden, welches nur von unerlaubtem, strafbarem Naschen ge-
braucht wird. Diese Gründe sind sehr verführerisch, und um so
weniger kann man es Kirchner verargen dass er sich dadurch
hat bestechen lassen, zumal da für ihn noch die Autorität seines
Lips. 2 hinzukam. In Walirlieit aber ist Bentley's Argumentation
nicht stichhaltig. Was zuerst den spraclilichen (»rund betrifl't,
so hat schon Weber bemerkt dass ^ie Präjinsition liier iliron guten
Grund habe: Lucilius (inciindasfpie piier qui lainberal ore jilaeenlas)
und luvenal. IX, b (nos eolnphum ineiilimus lambenti enishila servo)
bandeln, wie Hör. Sat. I, 3, HO f. deutlich zeigt, vom Naschen des
Abtrags; etwas ganz Anderes und vernmthlich nicht blos mit einer
Ohrfeige Bestraftes aber war das Belecken und Wegstipitzen des erst
Aufzutragenden, so dass die Gäste dadurch verkürzt oder die Spei-
sen für sie unapjietitlicli gemacht wurden. Dieses Zeitverhältniss
nnisste durch die Präposition ausgedrückt werden, und dass das
Compositum in der älteren Literatur sonst nicht vorkonunt muss
blosser Zufall sein, da «in innerer Grund nicht abzusehen ist und
Anmerkungen zur scdislen Satire. 173
die Bedeutung in welclicr Prudentius und Avienus pruclamhere ge-
hrauclicu ((/<; iJuvin (ilvrum htinlx'iiW et nuU lUi') nach Bentlev selbst
von der liorazisclien so verschieden und dabei so gesucht und
übergetragen ist dass sie vielmehr das ^'urhandensein der eigent-
lichen Bedeutung (in der älteren Zeit) voraussetzt. Uebcrdiess hat
(Jrelli gegen pruelibans eingewendet dass es ein verbiim Slalianum
sei, welches Horaz, als zu poetisch, an unserer Stelle schwerlich
in Anwendung gebracht haben würde. Sodann den zweiten Grund
anlangend so kann man auch von Bentley's Standpunkt aus, die
Verrichtung eines pracguslalor in den Worten angedeutet findend,
dennocdi jjraclambciis festhalten , indem man es (mit Heindorf) auf
die Eigenthümlichkeit der ^laus bezieht. Das libarc (in dem Sinne
von V. 67) bewerkstelligt die ^laus (bei festen Speisen dnrcli prae-
rodere , arrodere , bei flüssigen) eben durch (prae)lainbere ^ Avie das
ire durch rcpcrc (V. lOO). Aber es ist ferner höchst zweifelhaft ob
hier wirklich von amtsmässigem Vorkosten die Rede sei. Prae-
guslalores finden wir erstmals bei M. Antonius und Kleopatra (Plin.
II. N. XXI, ;i, y), also genau in der Zeit unserer Satire; erst später
führte sie auch August an seinem Hofe ein, und fortan blieben sie
ein wesentlicher Bestandtheil des kaiserlichen Hufstaates (der prae-
guslalor des August bei Gruter p. 602, 4. ; des Tiberius I»ei Orelli
Inscir. 2993). Zwar kommen pnte/jttsldlores auch iui Dienste von
Privatleuten vor (s. Gruter p. 626, 2), aber erst weit später, und in
unserem Falle — zwischen zwei sich gleichstehenden Gastfreun-
den — hätte (wie Weber S. 453 bemerkt) das Vorhandensein eines
Vorkosters vollends keinen Sinn. Andererseits weist der immer
einen Tadel in sich schliessende Ausdruck vernililer darauf hin hier
vielmehr einen Zug unbescheidenen Wesens zu erwarten, der einen
ganz treftenden und wahren Contrast zu der Discretion der Feld-
maus (V. 89) bilden würde. Humoristisch wäre dann als Ausfluss
der of/icia dargestellt was vielmehr Folge von Unart und Unbe-
scheidenheit war. Die Stadtmaus vergisst auch diesen Bestand-
theil der officio eines verna nicht, in ächter Vernen-Manier muss
sie genascht haben.
V. 111. agil laelum convivum. In dem Ausdruck s(dbst
liegt keine Entscheidung darüber ob die jedesmalige Rolle bloss
^laske sei oder mit der wahren Gesinnung des Subjects überein-
stimme und zusammenfalle, somit ernst gemeint sei und von Her-
zen gehe. Die Entscheidung muss der Zusanunenhang geben, und
im vorliegenden Falle zeigt er dass die Rolle ganz die eigene
Stimmung des Gastes ist.
V. 112. Valvae, ursprünglich Klappthüren , im Unterschied
von fures als Flügelthüren, ohne dass aber dieser Unterschied
streng festgehalten würde. Sagt doch Ovid. Met. II, 4: argenli bi-
fores radiubanl liininr valvae. Auch in unserer Stelle scheint der
ingens strepilus mehr auf Flüg(dthüren hinzudeuten. Auch die An-
174 Zweites Biirli der Satiren.
gäbe Isidor's (Orig. XV, 7), flass die vulvae sich nacli innen zu öff-
nen, die forcs nach aussen, ist unrichtig und -wohl nur aus dem
etymologischen Zusammenliang von foies und foiuis entnommen.
,,Die Thüren der Tempel öffneten sich nach aussen, und doch
nennt sie Cicero (Verr. I, 23. IV, 43. 56) valvas; die der Wohnhäu-
ser nach innen, und doch heissen sie überall fores." Becker's Gal-
lus von Kein 11. S. J54 f. vgl. 230. Im vorliegenden Falle scheint
am nächsten zu liegen an die valvar des Triclininm's selbst zu den-
ken; dass aber auf die Mäuse nicht Jagd gemacht wird scheint
darauf zu weisen ra/w«^ auf andere Tlieile des Hauses zu beziehen:
das Zuschlagen von Thüren verkündete den Mäusen das Nahen
von Grefahr, wenn sie auch nicht in demselben Augenblick eintrat.
Uebrigens ist die Fabel überhaupt gegen das Ende hin minder
ausgeführt; der Dichter eilt zum Schlüsse.
V. 114. Zu den Stellen bei Ileindorf über die Molosser-
hunde füge auch Aristoph. Thesm. 416 f. Diogen. Laert, IV, 3, 20.
Sil. It. II, 689.
V. 116. Lambin's valeal, in den Hdsch. nur schwach be-
gründet , wäre — wie schon Haberfeldt eingewendet hat — neben
den vorhergehenden Worten tautologisch; valcas dagegen hat
etwas Hastiges, das sehr gut hieher passt.
V. 117. Zu ic?iiii solabitur ervo vergleicht Lambin Virg.
Ge. I, 159: concussaque famcm sohibere queren. Ebenso scheint in
unserer Stelle dasjenige worüber die Höhle im AValde mit Erven
(dadurch dass sie solche bietet) tröstet der Hunger (oder über-
haupt die ganze kümmerliche Existenz und die entgehenden Ge-
nüsse?) zu sein. Temti ervo von solainlur zu trennen, in der Bedeu-
tung: bei ärmlicher Hülsenfrucht, = Avenn gleich ich nur solclie
zu geniessen habe, scheint sprachlicli unmöglich. Noch mehr die
Auffassung: die Sicherheit gewährt mir Trost für die ,, schlechte
Hülsenfrucht," wo die letztere im Accusativ stehen müsste. Auch
gehört Sat. 1,6, 130 nicht hieher, indem dort his mit viclurum zu
verbinden ist, nicht mit consolor :, wohl aber Od. II, 5, 6 f.: iuvencae,
tiinw fliiriis gravem sohiiilis aesliim. Vgl. Flaut. As. III, 1, 37: etiam
ojjilio-aIi(/tia»i habet peeiiliare/u , qui s/iein stileliir siiani. .Tedonfalls ist
der Sinn: ich will in meiinMn sicliern ^Val(K' mich der Itescheide-
neu \Vickon getrosten, d. h. mir daran genügen lassen. «
Kinleiiiiiifr zur siobonlon Satire. 1 75
Siebente Satire.
E i u 1 c i t u 11 «4".
l)iesc Satire ist nach Inhalt wie Einkloidmig ein Soitonstück
zur dritten dieses Buches, der sie aucli räunilicli parallel steht, so-
fern sie in der zweiten Hallte des Buchs dieselbe Stelle einninnnt
wie jene in der ersten (s. Ivhein. Mus. N. F. IV. S. 221). In lieideii
ist es ein stoischer Satz welcher den Gegenstand bildet, diessnial
der dass nur der AVeise frei, alle anderen ilenschen Sklaven seien,
ein Satz der auch von Cicero, Parad. j, und von Persius, Sat. V,
erörtert ist. Ebenso bildet das Saturnalienfest in Ijeiden den Aus-
gangspunkt; nur ist es diessnial geradezu ein Sklave w'elcher das
Wort führt und der seine Weisheit selbst wieder von einem an-
dern, höchst untergeordneten, Sklaven eines stoischen Philosoplien
haben will. Bemerkenswerth ist hiebei zweierlei. Einmal dass
Iloraz überhaupt sich so oft mit der stoischen Philosophie beschäf-
tigt (auch I, 3 ist derselben zum grossen Theile gewidmet), sodann
dass er die betreffenden Erörterungen jedesmal so untergeordneten
und so wenig achtungswerthen Persönlichkeiten in den Mund legt.
Irren wir nicht, so findet beides seine Erklärung darin dass Horaz
zwar äusserlich noch vollkommen im Epikureismus steht, zu dem
er sich I, 5, lOI tf. und noch Ep. I, 4, 16 bekennt, andererseits aber
doch einen geheimen Zug zum Stoicismus hin fühlt, der ilim selbst
noch nicht vollkommen klar ist. aber doch darin sich ])ethätigt dass
der Dichter sich so oft und so eingehend mit dem gegnerischen
Systeme befasst, als fühlte er das Bedürfniss sich vor sich selbst
darüber zu rechtfertigen dass er demselben nicht beitrete, und als
müsste er sich stärken gegen die Anziehungskraft die dasselbe aiif
ihn ausübt. Dahin deutet auch der andere Umstand, der nicht nur
eine Verwahrung entliält dass man das Vorgetragene nicht für des
Dichters persönliche Ansicht halte , sondern auch fast darnach aus-
sieht als glaubte Horaz dem Eindrucke der stoischen Erörterungen
von vornherein entgegenarbeiten zu müssen , als fürchtete er sie
möchten ohne ein solches Gegengewicht, eine solche Abschwä-
chung, zu gewinnend, zu imponierend sein. Es ist auch an sich
vollkommen wahrscheinlich dass Horaz, in jüngeren Jahren von
der zuversichtlichen, lebensfrohen Weltanschauung des Epikureis-
mus hingenommen, mit zunehmender Keife und in demselben Masse
als er selbst sich dem Ernst zuwandte, durch die sittliche Strenge
des stoischen Sy>tems angezogen wurde, wofür aus seinen späteren
Jahren ein directes Geständniss vorliegt in Ep. T, I, 16 f. In die-
sem unwillkürlichen Interesse für den Stoicismus, diesem subjecti-
176 Zwoiles Buch der Satiren.
von Bedürfniss sich mit ihm auseinanderzusetzen, erblicken wir
auch die Antwort auf die Frage nach dem Zwecke der Satire, so
sehr eine solche Frage an sicli müssig ist, da ein Gedicht in der
Regel sich selbst Zweck sein niuss. Unsere Satire ist die Frucht
der philosophischen Studien unseres Dichters, der Meditationen
über Welt und Menschen zu denen es ihn drängte und bei welchen
er sich der späteren griechischen Philosophen als Anregungsmittel
und Führer bediente. Als Künstler vollzieht aber Horaz diese
Auseinandersetzung in künstlerischer Form, in einem Kunstwerke.
Diesen Charakter bewährt unsere Satire gleich darin dass die frag-
liche Ausführung einem Sklaven in den Mund gelegt wird, womit
unmittelbar eine ganze Reihe treffender Contraste geboten war;
sodann in der Sorgfalt Avomit die Ausführung dieses Stoffes dem
Charakter des Vortragenden angepasst ist. Die Voraussetzungen,
Gesichtspunkte , Beispiele , der Ton und die Wendungen sind die
eines Sklaven ; ja es ist durch Vermeidung allzustrenger logischer
Ordnung, durch Wiederholungen und Seitensprünge (besonders von
V. 75 an) dafür gesorgt dass der Leser nicht etwa eine versificierte
stoische Abhandlung vor sich zu haben glaube, vielmehr fortwäh-
rend der Einkleidung bewusst bleibe. Dabei ist zuzugeben dass
die oft ans Scurrile streifende Manier mancher Bekenner und Pre-
diger der stoischen Lehre einer solchen Einkleidung entgegenkam.
Auf Rechnung der letzteren ist es auch zu setzen dass das der
stoischen Methode angehörige Tu unter den Händen des Redenden
von Zeit zu Zeit regelmässig die Gestalt seines Herrn anniunnt.
Der Stoicismus hatte einen lebhaften Drang nach praktischer
Wirksamkeit, die Lehre setzt sich bei ihm unwillkürlich um in
Predigt, durch welche auf die Gestaltung des Denkens und Han-
delns der Menschen ein Einfluss geübt werden will. Da ihm nun
aber eine öffentliche Stellung nicht zukommt, so können es zu-
nächst nur lauter Einzelne sein an welche er sich mit seinen Be-
lehrungs- und Bekehrungs-Versuchen heranmacht. Die dialogische
Form ist daher der Stoa besonders geläufig. Je mehr aber diese
Gewohnheit zur Planier, die Form zur blosen Form wurde, um so
schattenhafter wurde der angeredete Tu, xmd vergebens suchte
nian ihn durcli willkürlich herausgerissene ganz individuelle Züge
künstlich zu beleben. Für Beides, die Schattenhaftigkeit wie die
Belebungsversuche , bieten besonders die Satiren des Persius .die
schlagendsten Belege; vgl. die Einleitung zu meiner Ueberset/.ung
des l^'rsius, S. 4ö. So ist auch tler Tu unserer Satire eigetitlirli
überhaupt das Nicht-Ich des redenden Philosophen, das Puldiktun
im («anzen; Hora/, mildert aber diese Manier dadurch dass er dem
Tu wenigstens kein(> widersjuechendeu Eigenschaften und Hand-
lungen beimessen läs.st und im (Jegensatze zum Vortragemlen den
Tu als Freien auffasst uml als Herrn von Sklaven, nmnehmal aber
sidi noili näher auf den Leib rücken lässt, indtMU i'inzelne Züge
\
Einleitung zur siebenlon Satire. 1 77
wirklioli von ihm selbst, dem Herrn des redenden Sklaven, ent-
nommen werden. Man würde aber völlig vergessen dass man einen
stoischen Sermon vor sich hat wenn man, wie so oft geschehen,
daran deuktMi würde das 7« durchgängig auf lloraz zu beziehen
und unsere Satire gar zur Erweiterung unserer Kenntnis« der äusse-
ren Verhältnisse des Dichteis zu benützen. Hiegegeu glaulite der
Dichter wohl hinreichend Vorkehrung getroffen zu haben dadurch
dass er neben die auf ihn persönlich auAvendliaren Züge auch sol-
che gestellt hat die handgreillich und notorisch ihm völlig fremd
sind. So le conittnx alicna capil (K. 46 ff.) sammt den ittsignia der
Kitterwürde (V. 53) und der Eigenschaft als iudex (V. 54); quinque
lalenla poscil le midier (V. 89 ff.) , obsonia cajilas (V. 106 ff.), pedes vi-
tiosiiin l'errc rccusuid corpus (V. 108 f.), qui praedia vemlil (V. lio)
n. A, Entschieden persönlich wird die Darstellung nur zweimal,
V. '2! — 45, ehe der Sermon des Crispinus beginnt, und am Schlüsse,
V. 111 ff., den wir uns als eigene Znthat des Davus aus dem Kreise
seiner Walirnelimungen denken dürfen und welcher von Seiten des
Dichters den Zweck hat einen drastischen Schluss herbeizuführen.
Beide ^[ale braust der persönlich Abgekanzelte auch wirklich auf
(V. 44 nnd 116 ff.), wogegen er die in der Mitte liegende Capuci-
nade (V. 46 — Hl) mit vollkommener Gemüthsruhe ü1)er sich er-
gehen lässt, ganz ausser Sorge über die ihm hier auf einen Augen-
blick ansredichteten wechselnden Zü^re.
Wie die gewählte Einkleidung so trägt auch die Behandlung
im Einzelnen dazu bei die ganze Erörterung in einem hununisti-
schen Zwielichte zu halten, bei welchem es dem Leser überlas-
sen bleibt, in welches Verhältniss er die persönliche Ueberzeu-
gung des Dichters dazu setzen, wie viel er für Ernst, wie viel für
Spott halten will. Die Weise der Stoiker ist mit Glück nachge-
bildet, die dramatische Anlage von grosser Frische und Lebendig-
keit. Die Scene ist in der Stadt, a\ ie nicht nur die Drohung V. 118
zeigt, sondern auch die Bcriifung auf Grispinus (V. 45) und die Sa-
turnalienfeier (vgl. 3, 4 f.), sowie V. 114 verglichen mit 3, 3. Gleich
im Beginne wird die ganze Sitiu\tion klar, die Umstände wie die
Personen. Der Sklave Davus fühlt den Drang seinem Herrn einen
Vortrag zu halten, nnd nachdem dieser um der Saturualien willen
eingewilligt hat sein Zuhörer zu werden (V. 1 — 5), beginnt der
Sklave damit die Mensclien in zwei Classen eiuzutheilen, in conse-
quent Schlechte und in Schwankende , die abwechselnd gut und
schlecht sind. Zuerst ein Beispiel der letztern Art an Priscus,
dann eines der erstem an Volanerius (V. 6 — 20). Nach dem Zwecke
dieser Aiiseinandersetzung befragt theilt Davus seinen Herrn der
zweiten Classe zu und lässt sich von der Behauptung, ilerselbe sei
nicht besser als sein scurra, zu der weitern fortführen: noch auch
weiser als er, sein Sklave; wofür er sich auf die Weisheit beruft
die er vom Thürhüter des Crispinus gelernt habe (V. 21 — 45). Diese
12
] 7S Zweites Buch der Satiren.
gellt claliiii dass auch der Freie ein Sklave sei, nämlich ein Sklave
seiner Leidenschaften imd Lüste. Als Beispiele solcher -werden
angeführt ehebrecherische Neigungen , durch die man sich den
grössten Gefahren preisgebe (V. 46 — ^71). i\Iauclier, der sich in
dergleichen nicht einlä.sst , thut es mir aus Furcht (V. 72 — 74).
Auch die Furcht macht zum Sklaven (75 — 77); und wer Herr zu
sein meint ist daher in AVahrheit vielmehr ]\Iitsklave und willenlos
Avie eine Gliederpuppe (78 — 82). Frei ist nur der Weise (83 — 88).
Dessen j\Ierkmale aber finden sich bei den gewöhnlichen Menschen
nicht, bei angeblich Freien so wenig wie bei Sklaven: beide sind
unfrei, wenn auch in verschiedener Weise und in den Augen der
Welt verschieden angesehen. Der Herr ist im Innern, der amor,
das admirari, die gidosüas (V. 88 — 103). Auch die Folgen ihrer Feh-
ler bekommen beide gleich sehr, wenn gleich wiederum in anderer
Art, zu fühlen (V. 104 — 109). Der vermeintlich Freie betreibt das
Sündigen nur in grösserem Massstabe als der Sklave (V. 109 — lll).
Auch das Entlaufen kommt bei jenem vor, nur dass der Avelchem
er entläuft sein eigenes Ich ist. Indem diess Davus mit besonderer
Anwendung auf seinen Herrn ausfuhrt reisst diesem die Gediild,
und er jagt den unberufenen Moralprediger von dannen (V. 112
— 118).
Anspielungen auf Zeitereignisse enthält die Satire nicht; wir
sind daher hinsichtlich der Frage nach ihrer Abfassungszeit
lediglich auf innere Merkmale angewiesen. Dahin gehören in
erster Reihe die AÜelfachcn Anklänge an frühere Gedichte. Be-
sonders stark ist die Aehnlichkeit mit Sat. II , 3 und daher wahr-
scheinlich dass sie durch einen Zeitraum einiger Jahre von dieser
getrennt ist; minder auffallend die mit älteren Satiren, des ersten
Buchs, wie die Schilderung des Priscus mit der des Tigellins in
I, 3; V. 2+ mit I, 1, 10 IT., V. 46 ff. mit Sat. I, 2. Ferner die äusse-
ren und inneren Verhältnisse des Dichters. Während er in II, 3
noch auf seinem Gute baut, in II, 6 damit zu Ende ist und vom
Landaufenthalt mit der Wärme einer jungen Liebe spricht und
nur wünscht dass ihm sein Besitz zum vollen bleibenden Eigenthum
werden möge: so finden wir in unserer Satire den ländlichen Staat
desselben vollständig organisiert (V. I Ks) und den Dichter in so
guten Verhältnissen dass er (in der Stadt) seine Scurren hat (V.
36). Sein Inneres anlangend so zeigt er schon starke Spuren dtM-
Hypochondrie über die er Ep. I, 8 klagt, in der Launenhaftigkeit
die er sich Schuld geben lassen muss (V. 22 ff.), dem Unbehagen
und der Verstinnnung welche V. 111 — 115 an ihm getadelt wird:
das Alles hat walnliili nichts Jugendliches und macht es wahr-
scheinlich dass zur Zeit unserer Satire der Dichter die Hlütezeit
des Leljons hinter sich hat, in den Mannesjahren schon einitrer-
inassen vorgerückt ist. j\lag er auch noch in den Drcissigen stellen,
so wird es doch weit eher deren späterer Tlieil sein, am Abhang
Kirileilung zur sichcnlen Saliio. 170
gegen tlie Abcudseitc des Lebens hin, als ihre der Morgensonne
der Jngend zugekehrte Hälfte. Alle diese Hindentnngen vereini-
gen sich in der Zeit um 726 — 727, welche ich im Rhein. Mus. N. F.
IV. 8. 217 f. vorgeschlagen habe nnd womit ich mich in Ueberein-
stimmung tindc mit Spohn, der das J. 726 aufstellte, und mit W. E.
Weber, welcher (lloratius etc. 8. 103 f.) die Satire in den Decem-
ber 72() setzt. Auch Kirchner weicht davon nicht wesentlich ab,
indem er (oben I. S. 20) sie für die vorletzte halt, verfasst im
J. 72j *). Da ich von II, 1 erwiesen zu haben glaube dass sie
nicht, wie Kirchner voraussetzt, die letzte sei, so kann ich nm so
eher die gegenwärtige als die spätestverfasste bezeichnen, die-
jenige nach welcher Iloraz sich der Gattung der Briefe zuwandte,
wozu in der ausgeprägt dialogischen Haltung der vorliegenden
sammt ihrem stoischen Tu bereits ein unverkennbarer Uebergang
enthalten ist; nur dass in den Briefen dann der Tu zu einer ganz
bestinnnten nnd befreundeten Person wurde. Nach meiner Ansicht
ist Sat. II, 7 verfasst nach allen andern Satiren nnd kurz vor den
frühesten Briefen, von welchen I, 2 u. 4- in Stimmung und Inhalt
die meiste Aehnlichkeit mit unserer Satire haben. In der Mitte
liegt dann die Herausgabe des zweiten Buches der Satiren und der
Abschluss der ganzen Sammlung, av eichen Ep. 1,4 znr Voraus-
setzung hat.
Dass Bcntley nach Hdsch. diese Satire mit der vorigen zu
Einem Ganzen verbinden will Avürde ich gar nicht erwähnen, da
ich hierüber genau so denke wie Weber (S. 462), hätten nicht in
neuester Zeit Gelehrte ihre berechtigte Bewunderung Bentley's
auch auf diese Schrulle ausdehnen zu müssen geglaubt.
Von specieller Literatur ist nur zu erwähnen D. Fr. Hoheisel,
Praelusio crilica, sisteiis expUcalioncm loci vcxatisshiu in Hör. Sat. II, 7
tU vitale pulcs. Hallo 1731. 4.
AniuGrkuuucn zur .sicljcnten Satire.
V. 1. Nach seiner Gewohnheit versetzt der Dichter mitten in
die Scene hinein, welche Weber S. 461 g- E. (vgl. Mitscherlich
Kac. VI. p. 8) unseres Erachtens am wahrscheinlichsten ausführt.
Denn dass Iloraz bis dahin laut gelesen oder gesprochen habe, wie
Viele annehmen, können wir nicht glanldich hnden , da es etwas
Insipides an sich hat. Vielmehr hat Davus das Ohr angelegt, ob
*) Gegen Zumpt, der auf das J. 720 gerätli, s. Kliein. Mus. a. a. O.
S. 2 10 f.
12*
1.80 Zweites Buch der Saliren.
niclit etwa sein Herr gerade Grescllschaft habe oder sonst Irgend
auf eine keinen Verzug leidende Weise beschäftigt sei. Wie er
nichts hört entschliesst er sich einzutreten und seinen Sermon zu
halten. Bei dieser Auffassung von ««sc« /<o wird der Anfang am
meisten dramatisch. Von den iStellen -welche Xonius s. v. aiiscidlare
anführt gehört am näclisten hielier Afranius Privigno (V. 26j Kibb.) :
vklisli ludos? Hinr ausciillavi proriil. Belehrend sind aber aucli die
aus Pacuvius (V. 85 K.) : den Ilaruspices magis audiendum quam
auscullanduin ccnsco , und Caecilius (V. 196 K.): aiidire ignoli quae
impei-atU soleo , ti07i aiiscidlare. Beim Horchen von Sklaven steht
das Wort auch Plaut. Poen. IV, 1, 6: quid habeat scrmonis auscuUabo ;
vgl. Merc. 472: onuiia ego islaec ausciillavi ab ostio. Von einer Ellipse
kann aber hier verständiger Weise nicht die Kede sein. Eine
Avunderliche Ausdrucksweise muthet Apitz unserem Dichter zu,
wenn er li'.i mit auscidlo verbindet, in dem Sinne : iam diuhim luorum
dicloruin auscullalor sunt cl cupicns t. p. d. scrv. ref.
V. 2. ilu {esl). Von den Beispielen für den Gebrauch des
Wortes als Bejahung welche Lambin z. d. St. und Hand Turs. III.
p. 493 anführen triftt am unmittelbarsten zu Cic. Verr. III, 91, -213:
an me ad M. Anlonii uesiimalionem revocalunis es .' IIa , inqml , ad M.
Anlotiii-^ sofern auch d<.rt im Interesse der Deutlichkeit zum Be-
jahungsworte hin dasjenige wonach es sieh fragte wiederholt wird.
V. 3. frugi von Sklaven wie Dig. IX, 2, 23. §• ü: si bonae
friiyi scrvus intra anmtm mulalis »lorihus occisus sit , prelium id aestima-
bilur quanlo valeret priusquam inorcx mularcl. XIX, I, 13. §.3: si igtio-
7'avil quidem furcni esse, assevcravd autem bonae frugi et fidum. Das
Selbstlob wird mit Sklavenhumor alsbald gemildert, so dass es bei-
nahe eine Färbung bekommt wie das Lob bei Aristoph, Plut. 26 f.:
tc5j' i^icou-OLKeräv mGxoTaxov ijyov(.icU ae y.ul ■/.Xf.nTiaxaxov. So ausser-
ordentlich ist meine VorfrciVlichkeit nicht dass zu fürchten wäre
ich möclite zu gut für diese Erde sclieinen und voi\ den Göttern
bald wieder zu sich genommen werden, nach dem mouandrischen
Satze: ov oi d'sol cpLlovöiv aTTo&vi'jaKSi, i'io^. Ein V()lks'>hvnl)en wel-
chem andererseits die Vorstellung zu ({runde liegen moihte dass
die Götter fürchten ein solcher Wundermenscli könnte bei langem
Leben bis in das Gebiet der Göttlichkeit liineinwachsen. Die Be-
lege für diesen Volksglauben aus Sen. Conlrov. I, 1. Martial. VI
29. Stat. Silv. IT, 7, 92 (dazu Üvid. Am. II, 6, 39: oplima prima fcrl
manibus rapiuutur avaris, Imjdrntur numeris detcriora suis, was im
Folgenden durch Beisjtiele erhärtet wird) hat sclion llaberfeldt.
V, fi. urgel p ro/>o sit um, wie urgere opus (z. B. Tibull.
I, 9, H), sich so nahe an das Vorgesetzte halten (biss gh'iclisam eine
körperliclie Berührung Statt findet, unaufhörlidi hinter demselben
her sein, ähnlich -ww premil V. 115.
V. 7. Der Beisatz mulla (Glosse in Gph. 1 : magna) bezeichnet
diesen Tlicil der .Alenschheit als denjenigen welcher die .Mensch-
Aninorkungeii zur siebenten Satire. 1 8 1
lioit bilde. Na tat in ähnlicher AVeise wie das deutsche Ver-
schwoninien. Ueherhanpt aber erscheint nach römischer Anschau-
ungsweise nur das Feststehen (in Folge seiner Solidität), das starc,
als das Richtige: das ihm entgegengesetzte Verhalten, ßucre wnd.
natare, ist in den Augen des Römers ebenso sehr ein Fehler (vgl.
z. B. Liv. VIT, 32: niniio lua-ii fluetdibus rebus. 33: cum fJuerc iuin lassi-
tudiiic vires sentirenl) wie der Grieche geneigt ist mit ^hv eher den
Kegritl" des Gewandten — und also eines Vorzugs — zu verbinden:
die romana conslanlia (Liv. XLII, 62) im Gegensatz zur graeca levilas.
V. S ff. Beispiel eines 3Ienschen der zweiten Art: des (Sena-
tors und Ritters) Priscus Ungleichheit, Veränderlichkeit in Bezug
auf Kleidung, Wohnung und sonstige Lebensweise. Cum ir. an.
vgl. 3, 112. Hand Turs. II. p. 143 f. Bald trug er sich als Mode-
geck, bald affectierte er altrömische Strenge. Wenn Plinius IL N.
