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Full text of "Philologischer Anzeiger. "Als Ergänzung des Philologus." [serial]"

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PHILOLOGISCHER 

ANZEIGER. 

p#3 

ALS  ERGÄNZUNG  -  I 

PHILOLOGUS 

HERAUSGEGEBEN 


VON 


ERNST  von  LEUTSCH. 


VIERZEHNTER  BAND. 


1884. 


GOTTINGEN 

VERLAG  DER  DIETERICHSCHEN  BUCHHANDLUNG. 
1884. 


Nr.  1.  Januar  1884. 

Philologischer  Anzeiger. 

Herausgegeben  als    ergänzung   des  Philologus 


Ernst  von  Leutseli. 


1.     Taylor,    Isaac,    the  Alphabet,    an    account    of  the 
origin  and  development  of  letters.     vol.   1.   2.     London  1883. 

Es  giebt  bücher,  wie  z.  b.  das  vorliegende,  die  eigentlich 
kein  einziger  recensiren  kann ;  das  sind  dann  aber  meistens  auch 
solche,  die  ein  einzelner  nicht  schreiben  kann ;  und  wenn  er  sie 
doch  schreibt,  so  muß  er  sich  eigens  eine  reihe  von  kenntnissen 
zu  erwerben  suchen ,  die  nicht  allzu  lange  haften ,  so  daß  der 
verf.  später  oft  in  die  läge  kommt ,  sich  aus  seinem  buche  un- 
terrichten zu  müssen.  —  Wenn  nun  aber  eine  derartige  arbeit 
nothwendig  ist,  so  müssen  wir  natürlich  demjenigen  dank  wissen, 
der  sich  ihr  unterzieht.  Wir  glauben  es  dem  verf.  gern,  wenn 
er  uns  in  den  einleitenden  worten  versichert,  daß  sein  buch  die 
arbeit  vieler  jähre  erfordert  habe ;  schon  eine  einfache  inhalts- 
übersicht  zeigt  wie  vielseitig  und  verschiedenartig  die  vorbe- 
reitenden Studien  sein  mußten.  '  In  der  einleitung  dieses  hübsch 
ausgestatteten  werkes  bespricht  er  den  unterschied  zwischen  al- 
phabetarischer und  nicht-alphabetarischer  schritt,  von  ideogramm 
und  phonogramm ,  dann  die  bilderschrift  der  wilden ,  das  chine- 
sische,  japanesische,  nebst  keilschrift  und  hieroglyphen.  Der 
zweite  abschnitt  ist  de  Eouge's  hypothese  gewidmet,  daß  die 
phoenicische  schrift  und  also  indirect  auch  die  griechische  aus 
dem  aegyptischen  stamme ;  der  verf.  sucht  dieselbe  gegen  de  La- 
garde's  zweifei  sicher  zu  stellen.  —  Alles  dieses  durfte  sicher 
in  der  einleitung  erwähnt  werden ,  aber  sicher  nicht  in  der 
breite  und  ausführlichkeit ;  es  ist  doch  ein  unterschied ,  ob 
einer  über  die  schrift  oder  über  das  aiphabet  schreibt.  Die 
chinesische,  japanesische  schrift;,  ferner  die  später  zu  erwähnende 
Philol.  Anz.  XIV.  1 


2  1.  Palaeographie.  Nr.    I. 

syllabare  schrift  der  Cyprioten  u.  s.  w.  gehörten  gar  nicht  in  ein 
werk  über  das  aiphabet  und  selbst  die  hieroglyphen  nur  soweit 
sie  die  grundlage  für  das  phoenicische  aiphabet  abgegeben  haben. 
—  Die  cryptographischen  alphabete  dagegen,  die  wirklich  hier- 
her gehören,  werden  gar  nicht  erwähnt.  —  Im  dritten  abschnitte 
(1,  p.  158)  kommt  der  verf.  dann  zu  seinem  eigentlichen  thema, 
namen,  bedeutung  und  anordnung  der  buchstaben.  Dann  folgen 
in  drei  weiteren  abschnitten  die  verschiedenen  arten  der  phoe- 
nicischen ,    aramaeischen  und  südsemitischen  alphabete. 

Den  zweiten  band  (Aryan  alphabets)  eröffnet  natürlich  das 
griechische  aiphabet,  mit  den  alphabeten  griechischen  Ursprungs 
d.  h.  die  italische  und  speciell  die  lateinische  schrift.  Merkwür- 
diger weise  werden  auch  die  griechischen  uncialen  und  minuskeln 
(damit  meint  der  verf.  die  palaeographie)  nicht  zu  den  Greeh  Alpha- 
bets sondern  zu  den  Alphabets  of  Hellenic  Origin  gerechnet !  Den 
beschluß  dieses  abschnittes  bilden  dann  das  koptische,  slavische, 
albanische  ,  die  runen  und  die  Oghams.  In  den  beiden  schluß- 
kapiteln  springt  der  verf.  wieder  zu  der  linksläufigen  schrift 
zurück,  die  direct  aus  der  semitischen  abgeleitet  werden  muß; 
man  sieht  daraus ,  daß  seine  eintheilung  keine  graphische  ist 
sondern  eine  ethnographische.  Bei  einer  graphischen  eintheilung 
wie  sie  der  gegenständ  erforderte,  mußte  das  X.  kapitel  indische 
alphabete  direct  mit  den  südsemitischen  verbunden  werden,  daran 
hätte  sich  dann  das  IX.  kapitei  iranische  alphabete  anschließen 
können.  —  Ein  epilog  (kap.  XI)  den  man  auch  als  einleitung 
benutzen  kann  schließt  das  ganze. 

Indem  wir  den  ersten  theil  den  Orientalisten  und  linguisten 
zur  beurtheilung  überlassen,  beschränken  wir  uns  hier  auf  die- 
jenigen partien,  die  aus  dem  rahmen  dieser  Zeitschrift  nicht  her- 
austreten ;  hier  scheinen  die  Studien  des  verf.  nicht  ausgereicht 
zu  haben.  Was  nun  zuerst  die  geschichte  des  griechischen  al- 
phabets betrifft,  so  ist  es  für  die  ersten  abschnitte  verhängnißvoll 
geworden,  daß  der  verf.  sich  auf  das  Corpus  inscript.  graecarum 
beruft  und  die  damals  schon  seit  einem  jähre  erschienenen  In- 
scriptiones  graecarum  antiquissimae  nicht  kennt.  — -  So  groß  auch 
die  Verdienste  waren,  die  Böckh  sich  damals  durch  bearbeitung 
und  herausgäbe  des  ersten  bandes  erwarb ,  so  wird  heutzutage 
kein  verständiger  mehr  leugnen,  daß  gerade  die  älteren  und  äl- 
testen inschriften,  bei  denen  die  wiedergäbe  der  buchstabenformen 


Nr.   1.  1.   Palaeographie.  3 

von  so  großer  Wichtigkeit  sind ,  für  graphische  Untersuchungen 
mehr  oder  weniger  unbrauchbar  sind,  theils  wegen  der  mangeln- 
den autopsie  der  herausgeber,  theils  wegen  der  ungenügenden  wie- 
dergäbe in  typen  oder  f'acsimile.  Wo  der  verf.  sich  also  nicht  aus- 
drücklich auf  neuere  zuverlässige  piiblicationen,  wie  z.  b.  die  von 
der  Palaeographical  Society  beruft,  da  sind  seine  angaben  und  fol- 
gerungen  in  dem  kapitel  the  Cadmean  aiphabet  mit  großer  vorsieht 
aufzunehmen.  Ueberhaupt  ist  der  ganze  begriff  einer  cadmeischen 
schrift,  der  in  Deutschland  längst  aufgegeben  wurde,  so  unglück- 
lich wie  möglich,  namentlich  im  munde  eines  verf,  der  den  Cadmus 
nicht  für  eine  historische  sondern  mythische  persönlichkeit  hält. 
In  demselben  kapitel  zeigt  sich  recht  deutlich,  wie  der  verf, 
sich  manchmal  durch  zufällige  äußerlichkeiten  leiten  läßt,  wenn 
er  z.  b.  (p.  43  u.  107  A.)  das  corinthische  ß  J-1  direct  aus  dem 
hieratischen  anleiten  will ;  einmal  ist  die  ähnlichkeit  gar  nicht 
so  groß ,  da  das  hieratische  zeichen  vielmehr  ungefähr  der  Ver- 
bindung eines  nach  links  unten  und  eines  nach  rechts  oben  sich 
öffnenden  spitzen  winkeis  entspricht;  ferner  aber  würde  dadurch 
das  prineip  vollständig  durchbrochen,  nach  welchem  das  griechische 
nur  durch  vermittelung  des  phoenizischen  mit  dem  aegyptischen  zu- 
sammenhängt ;  jenes  corinthische  ß  geht  vielmehr  auf  die  gewöhn- 
liche griechische  grundform  zurück,  nur  daß  der  untere  theil  des 
buchstabens  nach  links  gewendet  wurde;  was  nothwendig  wurde, 
weil  die  Corinther  das  spitzwinklige  |ä  bereits  für  E  brauchten 
und  Verwechselungen  zwischen  B  und  E  natürlich  vermieden 
werden  mußten.  Kirchhoffs  auffassung  (Studien  p.  90)  wird 
durch  derartige  dilettantische  versuche  nicht  im  mindesten  er- 
schüttert ;  ebensowenig  wie  in  der  frage  nach  dem  alter  der  äl- 
testen inschriften.  So  vorsichtig  wie  möglich  hatte  Kirchhoff  in 
seinen  grundlegenden  Studien  die  schwierige  frage  erörtert  und 
festgestellt ,  daß  sichere  spuren  nicht  weiter  als  bis  ol.  40  d.  h. 
bis  ungefähr  zum  jähr  620  v.  Chr.  zurückführen.  Der  beweis, 
daß  die  inschriften  von  Thera  u.s.w.  mehrere  Jahrhunderte  älter 
sein  müßten  und  mit  Taylor  in  das  zehnte  Jahrhundert  v.  Chr.  zu 
setzen  seien,  würde  sicherlich  von  verschiedenen  seiten  mit  freuden 
begrüßt  werden ;  allein  von  einem  beweise  findet  man  bei  Taylor 
(2,  40 — 41)  auch  keine  spur.  Der  eigentliche  sinn  dieser  un- 
motivirten  polemik  wird  erst  später  klar  bei  der  behandlung 
der  inschriftähnlichen  zeichen,    die   Schliemann    in  Troja   ausge- 

1* 


4  I.  Palaeographie.  Nr.   I. 

graben ;  diese  sind  jetzt  nicht  mein'  chinesisch ,  sondern  nach 
Sayce  cypriotisch ,  also  hat  man  in  homerischer  zeit  bereits  ge- 
schrieben und  die  schrift  muß  älter  sein  als  man  gewöhnlich 
annimmt.  Es  braucht  hier  nicht  ausgeführt  zu  werden,  wie  an- 
fechtbar die  praemissen  sind,  aus  denen  solche  Schlüsse  gezogen 
werden.  —  In  betreff  der  inschriften  von  Abu  Simbel  stellt  der 
verf.  sich  auf  Kirchhoffs  seite,  wenn  er  p.  44  sagt:  The  Abu  Simbel 
record  written  at  ihe  end  of  the  7  th  Century ,  affords  the  first  ab  So- 
lu tely  firm  standing  ground.  So  könnte  der  verf.  nicht  sprechen, 
wenn  er  die-  von  ihm  2,  p.  9  citirte  abhandlung  von  Wiedemann 
(Rhein,  mus.  1880,  p.  364)  wirklich  gelesen  hätte;  der,  ebenso 
wie  Abel  (Wiener  Studien  1881,  161 — 184),  die  inschriften  auf 
Psammetich  II  bezieht,  und  also  dem  6.  Jahrhundert  zuweist. 

Bei  der  Lygdamisinschrift  Inscr.  gr.  antiq.  500  war  der 
aufsatz  von  Rühl  im  Philologus  41,  p.  54  zu  erwähnen,  dessen 
resultat ,  wenn  es  richtig  wäre ,  auch  die  datirung  der  inschrift 
selbst  beeinflussen  würde. 

2,  p.  64  wird  Kirchhoffs  Classification  der  griechischen  al- 
phabete  ohne  grund  aufgegeben,  um  deren  7  geographische  grup- 
pen  an  die  stelle  zu  setzen. 

Den  beschluß  der  griechischen  schrift  macht  das  cypriotische, 
das ,  wie  gesagt ,  überhaupt  in  einem  buche  über  die  alphabete 
keinen  platz  hätte  erhalten  dürfen.  Ob  das  cypriotische  mit  den 
neu  entdeckten  hittitischen  inschriften  verwandt  ist,  wird  sich 
vielleicht  später  entscheiden  lassen,  wenn  wir  mehr  vom  hittiti- 
schen wissen ;  wenn  nicht  mehr  ähnlichkeiten  vorhanden  sind  als 
die  2,  p.  123  zusammengestellten,  so  ist  es  nicht  gerade  wahr- 
scheinlich. —  Die  kurze  cypriotische  inschrift  'Etsavdoov  tov 
Ildcpov  ßaaiXicog  (2,  p.  114)  zeigt  in  den  formen  mehrere  starke 
abweichungen  von  der  originalpublication  bei  Cesnola,  Cypern 
(deutsch  von  L.  Stern)  p.  265. 

Wenn  wir  nun  zu  den  italischen  alphabeten  übergehen,  so 
ist  es  zunächst  zu  bedauern,  daß  der  verf.  die  linksläufigen  und 
furchenförmigen  inschriften  gar  nicht  kennt ;  was  sich  um  so 
weniger  entschuldigen  läßt,  als  doch  auch  die  Duenosinschrift 
schon  im  jähre  1880  gefunden  wurde.  Auf  die  italischen  Zahl- 
zeichen und  ihr  verhältniß  zum  alphabet  kommt  der  verf.  zwei- 
mal zu  sprechen,  1,  p.  6 — 7  A.  und  2,  p.  139,  um  an  beiden 
stellen  gegen  Ritschi  und  Mommsen,    denen    er  sich   im  übrigen 


Nr.   1 .  1 .  Palaeographie.  5 

anschließt,  zu  polemisiren  wegen  der  herleitung  des  lateinischen 
X,  das  er  nicht  von  ®  herleiten  will ;  2,  p.  139  there  is  no 
valid  reason  why  it  should  not  he  identified  with  EB.  Es  giebt 
aber  allerdings  einen  triftigen  grund ,  den  der  verf.  übersehen 
hat,  nemlich  den,  daß  dieser  buchstabe  im  dorisch-chalcidischen 
aiphabet  überhaupt  fehlt  und  Mommsen  sowohl  wie  Ritschi  ha- 
ben mit  vollem  recht  darauf  verzichtet,  dieses  aiphabet  durch 
beliebige  andere  zu  ergänzen.  Das  X  wird  dann  halbirt,  um  die 
hälfte  d.  h.  5  zu  bezeichnen ;  die  Etrusker  verwendeten  die  untere 
hälfte  A ,  die  Römer  dagegen  die  obere  V .  Gänzlich  überflüssig  sind 
daher  die  phantasien  des  verf.  1 ,  p.  7  A :  The  Etmscan  5  is  A , 
apparently  an  ideogramm  of  the  hand  like  tlie  Roman  f\  ;  while  | 
and  >,  which  stand  for  1  and  1  seem  to  represent  respectively  the 
forefinger  and  the  forefinger  partly  doubled  down. 

Auf  eine  reihe  von  einzelnheiten  einzugehen,  die  theils  man- 
gelhaft, theils  fehlerhaft  sind,  verbietet  hier  der  platz  ;  ich  greife 
nur  noch  einiges  wenige  heraus.  2,  p.  182  A.  wird  als  sicher 
hingestellt,  daß  die  alten  bereits  Stempel  mit  beweglichen  typen 
gehabt  hatten.  Sicher  ist  die  sache  keineswegs.  Dumont  hat 
es  allerdings  behauptet,  während  A.  Geffroy  die  frage  unentschie- 
den läßt,  und  ebenso  W.  Hartel,  der  zuletzt  darüber  gesprochen 
hat,  Zeitschr.  f.  oest.  gymnas.  1879,  p.  446-7.  Wie  die  sache 
jetzt  liegt,  so  sind  die  unanfechtbaren  beweise,  welche  für  diese 
wunderbare  thatsache  nothwendig  wären,  noch  keineswegs  geliefert. 

Hinter  dem  griechischen  und  lateinischen  werden  auch  die 
abgeleiteten  alphabete  behandelt,  u.  a.  auch  die  runen,  die  nicht 
lateinischen  sondern  griechischen  ursjmmgs  sein  sollen  (2,  p.  214 
— 16).  Da  ich  des  verf.  buch  Greehs  and  Goths,  a  study  on  the 
Runes  nicht  kenne,  in  dem  derselbe  diese  auffallende  these  begrün- 
det, so  können  wir  diese  frage  hier  auf  sich  beruhen  lassen. 

Umgekehrt  wird  auf  der  anderen  seite  beim  armenisch- 
georgischen aiphabet  der  griechische  Ursprung  geleugnet,  den 
ich  früher  einmal  in  einem  kleinen  aufsatze  in  der  Zeitschrift 
der  deutschen  morgenländischen  gesellschaft  30,  p.  74—80  zu 
erweisen  bemüht  war.  Ich  könnte  daher  schließen  mit  einer 
oratio  pro  domo.  —  Allein  ich  widerstehe  dieser  Versuchung  um 
so  leichter,  als  der  verf.  2,  p.  279  A.  einfach  behauptet,  meine 
gründe  bedürften  gar  keiner  ernstlichen  Widerlegung.  Eine  wirk- 
liche vertheidigung  kann  ich  mir  also  ersparen,   bis  ein  wirklicher 


6  2.  Epigraphik.  Nr.   1. 

angriff  erfolgt  ist.  —  Taylor  will  beide  alphabete  aus  dem 
indo-bactrischen  ableiten  und  erlaubt  sich  eine  reibe  von  gewalt- 
samkeiten,  um  diese  älmlichkeit  fertig  zu  bringen ,  die  meistens 
aber  nur  den  erfolg  haben,  daß,  wenn  die  ähnlichkeit  auf  der 
einen  seite  hergestellt  ist,  der  unterschied  auf  der  andern  seite 
um  so  stärker  hervortritt.  Diese  gewaltsamkeiten  bestehen  nicht 
nur  darin,  daß  er  das  armenisch-georgische  des  9.  mit  dem  indo- 
bactrischen  des  3.  Jahrhunderts  vergleicht,  sondern  auch  darin, 
daß  er  die  rechtsläufige  schrift  der  Armenier  und  Georgier  ein- 
fach nach  links  wendet ,  und  die  buchstaben ,  deren  platz  doch 
durch  ihren  zahlenwerth  gegeben  ist,  ganz  willkürlich  neu  ord- 
net, Mit  solchen  mittein  läßt  sich  alles  beweisen!  —  Vorsicht 
war  hier  um  so  mehr  geboten ,  da  ein  gewisser  grundstock  von 
ähnlichkeiten  ja  auf  beiden  seiten  zugegeben  werden  muß.  Freund 
und  feind  sind  darin  einig,  daß  das  armenisch-georgische  aipha- 
bet in  letzter  instanz  vom  semitischen  abzuleiten  ist;  nur  das 
ist  streitig,  ob  direct  oder  indirect,  Die  einzige  methode  also, 
welche  hier  zu  sicheren  resultaten  führen  kann ,  ist  die ,  zu  un- 
tersuchen, wie  die  Armenier  und  Georgier  sich  zu  den  reformen 
stellen,  welche  die  Griechen  mit  dem  ursprünglich  semitischen 
aiphabet  vorgenommen  haben.  Ich  hatte  demgemäß  a.  a.  o.  p.  75 
in  der  ersten  columne  die  reformen  der  Griechen  aufgezählt,  um 
dann  in  der  zweiten  columne  unmittelbar  daneben  zu  zeigen, 
daß  die  Armenier  und  Georgier  in  allen  diesen  punkten  von  den 
Griechen  abhängig  sind.  Ferner  hatte  ich  mich  auf  das  aus- 
drückliche zeugniß  des  Moses  von  Chorene  berufen,  der  ausdrück- 
lich berichtet,  daß  der  heilige  Mesrop  „die  armenischen  charac- 
tere  nach  dem  muster  der  griechischen  Schriftbezeichnung  formte", 
wie  es  bei  einem  geistlichen  der  griechischen  kirche  überhaupt 
nicht  anders  zu  erwarten  war.  Gestützt  auf  diese  gründe ,  die 
doch  wenigstens  einer  Widerlegung  werth  sind,  hatte  ich  die  von 
den  französischen  benedictinern  und  von  Lepsius  vertretene  an- 
sieht vertheidigt,  daß  die  Armenier  und  Georgier  ihr  aiphabet 
von  den  Griechen  erhalten  haben.  V.  Gardihausen. 

2.  A.  C.  Merriam:  the  Greek  and  Latin  inscriptions  on 
the  Obelisk-crab  in  the  Metropolitan  Museum.  New  York,  Harper 
and  Brothers.     N.  Y.   1883.     49  p.  VIII. 

An  dieser  vortrefflichen  und  wichtigen  publication    der  bei- 


Nr.    1.  2.   Epigraphik.  7 

den  Inschriften,  die  sich  auf  der  scheere  eines  der  jetzt  im  mu- 
seum  zu  New  York  aufbewahrten  broncekrebse  fanden,  die  man 
bei  Untersuchung  der  basis  des  in  Alexandrien  aufrecht  stehen- 
den obeliskes  entdeckte,  ist  nur  eine  etwas  zu  große  breite  der 
darstellung  auszusetzen.  Der  verf.  weiht  uns  ganz  unnöthiger 
weise  nicht  nur  in  den  gang  seiner  Untersuchung  ein,  sondern 
wir  erfahren  auch,  wie  oft  er  das  original  besehen  hat,  wie  er 
auf  der  bibliothek  nach  manchen  misgriffen  endlich  ein  gewünschtes 
buch  erhielt,  und  dgl.  dinge,  die  für  Merriam  sehr  interessant  sein 
mögen,  für  seine  leser  es  aber  keineswegs  sind,  und  zwar  ins- 
besondere deshalb,  weil  allen  misglückten  versuchen  und  vermu- 
thungen  schließlich  durch  ein  so  einfaches  und  naheliegendes  mittel 
wie  die  gründliche  reinigung  der  bronce  ein  ende  gemacht  wurde. 
Nach  dieser  stellt  sich  gegenüber  anderen  unrichtigen  publi- 
cationen  die  zweifellos  richtige  lesung  folgendermaßen : 

L  IH  KAISAP  %  iU  A  N.O.i  ~Wl  CAESARIS 

BAPBAPO$  ANE0HKE  BAEBARVS  PRAEF 

APXITEKTGNOrNTO:£  -V  AEGYrTD  x)  POSVIT/ 

ÜONTIOr  ARCHITECTAXTEPOKTIO 

Danach  sind  die  publicationen  von  Lumbroso ,  Bulletino 
deirinstituto  1878  p.  54,  und  Mommsen ,  Ephemeris  epigr.  IV, 
p.  27,  zu  berichtigen,  die  beide  auf  eine  flüchtige  und  unrichtige 
copie  von  Nerutsos  zurückgehen.  Die  folgerungen,  welche  beide 
gelehrte  an  das  falsch  gelesene  datum  (L  H,  anno  VIII)  über 
die  praefectur  des  P.  Rubrius  Barbaras  (so  heißt  derselbe  mit 
vollem  namen  nach  einer  inschrift  von  'Monte  Cassino  C.  I.  L. 
X  no.  5169  (Inscr.  R.  Neap.  4229)  vgl.  die  gleich  folgende  inschr.) 
gezogen  haben,  fallen  mit  dessen  richtigstellung.  Die  inschrift 
datirt  von  demselben  jähre,  wie  jene  von  Wescher  und  Mariette- 
Bey  auf  der  insel  Philä  entdeckte :  AvToy.odioQi.  xalaugi-  ge- 
[jugkö  Gcorrjoi  xa\  tvsQjtzrj  L  IH  in}  Tlonliov  Poßgtov  BaoßctQOV 
(Bullet,  dell'instit.  1866,  p.  44  ff.).  P.  Rubrius  war  präfect  von 
Aegyj)ten  in  den  jähren  13/12  v.  Chr.,  da  diese  inschrift  nach 
der   mit    der    eroberung  Alexandriens    (1.  Aug.  30)   anhebenden 

1)  Es  ist  eine  sehr  ansprechende  vermuthung  des  verf.,  daß  diese 
merkwürdige  Schreibung  von  Aegypti  durch  ein  versehen  des  Griechen 
entstand,  der  die  inschrift  verfertigte  und  erst  AirYPTUT  schrieb 
(p.  26) ;  dafür  spricht  auch  die  verhältnismäßige  Schönheit  des  grie- 
chischen textes  im  vergleich  zu  der  Ungeschicklichkeit  mit  der  die 
lateinischen  buchstaben  gemacht  sind. 


8  3.  Thukydides.  Nr.   1. 

aera  datirt  ist  (Dio  Cass.  LI,  19).  Da  der  monatstag  nicht  an- 
gegeben ist,  so  muß  man  mit  rücksicht  auf  den  ägyptischen 
neujahrstag  beide  jähre   13   und   12    als  zulässig  betrachten. 

Merriams  monographie  enthält  außer  diesen  richtigstellun- 
gen  eine  anzahl  von  excursen  zu  den  inschriften,  die  theilweise 
bekanntes  enthalten,  so  das  über  die  bedeutung  von  L  auf  in- 
schriften und  münzen,  über  KAICAR  =  Augustus  bemerkte, 
theils  aber  bemerkenswerthes ,  wie  die  Untersuchungen  über  die 
Eubrier  und  das  über  die  ägyptischen  präfecturen  gesagte.  Der 
tadel  gegen  Mommsen  und  Lumbroso  ist  nicht  ganz  berechtigt, 
da  ihnen  die  einsieht  in  das  original  nicht  möglich  war  und  sie 
von  der  abschrift  Nerutsos  auszugehen  hatten.  Daß  die  in  Lon- 
don an  dem  obelisk  angebrachten  inschriften  nun  auch  falsch 
sind ,  ist  amüsant ,  rechtfertigt  aber  die  auszüge  aus  der  Times 
auf  drei  selten  einer  wissenschaftlichen  abhandlung  denn  doch 
keineswegs.  Der  architekt  Pontius  ist  von  Lumbroso  mit  recht 
identificirt  mit  dem  HONTIOC  A0HNAIOS  einer  fontainen-in- 
schrift  aus  den  gärten  des  Mäcenas,  und  nachdem  nun  seine 
thätigkeit  an  dem  alexandrinischen  obelisken  für  das  jähr  13/12 
feststeht ,  wird  man  Merriams  vermuthung  theilen  können ,  daß 
er  10/9  v.  Chr.  mit  der  atifstellung  der  beiden  für  Rom  be- 
stimmten obelisken  betraut  wurde  und  so  in  die  hauptstadt  ge- 
langte, wo  ihn  dann  Mäcenas  beschäftigte.  Adolf  Bauer. 

3.  A.  Fokke:  Rettungen  des  Alkibiades.  Erster  theil: 
die  sicilische  expedition.     Emden,  Haynel,   1883.     8. 

In  Alkibiades  und  Sokrates,  ist  des  verf.  meinung,  läuft 
das  griechische  leben  als  in  seinen  höchsten  spitzen  aus.  „Beide, 
der  eine  der  träger  einer  neuen  ethik  und  gottesanschauung,  der 
andere  mit  seinen  ideen  vom  Staate ,  ragen  weit  über  die  engen 
schranken  der  sie  umgebenden  weit  hinaus,  und  wie  der  philo- 
soph  an  die  pforten  des  christenthums,  so  pocht  der  politiker  an 
diejenigen  des  modernen  Staates".  Nicht  ein  so  niedriges  ziel 
habe  sich  Alkibiades  gesteckt,  als  das  abgetragene  diadem  der 
Pisistratiden  war.  Ueber  Hellas  zu  herrschen,  das  sei  in  Wahr- 
heit das,  wonach  Alkibiades  trachtete,  aber  über  ein  zuvor  durch 
ihn  aus  korinthisch  -  thebanischem  particularismus  heraus-  und 
durch  die  freien  institutionen  seiner  Vaterstadt  über  den  athe- 
nisch-spartanischen dualismus  hinausgehobenes  Hellas ;  nicht  über 


Nr.   1.  3.  Thukydides.  9 

ein  durch  tyrannenherrschaft  geknechtetes,  sondern  über  ein  freies 
und  geeinigtes  Hellas,  das  nun  nicht  mehr  in  arger  Verblendung 
sich  selbst  zerfleischt ;  und  endlich  über  ein  starkes  Hellas,  wel- 
ches nach  langer  zeit  mit  aller  aussieht  auf  erfolg  das  schwert 
wieder  in  die  band  nimmt ,  um  mit  dem  alten  feinde  abzurech- 
nen, der  niemals  aufgehört  hat,  seine  ansprüche  zu  erheben  und 
bei  der  ersten  gelegenheit  anstalten  machen  wird,  den  freien  hel- 
lenischen geist  unter  persischer  barbarei  zu  ersticken.  Aber  wo- 
her weiß  der  verf.  von  dieser  politik  seines  hehlen  ?  „Alkibiades 
ist  deshalb",  sagt  er,  „eine  der  tragischsten  gestalten  der  Welt- 
geschichte, weil  er  in  das  grab  sank,  ohne  daß  die  mitweit  sein 
gewaltiges  ringen  hat  erkennen  können.  .  .  .  Die  größten  gei- 
ster  seiner  nation  haben  ihm  nahe  gestanden ,  aber  obgleich  So- 
krates ,  Plato ,  Aristophanes  die  Übermacht  seines  geistes  aner- 
kennen, so  haben  sie  doch  nicht  zu  erfahren  vermocht,  wo  die- 
selbe hinaus  wollte.  Der  objektivste  historiker  suche  ihm  gerecht 
zu  werden,  doch  seine  ganze  große  erkenne  auch  er  nicht".  Also 
noch  einmal ,  woher  ist  denn  dem  verf.  die  künde  gekommen  ? 
Schriftliche  Zeugnisse  aus  dem  alterthum  fehlen  freilich,  aber  der 
kaiser  Hadrian  habe  auf  dem  grabhügel  des  großen  Atheners 
zu  Melissa  dessen  bildsäule  aus  parischem  marmor  aufstellen 
lassen  und  seine  manen  durch  ein  jährliches  opfer  zu  ehren  ge- 
boten. Aus  welchem  gründe  anders ,  fragt  er ,  als  weil  dieser 
kaiser  des  staatenbildenden  und  staatenregierenden  Volkes  in 
Alkibiades  die  kongenialität  mit  dem  geiste  des  eignen  volkes 
erkannt  und  in  ihm  den  mann  entdeckt  hat,  der  die  reihe  jener 
Staatsmänner  und  feldherrn  schließt,  welche  von  Solon  bis  zum 
Perikles  die  herrschaft  des  kleinen  Athen  weit  über  die  grenzen 
von  Attika  ausdehnten,  und  dem  nun  die  aufgäbe  gestellt  wird, 
zu  welcher  die  thaten  jener  die  Vorbereitung  waren,  .  .  .  Athen 
in  Griechenland  zu  dem  zu  machen,  was  in  Italien  Eom  gewe- 
sen war.  Die  schlichte  notiz,  was  Hadrian  in  Melissa  dem  Al- 
kibiades zu  ehren  angeordnet,  bekommen  wir  vom  Athenäus  XIII, 
575,  die  geheimen  gedanken  alle,  die  der  kaiser  dabei  gehabt, 
kennt  der  verf.  aus  irgend  einer  besonderen  gunst  und  verfehlt 
nicht,  sie  uns  in  beredter  ausführung  mitzutheilen. 

Auf  dem  wege  dieser  politik  des  Alkibiades  nun,  die  nicht 
etwa  eine  pisistratische  tyrannis ,  sondern  eine  alkibiadeische 
,,monarchie"  Athens  über  das  gesammte  Hellas  zum  letzten  ziele 


10  3.  Thukydides.  Nr.   1. 

hat,    ist  die  sicilische  expedition   so  zu  sagen   die   erste    etappe. 
Mit  dieser  zunächst  hat  es  die  vorliegende  abhandlung  zu  thun, 
von  den  vier  rettungen,  die  beabsichtigt  werden,  die  erste.     Die 
Athener  seien  nur  einem  naturnothwendigen  zuge  gefolgt,    wenn 
sie  darauf  ausgingen,    die    insel    zu    erobern.      In  den  Verhand- 
lungen mit  Kerkyra  stelle  sich    das  erste  moment  dar,   ihre  ab- 
sichten  auf  festere  basierung    ihres  handeis ,    in    dem    sicilischen 
kriege  von  427 — 424    neben  jenen    die   besiegung    der  Pelopon- 
nesier  durch    Zerstörung    ihrer  wichtigsten  Verbindung ,    während 
in  der  letzten  expedition    alle  momente  vereinigt  sind,    mit  dem 
materiellen  des  handeis    die    realen    der    politik    und  mit  beiden 
wiederum  die  idealen  des  großen  Staatsmannes,  der  weiter  blickt 
als  seine  Zeitgenossen  und,    alle  regungen  des  lebens  seines  Vol- 
kes verstehend  und  ihnen  die  ziele  gebend,  für  Athen  und  Hellas 
die  zukunft  offen  hält.     Wenn    aber   dem    so  ist,    worauf   stützt 
sich  denn,  fragt  der  verf.,    das  harte  urtheil ,    das  die  modernen 
geschichtschreiber,  ein  Grote,  Hertzberg,  Curtius  über  die  politik 
des  Alkibiades  fällen?     Auf  des  Thukydides  zeugniß,  antwortet 
er,  gewiß  nicht,  denn  dieser  historiker  werfe  in  der  angegebenen 
richtung   nicht   etwa  eine  schuld  auf  Alkibiades,    sondern   klage 
ausdrücklich  diejenigen  Athener  an,    welche   aus    furcht   vor  der 
beabsichtigten  tyrannis   jenen    staaatsmann    aus    dem  Staate  ver- 
wiesen hätten.     Und  ebenso  wenig  wüßte  er  einen  andern  Schrift- 
steller der  alten,  auf  den  man  sich  nach  dieser  seite  hin  berufen 
könnte.     Wenn    das    zeugniß    und    das    urtheil    des   Thukydides 
hier  maßgebend  ist,    wie  es  doch  billig    sein  sollte,    so   steht  es 
schlimm  um  diese  rettung.     Von  den  zwei  stellen,  die  in  betracht 
kommen,    hat  der  verf.  selbst    die  eine  angeführt,    £  15,  11   (z. 
nach  Bekker)  :    ottsq    xeti    aadsllsv    vgti-qqv    rrjf    räv    '^4&f]valcov 
nöhv  ol%  rjxiota.     Was  ist  aber  der  inhalt  dieses  ottsq?    Nichts 
anderes    als    daß  Alkibiades ,    der    schon    bei    allen    durch    seine 
maßlosigkeiten    im   verdacht    der    tyrannis    stand,    die    sicilische 
expedition  betrieb,    um    durch   sie    als   ihr  glücklicher  fiihrer  ta 
l8ia  iQrnxaai  ts  xai  86b]  cocpslrjoeir.     Also  aus  eigennützigen  ab- 
sichten   trieb    er  die  Athener  zu    dem  zuge,    und    hat   so    durch 
dies  unternehmen    seine  Vaterstadt  zu  gründe  gerichtet.     Wie  es 
mittelbar    dazu    gekommen    ist,    sagen  die  folgenden  worte,    die 
freilich  erst  noch  der  erklärung  bedürfen,    z.    17 — 20:    xctl  8>j- 
fioaia  XQÜziara  8ia&dvta    ra    zov  nolsfiov  i8ia  exaatoi  toig  eiti- 


Nr.   1.  3.  Thukydides.  11 

tt]8evfjtaatv  avrov  d^&ecsdepzsg  xal  älloig  stntgsxpavTsg  ov  8ia 
paxQOV  sacfrjlav  z?jv  tio'kiv.  diadivti,  was  grammatisch  unmög- 
lich ist,  giebt  nur  eine  schlechte  pariser  hdschr.,  die  andern  und 
unter  ihnen  also  alle  besten  haben  dia&svra.  Daß  der  scho- 
liast  zu  Aal  dlloig  inirgtxpavzeg  mißverständlich  sich  denkt:  tot 
zot  TJolipLOv,  ist  schon  darum  klar,  weil  das  kommando  bei  den- 
selben männern  verbleibt ,  die  es  vorher  schon  mitführten.  Zu 
dlloig  sni7Q¥\pavTi:g  gehört  das  folgende  rtjv  noXiv,  und  soq:?])av 
ist  auch  zum  vorausgehenden  Öiadfvza  heraufzunehmen ,  ganz 
wie  das  in  solchen  fällen  bei  Thukydides  die  gewohnheit  ist. 
Die  worte  heißen  also :  „und  obgleich  er  den  krieg  aufs  beste 
führte,  haben  sie,  indem  ein  jeder  für  sich  im  besonderen  an 
seinem  gebahren  anstoß  nahmen,  durch  ihre  öffentlichen  beschlüsse 
ihn  zu  fall  gebracht  und  in  bälde  den  staat,  indem  sie  diesen 
andern  anvertrauten".  Es  ist  das  also  hier  dasselbe  urtheil  des 
Schriftstellers,  wie  es  schon  ß  65,  24  ff.  zu  lesen  war.  Nach  Pe- 
rikles  tode  war  auch  Alkibiades  unter  den  volksführern  einer  der 
iGoi  Tigog  dXXtjXovg ,  und  indem  sie  ein  jeder  strebten  der  erste 
zu  sein,  haben  sie  solche  dinge  unternommen,  e£  chv  rillet  re 
nolld  .  .  .  rjviaQ7t'j&i] ,  neu  6  ig  JZ/xsliav  nlovg.  Also  gefehlt 
wurde  schon  dadurch ,  daß  man  nach  Sicilien  zog ,  wenn  auch 
der  Schriftsteller,  um  dem  Alkibiades  gerecht  zu  werden,  hinzu- 
setzt: hg  ov  Toaoinov  yvcofxrjg  auvQT?ji.ta  r\v  nqhg  ovg  snijsaav, 
oaov  oi  ix7TBii,xpav7eg  ov  tu  noöccpooa  zotg  oliopitvoig  miyiyvcß- 
axoiTsg  xzl. ,  daß  diese  Unternehmung  nicht  in  dem  maße  ein 
fehler  im  plane  war,  wie  durch  die  hinterher  gefaßten  beschlüsse. 
Aber  wiederum  auch  diese  nachfolgenden  beschlüsse  kommen 
auf  des  Alkibiades  rechnung,  der  sie  durch  den  verdacht  seiner 
tyrannis  zu  wege  gebracht  hat,  Thukydides  urtheilt  also  hier 
an  beiden  stellen  im  sinne  der  politik  des  Perikles,  wie  er  diese 
ß  65  Arorher  dargelegt  hat  und  mit  den  worten  abschließt,  z.  10 
zw.:  zoaovzov  zw  IlsQiy.lai  insQi'aasvae  zoze  aqp'  <hv  avzovg  ttqo- 
syvco  xai  navv  av  gaSicog  TzsQiysvsa&ai  zmv  nelonotvijaicop  av- 
räv  zw  nolifxcp.  Aber  freilich  unser  verf.  weiß  es  anders  und 
er  weiß  mehr.  Perikles  selbst,  sagt  er,  hätte  bei  längerem  leben 
nach  dem  lauf  der  dinge  seine  politik  nach  außen  wie  im  innern 
geändert,  oder,  wenn  er  dazu  in  sich  keine  neigung  verspürte, 
das  lieft  der  Staatsleitung  in  andere  hände  abgegeben,  nach  außen, 
um  gegen  den  feind  neue  kriegsmittel    zu  gewinnen ,    im  innern, 


12  4.  Aristoteles.  Nr.  1. 

um  die  safte  des  Staatslebens  nicht  stockig  und  faul  werden  zu 
lassen ;  von  der  defensive  mußte  zur  offensive  übergegangen  wer- 
den. Mit  bloßen  allgemeinen  betrachtungen  aber ,  wie  es  diese 
sind,  ist  ein  Thukydides,  ist  ein  Perikles  nicht  widerlegt.  Der 
peloponnesische  krieg  war  auch  bisher  von  den  Athenern  nicht 
bloß  defensiv,  er  war  auch  offensiv  geführt.  An  den  küsten 
rings  um  den  Peloponnes  hatten  sie  schon  ihre  festen  acpog/xai 
eingenommen,  Pylos,  Kythere,  Minoa,  Methone,  und  von  da  sollte 
es  dann  rw  nt£,cp  äpa  ex  yrjg  icpog/xaig  ins  innere  gehen  und  so 
dem  gegner  die  kehle  zugepreßt  und  der  athem  benommen  wer- 
den. Aber  Alkibiades  trieb  nach  Sicilien  und  hat  gerade  da- 
durch erst  sich  und  dann  mit  sich  durch  seinen  stürz  auch  den 
staat  dem  verderben  zugeführt. 

Von  den  drei  folgenden  rettungen  sollen  sich  die  beiden 
letzten  die  eine  mit  Alkibiades  nach  seiner  Wiedereinsetzung,  die 
andere  mit  seinem  verhältniß  zu  Sokrates  beschäftigen.  Ich 
wüßte  nicht,  was  da  gerettet  zu  werden  braucht.  Nach  seiner 
wiedereinsetzuug  ist  Alkibiades  der  herkulische  ringer  und  held, 
der  aller  ganze  und  unsterbliche  bewunderung  hat,  und  das  ver- 
hältniß des  Alkibiades  und  Sokrates  zu  einander  ist  so  rein  und 
lauter,  daß  es  nicht  bloß  diese  beiden  männer  mit  neuer  ehre 
umstrahlt,  sondern  überhaupt  zeigt,  wie  solcher  freundschaftsbund 
zwischen  alt  nnd  jung  seine  weihe  haben  konnte.  Die  zweite 
rettung  aber,  die  in  aussieht  gestellt  wird,  des  Alkibiades  über- 
tritt zu  Sparta,  scheint  der  art,  daß  man  sie,  meine  ich,  nicht 
unternehmen  darf,  so  lange  Vaterland  und  moral  nicht  leere 
namen  sind.  L.  Herbst. 

4.  Quae  ratio  inter  vetustam  Aristotelis  Rhetoricorum  trans- 
lationem  et  Graecos  Codices  intercedat.  Dissertatio  inauguralis, 
quam  ad  summos  in  philosophia  honores  ab  amplissimo  philoso- 
phorum  ordine  universitatis  Wirceburgensis  rite  capessendos  scri- 
psit  Leonardus  Dittmeyer.  Monachii  MDCCCLXXXIII. 
68  p.     gr.   8. 

Lange  glaubte  man,  daß  die  Aristotelische  rhetorik  ledig- 
lich in  zwei  stammen  überliefert  sei,  dem  ältesten  und  zweifels- 
ohne weitaus  besten  codex  Ac  (Paris.  1741)  und  der  gesammt- 
heit  der  übrigen  handschriften ,  und  daß  der  text  ausschließlich 
aus  Ac  herzustellen  sei,  so  weit  das  hier  dargebotene  nur  irgend- 


Nr.   I.  4.  Aristoteles.  13 

wie  logisch  und  grammatisch  möglich  erscheint  und  nicht  lttcken 
aus  der  anderen  familie  auszufüllen  sind.  Auf  die  äußerste  spitze 
getrieben  ist  dieser  grundsatz  in  Spengels  ausgäbe.  Ob  freilich 
nicht  mancher  bloße  Schreibfehler  des  codex  oder  seiner  vorläge 
dadurch  hier  das  bürgerrecht  erhalten  hatte,  durfte  von  vorn 
herein  bedenklich  erscheinen;  noch  bedenklicher  war  es,  daß  die 
mittelalterliche  lateinische  Übersetzung  zwar  häufig  mit  Ac,  aber 
doch  auch  mindestens  nicht  seltener  mit  den  vulgathandschriften 
übereinstimmt,  aber  man  beruhigte  sich  bei  Spengels  wahrschein- 
lich klingender  erklärung,  daß  dieselbe  aus  einem  mit  Ac  ver- 
wandten, aber  nach  einem  exemplar  der  anderen  familie  corrigir- 
ten  codex  geflossen  sei.  Mit  dieser  annähme  hatte  es  jedoch  ein 
ende,  als  Vahlen  (Ehein.  mus.  XXII,  1867,  p.  102  f.)  darauf 
hinwies,  daß  die  vetusta  translatio  außerdem  noch  eine  reihe  ihr 
eigeuthümlicher ,  vielfach  höchst  beachtenswerther  lesarten  aufzu- 
weisen hat,  und  daß  sich  dieselben  zum  theil  auch  in  Ac  von 
der  nur  im  ersten  buch  erscheinenden  hand  des  ältesten  correctors 
beigeschrieben  finden.  Den  unabweisüchen  schluß  hieraus ,  daß 
die  alte  Übersetzung  einen  dritten  und  keineswegs  werthlosen 
stamm  der  Überlieferung  darstellt,  sprach  Vahlen  wenigstens  so 
ausdrücklich  noch  nicht  aus ;  jetzt  aber  ist  die  richtigkeit  des- 
selben durch  Dittmeyers  sorgfältige  und  verständige  arbeit  über 
allen  zweifei  erhoben  worden.  Spengel  benutzte  für  seine  aus- 
gäbe dieser  alten,  von  Wilhelm  von  Moerbeke  herrührenden  Über- 
setzung außer  den  notizen  von  Vettori  eine  Münchener  handschrift 
M  (306)  und  den  alten  venetianischen  druck  vom  jähr  1481, 
aber,  wie  Dittmeyer  bei  der  nachvergleichung  fand,  oculorum  in- 
firmitate  impeditus  non  satis  accurate  excussit,  und  es  ergab  sich 
ferner,  daß  in  der  Münchener  bibliothek  noch  eine  zweite,  von 
Dittmeyer  verglichene  handschrift  (8003  =  m)  ist.  Der  verf. 
theilt  zunächst  die  ergebnisse  dieser  neuen  vergleichung  mit  (p. 
1 — 29),  benutzt  dann  (p.  30)  auch  die  von  Jourdain  gegebene 
probe  aus  einer  Pariser  handschrift  zur  herstellung  von  ein  paar 
stellen,  berichtigt  hierauf  (p.  31 — 37)  eine  reihe  von  irrthümern, 
welche  Spengel  bei  der  herausgäbe  der  Übersetzung  sowie  bei 
der  erschließung  der  ihr  zu  gründe  gelegten  griechischen  lesarten 
begangen  hat  (wobei  ich  nur  1359  b,  37  =  192,  29  Sp.  Ditt- 
meyer nicht  beistimmen  kann),  und  theilt  endlich  (p.  37 — 41) 
mehrere    richtige    conjecturen    mit.      Hierauf  folgt  denn  nun  der 


14  4.  Aristoteles.  Nr.   1. 

beweis,  daß  es  sich  mit  dem  Ursprung  der  translatio  wirklich  in 
der  angegebenen  weise  verhält :  es  wird  eine  auswahl  von  stellen 
gegeben,  an  denen  dieselbe  auffallend  mit  den  andern  handschrif- 
ten  (p.  42 — 45),  und  von  andern,  an  denen  sie  eben  so  auffallend 
mit  Ac  übereinstimmt  (p.  45 — 47),  und  schließlich,  was  die  haupt- 
sache  ist,  werden  die  sämmtlichen  eigenthümlichen  lesarten  der 
Übersetzung  im  ersten  buche  *)  zusammengestellt  (p.  48  —  68). 
Dabei  ergiebt  sich,  daß  uns  außer  jenem  corrector  von  Ac  auch 
noch  eine  dritte  spur  von  dieser  dritten  Überlieferung  geblieben 
ist,  indem  nämlich  auch  der  anonyme ,  bei  Neobarius  herausge- 
gebene commentator  einen  wenigstens  theilweise  ähnlichen  codex 
vor  äugen  gehabt  hat  wie  der  Übersetzer.  Das  gesammtresultat 
aber  bezeichnet  der  verf.  (p.  68)  vollkommen  richtig  dahin  :  es 
giebt  stellen ,  an  welchen  der  text  lediglich  nach  dieser  dritten 
quelle,  es  giebt  andere,  an  welchen  er  lediglich  nach  den  schlech- 
teren handschriften ,  es  giebt  sehr  viele ,  an  denen  er  lediglich 
nach  Ac  zu  gestalten  ist :  Ac  ist  und  bleibt  die  hauptquelle,  aber 
Spengel  ist  in  seiner  ausschließlichen  bevorzugung  dieses  codex 
viel  zu  weit  gegangen,  und  in  allen  zweifelhaften  fällen  ist  viel- 
mehr der  grundsatz  zu  befolgen :  si  trium  testium ,  qui  ex  eodem 
fönte,  archetypum  dico,  Tiauserunt,  duo  idem  praebent,  auctoritate  ple- 
rumque  plus  valent  quam  tertius ;  doch  ist  selbstverständlich  die 
alte  Übersetzung  mit  großer  vorsieht  anzuwenden,  und  vor  allem 
ist  ihr  Wortlaut  durch  benutzung  anderer  handschriften  von  ihr 
genauer  als  bisher  festzustellen.  Dittmeyer  schließt :  atque  hoc 
proximum  meum  erit  munus ,  und  ich  füge  hinzu ,  daß  zu  diesem 
zwecke  besonders    ein    höchst  werthvoller  Wiener  codex    zu  ver- 

1)  P.  1354  a,  12  adepti  sunt.  Dittmeyer  meint  aus  guten  gründen  — 
Tsrv%riX(tGii>,  aber  mg.  Ac  hat  ntnoQixaciv  und  das  ist  entscheidend, 
wenn  dies  von  der  hand  jenes  ersten  correctors  ist.  —  1355  a,  10  steht 
nach  Vettori  auch  am  rand  von  Ac  n&Qiaobv  Ivmv&a  ?o  de.  —  1356  a, 
25  7t]  (AtQog  n  vet.  trsl.,  exhibet  etiam  mg.  Ac  prima  manu:  ich  weiß 
nicht,  woher  Dittmeyer  dies  hat ;  jedenfalls  dürfte  dann  statt  prima 
manu  wieder  rc.  corr.  1  das  richtige  sein.  —  Auf  weitere  einzelneren 
kann  ich  hier  nicht  eingehen,  manches  zweifelhafte  hat  Dittmeyer 
mit  aufgenommen,  das  ist  ganz  recht,  aber  es  hätte  wenigstens  das 
zweifelhafte  auch  überall  als  solches  bezeichnet  werden  sollen.  Je- 
denfalls ist  des  guten  zu  viel  geschehen:  mir  wenigstens  ist  es  z.  b. 
gar  nicht  zweifelhaft,  daß  Wilhelm  1356  b,  13  diixwo&at,  las,  obgleich 
er  ostendere  schreibt,  s.  Busse  De  praesidiis  Aristotelis  Politica  emen- 
dandi,  Berl.  1881,  p.  25  f.  Anderes  fehlt,  z.  b.  1359  a,  20  y«p  post 
Okvfimcc  add.  vet.  trsl.  et  mg.  rc.  1  Ac  (was  Spengel  und  Bekker  3  mit 
recht  aufgenommen  haben). 


Nr.   1.  5.  Epikuros.  15 

gleichen  ist,  und  indem  ich  mit  aufrichtigem  dank  von  dem  verf. 
scheide,  spreche  ich  zugleich  die  hoffnung  aus,  daß  niemand  die 
rhetorik  aufs  neue  herausgehen  wird  anders  als  auf  grund  einer 
neuen,  his  ins  kleinste  genauen  collation  von  Ac,  wie  sie  Vahlcn 
besitzt,  aber  auch  nicht  ohne  neue  revision  der  übrigen  Bekker- 
schen  handschriften  an  einzelnen  stellen  und  auch  nicht  ohne 
eine  neue  vergleichung  der  Aldina,  und  ohne  daß  mit  der  alten 
Übersetzung  jenes  proximum  munus  Dittmeyers  vorgenommen  ist. 
Denn  nur  dann  kann  eine  solche  neue  aiisgabe  wirklich  von 
wei'th  sein.  Fr.  Susemihl. 

5.  Epikurs  brief  an  Herodot  §  68 — 83  übersetzt  und  er- 
läutert von  dr.  A.  Brieger.  Halle  1882.  28  p.  4.  (Gym- 
nasialprogramm.) 

Unter  den  erhaltenen  resten  von  Epikurs  Schriften  bedarf 
kein  anderer  in  höherem  maße  der  eingehendsten  und  mühselig, 
sten  sacherklärung  als  der  „kleine  auszug"  aus  der  physik  in 
form  eines  briefes  an  Herodotos  bei  Laert.  Diog.  X,  35 — 83, 
und  gewiß  kann  niemand  mehr  berufen  sein,  sich  an  diese  auf- 
gäbe zu  wagen,  als  Brieger,  dem  selbst  der  neid  es  lassen  muß, 
daß  er  zu  den  besten  kennern  des  Lucretius  und  anderer  uns 
gebliebener  denkmäler  epikureischer  Weisheit  gehört.  Bisher  setzte 
ferner  der  gerade  hier  völlig  unbrauchbare  zustand  des  in  un- 
seren ausgaben  fortgepflanzten  textes  einem  solchen  unternehmen 
unübersteigliche  hindernisse  entgegen,  aber  1877  hat  Bonnet  im 
Bhein.  mus.  XXXII,  p.  578  ff.  die  lesarten  der  sechs  wichtig- 
sten handschriften  veröffentlicht  und  1881  Usener  auf  grund  die- 
ser Codices  eine  textrecension  der  zehn  ersten  §§  (34 — 44)  ge- 
liefert und  zugleich  vom  ganzen  versprochen.  Man  glaubt  es 
Brieger  auf  sein  wort,  daß  er  lieber  die  erfüllung  dieses  Ver- 
sprechens erst  abgewartet  hätte;  daß  er  dies  nicht  thun  konnte, 
bringt  indessen  mindestens  den  vortheil  mit  sich,  daß  nunmehr 
seine  probe  umgekehrt  für  die  neue  kritische  ausgäbe  von  nutzen 
werden  kann. 

Brieger  schickt  einige  treffende  bemerkungen  über  den  ge- 
sammtcharakter  des  briefes  voraus  (p.  6 — 8),  in  denen  er  kurz, 
aber  einleuchtend  nachweist,  daß  der  letztere  keineswegs  zu  den 
besten  schriftstellerischen  arbeiten  des  Epikuros  zählt,  sondern 
mit  großer  flüchtigkeit  und  nachlässigkeit  abgefaßt  ist.      Im  zu- 


16  5.  Epikuros.  Nr.   1. 

sammenhang  hiemit  setzt  Brieger  Useners  annähme  einer  lücke 
in  §  43  begründete  bedenken  entgegen.  Außer  dieser  für  ge- 
übtere (35)  bestimmten  piHgä  imtofitj  ngog  'Hgodorov  (85)  hatte 
Epikuros  nach  dem  zeugniß  der  eingedrungenen  schoben  §  39. 
40.  73  und  indirect  seinem  eigenen  §  85  auch  einen  „großen 
auszug"  (ßsydXr]  inizofir})  geschrieben,  und  wenn  schon  hieraus 
erhellt,  daß  dies  letztere  compendium  vielmehr  auf  anfänger  be- 
rechnet war,  so  macht  Brieger  im  höchsten  grade  wahrschein- 
lich, daß  Epikuros  dies  selbst  im  anfang  des  erhaltenen  kürzeren 
(35)  sagt  und  hier  selbst  bezeugt,  daß  es  vor  diesem  geschrieben 
ist.  Denn  Briegers  Verbesserungsvorschlag  avtog  nagsaxevaaa 
für  das  verderbte  handschriftliche  amolg  ■naQtoxsvaaa  (naga- 
anhaaa  mit  folgender  rasur  hat  nur  ein  codex,  freilich  der 
älteste)  liegt  der  Überlieferung  näher  und  ist  dem  Zusammenhang 
ungleich  entsprechender  als  der  Useners  av  rig  naguaxsvaaai ,  ja 
man  darf  ohne  Übertreibung  sagen :  seine  richtigkeit  ist  fast 
zweifellos.  „Wenn  aber  die  große  Epitome  vor  der  kleinen  be- 
stand, so  kann  es"  wiederum  „kaum  einem  zweifei  unterliegen, 
daß  die  letztere  aus  der  ersteren  excerpirt,  also  ein  auszug  eines 
auszuges  ist.  Daraus  dürfte  sich  manche  eigenthümlichkeit  der- 
selben erklären". 

In  der  nunmehr  folgenden  eigentlichen  hauptmasse  seiner 
arbeit  hat  Brieger  die  höchst  zweckmäßige,  ihm  viel  unnütze 
worte,  seinen  lesern  viel  zeit  und  mühe  sparende  einrichtung 
getroffen,  das  ganze  in  abschnitte  zu  theilen  und  jedem  derselben 
eine  Übersetzung  des  entsprechenden  stücks  nach  seiner  texther- 
stellung  voraufzuschicken,  um  dann  jedesmal  die  auseinander- 
setzung  und  begründung  dieser  herstellungen  und  herstellungs- 
versuche  in  Verbindung  mit  dem  commentar  folgen  zu  lassen. 
Auf  einzelheiten  einzugehen  ist  in  der  kürze  nicht  thunlich,  ich 
muß  mich  daher  mit  der  allgemeinen  bemerkung  begnügen,  daß 
ich  mich  nach  gewissenhafter  prüfung  dem  verf.  überall  für 
reiche  belehrung  verpflichtet  fühle,  und  daß  nach  meiner  Über- 
zeugung ein  jeder,  der  interesse  an  der  sache  nimmt,  ihm 
auf  das  lebhafteste  dankbar  sein  muß  für  den  dargereichten 
Ariadnefaden  in  diesem  labyrinth.  Daß  sich  über  manches  strei- 
ten läßt,  weiß  Brieger  selbst  am  besten  und  spricht  es  unum- 
wunden aus,  läßt  es  auch  stets  unverhohlen,  wo  er  selber  keinen 
rath  weiß.     Aber  wie  seine  erklärungen  so  sind  seine  conjecturen 


Nr.   I.  6.  Hippokrates.  17 

ausnahmslos  beachtenswerth ,  großentheils  sicher.  Nicht  zum 
wenigsten  glücklich  ist  er  in  dem  nachweis  und,  so  weit  es 
überhaupt  möglich  ist ,  der  ergänzung  zahlreicher  lücken.  Ein 
auffallender  irrthum  ist  die  behauptung ,  Aristoteles  habe  die 
weit  als  ein  £qjov  angesehen  (p.  15),  während  derselbe  bekannt- 
lich vielmehr  die  (platonische)  annähme  einer  weltseele  eingehend 
bestreitet ;  daß  er  sich  die  sache  zwar  trotzdem  verwandt ,  aber 
doch  anders,  und  wie  er  sie  sich  dachte,  kann  man  gerade  aus 
der  vom  verf.  fälschlich  für  seine  meinung  citirten  stelle  bei 
Zeller  Phil.  d.  Gr.  II3,  2,  p.  455  f.  und  aus  dessen  vorangehen- 
der ausführung  p.  422  f.  auf  das  beste  ersehen.  Um  endlich 
doch  wenigstens  etwas  eigenes  zu  sagen,  so  stimme  ich  zwar 
Brieger  (p.  8)  vollständig  darin  bei,  daß  §  69  in  den  worten: 
fßOHSQ   orav   s|  avtäv   tä>v  oyxmv  [*eil,ov  a&QOißfia  ovozy,  tjtoi   imv 

7JQ007COV    1J     TCÖJ'    70V     olov    <  [i£V    £%6t703V    71JV    (fVGlT^  [AtyE&WV,     Z(X>V 

Ö£  <(>Qatmv>  7/*os'  iXartöiHßV)  wie  unter  zwc  7iqg>7k>v  die  eigent- 
lich von  Epikuros  so  genannten  oyaot,  die  atomentheile,  so  unter 
täv  70V  oXov  y..7.X.  die  atomenganzen  zu  verstehen  sind;  wenn 
man  aber  die  p.  13  f.  gesammelten  beispiele  vergleicht,  in  denen 
Epikuros  ausdrücke  des  seins  prägnant  für  ausdrücke  des  den- 
kens  setzt,  so  wüßte  ich  nicht,  warum  man  nicht  auch  hier  ein 
gleiches  annehmen  könnte,  und  was  also  der  alle  Schwierigkeiten 
beseitigenden  erklärung:  „mag  man  nun  dabei  an  die  eigentli- 
chen molekülen  oder  an  die  atome  denken"  oder  mit  andern  Wor- 
ten :  „bei  der  Zerlegung  bis  in  die  letzten  grundbestandtheile 
oder  nur  bis  in  die  atome  zurückgehen"  im  wege  stände.  Und 
§  73  verstehe  ich  unter  naaav  avynQiaiv  nenFQaGfii-frjv  im  gegen- 
satz  zu  den  Weltsystemen  (nöafxoi)  deren  theile,  die  gestirne,  die 
unorganischen  körper,  die  einzelwesen.  Endlich  zu  §  78  to  ev- 
8t%o^irag  xat  allcog  neos  s%eiv  war  daran  zu  erinnern,  daß 
Aristoteles  in  etwas  anderem  sinne  bekanntlich  ih  ivSex6/j,£i>ov 
xai  a),lo)g  £%£iv  als  kunstausdruck  für  das  wandelbare  dasein 
gebraucht,  was  doch  wohl  auch  dem  Epikuros  trotz  des  Unter- 
schiedes hiebei  vorgeschwebt  haben  wird.  Fr.  Susemihl. 

6.  Ioannes  Ilberg,  studia  pseudippoeratea.  Leipziger 
doctordissertation.     Leipzig,  Teubner  1883.     8.      64  p. 

Nach  einem  überblick  über  die  litteratur,  welche  den  Zu- 
sammenhang der  hippokratischen  Schriften  mit  der  griechischen 
Philol.  Anz.  XIV.  2 


18  6.  Hippokrates.  Nr.   1. 

philosophie  betrifft,  geht  verf.  auf  die  frage  nach  den  in  dem 
buche  negl  aQ^alrig  tijTQix/jg  bekämpften  Sophisten  und  den  in 
die  medizin  eingeführten  philosophemen  ein,  wie  sie  zu  anfang 
jtsqI  cpvaiog  av&Qconov  erwähnt  werden.  Auf  welche  philosophen 
gehn  dieselben  zurück  ?  namentlich  die  angäbe ,  daß  die  erde 
allein  das  urelement  sei  ?  Ilberg  kommt  in  dieser  frage  gegen 
Galen  in  so  fern  weiter,  als  er  an  dem  beispiele  des  commenta- 
tors  Sabinus  zeigt ,  wie  die  alten  durch  miß  Verständnis  dessen, 
was  über  die  lehren  der  älteren  philosophen  überliefert  wurde, 
wie  in  diesem  falle  durch  Hippolyt  über  Xenophanes,  zu  solchen 
falschen  angaben  kommen  konnten. 

Zu  den  Schriften,  die  in  den  büchern  nsgl  cpia.  äv&g.  und 
nsgl  aQ%.  Itj-iq.  bekämpft  werden,  gehört,  wie  schon  Littre  VI,  88 
sah,  das  buch  nsgl  cßvodöv,  in  welchem  die  luft  als  das  alleinige 
lebensprincip  und  die  alleinige  Ursache  der  krankheiten  ange- 
geben wird.  Bei  mehrfacher  Übereinstimmung  mit  Anaximenes 
und  Diogenes  von  Apollonia  findet  sich  ein  scharfer  gegensatz 
gegen  den  letzteren  in  §  14,  wo  dem  blute  der  hauptantheil  an 
der  denkkraft  zugeschrieben  wird,  während  Diogenes  dieselbe  aus 
der  luft  herleitet.  Ilberg  hebt  nur  diese  eine  abweichung  her- 
vor ,  ich  erlaube  mir  noch  auf  einige  andere  aufmerksam  zu 
machen :  Von  der  beseelung  und  dem  vernünftigen  denken ,  wie 
es  Diogenes  seinem  demente  zuschreibt ,  läßt  sich  in  unserer 
schrift  keine  spur  nachweisen.  Hier  ist  unter  luft,  mag  sie 
nvevy,a  oder  q>vaa  oder  arjQ  heißen,  schlechthin  die  von  uns  ein- 
geathmete  atmosphäre  mit  ihren  Veränderungen  und  bewegun- 
gen ,  sowie  auch  als  dampfförmige  feuchtigkeit  zu  verstehen. 
Ich  halte  es  für  Avahrscheinlich ,  daß  unser  autor  in  diesen  Vor- 
stellungen nur  dem  Anaximenes  gefolgt  sei.  Dafür  sprechen 
noch  einige  andere  indicien :  Anaximenes  sagte :  die  luft  sei  im 
ruhigen  und  gleichmäßigen  zustande  für  das  äuge  nicht  wahr- 
nehmbar, an  der  kälte  jedoch  und  an  der  wärme,  an  der  feuch- 
tigkeit und  an  den  Strömungen  erkenne  man  ihr  dasein,  s.  Zeller 
I,  p.  220,  anm.  3.  Ebenso  unser  Verfasser  §  3  :  Nach  einer  schif- 
derung  von  der  gewalt  der  luftströmungen  heißt  es  da:  alXa 
\kh\v  iazt  ys  ty  fxsv  o\psi  äqiarijg ,  tw  ds  Xoyiapäj  cparsgög  (wo 
zugleich  die  Unterscheidung  einer  geistigen  und  einer  sinnlichen 
Wahrnehmung  nach  der  weise  der  vorsokratischen  denker  zu  be- 
achten ist)  .   .   .  tovto  xul  %EiiAoot>og  Kai  ÖEQUog  aifior,  iv  [tev  t<jjT 


Nr.   1.  6.  Hippokrates.  19 

yei/Amvi  nvv.vov  x«i  \pv%gd>>  yevöfAtvor,  iv  8s  zcp  &sgti  ngtjv  xai 
yah]v6v.  Ferner  sagt  Anaximenes ,  die  luft  umfasse  die  ganze 
weit,  s.  Zeller  I,  p.  221.  Dasselbe  wird  in  unserer  schrift  sehr 
energisch  durch  folgende  sätze  hervorgehoben:  §3:  ri  yag  dvtv 
tovts'ov  ysvaixo  o.v ;  )}  ztvog  ovzog  ansattv  ;  //  iivi  ov  <-v[A7zag£ß7iv; 
anav  yag  zo  fisra^b  yijg  zs  xal  ovgavov  nvsv\iazog  s\inlsöv  iaziv 
und  zu  ende  des  § :  xsvsöv  zs  ovSiv  iaziv  zovzov.  Wenn  sich 
ferner  unser  Verfasser  die  Vielheit  der  erscheinungen  nur  durch 
die  Verschiedenheit  des  ortes  erklärt,  so  dachte  sich  auch  Anaxi- 
menes die  luft  als  unveränderliches  substrat ;  nur  ihre  beständige 
bewegung  brachte  eine  unendliche  mannigfaltigkeit  der  erschei- 
nungen hervor,  s.   Zeller  a.  a.  o. 

Auch  der  ausdruck  deckt  sich,  wenn  der  gedanke  des  Anaxi- 
menes, daß  die  erde  vermöge  ihrer  platten  gestalt  in  der  luft 
schwebe,  vergl.  Zeller  I,  p.  226  und  Hippolyt.  Refut,  haer.  I,  7 
7tjv  8s  yijv  nXaztiuv  sivai  in'1  dsoog  o^ovfASitjV  sich  in  unserer 
schrift  ende  §  3  in  der  fassung  wiederfindet:  die  luft  sei  zTjg  yrjg 
o^ijua.  Es  ist  demnach  sehr  wahrscheinlich ,  daß  auch  die  in 
demselben  §  ausgesprochenen  gedanken ,  daß  die  luft  der  sonne 
und  den  gestirnen  zur  nahrung  diene,  ferner  daß  das  meer  luft 
enthalten  müsse,  da  die  schwimmenden  thiere  nicht  in  demselben 
würden  leben  können ,  wenn  sie  nicht  luft  aus  dem  meerwasser 
einzögen,  welch  letzterer  gedanke  zuerst  zu  Diogenes  angeführt 
wird ,  auch  dem  Anaximenes  beigelegt  werden  müssen ,  zumal 
Diogenes  auch  in  vielen  anderen  dergleichen  punkten  auf  den 
schultern  des  Anaximenes  stand  und  bereits  Anaximander  ähn- 
liches gelehrt  hatte,  s.  Zeller  p.  206  und  245.  Einen  einfluß 
des  Diogenes  anzunehmen  nöthigt  uns  in  dem  ganzen  buche 
nichts.  Ich  bemerke  dies  zugleich  gegen  Weygoldt,  Neue  jahrbb. 
bd.  123,  p.  510.  Von  Diogenes  ist  ganz  abzusehen,  und  es  ist 
fraglich ,  ob  man  den  Apolloniaten  einer  solchen  inconsequenz 
beschuldigen  darf,  wie  Galen,  de  plac.  Hippocr.  et  Plat.  II.  a.  E. 
(V,  p.  283  K.) :  xal  abzog  {^/loytvrjg)  snilav&avöusvog  zäv  oi- 
xsioav  öoyuüzmv  aluä  qiijatv  shat  zijv  ipv%t]t>  cag  'EfxnsSoxlijg  xal 
Kgizi'ag  vneXaßov. 