XXXIII, 4 die Sitte die Ringe an der linken Hand zu tragen
aus einer gewissen schuhlbewussten Verschämtheit ableitet, so ist
diess schon an sich unwahrscheinlich und eine Ueljcrtragung des
Bewusstseins späterer Zeit in die tVühere : wie hätte man auch des
Ringtragens sich zu schämen gebrauclit so lange es bloss Sache der
Zweckmässigkeit (zum Siegeln) und Standesabzeichen war? Vol-
lends wäre es ein Ueberraass von Lächerlichkeit gewesen , zwar
aus Putzsucht einen Ring an den Finger zu stecken, dann aber die
betreffende Hand zu verbergen. Offenbar verdient daher die An-
gabe des Atejus Capito bei Macrob. Sat. VII, 13 den Vorzug. — in
horas 6, 47. Ep. II, 3, 160. acdibus ex magnis vgl. Hand Turs.
IL p. 644, 52. vgl. 642 f. Xr. 49.
V. 13. moechus schliesst die Voraussetzung in sich dass der
Zweck seiner Eleganz sei auf schwache Frauen Eindruck hervor-
zubring<*n , Eroberungen zu machen, dass er, wie C Gracchus bei
Isidor. Origg. XIX, 32 sagt, propler muUerum rupidilaiem ut midier
ornalus war. Der Leltensweise eines stutzerhaften Frauenjägers in
der geräuschvollen und genussreichen Weltstadt ist gegenüberge-
stellt das zurückgezogene, in die Studien vertiefte Leben eines Ge-
lehrten in der stillen, hall)ausgestorbenen (vacuae, ¥>]->. l\ , 2, S\)
Universitätsstadt Athen. Da unter den verscliiedenen Zweigen der
Wissenschaft in Athen die Philosophie in besonderer Blüte stand,
so mag man bei doctus vorzugsweise an diese denken (vgl. doctum
Plalona^ II, 4, 3. vielleicht auch Ep. H, 1, 56: aufert Pacuvius docli
fiimam senis). Das Wort als Substantiv zu nehmen liegt in der
Wortfügung keinerlei Nöthigung. Das doclor so vieler Hdsch.
(und darunter des Bland, antiquiss.) klingt fast wie ein mittelalter-
licher Witz.
V. 14. Um den Sinn des Ausdruckes Ve rtuuniis ualus ini-
f/uis zu ermitteln vergegenwärtige man sich analoge Fälle. Wenn
man von einem Menschen sagte er sei unter dem Zorn der Liebes-
göttin geboren, was würde es Anderes heissen als dass er sein Le-
1 S2 Zweites Buch der Saiiien.
ben lang in der Liebe Unglück babe, also entweder gar keine Liebe
finde oder, wenn docb, in Verbindung mit Verbältnissen die zu
seinem Scbaden gereicben? Gnalia Lymphis iralis exstructa (1,5,
97 f.) kann an sieb nur entweder bedeuten dass Gnalia an AVasser
Mangel leide oder dass es damit im L'ebermass ausgestattet sei, so
dass man darin im Scbmutze stecken bleil)e oder (byperboliscb)
fast ertrinke *). Ebenso iralis nalus parics dis alque pnelis (II, 3, 8)
ist eine Wand deren Dasein und Anblick nur Unglück und Hem-
mung im Uiebten bewirkt, an der oder vor der scblccbterdings
kein Gedickt zu Stande kommen will. Und so muss denn nun aucb
Verl. nal. iniq. bedeuten entweder dass das betreftende Subjeet sich
gar nicht verlere kann (was hier von sel!)st wegfällt) oder dass er,
wenn er sich verlil , im verti , beharrlich Unglück bat. Dieses U^n-
glück kann denn nach dem Zusammenhange nur darin bestehen
dass er mit allen seinen Wandlungen doch nie d;is Rechte trifft,
dass er von einem Extreme, einem Fehler immer in den anderen
hineingeräth. Dass das Wandeln selbst eine Plage für ihn sei ist
weder angedeutet noch entspricht es dem iuiqitis. Wenn eine Gott-
heit einem Menschen ^>?»'C ihre eigene Eigenschaft mittheilt , so
kann diess doch nicht an sich schon eine Qual und Strafe bedeu-
ten: sonst müsste ja der betreffende Gott selbst auch unglücklich
sein. Ich kann daher nur auf dem beharren was ich zu AVeber
Sat. S. 4fi4 gefragt habe.
V. 15. sexirr a schliesst ursprünglich den Begriff parasitischer
Hungerleiileiei nicht in sich, sondern bezeichnet einen Menschen
dessen Element die Stadt ist , der ganz aufgeht in den Interessen,
Bestrebungen und Genüssen der geselligen Kreise dopselben , und
die specifischen Eigenschaften eines Stadtmenschen auf die Spitze
getrieben an sich trägt. Im Gegensatz zu der Thätigkeit i\\^ ruslicus
oder miles ist er blosser Pflastertreter (hängt sriirra etwa mit eurrere,
diseurrere zusanunenV), der die Stadtneuigkeiten weiter trägt, den
Herden geselliger Unterhaltung, den Gastmaiden, nachzielit und
sich und Andere möglichst gut zu amüsieren bemüht ist. In diesem
Sinne steht das Wort wie hier so auch Plaut. Trin. 202 R.: {nihil
est profecto stullius — neque perinriiis) Quam urhani aflsidui cires, quos
scHvras voeanl. Vgl. Cure. 11, 3, 17. In (»egensatz zum homo rustieus
ist es ges«>tzt Plaut. ^lost. lö: lii nrbaniis rero sciirra , deliciae popli,
Bus mihi tu ohierlas? und zu einem Kriegsmanne in» Epid. 13 f., wo
Tbes])ri() zu Epidikus sagt: Srurra es, und dieser versetzt: seio te
esse quitlem hominrm mililurem ; sowie Trucul. 11.6, 10: tum placet
quem sctirrae latulant . »lanipiilares mtissilanl. Eine solche Lebens-
weise ist natürlicli nidit die ciue^ rdebifboipuen , am Staate b»<-
*) I>as3 R. Se.vftoit, Sc-liol. 1. p. 11 f., es ant" den Aberplnubcn der
Bcwoliner von Cinfitia, nls einer S|)ocies von Vcrrüekthoit {li/mphn(nin esse),
bezieht wird Niemand nls einen tTCgcnbeweis ansehen.
Anmerkungen zur siebenten Salire. 183
thoiligten Römers, sondern die von Freigelassenen oder niedrig
geboreneu Freien, die durch Bildung, Geist und Witz zwar sich
auszeiclmen mögen, um so entfernter aber sind von ernstem Stre-
ben nach Avürdigen Zielen. Eine solche Lebensweise ist ferner der
Natur der S.iclie nacli sehr Avenig einträglich; steht einem solchen
Individuum daher nicht eigenes — ererbtes oder in früheren Ver-
liältnissen erworbenes — Vermögen zu Gebote, so ist er auf die
Tische der Keichen angewiesen; und da andererseits Leute mit
solchen geselligen Talenten auch von vielen ernsten Staatsmännern
zur Erholung oder von Reichen zur Unterhaltung gesucht werden
inochten, so gab es sich von selbst dass solche homhies urbani immer
mehr in die Rolle von Parasiten hincingeriethen. In diesem Sinne
steht es oben 3, "220 und ist auch die Beschreibung des scurra eines
Hochstehenden, im Gegensatze zum amicus desselben, bei Horaz
Ep. I, 18, l — 14 gehalten. So schon bei Plautus, Poen. III, 2, 35:
faciuul scurrac quod consucrunl: pone sesc hotnhics locaul, und die
AVitzreisserei auf fremde Kosten ib. V, 5, 2: tum profcclo mc sihi
hahettlo scurrac ludißcaliä. 3Iit der zunehmenden grossstädtischen
Ausbildung Roms und dem wachsenden Sittenverfall nahm auch
die Zahl der scurrac immer mehr zu und wurde ihr Treiben zu
einem förmlichen Gewerbe, worüber s. 0. Jahn's Persius p, LXXXV
bis XCIII.
V. 16. sc steht hier ungenau statt ipso. Strenggenommen ist
das Reflexivpronomen nur da am Platze wo es sich auf ein Substan-
tiv bezieht welches Sul)ject sowohl des grammatischen Hauptsatzes
ist als desjenigen Satzes in welchem es (das Pronomen) selbst
steht, d. h. also wenn es im Hauptsatze steht und sich auf das
Subject desselben bezieht, wie z. B. unten V. 32. Fällt aber bei-
des nicht zusammen , bezieht sich also das Pronomen auf ein Sub-
stantiv das entweder in einem anderen Satze steht als das Prono-
men oder nicht Subject des Hauptsatzes ist , so muss ipsc gesetzt
werden. Ist aber keines von Beidem der Fall, bezieht sich das
Pronomen auf ein Substantiv das weder Subject des Hauptsatzes
ist noch auch Subject des Satzes welchem das Pronomen angehört,
so ist is das normale Pronomen. AbAveiclnuigen hievon erlaubt man
sich nur theils in der niinder scharflogischen Sprechweise, also im
gewöhnlichen Leben und in Briefen, oder für rhetorische Zwecke,
indem man entweder (um das betreffende Subject in helleres Licht
zu rücken) statt des eigentlich erforderlichen Pronomen die nächst-
höhere Gattung setzt (besonders häufig das Reflexivpronomen statt
ipsc), oder umgekehrt abschwäehend die nächst niedrige (das De-
terminativ is statt ipsc). Das Erstere ist wie hier so auch 8, 82 der
Fall; ebenso bei Turjiilius (Ribbeck com. lat. p. 77) V. 36: mi est
iralus paler, quiasc ialctito argctUi leli{/i; Quinctius Atta Concil. (Ribb.
com. lat. p. 137, 6): ursum sc mcmordissc aufumal., und dem Komiker
ib. p. IQ-iy XXXVI: me esse acerbum sibi, uli sim ilulcis mihi. Val.
1 84 Zweites Ruch der Saliren.
Max. VI, 8, 1 : iUe vero (servtis) Antonimn ullro es( kor latus ut se iudi-
ci'/tis lortjucndiim (i-aderet. Antlere Beispiele s. bei G. T. A. Krüger,
lat. Gr. §. 412, 2 mitl ebd.s. I Belege für die zweite Art von Ab-
weichung.
V. 17. Unter den verschiedenen Bezeichnungen für das Ge-
rätlie beim AVürfelspiel ist von ptjrgtis und lurriciila klar dass
sie Benennungen der nämlichen Sache sind; auch ihre Beschaf-
fenheit und Einrichtung erhellt ziemlich klar schon aus ihrem Na-
men; vgl. Meyer's Antli. lat. Nr. 915 und die andern Stellen hei
Orelli. Zweifelhaft ist nur das Verhältniss von phimus und frililhts
theils zu einander theils zu jnjrgiis. Heinrich zu Juvenal XIV, 5
und W. A. Becker im Gallus II. S. 222 identiticieren p/timus und
frilillus mit pj/rgus , und halten alle drei — oder vielniehr, ein-
schliesslich von turricula, vier — ■ für Bezeichnungen des Begriffs
Becher, welcher selbst eine thurmartige (oben enge, daher phimus)
Gestalt gehabt habe. Vier Ausdrücke für denselben Begriff Aväre
aber ein so auffallender Luxus dass schon darum die Annahme
eines Unterschiedes wahrscheinlich ist. Hiebei sind aber wiederum
erhebliche Meinungsverscliiedenheiten. Salmasius zu Script, bist,
aug. II. p. 755 fi". stellt den pliimus den 3 anderen Ausdrücken ge-
genüber; jener sei das Geräthe aus dem man die tesserae oder
iali in den ptjrgus sive frilillus einl)ringe. Dabei hätten wir also auf
der einen Seite für den Becher nur eine einzige, ursprünglich grie-
chische Bezeichnung, auf der andern aber, für den Thurm, drei,
nämlich zwei lateinische {frilillus und lurricula) \ind eine griechi-
sche (pi/rgus), — offenbar ein sehr wenig glaubhaftes Verhältniss.
Dasselbe gilt gegen Düutzer, welcher (11. S. ;vs-> f. mit Anm.**),
iinter Zustimnning von Kein, zu Beckers Gallus 111. S. 254, auf die
eine Seite frilillus stellt, ,,der Becher aus dem die Würfel geworfen
werden", auf die andere y>/«/»(?/.s" oder pi/rgus (und lurricula), .,dcr
Becher der oben enger als unten war und drinnen stufenartige
Absätze hatte"; nur dass hier noch die Unklarheit des Ausdruckes
hinzukommt v eiche die zwei verschiedenen Geräthe beide glei-
cherweise als ,, Becher" bezeichnet. Ich stelle von den vier Aus-
drücken je auf eine Seite einen lateinischen uiul einen griechi-
schen, und zwar natürlich so dass frilillus = p/iimus, da lurricula =
pi/rgus; wie auch C^edren. I. )). 125 ro rl<}j(pnßö),iov [frilillus) und
7rr«}'o^' auseinandcrliiilt. Der Becher [fritilhis] durch welchen die
Würfel in den thurmäliuliclien Cylinder geworfen wurden war oIhmi
eng (g)ifiog), weil es aucli die obere Mündung des pi/rgus war und
daher die Würfel nur nach einander in derselben Eingang linden
konnten. AVill man frilillus und jdiiiinis wiederum von einander uu-
ferscheiden Menn wozu wäre sonst die Dujdicität der Bezeieli-
nungV), so liisst es sieh etwa so thun dass jenes der allgemeine
Au^^diMck für ,, Becher" ist (S(>n. Lud. 14: Acacus iuhct illutn nlca lu-
dere prrlusn frililln. 15: quolicns missurus rral resonnnic frilillo, i'lroque
Anmerkungen zur siebeulen S;iiire. 185
subduclo fwjiebat Icsscra fumh. Martial. IV, I4. 7 W: dum blamla vagus
iilca Dcccmher Inccrlis sonal hiiic cl hinc frilillis. XI^', I, 3: tiec liincl
acdilem molo spcrlarc frili/hi — verna), auch in demjenigen Spiele
wobei die AVürfel nicht in einen pyrgns , sondern unmittelbar auf
den Tisch geworfen wurden, wobei der Becher eine weniger enge
Mündung haben mochte; wogegen p/f/z/iws vorzugsweise den Becher
bezeichnet zu halben scheint diircli welchen man die Würfel in den
Cvlinder Iteim Koulettespiel hineinwarf. Da indessen auch cpi^iog
im ririochisclien ohne Zweifel von weiterer l^edeutnng war (s.
Aescliin. I, j9=^8;i: aaroayaluvg xi rivag diaaciGrovg y.cd (pi^ovg Kai
y.vßevTiy.a e'reoa OQyava , wozu Schob: cpiiiol oc r.alovriei'ui. k}juoi,
{ig ovg iveßcdkovTO 01 aargayakoi) , so mochte neben fritillus auch
phimus ausnahmsweise vom gewöhnlichen Würfelspiel gebraucht
werden. Zu dieser Unterscheidungsweise passt sehr gut die An-
gabe von Schol. Juvenal. XIV. 5: fi'ilillus pyxis conica qui fimtis
dicilur graece. Einer anderen Schichte v<in Scholien gehört dann
das Weitere — mindestens dessen Schluss — an: (tpud atiliguos in
cormt millebanl icsseras movenlesque fimdebanl. Aul frililluin pyrrjum
dixit. Letztere Angabe findet sich auch bei den Schcdiasten zu
unserer Stelle, indem Acro hat: pyrgum] tabulam, alii ftitillum dicunt
vel pyxidcm sine fundo (weil sie auf eine tabula ausmündet), und
Porphvrio : pyrgum, quod 7ios frilillum dicimus , in quo coniectae les-
serae agilataeque initlunlur. Sie ist aber nichts desto Aveniger Allem
nach unrichtig. Dieselben beiden Arten von alea waren (wie bei
uns) auch als Kinderspiele gebräuchlich, nur dass es sich dabei
wohl entweder um keine oder um geringere Werthe handelte; s. 3,
171. Persius III, 47 — 50 (mit Ausschluss von aiiguslae — orcae , die
von etwas ganz Anderem handeln, s. 0. Jahn ad 1. p. 153), und die
Klage von Juvenal. XIV, 1 — 5.
Machen wir von dieser Erörterung nunmehr Anwendung auf
iinsere Stelle, so sjiricht in derselben füv jjhinunn ausser der Auto-
rität der Blandinii besonders der Umstand dass zwar in vielen
Hdsch. pyrgum über dieses als Glosse gesetzt ist, nicht aber — we-
nigstens in den Anfülirungen von Kirchner — umgekehrt, phimum.
ist daher das weniger bekannte, somit ohne Zweifel ursprüngliche
Wort; und es stimmt auch vollkommen zu unserer Auseinander-
setzung. Zwar hätte pyrgum scheinbar das für sich dass dabei Vo-
lanerius aller und jeder Mülie und Anstrengung überhoben wäre,
,,so dass er nur das Zusehen hatte ," wogegen er bei pkimu?n in der
angegebenen Bedeutung des AVortes „ja noch selbst werfen müsste"
(Düntzer a. a. O.). Aber in Wahrheit spricht diess gerade ganz
entschieden gegen pyrgum. AVenn es dem Vol. nicht um das AVer-
fen zu thun wäre und diess in seinen Augen nidit ein Genuss sein
Avürde auf den er um keinen I-*reis verzichten mag, so könnte er
weit wohlfeiler sich einfach darauf beschränken Anderen beim
Spielen zuzusehen. Schon Haberfeldt hat das Kichtige getrofi"en
186 Zweites Buch der Satiren.
•wenn er sagt: „Vol. liatte also Einen gemietliet der ihm die Wür-
fel vom Spieltische zusammensuchte iind in den Becher that; er
selbst besass gerade noch so viel Kräfte um sie auszuschütten und
sein Glück nicht einem Anderen zu überlassen."
V. 18, Dass das von Kirchner aufgenommene isdem von
Seiten der Hdsch. wie des Sinnes vollständig berechtigt ist (gegen-
über von i(Iem) wird keines Beweises bedürfen. Blosse conslanlia in
viliis Hesse noch grosse Abwechslung in Bezug auf die vilia^ also
noch viel inconstanlia, zu; auch wäre hier (anders als Y. 23) die
Hervorhebung der Identität des Subjects höchst überflüssig.
,V. 19. ac prior illo scheint auch der ,,eine" Blandinius (der
antiquissimus?) zu haben, da diess die einzige Variante ist welche
Cruquius (ausser acrior ille) erwähnt und für unverwerflich erklärt.
"Wenn Ileindorf hiegegen die stoische Lehre von der Gleichheit
aller Nichtweisen geltend macht, so ist einzuwenden fürs Erste
dass das Gegenwärtige noch nicht als stoische Ausführung be-
zeichnet ist (s. V. 45), und dalier eine kleine Inconsequenz , her-
vorgegangen aiis der Reaction des gesunden ^Menschenverstandes
gegen die Starrheit des Systems, nichts Auffallendes hätte; auch
ist eine relative Bevorzugung des Menschen als Ganzen, wie sie
prior enthält (wofür Fea vergleicht Od. IV, 10, 4. c. saec. 51. Sat.
IT, 5, 30. Ep. I, 18, 27), dadurch um so weniger ausgeschlossen da
Yolanerius zu seinen Fehlern hin doch noch eine Tugend hat, die
conslanlia^ durch welclie das schliessliche Facit zu seinen Gunsten
ausfällt. Anderes s. Iiei Weber Sat. S. 465. !^[öglich wäre ac priur
illc (als jener Erstere, I'riscus) unzweifelhaft (vgl. Kirchner zu I,
10, 59), aber trivial genug. Entstanden kann illc aus dem vorher-
gehenden pr/or sein, Avie idcm aus conslanlior (Apitz p. 135).
V. 20. Dass der bildliche Ausdruck von funambuU liergenom-
men sei (vgl. m. Anm. zu Weber's Sat. S.466) halte icli nicht melir
für wahrscheinlich ; denn von diesen Hesse sich Uns la.v o fiinc la-
borarfi nicht aussagen. Icli glaube aber überhaupt nicht dass irgend
welche concretere Anschatuing zu Grunde liege als die: ein ^Mensch
der das Seil (wie wir die Saiten) bald straft' liält bald locker. Die
erstbeschriebene Art ist in dem Verse kurz recapituliert weil im
sogleich Folgenden auch Iloraz zu ihr gerechnet wird.
V. 22ft'. Drei Belege für die dem Iloraz nachgesagte Unbestän-
digkeit: l) in Bezug auf seine politisch - socialen Ansichten, seine
Stimnning hinsichtlich der alten Zeit, V. 22 — 27; 2) Stadt- und
Landleben, V. 28 f. ; 3) Einsamkeit und Geselligkeit, Einfachheit
und Uepjiigkeit, V. 29 fV. Laudas u. s. w. bezog schon llaborleldt
vorzugsweise auf die zweite und secliste Satire unseres Huches ;
die Oden sind später. Doch ist es keineswegs auf schriftliche Aeus-
scrungen zu beschränken.
V. 24. qtiis dcus wie I, 1, 15 : Tac. dial. 41 : .v» — deus aliquis vi-
Uis vcsiras ac Icmpora n'pcntc iniitasscl u. s. w. (^('ic. Tusc. II, 27, 67:
Anmerkungen zur siehcnlcn Salire. 187
si ciii 7Hivkj(inli — dcus quis dixcrit u. s. w.). I, 6, 93 ist in alinlicliom
Zusaininoiihaiig-c natura nTsctzt, I, 10, 68 falo. — Zum Folgenden
meint Döderlein, Scliertlein etc. (Erlangen 1853. 4.) S. 18: „Das
Kcnnnia gehört hinter iisi/tie; denn „inunev" [vielmehr: fort und
fort] wäre hier eine matte Intensiou von recuses , statt foi^lilcr , con-
stanter etc. Eine gleiche Wortstellung ist Sat. T, 2, 26." Wenn aber
die Verltindung mit recuses ,,matt" sein soll, was ist dann vollends
die mit adilla? Letztere ist übrigens wie durch den Sinn so auch
durch den Kythnuis des Verses ausgeschlossen.
V. 25. Was Weber S. 466 f. über s entin ausführt ist dahin zu
berichtigen dass auch Cicero das W^ort in demselben Sinne gebraucht
wie Juvenal VII, 56; vgl. orat. 7, 23: i'CCoi'dor Demoslhcncw —
tnium accommodare ad cam quam senliam ehquenliam. — clamas Ha-
berfeldt: „was du mit so viel Gepränge und Geräusch besingest,
wovon du so viel Aufliebens machst." Etwas anders gefärbt ist
die von ilim verglichene Stelle I, 1 , 12; s. dort Kirchner.
V. 2S. Die nämliche Selbstanklage auch noch Ep. I, 8, 12.
Dagegen einige Jahre später, Ep. I, 10, 2 und 14, 16 f., hatte er
sich fest für das Landleben entschieden.
V. 30. A])itz stösst sich mit Horkcl an dem dreimaligen nus-
qxiam (29), usquam (30), nusquam (32j, tröstet sich aber damit dass
es ja bloss Worte des Davus seien (Ep. II, 3, 114 ff.) Avorin die AVie-
derholung vorkomme. Richtiger wird man sagen dass die Sprache
des gewöhnliclien Lebens, welche die Satire nachzubilden bemüht
ist, über solche ganz unerhebliche stilistische Nachlässigkeiten
leicht hinwegsieht. Unbegründet ist die Einwendung welche Apitz
gegen vinctus erhebt: es passe nicht liieher, weil qui vinctus ire dici-
tur , is twn tarn cofjilur ire quam impeditur aufufjerc. AVer gehindert
wird auf die Seite zu liiehen, der wird doch eben damit genöthigt
an den Ort seiner Bestimmung sich zu begeben. Dass man ihn auf
dem Wege dahin am Entfliehen hindern muss lässt voraussetzen
dass jener Ort ein unerwünschter ist, z. B. das Gefängniss. „Als
ob du zu irgend einem Gelage auf dem Schübe, d. h. unfreiwillig,
giengest, als ob ein Gelag für dich eine wahre Pönitenz und Strafe
wäre." Das von Apitz vorgeschlagene vietus (d. h. ex arbilrio victo-
ris) bedarf daher keiner AA^iderlegung.
V. 33. sub lumin a prima vgl. Kirchner zu I, 6, 128. Der
Fall ist übrigens ein l)h)ss angenommener und daher auch hyperbo-
lisch ausgedrückt : und käme die Einladung auch noch so spät.
Davon abgesehen lässt sich ganz wohl denken dass Maecenas dar-
auf gerechnet gehabt habe er werde den Horaz den Tag über zu
Gesicht bekommen und Gelegenheit haben ilin persönlich einzula-
den, oder er werde, ein für alle Alale eingeladen und ein allezeit
gern gesehener Gast, von selbst kommen; wie das nicht der Fall
war, so schickte er noch spät nach ihm, als man sich bereits zu
188 Zweites Budi der Satiren.
Tische gesetzt liattc. Es läge somit darin nur ein Beweis von der
Unentbehrlichkeit des Dichters für Maecenas.
V. 34. Das durch Qualität iind Zahl der Handschriften be-
günstigte Präsens fert hat Bentley als efficacius el velochis qitiddam
prae sc ferens und Fea durch Terent. Pliorm. T, 2, 102 {piicr. hcus!
Nevioti hiic prodit?) gerechtfertigt. Vgl. auch Orelli.
V. 35. fugis , das mit der überwiegenden Mehrzahl der Hand-
schriften auch die von Kirchner nicht mitaufgeführte Altdorfer von
Haberfeldt bietet, hat zwar den Bland. -antiq. gegen sich, ist aber
zum Abschluss der Scene (und rennst, ohne Abschied von deinen
Gästen zu nehmen, davon, wie wenn ein Feind dir auf der Ferse
wäre) ganz unentbehrlich, wogegen fiiris nach all den cnncreten
Zügen unerträglich lahm nachliinken Mürde. Vgl. auch Orelli und
Weber. "Wenn Apitz aus der engen Verbindung der "Worte blalc-
ras fugisquc ein Argument gegen fugis entnehmen zu können meint,
so finden dagegen Avir dieselbe gerade charakteristisch : kaum hat
der Ungeduldige ausgesprochen so rennt er, ohtie eine Antwort
abzuwarten , davon.
V. 36. Miilvius el semTcie nach der Hauptperson auch noch
die ganze Gattung zu welcher dieselbe geliört; vgl. Hand Tursell.
H. p. 480 f. Nr. 12. Krüger, griech. Grammatik §. 69, 32. Anm. 2.
V. 37. Kirchner's Tnterpunctionsweise kann ich nicht billigen.
Bei derselben wären die folgenden Worte Begründung und Erläu-
terung des fuifi ref. precali disccdiml, was sie aber unmöglich sein
können, nicht bloss wegen noji refercnda (an welches sich doch nicht
gleich ein rcfcrre derselben anschliessen kann), sondern auch we-
gen precali: von einer Verwünschung ist in den "Worten des Mul-
vius {faleor u. s. w.) nichts zu entdecken. Ich bleibe daher bei der
gewöhnliclien Tnterpunction , welche elenim als den lebhaften An-
fang der Worte des ^lulvius fasst, die vorausgegangene, und in fa-
leor dann ausgesprochene, innerliche Zustimmung begründend, in
der Weise von Jiempe (J, 10, l): nun ja, ich leugne es ja nicht, ich
bin Parasit: aber er ist es auch, und er hat daher kein Recht uns
zu verhöhnen und zu schmähen. — di.reril, vgl. Kirchner zu I,
9, 54.
V. 3S. Haberfeldt: nasum nidore siipi/ior statt riastis mihi
tiidorc sitpinalitr, i. e. cxcilalur, alhdUlur (Virg. Go. 11, 26 1 : nnle supi-
natas .If/uilaiii oslcndcrc glchas). Diese Rew(>gung der Xase drückt die
T^iüsternlieit nach einem guten (Jericlite aus." Vgl. übrigens auch
Suet. (Maud. 33: iclus nidore prandii qund — appandutUir und die
griechisdien Stellen (z. B. Aristoph. Plut. HOö und Kvi6aoXoiioi\
Kvi6aQy.nl(ty.fg u. ,s. w.') bei IMitsclierlich Rac. VI. p. 9.
V. 31). si f/iiid ris in ähnlicher Weise wie in (1(m- Abschieds-
formel 7iiiin quid ris: willst du noch sonst etwas? So si q. v.: falls d»i
daran nicht genug hast, noch Weiteres wünschest, wie in der von
l^eiitloy angeführten Stelle Cic. ad Att. VII, 2. — popino eigent-
Anmerkungen zur siebenten Satire. 1 S9
lieh Mann der popinac (Ep. I, 14, 21 ), Küclienläufer, Hatenguckcr;
vgl. die Citate bei Forcellini: Varro bei Nouius: quis imculis argen-
li'is chorum inlruibil.' popino , und Siieton. gramin. 13 : liirconem et «<'-
bithnem pophwncmqiic uppellans.
V. 40. Auch das ist gewiss unglücklich von Kirchner geneuert
dass schon mit diesem Verse Daviis in eigner Person zu reden an-
fangen soll, so dass also das Ich, das unmittelbar zuvor den Mul-
vius bezeichnete, nun plötzlich, ohne alle Andeutung des Perso-
nenwechsels, dem Davus gelten würde. Eine solche Andeutung
ist erst V. 4"2 f. Quid, si me sUiUinr ipso Qu. cmto dr. dcpre/ideris '
Ein blosser AVort.streit ist es wenn Düntzer die ,, Schimpfpredigt" als
eine im Namen des Mulvius von Davus ges})rochene auffasst (,,rf/-
xcril nie: könnte jener sagen, den Sie als nichtswürdigen Menschen
behandeln, Davus hat bei dem illc eigentlich sich im Sinne gehabt,
der so viel von seinem Herrn hat leiden müssen" u. s. w.), statt als
von Davus wiedererzählte Aeusseruug des ^lulvius. Natürlich aber
erzählt Davus die.se Aeusseruug darum so sehr in e.vfcnso weil er
vollkommen damit einverstanden ist, weil es ihm Befriedigung ge-
währt in der Maske des Mulvius seinem Herrn eine Strafrede zu
halten. Eben wegen dieser inneren Gleichartigkeit beider Redner
und Reden war auch kein Anlass den Unterschied derselben stär-
ker auszuprägen als V. 4'2 geschieht. Eine Steigerung {ipso) fin-
det dort in so fern statt als Mulvius doch wenigstens ein Freier ist.
V. 43. Dass dieser Preis ein niedriger war zeigt Ep. II, 2, 5.
Beispiele der Kaufpreise von Sklavinnen hat aus den Komikern
zusammengestellt Ritschi, Rh. M. N. F. IV. S. 368 f. Anm.
V. 44. Vgl. Aristoph. Lys. 504 ff.: cr/.QO(o öi] Kai rüg ;^fr<ja^
TTiiQco Y.uiiyciv. Tl. ci).k ov övva^ai. ycikenov yao Ttco rijg OQy>)g av-
Tug Y.uxi'fiiv. Da dieses Hervortreten mit der eigenen Person den
Zoi-n des Herrn erregt, so zieht sich Davus wieder hinter einen
Anderen zurück, diessmal den ianilor Crispini, was ihn aber nicht
hindert Te und Bavum in V. 47 zu {iiler) noslrum zusammenzufas-
sen: man müsste nur die Voraussetzung untei'schieben dass auch
jenem ianilor der Xame Davus beigelegt werden wolle.
V. 40. Te vgl. oben S. 176 f- Im Munde eines Sklaven ist
es ein Xichtsklave, Freier. Der fingierte Angeredete wird zuerst
als ein Frauenjäger vorgestellt. Bothe meint: haec isle fielus ianilor
ad equilem uliqucm JRomanum, forlasse Properlium vel Ovidiuin ; nam Ho-
ratiiis neque ea dignilate erat neque matronas seclabalur. So richtig
Letzteres ist, so falsch die erstere Vermutung: jene Beiden waren
zur Zeit unserer Satire noch adolcscenlidi.
V. 4S. inccndit, welches Kirchner auf (Jrund seiner Hand-
schriften vorgezogen, hat die Autorität der Blandinii gegen sich und
ist im Munde des Sklaven , verglichen vollends mit seiner Aus-
drucksweise in V. 49 f., viel zu gewöhnlich, anständig und mora-
lisch: es würde sein Thun weit mehr entschuldigen als er für nö-
190 Zweites Buch der Satiren.
thig findet, inlcndit wird von Fea aus Kirclienvätern imd sonst
gut vertheidigt.
V. 53 f. Schon zu Weber Sat. S.47J, Anm. habe ich bemerkt
dass es unrichtig ist zu folgern: da Tu Horaz ist, so war Horaz
demnach Ritter; viehiielir ist es umzukehren und zu sagen: da von
Horaz lediglich nicht bekannt ist dass er Ritter gewesen, so ist Tu
nicht Horaz. Zu proicrds ins. vgl. Tac. llist. I, 8J : tum vero passim
magistralus proiectis insignibus ... scncs fcminaeque per Icncbras
incerlas lalcbras pelivere.
V. 55. Ueber die lacerna s. m. Art. in l'auly's Real-Enc,
IV. S. 709. Sonst trug man sie über der Toga; ,,hier aber, wo die
Toga fehlt, ist der Mantel über die Tunica geworfen, wie beim ge-
meinen Volk und den Sklaven." (Düntzer.) Uebrigens vgl. Capi-
tolin. Ver. 4: vagabatur fioclc per labernas — ubleclo capile cucullione
vulgari vkilico. Lamprid. Heliog. 3'2: ferlur et una die ad omnes — 7ue-
relrices iectus cucullione mulionico, nc aguosceretur , ingressus.
V. 57. Altere ante ist ganz richtig, da die entgegengesetzten
Leidenschaften sich gleichsam gegen einander aussprechen , je ihre
Sache vertheidigen, die Gründe des Gegners bekämpfen u. s. w.
ÄUernantc scheint daher ein Verbesserungsversuch von Abschreibern.
V. 58. Es ist keine Frage dass Fea vollkommen Recht hat
wenn er sagt: ustio, rirgae, ferrum Iria sunt diversa, wofür er sich be-
ruft z. B. auf Sen. Ep. 71, '2d>: quid miruris si tiri , rolnerari, occidi,
adligari iuvat, aliquando eliam lH/et.' Val. !Max. VI, 8, 1 : plurimis lace-
ratus verberibus eculcoque impositus , candentibus ctiam laminis uslus u.
s. w. Propert. V, 7 , 35 ff. : Lygdamus uralur — . Petale — codicis tm-
miindi vincula sentit anus: Caedilur et Lalage u. s. w. Und es bedurfte
diess eigentlich gar keines Beweises. Die Frage ist aber vielmehr
die ob auch Horaz in unserer Stelle die drei Strafarten scharf ausein-
ander halte und auseinander gehalten wissen avoIIc ; und diess lässt
sich im Hinblick auf die Wahl von que, sowie auf die bei Fea's
Auffassung sich ergebende Härte der Ausdrucksweise bezweifeln.
Keinesfalls zwar wird rirgis mit uri verbunden werden können — was
an sich ein unglücklicher Ausdruck wäre und einen wesentlichen
Theil der Züchtigungsmittel, das urere laminis, zum "Wegfall brächte — ;
wohl aber mit necari, so dass die Prügelung nicht verschwände, son-
dern nur gleich das höehstc 31ass dersellien, eine bis zum Tode des
Dclintjuenten fortbetriebene {rirgis ad nerrni caedere, z. B. (Mc. Verr.
lil, "28, (»9), gesetzt wäre, lud es ist unzweifelhaft dass die durch
das auctnramoitum ausgesprochene vertragsm.'issigt- Einräumung un-
bedingter (lewalt über die eigene l'erson auch die Anwendung »lie-
SC8 höchsten lyfasses von Prügelung in sich schloss. Gegonülter von
Petron. Sat. 117 wäre somit nur das vinciri — als »las leichteste die-
ser Züchtigungsmittel — weggelassen, wie dagegen bei Sen. Ep.
37, 1 : aurlnramenli rerha sunt: vri, rinciri frrroqiic ticrari das wesent-
lichere verbcrari {rirgis sccari, Acro zu uns. St.j übergangen ist.
I
xVnmerkungen zur siebenten Salire. 191
V. 59. lurpi erläutert schon Ilaborfoklt richtig: „Aveil ein
Ritter nnd Richter hier nicht an seinem Platze war." An etwaige
schmutzige Verwendung der arca ist nicht zu denken.
V. 60. So unzweifelhaft es ist dass bei den lateinischen Hich-
torn die beiden Vershälften sehr liäuhg in Parallele zu einander
gesetzt werden, so dass ans Ende der ersten das Adjectiv. an den
Schluss der zweiten das dazu gehörige Substantiv tritt, was in dem
Falle wenn Adjectiv und Substantiv die gleiche Endung haben
zum Binnenreime (leoninischen Hexameter) tührt (zahlreiche Be-
lege hiefür s. b. Bothe Annotat. p. 139 — 141 not., sowie bei A.
Fuchs, über das Verhältniss der roman. Sprachen etc. Halle 1849, S.
"249 ff. und W. Grimm, zur Geschichte des Reims, Berlin 1852. 4.):
so gewiss ist es andererseits dass diess keineswegs immer der Fall
sein muss imd dass es daher unstatthaft ist ohne alle handschrift-
liche Begründung (denn was will die Autorität des einen Drd. 3
besagen V) die Wortstellung demisil pcccaii abzuändern nur um je-
nen Parallelismus (peccali — herilis) herzustellen und dadurch den
Vers vermeintlich miillo concinnioron et apliorem zu machen.
Da Kirchner nicht melir selbst ausgeführt hat warum er die
Verse 63 — 65 für unächt halte, so lassen sich darüber nur Mutma-
ssungen aufstellen. Wirklich enthalten diese Verse manches Auf-
fallende und Anstössige : sc tni/laf habi/n , pcccal supcrne, die Unklar-
heit von V. 65 tlieils an sich theils in seinem Verhältniss zum Vor-
hergehenden, namentlich auch die Seltsamkeit der Motivierung
des Ehebruchs durch Angst vor dem Buhlen , während doch die
Angst vor dem Gesetze und dem Gatten ein viel näher liegender
Abhaltungsgrund wäre. Alles dieses würde bei Kirchner's Vor-
schlag wegfallen, und auch das Fehlen von Tu bei iht's (V. 66) wäre
alsdann ganz gerechtfertigt, indem das (dann unmittelbar voraus-
gehende) ambo den Sinn hat : auch über dich , den aditller (denn
von seiner Frau versteht es sich ohnehin von selbst). Es wäre da-
her ganz erwünscht wenn die Verse nicht daständen; man würde
nicht nur nichts vermissen, sondern die DarsteUung würde sogar
an Glätte und Fluss gewinnen. Nur aber ist zu bezweif(dn ob
diese Gründe genügen um die Verse, die nun einmal überliefert
sind, zu verwerfen. Zwar von V. 63 und 64 Hesse sich denken dass
sie aus einer erweiternden Glosse eines im Versificieren gewandten
Commentators zu iusta poleslas entstanden wären, und der besonders
anstössige Vers 65 fehlt in der Tiiat in dem vorzüglichen, von
Kirchner den Blandinii gleichgeachteten Lips. 2, sofern er erst
auf dem Rande beigeschrieben ist. Aber in dieser Hdsch. sind
auch unbestreitbar ächte Verse, wie Sat. II, 3, 263 f. 70, ebenso
ausgelassen und auf dem Rande nachgetragen (Kirchner Novae
Qu. p. 39), und die crstere Möglichkeit reicht nicht weit. Die
inneren Gründe sodann sind nichts weniger als zwingend und im-
abweislich. Wenn es auch schwerlich jemals einem Ausleger ge-
192 Zweites Buch der Satiren.
lingen wird die Verse als durchsichtig, gehaltvoll und uucutbehr-
lich darzustellen, so lassen sie sich doch in befriedigender und
nahezu sicherer Weise erklären. Der Sinn muss nämlich sein: sie
thut doch wenigstens keine positiven Schritte (nimmt keine Aen-
derung vor in Bezug auf Kleidung und Ort) und verhält sich bloss
passiv {jioii pecc. sup.), Letzteres aus Furcht (vor möglichen In-
discretioneu) und Misstrauen. Oder, da in diesem Falle, Avenn
man V. 65 als Grund an V. 64 anschliesst, etwas beginindet wird
was keiner Begi-iindung Itedarf (non p. siip), wogegen V. 66 dann
ganz zusammenhangslos dasteht, richtiger mit Orelli, Düntzer und
"Weber: "Während sie zurückhaltend ist (V. 65), verfährst du um
so unvorsichtiger (V. 66 f.). Das Fehlen von Tu haben lleindorf
und Orelli genügend vertheidigt; ebenso ist die Nüancierung dos
pcccat superne von Weber S. 47:3 gut erläutert. Die (Jonjecturen,
deren Zahl Apitz neuerdings durch mulalvc $up. vermehrt hat, sind
daher abzuweisen.
V. 67. Vgl. Kirchner zu I, 2, 40. Rem et vilam ist vom Stand-
punkte des mocchus gesagt, für welchen beides bedroht ist, da er
nicht voraus weiss welches von beiden der verletzte Ehemann ihm
nehmen werde.
V. 6S. Ueber cvasli s. Kirchner zu I, 9, 73. Die Ausstossung
betraf zunächst nur das unbetonte /, und der eine s-Laut gieng
dann in dem benaclibarten gleichen unter: evnsisli , evassli, cvasli;
wie si'imjjsixsc (^sümpsise) , si'impsse, smnpsc .- dixisli, (ILvsli (oder eigent-
lich dicssli) , (lixli-, ebenso coiiiplrvisli , compkvsli, complesli (Epod. 6,
9). Dass / wirklich tonlos war erhellt aus seiner Ausstossung, und
liibbeck hatte daher keinen Grund bei Pacuv. Med. XVIII (Trag.
p. 89) den handschriftlichen Creticus dixisli zu verdrängen. Ebenso
•wurde poj>liciis Q)ubliciis) aus jiopulicus. — Für die AVortsteHung me-
ines Credo hat Bontley drei Gründe angeführt: die Autorität ei-
ner Hdsch., dann dass dieselbe clciju/dius et clarius sei, endlich dass
Credo lieber in der Mitte des Satzes stehe als im Anfang. Letzteres
Argument hat Heindorf beseitigt, der zu I, 3, 53 die Voranstellung
vertheidigt und an iinserer Stelle sie dann doch unterlässt; die
vermeintHche Undeutlichkeit der Stellung credo melttes ist nicht
vorhanden, wolil aber dabei die beabsichtigte 31itbeziehung vnn
ditcliis auch auf meines (wofür Apitz Od. I, 5. 5 f. 111, 5, 7. Ej). 1, I,
17. 17, 57 anfiilirt; vgl. auch oben 6, 4^) erleiclitert ; endlich don
wenigen Ildsrli. welche mel. rrcfl. haben steht die ungeheure Majo-
rität derer gegenüber welche credn mel. ^^tell(■n, was daher Kirch-
ner gewiss mit Kocht aufgenonnnen hat. Vgl. auch Weber S. 474f.
Uebrigeus sind in der Lebhaftigkeit und stoisch abspringenden
AVeiso der Darstellung alle Partikeln über Bord geworfen, wie
auch V. 69 immo, ähnlich I, 1, 84. vgl. II, 3, 14.
V. 70. iolies serviis unrichtig Orelli: »/iiolies moec/itiris. In-
lies liOidinis tiiac serviis es. Vielmehr ist au T^iöovko^ (^Sopli. Ocd. K.
Anmerkungen znr siebonten Satire. 1 93
1063), iTtTciöovko:; (Hipponax, Fr. 74 Bgk.) u. dgl. zu erinnern. Die
Kneclitschaft ist bei ilini gleichsam niclirfacli aufgetragen, daher
auch in demselben Verhältnisse schwer zu beseitigen (V. 76).
V. 71. prava, vgl. 6, 8. I, 5,44. 6,89. Das_ griechische
Sprüchwort: ü'Jiat, uXiotii]^ sig Tcaytjv oder akk ovx av&ig aXcoTi)}^
{■xäyaLg akcoGiTUf TtuQOGOv uTra^ öiacpvyovGa TTctya^ Ösvxeqov ov/. ettrrf-
aürta ^ Zenob. I, 67. vgl. Apostol. II. 45. Diogeuian. II, Ij. Arsen.
III, 6 Leutsch) hat schon Lambinus, sowie ]\ritscherllch , Raceni.
VI. p. 9, verglichen.
V. 72. Davus beurteilt die Andern nach sich: weil er poten-
tiell ein Dieb ist und keinen andern Abhaltungsgrund vom Steh-
leu kennt als die Furcht vor der Strafe, so setzt er voraus dass
Jeder der nicht moechus ist es nur desswegeu nicht sei weil er die
damit verbundene Gefahr scheue. Der böse Wille ist vorhanden,
wenn er auch nicht in die That übergeht; innerlich ist die Fhe
gebrochen, wenn es gleich äusserlich nicht dazu kommt.
V. 76. Unterholzner's Auseinandersetzung über die Manumis-
sio per vindiclam ist ein Auszug von dem was derselbe in Savigny's
Zeitschrift II. S. 139 ff- ausgeführt hat ; sie leidet aber hauptsäch-
lich an dem Mangel dass sie den bei dem Acte tliätigen asserlor
nicht in seine Rechte einsetzt. Derjenige welcher den Freizulas-
senden mit der vindicia, dem Freistab, schlägt ist natürlich nicht
der Herr, sondern der qiii vindicat^ also der assertor. Ebenso ist der-
jenige an dessen Stelle später der Lictor trat nicht der Herr — der
bei einer von ihm selbst ausgehenden und ilm so wesentlich be-
rührenden Handlung schlechterdings nicht fehlen durfte — , son-
dern abermals der asserlor. Das ganze Verfahren ist hienach so zu
denken. Vor Gericht erscheinen der Herr mit dem Freizulassen-
den und ein Dritter, der assertor. Letzterer ist gJeichsam der Ver-
treter der Liberias und eröft'net den Act damit dass er, unter An-
wendung von vis civilis, sich gewaltsam in Besitz des betreft'enden
Sklaven setzt, ihn als Eigcnthum der Überlas in Anspruch nimmt,
in libertalem vindical. mit der Erklärung htmr homincm liberum esse aio
ex iure Quirilium , und sein — ■ der überlas — Eigenthumsrecht auf
denselben dadurch bethätigt dass er ihn mit der vindicia schlägt
(berührt). Statt dass nun der bisherige Herr conlra vindicare würde
lässt er ihn vielmehr los [manu tnillii), dreht ihn, um die Abkehr
von ihm symbolisch auszudrücken , im Kreise herum und spricht
seinen Verzicht auf denselben durch die Worte aus hunc hominem
liberum esse volo. Da somit das Recht des asserlor auch von der
anderen Seite zugegeben war, so sprach der Prätor demselben das
betreffende Individuum zu , und der l)isherigc Sklave war nun ein
Freier. Da die impositio viryae den Mittelpunct des Actes bildete
und auf ihr vorzugsweise die asserlio (vindicalio) in liberlalem beruhte,
so wurde sie vielfach (wie in unserer Stelle) als Hauptbestandtheil
HORATII SAT. II, 2. 13
1 94 Zweites Buch der Satiren.
der IManuniission allein genannt, ähnlich wie der mittelalterliche
liitterschlag.
V. 77. 7nisera vgl. Kirchner zu I, 6, \'29. — formido, das
Kennzeichen des absolut Abhangigen, des Sklaven. Eine solche
Erklärung findet Mitscherlich Eac. VIIT. p. 6 merkwürdiger Weise
paiilo lofigius arcessita und auch der Absicht des Dichters nicht ent-
sprechend, die ja (woher das Mitsch. gewusst haben mag?) nicht
sei guod ter manumissus servilem animum relincul , sondern quod in ean-
dem servilulem recidal. Er bezieht daher selbst formido auf den — in
dem allgemeinen j-eriiin imperiis u. s. M-. längst untergegangenen —
speciellen Fall der libido , welche Angst in ihrem Gefolge habe
(V. 55 f. 68 f.). — jjrivet: der Conjunctiv Avegen des in imjiosila
liegenden Bedingungssatzes: si imponatur.
V. 78. diciis kann entweder von levius abhängig gedacht
werden, oder von super, oder endlich von adde. Jede dieser Ver-
bindungsweisen hat schon ihren Vertheidiger gefunden. Die letzt-
genannte ist durch die Cäsur begünstigt; dabei steht adde super
(d. h. insuper, Ep. II, 2, 33. Virg. Aen. II, 71 : mihi, eui tieque apud
iJanaos usqucim loeus et super ipsi Dardanidae infemi) wie unten 8,71
adde praelcrea. Dass jedenfalls die Variante supra nicht am Platze
ist hat schon Heindorf bemerkt. Der hinzugefügte Gedanke ist
übrigens: dass ich dein Sklave eigentlich gar nicht bin, sondern
(da du selbst auch Sklave bist) entweder dein Untersklave oder
dein Mitsklave.
V. 79. Die Stellen über die viearii aus Schriftstellern und
Inschriften hat Eein gesammelt in Pauly's Keal-Enc. V. S. 1269
und VI, 2. S. 2577. Die abnorme Erscheinung dass Sklaven ein
so reiches peeuUum hatten, so peculiosi (Plaut. Und. I, 2, 24) waren
dass sie sich aus eigenen Mitteln (als peeuliares , Plaut. Pers. II, 2,
19 = 201 R. vgl. Asin. III, 1, 37) selbst wieder Sklaven, zur Stell-
vertretung (viearii) oder in eigenen Geschäften, halten konnten
findet sich schon in der Zeit des Plautus (s. Asin. II, 4, 27 tt'.), ist
in der ciceronischen und augusteischen schon eine feststehende
Sitte (vgl. Gic. Verr. act. sec I, 36, 93. Hör. Od. III, 24, 16"), und
grift' in der Kaiserzeit innner weiter um sich (vgl. bes. die Inschrr.
— Martial II, 18, 7: esse sal est servum , inm nolo licarius esse), so
dass die juristische Casuistik mancherlei daraus hervorgehende
Fragen zu erörtern hatte, vgl. Dig. IX, 4, 19. 'S. 2: si serrus (uus
navem exerateril eiusque vicartus el idem naitia in cadem uave dammim
dederil. X, 3, 25: Si Slirhus communis tneus et tuus serrus habuerit Pam-
philum virarium aureorum decem \\. s.w. XIV, 3, II. §-8: si a servo
iuo operas ricarii eius ronduxero elr. XV, 1, 17 : si serrus mens Ordina-
rius rirarins hulieat . id quod riearii mihi deltent an deducam ex peculio
servi ordinär ii* ib. 37. i?. I : .'«" serro tuo permiseris virarium emere au-
reis orto, illc dceem emeril etc. XXXIl, 73, 5: vicarios „serrorum suo
rum^'' numcro nun contincri Pomponius - scribit. Diese viearii hatten
I
Anmerkungen zur sicboiilen Salirc. 195
selbst -sviedt'r ein pccuUiim (Dig. XV, I , 4. §. 6. 6. 7, 4), und es
kommen dalier auch vicarii vicarionim in dieser Zeit vor (Dig.
XXXIII, 8, 2ö). Da der Ordinarius selbst fortwährend Sklave ■war,
so war dessen vicarius gegenüber vom dominus zugleich sein con-
servus.
V. ^0. Vorsichtig zieht Davus die sich für den Herrn erge-
bende Folgerung nicht mit dürren Worten , sondern hüllt sie in
die Frage tibi quid sum ego? — Nempe, s. Kirchner zu I, 10. S.
332, Anra.
V. Sl. Da die Handschriften häufig dictiert wurden, so kön-
nen die äusseren Gründe über die Variante alii und aliis (vgl.
boni und honis 2, 1 , sowie ahnormis und ahnormi 2,3) nicht endgültig
entscheiden , wiewohl es für das Erstere eine Empfehlung ist dass
es sich im Bland, antiquiss. findet. Die inneren Gründe aber sind
überwiegend für den Singular. Sklave ist nicht wer mehrere , son-
dern wer Einen Herrn hat (vgl. V. 93), und dieser ist im vorlie-
genden Falle die Leidenschaft, indem das in V. 75 f. und 89 — 103
Aufgeführte zur Einheit zusammengefasst wird. Die gleichzeitige
Abhängigkeit von melireren Herren dient sogar zur Lockerung des
Abhängigkeitsverhältnisses überhaupt. Dazu kommt dass alii einen
schärferen Gegensatz zu mihi imperitas abgibt und dass es den Sig-
matismus mildert oder beseitigt.
V. S2. Aus den Zusammenstellungen von 0. Jahn zu Persius
p. 201 erhellt wie sehr die Stoiker die Vergleichung des Unfreien
mit einer Marionette liebten, sofern sie allein von M. Antoninus
achtmal in AuAvendung gebracht ist, obwohl sie bei demselben nicht
einmal original war.
V. 83. Vgl. 3, 158. — ■ que hat zwar vorzügliche Hdsch, für
sich, aber auch qui ist ausreichend beglaubigt und verdient aus
sachlichen Gründen ganz entschieden den Vorzug, indem es die
einzig präcise und technische Antwort auf die Frage quisnam etc.
gibt (nämlich: Sapiens)^ und diese dann sogleich begründet durch
eine Beschreibung des "Weisen nach den hier vorzugsweise in
Betracht kommenden Seiten hin: der Weise, sofern er sibi imperiosus
ist u. s. w. Bei quc wäre die Antwort iinlitgisch und verschwom-
men, wobei das Verhältniss zwischen sap. und sihi imp. ein ganz
unklares bliebe und sap. eigentlich müssig stände, sofern es, ge-
trennt von sibiimp., intellectuell zu fassen wäre und in dieser Be-
deutung mit der Eigenschaft des Freiseins keine unmittelbare und
nothwendige Beziehung hat.
V. S5. responsare eigentlich Gegenrede geben [laa avriXi-
yeiv. Soph. Oed. R. 409"), die Antwort nicht schuldig bleiben, im
Gegensatz zur schweigenden Unterwerfung und dem blinden Ge-
horsam Solcher die nur PHichten , keine Rechte, haben; daher
von dem Auftreten Gleichberechtigter und an Kraft Gewachsener
gegenüber von Anderen, die Stirue bieten.
13*
196 Zweites Buch der Satiren.
V. 86. Bentley's Interpunctionsweise liahe ich gerechtfertigt
zu AVeber Sat. S. 479, Anui.
V. 89. qiiinque (s. m. Anm. zu Aristoph. Nub. lo) lalenla
ist doch ein starker Fingerzeig über die \Yabre Natur des Te. Zum
Ueberfluss hat Cicero (Paradox. V, 2) in demselben Zusammenhang
dasselbe Beispiel. Vgl. auch oben 3, 260 ff.
V. 90. repulsum als logisch ungenaixen Ausdruck für das
eigentliche Sachverhältniss {repr/lrrf Zweck, prrfiüidrrc Mittel),
also statt perfitswn repcllil , zu nehinfu ist keine Nöthigung. 7'Cpel-
lere kann eine vorausgegangene Abweisung durch AVorte (Düntzer:
,,sie ruft: weg von meiner Thüre!") bezeichnen, welche, als sie
ohne Wirkung bleibt, durch das erwähnte drastische Mittel vervoll-
ständigt und gesteigert wird.
V. 94. Wenn du nicht mehr kannst {lasso) jagt er dich von
Neuem auf, und wenn du nicht mehr willst {imfcmlem) und den
Rücken kehrst, so wendet er dich wieder um (vgl. 1,8, 19): also
der vollkommenste Mangel an Willensfreiheit. Zu der Bezeich-
nung der Leidenschaft als dominus non lenis gibt Parallelstellen
{bii.i6g oder äyQiog Ö£6Tr6T}jg z. B. Plat. Kep. I. p. 329 C. ; ;^aAf7rfa
öianoivat, Xen. Oec. 1, 22 f. ; gravissimos domitws , Cic. Tusc. I, 21.
Farad. V. u. A.) Mitscherlich Rac. IX. p. 5 f.
V. 95. Haberfeldt: „üavus wählt vorzüglich die Gemälde
des Pausias zum Beispiele, weil sie klein waren und unbedeutende
Dinge darstellten, in der Meinung dass die Liebliaboroi dafür um
so lächerlicher erscheinen werde." Vgl. meine Anmerkung zu AVe-
ber, S. 481 , welche Krüger adoptiert hat. Uebrigeus bedeutet lor-
pere die zeitweilige Aufhebung der Aluskelthätigkeit in Folge
eines gewaltigen Eindruckes, slupere das Stillstehen des Verstan-
des aus derselben Ursache. Vgl. bei Livius XX VIII, 29: adeo ior-
penlihus melu qui aderanl iil noti modo ferocior vox scd tic gcmitus gtiidem
exnudirelur mit slupidi limore obmiiliierunl (wussten nichts zu antwor-
ten) bei Cornificius Rhet. IV, 52.
V. 97. Die Schreibung Pacideiani wird als durch (_'icero
(opt. gen, 6, 17. Tusc. IV, 21 , 48. ad Qu. fr. III, 4, 2), sowie den
Bland, (antiquiss. y) und Goth. 2 gesichert betrachtet werden dürfen,
sei es nun dass Horaz geradezu die persona Lucilicnut gewählt hat,
oder dass Pacideianus typisch (als (Tattungsbegriff) gebraucht ist,
oder v'nx späterer Gladiator den Namen des berühmten älteren
führte. — contefito poplite wird wie von allen Auslegern so auch
von Kirchner (in der Ucbersetzung) mit proclia verbunden. Dem
widerspricht aber schon die Stellung der AVorte, sowie dass dann
miror gegenüber von dem jjaralleleu lorpi's zu schwach wäre, end-
lich dass in diesem Falle eine Hcschreibuiig »ler Abbildung an zwei
Stellen gegeben wäre: zuerst in ront. popl. , dann abermals in irlut
si w. s. w. Ich verbinde daher conl. popl. vielmehr mit miror, aber
nicht in dem Sinne wie Döderlein, Scherflcin S. 18 f. thut: „ohne
Anmerkungen zur siebenten Saiirc. 197
durch (las laiig(> , mit Anstrengung der Knickuehlon vorbundcne,
Stehen müde zu werden." Das wäre niclit mir undramatisch son-
dern auch nnphysiologisch : ein conlcnderc popUtcm findet l)ci rulii-
gem Stehen niclit mehr Statt als beim (lehen auch. Für das einzig
Kichtige lialte ich vielmehr die zweite Erklärung von Acro : dum
atlciüus (dirjuid special (^Davus) crigil sc et exlcndil puplitcm suum. Es
hat sicli vor den Bildern ein müssigor Haufe gebildet, und um nun
über die Köpfe seiner Vormänner hinweg die Herrlichkeiten recht
genau zu sehen stellt sich Davus auf die Zehen. Das gibt eine
lebendige Anschauung und eine grössere und gleichmassigere An-
spannung der popUles als bei den lieiderlei andern Posituren.
V. 1(11. veterum s. zu 6, 61 (oben S. 162) und vgl. 3,64. —
aiidis, s. 6, 20.
V. 103. Die Gründe aus welchen Kirchner die fast allgemeine
Auffassung des Verses als Frage verworfen und sich der (z.B. auch
von AVieland und Haberfeldt gebilligten) als ironische Affirmation
zugewendet hat, vermag ich nicht zu errathen. Mir scheint dass
in diesem Falle eine die Ironie andeutende Partikel (etwa wie 6,
58) nicht fehlen dürfte. Als Frage bedeutet es: verschmäht bei dir
Tugend und CTCsinnung fette Schmause? d. h. hast du die erforder-
liche Tugend um — zu verschmähen? verschmähst du solche und
kannst dich desshalb der lirlus rühmen?
V. 10 1. Audi hier kann ich in Kirchner's Zurückgehen auf
die alte Interpunctinnsweise , Avelche dem Verse einen Schritt vor
dem Ziele noch eine Haltstation aufzudrängen sucht, schlechter-
dings keinen Fortschritt erkennen. Ich finde vielmehr das gram-
matische Ziisammennehmen der Behauptung des Gegners und der
Frage nach ihrer Begründung, und die Form in der es geschieht,
ganz lel)endig und bezeichnend, und sehe zu einer Auseinander-
haltting um so weniger einen Grund als in dem ähnlichen Falle 3,
187 Kirchner selbst sie unterlassen hat, und I, 2, Jll sie gar nicht
möglich ist. Auch würde bei Kirchner's Inter])unction eine Andeu-
tung dass die Behauptung obsequium — csl aus dem Sinne eines
Anderen heraus aufgestellt werde, eine Einwendung sei, nur un-
gern vermisst.
V. 105. lieber die Stellung von enim vgl. G. T. A. Krüger,
lat. Gramm. S. 946, Anm. 3.
V. 107. Nempe, s. oben V. 80. — Zu inamarcscunl ver-
gleiche besonders Fea.