Dagegen  läßt  sich  der  einfluß  des  Empedokles  noch  weiter 
als  bloß  in  der  angäbe  §  14  über  die  bedeutung  des  blutes  als 
hauptträger  der  (pgövrjGtg  erkennen.  In  der  krankheitstheorie 
wird  die  Ursache  der  erkrankung   meist   in    der   einwirkung    der 

2* 


20  6.  Hippokrates.  Nr.   1. 

luft  auf  das  blut,  den  träger  der  wärme  im  menschlichen  körper, 
gesucht.  Diese  einwirkung  ist  eine  ähnliche  wie  die  des  qslsyfia 
in  De  morb.  I.  So  wird  Schüttelfrost  durch  eine  geringere,  starr- 
frost  durch  eine  schon  bedeutendere  ahkühlung  des  blutes  durch 
die  luft  erklärt.  Uebermäßiges  eindringen  der  luft  in  den  kör- 
per wird  hauptsächlich  durch  übermäßiges  essen  und  trinken 
herbeigeführt.  Denn  wie  in  allen  dingen ,  so  ist  auch  in  speise 
und  trank  luft  enthalten  (§  7  und  8).  Die  beschreibuhg  der  hier- 
bei vorkommenden  blutbewegungen  beruht  auf  denselben  Vor- 
stellungen wie  die  respirationstheorie  des  Empedokles :  das  ein- 
dringen der  luft  (des  athems)  in  den  körper  und  das  zurück- 
weichen des  blutes  nach  dem  innern  einerseits ,  das  ausathmen 
und  die  ausdehnung  des  blutes  im  innern  andrerseits  stehen  in 
steter  Avechselwirkung,  vgl.  Emped.  v.  348 — 350  und  364  Mullach. 
Schauerfrost  und  zittern  beruhn  nach  unserer  schrift  auf  einem 
höheren  grade  derselben  Wechselbewegung,  vergl.  §  8  a.  a.  'Ev 
ös  zyai  q>ginrjai  aal  öl  zgöfxoi  zov  awfiazog  xaza  zorös  yltorzai 
iov  zgönov.  zo  aifia  qioßsöfxsvov  zijv  nagovaav  q>gi>tip>  %vvTge%ei 
xai  öiataasi  Öia  navzog  zov  owfiazog  ig  zu  &sg[xözaza  alzov. 
xa&akXopepov  ös  iov  aifiazog  in  zätv  axgaiTjjgicov  iov  atafiaiog 
ig  ik  caXäyxpa,  igepsovoi  (so  ist  mit  der  ältesten  handschrift 
Parisin.  A  zu  lesen).  —  Uebereinstimmend  mit  De  morb.  I,  25 
wird  dann  die  entstehung  des  Schweißes  aus  dem  blute  erklärt, 
aber  der  Vorgang  Avird  liier  ausführlicher  beschrieben.  Von  dem 
erhitzten  blute  sondern  sich  die  feuchten  theilchen  in  form  von 
dämpfen  (in  diesem  sinne  kommt  hier  §  8  nvsvfxa  vor)  ab ;  diese 
schlagen  sich  in  den  schweißlöchern  des  körpers  in  form  von 
wasser  nieder:  zimszai  yag  (io  aipa)  nvgoifisvov,  aal  ylrszai 
nvsviia  «§  avzov '  iov  ös  nvsijjiazog  ngogninzovrog  ngbg  zovg 
nögovg  iov  aoofxazog,  ol  lögmzeg  yivovzai.  io  yag  nvsvfia  %vvi- 
Gidfisvov  ig  vöwg  %ehai  xat  öicc  zäv  nogmv  öis^sX&bv  s£co  ns- 
gaiovzai  xzl.  Damit  vergl.  Pseudogalen .  de  bist.  phil.  c.  36, 
XIX.  p.  338  K.  'E/jneöoxlijg  .  .  .  lÖgäza  not  öängvov  yivsa&ai 
iqxofAstov  zov  alfxazog  xat  ntgl  zb  lenzvrsö&ai  dia%eofisvov.  Es 
ist  demnach  hervorzuheben,  daß  der  Verfasser  von  nsg).  qvacöv 
sich  trotz  seiner  Versicherung  in  §  3  gar  nicht  streng  an  das 
einheitsprincip  gehalten  hat.  Die  luft  ist  ihm  wohl  hauptbedin- 
gung  für  das  leben,  neben  ihr  erscheint  aber  bald  das  blut  in 
seiner  normalen  beschaffenheit    als    mitträger  der  gesundheit  und 


Nr.   1.  6.  Hippokrates.  21 

.sogar  als  hauptsitz  des  denken*.  Dem  blute  gegenüber  hat  die 
luft  eiue  ähnliche  ätiologische  bedeutung  wie  schleim  und  galle 
in  De  morb.  I.  In  seiner  pneumatheorie  ist  der  Verfasser  dem 
Anaximenes  gefolgt,  hat  aber  dann  den  diesen  philosophen  ent- 
nommenen Vorstellungen  empedokleische  beigemischt. 

Im  stile  stellt  Ilberg  diese  schrif't  mit  den  erzeugnissen  der 
Sophistenschulen  zusammen ,  besonders  vergleicht  er  sie  wegen 
ihrer  förmlicbkeit  in  den  übergangen  mit  dem  ^Eyxcü/Aiov  lE)J.vt]g, 
das  dem  Georgias  zugeschrieben  wird.  Ich  bemerke  indessen, 
daß  sich  dieselbe  erscheinung  auch  in  andern  Schriften  der  Samm- 
lung findet,  die  für  echt  gelten,  z.  b.  sehr  ausgeprägt  in  De  aere 
aqu.  loc.  Auch  eine  reihe  von  antithesen ,  parechesen  und  der- 
gleichen figuren  führt  Ilberg  auf  die  von  Gorgias  erfundenen 
Giratar u  zurück.  Interessant  ist  der  nachweis  des  hier  und  da 
hervortretenden  jambischen,  trochäischen,  anapästischen  etc.  rhyth- 
mus.  Eine  stelle  aus  dem  proömium  p.  90,  bei  Eusebius  citiert, 
wurde  von  Valesius  für  würdig  der  sophokleischen  oder  äschy- 
leischen  muse  erachtet. 

Das  l'esultat  der  Ilbergschen  forschung",  die  schrift  neol 
qvacöi  sei  das  werk  eines  Sophisten,  ist  an  sich  nicht  neu,  er- 
hält aber  durch  die  umsichtige  und  breit  angelegte  Untersuchung 
des  verf.  eine  neue  beleuchtung  und  bestätigung.  Im  2ten  theile 
der  dissertation  wird  nachgewiesen,  daß  Ermerins  die  drei  Schrif- 
ten Nöfiog,  7T£g}  tgyvrjQ  und  tisq)  aQ%uit]i;  f'z/roix^t,'  mit  unrecht 
einem  Verfasser  zugeschrieben  und  zu  einer  abhandlung  zusam- 
mengezogen habe.  Die  Zusammengehörigkeit  dieser  drei  bücher 
wird  weder  durch  die  in  den  handschriften  erhaltenen  kataloge 
der  Sammlung  bewiesen ,  denn  den  handschriften ,  auf  die  sich 
Ermerins  beruft,  stehen  Vaticanus  276  (12.  jahrh.)  und  Parisinus 
2146  gegenüber,  wo  ein  altes  Verzeichnis  erhalten  ist,  in  dem 
negl  Üq%.  iqzQixijg  und  nsg}  Jtprjg  weit  vom  Nofxog  getrennt  stehen, 
noch  durch  die  spräche  gerechtfertigt.  Verf.  zeigt,  wie  der  dialekt 
in  den  formen  in  den  echten  wie  in  den  unechten  Schriften  schon 
vor  Galen  in  Verwirrung  gebracht  war.  Es  ist  dies  um  so  glaub- 
hafter, als  ja  schon  ein  theil  unserer  textes Varianten  dem  Galen 
vorlag.  Wenn  also  zwischen  den  drei  büchern  in  den  formen 
keine  wesentlichen  dialekt -discrepanzen  vorkommen,  so  kann  dies 
unter  solchen  umständen  noch  kein  beweis  für  ihre  Zusammenge- 
hörigkeit sein.     Mit   demselben  rechte  müßten  De  aere  aqu.  loc. 


22  6.   Hippokrates.  Nr.    1 . 

und  De  morbo  sacro  einem  Verfasser  zugeschrieben  werden,  da  sie 
in  den  formen  keine  ab  weichungen  bieten,  außer  daß  dort  immer 
qSjg,  in  De  morb.  sacr.  immer  «j/pim  nominativ  überliefert  ist,  wes- 
halb die  Littre'sche  conjektur  VI,  394  fallen  muß.  in  rq>  i]?qi  ist 
dort  als  Wiederholung  aus  der  zeile  vorher  mit  Ilberg  zu  streichen. 

Beträchtliche  unterschiede  findet  verf.  in  dem  gebrauche  ein- 
zelner ausdrücke.  In  dem  sehr  kurzen  Nöfxog  werden  7  unzwei- 
felhafte jonismen  gezählt,  aus  der  weit  längeren  schritt  ttsq)  rgp//ff 
blos  slivvft  angeführt,  Beide  Schriften  sind  dagegen  einander 
ähnlich  in  dem  reichlichen  gebrauche  von  antithesen,  paronomasien 
und  dergl.  rhetorischen  figuren,  die  sich  in  nsfji,  aQ%.  Iijzq.  nur 
spärlich  finden.  Ilberg  faßt  daher  sein  urtheil  dahin  zusammen : 
Tria  opuscula  ab  Ermerinsio  confidenter  conglutinata  tribus  auctori- 
bus  esse  reddenda,  quorum  ei  qui  rofxov  cornposuerunt  et  negi  rr^vijg 
libellum  sophistarum  utebantur  dicendi  artificiis.  Der  Nöpiog  ist 
eine  in  sich  abgeschlossene  schrift,  in  deren  dreitheilung  der  einfluß 
des  Gorgias,  in  deren  haupttheil  über  die  6  erfordernisse  zur 
erfolgreichen  ausübung  der  kunst  der  dem  Protagoras  zugeschrie- 
bene satz  cpiaecog  xat  daxi'jascog  diSaoxaliu  deirai.  neu  anb  tso- 
rytog  de  otQt-ctfietovg  8siv  fxav&ävstv  (Cramer  Anecd.  I,  p.  171) 
zu  erkennen  ist.  Der  Zusammenhang  der  bücher  negl  tsxvijQ  und 
nsgl  <xq%.  itjZQ.  ist  durch  die  in  beiden  hervortretende  liebhaberei 
für  gewisse  worte  und  begriffe  nicht  nur  nicht  erwiesen  (der 
verf.  zeigt  dies  an  dem  gehrauche  von  sigCansir,  nach  welchem 
man  negi  Siaitrjg  d  demselben  Urheber  zuschreiben  müsse) ,  son- 
dern ganz  ausgeschlossen.  Der  Verfasser  von  nsglrip'^g  ist  ein 
iatrosophist,  der  in  der  dialektik  dem  Melissos  folgt  und  durch  den 
gebrauch  des  wortes  u8og  =  ova(a  (in  De  aere  aq.  loc.  bedeutet 
es  nur  „aussehen")  seine  bekanntschaft  mit  Piaton  verräth.  Was 
in  nsgl  Tep'ijg  über  den  ausschluß  der  ivpi  von  der  ärztlichen 
kunst  gesagt  wird ,  hält  Ilberg  für  nachahmung  ähnlicher  erör- 
terungen  in  der  schrift  De  locis  in  homine,  ob  diese  letztere 
aber  dem  Piaton  bekannt  gewesen  sei,  halte  ich  nicht  für  er- 
wiesen (vergl.  Piniol,  anzeiger  XIII,  p.  706).  "Während  also  der 
Verfasser  von  tteqi  re'p'yg  ein  sophist  ist,  der  aus  Melissos  und 
Piaton  schöpfte,  war  der  von  ttsq}  aQ%.  iijtq.  ein  arzt,  der  die 
aus  den  lehren  der  älteren  philosophen,  namentlich  des  Empe- 
dokles  *),  in  die  medizin  eingeführten  theorien  bekämpft  und  eine 

1)  'AXXä    lovxo    tfil   XttTct/ucc&tlv   tbv   fjiilXovta    ogfrwg  &fganeveip  roig 


Nr.   1.  6.  ffippokrates.  23 

gesundheitslehre  vorträgt,  welche  der  erfahrung  rechnung  tragend 
auf  dem  boden  der  alkmäonischen  isonomienlehre  steht.  Gegen 
die  letztere  ansieht,  die  schon  von  Littre  I,  562  aufgestellt  und 
durch  Ilberg's  Untersuchung  bestätigt  wird,  wird  sich  schwerlich 
etwas  einwenden  lassen,  wie  aiich  in  der  ganzen  frage  dem  Ver- 
fasser gegen  Ermerins  recht  zu  geben  ist ,  wenn  auch  einzelne 
«eiuer  argumente  an  sich  mir  nicht  zwingend  erscheinen  wollen. 
Betreffs  des  A'r'</ru'  möchte  ich  noch  auf  eine  eigenthümliehkeit 
hinweisen,  nämlich  auf  die  Vorstellungen  und  aiisdrücke,  die  aus 
den  kreisen  und  der  spräche  der  Mysterien  entnommen  sind. 
Wenn  es  am  ende  heißt :  tu  de  iegu  sottu  ngrfl\iuTa  iegolöiv 
icrügmnoiGi  dtixivzut.'  ßsßtjXoiai  <5f,  ov  ß-tfit^ ,  ng\v  /}  te).sg&wgiv 
boylotoiv  iniar^fitjg,  so  klingt  das  gerade,  als  wollte  der  Verfasser 
die  ärztliche  kunst  mit  dem  nimbus  der  heiligkeit  umziehen, 
welche  mystische  culte  besaßen  oder  beanspruchten.  Zur  hebung 
des  vielfach  geschmähten  ärztlichen  Standes  scheint  es  ihm  noth- 
wendig ,  die  zunft ,  deren  bild  nach  der  alten  eidformel  er  vor 
äugen  hatte,  wieder  zu  beleben  und  nach  außen  abzuschließen. 
In  dieser  abgeschlossenen  gemeinschaft  soll  die  kunst  gepflegt 
und  vor  profanierung  gehütet  werden.  In  diesem  gedanken 
schwebte  dem  Verfasser  der  brauch  der  mysterien  vor.  Nur 
wer  in  diese  genossenschaft  aufgenommen  und  in  die  von  ihr  be- 
wahrten geh  einmisse  der  kunst  eingeweiht  ist,  aus  dem  kann  ein 
angesehener  arzt  werden.  Die  lehren  (öoj',««r«),  Avelche  die  na- 
türliche anläge  (yvGtg)  durch  die  schule  empfängt,  Averden  mit 
Samenkörnern  verglichen ,  die  dem  schoße  der  erde  anvertraut 
werden  (vergl.  §  3).  Sowohl  das  bild  als  auch  der  ausdruek 
dcyfta  scheint  orphisch -mystischen  kreisen  entnommen  zu  sein, 
vergl.  Zeller,  Philosophie  der  Griechen  I,  p.  50,  anm.  In  dem 
oben  citirten  satze  sind  ße'ßijXog  (vergl.  Lobeck,  Aglaoph.  I,  p.  441 

urd-gmnovg.  itlvn  dt  ctvnoißiv  b  Xöyog  slg  <fi\o6oyiuv  y.ü&untg  'Efxntdoxlrjg 
rj  aXkoi,  oi'  ntgi  (fvGiog  ysyprifjaoiv  lf  (tQX^  on  ^Giiv  iiv&goinog.  Diesen 
satz  hat  Littre  aus  dem  ältesten  Parisinus,  in  dem  allein  er  ihn  fand, 
zuerst  herausgegeben.  Es  scheint  die  ansieht  zu  bestehen,  daß  die 
worte  sonst  nirgends  handschrittlich  überliefert  seien  (vergl.  Gomperz 
Beiträge  zur  erklärung  und  kritik  griech.  Schriftsteller  III ,  p.  29). 
Es  sei  deshalb  bemerkt,  daß  der  betreffende  satz  auch  im  Marcianus 
269  (12.  jahrh.)  im  texte  steht,  wie  überhaupt  dieser  codex  für  unsere 
schrift  auffallend  mit  Paris.  A  stimmt  und  mit  demselben  die  hand- 
schriftliche grundlage  für  das  buch  ntgl  ccg^-  'Vp-  bildet.  Ilberg  ist 
durch  eine  neue  vergleichung  der  6  ersten  capitel  im  Marcianus  zu 
demselben  resultate  gelangt. 


24  7.  Tibullus.  NV.   I. 

und  450 — 454)  und  rtltia&ai  unzweifelhaft  orphisch-mystische 
ausdrücke.  Dasselbe  gilt  wohl  auch  von  inrjßoXng  §  2  und  dem 
letzten  wort  von  §  2  ßatös,  welches  in  der  prosa  sonst  nirgends 
vorkommt,  wohl  aber  von  Nonnos  einigemale  gebraucht  wird. 

In  einem  epimetrum  über  die  handschriftliche  grundlage  zu 
nsgi  ag%.  ujto.  gelangt  Ilberg  zu  dem  in  der  anmerkung  mitge- 
theilten  richtigen  resultat.  Hierbei  bemerkt  Ilberg  die  Dietz'- 
sche  collation  des  Marcianus  269,  welche  ihm  zur  hand  war, 
scheine  an  genauigkeit  manches  zu  wünschen  übrig  zu  lassen. 
Ich  kann  dies  urtheil  aus  eigener  erfahrung  bestätigen.  Ueber- 
haupt  ist  eine  neue  zuverlässige  collation  der  italienischen  Hip- 
pokrateshandschriften  nothwendig.  Auch  Littre  giebt  z.  b.  zu  De 
cap.  vuln.  die  lesarten  des  werthvollen  Med.  74,  7  (11.  jahrh.) 
nur  mangelhaft  an,  worüber  demnächst  näheres  an  einer  andern 
stelle.  Möchten  doch  einmal  einem  durch  Vorstudien  vorbereite- 
ten freunde  des  Hippokrates  zeit  und  mittel  gewährt  werden, 
sich  der  erwünschten  arbeit  im  zusammenhange  zu  widmen.  Sie 
Avürde  in  längstens  einem  jähre  vollendet  sein.        H.  Kühlewein. 

7.  De  codicibus  Tibullianis  capita  tria.  Scripsit  Robertus 
Leonhard,  dr.  phil.     Monachii,  Theodor  Ackermann,   1882.     8. 

Diese  fleißige  abhandlung  behandelt  denselben  gegenständ 
wie  Rothsteins  dissertation  „de  Tibulli  codicibus"  (Berlin  1880), 
welche  vom  verf. ,  wenn  auch  nur  nachträglich  und  in  anmer- 
kungen,  noch  berücksichtigt  werden  konnte. 

Nach  einer  kurzen  einleitung  handelt  Leonhard  im  ersten 
abschnitt  „de  vetustioribus  carminum  Tibullianorum  fontibus"  zu- 
nächst (p.  4  —  9)  über  das  fragmentum  Cuiacianum.  Der  ge- 
genwärtig allgemein  anerkannte  werth  seiner  lesarten  wird  rich- 
tig gewürdigt  und  die  Schreibungen  des  fragments  an  den  stellen 
IV,  1,  189.  210.  5,  1  mit  recht  gegen  Bährens  in  schütz  ge- 
nommen. Auf  der  anderen  seite  kann  es  nicht  bezweifelt  werden, 
daß  an  einer  kleinen  anzahl  von  stellen  unsere  handschriften  das 
ursprünglichere  bewahrt  haben,  so  III,  4,  66  und  IV,  5,  10. 
Mit  recht  nimmt  Leonhard  dies  auch  für  IV,  1,  2  an;  vgl.  seine 
begründung  p.  7.  (Zweifelnd  hatte  sich  über  den  vers  Rothstein 
p.  7,  2  und  p.  14,  1  ausgesprochen.)  Ich  halte  es  für  wahr- 
scheinlich, daß  diesen  stellen  noch  IV,  l,  175  hinzuzufügen  ist. 
Unsere  handschriften  bieten  hier    ergo    ubi  praeclaros  poscent  tua 


Nr.   1.  7.  Tihullus.  25 

facta  triumphos ,  in  F  steht  ierint  statt  poscent.  Leonhard  hält 
die  lesart  von  F  für  richtig:  „nam  sicut  dicunt  pompam  vel  ex- 
eqiäas  ire,  ita  certe  autumari  potest  facta  tua  triumplios  euntu. 
Es  leuchtet  indessen  ein,  daß  die  angeführten  Verbindungen  keine 
passenden  analogieen  abgehen,  da  hier  das  Subjekt  ein  persön- 
liches ist.  Scaliger  und  Lachmann  wollten  das  ursprüngliche 
durch  änderung  der  lesart  von  F  herstellen:  Scaliger  schrieb 
per  claros  ierint ,  Lachmann  praeclaros  cierint.  Beides  unter- 
liegt gegründeten  bedenken ,  welche  gegen  die  Lachmannsche 
Schreibung  von  Rigler,  gegen  die  Scaligersche  von  Leonhard 
(p.  8)  geltend  gemacht  worden  sind.  Hiernach  dürfte  doch  wohl 
die  vermuthung  berechtigt  sein,  daß  auch  hier  unsere  handschrif- 
ten  das  ursprüngliche  bewahrt  haben,  poscent  gibt,  was  Rigler 
vergeblich  zu  bestreiten  suchte,  einen  passenden  sinn:  Messalla, 
sobald,  er  seine  siegeslaufbahn  vollendet  hat  und  daher  vor  dem 
t r iumplie  steht,  solus  utroque  idem  dicetur  magnus  in  orbe. 
Auch  Rothstein  p.  16  findet  poscent  ohne  anstoß.  Die  corruptel 
in  F  wäre  bei  dieser  annähme  wohl  auf  eine  beschädigung  in 
einer  älteren  handschrift  zurückzuführen,  in  folge  deren  nament- 
lich der  anfang  von  poscent  zerstört  war.  —  Ueber  IV,  8  und  9 
stimme  ich  mit  den  bemerkungen  des  verf.  (p.  6)  durchaus  über- 
ein :  es  kann  sich,  wie  er  treffend  begründet,  in  8  und  folglich 
auch  in.  9  nur  um  den  geburtstag  der  Sulpicia  handeln ;  daher 
kann  tuo  9,  2  nicht  richtig  sein.  Entweder  ist,  wie  Leonhard 
will,  mit  Huschke  meo  oder  mit  den  Italienern  tuae  zu  schreiben. 
Verfehlt  ist  dagegen  die  vermuthung  des  verf.  über  IV,  1,  55. 
Unsere  handschriften  bieten  die  arg  corrupte  lesart  non  valuit  ciclops 
tempus  avertere  (so  die  interpolirten  statt  vertere)  cursus.  Statt 
ciclops  tempus  wird  von  Scaliger  aus  F  lotos  captos  angeführt  und 
hiervon  ausgehend  schreiben  alle  neueren  herausgeber  non  valuit 
lotos  coep  t  os  avertere  cursus  (coeptos  statt  tempus  steht  bereits 
in  interpolirten  handschriften),  Leonhard  dagegen  schlägt  vor  non 
valuit  lotos  captos  avertere  cursu,  entschieden  falsch,  da  die  ganze 
episode  den  Odysseus  verherrlicht  und  alles  nur  mit  bezug  auf 
ihn  allein  gesagt  ist  (reppulit  —  cessit  nämlich  dem  Odysseus  — 
vexit  u.s.w.) ;  auch  ist  das  nackte  captos  wenig  ansprechend  und 
die  änderung  durchaus  nicht  leichter  als  die  andere.  —  Beiläufig 
möchte  ich  noch  auf  eine  kleine  ungenauigkeit  aufmerksam  machen, 
welcher  man  seit  Lachmann  in  der  gesammten  Tibull  -  litteratur, 


26  7.  Tibullus.  Nr.   1. 

und  so  auch  bei  Leonhard  p.  2  begegnet;  auch  ich  habe  mir 
dieselbe  vor  kurzem  zu  schulden  kommen  lassen,  Jahrbücher  für 
philologie  1883,  p.  273,  anm.  1  (wo  demgemäß  ein  sätzchen  zu 
tilgen  ist).  Wir  sind  nicht  berechtigt,  mit  bestimmtheit  zu  sagen, 
das  fragm.  Cuiacianum  habe  mit  111,4,65  begonnen;  es  kann 
vielmehr  schon  einige  verse  vorher  begonnen  haben ;  jener  vers  ist 
nur  der  erste,  der  von  Scaliger  daraus  angeführt  wird,  ohne  daß 
er  uns  über  den  anfang  genaue  auskunft  ertheilte;  vgl.  seine 
anm.  zu  I,   1,   1   und  III,  4,   65. 

Der  verf.  spricht  alsdann  (p.  10 — 14)  über  die  nicht  weniger 
wichtigen  lesarten  der  Freisinger  excerpte.  Mit  recht  bemerkt  er, 
daß  wir  auf  grund  dieser  excerpte  die  lesarten  molli  furtim  dere- 
pere  I,  2,  19,  colu  I,  3,  86,  pussula  II,  3,  10  für  besser  be- 
glaubigt halten  müssen;  ebenso  Rothstein  p.  22.  Vollständig 
überzeugt  hat  mich  die  beweisführung  Leonhards  (p.  13  f.)  von 
der  richtigkeit  der  form  Carnütis  I,  7,  12;  da  die  form  Carnuti 
statt  Carnutes  auch  bei  Plinius  nat.  bist.  IV,  §  107  durch  Detlefsen 
auf  grund  der  Überlieferung  beseitigt  ist ,  fehlt  es  jetzt  für  die- 
selbe, wie  es  scheint,  durchaus  an  sicheren  Zeugnissen.  Auf 
grund  eigener  prüfung  der  excerpte  Aveist  der  verf.  ferner  (gegen 
Protzen)  nach,  daß  in  der  Schreibung  hämatis  (IV,  3,  10)  ledig- 
lich die  quantität  des  a  verdeutlicht  werden  sollte.  Dagegen 
vermag  ich  es  nicht  zu  billigen,  daß  er  sich  I,  7,  11  für  auf- 
nähme der  form  Garonna  in  den  text  entscheidet.  Hier  hat  er 
die  sorgfältige  Untersuchung  Protzens  (de  exe.  Tib.  p.  14  ff.),  die 
er  kurz  erwähnt,  nicht  gebührend  gewürdigt.  Protzen  hat  es, 
wie  mir  scheint,  als  das  weitaris  wahrscheinlichste  erwiesen,  daß 
Tibull  Garunna  geschrieben  und  daß  demnach  sowohl  in  der 
lesart  der  Freisinger  excerpte  (Garonna)  wie  in  der  der  besseren 
Tibull-handschriften  (Garumna)  ein  theil  des  ursprünglichen 
erhalten  ist.  Garunna  hätte  auch  bei  Claudian.  in  Ruf.  II,  13 
aus  guten  handschriften  hergestellt  werden  müssen. 

Es  folgt  ein  kurzer  abschnitt  „de  Vincentii  Bellovacensis  et 
Scahgeri  eclogisu  (p.  15  f.).  Bereits  Meyncke  (Rhein,  raus.  25, 
p.  375)  hatte  darauf  aufmerksam  gemacht,  daß  Scaligers  „Ex- 
cerpta  pervetustau  sich  dem  cod.  Thuaneus  der  Excerpte  (p) 
näher  angeschlossen  haben  müssen  als  dem  Nostradamensis  (a). 
Leonhard  erklärt  es  nun  geradezu  für  das  wahrscheinlichste,  daß 
►Scaliger    den  Thuaneus    selbst   benutzt   habe,    und  ich  wüßte  in 


Nr.   1.  7.  TÜrallus.  27 

der  that  nicht,  was  dieser  vermuthung  entgegenstände.  Freilich 
müßte  man  unter  dieser  Voraussetzung  annehmen,  daß  sich  Sca- 
liger hei  seinen  mittheilnngen  über  die  excerpte  einige  kleine 
ungenauigkeiten  habe  zu  schulden  kommen  lassen.  Dieselben 
erklären  sich  aber  sehr  leicht.  I,  1,  44  steht  in  p  solio .  Sca- 
liger gibt  solo  an  (was  er  verkehrter  weise  für  richtig  hält). 
I,  5,  70  hat  p  (nach  dem  abdruck  bei  Meyncke)  cibo  statt  cito : 
ein  so  offenbarer  und  geringfügiger  Schreibfehler,  daß  Scaliger 
sich  erlauben  konnte  ihn  sofort  zu  berichtigen.  Dasselbe  gilt 
von  I,  10,  49 ,  wo  p  uitet  statt  nitet  hat.  Etwas  erheblicher 
würde  die  nachlässigkeit  nur  an  der  stelle  III,  6,  45  sein :  ne 
uos  deeipiant  steht  in  p ,  non  vos  deeipiant  notirte  Scaliger ;  der 
Zwischenraum  zwischen  n  und  e  in  p  (vgl.  den  abdruck)  mochte 
vielleicht  dieses  versehen  herbeiführen.  Uebrigens  ist  die  frage 
für  die  Tibullkritik  ohne  bedeutung.  Auch  die  excerpte  des 
Vincentius  haben  für  uns  jetzt  keinen  werth  mehr.  Von  einigem 
interesse  ist  höchstens,  daß  I,  1,  34  Vincentius  in  Übereinstim- 
mung mit  n  est  bietet.  Dies  stand  also  im  archetypus  des  Flo- 
rilegiums,  ebenso  wie  im  archetypus  unserer  Tibull-handschriften, 
und  es  ist  ein  bloßer  zufall,  daß  die  Freisinger  excerpte  und  p 
im  weglassen  von  est  übereinstimmen. 

Auch  über  die  Pariser  excerpte  konnte  sich  der  verf.  kurz 
fassen  (p.  17 — 20),  da  über  die  bedeutung  derselben  das  urtheil 
im  allgemeinen  jetzt  feststeht.  Fraglich  ist  es ,  ob  bereits  für 
diejenige  Tibull-handschrift,  welche  dem  Urheber  des  Florilegiums 
vorgelegen  hat  (dem  ..excerptoru,  wie  man  ihn  der  kürze  halber 
mit  Leonhard  nennen  mag),  interpolationen  anzunehmen  sind,  die 
sich  in  unseren  handschriften  nicht  finden.  Soviel  ich  sehe,  läßt 
sich  die  existenz  solcher  interpolationen  nicht  mit  Sicherheit  er- 
weisen. Ueber  die  falsche  reihenfolge  der  verse  IV,  1,  39  ff., 
welche  Leonhard  der  Tibull-handschrift  des  excerptors  zuschrei- 
ben will ,  vgl.  Luc.  Müller  in  den  Jahrbüchern  für  philologie 
1869,  p.  78,  Rheinisches  museum  37,  p.  573.  Die  Verbesserung 
des  alten  fehlers  gerit  III,  3,  22  in  regit  liegt  so  auf  der  hand,  daß 
man,  wenn  man  sie  dem  excerptor  beilegt,  demselben  keine  allzu 
große  ehre  erweist.  Ebenso  leicht  erklärlich  ist  es,  daß  er  III,  6,  44 
beim  umsetzen  aus  der  zweiten  in  die  dritte  person  zugleich  tuo 
mit  dem  ihm  leichter  verständlich  scheinenden  accusativ  ver- 
tauschte.    Auch  über  I,   1,   43  urtheile  ich  anders  als  Leonhard, 


28  7.  Tibullus.  Nr.    1. 

Dieser  findet  in  der  lesart  der  excerpte  parva  seges  satis  est,  uno 
requiescere  lecto  einen  erotischen  bezug  und  schließt  hieraus  folge- 
richtig, daß  man  sie  nicht  auf  den  excerptor  zurückführen  könne, 
sondern  auf  einen  früheren  abschreiber.  Der  hinweis  auf  die 
liebe  des  dichters  wäre  von  demselben,  wenn  wir  des  verf.  mei- 
nung  billigten,  so  ungeschickt  und  abgeschmackt  wie  nur  mög- 
lich angebracht.  Mir  kommt  aber  eine  andere  annähme  weit 
wahrscheinlicher  vor.  In  der  Tibull  -  handschrift  des  excerptors 
stand  in  folge  eines  leicht  erklärlichen  Versehens  satis  est  nur 
einmal  im  texte,  das  zweite  satis  est  war  vielleicht  auf  dem 
rande  nachgetragen.  Der  excerptor  also  las  es  nur  einmal  und 
sah  sich  daher  genöthigt  den  vers  zu  ergänzen.  Dies  that  er 
durch  hinzufügung  von  uno,  aber  nicht  in  dem  sinne,  den  Leon- 
hard  dem  worte  beilegt,  sondern  um  damit  die  genügsamkeit  des 
dichters  zu  bezeichnen,  ebenso  wie  er  I,  1,  6  assiduo  in  exiguo 
geändert  hat:  allerdings  in  überaus  thörichter  weise,  aber  nicht 
thörichter  als  I,  1,  6  und  auch  nicht  thörichter  als  der  vermeint- 
liche unmoralische  interpolator ,  den  Leonhard  annimmt.  Es  ist 
sehr  beachtenswerth,  daß  auch  in  der  zweitbesten  unserer  Tibull- 
handschriften ,  im  Vaticanus ,  satis  est  von  erster  hand  nur  ein- 
mal geschrieben  ist.  Der  wegen  dieser  stelle  von  Rothstein  (p.  37) 
für  unmöglich  erklärten  annähme,  daß  der  unmittelbarste  arche- 
typus  unserer  Tibull-handschriften  aus  der  Tibull-handschrift  des 
excerptors  stamme ,  steht ,  soviel  ich  sehe ,  nichts  im  wege.  Die 
Überschrift  des  dritten  buches  kann  der  excerptor  übersehen 
haben ,  und  daß  er  die  gedichte  IV,  2  ff.  für  sein  Florilegium 
nicht  verwerthete  würde  nichts  befremdliches  haben.  —  Ein- 
leuchtend ist  die  bemerkung  Leonhards,  daß  die  in  den  excerp- 
ten  vor  II,  4,  1 1  befindliche  Überschrift  zu  lesen  ist  de  immodico 
dolore,  nicht,  wie  bei  Meyncke  steht,  de  nimio  dico  dolore,  womit 
die  auffassung  Rothsteins  p.   25  hinfällig  wird. 

In  einem  zweiten  hauptab schnitt  handelt  Leonhard  „de  co- 
dicibus  Laehmannianis  et  BaeJirensianis  A  Vu  (p.  21 — 42).  Hin- 
sichtlich des  alters  von  V  hätte  der  Vollständigkeit  wegen  hin- 
zugefügt werden  können ,  daß  manche  diese  handschrift  nicht 
dem  ende  des  14ten,  sondern  erst  dem  15ten  Jahrhundert  zuwei- 
sen wollen:  vgl.  Zingerle,  Kleine  philol.  abhandlungen  I,  p.  28, 
Zeitschrift  für  die  österr.  gymnasien  1879,  p.  345.  Wenn  aber 
der   recensent   im   Philol.  anzeiger  X,  p.   183    für    diese   zeitbe- 


Nr.   I.  7.  Tibullus.  29 

Stimmung  den  von  Thomas  Seneca  herrührenden  vers  hinter  II, 
3,15  geltend  macht ,  so  beruht  dies  auf  einem  versehen :  die 
handschrift,  welche  Bährens  an  dieser  stelle  mit  V  bezeichnet, 
ist  ein  jüngerer  werthloser  Vaticanus;  der  Vaticanus  3270  hat 
hier  eine  Kicke.  —  Mit  unrecht  hält  Leonhard  nicht  bloß  V, 
sondern  auch  A  an  einigen  stellen  für  interpolirt:  vgl  Bheini- 
sches  museum  37,  p.  575.  In  folge  dieser  zu  ungünstigen  mei- 
nung  über  A  und  der  zu  günstigen  über  G  erklärt  er  zuweilen 
die  lesart  von  A  gegenüber  der  von  V  für  falsch,  während  viel- 
mehr das  gegentheil  anzunehmen  ist:  so  I,  2,  97  (dedita  A,  de- 
bita  V),  II,  4,  43  (veniet  A,  veniat  V) ,  II,  5,  112  (reperire  A, 
reperisse  V).  Ebenso  ist  IV,  13,  15  das  in  A  stehende  hoc  wohl 
das  ursprüngliche;  das  vor  sancta  numina  stehende,  aber  nicht 
damit  zu  verbindende  haec  scheint  mir  weniger  gut.  —  I,  4,  56 
bietet  A  velit,  V  volet.  Auch  hier  sehe  ich  nicht  den  geringsten 
grund,  von  A  abzuweichen.  Für  den  Wechsel  von  futurum  und 
praesens  conjunct.  vgl.  vss.  45  und  49;  II,  6,  1 — 4;  Lygd. 
2,  19  f.  (mox  etiam  niveo  fundere  lade  parent).  Daß  an  un- 
serer stelle  das  letzte  und  erwünschteste  in  einer  mehr  hypothe- 
tischen form  hingestellt  wird,  scheint  mir  eine  beabsichtigte  und 
ganz  ansprechende  Schalkhaftigkeit;  doch  dies  ist  sache  des  in- 
dividuellen gefühls.  Uebrigens  haben  bereits  Gujet  und  Voss 
velit  vorgezogen.  —  Ueber  IV,  1,  55  bemerkt  Leonhard:  „A 
solum  exhibet  vertere,  cum  librarius  id  quod  in  archetypo  exara- 
tum  erat  non  intellegens ,  sicut  etiam  alias  fecit ,  particulam  con 
plane  omiserit'-.  Hiernach  hält  er  also  (in  widersprach  mit  p.  8) 
das  in  V  stehende  convertere  für  das  ursprüngliche,  wohl  nur  in 
folge  einer  Übereilung :  denn  convertere  ist  durchaus  unpassend, 
und  es  kann  keinem  zweifei  unterliegen,  daß  im  archetypus 
ebenso  wie  in  A  vertere  gestanden  hat  und  daß  sowohl  das 
falsche  convertere  oder  advertere  (so  B)  wie  das  richtige  avertere 
änderungen  der  Italiener  sind.  Zweifelhaft  ist  es,  aber  vollkom- 
men gleichgiltig,  ob  einige  sich  von  selbst  ergebende  bessere  les- 
arten  in  V  auf  die  Italiener  oder,  wie  Leonhard  meint,  auf  den 
archetypus  zurückzuführen  sind:  so  z.  b.  I,  7,  57  nee  V,  ne  A; 
II,  3,  78  iuvat  V,  iuvet  A;  IV,  4,  17  at  V,  ac  A  u.  s.  w. ;  vgl. 
auch  Rhein,  museum  37,  p.  569,  anm.  1.  —  Kaum  eine  Ver- 
schiedenheit ist  es,  wenn  IV,  1,  170  V  Mnc,  A  huic  bietet.  Je- 
denfalls ist  Mnc  ohne  anstoß  und  der  conjeetur  hie  schon  an  sich 


30  7.  Tibullus.  Nr.   1. 

vorzuziehen:  die  möglichkeit  des  ackerbaus ,  Weinbaus  u.  s.  w. 
wird  als  eine  folge  des  gemäßigten  klimas  hingestellt  (vgl.  igitur 
v.  161).  Ebenso  wie  Leonhard  hält  auch  Rothstein  p.  66  die 
lesart  liinc  für  statthaft;  das  bedenken,  welches  er  trotzdem  ge- 
gen dieselbe  vorbringt,  ist  mir  unverständlich.  —  Dreimal  fehlt 
die  initiale  in  V,  während  sie  in  A  fehlerhaft  ist:  II,  4,  1  ic  V, 
sie  A;  III,  5,  1  os  V,  nos  A;  III,  6,  83  (wo  im  archetypus  ein 
neues  gedieht  begann)  i  V,  si  A.  Hierüber  hat  Leonhard  p.  31 
vermuthlich  richtig  geurtheilt,  wenngleich  auch  hier  eine  andere 
erklärung  nicht  ausgeschlossen  ist,  Ueber  II,  1,  67  vgl.  Rhein, 
museum  37,  p.  574,  anm.  1.  Hier  wie  auch  sonst  zeigt  es  sich 
daß  dem  Vaticanus  eine  dem  Ambrosianus  ähnliche  handschrift 
zu  gründe  liegt,  in  welcher  aber  bereits  conjeeturen  der  Italiener 
dem  texte  beigeschrieben  waren. 

Der  Parisinus  B  (von  welchem  p.  31 — 34  die  rede  ist)  zeigt 
auffällige  Übereinstimmungen  mit  A.  Der  verf.  meint,  im  gegen- 
satze  zu  Rothstein  ,  B  sei  aus  A  herzuleiten.  Dies  ist  als  mög- 
lich zuzugeben ;  aber  bewiesen  hat  es  Leonhard  nicht,  Seine 
erörterung  beruht  auch  hier  auf  der  meiner  meinung  nach  un- 
richtigen beurtheilung  des  Guelferbytanus ,  aus  welchem  er  auf 
die  lesarten  des  Archetypus  Schlüsse  ziehen  zu  können  glaubt. 
Die  Übereinstimmungen  zAvischen  B  und  der  ersten  band  von  A 
lassen  sich  sämmtlich  auf  den  archetypus  zurückführen.  Die 
meinung  des  verf,  daß  Übereinstimmungen  mit  A2  durch  herlei- 
tung  von  B  aus  A  zu  erklären  seien,  steht  im  Aviderspruch  mit 
der  angäbe  von  Bährens  (p.  VII) ,  wonach  die  zweite  hand  von 
A  etwa  um  fünf  decennien  jünger  ist  als  die  erste:  denn  B  ist 
im  jähre  1423  geschrieben.  Uebrigens  ist  bei  den  zahlreichen 
interpolirten  lesarten  in  B  die  frage  nach  der  abstammung  dieser 
handschrift  von  sehr  geringer  Wichtigkeit.  Sollte  sich  (was  aber 
wohl  nicht  möglich  sein  wird),  die  ansieht  Leonhards  mit  be- 
stimmtheit  widerlegen  lassen,  so  würden  wir  aus  B  die  ziem- 
lich bedeutungslose  Sicherheit  gewinnen,  daß  eine  anzahl  von 
Schreibfehlern  in  A  (die  übrigens  meistens  auch  in  anderen  uns 
bekannten  handschriften  wiederkehren)  nicht  dem  Schreiber  von 
A,  sondern  dem  Schreiber  des  archetypus  zur  last  zu  legen  sind : 
so  I,  1,  19  felices;  4,  44  amiciat;  81  he  heu;  5,  2  sortis;  16 
voea;  7,  57  ne;  8,  2  ferat;  II,  3,  33  est;  5,  76  amnis;  IV,  1, 
148  offerret;    1,   189   accitus.     Bei  Übereinstimmung  der  lesart  in 


Nr.   I.  7.  Tibullus.  31 

A  und  V  sowie  an  denjenigen  stellen,  wo  A  das  bessere  be- 
wahrt bat,  ist  die  lesart  von  B  bei  der  einen  wie  bei  der  ande- 
ren annähme  gleichgiltig. 

Ueber  die  werthlosigkeit  des  cod.  Eboracensis  sowie  der  drei 
handschriften  C  gegenüber  AV  stimme  ich  mit  Leonhard  (p.  34 
—42)  durchaus  überein:  vgl.  Rheinisches  museum  37,  p.  570  ff. 
Die  vier  handschriften  sind  gleichfalls  aufs  stärkste  interpolirt  und 
weichen  von  A  noch  weit  häufiger  ab  als  der  Parisinus.  Die 
erörterung  des  verf.  leidet  indessen  hier  an  einem  erheblichen 
fehler,  in  folge  dessen  sie  kavun  zu  benutzen  ist :  er  zieht  näm- 
lich häufig  aus  dem  schweigen  von  Heinsius  oder  Broekhuyzen 
ganz  bestimmte  Schlüsse  über  die  lesarten  des  Eboracensis  und 
des  Wittianus  (und  auf  grund  dessen  des  textes  C) ,  ein  ver- 
fahren, welches  vollkommen  unberechtigt  ist.  Auf  diese  weise 
werden  z.  b.  p.  35  aus  dem  einem  gedichte  I,  10  nicht  weniger 
als  sechs  durchaus  unbezeugte  lesarten  mit  bestimmtheit  aus  dem 
Ebor.   angeführt. 

Was  endlich  -den  dritten  abschnitt,  der  vom  Guelferbytanus 
handelt  (p.  43 — 53) ,  betrifft,  so  habe  ich  mich  hierüber  bereits 
geäußert  und  meine  von  Leonhard  abweichende  ansieht  begründet, 
Rheinisches  museum  37,  p.  572  ff.  Vielleicht  hätte  auch  Leon- 
hard anders  geurtheilt ,  wenn  ihm  die  bemerkungen  von  Götz 
(daselbst  p.   141  ff.)  bereits  bekannt  gewesen  wären. 

Ein  anhang  (p.  54 — 65)  beschäftigt  sich  mit  einigen  sj3e- 
cielleren  kritischen  fragen.  In  eingehender  und  zutreffender  be- 
gründung  wird  die  überlieferte  reihenfolge  von  I,  1  gerechtfer- 
tigt. Von  den  vorzüglichen  bemerkungen  Vahlens  (Monatsberichte 
der  Berliner  akademie  p.  352  ff.)  hatte  Leonhard,  wie  es  scheint, 
keine  kenntniß.  Unbegründet  ist  der  anstoß,  den  er  an  v.  35  nimmt. 
Die  warnende  anrede  an  diebe  und  wölfe  v.  33  f.  dient,  wie  dies 
bei  anreden  so  häufig  ist,  nur  dem  zwecke  größerer  lebendigkeit ; 
thatsächlich  richtet  sich  der  wünsch  des  dichters,  daß  seine  heerde 
nicht  durch  raub  geschädigt  werde ,  an  die  götter ;  daher  wird 
er  in  durchaus  angemessener  weise  mit  der  frömmigkeit  des  dich- 
ters motiviert.  Dissens  erklärung  von  hie  ist ,  wie  mir  scheint, 
vollkommen  ausreichend.  Hiernach  kann  ich  es  auch  nicht  mit 
Leo  (Philologische  Untersuchungen  LI,  p.  31)  für  nothwendig 
halten,  daß  die  sühnung  der  heerde  ausdrücklich  erwähnt  werde. 
Vgl.  auch  Vahlen  p.  355.   —    I,  4,   15  vermuthet  Leonhard  sin 


32  8.  Cäsar.  Nr.   I. 

statt  sed.  So  bereits  Valilen  p.  347 ,  der  aber  dann  selbst  die 
änderung  für  nicht  nothwendig  erklärt  hat,  Sitzungsberichte  1882, 
p.  267.  —  I,  4,  43  f.  entscheidet  sich  Leonhard  für  die  herstel- 
lung  quamvis  praetexens  picea  ferrugine  caelum  venturam  admittat 
nimbifer  eurus  aqua/m:  picea  statt  picta  und  admittat  nimbifer  statt 
amiciat  imlrifer  rühren  von  den  Italienern  her,  eurus  statt  arcus 
von  Huschke.  Besser  als  nimbifer  erscheint  nubifer,  eine  andere 
conjectur  der  Italiener :  vgl.  Seitz  De  adiectivis  poetarum  Lati- 
norum  coinpositis  p.  21.  picea  und  eurus  halte  auch  ich  für  noth- 
wendig.  Leo  p.  18  will  picta  und  arcus  halten  und  gibt  zum 
hexameter  die  erklärung :  „die  eintönige  rostfarbe  des  kimmeis 
vor  dem  regenguß  wird  von  den  färben  des  regenbogens  bemalt"  ; 
der  ausdruck  arcus  praetexit  caelum  picta  ferrugine  in  diesem 
sinne  (=  arcus  pingit  ferruginem  qua  caelum  praetextum  est)  ver- 
stößt indessen ,  wie  mir  scheint ,  allzu  sehr  gegen  die  logik ,  als 
daß  man  ihn  dem  Tibull  zutrauen  könnte.  Für  picea  vgl.  Zin- 
gerle,  Zeitschrift  für  die  österr.  gymnasien  1879,  p.  347.  Am 
zweifelhaftesten  bleibt  der  ausdruck  venturam  aquam  admittere, 
wenn  auch  admittat  von  allen  bis  jetzt  vorgeschlagenen  verbal- 
formen die  einzig  denkbare  ist.  Eine  wirklich  passende  parallel- 
stelle für  diesen  gebrauch  hat  noch  niemand  beigebracht;  die 
kurze  bemerkung  Leonhard  s  hierüber  ist  ohne  belang.  —  Die 
Überlieferung  I,  6,  16  wird  vertheidigt  und  richtig  erklärt,  ebenso 
die  von  Bährens  vorgenommene  Versetzung  von  versen  aus  I,  9 
nach  I,  8  mit  recht  zurückgewiesen ;  wenn  aber  Leonhard  in 
I,  9  beziehungen  auf  I,  8  finden  will ,  so  ist  dies  falsch  (vgl. 
quondam  8,  71) ,  ebenso  freilich  auch  die  entgegengesetzte  an- 
nähme. Dieses  verkehrte  „hinübertragen  von  erklärungsmomen- 
ten  aus  einem  gedieht  ins  andere"  ist  durch  die  schlagendeu 
bemerkungen  Leos  p.  23  hoffentlich  ein  für  alle  mal  beseitigt.  — 
III,  1,  8  will  Leonhard,  wie  auch  andere,  mit  Muret  tuis  statt 
meis  schreiben  und  v.  12  tuum  stehen  lassen,  so  daß  v.  7 — 14 
worte  der  musen  seien.  Mir  scheint  ein  derartiger  dialog  zwi- 
schen dem  dichter  und  den  musen  durchaus  unmöglich ;  doch 
gehe  ich  hierauf  nicht  näher  ein,  da  der  verf.  seine  ansieht  ohne 
irgend  welche  begründung  ausgesprochen  hat.  E.  Hiller. 

8.     Cäsars  kommentarien    und   ihre  literarische  und  kriegs- 
wissenschaftliche  folgewirkung.     Von    Max   Jahns,    Major   im 


Nr.   1.  8.  Cäsar.  33 

großen  generalstab ,  lehrer  an  der  kriegsakademie.  Beiheft  zum 
Militär-wockenblatt.   1883.      Berlin,  E.   S.   Mittler  und  solin. 

Der  Verfasser,  bekanntlich  ein  gründlicher  kenner  der  kriegs- 
geschichte,  hat  in  sehr  dankenswerther  weise  für  alle  diejenigen, 
welche  Cäsars  Schriften  und  seine  kriegführung  zum  gegenständ 
eines  eingehenden  Studiums  machen,  eine  ergänzung  zu  den  großen 
werken  von  Grölers  und  Napoleons  III.  gegeben ,  nämlich  eine 
Übersicht  der  gesammten  literatur,  welche  in  militärhistorischer 
wie  in  philologischer  beziehung  seit  dem  mittelalter  bis  auf  die 
Jetztzeit  über  diesen  feldherrn  und  schriftsteiler  erschienen  ist: 
ausgaben,  Übersetzungen,  erläuterungswerke,  Schriften  über  ein- 
zelne seiner  Unternehmungen  wie  über  sein  ganzes  verfahren  im 
felde  und  seine  heereseinrichtungen ,  aufsätze  über  seine  glaub- 
würdigkeit,  urtheile  über  seine  Schreibweise,  alles  ist  hier  in  einer 
fülle  vereinigt,  wie  man  es  in  dieser  Vollständigkeit  nirgends 
sonst  beisammen  findet,  und  das  in  einer  anordnung  und  Über- 
sichtlichkeit, welche  das  nachsuchen  wesentlich  erleichtern.  Daß 
unter  den  ausgaben  nicht  alle  textabdrücke,  namentlich  der  neue- 
ren zeit  haben  aufgeführt  werden  können ,  noch  auch  dürfen, 
ist  selbstverständlich;  die  zahl  ist  zu  groß,  und  die  meisten  ha- 
ben in  kritischer  beziehung  keinen  werth;  es  genügt  für  alle 
zwecke ,  daß  die  grundlegenden  aufgeführt ,  und  sogar  die  ge- 
bräuchlichsten erklärenden  Schulausgaben  nicht  übersehen  worden 
sind.  Auch  die  broschüren  über  einzelne  Operationen  sind  in 
reichlicher  menge  aufgezählt ,  und  schwerlich  wird  man  eine 
beachtenswerthe  monographie,  irgend  einen  belangreichen  journal- 
artikel  vermissen. 

Besonders  anziehend  für  den  officier,  wie  neu  für  den  phi- 
lologen  werden  die  aufzählung  der  werke  und  abhandlungen,  welche 
über  die  feldherrngröße  Cäsars  und  seine  art  den  krieg  zu  hand- 
haben, sich  äußern,  so  wie  die  kurzen  vom  Verfasser  daraus  ge- 
gebenen auszüge  gefunden  werden.  Gerade  dieses  fehl  beherrscht 
der  major  besser  als  jeder  andere;  und  nicht  nur  seine  belesen- 
heit, sondern  auch  die  schärfe  seines  urtheils  in  der  heraushe- 
bung der  betreffenden  ausspräche  verdient  die  größte  anerkennung. 

Trotz  des  imposanten  materials  sind  mir  versehen  nicht  auf- 
gefallen. Nur  die  griechische  Übersetzung  des  sogenannten  mc- 
taphrasten  dürfte  jetzt  wohl  nicht  mehr  Maximus  Planudes  und 
dem  vierzehnten  Jahrhundert  zuzuschreiben  sein,  uachdem  ich, 
Philo!.  Änz.  XIV.  3 


34  9.   Curtius.  Nr.   I. 

von  einzelnen  bemerkungen  Schneiders  ausgehend,  unwiderleg- 
lich nachgewiesen  habe ,  daß  sie  nach  dem  gedruckten  text  des 
Henricus  Stephanus  von  1544  von  einem  Franzosen  angefertigt 
worden  ist  (Phil.  XII.).  —  Vermuthlich  von  Cohausen's  ansieht 
folgend,  scheint  der  major  (p.  364)  Aduatuca  (im  V.  buche)  und 
das  oppidum  Aduatucorum  (im  II.  buche)  für  identisch  anzusehen ; 
ich  habe  zu  wiederholten  malen  gezeigt,  daß  diese  annähme, 
trotz  der  namengleichheit,  nicht  haltbar  ist;  das  oppidum  Adua- 
tucorum wird ,  nach  Göler's  ermittlung ,  auch  allgemein  auf  dem 
mont  Falhize  (nicht  Folhize  ,  wie  bei  Jahns  gedruckt  ist)  ange- 
setzt, während  für  Aduatuca,  wie  er  auch  angiebt,  die  meinungen 
immer  noch  weit  auseinander  gehen. 

Nur  ein  einziger  druckfehler  ist  außerdem  noch  zu  ver- 
zeichnen :  mein  aufsatz  de  codieibus  Caesaris  steht  nicht  im 
XXVII.,  sondern  im  XVII.  band  des  Philologus. 

Die  abhandlung  des  majors  Jahns  beweist  eine  so  bedeu- 
tende kenntniß ,  eine  so  umfassende  gelehrsamkeit,  daß  sie  ihm 
persönlich  und  in  seiner  person  unserm  ganzen  officierstande 
zur  höchsten  ehre  gereicht.  H.  F.  Heller. 

9.  C.  F.  Kinch,  Quaestiones  Curtianae  criticae ,  diss. 
inaug.,  Hauniae  in  librar.  Gyldendal.     1883.     8.     108  p. 

Ohne  zweifei  eine  der  werthvollsten  arbeiten,  welche  die 
Curtiuslitteratur  der  letzten  Jahrzehnte  aufzuweisen  hat,  glei- 
chermaßen durch  Selbständigkeit  und  gründlichkeit  der  forschung 
wie  durch  consequenz  der  methode  ausgezeichnet. 

Zunächst  hat  Kinch  sich  der  mühe  nicht  überhoben,  die 
Handschriften  frage  einer  erneuten  gründlichen  Untersu- 
chung zu  unterziehen ,  und  ist  dabei  zu  resultaten  gelangt ,  die 
sicher  als  sehr  beachtliche  auch  von  denen  angesehen  werden 
müssen ,  welche  dem  verf.  nicht  zuzustimmen  vermögen.  Daß 
alle  erhaltenen  handschriften  des  Curtius  gewisse  auslassungen, 
Umstellungen  und  Verschiebungen  gemeinsam  haben  ,  ist  längst 
beobachtet  und  in  der  annähme  eines  gemeinsamen  archetypus 
die  naheliegende  erklärung  für  diese  erscheinung  gefunden  wor- 
den. Kinch  hat  sich  damit  nicht  begnügt ,  der  Sache  weiter 
nachgeforscht  und  ist  durch  eine  erneute  sorgfältige  collation 
des  Parisinus  no.  5716  und  penible  vergleichung  desselben  mit 
anderen    handschriften    zu    der    Überzeugung    gelangt,    daß    von 


Nr.  1.  9.  Curtius.  35 

diesem  alten  codex  direkt  oder  indirekt  alle  übrigen 
abstammen.  Bezüglich  des  Vaticanus  971  ist  der  nachweis 
hierfür  nach  des  referenten  ansieht  von  Kinch  erbracht  worden; 
auch  was  den  ältesten  Leidensis  und  Vossianus  8)  betrifft,  ist  re- 
ferent  durchaus  geneigt  dem  verf.  zuzustimmen,  nicht  in  gleichem 
maße  vermag  er  es  bezüglich  anderer  handschriften  ,  z.  b.  des 
Florent.  A  und  Bernens.  A,  zu  thun.  Er  kann  auch  den  zwei- 
fei nicht  unterdrücken,  ob  wirklich  Kinch  alle  erhaltenen  Codices 
auf  den  in  rede  stehenden  punkt  hin  genau  geprüft  hat.  Doch 
angenommen,  dies  sei  der  fall,  was  führt  Kinch  zur  begründung 
seiner  so  weit  tragenden  behauptung  an?  Er  weist  auf  einige 
wenige  (11)  stellen  hin,  wo  sich  die  Verderbnisse  der  übrigen 
handschriften  seiner  ansieht  nach  aus  der  zufälligen  beschaffen- 
heit  des  Parisinus  erklären  lassen.  Wären  diese  Verderbnisse 
besonders  charakteristische ,  die  zahl  der  stellen  außerdem  eine 
erhebliche,  so  würde  ohne  zweifei  diese  Untersuchung  von  Kinch 
große  beachtung  verdienen.  Allein  nur  8.  13.  25  handelt  es 
sich  um  eine  sache  von  einigem  belang  (eine  lücke  von  einigen 
zeilen),  4.  10.  29  um  ausfall  eines  Wortes;  sonst  nur  um  minu- 
tien  wie  die  irrthümliche  Setzung,  bez.  weglassung  von  et,  que, 
falsche  kasusendungen  usw.  ,  also  um  versehen  und  irrthümer, 
wie  solche  in  jeder  handschrift  auf  jeder  seite  vorkommen.  Ver- 
möchte Kinch  30  oder  40  stellen  nachzuweisen ,  wo  alle  oder 
zahlreiche  handschriften  ungehöriges  bieten  und  gleichzeitig  ein 
plausibler  grund  der  verschreibung  in  der  beschaffenheit  des  Pa- 
risinus gefunden  werden  könnte,  so  würden  auch  die  angeführten 
kleinigkeiten  ins  gewicht  fallen.  Aber  das  hat  Kinch  eben  nicht 
vermocht.  Daß  beim  abschreiben  eines  codex  von  100  zeilen 
der  copie  eine  mit  demselben  worte  schließt  wie  die  betreffende 
zeile  des  Originals,  darf  nach  der  Wahrscheinlichkeitsrechnung 
wohl  vorausgesetzt  werden.  Somit  kann  das,  was  dem  Schreiber 
des  Parisinus  von  Kinch  zur  last  gelegt  wird,  füglich  bereits  ein 
abschreiber  verschuldet  haben,  der  lange  vor  der  entstehung  des 
Parisinus  das  geschichtswerk  des  Curtius  copierte.  Was  aber  sagt 
der  verf.  zu  den    zahlreichen  abweichungen    der    übrigen    hand- 

2)  Die  Überzeugung,  daß  ein  besonders  enger  Zusammenhang  zwi- 
schen diesen  zwei  handschriften  und  dem  Parisinus  bestehe  ,  hat  sich 
dem  referenten  schon  vor  jähren  aufgedrängt;  insbesondere  theilen 
jene  mit  diesem  nach  seinen  beobachtungen  zahlreiche  Übereinstim- 
mungen in  der  Verstümmelung  von   eigennamen. 

3* 


36  9.   Curtius.  Nr.    I. 

Schriften  vom  Parisinus?     Diese  sind  für  ihn  verschreibungen  oder 
korrektorenänderungen ,    außerdem  nimmt  er  noch  an ,    daß  ein- 
zelne handschriften  (die  besseren  interpolati)    nach    einem  alten 
guten    verloren    gegangenen    codex    auskorrigiert 
worden  sind.     In  folge  dessen   legt    er   auf  die  allgemein  so 
hoch  gehaltenen,  von   vielen  dem  Parisinus  völlig  gleichgestellten 
4  optimi    nur  einen  geringen  werth ;  sind  diese  für  ihn  doch  nur 
abkömmlinge  jener    handschrift.      Was  sie  abweichendes  bieten, 
ist  er  geneigt  als  Schreibfehler    oder   bewußte   emendation  anzu- 
sehen.    In   ihr  recht  treten  sie  nur  ein,  wo  der  Parisinus  lücken- 
haft oder  gar  zu  arg  verschrieben 'ist.     Dagegen  stehen  gewisse 
interpolati,  insbesondere  der  Florent.  Gr  (und  H   J),  und  der  Bu- 
densis  nr.   157,    daneben  auch  die  lesarten,    welche  Modius  aus 
seinen    handschriften    notiert ,    bei    ihm    in    hohen  ehren  'propter 
servata  interdum  boni   veteris  codicis  vestigia    (p.    64)  und  er  trägt 
kein  bedenken,   diesen  sogar  lplus  auctoritatis1  (p.  68)  als  dem  con- 
sensus  der  4  optimi  zuzuerkennen,  welche  letzteren  er  p.   73.  79. 
85  u.  97   ohne    irgendwelche    bevorzugung    einfach    mit   zu  den 
deteriores  oder  recentiores  rechnet.       Das  heißt  denn  doch  meiner 
ansieht  nach,  wie  Cicero  sagt  (p.    Arch.   8):  ad  ea  quae  habemus 
nihil  dicere,    requirere    quae    habere    non  possumus.       Das  nebelbild 
jenes    alten    verlorenen    codex ,    dem  Kinch    so    eifrig  nachgeht, 
kann  nie  eine  feste,  greifbare  gestalt  gewinnen  ,  wenn  nicht  ein 
fand  gethan  wird.      Bereitwillig    sei  zugegeben  ,    daß  zahlreiche 
lesarten  der    von  Kinch   bevorzugten    interpolati   sich    im    hohen 
grade  empfehlen,  sowie  ferner,    daß    manche  derselben  durchaus 
nicht  den  eindruck  von  bloßen  emendationen  machen.     Aber  was 
will  das  besagen ,    so  lange  es    an    einem  festen  kriterium  fehlt, 
ob  die  bestimmte  einzelne  lesart  aus  einer  handschrift  oder  aus 
dem  köpfe  eines   korrektors  stammt?      Des  verf.    kritisches  ver- 
halten ist  nach  dem  gesagten  folgendes :    die   einzige  volle  auk- 
torität  ist  für  ihn  der  Parisinus  und  (von  10.   8.   14  ab)  der  di- 
rekt   von    demselben  abstammende    Vaticanus    971.       Bei   jeder 
textkritischen  Untersuchung  geht    er  auf  die  schriftzüge  des  Pa- 
risinus zurück,  wobei  er  sorgfältig  zwischen  erster  und  späterer 
band  unterscheidet.      Wenn  die  lesart  desselben  nur  nothdürftig 
genügt,  beruhigt  er  sich  lieber  bei  derselben,  als  daß  er  diesem 
codex  unrecht  geben  möchte  gegenüber   drei  oder  vier  ebenfalls 
nichtinterpolierten.     Ist  aber  eine  änderung  unabweisbar,  so  wen- 


Nr.   1.  9.   Curtius.  37 

det  er  sich  zunächst  hülfe  suchend  an  seine  oben  bezeichneten 
günstlinge ,  deren  werth  er  nicht  müde  wird  dem  leser  immer 
wieder  nahezuführen.  Thatsächlich  haben  ja  alle  herausgeber 
sich  häutig  genug  entschlossen ,  lesarten  der  interpolati  in  den 
text  zu  nehmen ,  auch  Zumpt ,  liedicke  und  der  unterzeichnete. 
Aber  doch  nur  um  ihrer  gute,  nicht  um  der  auktorität  der  hand- 
schriften  willen,  welche  dieselben  dem  kritiker  an  die  hand  ge- 
ben. Kinch  aber  braucht  nur  noch  einen  schritt  weiter  zu  thun, 
d.  h.  den  verlorenen  alten  codex  für  ursprünglicher  und  werth- 
voller  als  den  Parisinus  zu  erklären ,  und  wir  sind  glücklich 
wieder  auf  den  Standpunkt  zurückgekehrt ,  welchen  Foss  seiner 
zeit  in  seinen  Quaentiones  Curtianae  eingenommen   hat. 

Ueber  einzelheiten  aus  diesem  kapitel  mit  dem  verf.  zu 
rechten,  überläßt  referent  berufeneren ;  schwerlich  dürfte  liedicke 
alle  einwendungen  ohne  weiteres  gelten  lassen,  welche  gelegent- 
lich gegen  seine  kollatiou  des  Parisinus  erhoben  werden.  Trotz 
alledem  aber  sind  die  Untersuchungen  Kinch's  über  die  hand- 
schriften  des  Curtius  als  höchst  verdienstliche  zu  bezeichnen 3) ; 
sie  haben  zu  dem  und  jenem  neuen  gesichtspuukt  geführt,  manches 
einzelne  in  ein  anderes  licht  gerückt  und  dienen  vielleicht  dazu, 
daß  manche  Untersuchung ,  weiche  lauge  geruht  hat ,  durch  sie 
wieder  iu  fiuß  kommt. 

Das  hauptverdienst  des  schriftchens  liegt  aber  nicht  in  den 
erörteruugen  über  die  handschriftenfrage ,  sondern  in  der  be- 
handlung  zahlreicher  (gegen  200)  einzelner  stellen  von  p.  30 — 
99.  Nicht  selten  handelt  es  sich  nur  um  die  feststellung  von 
miuutien  nach  maßgabu  der  besten  handschriftlichen  auktorität, 
an  vielen  anderen  stellen  aber  auch  um  erheblicheres,  sinn,  Zu- 
sammenhang ,  grammatik  und  Sprachgebrauch.  Auch  insofern 
findet  abwechselung  statt,  als  der  verf.  bald  für  die  lesarten  sei- 
nes Parisinus,  der  ihm  instar  omnium  ist  p.  98,  den  er  p.  62 
geradezu  den  codex  archetypus  nennt,  vertheidigend  eintritt,  bald 
unumwunden  deren  unhaltbarkeit  zugesteht  und  bei  anderen 
handschriften  hülle  sucht,  bald  gegen  gewaltsame  abänderung 
des  überlieferten  einspräche    erhebt,    bald    aber   auch   selbst   zu 


3)  Besonders  werthvoll  ist  die  Unterscheidung  der  verschiedenen 
bände,  welche  nach  einander  die  korrektur  des  Parisinus  sich  haben 
angelegen  sein  lassen. 


38  9.   Curtius.  Nr.   1. 

konjekturen ,    zum    theil    ziemlich    kühnen    konjekturen  seine  Zu- 
flucht nimmt. 

Um  mit  dem  sprachlichen  zu  beginnen,  so  beseitigt 
Kinch  das  wort  super  egr  edi,  das  perfektum  desilii,  den  plural 
macti,  den  nomin.  masc.  celebris,  das  absolute  admovere, 
sodann  tutus,  cognosc  er  e  und  ing  emiscere  mit  blossem  ab- 
lativ ,  eximius  mit  genitiv,  die  harte  construktion  Cleandri 
metu  =  ob  Cl.  metum ,  equidem  mit  dritter  person ,  cogere 
mit  ut,  ferner  r  ec  ens  er  e,  colloqui  und  sustinere  mit  acc.  c. 
inf.,  praecip  ere  mit  inf.  pass.  und  imperare  mit  inf.  activi, 
das  jedenfalls  höchst  anstößige  ab  eV  5.  2.  5  =  proximus  ab  eo, 
post  eum ;  ad  haec  3.  10.  7  =  praeterea  (für  ad  /ioc),  nefarius 
=  nefastus  7.  5.  20,  explereA)  supplicium  7.  5.  23  u.  a.  m.  In 
der  überwiegenden  mehrzahl  der  fälle  ist  er  sicher  in  seinem 
rechte ,  mitunter  aber  verfällt  er  unläugbar  in  den  fehler ,  der 
Überlieferung  gewalt  anzuthun,  um  nur  uniformität  oder  korrekt- 
heit  herzustellen.  So  ist  er  geneigt  (p.  97),  vier  stellen  zu  än- 
dern ,  damit  indui  nur  mit  dem  accus,  verbunden  erscheine, 
zwei  stellen  (p.  35),  damit  das  tonwort  bei  Curtius  stets  zwischen 
non.  .modo  eingeschoben  sei,  möchte  bei  non  solum ,  quidem,  quo- 
que  am  liebsten  überall  die  gewöhnliche  Wortfolge  herstellen 
(p.  67)  und  schreckt  nicht  davor  zurück  (p.  51)  an  6  stellen 
kleine  -  -  vollständige  oder  abgekürzte  —  komparativsätze  mit  quam, 
die  ihm  überflüssig  oder  störend  zu  sein  scheinen,  als  einschiebsei 
zu  streichen 5).  Aber  derartige  ausschreitungen,  wenn  es  erlaubt 
ist ,  sie  so  zu  nennen ,  finden  sich  doch  nur  vereinzelt.  Im  all- 
gemeinen zeigt  sich  der  verf.  der  Überlieferung  gegenüber  viel- 
mehr bis  zur  peinlichkeit  respektvoll  und  leistet  mitunter  schier 
erstaunliches  in  der  vertheidigung  derselben  (so  z.  b.  die  bemer- 
kung  über  tarn  levi  auctore  p.  55 ,  über  perniciem  sui  p.  107). 
Die  ganze  feinheit  der  Madvig'schen  grammatischen  schule  zeigt 
die  behandlung  von  stellen  wie  5.  8.  6,  6.  2.  11,  6.  7.  17,  6. 
10.  7,  7.  2.  2  6);    als    ein  gründlicher  kenner  des  Curtianischen 

4)  Für  explendi  wird,  jedenfalls  mit  recht,  expetendi  vorgeschlagen. 

5)  Wer  sollte  auf  den  einfall  gekommen  sein,  z.  b.  8.14.20  quam 
ducis  oder  9.  4.  30  quam  respondit  zur  erklärung  einzuschieben? 