V. 108. illusi pedes. Düntzer: die durch die Schwelgerei
unvermerkt schwach gewordenen. Kichtiger wohl ludibn'n hahid,
sofern ihnen eine ihre Kräfte übersteigende Last zugemutet wird ;
vgl. 5, 26. Cic. p. Quint. 16, 51 : saepe illusi ac destiiuli. Uebrigens
ist hier nicht von einer vorübergehenden Wirkung üppigen Lebens
die Rede (Trunkenheit) , sondern vielmehr von einer dauernden
Schwächung. Nur so stellt sich das rechte Vcrhältniss zu V. 105
198 Zweites Buch der Satiren.
her: während ich meine Lust mit einem kurzen Schmerze büsse,
so du die deinige durch allgemeines Sinken der Kräfte und lang-
andauernde (schmerzhafte) Krankheit.
V. 101). Parataktische Wortfügung statt der hypotaktischen,
wie Ep. I, 2, 37 ff. Cic. Tusc. V, 32, 90: an Scylhes Anacharsis potuü
pro nihilo pecuniam chicere, noslrales philosojihi facere non poterwit.'
Orator 9, 31: (in viclus hommum Al/tcm'enshiin beneficio excoU potuil,
oratio non poluit .' 31, 109: an cgo poctis concederem nl jxe omnibus locis
eadem conlcnlionc ulcrentiir : ipse niinquam ah illa acer?'uma contentione
discederem .' 42, 144: a?i quibns verhis sacronnn alicnalio fial docere ho-
nesltim est; quibiis ipsa sacra rclincri j)ossinl non Jwncslum est' Livius
V, 6: obsecro vos, vcnandi Studium ac voJuplus homincs per nives ac
pruinas in monles silvasquc rapil: belli necessitatibus eum palientiam
non adhibehimus? VI, 17: adeo in iino omnibus salis auxilii fuisse, nul-
lam Opern in tarn mtdlis tini esse? XXXIX, 4: nisi Syracusarum orna-
metüis urbcm exornari fas fueril, in Ambraeiam unam captam Jion va-
liieril belli ius , u. a. Hieraus erhellt zugleich wie wenig begründet
es ist wenn Ileindorf meint, diese einfache Zusammenstellung der
Gegensätze sei mehr griechisch als römisch. Vielmohr beruht sie
auf dem Wesen des rhetorischen Ausdruckes überhaupt, welcher
den einzelnen Gliedern selbständiges Leben, eigenen Ton und ei-
gene Bedeutung verleiht , indem er sie von der Kette durch die
sie mit einander verbunden sind losmacht *). Vgl. meine Anmerk,
zu Aristoph. Nub. 1293 und oben zu 6, 50 a. E.
V. 110. Bei miliar e bezeichnet der Accusativ allerdings ge-
wöhnlich die Sache die man verlässt, also ursprünglich hatte, der
Ablativ aber diejenige um welche man jene aufgibt; imd slrir/ilem
iiva mulat wäre daher in unserer Stelle unzweitVlIiaft das eigentlich
Logische. Indessen die im Begriffe liegende Gegenseitigkeit und
Gleichstellung der beiden Seiten schien auch eine Verwechslung
der Glieder zu gestatten; statt A mit /? wurde /? mit A vertauschen
*) Scheinbar den entgegengesetzten Weg der Deutung hat J. Classen
eingeschlagen wenn er in seinen feinsinnigen ,,Heobachtnngen über den
homerischen Sprachgebrauch" (Franklurt l.sri4. 4.) S. 14 sagt: ,,iu zalil-
reichen Filllen zeigt sich die Ersclicinung dass der Einflus.s einer für das
CJanzc einer Periode beabsiclitigtcn Structur sich auch auf .-«olche Theile
derselben erstreckt und sie gebunden hält welche nicht durch die ge-
wöhnlichen grammatischen Bindemittel angeschlossen erscheinen. Auch
diess ist eine Art jener parataktischen Anreihung die in der griechi-
schen Sprache zu allen Zeiten eine so bedeutende .stelle einnahm." In-
dessen kann etwas in Hczug auf die homerische Sprache, die von dem
naiven Nebeneinander dcir Hestimmungen zu einem eigentlichen Satzbau
sich erst em|)<)rringt, voUkoiiimeu richtig sein und dennoch in Ite/.ug auf die
Litcraturwerke aus einer Zeit mit sehr entwickelter Teriodisierung wesent-
licher Mudilieatiou bedürfen. Wie jene zur ^'erbindung vorwärtsstrebt,
HO muss diese, wenn sie bestimmte Zwecke erreichen will, auf die Locke-
rung und Auflösung zurückgehen.
Anmerkungen zur siebenten Satire. 1 99
gesetzt. Belege für diese Ausdrucksweise geben Bentley und
Heiüdorf. Aus der Verkennung derselben sind die Varianten ent-
standen. — Aelmlich ist die ampuUa im 3Iunde eines Stoikers als
Beispiel eines Gegenstandes von geringem "NVerthe gebraucht bei
Cic. de fin. IV, 12, 31 : ampuUa enim sil necnc si( , quis non iure oplimo
irridcalur si lahorct?
V. 111. gulae par e7is , unmittelbar neben servile gestellt,
gibt damit die Antwort auf die Frage 7iil servile habet, sofern es =
gulae scrviens ist, lässt aber zugleich als Motiv des pracdia venderc
die gula erkennen. Der Ausdruck ist übrigens sehr concis und
springt über ^Mittelglieder hinweg. Das Gemeinte ist eigentlich :
wenn ein Sklave sich verfehlt welcher u. s. w. , so muss doch noch
weit mehr sich verfehlen wer ganze Güter seinem Gelüste zum
Opfer bringt. Ein Solcher bekundet sich damit als Sklave seines
Gelüstes, als innerlich unfrei, und stellt sich somit auf gleiche
Stufe mit einem Sklaven. Vgl. meine Anmerkung zu Weber,
S. 482 f.
V. I 13. Dass die Abschreiber die blosse Vergleichung an die
Stelle der Identification setzen zu müssen glauben ist eine häufige
Erscheinung (vgl. z.B. 3, 246), und daher dass das richtige et erro
in so vielen Hdsch. sich erhalten hat eher zu verwundern als dass
das logisch unmögliche fug. ut erro sich in einigen findet. Die an-
dere Variaute, et erras, hat nach Fea wieder an Apitz einen Patron
gefunden; es ist aber leicht zu sehen dass sie aus beschränkter
Gleichmacherei (mit vilas), wo nicht gar aus Unkenntniss des Sub-
stantivs erro, hervorgegangen ist. fug. et erro ist zwar eine Anti-
kliraax, aber eine vollkommen berechtigte; und es ist ganz be-
zeichnend dass der Sklave seinen Angeredeten mit allen mögli-
chen Verhältnissen und Eigenschaften eines Sklaven in Beziehung
zu bringen bemüht ist, um die Gleichheit beider Theile möglichst
gross zu machen.
V. 116. ^Mitscherlich Rac. VI. p. 10: Quod isla polissimum (la-
pidem, sagillas) quaerat mirum videri debel , si cogites servum iuxta Hu-
ralium Stare. Scd hoc ipso poeta aininum corumotum declarare voluit, qui
prae ira qua excanduil nescial quid primum ac polissimum importuno servo
impitigat , sicque ad ea delahalur quae minus apta ad hoc videri dehcbant.
Cnde cliam servus cum insaniac suspeclum habet. Der pathetische
Charakter des unde sagittas ist schon von Andern beiiierkt, und
^litscherlich vergleicht Plaut. Capt. III, 4, 15: hie homo rabiosus
habilus est in Alide . . . narn istic hasiis inseclatus est domi matrem et
patrem.
V. llS. ni rapis — accedes vgl. Kirchner zu 1,4, 141
(S. 173). In Betreff' der Drohung den Davus untor die Strafcom-
pagnie zu versetzen vgl. ausser Plaut. Most. 19 auch Afranius Sus-
pecta X (V. 327, p. 176 in Kibbeck's Com. lat.) : in Arpinos iam quun-
tum pote cxplodam hominem ut viticelur , sowie Terent. Phorm. II, ],
200 Zweites Buch der Satiren.
18 — 20: mcditnta mihi sunt omnia mca incommoda: herus si redieril
Molendum usque in pislrino , vapulandiim, habendae compedes, opus
ruri faciendum. Durch diese Drohung wird Davus aus seiner
erträumten Höhe in die Wirklichkeit zurückgeschleudert , die Rea-
lität seiner Stellung gibt sich ihm zu fühlen, er wird daran erinnert
dass der Sklave vielmehr er sei. So enthält der Schluss zugleich
eine Art Correctiv gegenüber von der bisherigen Auseinander-
setzung.
\
Achte Satire.
Einleitung.
Dieses Gedicht stellt weder ein Erlebniss des Dichters dar
noch enthält es eine Auseinandersetzung seiner Ansichten über
eine gegebene Frage, sondern es rollt ein Bild aus der Gegenwart
vor uns auf; es ist weniger satitro und mehr Satire als die meisten
innerhalb der beiden Bücher. Gegenstand derselben ist zwar zu-
nächst eine einzelne IVrson, aber eine solche welche zugleich
Vertreter einer ganzen Gattung ist und als Verkörperung einer all-
gemeinen Wahrheit sich betrachten lässt, des Satzes dass Ver-
stand, Bildung, Geschmack undTact sich nicht kaufen lässt, dass
das Gemeine bleibt was es ist, auch wenn es über Haufen Goldes
zu gebieten hat.
Die Satire schildert nämlich die Vorgänge bei einem Malilo
welches der reiche Nasidienus Kufus dem ^laecenas und
Freunden und Gesellschaftern desselben gegeben hatte. Veranlas-
sung zu der Einladung scheint der "Wunsch gewesen zu sein sich
den Sommitäten der Gesellschaft zu nähern und durch die Elire
einen so hochstehenden und so fein gebildeten Mann bei sich ge-
sehen zu haben soll)st sich in der öffentlichen Meinung zu heben
und sein Haus unter die aristokratischen Cirkcl einzureihen. Dass
Maccenas die Einladung annalim mochte in seiner allgemeinen
Gutmütigkeit, in irgend welchen früheren persönlicben Beziehun-
gen zu dem AVirte , oder auch in blosser Neugierde seinen (Jruml
haben. Dass aber jene Beziehungen nur obertlächlicher Art waren
und keinerlei Veritllichtung in sich schlössen, erhellt am besten
aus der Unverhohleuheit womit in unserer Satire der Wirt durch
«'inen Angehörigen des Kreises von Maecenas gegeisselt wird und
nach welcher man glauben möchte dass Maccenas den fraglichen
Einleilung ziir achten Saiire. 201
Geldbrotzcii zuvor nur sehr vonig gekannt habe und erst durch
das Mahl selbst gewahr geworden sei wie er selbst eigentlich dem-
selben als ^Mittel zu seiner Verherrlichung habe dienen sollen.
Ohne Zweifel aber liegt unserer Satire etwas wirklich Vorgekom-
menes zu Grunde, so wenig wir auch die Person des Haupthelden
derselben mit Sicherheit zu ormittelu verniögen.
Von den beiden Namen welche demselben beigelegt werden
ist Rufus gewiss geschichtlich, da er V. 58 ganz beiläufig und so
dass man ihn als notorisch voraussetzen muss erwähnt wird. Da-
gegen ist Nasidienus darnach angethan um die Vermutung
scherzhafter Fiction oder Abänderung des wirklichen rege zu ma-
chen. Zwar ist der Name keineswegs unerhört: wenn auch Martial.
VII, 54, 8 {cmt vigila aul dormi, yasklicrie, tibi) mögliclier Weise l)loss
beweist dass er in der Literatur vorkam, so ist doch auch für das
Vorkommen im Leben ein Beleg enthalten in der von Orelli nach-
gewiesenen Inschrift bei Hagenbuch, Kpp. Epigr. Mss. 17o5, 22, 6:
L. NASIDIENJ'S JGBIPP(incnsis) TlilBT'N. LEG. XIIII. GEM.,
um der blos ähnlichen Namen, wie NaselliiiSy Nasennius, Nasklius
(s. meine betr. Artikel in der Real-Enc. V. S. 420f.), nicht zu ge-
denken. Indessen diese Seltenheit des Namens , verbunden mit
der Erwägung dass unseres Dichters Darstellung einen weitem
Reiz gewänne wenn wir annehmen dürfton dass der Name den er
dem passiven Helden gibt eine komische (avoIü durch dessen Phy-
siognomie veranlasste) Umgestaltung seines eigentlichen sei, sowie
die Vergleichung der sonstigen Gewohnheit des Horaz in dieser
Beziehung, muss doch geneigt machen Nasidienus für eine Pseudo-
nyme Bezeichnung zu halten. Aeusserlich vortrefflich einleuchtend
ist dabei die von Lambin zuerst aufgestellte Vermutung dass des
Gegeisselten wahrer Name Salvidienus JRufiis gewesen sei. Nur
alter ist es unmöglich diess mit Lambin auf den bei Suet. Oct. 66
erwähnten ^lann dieses Namens zu beziehen. Dort heisst es von
Octavian: amicitias neque facilc admisil et conslantissimc rcdnuit ....
yeque enim iemere ex omni numero in amicilia eins afßicti reperienfur.
praeter Snlvidienum Biiftim , quem ad consulatum usque , et Cornelium
Gallum, quem ad praefeeturam Aegypti , ex infima utrumquc forluna,
provexeral. Quorum alterum (den Erstgenannten *) , res novas mo-
lientem , damnandum senalui tradidit: alteri (dem Cornelius Gallus) ob
ingratum et malevohim animum domo et provinciis suis interdixil. Die
Verrätherei , Verurteilung und der (mehr oder weniger mifreiwil-
lige) Tod des Quintus Salvidienus Rufus fällt ganz unzweifelhaft
(s. Dio XLVIII, 33. Appian. b. c. V, 66. Livius CXXVII) ins Jahr
714 d. St., also eine Zeit wo Horaz mit Maecenas noch in keine
*) AVenn Lambin und nach ihm Heindorf die hcideii alter in umgre-
kehrter Weise beziehen, so ist diess, wie schon Weber Sat. S. 48K ge-
zeigt hat, unrichtig.
202 Zweites Buch der Sauren.
persönliche Beziehung gekommen war und kaum erst angefangen '
hatte als Schriftsteller thätig zu sein. Auch hatten den »Salvidienus
die ihm von Octavian übertragenen Geschäfte fortwährend ausser-
halb Roms festgehalten : im J. 709 dessen Begleiter nach Apollonia
nahm er seit Caesars Tod an allen Kriegen Octavians den thätig-
sten Antheil: im J. 711 trieb er den Sextus Pompejus von der
Küste Italiens zurück, bekämpfte denselben im J. 713 in Spanien,
bald darauf aber in Oberitalien den L. Antonius, und ward nach
Beendigung des perusinischen Krieges mit einem Commando in
GTallieu betraut (s. das Nähere bei Haakh, Real-Enc. VI, 1. S.720);
so dass nicht abzusehen wäre wann er zu gastronomischen Studien
und Zurschaustellung derselben in Koni Zeit gehallt haben sollte.
Endlich war Salvidienus bis zu seiner ebenso rasch eingetretenen
als verlaufenen Katastrophe bei Octavian in ungetrübter hoher
Gunst und somit eher ein Nebenbuhler des Maecenas als dass er
nöthig gehabt hätte an diesen sich heranzudrängen. Andererseits
aber hat die Aehnlichkeit des Hauptnamens, die Gleichheit des
Zunamens (Rufus), sowie das Zutreffen des Zuges dass Salvidienus
ein durch die Gunst der Umstände aus niedrigem Stande aufge-
tauchter Emporkömmling war, zu viel Verführerisches als dass
nicht hätte der Versuch gemacht werden sollen nach Aufgebung
seiner Person wenigstens die Beziehung auf seineu Namen und
sein Geschlecht festzuhalten. So hat denn zuerst Ph. Buttmann
(Mythologus I. S. 333) eventuell und mit einigem Zweifel, nach
ihm aber C. G. Zumpt (vor Wüstemann's Bearbeitung der Hein-
dorfschen Ausgabe, S. 31) mit Zuversicht die Vernuitung aufge-
stellt dass der horazische Nasidienus vielmehr der den gleichen Na-
men und Zunamen tragende Bruder des erwähnten octavianischen
Generals sei. Jedoch haben wir über diesen Bruder eine einzige
Nachricht, und diese selbst ist der fraglichen Vermutung nichts
weniger als günstig. Dio Cassius sagt nämlich (1. 1.) von Q. Sal-
vidienus Rufus: ig roaovro vno xov Kaiaagog 7tqo}}xO-i} (oöte avtov
ze VTidTOv firjöi ßovlsvoi'xa aTTOÖeix&ijvdL y.al tov aöek<poi' avzov ttqo-
a7to^^av6l'rci öia rov Tißioiöog , yscpvQag stt avTO tovto TTOnjüetGi^g,
iE,ei'BX&^ji'ai. Ist nun alier der Tod dieses Bruders noch vor das
.1. 714 zu setzen, so ist um so weniger wabrscheiulich dass lloraz
ihn gekannt und gemeint habe, falls man nicht etwa mit Zumpt
a. a. O. unsere Satire selbst schon ins J. 7I4 versetzen will und
noch vor den Sturz des berühmteren Bruders; denn nach demsel-
ben hätte der Satii'iker zu VerliüUung des wahren Namens keinen
(Jrund haben können.
Noch weniger lässt sich anfuhren für die von rrmiuius und
S|)(i]in ausgesprochene Ansicht dass unser Nasidienus identisch sei
mit dem ztierst (bis 719 d, St.) unter Sext. Pompejus, darauf unter
Antonius dienenden (App. b. c. V, 139) und im .1. 7"J3 l>ei Patrae
geschlagenen (Dio L., 13) Q. Nasidius (s. Real-Enc. V. S. 4-21 , Na-
Einleitung zur achten Satirc. 203
feidii, 2). Dass dieser Nasidius Sohn eines römischen Ritters (s.
Ebendas. Nr. l) und somit selbst Ritter war will nichts besagen.
Denn ritterliche Geschlechter gab es auch noch viele andere, und
iiberdiess ist die Angabe, unser Held sei römischer Ritter gewesen,
selbst von ziemlich apokryphischer Xatur. Sie findet sich bei Acru,
wo es heisst : yasifliemis . eques roma?nis , in aliis elegans , in muncra-
linne (enumrratiune.') aulem lauliciarum suuruin pulidus. Die Bezeich-
nung als cq. rom. könnte daher, ebenso gut als die übrige Prädicic-
rung, auf Folgerung aus unserer Satire beruhen. Sein Reichthum
macht es allerdings unzweifelhaft dass er Ritter war; aber nach
der Art seines Benehmens muss mau vielmehr glauben er sei der
Erste seiner Familie ge\\ esen der es S(» weit braclite, Avährend bei
Nasidius jedenfalls schon der Vater zum Ritterstande gehört hatte
inid daher wohl auch der Sohn schwerlich eines solchen Mangels
an geselliger Bildung fähig war Avie er dem Nasidienus zugeschrie-
ben wird. Ferner macht die Parteistellung des Q. Nasidius und
die ehrenwerthe Festigkeit welche er dabei bewies es unglaublich
dass Horaz ihn in solcher Weise angegriffen, und undenkbar dass
er sich in so alberner AVeise an Maecenas herangedrängt hätte.
Endlich wäre , wenn Nasidius der wirkliche Name unseres Edeln
wäre, lediglich nicht zu begreifen warum Horaz denselben in Na.si-
dienus altgeändert hätte. Wollte er mit demselben eine Aenderung
vornehmen, so musste sich diese auf die Wurzelsilbe beziehen,
nicht auf die Endung.
So wenig wir aber eine der aufgestellten Vermutungen haltbar
linden, so wenig wissen wir eine bessere an deren Stelle zu setzen.
Vielmehr beruhige ich mich noch immer (wie im Art. Nasidienus
der Real-Enc.) dabei dass der Name zwar wahrscheinlich Pseudo-
nym, der wahre der betreffenden Person aber unbekannt sei, und
dessen Kenntniss um so leichter entbehrt werden könne weil der
Mann von unserem Dichter so lebenswahr und anschaulich geschil-
dert worden ist dass wir zur Vergegenwärtigung seines Bildes wei-
terer Mittheilungen durchaus nicht bedürfen. Die hauptsächlich-
sten Züge desselben sind dass Nasidienus ein Neureicher (vgl. zu
V. 17) ist der den routinierten AVeltniann spielen will (vgl. die Ein-
leitung zur vierten Satire), dabei aber fortwährend sich die lächer-
lichsten Blossen gibt, durch seine Selbstanpreisung seiner Sachen
sich unausstehlich macht und ein ^lal über das andere veiTäth wie
schwer ihm im Grunde seines Herzens das Geldopfer fällt das er
mit dieser Gasterei V-ringen zu müssen glaubt (vgl. V. 16 f. 34 ff.
41. 81 f.). Für seine Bildungsstufe bezeichnend ist namentlich auch
die Auswahl derjenigen Personen welche er zu der Gesellschaft
des Maecenas hinzu eingeladen hat: Porcius (V. 23 f.) , der
durch die Fertigkeit ganze Pasteten auf einmal hinabzuschlingen
aufs Geistreichste zu unterhalten weiss, ein puhliranus nach dem
Comm. Cruq. (was wohl nur aus der Gesellschaft Nasidien's
204 Zweites Buch der Satiren.
gefolgert ist), walirsclieinliclier ein scurra (s. zu 7, 15); und No-
mentanus, dessen Function die eines nomcnclalor für Maecenas
ist, welchem Zwecke entsprechend vielleicht auch sein Name ge-
wählt ist. In der täppischen Weise womit Maecenas vom Wirte
ausgezeichnet und den übrigen Gästen zu fühlen gegeben wird
dass sie eigentlich nur um dessen willen da seien, liegt weiterhin
eine charakteristische Eigenthüinlichkeit, Um so wohlthueuder
sticht davon ab die würdevolle Haltung welche durch die ganze
Satire hindurch dem Maecenas zugetheilt ist, der überhaupt nur so
weit genannt wird als für die Sache es unumgänglich nothwendig
ist: ein Verfahren in welchem sich unsers Dichters gewohnter Tact
glänzend bekundet, worauf zuerst Wieland (S. 213. vgl. AVeber
S. 487) aufmerksam gemacht liat.
Die Einkleidung ist, wie in den meisten Satiren dieses Buchs
so auch in der vorliegenden, eine dialogische: die eines Gesprächs
ZAvischen dem Dichter und seinem Freunde Fund an ins. Letz-
terer war einer der Gäste Nasidien's gewesen und erzählt auf Be-
fragen die Vorkommnisse bei diesem Mahle. Die Wahl dieses Be-
richterstatters ist um so glücklicher da wir, nach den Hoffnungen
welche I, 10,42 über dessen Leistungsfähigkeit auf dem Gebiete
der Komödie ausgespi'ochen sind, bei demselben doch einiges Ta-
lent komischer Darstellung voraussetzen müssen. Uebrigens hat es
der Dichter fein angelegt dass er die Person des Literlocutors erst
V. 19 hervortreten lässt, nachdem er zuvor für diese selbst wie für
den Gegenstand seiner Erzählung Interesse zu erwecken gewusst
hat. Noch bemerkenswerther ist das Geschick womit sich der
Dichter V. 20 ft". der schwierigen Aufgabe entledigt eine Aufzäh-
lung der Thoilnehmer des Mahles zu geben. Zwei Klippen waren
dabei hauptsäclilich zu vermeiden: einerseits prosaische Trocken-
heit, Trivialität und Einförmigkeit, anderseits geschraubtes, ge-
künsteltes Wesen, Avelchem man anfühlte dass der Dichter IMiihc
gehabt habe die Namen in Vei'se zu bringen. Zwischen beiden ist
der Dichter aufs Glücklichste hindurchgeschifTt: dieser Theil sei-
ner Darstellung ist bei aller Kürze vollkomuien klar, anschaulich,
sachgemäss , sogar anmutig; und es sind an ihm noch überdiess
zweierlei Vorzüge hervorzuhel)en. Einmal dass diese Aufzählung
erst jetzt gegeben ist, nachdem durch die Nennung iler beiden
Hauptpersonen — Nasidienus und ^laecenas — .bereits die Auf-
merksamkeit rege gemadit ist; sodann dass ^laecenas weder nocli
einmal eigens aufgeführt, noch ausdrücklich angegeben Avird wel-
ches bei Tische sein Platz war, da dieses sich von selbst verstand.
EI)euso glücklich getrofl'en ist es dass der Dichter die Katastrophe
ül>er Nasidien einbrechen lässt wie derselbe gerade auf <ler höch-
steu Höhe des (Jlückes steht, unmittelbar nachdem er im eigenen
Glänze sich selbstgefällig gespiegelt hat und nichts weniger ahnt
als eine solche I )ciiiiitigung seines Stolzes. Ueberlmupt ist die
Einleitung zur achten Satire. 205
ganze Satire von oinem heitern, siogosfrohen, fast übermütigen Hu-
mor durchzogen, welcher aber darum nichts Verletzendes hat weil
es der Geist und die Bildung selbst ist deren Ueberlegenheit über
die — wenn auch äusserlich noch so reich gesegnete — Be-
schränktheit in der Züchtigung des Nasidienus zur Anerkennung
kouimt.
Diese ungetrübt heitere, mutwillige (Trundstimmung unserer
Satire, sowie die Detailkenntniss der Bräuche und Genüsse der
feinsten Gesellschaft, und das emptindliehe Gefühl für jede Ver-
letzung derselben das darin zu Tage tritt, endlich die Erwähnung
<ler Canidia am Schlüsse, macht es uns in hohem Grade wahrschein-
lich dass das vorliegende Gedicht eines der allerfrühesten imseres
Buches ist. Ohne Zweifel stammt es aus einer Zeit wo Horaz noch
mit ungetheiltem Interesse der Stadt und dem Kreise des Maece-
nas angehörte, noch nicht mit sehnsüchtiger Liebe nach dem Land-
leben hinausblickte und alle Zeit die er seinen städtischen Ver-
pflichtungen entziehen konnte ihm zuwandte. AVir setzen daher
die Satire noch vor den Empfang des Sabinums, ums J. 7"20 d. St.,
und rinden eine Bestätigung für diese Annahme auch in dem Ver-
hältnisse unseres Gedichtes zu Sat. T, 9. Zwischen beiden besteht
meines Erachtens eine Verwandtschaft des Gegenstandes und der
Behandlung in Absicht auf Stinunung wie Kunst. Beider Stoft' ist ein
scharfbegrenzter, aus der unmittelbarsten Gegenwart und den spe-
cifischen Interessen eines bestimmten Gesellschaftskreises heraus-
geschnittener, ein einzelnes Vorkommniss durch welches Angehö-
rige dieses Kreises berührt worden waren und welches für diesen
zunächst und hauptsächlich Reiz und Wichtigkeit hatte; beide
züchtigen Individuen welche ohne Beruf sich diesem Kreise auf-
drängen wollen, und beide vollziehen diese Züchtigung mit der
heiteren Sicherheit eines in seiner Stellung zu diesem Kreise
Festgegründeten und ihrer als einer unverliei-baren Bewussten.
Beide gehören ferner durch die lebendige dramatische Darstellung,
die Feinheit und Schärfe der psychologischen Zeichnung, die mei-
sterhafte Leichtigkeit und Gewandtheit der Anlage, nicht nur zu
den gelungensten Schöpfungen unseres Dichters, sondern zu den
Kunstwerken von allgemein gültigem Wertlie. Diese Gleichheit
des Grundtones und der Kunsthöhe ist l'ür uns eine Bürgschaft
dass sie auch ungefähr aus derselben Zeit sind, und wie wir daher
I, 9 für eine der spätesten des ei'sten Buches halten (s. Rhein. Mus.
N. F. IV. S. 111. 114), so die vorliegende für eine der frühesten
des zweiten. Damit weichen wir freilich nicht nur von Grotefend
(S. 465, b. 466, a.) und Franke (F. hör. p. 122), sondern auch von
Kirchner erheblich ah, welche Alle (Letzterer besonders oben I.
S. 18 f.) die Satire ins .1. 724 setzen. Indessen haben wir uns nach
einem eigentlichen Grunde für diese Datierung bei allen genannten
Gelehrten vergebens un)gesehcn. Weber rückt die Satire sogar bis
206 Zweites Bucli der Satiren.
ins Frülijalir 726 hinaus (Hnratius als Mensch etc. S. 204") : ins
Frühjahr Avegen der in V, 8 ft. vorkommenden Vegotabilien , ins
J. 726 aber weil „eine Friedenszeit, wie sie erst mit den Trium-
phen von 725 eintrat" diejenige war wo „die reichgewordenen Lie-
feranten, die Hofbankiers, die bourgcois getUils - hommes , ihre Holle
spielten." Wie wenig diese Argumentation zwingend ist leuchtet
ein: Aveder war der Krieg das einzige oder auch nur wichtigste
Mittel der Bereicherung für einen römischen Bürger, noch war der
Krieg für Nabobs ein Hinderniss in Rom eine liolle zu spielen-,
geschweige dass gerade erst nach 725 dazu Raum gewesen ■wäre.
Auf dem andern Extreme steht C G. Zumpt, welcher (vor AVüste-
mann's Ausg. S. 29) als die Abfassungszeit unserer Satire das Jahr
71i behauptet. Darüber habe ich schon im Rhein. Mus. a. a. 0.
S. 235 gesprochen ; hier wird die eine Bemerkung genügen dass
alsdann die Satire eines der Erstlingsgedichte des Horaz , aus
Einer Zeit mit I, 7, ja noch älter als I, 8 w'äre !
Nachgeahmt ist unsere Satire von Boileaii in seiner dritten
und von Regnier in seiner zehnten; besonders bearbeitet von L.
Döderlein, im Erlanger Prorectoratsprogramm von 1855 {Coni-
menlalioncm de coena Nasidicni ad Hör. Sal. II, S praeiuillil L. D.). In
der seiner Uebersetzung und den Anmerkungen vorausgeschickten
Einleitung hat Döderlein vorzugsw^eise den Satz zu erhärten ge-
sucht dass der StoflP unserer Satire kein geschichtlicher sei, sondern
eine freie Schöpfung der Phantasie des Dichters , um eine be-
stimmte Art von Reichen zu geisscln, diejenigen nämlich: f/ui prae-
ter celeram htxuriem o?)uie Studium in arle cuUnuria coUocidxinl ^ — also
eine Classe zu welcher oline Zweifel in erster Reihe Maecenas
sellj.>>t gehörte, so dass die dem Nasidien versetzten Streiche auf
den Gönner und Freund des Dichters zurückgefallen wären, was
doch sicherlich Horaz ebenso sehr Avissen als vermeiden musste.
Auch wäre bei einer solchen Auffassung des Gegenstandes schon
diess unbegreiflich dass Horaz, wenn er das Personal des Gelages
nach seinem Belieben zusammensetzen konnte, nicht ülierhaupt
gänzlicli unterliess die l'erson des Maecenas damit in Beziehung
zu setzen. Die von Döderlein weiterhin versuchte partiale Ehren-
rettung des Nasidienus hat mich ebenso wenig überzeugt. Er will
denselben nur als liguritor et rudis fatuusquc ita ut oinnes »lortales sui
simi/liinos cxistimet (p. 4) gelten lassen , schreibt ihm dabei kindliche
Naivität zu und meint: commiseratione et nlir/ua irrisinne inidto dignior
apparet f/unvi rnntenitu et odio (p. 4), Dann müssten wir aber den
Dichter tadeln dass er einen so harmlosen ^Menschen so unbarm-
herzig ,, herüberlegt." An» ehesten liesse sich noch hören Dötler-
lein's Abwehr des Vorwurfs geheimen (leizes (p. 5 f.), sofern nicht
alle für denselben angeführten Stelleu streng lieweisen<l sind. In-
dessen sclieint uns der fragliche Zug zu tief im Wesen eines Neu-
reiclien begründet und das pjusemblc der Symptome in welchen
Anmerkungen zur aclilen Satire. 207
er zix Tage tritt zu übcrAvaltigoiul als dass wir auf denselben Ver-
zicht leisten niüclitcn. Wir können daher diesen Versncli unsere
Satire ihrer 3lannlieit, Energie und Treflkraft zu berauben so
Avenig geglückt tinden als die entsprechende Operation an Alkon
(vgl. zu V. 15).
Anmerkunoen zur acliten Satire.
'Ö
V. 1. Die Varianten ul te N. itivit c. b., N. qui i. ic c. b., N. quid
i. ic c. b. haben ihren Entstehungsgrund in der Unfähigkeit der
betreffenden Abschrcüier mit der Silbenmessung von ttl Nasidu'?ii,
besonders gegenüber von V. 75 und 84, zu Stande zu konnnen,
d. h. einzusehen dass in Xasülicni das zweite / hier consonantisch
steht, -wie in vindemialor I, 7, 29; vgl. II, 3, 245 und Bentley zu un-
serer Stelle, nebst Botlie p. 138 f. Lachmann zu Lucret. j). 130 —
Der Gebrauch von ul {==quomod6) scheint der strengen Schrift-
sprache fremd, dagegen im sermo quolidianus einheimisch gewesen
zu sein, wie aus Plautus und Terentius erhellt; vgl. ut vales ? Pers.
17. (Trhi. 48.) Heaut. II, 4, 26 und ul valelur : Pers. 309. — bea-
lus ist wer es gut hat, es sich wohl sein lassen kann, wer ver-
möge seiner Verhältnisse und ]\Iittel sich jeden Wunsch und jedes
Gelüste zu befriedigen im Stande ist, daher geradezu s. v. a. reich.
Vgl. besonders Epo. 16, 41 f.: bcata pelamus arva diviles el insulas.
V. 2. Priscian's Wortstellung {couvivam quaerenli) hat aller-
dings etwas Gefälligeres als die grammatische Wortabwickelung
der horazischen Hdsch. [mihi quacr. conv.). Indessen wäre Priscian's
Zt'ugniss nur in dem Falle wenn er die Worte um ihrer selbst wil-
len oder wegen ihrer Stellung anführen würde von entscheidendem
Gewichte; so aber hiesse c. q. aufnehmen wohl mehr den Dichter
verbessern als seine Abschreiber; aucli kann man q. c. sogar sach-
lich passender finden alsc. y. , indem dieses besagen würde: ich
suchte einen Tischgenossen und kam dabei auch an dich; dagegen
jenes: ich habe dich eigens aufgesucht um dich zu Gast zu Ititten.
— Die Auslassung von es (wie sudi^ oben 7, 102; sumus ^ Epo. 1, 9;
sunl, unten V. 85.) scheint gleichfalls der Conversationssprache an-
zugehören; Beispiele aus Plautus s. bei Brix, Emcndalkmes Plau-
linae, Hirschberg 1854. 4.
V. 3. Neben de medio ist wohl ^\\c\\ polare bezeichnend und
mit Absicht gewählt. Es hat eine Färbung wie das deutsche „po-
culieren."
V. 4. *// milti fucril melius^ vgl. 2, 120. 6,4. — Du scheint
Kirchner mit Kecht vorgezogen zu haben, da zwar sehr begreiflich
2()8 Zweites Buch der Satiren.
i.st wie es in so vielen Hdscli. verwischt werden konnte, nicht aber
wie es, wenn es nicht ursprünglich war, hätte entstehen können.
Auch dass dieselben Hdscli. welche da haben darüber die zeigen
ist ein deutlicher Fingerzeig. Endlich stimmt da sehr gut zu dem
iin ganzen Eingange heirschenden Conversationstnn. Uebrigens
vgl. redde, V. 80. Zum Schlüsse des Verses vergleicht Fea Cic. ad
Att. XIII, 42, 1 : sed, si grave non csl, leliin scire.
V. ö. Da Horaz gleich nach dem fragt was zu Stillung des
Hungers in erster Reihe gegeben worden sei, so war für den Er-
zähler kein Anlass vorhanden der gustatio Erwähnung zu thun.
V. 6. scheint Döderlein nicht mit Unrecht den Ausdruck ///
primia zu premieren: unter den ersten Gerichten (wenngleich nicht
das allererste). Doch war auch wohl diess schon eine Abweichung
von der gewöhnlichen Sitte.
V. 7. Haberfeldt: ,,auch die wilden Schweine suchte man
lebendig zu fangen . . . Ist hier vielleicht ein solches eingehaschtes
Schwein zu serstehen und trug vielleicht der gelinde Südwind bei
dem es gefangen war (wie II, 2, 32 bei dem Hechte dass er zwi-
schen zwei Brücken gefangen war) nach dem Urteil der Kenner
dazu bei es schmackhafter zu machen? Auf alle Fälle möchte ich
diess lieber annehmen als mit Sanadon und Wieland: dass Nasi-
dien sich bei seinen Gästen wegen des üblen Geruchs habe ent-
schuldigen wollen. Der arrogante Nasidien dachte bis zu dem
Unglücksfall mit dem Umhang an Nichts weniger als an Entschul-
digung, sondern suchte vielmehr Alles was er auftragen Iress mit
eigenen Anpreisungen zu begleiten." Der Ungeschmack scheint
darin zu liegen dass Xasidienus etwas sich ganz von selbst Ver-
stehendes — dass man bei Scirocco keine Eberjagdeu anstellt —
als etwas ganz Besonderes, seinem Eber zur Empfehlung Dienen-
des liervorheben zu müssen meint. — Zu dem komisch patheti-
schen Ausdruck coenac paler vgl. 6, 88.
V. 8. Ueber die laeiuea s. meinen Artikel in der Keal-Eno.
IV. S.7I9 u. C. Th. Schuch, (iemüse und Salate der Alten in ge-
sunden und kranken Tagen, Erste Abtheilung. Blattgemüse und
Salate. Eine botanisch-philologische Abhandlung. Donaueschinger
Programm 1853 f. 8.
V. H). Irgend etwas Besonderes muss nothwendig in alle
ein eins liegen, sonst könnte es nicht ausdrücklich erwähnt sein,
und Mucli V. 70 .sjtricht dafür. Was es nun aber sei - ob eine auf-
fallend hi)h(' Scliürzung, welche zu den von Weber au.sgenialten In
convenienzen führi-u musste , oder ob schon das Ersclieinen bei
Tische in diesem Aufzuge auffallend war, etwa so wie wenn bei
lins die Bedienten in llemdärmeln oder im Küclienschurze auf-
tragen würden — djuiilier ist, in Ermanglung positiver Anhalts-
punkte , der l'hantasie und dem Belieben ein weiter Spielraum
geboten.
Anmerkungen zur aclilen Snlire. 209
V. I 1 f. 80 leicht es sein kann dass uccrnam keinen tadeln-
den Nebenzng enthält, so gewiss ist es andererseits dass im Uebri-
gen hier Verstösse von nianclierlei Art begangen sind. Gleich der
purpurne Abwischlumpen ist eine lächerliche und geschmacklose
Grossthuerei; nicht minder lächerlich ist die Wichtigkeit womit
auf das Nahen grosser Dinge thatsächlich aufmerksam gemacht,
die Spannung erregt wird , sowie die Mittel wodurch diess ge-
schieht : das unappetitliche und lästige Tischaljwischen und das zu
spät oder zu früh erfcdgende Säubern des Bodens (vgl. Sen. Ep.
47, 5: cum ad cocnanditm discuhuimus alias spula detcrgel, alius i'cli-
(/uios lemidcnlorum suhdilus coUkjil) ^ bei welchem noch überdiess aus
dem Conjunctiv iaccrel zu schliessen ist dass demselben ein lau-
ter Befehl des Nasidienus vorausgegangen war.
V. 15. lieber die beiden hier genannten Weiasorten s. Kirch-
ner zu I, 10, "24 (S. 344). Von unsicherer Erklärung ist die Prädi-
cierung des Chiers als maris cxpers\ denn Uöderlein's (a. a. O.
p. 12 — 14) Verbindung mit Alcon. in dem Sinne von caslratus, spado,
wird wohl immer neu bleiben, so lange man wenigstens auf ratio-
nelle AVnrtstellung AVorth legt; auch ist sehr zu bezweifeln ob zu
Horazs Zeit in Kom die Verwendung von Castrateu schon vorkam;
Terentius wenigstens (Eun. I, 2, 87 f.) sagt noch: eumtchum di.rli
relle Ic, quin solar iitimtur his regmae, und von der Kaiserzeit ist
ein Rückschluss auf die augusteische vollkommen luizxilässig.
Ueberdiess Avird man es dem Alkon doch wnhl nicht von aussen
angesehen haben wie es inwendig bei ihm bestellt sei; und hätte
Xasidien selbst darauf aufmerksam gemacht dass er einen solchen
Frauenwächter zum Servieren oder gar als Kellermeister ver-
wende, so hätte er damit einen Verstoss begangen mit dem sich
keiner der von Döderlein mit solcher Geflissenheit von seinem Na-
sidienus abgewehrten messen könnte. (In ganz anderem Sinne
heisst es bei Sueton. Claud, 33: libiditiis in femitias profusissimar,
marium omnitw expers*). Uebrigens zeigt die Beziehung in
welche das Epitheton zu fcrcns gesetzt ist dass Chium tnaris expers
gleichsam mit Anführungszeichen zu denken ist. sei es dass das
betreffende Gefäss diese Umschrift trug oder dass der Wirt diese
Erläutennig hinzugal) (vgl. V. H8). Nach seiner ^leiuung sollte
diese Eigenschaft also jedenfalls ein Vorzug sein, eine feine Ab-
weichung vom Gewöhnlichen; ob er damit aber Recht hatte und
nicht vielmehr abermals einen Geschmacksfehlcr begieng, ist eine
andere Frage, welche im Sinne Weber's (S. 492) beantwortet wer-
den zu müssen scheint. Zum Tischwein war der Chier in dieser
*) Dass die von DiWl.-rlein in dersi-lben Weise erklärte Stelle von
Persius {sapere hur rnnris e.rpejs , VI, .3.1) eine solche Deutnnfj nicht zu-
lasst, da ein Hegiiff sächlielion (Je.scldeclifs doch unmög^licli als castriert
.sich bezeichnen lasse, — ist eine niiindlich mitfrctlieilte IJemerknng von
Xägels ba eh.
UORATII SAT. II , "2. '4
210 Zweites Buch der Saiiren.
Gestalt sicherlich ungeeignet, da die ungeminderte Süsse sehr bald
dem Magen widerstehen musste, und vielleicht lag diess nicht ein-
mal ausserhalb der Absicht des Wirtes; vgl. V. ;i6 fl \ Die Griechen
hatten gewiss ihre guten Gründe dass sie ihre Weine mit Seewas-
ser zu mischen pflegten, wie aus Plinius H. N. XIV, 23 hervorzu-
gehen scheint: item [proUharc diis nrfaslum habetur vina) gracca. quo-
niam aquam haheanl: vgl. ib. "24 : Graecia argilla aiil mantuii'C aul sale
aut mari lenitalem cxcital. Wohl nur von einer zu starken Mi-
.schung damit gilt es w^enn derselbe XXIII, 24 sagt: vimim marina
aqua factum iuulilc est stomacho , nervis , vesicue. Auf Unterschiede in
den Mischungsverhältnissen deutet auch hin derselbe XIV, 10 : Coi
marinam aquam largiorcm miscciü (a servi furto origine orla , sie men-
suram explenlis), idquc translalum in allnim muslum-^ und ib. 9: nunc
gralia ante omnia est Clazomeniu , poslquaui parcius mari condiunt. —
Ausser dieser Auffassung scheint sprachlich und sachlich berech-
tigt nur noch die andere : angeblicher, unächter Chierwein, solcher
der die Bekanntschaft des Meeres in Wahrheit gar nicht gemacht
hatte, was er doch — wenn er von der Insel Chios herrührte —
ganz nothwondig hätte müssen. Würde diese Deutung zu der
Aermlichkeit die in den beiden folgenden, höchst charakteristi-
schen, Vei'sen hervortritt sehr Avohl stimmen, so ist dagegen ihr
nicht günstig dass Caecuha diesen Nebenzug nicht enthält, indem
unter den Landweinen dieser eine unbedingt geachtete Stelle ein-
nahm und neben demselben nur noch eine grössere Auswahl von
Sorten zu wünschen gewesen wäre. Die Einwendung dass man
die Unächtheit ihm wohl nicht von Aussen angemerkt haben werde
ist unerheblich: es ist dem Erzähler ganz wohl zu gestatten eine
Eigenschaft die sich erst später herausstellte , die aber von Anfang
an vorhanden war, auch von Anfang, gleich beim Auftragen des
Weines, über denselben auszusagen.
V. 16 f. lieber den Falernerwein vgl. Kirchner S. 344
und jetzt besonders die Monographie von C. F. Weber, diss. de
agro et vino Falerno, Marburg 1855. 70 S. 4. mit einer lithogra-
phierten Tafel. — Zur Würdigung dieser Worte des Nasidienus
vgl. Plutarch Symp. VII, 6,3: to 6^>oiq xori m^if^iaati' oig o ^likktov
eoriaaiyca uakiGra xcciqei^ kccI tteqI ol't'ojv d/ofqpooäc '/.cd uvg(ov iQMiciv
xai ()ta7tvi'iycii'S0\}ai cpoQTty.oi' y.ouiöij xal i'sonkovTOv. Auch Petroji.
Sat. 4H: l'rimalcliiit miti ad ims ndlu respexil el rinum, inquH , si mtn
place l , tnulabo] vos illud nporlel l/nnum faci<(lis. Peoruni In'ne/icio nnn
rmo u. s. w.
V. IS. Eine Geschmacksverirrung war es wenn Heindorf ///-
vilias miseras (mit Dacier) als AppKsition zu den vorhergehen-
den Woi'ten zog, indem er die Reflexion ,,im Munde des Iloraz
höchst nüchtern und hier fast abgeschmackt" fand. Womöglich
noch wiMiiger richtig ist der (Jrund wuiiiit Apitz p. I.Vm f. llcindorl's
Intrr[iuiutii)ii verf hcidigcn will: Iloraz, welcher \ . I den Nasiilic-
Annierkiingpn zur .icliten Sniire. 21 I
niis bealus genannt habe, könne doch hier nicht dessen Reichthiimer
miseras lieissen, fjuac sunt miscrorti/n. Als ob niclits dazwischen läge
was jenen Reichthum als kläglich erscheinen Hesse ! Worin die
Armseligkeit enthalten war hat schon Wieland vollkommen richtig
erkannt; vgl. auch Düntzer II. S. 31 j mit Anm. Wenn Döderloin
a. a. O. p. 6 die Worte so aiiffasst: f/uafn nn'seriitn es/ dinlcm esse
(„Ueber des Reichthums Plagen!") und diess t'olgendermassen er-
läutert: f/oratiiis , is qni . . . muUis cunniinhus sermotübusquc parsimo-
niae ciiltorcm sc iactabal, is, inquam , miscrabutur et lales htxus — ut
vitae vere bcalae infcslos , el diviles homincs , quorum forluna alqiie digni-
tas apparatus tarn /nolesios supcrbosque pro simpUci hilariquc conririo
exigere viderelur *) , — so nuiss man diess seinem humanen Zwecke
zu Gute halten, den unglücklichen Xasidien so sehr als möglich
in Schutz zu nehmen. Denn wie ein solcher Sinn gegenüber von
dem Vorhergehenden und Xachfolgenden bestehen, ja nur den An-
forderungen des gesunden Menschenverstandes genügen sollte , ge-
stehen wir nicht zu begreifen.
V. 20. Vgl. Becker's Gallus von Rein, III. S. 205 — -210, w..
auch Heindorfs Irrtimm berichtigt ist.
V. 21. Ueber Varius s. Kirchner zu I, 5, 40. S. 195 f.; über
Ballt tro zu I, 2. S. 32. — Apitz p. 139 will mit dem Cod. Berol.
geschrieben wissen sie metnitn, was aber die reine Versflickerei
wäre. Dass bei si ein bctie oder rede nicht zu entbehren sei lässt
sich mit Grund nicht behaupten : er V>raucht sich nur überhaupt zu
erinnern wer an dem fraglichen Platze sass.
V. 22. Die Lesart einiger Hdsch. (unter welchen auch der
(totli. 2 nach Fr. Pauly) qiias ist zwar minder euphonisch als
qtios', indessen ist es sprachlich inizweifelhaft möglich , tind seine
Erhaltung begründet, bei der starken Versuchung es zu verwischen
und in das vulgäre qiios zu verwandeln , ein günstiges Vorurteil
für seine Ursprünglichkeit. Es gibt die Nuance: welches die um-
hrae waren die Maecenas mitgebracht hatte , enthält also als sich
von selbst verstehende Voraussetzung dass er überhaupt solche
mitbrachte oder mitzubringen hatte. Diese Voraussetzung ist auch
vollkommen den Verhältnissen entsprechend; vgl. Plutarch. Qu.
Symp. VII, 6, 1: vGregov ixivzoi TieQt r«g rcoi' ^ivoiv vrtodoyag . ua-
Xtara TWi' TjyefioviTKÖv. avay/Miov iycvero roig ayvoovGi rovg iTCOuivovg
y.al rtucouivovg inl rw |ei'a> noiuG^ai xi]v Y.kijGiv . aQid'uov de ooi'^iiv^
und ib. §. 3: ra utv ovv rtobg ijye^iovag »/ ^ii'ovg ovx e'yei -/A>;c»n'
ovde cuQfGiv . aXka öei öiyBG^ui rovg jxcT avzcöi' Tragayiyi'ouivovg.
V. 23. In der Placierung: des Nomenlmius möchte ich nicht
*) In verwandter Richtung Mitscherlich Rac. III. p. 8: divititie hominis
ilepiirci rede dicitntur iiiiscvae , quac posxexsorem mixcre hithetit , ei tiiisciias
rreanl ac soUiviludinem , quod, i/UHm iiimimii iis prrfiu/it statuat , iis iifi timcl.
Er vergleicht opps soUicilnc <i, 70.
14*
2 1 2 Zweites Buch der Satiren.
eine „Unschicklichkeit" erblicken, sondern eher ein Symptom von
geheimer Unsicherheit des Nasidienus, von dem Gefühle der Un-
zulänglichkeit seiner eigenen Bildung und Unterhaltungsgahe ge-
genüber von Maecenas, wobei es denn aber wiederum bezeichnend
ist dass er dem Nomentanus in dieser Hinsicht mehr zutraut. —
Ueber super vgl. Hand Tursell. HI. p. 375f. ; über ipsiim meine
Anmerkung zu Aristoph. Nub. '219. Uebrigens wird man sich hüten
müssen die Tischordnung im gegenwärtigen Falle allzu rasch zu
generalisieren; namentlich wird dieses Festmahl zu Ehren des
Maecenas unterschieden werden müssen von gewöhnlichen Essau
ohne besondere Veranlassung, dergleichen Ep. I, 18, 10 f. voraus-
gesetzt werden, in Bezug auf welche Stelle ich ganz unterschreibe
was Döderlein dazu bemerkt. Hör. Episteln, erstes Buch (Leipzig
1856), S. 147.
V. 24. ritliculus obsorbere vgl. 7, 85 f. I, 6, 51. Aristoph.
Nub. 1069: »}(5t;g — ncivw/^i^eiv und dazu meine Anmkg. — Dass
auch scmcl hier sprachrichtig wäre zeigt unter den Bentley'schen
Beispielen vornehmlich das erste, Sen, N. Q. IV, 2, 25: qiioil si e
muri ferrelur Allanlico, semel opplerel (der Nil) Aegt/plii.n: al nunc
per gradus crescü. Es bedeutet uiw hauslu; wogegen simul sich
näher an lulas anschliesst und besagt: ganze Kuchen gleichzeitig,
ohne Theilung nach Zeit und Stücken. Indessen konnte aus dem
ursprünglichen se/nul — mag der Franekcranus dieses haben oder
nicht — leicht semel eiitstehen, während nicht abzusehen wäre
wie aus semel hätte semul und weiterhin simul werden können. Eml-
lich ist zwar ubsorbcre in Bezug auf äussere Beglaubigung eini-
germassen gegen obsorb. im Vortheil; andererseits aber ist das
Erstere das Trivialere, näher Liegende, obs. das Schwierigere und
zugleich (s. Weber S. 494 E.) Malerische: er schlürft es hinunter
als wäre es Wasser. So Aristoph. Nub. 338 f. : y.aTimi'ov xsarQai'
ze^c'i'p] (.leycdäv uya'&civ. Vgl. auch oben 3, 122. Uebrigens scheint
der Parallelismus mit ad hoc des folgenden Verses zu beweisen
dass jene Commis- voyageur- Virtuosität wirklich der (irund war
warum Nasidienus den fraglichen I'orcius geladen hatte: er ver-
sprach sich davon ohne Zweifel eine vortrettliche Unterhaltung für
seine Gäst('.
V. 2") f. ad liuc (/ui vgl. 6, 42. Meines Krachtens erhält die
Stelle Licht und Zusammenhang nur dann wenn man die Function
des Nomentanus auf flen Dienst bei Maecenas Iteschränkt : dess-
wegen hatte iinn der Wirt den Platz zunächst diesem abgetreten,
und daher erklärt sich auch das nachfolgende cclt'ru lurbit , so dass
die Person des Maecenas, mit der dem lloraz eigenen Delicatesse,
nur auf diese indirccte Weise angedeutet ist. Diese Auffassung
fnnlet sich in der Hauptsache schon bei Haberfeldt , indem dieser
sagt: „Niimentan, der die Stellte iles Wirts vertrat, Itesdiäftigte
sich viu/ü-rlioli mit ]M;uh-<'U und machte ihn auf die Vorzüge der
Anmerkungen zur achten Satire. 2ir>
Gerichte um! die besten Bissen autnierksam. Iluraz nennt den
Maecen altsiclitlicli nicht, weil dieser sich dnrcl» jene Zndringlich-
keit gewiss nicht geschmeichelt fand; dass aber Nonicntan ilm be-
siniders mit seiner Aufmerksamkeit bestünnte erhellt ans dem Ge-
gensatz iuim cetera tiirba-. wir Andern Hessen nns niclit nötliigen
und assen was iins vorkam, ohne eine lange Erklärung zu erwar-
ten." Für die Tischgesellschaft im Ganzen versah dieselbe Ivitlle
Nasidienus (s. V. 6 f. 29 t^'. 43 ff. 88 f. 92 f.), aber in einer andern
Richtung: Avährend Nomentanus dafür zu sorgen hatte dass nicht
etwa Maecenas — aus Unkenntniss ! — irgend welche Leckerei
nngekostet vorüberlasse, so war dagegen Nasidienus bemüht durch
theoretische Erläuterungen die Trefflichkeit und Feinheit seiner
Gerichte ins gehörige Licht zu setzen und dadurch wie den übri-
gen Gästen so auch dem ^Maecenas selbst zu imponieren. Entspre-
chend der Doppelseitigkeit von Nomentan's Leistung (Zineden und
Erklären) scheint dann das Weitere in folgender Weise sich anzu-
reihen: denn bei uns Ucbrigcn (ausser Maecenas) bedurfte es be-
sondern Zuredens nicht: wir assen drauf los, freilich dann auch
(in Ermanglung eines solchen Nomenciators) im hellen Unverstän-
de, ohne eine Ahnung welche culinarische Kunstwerke wir zu uns
nehmen ; nur dass von Zeit zu Zeit Nasidien sich unserer erbarmte.
Diese Auffassung wird namentlich auch diu-ch die Stellung von
coenamus bestätigt , vermöge deren auf das Wort ein starker Ton
fällt. Döderlein hat daher gewiss Recht wenn er a. a. 0. p. 9 (vgl.
14) übersetzt als stände sie feinere bei coenamus, was er p. 1-f da-
durch rechtfertigt dass er den Satz so vervollständigt : conchylia
longe dissimilem noto celanüa sucxim coenamus lU aeqtialem nolo
celantia sucum. Der bekannte Saft aber sei der natürliche, der
lange dissimiUs noto also ein kunstreiches Product des Koches. Ce-
lantia (V. 28) ist jedoch nicht auf diese Künstlichkeit zu bezie-
hen, sofern ,, durch die Art der Zubereitung es erschwert oder un-
möglich gemacht war zu erkennen was das Genossene eigentlich
sei" (Krüger nach Orelli) ; denn das stimmt nicht zu den Worten,
welche in diesem Falle etwa miro siico mtluram celantia lauten müss-
ten; vielmehr bedeutet es den ^Mangel an Bcwusstsein und Ver-
ständniss dieser Künstlichkeit von Seiten der cetera turba : insge-
heim, ohne dass wir es Avussten und merkten, da wir keinen No-
mentanus zur Seite hatten. Dieses Sachverhältniss (dass das Ge-
richt eine Finesse war und wir diess nicht begriffen) trat dann auch
alsbald an den Tag als mir jtasseris ilia präsentiert wiu'den ; an den
Tag trat es aber durch die Belehrung welche (wie V. 31 zeigt) Na-
sidienus mir hierüber ertheilte. üebrigens vgl. auch ^fartial. IT, 37,
9 : nos accnmhimus otiosa turba.
V. 29 f. Die von Bentley in Schutz genommene Sclireibung
weniger und nicht gewichtvoller Hdsch. assi ei beruht vielleicht auf
einem Emendationsversuche; dass sie aber sachlich nicht passend
2 ] 4 Zweites Buch der Satiren.
ist haben Fea und besonders Weber S. 495 nachgewiesen. Das
spraclilicli unmögliche y>orr er er// verdankt seine Entstehung ent-
weder dem EinHnsse der ersten Silbe des nachfolgenden Wortes
oder — wahrscheinlicher — dem vorausgegangenen cum. Als
Subject zu porrexerai betrachte ich übrigens nicht Nomentanus,
sondern Nasidienus. Persönliches Reichen war, bei der räumli-
chen Entfernung von Fundanius, weder dem Einen noch dem An-
dern möglich; das Reichenlassen aber war Sache des Wirtes, nicht
eines Gastes, vollends eines von der untergeordneten Stellung No-
mentan's und der durch seine Specialmission bei Maecenas schon
hinreichend in Anspruch genommen Avar. Bei dieser Auffassung
steht dann auch V. 32 ab ipso in üebereinstimmung mit V. '23, und
die Aeusserung des Vibidius (V. 33 f.) hat jetzt erst ihre volle Be-
ziehung; denn die Rache ist der Natur der Sache nach vornelnnlich
gegen den AVirt gerichtet, und setzt daher voraus dass ein Thun
des Letzteren unmittelbar vorausgegangen ist, nämlich sein ärger-
liches Docieren und Präconisieren.
V. 32. hoc bezieht Heindorf auf rubere (^rubeantnc necne)^ und
diess scheint auf den ersten Anl)lick das einzig Riclitige, sofern
die Frage, was es für einen Unterschied mache ob die Aepfel bei
abnehmendem oder zunehmendem Monde gelesen werden , bereits
durch rubere beantwortet scheint. Doch ist auch die entgegenge-
setzte Auffassung nicht w^idersinnig, wofern man hoc auf die Mittel-
glieder zwischen den Mondphasen und dem Schlussergebniss des
rubere ])ezieht, auf irgend Avelche vermeintliche Ausstrahlungen
des Mondes oder dgl.
V. 34. bibimus — moricmur , vgl. 7, IIH. Den Sinn des
Verses erläutert Dödcrlein p. J4 f. richtig: moriendum nobis ulique
est., iaedio Ullis inslitutionis ^ coquoruin auribus dignae, et langiiorc uni-
versae convcrsationis exeruciatis, iiec fuga datur .- at anlci/uam pereamus
nlciscamur sallem ianli mali auclorem , in quaulum polcrimus noceudo
rel/nc eins vinariae. In Betreff des damnose erinnert derselbe (p. 15)
daran dass es etymologisch mit dnrrcdn] verwandt sei (also eigent-
lich dainpnum, danipuosus) , somit öanai'tjQfog. prodige, Uirge bedeute,
wie es bei Plaut. Psoud. I, 5, 1 heisst: si de daninosis (tut de amulori-
bus diclalor fiat. Vgl. auch die Stellen bei Orelli. Der pathetische
(und damit parodische) Charakter des Schlusses erhellt übrigens
auch aus der Vergleichung von Aeschyl Ag. 1270 f., wo Kassandra
sagt: ov i.it]v nxi^ioi y h. 9e(ov rfi)-i')/^o»(fi' • ij^ei yc(Q »/jtifoi' äX^og «v
tii.ic'iOQog.
V. 37 f. Dass hier bosliaft an dem wahren, geheimen (Jruncb'
von Nasidien's Erblassen voriil)ergegangen wird haben Dncier,
Ilal)erfeldt, lleindorf, Orelli, Webern. A. mit Kecht liemirkf iiud
Orelli gegen Düntzer (II. S. 319) gut erwiesen.
V. 39. Allifatiis (das auch Ilaborfeldt's Altdorf. hat) inver-
AnmcrkuDgen zur achten Satire. 215
lunl erklärt Dödcrloin p. J5 aus laägnaiitcr Dar^tollnug, statt invcr-
Icndo infunihtnt vinaria in pocula Allifana.
V. 44. „Die Sache an sich seihst Hess sich hören, aber sie
war den proceribus gulac schon so bekannt dass Nasidien durch die
blosse Erwähnung sich als einen Neuling in der Esskunst erwies."