6)  Es  finden  sich  dort  feine  beobachtungen  über  pluris  aestimare 
c.  abl.  compar.,  die  weglassung  von  qui  in  gewissen  fällen,  neque  = 
neque  enim  in  parenthesen,  folgesätze  abhängig  von  irrealen  sätzen, 
den  gebrauch  von  haud  sane  bei  Curtius. 


Nr.   1.  9.  Curtius.  39 

Sprachgebrauchs  erweist  sich  der  verf.  aller  orten.  Die  beden- 
ken, welche  Kinch  gegen  maior  patria  4.  3.  22,  adnuere  deditio- 
nem  8.  2.  28,  subicere  Asiam  ohne  dativ  8.  1.  37  u.  a.  erhoben 
hat,  werden  ohne  zweifei  in  erwägung  zu  ziehen  sein,  wie  nicht 
minder  die  von  ihm  erhobene  einwendung  gegen  ag  entium 
gratias  7.  2.  36  und  transmitted-  e  =  o?nitiere  9.  4.  17. 
Aber  sicherlich  ist  Kinch  nicht  im  rechte  und  meistert  die  Über- 
lieferung in  ungehöriger  weise ,  wenn  er  den  substantivischen 
gebrauch  von  pra  ecipuum  bei  guten  autoren  (p.  76)  läugnet, 
in  sustinere  non  posse  eine  unerträgliche  tautologie  findet 
(p.  52),  primum  4.  8.  1  und  10.  6.  3  ohne  weiteres  in  primo 
verwandelt.  Ebensowenig  wird  es  billigung  linden,  daß  er  ge- 
brauchsweisen ,  die  dem  schriftsteiler  fremd  sind,  wie  supra  = 
praeterea,  inrisui  esse,  pudorem  conformare,  das  pathetische  inunc1) 
durch  koujektur  in  den  text  bringen  will. 

Aber  Kinch  hat  nicht  nur  als  grammatiker  und  Stilist  den 
text  seines  autors  sorgfältigst  durchmustert,  gar  häufig  beziehen 
sich  seine  bemerkungen  auch  auf  die  sache ,  den  sinn  und  ge- 
daukenzusammenhaug.  In  der  aufspürung  von  schaden  bekun- 
det Kinch  ohne  zweifei  einen  großen  Scharfsinn.  Die  heiluug 
derselben  ist  ihm  natürlich  nur  dann  und  wann  voll  gelungen. 
Nach  des  referenten  ansieht  sind  die  von  Kinch  zu  3.  11.  4,  4. 
14.  15,  5.  7.  5,  6.  4.  18,  8.9.13  vorgeschlagenen  Streichungen 
ebenso  einleuchtend  als  die  7.  2.  2  ,  8.  8.  14,  8.  10.  12  em- 
pfohlenen einschiebungen  ,  wie  auch  die  eine  und  andere  der  p. 
88  in  Vorschlag  gebrachten  größeren  transpositionen.  Ob  frei- 
lich ein  herausgeber  ohne  weiteres  alles  das  auszuführen  wagen 
darf,  was  Kinch  empfiehlt ,  ist  eine  andere  frage.  Welcherlei 
versehen,  nachlässigkeiten,  logische  oder  stilistische  unfertigkeiten 
man  einem  autor  zutrauen  dürfe ,  das  sind  unendlich  schwer  zu 
beantwortende  fragen  und  ein  gewissenhafter  herausgeber  wird 
im  zweifelsfalle  es  sicher  vorziehen,  an  einer  wenig  zusagenden 
Überlieferung  festzuhalten  als  gefahr  zu  laufen,  an  seinem  autor 
unberechtigte  korrektur  zu  üben.  Nur  einige  wenige  beispiele. 
Daß  4.  2.  22  die  zeilen  et  quo .  .  mare  nicht  am  platze  sind, 
vortrefflich  aber  an  den  schluss  von  p.  19  passen  würden,  hat 
Zumpt  so  gut  eingesehen  wie  die  ganze  reihe  von  herausgebern 
seit  AWus  und  Giunta ;  er  hat  sich  aber  doch  nicht  entschließen 
7)  Bekanntlich  besonders  häufig  bei  Seneca. 


40  9.  Curtius.  Nr.   1  . 

mögen  die  transposition  vorzunehmen.  Ebenso  wenig  würde  ich 
den  muth  haben,  8.  8.  12  die  worte  et  sane . .  .  circumfluit  mit 
Kinch  nach  §  9  einzuschieben,  so  einleuchtend  auch  dieser  Vor- 
schlag ist.  So  steht  es  mit  mancher  der  vorgeschlagenen  Strei- 
chungen. Daß  4.  6.  23  urbis  völlig  entbehrlich  ist  und  lästig 
dazu,  da  interiora  urbis  unmittelbar  vorhergeht,  sei  bereitwilligst 
zugegeben,  aber  Curtius,  wie  Kinch  selbst  p.  75  zugiebt,  wie- 
derholt recht  häufig  dasselbe  wort    nach  kurzem  intervall,  sogar 

2,  ja  3  mal  (so  undique  4.  3.  13  u.  14,  wo  es  jedenfalls  an 
einer  stelle  zu  streichen  ist,  so  ignis  8.  10.  8,  ripa  7.  9.  5;  su- 
pervenire  9.  5.  15).  Das  nämliche  gilt  von  manchem  Vorschlag 
anderer  art,   den  Kinch  macht.       Außerordentlich  einfach  ist  es, 

3.  6.  6  in  den  Worten  satius  est  alieno  me  mori  scelere  quam  metu 
nostro  das  neben  nostro  entschieden  frappierende  me  zu  streichen, 
aber  Cicero  läßt  in  Catil.  1.  22  nach  kurzem  intervall  auf  mea 
voce  folgen  nobis  =  mihi  und  Vell.  Pat.  2.  111  schreibt  sogar:  in 
quaestura  legatus  .  .  .  missus,  quas  nos  .  .  acies  hostium  vidimus.  Muß 
ein  herausgeber  im  hinblick  auf  solche  und  ähnliche  stellen  nicht 
bedenken  tragen ,  die  Streichung  vorzunehmen  aus  furcht ,  eine 
eigenthümlichkeit  des  Schriftstellers   eigenmächtig  zu  beseitigen  ? 

Wie  viele  oder  wenige  der  von  Kinch  vorgeschlagenen  än- 
derungen  es  verdienen  ,  in  den  zukünftigen  ausgaben  aufnähme 
zu  finden,  darüber  traut  sich  referent  kein  ganz  unbefangenes 
urtheil  zu.  Er  beschränkt  sich  daher  auf  einige  wenige  bemer- 
kungen,  indem  er  die  stellen  kurz  bezeichnet,  wo  e  r  mit  voller 
entschiedenheit  für  oder  gegen  die  aufstellungen  Kinch 's  partei 
nimmt.  Unverständlich  ist  ihm  die  konjektur  quam  Choerili  8. 
5.  8  geblieben;  p.  98  z,  e.  ist  offenbar  etwas  ausgefallen,  die 
letzten  zeilen  daselbst  beziehen  sich  nicht  auf  10.  6.  9,  sondern 
auf  10.  6.  18  und  die  conjektur  expetebat  wird  im  hinblick  auf 
das  unmittelbar  darauf  folgende  appeteret  wohl  niemandem  an- 
nehmbar erscheinen.  Ebenso  wenig  dürften  3.  11.  20  quo  plus 
raperent,  5.  8.  1  regentibus,  5.  12.  16  amplissimis,  6.  11.  32  ra- 
tio für  causa,  8.  10.  10  quidam,  10.  1.  26  aeque  beifall  finden. 
Dagegen  findet  referent  in  hohem  grade  beachtlich  folgende 
Vorschläge:  4.  3.  22  in  maiorum  patria,  6.  11.  6  sollicitet  quis 
praesit,  7.  7.  25  ex  iis  für  extis,  9.  4.  23  duceret  ut  dis  secundis. 
Nahezu  evident  aber  erscheinen  ihm  die  konjekturen  :  3.  3.  20 
spiculo  aureo,   7.   5.    10  succurrerent ,  7.  5.   23  expetendi  (s.  o.),   7. 


Nr.   1.  10.  Cicero.  41 

10.   4  trudi   für    tralä,    9.   4.   27   ro  omüteret  aut  certe,    9.   5.    11 
subrecto,   10.    5.    28   ea  ademerat  und   10.    6.    19   sedi  erant. 

Das  mitgetbeilte  wird  genügen,  auch  weitere  kreise  der 
fachgenossen  für  das  schriftchen  von  Kinch  zu  interessieren ;  für 
diejenigen ,  welche  sich  mit  Curtius  besonders  beschäftigen ,  ist 
der  hinweis  auf  dasselbe  von  vornherein  ja  unnöthig  gewesen. 
Daß  seit  langer  zeit  keine  arbeit  über  diesen  Schriftsteller  er- 
schienen ist,  welche  so  aus  dem  vollen  geschöpft  und  so  vielsei- 
tiges interesse  zu  erregen  geeignet  ist  als  die  angezeigte  des 
jungen  dänischen  gelehrten,  darüber  werden  wohl  alle  fachmän- 
ner  übereinstimmen ,  welche  von  derselben  eingehend  kenntniß 
genommen  haben.  Kinch  hat  sich  eine  genaue  kollation  des 
Budensis  verschafft,  ebenso  eine  solche  von  den  letzten  partien 
des  Vatican.  971,  also  des  codex,  welcher  von  10.  2.  10  bis 
10.  5.  8  und  sodann  von  10.  8.  14  ab  ein  gewisser  ersatz  für 
den  dort  lückenhaften,  bez.  abbrechenden  Parisinus  ist,  hat  end- 
lich die  letztgenannte  handschrift  aufs  neue  und,  wie  es  scheint, 
sehr  sorgfältig  selbst  verglichen.  Außerdem  hat  er  die  noten 
von  Modius  und  Merula  wie  den  handschriftlichen  apparat  Sna- 
kenburg's  und  Zumpt's  ebenso  genau  wie  mit  selbständigem  ur- 
theil  nochmals  durchgearbeitet.  Schon  aus  diesen  rücksichten 
muß  seine  arbeit  als  eine  höchst  dankenswerthe  bereicherung 
unserer  Curtiuslitteratur  angesehen  werden  ;  der  werth  derselben 
wird  aber  ganz  erheblich  noch  dadurch  gesteigert,  daß  Kinch 
nicht  einseitig  sich  mit  diplomatischer  kritik  beschäftigt,  sondern 
auch  als  feinsinniger  interpret  des  Schriftstellers  und  gründlicher 
kenner  seines  Sprachgebrauchs  sich  bewährt  hat,  wenn  auch  ohne 
zweifei  manches  von  dem ,  was  derselbe  mit  einer  gewissen  ke- 
cken Zuversicht  behauptet ,  einer  ruhigeren  betrachtung  gegen- 
über sich  als  unrichtig,  wenigstens  als  sehr  anfechtbar  erweisen 
wird.  Th.    Vogel. 


10.  Eduard  Stroebel,  De  Ciceronis  de  oratore librorum 
codicibus  mutilis  antiquioribus.  Diss.  inauguralis.  Erlang.  1883. 
76  p.     8. 

Der  verf.  dieser  fleißigen  abhandlung  giebt  mehr,  als  er 
ankündigt ;  denn  außer  den  älteren  codd.  mutili ,  welchen  er 
die  ersten  beiden  kapitel  widmet,  bespricht  er  in  einem  dritten 
die  jüngeren  mutili,    in  einem  vierten  die  integri,    und    schließt 


42  10.   Cicero.  Nr.   1. 

in  einem  fünften  mit  variae  adnotationes  criticae.  Für  die  bei- 
den ersten  kapitel  standen  ihm  eine  neue  kollation  des  Abrin- 
censis  von  Ferd.  Heerdegen ,  eine  von  A.  Luchs  angefertigte 
des  Harleianus  und  eine  von  ihm  selbst  besorgte  des  älteren 
Erlangensis  zu  geböte.  Auf  grund  dieses  handschriftlichen  ap- 
parats  unternimmt  er  es,  eine  jede  der  genannten  handschriften 
unter  berücksichtigung  des  umfangs  der  in  ihnen  enthaltenen  frag- 
mente ,  der  in  ihnen  angewandten  schriftform  und  Schreibweise, 
sowie  der  auslassungen ,  zusätze  und  anderer  Verderbnisse  nach 
ihrem  werthe  zu  prüfen  und  das  Verhältnis  derselben  zu  ein- 
ander sowie  zu  dem  gemeinsamen  archetypus  festzustellen.  Er 
thut  dies  in  einer  etwas  weitschweifigen,  bisweilen  selbst  ermüden- 
den weise,  indem  er  unwesentliche  oder  auch  allgemein  bekannte 
und  abgemachte  punkte  mit  gleicher  Umständlichkeit  erörtert  wie 
solche ,  welche  für  die  förderung  der  Wissenschaft  von  belang 
sind.  Dabei  nimmt  er  zugleich  an  vielen  stellen  auf  die  lei- 
stungen  der  neueren  herausgeber  dieser  schrift  oder  andere  die- 
selbe betreffenden  arbeiten  zustimmend  oder  ablehnend  bezug 
und  macht  gelegentlich  auch  selbständige  vorschlage  zur  Ver- 
besserung des  textes.  Es  kann  nicht  ausbleiben ,  daß  er  mit 
seinen  vermuthungen  und  Schlüssen  öfters  auf  bedenken  oder 
Widerspruch  stoßen  wird.  Nichtsdestoweniger  kann  dieser  arbeit 
nicht  jegliches  verdienst  abgesprochen  werden  ,  insofern  die  Zu- 
sammenstellung ähnlicher  oder  zusammengehörender  punkte  die 
Orientierung  erleichtert  und  eine  sichere  und  schnellere  beur- 
theilung  der  vorhandenen  schaden  möglich  macht.  Der  werth- 
vollste  theil  der  ganzen  abhandlung  dürfte  aber  in  dem  ab- 
schnitt enthalten  sein ,  in  welchem  der  cod.  Harlei.  ausführlich 
besprochen  und  zu  allgemeinerer  kenntnis  gebracht  wird ,  ein 
cod. ,  welcher  zwar  flüchtig  geschrieben  und  infolge  dessen  mit 
nicht  wenigen ,  ihm  eigen thümlichen  fehlem  behaftet  ist ,  aber 
dessenungeachtet  mehr  glaubwürdigkeit  als  der  ältere  Erlanger 
verdient,  abgesehen  davon,  daß  in  ihm  einige  abschnitte  ent- 
halten sind,  welche  in  den  beiden  übrigen  älteren  mutili  fehlen. 
Sie  umfassen  von  lib.  I.  die  §§  123—128  und  151  —  193,  von 
lib.  II.  die  §§13 — 19  und  234 — 245,  welche  im  Abrincensis  erst 
von  jüngerer  hand  hinzugefügt  sind,  und  in  lib.  III  die  §§  149 
— 171,  welche  in  derselben  handschrift  ebenfalls  von  einer  spä- 
teren hand  herrühren.     Im  übrigen  behält  der  Abrinc.  nach  wie 


Nr.   1.  10.  Cicero.  43 

vor  den  ersten  platz  unter  diesen  3  Handschriften,  deren  gegen- 
seitiges Verhältnis  der  verf.  so  feststellt,  daß  der  Abrinc.  und 
Harlei.  beide  mittelbar,  aber  in  gleich  weitem  abstände  aus  dem 
archetypus  geflossen  sind ,  während  der  ältere  Erlang,  erst  aus 
einer  schwesterhandschrift  des  Abrincensis  herzuleiten  ist.  Es 
ist  ihm  gelungen,  den  beweis  hierfür  in  ziemlich  überzeugender 
weise  zu  führen.  Demnach  wird  der  Harleianus  immer  in  erster 
linie  nach  dem  Abrincensis  zu  berücksichtigen  sein. 

Daß  ref.  mit  dem  kritischen  urtheil  des  verf.  nicht  immer 
einverstanden  sein  kann,  ist  schon  oben  angedeutet  worden.  Um 
dies  zu  illustrieren ,  mögen  einige  ohne  wähl  herausgegriffene 
beispiele  folgen.  Lib.  II.  55  ,  224  bieten  sämmtliche  mutili  die 
lesart  locum,  aus  welcher  die  neueren  herausgeber  außer  Kayser 
lotum  gemacht  haben,  während  Stroebel  (mit  ihm  freilich  auch 
Stangl)  der  von  Kayser  festgehaltenen  vulgata  locutum  den  Vor- 
zug einräumt.  Aber  zugegeben,  daß  locum  aus  locutum  verderbt 
werden  konnte,  wie  andere  beispiele  der  mutili  beweisen,  so  liegt 
es  doch  aus  paläographischem  gründe  näher,  lotum  als  ursprüng- 
liche lesart  anzunehmen,  welche  zumal  auch  dem  gedanken  mehr 
entsprechen  dürfte.  Denn  es  kam  doch  nur  darauf  an,  das  zu- 
sammen sein  im  bade,  natürlich  zu  dem  zweck,  zu  welchem 
überhaupt  bäder  besucht  werden,  zu  betonen.  Auch  in  den  vor- 
hergehenden beispielen  wird  immer  nur  ein  zusammen  sein  mit 
den  söhnen  (essemus ,  eramus ,  assedimus)  erwähnt,  und  durch  lo- 
cutum würde  lediglich  ein  fremdartiges  und  durch  nichts  moti- 
viertes moment  hinzugebracht  werden.  Die  partikel  etiam  spricht 
zum  mindesten  nicht  für  locutum.  —  [I.  44,  177,  wo  sämmt- 
liche hauptglieder  der  periode  asyndetisch  neben  einander  ge- 
stellt sind,  würde  et  vor  ex  iisdem  sogar  im  Widerspruch  mit  den 
handschriften  fehlen  müssen;  um  so  auffälliger  ist  es,  daß  Stroe- 
bel es  verlangt,  während  es  die  mutili  nicht  haben.  —  Daß  ref. 
über  II.  12,  52:  ei  qui  heut  anders  denkt  als  vor  18  jähren, 
ist  aus  seiner  anm.  zu  de  or.  I.  59 ,  253  (2.  aufl.)  ersichtlich. 
—  II.  13 ,  57  ist  ex  clarissima  quasi  rhetorum  officina  von  dem 
unterzeichneten  wegen  der  handschriftlich  beglaubigten  Wortstel- 
lung geschrieben  worden  und  dürfte  trotz  Adler  festzuhalten 
sein.  Wie  quasi  vor  dem  sing,  rhetoris  gerechtfertigt  werden 
könnte,  ist  nicht  recht  erfindlich,  da  Isocrates  ein  wirklicher 
rhetor  war,    seine  schüler  aber  nicht,    wie  Adler   glaubt,    bloß 


44  10.  Cicero.  Nr.   1. 

redner  waren ,  sondern ,  obgleich  rhetorisch  gebildet ,  sich  auch 
anderen  berufszweigen  zuwandten.  Vgl.  übrigens  de  Fin.  V.  3, 
7:  ex  hac  tamquam  omnium  artificum  officina.  —  II.  17,  72  giebt 
der  gedankenzusammenhang  deutlich  zu  erkennen,  daß  aut  tam- 
quam machinatione  cet.  nur  die  steigernde  fortsetzung  des  durch 
das  wiederholte  aut  gegliederten  und  nur  durch  die  parenthese 
in  quo  saepe  —  deducendum  est  unterbrochenen  Satzes  enthält, 
welcher  mit  cum  begonnen  worden  ist.  Es  kann  daher  aut  vor 
tamquam  nicht  durch  ein  neues  cum  ersetzt  werden.  —  II.  45, 
190  kann  das  hinter  accesserit  in  den  mutili  stehende  s  nur  als 
die  von  dem  abschreiber  selbst  hinzugefügte  Verbesserung  des 
von  ihm  gemachten  und  bald  bemerkten  Schreibfehlers  angesehen 
werden  und  daher  nur  accesseris  richtig  sein.  —  II.  28  ,  125 
wird,  mag  man  nun  non  hoc  maxime  oder  hoc  non  maxime  lesen, 
im  folgenden  doch  quae  semper  statt  ea  semper  nothwendig  sein, 
wenn  anders  in  quibus,  wie  es  der  gedanke  erfordert,  seine  be- 
ziehung  auf  den  mit  sed  haec  beginnenden  satz  behalten  soll.  — 
III.  46,  180  ist  et  vor  templa  nicht  bloß  aus  handschriftlichem 
gründe  sondern  auch  darum  wegzulassen,  weil  auf  columnae  das 
hauplgewicht  ruht ,  welches  eine  beeinträchtigung  erführe,  wenn 
zugleich  templa  und  porticus  durch  eine  gliederung  mittelst  et — 
et  mehr  hervorgehoben  würde. 

Solcher  stellen ,  an  denen  ref.  mit  dem  verf.  nicht  einver- 
standen ist,  könnten  noch  manche  angeführt  werden.  Aber  an- 
drerseits ist  auch  anzuerkennen,  daß  er  öfters  das  richtige  ge- 
troffen und  seine  ansieht  mit  guten  gründen  gestützt  hat.  So 
z.  b.  ist  auf  p.  10  mit  recht  daran  erinnert  worden,  daß  IL  71, 
290  ebenso  wie  57,234  deversorio  und  nicht  diversorio  zu  schrei- 
ben ist.  Gut  ist  auch  auf  p.  12  die  bemerkung,  daß  III.  46, 
181  possit ,  nicht  posset  zu  lesen,  ferner  auf  p.  38,  daß  IL  82, 
333  est  hinter  vitanda  einzufügen,  auf  p.  41,  daß  aliqui  dolos 
statt  aliquis  zu  setzen  sein  dürfte,  sowie  auf  p.  45,  daß  die  von 
dem  unterzeichneten  gewählten  lesarten  IL  57 ,  233  und  77, 
314  ne  quae  und  si  quae  statt  ne  qua  und  si  qua  handschriftlich 
nicht  genügend  beglaubigt  sind.  Ebenso  ist  auch  p.  71  sehr 
wahrscheinlich  gemacht  worden,  daß  III.  29,  115  das  in  den 
ältesten  mutili  vor  possit  stehende  facere  nicht  wegzulassen  ist. 
Ueberhaupt  geht  aus  dieser  abhandlung,  namentlich  aber  aus 
den  verdienstvollen  Untersuchungen  Stangls  als  unzweifelhaft  her- 


Nr.   I.  10.  Cicero.  45 

vor,  daß  von  dem  gegenwärtig  bekannten  handschriftlichen  ma- 
terial  die  codd.  mutili  noch  mehr  auszunützen  sind,  als  von  dem 
unterzeichneten  in  seiner  ausgäbe  der  bücher  de  oratore  schon 
geschehen  ist.  Anders  wird  sich  möglicher  weise  die  sache  her- 
ausstellen, wenn  es  gelingen  sollte,  durch  eine  noch  ausstehende 
genaue  vergleichung  der  integri  den  text  des  verloren  gegange- 
nen cod.  Laudensis  festzustellen,  in  welchem  falle  die  jetzt  im 
Vordergründe  stehenden  handschriften  leicht  ihren  vorrang  ein- 
büßen können;  denn  daß  dieser  cod.  immer  nur  in  den  vorher 
unbekannten  theilen  abgeschrieben ,  in  den  übrigen  aber  ledig- 
lich zur  ergänzung  und  berichtigung  herangezogen  worden  sei, 
wird  heut  schwerlich  noch  jemand  glauben.  Daß  dies  freilich 
von  den  Schreibern  des  lg.  3  und  6  geschehen  ist,  hat  der  verf. 
wahrscheinlich  gemacht. 

Von  den  jüngeren  mutili  urtheilt  er  mit  recht ,  daß  sie  ne- 
ben den  älteren  nicht  mehr  in  betracht  kommen.  Der  Erlang. 
II  soll  aus  dem  Abrincensis  und  nur  in  einem  theile  aus  dem 
Harleianus  geflossen,  der  Erfurtensis  aber  ganz  auf  den  letzteren 
zurückzuführen  sein. 

Uebrigens  scheint  der  verf.  über  die  handschriftlichen  les- 
arten  nicht  immer  ganz  genau  berichtet  zu  haben.  Wenn  er 
z.  b.  auf  p.  33  mittheilt,  daß  11.28,  128  im  Abrinc,  Erl.  I.  und 
Harleianus  meae  totius  in  dicendo  orationis  stehe,  so  ist  zu  bemer- 
ken, daß  nach  dem  dem  ref.  vorliegenden  handschriftlichen  inate- 
rial  so  nur  in  A  und  H  steht,  und  zwar  in  dicend  orationis.  Auch 
II.  55,  223  scheint  in  A  nicht  duos  (lectores),  sondern  duo  l.  zu 
stehen-,  IL  57,  233  fehlt  in  A  tibi  vor  causam;  58,  237  steht 
in  A  parcendum  autern  est  maxime ,  in  H  parcendum  est  autem 
maxime;  77,  315  findet  sich  nicht  in  A  und  E,  sondern  in  A 
und  H  volgare  atque  commune,  und  ebenso  beruht  es  wohl  auf 
einem  irrthum ,  wenn  über  III.  37,  150  mitgetheilt  wird,  daß 
dort  in  A  und  H  est  vor  ponderandus  stehe.  Auch  p.  47  ist 
rerum  sed  usu  gewiß  ein  Schreibfehler  statt  in  rerum  vel  usu. 

Was  endlich  das  latein  des  verf.  betrifft,  so  ist  anzuerken- 
nen, daß  er  sich  eines  deutlichen  und  im  allgemeinen  gewandten 
stils  bedient  hat.  Immerhin  dürfte  aber  an  einzelnen  ausdrücken 
anstoß  zu  nehmen  sein ,  wie  z.  b.  auf  p.  2  an  [codicum)  contem- 
plationc,  p.  3  an  der  Verbindung  von  silentio  mit  praetermittam, 
dem   häufig  gebrauchten  contendcre    für    unser  behaupten,    an 


46  11.  Weltgeschichte.  Nr.   1. 

probabiliter,  wenn  es  einen  erklärenden  zusatz  oder  eine  apposi- 
tion  anknüpfen  soll,  für  eine  Wendung  mit  videri,  sowie  an  ap- 
tae  sunt,  ut  persuadeant  (p.   24).  Gustav  Sorof. 

11.  Ranke,  L.  von,  Weltgeschichte.  Bd.  1.2. 3.  Zweite 
aufl.     Leipzig,  Duncker  &  Humblot  1881 — 83.      8. 

Die  höchste  aufgäbe ,  die  der  historiker  sich  stellen  kann 
ist  es  ohne  frage ,  eine  Weltgeschichte  zu  schreiben ;  und  doch 
drohte  dieser  gedanke  uns  allmählich  abhanden  zu  kommen.  — 
Arbeitsteilung  ist  die  parole  des  tages ,  d.  h.  auf  dem  gebiete 
der  Wissenschaft :  detailforschung  und  spezialisirung,  die  in  einem 
umfange  durchgeführt  wird  von  dem  man  früher  keine  ahnung 
hatte.  Namentlich  das  gebiet  der  geschichtsforschung  zerfällt 
in  zwei  theile ,  die  durch  eine  breite  kluft  getrennt  sind :  das 
alterthum  auf  der  einen,  mittelalter  und  neuzeit  auf  der  andern 
seite ;  und  die  forscher  sind  zu  zählen ,  welche  diese  kluft  zu 
überschreiten  und  auf  beiden  seiten  selbständig  zu  arbeiten  ge- 
wagt haben.  —  Die  meisten  beschränken  sich  entweder  auf  die- 
ses oder  jenes  gebiet,  ja  die  beschränkung  geht  auf  dieser,  wie 
auf  jener  seite  noch  viel  weiter.  Viele  sind  nur  beschäftigt 
bausteine  zu  formen  und  regelrecht  zu  behauen ,  ohne  daß  ih- 
nen jemals  der  gedanke  kommt,  selbstständig  daraus  ein  gebäude 
aufzuführen.  —  Um  so  freudigeren  empfang  findet  also  der  bau- 
meister ,  der  auf  der  einen  seite  bereits  eine  reihe  von  pracht- 
bauten  aufgeführt  hat,  und  sich  nun  auch  der  anderen  seite  zu- 
wendet, um  alles  zu  einer  einheit  zusammenzufassen. 

Man  weiß  in  der  that  kaum,  was  man  mehr  an  Ranke  be- 
wundern soll,  den  muth  in  seinem  alter  ein  so  weitaussehendes 
unternehmen  zu  beginnen,  oder  die  arbeitskraft  und  geistige 
frische  mit  der  es  ausgeführt  wird,  oder  die  Vielseitigkeit  der 
interessen  oder  die  geschickte  gliederung  und  auswahl  des  fast 
unermesslichen  Stoffes.  Rankes  Weltgeschichte  will  und  kann 
kein  handbuch  für  gelehrte  forschung  sein ;  sie  ist  für  gebildete 
(im  besten  sinne  des  wortes)  und  nicht  für  gelehrte  geschrieben 
und  daher  von  ersteren  auch  freudiger  begrüßt  worden  als  von 
letzteren.  Fachleute  können  immer  noch  bei  einer  reihe  von 
fragen  mit  recht  behaupten,  daß  sie  mehr  und  besseres  davon 
verstehen  als  Ranke  und  noch  kürzlich  sind  z.  b.  in  einer  ita- 
lienischen Zeitschrift  eine  reihe   von  ausstellungen    besonders  ge- 


Nr.   1.  11.  Weltgeschichte.  47 

gen  den  ersten  band  gemacht,  die  zum  theil  ihre  berechtigung 
haben,  da  Eanke  sich  für  seine  Weltgeschichte  in  eine  menge 
von  fragen  einzuarbeiten  hatte,  die,  wie  wir  jetzt  sehen,  auch  frü- 
her nie  gänzlich  außer  seinem  horizont  gelegen ,  aber  doch  mit 
seinem  eigentlichen  arbeitsfeld  nur  wenig  berührung  hatten. 
Daß  der  spezialforscher  dem  verf.  hier  oftmals  überlegen  ist, 
kann  natürlich  nicht  in  abrede  gestellt  werden.  Allein  dieser 
nachtheil,  der  nicht  weggeleugnet  werden  soll,  wird  aufgewogen 
durch  vortheile ,  die  den  verf.  bei  seiner  arbeit  unterstützten. 
Was  wir  an  dem  großen  werke  von  Ranke  besitzen ,  sieht  man 
recht  deutlich,  wenn  wir  dasselbe  mit  anderen  vergleichen,  die 
denselben  titel  führen.  Keiner  der  mit  Ranke  zusammen  auch 
nur  genannt  werden  dürfte,  hat  sich  jemals  dieses  ziel  gesteckt. 

Zunächst  ist  es  natürlich  von  besonderem  interesse ,  das 
urtheil  eines  geistreichen  historikers  zu  hören ,  der  völlig  unab- 
hängig den  jeweiligen  schulmeinungen  gegenübersteht ;  sodann 
ist  doch  die  historische  methode,  die  bei  der  alten  geschichte  an- 
gewendet wird,  schließlich  dieselbe,  welche  beim  mittelalter  und 
der  neuzeit  angewendet  wird :  wer  also  hier  sein  äuge  durch 
übung  geschärft  hat  wird  es  auch  dort  zu  brauchen  wissen. 

Mit  instinctiver  Sicherheit  erfaßt  verf.  den  eigentlichen  kern 
und  das  wesen  der  sache,  während  andere,  die  sich  zu  lange  bei 
nebendingen  aufhalten ,  den  richtigen  maaßstab  bei  Würdigung 
verlieren.  Wer  in  dem  maaße  wie  Ranke  die  ganze  spätere 
geschichte  beherrscht,  der  findet  natürlich  bei  der  alten  ge- 
schichte eine  menge  von  analogen  Verhältnissen,  die  für  ihn  durch 
parallelen  aus  der  späteren  zeit  sofort  klar  werden. 

Universalgeschichte  ist  das  eigentliche  fach  des  verf.;  grade 
diejenigen  partieen,  wo  die  beziehungen  und  Verwickelungen  sich 
häufen,  wo  die  fäden  hinüber  und  herüber  führen,  deren  auffas- 
sung  und  darlegung  also  die  meisten  Schwierigkeiten  bietet,  sind 
sein  element  und  wir  bewundern  seine  klarheit  niemals  mehr 
als  wenn  er  einen  scheinbar  hoffnungslos  verwirrten  knoten  nur 
in  die  band  zu  nehmen  braucht,  um  die  verschlungenen  fäden 
gleichsam  von  selbst  sich  entwirren  zu  sehen.  —  Seine  darstel- 
lung  ist  einfach  und  klar,  ohne  tendenz  und  anachronismen, 
seine  spräche  frei  von  rhetorischem  prunk  und  sucht  eher  durch 
eine  allgemeine  reflexion  oder  durch  eine  spezielle  parallele 
zu   erklären.     Meistens  läßt  Ranke  die  Sachen  selber  wirken  und 


48  11.  Weltgeschichte.  Nr.  1. 

bemerkt  höchstens,  weßhalb  sie  wichtig  sind.  Ohne  durch  that- 
sachen  zu  erdrücken,  versteht  er  es  meisterhaft  sie  so  zu  grup- 
piren  ,  daß  dem  leser  die  eigentlich  leitenden  grundgedanken  in 
ihrer   eigenthümlichkeit  klar  werden. 

Den  resultaten  neuerer  skepsis  gegenüber  verhält  Ranke 
sich  meistens  sehr ■ —  und  wir  können  wohl  hinzufügen  —  zu  sehr 
skeptisch,  während  er  andrerseits  die  positiven  ergänzuugen  der 
früher  lückenhaften  Überlieferung,  wie  sie  uns  z.  b.  die  assyrio- 
logie  bietet  mit  dank  entgegen  nimmt,  trotz  der  principiellen  be- 
denken, die  vor  wenigen  jähren  v.  Gutschmid  in  dieser  hinsieht 
ausgesprochen   hat.   — 

„Die  erde  war  bewohnbar  geworden  und  wurde  bewohnt", 
„die  Völker  waren  geschieden  und  standen  in  mannigfaltigen 
beziehungen  unter  einander;  sie  besaßen  anfange  der  eultnr  lange 
bevor  die  schrift  erfunden  war  und  auf  diese  allein  ist  doch  die 
geschichte  angewiesen"  —  so  lauten  die  schönen  und  vielsagenden 
eingangsworte,  die  den  leser  sofort  auf  den  richtigen  Standpunkt 
stellen  und  eine  reihe  von  unnützen  fragen  sofort  abschneiden. 

Dann  schildert  er  im  ersten  theil ,  dessen  schwieriger  Stoff 
besonders  geschickt  disponirt  ist:  die  älteste  völkergruppe  und 
die  Griechen:  1)  Amon-Ra  Jehova  und  das  alte  Aegypten,  2)  das 
israelitische  zwölfstämmereich,  3)  Tyrus  und  Assur,  4)  Medo-per- 
sisches  reich,  5)  das  ältere  Hellas,  6)  zusammentreffen  der  Grie- 
chen mit  dem  persischen  weitreich,  7)  demokratie  von  Athen, 
8)  antagonismus  und  fortbildung  der  ideen  über  die  göttlichen 
dinge  in  der  griechischen  literatur,  9)  persisch  -  griechische  Ver- 
wickelungen, 10)  die  macedonische  weitmacht,  11)  Ursprung  der 
macedonisch-hellenistischen  königreiche,  12)  ein  blick  auf  Kar- 
thago und  Syrakus.  —  Der  zweite  band  führt  dann  die  Welt- 
geschichte von  Agathokles  bis  zu  Augustus  ,  nachdem  im  ein- 
gang  natürlich  die  ganze  ältere  sage  und  geschichte  des  alten 
Roms  nachgeholt  ist.  Ranke  zeigt  sich  conservativer  als  Niebuhr 
und  Mommsen ;  ob  Romulus  und  Nurna  mythische  oder  historische 
Persönlichkeiten  sind,  läßt  er  unentschieden  (2,  22)  und  auch  eine 
reihe  von  aneedoten  die  in  der  älteren  Überlieferung  der  Römer 
eine  solche  rolle  spielen ,  bringt  er  nicht  über  das  herz  einfach 
zu  streichen.  Auf  mehr  Zustimmung  kann  er  rechnen ,  da  wo 
der  anschluß  an  den  vorigen  band  wieder  erreicht  ist  und  die 
geschicke  von  Italien,    Sicilien,   Hellas  und  Karthago  anfangen 


Nr.   1.  11.  Weltgeschichte.  49 

sich  zu  verflechten.  Der  erste  halbband  schließt  mit  der  er- 
oberung  von  Nmnantia ,  der  zweite  trägt  die  Überschrift :  Die 
römische  republik  und  ihre  Weltherrschaft,  und  schildert  beson- 
ders ausführlich  die  sich  ablösenden  bürgerlichen  unruhen,  revo- 
lutionen  und  bürgerkriege ,  die  sich  dann  wieder  mit  der  äuße- 
ren politik  verflechten.  Bei  aller  anerkennung  von  Cäsars  ge- 
rne hält  Ranke  sich  doch  von  dem  jetzt  beliebten  Cäsarkultus 
fern;  auch  Pompejus  ist  allerdings  keine  große  ersten  ranges, 
wird  aber  doch  nicht  lächerlich  gemacht,  ebenso  wie  Cicero,  der 
gelegentlich  mit  Demosthenes  in  parallele  gestellt  wird. 

Der  dritte  band  gibt  dann  die  altrömische  kaisergeschichte  von 
Tiberius  bis  auf  Constantin.  Es  ließ  sich  voraussehen,  daß  dieser 
band  der  schwächste  des  ganzen  werkes  werden  würde ,  und, 
wenn  ich  nicht  irre,  ist  er  es  geworden.  Es  hieße  einem  werke 
wie  dem  Rankeschen  unrecht  thun ,  wenn  man  in  kleinlicher 
weise  eine  reihe  von  einzelheiten  herausgreifen  wollte,  bei  denen 
seine  ausführungen  zweifelhaft  oder  vielleicht  gar  falsch  sind; 
denn  derartiges  ist  bei  der  große  und  der  Schwierigkeit  des  ge- 
genständes natürlich  unvermeidlich  und  kann  das  gesammturtheil 
nur  wenig  modificiren.  Ueber  das  was  auf  dem  gebiete  der  kaiser- 
geschichte geleistet  und  was  noch  zu  leisten  ist  wurde  grade  kürz- 
lich in  dieser  Zeitschrift  (13,  3,  223)  gehandelt  bei  besprechung 
der  fast  gleichzeitig  erschienenen  kaisergeschichte  von  Schiller, 
es  mag  also  genügen,  hier  der  kürze  wegen  darauf  zu  verweisen. 
Große  Veränderungen  bereiten  sich  hier  vor,  welche  die  kaiser- 
geschichte auf  eine  neue  basis  stellen,  einige  vorarbeiten  sind 
bereits  gemacht,  für  andere  wenigstens  neues  material  gewon- 
nen •,  hier  muß  viel  mühsame  detailarbeit  vorhergehen ,  ehe  an 
eine  abschließende  kaisergeschichte  gedacht  werden  kann.  Diese 
Untersuchungen  wollte  der  verf.  nicht  machen  und  konnte  er 
nicht  machen  ,  selbst  wenn  er  ihnen  den  ganzen  rest  seines  le- 
bens  gewidmet  hätte.  Wie  mühsam  es  war  das  vorhandene  ma- 
terial zu  sammeln,  lehrt  z.  b.  ein  blick  in  die  Schillersche  kai- 
sergeschichte, obgleich  auch  hier  Vollständigkeit  natürlich  weder 
erstrebt  noch  erreicht  wurde.  Diese  details  konnten  natürlich 
in  ein  werk  nicht  aufgenommen  werden,  das  auf  viel  beschränkterem 
räum  in  großen  zügen  zeichnen  will ;  sie  mußten  also  nicht  einen 
theil  aber  doch  die  Voraussetzung  eines  derartigen  werkes  bilden. 
Wir  besitzen  bereits  eine  kaisergeschichte  die  durch  einen 
Philol.  Aaz.  XIV.  4 


50  11.  Weltgeschichte.  Nr.   1. 

berühmten  namen  geziert  ist.  Aus  Niebuhrs  nachlaß  ist  im  dritten 
bände  seiner  vortrage  eine  skizze  der  römischen  kaisergeschichte 
gedruckt  worden.  Kann  man  nun  sagen,  daß  Ranke  einen  be- 
deutenden fortschritt  über  Niebuhr  hinaus  bezeichnet?  Wohl 
nur  in  einigen  fragen ;  in  anderen  dagegen  nicht.  Man  hätte 
denken  sollen ,  daß  die  universalhistorische  auffassung  und  dar- 
stellung  des  verf.  sich  grade  bei  der  kaiserzeit  in  ihrem  glän- 
zendsten lichte  zeigen  würde ,  weil  spezielle  geschichte  der  ein- 
zelnen stamme  und  Staaten  hier  in  die  geschichte  des  gesammt- 
reiches  aufgegangen  ist.  Diese  erwartung  wird  aber  nicht  er- 
füllt, weil  die  provinzen  ihre  staatliche  Selbstständigkeit  verloren 
haben  und  hier  also  die  hervorragenden  punkte  fehlen,  an  welche 
der  verf.  seine  fäden  anknüpfen  könnte.  Der  hellenistische  osten 
wird  hier  z.  b.  viel  weniger  berücksichtigt  als  in  den  vorher- 
gehenden partien,  in  denen  er  noch  durch  eigene  fürsten  regiert 
wurde.  In  der  kaiserzeit  wäre  die  Universalgeschichte  eigentlich 
provinzialgeschichte  geworden,  die  der  verf.,  wie  es  scheint,  ab- 
sichtlich nicht  geben  will.  Bei  der  regierung  des  Titus ,  die 
kaum  eine  halbe  seite  (3  p.  257)  füllt,  wird  Pompeji,  das  für 
kenntniß  des  municipalen  lebens  so  wichtig  ist,  nicht  einmal  ge- 
nannt. Was  er  gibt,  ist  im  wesentlichen ,  wie  bei  Tacitus ,  re- 
gentengeschichte8),  allerdings  ergänzt  durch  eine  skizze  der  litte- 
raturgeschichte ,  der  entwickelung  des  rechts  und  des  christen- 
thumes.  Namentlich  der  Ursprung  des  christenthums  und  seine 
weitere  entwickelung  sind  mit  besonderer  liebe  und  Sorgfalt  aus- 
gearbeitet und  werden  namentlich  denen  erwünscht  sein,  welche 
den  dogmatischen   Standpunkt  des  verf.  theilen. 

Daß  andere ,  ebenfalls  wichtige ,  gesichtspunkte  dabei  zu 
kurz  kommen,  läßt  sich  nicht  leugnen;  denn  der  räum  für  die 
darstellung  ist  ein  sehr  beschränkter,  weil  der  verf.  die  zweite 
hälfte  mit  analecten  d.  h.  kritischen  erörterungen  zur  alten  ge- 
schichte angefüllt  hat,  in  denen  er  seine  auffassung  in  den  vor- 
hergehenden partien  begründet  und  für  einzelne  fragen  den  werth 

8)  3  S.  108—9  bezweifelt  der  verf.  z.  b.,  daß  Claudius  von  Agrip- 
pina  vergiftet  sei  und  fragt,  aus  welchem  gründe  sie  das  gethan  ha- 
ben sollte  ?  Die  antwort  ist,  wie  mir  scheint,  ziemlich  einfach :  Weil 
nach  ihren  planen  der  thronwechsel  zu  einer  zeit  stattfinden  mußte, 
in  der  ihr  söhn  noch  einen  vorsprung  vor  dem  Britannicus  hatte,  der 
mit  jedem  jähre  geringer  werden  mußte  und  aufhörte,  wenn  der  tod 
des  Claudius  so  spät  erfolgte,  daß  sein  eigener  söhn  ihm  unmittelbar 
folgen  konnte. 


Nr.   1.  12.  Alte  geschichte.  51 

der  angaben  des  Josephus  Diodor  Polybius  etc.  einer  prüfung 
unterzieht.  —  Ein  anderer  würde  derartige  Untersuchungen  in 
irgend  einer  gelehrten  Zeitschrift  veröffentlicht  haben  und  nicht 
einen  monumentalen  bau  dadurch  entstellt  haben,  daß  er  einen 
theil  des  gerüstes  stehen  läßt ,  der  ihm  bei  der  arbeit  gedient 
hat.  In  diesen  analecten  sind  manche  feine  und  treffende  be- 
merkungen  vorhanden,  namentlich  in  dem  excurse  über  Tacitus; 
andere  dagegen  bleiben  natürlich  bestreitbar-,  und  mit  einiger 
Wahrscheinlichkeit  können  wir  für  die  zukunft  programmen  und 
dissertationen  entgegen  sehen,  in  denen  die  verf.  sich  ihre  sporen 
verdienen  wollen  durch  polemik  gegen  einen  mann  wie  Ranke. 
Man  begreift  kaum,  weßhalb  der  verf.  und  Verleger  nicht  lieber 
einen  anderen  ausweg  vorgezogen  haben. 

Druck  und  ausstattung  des  buches  sind  vortrefflich-,  aber 
der  preis  ist  hoch. 

12  Phönizier  in  Akarnanien.  Untersuchungen  zur  phö- 
nizischen  kolonial-  und  handelsgeschichte  mit  besonderer  rück- 
sicht  auf  das  westliche  Griechenland  von  Eugen  Oberhum- 
mer.    München,  Ackermann  1882.      86   p.     gr.   8. 

Bei  der  beschäftigung  mit  den  vorarbeiten  zu  einer  ge- 
schichte  Akarnaniens  ist  der  Verfasser  auf  verschiedene  spuren 
phoinikischer  herrschaft,  wie  er  glaubt,  gestoßen,  deren  Verfol- 
gung es  nothwendig  machte ,  der  Untersuchung  sowohl  geogra- 
phisch als  in  ansehung  der  einschlagenden  Studienfächer  eine 
weitere  ausdehnung  zu  geben ;  das  ergebniß  der  mit  eingehen- 
dem fleiß,  mit  gelehrsamkeit  und  kritischem  streben  gearbeiteten 
schrift  dürfte ,  wenn  auch  vieles  theils  widerlegbar  theils  zwei- 
felhaft erscheint ,  doch  in  der  hauptsache  für  gesichert  gelten 
und  dem  verf.  das  verdienst  zukommen,  einen  neuen  mittelpunkt 
semitischer  ansiedlung  in  Hellas  wahrscheinlich  gemacht  zu  ha- 
ben. Den  weg  zu  diesem  ziele  bahnt  er  sich  durch  die  Zusam- 
menstellung der  in  der  nachbarschaft  Akarnaniens  von  den  Vor- 
gängern aufgefundenen  spuren :  so  auf  den  inseln  der  namen 
Same,  Ithaka  (vgl.  Utica),  Molokas,  Minoia  und  des  cultes  der 
Laphria-Britomartis  ;  andere,  zum  theil  minder  einleuchtende  wer- 
den aus  der  Peloponnesos  beigebracht;  noch  weniger  möchten 
wir  auf  die  epeirotischen  geben :     die    Stadt  Phoinike  ist  jungen 

datums ,    wie  überhaupt  noch    in   der  mitte  des  vierten  jahrhun- 

4* 


52  12.  Alte  geschiente.  Nr.   1. 

derts  es  außer  den  hellenischen  colonien  keine  städte  in  Epeiros 
gegeben  hat.  Geryones ,  wenn  anders  er  als  phoinikisch  in  an- 
sprach genommen  werden  darf,  war  weder  ein  könig  der  Am- 
philocher  noch  ist  sein  kämpf  mit  Herakles  in  die  gegend  von 
Ambrakia  verlegt  worden ;  nur  eine  vermuthung  des  Hekataios 
war  es  ,  daß  er  könig  zr/s  rjntiQOv  Trjg  7i?q\  ^A^ßQaniav  tu  aal 
' Anqilöiovg  (Arrian  Alex.  II  16)  gewesen  sei,  womit  weiter 
nichts  als  eine  Umschreibung  des  späteren  namens  Epeiros  gege- 
ben werden  soll,  aber  er  meinte  Nordepeiros ,  wo  die  Xaoivot 
ßnsi;  zu  hause  waren,  und  dort  nennt  auch  Skylax  das  angeb- 
liche Erytheia.  Semitische,  in  Phoinikien  (oder  bei  Phoinikern) 
wiederkehrende  Ortsnamen  Akarnaniens  weiß  verf.  drei  zu  nen- 
nen :  den  der  Stadt  Marathos,  deren  läge  er  mit  Wahrscheinlich- 
keit an  der  spitze  Krithote  sucht,  der  insel  Karnos  und  der  la- 
gune  Melite ,  und  es  ist  anzuerkennen ,  daß  dem  sprachlichen 
argument  bei  allen  von  dem  verf.  auch  eine  sachliche  begrün- 
dung  gegeben  wird,  wenn  auch  in  der  auseinandersetzung  über 
Marathos  manches  bedenkliche  untergelaufen  ist:  der  eifer  für 
seine  sache  hat  ihn  so  weit  geführt,  sogar  den  acht  griechischen 
namen  Marathon  für  semitisch  zu  erklären,  ohne  sich  an  die  be- 
deutung  der  endung  cor  und  an  analoga  wie  Sikyon  Krommyon 
zu  erinnern.  Zu  jenen  Ortsnamen  kommen  religiöse  culte :  das 
opfer  für  die  fliegen  bei  dem  feste  des  Apollon  «xr»o<,-  (wie  der 
verf.  mit  recht  statt "  Axnoi;  schreibt)  an  der  spitze  von  Leukas, 
welches  gleich  den  ähnlichen  des  Heros  Myiagros  und  Zeus 
Apomyios  an  den  belzebub  (fliegenbaal)  der  philister  von  Ekron 
erinnert ;  der  Heraklesdienst  im  hafen  von  Alyzeia  und  der 
gleiche,  in  der  (freilich  nur  in  römischer  zeit  genannten)  Stadt 
Herakleia  vorauszusetzende;  das  heiligthum  der  'großen  götter'  zu 
Aktion,  welche  verf.  nicht  ohne  anhält  für  die  phoinikischen  Ka- 
beiren (wörtlich  die  mächtigen,  großen)  erklärt;  endlich  den 
akarnanischen  dienst  der  Aphrodite  Aineias,  welche  wenigstens 
als  unhellenisch  angesehen  werden  darf. 

Das  band,  welches  diesen  vereinzelten,  zum  theil  auch  nur 
im  allgemeinen  auf  den  Orient  zurückführenden  hinweisen  zu- 
sammenhält geben  könnte,  wäre  eine  alte  Überlieferung  von  phoi- 
nikischen an siedlern ,  wie  wir  sie  z.  b.  für  Theben ,  Thasos, 
Thera  und  andere  orte  in  der  sage  von  Kadmos  und  seinen  be- 
gleite™   besitzen.       Eine  solche  ist  in  der  that  vorhanden ,  aber 


Nr.   1.  12.  Alte  geschichte.  53 

der  verf.  wirft  sie,  zur  unzeit  kritisch ,  bei  seite.  Im  Etymolo- 
gicum  magnum  heißen  die  Taphier  drixadtv  &oivixeg  iä>v  petu 
Kuöpou  aiaXhtmv:  ohne  zweifei  galt  ihr  ahnherr  Taphios  d.  i. 
die  personilication  des  volkes  ,  neben  Kilix,  Thasos  und  andern 
als  ein  begleiter  des  Kadmos.  Der  verf.  meint,  der  gewährs- 
mann  des  lexikographen  habe  in  den  Taphiern  deßwegen  Phoi- 
niker  zu  erkennen  geglaubt,  weil  sie  diesen  frühzeitig  schifffahrt, 
seeraub  und  handel  abgelernt  hätten.  Auf  diesen  grund  hin 
hätte  man  aber  mit  ebenso  viel  recht  oder  unrecht  jedes  andere 
seefahrende  volk  von  Hellas  für  nachkommen  der  Phoiniker  an- 
sehen können  und  doch  ist  es  niemand  eingefallen,  es  darum 
von  jenen  abstammen  zu  lassen.  Darin,  daß  die  Odyssee  zwi- 
schen Taphiern  und  Phoinikern  unterscheidet,  kann  kein  grund 
zur  verwerfnng  jener  nachriebt  gefunden  werden :  unter  Phoi- 
nikern versteht  sie  bloß  die  angehörigeni  des  mutterlandes;  die 
Taphier  dagegen  bilden  ein  volk  für  sich,  gleichviel  welcher 
abstammung,  so  gut  wie  die  Kadmeier.  Die  Untersuchung  über 
sie  hätte  der  verf.  gleich  in  diese  schritt  aufnehmen  sollen,  an- 
statt sie  auf  eine  spätere  zeit  zu  versparen.  Die  meisten  Ho- 
mergeographen  des  alterthums  haben  die  sitze  derselben  auf  Ta- 
phos  und  die  andern  inseln  zwischen  Leukas  und  Akarnanien 
beschränkt,  ohne  zweifei  deßwegen,  weil  der  schiffkatalog ,  wel- 
cher die  Taphier  nicht  erwähnt,  auch  Akarnanien  im  Kephal- 
lenenreich  umfassen  sollte ;  um  so  glaubwürdiger  ist  die  nachricht 
Strabons  p.  461  ,  daß  sie  auch  auf  dem  akarnanischen  festland 
gewohnt  hätten,  zumal  die  Westküste  nach  ihren  scheinbaren 
doppelgängern,  den  Teleboern,  Telebois  hieß  und  Taphios  auch 
könig  der  Teleboer  genannt  wurde.  Wer  auf  den  namen  der 
insel  Karnos  ein  so  bedeutendes  gewicht  in  Sachen  der  Phoiniker 
Akarnaniens  legt  wie  der  Verfasser,  der  mußte  auch  die  zwischen 
Karnos  und  Akarnanien  gelegenen  inseln  mit  ihren  bewohnern 
eingehender  berücksichtigen :  waren  diese  von  den  Phoinikern 
verschieden,  so  fragt  es  sich ,  welches  von  beiden  Völkern  vor 
dem  andern  dort  gesessen  ist.  Diese  Unterlassung  macht  sich 
auch  in  einer  andern  frage  fühlbar.  Die  technik  der  bogen- 
wölbung  mittelst  keilschnitt  des  steins,  den  anderen  Hellenen  un- 
bekannt, findet  sich  in  bauresten  von  Oiniadai ,  Palairos  und 
andern  akarnanischen  orten  so  gut  ausgebildet  wie  in  Etrurien 
und  im  tarquinischen  Rom  ;  zuerst  nachweisbar  ist  sie  in  Ninive. 


54  13.  Archäologie.  Nr.   1. 

Wenn  sie,  wie  verf.  annehmen  möchte,  aus  Assyrien  durch  die 
Phoiniker  nach  Akarnanien  gelangt  ist,  warum  finden  sich  denn 
keine  spuren  in  Phoinikien  selbst?  Wir  denken  bei  diesen  und 
anderen  fällen  'pelasgischer'  bauten  Akarnaniens  an  die  nach- 
richt  des  Pausanias  I  28 ,  die  tyrrhenischen  Pelasger ,  welchen 
die  akropolis  von  Athen  ihre  erste  befestigung  verdankte,  seien 
dahin  aus  Akarnanien  gekommen;  auch  die  vom  verf.  passend 
hervorgehobene  thatsache,  daß  so  viele  und  so  kunstgerecht  an- 
gelegte cisternen  wie  in  Akarnanien  sich  auf  hellenischem  boden 
nur  in  den  felsanlagen  vor  dem  melitischen  thore  Athens  wie- 
derfinden, ließe  sich  auf  diese  weise  erklären.  Auf  Verbindung 
der  tyrrhenischen  Pelasger  mit  den  Phoinikern,  welche  sich  als 
cisternenbauer  jedenfalls  schon  vor  der  entstehung  jener  helle- 
nischen Wasserbauten  ausgezeichnet  haben,  weist  unter  andern 
auch  der  Kabeirendienst  der  tyrrhenischen  Pelasger  von  Boiotien 
(von  wo ,  nicht  unvereinbar  mit  Pausanias ,  Ephoros  sie  nach 
Athen  wandern  läßt)  und  Samothrake  hin  und  wir  stehen  nicht 
an ,  für  das  volk  des  genealogischen  heroenmythos ,  hinter  des- 
sen namen  der  historische  der  tyrrhenischen  Pelasger  Akarna- 
niens verborgen  sein  muß ,  die  Teleboer  zu  erklären :  Teleboas 
ist  enkel  des  Pelasgos ,  bruder  des  Oinotros  und  Peuketios ,  die 
Teleboer  aber  saßen  römischen ,  ohne  zweifei  aus  griechischer 
quelle  geschöpften  sagen  zufolge  auch  an  den  gestaden  des  tyr- 
rhenischen meeres.  U. 

13.  A.  Milchhoefer,  die  anfange  der  kunst  in  Griechen- 
land. Mit  zahlreichen  abbildungen.  Leipzig,  F.  A.  Brockhaus 
1883.     VI  und  227  p.     8. 

In  diesem  merkwürdigen  buche  sind  zweierlei  bestandtheile 
zu  unterscheiden:  die  archäologische  beschreibung  verwandter 
denkmaler,  die  natürlich  von  den  mykenäischen  gräberfunden 
ausgeht,  und  die  philologisch -historische  construction  der  älte- 
sten culturzustände  in  Griechenland  und  ihrer  quellen. 

Wie  man  von  der  umfassenden  kenntnis  des  materials,  wel- 
che der  Verfasser  in  einer  reihe  von  abhandlungen  an  den  tag 
gelegt  hat,  erwarten  konnte,  ist  dieses  größere  werk  reich  an 
feinen  und  belehrenden  beobachtungen.  Zwar  macht  die  Schnel- 
ligkeit, womit  er  seine  urtheile  wechselt,  über  die  dauerhaftig- 
keit  dieser  letzten  ansichten  einigermaßen   mißtrauisch.     So  laßt 


Nr.   1.  13.   Archäologie.  55 

er  1881  in  seinem  katalog,  die  niuseen  Athens  p.  88  die  cultur 
der  urzeit  noch  ganz  auf  dem  boden  des  Orients  stehen,  jetzt 
beschränkt  er  dessen  einwirkung  bedeutend ;  die  berühmte  Vor- 
stellung eines  großen  goldenen  ringes  nennt  er  dort  p.  100 
„durchaus  genrehaft" ,  jetzt  erklärt  er  sie  als  Rhea  mit  ihren 
nymphen  (p.  136);  auf  einer  kretischen  bronzeplatte  hatte  er 
den  streit  um  die  kerynitiscke  hirschkuh  erblickt,  (Arch.  zeitung 
1881  p.  68)  ,  jetzt  sieht  er  sich  „veranlaßt",  zu  seiner  frühern 
deutung  ,,auf  eine  gewöhnliche  jagdscene"  zurückzukehren  (p.  169). 
Aber  niemand  wird  ihm  verargen ,  wenn  er  in  einer  so  schwie- 
rigen materie,  wie  die  Würdigung  der  vor-  oder  früh-hellenischen 
denkmäler,  einen  tastversuch  auf  den  andern  folgen  läßt.  Be- 
denklicher erscheint  die  Zuversicht,  womit  p.  171  ff.  die  soge- 
nannten kyrenäischen  vasen  auf  Kreta  zurückgeführt  werden, 
wonach  um  ol.  50  ein  lebhafterer  verkehr  zwischen  der  insel 
und  Afrika  und  mit  Etrurien  angenommen  werden  müßte.  Auch 
gegen  die  starke  ausbeutung  der  typentheorie ,  wie  sie  z.  b.  p. 
187  angewandt  wird,  ist  mit  recht  von  Veit  Valentin  in  Lützows 
Zeitschrift  für  bildende  kunst  1883  p.  29  Verwahrung  eingelegt 
worden.  Aber  ein  unbestreitbares  verdienst  hat  der  verf.  durch 
die  Unterscheidung  der  unter  den  mykenäischen  fanden  vorkom- 
menden stile  und  die  ausführliche  behandlung  der  sogenannten 
inselsteine,  deren  analogien  sich  in  jenen  gräbern  finden,  erwor- 
ben. Sein  scharfsinnig  und  gelehrt  ausgeführtes  System  umfaßt 
die  demente  und  die  entwicklung  der  vorhomerischen,  aber  im 
epos  noch  wahrnehmbaren  kunst  nicht  allein  in  Griechenland, 
sondern  auch  in  Italien,  namentlich  Etrurien,  in  einer  dreifachen 
gliederung.  In  dieser  nehmen  die  Pelasger  die  erste  stufe  ein, 
deren  cultur  durch  berührung  mit  der  überlegenen  kunst  der 
arischen  bevölkerung  von  Kleinasien,  der  Phrygier,  sodann  durch 
einwirkung  des  semitischen  Orients  einer  reicheren  ausbildung 
zugeführt  wird.  Die  Vollendung  dieser  kunst,  wie  sie  das  epos 
besonders  in  der  beschreibung  der  Schilde  darstellt,  erfolgte  auf 
einer  insel,  wo  jene  elemente  sich  vermischten ,  auf  Kreta. 

Sicher  und  dankenswerth  ist  in  dieser  ausführung  die  Un- 
terscheidung einer  zwiefachen  metalltechnik ,  des  guß-  und  prä- 
gestils  und  einer  freien  treibe-  und  flachkunst,  sowie  einer  klei- 
nern zusammengesetzten  gruppe ,  welche  in  beiden  arten  theils 
naturalistisch  nachgebildete,  theils  stilisierte  formen  von  pflanzen 


56  13.  Archäologie.  Nr.  1. 

und  kleineren  thieren  enthält,  bemerken swerth  die  Übereinstim- 
mung einer  weit  verbreiteten,  in  Kreta  häufigeren  klasse  prähi- 
storischer gemmen,  der  sogenannten  inselsteine,  welche  eingegra- 
bene Vertiefungen,  somit  eine  dritte  technik  zeigen,  die  vom 
stein  auf  das  metall  übertragen  worden  ist ,  mit  einigen  myke- 
näischen  funden ,  endlich  die  ähnlichkeit  kretischer  und  myke- 
näiscber  thongefäße. 

Aber  sehr  zweifelhaft  ist  die  erklärung  ihrer  bilder  und 
die  ganze  ableitung  von  den  genannten  örtlichkeiten.  Auf  einigen 
steinen,  beiläufig  acht ,  erscheint  ein  ungethüm ,  das  meistens, 
aber  nicht  durchgehends  einen  pferdekopf  auf  einen  vogelleib 
stellt ,  einmal  in  doppelgestalt  von  einem  manne  überwältigt 
wird,  mehrmals  löwen,  stiere,  hirsche  auf  den  armen  oder  einem 
trageholze  trägt.  In  wie  weit  darin  eine  Umbildung  orientali- 
scher monumente  erkennbar  ist ,  wage  ich,  da  mir  das  m.iterial 
nicht  zu  geböte  steht,  nicht  zu  entscheiden,  es  hat  sich  darüber 
zwischen  0.  Roßbach  und  dem  verf.  eine  polemik  entsponnen 
(Arch.  zeitung  XLI,  3  u.  4.),  die  sich  vorzugsweise  um  die 
künstlerische  ähnlichkeit  bewegt;  mir  fällt  es  schwer,  in  diesem 
hippalektryon  mehr  zu  sehen  als  in  den  tragelaphen.  Aber 
auf  keinen  fall  vermag  ich  der  pandämonistischen  deutung  des 
verf.  zuzustimmen.  Er  nimmt  keinen  anstand  jene  wesen  für 
Harpyien  zu  erklären,  wobei  das  eigenthümliche  Verhältnis  ein- 
treten würde,  daß  in  dem  deutlichsten  steine  n.  44,  a  (p.  55) 
ihrer  zwei  von  einem  ungeflügelten  boreaden  bezwungen  werden. 
Da  eine  solche  roßgestalt  ihrer  bekannten  bildung  nicht  ent- 
spricht, beruft  sich  der  verf.  auf  die  bekannten  verseil.  16,  150  f. 
tovg  etfxs  Zeqivgcp  avffxqp  ° Agnvia  IJudagy^  |  ßnaxopiit]  Isifjööri 
nctQa  q6qv  'flxtarolo.  Monstri  similis  war  die  mutter  der  pferde 
Achills  und  nach  Stesichoros  fr.  2.  noch  anderer  rosse  auch  Heyne 
erschienen,  Voß  in  seinen  mythologischen  briefen,  worin  er  sich 
ausführlich  über  die  gestalt  der  Harpyien  verbreitet ,  denkt  an 
eine  Verwandlung  der  schönlockigen  Jungfrau  in  eine  stute:  aber 
an  eine  mutter  von  füllen ,  die  nur  den  köpf  von  einem  pferde 
hatte,  läßt  sich  in  keiner  weise  denken.  Die  stelle  ist  meines  erach- 
tens  nach  II.  20,  220  ff.  zu  beurtheilen.  Wie  dort  Boreas  sich  den 
pferden  des  Erich thoneios  zugesellt,  so  hier  Zephyros  einer  wind- 
schnellen stute.  Mir  scheint  der  name  ägnvia  appellativisch  ge- 
braucht zu  werden,  wie  ein  schneller  vogel  agntj,  wie  ein  füllen 


Nr.   1.  13.  Archäologie.  57 

jener  Podarge  agnayog  heißt.  Aber  wenn  dem  auch  nicht  so 
sein  sollte ,  ein  roßköpfiger  dämon  war  sie  nicht.  Noch  mehr, 
die  schmalen  ,  insektenartigen  beine  jenes  fabelthiers  leitet  der 
verf.  p,  65  von  der  heuschrecke  ab;  sein  Vorgänger  Clericus  zu 
Hesiod.  Theog.  267  hatte  die  Harpyien  kurzweg  als  heuschrecken 
gedeutet.  Diese  auffassung  führt  die  deutung  noch  weiter.  Eineß 
von  diesen  wesen  (p.  68  nr.  46a)  scheint  ein  gefäß  zu  tragen, 
auf  einer  andern  gemme  ebendaselbst  47b  ist  wenigstens  ein 
gefäß  daneben  im  felde  gebildet.  Da  nun  an  jener  stelle  der 
Theogonie  neben  den  Harpyien  Aello  und  Okypete  als  dritte 
tochter  des  Thaumas  und  der  Elektra  Iris  genannt  wird,  welche 
nach  v.  783  das  wasser  der  Styx  in  einem  goldenen  kruge  holt, 
wird  auch  die  schnelle  götterbotin  zu  einem  roßköpfigen  dämon 
und  zur  veranschaulichung  ein  indisches  relief,  beiläufig  aus  dem 
3.  jahrh.  v.  Chr.  benutzt.  Wenn  sie  nur  wenigstens  stierköpfig 
wäre,  wie  die  gelehrten  bei  Plutarch.  De  plac.  philos.  3,5  be- 
richten !  Auch  in  den  pferdeohren  der  Satyrn  erkennt  man  nach 
p.  72  „den  rest  einer  ursprünglich  pferdeköpfigen,  gleichviel  ob 
künstlerisch  vorgestellten  oder  nur  gedachten,  bildung".  Der- 
gleichen erklärungen  werden  nach  p.  68  ,,für  den  ideenkreis,  in 
dem  wir  uns  hier  bewegen,  nichts  befremdendes  mehr  haben". 

Sehr  richtig  meint  der  verf.  p.  26^  „daß  alle  elemente  des 
complicirtesten  decorationsstückes  in  Kleinasien  nachweisbar" 
sind.  Er  hätte  sich  dabei  beruhigen  können,  vielleicht  ohne 
den  umweg  über  Kreta  zu  machen.  Er  läßt  sich  zum  theil  dazu 
durch  die  schwankenden  namen  der  Daktylen  und  des  Ida  be- 
wegen ;  auf  Lobeck's  Aglaophamus  wird  keine  rücksicht  genom- 
men. Unrichtig  behauptet  er  p.  123,  daß  die  kretischen  Dak- 
tylen bestimmt  als  Phryger  gekennzeichnet  werden,  ungenau  be- 
zeichnet er  das  dämonengeschlecht  der  Daktylen ,  die  durchaus 
nur  als  eisen-  und  erzarbeiter  in  der  sage  vorkommen ,  „als  äl- 
teste metallarbeiter"  überhaupt-,  unrichtig  spricht  er  p.  123  von 
„dem  abgeschlossenen  innern  Phrygiens".  Dasjenige  Phrygien, 
worin  die  idäischen  Daktylen  hausten,  lag  an  der  see,  in  Troade, 
quae  religionum  Phrygiarum  proprio  sedes  (Lobeck,  Aglaoph.  p.  1 120)  ; 
denn  es  war  das  spätere  Kleinphrygien.  Dort  und  an  der 
Westküste  entlang  kennt  die  Ilias  ganz  genau  dieselbe  art  des 
goldschmucks,  den  man  in  Mykenä  gefunden  hat.  Ein  Dardaner 
vom   Ida  war  Euphorbos,  den  Menelaos  erschlug:   u'tfiati  ol  öev- 


58  13.  Archäologie.  Nr.  1. 

ovzo  xofjai  XagiTsaaiv  ofAoiat. — nln%[xoi  &\  o'i%qvoco  tc  vtui  aqyvQcp 
iöytjxcovzo  (17,  52  vgl.  16,  807).  Man  erkennt  leicht  die 
goldhülsen  und  spiraldrähte  Mykenaes.  Daran  reiht  sich  der 
schmuck  eines  Kariers ,  dg  xal  xqvoov  s%g)v  ntfofiov  S'  tev  tjvts 
hovqt]  (2,  872),  die  goldstrahlende  rüstung  des  Lykiers  Glaukos 
(6,  220.  285).  Wenn  also  der  goldreiche  Pelops  bei  Pausan. 
5,  1,  6  ein  Lyder,  bei  Strabo  a.  m.  st.  ein  Phryger  heißt,  so 
läßt  sich  die  einfuhr  jenes  goldes  und  dessen  künstliche  bear- 
beitung  füglich,  wie  Köhler  Mittheilungen  d.  athen.  inst.  IV  und 
gleichzeitig  ich  in  einem  in  Schliemanns  gegenwart  gehaltenen 
vortrage  am  8.  januar  1878  (s.  Würzburger  zeitung)  gethan 
habe,  ohne  Schwierigkeit  direkt  von  der  Westküste  Kleinasiens 
über  die  karischen  inseln  hinüber  herleiten.  Sehr  glücklich  be- 
zieht dem  entsprechend  der  verf.  den  berühmten  goldring  auf 
Kybele  Ehea  ■  daß  unter  den  übrigen  frauen  ihre  Nymphen  zu 
verstehen  sind,  bezweifle  ich,  da  ich  keine  Nymphen  der  göttin 
kenne ;  ich  halte  sie  für  sterbliche  Verehrerinnen. 