Habcrfeklt.
V. 4S. „AVeun die Sau^e schon gar gekocht sei solle noch
Chierwein hinzugegossen werden, weil alsdann sein Feuer nicht
nu'hr verdampft und (somit) die Brühe kräftiger niaclit." Haberfeldt.
V. 50, Zur Autliellung der eigenthümlichen Ausdrucksweise
dient auch Plinius H. X. XXIII, 27: viui cliam Vitium transil in
rcmedia: accto summa vis est in refrigerando. Eigentlich heisst es:
ein Essig der durch sein Sauer- (d. h. Essig-) Werden Mcthymnäer-
trauben (in Essig) verwandelt hat. Irrational ist daran allerdings
dass wie das Schlussergebniss so auch schon der Ausgangspunkt
(der Stoft') als Essig bezeichnet wird, statt vielmehr vom Weine
auszugehen; oder dass dem Essig eine Wirkung zugeschrieben
wird (rilio mutare) ehe er noch existiert; was Döderlein p. 15 so
ausdrückt: acetum illud. ulpote ex vino depravato tialum, non poluil
candcm uvam vel vinum cuius dcpravatione naluni erat mutare. Von die-
ser Darstellungs weise gibt Döderlein die Erklärung: quod ad no-
liunem non tam aceii referendum est quam aco7-is vel aciditalis,
quac abstracta notiu Ixtet in concreta accti. Plenc sie diccndum fuit: non
sine aeelo, ita nato ul Mcthymnai um vinum ucor vitio in acetum mutuverit.'''
Aber es scheint nicht dass man auf diesem Wege über die Schwie-
rigkeit hinauskäme; denn nicht die (schon vorhandene) Säure ist
es welche den Wein in Essig verwandelt, sondern die Säure selbst
ist erst das Product eines Zcrsetzungsprocesses welcher durch Vi-
tium bezeichnet ist. Ich finde in der Stelle eine Verschiebung der
Begriffe, welche dadurch veranlasst ist dass es dem Redenden um
den Begriff Essig hauptsächlich zu thun ist und dieser auch die
grammatisch dominierende Stellung einnimmt. Weiterhin trägt die
Hauptschuld an dem Unlogischen des Ausdruckes seine active
Form, die Zumessung einer Thätigkeit, statt der eigentlicli im
Sinne liegenden, aber sprachlich schwer zu gestaltenden, passiven:
Essig der durch Umstehen (vitio) methymnäischen Rebensaftes (aus
Wein in Essig) verwandelt worden ist.
V, 52. illutos oder inlutos verdient nach dem Stande der
handschriftlichen Beglaubigung unzweifelhaft den Vorzug vor illo-
tos. In Betreff" seiner Bedeutung bemerkt Döderlein a. a. 0. p, 15:
illutus non dubium quin tam affirmative dictum sit quam deluere,
illuvies, adluere, perluere fEp, I, 15, I4) similia . non privative^
ul illotus (Sat, II, 4, 84), Als diese affirmative Bedeutung könnte
man sich nach seiner Lat. Synonymik II. S. 46 denken: illuvie obsi-
tus, eigentlich beschweramt, bespült, d. h. saramt dem was sich
durch das Seewasser daran angesetzt hat. So gefasst wäre illutus
216 Zweites Buch der Satiren.
bachlicli nicht verseliiedon von iUolus ^ nur aber dann bedenklich es
als eine besondere Qualität oder einen bestimmten Zustand des
cchinus aufzufassen : denn bespült , dem Meerwasser ausgesetzt,
ist doch jeder Seeigel. Indessen verbindet Döderlein in dem frag-
lichen Programm illiilus vielmehr mit dem folgenden f/iiod etc. in
dem Sinne: bespült mit Austernsaft; was aber unmöglich ist; s. zu
V. 53. Es wird daher wohl richtiger sein illulos in der Bedeutung
„nicht ausgespült" zu fassen, wie z.B. Plaberfeldt erklärt: non
abluti cl Sita salsugine non purgali. lllotos wäre insofern unpassend
weil es das zu Waschende als Schmutz Ijezeichnet, somit den Be-
griflf des Unreinlichen, Unappetitliclien in sich schliesst.
V. 53. Die Bedenken von Weber S. 497 f. gegen die Schrei-
bung qiiod — remillal sind beachtenswert!!, können aber die
Ent.s.cheiduug nicht alterieren. Denn jene Lesart ist nicht nur die
durch die meisten und besten Hdsch. gebotene und durch die (aus
dem Dictieren erklärbare) Variante quo testa unterstützt, sondern
übcrdiess auch die weitaus schwierigere , deren Entstehung im
Falle der Ursprünglichkeit von quam ebenso rätbselhaft wäre als
umgekehrt die Abänderung der dunkeln Construction ul melius qund
in das dem nahen muria entsprechende quam den Abschreibern
naheliegen musste. Dass aber quod sprachlich sich vollkonnnen
rechtfertigen lässt (vgl. V. 89) hat Krüger gezeigt. Einen eigen-
thümlichen Weg hat auch hier wieder Döderlein eingesclilagen,
indem er interpungiert : illulos Curtillus echinos, (Ut melius murin)
quod t. m. rcmittit, und diess p. 15 f. so erklärt dass quod auf ein aus-
gelassenes Pronomen co zu beziehen sei und id quod I. m. rcmillit
eine Umschreibung für den suciis ostreis e.vprcssus. da II, 4, 31 wahr-
scheinlicli mache dass /. in. Bezeichnung der Austei-u sei. ,,/s igitur
sucus nativus praefertur ad ecfiinos irrigandos murine humana arlc mi-
slae et compositac.'' Also „Seeigel, benetzt mit dem Safte von Au-
stern" sollen ein Ingrediens der Brühe bilden! Wozu würde man
überhaupt die Seeigel dazu nehmen wenn man ihren eigenen Saft
gerade niclit haben will? Sodann ist es ein Unrecht dem Horaz
eine solche Ausdrucksweise aufzubürden, die selbst durch alle
Nachliülfe von Interpunctionszeichen (wozu ül>rigens das Komma
naeli echinos nicht zu rechnen ist) kaum ein Minimum von Erträg-
lichkeit und Verstäiidliolikeit erlangt; namentlich die Stelhnig von
illulos ist ein beredter Protest gegen solclie Zumutungen. — Mit
der Frage ob quod oder quam zu setzen sei in ki-inem wesentliolien
Zusammenhang steht die weitere ob remillal oder remitlit den
Vorzug verdiene, sofern nicht alle lldscli. welche qund lesen auch
den Conjunctiv liaben (von den Kirclnierschen z.B. Lips. l.-J. Dorv.
1.2. Drd. 1.3. Mon. 1. 3. Opli. l. Cth -J *) nidit), nodi alle
*) Sofern ol)cn I. ]>. -".»."i die Vorjrleiclmiiir von Zcilo 10 (v. xx) der
ersten Spalte mit Z. 11 xx. i;i der zweiten SpHlto glanhlidi macht dass
Aiinicrkiingcn zur achten Satirc. 217
Avelclic den Conjmictiv zugleich auch fiiiml (vfm den Kirchnerschon
iiiclit De.ss. '1 und, wie es sclieint, G])h. 2 und Berol. i); und auch
grammatisch ist hei (nunl der Indicativ nicht altsohit unmöglich,
\view(dd ungleich hedenklicher als hei quam. Diess macht es auch
wahrscheinlicher dass rcmillal zu setzen sei. Indessen ist zuzuge-
hen dass quoil — remittat viel eher einer Correctur ähnlich sieht als
quod — retnittü, und dass die nachfolgende Katastrophe sich pas-
sender an ein apodiktisches Urteil des Nasidieuus seihst anschliesst
als an die Mittheilung der Ansicht eines Anderen.
V. 60. „Propterca sapiens Ä'oine/ilatiiis aitdit quud jihilosophorum
ritii casum forluilum referl ad caussam secrelam , ad rov x^sioi' (p&ovov,
idquc sine lamcntis, sed Ira/iquillo animo et gravi inlentaque uralionc
facti. Döderlein.
V. 62. ut vgl. zu 6, 53.
V. 64. suspcndens — 7iaso vgl. Kirchner zu I, 3,29. S.
9-2 Anm.
V. 67 tl". Ueher den Infinitiv {le lorqucrier) vgl. meine Anmer-
kung zu Aristoph. Nuh. 268. Dass ührigens Balatro sich anstellt
als glaube er dass Alles ihm zu Ehren geschehen sei ist haarer
Hohn. Döderlein p. 16 findet Balatronis vcrha non acerbilalis et mali-
liae, scd, ul ipsi Nasidieno videbanlur , comilalis et innoxiae lasciviae
pleno , und meint : anxia illa domini cura ne quidquam imperfecli ex
cuUna apportarctur tanqitam inisilla et do?nino viroque Romano indigna
(quoniam sua ipsc opera etiam rninutissimas res jjroeuraveral) lenis irri-
sionis caussam et occasionem Balatroni dedit. Insbesondere verwalirt
er sich gegen die Auffassung als ob V. 68 — 70 auf lauter Verstösse
angespielt sei welche Nasidienus begangen habe. Und allerdings
ist eine solche Annahme zwar geeignet Balatro's Worte pikanter
zu machen, aus dem Texte selbst aber nicht mit Sicherheit zu be-
gründen, und Avürde auch einen weder wesentlichen noch mit der
von Nasidien bewiesenen Sorgfalt stimmenden Nebenzug einmi-
schen. Und wenn die Specification der Vorsorge ebenso viele
Stiche auf Vorgekommenes enthielte, so würde die Dickhäutigkeit
Nasidien's, der nichts desto weniger in Allem nur freundliche
Theilnahme erblickte , au Blödsinn grenzen und damit aufhören
ein Gegenstand der Komik zu sein. Dass jedoch in der Haupt-
sache Balatro's Worte spöttisch gemeint sind zeigt schon V. 64.
Ihr Hauptinhalt ist: ,,was du Unglück hast! Sich so abquälen und
doch es zu keiner Anerkennung bringen , im Gegcntheil vom
^Iissgeschick verfolgt werden ! Indessen gibt dir das Gelegenheit
deine Geistesgegenwart und Gewandtheit in ihrem vollen Glänze
strahlen zu lassen."
V. 73. Ilaberfeldt erinnert daran dass Sokrates bei Xen. Mem.
nicht dort, sondern Z. 1 der zweiten Spalte Gth. 2 zu verwandeln ist
in Gph. 2.
2 1 8 Zweites Buch der Satiren.
III, 1.6 auch ilas naQTEQfKOv xal ayyivovv eIvcu vom Stiati'gcu tnrtlorc.
Uebiigens ist die Bemerkung weniger ,,ein Stich auf das kindisclic
Betragen des Nasidien" als eine humoristische Aiifstachlung seiner
Eitelkeit.
V. 75. Kirchner führt sowohl für prcccfis als für precaris den
Lips. 1 und Mon. 3 an, ohne den Widerspruch zu lösen. Dass aber
nur das Erstere dem Sinne entspreche ist seit Bentley unbestritten.
V. 77. solcas poscit vgl. Kirchner zu 1,3, 128. Nämlich
von TOig T« v7to8}'ji.icaci y.oi.iL^ovai TTaiSaQLOig (Plut. 8ymp. VII, 8, 4).
Vgl. Becker's Gallus von Rein III. 8. 130 f. Der Zweck des Auf-
stehens ist schon von Haberfeldt und Orelli (nicht aber von Düntzer
und AYüstemann) richtig angegeben.
V. 78. Scliol. Cruq. : „7iolan(httn esl fjuod in ipso versu sit imi-
ialus sofülum sustirri, ut Lcnio duciml argetito , et Säle saxa sojuibanl^^
Darnach Haberfeldt: ,,der Bau des Verses selbst drückt durch
öftere Wiederholung des zischenden S das Geflüster und heimliche
Zuzischen der Gäste schön aus." „Sein Verschwinden aus dem
Saale gibt den Gästen Freiheit sich durch Flüstern in des Nach-
bars Ohr ein wenig Luft zu macheu." Döderlein dagegen gönnt
ihnen dieses harmlose Vergnügen nicht, „quoniam vernile est absen-
iem rodere et deridere, praescrtim si convivaior est.'"'' Er stellt sich
also die Gäste alle, einschliesslich des Maecenas, als Hungerleider
vor, welche ,,für das Genossene" hätten dankbar sein sollen. Dem-
gemäss vermutet er: „i»ww polius consullahant inlcr sc clancuhim,
tdnim posl tarn atrocem casum et in iania parochi perlurbationc diutiiis
moraturi essent an ante cocnac rcslaiirationem comtnunilcr vaJcdicerenl,
eodem illo casu pro exoptala iamdudum opporlunitatc disccdcndi utcnles.
Et condixerc ut discedercnl''' (weil sie — nach einer geraumen Weile
und in Folge neuer Tactfehler Nasidien's, V. 92 f. — am Ende
wirklich gehen). ^lan sieht, es ist ein undankbares Geschäft aus
einem geistreichen und witzigen Gedichte den Geist und AVitz
wegzuinteri)retieren. Den Ausdruck erläutert derselbe (p. 16) so:
„aiires singuhrum itu secerni videres ut Itini inter sc dam collorptcrcntur:
simul susurros scparatis auril/us cum Stridore dividi vcl impcrliri audires.
Nam dividere eodem sensu dictum est quo Carm. I, !,'>, 15: fcminis
carmina dividcs.^''
V. 80. „Statt zu fragen: was ist naclihor vorgefallen? fragt
der Dichter sehr angemessen: was gab es noch mehr zu lachen V"
Haberfeldt.
V. 81. lieber lur/cna s. m. Art. in Fauly's Keal-Knc. IV.
S. 733.
V. 82. sH)i s. zu 7, 16. — Der liaiulsclirit'tlich liesscr beglau-
bigte Indicativ dantur ist zugleich das Passendere: es ist dit>
Tliatsache welche den Vibidius z»i seiner Frage verajilasst. AVürde
dieser selbst die Begründung hinzufügen, so wäre das eine — na-
mentlich den Sklaven gegenüber sehr unmotivierte — Abschwä-
Anmcikungeii zur aclilen S;Uirc. 21'J
cliuiig dor Fra<;e. Ol•olli'^i Beisiiicl aus Sali. lug. 38 fviftt nicht zu.
Zur .Saclio llalicrfolclt : „AVieder ein Zug vom liriuiliclien Geize,
der hinter aller Pracht hervorhlickte." Wenn Nasidien auch nicht
ausdrücklich verboten hatte neue zu holen, so hatte er doch jeden-
falls unterlassen zu sagen sie sollen es thun.
V. ^i». Bidetur fasst Weber mit Unrecht persönlich, von
Vil)idius. l)öderlein stimmt Orelli bei und sagt: Balalro, itlpole
fcslivissimus hoino, novam aliamquc ridemli matcriam, ne inurbcmc de
diimini casti cl moestitia (zu eng) rideri vidercttir, siippeditabal celcris
hnpcllcbatque eos , ul vciiltis secuttdus, ad ridcndum. Eine Hauptriick-
sicht dabei war wohl die auf Maecenas, um dessen Avillen der
Schein als ob über Nasidienus gelacht würde vermieden werden
wollte.
V. S4. »luialac fronlis, s. Kirchner zu I, 1, 33. Nur darf
der Genitiv nicht mit Nasidicne unmittelbar verbunden Averden, son-
dern durch Vermittelung eines daraus zu entnehmenden allgemei-
nen Begrifi's. — Ohne Grund stösst sich übrigens Döderlein p. 17
an arte, statt dessen er virtute oder providctilia bezeichnender fände
und das er nur durch die Absicht an Ter. Ad. IV, 7, 2] anzuspielen
glaubt entschuldigen zu können. Allerdings bezeichnet arte nicht
,, entweder die erkünstelte Heiterkeit welche N. aft'ectierte, oder die
bei den folgenden Speisen verschwendete Kunst" (Ilaberfeldt),
wohl aber, im Gegensatz zur Fortu7ia, die menschliche Thiitigkeit
und den menschlichen Scharfsinn. Im Concretcn kann man an
V. 73 denken. Bethätigt aber hat sich sein Geschick durch die
Veranstaltungen zum Ersatz des durch den schlimmen Zufall Ver-
dorbenen.
V. 85. secutt, s. zu V. 2.
V. 86. Ueber tnazotiomus s. die Xachweisungen bei Fca.
Den Contrast zwischen der Grösse des Brettes und der Kleinheit
des Daraufliegenden bemerklich zu machen scheint der Absicht
des Erzählers nicht fremd zu sein. Auch disccrpia wäre bezeich-
nend, wofern es innuil poihis lacerakmi, dilaniatam in fritsta gntcm
ijuam sectam ad arlem (Fea). Diess müsste Folge der Eile sein;
da aber der gewöhnliche Ausdruck scindcrc ist (Sen. Ep. 47 , 6 :
alius prcliosas avcs scmdit : per pcctus et chines cerlis duclihus eircum-
fcrens crudilam mamnn frusla cxctdü. Brev. vit. 12, 5: quanla arte
scmdatilur aves in frusla non cnormia), gegenülier von welchem das
carpcre sogar behutsamer ist, so scheint jene Ausdeutung nicht
begründet.
V. 8S. Wie gründlich Nasidien von seiner Bestürzung sich
erholt hat beweist das redselige Selbstgefühl womit er wieder auf
die Besonderheiten der Bereitung hinweist. Dahin gehört pingiii-
hus (s. Fea) und das von Orelli gut vertheidigte alhae dos Bland,
antiquiss. Vgl. 4, 44. Weder die Farbe noch das Geschlecht des
Thiers konnte man ja der Leber ansehen.
220 Zweites Buch der Satiren.
V. 90. „pcclore adnslo glaube ich vom starkon Anlnaten
vorstellen zu müssen, Avndiu'cli ein pikanter Gcsclimack gegeben
•werden sollte ; denn von schlechter Bereitung ist keine Spur. Na-
sidien bemerkte (V. 93 f.) seinen Gästen dass die Amseln stark an-
gebraten sein müssen, Avenn sie gut schmecken sollen" (Düntzer V.
S. 275 f.). Aehnlich Döderlein p. 17: gebräunt, nicht (wie V. 68)
verbrannt, indem er Ter. Ad. III, 3, 71 : hoc salsum'sl, hoc adustitm, hoc
laiiliiin'st partim dadurch für sich umdeutet dass er partim auch zu
salstim und adiislvm zieht. Allerdings scheint es nach V. 92 dass
gegen die Gerichte an sich nichts eingewendet werden wolle. Vgl.
Haberfeldt: ,,alle diese Speisen waren an sich nicht zu verachten,
wurden uns aber durch die Anpreisungen und beinahe chemischen
Beschreibungen des Wirtes zum Ekel." Auch hätte dieser es füg-
lich seinen Gästen überlassen können die betreffenden ,, besten"
Tlieile sich selbst vom Ganzen wegzunehmen.
V. 94. Der Dativ Ulis ist hier so vollkommen berechtigt (vgl.
Keisig's Vorlesungen, S. 662) dass vielmehr illas oder Hin Anstoss
erregen könnte. Der neueste Einfall , Ulis mit sci'j). Afr. zu verbin-
den [illis scrpcHlibtis Afris) , lässt sich nur etwa durch die Absicht
erklären in horazischer Weise einen heiteren Schluss herbeizu-
führen. Uebrigens hat schon Haberfeldt bemerkt: „die besondere
Species von Schlangen, afri angttes , bezeichnet dichterisch angties
peslilen lissim os.''''
Register.
l)ie Zahlen beziehen sich auf den hoiazischen Text (also z. li. 11,2, 10 hcileuiel: zwei-
tes Buch, zweite Satire, zehnli-r \'eis) und den dazu im zweiten Lfande gegfohenen Coinnien-
tar; wo er. I)eig-efüg'l ist sind ilic im eisten Bande enihahenen kritischen Noten g-enieint.
,,S." verweist auf die Seitenzahl des betrelTenden Theiles vom Commentar.
A.
A = nach II, 2, 10. mit Namen, Um-
schreibung des Genitiv II, 3, (j!).
S. 78.
ah oder «/? II, 3, 4.
abacus I, 0, 110.
ah atiijuo dare, leyare , soivere II , 3.
8. 80.
Ablative, absolute, 1,0, 122 E. 9, 30 E.
ahscindere und ahscUlcre II, 3, 303.
ahsurhere u. ohsorhere II, 3,240. b, 21.
ac nach einem Compaiativ I, 10, 50.
mit al verwechselt II, 2, 118. 3, 180.
accipere bewirten I, 5, I.
accuiidjere bei Tische I, 4, 86.
accurrere und occurrere I, 9, 3.
Accusativ auf ein oder um (wie luxu-
riem) II, 2, 87 u. 3, 224 er, auf im
I, 1, 6 er. II, 3, 204 er. auf is I, 4,
20 er. vgl. II, 3, 12 er. von grie-
chischen Namen II, 1, 17. auf am
II, 5, 76 er. an II, 4, i er, en I, 7,
12. 8, 33 f. er. auf in I, 1, 105 er.
aeerhum odium 1, 3, 8.").
acelum figürlich 1, 7, 32.
Ackervertheilungen Octavian's II, 0.
S. 148 f.
actio redhihiluria II, 3, 28').
addicere II, 5, 100. S. 144.
adesse in gerichtlichem Sinn I, 0, 38.
ad/iyere und adßiyere I, 1, 81.
Adjectiv mit Adverb vertauscht I, 6,
113. S. 240. vgl. II, 0, 100. damit
verbunden II, 0, 27. zu zwei Sub-
stantiven gehörig 11,2, 100. mit
Infinitiv verbunden II, 8, 24.
adilu.f I, 0, 56.
adiulor I, 0, 40.
adolevit aetas I, 9, 34.
adspergere figürlich I, 4, 87 E.
Adverbiiim als Attribut 1, 0, 51. mit
Adjectiv II, 0, 27.
adulteriutn wie bestraft 1,2,40. 131.
133.
advocati I, 9, 38.
adusius II, 8, 90.
uedes ausgelassen I, 0, 35.
uedificare II, 3, 308.
aera I, 0, 75. .S. 235 f.
ueruyu figürlich I, 4, 10 1.
aeneus und aeneua II, 3, I83. S. 93.
aes eorinlldwn II, 3, 20.
ayere I, 9, 00. eonvivam II, 0, 1 1 I.
ayyer Tarquinii I, 8. 8. 208.
Agrippa's Aedilitiit II, 3. 8. 02.
aheneus II, 3, 183. 8. 93.
ait von einem fingierten Gegner I, 3,
126.
Alhius 1, 4, 28. vgl. 100.
Alhucius oder A/hntiu.t? II, 2, (17 r;-.
Personen I, 10, 47. 8. 301. II, I,
48. 2, 67.
alhus und alimi.s II, 4, 13.
Alfenus I, 3, 130.
alieni.s ?nali.s ridere II, 3, 72.
alioqui und aliui/uin I, 4, 4 u. 0, OO er.
allereari II, 7, 57.
AlterthumskrUmerei in Rom 1. ;>, Ol.
S. 115. II, 3, 20.
nmalor I, 3, 30.
amhayes II, 5, 9.
amhu Accus. II, 3, 180 u. 7, 02 er.
ainhuhaiae I, 2, 1.
Ameise IJild des Fleis.ses I, l, 33.
amiea II, '■'>, öl.
a/iiiei I, 7, 23.
an elliptisch I, 2, 103. vgl. 4, 124.
222
Regrister.
Anakolutha I, 8, 120.
aticeps II, 1, 34. S. 2'i.
anitnus per.soniticiert I, 4, 18.
Anklage von Staatsverbrechern I, 4,
• 65.
(üimis I, 1, 36.
Anpissen etc. von Bildern I, 8, 38.
Anrufnng von Göttern II, (>, 20.
untesturi I, 0, 76.
Antonomasie I, 7, 8.
Anweisungen II, 3, 69 f. S. 80 f.
Anxur I, 5, 25. 26.
Apella I, 5, 100,
Apollostatiie in Rom I, 0, 78.
Appius, censor, I, 6, 21.
ap(ii.<i amicis, solibus II, 5, 43.
(iquam praebere I, 4, 88. vgl. 11,2,60.
aquarius I, 1, 36. S. 10 f.
Arbuscula I, 10, 76.
arhusta I, 7, 29.
(treu I, 3, 17. vgl. II, 3, 119 c/'.
arcesso und accerso II, 3, 261 er.
(irdeo es brennt bei mir I, 5, 72.
area I, 1, 45.
Aretalogen II, 3. S. 58 f.
aryenliim Kunstwerke aus Silber 1, 4,
28. Geld II, 3, 78.
aryiitus = astulus I, 10, 40 K.
Avicia I, 5, 2.
Arislius Fusciis I, 9, 61.
Aristophanes 1,4. S. 140 f.
rinipere II, l, (H).
Arsis bewirkt Dehnung kurzer Ver-
balendungen I, 3, 7. 4, 82. 7, 7.
(irtus und arctits II, 6, 82 er.
arunflo (nicht harundo), I, 8, (i u. II,
4, 42 er.
as und ae.i verwechselt II, 2, 99.
Aseu/mn 1, 5, 87.
Asir.iits Pollio, I, 10. S. 357 f.
nsseclari I, 9, 6.
fissertor II, 7, 76.
Assonanz II, 3, 200.
Asyndeton I, 7, 8 E. II, 2, 85. 5,97.
-at Endsilbe lang gebraucht II, 2. 47.
zusaniniengezogen aus tivit'f II, 3,
277.
(it Stellung I, 3, (i3. s. v. a. autem I,
f^, 60. betheuernd I, 8, 37. mit ae
verwechselt II, 2, 118. 3, 189. mit
ah II, 3, 4.
Atftbulus I, 5, 78.
Atelhmne, I, 10, S. 33.') f. Auin.
nter II, 6, 32.
iiliiuf x\ui\<i/t/iii I, l((, 31.
uti/iii und iili/uiii I, 6, 6."». Vijl. er '.»,
52. II, I, 68. 3,9. 27. 5.7. Be-
deutung II, ,3, 27. S. 74 Anm **)
L. Aldus I, 10, 53.
Attraction I, 4, 2,
Attribut hypothetisch I, 6, 89.
aucloramentum II, 7, 58.
audax II, 3, 165.
uude II, 1, 10.
aveo und haveo I, 1, 94 er.
averrere II, 4, 37.
Aufidii I, 5, 34.
Aufidus I, 1, 58,
Augensalben I, 5, 30.
Aufjusiule.'i II, 3, 281.
Augusteische Dichter preisen die Un-
thätigkeit II, 6, 61. S. 164.
Attgusliis, Gebrauch bei Horaz II, 1, II.
avidus I, 4, 126.
aures figürlich I, 9, 20. vgl. 70.
auscuUo II, 7, 1. S. 180.
Ausstossung des tonlosen i II, 7, (')8.
aut im ersten Gliede weggelassen I,
I, 8.
aut und et II, 1, t^5.
aulumare II, 3, 45.
avus I, 6, 3.
B.
haca (nicht bacea) II, 3,24 l er. vgl. II,
4, 69 er.
Badezeit I, 6, 125.
halalro I. 2, 2. S. 32.
Bttlhini, I, 3. S. 96 f. Anm.
Ballspiel, 1,6. S. 251.
hdlnea I, 3, 137.
hfirbiim vellere Beschimpfung 1,3, 133.
Bnrium I, 5, 97.
/inrrus ««der /i(irii.s I, 4, 109 er. 6, 3(».
halUlum I, 5, 36.
Bauen verderblich II, 3, 308.
Iieatu.1 II, 8, 1.
Bedingungspartikulu statt zeitlicher
II, 3, 10.
heliiii und belliia II, 3, 316 u. 7, 70 rr.
bene bei Zeitwort II, 6, -K».
/ienevculum 1,5, 71.
beni(piH.f I, 2, 4, mit Genitiv 11,3, 3.
Beschünigung von l'ehlern au Kin-
dern ofler (rcliobten I, 3, .1.3.
.Bettelphilosophen, Tracht. I, .3. 133.
Bettelpropheten I, 2, 2.
/iibfieuhi.i, s. Fiiriii.-i.
Hibli.ithekeu iu Rom I. I. S. 153 f.
/li'iiili, I 10. S. 373.
Bild st.lttderSacho I, 1.11.1,7 S. 255.
hiliiifiiiis I, 10. 30.
Uejjisler.
223
Binnenreim II, 7, (iO.
Bohne des Pytliag-oias II, (i. (V.].
ßolamis I, U, 11.
homhi/cinus u. nericus, 1, 2 S. 60 f. Anm.
Hrachvlogio I, :i, 0. 4, 110.
/ivHtidixium I, 5, 104 i|iit er.
Iiuvcas iii/hire I, 1, 21.
Bncliliandel in Koin I, 4, 71.
Hiicher, Howeiskraft derselben, II, 3,
69 f. S. 81.
Büsten in Bibliotheken I, 4, 22.
Butte I, 2, 116.
cadere = cunlinyere I, 2, 39.
Cddmits, carnifex I, 6, 39.
Caecubum I, 10. S. 344. vgl. II, 8, 15.
S. 210.
caecu.t = ohcaecalHS I, 3, 36.
Caelius und Coclius I, 4, (59 er.
Caesar Bezeichnung Octavian's, II,
1, 11.
Caesur II, 3, 134.
ralceits I, 3, 32. 128. vgl. G, 27.
caliendrum 1, 8, 48. S. 289.
ralorifs I, 2, 44.
(^ilpurnius Bihulus. I, 10. S.373.
caininus I, 5, 80.
Campana siipellex I, 6, 118. S. 248.
cnmpanits morbus I, 5, 61.
Campus (Marsfeld) I, I, 91.
candere II, 6, 103.
Candidas 1,2, 123. vgl. 4,85. 11,6, 103.
y.avrjcpoQoi I, 3, 10.
Canidia I, 8. S. 274 f. II, 1, 48.
cantarc I, 9, 23.
Canusium I, 5. 91. 10, 30.
Caprins I, 4, 65.
Capua I, 5, 47,
Caput scaherc I, 10, 71.
carmina Zanberspriic-he I. 8, 19.
carpere viam II, 6, 93.
Cassius Etruscas und C. Parmensis I,
10, 62.
cassus und qnassiis II, 5, 36«'.
Castraten in Rom II, 8, 15.
calhedrae I, 10. 91.
Catia I, 2, 95.
Catii II, 4. S. 1 14 f.
Calnllus I, 10. S. 340 Anm.
Caudium I, 5, 50.
caulis nnd colis IK 2, 62 und 4, I5rr.
caupo I, 1, 29.
causa und cnassa I, l,2(>r'-.
cedit (iinpcrs.) II. 1, 31.
cr»/i und coeiia II. 2, 77 er.
ceiisas antiquus II, 3, 169.
cereörosus I, 5, 21.
cerebrum I, 9. 11 E.
Cerinthtis I, 2, 81. 8. 56.
cerrilus II, 3, 278.
certare aliquid II, 1,49.
Charta und carla I, 10, \cr.
clieraqra und chirayra II, 7, 15 er.
Chierwein I, 10, 24. S. 344. vgl II
8, 15. '
chorda und corda I, 3, 8 er.
Chrysippus I, 3, 127.
Ciceronisehe Stellen erklärt: Verr V
11,28 zu 11,2, 123. S. 55. Oiat!
30, 106 zu II, 2, 38. S. 50.
Cicirrus I, 5, 53.
Ciltiii 1, 6, 2.
ciuiex I, 10, 78.
cinctus I, 2, 25. 5, 5. alte II, 8, 10.
einiflones I, 2, 98. S. 62.
cippi I, 8, 12.
circa und eiieuin II, 3, 146 er.
Circenses ludi, Cireus I, I, 114.
eircumayi I, 9, 17.
Cireus maxünus in Koni I, 6, 113.
citare von einem Liede I, 3, 7 K.
Citate aus andern Dichtern 1,1,36.
68. 5, 9.
eitra nachgestellt I, 10, 31 E.
Clytaemnestra I, 1, 99.
eoactor I. 6. 80. 8(i, S. 240.
Coae vestes I, 2, lOI. S. (11 f. und S.
6*3 Anm.
Coeeeius I, 5, 27.
coynitor II, 5, 38.
co/iors I, 7, 23.
colleyia I, 2, 1. S. 31.
cijines ire II, 5, 17.
eomieus II, 5, 91.
coinissari I, 4, 48.
comites I, 7, 23.
eommissa I, 3, 95.
communis res II, 6, 3(».
Comparativ ohne näliero Bestimmung
II, 3, 300. i] xara II, 3, 310.
compensare, Constrnctiun I, 3, 70.
compita und compitales II, 3, 281.
eomponere von Feclitern I, I, 103. 7,
20. vom Bestatten I, V(, 28. toqavt
II, 3, 77.
coneedere, Bedeutung I, 4, 140. vgl.
II, 3, 305.
eoncinnus I, 10, 24.
condicin und conditio II, 8, 05 er.
eonficere von Ftchtcrn I, 9, 29.
confidens 1, 7, 7.
224
Register.
Conjunctiv hypothetisch I, •(, 54. in
Kelativsätzen II, 4, 2. 87. 8, ö-i.
coniunx und co«i«.i" II, 5, 31 u. 7,4Gf;\
consiliiim eines Prätors I, 7, 23-
ronlinuare dapcs II, 6, 108.
contra respondere II, 3, 233.
conventus, Bedeutungen I, 7, 22. 8. 2(53.
Coordination zweier Satztlieile II,
6, 48 f.
Copula au.sgelassen I, 3. S 101 M.
Corinllnum aes II, 3, 20.
corniia figürlich I, 4, 34.
corpus curare II, 5, 38.
cothurnus I, 5, 64.
Craünns, I, 4. S. 140.
credo, Stellung II, 7, <)8.
crepare II, 3, 33.
crepidae I, 3, 128.
Crispinus I, i, 120. S. 24.
crudus I, 5, 49.
crustida I, 1, 20.
ctihare I, 9, 18.
cuculum clamare I, 7, 31.
CHcuhis und cucullus I, 7, 31 er.
cum Präposition oder Conjunctiun V
I, 3, 70. cum anulis II, 7, 8.
cuinera I, 1, 53.
cunnun für inulier I, 3, 107.
Cupiennius I, 2, 30
cm;«, curator techni.<5cli II. 3, 217.
cur /US muhis I, 0, 104.
curti ludaei I, 0, 70.
ciislodcs der Frauen I, 2, 08.
cutis st. corpus II, 5, .38.
ci/at/ius I, 1, 54. vgl. 0, 117.
Cytlicris I, 2, 55 mit Anm, S. 40.
D.
da II, 8, 4.
Dakcr, Kämpfe der RJimor mit ilmen,
II, 0. S. 147 f.
damnatus dare II, 3, 8().
damnose II, 8, 34.
dccein rund und tecliniseli II, 3, (i'.l f.
S. 78.
Dccii I, (•), 20.
dcducrre I, 9, .59. vcrsum II, 1,4.
dn-ssc sihi I, 4, 134. vgl. 9, 50. II,
I, 17 (S. 19).
dr/bif/crc und diffiiiijere I, 10, 37. S.
3.52 n. M.
dr/'uiidrrr und ili/fundcrc II, 2, 58.
(/(•/// und dc/diir 1, 5, 97 rr. und dciiidc
I, (•), 49 rr.
Demetrhis 1. 10, 17. S. 339.
dvmissus linuiii^ 1,3 S . 1 00.
denique I, 1, 106.
depellere und propellere I, 2, G.
dcprendo und deprehendo I, 2, 134 c/'.
4, 114 er. II, 7, 43 er. Yg\.reprcn//u.
derisor II, 6, 54.
deslringere und rf«s/r. II, 1, 41.
r/e/er und taeter verwechselt 1 , 3,
107 er. 5, 7.
dicere II, 3, 5.
Dichten verglichen mit Wehen 11.3, 2.
dies lovis II, 3, 291. S. 109.
difßndere II, 1, 79.
dij/indo und difßngo II, 1, 79.
diffuujo u. dcfinyo I, 1 0, 37. S. 352 n. M.
diffunderc und defuiidere II, 2, 58.
/J« von Hochstehenden II, 6, 52.
Dilogie II, 5, 59. 8. 137 f.
discinctus I, 2, 25. S. 38.
discribere technisch II, 3, 09 f. S. SO.
distringcre und destr. II, 1, 41.
dividere II, 8, 78.
divirius prophetisch I, 9, 30. S. 303.
düctus I, 9, 7. II, 7, 13.
donat s. V. a. donator est II, 5, 60.
Donner.stag 11,3, 291. S. 109.
Doppelbeziehung eines .\ttrihuts I,
2, 123. S. 73. Vgl. 4, 92. HO. II,
2, 109. 7, 68.
Doppelconsonant keine Positinnslän-
ge bewirkend I, 2, 30. II, 2, 3().
Doppelsinn I, 1, 97.
Doppeltschcn Betrunkener II. I, 25.
doriiiire in lucem II, 0, 61. S. 163.
dramatisierende Darstellung I, 2, 92
und 8. 290.
Dreizahl II, I, 7. 8. 10.
ducere carmen I, 10, 44. vgl. II, 1, 4.
ducere und indueere 1, 2, 88.
duieis amicus I, 3, 69.
dumla.rat II, 6, 42 er.
dun/s und dirus I, 2, 6.
E.
ee/diius I, (">, 1 17.
eequis II, 7, 34 er.
edul um praetorium II, 1,81 (8.32).
Eyeria I, 2, 126.
eheu u. heu heu I, 3, 6(> u. II, 3, I56rr.
ein und heia II, 6, 23 er.
eiieere I, 8, 8.
ICinsilbige Worte am Schluss dos \\c-
.\amcters 1,2, 131 f. wo in l'licsi
verkürzt I, 9, 38 nicht elitlicrt II.
2. 28.
elemeuta I, !, 2(>.
eli(/i> , eripio , eruii I, I, 25.
Resisler.
22;
Elision eines langen Vocals vor ei-
nem luiizen I,*.), 30. S. 303. unter-
lassen II, 2, 28.
Ellipsen I, 1, 15.
ellehorus und hcUehnriix II, 3, 9,2er.
chctuf! und elotus II, 4, US er.
emtor Kauflustiger II, 3, 109.
Endsilben, (j^uantitiit derselben, II,
3, 1. 8. (Uif. vgl. 11,3, 187.
otim auf eine Gebärde bezogen 11.
3, 123. Stellung II, 7, 105.
Ennius' Saturn I, 10, 64.
Epidaurische Schlange I, 3, 27.
Epikur's Lehre I, 1, 50. 75. I, 2. S.
20 f. 2, 73. 75, 111. 3. 78. 00 (S.
117.). 08. 00. 111. 5, 101.
Episteln des Horaz , Verhältniss zu
den Satiren, Einl. zu II, 1. S. 8 f.
Anm.
cquüleni := utiqiie I, 10. S. 331 n. M.
e(/ui.<i albis praeeurrere I, 7, 8.
Equiles I, 10, 70.
Er/uns Tiiüeus I, 5, 87.
erat Optimum II, 1, 7.
Erbschleicherei, Einl. zu 11,5. S.
12(5 f.
er(ju I, 10, 7. II, 3, Ui2. 5, 101. 0, 70.
eripio, eriio, eligo I, 4, 25.
crro II, 7, 113.
erviim und /lerviim II, 0, 117r?\
es ausgelassen II, 8, 2.
E.tqniliae. Esquilinus moni und eaiiipm;
I, 8, 14. S. 267—273.
eise in aliqnn rc I, 9, 2.
est in den Hdsch. ausgefallen 1 , 2,
81. S. .56 g. E. II, 4, 48.
est tni/ii hetie II, (5, 1,
est mihi eiiiit etc. 1,2, 57.
est mit Infinitiv I, 2, 79. In der I5dfg.
prodcst? II, 5, 103. S. 1-13. s. v, a,
li'ct II. 5, 103. S. 143.
csto II, 2, 30. S. 49. vgl. 3, 05.
Etrusker, l'rsprung derselben, 1, G, 1.
et und ni(t II, 1, 65,
et und ut 11, 7, 113.
Evandcr I, 3, 91,
eva.ili II, 7, 68.
Eupolis I, 4, S. 140 n, M.
ex vor Consonanten I. 4, 87 er.
exagitent me dii II . (>, 5 I.
exeipere I, 5, 1,
exereitatio vor Ti.sche I, 5, 48.
exsecare mit Dativ I, 2, 14. S. .3(;.
exsorbere II, 3, 240.
e.v.<tpeetnre I, 5, 8 E.
exstruere II, 6, |(I5.
HORATIl .SAT, II, 2,
e.vsudare, I, 10. S. 346 f.
exterior comes II, 5, 17,
exinndere II, 2, 14.
F.
Fabeln, Anspielungen dar;iuf, I, 6,
22,
F<d>ius I, 1, 13. 2, 134.
fnecre von einem Zustand 1,1, 64,
vgl, 94.
facetus I, 10, 45.
faeics I, 2, 87 E.
faetus kunstreich I, 10, 58.
Falernerwein 1,10,24. S. 344. II,
8, 16,
Fanniiis I, 4, 21.
far I, 5, 69.
Fasten (das) bei den Römern (Grie-
chen u. Juden) II, 3, 291.
Fausta I, 2, 64,
feeimdus =^ prac'fjna/is II, 4. 44.
Fehlerfrei ist kein Menscli I, 3, 68.
Feigenholz I, 8, 1.
Feronia I. 5, 24.
fernla I, 3, 1 19,
ßcits Genitiv II, 2, 122 er.
/idciiissor imd /idepromissor II, 6, 23,
fieri für esse I, 1, 104.
/?//.r I, 3, 35.
/lagellum und /lagrum I, 3, 119. g. E,
/lere II, 1, 46,
/hiere II, 7, 7.
/luit midtus I, 7, 2S.
joenum und fenwn I, 4. 34 er.
foemim in eornu I, 4, 34.
fomenta I, 1, 81.
Fonteius I, 5, 32.
fores II, 6, 112.
Fvrmiae I, 5, .37.
formido I, 8, 4.
forniees I, 2, 30.
fors, Fürs und Fortuna I, 1, 2.
Forum Appi I, 5, 1.
Fraucngeschnieide I, 2, 80,
frigus Fieberfrost 1,1, 80. Erkalten
der Freundschaft II, 1, ()2.
fr it Ullis II, 7, 17,
froutihus adversis I, I. 103.
Frühaufstehen der K'ünier II, 6, 61.
S. 163 ff.
Früher Tod Ausgezeichneter II, 7, 3.
friigi von Sklaven II, 7, 3.
fucns I, 2, 83.
Fnfidiiis I, 2, 12,
Fiifiiis und Fnsins verwechselt I, 2, 12,
fi/i/is und fi/j'is verwechselt II 7.35
15
22n
«oüislcr.
fiinU und fuU verwechselt I, (j, l;i,
fiiit mit part. pass. I, ('), 13.
fuit f/ui Jiiit Indie. oder Conjnnct.
(Praes. od. Praet.) I, (3, 4.
Fimdanius I, 10, 40. II, 8. S. 204.
Fimdi I. 5, 34.
I'itne Uuvo lahorare II, 7, "20.
fiüicrft I. 0. 42. S. 227.
Fünt'silbiges Wort am Sclilu.sse des
Hexameters I, 1, KU».
für I. 4, 4.
Fitriae II, 3, 135.
Furien I, 8. 33. S. 284.
I'iiriosu.t unter Curatel II, 3. 217.
Fiirius ßihaodiis, Einl. 1, 10. S. 326 f.
320. 3")i f. und II, 5, 40.
Funiii I, 10. 80. S. 374.
furtian 1,3, 122. mit frustwn ver-
wechselt II. 4, 70.
G.
Galha I, 2. 40.
Galli I. 2, 121.
(jaUicinüim I, l, 10.
Gallier . Fcldziicre geg'en sie unter
Octavian, Eiul. zu II, 1. S. 6. 8.
Gang charakteristisch I, 3, 10.
Garyonitis I, 2. 27.
(jarrire I, 10, 42.
Gattung nacli einem E.xemplare ge-
nannt II, 7, 30.
Gebetsformen II, 0, 0. 20.
Gedränge in den Strassen Ronrs II.
5, 94:
Gegensätze der Personen ohne Pro-
nomen au.sgedrückt II, 3, 212.
Geldgeschäfte in Rom II, 3, 09 f. S.
79' f.
Henelrix II, 3, 133.
«jrenitiv der Eigenschaft bei einem
Ajipellativ I. I , 33. Ausgedehnter
Genitivgebrauch I. 10, 21. 8. 343.
GcnUrix oder Gaiclrix^, 11,3, 133.
jieints jiersönlich I, 5. 54. vgl. (i, 12 E.
Gcsiirächsgegenstände II, 0, 44.
(ihidiatorcnkünipfc I, 7, 20. (luiiina-
viciHion II, 7, 58.
Ulms I, 3, JOO.
Gnatia I, 5, 98.
t/iif/lus uud Jinitis s. ^7'. I, 1. 83. 2. 21.
3. l.i. II. 2, 115. 3, 109. 199. 304.
5, 28. 31.
Gvarci und Grau I, 10, 35 rr.
(triicisnicn I. 2, 79. (>, 73, 8. 23 1 '.l.
II. II. 5 (.0.
ijnipliiiim 11. I. 39. S. 21.
Griechische Nameusformen 11,3,254.
ijutln.s I.<>. 118.
H.
llaartüilette bei den Römern I, 3, 30.
hubena = scutica I, 3, 1 19.
hahel hoc I, 3. 3.
haerere I. 3, 32.
Hatjna I, 3, 40.
Hände emporstrecken II. 5, 97.
haiid und haut I, 1, 35 u. 4, 8 er.
Heizung I, 5. 80.
Hekate I. 8. 33.
Heliodorus I, 5, 2.
Jlerculis pars II, 0, 13.
Ilermogenes, s. Tifjellius.
/icriis und crits II, 3, 265 und 8, 16.
43 er.
Heulen bei der Anrufung von I'nter-
weltsgöitern I, 8. 25.
Hiatus 1, 1, 108. in der Thesis II, 2,
28. am Anfang des zweiten Fusses
II, 3, 137.
fnc von der ersten Person I, 9, 47.
auf das räumlich Entferntere sich
beziehend II, 2. 36.
hoc ~ idelrco I, 1 , 46 3. 93. 4, 9. 6. 4 1 .
Homer Odvss. XX, 347 zu II, 3, 72.
S. 83.
honos und hotior I, 0, 83 er.
Horaz' Aeusseres I, 3. 8. 88 f. liebt
den Schlaf 11,6,61. S. 164. Vcrhält-
nlss zu Octavian, Einl. zu II, 1.
8. 2 f. 7. Einl. zu II, 5. 8. 129.
mit Sabinum beschenkt 11,3. S.63f.
(•). 8. 149 f. bei Maecenas 11,6,33.
7. 33. Schreiberamt II. 6, 36 I!e-
fähigung zu historischen Stoffen II,
1, 12. S. 17 f liebt heitere Schlüsse
I. I, 120. 11.3,326. Ucberrasehun-
gen II. 2, 89 ff. 3. S. 60. sein Hu-
mor 11.3. S.CO. 3,33. Einmi.-;chung
seines l'rteils 11,3,27. S. 74. Ironie
II, 3, 33. nimmt seine Figuren aus
Cicero's Uriefen, Einl. zti 11,1.3.
S. 03. II. ,4. 8. 110. als Fiibuli-Jt.
11,6. S. 146f. Verhälti\iss zum 8toi-
cismus, I'inl zu II, 7. S. 175 f. Re-
ligiöse Ansichten 1,5, 101.
Ilorazstcllcn behandelt: Snt. I. 5.
97 f. zu II, 7, II. Sat. 1.9. IS
zu II, 1,7 (S. 15). Ep. I, 19. 10 zu
II, 3 212. Ep. 1.20, I zu 11,5 43.
E|.. 1,20, 19 zn n.A, lOAnni. Ep.
II. 3. .328 zu II I. 7 (S. 15 Anm.).
Od III, S, II zu II. 3. S. 64.
UcLMstor.
O')?
horrcre II, 1, 13. vul. II, 5, U.
hüvli Caesaris 1, '.), IS.
//0/7« Lamiani, I, 8. S. 270.
hurli Macccnaüs, I, 8. S. 2()7 — 270.
271 f.
hybrid a I, 7, 2.
Hyperbaton 1,5,72. vgl. II, 5.'.). 5Ü
'(S. VM).
hypennctri versus 1, 0, 102. S. 242.
f/i/psaea I, 2, Ol.
I.
i consonautisch I, 7, 29 E II, 8, 1.
tonloses ausgestossen II. 7, (iS.
iacio in Compo-s. (ohiiciu otl. ohiciu?)
er. 1, l, 123. 0, 32. 30. 00. 107. II,
3, 100.
faiiiis meditis II, 3, 19.
Janustempcl I, 4, üO.
Lliis Zahltag 1, 3, 87.
iciuniuin II, 3, 201.
ieiunus mit Genitiv II, 2, 38. S. 50.
ignolHS = ijjnubilis I. li, ü.
-iit (Endung), iambisch gemessen I,
9, 21.
Uia I, 2, 12Ü.
illc vom räumlich Näheren II. 2, 30.
illusus II, 7, 108.
Ulutus und illotus II, 4, 81 u. 8, 52
{er.),
imagincs I, G, 17.
imbeeilltta und imbeeillis II, 7, 39 er.
iinmo und imo I, 3, 20 er.
iiiunorsus II, 4, Ol.
impellere aufstören I, 3, 05
Imperfcetum coniunetivi 1,3,4. mit
rlqpf. verbunden II, 3, 93 f.
imprabiis I, 3, 24.
iimts und unus I, 4, 87.
in ayrum und in fronte I. 8, 12.
ineendit und inlendil II, 7, 48
incerta ^enus I, 3, 109.
inercbrescere II, 5, 93.
Indicativ in hypothetischen Sätzen
I, 3, 15. nach l'uil r/ui 1,0, 4 E.
nach sunt r/iti II, 1, 1.
indoi-mire I, 1. 71.
indueere I, 2. 88.
Induction.smetlmde I, 2, I.
Infinitiv bei Ausrufungen II, 8, G7.
bei lebhafter Schilderung 1.9, 9.
bei einem Substantiv II. 2. 123-
in/lare alqm II, 5, 98.
iiifringerc I, 3, 110.
ingenuHS I, 6, 8.
iiihiare I, 1,71,
in iiidiciu und in iure 1, 9, 3V(. vgl. II,
3, 72.
Injurien, (iesetzgebung darüber. II,
I, 81.
//(r/«^;w nachdrücklich I, 9,50E. Ge-
brauch II. 3, 27().
im/uit von einem fingierten Gegner I,
3, 120. S. 120. vgl. 4, 78. II, 2, 99.
inrogo und irrugo I, 3, 118f';-.
insanire in ali(]uani und in (diijua I, 2,
48.
instita I. 2, 29.
inslitor I, 1, 0.
insucseere activ I, 4. 105.
intendit u. ineendit II, 7, 48.
intcrdietuni II, 3, 217.
intestabüis II. 3. 181.
introrsiim und introrsus II, 1, (55 rr.
invertcre mit Dativ II, 8. 39.
invidere mit Infinitiv I, 2, 99a.E.
iocuUtria I, 1. 23.
ioeundus und iueundus s. er. I, 3, 93.
5, 44. 70 II, 0, 02. 90.
lovi eurottavi surripere sprüchvvürtlicli
1. 4, 94. S. 107.
il^sc, sc. is II. 7, 10.
ipse von der Hauptperson II, 8, 23.
S. 212.
ipsus II, G, 108. S. 172.
iratis diis natus II, 3, 8- 7, 14.
is, ipse, se II, 7, IG.
-is Endsilbe, als Länge gebraucht II,
2, 74 {miseueris). 3, 1- S. OG f. (sm-
bis.)
-il Endsilbe II, 3, 187 (velii). 260(agil).
ita zur l.cjahung II, 7, 2. bei Gebet-
formcln II, 2, 124.
Juden in Korn I. 4, 143. 9, 70 g. E.
iudices scleeti (u. delecti) I, 4, 123.
iiigerum I, 1, 50.
Julius Florus I, 10. S. 328 Anm.
Jnnofest I, 3, IG.
Juppiter und Jupiter I, 1, 20 tr.
iu)-e von Rechtswegen I, 2, 4G.
iuris periti I, 1, 9.
K.
Kulendac Zahltag I. 3, 87.
Kallimachus . von Horaz angeführt
I, 2, 105. S.(i8.
Kleidung (warme) II, 3. 255-
Kleinasiens Keichthum I, 7, 18.
xfofiotjfiv I, 4. 48.
Komödie, attische bes. alle. I, 4. S.
139 f. ob sie Poe.<ie sei I, 4, 45.
Kopfschütteln I, 5. 5S.
15*
228
Resisicr.
L.
Luheo I, 3, 82, S. 108—111.
Laberius, I, 10. ö. 330 Aiim.
lacerare und tatrare II, 1, 85.
lacerna II, 7, 55.
lacrimosun fumtis I, 5, 80.
lactuca II, 8. 8.
/«c«*' in Rom I, 4, 37.
Laevini I, 6, 12.
laevum bicederc II, 5, 17.
lagaiiian I, 6, 115.
lambere und prachtmhere II, (i, 100.
lapidcs, lapilli I, 2, 80.
Larcncult auf den coinpita II, 3, 281.
lasanum I, G, 100.
lassus und laxus I, 10, 10 tv.
laleriim dolor I, fl. 32.
Latimis (pater), I, 10 S. 317.
^öi;r«re I, 3, 130. II, 1, 85.
lairo I, 4,07.
lati'ocinium, .Strafe dafür I, 3, 122.
latus chivus I, 5, 30.
latus darc u. djrl. I, 3, 59.
latus spalialur II, 3, 183.
latus tegerc II, 5, 17.
laudare glücklich preisen, I, 1, 3.
Lautmalerei II, 8, 78.
lauitcs und lolus II, 3, 282 er. \^\. il-
lutus.
Leber, Sitz der Leidenscliaften I, '.I
06.
lecticae I. 2, 08. S. Ol.
legare ab aliquo II, 3. 8. 80 f.
legatio libera I, 5, 45.
legere (sacrum) I, 3, 117.
lentus I,<), OL S. 314.
TjConini.sche Verse II, 7, 00.
lepus in beiden (jfesehleclitern II, 1,4 l.
levis tiink II, 0, 08.
lex Cornelia de iniuriis II, 1, 81.
libatue dapcs II, (i, ((7.
libein I, 4, 0.") E.
lihvMns von einer einzelnen Satire, I,
10. S. 323 E. I. 10, 02.
libertinae I, 2. 47.
liberVmorum filii I, 0, 21.
liberlinus und lihertus I, 0, 0.
libel und Inbet II. 3 31 rr.
Licinins (mIvus I, 10. S. 341 f. An in.
ligurrid und ligurio s. r;'. I, 3,81. II,
I, 70.
I.inlvsjreben II. 5, 17.
tippihidi) des lloraz 1,5,30. 10. in
h'uni liüiilit,r I, 7. 3 !•:.
li'/inilniH Tür (it/un I, 1 51.
Liviu.s XXIV, 18 extr. zu Sat. 11, 3,
70. S. 81.
loculi I, 3, 17. vgl. 0, 73. S. 23L
loligo I, 4, 100.
Loiigaremis I, 2, 04. S. 52.
loruin := sculica I, 3, 110.
Lucilisches bei Horaz 1,6, 45. 106.
Lucilius 1,4. S. 142—140. vgl. S.
179 mit Anra. Lebenszeit II, 1, 34
vgl. 67 (S. 20).
Lucilius und Lucillius s. er. 1,4,6.
IG, 2. II, 1, 17.
Lucrezisches bei Iloraz L 1, 13. 23.
118. 2, 8. 3, 99. 5, 101. 8, ^16.
Lucumoneu I, 6, 2.
luna vfiga, errans I, 8, 22.
lunula I, 6, 27.
luscinia, Quantität II, 3, 245.
luslra I, ü, 68.
luxuriem und Uuvurium II, 3, 224 er.
Lycoris I, 2. 55 mit Anm.
Lyinpha = Ngmpha I, 5, 98.
Lijnceus I, 2, 90.
M.
Maecenas 1,2, 25. S. 38 f. vgl. S.
273 f. 11,4. S. 116 f. Politische
Functionen 11, 0 S. 117. vgl. II,
6, 3S.
Maecius Tarpu I, 10. S. 355.
Maenius I. 1, 101. vgl. 3, 21 <■»•.
inagis Schüssel II, 2, 29. S. 47.
magister bibendi II, 2, 123. S. 55.
magistri auguslales II, 3, 281.
magna sonarc I, 6, 43.
magnae k-yiones I, 6, 4.
maynus hoclianselinlich I, 6, 73.
(iccHccQfq von llerrscliern II, 6, 52.
Malchbms I, 2, 25. S. 39 f.
mallem und mal im I, 1, 55.
malus Taugenichts I, 4, 3.
Maimtrra 1, 5. .37.
manat rumor II, 6, 50.
iiuineipium und mancupium II, 7, 3 er.
Manes I, 8, 29.
inanumissio per tnensam II, 6, 65 .Vnin.
per vindielam II, 7, 76.
maris capcrs II, 8, 15.
Marsvasstatue I, 0, 120.
Matii'is, C, Einl. zu 11, I. S. II ■r E
II, 4. S. 115.
mei meine Leute (Sklaven') II,r>. 65.
mein est II, 6. 32.
.Memuoii, 1. 10. S. 352 M.
.Veiieiiius (Narr) II. 3, 287.
mercator I, I, 6. vgl !, 29.
Rejrisler.
229
mercedes für iisurar 1 2, 11.
Tiiere/ri.v 1, 4, 113.
Messtila, Schreibung- I, (l, 4i n. 10,
85 er.
Messias I, 5, 53.
»leliri intmtnos I. 1, ',)().
AJe/ellus, VorhiiUniss zu Scipio II. 1,
67.
»li/n vcrselilunfrcu 1, 3, 23 er.
iiiilia (niclit mi//ia) s. er. 1,1, 4"). 5,
•25. 8(j. (j, 111. II. 1. 28. 3. 23. 11(5.
4, 76. vgl. I, 8, 12 er. inilia (.sester-
iiuin) ,ius2:elassen II, 3, 69 f. S. 78
M Hon ins II, 1, 24.
mimac I, 2. 2 S. 32 f.
iiiimus 1,0, 46. u. I, 10,6. «.333 —
336 .Vnm.
Miinusiirtiges bei Horaz I, 1, 15.
minari 11, 3, U.
Minderjährige in Koni I, 2, 17.
Minerva (crassa etc.) II, 2, 3.
Minerval I, 6, 75. S. 235.
minimo provoeare I, 4, 14.
miser activ I, 6, 129-
inisere I, 9. 8.
Mittao:.s.schlaf II, (i, 61. S. 163 ff.
mi.vtus und mi.ttits 11, 3, 209 c/'. v<rl.
I, 10, 24 (7-, 11, 1, 19 u. 8, 45 t/'.
III od i US I, 1, 45.
modo., Bedeutunfren II, 3, 276.
modidalur I, 3. 129.
moeeliHs II, 7, 13.
Molos.serhunde 11,6, 114.
momentum liorae I, 1,8.
iiionumentum n. monimenliim I, 8, 13 er.
morbus vou Psychischem I, 6, 30. vjrl.
II, 3, 27.
Morgrentränme I, 10, 33.
mulleus I, 6, 27.
muUus und muliis II, 2, 34 er.
midtum bei einem Adjectiv II. 5, 92.
5. 141.
I\fidvius, Schreibunff II, 7, 36 er.
mirndus Adj. I, 2, 123. 11,2,65. Subst.
= genus humanum 1,3. 112.
mtinire oppida I, 3, 105,
Mnrena I 5, 38.
mutare constr. II, 7, 110. vgl. 8, 50.
miUo und mutto I, 2, 68 er.
niiUiis a'oyo; I, 3, 100.
N.
nam wa.s begründend? II. 6,51.
Namen von absichtlicher Appclhitiv-
bedcutung 1. 6. 40. II, 3, 287. grie-
chische Form derselben II, 3, 254.
Narrheit , hvteiinsche Ausdrücke da-
für II, 3. S. 61.
Nase figürlich gobrauclit, 1,3. S.Ol f.
Anm. vgl. I, (>, 5. II, 7. 38.
Nasenpolyp 1, 3, 40. S. 97.
yasidieniis Hn/'u.s II, 8, S. 200 ff.
Nasidius II, 8. .S. 202 f.
naiare II, 7, 7. S. 181.
Natia I, 6, 124.
natura bei den Epikureern und Stoi-
kern I, 3, 113.
nalus irutis diis II, 3, 8.
7iau(a I, 1, 6. 20 E.
ne abhängig von einem fehlenden
Zeitwort, I, 2, OO. vgl. II, 3, ■-'()2.