Die  gründe,  wodurch  der  einfluß  der  kretischen  kunst  und 
jener  ihr  vorausgehenden  misclmng  verschiedener  demente  be- 
wiesen werden  sollen ,  stehen  auf  schwachen  fußen.  Eine  nä- 
here Verbindung  mit  der  insel  bezeugt  allerdings  das  epos ,  in- 
sofern es  Idomeneus  zu  Menelaos  und  diesen  nach  der  insel 
reisen  läßt;  auch  tritt  in  der  Odyssee  die  kenntnis  der  ver- 
schiedenen stamme  daselbst  hervor;  kretische  Wanderungen  nach 
Delphi ,  Böotien ,  Sikyon ,  Tegea  werden  bezeugt ,  aber  nicht 
mehr  als  von  und  nach  Kleinasien.  Von  kretischen  kunstwer- 
ken  in  Griechenland  weiß  die  sage  und  dichtung  nichts.  Un- 
verständlich ist  mir  die  behauptung  p.  197,  ,,daß  Kreta  beson- 
ders auf  die  letzte  gestaltung  des  homerischen  epos  unverkenn- 
baren einfluß  geübt  hat,  dasselbe  mochte  sich  immerhin  in  den 
händen  der  Ionier  behauptet  haben",  übertrieben,  ja  unrichtig 
die  bemerkung  ebendaselbst,  „es  ist  bezeichnend,  daß  die  hand- 
lung  beider  epen  sich  in  Griechenland  fast  ausschließlich  auf 
dorisirtem  boden  bewegt.  Nicht  blos  genaue  kenntnis  des  lo- 
cals,  auch  manche  naturbilder  nöthigen  uns,  die  Vertrautheit  der 
sänger  mit  dem  westen  anzuerkennen;  so  das  bild  des  Sonnen- 
aufgangs über  der  fläche  des  meeres,  für  welches  Bergk  (Griech. 
lit.  1,251)  den  Standpunkt  geradezu  in  Kreta  annimmt".  Bergk 
hat  das  nicht  gethan,    er  sagt:    „wer  in  Hellas  an  der  ostküste 


Nr.   1.  13.  Archäologie.  59 

oder  auch  auf  einer  insel  wie  z.  b.  Creta  [warum  nicht  Chios?] 
wohnt"  u.  s.  w.  Der  verf.  fährt  fort :  „die  Odyssee  zumal  war 
besonders  bei  den  Spartanern  beliebt  und  soll  von  Lykurg  sei- 
nen landsleuten  über  Kreta  vermittelt  worden  sein".  Warum 
denn  allein  die  Odyssee?  Dio  Chrysost.  2,  5  spricht  von  Homers 
poesie  überhaupt,  die  Lykurg  entweder  von  Kreta  oder  aus  Jo- 
nien  herübergebracht  habe.  Die  überwiegende  tradition  redet 
nur  von  Samos  oder  Chios. 

Einen  meister  nennt  Homer  an  der  bekannten  stelle  II.  18, 
590  in  Kreta,  Daedalos,  wie  anderswo  Tekton  und  Ikmalios. 
Was  er  geleistet  hat ,  ist  streitig ,  hat  man  unter  den  Worten 
%oqov  Tjoxrjotv  die  einübung  oder  die  darstellung  eines  reigen- 
tanzes  zu  verstehen?  Der  verf.  nimmt  p.  144  das  letztere  an: 
er  bezeichnet  daher  die  plattierkunst ,  wie  sie  die  eingelegten 
arbeiten  von  Mykenä  besonders  in  der  schönen  dolchklinge  in 
einer  großen  Vollendung  zeigen ,  als  „dädalisch"  und  vergleicht 
damit  jene  bronzeplatte  aus  Kreta ,  welche  die  fortdauer  der  ä 
jour  gearbeiteten  plattirung  einer  ebenen  unterläge  vor  äugen 
führt  (p.  170).  Diese  ausführung  sowie  die  anwendung  auf  den 
schild  des  Achilles  gehört  zu  den  lesenswertesten  und  lehr- 
reichsten abschnitten  seines  werks.  Aber  die  benennung  „dä- 
dalisch" ist  nur  hypothese :  Daedalos  ist  alles  mögliche  in  der 
alten  sage,  ein  kunstmensch ,  wie  Böttiger  den  namen  übersetzt, 
nur  kein  graveur,  denn  das  verbum  uaxsiv  hat  eine  allgemeinere 
bedeutung.  Gerade  weil  Homer  nur  den  chor  mit  Daedalos  werk 
vergleicht ,  folgt ,  daß  er  nicht  den  ganzen  schild  für  dädalisch 
hält.  Weder  die  dorische  Kypseloslade  noch  die  ionischen  ar- 
beiten eines  Bathykles  hängen  mit  Daedalos  oder  Kreta  zu- 
sammen. 

Aber  der  verf.  braucht  den  namen.  Weil  die  kretischen 
meister,  Dipoenos  und  Skyllis,  und  ihre  schüler  hölzerne  stand- 
figuren  verfertigten  ,  und  jene  wegen  ihrer  geschicklichkeit  oder 
herkunft  schüler  oder  söhne  des  Daedalos  heißen,  werden  sie 
mit  der  dädalischen  technik  in  Verbindung  gebracht:  „das  be- 
scheidene kunsthandwerk,  welches  ihrer  technik  zur  Voraussetzung 
dient,  füllt  die  kluft  von  Jahrhunderten  aus".  Da  nämlich  der 
kästen  des  Kypselos  unzweifelhaft  älter  ist  und  diesem  nach 
Loeschke  typen  vorausgehen ,  welche  auch  einer  ionischen  reihe 
zu  gründe  liegen,  also  eine  weiter  zurückliegende  typenreihe  als 


60  14.  Römische  geschichte.  Nr,   1. 

ihre  quellen  voraussetzen  lassen,  ist  diese  quelle  in  der  dädalisch- 
kretischen  kunst  gefunden.  Freilich  fällt  die  Wirksamkeit  jener 
„Dädaliden"  nach  Plinius  erst  in  ol.  50.  Das  macht  dem  verf. 
keine  Schwierigkeit.  Er  meint,  daß  diese  Zeitbestimmung  „auf 
theils  willkürlichen ,  theils  unsichern  Voraussetzungen  beruht". 
Dazu  die  anmerkung :  „Vgl.  zuletzt  Klein ,  die  Dädaliden ,  ar- 
chäoh-epigr.  mitth.  V,  p.  94  ff."  Jedermann  wird  dort  einen  be- 
leg dieser  skepsis  suchen.  Was  findet  man  ?  „Als  feststehende 
resultate  darf  man  jetzt  annehmen ,  daß  ihre  künstlerlaufbahn 
bald  nach  olymp.  50  begann ,  und  daß  es  Kleisthenes  war,  der 
ihnen  in  Sikyon  eine  große  aufgäbe  stellte". 

Kurz  ohne  philologie  und  kritik  tappt  die  archäologie  in 
einem  unhistorischen  dunkel,  das  einzelne  lichtblitze  erst  recht 
empfinden  lassen.  L.   Urlichs. 

14.  Ueber  den  Gallischen  brand.  Eine  quellenkritische 
skizze  zur  älteren  römischen  geschichte  von  Georg  Thouret, 
dr.  phil.  Besonderer  abdruck  aus  dem  elften  supplementbande 
der  Jahrbücher  für  klassische  philologie.  Leipzig,  B.  G.  Teubner 
1880.     93  p.     8. 

In  dieser  ziemlich  umfangreichen  monographie  sucht  der 
Verfasser  den  beweis  zu  liefern,  daß  der  sogenannte  „Gallische 
brand"  niemals  stattgefunden  habe.  Der  Verfasser  giebt  zwar 
zu,  daß  die  besetzung  Roms  durch  die  Gallier  ol.  98,  1  oder 
98,  2,  oder  nach  Niebuhr  99,  3  oder  endlich,  wie  Unger  will, 
Ol.  99,  4  als  eine  unzweifelhafte  thatsache  gelten  kann,  daß 
aber  Rom  von  den  Galliern  verb  rannt  worden  ist,  bezweifelter. 
Da  nun  die  uns  vorliegenden  berichte ,  soweit  sie  für  die  quel- 
lenkritik  in  betracht  kommen,  sämmtlich  mit  ausnähme  von  Po- 
lybius  von  einem  solchen  brande  sprechen,  so  hat  der  Verfasser 
einen  schweren  stand.  Aber  gerade  Polybius  verdient  hier  nach 
des  Verfassers  ansieht  eine  besondere  beachtung,  und  zwar  weil 
er  sich  auf  die  ältesten  berichte  stützt.  Zunächst  constatiert 
der  verf.  die  thatsache,  daß  Polybius  mit  keiner  silbe  von  einem 
brande  oder  einer  Zerstörung  rede.  Diesen  umstand  führt  der 
verf.  darauf  zurück ,  daß  in  der  quelle  des  Polybius  nichts 
darüber  gestanden  habe,  und  diese  sei  niemand  anders  als  Fa- 
b  i  u  s.  Hatte  aber  Fabius  ,  diese  unzweifelhaft  älteste  quelle 
der  römischen  geschichte ,    nichts  über  den  gallischen  brand  be- 


Nr.  1.  14.  Römische  geschichte.  61 

richtet,  dann  ist  es  wahrscheinlich,  daß  der  letztere  von  den 
späteren  Schriftstellern  erst  hinzugedichtet  worden  ist.  Der  verf. 
hat  sich  bei  dieser  argumentation  das  mißliche  derselben  nicht 
verhehlt.  Denn  daraus,  daß  Polybius  nichts  berichtet,  folgt 
doch  nicht,  daß  die  erzählungen  der  übrigen  quellenschriftsteller, 
namentlich  des  für  die  ältere  geschichte  sonst  so  zuverlässigen 
Diodor,  rein  erfunden  sind.  Solche  ex  silentio  entnommene  be- 
weise sind  immer  sehr  fraglicher  art,  in  diesem  falle  aber  ganz 
besonders ,  da  auch  die  an  sich  schon  geringe  beweiskraft  des 
von  dem  verf.  aufgestellten  arguments  ganz  hinfällig  wird,  wenn 
er  nicht  als  ergänzung  dazu  den  weiteren  nachweis  führen  kanö, 
einmal,  daß  des  Polybius  quelle  wirklich  Fabius  und  daß  gleich- 
zeitig der  letztere  des  Diodor  quelle  nicht  ist,  und  dann,  daß 
Fabius  über  den  gallischen  brand  gar  nichts  berichtet  hat  oder 
haben  konnte.  Daß  Fabius  des  Polybius  quelle  ist ,  wird  wohl 
von  vielen  angenommen,  von  manchen  aber  auch  bestritten. 
Aber  die  behauptung  als  solche  zugegeben,  folgt  dann,  daß  Fa- 
bius gar  nichts  über  den  gallischen  brand  erzählt  hat?  Konnte 
Polybius ,  der  überhaupt  nur  einige  kurze  notizen  über  diese 
dinge  bringt ,  nicht  gerade  den  über  diesen  theil  der  römischen 
geschichte  gewiß  ausführlichen  Fabius  gerade  an  stellen  excer- 
pirt  haben,  wo  von  dem  brande  selbst  nicht  die  rede  ist?  Der 
Verfasser  sucht  diese  lücken  durch  eine  eingehende  und  scharf- 
sinnige beweisführung  auszufüllen ,  die  wir  hier  im  einzelnen 
nicht  verfolgen  können.  Es  sei  hierüber  nur  im  allgemeinen 
bemerkt,  daß  dieselbe  uns  um  so  weniger  überzeugt  hat,  je  grö- 
ßer der  aufwand  von  Scharfsinn  ist ,  mit  dem  der  verf  sich  ins 
einzelne  verliert,  wobei  er  oft  seine  eigenen  früher  aufgestellten 
behauptungen  und  beweise  widerlegt.  Was  kann  z.  b.  dem 
schweigen  des  Polybius  für  eine  bedeutung  beigelegt  werden, 
wenn,  wie  der  verf.  ausführt  (p.  115),  auch  spätere  Schriftsteller 
wie  Aurelius  und  Eutrop ,  die  doch  sicher  der  vulgata  gefolgt 
sind,  nichts  über  die  gallische  Verwüstung  enthalten?  Oder  was 
kann  uns  über  das  historische  faktum  das  schweigen  des  Fabius 
viel  aufklären,  wenn  der  verf  die  möglichkeit  annimmt  (p.  136), 
daß  die  „sage"  vom  gallischen  brand  älter  als  Fabius, 
und  nur  ihre  literarische  fixierung  in  eine  spätere  zeit  zu 
setzen  sei?  Mit  dieser  möglichkeit  würde  ja  die  ganze  argu- 
mentation des  Verfassers  in  sich  zusammen  fallen.      Dergleichen 


62  15.  Römische  alterthümer.  Nr.   1. 

dinge  ließen  sieh  mehrere  nachweisen.  Trotz  dieser  ausstellun- 
gen  ist  die  Untersuchung  als  eine  anregende  zu  bezeichnen; 
auch  legt  dieselbe  zeugnis  davon  ab ,  daß  der  verf.  mit  gründ- 
lichen Vorstudien  an  die  von  ihm  behandelte  frage  herangetre- 
ten ist.  M.  Zoeller. 

15.  Le  senat  de  la  rdpublique  Romaine.  Par  P.  Willems. 
Tome  I.  La  composition  du  senat.  Louvain  Paris  1878.  8. 
Tome  II.  Les  attributions  du  s6"nat.  ib.  1883.  8.  638  und 
784  p. 

Dieses  bedeutende  werk,  welches  mit  dem  kürzlich  erschie- 
nenen zweiten  bände  seinen  abschluß  erhalten  hat ,  bietet  eine 
auf  vollständiger  beherrschung  des  stoffs  beruhende,  in  sich  ab- 
geschlossene und  einheitliche  auffassung  der  römischen  Staats- 
verfassung —  wenigstens  einer  ihrer  wesentlichsten  Seiten  und 
eines  ihrer  wichtigsten  factoren ,  des  Senats.  Der  verf.  unter- 
nimmt es ,  die  hauptsächlich  durch  Mommsen  festgestellten  und 
seit  seinen  „Forschungen"  von  der  überwiegenden  mehrzahl  der 
gelehrten  als  feststehend  betrachteten  sätze  von  dem  verhältniß 
des  patricischen  und  des  patricisch-plebejischen  senats,  von  dem 
rechte  der  interregenbestellung,  von  der  patrum  auctoritas  u.s.w. 
umzustoßen  und  eine  neue  auffassung  des  ganzen  an  ihre  stelle 
zu  setzen.  Fassen  wir  die  in  dem  1.  und  in  dem  2.  bände  ge- 
trennt behandelten  fragen  nach  der  Zusammensetzung  und  nach 
den  competenzen  des  senats  zusammen,  so  läßt  sich  die  ansieht 
des  verf.  kurz  so  formulieren :  der  römische  senat  ist  bis  zum 
jähre  400  v.  Chr.  rein  patricisch  gewesen;  erst  durch  die  theil- 
nahme  der  plebejer  an  den  curulischen  ämtern  sind  dieselben 
auch  in  den  senat  und  damit  zugleich  zur  theilnahme  an  den 
dem  letzteren  zustehenden  rechten  der  auctoritas  und  des 
consilium  —  in  dem  bekannten  technischen  sinne  dieser  aus- 
drücke —  gelangt.  Die  auctoritas  hat  demnach  gleich  dem 
consilium  dem  Senate  als  solchem  zugestanden:  einen  patri- 
cischen sondersenat  hat  es  nie  gegeben ;  war  der  senat  bis  zum 
jähre  400  v.  Chr.  rein  patricisch,  so  ist  er  seit  diesem  jähre  pa- 
tricisch -  plebejisch ,  wenn  auch  das  plebejische  element  anfangs 
naturgemäß  nur  sehr  schwach  in  ihm  vertreten  war  und  erst 
sehr  allmälig  zunahm;  die  competenzen  dieses  patricisch-plebeji- 
schen senats  sind  dieselben,  wie  die  des  rein  patricischen. 


Nr.   1.  15.  Römische  alterthümer.  63 

Um  diese  ansieht  glaubhaft  zu  machen,  ist  der  verf.  genö- 
thigt,  die  gesammte  tradition  zu  verwerfen,  I,  35  ff.  Es  ist  wahr, 
daß  dieselbe  in  mehreren  Versionen  uns  entgegentritt:  in  der 
hauptsache  ist  sie  aber  durchaus  übereinstimmend.  Denn  daß 
bei  Zonar.  7,  9  und  Serv.  ad  V.  Aen.  1,  426  die  aufnähme  der 
plebejer  in  den  senat  schon  auf  Servius  Tullius  zurückgeführt 
wird,  will  ebenso  wenig  sagen,  wie  die  angäbe  eines  scholion  zu 
Cic.  pro  Scauro  34  (p.  374  ed.  Orelli) ,  in  dem  drei  elemente 
des  Senats,  der  patres,  der  conscripti  —  die  mit  den  gentes  minores 
des  Tarquinius  identificirt  werden  —  und  der  plebejer  unter- 
schieden werden.  Der  unzweifelhaften  und  ganz  bestimmten  an- 
gäbe bei  Paulus  an  verschiedenen  stellen  (p.  254.  41.  7)  und 
des  Livius  2,  1  gegenüber  können  die  flüchtige  angäbe  des 
Dionysius  5,  13  —  der  die  neuaufgenommenen  plebejer  zugleich 
in  den  patriciat  erheben  läßt  —  und  die  beiläufige  notiz  des 
Tacitus  ann.  11,  25  —  der  die  neuaufgenommenen  plebejer 
wiederum  vermuthlich  mit  den  gentes  minores  des  Tarquinius 
identificirt  —  nicht  in  betracht  kommen.  Keine  einzige  an- 
gäbe deutet  auch  nur  im  entferntesten  an ,  daß  die  plebe- 
jer erst  über  100  jähre  nach  gründung  der  republik  theil- 
nahme  am  senat  erlangt  haben.  Und  doch  darf  man  sagen, 
daß,  wenn  diese  annähme  von  der  späten  aufnähme  der  plebejer 
in  den  senat  richtig  wäre,  das  absolute  schweigen  der  quellen 
hierüber  ganz  unverständlich  wäre.  Handelte  es  sich  bei  dem 
ein  Jahrhundert  lang  geführten  kämpfe  der  patricier  und  plebejer 
um  theilnahme  der  letzteren  am  consulat  zugleich  um  theilnahme 
am  senat ,  so  dürften  wir  mit  vollem  rechte  erwarten ,  daß  bei 
den  wiederholten  behandlungen  dieses  themas  einmal  auch  dieser 
seite  der  plebejischen  ansprüche  gedacht  wäre.  Denn  es  sind 
historische  zeiten ,  mit  denen  man  hier  zu  rechnen  hat :  waren 
im  jähre  366  —  wenn  wir  die  annähme  des  verf.  gelten  lassen 
—  etwa  10  plebejer  in  dem  senate  —  eben  die  seit  dem  jähre 
400  zum  consulartribunat  gelangten  —  so  wurde  erst  durch  die 
leges  Liciniae  Sestiae  resp.  durch  die  Schaffung  der  curulischen 
aedilität  den  plebejern  der  regelmäßige  weg  in  den  senat  eröff- 
net und  bis  über  die  mitte  des  4.  Jahrhunderts  hatten  die  ple- 
bejer nur  über  einen  geringen  bruchtheil  von  stimmen  in  dem- 
selben verfügt:    ein    solches    thatsächliches  verhältniß  hätte  sich 


64  15.  Römische  alterthümer.  Nr.  1. 

der  historischen    tradition,    speciell    der    geschichtschreibung  der 
pontificalen  Annales  maximi,  nicht  entziehen  können. 

Wenn  der  verf.  zur  stütze  seiner  ansieht  sich  auf  den  um- 
stand beruft,  daß  bei  den  Senatsverhandlungen  des  5.  Jahrhun- 
derts v.  Chr.  niemals  des  plebejischen  bestandtheiles  des  Senates 
erwähnung  geschieht,  von  dem  der  verf.  annimmt,  daß  derselbe 
auf  seiten  der  plebejer  und  ihrer  ansprüche  hätte  stehen  müssen : 
so  scheint  er  mir  das  verhältniß  der  plebejer  und  patricier  falsch 
zu  fassen.  Einmal  vergißt  er,  daß  die  Schilderung  der  senats- 
verhandlungen  dieser  zeit  in  ihrem  detail  zum  allergrößten  theile 
der  phantasie  der  späteren  historiker  ihren  Ursprung  verdankt ; 
andererseits  aber  hat  es  auch  durchaus  nichts  auffallendes,  daß 
zwischen  den  plebejischen  und  den  patricischen  elementen  des 
Senats  im  5.  Jahrhundert  im  wesentlichen  wirklich  Übereinstim- 
mung geherrscht  hat.  Der  verf.  vergißt,  daß  die  plebejer  nicht 
aus  eigener  initiative  oder  durch  die  plebs  selbst  in  den  senat 
gelangten,  sondern  ausschließlich  durch  die  freie  bestimmung 
der  patricischen  consuln,  welche  coniunetissimos  sibi  quosque  legebant 
(Fest.  p.  246).  Man  kann  sich  doch  die  plebs  nicht  von  an- 
fang  an  als  im  gegensatz  zu  den  patriciern  stehend  denken: 
sie  war  im  gegentheil  durch  hundert  bände  an  dieselbe  gefes- 
selt und  konnte  erst  sehr  allmälig  diese  bände  abstreifen.  Der 
verf.  hebt  das  ja  selbst  richtig  wiederholt  hervor,  wenn  ich 
auch  andererseits  ihm  darin  nicht  recht  geben  kann ,  die  plebs 
ganz  aus  freigelassenen  und  dienten  einerseits,  aus  angehörigen 
der  municipalstädte  andererseits  (I,  104)  entstehen  zu  lassen,  wor- 
auf näher  einzugehen  hier  aber  nicht  der  ort  ist.  Nur  aus  den 
zuverlässigen  elementen  haben  die  consuln  die  plebejischen  mit- 
glieder  in  den  senat  gewählt,  die  einerseits  als  theilnehmer  aus- 
schließlich am  consilium ,  von  den  verfassungsmäßig  notwendi- 
gen funetionen  der  auetoritas  und  des  Interregnum  ganz  ausge- 
schlossen, schon  hierdurch  in  eine  untergeordnete  Stellung  gegen- 
über den  patricischen  Senatoren  gedrängt  wurden ;  andererseits 
aber  durch  die  protection  der  patricier,  durch  die  ihnen  conce- 
dierten  ehren,  durch  antheilgebung  am  ager  publicus,  sowie  durch 
das  traditionell  überkommene  gefühl  der  pietät  und  die  tbat- 
sächliche  abhängigkeit  ihres  nur  precario  erworbenen  besitzes  in 
einer  wirklichen  Unterordnung  den  patriciern  gegenüber  sich  be- 
fanden.    So  erklärt  es  sich  zur  genüge,    daß   unter  den  patrici- 


Nr.    1.  15.  Kömische  alterthümer.  65 

sehen  und  den  plebejischen  elementen  des  Senats  bis  zum  Stän- 
deausgleich eine  wesentliche  Übereinstimmung  geherrscht  hat: 
mit  andern  Worten,  daß  in  der  plebs  eine  große  partei  vorhan- 
den war,  die  mit  ihren  wirklichen  Sympathien  oder  durch  die 
thatsächlichen  Verhältnisse  gezwungen  auf  Seiten  der  patricier 
stand.  Nehmen  wir  diese  Spaltung  und  haltung  der  plebs  nicht 
an,  so  bleibt  die  ganze  ältere  geschichte  der  römischen  republik 
unverständlich. 

Müssen  wir  also  die  ansieht  des  verf.  von  dem  späten  ein- 
tritt der  plebejer  in  den  senat  im  großen  und  ganzen  verwerfen, 
so  muß  man  auch  gegen  seine  berechnungen  des  numerischen 
Verhältnisses  der  patricischen  und  der  plebejischen  senatsmit- 
glieder  im  einzelnen  gerechte  bedenken  hegen.  Der  verf-  nimmt 
au,  daß  bis  zum  plebiscitum  Ovinium  —  welches  er  mit  recht  in 
oder  unmittelbar  vor  das  jähr  312  setzt  (I,  156)  —  die  ple- 
bejer gegen  die  patricier  im  senate  weit  an  zahl  zurückstanden ; 
daß  durch  das  plebiscitum  Ovinium  erst  den  plebejern  die  mög- 
lichkeit  geschaffen  wurde ,  indem  es  namentlich  den  gewesenen 
tribuni  plebis  die  aufnähme  in  den  senat  zusicherte  (I,  166  f.), 
allmälig  mit  den  patriciern  in  das  numerische  gleichgewicht  zu 
gelangen,  welches  nach  des  Verfassers  ansieht  erst  seit  der  lex 
Hortensia  des  jahres  286  datiert.  Ich  halte  diese  berechnung 
für  nicht  richtig  und  gehe,  um  das  zu  erweisen ,  etwas  genauer 
auf  diese  frage  ein. 

Sehen  wir  zunächst,  wie  viel  männer  durchschnittlich  auf 
grund  bekleideter  curulischer  würden  in  den  senat  kamen.  Seit 
dem  jähre  366  wurden  jährlich  zwei  consuln  sowie  zwei  curuli- 
sche  aedilen  gewählt ,  die  nach  ablauf  ihres  amts  in  den  senat 
eintraten :  denn  von  dieser  annähme,  daß  die  gewesenen  curuli- 
schen  beamten  für  die  die  lectio  senatus  vornehmenden  consuln 
in  erster  linie  in  betracht  kamen,  muß  man  hier  als  der  regel- 
mäßigen praxis  ausgehen.  Der  verf.  nimmt  die  durchschnittszeit, 
innerhalb  welcher  sich  der  senat  erneuerte ,  zu  32 — 33  jähren 
an  ,  indem  er  —  ohne  zweifei  im  ganzen  richtig  —  das  durch- 
schnittsalter  für  den  eintritt  in  den  senat  auf  grund  der  beklei- 
deten curulischen  aedilität  schon  in  dieser  periode  nicht  unter  das 
25.  lebensjahr  herabrückt  und  aufgrund  comparativer  statistischer 
berechnungen  die  dem  25 — 30jährigen  noch  zu  erwartende  le- 
benszeit  auf  30 — 35  jähre  fixiert.  Nehmen  wir  35  jähre  als  die 
Philol.  Anz.  XIV.  5 


66  15.  Römische  alterthümer.  Nr.   1. 

durchschnittszeit  einer  völligen  erneuernng  des  Senats  an ,  so 
läßt  sich  ungefähr  berechnen,  wieviel  gewesene  curulische  beamte 
durchschnittlich  im  senat  saßen.  Zunächst  freilich  liegt  die  be- 
rechnung  nahe,  daß  in  einer  solchen  35jährigen  periode  4.35 
curulische  Senatoren  in  den  senat  eintraten.  In  Wirklichkeit 
aber  reduciert  sich  diese  zahl  um  fast  die  hälfte ,  da  wir  es 
schon  für  diese  periode  durchaus  als  regel  ansehen  dürfen,  daß 
der  gewesene  curulische  aedil  einige  jähre  hernach  consul  wurde. 
Von  den  4  curulischen  aedilen,  die  wir  in  der  zeit  von  366 — 
312  nachweisen  könnnen,  sind  3  zum  consulat  gelangt,  einer  hat 
hernach  wenigstens  die  würde  eines  magister  equitum,  sowie  eines 
censor  bekleidet:  und  diese  beobachtung  bestätigt  sich  auch  in 
dem  Jahrhundert  312 — 212,  wo  von  17  nachweisbaren  curuli- 
schen aedilen  15  hernach  consul,  einer  wenigstens  praetor  ge- 
worden ist.  Die  70  consulares ,  welche  in  einer  senatsperiode 
von  35  jahren  —  abgesehen  davon,  daß  wiederholt  ein  und 
derselbe  mehrmals  die  consularische  würde  bekleidet  hat  —  in 
den  senat  eintraten,  sind  also  zum  allergrößten  theile  identisch 
mit  den  70,  welche  auf  grund  der  bekleideten  curulischen  aedi- 
lität  schon  im  senat  saßen  :  nur  daß  sie  eben  von  jetzt  an  in 
eine  höhere  rangclasse  im  senat  aufrückten.  Zu  diesen  männern 
kommen  nun  noch  diejenigen,  welche,  sei  es  magister  equitum,, 
sei  es  dictator,  sei  es  praetor,  sei  es  censor  gewesen  waren. 
Aber  auch  in  bezug  auf  sie  gilt  die  beobachtung,  daß  es  durch- 
gehend dieselben  männer  sind,  welche  diese  würden  und  welche 
zugleich  die  der  curulischen  aedilität  resp.  des  consulats  beklei- 
det haben.  Die  liste  der  männer,  welche  magister  equitum  resp. 
dictator  gewesen  sind,  haben  wir  jedenfalls  ganz  oder  fast  ganz 
lückenlos  :  aus  ihr  ersehen  wir,  daß  von  den  29  männern  — 
patriciern  und  plebejern  — ,  welche  in  der  periode  vom  stände - 
ausgleich  bis  zum  jähre  312  magister  equitum  gewesen  sind,  19 
entweder  vorher  oder  nachher  zugleich  consul  (resp.  consular- 
tribun),  nur  7,  welche  ausschließlich  —  soweit  wir  wenig- 
stens wissen  —  magister  equitum  gewesen  sind;  3  haben  wenig- 
stens außer  der  würde  des  magister  equitum  noch  ein  anderes 
curulisches  amt  bekleidet.  Und  gleichfalls  von  den  27  dictatores 
dieser  periode  sind  20  wieder  zugleich  consuln  gewesen ;  6  aus- 
schließlich dictator,  einer  ist  wenigstens  noch  magister  equitum 
gewesen.     Man  sieht,    daß   auch   diese  kategorieen  der  dictatorii 


Nr.  1.  15.  Römische  alterthümer.  67 

und  der  gewesenen  magistri  equitum  nur  ein  sehr  geringes  con- 
tingent  für  den  senat  geliefert  haben ,  eben  weil  sie  schon  vor 
ihrer  ernennung  im  senat  saßen.  Und  dasselbe  gilt  —  nur  in 
noch  größerer  ausschließlichkeit  —  jedenfalls  von  den  censores, 
die  wir  allerdings  nicht  vollständig  kennen,  unter  den  13  be- 
kannten dieser  periode  aber  nur  einen  finden,  der  nicht  vorher 
consul  (resp.  consulartribun)  —  wohl  aber  magister  equitum  und 
curulischer  aedil  gewesen  ist.  Und  was  endlich  die  praetorii 
betrifft,  so  ist  unter  den  10  bekannten  namen  dieser  periode 
nur  einer,  den  wir  nicht  zugleich  als  consul  (resp.  consulartribun) 
kennen.  Man  ersieht  aus  vorstehenden  angaben,  wie  gering  die 
zahl  derjenigen  gewesen  ist,  welche  auf  grund  bekleideter  curu- 
lischer würden  dem  senat  angehört  haben.  Für  die  35  jähre, 
die  wir  als  die  durchschnittliche  erneuerungsperiode  des  Senats 
angenommen  haben,  kann  man  höchstens  100  männer  rechnen, 
welche  auf  grund  bekleideter  curulischer  würden  in  den  senat 
eingetreten,  demselben  zu  gleicher  zeit   angehört  haben 

Prüfen  wir  nun ,  wie  sich  das  numerische  verhältniß  der 
patricischen  mitglieder  einerseits,  der  plebejischen  andererseits 
unter  den  curulischen  Senatoren  stellt,  so  läßt  es  sich  nicht 
leugnen,  daß  hier  ein  nicht  unbedeutendes  plus  auf  seiten  jener 
erscheint.  Von  den  dictatores  dieser  periode  366 — 312  haben  6 
patricier  diese  würde  ausschließlich  ;  von  den  magistri  equitum 
5  patricier  diese  würde  ausschließlich  bekleidet:  von  den  plebe- 
jern  erscheinen  nur  2  ausschließlich  als  magistri  —  und  bei 
diesen  beiden  ist  noch  der  zweifei  nicht  ausgeschlossen,  ob  sie 
wirklich  plebejer  gewesen  — ,  keiner  ausschließlich  als  dictator. 
Zur  theilnahme  an  der  praetur  gelangten  die  plebejer  bekannt- 
lich erst  336  und  auch  seit  dieser  zeit  zunächst  wohl  nur  aus- 
nahmsweise :  wir  kennen  außer  Q  Publilius  Philo  nur  einen  ple- 
bejischen praetor  bis  312.  Zur  censur  aber  gelangten  die  ple- 
bejer zuerst  351  und  seit  339  war  gesetzlich  stets  der  eine 
censor  plebejer.  So  sehen  wir,  daß  in  bezug  auf  die  ordentlichen 
ämter  —  aedilität  und  consulat  und  bald  auch  die  censur  — 
plebejer  und  patricier  ganz  gleichberechtigt  sind ;  daß  aber  die 
außerordentlichen  würden  des  magister  und  des  dictator,  sowie  auch 
die  praetur  den  reihen  der  patricischen  curulischen  Senatoren 
einen  größeren  Zuschuß  zuführen.  Aber  kann  man  daraus  wirk- 
lich schließen,    daß    den    patricischen  Senatoren    überhaupt  noch 

5* 


68  15.  Kömische  alterthümer.  Nr.   1. 

in  dieser  periode  die  majorität  gehört  habe  ?  Keineswegs.  Die 
magistri  equitum,  die  dictatores ,  die  praetores,  welche  in  dieser 
periode  diese  resp.  würden  bekleidet  haben,  ohne  vorher  oder  nach- 
her zu  einem  andern  ordentlichen  amte  zu  gelangen,  sind  selbst- 
verständlich aus  den  senatores  pedarii  genommen,  d.  h.  die  männer, 
denen  man  jene  außerordentlichen  ehren  anvertraute,  saßen  schon 
vor  dieser  ihrer  ernennung  im  senat,  in  den  sie  dann  auch  nach 
niederlegung  ihres  betr.  amtes  wieder  zurücktraten :  das  darf 
man  sosehr  als  die  stehende  regel  betrachten ,  daß  eine  verein- 
zelte ausnähme  von  derselben  überhaupt  nicht  in  betracht  kom- 
men kann.  Durch  das  plus  der  patricischen  senatores  curules 
kann  also  das  numerische  verhältniß  des  senats  überhaupt,  spe- 
ciell  des  patricischen  und  plebejischen  bestand theils  desselben, 
nicht  alterirt  sein:  nur  die  cur  u  lis  ch  e  majorität  ist  zweifellos 
auf  seiten  der  patricier  gewesen.  Da  aber  der  verf.  selbst  — 
und  wie  ich  glaube  mit  recht  —  gegen  Mommsen  die  völlige 
gleichberechtigung  der  senatores  pedarii  mit  den  curules  in  bezug 
auf  abstimmung  (das  ius  sententiae  dicendae)  annimmt,  so  ist  da- 
mit die  annähme  eines  Übergewichts  des  patricischen  elements 
ausgeschlossen.  Und  das  ist  nun  jedenfalls  ein  fehler  in  den 
ausführungen  des  verf.,  daß  er  fast  immer  nur  von  den  senatores 
curules  spricht,  die  senatores  pedarii  —  außer  nach  den  ihnen 
zustehenden  competenzen  (I,  137  ff.)  —  bei  seinen  berechnungen 
kaum  in  betracht  zieht.  Und  doch  hat  das  numerische  Schwer- 
gewicht in  dieser  periode  noch  durchaus  bei  ihnen  gelegen  :  den 
kaum  100  curulischen  Senatoren  haben  200  pedarii  gegenüber 
gestanden  und  haben  bei  allen  abstimmungen  den  ausschlag  ge- 
geben. Kann  man  wirklich  annehmen ,  daß  auch  sie  damals 
noch  der  majorität  nach  patricisch  waren?  Selbst  wenn  wir 
uns  auf  des  Verfassers  Standpunkt  zu  stellen  vermöchten  und 
demnach  erst  mit  400  ausnahmsweise,  mit  366  regelmäßig  die 
plebejer  in  den  senat  kommen  ließen,  so  wäre  auch  so  nach  ab- 
lauf  der  ersten  35  jähre  der  ausgleich  zwischen  patriciern  und 
plebejern  in  bezug  auf  den  senat  praktisch  geworden.  Denn 
die  plebejischen  consuln  haben  doch  das  recht  der  lectio  gleich 
den  patricischen  geübt  und  damit  ist  von  selbst  gegeben ,  daß 
eine  gleiche  zahl  von  plebejern  und  patriciern  jährlich  in  den 
senat  gekommen  ist.  Denn  daß  noch  einige  male  das  gesetz 
verletzt  und  zwei  patricische  consuln  gewählt  worden  sind,  kann 


Nr.   1.  15.  Römische  alterthümer  69 

den  völligen  ausgleich  höchstens  um  einige  jähre  hinausgeschoben 
haben.  Dieses  verhältniß  mußte  der  verf.  jedenfalls  besprechen, 
da  es  die  grundlage  für  die  bestimmung  des  numerischen  Ver- 
hältnisses der  patricischen  und  der  plebejischen  Senatoren  ist. 
Der  durch  die  leges  Liciniae  Sestiae.  sowie  durch  die  Schaffung 
der  curulischen  aedilität  vollzogene  Ständeausgleich  hat  —  das 
dürfen  wir  behaupten  —  auch  den  numerischen  ausgleich  der 
mitgliederzahl  des  senats  —  der  patricier  und  der  plebejer  —  zur 
praktischen  folge  gehabt:  und  nur  das  eine  ist  zuzugeben,  daß 
die  patricier  an  curulischen  würden  den  plebejern  in  dieser 
periode  noch  überlegen  gewesen  sind,  was  aber  auf  die  resultate 
der  abstimmung  ohne  einfluß   gewesen  ist. 

In  Wirklichkeit  darf  man  nun  aber  viel  weiter  gehen  und 
behaupten,  daß  schon  seit  der  ersten  aufnähme  der  plebejer  in 
den  senat  die  majorität  des  senats  plebejisch  war.  Ich  halte 
die  angäbe  der  tradition ,  der  bei  Paulus  p.  254  ausdruck  ge- 
geben wird,  für  durchaus  glaubwürdig:  P.  Valerius  cos.  propter 
inopiam  patriciorum  ex  plebe  adlegit  in  numerum  senatorum  C  et  LX 
et  IV  ut  expleret  numerum  senatorum  trecentorum.  Der  verf.  macht 
sich  eine  ganz  falsche  Vorstellung  von  dem  numerischen  verhält- 
niß der  patricischen  gentes :  die  römische  geschichte  zeigt  ein 
rapides  zusammenschmelzen  derselben.  Von  den  300  ursprüng- 
lichen gentes  waren  im  anfang  der  republik  noch  136  vorhanden; 
nachweisen  während  der  zeit  der  republik  lassen  sich  nur  etwa 
60,  im  letzten  menschenalter  derselben  nur  noch  14  gentes.  In 
der  zeit  von  400  -312  participieren  nur  27  patricische  geschlechter 
an  den  curulischen  würden ;  in  dem  der  lex  Ovinia  folgenden 
Jahrhundert  nur  noch  15.  Nur  um  die  theilnahme  an  diesen 
curulischen  würden  hat  sich  der  kämpf  zwischen  plebejern  und 
patriciern  gedreht:  die  theilnahme  am  senat  ist  ganz  unabhängig 
hiervon.  Denn  im  senat  haben  die  plebejer  ausschließlich  am 
consüium  theilgenommen :  die  auctoritas  ist  ihnen  stets  versagt 
geblieben :  und  damit  kommen  wir  zu  einem  weiteren  punkte, 
in  dem  wir  dem  verf.  entschieden  widersprechen  müssen. 

Der  verf.  nimmt,  wie  schon  oben  bemerkt,  an,  daß  consüium 
sowohl  wie  auctoritas  stets  dem  gesammtsenat  gehört  hat ;  daß 
demnach  die  patricier  keine  Sonderrechte  in  dieser  beziehung 
gehabt  haben.  Nun  kann  aber  der  verf.  selbst  nicht  umhin, 
wenigstens  e  i  u  Sonderrecht  der  patricier  bestimmt  anzuerkennen  : 


70  15.  Römische  alterthümer.  Nr.  1. 

das  ist  die  interregenbestellung.  Trotzdem  das  patricische  de- 
ment im  senat  immer  mehr  zusammenschmolz  und  z.  b.  im  jähre 
52  v.  Chr.  kaum  40  patricier  unter  600  Senatoren  waren ,  ist 
doch  niemals  dieses  patricische  Vorrecht  interrex  zu  werden  an- 
getastet worden  und  schon  daraus  geht  zur  genüge  hervor,  daß 
die  patricier  eben  innerhalb  des  gesammtsenats  eine  geschlos- 
sene Corporation  gebildet  haben.  Die  annähme ,  daß  der  patri- 
cische interrex  von  dem  seiner  majorität  nach  überwiegend  ple- 
bejischen senat  ernannt  sei ,  ist  von  vornherein  viel  unwahr- 
scheinlicher, als  daß  er  von  dem  patricischen  sondersenat,  dem 
patricischen  ausschusse  ernannt  ist:  denn  bei  jener  annähme  muß 
man  zwei  völlig  verschiedenartige  dinge  das  eine  aus  dem  an- 
dern erklären,  bei  dieser  annähme  dagegen  stimmen  beide  that- 
sachen  von  selbst  innerlich  zusammen :  der  exclusiv  patricische 
Charakter  des  interrex  läßt  auch  auf  den  patricischen  charakter 
derjenigen  körperschaft  zurückschließen,  aus  der  jener  hervorgeht. 
Um  den  ausdruck  patres  —  auf  welche  bekanntlich  die  bestel- 
lung  eines  interrex  der  regel  nach  als  recht  zurückgeführt  wird 
—  auf  den  gesammtsenat  zu  deuten,  ist  der  verf.  genöthigt,  den 
betr.  stellen  gewalt  anzuthun.  Denn  wenn  er  (II,  24  f.)  Liv. 
3,  40.  4,  7.  4,  43  —  in  denen  ausdrücklich  den  patricii  das 
prodere  interregem  beigelegt  wird  —  durch  den  hinweis  darauf 
zu  erklären  sucht,  daß  es  sich  hier  noch  um  die  zeiten  vor  der 
theilnahme  der  plebejer  am  senat  handle  —  damals  also  nach 
des  Verfassers  ansieht  der  senat  noch  ausschließlich  aus  patriciern 
bestand  — ,  so  vergißt  er  dabei,  daß  Livius  die  plebejer  schon 
im  anfang  der  republik  in  den  senat  eintreten  läßt ,  bei  ihm 
also  der  ausdruck  patricii  auf  alle  fälle  nur  auf  einen  theil, 
eben  den  patricischen  bestandtheil  des  Senats  sich  beziehen  kann. 
Und  die  bestimmte  angäbe  des  Asconius  de  patrieiis  convocandis 
qui  interregem  proderent  kann  gleichfalls  nur  auf  eine  höchst  ge- 
zwungene und  unwahrscheinliche  art  beseitigt  werden  (II,  25  f.) 
Wie  der  verf.  hier  die  patres  als  den  gesammtsenat  faßt, 
so  erklärt  er  auch  die  auetoritas  patrum  als  das  recht  des  ge- 
sammtsenats (II,  33  f.)  Ich  will  auf  die  frage  nach  der  echt- 
heit  der  rede  de  domo  hier  nicht  näher  eingehen;  daß  die  patres, 
denen  die  auetoritas  gehört,  die  patricii  und  nicht  der  gesammt- 
senat, geht  meiner  ansieht  nach  genügend  aus  den  zweifellosen 
stellen  Liv.  6,  41.  6.  42,  Gaius  1,3,  Sali.  Hist.  3,  fr.  22  Ger- 


Nr.   1.  15.  Römische  alterthürner.  71 

lach  (der  verf.  meint  die  rede  des  Licinius  Macer)  hervor,  deren 
deutung ,  wie  sie  von  dem  verf.  versucht  wird ,  schwerlich  je- 
manden überzeugen  wird.  Wenn  so  häufig  —  wie  es  in  der 
that  zweifellos  ist  —  die  patrum  auctoritas  in  bestimmte  bezie- 
hung  zum  gesammtsenat  gesetzt  wird ,  so  erklärt  sich  das  ein- 
fach aus  der  völligen  interessengemeinsamkeit  des  gesammt- 
senats  —  der  patricier  und  der  plebejer :  der  patricische  aus- 
schuß  hat  seine  befugniß  der  auctoritas  regelmäßig  in  völliger 
Übereinstimmung  mit  dem  gesammtsenat  ausgeübt :  dieser  letz- 
tere hat  die  frage ,  ob  die  auctoritas  zu  ertheilen ,  zunächst  ein- 
gehend erwogen,  besprochen,  oft  ein  formelles  gutachten  darüber 
abgegeben  ;  und  unter  diesem  drucke  resp.  in  der  durch  die  Vor- 
verhandlungen bewirkten  Überzeugung  der  Zweckmäßigkeit  und 
richtigkeit  hat  dann  der  patricische  ausschuß  seine  sonderaucto- 
ritas  ertheilt. 

In  allen  diesen  für  das  verständniß  des  Senats  grundlegen- 
den fragen  muß  ich  demnach  den  resultaten  des  Verfassers  ent- 
gegentreten :  sie  bedeuten  für  die  forschung  einen  rückschritt 
bis  hinter    die    ersten  lichtbringenden  Untersuchungen  Niebuhr's. 

Weiterhin  beschäftigt  sich  der  verf.  mit  der  patrum  auctoritas 
in  ihrer  beziehung  zu  den  Volksbeschlüssen  (II,  57  ff.)  Was  die 
plebiscita  betrifft ,  so  freue  ich  mich ,  hier  dieselben  ansichten  zu 
finden,  die  ich  selbst  wiederholt  in  meinen  Vorlesungen  über 
römische  Verfassungsgeschichte  vorgetragen  habe.  Der  verf.  tritt 
der  beziehung  der  lex  Valeria  Horatia  vom  jähre  449  mit  ihrer 
bestimmung :  ut  quod  tributim  plebis  iussisset  populum  teneret  auf 
die  beschlösse  der  comitia  tributa  —  wie  sie  Mommsen  annimmt 
—  entgegen  und  erklärt  die  bestimmung  richtig  von  den  ple- 
biscita.  In  diesem  falle  ist  aber  nicht  mit  Mommsen  plebis  in 
populus  zu  ändern,  sondern  die  worte  sind  richtig  überliefert. 
Durch  diese  lex  Valeria  Horatia  sind  die  plebiscita  überhaupt 
erst  in  die  römische  gesammtverfassung  eingeführt,  während  sie 
bis  dahin  von  den  patriciern  als  ausschließlich  die  plebs  selbst 
angehend  betrachtet  und  dargestellt  waren.  Die  motivirung  die- 
ser lex,  wie  sie  Livius  (3,  55)  giebt :  cum  velut  in  controverso  iure 
esset  tenerentume  patres  plebiscitis,  ist  daher  völlig  richtig  und 
sachgemäß.  Zweifellos  ist  freilich ,  daß  die  bestimmungen  der 
lex  noch  weitere  modalitäten  enthalten  haben  müssen ,  da  nicht 
anzunehmen  ,    daß  diese  lex    Valeria  Horatia    mit  der  lex  Publilia 


72  15.  Römische  alterthümer.  Nr.   1. 

Philonis  vom  jähre  339  (Liv.  8,  12  :  ut  plebiscita  omnes  Quirites 
tenerent),  sowie  mit  der  lex  Hortensia  vom  jähre  286  (Gaius  1,3: 
ut  plebiscita  Universum  populum  tenerent  oder  wie  Plinius  es  aus- 
drückt H.  n.  16,  10,  37:  ut  quod  plebs  iussisset  omnes  Quirites 
tenerei)  identisch  gewesen  sein  sollte.  Auch  hierin  stimme  ich 
mit  dem  verf.  überein.  Die  lex  Valeria  Horatia  führte  die  ple- 
biscita in  den  Verfassungsorganismus  ein ,  indem  sie  dieselben 
genau  denselben  bestimnmngen  unterwarf,  wie  sie  für  die  be- 
liebungen des  populus  in  den  comitia  centuriata  galten,  d.  h.  in- 
dem sie  die  nachträgliche  auctoritas  patrum  für  dieselben  noth- 
wendig  machte.  Dieser  modus  wurde  durch  die  lex  Publilia 
Philonis  339  für  die  comitia  centuriata  dahin  abgeändert  ut  legum 
guae  comitiis  conturiatis  ferrentur  ante  initum  suffragium  patres  au- 
ctores  ßerent.  Durch  dieses  gesetz  mußte  aber  auch  der  bisher 
beobachtete  modus  betreffs  der  plebiscita  zweifelhaft  werden : 
hatte  die  lex  Valeria  Horatia  bestimmt,  daß  die  plebiscita  ebenso 
angesehen  werden  sollten  wie  die  populiscita  (der  comitia  centu- 
riata) —  womit  zugleich  gegeben  war,  daß  sie  auch  denselben 
erfordernissen  betreffs  ihrer  gültigkeit  unterworfen  sein  sollten, 
wie  jene  —  so  mußte  diese  bestimmung  zweifelhaft  werden, 
als  eben  für  die  gültigkeit  der  populiscita  ein  anderer  modus 
(die  voraufgehende  auctoritas  patrum)  getroffen  war :  weshalb 
die  wiederholte  erklärung  abgegeben  wurde ,  daß  auch  unter 
diesen  veränderten  umständen  die  plebiscita  den  populiscita  gleich- 
gestellt, d.  h  daß  auch  jene  gleich  diesen  von  nun  an  der 
voraufgehenden  auctoritas  patrum  unterworfen  sein  sollten. 
Die  lex  Hortensia  vom  jähre  286  hat  endlich  die  patrum  aucto- 
ritas ganz  abgeschafft,  indem  sie  die  unbedingte  gültigkeit 
der  plebiscita  festsetzte.  Der  Zusammenhang  der  beiden  leges 
Publiliae  Philonis,  deren  eine  ut  legum  quae  comitiis  conturiatis  fer- 
rentur ante  initum  suffragium  patres  auctores  ßerent ;  deren  zweite 
ut  plebiscita  omnes  Quirites  tenerent,  bestimmte,  scheint  mir  auf 
alle  fälle  sicher  und  unabweislich.  Daß  Livius  (8,  12)  die  zweite 
an  erster  stelle  anführt ,  ist  zufall  und  ohne  belang  :  sie  ist  im 
gegentheil  erst  durch  die  zweite  (in  der  reihenfolge  bei  Livius 
a.  a.  o.)  veranlaßt.  Nur  darin  stimme  ich  natürlich  nicht  mit 
dem  verf.  überein ,  daß  er  die  hier  in  betracht  kommende  au- 
ctoritas patrum  wieder  auf  den  gesammtsenat  bezieht,  während 
ich    auch    hier    den    patricischen    ausschuß    erkenne.      In  diesem 


Nr.    1.  15.  Römische  alterthümer.  73 

einzelnen  punkte  stimmt  der  verf.  also  eigentümlicherweise  im 
wesentlichen  mit  Mommsen  —  trotz  der  großen  kluft,  die  ihn 
sonst  von  diesem  scheidet  —  überein :  denn  Mommsen  läßt 
gleichfalls  die  plebiscita  nur  dann  für  die  gesammtgemeinde  ver- 
bindlich werden,  wenn  sie  durch  den  Senat,  d.h.  dengesammt- 
senat,  vorher  gebilligt  waren  ,  indem  er  sich  bierfür  auf  eine 
vereinzelte  angäbe  Appians  b.  c.  1,59  beruft;  nur  daß  Mommsen 
die  bestätigung  durch  den  gesammtsenat  als  voraufgehenden 
Senatsbeschluß,  der  verf.  —  wenigstens  bis  339  —  als  nach- 
folgend faßt.  Ich  muß  hier  mich  durchaus  auf  seite  des  Ver- 
fassers stellen  und  kann  nicht  finden,  daß  in  den  berichten  über 
den  Standpunkt  des  senats  den  plebiscita  einerseits,  den  populi- 
scita  andererseits,  gegenüber  irgend  ein  unterschied  zu  erkennen 
ist.  Die  wiederholten  und  eingehenden  Senatsverhandlungen 
über  ein  von  den  tribunen  in  aussieht  genommenes  plebiscitum 
schließen  in  keiner  weise  die  nothwendigkeit  aus,  daß  das  von 
der  plebs  angenommene  scitura  der  formellen  bestätigung  durch 
die  patrum  auetoritas  bedurfte  Wenn  die  letztere  nicht  bestimmt 
hervorgehoben  wird,  so  erklärt  sich  das  eben  daraus,  daß  wenn 
die  voraufgegangenen  Senatsverhandlungen  die  Zustimmung 
des  Senats  zu  der  beliebung  der  plebs  herausgestellt  hatten,  die 
nachfolgende  auetoritas  des  patricischen  ausschusses  nur  noch 
eine  formalität  war.  Wenn  —  wie  wiederholt  hervorgehoben 
wird  —  eben  die  patricier  die  rechtsverbindlichkeit  der  ple- 
biscita für  sich  ablehnten  :  so  erscheint  gerade  hier  die  auetoritas 
des  patricischen  ausschusses  zur  gültigkeit  jener  wie  von  selbst 
sich  ergebend  und  ich  wüßte  nicht,  wie  man  hier  einen  andern 
modus  erwarten  dürfte ,  als  wie  er  für  die  leges  des  gesammten 
populus  feststand.  Die  ganz  vereinzelte  angäbe  Appians  ?\- 
fffotvio  rt  fjrjdfi  87i  anQo6nvXsvzoi>  f~:  7t  i  Siipior  s»<y  FQetßai .'  ry- 
inuinin-vni  fjfi>  nvzoa  y.ui  nnlut,  nnnuXsfVftt'rnr  8  sx  noXX'iv  ist 
doch  wahrlich  allein  nicht  geeignet,  um  durch  sie  das  im  übri- 
gen dem  Verfassungsorganismus ,  speciell  der  legislative ,  ganz 
unbekannte  Senatsgutachten  zu  erweisen.  Appian  wird  hier  die 
patrum  auetoritas  mit  dem  senatus  consultum  verwechseln,  wie  diese 
Verwechselung  bei  Dionysius  ja  fast  regelmäßig  der  fall  ist. 

Was  die  andere  seite  der  competenzen  des  senats,  das  con- 
silium,  betrifft,  so  behandelt  der  verf.  dasselbe  in  eingehendster 
weise,  indem  er  in  buch   III  (bd.   II)    zunächst  in  capitel  I  das 


74  15.  Komische  alterthümer.  Nr.   1. 

consilium  nach  seiner  allgemeinen  bedeutung,  capitel  II  in  seiner 
beziehung  auf  die  departements  des  innern  und  der  Justiz ,  ca- 
pitel III  des  cultus,  capitel  IV  der  finanzen  und  der  öffentlichen 
arbeiten,  cap.  V  des  auswärtigen ,  capitel  VI  des  kriegs  ,  capitel 
VII  der  provinzialverwaltung,  capitel  VIII  in  seinem  übergange 
zur  kaiserzeit  erörtert.  Näher  auf  diese  darstellung  einzugehen 
schließt  sich  für  uns  von  selbst  aus  :  es  ist  ein  außerordentlich 
reiches  material,  welches  hier  vereinigt  ist  und  welches  uns  die 
römische  Staatsverwaltung  nach  allen  ihren  zweigen  bis  in  die 
feinsten  details  zu  verfolgen  gestattet.  Wir  müssen  dem  verf. 
für  die  Sammlung  und  durcharbeitung  dieses  bedeutenden  stoffs 
sehr  dankbar  sein.  Was  ich  vermißt  habe,  ist  eines:  die  rück- 
sicht  auf  das  historische  werden  dieses  rechtes  des  consilium. 
In  der  systematischen  gestaltung  dieser  consiliären  thätigkeit 
des  Senats  und  in  der  vertheilung  derselben  nach  den  ver- 
schiedenen gebieten  des  öffentlichen  lebens,  wie  wir  dieselbe  bei 
dem  verf.  finden,  tritt  dieses  recht  zu  sehr  einheitlich,  ungewor- 
den  entgegen:  während  meiner  auffassung  nach  nichts  so  sehr 
ein  produkt  der  zeit  ist  und  den  charakter  des  gewordenen  an 
sich  trägt,  als  gerade  dieses  recht  des  consilium  des  senats.  Wer 
des  Verfassersausführungen  liest,  muß  annehmen,  diese  consiliäre 
thätigkeit  des  senats  sei  —  solange  derselbe  überhaupt  vorhan- 
den —  stets  dieselbe  gewesen  :  und  doch  ist  für  mich,  wie  schon 
bemerkt,  nichts  sicherer,  als  daß  dieselbe  von  haus  aus  über- 
haupt gar  kein  recht  gewesen  ist  und  daß  der  senat  —  der 
patricisch  -  plebejische  gesammtsenat  —  erst  schritt  für  schritt 
in  dieses  recht  sich  hineingedrängt  hat :  hauptsächlich  auf 
kosten  der  fungierenden  magistrate.  Verfassungsmäßig  ist 
von  haus  aus  nur  die  auctoritas:  und  dieses  recht  hat  nur  den 
patriciern  zugestanden ;  das  consilium  ist  in  der  that  ursprünglich 
nur  ein  rath,  d.  h  nichts  verfassungsmäßig  nothwendiges  ge- 
wesen :  aber  er  ist  im  laufe  der  zeit  zu  einem  wirklich  organi- 
schen gliede  der  Verfassung  geworden.  Darauf  näher  ein- 
zugehen muß  ich  mir  aber  hier  versagen. 

So  seien  denn  schließlich  nur  noch  einige  einzelheiten  aus 
der  großen  summe  anregender  auffassungen  und  gedanken  her- 
vorgehoben, die  ich  dem  Studium  des  werkes  verdanke.  Aus 
der  Untersuchung  über  das  interregnum  ergiebt  sich  mit  Sicher- 
heit, daß  die  für  die  romulische  zeit  von  Livius,  Dionyeius  u.  a. 


Nr.   1.  15.  Römische  alterthümer.  75 

eingehend  dargelegte  Ordnung  der  interregenbestellung  in  der 
spätem  zeit  keine  anwendung  gefunden  hat.  Das  wiederholte 
hervortreten  desselben  mannes  als  interrex  ■ —  z.  b.  des  M.  Fu- 
rius  Camillus  und  P.  Cornelius  Scipio  392  und  389  —  na- 
mentlich aber  die  wiederholte  ernennung  derselben  beiden  män- 
ner  Q.  Servilius  und  M  Fabius  Ambustus  im  jähre  355  in  dem- 
selben interregnum  und  zwar  in  derselben  Ordnung  in  der  sie 
das  interregnum  begannen  —  zeigt,  daß  damals  die  interregen- 
ernennung  auf  freier  bestimmung  durch  den  Vorgänger  beruhte: 
nur  über  die  ernenuung  des  ersten  interrex  kann  man  zwei- 
felhaft sein.  Läßt  sich  der  ernennungsmodus,  wie  wir  ihn  bei 
Livius  u.  a.  von  der  königszeit  lesen,  nur  verstehen,  wenn  man 
den  senat  streng  nach  curien  gegliedert  sich  vorstellt:  so  liegt  an- 
derseits der  Schluß  nahe  ,  daß  diese  Ordnung  nach  curien  schon 
in  der  älteren  zeit  der  republik  nicht  mehr  die  durchschlagende 
und  allein  gültige  im  senat,  speciell  unter  den  patricischen  Se- 
natoren gewesen  sein  kann.  Ich  sehe  den  grund  dafür  in  dem 
umstände,  daß  bei  dem  zusammenschmelzen  der  patricischen  ge- 
schlechter manche  curie  ganz  ausgestorben  war  —  bezüglich 
ihrer  patricischen  bestandtheile  :  denn  die  erwähnte,  von  Momm- 
sen  Forsch.  1,  218  ff.  behandelte  interregenordnung  der  königszeit 
beruht  auf  dem  gedanken ,  daß  bei  einer  vacanz  der  eigentlich 
regierenden  magistrate  jede  curie  und  innerhalb  derselben  jedes 
geschlecht  abwechselnd  die  regierung  —  speciell  die  auspicia  — 
führt:  aber  auch  das  kann  ich  hier  nur  andeuten.  Die  annähme 
des  verf.,  nur  ein  curulischer  Senator  habe  interrex  werden 
können,  ist  zu  weit  gehend:  die  spätere  praxis  mochte  sich  al- 
lerdings nur  oder  vorzugsweise  an  curulische  männer  halten. 
Sehr  beachtenswerth  für  die  bestimmung  der  ursprünglichen 
bedeutung  des  worts  auctoritas,  auctor  ist  die  lehre  der  Augural- 
bücher über  die  tria  genera  fulgurum,  wie  wir  sie  bei  Seneca 
Nat.  quaest.  2,  30.  Serv.  Aen.  8,  524  (nicht  542,  wie  der  verf. 
schreibt)  finden ,  auf  die ,  bislang  nicht  beachtet,  der  verf.  auf- 
merksam macht :  und  doch  kann  dieselbe  mich  nicht  davon  über- 
zeugen ,  daß  das  wort  nicht  einen  entgegengesetzten  sinn  von 
haus  aus  gehabt  hat  —  eine  auffassung,  welche  auch  Lauge  de 
patr.  auct.  II,  14  ff.  vertritt.  Die  anwendung  des  worts  aucto~ 
ritas  in  den  XII  tabb.  (III,  7  bei  Bruns  Fontes)  wiegt  meiner 
ansieht  nach  den  gebrauch  des  worts ,   wie  wir  ihn  in  den  Au- 


76  15.  Römische  alterthümer.  Nr.   1. 

guralbüchern  finden ,  lange  auf :  denn  diese  können  sehr  wohl 
die  lehre  nach  dem  später  in  geltung  befindlichen  d.h.  durch 
die  veränderte  praxis  der  auctoritas  des  patricischen  senats  gleich- 
falls veränderten  gebrauche  des  worts  dargestellt  haben.  Auetor 
ist  „Urheber"  und  wird  durchgehend  in  diesem  sinne  gebraucht: 
danach  haben  wir  in  der  auctoritas  der  patricier  das  bestim- 
mungsrecht  dieser  als  von  haus  aus  von  ihnen  ausgehend 
zu  erkennen. 

Als  sehr  beachtenswerth  muß  ich  auch  das  II ,  69  ff.  über 
die  datierung  der  lex  Maenia  gesagte  bezeichnen.  Es  ist  wahr, 
daß  die  annähme  des  verf.  der  bestimmten  angäbe  Cicero's  Brut. 
14,55  widerspricht:  aber  ich  halte  es  mit  dem  verf.  für  wenig- 
stens nicht  unwahrscheinlich ,  daß  hier  eine  Verwechselung  vor- 
liegt und  daß  der  von  Cicero  genannte  Appius  Claudius  nicht 
der  censor  des  j.  312,  sondern  der  starre  plebejerfeind  Appius 
Claudius  Crassus  cos.  349  (Liv.  7,  6  ff.)  ist  Auf  den  umstand, 
daß  sich  bei  Livius  nirgends  eine  erwähnung  der  lex  Maenia 
findet,  woraus  Mommsen  Forsch.  1,  242  schließen  zu  dürfen  glaubt, 
daß  dieselbe  nach  292  —  dem  Schlüsse  der  1.  dekade  des  Li- 
vius -—  fallen  müsse,  lege  auch  ich  kein  gewicht:  erwähnt  Li- 
vius doch  auch  die  lex  Ovinia  mit  keinem  worte.  Mit  berufung 
auf  Liv.  7,  21  —  in  welchem  berichte  er  den  von  Cic  a.  o. 
gegebenen  wieder  zu  erkennen  glaubt  —  sieht  der  verf.  in  dem 
Maenius,  nach  dem  die  lex  benannt  ist,  den  consul  des  j.  338 
C.  Maenius.  Es  läßt  sich  jedenfalls  nicht  leugnen,  daß  diese 
datierung  sehr  viel  für  sich  hat.  Denn  daß  die  im  voraus  zu 
ertheilende  auctoritas  patrum  für  die  leges  schon  im  j.  339  ,  für 
die  wählen  erst  nach  292  gesetzlich  bestimmt  sein  sollte,  ist 
schwer  verständlich ,  da  beide  bestimmungen  doch  im  innersten 
zusammenhange  stehen. 

Ueberzeugt  hat  mich  der  verf.  auch  in  bezug  auf  den  cal- 
ceus  patricius,  von  dem  er  I,  123  ff.  nachweist  —  gegen  Momm- 
sen —  daß  derselbe  später  von  den  curulischen  Senatoren  über- 
haupt —  also  auch  den  plebejischen  —  getragen  worden  ist. 
Nicht  minder  bin  ich  ,  wie  schon  oben  bemerkt,  seiner  meinung 
(vgl  I,  137  ff.),  daß  die  senatores  pedarii  dasselbe  Stimmrecht 
(das  ius  sententiae  dicendae)  gehabt  haben ,  wie  die  curulischen. 
Endlich  muß  ich  auch  zugestehen  ,  daß  es  schwer  ist ,  die  von 
Cicero  gebrauchten   worte  Cicero's  selbst  (Phil.    14,7,17  ad  fam. 


Nr.   1.  15.  Kölnische  alterthümer.  77 

12,  24,  2)  und  des  Cremutius  Cordus  (bei  Senec.  Suas.  6,  19 
ed.  Kießling)  anders  zu  verstehen,  als  daß  Cicero  wirklich  —  im 
jähre  43  —  formell  der  princeps  senatus  gewesen  ist.  Aber  es 
ist  darauf  hinzuweisen,  daß  diese  ernennung  eines  plebejers  zum 
princeps  senatus  in  dem  an  Unregelmäßigkeiten  und  an  unge- 
wöhnlichkeiten  reichen  jähre  nach  Cäsar's  tode  nicht  auffallen 
kann.  Daß  auch  Q.  Lutatius  Catulus  princeps  senatus  gewesen, 
davon  bin  ich  auch  nach  den  ausführungen  des  verf.  noch  nicht 
völlig  überzeugt,  wenn  ich  auch  zugebe,  daß  das  —  wie  Momoi- 
sen  will  —  patricische  Vorrecht,  den  princeps  senatus  zu  stellen, 
mir  durchaus  nicht  sicher  zu  sein  scheint.  Der  principat  des 
P.  Servilius  Vatia  Isauricus  ist,  um  das  noch  zu  bemerken,  zu 
zweifelhaft,  als  daß  man  sich  über  ihn  in  vermuthungen  einlassen 
könnte,  wie  der  verf.   thut  I,   120  f. 

Was  den  inhalt  der  lex  Ovinia  betrifft ,  so  kann  ich  darin 
mit  dem  verf.  I,  157  ff.  nicht  übereinstimmen.  Schon  Lange 
hat  sich  eingehend  mit  den  betreifenden  ansichten  des  verf.  be- 
schäftigt: vgl  de  plebicitis  Ovinio  et  Atinio.  1879.  Meine 
eigene  ansieht  über  die  einschneidenden  bestimmuugen  dieser 
lex  würden  ohne  größere  ausführungen  nicht  darzulegen  sein, 
was  sich  für  diesen  ort  ausschließt. 

Damit  breche  ich  ab.  Ich  würde  noch  eine  lange  reihe 
von  punkten  anführen  können,  in  denen  ich,  sei  es  mit  dem 
verf.  übereinstimmend ,  sei  es  von  ihm  abweichend,  sehr  beach- 
tenswerthe  angaben  erblicke.  Jedenfalls  ist  das  werk  —  na- 
mentlich so  lange  von  Momtnsens  Staatsrecht  der  dritte  band 
noch  aussteht  —  für  jeden  mit  der  römischen  Verfassung,  spe- 
ciell  mit  dem  senat  sich  beschäftigenden  unentbehrlich.  Der 
hauptwerth  desselben  liegt  für  mich  in  der  Sammlung  des  ma- 
terials :  einmal  der  einzelfälle,  in  denen  die  competenzen  des  Se- 
nats nach  allen  ihren  Seiten  zum  ausdruck  kommen;  anderseits 
der  statistischen  daten  betreffs  der  Zusammensetzung  des  Senats. 
Denn  obgleich  die  letzteren  in  hohem  maße  mit  Wahrscheinlich- 
keiten und  möglichkeiten  rechnen  müssen  und  vielleicht  auch 
im  einzelnen  mannigfache  rectificationen  nöthig  machen  werden, 
so  gewinnt  man  doch  erst  aus  ihnen  ein  richtiges  und  klares 
bild  über  die  Zusammensetzung  des  Senats ,  ohne  deren  genaue 
kenntniß  auch  die  den  senat  leitenden  und  beherrschenden  rich- 
tungen  seiner  politik  unverständlich  bleiben  werden.         O.  Gilbert. 


78  Bibliographie.  Nr.   1. 

Bibliographie. 

Ausgegeben  ist  :  F.  A.  Brockhaus,  verzeichniß  ausgewählter 
werke ,  in  eleganten  einbänden ;  ausgewählte  werke  aus  dem 
Verlage  der    Weidmann 'sehen  buchhandlung  in  Berlin. 

Es  kündigt  F.  A.  Brockhaus  in  Leipzig  an:  Troja,  ergeb- 
nisse  meiner  neuesten  ausgrabungen  auf  den  bausteilen  von 
Troja  in  den  heldengräbern,  Bunarbaschi  und  andern  orten  von 
Troas  im  jähre  1882,  von  dr.  Heinrich  Schliemann,  mit  vorrede 
von  prof.  AI.  Sayce  —  bei  dieser  anzeige  auch  einige  abbildun- 
gen  und   verzeichniß   der  frühem   Schriften  Schliemann's. 

Ferd.  Dümmlers  {Harrwitz  u.  Gassmann)  Verlagsbuchhandlung 
in  Berlin  macht  aufmerksam  auf :  Vergleichende  syntax  der  in- 
dogermanischen comparation,  insbesondere  der  comparationscasus 
der  indogermanischen  sprachen  und  sein  ersatz  von  dr.  Hermann 
Ziemer.  —  Dabei  liegt:  Register  der  vergleichenden  syntax  der 
indogermanischen  comparation  von  H.  Ziemer. 