-ne (Fragwort) aj)okopiert vor einem
Consonanten, II, 3, 246.
ne statt ne-quidem II, 3, 2()2.
Neljeneinanderstellung verschiedener
Casus desselben Wortes II, 2 , 39.
nee und neque II, 2, 21. nee non II,
6, 108.
negoliator 1,1, 6. vgl. 7, 4.
Nekromantie I, 8, 20.
nei/ipe I, 10. S. 326- 331 E. 332
Anm.
nei/iie und nee II, 2, 21. neque nee II,
2, 68.
nequiquam II, 7, 27 er.
nequilia und nequilies II, 3, 2 14 er.
Aerius II, 3. 60. S. 81.
7n und nisi I, 3, 134 u. II, 3, 285 er.
niyer figürlich I, 4, 85. für in/'auslus
I, 9, 73.
Mijidius tujulus II, 3, 291, S. 107.
///■/((7 und nU s. er. II, 3, 92. 1 16. 203.
215. 219. II, 6, 4.
nil e.st II, 3. 5. S. 69.
;/// sane II, 3, 138.
nomen .Scliuldposten I, 2, 16.
yomentanus I, 1, 102. vgl. 8, H. H
8. S. 204.
nomina Subjectwörter I, 3, 104.
yominalivus ahsohttus im Eat. u. Grie-
chischen I, 2, 101 mit .Vnm. S.
m f.
non mit einem .Substantiv verbunden
II, 3. 106. bei einer Ermahnung II,
5. 91. non meniiar und ne menliur
II, 6. 32.
nosler II. 6, 18.
nola (Falertd) I, 10. 24 E.
yoviiis I, 3, 19. S. 8(). 6, 40. 120.
niiyac I, 9, 2.
numeri I, 4, 7.
nnmino addieerc schenken II. 5, 109.
230
Register.
nummus und nuiitus II, 3, 1 10 <•/■.
nuiiKjuid vis'i Abscliiedsformel I, 9, 6.
nuper II, 2, i'.Vd.
0.
Object doppelt zu nehmen I, 1 . 8.S.
vgl. 4, 10(3.
obUmare I, 2, ()2.
ohlivia II, G, 02.
obsonium und opsonium I, 2, 9 u II,
2,41 er.
obsorbere und absorbcre II, 3, 240,
8, 24.
obstipus II, 5, 92.
occupo I, 9, 6.
Octavian's Censur (726), Einl. zu II,
2 (S. 36). Seesiege, Einl. zu II, .^,
S. 129. Ackervertheilungen , Einl
zu II, 6. S. 148.
Octavius I, 10. 81. S. 372.
odiwn tbatsiichliche Gehässigkeit I,
7, 6.
oenophorum I, 6, 109.
Ofellus, P]iul. zu II, 2. S. 36 f.
ohe iam II, 5, 96.
Ohr figürlich 1 , 9, 77.
olus I, 6, 115. vgl. II, 1, 71.
olusciilum II, 6, 64. S. 166.
omasuni II, 5, 40.
■ opertus und apcrhis I, 2, 87.
oppedere I, 9, 70.
6ipifia9ftg I, 10, 21.
oplimus I, 5, 27. S. 190.
Ordnung bei Tische II, 8. 23.
Origines und Orifjenes I, 2, 55 er.
Origo I. 2, 55.
Osci I, 5, 54.
o si II, 6, 8.
ossa I, 8, 22. S. 280.
Ovid Nachahmer horazischer Stel-
len I, 1, 5.=). vgl. II, 5, 10.
omm., Theil der proimihis I, 3, (5.
Oxymoron I, 2, 91 E. 3, 25. S, 87.
V.
Pficideianus II, 7, 97.
paetus I, 3, 44.
pnlla I, 2, 99.
palumbcs und pahimbus II, 8, 91 rr.
I'fnHiliun I, 10, 78.
I'rinlnlabns I, 8, 11. II, 1, 22.
Pantomimen 1, 5, 63.
l'arallelisnnis der Vcrshälfteii 11.7,61*.
piinisitar I, 2, 9S\ S. 62.
Parntaxis II, 7, 109. vgl. profwu's.
parcHs mit (Jenitiv II, 5, 79.
par viipar II, 3, 247.
parochi I, 5, 45.
Parodisches I, 1, 36 (S. 1 1). (i.S, 114.
2, 37. 5, 51.
Parther bei den augusteischen Schrift-
stellern, Einl. zu II, 1. S. 9.
Partiale Unsterblichkeit II, 3, 283.
8. 106.
Partikeln weggeworfen II, 7, 68 E.
parvolus und parvulus I, 1. 33 er.
pascere II, 6, 67.
pastilli I, 2, 27.
paier Ehrentitel I, 3, 127.
patera I, 6, 118.
jtatiens u. sapiens verwechselt 1,1, 37.
paiicoruin hoinwum I, 9, 44 E.
Paulus u. PauUus 1, 6, 41 er.
pauper I, 6, 71.
pauperare II, 5, 36.
pax Miseni facta, I, 5. S. 175.
pax Tarentina, I, 5. S. 177.
peceare I, 2, 67.
Pediatiits I, 8. 39.
Q. Pedius Poplicola I, 10. 29.
pellere und tollere I, 2, 110. s. v. a.
movere II , 6, 98.
pellkula und pellis st. corpus II, 5, 38.
percontor und pcrcunctor s. er. I, 2, 7.
6, 112. 10, 25.
percurrerc intransitiv I, 1, 23.
perdilur II, 6, 59.
p Cream si II, 1. 6.
Perfectum od, Ira])erfectuni des Con-
junctivs I, 8, 41.
Periodologie der horaz. Satiren I. I,
36. 6, 56. vgl. 4, 95 und S. 231.
255. 7, 9.
perscribere und perscriptio technisch
II, 3, 69 f. S. 79. ab atiquo, S. 81.
persequi und prosequi I, 9, 15.
Per-sius Sat. \, 172 f. zu II, 3, 262.
Personificationcn II, 3, 57.
pei'videre I, 3. 25.
pes figürlich I. 10, I.
Petillins ("apitolinns 1, 4, '.U.
pelorrilum 1, 6, 104.
Pfau I, 2, 116.
Pferd, Vergleichungen damit, II, I,
20. S. 20.
Phari.säer fasten II, 3, 291. S. lOS f.
pliarmacnpolac I, 2. 1. S. 31.
Phih.domus 1, 2. 121.
pliiiints 11, 7, 17.
I'iccnuin obstreich 11,3.272.
pificr I, 7, 17.
pinyuis, l, 3. S. 101.
llcgislcr.
231
PUhoh'on I, 10, 22.
phtnsux II, 3, 185.
pleruiuijuc I, 10, 15 E,
plorarc iubere I, 10, 91.
plustrnm und plau^lrum I, (>, 42 er. plo-
stcllum II, 3. 2 17 er.
Plol'nis I, 5, 40.
Plural generalisierend I, 4, 33.
plus u ;;/!<;•« elliptisch 1,1, 02. vgl.
II, 3, 300.
Plu.squaniperfect von etwas sicher
Eintretendem I, 9,48. mit Impf,
verbunden II, 3, 93 f. Vgl. II, 6,
48. S. ICO.
pocula paarweise aufgestellt I, (i, 117.
Puhsyndeton I, 6. 34.
Pompeius, Sexlus, I, 5. S. 175 f.
Pomponhif I, 4, 52.
ponerc st. opponerc 11,0, ()4. S. 16G.
/^ows cmiipamis I, 5, 40.
Pontinische Sümpfe I, 5, 45.
pupino II, 7, 39.
populus = liirba I, 0, 79.
PomV* II, 8. S. 203 f.
porreclus II, 3, 112.
porrUjere II, 6, 59.
porrigo und prurii/o verwechselt II.
3. 120 er.
Positive Bestimmung aus einer ne-
gativen zu entnehmen I, 1,3.
possim und possuin I, 6, 52.
praceipere II, 2. 2.
praccipüare se ohne nähere Bestim-
mung II, 3, 277.
praeeones I, 0, 8tt.
Praedicat zu zwei Satztheilen einmal
II, 5, 26.
praeymlalor II, 0. 109. S. 173.
praelnmhens und praclihatm II, 6, 109.
Praeposition wiederholt I, 7, 12.
Praesens mit cum in der P>zählung
I. 5, 20. vgl. 2, 50. bei ungenauer
Zeitangabe II, 3. 00. neben einem
Praet. II, 3. 277 f. von einer fort-
wirkenden Handlung der Vergan-
genheit II. 5. 00.
Praesens Coiij. mit Futur, I, 4. S. 173.
Praesens Ind. mit Futur verbtindcn
1,4, 141. S. 173. im Kelativsatze
bei einer Erzählung I, 0, 13.
Praes. oder Praet. des Conjunetivs
nach fuil qui I. 6, 4.
praelerea als Uebcrgang.spartikel I,
I, 23.
prtietcxlu I. 5, 30.
praevidere I, 3. '.'5
prnndcre schmausen II, 3, 245-
j)r(indium I, 0, 127.
prensdre u. pressure I, 9, 64.
Priapela I, 8, 3. S- 277.
Priapus I, 8. 3. Bilder I, 8, 1.
prius II, 5. 73.
privus s. v. a. eximiits II, 5, 1 1 .
jyrohits I, 4. S. 100.
procedo u. procedit mihi I, 2, 37.
procul Bedeutung II, 0, 105.
procuratur II, 5, 38.
proeiirrere (in aeiem) I, 7, 21.
pronnssa II, 3, 5.
Pronomen fehlend auch bei Gegen-
sätzen 11. 3, 212.
propc eine Behauptung mildernd II,
3, 32.
propellere u. depellerc I, 2, 6.
Propertius Einl. zu I, 9. 8. 292.
propriiis II, 0, 5. vgl. 2, 129.
Proscriptionen, Einl. zu II, 2. S. 37.
proseqiä und perseqid I, 9, 15.
prostare I, 2, 30.
prolasis paralaetica II, 6, 50. vgl. II,
2, 95. S. 53. 7, 109.
proliniis u. prolenus II, 5, 21 er. vgl.
quatenus.
prout II, (1, 67.
Prüfungscommission (literarische) zu
Kom (angeblich), I, 10. S. 353.
355.
pukher spöttisch I, 10, 17. S. 339.
piilchre nosse u. dgl. I, 9, 62.
2)ullus I, 3, 45.
pubnentarium II, 2, 20.
pur US I, 4, 67 E. vgl. 9, 49.
pus I, 7, 1 E.
puta 11, 5. 32.
Puteal (U/joms) II, 6, 35.
putesecre und pulrescere II, 3, 194.
pijrgus II, 7. 17.
Pythagoras' Bohne II, G, 63.
Q-
qua r= q. ralione I, 4, 87.
quaerere s. v a. inqidrereW.'i, 20. S.7I .
quueso und quaero I, 10, 51 er.
Quästur I, 6, 131.
quae tua virlus est u dgl. 1,9, 54 E.
quamquavi und quamvis II, 2, 41 er.
qunndoeunquc I, 9, 33.
Quantität der Endsilben II, 3, 1. S.
06 f.
quatenus und quatinus s. er. 1,1, 61.
3, 76. 11,4, hl.
qualtunr I, 5, 8(5 r/-.
232
Register.
que und qui II, 7. 83.
qne und ve II, 1, 22. 2, 84 3, 29.
157. 21)2.
qm und quh I, 4, 41.
qxda sum und 17. siin I, 6, 47.
ry?aV/ Substantiv I, 0, 5.').
quidam und cdiquis II, 3. 2S3.
quiddain und 17»^ ^//« II, 3, 283.
quid faciam II, 1, 24.
quidquid und quicqidd 1,2, CO. 0,1.
quidqidd mit Genitiv der Person I, 6,
1 E.
^inV/ <(Z;i i^iÄ und qidd vis? II, 6, 29.
qidd tum? II, 3, 2.50.
qidd vis II, 7, 39.
quiescere II, 1, 5.
quinquenmis und qinnqiiennis II, 2, 57.
Qidnlus und Ouinclus II, ü, 37 c?'. vgl.
" 3, 243 u. 0, 32 c;-.
«7?<!'6' und qiicis I, 1, 75 f/'.
qidvis als Ein "Wort I, 4, 25 C7\
quo mit Inf. (Frage) I, 6, 24.
quod t= quod nllinct ad id quod I 3, 3ü.
R.
vapere I, 9, 77. S. 319. II, 1, 10.
raro und rare II, 2, 38.
ratio bei den Epikureern und Stoi-
kern I, 3, 113. S. 121.
ratio — l'ors I, 1, 2.
Kauclifänge im Altertlium I, 5, 80.
Kechtsgelelirsamkcit 1, 1, 9. 29.
recitatiuncs in Eom I, 4, 75. vgl. S.
351.
recoctus II, 5, 55.
rede bei Zeitwort II, 6, 46.
rectus vom Wuchs I, 2, 123.
redducerc II, 3, 191.
Itclativ auf ein nachfolgendes Prä-
dicat bezogen II, 8, 2/.
Relativ beim Einwurf (st. at is) I,
1,30. mit dem Conjunctiv 11,2,95.
iclliyio I, 9, 71 er.
reprendo u. repreliendo s. er. I, 0, (>7.
10, 52. 55. II. 3, 138. 4, 80.
rerum bei Superlativen I, 9, 4.
rcs=li.s 1, 9, 41.
rescrihcre 11, 3, 09 f. S. 79.
respondere vor Gericht I, 9 30.
rvsponsarc II, 7, 85.
rctindum I, 1, 47.
returridus 11, 5, 55.
rciis I, 9, 1 1 .
rr.r I, 2, 80. WorLspicl d.ninit I, 7,
34.
rhedae I, 5. Einl. S. 180. I, 5, 80.
rhctor für orator I, 10, l5.
rliomhus I, 2, 116.
riclus I. 10, 7. S. 337.
ridere malis alienis II, .3, 72
ridicidus ohsorhere II, 8, 24.
Ringe tragen bei den Römern II, 7, 8.
rohigo und rubigo II. 1, 43 fr.
rodere figürlich I, 4, 81.
Hosira II, 0, 50.
Ru/illus I. 2, 27.
rumpi I, 3, 136. II, 3, 319. S 1 13 Anm.
Rnpilius I, 7, 1 .
Ruso I, 3, 86.
Rvthmen malerisch I, 1, 28. vgl. 2,
127. abgeschwächte I, 10, 32.
s.
.s vor s weggefallen II, 7, 81.
Sabbath der Juden I, 9, 09. vgl. 70 g.E.
kein Fasttag II, 3, 291. S. 109.
Sabelli I, 9, 30.
Sabinum wann dem Horaz geschenkt?
II, 3. S. 03 f. vgl. S. 149 f. Lage
II, 0, 16.
Sacra via I, 9, 1 . vgl. 35.
Sagana I, 8, 25.
sal figürlich I, lU, 3.
Salbungen I. 0. r-'3.
sa/tare'~l, 9, 23. II, 1, 21. aliqidd I.
5. 03.
Sahndienus Riifus II. 8. S. 201 f.
Saluslius I, 2, 41. 48 <:'r. u. Anm. S.
47 f.
sahttatio viatutina I, 0, 101.
Salzfass 1, 3. 14.
sanctiis Beiwort der legcs II, 1, 81.
so »US I, ('), 89.
sapiens II, 1, 17. S. 19. II, 8, 00.
Sarme7itns I, 5, 52.
saiira und saturac I, 4, 0. S. 143. II.
4. S. 114. II, 6 S. 14« f. 152.
Satiriker vor Horaz I. 10, 47.
Saturn Menippea des Varro I, 10, 47.
Satureia I. 0, 59.
Satunialia II, 3, 5.
Scaeva II, I, 53.
Scaurus I, 3, 48.
sccna und scaena II, 1, 71 rr.
Sciiarfsichtigkeit der ,\dler u. Schlan-
gen I, 3, 27.
Scidafen der Griechen n. Römer 11,
0,01. s. 103 ir.
Schhiss der liDra/ischen (Jodichte I.
l. 120.
Schlii.ssfornud der Briefe 1. 10. 92.
Register.
2;^;}
Schreibinatorial der Alten I, 10, 72.
SciinlgeM I, 6, 75.
Sclmlnnterriclit 1,0, 72. 77. virl. 10,75.
scilicei ironiscli I, 10, 27. S. 315 K
srilln und S(/ill(t II, 4, 5'S er.
xcinderc 11,8, 86.
8clavcn. Zaiil 1.0.108. Treis II,
7,43. peculium II, 7, 79. Ilire Tr.Tclit
1,1,07. Verkiistigung- 1.5,00. Mit-
essen am Ti.sclie 11,6, 65. Stell-
vertreter II, 7, 70. Gegen Injurien
geschützt II, 1, 81. S. 32. Strafen
1.2,130. 3,81. 8->. 11,7,118. Ent-
laufen derselben I, 1, 78.
scribae zuRom 1, 5, 34. II. 0, 36. S. 158.
scvihere in technisclieui Sinne II. 3,
69 f. S. 78 f. scr. ab alquo, Ebds.
S. 81.
xcrinia I, 1, 120. S. 24.
scrulari II. 3, 276.
scierra II, 7, 15. vgl. II, 1, 24.
scutica I, 3 119.
se , ipse , is , Unterschied und Ver-
wechslung, II, 7, 16.
.lecare für dirimere I, 10, 15.
sed II, 1, 39.
Seewa.sser unter den Weinen II , 8,
15. S. 210.
sella (feslaloria I, 2, 98. S. 61.
semel und simnl II, 8, 24.
Senatspflichten I, 0. 34.
Seneca Leser des Horaz I, 2, 114.
vgl. 02.
senex vun Früherlebcnden II, 1, 34.
sensus rommimis I, 3, 65. S. Iti4. vgl.
97 (S. 117) 4, 76.
sentio II 7, 25.
arjTCi'a I, 4, 100.
sepulcrum (nicht sepulcltruni) I, 8, 10
u. 36 fr.
.fequnnlur und sccuntur I, 6, 108 C7'.
sericus u. hombycimis 1,2. S. 66 f. Anm.
seu 8. v. a. vel si, II, 1. .59.
sextarius I, 1 , 74.
si fehlend I, 3, 15.
sie demonstrativ I, 2, 106. vgl. II, 3,
I. S. 67. sie tu getrennt I, 1, 23 u!
II, 2, 68 er.
siearius I, 4, 4.
Sicherhcitsiiolizei zu liom I, 2, 42.
Siegelringe des Octavian u. .Maccc-
nas II, 0. 38.
Siesta 11,0, 61. S 103 ff
siin und siiin I. 6, 47.
si Die amas I, 9, 38.
similis mit Dativ I. 3 123. vjrl. 4, 130.
simiiis I, 10, 17, S. 339.
Simplex I, 3, 03 E.
siiujulliiii I, 0, 50.
Singnnterricht der Mädchen I, 10, 9(t.
Sinucssa I, 5, 39.
sinns der Toga II, 3, 172.
si qui und si quis I, 4, 4 1 .
Sirius I, 7, 25.
Sisyphus, Zwerg I, 3, 47.
sobrius II, 3, 5.
sodes I, 9, 41 er.
sol für dies I, 9, 73.
solari alqita re II, 0, 117.
solcac I, 3, 128.
soleas poseere II, 8, 77.
somnus meridianus u. s. w. II, 6, 61 . S
163 f.
sortes, I, 9. S. 303. 304.
sparyerc II, 5, 103.
speetacidum Augenweide I, 7, 21.
spondere I, 3, 95. S. 116.
sponsio II, 6, 23.
Sprachmengerei I, 10, 20.
Sprüchwörter u. Sprüchwortliches I,
1, 85. 96. 7. 8. 16 E 10, 34. II, 5,
83. 7, 71.
sl und se in den Satiren keine Ver-
lilngerung bewirkend I, 2, 30.
Slaheriiis II, 3, 81.
stnre sich halten I, 10, 16.
slilus I, 10, 72. II, 1, 39 (S. 24).
Stoische Sätze I, 3, 96. 124 f. II, 3.
S. 57 f. vgl. ()0. II, 7. S. 175 f. Ma-
nier, Einl. zu II, 7. S. 170.
slola I, 2, 29. vgl. 30. S, 42 f.
slriiujerc I, 2, 8.
stupcre II, 7, 95.
submovere I, 9, 48-
subscrip/io I, 10 92.
substiliUio pupillaris II, 5, 48.
subitcida 1, 2, 25.
suecinelwi II, 6, 107.
SHCus (nicht .v«ccj<s) s. er. 1,4, ]0(»
II, 4, 13. 70. 8 46.
Sueton. Oct. 70 s. zu II, 0, 52.
Suleius I, 4, Ol
Sulla und Sqlla l, 2, dX er.
(Ser.) Sulpieius I, 10, 80. S. 373 f.
Silin ausgelassen II, 8, 2.
summa vox I, 3, 8.
siimptus I, B, 80 er.
sumus und sitnl ausgelassen II, S, 2.
super r^ insupcr II, 7, 78.
super und siipra II, 8, 23 er. vgl. 7.78.
sijllepsis fienerum I, I, IHO.
S'yne.sis I, 1, 63 100. 9, 4.
234
Register.
Synizese 1, 8, 43.
Synkope I. 9, 73. II. 7, 08.
F. Synis, I, 10- S. 337 Anm.
T.
Tahernae lihrariae I, 4, 71.
tabula Rechentafel 1, (5, 73. S- 234.
lahulae s. v. a. tahellae ? II , 1 , 8(1.
Schuldversclneibung-en II , 3 , 69 f.
S. 8If.
tacitutt in Gedanken vertieft I, 3, ()5.
Tacttieten I, 10, 43.
taeier und deter verwechselt I, 3, 107.
5, 7.
taeter -a. teter s. er. 1,2,33. 3, 107. 5,7.
Tanais I, 1, 105.
lanlum bei Adjectiven und Zeitwör-
tern II, 3, 313. mit tandem ver-
wechselt II, 3, 317. mit tunlo II,
3, 313. 318.
tardus I, 3, 5ö. S. 101.
tetnplum Herculis Musariim I, 10, 38.
S. 353 f. Vestae I, 9, 35.
ientarc A'on Krankheiten I, 1, 80.
tepidus II, 3, 10.
Tcrcntius J'arro Alachins I, 10, 46-
terere vom tornus und vom cacluin I,
3, 91. S. 114.
Testamente II, 4. S. 120 f. zu II, 5,
69. 84. 101.
telrarchae I. 3, 12.
Thiere mit Menschen verglichen II,
1,20. S. 19 f.
Thraex {TItrax, Threx) II, 0, 44.
Tigeüius (Sardus) und Tig. Hcvmugc-
ncs I, 3, 3. Titj. Ilermog. 1,4, 72.
10, 17.
TiUius I, 6. 24. 107.
tirociniion (fori) I, 2, 17. S. 37.
Tisiphone I, 8, 33. S. 284.
Tod. Darstellungen desselben, II. I,
58.
toga, Form und llmwurf I, 3, 31. to
gam componere II, 3, 77.
toga als Frauentracht 1 2, 03.
toga virilis I, 2, 17.
tollere, Ilcdcutunffcn 1. 4. II.
tollere und pellere I 2, 1 10.
tonst rinac I, 7, 3.
toralia II, 4, 84.
torpcre II, 7, 95.
totidem verhis II, 3, 298.
totien.i und toties 11,3, 194 u. 7, 70 er.
tradtre ^ eommentlarc I, 9,47.
traieetus und transieetus II, 3, 29 er.
vgl. 1, Her.
transscribere II, 3, 09 f. S. SO.
Trebatius, Einl. zu II, 1. S. 10—14.
Irihuni militum I, ü, 24 u. 48.
trihiini plebis 1,6, 39. (Strafgewalt),
40 (Sitz im Theater).
trigoti I, 6, 120. S. 251.
tripes I, 3, 13.
tristis in finsterem Ernst I, 5, 103.
(.)/.) Tullius Cicero , der Sohn 1 , 0,
24. 107.
(Ser.) Tullius I, 6. 9.
tumidus absolut II, 3, 213.
tumuUus mentis u. dgl. II, 3, 2 OS. S.
90 f. 98.
tuniea I, 2, 25.
Turbo II, 3, 310.
turdi J, 5, 72.
Turins II. 1, 49. S. 20.
turricula II, 7, 17.
turris Maecenatiana I, 8. S. 270.
tutus II, 1, 20.
U. V.
vadimonium I, 1, 11. 9, 30.
vafer I, 3, 130. S. 129 oben. vgl. II,
2, 131.
Valerius Cato, I, 10. S. 326 f.
Valerius Messala {Corvimis) I, 10,29.
valetudo und valitudo II, 2, 88 er.
Vulgius Rufus I, 10, 81. S. 371.
valgus und varus I, 3, 47.
vulvae II, 0, 112.
l'dvius und Varus s. er. I, 5, 93. fl,
55. 9,23. 10,44. 81. II. 8, 21.
(Z.) Varius I, 5, 40. S. 195 f.
f'arro Atacitnis 1, 10, 40.
ve- I, 2, 129.
ve (enklitisch) und quc II, 1, 22. 3,
157. 292.
ve (enklitisch) und vel 11,3.292 .Vuni.
Uebergang aus der directcnC'on.struc-
tion in die abhjlngige I. I, 02.
veetigal von rrivatcinkiinfton II, 2,
100.
vel und ve II, 3. 292 .Vnm.
vcliiii und vcllem II, 2, 40.
vellere und verrere II. 3, 2:<.'>.
veneiia Zaubertriinke I, 8, 19.
veiierari 11, 0, 8.
veiius I, 2, I 19 er.
re/»«,v/«I,0.73. II. 1,39. S. 24 Kinl.
zu 11,2. S. 37 Anm.
verba Attributswörtor I. :<, 101
Vorgloicliung von .Menschen mit Thie-
ron II, 1,20. des Dichtens nüt ilom
\Veben 11, 3, 2.
Register.
235
Verhüllung vor dem Sterben II, 3, 37.
Verkürzung einsill)iger M'iirter I, 9,
Vermisciiung zweier Constructionen
1, 10, 21 E.
vcrnilis und venialis II, C. 108.
verliere und vollere 11, 3, 235.
vcrsare und vexare verwechselt I, 7,
15.
Verschiebung der BegriÖ'e II , 8, 50.
Verschiebung der Construction II,
2, 9.
Vestatenipel zu Kom I, 9, 35.
Vcstes hyssinae , scricae , bombjicinac,
I, 2. S. 05—67 Anni.
vestigia ponerc II, 0, 101.
veteres II, ü. Ol. H. 102.
velm II. 4, 80.
t^ia Appia I, 5, 6. nöurs 1,0, 108.
Sacra I. 9, 1.
vicarius II, 7, 79.
vici l, 9, 13.
villa publica I, 5, -15.
Villius I, 2, 04.
vincere (iiidicio) I, 2, 134.
vindicla II, 7, 70.
vincac I, 7, 29.
?;/« ^M und i'i.s- tu I. 9, 70. II. 6, 92.
rirgilius (nicht f'erg.) s er. I, 5, 40.
0, 55. 10, 45. 81.
Virgilius 1,3. S. 90. vgl. I, 10, 45.
Verhältniss zu Horaz I, 0, 55.
virlus II, 2, 1.
n.scus I, 9. -42. vgl. II, 8. 20.
f'iselliiis n. Bisellins I, 1, 105 r/-.
visere I. 9, 17.
Vitium vini II, 8, 50.
L'lixes Schreibung II, 3, 197 und 5.
100 er.
ultra II, 1, 3g. S. 24 E. II, 5, 90.
wr.hrae II, 8. 22.
l'msciireibender Ausdruck 1,2, 32.
II, 1, 72.
l'raschreibungeu von Eigennamen I,
5, 87.
umquam und usquam II, 1, 31. S. 22.
unde für a quo I, 0, 13.
ungo und uiiguo I, 0, 123 er.
unguis: ad ungucm faelus I, 5, 32.
Unsterblichkeit (partiale) II, 3, 283.
S. 100.
Untervveltsfarbe dunkel I, 8, 23. vgl.
27.
unus und imus I, 4, 87.
iinus de mullis I, 9, 7?.
l.'nverbundene Sätze I, 9, 1 E.
voces I, 3, 103.
l'ulcanus für iguis I, 5, 73.
Volksglauben vom frühen Tode aus-
gezeichneter Kinder II, 7, 3.
roranus 1, 8, 39 E.
Vorname, Anrode damit oder Weg-
lassung 11, 5, 32.
urgere (nicht urguere) s. er. 1 , 2, 15.
3, 09. II, 2, 64. 4, 77. 5,97. —pro-
posilum II, 7, 0.
urna I, I, 54.
usquam und umquam II, I, 31. S. 22.
usus Bedürfniss I, 3, 102.
ul absolut (für ita ut) 1, 1, 95. nach
vcreur (st. we) 1, 3, 120. ellipti.sch
II, I , 8i). bei empörenden Zumu-
tungen 11, 5, 18. bei verwundertem
Ausruf II, 0, 53. in Fragen II, 8, 2.
ut und et verwechselt II. 7, 113.
uterque , Schwanken zwi.schen Sing,
u. Plur. II, 3, 50.
w.
Waschungen vor dem Beten u Oi)feru
11, 3, 282.
Wasser bei Tische I, 4, 8S.
Wasserarmut in Italien I, 5, 89.
Weibliche Endungen von Miinnerna-
men I, 8, 39.
\\'eihgeschenke I, 5, 05.
^^'eine mit Seewasser vermischt 11,
8, 15. S. 210.
Wiederholungen des gleichen "N'erses
I, 2, 13. II, 3, 103. ähnlicher Worte
II. 7. .30.
Wirtshäuser im Alterthum I, 5, 2.
Wortbrechung am Schluss des Hexa-
meters I, 2, 02. vgl. 9, 51. 11,3,117.
Wortstellung II , 2, 39. 100. 1 , 90.
8,2.
Würfelgeräthe II, 7, 17.
z.
Zähne, falsche I, 8, 48. S. 289.
Zeitpartikeln caussal gebraucht II,
3, 10.
Zeugma I, 3, 9.
Zinsfuss in Kom I, 2, 14.
Züchtigungswerkzeuge 1,3, 119. vgl,
S. 330 zu V. 5.
Zusammenstellung stammverwandter
Wörter II, 2, 39,
Zusammenstoss gleichlautender Sil-
ben 11, 3, 83.
Znsammenziehung von -avit zu -at'i
11. 3, 277 f.
Zweideutigkeit II, 3, 131.
Cv2
d
cd
•H
■P
Cd
-P .
CO cv
o
a; & c
C} Ol
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