Angezeigt  ist :  Jos.  Jolowicz  antiquarischer  catalog  no.  60 ; 
—  und  P.  Neff,  Ebner  u.  Seubert  in  Stuttgart,  weihnachtscatalog 
im  RAnz.  no.  283.  291. 

Ausgegeben  sind  Cataloge  der  antiquare:  P.  Neff,  Ebner  und 
Seubert,  festeatalog  (mit  vielen  abbildungen) ;  —  J.  A.  Stargard 
in  Berlin,  bücherverzeichniß  no.   141. 

Verzeichniß  der  wichtigeren  publikationen  auf  dem  gebiete  der  alter- 

thumswissenschaft.     1884.     I. 

Deutschland.     Oesterreich.     Schweiz. 

1.  Apulei  Psyche  et  Cupido ,  rec.  et  em.  Otto  Jahn.  Ed.  III. 
Leipzig,  Breitkopf  u.  Härtel  1883.     18.     X,   19  p.     1  mk.  50  pf. 

2.  Augusti,  res  gestae  Divi.  Ex  rnonumentis  Ancyrano  et  Apollo- 
niensi  iterum  edidit  Theod.  Mommsen.  Accedunt  tabulae  undeeim. 
Berlin,  Weidmann   1883.     8.     C,  223  p.     11  tabb.     12  mk. 

3.  Bursian,  Conrad,  geschiente  der  classischen  philologie  in 
Deutschland  von  den  anfangen  bis  zur  gegenwart.  2  hälften.  Mün- 
chen, Oldenbourg  1883.  8.  VIII,  1271  p.  14  mk.  50  pf.  (Geschichte 
der  Wissenschaften  in  Deutschland.     Neuere  zeit,  bd.  19.) 

4.  Cicero's  rede  für  den  P.  Sestius.  Für  den  schulgebrauch  er- 
klärt von  R.  Bouterwek.  Gotha,  Perthes  1883.  8.  VI,  154  p.  und 
VI,  54  u.  97  p.     Ausg.  A  u.  B.     1  mk.  50  pf. 

5.  Commentaria  in  Aristotelem  Graeca  edita  consilio  et  auetori- 
tate  acad.  r.  boruss.  Vol.  II,  1 :  Alexandri  in  Aristotelem  Analytico- 
rura  priorum  commentarium,  ed.  Max  Wallies.  Berlin,  G.Reimer  1883. 
8.     XXII,  426  p.     14  mk. 

6.  Crusius ,  Otto ,  analecta  critica  ad  paroemiographos  Graecos. 
Accedunt  excerpta  ex  Demone  ntgi  TKtQot^nJJy  grammatici  incerti 
fragmentum  paroemiographicum.  Leipzig,  Teubner  1883.  8.  176  p. 
4  mk. 

7.  Eclogae  poetarum  Graecorum  scholarum  in  usum  composuit 
Hugo  Stadtmüller.     Leipzig,  Teubner  1883.  8.  XXIV,  434  p.    2  mk.  70  pf. 

8.  Gilbert,  Otto,  geschichte  und  topograpbie  der  stadt  Rom  im 
alterthum.     Erste  abtheilung.     Leipzig,  Teubner  1883.     8.'  368  p. 

9.  Josephus,  Flavius,  jüdische  alterthümer,  übers,  v.  Fr.  Kaulen. 
2.  aufl.     Köln,  Bachern  1883.     8.     696  p.     9  mk. 


Nr.  1.  Bibliographie.  79 

10.  Landwehr,  Hugo,  Papyrura  Berolinensem  no.  163  musei  ae- 
gyptiaci  commentario  critico  adiecto  ediclit.  Adiectae  sunt  tabulae  duae. 
Gotha,  Perthes  1883.     8.     1  tuk.  20  pf. 

11.  Livius ,  T. ,  ab  urbe  condita  über  XXII.  Für  den  schulge- 
brauch erkl.  von  Franz  Luterbacher.  Ausg.  A  u.  B.  Gotha,  Perthes 
1883.     8.     117  u    56  +   55  p.     1  mk.  20  pf. 

12.  —  —  Für  d.  schulgebr.  erkl.  v.  E.  W'ölfflin  u.  Franz  Luter- 
bacher.    Leipzig,  Teubner  1883.     8.     III,  90  p.     1  mk.  20  pf. 

13.  Meyer,  Elard  Hugo,  indogermanische  mythen.  1.  Ghandar- 
ven,  Kentauren.     Berlin,  Dümmler  1883.     8.     II,  243  p.     4  mk.  50  pf. 

14.  Müller,  Herrn.  Friedr. ,  dispositionen  zu  den  drei  ersten  En- 
neaden  des  Plotinos.     Bremen,  Heinsius  1883.     8.     III,  102  p.     2  mk. 

15.  Müller,  Lucian,  Quintus  Ennius.  Eine  einleitung  in  das 
Studium  der  römischen  poesie.  St.  Petersburg,  Ricker  1884.  8.  IX, 
313  p.     8  mk. 

16.  Nitzsch,  Karl  Wilh.,  geschichte  der  römischen  republik.  Nach, 
dessen  hinterlassenen  papieren  und  Vorlesungen  hrsg.  v.  Georg  Thouret. 
Bd.  I.  Bis  zum  ende  des  hannibalischen  krieges.  Mit  einer  einleitung: 
Ueberblick  über  die  geschichte  der  geschichtschrei bung  bis  auf  Nie- 
buhr  und  einem  anhang  zur  römischen  annalistik.  Leipzig,  Duncker 
u.  Humblot  1884.     8.     XV,  203  p.     4  mk. 

17.  Peipers,  David,  ontologia  Platonica  ad  notionum  terminorum- 
que  historiam  symbola.  Leipzig,  Teubner  in  cotnin.  1883.  8.  XIV, 
606  p.     14  mk. 

18.  Plauti,  T.  Macci,  comoedia.  Rec.  instrum.  critico  et  prole- 
gomeuis  auxit  Frdr.  Rittchelius.  Sociis  operae  adiunctis  Gast.  Loewe, 
Geo.  Goetz,  Frdr.  Schoell.  Tom  IL  fasc.  4.  Stichus.  Ed.  IL  a  G.  Goetz 
recognita.     Leipzig,  Teubner  1883.     8.     XVI,  110  p.     3  mk.  60  pf. 

19.  Sophocles  Antigone.  Für  den  schulgebrauch  erkl.  von  Geo. 
Kern.  Ausg.  A.  u.  B.  Gotha,  Perthes  1883.  IV,  68  und  IV,  38  u. 
28  p.     8.     2  tafeln.     1  mk. 

20.  Stanyl,  Thomas,  der  sogen.  Gronov-scholiast  zu  elf  ciceroni- 
schen  reden.  Ueberlieferung,  text  und  spräche  auf  grund  einer  neu- 
vergleichung  der  Leydener  handschrift  dargestellt.  Prag,  Tempsky 
u.  Leipzig,  Freytag  1884.     8.     V,  82  p.     2  mk.  40  pf. 

21.  Studien,  Leipziger,  zur  classisehen  philologie.  Hrsg.  von  G. 
Curtius,  L.  Lange,  O.  Ribbeck,  H.  Lipsius.  6.  bd.  Heft.  2.  Leipzig, 
Hirzel  1883.     8.     V  u.  p.  193  —  331.     3  mk.  40  pf. 

(Inhalt:  Curtius  Rice.  Opitz,  de  argumentorum  metricorum  la- 
tinorum  arte  et  origine ,  p.  193—  196.  J.  Herrn.  Lipsius,  über  die 
unechtheit  der  ersten  rede  gegen  Aristogeiton,  p.  197—331.) 

England. 

22.  Aeschyli  fabulae  c  I/.eridtg  Xo^rfSoot  in  libro  Mediceo  mendose 
scriptae  ex  vv.  dd.  coniecturis  emendatius  editae  cum  scholiis  Graecis 
et  brevi  adnotatione  critica  curante  F.  A.  Paley.  Cambridge,  Uni- 
versity  Press  1883.     8.     140  p.     7  sh.  6  d. 

23.  Cicero  de  natura  deorum.  Libri  tres,  with  introduetion  and 
commentary  by  Joseph  B.  Mayor.  Vol.  2.  Cambridge  1883.  8.  330  p. 
12  .sh.  6  d. 

24.  Cicero  de  finibus  libri  quinque.  The  text  revised  and  ex- 
plained  by  J.  S.  Reid.  3  vols.  Vol.  3  containing  the  translation. 
Cambridge  1883.     8.     186  p.     8  sh. 

25.  Euripidfs  Iphigenia  among  the  Tauri.  Edited  with  intro- 
duetion and  critical  and  explanatory  notes  by  E.  B.  England.  Lon- 
don, Macmillan  1883.     12.     290  p.     4  sh.  6  d. 


80  Bibliographie.  Nr.   1. 

'26.  Ferrier,  James  Fredericl:,  Philosophical  works.  3  vols.  Vol.  3. 
Lectures  on  greek  philosophy.  New  ed.  London,  Blackwood  1883. 
8.     560  p.     14  sh. 

27.  Sayce,  A.  H.,  the  ancient  empires  of  the  east.  Herodotus  1.  3. 
With  notes,  introductions  and  appendices.  London,  Macmillan  1883. 
8.     506  p.     16  sh. 

28.  Smith,  George  Barnett,  life  of  W.  E.  Gladstone.  11.  ed. 
London,  Cassell   1883.     8.     596  p.     3  sh.  6  d. 

29.  Stephens,  George,  Prof.  S.  Bugge's  Studies  on  nortbern  my- 
thology  shortly  examined.  London,  Williams  and  Norgate  1883.  8. 
8  sh. 

30.  Thompson,  F.  E.,  a  syntax  of  attic  Greek.  London,  Rivingtons 
1883.     8.     467  p.     8  sh.  6  d. 

31.  Xenophons  Hiero.  With  introduction,  notes  and  critical  ap- 
pendix  by  Hubert' A.  Holden.  London,  Macmillan  1883.  12.  172  p. 
3  sh.  6  d. 

32.  Zeller,  Ed.,  a  history  of  electicism  in  Greek  philosophy, 
translated  from  the  German  by  T.  F.  Alleyne.  London,  Longmans 
1883.     8.     320  p.     10  sh.  6  d. 

Frankreich. 

33.  Fontaine ,  L. ,  l'armee  romaine.  Paris,  Cerf  1883.  16.  143  p. 
et  gravures.     1  fr. 

34.  Gillet,  Mathurin,  Plutarchus  quid  senserit  de  pueris  insti- 
tuendis.     Paris,  Guillaumin   1883.     8.     64   p.     (These  de  Clermont.) 

35.  Heuzi-y,  Leon,  les  figurines  antiques  de  terre  cuite  du  niusee 
du  Louvre.  Ciassees  d'apres  le  catalogue  du  meine  auteur  gravees 
par  A  Jaciiuet.  Paris,  Morel  1883.  4.  2  col.  IV,  36  p.  60  plan- 
ches.     60  frcs. 

36.  Homere,  traduit  par  le  docteur  J.  B.  F.  Froment.  2  vol. 
T.  1.  Iliade.  XL,  544  p.  T.  2.  Odyssee.  452  p.  Paris,  Plön,  Nourrit 
et  Cie.  1883.     8. 

37.  Lafuye,  G.,  de  poetarum  et  oratorum  certaminibus  apud  ve- 
teres.     Paris,  Pedone  Lauriel   1883.     8.     IX,  120  p.     (These  de  Paris.) 

38.  Livii,  Titi,  ab  urbe  condita  libri  21  et  22,  texte  latin  publ. 
avec  une  notice  sur  la  vie  et  les  ouvrages  de  Tite  Live  des  notes  cri- 
tiques  explicatives  des  remarques  sur  la  laugue,  un  index  des  noms 
propres  historiques  et  geographiques  et  des  antiquites,  2  cartes  etc., 
par  G.Rivmunn  et  E.  Benoist.  3e  tirage  revu,  Paris,  Hachette  1883. 
16.     XXIV,  380  p.     2  fr. 

39.  Nicaise,  Auguste,  le  cime'tiere  gallo-romain  de  la  Fosse  Jean- 
Fat.  Urnes  a  visage  steles  funeraires  avec  insciiptions  et  sculptures 
ä  Reims.     Chälons  et  Reims,  Renart  1883.     8.     20  p. 

40.  Robais ,  A.  van,  notes  d'archeologie ,  d'histoire  et  de  numis- 
matique.  3e  serie.  Abbeville  et  environs.  Monnaies  de  Ponthieu, 
de  Quentovic  et  de  Montreuil  surmer.  Potiers  gallo-romains.  Abbeville 
188;$.  8.  76  p.  8.  5  pl.  (Extr.  des  memoires  de  la  societe  d'emu- 
lation  d'Abbeville.~) 

41.  Tardieu,  Ambroise  et  Fraj:9ois  Boyer,  la  ville  gallo-romaine 
de  Beaudair  commune  de  Voingt  pres  d'Herment  (Puy  de  Dome) 
fouilles  et  decouvertes.     Clermont-Ferrand  1882.     4.     14  p. 

Italien. 

42.  Brunialti,  Attilio,  la  democrazia  antica  e  la  democrazia  rno- 
derna,  in  Biblioteca  di  scienze  pratiche  diretto  da  Attii'o  Brunialti. 
Torino  1882.     vol.  I. 


Nr.   1.  Kleine  philologische  zeitung.  81 

Spanien. 

43.  Seneca  tragedias  de,  traducciön   en  verso  de  Angel  Lasso  d 
la    Vega.      Madrid   1883.     8.     XXIX,     160    p.     2    reales.       (Biblioteca 
universal  vol.  87.) 

Rußland. 

44.  Wlastnff,  Georges,  Prome'thee  Pandore  et  la  legende  des 
siecles.  Essai  d'analyse  de  quelques  legendes  d'Hesiode.  Edition  de 
l'auteur.     St.  Petersbourg  1883.     8.     IV,  242  p.     6  mk. 

Beilage  B:    Academica  und  dissertationen. 

München.  45.  Appel ,  Ernst,  de  gene're  neutro  intereunte  in 
lingua  latina.     Erlangae   1883.     8.      122  p. 

46.  Bramhs ,  J.  G.,  de  auctoritate  tragoediae  Christianae  quae 
inscribi  solet  Xoiarog  nda^wv  Gregorio  Nazianzeno  falso  attributae. 
Eichstadii  1883."  8.     73  p. 

47.  Frantz,  Joh.,  die  kriege  der  Scipiouen  in  Spanien  536—548 
a.  u.  c.     München   1883.     8.     77  p. 

48.  Gerutheivohl,  Bernhard,  die  reiter  und  die  centuriae  equitum 
zur  zeit  der  römischen  republik.     München   1883.     8.     34  p. 

49.  Krumbacher,  Carl,  de  codicibus  quibus  interpretainenta  Pseu- 
dodositheana  nobis  tradita  sunt.     Monachii   1883.     8.     68  p. 

50.  Stangl,  Thomas,  Boethiana  vel  Boethii  commentariorum  in 
Ciceronis  Topica  emendationes  ex  octo  codicibus  haustas  et  auctas  ob- 
servationibus  grammaticis.     Gotha  1883.     8.     62  p. 

51.  Traube,  Lud.,  Varia  libameuta  critica.    Monacii  1883.  8.  38  p. 


Kleine  philologische  zeitung. 

Ueber  latifundien  neuerer  zeit,  die  zur  kenntniß  der  im  al- 
terthum  gegründeten  nützlich  sind ,  findet  sich  im  anschluß  an 
E.    Walcker's  Landwirtschaftspolitik   einiges  in  Allg.  ztg.  no.  300. 

Ueber  das  unter  leitung  von  O.  Devrient  ausgeführte  Luther- 
festspiel in  Jena  berichtet  Allg.  ztg.   beil    zu   no.   360. 

Mannheim,  27.  november  1883.  Auf  einem  grundstücke  des 
weinhändlers  L.  Dihl  in  Ladeuburg  wurden  fünf  römische  mei- 
lensteine  aufgefunden.  Ladenburg,  in  ältester  zeit  Vicus  Lopo- 
dunum, dann  Civitas  Ulpia  zu  ehren  Trajans,  zuletzt  nach  Septi- 
mius  Severus  Civitas  Ulpia  Septimia  Nemetum  benannt ,  war  das 
centrum  eines  römischen  Verwaltungsbezirks  bis  nach  der  mitte 
des  dritten  Jahrhunderts,  bis  hier  auf  dem  rechten  Rheinufer 
die  Alemannen  der  römischen  herrschaft  ein  ende  machten. 
Die  meilenzeiger  in  diesem  gebiet  beziehen  sich  alle  auf  den 
hauptort  Lopodunum  als  ausgangspunkt.  Die  vor  sechs  jähren 
in  Heidelberg  gefundenen  acht  römischen  leugensäulen  tragen 
sammt  und  sonders  die  worte :  A  LOP(oduno)  L(eugae)  IUI 
d.  i.  von  Lopodunum  4  gallische  Leugen  =  6  römische  meilen 
=  8,89  kilometer.  Ebenso  wie  die  Heidelberger  wegesäulen  sind 
die  Ladenburger  hauptsteine  mit  den  namen  einer  ganzen  reihe 
römischer  kaiser  geschmückt.     Die  inschriften  lauten  : 

[.  Zu  ehren  des  kaisers  Gordian  III.,  ums  jähr  238  gesetzt: 

Philol.  Änz.  XIV.  6 


82 


Kleine  philologische  zeitum 


Nr.    1. 


///////// 

I  I  I  I • CAES 
M  •  ANTONIO 
GORDIANO 
PIO  •  FELICI  •  AVG 
P  ■  M  •  TR  •  P 
P  •  P    C  •  S    N 
L-  I 


Imperatori  Caesari 

Marco  Antonio 

Gordiano 

Pio  Felici  Angusto 

Pontifici  maximo  tribunicia  potestate 

Patri  Patriae    Civitas  Septimia   Nemetum 
Leuga  I. 

Der  maßangabe    nach    scheint    dieser    stein    verschleppt   zu 
sein,  eine  annähme,  für  die  das  fehlen  des  sockels  spricht.  — 

IL  Zu  ehren  des  kaisers  Philippus  Arabs  und  seines  gleich- 
namigen sohnes  im  jähr  246    gestiftet. 
IMP  II II III H Hl II II HU     Imperatori  Caesari 

Marco  Iulio 

Philippo  Pio 

Felici  Augusto  Tribunicia 

Potestate  III  consuli 

Et  Marco  Iulio 

Philippo 

Nobilissimo  Caesari 

Civitas  Ulpia  Septimia  Nemetum. 


M  ■/////////'///////////// 

^i  in  ml  in  im  ii  ii  in 

lAVGl/lllllfl/llll/ll 
V-Vllllllllillilllllllll 
v-illlllllllllllllillllll 

Wllllllilllllllllllllll 

NOB-  II II II III  Hl  II III II 

0-V/////V 


III.  Zu   ehren  des  kaisers  Decius  im  jähr  249  gesetzt. 


IMP.  CAES 
C  •  MESSIO 
QVINTO 
TRAIANO 
DECIO  •  P  ■ 
INVICTO 
AVG  PMTP 


F 


Imperatori  Caesari 
Gaio  Messio 
Quinto 
Trajano 

Decio  Pio  Felici 
Invicto 

Augusto  Pontifici   maximo  tribunicia  po- 
testate patri  patriae. 
Proconsuli  Civitas  Septimia  Nemetum. 
IV.    Zu    ehren    des    zum    thronfolger    bestimmten    jüngeren 
Decius  im  jähr  250  gesetzt. 


P-P 


PROCOS • C • S • N 


Q.  HERENNIO 
ETRVSCO 
MESSIO  DECIO 
NOBILISSIMO 

CAESARI- C-VL-S-N 
V.  Zu  ehren    des 
254  gesetzt. 
IMPP.  CAESS. 
P.  LICINIO 
VALERIANO 
ET  P  •  LICINIO 
GALIENO 
PIS  •  FELICIBVS 
AVGG  •  C  •  V  •  S  •  N- 


Q.  Herennio 
Etrusco 
Messio  Decio 
Nobilissimo 

Caesari  Civitas  Ulpia  Septimia  Nemetum. 
kaisers  Valerian  und  Gallienus  ums  jähr 

Imperatoribus  Caesaribus 

Publio  Licinio 

Valeriano 

et  Publio  Licinio 

Galieno 

Piis  Felicibus 

Augustis  Civitas  Ulpia  Septimia  Nemetum. 


Nr.   1.  Auszüge  ans  Zeitschriften.  83 

Diese  inschriften  decken  sich  ziemlich  mit  den  im  jähre 
1877  in  Heidelberg  gefundenen  und  von  Karl  Christ  in  den 
Bonner  Jahrbüchern  heft  LXI  10  ff.  und  LXIV  p.  62  beschrie- 
benen steinen.  Es  steht  zu  hoffen ,  daß  drei  weitere  leugen- 
weiser  zu  ehren  des  Elagabal,  Severus  Alexander  und  Maximin 
noch  gefunden  werden.  Riesige  Steinplatten  von  über  zwei  meter 
länge  und  dreißig  centimeter  dicke  und  ein  großer  quader  lie- 
gen noch  in  der  fundstätte  in  einer  tiefe  von  etwa  drei  meter, 
hinter  denen  sich  vielleicht  noch  manches  birgt.  [Kölnische 
zeitung  1883   2.  dec.  no.  3342.] 

Auszöge  aus  Zeitschriften. 

Literarisches  centralblalt  für  Deutschland.  Hrsg.  u.  verantw.  re- 
dacteur  prof.  dr.  Fr.  Zarticke,  1883,  no.  42:  Hirschfeld,  Otto,  galli- 
sche Studien.  Wien  1883,  Gerold's  söhn.  60  p.  F.  B{ühl).  —  Mor- 
purgo,  A.,  Arbogasto  e  l'impero  romano  dal  379  —  494.  Cenni  storici. 
Triest  1883.  8.  34  p.  1  karte.  Progr.  —  Lichtenheld,  Ad.,  das  Stu- 
dium der  sprachen,  besonders  der  classischen,  und  die  intellectuelle 
bildung  auf  sprachphilosophischer  grundlage  dargestellt.  Wien  1882, 
Hoelder.  XVI,  259  p.  5  rnk.  40  pf.  B(ru)gm(an).  —  Euclidis  elementa. 
Ed.  et  latine  interpretatus  est  /.  L.  Heiberg.  Vol.  I.  Libr.  I — IV. 
cart.  Leipzig  1883,  Teubner.  X,  333  p.  3  mk.  60  pf.  —  z—r  — 
Kuhfeldt,  Ose,  de  capitoliis  imperii  romani.  Berlin  1883,  Weidmann. 
83  p.     2  mk. 

No.  43  :  Jahresbericht  der  geschichtswissenschaft,  im  auftrage  der 
histor.  gesellschaft  zu  Berlin  hrsg.  von  dr.  F.  Abraham,  dr.  J.  Her- 
mann, dr.  JEdm.  Meyer.  3.  jahrg.  1880.  Berlin  1883,  Mittler  u.  söhn. 
X,  162,  345,  294  p.  16  mk.  —  Matzat,  Heinr.,  römische  Chronologie. 
1.  bd.  Grundlegende  Untersuchungen.  Berlin  1883,  Weidmann.  XII, 
354  p.  8.  8  mk.  —  Gozzadini,  Giov.,  di  due  Statuette  etrusche  e  di 
una  iscrizione  etrusca  dissotterrate  nell'Apennino  bolognese.  Memoria 
ecc.  Korn  1883,  Salviucci.  9  p.  2  tafeln.  4.  (Atti  della  R,  Accad. 
dei  Lincei  anno  280.)  Pa(uli).  —  De  Feis,  Leopoldo,  i  dadi  scritti 
di  Toscanella  ed  i  numeri  etruschi.  Estratto  dal  Giornale  Liguistico 
Ann.X.  fasc. VII. VIII.  Genova.  79p.  8.  Itafei.  Pa{uli).  —  Briefwechsel 
zwischen  Aug.Boeckh  und  Karl  Otfried Müller.  Leipzig  1883,  Teubner. 
X,  442  p.  9  mk.  —  Herder,  Joh.  Gottfr.,  denkmal  Job.  Winckelmann's. 
Eine  ungekrönte  preisschrift  aus  dem  jähre  1778.  Nach  der  Casseler 
hdschr.  zum  ersten  male  hrsg.  und  mit  literarhistor.  einleitung  ver- 
sehen von  dr.  Alb.  Duncker.  Cassel  1882,  Kay.  XXXV,  61  p.  8.  2  mk. 
50  pf.  —  Winckelmann's  briefe  an  seine  Züricher  freunde.  Nach  den 
auf  der  Züricher  stadtbibliothek  aufbewahrten  originalen  in  verm.  u. 
verb.  gestalt  neu  hrsg.  von  Hugo  Blümner.  Freiburg  i.  Br.  1882, 
Mohr.     X,  238  p.     8.     5  mk.     H.  J(anitschek). 

No.  44  :  Hintner,  Val.,  griechische  schulgrammatik.  Wien  1883, 
Holder.     2.  verb.  aufl.     252  p.     8.     2  mk.     A.  K. 

No.  45:  Der  Rigveda  oder  die  heiligen  hymnen  der  Brähmana. 
Zum  ersten  male  vollständig  ins  Deutsche  übersetzt  mit  comm.  u.  ein- 
leitung von  Alfred  Ludwig.  4.  u.  5.  bd.  (Des  commentars  erster  u. 
zweiter  theil.)  Prag  1881,  Tempsky.  XXXVIII,  435.  645  p.  8.  28  mk. 
Wi(ndisch).  —  Hihi ,  J.  A. ,  la  le'gende  d'Ene'e  avant  Virgile.  Paris 
1883,  Leroux.  95  p. .  8.  (Eiudes  de  religion  et  de  litterature  an- 
ciennes  I.)  E.  Wr.  —  Münzet,  Rob.,  Quaestiones  mythographae.  Ber- 
lin 1883,  Weidmann.     VI,  25  p.     8.     1  mk.  20  pf.     Cr{usius), 


84  Literatur.  Nr.  1. 

No.  46.  Claudi  Ptolomuei  geographia.  E  codicibus  recogn.  pro- 
legg.  annotat.  indicibus  tabulis  instruxit  Carol.  Müller.  Vol.  I.  p.  1. 
Paris  1883.     8.     V,  570  p.     B(erge)r. 

No.  47 :  Historienrum  Romanorum  fragmenta  coli.  disp.  Herrn. 
Peter.  Leipzig  1883,  Teubner.  XXVIII,  428  p.  4  mk.  50  pf.  S.  —  Ger- 
ber, A.,  et  A.  Greef,  lexicon  Taciteum.  Fase.  V.  Leipzig  1883,  Teub- 
ner. p.  481  —  576.  8.  3  mk.  60  pf.  A.  E{ußner),  —  Kr  äff  er  t ,  Herrn., 
beitrage  zur  kritik  und  erklärung  lateinischer  autoren.  Aurich  1883. 
8.  153  p.  3  mk.  60  pf.  —  Meier,  M.  H.  E.  u.  G.  Fr.  Schümann,  der  at- 
tische proceß.  4  bücher.  Eine  gekrönte  preisschrift.  Neu  bearb.  v. 
J.  H.  Lipsius.    Lieferung  1—4.    Berlin,  Calvary  1883.    8.  468  p.  17  mk. 

No.  48 :  Enmann,  Alex.,  Eine  verlorene  geschiebte  der  römischen 
kaiser  und  das  buch  de  viris  illustribus  urbis  Rornae.  Quellenstudien. 
Göttingen,  Dieterich  1883.  8.  (Aus  dem  Philologus  Suppl.-Bd.  IV. 
p.  337 — 501.).  —  Erman,  Heinr. ,  zur  geschichte  der  römischen  quit- 
tungen  und  Solutionsacte.  Mit  einem  vorwort  von  Prof.  Dr.  Dern- 
biirg.  Berlin  1883,  Puttkammer  u.  Mühlbrecht.  VII,  82  p.  8.  2  mk. 
—  Rumpel,  Jo. ,  Lexicon  Pindaricum.  Leipzig  1883,  Teubner.  8. 
498  p.     12  mk. 

No.  49:  Oberhummer,  Eugen,  Phönizier  in  Akarnanien.  Untersu- 
chungen zur  phönizischen  colonial-  und  handelsgeschichte  mit  beson- 
derer rücksicht  auf  das  westliche  Griechenland.     München,  Ackermann 

1882.  8.  84  p.  1  mk.  80  pf.  FR.  —  Monro,  D.  B.,  a  grammar  of  the 
Homeric  dialect.  Oxford  1882.  8.  Clarendon  Press.  XXII,  344  p.  <S. 
Kinch,  C.  F.,  quaestiones  Curtianae  criticae.     Kopenhagen,  Gyldendal 

1883.  8.     108  p.     A.  E(vßner). 

Rheinisches  museum  für  phüologie ,  bd.  38,  heft  4:  Herakleides 
Pontikos  der  kritiker,  von  G.F.  Unger,  p.  481.  —  Catalepton,  scripsit 
F.  Buecheler,  p.  507.  —  Zu  der  eleischen  inschrift  aus  Olympia  no.  362. 
Aus  Th.  Bergk's  nachlaß,  p.  526.  —  Von  welchen  Staaten  ist  Rom  in 
seiner  kultur  beeinflußt  worden?  von  O.Weise,  p.  540.  —  Straboniana, 
von  B.  Niese,  p.  567.  —  Beiträge  zur  kritik  der  gallischen  panegyriker, 
von  Ä.  Brandt,  p.  603.  —  Ueber  die  verwerthung  der  bei  den  rhetoren 
sich  findenden  citate  aus  Demosthenes,  von  F.  Blaß,  p.  612.  —  Mis- 
cellen:  Apollon  bei  den  Hyperboreern  (zu  Pind.  Pyth.  X),  von  Th. 
Zielinski,  p.  625.  —  Ephoros  als  quelle  für  die  schlacht  bei  Salamis, 
von  G.  Busolt,  p.  627.  —  Ephoros  über  die  Verluste  bei  Salamis  und 
bei  Plataiai,  von  demselben,  p.  629.  —  Noch  einmal  über  das  verfah- 
ren der  Athener  gegen  Mytilene,  von  L.  Holzapfel,  p.  631.  —  Zu 
Tzetzes  Hist.  118,  von  R.  Foerster,  p.  633.  —  De  iteratis  syllabis  obser- 
vatiuncula,  scripsit  A.  Biese,  p.  634.  —  Klage  eines  ostgothischen 
Professors,  von  F.  B.,  p.  637.  —  ANAPTYPOI,  von  Dvenos,  p.  640. 

Literatur  1883, 
(dem  Philologus  und  PkAnzeiger  zugesandt). 

Weißbrodt,  Wilh.,  miscellanea  epigraphica  numismatica  grarnma- 
tica.     Brunsbergae  1883.     4.     22  p. 

Guttmann,  Carl,  de  earum  quae  uocantur  Caesarianae  orationum 
Tullianarum  genere  dicendi.     Gryphisw.  1883.     8.     79  p. 

Probst,  Arthur,  beitrage  zur  lateinischen  grammatik.  I.  Zur  lehre 
von  den  partikeln  und  konjunetionen.     Leipzig  1883.     8.     p.  105  — 170. 

Clasen,  Christ.,  histor.-kritische  Untersuchungen  über  Timaios  von 
Tauromenion.     Kiel  1883.     8.     97  p. 

Benicken ,  Hans  Karl ,  studien  und  forschungen  auf  dem  gebiete 
der  Homerischen  gedichte  und  ihrer  litteratur.*  Das  zwölfte  und  drei- 
zehnte lied  vom  zorne  des  Achilleus  in  N30  der  Homerischen  Ilias. 
Innsbruck,  Wagner  1883.     8.     44  mk.     CCXLVII,  1312  p. 


Nr.  2.  3.  Februar,  März  1884. 

Philologischer  Anzeiger. 

Herausgegeben  als    ergänzung   des   Philologus 


Ernst  von  Leutsch. 


16.  Sylloge  inscriptionum  Boeoticarum  dialectum  populärem 
exhibentium.  Composuit  adnotavit  apparatu  critico  instruxit 
Guilelmus  Larfeld,  Dr.  Praemittitur  de  dialecti  Boeoticae 
mutationibus  dissertatio.  Berolini  apud  Georgium  Reimerum 
MDCCCLXXXIH.     232  p.     8.     10  mk. 

Es  ist  mißlich,  nachdem  ein  kenner  wie  H.  Röhl  dem  vor- 
liegenden buche  durch  seine  besprechung  in  der  Philol.  Wochen- 
schrift 1883  no.  9  p.  269  ff.  gewissermaßen  einen  empfehlungs- 
brief  ausgestellt  hat,  dasselbe  ebenfalls  zu  besprechen,  ohne  sich 
in  gleicher  weise  dafür  begeistern  zu  können.  Darum  aber  mit 
dem  eigenen  urtheil  zurückzuhalten,  finde  ich  keinen  grund. 

Das  buch  enthält  nach  Städten  geordnet  in  chronologischer 
reihenfolge  alle  bis  dezember  vorigen  Jahres  bekannten  inschriften 
Böotiens ,  soweit  sie  in  dem  böotischen  dialekt  geschrieben  sind. 
Die  fundstätten  und  jetzigen  aufbewahrungsorte,  sowie  die  buch- 
stabenformen werden  in  einem  kurzen  lemma  angegeben,  worauf 
die  inschriften  selbst,  ergänzt  und  verbessert,  soweit  es  gelingen 
wollte,  in  minuskeln  folgen.  Nur  die  kürzeren  inschriften  sind 
meist  in  majuskeln  gegeben,  die  ältesten  darunter  genau  in  der- 
selben nachbildung,  wie  sie  bei  Bohl ,  Inscriptiones  Graecae  an- 
tiquissimae  p.  45  ff.  erscheinen.  Darauf  gibt  der  herausgeber  in 
möglichster  kürze  alle  nöthigen  angaben  über  die  früheren  her- 
ausgeber ,  den  inhalt ,  das  muthmaßliche  alter  und  einzelne  be- 
sonderheiten  der  inschriften.  Zu  vielen  inschriften  fügt  er  noch 
am  fuß  der  Seiten  die  varietas  lectionum.  Einen  Index  nominum, 
wie  ihn  einst  Keil  seiner  Sylloge  inscriptionum  Boeoticarum  an- 
hängte ,  wie  er  bei  jeder  inschriftensammlung  gefordert  werden 
Philo!.  Anz.  XIV.  7 


86  16.  Epigrapbik.  Nr.  2. 

sollte  und  für  die  böotischen  Inschriften  ganz  besonders  werth- 
voll  wäre,  seiner  neuen  Sammlung  beizufügen  hat  der  heraus- 
geber  unterlassen. 

Im  übrigen  ist  die  ganze  äußerst  mühevolle  arbeit  mit  gro- 
ßer Sorgfalt  und  aller  Sachkenntnis  ausgeführt.  Auch  ist  dem 
herausgeber ,  soweit  ich  es  beurtheilen  kann ,  keine  wesentliche 
inschrift  oder  sonst  einschlagende  pxiblikation  entgangen.  Nur 
finde  ich  den  ausschluß  der  münzlegenden  in  keiner  weise  ge- 
rechtfertigt. Daß  ferner  fast  jeder  tag  neue  bereicherungen  un- 
serer Sammlung  liefert  und  schon  jetzt  nachtrage  erforderlich 
sind,  ist  ein  nachtheil,  der  mit  jeder  derartigen  Sammlung  ver- 
knüpft ist.  Insoweit  kann  man  also  gegen  das  unternehmen 
nichts  besonderes  einwenden.  Anders  steht  es,  wenn  man  den 
zweck  desselben  ins  äuge  faßt.  Da  der  herausgeber  alle  in- 
schriften  prinzipiell  ausgeschlossen  hat,  welche  keine  spuren  des 
landschaftlichen  dialekts  enthalten ,  so  ist  seine  Sammlung  für 
alle  rein  historischen  und  antiquarischen  forschungen  zum  min- 
desten unvollständig.  Auch  den  paläographischen  oder  epigra- 
phischen fragen  kann  sein  buch  nicht  dienen,  da  er  nur  eine 
kleine  willkürliche  anzahl  von  inschriften  in  facsimilierter  nach- 
bildung  gibt ,  deren  zweck  mir  überhaupt  unerfindlich  ist ,  da 
sie  neben  den  Röhl'schen  Inscriptiones  eine  überflüssige  Wieder- 
holung und  ohne  alle  selbständige  bedeutung  sind.  Sie  scheinen 
mir  einzig  dem  bestreben  der  Jetztzeit,  fast  jedes  buch  durch  Il- 
lustrationen interessanter  zu  machen ,  ihren  Wiederabdruck  an 
dieser  stelle  zu  verdanken.  Der  zweck  des  buches  kann  also 
nur  der  sein,  den  sprachlichen  und  sprachhistorischen  Untersu- 
chungen über  den  böotischen  dialekt  das  nöthige  material  in  ge- 
nauer kritisch  gesichteter  bearbeitung  zu  geben.  In  dieser  hin- 
sieht aber  erscheint  mir  das  buch  nach  der  Sammlung  der  „in- 
schriftlichen quellen  des  böotischen  dialekts"  von  ß.  Meister  in 
Bezzenberger's  Beitr.  V.  185  ff.  und  VI.  1  ff.  durchaus  überflüssig. 
Ich  bewundere  zwar  die  Selbstverleugnung ,  die  es  über  sich 
bringt ,  eine  schon  von  einem  anderen  ausreichend  gut  voll- 
brachte arbeit  nochmals  zu  unternehmen,  glaube  aber  nicht,  daß 
dieselbe  auf  dank  anspruch  zu  machen  hat.  Darauf  könnte  Lar- 
feld  nur  dann  rechnen ,  wenn  entweder  das  seit  der  Meister'- 
schen  Sammlung  neugefundene  material  so  reichhaltig  wäre,  daß 
es  schon  eine  neue  Sammlung  nöthig  machte,  oder  die  Meister'- 


Nr.  2.  16.  Epigraphik.  87 

sehe  arbeit  so  mangelhaft  wäre,  daß  sie  ihrem  zweck  nicht  ent- 
spräche. Beides  aber  ist  nicht  der  fall ,  und  deshalb  halte  ich 
diese  unmotivierte  neubearbeitung  geradezu  für  ein  unrecht,  weil 
sie  stillschweigend  der  leistung  des  andern  ihre  bedeutung  ab- 
spricht und  sie  in  den  hintergrund  zu  stellen  sucht.  Ich  glaube 
im  gegentheil,  daß  die  Meister'sche  arbeit  der  Larfeld'schen  ge- 
genüber noch  manche  Vorzüge  behauptet.  Meister  gibt  allemal 
erst  in  fortlaufender  minuskelschrift  die  auf  dem  stein  erhaltene 
lesart  ohne  wortabtheilung ,  ergänzung  und  berichtigung,  darauf 
erst  die  vervollständigte  Umschrift;  er  erreicht  dadurch,  daß  je- 
der eine  klare  anschauung  der  wirklichen  Überlieferung  erhält. 
Larfeld  hingegen  gibt  die  inschriften  (mit  ausnähme  der  weni- 
gen ,  welche  er  in  majuskeln  gibt)  nur  einmal ,  indem  er  nach 
einem  äußerst  künstlichen  System  verfährt :  „Litteras  in  mediis 
versibus  detritas  punetis  distinxi  uncisque  quadratis  inclusi:  [a]  ;  in 
initio  et  exitu  versuum  solurn  uneum  adhibui  :  «],  \c. ;  quarum  litte- 
rarum  reliquiae  tantum  in  monumentis  deprehenduntur ,  vel  quarum 
loco  falsae  sive  per  errorem  lapieidarum  insculptae  sive  eorum  qui 
descripserunt  vitiis  traditae  sunt ,  uncis  quadratis  signavi :  [a\  per- 
peram  omissas  rotundis :  («) ,  vitiose  textui  intrusas  uncis  fractis : 
<<4>".  Dazu  kommen  noch  zahlreiche  fragezeichen  und  Stern- 
chen, alles  nur  geeignet,  das  bild  des  wirklich  erhaltenen  zu 
verwirren.  Es  wäre  sehr  zu  bedauern ,  wenn  die  von  Larfeld 
erfundene  transcriptionsmethode  in  zukünftigen  inschriftenpubli- 
kationen  nachahmung  fände. 

Was  die  emendation  und  ergänzung  der  inschriften  betrifft, 
so  weicht  Larfeld  allerdings  ziemlich  oft  von  Meister  ab ,  und 
man  muß  auch  einräumen,  daß  er  in  manchen  vermuthungen 
recht  glücklich  gewesen  ist.  Aber  für  die  spräche  und  dialekt- 
forschung,  die  sich  nur  auf  das  sicher  erhaltene  stützen  kann, 
bleiben  die  meisten  derselben  gleichgültig.  Die  Meister'sche 
darstellung  des  böotischen  dialekts  in  seiner  neubearbeitung  des 
Ahrens'schen  werkes  ist  vor  der  herausgäbe  des  Larfeld'schen 
buches  erschienen,  aber  ich  zweifle,,  ob  sie  durch  benutzung  des- 
selben wesentlich  anders  ausgefallen  wäre.  —  Larfeld  scheint 
ganz  besondere  bedeutung  seiner  chronologischen  anordnung  der 
inschriften  beizulegen,  auf  welche  er  die  größte  Sorgfalt  verwen- 
det hat.  In  dem  vorausgeschickten  Wiederabdruck  seiner  Bonner 
dissertation    De    dialecti    Boeoticae    mutationibus    gibt     er    rechen- 

7* 


88  17.  Epigraphik.  Nr.  2. 

schaft  von  den  grundsätzen,  die  ihn  dabei  leiteten.  Bisher  habe 
man  sich  allzusehr  von  dem  epigraphischen  elemente  bei  der 
Zeitbestimmung  der  inschriften  leiten  lassen,  wogegen  man  mehr 
auf  die  lautlichen  Veränderungen  der  spräche  rücksicht  nehmen 
müsse.  In  Wahrheit  aber  hat  man  auf  beides  rücksicht  genom- 
men und  man  hat  von  dem  epigraphischen  moment  in  Verbin- 
dung mit  den  sachlichen  angaben  der  inschriften  nur  den  not- 
wendigen ausgangspunkt  für  die  Chronologie  des  böotischen  vo- 
kalismus  genommen ;  dabei  ist  man  freilich  nicht  zu  so  bestimm- 
ten resultaten  gelangt ,  wie  Larfeld ,  weil  man  nicht  den  muth 
hatte,  etwas  unbestimmtes  als  bestimmt  hinzustellen.  Die  böo- 
tischen inschriften  mit  ihrer  mannigfaltigkeit  der  Orthographie, 
ihrem  steten  schwanken  zwischen  phonetischer  und  historischer 
Schreibweise  warnen  einen  jeden  vor  allzu  bestimmter  zeitlicher 
datierung.  Auch  verkennt  Larfeld  ganz,  daß  sich  lautliche  Ver- 
änderungen wie  jede  einzelne  Umgestaltung  des  böotischen  vo- 
kalismus  nicht  mit  einem  schlage,  in  einem  bestimmten  momente 
vollziehen  und  in  der  schritt  ihren  ausdruck  finden.  Daneben 
hätte  das  Verhältnis  zwischen  Schriftsprache  und  lebendiger  mund- 
art  genauere  beachtung  verdient.  Um  im  einzelnen  seine  fest- 
setzungen  zu  widerlegen ,  müßte  ich  freilich  nochmals  eine  ab- 
handlung  de  dialecto  Boeotica  schreiben.  Doch  kommt  es 
überhaupt  für  die  Sprachgeschichte  nie  auf  absolute ,  sondern 
nur  auf  relative  Chronologie  an. 

Im  ganzen  also  vermag  ich  dem  fleiß  und  der  Sorgfalt  des 
herausgebers  in  der  Sammlung  und  bearbeitung  der  inschriften 
meine  anerkennung  nicht  zu  versagen,  muß  es  aber  für  nutzlos 
verwerthete  mühe  erklären  das,  was  längst  ausreichend  gut  be- 
handelt ist ,  nur  darum  von  neuem  zu  behandeln ,  damit  ein 
neues  Sammelwerk  entstehe,  das  doch  immer  und  meist  schon 
vor  seiner  Vollendung  wieder  lücken  aufweisen  wird.  Ein  knap- 
per nachtrag  mit  einigen  sicheren  ergänzungen  und  Verbesserun- 
gen zu  Meister's  arbeit  wäre  erwünscht  und  lohnenswerth  ge- 
wesen. A.  Führer. 

17.  L.  v.  Urlichs,  Pergamenische  inschriften.  Sech- 
zehntes programm  des  v.  Wagnerschen  kunstinstitutes.  Würzburg 
1883.     31   p.     8. 

Die  inschriften,  welche  in  den  „vorläufigen  berichten"  über 


Nr.  2.  17.  Epigraphik.  89 

die  ausgrabungen  zu  Pergamon  veröffentlicht  worden  sind  (Jahr- 
buch der  kgl.  preuß.  kunstsammlungen  I.  [1880]  p.  188  ff.  III. 
[1882]  p.  80  ff.)  hat  der  Verfasser  von  neuem  herausgegeben, 
indem  er  die  historisch  bemerkenswerthen  in  eine  zusammenhän- 
gende darstellung  der  regierungsthätigkeit  der  pergamenischen 
könige  (p.  7 — 20)  einzuordnen  suchte.  Als  grundlage  der  Un- 
tersuchung dienten  die  von  Conze  gemachten  beobachtungen  und 
bemerkungen,  besonders  der  aufsatz  „über  die  zeit  der  erbauung 
des  großen  altars  zu  Pergamon"  (Monatsbericht  der  preußischen 
academie  1881  p.  869 — 876),  in  welchem  die  in  Pergamon  ge- 
fundenen inschriften  ihrem  schriftcharakter  nach  in  3  gruppen 
vertheilt  sind ,  die  den  regierungszeiten  der  könige  Attalos  I 
(241  —  197),  Eumenes  II  (197  —  159)  und  Attalos  II  (159—138) 
entsprechen.  Die  einzelnen  inschriften  sind  zum  theil  so  stark 
fragmentirt,  daß  die  deutung  ihrer  beziehung  auf  bestimmte  er- 
eignisse  zweifelhaft  bleibt.  —  Aus  der  zeit  Attalos'  I.  findet  sich 
(Urlichs  n.  2)  die  Unterschrift  einer  statue  des  königs,  welche 
Epigenes  und  die  feldherrn  und  befehlshaber  aus  den  kämpfen 
gegen  Antiochos  Hierax  und  die  Gallier  geweiht  haben.  Conze 
schrieb:  'Enr/n^t^  xai  ol  ijys^öte^  hu),  dtQur^joi^,  Urlichs  aiija- 
7[/]oÖ7ra  wohl  druckfehler  für  atoar[t<y)7ai] ,  was  aber  auch 
nicht  begründet  wird.  —  Von  den  kriegsthaten  Eumenes'  IL 
(des  erbauers  des  großen  altars,  wie  Conze  eben  durch  verglei- 
chung  der  buchstabenformen  erkannt  hat)  wird  der  feldzug  ge- 
gen Nabis  (195  v.  Chr.)  in  mehreren  inschriften  erwähnt.  Auf 
die  theilnahme  am  kriege  gegen  Antiochos  DIL  von  Syrien  be- 
zieht sich  ein  denkmal,  das  die  achäischen  hilfstruppen  dem  At- 
talos ,  dem  bruder  des  königs  und  späterem  könige  Attalos  IL, 
gesetzt  haben;  die  inschrift  (Urlichs  n.  17)  nennt  als  anlaß  der 
Widmung  tijv  tv  Avbla  7tuqu  top  0gvyim  noTa^ov  ftajpjp,  die 
Schlacht  bei  Magnesia.  —  In  einer  weihinschrift  Attalos'  IL  wird 
ein  feldzug  erwähnt,  dessen  richtung  unklar  bleibt,  da  die  rechte 
seite  des  Steines  zerstört  ist.  Urlichs  (n.  18)  schließt  sich  der 
vermuthung  von  Conze  an ,  der  dieses  denkmal  auf  den  kämpf 
gegen  Prusias  (IL)  von  Bithynien  bezogen  hat. 

Den  Schluß  der  Sammlung  bilden  die  künstlerinschriften, 
großentheils  kleine  fragmente,  an  denen  p.  26  ein  nach  3  gene- 
rationen  geordnetes  Verzeichnis  der  pergamenischen  künstler  her- 
gestellt und  durch  das,    was  an  notizen  über    die   personen  der 


90  18,  Homeros.  Nr.  2. 

künstler  anderweitig  bekannt  war,  erläutert  wird.  Beachtens- 
werth,  wenn  auch  wohl  nicht  sicher,  ist  die  p.  23  vorgeschlagene 
Verbesserung  zu  Plinius  34,  90  (19,33):  Simon  canem  et  sagittarium 
fecit,  Stratonicus  caelator  ille  philosophos ,  scopas  uterque.  Urlichs 
schreibt  als  vorletztes  wort  scyphas,  so  daß  beiden  künstlern 
neben  ihrer  thätigkeit  als  erzbildner  die  Verfertigung  silberner 
becher  zugeschrieben  wird.  Paul  Cauer. 


18.  AugustFick,  die  homerische  Odyssee  in  der  ursprüng- 
lichen sprachform  wieder  hergestellt.    Göttingen  1883.    8.  330  p. 

Es  galt  bis  vor  kurzem  als  eine  allgemein  anerkannte,  fast 
möchte  ich  sagen  selbstverständliche  thatsache ,  daß  die  spräche 
der  homerischen  dichtungen  mit  ihrem  ungewöhnlichen  formen- 
reichtum  nicht  der  genaue  reflex  eines  zur  zeit  des  dichters  von 
seinen  landsleuten  gesprochenen  epichoren  dialektes,  sondern 
eine  kunstsprache  sei,  basiert  zwar  auf  dem  fundamente  des 
altionischen  dialektes,  aber  durchsetzt  mit  mannigfachen  alter- 
thümlichen  und  fremdländischen  dementen,  den  producten  einer 
langjährigen,  von  den  Aeoliern  zu  den  Ioniern  gewanderten 
sangesübung.  Die  erscheinung  selbst  erregte  im  hinblick  auf 
verwandte  Vorkommnisse  der  litteratur  nicht  derartiges  befrem- 
den, daß  man  an  ihr  irgendwie  zu  rütteln  gewagt  hätte.  Man 
hat  nur  bei  fortschreitender  erkenntnis  immer  mehr  den  gedan- 
ken,  als  ob  die  homerische  spräche  aus  allen  möglichen  dialekten 
gemischt  sei  und  außer  den  bezeichneten  dementen  auch  noch 
dorische  enthalte ,  zurückzudrängen  und  den  kreis  der  äolischen 
formen  in  engere  grenzen  zu  ziehen  gesucht.  Den  Standpunkt, 
den  so  die  Wissenschaft  bis  vor  kurzem  allein  anerkennen  zu 
müssen  glaubte,  hat  am  besten  Hinrichsin  dem  trefflichen  buche, 
De  Homericae  elocutionis  vestigiis  aeolicis  Berlin  1875,  ausgespro- 
chen oder  vielmehr  festgestellt.  Danach  wurden  viele  dem  spä- 
teren ionismus  fremde  sprachformen ,  wie  namentlich  das  di- 
gamma,  der  altgriechischen  spräche  überhaupt  vindiciert  und 
die  äolismen  wesentlich  auf  das  gebiet  der  formelhaften ,  aus 
einer  älteren  periode  äolischen  gesanges  vererbten  Wendungen 
beschränkt.  So  stand  die  sache  bis  vorkurzem,  da  kam  im  vorigen 
jähre  der  berühmte  Verfasser  des  Wörterbuches  der  indogermani- 
schen sprachen,  Aug.  Pick  und  schlug  in  einem  artikel  der 
beitrage    zur   künde    der  indogermanischen  sprachen  einen  ganz 


Nr.  2.  18.  Homeros.  91 

neuen  weg  der  erklärung  der  formenmischung  in  Homer  ein. 
Die  versuche  Bentleys  und  Bekkers  in  die  homerischen  gedichte 
das  digamma  einzuführen  wurden  als  unwissenschaftliche  halb- 
heiten  verworfen;  wer  den  einen  äolischen  buchstaben  einführe, 
müsse  auch  den  muth  haben  dem  Homer  die  äolischen  formen 
überhaupt  zurückzugeben ;  die  älteren  lieder  des  Homer  seien 
ursprünglich  ganz  im  äolischen  dialekt  gedichtet  worden  und 
seien  erst  später,  nachdem  das  geschlecht  der  Homeriden  aus 
dem  äolischen  Smyrna  nach  dem  ionischen  Chios  übergesiedelt 
sei,  aus  dem  äolischen  ins  ionische  übertragen  worden.  Zur 
probe  wurde  dort  die  erste  hälfte  des  ersten  gesanges  der  Ilias 
in  die  vermeintliche  grundform  zurückübersetzt.  Jenem  aufsatz, 
der  durch  die  ingeniöse  neuheit  seiner  gedanken  überraschte  und 
auch  mich  wie  ein  zweites  ei  des  Columbus  anfangs  sprachlos 
zu  machen  schien ,  ist  jetzt  als  supplementband  der  Bezzenber- 
ger'schen  beitrage  ein  ganzes  buch  gefolgt.  In  demselben  gibt 
der  verf.  nach  einer  orientierenden  einleitung  p.  1 — 36  die  vier 
von  Kirchhoff  angenommenen  alten  bestandtheile  der  Odyssee, 
den  alten  nostos,  die  räche  des  Odysseus ,  den  jüngeren  nostos, 
hier  mit  kläglicher  spracharmuth  'OSvaaecog  voatog  im  gegensatz 
zum  voatog  'OSvaaeeoc  genannt,  und  die  Telemachie  in  der  vor- 
ausgesetzten äolischen  urform.  Auf  dieselbe  läßt  der  heraus- 
geber  eine  besprechung  der  jüngeren,  weniger  umfangreichen 
bestandtheile  der  Odyssee  folgen  ,  welche  die  zusammenfügung 
der  vier  alten,  ehedem  selbständigen  epen  zur  heutigen  Odyssee 
und  deren  abschluß  durch  die  letzten  anderthalb  gesänge  ent- 
halten sollen.  Von  diesen  nimmt  Fick  an,  daß  sie  von  vorn- 
herein in  dem  ionischen  mischdialekt  und  zwar  von  dem  Home- 
riden Kynaithos  aus  Chios  um  ol.  29  gedichtet  seien  und  gibt 
dann  als  probe  jener  künstlichen  sprachform  den  Schluß  der 
Odyssee  und  den  Hymnus  auf  den  delischen  Apollo.  Am  Schlüsse 
steht  noch  ein  ausblick,  der  uns  nach  einer  äolischen  Odyssee 
auch  noch  eine  äolische  Ilias  und  einen  altthessalischen  Hesiod 
in  aussieht  stellt ,  von  welch  letzterem  uns  vorerst  eine  probe 
aus  Theog.  453—498  und  886—926  geboten  wird. 

Den  eindruck,  den  die  erwähnte  erste  abhandlung  Ficks 
auf  mich  machte,  gebe  ich  am  besten  mit  den  worten  wieder, 
welche  ich  vor  dreivierteljahr  in  den  prolegomenis  meiner  dem- 
nächst erscheinenden  Iliasausgabe  niedergeschrieben    habe:    hanc 


92  18.  Homeros.  Nr.  2. 

sententiam  non  magis  ingeniöse  excogitatam  quam  subtiliter  proiatam 
cum  primum  perlegerem,  me  prorsus  obstupef actum  esse  ingenue  fa- 
teor ;  sed  cum  paullatim  animum  revocassem ,  multa  ei  obstare  et 
cardines  eius  facile  effringi  posse  cognovi.  Die  zweite  größere  arbeit 
Ficks,  die  ausgäbe  der  Odyssee,  bat  mich  weit  kälter  gelassen, 
nicht  als  ob  sie  weniger  blendende  geistesblitze  enthielte  oder 
weniger  durch  originelle  auffassung  und  lichtvolle,  des  gelehrten 
ballastes  entbehrende  darstellung  besteche ;  aber  der  hauptinhalt 
wirkte  auf  mich  nicht  mehr  mit  dem  reize  der  neuheit,  machte 
vielmehr  sofort  auf  mich  den  eindruck,  daß  der  verf.  damit  der 
todtengräber  seiner  eigenen  idee  werde.  Wie  dieses?  ich  war 
von  jeher  mit  den  meisten  litteraturhistorikern  der  meinung,  daß 
dem  ionischen  Homer  eine  ältere  äolische  Vorstufe  des  helden- 
gesanges  vorausgegangen  sei,  und  theilte  keineswegs  die  ansieht 
meines  jungen  freundes  Sittl ,  der  in  einem  aufsatz  des  Philolo- 
gus  bd.  XLIII  p.  1  ff.;  die  äolismen  der  homerischen  spräche,  den 
äolischen  hintergrund  der  trojanischen  sage  und  der  homerischen 
poesie  überhaupt  zu  leugnen  gewagt  hat.  Bei  dieser  meiner 
anschauung  verschloß  ich  mich  nicht  von  vornherein  dem  ge- 
danken,  daß  möglicher  weise  die  ältesten,  in  die  Ilias  aufgenom- 
menen lieder,  wie  die  vom  Zweikampfe  des  Paris  und  Menelaos 
und  der  aristeia  Agamemnonos,  noch  in  äolischem  dialekte  könn- 
ten gedichtet  gewesen  sein.  Aber  nun  will  Fick  auch  die  Odys- 
see, welche  doch  den  abschluß  der  Ilias  bereits  voraussetzt,  noch 
der  periode  des  äolischen  epos  zuweisen.  Ja  er  beschränkt  diese 
annähme  nicht  einmal  auf  den  ältesten  kern  der  Odyssee,  den 
nostos  Odysseos ,  sondern  läßt  auch  die  junge  Telemachie ,  ja 
selbst  die  Theoklymenosepisode  ursprünglich  äolisch  gedichtet 
sein.  Was  bleibt  denn  da  von  den  homerischen  dichtungen 
noch  übrig?  Kaum  ein  fünftel  und  dieses  eine  fünftel  sollte  die 
vier  anderen  fünftel  zu  sich  hinübergezogen  haben,  trotzdem  es 
an  dichterischem  werthe  weit  mehr  noch  als  an  umfang  densel- 
ben nachstand  ?  Widerspricht  das  nicht  allen  naturgesetzen  ? 
Kann  man  dazu  auch  nur  ein  analogon  aus  der  übrigen  litte- 
ratur  anführen?  Läßt  sich  nicht  umgekehrt  nachweisen,  daß 
die  Griechen  an  der  ursprünglichen  form  der  werke  ihrer  meister 
mit  heiligem  respecte  festhielten,  so  daß  selbst  der  Böoter  Pin- 
dar  im  wesentlichen  den  dorischen  dialekt  seiner  Vorgänger  bei- 
behielt  und   die   spartanischen  Dorer   beim  bivouac   die  kriegs- 


Nr.  2.  18.  Homeros.  93 

lieder  des  Tyrtaios  in  ionischer  spräche  sangen  ?  Und  wie  will 
man  es  bei  Ficks  hypothese  erklären,  daß  Hesiod,  dessen  va- 
ter  aus  dem  äolischen  Kyme  nach  dem  äolischen  Böotien  ausge- 
wandert war,  sich  gleichwohl,  wenigstens  nach  der  einstimmigen 
Überlieferung,  des  ionischen  dialektes  Homers  bediente ,  daß  die 
delphische  priesterin  stets ,  soweit  unsere  nachrichten  zurückrei- 
chen, ionisch  redete,  daß  der  um  ol  11  lebende  korinthische 
dichter  Eumelos  seine  genealogischen  epen  in  homerischem,  sein 
lyrisches  prosodion  in  dorischem  dialekte  dichtete?  Oder  soll 
hier  wirklich  überall  spätere  umdichtung  vorliegen  ?  und  unter 
welchen  einflüssen  soll  jene  gewaltige  revolution,  von  der  die 
geschichte  kein  Sterbenswörtchen  meldet,  vorgegangen  sein?  Es 
ist  sonst  nicht  üblich  recensionen  in  ausrufen  zu  schreiben,  aber 
gegenüber  einer  so  ungeheuerlichen  theorie  muß  es  auch  einmal 
erlaubt  sein  an  die  gesunde  Vernunft  und  die  natürlichen  Ver- 
hältnisse zu  appellieren. 

Aber  Fick  wird  auf  solche  ausrufe  nicht  hören ,  er  sagt 
schon  im  voraus  p.  319:  „auf  Widerspruch  bin  ich  gefaßt,  ich 
werde  denselben  jedoch  so  lange  unberücksichtigt  lassen,  bis  es 
gelungen  ist  eine  andere  plausible  erklärung  für  die  beiden 
thatsachen  zu  finden,  daß  die  äolische  form  im  Homer  der  ent- 
sprechenden ionischen  metrisch  nicht  gleichwerthig  ist  und  daß 
die  von  einer  vernünftigen  kritik  für  jünger  erklärten  partien 
der  Odyssee  von  festen  ionismen  wimmeln  (?),  während  dieselben 
den  älteren  theilen  fast  völlig  fehlen  oder  sich  doch  leicht  be- 
seitigen lassen".  Die  metrisch  gleichstehenden  formen,  wie  Motu« 
und  Mnüou,  tj/xura  und  apiara  ,  innovg  und  inaovg,  neqievyotsg 
und  necf.vryoTsg,  ovgavuv  und  opcßroi-,  ßovXtjv  und  ßölXav  sollen 
also  bei  der  controverse  ganz  außer  betracht  bleiben  ,  es  sollen 
nur  die  metrisch  verschiedenen  formen,  wie  nareu  und  pci.G7eu, 
antintfisv  und  unnpemifiev ,  ij^ti^  und  u/jfisg ,  i/xtug  und  vfifxs, 
TZrtfTHidj'  und  naaüwr,  noo'v7vxps  und  nooervxpe,  ovtag  und  iovrag 
in  die  wagschale  fallen.  Man  beachte  von  vornherein ,  um  sich 
nicht  leichtfertig  im  garne  des  gegners  fangen  zu  lassen ,  die 
weise,  wie  Fick  die  ganze  Streitfrage  formuliert.  Danach  bieten 
ganze  verse,  ja  was  sage  ich  verse?  ganze  seiten  keinen  anhalts- 
punkt  zur  entscheidung  nach  der  einen  oder  anderen  seite ;  un- 
ter so  bewandten  umständen  will  dann  aber  sehr  viel  das  eigene 
eingeständnis  des  verf.  p.  318  bedeuten,  wonach  jenes  wimmeln 


94  18.  Homeros.  Nr.  2. 

von  ionismen  auf  folgende  bescheidene  grenzen  reduciert  wird : 
„die  9000  verse  des  älteren  bestandes  sind  zwar  von  festen  io- 
nismen nicht  völlig  frei,  dieselben  sind  jedoch  fast  immer  durch 
leichte  und  einleuchtende  änderung  zu  beseitigen ;  dagegen  ent- 
halten die  ca.  3000  verse  der  jüngeren  partie  nahezu  300  feste 
ionismen,  welche  sich  in  den  allermeisten  fällen  auch  nicht  durch 
conjectur  beseitigen  lassen".  Thatsächlich  läuft  aber  die  über- 
wiegende mehrzahl  der  anstände  auf  die  Vernachlässigung  des 
digammas  hinaus ,  dreht  sich  also  der  angelpunkt  der  contro- 
verse  um  die  alte  Streitfrage ,  ob  nicht  in  den  jüngeren  partien 
der  homerischen  poesie  das  digamma  einiger  Wörter,  wie  sxaarog 
oh.oii  ühog  unfh  seine  volle  kraft  bereits  eingebüßt  oder  doch 
einzubüßen  begonnen  habe.  Als  pure  albernheit  wird  man  aber 
doch  diese  annähme  nicht  bezeichnen  dürfen,  sintemal  kein  laut 
in  keiner  spräche  urplötzlich  über  nacht  verschwindet,  sondern 
erst  allmählich  den  platz  räumt. 

Sodann  sollen  die  partien  mit  festen  ionismen  dieselben 
sein ,  welche  auch  die  vernünftige  kritik  für  jünger  erklärt. 
Dieser  satz  hat  schon  seine  großen  haken ;  Fick  ist  nämlich  in 
den  fragen  der  composition  der  Odyssee  ganz  in  den  anschau- 
ungen  Kirchhoff's  befangen.  Die  vielen  kritiker  also ,  die  von 
einer  ehemaligen  selbständigen  Stellung  der  Telemachie,  von  der 
späteren  zudichtung  des  1.  gesanges  a  44 — 444,  von  dem  hö- 
heren alter  der  Nekyia  nichts  wissen  wollen,  die  staunend  fra- 
gen ,  wie  ein  radikaler  anhänger  der  zusammenfügungstheorie 
die  selbst  von  Kammer,  Einheit  d.  Od.  563  ff.,  verworfene  Theo- 
klymenosepisode  o  222 — 282  zu  dem  alten  bestand  der  Odyssee 
rechnen  konnte,  werden  die  Übereinstimmung  der  neuen  Weisheit 
Ficks  mit  den  alten  resultaten  der  Homerkritik  nur  mit  großen 
einschränkungen  zugeben  können. 

Aber  wir  wollen  den  heiklen  streit  der  Homerfrage  ganz 
beiseite  lassen  und  uns  lediglich  an  die  von  Fick  selbst  gebo- 
tene Unterscheidung  der  beiden  partien  der  Odyssee,  der  älteren 
äolischen  und  der  jüngeren  ionischen  halten,  da  werden  wir  nun 
bei  näherem  zusehen  bald  inne,  daß  Fick  die  ohnehin  so  kleine 
zahl  unterscheidender  merkmale  nur  dadurch  gewonnen  hat,  daß 
er  einerseits  eine  reihe  von  versen  lediglich  aus  sprachlichen 
gründen,  also  seiner  theorie  zulieb,  verwarf,  und  daß  er  andrer- 
seits in  seinen  äolischen  Homer  eine  unzahl  von  metrischen  un- 


Nr.  2.  18.  Homeros.  95 

geheuerlichkeiten  einführte.  Zum  erweis  der  richtigkeit  der  er- 
sten meiner  behauptungen  hat  Fick  selbst  p.  305 — 318  das 
material  zusammengetragen.  Es  finden  sich  unter  den  dort  ver- 
zeichneten einlagen  allerdings  mehrere  verse,  die  schon  früher, 
freilich  zum  großen  theil  erst  von  Kirchhoff  verdächtigt  worden 
waren  und  in  der  that  nicht  vom  alten  dichter  der  Odyssee  her- 
rühren können.  Auch  gestehe  ich  gerne  zu,  da  ja  auch  ich  wie 
jeder  Homerkritiker  bei  der  athetese  den  unhomerischen  Wörtern 
und  formen  ein  großes  gewicht  beilege,  daß  Fick  einige  weitere 
von  Kirchhoff  belassene  verse,  wie  y  480,  e  54,  |  228,  mit 
recht  aus  sprachlichen  gründen  obelisiert  hat.  Aber  an  vielen 
stellen  muß  ich  entschieden  als  patron  für  die  von  Fick  seinem 
phantom  zulieb  verworfenen  verse  einstehen.  Es  genüge  zwei 
fälle  herauszuheben.     In  der  stelle  £  121  ff.: 

üjc  fifv  hr    ' SittQMDp'   t)sm   Qo8o8äntvXog  '//cot,*, 

tocpQ«   ol  rjyaaads  &soi  Qtia   ^coovzsg, 

soog  uiv  sp   OgTvyit]  ^ovaoÜQOvog    Agtsuig  ayvi] 

oig  nyavotGi  ßsXeöOiv   &noi%ou£vrj  'Aarsnscprtv. 

mg  d'  onör"1    IaGimvi  ivnXoxitfjtog  /JqfirjTijQ 

qp  &Vf.i(p  si^aaa  (*iytj  (piXoTijTt  um  svvrj 

tsim    in   tQinoXm'   ov8s   8qv  rjsv  aavotog 

Zsvg,  og  fuv  xazsTtscpvs  ßaXmv  agyr^zi  xenuvvw 
verwirft  Fick  die  verse  123 — 4  ?<ag  .  .  xarsnsqipev]  aber  jeder 
sieht  ein ,  daß  dann  nicht  blos  der  nach  roq>na  zu  erwartende 
gedanke  fehlt,  sondern  auch  der  schöne  parallelismus  der  beiden 
durch  je  4  verse  vertretenen  beispiele  gestört  wird,  so  daß, 
wenn  dann  in  der  that  der  einsilbige  gebrauch  von  mg  nicht 
zu  dulden  ist,  das  verfahren  Naucks,  der  statt  die  zwei  verse 
herauszuwerfen ,  den  eingang  des  ersten  emendiert ,  weit  mehr 
billigung  verdient.  In  der  Telemachie  wird  sodann  von  Fick 
die  ganze  partie  y  36 — 64,  wo  so  außerordentlich  hübsch 
die  dienstfertigkeit  des  jungen  Nestoriden  gegenüber  den  an- 
kommenden fremden  geschildert  wird ,  kurzweg  verworfen,  trotz 
der  untadeligen  Schönheit  der  verse  und  der  in  Iloaeidamvi 
avuKti ,  o'vvsxd  ol  ngorsQTj ,  zä8s  Sgya  liegenden  anzeichen  hö- 
heren alters.  Anstoß  bot  gewiß  Fick  nur  die  gegen  seine 
lehre  verstoßende  Vernachlässigung  des  digammas  in  f/sv  ri8?og 
o'ivov,  Ssnug  qSt-'og  oi'vov  (auch  in  der  Thebais  fr.  2  Kink.) ;  aber 
um  der  sache  ein   mäntelchen  umzuhängen,    fügt  er  hinzu,   das 


96  18.  Homeros.  Nr.  2. 

emblem  sei  zur  Verherrlichung  des  gleichnamigen  ahnherrn  des 
tyrannen  Peisistratos  gedichtet,  als  ob  jener  Peisistratos  nicht 
noch  wiederholt  im  3.  und  4.  gesang  in  versen  vorkomme,  wel- 
chen auch  Fick  nichts  anzuhaben  vermochte.  Gegen  ein  so 
leichtfertiges  verfahren  der  athetese  kann  nicht  entschieden  ge- 
nug Verwahrung  eingelegt  werden. 

Auf  der  anderen  seite  hat  Fick,  um  seine  theorie  durchzu- 
führen, einestheils  in  den  jüngeren  partien  aus  einer  reihe  von 
stellen,  in  denen  das  digamma  noch  position  macht  oder  den  Zu- 
sammenstoß zweier  vokale  hindert,  durch  textesänderungen  die 
bedeutung  des  äolischen  lautes  zu  eskamotieren  versucht,  und 
andrestheils  in  den  älteren  parfien  durch  einführung  der  äolischen 
formen  den  vers  geradbrecht.  So  schreibt  er  <o  250  asinskt 
'iaaai  statt  des  überlieferten  aeixea  eooai  und  gibt  co  278  der 
Variante  yvvaixag  afii^niag  tgya  iSviug  den  Vorzug  vor  der 
durch  concinnität  des  ausdrucks  empfohlenen  yvvaixag  anv^ova 
sgya  iSvCag,  blos  um  den  ionismen  in  diesem  gesange  eingang 
zu  verschaffen.  So  läßt  er  umgekehrt  in  seinen  äolischen  par- 
tien wiederholt ,  wie  in  i'ega  pge^av  a  61 ,  zotavza  ye  pgf^oi  a. 
47 ,  digamma  cum  liquida  keine  position  machen ,  wiewohl  selbst 
muta  cum  liquida  selten  bei  Homer  den  vorausgehenden  vocal 
kurz  lassen;  so  läßt  er  einen  kurzen  schlußvocal  vor  einer  muta 
dutzendmal,  wie  in  äpps  xazanuvtfAav  ß  244,  appe  pekneai  noii 
8(6(AaTa  £  297,  ßaXe  3'  im  Stg^a  8  440,  ov8s  p8sg  X  162,  lang 
gebraucht  sein,  wiewohl  diese  freiheit  nach  den  sorgfältigen  Un- 
tersuchungen Harteis  dem  Homer  entweder  ganz  abzusprechen 
oder  doch  in  engste  grenzen  zu  ziehen  ist;  so  vermehrt  er  mit 
seinen  äolismen  die  zahl  der  anstößigen  hiaten ,  wie  zavza  fisv 
ovx  'tippe  tu  Xiaao/xai  ß  210,  ntggätyv  appe,  uXXa  n  319,  wiewohl 
ihm  sonst  hiaten  als  zeichen  jüngeren  Ursprungs  gelten.  Nimmt 
man  noch  hinzu  die  willkühr,  mit  der  Fick  durch  einführung 
der  form  sonev  an  den  ihm  bequemen  stellen  den  hiatus  vor 
sinn  zu  entschuldigen  sucht,  die  taschenspielerkunst,  mit  der  er 
durch  Verdoppelung  des  nachfolgenden  consonanten  die  unfor- 
men  8iÖa&&i  [xa^sd/jifjisvov  xXiizze  ztöiäazzog  zu  rechtfertigen  oder 
vielmehr  einzuführen  weiß,  die  geringschätzung  der  leser,  mit  der 
er  denselben  formen,  wie  eivxopQg  Z318  aufzutischen  wagt,  und 
man  wird  einsehen ,  was  die  paar  hundert  fälle ,  wo  die  äoli- 
schen partien  die  ionischen  und  die  ionischen   die  äolischen  for- 


Nr.  2.  18.  Homeros.  97 

men  nicht  gestatten,  zu  bedeuten  haben.  Wollte  überhaupt  Fick 
uns  für  seine  neue  lehre  gewinnen,  so  mußte  er  einen  ganz  an- 
deren weg  einschlagen,  so  mußte  er  die  methode  befolgen,  wel- 
che in  geradezu  musterhafter  weise  Nauck  für  derartige  fragen 
der  homerischen  kritik  vorgezeichnet  hat.  Statt  einfach  an  einer 
stelle  die  contrahierten  formen  yij  'EQfjt7tg  z'cog  dem  alten  Homer 
abzusprechen  ,  ohne  auch  nur  mit  einem  worte  anzudeuten ,  ob 
die  betreffende  form  auch  noch  an  anderen  stellen  vorkomme, 
mußte  er  alle  stellen,  die  gegen  seinen  kanon  sprechen ,  zusam- 
menstellen und  sich  mit  allen  sei  es  durch  athetese,  sei  es  durch 
emendation  abzufinden  suchen.  Dann  hätte  sich  eher  und  leich- 
ter der  leser  über  die  Wahrscheinlichkeit  des  aufgestellten  ge- 
setzes  ein  urtheil  bilden  können ;  so  vernehmen  wir  z.  b.  zu  X 
304  nur  den  machtspruch  'der  vers  enthält  die  unhomerische 
form  yijg  für  das  homerische  yalag\  statt  daß  wir  erfahren,  daß 
die  contrahierte  form  auch  noch  0  24,  r/J  64,  1  482,  v  232,  q  237 
überliefert  ist,  und  auf  die  oder  jene  weise  dort  beseitigt  werden 
könne.  Das  war  die  methode,  mit  der  philologen  bisher  immer 
derartige  dinge  behandelt  haben  und  von  der  wir  auch  die  lin- 
guisten  nicht  zu  entbinden  willens  sind.  Dann  würde  man  z.  b. 
gleich  wissen ,  was  man  von  der  Wahrscheinlichkeit  der  lesung 
Ficks  ?Cg  d^/tog,  zig  yuia,  tivsg  ßgorol  syyeydaai  gegenüber  der 
natürlichen  Wortfolge  in  der  überlieferten  fassung  zig  yq,  zig  8?/- 
fing,  rCvsg  «reges  fyysydaoiv  zu  halten  habe. 

Die  sachlichen  Verhältnisse ,  welche  Fick  zur  begründung 
seiner  hypothese  anführt,  sind  nach  seiner  eigenen  meinung  ge- 
genüber den  sprachlichen  irrelevant.  Von  ihnen  halte  ich  weit- 
aus für  das  bedeutendste  den  p.  323  gelieferten  nachweis,  daß 
das  Städtchen  Bolissos  in  Chios ,  wo  die  sage  den  Homer  sich 
aufhalten  ließ,  von  Ephoros  eine  nöhg  aioUxrj  genannt  wurde. 
Im  übrigen  hat  Fick  vieles,  was  seiner  ansieht  von  einem  smyr- 
näischen  Homer  ungünstig  war ,  einfach  übergangen ,  wie  z.  b. 
daß  der  v.  404  ff.  geschilderte  eultus  des  Poseidon  Helikonios 
offenbar  mit  der  Verehrung  des  Poseidon  Helikonios  im  Panio- 
nion  (Her.  I.  148)  zusammenhängt,  und  daß  die  Schilderung  von 
der  über  dem  meere  aufgehenden  sonne  W  227  und  Q  13 'deut- 
lich, worauf  Bergk,  Griech.  lit.  p.  451  hingewiesen  hat,  auf  einen 
inselbewohner  oder  einen  bewohner  des  westlichen  Griechenlands 
hinweist.     Ganz  verkehrt  aber  ist  es,  wenn  Fick  p.  326  in  den 


98  19.  Pindaros.  Nr.  2. 

Lykiern  des  Sarpedon  und  Glaukos  eine  spur  äolischen  Ursprungs 
der  homerischen  gedichte  sieht.  Gerade  das  gegentheil  ist  wahr, 
da  nach  Herodot  I  147  mehrere  königshäuser  Ioniens  ihr  ge- 
schlecht auf  den  Lykierkönig  Glaukos  zurückführten. 

Ich  hätte  noch  manches  auf  dem  herzen,  wie  z.  h.  daß  es 
in  einem  Leo  Meyer  gewidmeten  buche  doppelt  befremdet,  wenn 
nur  ein  anlautendes ,  nicht  auch  ein  inneres  digamma  angenom- 
men und  geschrieben  wird,  daß  bei  unserer  Unkenntnis  der  von 
Herodot  I  115  bezeugten  unterschiede  des  ionischen  dialektes 
es  unstatthaft  ist ,  aus  der  spräche  der  schriftsteiler  und  in- 
schriften  von  Ephesos  und  Milet  auf  die  spräche  von  Chios, 
und  gar  auf  die  spräche  von  Chios  im  9.  Jahrhundert  zu  schlie- 
ßen, daß  man  bei  besprechung  der  äolischen  idyllen  des  Theo- 
krit  doch  nicht  so  thun  darf,  als  habe  man  nie  etwas  von  den 
freiheiten  der  Hermannischen  basis  gehört,  daß  man  doch  bei 
der  deutung  der  verse  14 — 18  des  Hymnus  auf  den  delischen 
Apollo  die  schweren  bedenken ,  welche  von  den  angesehensten 
kritikern  gegen  die  ächtheit  der  verse  vorgebracht  wurden,  nicht 
so  einfach  mit  stillschweigen  übergehen  oder  durch  eine  unwahr- 
scheinliche Versetzung  stillschweigend  beseitigen  darf,  daß  Fick 
durch  vergleichung  der  stellen  Hesiod  scut.  91  und  II.  T  118 
mit  glänzendem  Scharfsinn  die  lesart  AJ1TEMENON  als  die 
ältere  anstatt  der  überlieferten  tßizofxijvop  erwiesen  hat.  Aber 
ich  breche  lieber  die  ohnehin  übermäßig  lang  gewordene  recen- 
sion  ab ,  einerseits  weil  ich  weder  lust  noch  fähigkeit  habe  die 
äolischen  exercitien  Ficks  zu  corrigieren ,  andrerseits  weil  ich 
nicht  durch  anpreisung  der  vielen  scharfsinnigen  und  anregenden 
bemerkungen  Ficks  und  durch  billigung  mehrerer  von  ihm  em- 
pfohlenen formen,  wie  'i'oöog  i'aaaai  qsavaa  uft/AÖtaaa  uygiov  uygi] 
anstatt  der  überlieferten  iaog  laaoi.  qäta  ))rt/xötGca  uygiog  ijgtc 
meine  grundsätzliche  Opposition  gegen  den  hauptgedanken  des 
neuesten  bearbeiters  der  Odyssee  schwächen  will.         W.  Christ. 


19.  Lexicon  Pindaricum  composuit  Joannes  Kumpel. 
Lipsiae  (B.  G.  Teubner)  1883.     498  p.     8.     12  mk. 

Dieses  Lexicon  ist  von  zwei  (einem?)  referenten  im  Litera- 
rischen centralblatt  24.  nov.  1883  und  in  der  Deutschen  litera. 
turzeitung  29.  sept.  1883  nur  gerühmt  worden;  es  ist  lehrreich, 
beide  besprechungen  nachzulesen.     Das  lob  ist  völlig  unverdient; 


Nr.  2.  19.  Pindaros.  99 

denn  unsern  erachtens   dürfte  es  nicht  zu  hart,  nur  gerecht  sein 
die  Eumpelsche  arbeit  als  geradezu  werthlos  zu  bezeichnen. 

Prüfen  wir  den  beliebig  herausgegriffenen  buchstab  N  ge- 
nau (nur  bisweilen  aus  anderen  theilen  des  buches  einschlägiges 
material  heranziehend) ,  so  ergiebt  sich  folgendes : 

1.  Die  grundlegende  kritische  ausgäbe  von  Tycho  Mom ra- 
se n  ist  unbenutzt  geblieben  —  ein  umstand ,  der  ganz  allein 
schon  hinreichen  würde ,  um  das  buch  zu  entwerthen.  Zweimal 
erwähnt  Rumpel  den  namen  Mommsen  s.  v.  vöfiog ,  doch  hat  er 
das  aus  der  Bergk'schen  ausgäbe :  s.  v.  aivtco  steht  sogar  die 
Bergk'sche  vermuthung  ata&fiov.  Ebenso  steht  es  mit  den  be- 
treffenden citaten  in  anderen  buchstaben ;  vgl.  «g«,  fo'P.  4,179, 
twiaäsig,  o£og,  Tlv&eug.  Das  citat  s.  v.  Qtnoj  stammt  aus  Mez- 
gers commentar;  über  \xiv  s.   unten  sub   6. 

2.  Nach  welcher  ausgäbe  er  citiert,  giebt  verf.  nirgends 
an  ;  man  muß  es  also  erst  mühsam  ausfindig  machen  oder  statt 
des  citierten  verses  längere  stücke  durchsuchen  und  bei  Wörtern 
wie  de  auf  die  hülfe  des  lexikons  überhaupt  verzichten.  Ich 
habe  constatirt,  daß  Rumpel  die  fragmente  wohl  durchweg  aus 
Bergk  und  zwar  ed.  IV  entnimmt  und  daß  er  diesem  meistens 
auch  sonst  folgt;  doch  benutzt  er  offenbar  z.  b.  P.  4,  180  s.v. 
vuitKia  die  ausgäbe  von  Christ,  desgleichen  wohl  auch  tiva 
oikov  P.  7,  6  s.  v.  vacm ,  ferner  p.  5,  69  w  s.  v.  vaioo,  z.  1,36 
foeini'ixsiov  s.  v.  lavayia,  aber  z.  b.  wiederum  J.  5,  73  s.  v. 
NdL&og  nicht.  Bezeichnend  ist,  daß  unter  den  Add.  et  Corrj 
zwei  lesarten  Christs  eigens  nachgetragen  werden ;  wie  viel  hätte 
Rumpel  nachtragen  können!  —  Hat  man  das  Verhältnis  glück- 
lich entdeckt,  so  kommt  man  inmitten  der  vielfach  abweichenden 
verszählung  meistens  durch ;  dochj  steht  z.  b.  ratete  bei  Bergk 
nicht  0.  14,  2,  desgl.  vixag  nicht  J.  8,  4;  und  der  umstand, 
daß  die  Bergksche  Zählung  bisweilen  nur  in  klammern  zugefügt 
wird  z.  b.  von  J.  IV  ab  (aber  auch  0.  2  ,  78  s.  v.  väoog),  er- 
schwert die  benutzung  abermals.  Die  von  Bergk  beibehaltene 
doppelzählung  0.  10  (11)  und  0.  11  (10)  finde  ich  bei  Kumpel 
nicht;  0.  8,  78  schreibt  Bergk  xap  —  bei  Rumpel  fälschlich 
xri*   s.  v.   vofiog  und  narä,  u.  a.  m. 

3.  Zur  erklärung  hat  Rumpel  neben  dem  Dissenschen  com- 
mentar (erste  [vollendete]  ausgäbe  von  1830),  aus  welchem  er 
längere  stellen  (bisweilen  ausführlicher   als  nöthig  und  trotz  der 


100  19.  Pindaros.  Nr.  2. 

anführungsstriche  nicht  immer  wörtlich  —  cf.  s.  v.  vso-nziaroq, 
JVijgs'idsg,  Nslloa)  abdruckt,  fast  nur  die  (wie  die  ausgaben  von 
Christ  und  Bergk  bei  Teubner  erschienene)  erklärung  von  Mez- 
ger eingesehen;  überall  begegnen  uns  die  namen  Dissen  und 
Mezger,  auf  etwa  30  erklärungen  nach  Dissen  kommen  15  nach 
Mezger  neben  5  nach  Boeckh  —  wobei  ich  diejenigen  stellen 
in  anrechnung  bringe ,  wo  Rumpel  ohne  namennennung  Mezger 
benutzt  hat,  z.  b.  vava.  0.  12,  4,  vsm  0.  6,  15,  vöfiog  P.  2,  86. 
Mezger  zu  benutzen  ist  ja  freilich  bequem,  aber  gefährlich.  So 
tritt  selbst  Rumpels  bedenken  hervor  s.  v.  vaistda  P.  4,  180, 
vgl.  s.  v.  ünÜQ%o)  N.  4,46.  Meistens  aber  werden  uns  solche 
ohne  begründung  vorgebrachte ,  oft  älteren  nachweisen  entge- 
gentretende, alleinstehende  deutungen  Mezgers  neben  einer  an- 
deren erklärung,  oder  auch  für  sich  vorgeführt,  z.  b.  s.  v.  viv 
und  aäfitQov  P.  12,  29  (s.  schon  Gurlitt  dagegen),  desgl.  s.  v. 
viv  P.  8,  16,  s.  v.  töos  P.  6,  47,  vovoov  P.  4,  293  (also  etwa 
auch  epod.  12  von  wirklicher  heilkunst  ?)  •,  vgl.  &e\%av  N.  4,3, 
igvaaäfttvot  N.  9,  23,  argt/Jg  N.  5,  17,  dvn  Ö'sXvosv  N.  10,  90 
(s.  Böckh  z.  St.)  und  vieles  a.  m.  Auch  bekommen  wir  mit 
Vorliebe  Mezgersche  Übersetzungen  wie  s.  v.  «r^f'xet«  0.  10,  13 
„Zuverlässigkeit,  der  personificierte  credit'1,  s.  v.  snog  N.  9,  3 
„einen  sagensang",  s.  v.  a/itgfju  0.  2,  50  „samenwurzel",  s.  v. 
ganrög  N.  2  ,  2  „sänger  der  zeilengedichte",  s.  v.  htas  P.  4, 
217  „zaubergebete"  u.  a.  m.  Zu  P.  1,  95  werden  wir  belehrt, 
daß  voov  acc.  limitationis  ist;  vstnog  N.  6,  57  s.  v.  Ifinlntco 
heißt  „zu  schwerem  streit".  Mezgers  lesart  J.  7,  11  ff.  nach 
Oehlschläger  wird  in  zusammen  27  (!)  zeilen  unter  den  5  Wör- 
tern 8tifA,a,  na^Tkoo^'y  fisgifiva,  nagoi'jfpfAai,  navco  vorgeführt;  un- 
ter jm«V  (wo  es  am  richtigsten  wäre)  fehlt  die  betreffende  bemer- 
kung.  —  Unter  uqovqü  und  Xsigiog  wird  Friederichs  genannt, 
unter  UQ%d  Leutsch,  unter  Evßvfievtjc  v.  Leutsch  et  Eauchenstein 
(mit  genauer  Stellenangabe !),  unter  aldwg  Fennel,  unter  xogvqd 
Friese  u.  s.  w.  —  alles  das  stammt  aus  Mezger !  Woher  die  no- 
tiz  Th.  Fritzsche  s.  v.  egtca  stammt,  habe  ich  nicht  constatieren 
können.  Neben  Mezger  wird  Boeckh  selten  eingesehen,  gewöhn- 
lich nur ,  wenn  bei  Dissen  oder  Mezger  ein  specieller  hinweis 
auf  ihn  sich  findet ;  entstellt  ist  das  citat  s.  v.  väna. 

4.  Daß  in  dem  recht  zuverlässigen  Böckhschen  Index  voca- 
bulorum    (aus   welchem  man  übrigens  die  bei  Pindar  vorkom- 


Nr.   2.  19.  Pindaros.  101 

menden  flexionsformen  ebenso  gut  ersieht  wie  bei  Kumpel,  der 
sie  den  einzelnen  artikeln  meistens  vorausschickt)  vätog  P.  6,  4, 
vaieiv  N.  10,  84,  ru'xeog  fr.  245,  Ndtiog  fr.  23,  vüöog  fr.  139 
fehlen,  erklärt  sich  dadurch,  daß  der  Böckhsche  text  diese  Wör- 
ter nicht  bietet;  ausgelassen  ist  nur  P.  5,  71  truooav  und  (aus 
naheliegendem  misverständnis  wegen  des  druckes  p.  595)  fr.  102 
(70)  raonoloc.  —  Demgegenüber  fehlt  bei  Kumpel  fr.  115 
(81)  Nu^og ,  auch  hätte  fr.  52  s.  v.  Nsonzölifiog  aufgenommen 
werden  sollen;  s.  v.  vaög  mußte  auf  pdiog ,  s.  v.  pi»a  auf  vi-aTw 
P.  11,  16  verwiesen  werden.  Außer  stellen,  wo  accente  fehlen 
und  ähnlichen  geringfügigen  druckfehleru  notiere  ich :  p.  304  B 
7  lies  91;  p.  305  A  13  1.  haisv,  p.  306  A  43  fehlt  Ne.;  p. 
306  B  52  füge  binzu  (VIII  52);  p.  307  A  6  lies  VIII  46  statt 
VII  47:  p.  315  B  27  1.  Py.  VIII.  Sehr  übel  ist,  daß  N.  2,9 
viv.üv  (inf.  praes.)  unter  vixa  gerathen  ist. 

5.  Die  lexikographische  anordnung  stützt  sich  in  der  haupt- 
sache  auf  Passow,  den  ich  s.v.  laQÜocm  P.  11,  42  („sie  flat- 
tern zu  lassen"  Passow  et  Mezger)  citiert  finde.  Passows  ein- 
theilungen  sind  meistens  verkürzt  übernommen.  Belege :  roog 
1)  vis  cogitandi ,  2)  vis  sentiendi  (Kumpel)  =  1)  denkkraft,  2) 
empfindungsvermögen  (Passow);  ri/Aco  ,,I)  Act.  1)  distribuo ,  dis- 
penso,  2)  teneo,  gubemo,  rego;  2)  [rect.  II)]  Med.  1)  mihi  tributum 
teneo  atque  colo ,  2)  de  tempore:  dego"  (Kumpel)  =  ,,I)  Act.  1) 
austheilen ,  vertheileu ,  ...  3)  in  seiner  macht  oder  gewalt  ha- 
ben; daher  a)  besitzen,  haben,  innehaben,  b)  innehaben,  festhalten, 
dah.  auch  lenken,  leiten,  handhaben,  beherrschen,  regieren,  ver- 
walten; ....  II)  Med.  ...  2)  als  sein  zugetheiltes,  als  seinen 
antheil  oder  sein  rechtmäßiges  eigen thum  besitzen,  innehaben, .  . . 
c)  mit  einem  objekt  der  Zeitbestimmung:  hinbringen"  (Passow). 
Aehnlich  turn],  »c'//o?,  röazoc,  vooror  u.  s.  w.  Auch  die  Trennung 
von  vifiquog  und  tpjiqsiog  stammt  aus  Passow;  indes  ist  m.  e. 
P.  3,  16  vvfxqr/.äv  zu  lesen  (nicht  ,,var.  Ti>iicpi8iai"  mußte  Kum- 
pel (nach  Bergk)  zufügen,  sondern  ,,mss.  vt)y,t$$iai/"\.  Warum 
(von  Passow  abweichend)  raotcü7ag  zuerst  als  adj.,  dann  als  pro 
subst.  angeführt  wird,  ist  unerfindlich.  Wo  Passow  im  stiche  läßt, 
kommen  bisweilen  die  abenteuerlichsten  dinge  vor ,  wie  väaog 
nach  den  inselnamen  Aegina ,  Khodus  etc.  nebst  Elysium ,  der 
artikel  vuvg  in  Argo  und  nicht-Argo  zerlegt  wird.  —  Neben- 
bei ist  augenscheinlich  die  interpr etatio  latina  Böckhs  be- 
Philol.  Anz.  XIV.  8 


102  20.  Piaton.  Nr.  2. 

nutzt,  daher  z.  b.  vsoaiya2og  novus  splendidus  que.  —  Von  ver- 
werthung  der  lexikographischen  arbeiten  über  Homer  oder  der 
vorzüglichen  Synonymik  J.  H.  H.  Schmidts  u.  s.  w.  oder  über- 
haupt von  durcharbeitung  des  materials  bemerke  ich  nichts. 

6.  Der  recensent  des  Literarischen  centralblatts  hat  beson- 
ders rühmend  „die  zu  knappen  monographien  ausgearbeiteten 
nachweise  über  partikeln  wie  dt'  xai  re"  erwähnt.  Ich 
habe  keine  neigung  verspürt,  gerade  die  angeführten  zu  prüfen, 
nachdem  ich  an  den  einfacheren ,  aber  immerhin  ähnlichen  ar- 
tikeln  über  viv  (fi.iv)  und  vvv  (vvv)  genug  gehabt.  Den  aufsatz 
von  Mommsen  über  viv  in  Jahns  jahrbb.  83,  44  kennt  Kumpel 
trotz  Bergk  zu  0.  4,  16  nicht;  wenn  Eumpel  s.  v.  fiw  N.  5, 
38,  N.  3,  39,  0.  3,  28  aufführt,  so  mußte  er  auch  0.  7,  59, 
P.  1,  51,  0.  9,  32  beibringen;  die  zusammenfassende  schlußbe- 
merkung  ist  falsch,  weil  fr.  231  (Mommsen  fr.  152)  bei  Momm- 
sen ebenfalls  viv  steht,  während  fiiv  bei  Bergk  offenbar  fiüchtig- 
keit  ist,  und  weil  Eumpel,  wenn  er  N.  5,  38  ausnimmt,  dann 
auch  P.  1,  51,  0.  3,  45  ausnehmen  mußte,  wo  Bergk  f/r/  hat. 
Noch  viel  weniger  ist  mit  der  Stellensammlung  über  vvv  und  vvv 
aufzustellen,  deren  einzelheiten  wir  hier  nicht  durchgehen  können. 

7.  Rumpels  kenntnis  von  fragen  pindarischer  syntax 
mag  ein  beispiel  zeigen.  Ueber  den  verkürzten  conj.  aor.  fin- 
det sich  s.  v.  ai>8äo3  die  bemerkung :  „adversatur  tarnen  Dissenius 
probante  Mezgero  corripuisse  Pindarum  vocales  negansil  •  s.  v.  8(o- 
Qsoa  „Boechhius  conjunctivum  esse  pro  dmo-itjoqTai  censet ,  futurum 
Dissenius,  cui  nunc  fere  omnes  assentiuntur"  ;  s.  v.  nuyvvfii  ähnlich, 
während  s.  v.  öafAOOfiai  ohne  weiteres  das  scholion  nai^ca^isv  und 
ayaycofisv  beigefügt  wird.  —  Aehnliches  läßt  sich  zu  re-xa<,  et, 
den  sämmtlichen  präpositionen  u.  a.  m.  beibringen. 

Vorstehendes  überhebt  uns,  weitere  einzelheiten  anzuführen, 
die  überreichlich  noch  zur  Verfügung  stehen ;  desgleichen  ist  es 
geboten ,  über  allerlei  äußerlichkeiten  keine  worte  mehr  zu  ver- 
lieren. Wir  bedauern  die  erfolglosigkeit  der  vom  Verfasser  und 
Verleger  aufgewandten  mühe  und  kosten.  L.  Bornemann. 

20.  G.  Schneider,  Piatos  auffassung  von  der  bestim- 
mung  des  menschen.     Gera  1883.     16  p.     4. 

Die  kleine  abhandlung  erörtert  in  besonnener  weise  jene 
schöne  gedankenreihe  des  platonischen  Phädon,  in  der  die  selb- 


Nr.   2.  21.   Dionysios  Thrax.  108 

ständigkeit  und  Selbstgenügsamkeit  der  reinen  geistesthätigkeit, 
und  somit  die  befreiung  der  seele  von  den  fesseln  des  leibes 
als  das  wahre  ziel  des  weisheitsbeflissenen  in  eindringlicher  und 
für  jeden  empfänglichen  ergreifender  darstellung  geschildert  wird. 
Kann  und  will,  wie  ich  glaube  ,  das  schriftchen  auch  nicht  den 
anspruch  erheben,  neiie  aufschlüsse  über  eine  stelle  zu  bringen, 
die,  so  umstritten  auch  ihre  bedeutung  für  den  Zusammenhang 
des  ganzen  dialogs  ist,  doch  für  sich  betrachtet,  wie  es  hier  der 
fall  ist,  kaum  einem  mißverständniß  räum  gibt,  so  würde  es  doch 
ein  au  geringes  lob  sein ,  wenn  man  bloß  anerkennen  wollte 
daß  nichts  falsches  und  den  gedanken  Piatos  trübendes  in  ihm 
enthalten  sei.  Denn,  meinem  gefühl  nach  wenigstens,  berührt 
wohlthuender  als  die  bloße  darlegung  des  gedankenganges  und 
gedankengehaltes  die  innere  antheilnahme  des  verfs.  an  der 
platonischen  denkweise ,  die  sich  in  der  abhandlung  von  anfang 
bis  zu  ende  ausspricht.  Man  fühlt  es  überall  durch ,  „seines 
geistes  hat  er  einen  hauch  verspürt".  Im  strengsten  siun  hat 
die  philologie  ihr  werk  gethan,  wenn  sie  das  leben  und  die  lit- 
teratur  der  alten  bis  zu  dem  überhaupt  erreichbaren  grade  hi- 
storischer gewißheit  klar  legt  und  uns  lebendig  vor  äugen  stellt. 
Allein  sie  würde  mehr  oder  weniger  ein  todtes  gelehrtenwerk 
sein  und  von  dem  glänze,  der  sie  umgibt,  nicht  wenig  einbüßen, 
wenn  sie  sich  nicht  fortdauernd  fruchtbar  erwiese  für  das  leben 
und  die  anschauungsweise  der  gegenwart.  Die  grundgedanken 
der  platonischen  weltansicht,  mögen  sie  bald  durch  diese,  bald 
durch  jene  tagesströmung  zurückgedrängt  werden,  ja  dauernd 
überwunden  und  beseitigt  scheinen ,  werden  doch  immer  wieder 
siegreich  sich  geltend  machen,  trotz  aller  dialektischen  schwächen 
und  mängel ,  die  das  System  unleugbar  hat  und  die  der  verf, 
wie  mir  scheinen  will,  nicht  überall  genügend  würdigt.  Möge 
denn  das  schriftchen ,  das ,  wie  durch  den  anlaß ,  —  es  ist  zur 
begrüßung  des  reußischen  herrscherpaares  bei  gelegenheit  seiner 
silbernen  hochzeit  verfaßt  —  so  durch  den  ton  der  ausführung  gleich 
erfreulich  ist,  sich  einer  wohlwollenden  aufnähme  bei  den  freun- 
den platonischer  Weisheit  erfreuen. 


21.     Zur  Wiederherstellung  des  ältesten  occidentalischen  com- 
pendiums  der  grammatik,  von  G.  Uhlig.     (Separat-abdruck  aus 

8* 


104  21.  Dionysios  Thrax.  Nr.    2. 

der  Heidelberger  festschrift  zur  36.  Versammlung  deutscher  phi- 
lologen  und  Schulmänner  in  Karlsruhe   1882.)     8. 

Diese  kleine  schrift  macht  es  sich  zur  aufgäbe ,  eine  orien- 
tierende einleitung  für  die  demnächst  erscheinende  ausgäbe  des 
Dionysios  Thrax  zu  geben  und  mittheilung  zu  machen  von  den 
grundsätzen,  welche  für  diese  ausgäbe  maßgebend  sein  mußten, 
sowie  von  den  mittein  und  wegen,  welche  zur  fixierung  des  tex- 
tes  eingeschlagen  worden  sind.  Zu  dem  zwecke  macht  verf.  in 
neun  abschnitten  uns  erstens  mit  der  handschriftlichen  Überlie- 
ferung bekannt,  zeigt  den  werth  der  beiden  ältesten  handschriften, 
eines  münchener  codex  saec.  IX  (trümmerhaft  erhalten)  und  eines 
aus  jenem  abgeschriebenen  cod.  leidensis  saec.  XI,  welcher  das  in 
ersterm  fehlende  ergänzt.  Zweitens  werden  die  scholien  in  um- 
fangreicherem maße  ausgenutzt,  als  das  bisher  geschehen  ist ;  be- 
sonders findet  die  citiermethode  der  scholiasten ,  die  eine  ver- 
werthung  derselben  für  restitution  des  textes  vielfach  erschwert, 
die  nöthige  beleuchtung  und  beachtung.  Drittens  wird  zum  er- 
sten male  die  armenische  Übersetzung  methodisch  ausgebeutet, 
wobei  zu  berücksichtigen  war ,  daß  der  Armenier  an  einzelnen 
stellen  allerdings  nicht  auf  der  techne  selbst,  sondern  auf  äl- 
teren erklärungen  derselben  fußt,  wofür  mehre  beweise  beige- 
bracht werden. 

Der  vierte  abschnitt  handelt  über  den  werth  der  syrischen 
Übersetzung,  welche  zur  controlle  des  Armeniers  dient,  wo  jener 
von  den  handschriften  der  techne  abweicht.  Dabei  folgt  dann 
der  nachweis,  daß  auch  der  Syrer  theilweise  auf  alte  erklärer 
zurückgeht.  Der  fünfte  behandelt  Zeugnisse  anderer  Schriftsteller 
(des  Sextus  Empiricus ,  Varro ,  Diomedes).  Im  sechsten  wendet 
verf.  sich  der  frage  zu,  ob  die  Überlieferung  bei  ihrer  großen 
mannichfaltigkeit  nun  auch  gewähr  für  die  entsprechende  Si- 
cherheit biete:  und  da  kommt  Uhlig  zu  dem  resultat,  daß 
die  oft  auf  recht  schwachen  fußen  steht,  indem  selbst  die  be- 
sten zeugen  „in  crassem  unsinn  übereinstimmen".  Dabei  be- 
merken wir  u.  a.  die  ausgezeichnete  emendation  löyog  8s  bgti 
Xegsrnv  awdsaig  8/avoiav  avioTsltj  StjXovaa  in  der  definition  des 
Xoyog,  §  13  bei  Bekker;  ebenso  die  feine  bemerkung,  daß  die 
fiht]  <s-t\y\ir\  erst  eine  erfindung  eines  spätem  grammatikers  ist. 
Ja  sogar  die  beispiele  haben  corruptelen  erlitten,  wie  p.  77  nach-  ' 
gewiesen  wird. 


Nr.   2.  22.  Florilegien.  105 

Gegen  eins  aber  müssen  wir  uns  erklären.  Wenn  (p.  77) 
unter  den  beispielen  der  iniQQ^fiaza  u&Qoiasag  uQÖrtv  beanstan- 
det und  dafür  ädoocoi;  gefordert  wird,;  so  ist  das  nach  unserni 
ermessen  etwas  zu  weit  gegangen.  Betrachten  wir  nämlich  die 
als  beispiele  angeführten  adverbia  mit  ihrer  form,  so  finden  wir 
nur  unter  den  imgo.  fAscorqTo.;  solche  auf  co»  ausgehende,  die 
von  adjectivstämmen  abgeleitet  werden ,  alle  übrigen  beispiele 
sind  von  verbalen  substantivischen  und  pronominalen  stammen 
mit  besonderer  endung  gebildet  oder  sogenannte  prototypa ,  und 
somit  würde  agdtjv  gan^  wohl  in  Übereinstimmung  stehen ,  wäh- 
rend das  vorgeschlagene  a&QOcag  seiner  form  wegen  an  dieser 
stelle  sicher  autfällig  sein  müßte. 

Ueberhaupt  aber  ist ,  wie  im  siebenten  abschnitt  nachge- 
wiesen wird,  eine  gewisse  Zurückhaltung  im  emendieren  geboten, 
wenn  man  anders  nicht  den  schriftsteiler  selbst  verbessern  will. 
Im  achten  abschnitte  bespricht  der  verf.  die  sogenannten  atona, 
deren  herkömmliche  Schreibung  er  verwirft,  weil  sie  ihre  exi- 
stenz  nur  der  byzantinischen  schulmeisterweisheit  verdanken, 
welche  diese  von  andern  ihrem  wesen  nach  verschiedenen  und 
nur  lautlich  gleichen  Worten  graphisch  zu  scheiden  suchte.  Fer- 
ner spricht  sich  Uhlig  für  die  Wiedereinführung  der  sogenannten 
interaspiration  aus,  für  die  Setzung  des  Spiritus  im  inlaut  zusam- 
mengesetzter Wörter.  Auch  die  interpunction  will  er  auf  der 
basis  der  lehre  des  Dionys  ändern  und  vereinfachen ;  ferner 
das  t  subscriptum  wieder  zu  einem  adscriptum  erheben ,  wie  es 
Dionysios  nachweislich  selbst  aufgefaßt  hatte.  Das  wird  vorläufig 
wohl  noch  etwas  fremdartig  aussehen,  ist  aber  in  einer  critischen 
ausgäbe  des  Dionysios  nur  consequent  und  durchaus  zu  billigen. 

Schließlich  behandelt  verf.  die  bekannte  definition  des  ver- 
bum,  die  er  folgendermaßen  emendiert:  Qqfiä  iazi  )>i%i$  unimzos 
'AaTijyögrjixu   atj/xuirovou. 

"Wir  begnügen  uns  mit  dieser  kurzen  inhaltsangabe  des 
schriftchens,  da  bei  der  sorgfältigen  art,  wie  Uhlig  arbeitet,  ein 
weiteres  schwierig  sein  dürfte.  Georg  Schoemann. 


22.  Festschrift  zur  begrüßung  der  in  Karlsruhe  vom  27. 
— 30.  September  1882  tagenden  36.  philologenversammlung,  ver- 
faßt von  den  philologischen  kollegen  der  Heidelberger  universi- 


106  22.  Fiorilegien.  Nr.  2. 

tat.     Freiburg  i.  B.    und  Tübingen  1882  ,  akademische  Verlags- 
buchhandlung von  J.  C.  B.  Mohr  (Paul  Siebeck.)    124  p.    gr.8. 

Inkalt :  I.  Die  Wiener  Apophthegmensammlung. 
Herausgegeben  und  besprochen  von  Curt  Wachs- 
in uth  p.  1 — 36.  II.  Zu  den  sogenannten  Proverbia  Alexan- 
drina des  Pseudo-Plutarch  (cod.  Laur.  plut.  80,  13).  Von  Fritz 
Scholl  p.  37—38.  (S.  ob.  bd.  XIII  p.  320).  III.  Zur  Wiederher- 
stellung des  ältesten  occidentalischen  compendiums  der  gramma- 
tik.  Von  G.  Uhlig  p.  59—86.  (S.  oben  p.  103).  IV.  Die  Pe- 
riochae  des  Livius.  Von  Karl  Zangemeister  p.  87 — 106.  (S.ob.  bd. 
XIII  p.  187).  V.  Bemerkungen  zur  Würzburger  Phineusschale. 
Von  F.  v.  Duhn.      Mit  2   abbildungen.     p.   107  —  124. 

C.  Wachsmuth,  der  rastlose  forscher  auf  dem  gebiete  der 
griechischen  Florilegienlitteratur,  hat  in  der  ersten  der  oben  an- 
gezeigten abhandlungen,  auf  welche  sich  die  folgende  besprechung 
beschränken  soll,  obwohl  auch  der  sonstige  inhalt  der  festschrift 
des  interessanten  und  beachtenswerthen  genug  bietet,  einen  neuen, 
werthvollen  beitrag  zur  erkenntniß  der  quellen  des  sogenannten 
Parallelenbuches  geliefert.  In  seinen  „Studien  zu  den  griechi- 
schen fiorilegien"  Berlin  1882,  die  ich  kürzlich  in  diesem  an- 
zeiger  Jahrg.  XIII  Suppl.-heft  1  p.  683 — 705  einer  ausführlichen 
besprechung  unterzogen  habe,  hatte  Wachsmuth  darauf  hinge- 
wiesen, daß  eine  nach  den  namen  der  autoren  alphabetisch  ge- 
ordnete Apophthegmensammlung  unzweifelhaft  dem  Verfasser  des 
Parallelenbuches  zur  quelle  gedient  habe1),  art  und  umfang  die- 
ser quelle  aber  sich  erst  dann  genauer  würden  bestimmen  lassen, 
wenn  gewisse  umfassende  Sammlungen  dieser  art  aus  dem  dun- 
kel der    bibliotheken   ans    licht   gezogen   wären 2).      Eine  solche 

1)  Die  benutzung  einer  gleichfalls  nach  autoren,  aber  ohne  alpha- 
betisches prinzip  geordneten  Sammlung,  die  insbesondere  auch  excerpte 
aus  Phaborinos  enthielt,  ist  durch  Freudenthals  Untersuchungen,  die 
sich  auf  mittheilungen  aus  einer  sylloge  des  cod.  Parisinus  1168  stü- 
tzen (Rhein,  mus.  35  p.  408  sqq.,  cf.  Wachsmuth  Studien  p.  131  sqq.) 
sichergestellt.  Die  bemerkung  in  meiner  oben  angeführten  besprechung 
p.  696  sq.,  diese  sylloge  sei,  wie  Freudenthal  darthue,  auch  von  Diogenes 
Laertius  in  umfassendster  weise  benutzt  worden,  beruht  auf  einem  miß- 
verständnisse.  Die  Sammlung  wird  von  Freudenthal  nur  hypothetisch 
als  quelle  des  Diogenes  angenommen,  während  das  schließliche  ergeb- 
niß  der  Untersuchung  dieselbe  vielmehr  umgekehrt  als  zum  theil  aus 
Diogenes  excerpirt  erscheinen  läßt. 

2)  Auf  eine  alphabetisch  geordnete  Sammlung  von  Sentenzen  und 
apophthegmen ,  die  sich  in  dem  Frobenschen  büchlein :  Scriptores  ali- 
quot gnomici  Basel  1521  befindet,  hatte  zuerst  wieder  Wachsmuth  in 
der  Satura  Saitypiana  aufmerksam  gemacht.  Ebenderselbe  hat  nun 
im  Rhein,  mus.  37  p.  506  sqq.    diese   sylloge   einer  genauen   prüfung 


Nr.  2.  22.  Florilegien.  107 

nun  ist  es ,  die  Wacksinuth  hier  aus  dem  Wiener  cod.  theol. 
CXLIX  Ness.  XCIII  Lainbec.  veröffentlicht.  Die  handschrift 
enthält  nämlich  nach  dem  1291  abgeschriebenen  commentar  des 
Niketas  zu  den  reden  Gregors  von  Nazianz  von  einer  nicht  viel 
späteren  band  eine  Sammlung  von  apopkthegmen ,  die  aus  zwei 
theilen  besteht,  einer  Zusammenstellung  von  männersprüchen  mit 
dem  titel:  anoyüiyiJiuza  y.ai  yim^ai  diu<fotjtt>v  (pi/.ooüqaiv  xuza 
Giot%ciov,  und  einer  viel  kürzeren,  welche  die  Überschrift  trägt: 
unoqtdijjj.atu.  yvvuixäv.  Diese  beiden  theile  haben  ,  obwohl  sie 
in  der  handschrift  durch  eine  ganz  fremdartige  Sammlung  von 
aussprüchen  des  Aristipp  u.  a.  3j  geschieden  sind  ,  offenbar  ur- 
sprünglich ein  ganzes  ausgemacht  und  geben  uns  eine  annä- 
hernde Vorstellung  von  jenem  umfangreichen  Apophthegmencor- 
pus ,  das  außer  den  philosophensprüchen ,  auf  welche  die  Über- 
schrift im  Vindobonensis  allein  hindeutet ,  moralische  aussprüche 
berühmter  könige,  feldherrn  und  redner,  sowie  eine  anzahl  sogen. 
jeXoio.  a7io<iüi-/luuza  enthielt.  Zwar  ist  diese  sylloge  in  unsrer 
handschrift  nur  in  sehr  verstümmelter  gestalt  erhalten  (wir  lesen 
von  den  männersprüchen  nur  solche,  die  mit  dem  buchstaben  A 
anfangen ,  und  dann  nach  einer  großen  lücke  solche ,  die  als 
anfangsbuchstaben  Z—  ß  haben) ;  aber  das  vorhandene,  im  gan- 
zen 190  nummern,  ist  noch  immer  reichhaltig  genug,  um  uns 
über  das  verhältniß  der  Sammlung  zu  dem  parallelenbuche  so- 
wohl wie  zu  dem  seit  50  jähren  bekannten,  aber  bisher  wenig 
ausgenutzten  florilegium  Monacense  (und  dem  ihm  völlig  parallel 
gehenden  flor.  Leidense)  sicheren  aufschluß  zu  geben.  Die  apo- 
phthegmen  der  parallela,  soweit  sie  nicht  aus  den  pseudoplutar- 
chischen  apophthegmata  oder  aus  Stobaeus  stammen,  lassen  sich 
in  so  zahlreichen  fällen  auf  unsre  Sammlung  zurückführen  ,  daß 
man  auch  für  die  noch  nicht  nachgewiesenen  oder  nicht  nach- 
weisbaren die  gleiche  provenienz  mit  um  so  größerer  Wahrschein- 
lichkeit wird  annehmen  dürfen,  als  auch  die  Wiener  Sammlung 
keineswegs  als  eine    vollständige    copie    des  ursprünglichen  cor- 


unterworfen  und  ermittelt,  daß  dieselbe  dem  cod.  Voss.  68  entnommen 
ist  und  nichts  enthält  als  einen  aus  Maximus,  und  zwar  einer  sehr 
reichhaltigen  recension  desselben,  gemachten  auszug,  so  daß  sie  aus 
der  reihe  der  oben  berührten  Apophthegmensammlungen  ganz  auszu- 
scheiden ist. 

3)  Aus  dieser  hat  Diels  im  Rhein,  mus.  29  p.  107    sqq.  zwölf  in- 
teressante Demiidea  publicirt. 


108  ■  22.  Morilegien.  Nr.   2. 

pus  anzusehen  ist,  wie  dies  die  vergleicliung  mit  dem  Flor,  mo- 
nacense  (Leid.)  lehrt.  Dieses  nämlich,  das  in  seinem  dritten  theile, 
wie  bereits  Diels  erkannt  hat,  einen  sehr  kärglichen  auszug  aus 
der  ursammlung  enthält,  bietet  doch  in  den  vergleichbaren  par- 
tien  (A  und  2 — ß)  sogar  zwei  stücke,  die  im  VS.  (=  Vindo- 
bonensis)  fehlen,  darunter  auch  einen  Alexanderspruch  (156),  den 
Maximus  unter  mehreren  unzweifelhaft  auf  unsere  quelle  zu- 
rückgehenden apophthegmen  desselben  königs  anführt. 

Zu  diesen  auseinandersetzungen  Wachsmuths  habe  ich  fol- 
gendes hinzuzufügen :  Die  parallelstellen  aus  Maximus  und  An- 
tonius sind  bei  Wachsmuth  nicht  ganz  vollständig  verzeichnet. 
Der  ausspruch  des  Cheilon  nr.  158  findet  sich  bei  Maximus  12 
p.  572  Comb.  (=  Arsen  p.  189  Walz)  mit  dem  lemma  Demo- 
sthenes,  die  erste  hälfte  von  dem  diktum  des  Pittakos  bei  Max. 
6  p.  192,  36  Eib.  (cf.  die  tabelle  in  Wachsmuths  „Studien"  p. 
120)  und  Ant.  I,  24  als  ausspruch  des  Nikokles  (ebenso  bei 
Apostolius  V  98  a  Deutsch).  Nr.  122  (Hyperides)  kehrt  wieder 
bei  Maximus  6  p.  550,  freilich  nicht  in  der  form  eines  apo- 
phthegmas,  sondern  als  eine  dem  Epiktet  zugeschriebene  gnome, 
die  offenbar  der  Demokrito-epiktetischen  Sammlung  entnommen 
ist  (cf.  Gnom.  Byzant.  166  bei  Wachsmuth  Studien  p.  193). 
Vgl.  auch  nr.  55  mit  Gnom.  Byzant.  253,  nr.  72  mit  Gnom.  By- 
zant. 98.  Wie  in  diesen  letzteren  fällen  der  Verfasser  der  pa- 
rallelen ein  apophthegma  übergangen  hat,  weil  er  die  in  ihm 
enthaltene  sentenz  schon  aus  anderweitiger  quelle  aufgenommen 
hatte,  so  sind  auch  manche  aussprüche,  die  bereits  aus  Stobaeus 
excerpirt  waren,  nicht  aus  dem  Apophthegmencorpus  wiederholt 
worden.  Sicher  gilt  dies  für  nr.  9,  47,  51,  181  und  wohl  auch 
80  (Aristoteles),  wo  das  dem  Parallelenbuche  und  Stobaeus  gemein- 
same, vom  VS.  abweichende  lemma  Kleanthes  sich  kaum  an- 
ders erklären  läßt.  An  anderen  stellen  ist  die  herkunft  aus 
Stobaeus  zwar  möglich,  bleibt  aber  zweifelhaft,  weil  das  betref- 
fende apophthegma  in  der  Wiener  Sammlung  nahezu  in  dersel- 
ben form  wie  bei  Stobaeus  überliefert  ist.  S.  z.  b.  nr.  97,  98, 
128.  Da  nun  ohne  zweifei  dem  Verfasser  des  Parallelenbuchs 
oder,  genauer  ausgedrückt,  dem  excerptor  des  Stobaeus,  der  die 
unmittelbare  quelle  der  parallelen  bildete  (Wachsmuth  Studien 
p.  160)  die  Sammlung  des  Stobaeus  in  weit  vollständigerer  fas- 
sung  als  uns  vorlag,  so  ist  es  nicht  unwahrscheinlich,    daß  ein- 


Nr.   2.  22.  Florilegieu.  109 

zelne  aus  der  zahl  der  noch  unbelegten  ausspräche  bei  Maxiinus 
und  Antonius  verloren  gegangenen  abschnitten  des  Stobaeus 
entnommen  sind. 

Auf  der  andern  seite  könnte  es  auflallend  erscheinen ,  daß 
kaum  zwei  fünftel  der  Wiener  Sammlung  im  Parallelenbuche 
aufnähme  gefunden  haben,  wobei  die  ausspräche  der  frauen  nicht 
einmal  mitgezählt  sind ,  da  sie  mit  ausnähme  eines  apophtheg- 
mas,  dessen  provenienz  indes  nicht  sicher  ist4),  im  Parallelen- 
buche gar  nicht  vertreten  sind.  Hierbei  ist  aber  zu  bedenken, 
daß  nicht  wenige  dicta,  besonders  solche  von  feldherrn  und  kö- 
nigen,  sowie  die  große  mehrzahl  der  witzworte  zur  aufnähme  in 
eine  Sammlung  moralischer  Sentenzen ,  wie  das  Parallelenbuch, 
ungeeignet  waren.  Auch  scheint  in  den  fällen,  wo  die  Apo- 
phthegmensammlung  mehrere,  sei  es  einem  und  demselben,  sei  es 
verschiedenen  Verfassern  beigelegte  ausspräche  nahezu  identi- 
schen oder  doch  sehr  ähnlichen  inhalts  enthält,  oft  nur  einer  der- 
selben vom  Verfasser  der  parallelen  ausgezogen  zu  sein ;  vgl. 
nr.  16  und  134,  20  und  30,  7  und  Mon.  210.  Wenn  die 
Wiener  Sammlung  vollständig  vorläge,  würde  sich  sicherlich  eine 
noch  weit  größere  zahl  solcher  fälle  anführen  lassen. 

4)  Es  ist  dies  nr.  184,  die  sich  bei  Max.  13  p.  575,  18  und  Flor. 
Laur.  p.  240 ,  3  M.  wiederfindet ,  aber  dort  an  stelle  der  im  VS.  ste- 
henden wörte:  tl  /uiv  yvrjGioi  aov  tlciv  die  stark  abweichende  lesart: 
3i  jxtt>  fifi&KQot  daiv  bietet,  die  offenbar  aus  tl  f^iv  fxhqtoi  daiv  bei  Diog. 
Laert.  2,  34,  corrumpirt  ist.  Nun  darf  man  freilieh  nicht  an  Diogenes 
als  quelle  der  parallelen  denken ;  aber  nichts  hindert  uns  anzuneh- 
men, daß  dasselbe  apophthegma  in  dem  vollständigen  corpus  bereits 
unter  dem  namen  Sokrates  stand  und  aus  jener  stelle  in  das  Paxal- 
lelenbuch  übergegangen  ist;  eine  annähme,  die  dadurch  an  Wahr- 
scheinlichkeit gewinnt,  daß  wir  es  hier  mit  einem  aussprach e  des  So- 
krates, nicht  der  Xanthippe  zu  thun  haben,  und  daß  bei  Maximus  wie 
im  Flor.  Laur.  in  der  that  das  apophthegma  statt  mit  aav&inntjg  mit 
2ü)xouTr}g  beginnt.  Uebrigens  ließe  sich  der  umstand,  daß  die  yvvui- 
y.wv  änoy&iyfiara  im  Parallelenbuche  keine  aufnähme  gefunden  haben, 
leicht  durch  die  annähme  erklären,  es  hätte  diese  partie  dem  exeerp- 
tor  überhaupt  nicht  vorgelegen,  wie  dieselbe  ia  auch  im  Vindobonensis 
räumlich  von  den  männersprüchen  getrennt  ist.  Auch  der  Schreiber 
des  zuerst  von  Ritschi  veröffentlichten  Gnomologium  Vindobonense 
(ospusc.  I.  p.  560  sqq.;  Mein.  ed.  Stob.  flor.  IV  p.  290  sqq.)  hat  ver- 
niuthlich  die  männersprüche  unsrer  Sammlung  abgetrennt  von  den 
frauensprüch'en  vor  äugen  gehabt.  Wenigstens  scheint  mir  das  vor- 
kommen der  beiden  Orionsprüche  am  anfang  des  Gnom.  Vindobonense 
und  zwar  genau  in  derselben  fassung,  wie  sie  in  unserm  VS.  am 
ende  der  männersprüebe  (nr.  163  und  164;  nr.  165  ist  ohne  zweifei 
späteres  einschiebsei)  stehen,  daraufhinzuweisen,  daß  in  der  hand- 
schrift,  aus  der  das  Gnom.  Vindobonense  abgeschrieben  ist,  letztere 
Sammlung  sich  unmittelbar  an  unsere  männersprüche  anreihte. 


110  22.  Florilegien.  Nr.   2. 

Was  das  verhältniß  unsres  codex  zum  Flor.  Monacense  bez. 
Leidense  betrifft,  so  zeigt  die  vergleichung  der  sich  entsprechenden 
partien  in  beiden  Sammlungen  auf  den  ersten  blick ,  daß  wir 
hier  in  Wahrheit  nur  verschiedene  recensionen  einer  und  dersel- 
ben Sammlung  haben ,  die  in  so  auffallenden  corruptelen  über- 
einstimmen, wie  die  von  Wachsmuth  hervorgehobene  :  ioivoörfQov 
bez.  ioivt)öratov  statt  des  bei  Stobaeus  überlieferten  rpy^ouiegov 
(Mon.  166  =  VS.  79),  oder  wie  das  verkehrte  top  im  Mon. 
258  =  VS.  129  ,  für  welches  Meineke  mit  recht  iömv  oder 
6q<öv  vermuthet.  An  einigen  stellen  wird  auch  durch  VS.  die 
lesart  des  Monacense  bestätigt.  So  kann  es  jetzt  nach  VS.  128 
nicht  mehr  zweifelhaft  sein ,  daß  in  dem  ausspruche  Philipps 
Mon.  259  zu  lesen  ist:  Iva  TiQoatQrjtai  pev  naXa.  aal  &sia}  qjmvri 
de  uv&Qwnit>ri  xQtjzui,  und  daß  Meineke  und  Cobet  mit  unrecht 
die  im  Monacense  und  bei  Stobaeus  überlieferten  Schlußworte,  ge- 
stützt auf  das  corrupte  cpoonjaei  bei  Antonius  und  Maximus  ,  in 
cpoovrj  de  av&gäniva  verändert  haben,  eine  conjektur,  die  sich 
freilich  von  vornherein  wenig  empfiehlt ,  indem  sie  den  offenbar 
in  dem  spruche  ausgedrückten  gegensatz  von  gedanken  und  Wor- 
ten völlig  verwischt,  cf.  Georgides  p.  53  ed.  Boiss. :  'AQiarori- 
Xovg  •  Xeyeiv  fxev  del  wg  oi  nolkoC-,  votiv  de  dog  vi  aoqioi.  Zur 
sache  vgl.  noch  Ps.-Plut.  apoph.  Phil.  16  und  Cic.  Off.  2,  48. — 
Andrerseits  finden  sich  auch  nicht  wenige  abweichende  lesarten, 
die  oft  zur  feststellung  des  textes  der  ursammlung  von  werth 
sind.  Namentlich  wird  Monacense  mehrfach  durch  VS.  ergänzt  und 
verbessert.  So  erhält  die  durch  ihre  lückenhaftigkeit  räthsel- 
hafte  sentenz  Mon.  159  ,  die  zwar  schon  durch  Leid.  149  er- 
gänzt wird,  doch  erst  durch  VS.  13  ihre  rechte  fassung  und  be- 
ziehung  zu  der  im  Monacense  vorhergehenden  (cf.  Wachsmuth  p.  35). 
Aus  VS-  147  ergiebt  sich  ferner,  daß  Mon.  263  statt  ovg  — 
rovrovg  zu  schreiben  ist:  o'lovg  —  Towvtovg.  Daß  Mon.  266  das 
überlieferte  rpilovvza  verkehrt  sei ,  ergab  sich  schon  früher  aus 
exe.  VS.  2  (Mein.  Stob.  fi.  IV  p.  290)  und  wird  jetzt  durch 
VS.  164  bestätigt.  In  der  bereits  angeführten  sentenz  259 
bietet  ebenfalls  VS.  128  das  richtige,  nämlich  Kala  xctl  &eia  (cf. 
Stob.  flor.  48,  21),  während  wir  im  Monacense  ta  xalä  mit  aus- 
lassung  von  &eia  lesen.  Das  treffendste  beispiel  aber  einer 
durch  VS.  zu  heilenden  verderbniß  bietet  Mon.  258 ,  wo  es 
heißt:    <T>ilm7iog  zov  (Mein.  OQär  oder  tdoo* ,  s.  o.)  nluvoiov  xat 


Nr.  2.  22.  Florilegien.  111 

änaidevzov  scpijas  „nXoizog  TzeQirjQyvQCopevog".  Dasselbe  apo- 
phthegma  lautet  im  VS.  129:  (PiXtnnog  zbv  nlovaiov  y.ul  unui- 
dsvzov  thai  s(pi]ös  Qvnov  nHQiijQyvntopiivov.  Nauck  wollte  im  Mo- 
uacense schreiben :  nijXog  obzog  ntQiriQyvym^hog  ;  aber  es  ist,  wenn 
mau  die  fassung  des  aussprucbs  bei  Theo  Progymn.  p.  97,  20 
Sp.  vergleicht,  klar,  daß  die  ursprüngliche  fassuug  folgende  ist: 
(pClianog  iSoov  (öyäv)  nlovaiov  aal  unuideviov  scpijas  „Qvnog  ob- 
zog 7iEQii]QyvQG)fJLivo$u.  Vgl.  Menander  Monost.  469:  Qvnog  ywq 
niqv/.Ev  r}.QyvQ«>(Asrog.  Das  im  VS.  hinzugefügte  thai  beruht 
ebenso  wie  die  Verwandlung  des  nominativs  in  den  accusativ 
und  die  dadurch  bedingte  auslassung  von  abzog  auf  einer  con- 
jektur,  die  der  Schreiber  des  VS.  vermuthlich  schon  in  der 
ihm  vorliegenden  recension  gefunden  hat,  da  auch  Maximus  in 
allem  mit  VS.  übereinstimmt.  Es  ergaben  sich  aber  diese  än- 
derungen  als  nothwendige  consequenz  der  corruptel  iöv  für 
töcor,  welche  bereits  in  den  dem  VS.  wie  dem  Monacense  (Leid.) 
zu  gründe  liegenden  archetypus  eingedrungen  war.  —  Aber  auch 
der  umgekehrte  fall,  daß  Monacense  das  richtige  aufbewahrt  hat 
und  VS.  aus  ihm  zu  verbessern  ist,  tritt  mehrmals  ein.  So  hätte 
VS.  63  Wachsmuth  aus  Mon.  163  (Leid.  155)  und  D.  Laert.  1, 
105  nokXov  statt  nollöjv  in  den  text  setzen  sollen.  Im  VS. 
89  lautet  Aesops  antwort:  fx/j  \aov  ib  tL8og ,  äXX'  elg  zbv  rovv 
no6ö£%£.  Auch  hier  bietet  Mon.  167  (Leid.  157)  das  richtige: 
fxtj  tiov  zw  e'idsi,  ttXXa  tm  va>  nnoatys,  während  Antonius  und 
Maximus  sowie  noch  drei  andere  von  Wachsmuth  zu  der  stelle 
angeführte  Gnomologien  sich  an  VS.  anschließen.  Es  ist  dies 
ein  neues,  zu  vielen  anderen  hinzukommendes  indicium  dafür, 
daß  die  im  Parallelenbuche  benutzte  recension  des  Apophtheg- 
mencorpus  dem  VS.  viel  näher  stand  als  dem  Monacense.  Vgl. 
den  kritischen  apparat  Wachsmuths  zu  VS.  12,  62,  63,  79, 
128,  129,  135,  164.  Genauer  indes  wird  sich  das  Verhältnis 
zwischen  VS.,  Monacense  und  der  dem  excerptor  der  parallelen 
vorliegenden  handschrift  erst  dann  feststellen  lassen,  wenn  die 
große  lücke  des  VS.  aus  anderweitigen  quellen   ausgefüllt  ist. 

Ich  wende  mich  zu  Wachsmuth's  bemerkungen  über  den 
Vindobonensis  zurück.  Weitaus  die  meisten  stücke  der  Samm- 
lung erscheinen  in  der!  fassung  von  apophthegmen ,  die  weni- 
gen, die  eine  solche  vermissen  lassen,  theils  reine  sentenafön 
(ohne  ein  vorgesetztes  ö   8nrn  ecpij  oder  ähnliches),  theils  poeti- 


112  22.  Florilegien.  Nr.   2. 

sehe  eklogen,  sind  sämmtlich  vou  Wachsmuth  mit  demselben 
rechte  als  spätere  zusätze  bezeichnet  worden,  wie  dies  umgekehrt 
mit  den  versprengten  apophthegmen  im  Gnomol.  Byzantinum  ge- 
schehen ist5)-  Am  werthvollsten  unter  diesen  einschiebsein  ist 
die  unter  nr.  136-141  verschlagene  partie  eines  poetischen 
Florilegiums ,  von  der  vier  Sentenzen  sich  als  euripideisch  nach- 
weisen lassen  und  auch  die  beiden  anderen  mit  großer  Wahr- 
scheinlichkeit von  Waclismuth  demselben  dichter  beigelegt  wer- 
den. Ich  bemerke  noch ,  daß  von  allen  diesen  Zusätzen  sich 
weder  bei  Antonius  noch  bei  Maximus  irgend  eine  spur  findet 
(142  steht  zwar  bei  Maximus  26  p.  610,  33,  aber  als  ein  apo- 
phthegma  des  Zenon,  das  sicher  nicht  dieser  stelle  entnommen  ist), 
was  ebenfalls  auf  späteren  Ursprung  derselben  hinweist.  Ganz 
dasselbe  gilt  von  den  4  (3)  in  den  Monaceuse  (Leidense)  einge- 
schobenen Sentenzen,  von  denen  Mon.  254  und  255  allerdings 
im  Parallelenbuche  wiederkehren,  aber  ohne  zweifei  dort  aus  dem 
Gnom.  Byzant.  229  u.  27  herrühren,  die  im  Mon.  267  enthal- 
tene gnome  bei  Max.  11  p.  566,  38  aus  einer  Sammlung  plu- 
tarchischer  Sentenzen  stammt  und  Mon.  255  meines  wissens  im 
Parallelenbache  überhaupt  nicht  vorkommt. 

In  betreff  der  reihenfolge  der  echten  apophthegmen  führt 
Wachsmuth  aus,  daß,  wenn  auch  innerhalb  der  namen  mit  dem- 
selben anfangsbuchstaben  eine  weitere  alphabetische  Ordnung 
nicht  beabsichtigt  ist,  doch  alle  denselben  namen  tragenden  aus- 
sprüche  gewiß  ursprünglich  auch  zusammengeschrieben  waren, 
und  daß  demnach  die  ausnahmen,  die  die  Wiener  handschrift 
aufweist,  auf  zufälliger  und  späterer  Verwirrung  beruhen.  Dies 
wird  durch  eine  reihe  signifikanter  beispiele  erläutert,  zu  denen 
ich  noch  folgende  hinzufüge.  Nr.  47  dürfte  wohl  aus  den  Bias- 
sprüchen  unter  die  Antagorea  versprengt  sein  (vgl.  noch  Arsen, 
p.  148  W.).  Ob  auch  nr.  48  auf  Bias  zu  beziehen  ist,  wie 
Wachsmuth  zweifelnd  fragt,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden.  Nr. 
87,  durch  o  avrog  den  Aristidessprüchen  angereiht,  gehört  si- 
cher dem  Aristoteles,  wie  die  von  Wachsmuth  übersehene  paral- 

5)  Ich  kann  den  einwendungen  Freudenthals  (Deutsche  litteratur- 
zeitung  1882  p.  1416  sq.)  gegen  dieses  verfahren  Wachsmuths  nicht 
beipflichten.  Es  handelt  sich  hier  weniger  um  den  inneren  unter- 
schied zwischen  apophthegma  und  gnome,  als  um  ein  rein  äußerli- 
ches Unterscheidungszeichen.  Jede  gnome  erhält  eben  dadurch  die 
form  eines  apophthegmas,  daß  ihr  ein  6  dilva  f'gr»?  vorgesetzt  wird. 


Nr.  2.  22.  Florilegien.  118 

leisteile  Diog.  Laert.  5,  19  zeigt.  Uebrigens  kehrt  die  darin 
enthaltene  sentenz  im  Gnom.  Byz.  224  wieder.  Der  zweite  der 
beiden  dem  Timotheos  zugeschriebenen  spräche  (114)  wird  Mon. 
246  unter  einer  reihe  von  Sokratessprüchen  angeführt,  was  ver- 
muthen  läßt,  er  sei  im  VS.  nur  aus  irrthum  dem  Timotheos 
in  den  mund  gelegt  worden.  Vielleicht  gilt  dasselbe  von  dem 
ersten  apophthegma  des  Timotheos  (113),  das  ganz  im  charakter 
der  zahlreichen  unter  dem  Damen  des  Sokrates  gehenden  und 
häufig  von  Stobaeus  citirten  ö,uoica^azu  gehalten  ist.  Verdäch- 
tig erscheint  noch  (Iid(6Ticoi  (131),  da  dem  bei  den  späteren 
gnomologen  beliebten  miniographen  sonst  nur  dichterische  Sen- 
tenzen beigelegt  zu  werden  pflegen  (cf.  Wachsmuth  Studien  p. 
122  sqq.)  und  überdies  das  hier  citirte  witzwort  nach  Athenaios 
dem  Stratonikos,  nach  einer  von  Wachsmuth  übersehenen  stelle 
des  Diog.  Laert.  (1,  104)  aber  dem  Anacharsis  gehört.  Hinzu- 
kommt, daß  das  vorhergehende  apophthegma  (130),  gleichfalls 
ein  witzwort,  offenbar  zu  unrecht  den  namen  des  Philistion  trägt 
und,  wie  Wachsmuth  erkannt  hat,  für  Philemon  in  anspruch  zu 
nehmen  ist.  Nr.  150,  welche  lautet:  Xaßgiag  igonijüstg,  no- 
Tttfiog  7(3  yevei,  sq>rj  „xoa/ioysvrjg'1,  weist  Wachsmuth  durch  einen 
parenthetischen  zusatz  dem  Chrysippos  zu ,  doch  wohl  nur  des- 
halb ,  weil  das  diktum  dem  Chabrias  allzu  wenig  angemessen 
erscheint  und  die  ausspräche  des  letzteren  in  der  handschrift 
unmittelbar  auf  die  chrysippischen  folgen;  denn  die  sonstige 
Überlieferung  führt  nirgends  auf  Chrysippos,  sondern  legt  die- 
selbe antwort,  freilich  in  anderer  und  vielfach  wechselnder  form 
(y.oafAoyzitjg  im  VS.  ist,  wie  es  scheint,  ein  ("na^  eioijijf'vov),  bald 
dem  Sokrates  (Plut.  Mor.  p.  600  F.  Cic.  Tusc.  5,  108)  bald 
dem  Diogenes  (cf.  Lukian  ßieav  nnäaig  c.  S  und  Epiktet.  Diss. 
1,  9,  1),  bald  dem  Demokrit  (fr.  225)  oder  auch  dem  Theodo- 
ros  (Diog.  L.  2,  99)  oder  Aristipp  (Xenoph.  Mem.  2,  1,  13) 
bei.  Aber  gerade  bei  dieser  bunten  manuigfaltigkeit  der  anga- 
ben dürfen  wir  um  so  unbedenklicher  Chrysippos  substituiren 
und  eben  diesem  dann  wohl  auch  nr.  148  vindiciren ,  wo  das 
Parallelenbuch  nach  dem  Zeugnisse  von  drei  bearbeitern  das 
lemma  Xgvainnov  bietet.  Ob  auch  151  den  Chrysippeis  zuge- 
rechnet werden  muß ,  lasse  ich  mit  Wachsmuth  dahingestellt. 
Schließlich  sei  noch  auf  die  echt  byzantinische  corruptel  ^Vnia- 
xag  für  YLnza^ög    in    den    beiden   zwischen    die  Chilonea    einge- 


114  22.  Florilegien.  Nr.   2. 

fügten  apophthegmen  nr.  159  und  160  aufmerksam  gemacht, 
die  um  so  auffälliger  ist ,  als  der  unverfälschte  Pittakos  wahr- 
scheinlich  ebenfalls  in  dem  urcorpus  vertreten  war ;  vgl.  die  im  : 
Mon.  237  zwischen  einem  ausspruch  des  Plato  und  einem  des 
' PcofAilo*  stehende  anonyme  sentenz ,  die  ursprünglich  sicherlich 
den  namen  des  Pittakos  trug,  dem  sie  nach  Diog.  L.  1,  78 
gehört. 

Darf  man  die  bisher  erwähnten  irrthümer  mit  ziemlicher 
gewißheit  oder  doch  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  auf  rechnung 
späterer  redaktoren  oder  abschreiber  der  Apophthegmensammlung 
setzen,  so  bleibt  es  in  anderen  fällen  zweifelhaft,  ob  die  falsche 
autorschaft  auf  einem  späteren  versehen  oder  auf  ursprünglicher 
fehlerhafter  anordnung  des  Sammlers  beruht.  So  paßt  der  spruch 
nr.  85  offenbar  nicht  auf  Äristides,  wohl  aber  auf  Demetrios 
Phalereus,  von  dem  ihn  in  der  that  Diog.  L.  5,  82  (die  stelle 
fehlt  bei  Wachsmuth)  anführt.  Eine  entscheidung  läßt  sich  hier 
schwer  treffen.  Dagegen  ist  es  bei  dem  apophthegma  des  An- 
tisthenes  nr.  97,  das  ursprünglich  dem  Simonides  gehört  (cf. 
Stobaeus  91,  31,  dessen  quelle  Aristot.  Ehet.  2,  16  p.  1391a  8 
ist),  dann  aber  auch  dem  Aristipp  als  antwort  auf  eine  frage  des 
tyrannen  Dionysios  beigelegt  wurde,  ganz  klar,  daß  die  irrthüm- 
liche  und  eben  wegen  der  beziehung  auf  Dionysios  unangemes- 
sene Übertragung  auf  Antisthenes  älteren  Ursprungs  ist,  da  sich 
dieselbe  nicht  nur  im  Parallelenbuche,  sondern  auch  bei  Stobaeus 
3,  46  findet.  Vermuthlich  geht  der  vorhergehende  spruch  des 
Antisthenes  (96),  in  dem  gleichfalls  Dionysios  als  Unterredner 
erscheint,  auch  auf  Aristipp  zurück. 

Uebrigens  herrscht  auch  in  derjenigen  partie  des  Monacense, 
die  der  lücke  des  VS.  entspricht  (Mon.  168—250)  stellen- 
weise eine  Verwirrung  der  namen ,  an  der  schwerlich  der  ab- 
schreiber dieser  epitome,  ja  vielleicht  nicht  einmal  der  epitoma- 
tor  selbst  allein  die  schuld  trägt.  So  ist  Mon.  195  unzweifel- 
haft ein  ausspruch  nicht  des  Epikur,  sondern  des  Heraklit  (cf. 
Diog.  L.  9,  7),  der  dem  letzteren  dagegen  beigelegte  (Mon.  199) 
gehört  dem  Bion  oder  vielleicht  auch  dem  Zenon  (cf.  Diog.  L. 
7,  23),  von  dem  drei  ausspräche  vorhergehen.  Statt  des  Theo- 
phrast  ist  Mon.  201  sicher  Epaminondas  einzureihen  (cf.  Stob. 
54,  50;  Max.  9  p.  560),  während  die  folgende  sentenz  (202) 
eher  auf  den  schüler  des  Aristoteles   zu    passen    scheint.      Mon. 


Nr.  2.  22.  Florilegien.  115 

204  ist  nicht  auf  Theokrit,  dem  203  gehört,  sondern  auf  den 
hier  in  der  alphabetischen  reihenfolge  ganz  am  platze  stehenden 
Thaies  zu  beziehen  (cf.  Diog.  L.  1,  36).  Mon.  206  ist  aus  dem 
fabelhaften  'l<7ox.outt]<;  o' Pa/tai'xoQ  wohl  nach  Meinekes  vermuthung 
Käieov  b  'Ptoftamog  herzustellen.  Mon.  214  ist  der  sfoidoQovpt- 
vog  EvginiStje  (unter  A\)  um  so  auffallender,  als  das  diktum  mit 
viel  größerer  Wahrscheinlichkeit  bei  Max.  10  p.  563  und  Arsen. 
p.  206  dem  Diogenes  zugeschrieben  wird.  Am  unerklärlichsten 
aber  bleibt  es,  wie  ein  aussprach ,  den  Max,  67  p.  684,  und 
zwar  nach  seinem  inhalte  mit  vollem  recht,  dem  maier  Apelles 
zuschreibt,  im  Mon.  252  auf  Solon  übertragen  werden  konnte. 

Bei  der  herausgäbe  der  Wiener  Sammlung  hat  Wachsmuth 
dasselbe  verfahren  beobachtet,  wie  beim  Gnomol.  Byzantinum,  und 
jedem  Spruche  ein  verzeichniß  der  parallelstellen  sowohl  wie  der 
abweichenden  lesarten  des  VS.  selbst  und  eben  jener  parallel- 
stellen beigefügt.  Was  den  kritischen  kommentar  betrifft ,  so 
ist  er  mit  sehr  wenigen  ausnahmen  vollständig  und  zuverlässig. 
Auch  mit  der  gestaltung  des  textes ,  bei  der  O.  Hense  durch 
einige  glückliche  conjekturen  mitgewirkt  hat,  wird  man  im  gro- 
ßen und  ganzen  sich  einverstanden  erklären  müssen :  die  nicht 
sehr  zahlreichen  ausstellungen ,  die  ich  etwa  zu  machen  hätte, 
sind  meist  von  untergeordneter  bedeutung.  Dagegen  ist  das 
stellenverzeichniß  nicht  so  erschöpfend,  wie  dies  an  dem  Gnomol. 
Byzantinum  gerühmt  werden  konnte  (s.  meine  recension  der  Wachs- 
muthschen  Studien  a.  a.  o.  p.  703  ;  auch  Freudenthal  Deutsche 
litteratur- zeitung  1882  p.  1417  hat  nur  einige  wenige  nach- 
trage zu  dem  von  Wachsmuth  gesammelten  material  beibringen 
können);  ja  es  fehlen  bisweilen  die  wesentlichsten  belegstellen. 
Ungern  vermißt  man  auch  die  belege  aus  lateinischen  Schrift- 
stellern, besonders  Cicero  und  Seneca,  die  vielfach  nicht  nur 
dem  inhalt,  sondern  auch  der  form  nach  die  griechische  Über- 
lieferung ergänzen  oder  bestätigen  und  gelegentlich  sogar  zur 
entscheidung  über  die  construction  des  textes  von  werth  sind, 
wie  z.  b.  aus  Seneca  De  benef.  5,  6,  1  hervorgeht,  daß  VS 
8  in  der  that,  wie  Wachsmuth  unter  dem  strich  vermuthet,  iv 
7öT  (ttjdevog  (VS.  (ttjdt'v)  eig  eisgysaiav  Tjrzäa^cu  zu  schreiben 
ist ;  Seneca  sagt  nämlich :  Alexander  Macedonum  rex  gloriari  so- 
lebat a  nullo  se  beneficiis  victum.  Ich  muß  hier  aus  rücksicht 
auf  den  räum  darauf  verzichten ,    diese  behauptungen    näher  zu 


116  22.  Florilegien.  Nr.   2. 

erläutern  und  zu  beweisen,  und  behalte  mir  vor,  meine  bemer- 
kungen  zu  den  einzelnen  stücken  der  Wachsmutlaschen  ausgäbe 
an  einer  andern  stelle  zu  veröffentlichen.  Ich  schließe  mit  einer 
kurzen  zusammenfassenden  besprechung  des  Charakters  und  der 
bedeutung  unsrer  sylloge. 

Die  bereicherung ,  die  unsere  kenntnis  der  griechischen 
apophthegmen  schon  durch  dieses  bruchstück  des  großen  Apo- 
phthegmencorpus  erfährt,  ist  nicht  gering  anzuschlagen.  Bei 
56  unter  den  190  stücken  der  Sammlung  hat  Wachsmuth 
keine  parallelstellen  angegeben.  Die  zahl  dieser  nicht  belegten 
stellen  reducirt  sich  freilich  durch  meine  ergänzungen  auf  49, 
und  es  ist  zu  erwarten  ,  daß  bei  genauerer  nachforschung  auch 
diese  zahl  sich  noch  etwas  vermindern  wird.  Aber  auch  dann 
wird  sicherlich  die  zahl  der  neuen  ausspräche  eine  verbältniß- 
mäßig  bedeutende  bleiben.  Hierbei  verdient  besondere  beach- 
tung,  daß  zu  den  bisher  bekannten  apophthegmen  selbst  solcher 
männer,  für  die  schon  sonst  die  quellen  reichlich  fließen,  noch 
einzelne  hinzutreten.  So  bietet  unsre  Sammlung  je  vier  neue 
spräche  des  Alexander,  Philipp  und  Antisthenes,  drei  oder  wenn 
wir  nr.  86  hinzuzählen  dürfen,  vier  des  Aristoteles  und  einen 
des  Anacharsis.  Auch  die  äsopischen  dikta  werden  um  vier 
vermehrt,  und  von  dem  rhodischen  dichter  Antagoras  ,  von  dem 
bisher  nur  vereinzelte  ausspräche  überliefert  wurden ,  werden 
uns  drei  in  das  gebiet  der  witzworte  und  Wortspiele  fallende 
apophthegmen  geboten ,  wie  denn  überhaupt  die  ysXota  ano- 
fpdiyptara  durch  unsre  Sammlung  einen  namhaften  Zuwachs  er- 
halten. Uebrigens  zeigt  die  sylloge  nur  sehr  wenige  spuren 
späterer  byzantinischer  Überarbeitung.  Außer  der  von  Wachs- 
muth in  eckige  klammern  eingeschlossenen  nr.  165  sind  es  haupt- 
sächlich nur  die  verstümmelte  anekdote  von  der  begegnung  des 
Aeschines  mit  Demosthenes  (104),  das  den  Schluß  bildende,  mir 
ebenso  wie  Wachsmuth  unverständlich  gebliebene  apophthegma 
der  Phryne  und  hin  und  wieder  einzelne  ausdrücke,  die  die  un- 
geschickte hand  eines  Byzantiners  verrathen.  Auch  die  namen 
der  urheber  der  einzelnen  ausspräche  deuten  darauf  hin ,  daß 
die  Sammlung  ihrem  hauptbestandtheile  nach  auf  verhältnißmä- 
ßig  alte  und  gute  quellen  zurückgeht.  Wenn  man  absieht  von 
sonst  unbekannten  oder  nicht  näher  zu  bestimmenden  autoren, 
wie  Nikokles,    Xenokles,  Oinopides,   Soranos  b  ^wyoütjo^ ,  Sosi- 


Nr.  2.  23.  Cicero.  117 

genes,  bei  denen  aber  aueb  kein  indicium  für  eine  spätere  zeit 
spricht,  so  fallen  von  den  übrigen,  mit  ausnähme  der  Kleopatra 
(182),  unter  der  doch  wohl  die  berühmte  ägyptische  königin  zu 
verstehen  ist,  und  des  unter  den  ersten  römischen  kaisern  le- 
benden Philistion,  dessen  name  aber,  wie  wir  gesehen  haben,  in 
nr.  130  und  131  sehr  verdächtig  erscheint,  die  jüngsten  in  das 
dritte  vorchristliche  Jahrhundert.  Nur  der  noch  immer  räthsel- 
hafte  ' Qqicov  6  qiiloaoqioii  (163  und  164),  über  den  Ritschi 
opusc.  I  p.  773  sqq.  zu  vergleichen  ist,  dürfte  ebenso  wie  der 
im  Mon.  238  angeführte  'Patavloc,  welcher  zu  wiederholten  ma- 
len auch  bei  Maximus  und  Antonius  vorkommt,  einem  ziemlich 
späten  Jahrhundert  angehören.  Sonst  findet  sich  keine  spur  von 
den  bei  Stobaeus  und  in  den  byzantinischen  Florilegien  so  zahl- 
reich vertretenen  nachchristlichen  autoren. 

Von  der  nahe  liegenden  erörterung  der  beziehungen  der 
Wiener  Sammlung  zu  Diogenes  Laertios  und  Stobaeus  sowie  zu 
Athenaios  und  den  Pseudoplutarchischen  apophthegmen  ist  es 
gerathen  vor  der  hand  abstand  zu  nehmen,  da,  wie  Wachsmuth 
am  Schlüsse  seiner  abhandlung  bemerkt,  solche  Untersuchungen 
erst  dann  mit  nutzen  aufgenommen  werden  können ,  wenn  die 
noch  in  den  bibliotheken  lagernden ,  mit  unsrer  Sammlung  ver- 
wandten stücke,  insbesondere  der  von  Freudenthal  im  Rheinischen 
museum  35  p.  42  kurz  charakterisirte  cod.  Paris.  1168  f.  146S 
162",  ein  cod.  Patmensis  aus  dem  10.  Jahrhundert  und  der  bis- 
her nur  durch  einzelne  excerpte  im  Walzschen  Arsenius  be- 
kannte cod.  Vaticanus  151  publicirt  und  namentlich  für  die  er- 
gänzung  der  lücke  in  der  Wiener  handschrift  verwerthet  wor- 
den sind.  Ist  dieses  material  zusammengebracht,  dann  wird 
auch  der  versuch  zu  machen  sein,  das  ursprüngliche  corpus  in 
annähernder  Vollständigkeit  wiederherzustellen ,  wobei  voraus- 
sichtlich dieselben  grundsätze  der  zusammenarbeitung  werden 
in  anwendung  kommen  müssen ,  deren  sich  Wachsmuth  bei  der 
rekonstruktion  des  sogenannten  Demokrito  -  epiktetischen  Gnomo- 
logiums  bedient  hat  (Studien  p.  162  sqq.),  und  denen  ich  im 
gegensatze  zu  dem  abfälligen  urtheile  Freudenthals  in  allen  we- 
sentlichen punkten  beipflichte.  —  (Vgl.  Philol.  XLIII,2  p.  218  ff.) 

F.  Lortzing. 

23.     P.  Stamm,   Adnotationes    grammaticae  et  criticae  ad 
Philol.  Ana.  XIV.  9 


118  23.  Cicero.  Nr.  2. 

M.  Tullii  de  divinatione  libros.     Programmabhandlung  des  gym- 
nasiums  zu  Rössel.     1881.     10  p.     4. 

Der  titel  der  abhandlung  hätte  des  Zusatzes  [adnotationes) 
grammaticae  füglich  entbehren  können,  denn  die  ausbeute  für  die 
grammatik  bez.  syntax  ist  ziemlich  gering.  Sie  beschränkt  sich 
im  gründe  auf  folgendes  (p.  6):  In  den  worten  De  div.  I  §  116 
Hie  magna  quaedam  exoritur  neque  ea  naturalis,  sed  artificiosa  som- 
niorum  Antiphontis  interpretatio"  ist  Antiphontis  klärlich  ein  glos- 
sem,  weil  es  sich  an  dieser  stelle  nicht  um  die  einzelnen  deuter 
der  träume,  sondern  um  die  deutung  selbst  handelt.  Das  hatte 
schon  Baiter  (ed.  Tauchn.  adn.  crit.  p.  XVI)  erkannt ,  und  C. 
F.  W.  Müller  hat  ihm  in  seiner  Ciceroausgabe  beigestimmt  (adn. 
crit.  p.  XVII).  Stamm  versucht  nun  dem  logischen  nachweis  des 
glossems  eine  grammatische  stütze  zu  geben ,  indem  er  für  die 
Stellung  der  beiden  genetive,  des  subjeetivus  und  objeetivus,  nur 
folgende  Variationen  bei  Cicero  für  möglich  hält  und  durch  bei- 
spiele  illustriert: 

1 .  AntipJiontis  somniorum  interpretatio  , 

2.  Antiphontis  interpretatio  somniorum, 

3.  somniorum  interpretatio  Antiphontis , 

4.  interpretatio  Antiphontis  somniorum. 

Das  ist  nun  zwar  nicht  neu  und  möglicher  weise  in  dieser 
allgemeinheit  nicht  einmal  richtig.  Denn  wenn  ich  auch  ,  um 
meinen  zweifei  zu  begründen ,  keine  stelle  aus  Cicero  zur  hand 
habe,  so  kann  ich  doch  mit  der  autorität  Cäsars  dienen.  Wenn 
dieser  im  Bell.  Gall.  III  18.  6  sagen  konnte:  „Multae  res  ad 
hoc  consilium  Gallos  hortabantur;  superiorum  dierum  Sabini  euneta- 
tio",  so  wird  auch  wohl  Cicero  unter  umständen  nicht  vor  die- 
ser Stellung  zurückgeschreckt  sein.  Dazu  kommt,  daß  an  un- 
serer stelle  das  zu  anfang  stehende  artificiosa  und  das  schlie- 
ßende interpretatio  dem  ganzen  satzgliede  eine  gewisse  einheit 
verleiht.  Selbstverständlich  soll  hiermit  keine  ehrenrettung  des 
handschriftlichen  Antiphontis  gemeint  sein.  —  Die  adnotationes 
criticae  bezeugen  eine  sichere  und  gewandte  handhabung  der 
methode  von  seiten  des  verf. ,  sie  erstrecken  sich  auf  13  stellen 
des  ersten  und  auf  10  stellen  des  zweiten  buches  und  reden 
theils  der  handschriftlichen  Überlieferung  das  wort  (I  §  46.  53. 
64.  65.  113;  II  §  3.  55.  103),  theils  suchen  sie  interpolationen 
nachzuweisen  resp.  zu  bestätigen  (I  §  12.  30.  46.  65.  84.   116. 


Nr.  2.  23.  Cicero.  119 

II  §  36.   69.  124.  139),    theils  bemühen   sie    sich    durch  emen- 
dation  hülfe  zu  schaffen  (I  §  12.  36.   65.  80.  88.   129  II  §  11. 
62).      Ich  bin  überzeugt,    daß  nicht  wenige    der  vorgetragenen 
ansichten    sich    den    beifall    der    fachgenossen    erringen    werden; 
manche  indessen  fordern  auch  energisch  den  Widerspruch  heraus. 
Ich  will  das  wichtigste    herausheben.       So    erscheint    mir   gleich 
auf  der  ersten  seite  das    zu  I.   12    angewandte    heilverfahren  zu 
gewaltsam.       Die    stelle   lautet:     vObservata  sunt  haec  tempore  im- 
menso    et    in    sig  nific  atione    eventus    animadversa  et  notata". 
Während  nun  Christ    „in  significationem  eventus"    mit    Orelli  vor- 
geschlagen ,    während  Madvig  „et  significatio  eventis"    geschrieben 
wissen  will  und  andere  anderes    vermuthet   haben   (s.   C.  F.  Mül- 
ler :   adn.   crit.   p.   XIV),  streicht  Stamm   einfach    „in  significatione 
eventus"  als  interpolation  und  schreibt  flugs  „et  e venia  animad- 
versa et  notata'1,    was    doch    den  knoten  mehr  zerhauen  als  lösen 
heißt.       Freilich ,    welche    worte    mit   begründetem  anspruch  auf 
echtheit  in  den  text  zu  setzen  seien,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden. 
Der  sinn  ist  klar,  aber  die  worte  harren  noch  einer  glücklichen 
Verbesserung.  —  P.  4  behandelt  Stamm    die  angefochtene  stelle 
§   65   „Sagire  enim  sentire   acute  est,  ex  quo  sagae  anus,  quia  multa 
scire  volunt ,    et  sagaces  dicti  canes ;    is  igitur ,    qui  ante  sagit  quam 
oblata  res  est,  dicitur  praesagire ,    id    est  futura  ante  sentire".       Es 
läßt  sich  nicht  leugnen,  daß  uns  diese    ableitung    des    praesagire 
im  Zusammenhang  etwas  frostig  vorkommt,  aber  wir  müssen  fest- 
halten ,  daß  die  Römer  eine  eigenthümliche  Vorliebe  für  derglei- 
chen fragliche  notizen  hatten,  die  uns  in  ihrer  primitiven  einfalt 
oft  ein  lächeln  abnöthigen.     Flicht    doch    selbst  Vergil    in  seine 
dichtung  zuweilen   etymologisierende    bemerkungen    ein!     s.  z. 
b.  VIII  331   und  332,  343 — 346.      Ich    bin   also    der  meinung, 
daß    verf.    vollständig    recht    hat ,    wenn  er  die  worte  sagire  — 
ante  sentire  als    echt    ciceronianisch    gegen  Hottinger    und  Baiter 
vertheidigt;    auch  C.  F.  W.  Müller    hat    sie    in    seiner    ausgäbe 
nicht  anzutasten  gewagt.     Dagegen  befinde  ich  mich  mit  Stamm 
im  Widerspruch ,  wenn    er    „quia    multa  scire  volunt"    verdächtigt, 
um  es  am  liebsten  ganz  zu  tilgen  oder  wenigstens    quia  in  quae 
zu    verwandeln.       „Scilicet  idcirco,    puto ,    anus    Mae   sagae  dictae 
sunt,    quia  acute  s entiunt ,    non  ideo ,  quia  multa  scire  volunt1,1, 
sind  seine  worte.       Stamm  hat,    wie  es    scheint,    die  bedeutung 
des  verbums  velle  nicht  erkannt.     Dasselbe  heißt  hier  nicht  etwa 

9* 


120  23.  Cicero.  Nr.  2. 

„wollen,  den  wünsch  haben",  sondern  „glauben,    vorgeben,    be- 
haupten",   wie  oft  bei  Cicero,    s.   z.  b.    De    nat.  deor.  I  12.  29 
„quattuor  enim  naturas,  ex  quibus  omnia  constare  censet,  divinas  esse 
vult".      Nehmen  wir  es  so ,    so  ist  alles  in  bester  Ordnung ,    nur 
daß  ich  das  zum  Schluß  stehende  ante  sentire  in  acute  sentire  ver- 
wandeln möchte :  „sagire  est  acute  sentire"   war  gesagt,  also  „prae 
sagire  —  futura  acute  sentire".    —   Eine   viel  umstrittene  und  von 
conjekturen  heimgesuchte  stelle  ist  II  §  62   „Quod  etiam  coniector 
quidam  et  interpres  portentorum    non    inscite    respondisse    dicitur    e  i, 
qui  cum   ad  eum  rettulisset  quasi  ostentum ,   quod  anguis  domi  vec- 
tem  circumiectus  fuisset,  tum  esset,  inquit,   ostentum,    si  anguem  vectis 
circumplicavisset".       Daß  bei  den  worten  ei,    qui,  cum  e.   s.  etwas 
nicht  in  Ordnung  ist,  leuchtet  ein.     Verf.  sucht  der  construktion 
dadurch  aufzuhelfen,    daß  er  hinter  qui  eine  liicke    statuirt  und 
zu  schreiben  räth  :    „quod  etiam  coniector  quidam  et  interpres  por- 
tentorum non  inscite  respondisse  dicitur  ei,   qui  ....,•    qui  cum  ad 
eum  rettulisset  quasi  portentum"  (p.    8.)       Nur  schade,   daß  für  die 
annähme  einer  solchen  lücke  kein  triftiger  grund  vorliegt  5  lieber 
doch    mit    C.  F.   W.   Müller    „dicitur  ei,    qui   quondam  ad  eum 
rettulisset"  schreiben  oder  mit  Vahlen  „dicitur  ei,  cui  cum"  als  an 
den  ausfall  mehrerer  worte  glauben,  die  für  den  sinn  nur  einen 
müßigen  zusatz  ergeben  würden.   —  §  69  endlich  „Aius  iste  Lo- 
quens ,  cum  eum  nemo  norat ,    et  aiebat  et  loquebatur ,    ex  eo  nomen 
invenit ;  postea  quam  et  sedem  et  aram  et  nomen  invenit,  obmutuit  ? 
plaidiert  Stamm    für  Streichung    des    „ex    eo    nomen  invenit":    ich 
glaube,  daß  man  a  conto  des  eben  berührten  etymologischen  ki- 
tzeis der  Kömer  mit  Christ  und  Müller  „et  ex   eo  nomen  invenitu 
schreiben  muß. 

Das  latein  der  abhandlung  ist  korrekt  und  flüssig.  In  der 
ersten  zeile  steht  ein  häßlicher  druckfehler,  der  cum  concessivum 
den  indikativ  beigegeben;  p.  2  (z.  6  von  unten)  „at  equidem  du- 
bito,  num  ita  Cicero  scripserit"  laßt  sich  wenigstens  aus  Cic.  pro 
Sulla  24.  68  belegen.  Ob  auch  für  p.  5  (med.)  „nam  ne  quis 
credat,  hoc  uno  loco  particulam  „denique"  inusitatius  usurpari  a  Ci- 
cerone, äff  er  0  alium  eiusmodi  locum  ex  oratione  pro  Flacco  73" 
eine  solche  parallele  existiert  ?  Die  öfter  wiederkehrende  Schreib- 
weise enunciatum  statt  enuntiatum  sollte  in  einer  philologischen 
abhandlung  nicht  mehr  vorkommen.  Ferd.  Becher. 


Nr.  2.  24.  Alte  geschichte.  121 

24.  G.  F.  Unger,  Kyaxares  und  Astyages.  84  p.  4. 
Aus  den  Abhandlungen  der  k.  bair.  akademie  I.  Cl.  XVI.  bd. 
p.  237  ff.  bes.  abgedr.  München  1882  in  commission  bei  G. 
Franz. 

Abermals  eine  chronologische  Untersuchung,  -welche  durch 
die  von  Rassam  gefundenen  keilinschriften,  die  sogenannten  an- 
nalen  Nabünähids  veranlaßt  wurde.  Unger  meint,  daß  auch 
ohne  dieselben  das  richtige  datum  550  für  den  stürz  des  Asty- 
ages durch  Kyros  aus  der  klassischen  Überlieferung  zu  gewin- 
nen gewesen  wäre.  Da  ich  nur  historiker  und  nicht  Chronologe 
bin,  und  überdies  die  chronologischen  ergebnisse  dieser  Untersu- 
chung für  die  herrschaftsdauer  der  persischen ,  jüdischen  und 
ägyptischen  könige  hier  keine  besprechung  finden  können,  so 
beschränke  ich  mich  darauf,  ein  hauptergebnis  Unger's  allein 
einer  kritik  zu  unterziehen ,  um  so  mehr ,  als  es  sich  bei  dem- 
selben  um  Herodot  und  Ktesias  handelt. 

Es  ist  von  zeit  zu  zeit  nöthig  manchen  Chronologen  vorzu- 
halten, was  Oppert  in  der  Revue  historique  XIII.  p.  279  ff.  und 
in  seinen  besprechungen  chronologischer  arbeiten  in  den  Göttinger 
gelehrten  anzeigen  1881  stück  4.  gesagt  hat.  Auch  in  dieser 
schrift  sind  sowohl  daten  als  ereignisse  ausgerechnet,  die  der  kri- 
tik nicht  stand  halten,  die  mit  hülfe  von  gewaltsamkeiten  gegen 
die  Überlieferung  gewonnen  sind.  Man  sieht  nicht  mehr,  was 
die  texte  bieten,  weil  man  sich  den  blick  durch  zahlen  allermög- 
lichen provenienz  getrübt  hat,  weil  man  die  autoren  nicht  liest, 
sondern  nur  auf  die  zahlen  hin  durchnimmt. 

So  gelangt  Unger  zu  folgenden  entdeckungen :  das  richtige 
datum  des  Sturzes  des  Astyages  (550  v.  Chr.)  findet  sich  über- 
einstimmend mit  der  erwähnten  inschrift  in  den  tyrischen  Anna- 
len  bei  Josephus ,  ferner  setzt  Herodots  darstellung  der  Lyder- 
geschichte  dieses  ereigniß  für  550  voraus.  Dem  steht  entgegen, 
daß  Herodot  in  der  medisch-persischen  geschichte  dasselbe  559 
ansetzt.  Dies  muß  also  erklärt  werden:  Herodot  hat  hier  die 
regierungen  der  mederkönige  um  9  jähre  verschoben ,  so  wird 
es  auch  möglich  für  die  Sonnenfinsternis,  die  Thaies  vorhersagte, 
das  von  den  astronomen  berechnete  datum  28.  mai  585  festzu- 
halten, während  Herodots  Chronologie  594  verlangen  würde. 
Kyaxares  ist  585  gestorben,  der  Meder  Dareios,  dessen  das 
buch   Daniel  gedenkt,  ist  Astyages,  der  als  thronnamen  den   na- 


122  24.  Alte  geschichte.  Nr.  2. 

namen  Dareios  führte ,  auch  Phraortes  hieß  als  könig  Astyages 
und  wird  mit  letzterem  namen  bei  Abydenos  und  Alexander  Po- 
lyhistor bezeichnet. 

Der  hergang  von  Astyages  stürz  war  demnach  folgender: 
559  besiegte  ihn  Kyros,  ließ  sich  von  ihm  adoptiren  und  hei- 
rathete  dessen  tochter,  nachdem  er  deren  gemahl  hatte  umbrin- 
gen lassen.  550  erst  erfolgte  der  vollständige  stürz  desselben 
und  Kyros  gewann  in  leichter  weise  die  herrschaft  über  Medien 
auf  grund  der  rechtsansprüche ,  die  er  erheben  konnte. 

Das  ist  gewiß  neu ;  sehen  wir  zu ,  ob  es  auch  wahr  ist. 
Die  sache  steht  folgendermaßen  :  Nikolaos ,  der  im  wesentlichen 
die  darstellung  des  Ktesias  wiedergibt,  berichtet  (fr.  66  Müll.  III. 
p.  406)  von  einer  schlacht  des  Kyros  gegen  Astyages,  in  der 
die  Perser  nach  hartem  kämpfe  siegten,  in  folge  derselben  wird 
Kyros  durch  Oibaras  an  stelle  des  Astyages  als  könig  ausge- 
rufen. Die  beute  wird  nach  Pasargadä  gebracht.  Da  sich  das 
gerücht  von  Astyages  entthronung  verbreitet,  fallen  die  Sa- 
trapen ab  und  so  wird  es  Kyros  leicht,  seinen  ver- 
lassenen gegner  in  einer  zweiten  schlacht  zu  be- 
siegen und  Astyages  wird  gefangen  zu  ihm  ge- 
führt6). 

Das  excerpt  aus  Ktesias,  das  uns  Photios  (cod.  72  p.  106) 
aufbewahrt  hat,  besagt:  Astyages  flieht  vor  Kyros  in 
Ekbatana  und  versteckt  sich  in  dem  gebälke  des  palastes  da- 
selbst mit  hilfe  seiner  tochter  Amytis  und  deren  gemahl.  Beide 
sowohl  als  ihre    kinder   sollen    gefoltert  werden ,    Astyages  gibt 

6)  Ol  ds  FltQffca  ....  (xi.cc  oQ/uji  imdocc/uövisg  i£a)9ov<nv  ctvTovg  {rovg 
Mtjdovg)  ix  tov  ogovg  ,  xccl  xrelvovGiv  ovx  ikdzrovg  iSccxiG/uvgicoy.  ov  /uijv 
'Aarvdytjg  uqiGicno  trjg  nofooQXiccg.  Hier  setzen  die  excerpta  det  rebus 
praeclare  gestis  et  de  Stratege?»  atts  ein.  nokkmv  ds  dvttfitra^v  ytvofii- 
vwv,  Kvgog  slg  rrjv  gxvjvtjv  nccQtk&wv  xa9-i£et  fig  tov  tov  Aotvdyov  &q6vov, 

xccl  t6  GxtjniQOv  avrov   kafißävti xccl  fxtz   ov  nokv   t)  cptjfti]  ndv- 

rij  dn]yytkkt  zijv  'AGivdyov  tpvyifv  n  xal  rßtccv  .  .  .  xccl  oi  äv&oionot  d(fi- 
Giavto  xccl  w  h'xhvt].  ngwiog  cT  'Yqxccvwv  kq/cov  ....  fAsrd  dt  o  rt  IJccq- 
&vcclog  xccl  2dxt]g  xccl  ßdxrcjvog  xccl  ol  iq>t%tjg  ndvitg  .  .  .  .  tig  o  'Acivä- 
ytjg  fiii1  bkiyiov  vnokt iqpd-i lg ,  ind^aurog  (iti1  ov  nokv  Kvqov  xccl  ix  tov 
qccGtov  fJtd^y  XQctrrjGccvjog,  cci^fidkiarog  in'  avrov  dyiTcct*.  Daß  mit  den 
bezeichnungen  der  zeit  wie  nokküv  dt  juitccc;v  ytvo/xiv(av  u.  s.  w.  bei 
Nikolaos  nichts  anzufangen  ist,  beweist  schon  diese  stelle;  uem  schließ- 
lichen sieg  der  Perser  in  der  schlacht  bei  dem  berge  war  die  er- 
hebung  des  Kyros  zum  könig  durch  Oibaras  und  die  bergung  der 
beute  in  Pasargadä  gefolgt.  Das  ist  der  inhalt  der  darstellung  des 
Nikolaos. 


Nr.   2.  24.   Alle  gesehichte.  123 

sich,  um  dies  zu  verhindern  selber  an,  Oibaras  läßt  ihn  fesseln, 
Kyros  aber  befreien  7). 

Bei  Herodot  (I.  128  sq.)  verläuft  die  sache  in  der  weise, 
daß  Astyages  in  einer  schlacht  von  Kyros  besiegt  wird,  da  Har- 
pagos  zu  dem  letzteren  übergeht.  Hierauf  siegt  Kyros  noch 
einmal  unter  den  mauern  der  hauptstadt  und  nimmt  Astyages 
gefangen,  so  wurde  dieser  (130)  der  herrschaft  beraubt  und  die 
Meder  unterworfen.  Dem  Astyages  geschah  bis  zu  seinem  tode 
nichts  böses  von  Kyros. 

Unger  behauptet  nun  p.  24,  Ktesias  (den  auch  er  für  die 
quelle  des  Nikolaos  hält)  erzähle  den  krieg  anders  und  wahr- 
scheinlicher als  Herodot,  ,,er  weiß  nichts  von  verrath  und  über- 
tritt".- Das  ist  unrichtig,  wie  jedermann  aus  der  oben  vollstän- 
dig angeführten  stelle  ersehen  kann.  Unger  fährt  fort:  „Nach 
einer  lücke  der  bruchstücke,  in  welcher  die  von  Herodot  erzählte 
zweite  schlacht  in  der  weise  erzählt  gewesen  sein  kann ,  daß 
Kyros  gegen  Ekbatana  zog  und  nach  Überwältigung  der  letzten 
von  Astyages  zusammengerafften  mannschaften  die  Stadt  einnahm, 
setzt  der  auszug  des  Photios  .  .  .  aus  Ktesias  ein".  Das  ist 
gleichfalls  unrichtig ,  denn  Ktesias  bei  Nikolaos  spricht  deutlich 
von  zwei  schlachten ,  die  zweite  findet  nach  seiner  darstellung 
statt  wie  bei  Herodot ,  da  Astyages  schon  von  einem  theil  der 
seinen  verlassen  ist. 

Der  bericht  des  Photios  schließt  sich  also  nicht  so  an  das 
66.  fragment  des  Nikolaos  an,  wie  Unger  behauptet. 

Charakteristisch  ist  ferner  wie  Unger  die  Stelle  des  Photios 
durch  hinweglassung  der  flucht  des  Astyages  nach  Ekbatana  verän- 
dert hat.  „Als  Kyros  Ekbatana  einnahm,  wurde  Astyigas  .  .  . 
versteckt  gehalten".  Daß  auch  Ktesias  eine  schlacht  unter  den 
mauern  von  Ekbatana,  (in  folge  deren  Astyages  vor  Kyros'  ant- 
litz  flieht  und  sich  versteckt),  voraussetzt  wie  Herodot,  deren 
nähere  bezeichnung  am  Schlüsse  des  fragmentes  doch  wohl  nur 
durch  des  Nikolaos1  flüchtigkeit  wegblieb,  kann  man  aus  dieser 
Übersetzung  allerdings  nicht  mehr  herausfinden. 

Photios  excerpt  setzt  sich  folgendermaßen  fort:    Kyros  läßt 

7)  ^rjalf  ovu  avrixa  nsgl  lov'Aßiväyovs,  w?  ovdtv  avtov  KÜQog  rtgoi 
yivos  IxgijuänCev  ■  ovtoq  cF«  aiiiou  'Aarviyctv  y.ahl  rpvyilv  6i  c'cno  nnoßcö- 
nou  Kvqov  'Aarvlyav  iv  'ExßctTÜvoig  xcd  XQvqftrjvcti  (v  rolg  xqvoxquvoh 
itüi>  ßaaikiiüjv  oixyuänjv    .... 


124  24.  Alte  geschichte.  Nr.  2. 

Astyages  befreien  und  verehrt  ihn  wie  einen  vater,  Amytis  erst 
wie  eine  mutter,  dann  aber,  nachdem  er  ihren  mann  hat  tödten 
lassen,  macht  er  sie  zu  seiner  frau.  „Also  erzählt  Ktesias  über 
Kyros  und  nicht  wie  Herodot",  und  ferner  berichtete  er  noch, 
daß  die  Baktrer,  gegen  die  Kyros  zu  felde  zog,  sich  demselben 
ergeben  hätten ,  als  sie  erfuhren ,  daß  Astyages  der  vater  des 
Kyros,  Amytis,  dessen  mutter  und  frau  geworden  seien. 

Demnach  hat  man,  um  beide  berichterstatter  recht  zu  ver- 
stehen, das  Verhältnis  des  Ktesias  und  Herodot  im  äuge  zu  be- 
halten. Eine  ernste  differenz  zwischen  beiden  findet  sich  erst 
in  der  darstellung  der  ereignisse  nach  der  eroberung  Ekbatanas. 
Um  diese  differenz  richtig  zu  würdigen,  muß  der  vorherstehende 
satz  des  Photios  berücksichtigt  werden:  „(Ktesias)  sagt,  daß 
Astyages  und  Kyros  nicht  verwandt  gewesen  seien",  was  be- 
kanntlich Herodot's  darstellung  ist.  Deswegen  also ,  weil  Kte- 
sias diesen  irrthum  Herodot's  berichtigen  wollte ,  erzählte  er  die 
adoptionsgeschichte  nach  der  einnähme  von  Ekbatana,  die  vor- 
hergehenden ereignisse  haben  aber  beide  im  wesentlichen  gleich 
berichtet,  weshalb  auch  Photios  diesen  theil  der  erzählung  des 
Ktesias  nicht  erwähnt  hat.  Von  Harpagos  freilich,  einem  inte- 
grirenden  bestandtheil  der  Herodoteischen  Jugendgeschichte  des 
Kyros,  hat  Ktesias  bei  der  ersten  schlacht  nichts  erwähnt,  wie  man 
aus  Nikolaos  schließen  muß,  allein  der  abfall  der  Satrapen  nach 
derselben  läßt  auf  ein  gleiches  factisches  substrat  beider  berichte 
schließen ,  ganz  abgesehen  davon  ,  daß  wir  bei  Nikolaos  nicht 
ein  bloßes  excerpt  aus  Ktesias  besitzen  und  also  kleine  difle- 
renzen  noch  nicht  beweisen ,  daß  Ktesias  gerade  so  wie  Niko- 
laos erzählt  habe.  Demnach  sprechen  Herodot  sowohl  als  Kte- 
sias von  demselben  ereignis,  und  es  ist  unrichtig,  wie  Unger 
thut,  was  Ktesias  erzählt ,  9  jähre  früher  anzusetzen ,  als  was 
wir  bei  Herodot  finden.  Auch  das  erscheint  nicht  bedacht, 
daß  Ktesias  von  dieser  Verschiebung  der  ereignisse  keine  an- 
deutung  macht ,  obschon  er  bekanntlich  bestrebt  war  Herodot 
allüberall  zu  widerlegen  und  auch  Photios  geflissentlich  alle  ihre 
diflerenzen  in  seinem  excerpte  hervorhebt. 

Und  nun  noch  die  inschrift  (vgl.  meine  Kyros -sage  und 
verwandtes,  Sitzungsberichte  der  Wiener  akad.  bd.  100  p.  499), 
welche  besagt,  daß  Astyages  nach  Sammlung  der  medischen  trup- 
pen  gegen  Kyros  könig  von  Ansän  zog  ....    daß  hierauf  die 


Nr.   2.  25.  Griechische  geschichte.  125 

truppen  des  Astyages  gegen  ihn  revoltirten ,  ihn  gefangen  nah- 
men und  Kyros  auslieferten ,  daß  Kyros  Medien  plünderte  und 
die  beute  von  Ekbatana  nach  Angan  bringen  ließ.  Auch  dieses 
zeugnis  handelt  von  denselben  ereignissen ,  die  Herodot  und 
Ktesias  berichten ,  von  dem  abfall  der  truppen  nnd  der  darauf 
erfolgenden  einnähme  der  medischen  hauptstadt.  Astyages  er- 
scheint hier  deutlich  als  beherrscher  Mediens  und  zieht  als  sol- 
cher gegen  den  Perser,  nicht  aber  wie  Unger's  hypothese  ver- 
langt, als  bereits  seit  9  jähren  neben  Kyros  stehender  schatten- 
könig. 

Das  ist  die  Übereinstimmung  unserer  quellen  über  Astyages 
stürz ,  ein  auseinanderreißen  ihrer  berichte  und  vertheilung  der 
erwähnten  thatsachen  auf  die  jähre  559  und  550  widerstreitet 
aller  methode  und  ist  durch  nichts  zu  rechtfertigen.  Es  kann 
sich  nur  darum  handeln ,  ob  man  dem  berichte  des  Ktesias  von 
einer  nach  der  eroberung  Ekbatanas  erfolgten  adoption  des  Ky- 
ros durch  Astyages  und  verheirathung  mit  dessen  tochter  glau- 
ben schenken  will  oder  nicht.  Ich  gebe  auf  Ktesias  „persische 
annalen"  als  quellen  nicht  viel ,  da  sonst  merkwürdige  dinge 
genug  bei  diesem  autor  sich  finden ,  in  diesem  falle  halte  ich 
seine  nachricht  deshalb  nicht  für  richtig ,  weil  die  inschrift  Na- 
bünähids  dagegen  spricht ,  und  Herodots  persische  gewährsmän- 
ner  davon  nichts  wußten.  Trogus  Pompeius  (Iust.  I.  6,  1 6)  hat 
hier  wie  sonst  (vgl.  meine  abhandlung  a.  a.  o.)  die  angaben  He- 
rodots und  des  Ktesias  entweder  selbst  zusammen  gearbeitet 
oder  schon  so  von  Deinon  überkommen. 

Ueber  alle  anderen  resultate  dieser  schrift ,  soweit  sie  auf 
dieser  grundlage  ruhen ,  kann  ich  hinweggehen ,  sie  fallen  mit 
dem  nachweise,  daß  dieselbe  durch  unrichtige  Schlußfolgerungen 
gewonnen  ist.  Adolf  Bauer. 

25.  Arnold  Schäfer,  Abriß  der  quellenkunde  der 
griechischen  und  römischen  geschichte.  Erste  abtheilung.  Grie- 
chische geschichte  bis  auf  Polybios.  3.  aufläge.  Leipzig,  Teub- 
ner   1882.     2   bl.      112  p.      8. 

26.  Desselben  werkes  zweite  abtheilung.  Die  periode  des 
römischen   reiches,     ibid.    1881.      2  bl.      199  p.      8. 

Das  erscheinen  der  ersten  abtheilung  von  Schaefer's  Quel- 
lenkunde in  dritter  aufläge    und    das    neuerscheinen   der  zweiten 


^26  25.  Griechische  geschichte.  Nr.   2. 

abtheilung  wird  mit  um  so  lebhafterer  freude  begrüßt  werden, 
als  beide  werkchen  eine  empfindliche  lücke  in  unserer  histori- 
schen litteratur  ausfüllen  und  namentlich  der  herausgäbe  des 
die  römische  periode  behandelnden  theiles  seit  langem  mit  Span- 
nung entgegengesehen  wurde.  Nachdem  es  nun  doch  einmal 
zum  dogma  geworden  zu  sein  scheint,  daß  für  eine  systemati- 
sche behandlung  der  antiken  historiographie  noch  nicht  die  zeit 
gekommen  ist,  erkennen  wir  es  um  so  dankbarer  an,  daß  durch 
Schäfer's  grundriß  wenigstens  den  studirenden  der  geschichte 
des  Verfassers  umfassende  kenntnis  der  geschichtsquellen  des 
alterthums  und  der  mit  ihnen  sich  beschäftigenden  modernen 
forschungen  zu  gute  kommt. 

Nach  den  Worten  der  vorrede  dazu  bestimmt,  Vorlesungen  über 
quellenkunde  der  griechischen  und  römischen  geschichte  zur  unter, 
läge  zu  dienen  und  den  Zuhörern  die  wichtigsten  nachweisungen  und 
Zeugnisse  an  die  band  zu  geben,  beschränken  sich  beide  grundrisse, 
sowohl  was  die  auswahl  der  Schriftsteller,  als  die  Verzeichnung  der 
modernen  litteratur  anlangt ,  in  der  hauptsache  auf  denjenigen 
Stoff,  welchen  der  Verfasser  in  seinen  akademischen  Vorlesungen  be- 
handelt. An  vielen  stellen  freilich  hat  Schäfer  der  Versuchung 
nicht  widerstehen  können,  über  jene  eng  gesteckten  grenzen  hinaus- 
zugehen und  durch  anführung  einer  reihe  von  wenig  gekannten 
und  genannten  historikern,  die  aber  nach  irgendwelcher  richtung 
für  die  entwicklungsgeschichte  der  antiken  historiographie  von 
bedeutung  sind,  durch  ausführliche  citate  moderner  Untersuchun- 
gen, endlich  durch  mitunter  höchst  werthvolle  bemerkungen  über 
die  quellen  und  schriftstellerische  methode  einzelner  geschichts- 
schreiber,  über  ihre  benutzung  durch  spätere  u.s.w.  den  grund- 
riß zu  einer  auch  die  interessen  der  forschung  berücksichtigen- 
den quellenkunde  zu  erweitern.  Weit  davon  entfernt,  dem  verf. 
daraus  einen  Vorwurf  zu  machen,  hätten  wir  vielmehr  gewünscht, 
daß  er  von  vornherein  wenigstens  in  der  Verzeichnung  der 
Schriftsteller  Vollständigkeit  erstrebt  hätte.  Abgesehen  davon, 
daß  die  Unterscheidung  zwischen  geschichtsschreibern  zweiten 
und  dritten  ranges  eine  sehr  mißliche  ist,  auf  alle  fälle  oft  von 
dem  subjectiven  ermessen  des  einzelnen  abhängt,  wäre  durch 
eine  vollständige  chronologische  aufführung  der  antiken  histo- 
riker,  der  sich  außer  den  vom  verf.  gegebenen  litterar- 
historischen     und     biographischen     nachweisungen    ohne    große 


Nr.  2.  26.  Griechische  geschichte.  127 

Schwierigkeit  ein  etwa  den  litteraturangaben  von  Hübner's 
„Grundriß  zu  Vorlesungen  über  die  römische  litteraturgeschichte" 
entsprechendes  verzeichniß  der  neueren  Untersuchungen  und  kurze 
mittheilungen  über  den  gegenwärtigen  stand  der  forschung  auf 
den  einzelnen  gebieten  sich  anreihen  ließen,  wenigstens  die  grund- 
lage  für  eine  künftige  gesammtdarstellung  der  antiken  historio- 
graphie  gegeben ,  ohne  daß  dadurch  die  interessen  der  stu- 
direnden,  für  die  ja  doch  die  Vorlesungen  selbst  den  umfang 
des  zu  bearbeitenden  literarhistorischen  materiales  bestimmen, 
beeinträchtigt  werden  müßten.  Für  die  bedürfnisse  der  studi- 
renden  scheint  namentlich  der  in  der  zweiten  abtheilung  der 
quellenkunde  behandelte  stoff  ohnehin  öfters  allzu  karg  bemes- 
sen :  Während  der  annalistik  der  römischen  republik ,  die  doch 
zum  großen  theile  eine  rein  compilatorische  thätigkeit  entfaltete, 
eine  höchst  ausführliche  darstellung  zu  theil  wurde  —  die  fünf 
Schmerzenskinder  Alfius,  Procilius,  C.  Piso,  Scribonius  Libo  und 
Annius  Fetialis  sind  ihr  wohl  nur  der  chronologischen  Schwie- 
rigkeiten halber  nicht  eingefügt  worden  —  ist  eine  lange  reihe 
von  fragmentarisch  erhaltenen  griechischen  originalquellen  der 
kaiserzeit  (Müller ,  Fragmenta  historicorum  Graecorum.  Vol.  3 
und  4)  ganz  unberücksichtigt  geblieben ;  Bemarchius ,  Praxa- 
goras ,  Eustochius,  Magnus  aus  Carrhae  und  Eutychianus,  die 
biographen  der  kaiser  Konstantinus ,  Konstans  und  Julianus 
hätten  wenigstens  kurz  erwähnt  werden  dürfen.  Neben  den  vom 
verf.  aufgeführten  selbstbiographieen  des  Hadrianus  und  Septi- 
mius  Severus  hätten  wir  auch  die  memoiren  Trajans,  die  histo- 
rien  des  älteren  Seneca  und  dessen  von  seinem  söhne  verfaßte 
biographie,  ferner  die  durch  ihre  biographieen  des  Thrasea  Pae- 
tus  und  Helvidius  Priscus  berühmt  gewordenen  Arulenus  Rusti- 
cus  und  Herennius  Senecio,  von  den  späteren  die  chronik  des 
Theodorus  Lector  und  den  für  den  geist  seiner  zeit  so  charak- 
teristischen Fulgentius  gerne  erwähnt  gesehen.  Eine  ungleich- 
mäßigkeit  der  bearbeitung  äußert  sich,  wie  schon  angedeutet, 
in  des  verf.  notizen  über  die  quellen  der  aufgeführten  historiker ; 
wir  können  es  zwar  nur  billigen,  daß  Schäfer  über  die  in  dies 
gebiet  einschlagenden  fragen  im  allgemeinen  sehr  vorsichtig  und 
zurückhaltend  sich  ausspricht  —  nur  zuweilen  gibt  er  vermu- 
thungen,  wie  z.  b.  diejenige  L.  Keller's  über  die  benutzung  des 
Juba    durch  Appian  und  Dio    und    die    von  Niebuhr- Mommsen 


128  26.  Griechische  geschichte.  Nr.    2. 

über  die  abhängigkeit  des  Diodor  von  Fabius  Pictor  als  that- 
sachen  —  sind  aber  doch  der  ansieht,  daß  kurze  orientirende 
bemerkungen  über  die  wichtigsten  controversen  hinsichtlich  der 
quellen  des  Plutarchus,  Tacitus,  Suetonius  etc.,  ähnlich  den  vom 
verf.  über  die  composition  des  Livianischen  werkes  gegebenen 
auseinandersetzungen ,  den  werth  des  abrisses  für  manchen  leser 
wesentlich  erhöht  haben  würden.  Dasselbe  gilt  von  den  angaben 
über  die  benutzung  der  einzelnen  geschichtschreiber  durch  spä- 
tere —  den  aussebreibern  des  Herodian  (p.  157)  ist  Jobannes 
von  Antiochia  hinzuzufügen  —  und  von  der  anführung  der  neue- 
ren literatur,  aus  welcher  zuweilen  eine  nur  sehr  spärliche  und 
wohl  kaum  von  festen  gesichtspunkten  ausgehende  auswahl  ge- 
troffen worden  ist.  In  dem  abschnitte  über  Joannes  von  Epi- 
phania  war  neben  der  Sammlung  seiner  fragmente  bei  Müller 
FHG  IV  272  auch  die  Dindorf'sche  Sammlung  der  Historici 
Graeci  minores  anzuführen  und  ebenso  wäre  ein  consequenteres 
durchführen  der  citirung  von  Migne's  Patrologie  zu  wünschen 
gewesen.  Manche  lücken  (es  fehlen  z.  b.  Dellius,  Claudius  Ma- 
mertinus,  Nazarius,  Latinus  Drepanius)  und  febler  (z.  b.  p.  199 
Theophanes  von  Mytilene  167  statt  67)  weist  endlich  der  index 
auf,  in  welchem  studierende  den  Alexander  Polyhistor  wohl  kaum 
nur  unter  Cornelius  suchen  dürften. 

Möchten  wir  die  zweite  abtheilung  bei  der  Veranstaltung 
einer  zweiten  aufläge  ,  die  ja  bei  der  außerordentlichen  brauch- 
barkeit  des  werkchens  nicht  lange  auf  sich  wird  warten  lassen, 
gerne  nach  den  angedeuteten  richtungen  hin  erweitert  und  ver- 
ändert wissen ,  so  freuen  wir  uns  andererseits  um  so  mehr ,  auf 
die  mannichfachen  Verbesserungen ,  welche  die  erste  abtheilung 
in  ihrer  neuen  bearbeitung  erfahren  hat,  besonders  auf  die  sorg- 
same benutzung  und  nachtragung  der  litteratur  der  letzten  acht 
jähre  hinweisen  zu  dürfen.  Nur  hätten  wir  gewünscht,  daß  die 
controversen  über  die  Vollständigkeit  und  die  Überlieferung  von 
Xenophon's  Hellenika  kurz  berührt  und  daß  neben  Skylax  von 
Karyanda  auch  der  Periplus  des  angeblichen  Hanno  und  Py- 
theas  erwähnt  worden  wären;  zu  der  litteratur  über  Herodot, 
Ephorus,  Theopomp,  Timaeus  und  Aeneas  sind  die  sebriften  von 
Wecklein  (1876),  Holzapfel  (1879),  Egger  (Mem.  de  l'institut. 
academie  des  inscript.  et  belles-lettres.  T.  27  P.  2  p.  1 — 42), 
Kothe  (1874)  und  Lange  (1879)  nachzutragen.  H.  Haupt. 


Nr.  2.  27.  Griechische  geschichte.  129 

27.  G.  Dum,  Entstehung  und  entwicklung  des  spartani- 
schen ephorats  bis  zur  beseitigung  desselben  durch  könig  Kleo- 
menes  III.     Innsbruck   1878.      186   p.      8.      3   mk. 

Nachdem  der  verf.  in  der  einleitung  seine  gruudsätze  bei 
der  forschung  auf  dem  gebiete  der  älteren  griechischen  geschichte 
dargelegt  hat,  wendet  er  sich  im  ersten  kapitel  (p.  11  ff.)  gegen 
einige  behauptungen  neuerer  forscher,  die  durch  die  quellen  ent- 
weder in  keiner  oder  in  ganz  ungenügender  weise  gestützt  sind. 
So  weist  er  nach  ,  daß  die  weit  verbreitete  annähme ,  das  ur- 
sprüngliche amt  der  ephoren  sei  die  marktaufsicht  gewesen,  we- 
der durch  irgend  eine  Überlieferung  noch  durch  rückschlüsse 
aus  den  einrichtungen  der  historischen  zeit  gestützt  werden  könne. 
Auch  sei  die  hypothese  0.  Müllers,  daß  die  nachweislich  in  äl- 
tester zeit  von  den  ephoren  verwaltete  civilgerichtsbarkeit  die 
grundlage  gebildet  habe,  auf  welcher  sie  allmählich  eine  aufsieht 
über  den  ganzen  staat  und  selbst  über  die  könige  erlangten, 
unwahrscheinlich  (p.  11  — 16).  Ebenso  wenig  läßt  sich  zwischen 
der  ermordung  des  königs  Polydor  zur  zeit  des  ersten  messeni- 
schen krieges  und  der  entwicklung  der  ephorenmacht  ein  Zu- 
sammenhang nachweisen,  wie  ihn  Schäfer,  Curtius  u.  a.  anneh- 
men (p.  16 — 21).  Endlich  widerlegt  der  verf.  noch  die  hypo- 
these von  Duncker,  nach  welcher  der  weise  Spartaner  Cheilon 
und  der  sühnpriester  Epimenides  von  Kreta  von  einfluß  auf  die 
entwicklung  des  ephorats  gewesen  sein  sollen.  Eine  anwesen- 
heit  des  Epimenides  in  Sparta  läßt  sich  überhaupt  nicht  nach- 
weisen, und  Cheilon  wird  nur  in  einer  stelle  des  Diogenes  Laer- 
tios  (I,  68)  zu  der  entwicklung  des  ephorats  in  beziehung  ge- 
setzt; doch  kann  diese  stelle  wegen  ihrer  Unbestimmtheit  (xal 
nfjcoTOi  su'ijyijaaTn  eepogova  toi*-  ßaaiXnai  naga^svyvvvat),  zumal 
da  sie  durch  kein  anderes  zeugnis  bestätigt  wird,  wenig  bewei- 
sen,    (p.  21—30). 

Im  zweiten  kapitel  werden  die  berichte  unserer  quellen  über 
den  Ursprung  des  ephorats  geprüft,  zunächst  die  des  Herodot 
und  Xenophon  (p.  31 — 33),  dann  die  des  Piaton,  des  Aristoteles 
und  des  Plutarch  im  leben  Lykurgs  (p.  33 — 39)  und  endlich 
der  bericht  Plutarchs  im  leben  des  Kleomenes  III.  (p.  39 — 54). 
Als  der  relativ  beste  erscheint  dem  verf.  der  letztgenannte. 
Die  ephoren  wurden  hiernach  zur  zeit  des  ersten  messenischen 
krieges    vom    könig  Theopomp    als    Stellvertreter   der  könige  für 


130  27.  Griechische  geschichte.  Nr.  2. 

die  civilgerichtsbarkeit  eingesetzt.  Erst  später  unter  dem  ephor 
Asteropos  erweiterten  sie  ihre  macht. 

Da  uns  über  die  entwicklung  des  ephorats  nach  seiner  er- 
sten einrichtung  durch  Theopomp  die  quellen  fast  gar  keine  di- 
rekten Zeugnisse  geben,  sucht  der  verf.  im  dritten  kapitel  (p.  55 
— 93)  aus  der  betrachtung  der  zustände  der  ältesten  zeit,  über 
welche  unser  ältester  gewährsmann,  Herodot,  noch  zuverlässige 
nachrichten  besitzen  konnte,  die  entwicklung  der  ephorenmacht 
zu  erkennen.  Er  weist  nach,  daß  der  könig  Kleomenes  I.  (etwa 
520 — 488)  noch  durchaus  selbständig,  wenn  auch  nicht  unver- 
antwortlich ,  die  auswärtigen  angelegenheiten  Spartas  leitete ,  so 
lange  er  mit  seinem  kollegen  einig  war,  daß  dagegen  im  falle 
der  Uneinigkeit  der  beiden  könige  die  ephoren  als  Vertreter  des 
Staats  nach  außen  erscheinen.  Er  folgert  daraus,  daß  schon  da- 
mals ein  gesetz  existierte ,  welches  forderte ,  daß  die  könige  bei 
allen  regierungshandlungen  einig  sein  sollten ,  und  für  den  fall 
ihrer  Uneinigkeit  die  ephoren  zu  ihren  Stellvertretern  ernannte. 
Diese  ansieht  des  verf.  wird  bestätigt  durch  den  nachweis,  daß 
mit  der  späteren  dauernden  ephorenherrschaft  eine  dauernde  Un- 
einigkeit der  beiden  königshäuser  hand  in  hand  ging. 

Auf  dieser  grundlage  betrachtet  der  verf.  dann  im  4.  ka- 
pitel die  entstehung  und  entwicklung  des  ephorats  bis  zum  er- 
laß des  gesetzes,  welches  den  ephoren  die  Stellvertretung  der 
uneinigen  könige  übertrug  (p.  94 — 104),  und  im  5.  kapitel  die 
weitere  entwicklung  des  ephorats  bis  zu  seiner  aufhebung  durch 
Kleomenes  III.  um  226  (p.  105 — 186),  in  der  er  drei  perioden 
unterscheidet:  1)  die  zeit  der  Wechselherrschaft  zwischen  köni- 
gen  und  ephoren  bis  zum  tode  des  Kleomenes  I.,  2)  die  zeit 
der  dauernden,  aber  gesetzlich  geregelten  herrschaft  der  ephoren 
bis  etwa  zur  schlacht  bei  Mantineia  (362),  3)  die  zeit  der  will- 
kürherrschaft  der  ephoren.  Ausführlich,  oft  etwas  zu  breit, 
werden  in  diesem  abschnitt  die  einzelnen  rechte  geschildert,  die 
den  ephoren  durch  das  gesetz  über  die  Stellvertretung  der  un- 
einigen könige  theils  unmittelbar  (p.  111 — 138),  theils  mittelbar 
(p.   138 — 186)  übertragen  wurden. 

Der  Schwerpunkt  der  ganzen  Untersuchung  liegt  im  dritten 
kapitel.  Der  vom  verf.  geführte  beweis  ist  ihm ,  so  weit  dies 
überhaupt  bei  der  dürftigkeit  unserer  quellen  möglich  ist,  im  gan- 
zen gelungen,  wenn  er  auch  bisweilen  in  dem  streben,  möglichst 


Nr.   2.  28.  Griechische  geschichte.  131 

viele  belegstellen  für  seine  ansieht  beizubringen,  mir  zu  weit  zu 
gehn  scheint.  So  kann  ich  ihm  z.  b.  nicht  zugeben ,  daß  die 
eide  der  könige  und  ephoren,  die  Pseudoxenophon  vom  staat 
der  Lakedaimonier  15,  7  überliefert,  nothwendig  aus  der  zeit 
der  Wechselherrschaft  zwischen  königen  und  ephoren  stammen 
müssen,  da  sie  in  der  späteren  zeit  keine  praktische  bedeutung 
gehabt  hätten.  Wenn  der  verf.  selbst  annimmt ,  daß  schon  zur 
zeit  des  Kleomenes  I.  die  könige  verantwortlich  waren,  so  konnten 
sie  doch  auch  in  anderer  weise  als  durch  ihre  Uneinigkeit  die 
gesetze  übertreten.  Andererseits  konnte  auch  zur  zeit  der  dau- 
ernden ephorenherrschaft  der  eid  der  ephoren  die  könige  in  den 
ihnen  noch  verbliebenen  rechten  vor  willkürlichen  eingriffen  der 
ephoren  schützen  (vgl.  p.  66).  Wenn  der  verf,  ferner  p.  69  ff. 
aus  den  anordnungen  ,  die  die  ephoren  über  die  doppelte  ehe 
der  könige  Anaxandridas  und  Ariston  treffen,  den  schluß  zieht, 
daß  diese  könige  wenigstens  zeitweilig  uneinig  gewesen  seien, 
so  möchte  ich  dagegen  bemerken ,  daß  dies  keine  eingriffe  in 
die  regierungsgeschäfte  der  könige  sind ,  sondern  daß  sich  die- 
selben vielleicht  genügend  aus  dem  aufsichtsrechte  der  ephoren 
erklären  lassen.  Im  übrigen  scheint  mir  die  ansieht,  daß  die 
ephoren  ihre  macht  vorzüglich  der  Uneinigkeit  der  könige  ver- 
dankten, sehr  wahrscheinlich,  zumal  da  diese  tradition,  wie  der 
verf.  p.  67  aus  Plut.  Agis  12  nachweist,  schon  im  alterthum 
vorhanden  war. 

Unangenehm  berührt  haben  den  ref.  einige  stilistische  ei- 
genthümlichkeiten  des  verf. ,  so  besonders  die  Verbindung  der 
Präpositionen  während,  wegen  und  statt  mit  dem  dativ 
(vgl.  p.  56,  96,  109,  115,  130,  132)  und  außer  mit  dem  ac- 
cusativ  (p.  145).  Ebenso  wunderlich  klingt  es,  wenn  der  verf. 
p.  96,  114  u.  ö.  den  griechischen  ausdruck  7«  rth]  mit  dem 
deutschen  artikel  d  i  e  versieht  und  dann  als  fem.  sing.  (z.  b. 
von  der  rä   zilt])  gebraucht.  A.  Hoch. 

28.  Emil  Szantö,  Untersuchungen  über  das  attische 
bürgerrecht.     Wien   1881.     8.     53  p. 

Unsere  kenntnis  des  attischen  bürgerrechts  ist  in  den  letzten 
jahren  vielfach  erweitert  worden  Die  inschriften  geben  immer 
neuen  stoff  zur  aufhellung  dunkler  punkte  und  zur  berichtigung 
früherer  irrthümer.     Vorliegende  schrift  handelt  in  ihrem  ersten 


132  28.  Griechische  geschichte.  Nr.  2. 

theil  über  die  Verleihung  des  attischen  bürgerrechts.  Die  ge- 
wöhnliche formel  in  den  attischen  bürgerrechts  -  diplomen  lautet 
bekanntlich:  thai  rbv  delvu'A&r/vaio*  »at  tivut  alzw  ygäipaadai  qivlijg 
aal  d/jftov  xa}  q^arQiag  qg  et»  ßovlijTßti.  In  einigen  steht  dafür 
SiöoaOai  (dedößöai)  rw  Sein  zijv  nolizsCav  xzX.  Außerdem  aber 
zeigen  mehrere  inschriften  noch  einen  zusatz,  wonach  die  mit 
dem  bürgerrecht  beschenkten  fremden  sich  zuerst  einer  dokimasie 
vor  einem  gerichtshof  von  501  heliasten  zu  unterziehen  haben: 
tot g  ds  deofioütiutj  tiaayayur  uvtw  xr\v  doxifiuaCuv  Big  zo  dixa- 
OTfjQiov.  Hiernach  zerfallen  diese  decrete  in  drei  gruppen  :  die 
erste  enthält  nur  die  zuerst  genannte  formel,  die  zweite  hat  die- 
selbe formel  mit  dem  zusatz  betreffend  die  dokimasie  in  der  he- 
liäa,  die  dritte  zeigt  die  formel  dtduaOai  rtjv  noltrsiat  und  gleich- 
falls den  zusatz  von  der  dokimasie.  Szäntö  weist  nach ,  daß 
diese  drei  gruppen  drei  verschiedenen  zeiten  entsprechen.  Die 
inschriften  der  ersten  classe  gehören  nämlich  alle  der  zeit  vor 
ol.  120  an,  von  den  inschriften  der  zweiten  classe  fällt  keine 
vor  ol.  120.  Demnach  läßt  sich  annehmen,  daß  die  dokimasie 
für  das  verliehene  bürgerrecht  erst  um  ol.  120  eingeführt  wurde. 
Eine  stütze  findet  diese  annähme  in  dem  umstände,  daß  bei  den 
Schriftstellern  diese  dokimasie  nirgends  erwähnt  wird.  Mit  der 
in  der  rede  g.  Neaer.  105  erwähnten  dokimasie  der  Platäer  hat 
es  eine  andere  bewandtnis,  dort  handelte  es  sich  bei  jedem  ein- 
zelnen um  eine  prüfung,  ob  er  Platäer  sei  oder  nicht.  In  der- 
selben rede  (89  ff.)  wird  der  hergang  bei  bürgerrechtsverleihun- 
gen  so  beschrieben,  daß  wir  daraus  schließen  müssen,  daß  eine 
dokimasie  damals  noch  nicht  bestand.  Der  redner  bemerkt,  daß 
es  nach  der  zweiten  abstimmung  jedem  Athener  gestattet  sei 
durch  eine  yQaqsij  nayavünmv  die  Verleihung  zu  suspendieren 
(event.  rückgängig  zu  machen).  Szäntö  erklärt  sich  mit  recht 
gegen  Hartel's  interpretation  dieser  stelle  und  schließt  daraus, 
daß  bis  Ol.  120  ungefähr  zur  anfechtung  eines  verliehenen  bür- 
gerrechts die  yQayi]  7ia(juiüfxo3i  angewendet  werden  konnte,  nach 
dieser  zeit  aber  eine  regelmäßige  dokimasie  stattfand.  Eine 
solche  ygagiij  nagatüiimv  nimmt  Szäntö  mit  Kirchhoff  und  an- 
deren bei  der  Verleihung  des  bürgerrechts  an  Thrasybul  und 
Apollodor,  die  mörder  des  Phrynichos,  im  jähre  409  an.  Da 
in  dem  decret  CIA  I  59  nur  dem  Thrasybul  das  bürgerrecht 
verliehen  wird,    bei  Lysias  (XIII,  72)  dagegen  auch  Apollodor 


Nr.  2  28.  Griechische  geschichte.  133 

genannt  wird,  so  vermuthete  Kirchhoff  (Monatsberichte  der  ber- 
liner akademie  1861,  p.  607  ff.),  daß  letzterem  auf  grund  einer 
fgaqirj  naQavnpitov  vom  gerichtshof  das  bürgerrecht  wieder  ent- 
zogen und  daher  das  betreffende  decret  cassiert  und  durch  ein 
neues  ersetzt  wurde,  in  welchem  der  name  des  Apollodor  fort- 
blieb. Aber  das  Verhältnis  der  Lysias  -  stelle  zu  dem  inschrift- 
lich erhaltenen  decret  wird  durch  diese  hypothese  nicht  aufge- 
klärt. Das  psephisma,  welches  der  redner  zuerst  verlesen  ließ 
(§  71),  soll  nach  Szäntö  das  erste  (nachträglich  cassierte)  decret 
gewesen  sein,  das  an  zweiter  stelle  (§  72)  erwähnte  soll  das 
zweite  (nur  den  namen  des  Thrasybul  und  die  belobigungen 
für  Agoratos  etc.  enthaltende)  decret  sein ,  dasselbe  welches  in 
CIA  I  59  erhalten  ist.  Aber  ist  es  denkbar,  daß  der  redner 
ein  cassiertes  psephisma  verlesen  ließ?  CIA  I  59  soll  in  bezug 
auf  Thrasybul  nur  eine  Wiederholung  des  ersten  beschlusses  sein 
(der  ihm  und  Apollodor  das  bürgerrecht  ertheilte).  Die  Verlei- 
hung des  bürgerrechts  wird  aber  in  einem  amendement  des 
Diokles  ausgesprochen :  warum  beantragt  der  rath  für  Thrasybul 
nur  belobigung  und  bekränzung  und  nicht  auch  das  bürgerrecht, 
wenn  es  ihm  schon  früher  verliehen  war?  vgl.  auch  Röhl  Her- 
mes XI,  379  und  Jahresberichte  des  philologischen  Vereins  III, 
39.  —  Was  die  Verhandlungen  über  Verleihung  des  bürgerrechts 
betrifft ,  so  wissen  wir  aus  der  rede  gegen  Neaera ,  daß  zwei 
Volksversammlungen  stattfinden  mußten :  in  der  zweiten  erfolgte 
geheime  abstimmung  bei  anwesenheit  von  mindestens  6000  Athe- 
nern. Ganz  unbegründet  ist  dem  gegenüber  Szäntö's  behaup- 
tung,  daß  bei  bürgerrecbtsverleihungen  drei  abstimmungen  statt- 
finden mußten :  er  stützt  sich  dabei  ausschließlich  auf  Hartel's 
theorie  von  der  doppelten  lesung  in  der  Volksversammlung.  — ■ 
Am  Schlüsse  dieses  capitels  erörtert  Szäntö  die  gründe,  aus  de- 
nen bürgerrecbtsverleihungen  in  Athen  erfolgten.  Nach  einem 
alten  gesetz,  welches  Plutarch  (Sol.  24)  erwähnt,  sollten  nur 
solche-  fremde  das  bürgerrecht  erhalten,  welche  entweder  aus 
ihrer  heimat  verbannt  oder  zur  ausübung  einer  kunst  nach  Athen 
übergesiedelt  waren.  Ein  späteres  gesetz  ([Dem.]  gegen  Neaer.  89) 
gestattete  die  Verleihung  des  bürgerrechts  nur  an  fremde,  die 
sich  um  den  athenischen  Staat  wohl  verdient  gemacht  (pij  s£et- 
tui  nnirtauadai  ^idrjvuiov^  ov  av  ju/}  oV  av8(jayct&Cav  eig  tov  87]- 
fiov  tiv  'ud&ijfcu'eov  u^iot  fi  jtvioQcu  aoXijtjv^.  In  den  erhaltenen 
Piniol.  Anz.  XIV.  10 


134  28.  Griechische  geschichte.  Nr.  2. 

Bürgerrechts  -  decreten    wird    durchweg  als  motiv  der  Verleihung 
diese  arÖQayaOiu  angegeben. 

Im  zweiten  capitel  behandelt  Szäntö  einige  punkte  des  ge- 
meindebürgerrechts.  Er  bespricht  zuerst  die  inschrift  aus  dem 
demos  Myrrhinus  CIA  II  578  ,  die  unter  anderem  bestimmun- 
gen  über  die  rechenschaftsablage  der  gemeindebeamten  enthält. 
Sie  fand  vor  einem  euthynen  und  10  gewählten  statt:  wenn 
diese  den  beamten  verurtheilten  ,  so  konnte  er  an  die  gesammt- 
heit  der  demoten  appellieren.  Die  entscheidende  abstimmung  in 
der  demoten-versammlung  durfte  nur  vorgenommen  werden,  wenn 
mindestens  30  demoten  anwesend  waren.  Wenn  man  die  von 
Dem.  gegen  Eubul.  9  angegebene  zahl  der  demoten  von  Ha- 
limus  (73)  als  die  normale  annimmt l),  so  ergiebt  sich  als  durch- 
schnittliche majorität  in  den  einzelnen  demen  30 — 40.  Vielleicht 
also  können  jene  30  als  die  majorität  aller  demoten  von  Myrr- 
hinus angesehen  werden.  Bei  der  abstimmung  nun,  meint  Szäntö, 
kann  nicht  das  urtheil  der  majorität  der  anwesenden  ent- 
scheidend gewesen  sein.  Er  setzt  den  fall,  daß  die  10  gewählten 
einstimmig  verurtheilten ,  in  der  demoten  -  Versammlung  dagegen 
der  beamte  mit  16  gegen  14  stimmen  freigesprochen  wurde. 
Dann  hätten  16  stimmen  über  24  (einschließlich  der  10  ge- 
wählten) gesiegt.  Dies  nennt  Szäntö  eine  Ungeheuerlichkeit,  er 
behauptet  daher,  daß  ein  einstimmiges  urtheil  der  anwesenden 
zur  giltigkeit  nothwendig  war.  Dieser  Schluß  scheint  mir  nicht 
zwingend.  Zunächst  halte  ich  es  nicht  für  sicher,  daß  die  10 
gewählten  von  der  abstimmung  in  der  demoten  -  Versammlung 
ausgeschlossen  waren.  Sodann  war  die  abstimmung  geheim : 
was  hätte  das  für  einen  zweck  gehabt,  wenn  einstimmigkeit  nö- 
thig  war  ?  Was  geschah  ferner ,  wenn  die  Versammlung  nicht 
einig  war,  wenn  nicht  einstimmig  freisprechung  oder  verurthei- 
lung  erfolgte?     Ueber  diesen  fall  läßt    uns  Szäntö  ganz  im  un- 

1)  Die  große  der  demen  war  jedoch  sehr  verschieden,  wie  man 
sowohl  aus  Thuk.  II,  20  (auch  wenn  die  zahl  rgiaxdiot  unrichtig  ist) 
als  aus  Dem.  gegen  Eubul.  67  schließen  muß.  Szäntö  meint,  daß  un- 
ter den  hopliten  aus  Acharnae  (bei  Thuk.)  sich  auch  solche  befanden, 
die  nur  in  diesem  demos  wohnten  und  nicht  Acharner  waren.  Das 
glaube  ich  nicht.  Nach  Szäntö  sollen  sich  auch  die  worte  bei  Dem. 
vcoi  tu)v  ixtyäkiav  drjfxwv  lere  nur  auf  die  einwohner-  nicht  auf  die 
demotenzahl  beziehen.  Aber  der  redner  spricht  von  den  demoten- 
versammlungen,  er  kann  also  nur  die  zahl  der  demoten  im  äuge  ge- 
habt haben. 


Nr.  2.  29.  Römische  geschichte.  135 

klaren.  Galt  der  beamte  als  freigesprochen,  wenn  z.  b.  von 
30  anwesenden  28  verurtheilten  und  2  freisprachen?  Dies  re- 
sultat  wäre  doch  viel  ungeheuerlicher.  —  Im  folgenden  handelt 
Szäntö  über  die  einnahmen  und  ausgaben  der  demen ,  wobei  er 
die  schwierige  inschrift  der  Plothäer  CIA  II  570  zu  erläutern 
sucht,  sodann  über  das  iyxtijTixoi',  welches  die  attischen  bürger 
(und  fremde)  für  grundbesitz  in  einem  fremden  gau  zu  zahlen 
hatten ,  und  über  die  Verleihung  der  ürtlaia  £yyaq?r/.oi>  (CIA 
II  589).  Den  Schluß  der  abhandlung  bildet  die  erörterung  der 
frage,  in  welchem  Verhältnis  die  phratrienzu  den  demen  standen 
und  was  für  ein  Zusammenhang  zwischen  geschlechtern  und 
phratrien  (in  der  nachkleisthenischen  zeit)  bestand.  Daß  Kleist- 
henes  neue  phratrien  einrichtete ,  welche  kleiner  waren  als  die 
demen  (vielleicht  unterabtheilungen  der  demen) ,  hat  Buermann 
(Jahrbücher  suppl.  IX,  608  ff.)  nachgewiesen.  Zwischen  diesen  phra- 
trien und  den  geschlechtern  waltete ,  wie  Szantö  ausführt ,  ein 
verschiedenes  Verhältnis  ob  je  nach  der  große  des  geschlechts  und 
der  zeit  seiner  gründung :  die  angehörigen  großer  und  alter 
(vorkleisthenischer)  geschlechter  (z.  b.  des  geschlechts  der  Ke- 
ryken)  waren  unter  verschiedene  demen  und  phratrien  vertheilt, 
die  kleinerer  und  jüngerer  (nachkleisthenischer)  gp.schlechter 
mußten  denselben  phratrien  und  demen  angehören.  Dem  dijuo- 
nohj7Qc  war  gestattet,  nachdem  er  den  demos  gewählt  hatte,  noch 
die  phratrie  zu  wählen,  weil  in  jedem  demos  mehrere  phratrien 
waren.  Die  phratrien  nehmen  also  eine  mittelstellung  ein  zwischen 
der  demen-  und  der  geschlechter-verfassung. 

Leopold  Cohn. 

29.  Paul  Devaux,  e^udes  politiques  sur  les  principaux 
eVenements  de  l'histoire  romaine.  Bruxelles,  librairie  C.  Muquard. 
Paris,  librairie  Hachette  et  Cie  1880.  Tome  I,  556  p.,  tome  II, 
474  p. 

Der  Verfasser  dieses  umfangreichen  Werkes  hat  sich  die  auf- 
gäbe gestellt,  die  römische  geschichte  weniger  vom  quellen- 
kritischen als  vom  politischen  Standpunkte  aus  zu  be- 
handeln :  nicht  die  Untersuchung  des  details  ,  sondern  die  histo- 
rische entwicklung  im  allgemeinen  ist  der  gegenständ  der  durch 
zwei  starke  bände  sich  hinziehenden  darstellung.  Die  gesichts- 
punkte ,    die   er    dabei    zu    gründe    legt,    sind   folgende:    1.  die 

10* 


136  29.  Römische  geschickte.  Nr.   2, 

durchweg  kriegerische  politik  des  römischen  senats  erklärt  sich 
aus  dessen  bestreben,  innere  Unruhen  zu  beschwichtigen;  2.  das 
hauptmittel  der  erweiterung  und  befestigung  der  römischen  herr- 
schaft  war  die  Verbindung  mit  den  aristokratien  anderer  itali- 
scher städte.  Dieselbe  war  ein  hauptkitt  der  römischen  macht, 
dessen  stärke  und  festigkeit  sich  insbesondere  in  den  kriegen 
mit  Pyrrhus  und  Hannibal  erweisen  sollte.  3.  Die  plebs  ist 
eine  art  tiers-etat;  es  sind  in  ihr  zwei  elemente  zu  unterschei- 
den: die  reichen  und  die  armen.  Die  resultate  des  ständekam- 
pfes  kommen  nur  den  ersteren  zu  gute;  daher  führte  auch  der 
ausgleich  der  stände  nicht  zur  demokratie ,  sondern  die  letztere 
war  erst  eine  weitere  folge  des  kampfes  der  niederen  plebs  gegen 
die  patrizisch-plebejische  nobilität.  4.  Ueberall  in  Italien  gab  es 
einen  gegensatz  zwischen  aristokratie  und  demokratie,  dessen 
geschickter  ausnutzung  Rom  den  größten  theil  seiner  erfolge 
verdankt.  5.  Als  hauptkriterium  bei  allen  unsicheren  und  zwei- 
felhaften Überlieferungen  betrachtet  der  verf.  die  geschicht- 
liche Wahrscheinlichkeit. 

Was  den  ersten  punkt  betrifft,  so  wird  die  ansieht  des  verf. 
jedenfalls  so  lange  nicht  als  ausgemacht  gelten  können,  als  man 
über  die  natur  des  Ständekampfes  selbst  noch  im  unklaren  ist. 
Den  zweiten  und  vierten  punkt  kann  referent  um  so  mehr  un- 
terschreiben, als  er  in  seinem  „Latium  und  Rom"  die  hier 
ausgesprochenen  ansichten  des  verf.  ausführlich  zu  erweisen  suchte. 
Der  dritte  punkt  ist  in  den  neueren  darstellungen  der  römischen 
geschichte  in  Deutschland  fast  allgemein  rezipiert.  Was  aber 
die  methode  des  Verfassers  angeht,  so  ist  dieselbe  eine  durchaus 
veraltete ,  insbesondere  für  die  beurtheilung  solcher  zeiten ,  in 
denen  es  an  jeglichen  positiven  anhaltspunkten  fehlt.  Die  er- 
eignisse  müssen  vor  allem  auf  ihre  Zeugnisse  und  quellen  hin 
betrachtet  werden,  da  eine  sache  an  sich  in  einem  gewissen  an- 
genommenen Zusammenhang  recht  wahrscheinlich  und  doch  quellen- 
mäßig durchaus  unhaltbar  sein  kann.  Das  unzulängliche  dieser 
methode  zeigt  sich  vor  allem  deutlich  in  der  behandlung  der 
königsgeschichte,  an  die  der  verf.  vom  Wahrscheinlichkeitsstand- 
punkt politische  betrachtungen  anknüpft,  die  vollständig  in  der 
luft  schweben,  wenn  man  die  königsgeschichte  nicht  als  wirk- 
liche geschichte  ansieht.  Das  letztere  thut  der  verf.  zwar  nicht 
durchaus,  vielfach    schließt    er   sich   sogar    an   bekannte    ausein- 


Nr.   2.  29.  Römische  geschichte.  137 

andersetzungen  von  Mommsen ,  Schwegler  und  Ihne  an  •,  aber 
im  ganzen  steht  er  nicht  auf  quellenmäßig  kritischem, 
sondern  rationalistischem  Standpunkt;  er  untersucht  nicht 
die  erzählungen ,  er  deutelt  sie ;  daher  unterscheidet  er  auch 
nicht  zwischen  sage  und  mythus,  für  welch  letzteren  er  auch  nicht 
das  geringste  Verständnis  hat.  So  verwirft  er  z.  b.  die  alte  kö- 
nigschronologie ,  gleichwohl  aber  versucht  er  die  geschichte  im 
sinne  der  alten  Chronologie  zu  reconstruieren,  ohne  auf  den  my- 
thischen gehalt  derselben  im  geringsten  rücksicht  zu  nehmen. 
Ueber  den  Servius  Tullius  und  die  beiden  Tarquinier  enthält 
übrigens  das  buch  nur  politische  betrachtungen ;  solche  haben 
aber  gar  keinen  werth,  wenn  die  ihnen  zu  gründe  liegenden  that- 
sachen  nicht  historisch  sind.  Ebenso  steht  es  mit  des  verf.'s 
betrachtungen  über  die  an  die  königsgeschichte  sich  zunächst 
anschließenden  zeiten,  die  im  Verhältnisse  zu  ihrer  von  dem  verf. 
selbst  angezweifelten  glaubwürdigkeit  mit  großer  breite  psycho- 
logisch ausgemalt  werden,  so  daß  tradition  und  eigene  ausspin- 
nung  hier  wundersam  durcheinander  fließen.  Diese  verschwom- 
mene art  nimmt  zu ,  je  mehr  wir  uns  der  fest  beglaubigten  ge- 
schichte nähern ,  indem  die  vorher  noch  hie  und  da  eingescho- 
benen kritischen  betrachtungen  jetzt  ganz  aufhören.  In  der  dar- 
stellung  der  älteren  geschichte  ist  hauptsächlich  der  umstand 
zu  tadeln,  daß  das  so  wichtige  verhältniß  Latiums  zu  Rom  nur 
sehr  oberflächlich  berührt  ist.  In  bezug  auf  die  Samniterkriege 
steht  der  verf.  zwar  im  allgemeinen  auf  dem  kritischen  Stand- 
punkt der  neueren  forscher,  aber  nur  insoweit,  als  er  zwar  die 
von  der  tradition  angegebenen  Ursachen  und  beweggründe,  kei- 
neswegs aber  die  einzelnen  thatsachen  selbst  in  zweifei  ziehen 
will.  Mit  dem  was  der  verf.  über  die  rolle  Kampaniens  wäh- 
rend der  Samniterkriege  sagt,  kann  sich  rezensent  im  allgemei- 
nen einverstanden  erklären ,  obwohl  auch  hier  der  reflexion  die 
Quellenkritik  vorausgehen  müßte.  Bei  weitem  interessanter  und 
werthvoller  als  der  erste  bis  zur  lex  Hortensia  reichende  band, 
dessen  ausführungen  uns  im  ganzen  wenig  befriedigt  haben ,  ist 
der  zweite  theil,  der  abgesehen  von  einzelnen  wichtigen  bemer- 
kungen  über  den  krieg  mit  Pyrrhus  und  den  ersten  punischen 
krieg  eine  ganz  selbständige ,  von  der  bisherigen  auffassung 
total  abweichende,  betrachtung  des  Hannibalischen  kriegs  enthält. 
Während  nämlich    bis  jetzt    der    kriegszug  Hannibals   allgemein 


138  29.  Römische  geschichte.  Nr.  2. 

als  eine  der  genialsten  thaten  der  Weltgeschichte  Detrachtet  wor- 
den ist,  erklärt  der  verf.  denselben  für  ein  leichtfertig  unternom- 
menes abenteuer,  bei  dem  alle  in  rechnung  kommenden  faktoren 
sich  als  falsch  erwiesen  hätten ,  und  auch  die  so  sehr  verherr- 
lichten taktischen  siege  des  Karthagers  nicht  als  eine  leistung 
eines  eminenten  militärischen  genies,  sondern  lediglich  als  folge 
der  Unfähigkeit  seiner  gegner  und  der  zufälligen  Überlegenheit 
an  reiterei  anzusehen  seien.  Dem  nachweis  dieser  von  der  bisherigen 
auffassung  so  sehr  verschiedenen  ansieht  ist  der  größte  theil  des 
zweiten  bandes  gewidmet.  Sehen  wir  uns  die  gründe  des  verf.s 
näher  an.  Zuerst  sucht  er  den  beweis  zu  führen,  daß  die  ganze 
Verantwortlichkeit  des  krieges  auf  Hannibal  allein  zurückfalle. 
Hierbei  sei  vor  allem  die  ansieht  des  Livius  und  Polybius  zu- 
rückzuweisen ,  daß  dem  Hannibal  von  seinem  vater  der  krieg 
mit  Rom  als  eine  heilige  pflicht  auferlegt  worden  sei  Ganz  ab- 
gesehen davon,  daß  der  schwur  des  neunjährigen  Hannibal  sich 
als  eine  fabel  erweise,  sei  eine  solche  einwirkung  auf  den  letz- 
teren aus  dem  gründe  nicht  anzunehmen,  weil  die  ganze  aktion 
Hamilkars  in  Spanien  sich  auf  den  süden  der  halbinsel  be- 
schränkt habe,  was  nicht  der  fall  gewesen  wäre,  wenn  schon  er 
sei  es  für  sich  oder  für  seinen  nachfolger  den  plan  eines  Über- 
gangs über  die  pyrenäen  und  alpen  gehegt  hätte.  Und  diese  Verant- 
wortlichkeit laste  auf  Hannibal  um  so  schwerer,  weil  die  noth- 
wendigkeit  eines  zweiten  krieges  mit  Rom  durchaus  nicht  er- 
wiesen sei;  derselbe  habe  entweder  ganz  vermieden  oder  doch 
später,  wo  Rom  mit  griechischen  Staaten  im  osten  engagirt  war, 
unter  günstigeren  auspizien  für  Karthago  geführt  werden  können. 
Als  eigentliches  motiv  Hannibals  bleibe  demnach  nur  jene  un- 
bezähmbare sucht  nach  abenteuern  übrig,  wie  sie  seit  Alexander 
dem  großen  im  geschmacke  der  zeit  lag  und  in  den  zügen  eines 
Pyrrhus  und  Agathokles  ihren  ausdruck  fand.  Mit  dem  unge- 
heuerlichen eines  zuges  über  die  pyrenäen  und  alpen  habe  Han- 
nibal der  weit  imponiren  wollen.  Die  faktoren,  die  für  die 
glückliche  durchführung  des  Unternehmens  in  betracht  kamen, 
haben  sich  nach  des  verf.'s  ansieht  sämmtlich  als  trügerisch  er- 
wiesen. Zuerst  zählte  Hannibal  darauf,  daß  er  mit  einem  star- 
ken, mindestens  100,000  mann  zählenden,  heere  in  Italien  ein- 
treffen werde ;  statt  dessen  kam  er  mit  30,000  mann  an,  so  daß 
er    den    angriff   auf  Rom   selbst   nicht   sofort  beginnen    konnte. 


Nr.   2.  29.   Römische  geschickte.  139 

Aber  gerade  die  raschheit  der  invasion ,  mit  der  er  geglaubt 
hatte,  alles  vor  sich  niederwerfen  und  jeden  widerstand  im  keime 
ersticken  zu  können ,  war  ein  faktor  mit  in  seiner  berechnung. 
Diese  combination  schlug  gänzlich  fehl ,  weil  er  in  folge  der 
schwäche  seiner  armee  einen  ganzen  winter  in  Oberitalien  zu- 
bringen mußte.  Dies  hing  dann  wieder  mit  einer  anderen  fal- 
schen berechnung  zusammen.  Denn  die  Gallier,  auf  deren  ent- 
schiedenen beistand  er  gehofft  hatte,  unterstätzten  Hannibal  nur 
sehr  saumselig,  da  ein  zu  früh  begonnener  aufstand  ihrerseits 
kurz  zuvor  von  den  Römern  blutig  niedergeschlagen  worden  war. 
Die  vierte  rechnung  aber ,  auf  welche  sich  Hannibals  plan  auf- 
baute, nämlich  die  erhebung  der  italischen  städte  und  Völker  bei 
seinem  erscheinen  in  Italien  oder  nach  den  ersten  gewonnenen 
schlachten,  ging  vollständig  in  die  brüche.  Der  einzig  nennens- 
werthe  abfall  war  der  Capuas,  und  zwar  erst  nach  der  Schlacht 
bei  Cannae ,  alle  übrigen  ,  namentlich  die  latinischen  bundesge- 
nossen ,  hielten  mit  ausnähme  der  zu  Hannibal  übergegangenen 
Bruttier,  in  unerschütterlicher  treue  zu  Rom.  Dazu  kamen  noch 
ungeheure  fehler  in  der  ganzen  anläge  und  durchführung  des 
Unternehmens.  Der  bedeutendste  war  der,  daß  er  Spanien, 
welches  seine  hauptstärke  bildete  und  daher  immer  seine  opera- 
tionsbasis  hätte  bleiben  müssen ,  seinen  unfähigen  brüdern  Has- 
drubal  und  Hanno  überließ,  deren  niederlagen  die  wurzeln  seiner 
macht  zerstörten,  da  nur  von  dort  wirksame  ergänzungen  seines 
heeres  zu  erwarten  waren.  Die  folge  davon  war,  daß  sein  heer, 
welches  ohne  Unterstützung  blieb,  immer  mehr  zusammenschmolz, 
während  Rom  zeit  gewann ,  seine  machtmittel  zu  entwickeln. 
Der  mangel  eines  direkten  succurses  von  Karthago  erklärt  der 
verf.  durch  die  annähme ,  daß  Hannibals  partei  in  Karthago, 
entgegen  Hannibals  ansieht ,  es  für  nöthig  gehalten  habe ,  vor 
allem  Spanien  zu  halten ,  welches  die  basis  ihrer  machtstellung 
in  Karthago  selbst  war,  und  zu  diesem  zwecke  alle  verfügbaren 
Streitkräfte  diesem  theile  des  kriegsschauplatzes  zuzuführen.  Auch 
hätte  Hannibal  —  und  darin  liegt  nach  des  verf.s  ansieht  ein  weiterer 
hauptfehler  desselben  —  nach  Cannae  oder  wenigstens  nach  Capuas 
rückeroberung  durch  die  Römer  die  militärische  Situation  gleich 
seiner  partei  in  Carthago  richtig  erkennen  und  dementsprechend  nach 
Spanien  zurückkehren  sollen,  um  dort  die  karthagische  herrschaft 
wieder  herzustellen.     Zuletzt  tadelt  der  verf.  Hannibal  noch  des- 


140  29.  Römische  geschichte.  Nr.  2. 

halb ,  daß  er  sich  in  die  Schlacht  bei  Zama  eingelassen ,  ohne 
die  ankunft  der  von  Vermina  geführten  numidischen  reiterei  ab- 
zuwarten. Ueberhaupt  stellt  der  verf.  die  siege  Scipios  weit 
über  die  Hannibals ,  der  an  der  Trebia  und  am  Trasimen  nur 
durch  grobe ,  ganz  unfähigen  führern  gestellte ,  fallen  und  bei 
Cannae  nur  durch  die  Überlegenheit  seiner  reiterei  gesiegt  habe. 
Hannibal  war  nichts  als  ein  etwas  über  die  mittelmäßigkeit  her- 
vorragender geschickter  taktiker,  aber  kein  Stratege,  geschweige 
ein  militärisches  genie. 

Es  ist  nicht  zu  leugnen,  daß  der  verf.  seine  ansieht  über 
Hannibal  mit  vielem  Scharfsinn  und  geschick  durchgeführt  hat; 
auch  ist  nicht  zu  verkennen,  daß  manches  von  ihm  richtiger  als 
früher  erkannt  und  gefaßt  und  vieles  in  dem  bisher  theilweise 
überschwänglichen  lob  Hannibals  auf  ein  richtiges  maß  zurück- 
geführt ist.  Trotzdem  können  wir  uns  weder  mit  der  gesammt- 
auffassung  des  verf.'s  noch  mit  den  wichtigsten  von  ihm  hervor- 
gehobenen detailpunkten  einverstanden  erklären.  Vor  allem  ist 
die  charakterisirung  des  Hannibalschen  zuges  als  eines  aben- 
teuers  ä  la  Pyrrhus  entschieden  abzuweisen.  Der  riesenkampf, 
der  sich  in  Italien  zwischen  den  zwei  mächtigsten  Völkern  des 
alterthums  um  die  herrschaft  der  weit  abspielte,  der  die  ent- 
scheidung  darüber  bringen  sollte,  ob  fortan  römische  oder  phö- 
nizische  kultur  in  der  weit  den  Vorrang  habe,  und  den  Karthago 
in  folge  der  durch  schnödeste  behandlung  tief  in  alle  herzen 
seiner  bürger  gedrungenen  Überzeugung  begann,  daß  Rom  es 
über  kurz  oder  lang  auf  seine  Vernichtung  abgesehen  habe  — 
dieser  kämpf  war  kein  abenteuer  im  stile  des  Pyrrhus  oder 
Agathokles.  Daß  ferner,  wie  der  verf.  fordert,  ein  so  gewaltiger 
Staat  wie  Karthago,  mit  einem  heere,  wie  es  aus  der  schule  Ha- 
milkars  hervorgegangen  war,  und  mit  einem  feldherrn  wie  Han- 
nibal sich  mit  verzieht  auf  seine  weltstellung  zu  der  rolle  einer 
Stadt  wie  Massilia  habe  bequemen  sollen,  das  ist  eine  naive  zu- 
muthung,  die  sich  nur  aus  den  modern  humanistischen  anschauun- 
gen  des  Verfassers,  aber  nicht  aus  dem  geist  des  alterthums,  zum 
allerwenigsten  aber  aus  dem  der  damaligen  zeit,  erklären  läßt. 
Was  aber  die  chancen  eines  längeren  zuwartens  betrifft,  so 
war  im  gegentheil  nicht  eine  Verminderung ,  sondern  eine 
immer  größere  ausbreitung  und  festigung  der  römischen  macht 
zu    erwarten.      Die    faktoren,     mit    denen    Hannibal    rechnete, 


Nr.   2.  30.  Archäologie.  141 

sind  fast  alle  zugetroffen ;  daß  sie  nicht  in  dem  maße  zuge- 
troffen, wie  er  gehofft,  daranwaren  die  ungenügenden  kenntnisse 
schuld ,  die  dem  alterthum  überhaupt  über  länder  und  Völker 
zu  geböte  standen.  Wodurch  Hannibal  hauptsächlich  scheiterte, 
das  war  die  unerschöpfliche  volkskraft  Latiums ,  die  die  Römer 
selbst  in  erstaunen  setzte.  Was  ferner  die  militärische  befähi- 
gung  Hannibals  anlangt ,  so  können  wir  uns  nicht  überzeugen, 
daß  jene  weltberühmten  schlachtensiege  lediglich  das  ergebniß 
grober  überlistung  und  des  Übergewichts  der  karthagischen  rei- 
terei  gewesen  seien.  Zu  einer  solchen  ausnutzung  des  terrains, 
wie  wir  sie  an  der  Trebia ,  am  Trasimen ,  bei  Cannä  und  noch 
in  einer  reihe  späterer  kämpfe  sehen ,  gehört  doch  wohl  etwas 
mehr  als  ein  etwas  über  der  mittelmäßigkeit  stehendes  taktisches 
talent.  Dann  aber  vergißt  der  verf.  gänzlich ,  daß  Hannibal 
sich  nicht  vorübergehend,  sondern  fast  zwei  Jahrzehnte  in  einem 
feindlichen  lande  behauptete,  mit  einer  armee,  die  er  durch  sich 
selbst  immer  wieder  ergänzen  und  durch  den  krieg  selbst  er- 
nähren mußte  und  die  aus  den  verschiedenartigsten  elementen 
zusammengesetzt  nur  durch  eine  kolossale  Überlegenheit  des  gei- 
stes  zusammengehalten  werden  konnte. 

Im  ganzen  dürfen  wir  in  dem  werke  einen  versuch  erken- 
nen, die  römische  geschichte  dem  Standpunkte  der  deutschen 
kritik  zu  nähern.  Doch  begegnen  wir  in  demselben  nur  selten 
selbständigen  forschungen,  sondern  nur  mehr  oder  minder 
selbständigen  zum  theil  nicht  uninteressanten  politischen  b  e trach- 
tungen. Zu  tadeln  ist  dabei  die  ungeheure  breite  und  Weit- 
schweifigkeit, mit  der  dieselben  durchgeführt  sind  und  die  nament- 
lich da  unangenehm  berühren ,  wo  wie  in  der  königsgeschichte 
keine  historisch  beglaubigten  erzählungen  zu  gründe  liegen.  Die 
klarheit  der  spräche  und  Schönheit  der  diktion ,  der  wir  durch- 
weg begegnen,  entschädigen  übrigens  für  viele  mängel  des  Wer- 
kes und  fallen  denen ,  die  deutsche  bücher  zu  lesen  gewohnt 
sind,  um  so  angenehmer  auf,  als  die  form  der  letzteren  oft  so- 
gar   dem  fachmanne  die  lektüre  ungenießbar  macht.         M.  Zoeller. 

30.  Ernestus  Kuhnert,  de  cura  statuarum.  (Berliner 
Studien  für  classische  philologie  und  archäologie  herausgegeben 
von  F.  Ascherson.)  Erster  halbband.  p.  281  —  356.  Berlin 
1883,  Calvary.     8. 


142  30.  Archäologie.  Nr.  2. 

Wie  jüngst  Fabricius  die  beaufsichtigung  öffentlicher  bauten 
in  Griechenland  von  seiten  der  gemeinde  dargestellt  hat,  so  wird 
hier,  weiter  fassend,  die  fürsorge  nicht  allein  der  gemeinde  son- 
dern auch  privater  für  statuen ,  nicht  blos  zu  errichtende ,  son- 
dern auch  schon  errichtete  gegenüber  beschädigung  durch  mensch 
und  thier ,  gegen  die  Witterung ,  endlich  für  ausschmückung  bei 
festlichen  gelegenheiten  behandelt 1).  Ob  der  gedanke  das  thema 
so  weit  zu  fassen,  und  doch  wieder  im  zweiten  theil  die  statuen 
von  andern  heiligthümern  abzusondern  glücklich  und  frucht- 
bar war? 

Aus  dem  fleißig  gesammelten  inschriftenmaterial  werden  im 
ersten  theil,  nachdem  kurz  die  verschiedenen  officiellen  bezeich- 
nungen  der  beaufsichtigung  wie  sriiyii'kiia ,  tjqÖvoio.  nebst  den 
zugehörigen  verbis  u.  s.  w.  zusammengestellt  sind ,  die  publici, 
privati,  sacri  curatores,  welche  die  anfertigung  und  aufstellung  der 
statuen  zu  besorgen  hatten,  der  reihe  nach  vorgeführt.  Die  pri- 
vati indessen  erscheinen  nur  ausnahmsweis,  da  in  der  regel  der 
private  Stifter  nicht  wie  die  gemeinde  einen  mittler  und  Ver- 
treter gegenüber  dem  künstler  gebraucht,  und  die  sacri  sind  nicht 
blos  unrichtig  bezeichnet,  sondern  auch  kaum  gut  den  publici 
als  besondre  abtheilung  gegenübergestellt.  Denn  während  die 
publici  und  privati  nach  der  Verschiedenheit  des  auftraggebers 
unterschieden  werden ,  giebt  für  die  absonderung  der  sacri  die 
Verschiedenheit  des  beauftragten  oder  des  aufstellungslocais  den 
unterscheidungsgrund  ab.  In  den  angeführten  fällen  (p.  314  ff.) 
ist  es  nicht  etwa  das  heiligthum  oder  die  priesterschaft  welche 
den  auftrag  giebt ,  sondern  eben  dieselbe  gemeinde.  Wie  diese 
in  der  regel  einen  oder  mehrere  ihrer  beamten,  archonten,  Schrei- 
ber, Strategen,  ephoren,  epimeleten,  Senatoren,  oder  wie  sonst  die 
vom  verf.  aufgeführten  magistrate  heißen,  beauftragt,  weil  in  der 
regel  auf  der  agora  oder  sonst  an  einem  öffentlichen  orte  das 
Standbild  aufgestellt  werden  soll,  so  wenn  dieses  in  einem  tempel 
stehen  soll ,  öfters  wenigstens  die  im  heiligthum  bestellten  ge- 
meindevertreter ,  die  priester.  Daß  es  auch  dann  nicht  immer 
und  nicht  nothwendig  priester,  namentlich  nicht  priester  des  zur 
aufstellung    ersehenen    tempels    waren,    sagt  verf.  p.  311  selbst, 

1)  Von  den  drei  unterabtheilungen  des  zweiten  theiles  hat  nur 
die  dritte  eine  Überschrift  in  der  gebührenden  form,  die  zweite  dieje- 
nige eines  haupttheiles,  die  dritte  gleich  I,  2  und  3  gar  keine. 


Nr.  2.  30.  Archäologie.  143 

wie  er  ja  auch  p.  301  den  Perikles  als  curator  der  Parthenos 
genannt  hat. 

Nur  scheinbar  noch  pullici  curatores  erkennen  wir,  wenn  die 
gemeinde  in  römischen  Zeiten  nicht  ihren  beamten,  sondern  ver- 
wandten des  geehrten,  ein  paar  mal  auch  ihm  selbst  den  auftrag 
giebt  (p.  301),  namentlich  aber  wo  die  angehörigen  die  kosten 
des  bildnisses  und,  da  von  einem  auftrag  nichts  gesagt  wird, 
nach  des  Verfassers  annähme  wohl  auch  die  aufsieht  übernehmen. 
In  andern  fällen  freilich ,  wo  nur  der  gemeindebeschluß ,  aber 
weder  der  auftrag  noch  die  Zahlung  erwähnt  ist,  hält  der  verf. 
an  der  bestellung  von  curatoren  fest,  die  wohl  auf  den  neben 
der  statue  errichteten  aber  uns  verlorenen  stelen  ,  mit  der  voll- 
ständigen Urkunde,  nicht  aber  in  den  kürzeren  erhaltenen  basis- 
inschriften  genannt  waren.  Ob  diese  annähme  richtig,  hängt 
vor  allem  von  form  und  maaß  der  inschriftsteine  ab. 

Die  aufsieht  über  fremde  auswärts  zu  errichtende  bildnisse 
übertrug  man  gesandten  (p.  305  ff.). 

Vielleicht  hätte  verf.  mehr  dank  verdient,  wenn  er  das  ge- 
sammelte inschriftenmaterial  auch  nach  andern  nicht  lang  zu  su- 
chenden gesichtspunkten  durchgearbeitet  hätte,  statt  im  zweiten 
theil  eine  etwas  unkritische  Zusammenstellung  von  notizen  zu 
geben  über  statuenschutz  durch  aufgeschriebene  Verwünschungs- 
formeln,  Strafandrohungen,  gesetze ,  wirkliche  bestrafungen  und 
abschließung,  über  reinigung  und  reparaturen  ,  übermalung  und 
metallbekleidung  ,  über  vermuthete  oder  bezeugte  thätigkeit  von 
agoranomen,  phaidynten,  endlich  gar  über  kränzung,  schmückung 
und  bekleidung ,  notizen ,  die  meist  recht  bekannt  auch  durch 
diese  Zusammenstellung  kein  wesentlich  neues  licht  gewinnen. 
Sicher  aber  wäre  die  darstellung  klarer  und  präciser  geworden, 
hätte  verf.  sie  deutsch  veröffentlicht ,  statt  sie  —  so  scheint  es 
—  in  latein  zu  übersetzen,  in  ein  latein,  das  stellenweise  eines 
gewissen  flusses  nicht  entbehrt,  aber  durch  vielerlei  incorreetheit 
(z.  b.  das  gleich  p.  285  und  mit  Vorliebe  falsch  gebrauchte 
nescio  an]  ein  wahres  raupennest  p.  324  im  satze  von  der  Kon- 
dyleatis)  nicht  blos  anstoß  giebt,  sondern  das  verständniß  er- 
schwert2). E.  P. 

2)  Die  legende  von  der  Kondyleatis  hat  gewiss  einen  anderen 
sinn  als  verf.  p.  324  meint;  die  von  Pausanias  3,  16  über  die  bilder 
der  Hilaeira  und  Phoibe  erzählte  fabelei  wird  p.  329  als  historisch 
erzählt  und  nochmals  p.  342  benutzt.     Ganz  unbesonnen  ist  p.  326,  5 


144  31.    Archäologie.  Nr.   2? 

31.  Ad.  Gerber,  naturpersonification  in  poesie  und  kunst 
der  alten.  Bes.  abdr.  aus  dem  13.  suppl.-bde  der  Jahrb.  für 
class.  philol.     Leipzig,  Teubner   1883.     p.   241  —  317. 

Vorliegende  arbeit  —  die  nebenbei  bemerkt,  im  mai  1882 
abgeschlossen ,  meine  schrift  „die  entwicklung  des  naturgefühls 
bei  den  Griechen"  Kiel,  Lipsius  u.  Tischer  1882  nicht  mehr  be- 
rücksichtigen konnte  —  hat  die  aufgäbe  zu  untersuchen,  „inwie- 
weit die  Griechen,  die  Alexandriner  und  die  Römer  in  der  poesie 
und  kunst  der  sie  umgebenden  landschaftlichen  natur  gestalt 
verliehen".  Verf.  scheidet  personification :  beseelung  und  Ver- 
körperung (mythologische,  begriffliche,  localpersonification),  und 
personificierung :  beseelung  ohne  Verkörperung  (uneigentliche, 
wenn  der  naturgegenstand  unter  einwirkung  göttlicher  nähe, 
wunderbaren  gesanges  oder  „gar  nur  im  affect"  persönlich  ge- 
dacht oder  wenn  er  redend  eingeführt  wird;  eigentliche,  wenn 
der  dichter  den  naturgegenstand  einen  directen  menschlichen 
antheil  an  menschlichen  Vorgängen  nehmen  läßt).  —  Weder 
sprachlich  noch  sachlich  kann  ich  diese  Scheidung  glücklich  fin- 
den, das  zeitwort  „personificieren"  wird  dadurch  doppeldeutig 
und  giebt  zu  mißverständnissen  anlaß.  Ferner  fließen  die  grenz- 
linien  von  eigentlicher  und  uneigentlicher  personificierung  leicht 
ineinander,  da  doch  ein  affect  stets  einen  antheil  involviert.  End- 
lich fehlt  bei  dieser  Scheidung  ein  drittes :  Verkörperung  ohne 
beseelung !  —  Seinen  stoff  gruppiert  der  verf.  nach  den  rubriken 
1.  erde  und  länder  ;  2.  städte;  3.  meer;  4.  flösse  und  quellen; 
5.  nymphen,  silene  etc. ;  6.  berge.  Es  finden  sich  viele  richtige 
und  feine  bemerkungen  besonders  in  4  und  5  wie  p.  284  und 
286  von  nymphen  und  silenen,  „die  mitunter  eine  Stellung  gleich 
derjenigen  des  chores  in  der  tragödie  oder  im  satyrspiel  ein- 
nehmen" u.  a.  m.,  auch  in  dem  rein  archäologischen  theil,  den 
in  seiner  polemik  gegen  Woermann,  Heibig  u.  a.  näher  zu  prüfen 
ich  anderen  überlassen  muß.  Aber  die  leitenden  grundgedanken 
kann  ich  ebenso  wenig  wie  die  resultate,  mit  denen  Gerber  beson- 
ders gegen  Woermann's  rühmlich  bekannte  Schriften  front  macht, 


eine  conjectur  zu  einer  inschrift:  daß  ein  silbernes  bild  durch  ausfül- 
lung  der  basis  mit  gips  nffta&/uos  und  ärii/u^roq  wird,  d.  h.  nicht  Schä- 
tzung des  werthes  nach  dem  gewicht  zuläßt,  versteht  man;  wie  es 
aber  dadurch  axtivtjiog  werden  könne  hat  sich  verf.  wohl  selbst  nicht 


Nr.   2.  31.   Archäologie.  145 

für    richtig    halten.     Sie    gipfeln    in   den   Sätzen,  daß  nicht  bloß 
,ein  gewaltiger  unterschied  zwischen  hellenistischer  und  römischer 
naturanschauung  l)  besteht",    sondern  auch  erst  bei    den  Kömern 
überall    die  eigentliche  personificierung  stattfindet  (p.  306),    sich 
eine  anthropomorphische  naturanschauung  herausbildet   und  per- 
sönlicher   antheil    den    naturgegenständen     zugeschrieben     wird. 
„Eine  phantasie,  welche  in  den  äußeren  erscheinungsformen  der 
natur    menschliche    gestalten  sieht,    ist    den  Griechen    überhaupt 
fremd"  (p.   266).     Ich  möchte  wissen,  was  denn  anders  die  grie- 
chischen götter,    die  mythen  und  naturmärchen    geschaffen,    als 
jener  plastische  sinn  der  Hellenen,  jener  innere  trieb,  den  em- 
pfangenen natureindruck  in  eine  klare ,  fest  umrissene,  der  idee 
und    form    nach    harmonische  d.  h.    schöne    gestalt    auszuprägen. 
Es  ist  eben  dem  menschen  im  gründe  nichts  so  verständlich  als 
das ,    was  er  in  sich  selbst  erlebt ,    und  so   muß  er  bei  betrach- 
tung  und  symbolisierung  der  natur   anthropomorphisch   oder  an- 
thropopathisch  verfahren.     Die  mythen  bildende  phantasie  hyposta- 
siert  das  lebensvolle,  das  in  den  naturerscheinungen  hervortritt, 
zu  persönlichen  göttlichen  wesen ,    an    die    das    fromme    gemüth 
glaubt ,  und  verwechselt  diese  mit  den  erscheinungsformen ;    die 
phantasie    des    dichters    vertauscht   das  in  die  erscheinung  über- 
tragene ich  mit  dem  gegenstände  selbst ;    so    fühlt    er    sich    den 
wellen  des  baches  ein,  und  dieser  scheint  ihm  jauchzend  ins  thal 
hinabzustürzen  —  aber  es  bleibt  freier  ästhetischer  schein.    Gerade 
eine  solche  poetische  beseelung  trat  allmählich  bei  den  Griechen,  wie 
ich  in  meiner  oben  angeführten  schritt  dargethan  habe ,    an  die 
stelle  der  mythischen  auffassung  und  führte  so  zum  stimmungsbilde, 
in  dem  die  gemüthsbewegung  im  gegensatz  oder  im  einklang  mit 
der  naturscene  steht ,    und    zum    reinen    landschaftsbilde.     Aber 
Gerber  spricht  nun  die  eigentliche  personificierung  den  Griechen 
ab  und  leugnet  eine  antheilnahme  der  natur  an  den  geschicken 
der  menschen  in  ihrer  poesie.      Er  thut  es   zunächst  hinsichtlich 
der  erde  und  länder  (§   1).     Schon    hier    verräth    sich    sogleich 
der  grundgedanke,  der  aufs  äußerste  von  vorneherein  befremden 

1)  Ich  kann  nunmehr  auf  die  soeben  im  druck  vollendete  fort- 
setzung  meiner  oben  angeführten  schrift  verweisen:  „die  entwick- 
lung  des  naturgefühls  bei  den  Römern"  Kiel,  Lipsius  u.  Tischer  1884, 
wo  ich  ausführlich  dargethan  habe,  wie  sich  die  römische  naturan- 
schauung zu  der  griechischen  verhält;  vgl.  hinsichtlich  der  Gerber' 
sehen  ausführungen  besonders  p.  151  f.  u.  192. 


146  31.  Archäologie.  Nr.  2. 


muß  ,  daß  die  Kömer  —  die  doch  alles ,  was  poesie  und  kunst 
heißt,  von  den  Griechen  gelernt  haben !  —  weit  über  diese  hin- 
ausgegangen seien  und  eine  ganz  neue  poetische  naturauffassung 
begründet  hätten.  Und  welche  Römer  sind  es  ?  Vor  allen  im- 
mer wieder  Claudian  und  Statius!  Diese  werden  so  mit  ihren 
kalten,  nüchternen,  lediglich  auf  verstandesmäßiger  reflexion  be- 
ruhenden abstractionen  —  wie  die  Hispania  in  gold durch wirktem 
gewande,  mit  ölblättern  im  haar,  die  Gallia  mit  blondem  haar  etc.  — 
in  eine  erstaunliche  höhe  der  kunstleistung  hinaufgeschroben. 
Wenn  solche  nur  selten  bei  den  Griechen  sind ,  so  ist  es  kein 
mangel ,  sondern  ein  vorzug ;  eine  lebensvolle ,  konkrete  besee- 
lung  oder  Verkörperung  —  die  nicht  gleich  den  ganzen  natur- 
gegenstand  in  eine  menschliche  gestalt  braucht  zusammenschrum- 
pfen zu  lassen!  —  wiegt  sie  alle  auf.  Und  solche  lebensvollen 
personificierungen  des  erdbodens  und  der  länder  finden  sich  sehr 
wohl  bei  „Griechen  und  Alexandrinern"  —  um  Gerber's  etwas 
eigenthümliche  Scheidung  zu  adoptieren — .  Bei  Vergil  also  findet 
Gerber  Aen.  III,  673  die  tellus  Italiae  penitus  exterrita,  in  angst 
und  schrecken  über  das  zornige  gebrüll  des  geblendeten  Poly- 
phem,  und  leugnet  ähnliches  für  die  griechische  poesie.  —  Schon 
bei  Homer  heißt  es  II.  XIX,  362  yslaaas  8s  nnoa  nsol  x&wv, 
doch  will  ich  das  yshlv  weder  hier  noch  hymn.  in  Cerer.  v.  15 
noch  hymn.  in  Apoll,  del.  v.  118  das  ptstStüv  —  urgieren,  es 
mag  da  „glänzen"  heißen ;  wie  steht  es  aber  mit  Theogn.  v.  9  : 
iysXaaae  8s  yala  ttsXcüqt]  |  yq&TjGev  8s  ßafivg  jzovzog  dX^g  itoliijg? 
Doch  ohne  zweifei:  es  lachte  .  .  und  es  freute  sich.  —  Das 
ganze  land  um  Troja  haßt  den  Aias:  Soph.  Ai.  459  sx&st  8e 
Tgota  nana  Kai  nt8ia  rä8s,  vgl.  Eurip.  Ion  v.  919'  itinst  6*  a 
Jä\og  nai  ddcprai;  |  lursa  qioivina  nag  aßnoxöpav ;  bei  Apollo- 
nios  IV,  1169  lachen  die  gestade  der  insel  und  die  bethauten 
pfade  der  gefilde  ai  d'iyeXaacaw  ti-tuvss  vrjaoio  na!  soai'jsaoat  dnm- 
&sv  j  dtgannot  neSicov,  vgl.  Lykophron  Alex.  877  aXXovg  8s  fit. 
vsg  ot  T«  Tsv^EtQoov  ns'Xag  |  [tvQftqxeg  uid£ov<siv  ,  Musaios  v.  26 
äXtr^sa  7zoq&/uov  Aßv8ov  |  sias'ti  nov  xXaCovta  (togov  Hat  sgmra 
AsiivSqov.  Eine  volle  und  ganze  personification  im  sinne  Ger- 
ber's bietet  uns  Theokritos  XVII,  64  ff.,  wo  die  insel  Kos  jauchzt, 
als  auf  ihr  Ptolemaios  geboren ,  und  ihn  mit  segnenden  worten 
in  ihren  armen  wiegt:  Köcog  5'  oXoXv^sv  löovaa,  \  qä  8s  xa&an- 
jo/jita  ßgf'fpsog  xsiQsaai   ytlrjair,  vgl.  Jac.  anth.  II,  p.   35   Anti- 


Nr.   2.  31.  Archäologie.  147 

patr.  Sidon.  no.  99  :  a  lAtyuln  8"1  A'tyvntog  inr  wh'xpaTO  ^aitar  | 
nu)  nlaivg  Evganag  saTmrr/tjas  döpog  \  -au)  8'  avzu  8iu  nsvßog 
(tfjuvoco&siGa  aiküta  \  aotga  xal  ovgaviag  atganttovg  sltKsr.  — 
Wird  an  diesen  stellen  nicht  überall  eine  antheilnahme  der  natur 
vindiciert?  —  Ich  füge  gleich  hier  hinzu,  daß  ausätze  hierzu 
sich  auch  in  vielen  anrufen  von  naturgegenständen  finden.  Gerber 
führt,  —  trotz  seiner  mehr  spitzfindigen  als  scharfsinnigen  bemer- 
kung  auf  p.  272,  wo  er  scheidet,  ob  der  dichter  selbst  oder  nur 
der  erregte  mensch  das  an  sich  leblose  beseelt,  —  selbst  Oed.  Tyr. 
1398  ff.  an  p.  303,  vergl.  ferner  Aesch.  Prom.  v.  88  q>  8iog  at- 
0>jQ  .  .  Krönt  .  .  nitfut  .  .  yüj  .  .i8toß?  «'  o'ta  ,  .  kÜg^m,  Soph.  El. 
v.  86,  Antig.  846,  Philoct.  936,1080,  1452,  Eurip.  Herakl.  748, 
Herk.  790,  Hipp.  979,  1126,  Herk.  968  etc.  —  Die  städte  (§11) 
gehören  streng  genommen  nicht  zu  der  natur.  In  §  III  werden 
dem  meer  personification  und  personificierung  „bei  den  Griechen 
und  Alexandrinern"  abgesprochen.  Wo  finden  aber  nach  Ger- 
ber'scher  theorie  folgende  stellen  platz:  Simon,  fr.  37,  15:  xs- 
Xouut  5'  sbde  ßgscpog,  evSstw  Ss  kCitoc,  bvöszoo  8  aftszgov  y.nxcr, 
Aesch.  Agam.  565  q  &a\aog,  svte  nortog  sv  fisat]fißgtvalg\  xot- 
tatg  u-avucov  i^n'uoic  evSot  ksgcov  vgl.  Enrip.  fr.  ine.  146  Dind., 
Theokr.  II,  37:  hri8s  Giyft  [asv  Kovtag ,  atycövri  8'  a-rjtai  —  ov 
oiyf,  azsgviav  fvroa&sv  avia,  Satyrios  Jac.  anth.  II,  253  no.  5  in- 
dividualisirt  hübsch  rgrßvg  aiyu  (ASfAVxe  Kogog,  no.  6  yu\r\vnir\  8s 
fiaXartaa  [tsididei  xgvsgär  atgoptog  e£  utsftoor  vgl.  Dionysii  hymn. 
in  Apoll.  II,  p.  230  no.  2,  III,  p.  215  no.  2  Theait.  vnväsi  8s 
Oulnaan,  Apollonid.  31,  II,  p.  226  xuiytt  8'  apepi  as  —  Atfgo- 
StTtj  —  noviog  vnh  £eq>vgoio  nioijGir  \  nßncv  vnsg  vcozov  xvaisov 
yslüang.  —  Hinsichtlich  der  quellen  und  flüsse  (§  IV)  erkennt 
Gerber  den  Bukolikern  Personifizierungen  zu.  Ich  finde  schon 
bei  Aesch.  Prom.  431:  ßoiz  8s  növtt,o<  y.Xvdmr  avfiKizrcov,  ats'rsi 
ßv&og  .  .  Kuyat  &  uyrogvriüv  nmuuwr  atstovaiv  aXyog  oixtgor, 
bei  Pindar  fr.  136:  Üotqu  ts  Kai  noxaytot  xat  xv^tuta  kovtov  | 
Ktoglav  tav  ativ  uii/.y.'/ai'si  (Härtung  für  uiaxalsi).  In  der  helleni- 
stischen und  späteren  zeit  ist  dergleichen  sehr  häufig  (Antiphilos! 
Jac.  Anth.  II,  p.  165,  no  39,  Nounos!).  —  Auch  in  §  V  (nymphen, 
silene  etc.)  wird  namentlich  p.  292  viel  zu  viel  den  Römern  im 
gegensatze  zu  den  Griechen  als  originell  beigelegt.  Was  bei 
diesen  wirklich  auf  echter,  in  der  anschauung  schon  dichtender 
poesie  beruht,  ist  bei  jenen  nur  zu  oft  nackte  reflexion  und  ab- 


148  31.  Archaeologie.  Nr.  2. 

straction.  —  Auch  was  die  berge  (§  VI) ,  wälder  und  bäume 
anlangt,  giebt  es  kaum  etwas  so  stimmungsvolles  bei  den  Rö- 
mern als  das  Alkmanische  lied  fr.  53  :  svöovatv  <5'  cosoop  xoqv- 
cpui  ?£  na),  qxkgayysg  j  nooöovs'g  zu  x«i  ^agadgai  y.  r.  X.  Wenn 
Gerber  Verg.  Ecl.  V,  62  ipsi  laetitia  voces  ad  sidera  iactant  j  in- 
tonsi  montes  etc.  anführt,  so  kann  man  einwenden,  daß  die  natur 
in  ihrem  jubel  unter  der  einwirkung  der  göttlichen  nähe  des 
zum  himmel  erhobenen  Daphnis-Caesar  steht  —  wie  II.  XIII, 
27  sich  die  woge  vor  freude  theilt  beim  nahen  des  Poseidon 
oder  wie  Eurip.  Bacch.  114  auch  die  natur  vom  dionysischen 
taumel  ergriffen  wird  und  das  ganze  land  sich  wirbelnd  hebt 
im  tanze;  noch  sinnvoller  sagt  Theokr.  VIII,  41,  daß  die 
reizende  Nais  die  natur  in  den  bann  ihrer  Schönheit  ziehe :  wo 
sie  weilt,  ist  allerwärts  frühling,  sprießen  die  weiden  u.  s.  f.  — 
Bäume,  sterne,  Schluchten,  flüsse  und  thiere  werden  von  den 
hirten  Theokrit's  als  zeugen  angerufen  und  wie  mitempfindende 
wesen  begrüßt  I,  117,  132;  II,  165;  V,  124,  VIII,  33— 38.  — 
Ist  nicht  auch  in  Verg.  Ecl.  VI,  29  :  nee  tantum  Phoebo  gaudet  Par- 
nasia  rupes  |  nee  tantum  Rhodope  miratur  et  Ismarus  Orphea  —  wun- 
derbarer, göttlicher  gesang  einwirkend?  Und  wenn  Gerber  bei 
den  Bukolikern  z.  b.  Bion  epit.  Adon.  v.  31  aota  ndvra  Xtyovri 
xou  öuvsg  ul  tuv  " sJdoortv  x.  r.  X.  dahin  abschwächen  will,  daß 
Bion  hier  nur  den  natürlichen  wiederhall  der  adonisklage  als  be- 
wußte antheilnahme  auslegt,  so  müßte  das  gleiche  doch  auch  von  der 
angeführten  Vergil-stelle  Ecl.  VIII,  22  gelten :  Maenalus  argutumque 
nemus  pinosque  loquentis  Sempier  habet,  semper  pastorum  ille  audit 
amores.  Wie  viel  intensiver  als  das  pinos  loquentis,  als  das  audit 
—  oder  pavet  silva,  pavent  montes  Val.  Flacc.  Arg.  III,  584  —  sind 
die  beseelungen  bei  den  Griechen !  Akontios  in  der  Kallimachei- 
schen  Kydippa  sucht  trost  für  seine  liebesleidenschaft  im  walde 
und  überträgt  diese  selbst  in  sentimentalem  schmerz  auf  die  bäume 
vgl.  Dilthey  p.  130.  Schon  bei  Aristophanes  heißt  es  Nub.  1008 
onorav  nXarui'og  tiieXecc  \pidvoit,rh  Theokr.  1,1:«  niivg  ro  ipt- 
&V(jia[xa  [xeXCödsrai ,  in  der  oaoiöTig  v.  57:  dXXijXatg  XuXhivgi 
teop  yd^ov  al  xvndgtaaoi,  vgl.  Nonn.  III,  68,  V,  354:  y&sy^ua&e 
xoXwvai  .  .  .  eins  KiOuinäv,  XV,  297,  398  ff.  .  .  ^aigsts  juoi  ano- 
mal je  xa)  o'vuka,  ^aigtzs  nrjyai  x.  t.  X.  XVI,  224.  270.  291. 
363  etc.  Ich  schließe  mit  der  ganz  modern  romantischen  Schil- 
derung  des  Longos  I,   23 :    ijoog    iji»    'i'jStj    zeXog  aai  öigovg  uq%7] 


Nr.   2.  32.  Miscellanea.  149 

xui  nuizu  tr  otxfiß  Öi>8(ju  st>  xagnoig,  ntdui  ev  Xqioit;  ■  r/deia  (isv 
•zezuyaji'  it^it  '  yXvxsla  öt  uucogag  odfitj  ■  Ttfjuvij  ds  noifivitnt  ß^tjffl  • 
gtxaatv  «i  7t5-  x«(  toi'»  notafiove  adstv  /jQSfmt  gsoviag  xui  xoutj  avsfiovg 
avniiztii  iui±  nizvaiv  Eftni'sovius  xui  ta  /lijXa  sgcovza  ninniv  ya.yi.ai 
xui  rot  rjXtot  <ptXoxuloi  gptu  auvtag  unoövew.  Alfred  Biese. 

32.  Symbolae  Ioachimicae.  Festschrift  des  königlichen 
Joachimsthalschen  gymnasiums.  Aus  anlaß  der  Verlegung  der 
anstalt  veröffentlicht  von  dem  lehrer-collegium.  2  bände.  Berlin, 
Weidmannsche  buchhandlung.      1880.      8. 

Bei  der  Verlegung  des  Joachimsthalschen  gymnasiums  aus 
Berlin  nach  Wilmersdorf  hat  das  lehrer-collegium,  von  jeher  durch 
einen  oder  den  andern  großen  gelehrten  ausgezeichnet,  diesen 
alten  ruf  der  anstalt  aufrecht  erhalten  wollen  und  eine  zwei- 
bändige festschrift  mit  beitragen  fast  sämmtlicher  an  derselben 
wirkenden  wissenschaftlichen  lehrer  herausgegeben.  Es  befinden 
sich  darunter  neun  der  alten  philologie  angehörige  und  vier  in 
lateinischer  spräche  abgefaßte  abhandlungen,  so  wie  eine  gleich- 
falls lateinisch  geschriebene  geschichte  des  gymnasiums.  Es  sind 
dies,  im  ersten  bände : 

1.  Cäsars  antesignanen ,  von  H.  Planer.  Der  Verfasser 
sucht  zu  zeigen,  daß  Cäsar  seine  antesignanen  erst  beim  beginn 
des  bürgerkrieges  als  etwas  neues  in  die  legion  eingeführt  habe, 
weil  sie  nämlich  im  gallischen  kriege  nirgends  erwähnt  werden ; 
daß  sie  nicht",  wie  etwas  abweichend  von  einander  Göler  und 
Rüstow  meinen,  die  vor  der  front  kämpfenden  truppen,  ähnlich 
den  früheren  velites ,  gewesen  sind,  sondern  daß  sie  das  erste 
glied  einer  jeden  in  Schlachtordnung  gestellten  cohorte  bildeten, 
in  deren  zweitem  gliede  sich  die  fahne  befunden  habe,  und  daß 
ihnen  deshalb  ihr  name  gegeben  worden  sei-,  daß  er  sie  als  eigne 
truppe  bei  Ilerda  (BCiv.  I,  44)  verwendete  ;  daß  er  am  Ge- 
nusus die  antesignanen  der  beiden  legionen  des  nachtrabs  zur 
Verstärkung  der  reiterei  verwendet  haben  wird  (BCiv.  III,  75); 
endlich,  daß  die  im  BAfric.  75.  78  erwähnten  electi  oder  expediti 
vielleicht  mit  diesen  antesignanen  identisch  gewesen  seien  ,  we- 
nigstens dieselbe  Verwendung  gehabt  haben.  Nach  dieser  auf- 
fassung  haben  die  antesignanen  bei  Cäsar  eine  andere  Stellung 
eingenommen  als  die ,  welche  ihnen  bei  Livius  in  den  früheren 
Zeiten  gegeben  wird.  Der  Verfasser  gesteht  selbst  ein  ,  daß  bei 
Philo!.   Anz.  XIV.  11 


150  32.   Miscellanea.  Nr.   2. 

dem  mangel  an  genauen  angaben  über  diesen  punkt  der  römi- 
schen heereseinrichtung  vermuthungen  die  Kicken  der  nacbrichten 
ergänzen  müssen.  Jedenfalls  findet  man  in  der  abbandlung 
alles  zusammengestellt,  was  von  den  alten  Schriftstellern  über 
den  gegenständ  mitgetheilt  wird. 

2.  Capitis  deminutio,  von  H.  Genz.  Der  Verfasser  führt 
die  fälle  an,  in  denen  die  capitis  deminutio  maxima,  welche  die 
freiheit,  media  oder  minor,  welche  das  bürgerrecht,  minima,  welche 
die  familie  raubte,  einzutreten  pflegte,  so  wie  die  folgen,  welche 
sie  für  den  davon  betroffenen  nach  sich  zogen.  Die  deminutio 
minima  war  zwar  nur  der  verlust  der  bisherigen  familienstellung, 
berührte  aber  dadurch  auch  die  bürgerliche  Stellung,  da  man 
eben  nur  in  der  familie  die  geltung  des  bürgers  hatte.  Durch 
diese  anschauung  sucht  der  Verfasser  eine  einheitliche  definition 
für  caput  und  für  capitis  deminutio,  verlust  der  bürgerlichen  gel- 
tung, zu  gewinnen ;  er  meint,  daß  die  Unterscheidung  durch  jene 
beiwörter  wenig  wesentlich  war,  daß  sie  eigentlich  nur  von  den 
Juristen  theoretisch  aufgestellt  worden  sei. 

3.  Aphorismen  zur  beurtheilung  der  solonischen  Verfassung, 
von  H.  Dondorf  f. 

Dondorff  glaubt,  daß  für  ausbildung  der  Verfassungen  in 
Griechenland  in  der  zeit  von  600  bis  500  mehr  geschehen  sei,  als 
in  den  ruhmreichsten  jähren  desselben  zwischen  500  und  400.  Im 
ersten  abschnitt  seiner  abhandlung  beurtheilt  er  die  solonische  Ver- 
fassung im  theoretischen  sinne ;  er  hält  sie,  unter  berücksichtigung 
der  Verhältnisse ,  für  die  erdenkbar  beste ,  besonders  weil  sie 
nicht  nur  das  materielle  wohl  der  bürger,  sondern  ihre  ethische 
Vervollkommnung  in's  äuge  fasse.  Warum  sie  praktisch  nicht 
sogleich  boden  gewinnen  konnte ,  führt  er  in  einem  zweiten  ab- 
schnitt aus;  er  findet  den  grund  in  dem  durch  die  neuen  ein- 
richtungen  noch  lebhafter  angestachelten  parteigegensatz  der  Pe- 
diäer ,  der  Diakrier  und  der  Paralier  und  ihrer  führer  Lykurg, 
Pisistratus  und  Megakles ,  welcher  sich  erst  ausgleichen  mußte, 
ehe,  mit  den  modificationen  des  Klisthenes,  die  solonische  Ver- 
fassung geltung  erlangen  konnte. 

4.  Ad  res  sacras  cognoscendas  cuiusnam  momenti  sint 
scholia  Aristophanea.     Scripsit  P.  Stengel. 

Der  Verfasser  hebt  zuerst  von  den  auf  die  religionsgebräuche 
bezüglichen  scholien  diejenigen  heraus,    welche  anderweitig  ver- 


Nr.   2.  32.  Miscellanea.  151 

bürgtes  enthalten,  sodann  diejenigen,  welche  wahrscheinlich  oder 
doch  vermuthlich  richtiges  anführen,  endlich  diejenigen,  welche 
entschieden  falsches  angeben;  er  glaubt,  daß,  wenn  man  auch 
nach  andern  richtungen  hin  die  scholien  gesondert  haben  wird,  die, 
welche  späteren  Zeiten  angehören  und  darum  weniger  glaubwürdig 
sind,  von  den  älteren  sich  werden  scheiden  und  ausmerzen  lassen. 

5.  Quibus  ex  fontibus  petiverit  Diodorus  libr.  III,  capp. 
1  —  48.     Scripsit  Gr.  F.   Schneider. 

Schneider  zeigt ,  daß  Diodor  das  fünfte  buch  des  Agathar- 
chides  über  das  erythräische  meer  in  den  kapiteln  12  flg.  aus- 
geschrieben habe;  in  einem  excurse  über  das  leben  dieses  Schrift- 
stellers kommt  er  zu  dem  schluß ,  daß  derselbe  zu  ende  des 
dritten  und  zu  anfang  des  zweiten  Jahrhunderts  v.  Chr.  gelebt 
haben  müsse.  Die  beschreibung  Aethiopiens  dagegen  scheinen 
ihm  Strabo  sowohl  wie  Diodor  aus  Artemidorus  hergenommen 
zu  haben.  Die  vergleichung  beider  wird  mit  genauigkeit  in 
allen  einzelheiten  durchgeführt ;  dies  macht  das  lesen  des  auf- 
satzes  etwas  mühsam,  besonders  bei  dem  hier  und  da  wenig  gut 
gewählten  lateinischen  ausdruck.  Wenn  man  z.  b.  bereits  behauptet 
hat  (p.  229 j:  Apud  illos  scriptae  sunt  quaedam  res  quae  prorsus 
inter  se  discrepent ,  kann  man  wohl  nicht  fortfahren :  Videamus 
igitur ,  quae  res  quam  secum  dissentiant ,  sondern  vielmehr:  Quae 
res  quomodo  (oder  quantopere)  inter  se  dissentiant  iam  erit  videndum. 
—  Der  Verfasser  hat  seitdem  besonders  erscheinen  lassen :  De 
Diodori  fontibus  libr.  I — IV,  Berlin  1880.  Gegen  seine  (und 
anderer)  ansieht,  daß  Diodor  in  einzelnen  theilen  seiner  biblio- 
thek  nur  immer  eine  quelle  vor  sich  gehabt  und  ausgeschrieben 
habe,  so  wie  gegen  verschiedene  einzelheiten  erklärt  sich  Evers 
in  „Ein  beitrag  zur  Untersuchung  der  quellenbenutzung  bei 
Diodor.  (Festschrift  zu  dem  fünfzigjährigen  Jubiläum  der  König- 
städtischen realschule)  Berlin  1882",  in  welcher  abhandlung  sich 
auch  die  ganze  literatur  dieser  frage  zusammengestellt  findet. 
Schneider  hat,  worin  er  von  Evers  abweichen  zu  müssen  glaubt, 
in  seiner  recension  dieses  programms  in  „Mittheilungen  aus  der 
historischen  litteratur ,  herausgegeben  von  der  historischen  ge- 
sellschaft  in  Berlin,  redigiert  von  Ferd.  Hirsch"  X.  Jahrgang, 
4.  heft  p.  312  flg.  angegeben,  aber  trotz  einer  erwiderung  von 
Seiten  Evers',  ebenda  p.  375  flg. ,  erklärt  er  in  seiner  replik, 
ebenda  p.  378,   bei  seiner  ansieht  verharrend  :  adhuc  sub  iudice  lisest, 

11* 


152  32.  Miscellanea.  Nr.   2. 

6.  De  titulis  Graecis  christianis  commentatio  altera.  Scripsit 
dr.  Julius  Ritter.  [Die  erste  abhandlung  befindet  sich  im 
programm  des  Joachimsthalschen  gymnasiums   1877.] 

Der  Verfasser  bringt  in  diesem  zweiten  theil  seiner  abhand- 
lung die  von  Kirchhoff  im  C.  I.  Gr.  veröffentlichten  inschriften, 
welche  nicht  von  grabmälern  herrühren,  unter  besondere  rubriken, 
sich  zugleich  darüber  aussprechend,  warum  diese  art  der  christ- 
lichen inschriften  sich  zum  theil  von  den  heidnischen  wenig 
oder  gar  nicht  unterscheiden. 

7.  Die  absichtssätze  bei  Lucian.  Erster  theil:  "Iva  cot,-  oncog. 
Behandelt  von  dr.  H.  Heller. 

Zur  ausarbeitung  dieses  aufsatzes  hat  den  Verfasser  die  Über- 
zeugung veranlaßt,  daß  die  syntax  der  griechischen  spräche  noch 
nicht  so  vom  Standpunkt  der  historischen  grammatik  behandelt 
worden  ist,  wie  die  der  deutschen  und  der  lateinischen ;  zu  einer 
solchen  liefert  er  eine  Vorarbeit,  die  für  ein  beschränktes  feld 
in  völlig  erschöpfender  weise  das  material  zusammenbringt. 

Danach  hat  Iva  Lucian  nur  sechsmal  als  relativ,  hundertund- 
sieben mal  in  finaler  bedeutung  und  zwar  regelmäßig  mit  dem 
conjunctiv ,  selbst  nach  den  Zeitformen  der  Vergangenheit ,  nur 
achtmal  mit  dem  optativ,  fünfmal  mit  dem  indicativ  eines  histo- 
rischen tempus ;  und  von  den  letzten  stellen  sind  noch  einige 
angefochten,  besonders  wegen  des  dabei  gebrauchten  «/-,  da  nur 
eine  stelle,  und  das  auch  nur  gezwungen,  die  bedeutung  „wo" 
gestattet.  An  zwei  stellen  scheint  Iva  in  der  bedeutung  „so 
daß"  aufgefaßt  werden  zu  müssen. 

'.Qi,',  damit,  kommt  bei  Lucian  über  dreihundertmal  vor,  mit 
dem  conjunctiv  des  präsens  nach  einem  präsens  oder  futurum, 
mit  dem  optativ  nach  einem  präteritum ;  a>^  av  mit  conjunctiv 
und  optativ.  "Onca*  bei  ihm,  wie  bei  andern  Schriftstellern,  über- 
wiegend mit  dem  futurum,  doch  auch  mit  conjunctiv  und  optativ. 
Die   sämmtlichen  beispiele  sind  abgedruckt. 

Absichtlich  hat  Heller  auch  die  stellen  wahrscheinlich  oder 
zuverlässig  unechter  Schriften  Lucians  mit  aufgenommen  und  sich 
auf  die  kritik  der  Überlieferung  nur  hier  und  da,  und  das  ohne 
entscheidungen  geben  zu  wollen,  eingelassen.  —  Dies  der  erste 
band.     Es  folgen  im  zweiten  bände : 

8.  Tres  Gymnasii  Ioachimici  aetates.  Scripsit  Oscar 
Schmidt. 


Nr.   2.  32.   Miscellanea.  153 

Wenige  waren  wohl  so  berufen,  die  geschiente  des  gymna- 
siums  zu  schreiben  wie  der  Verfasser,  der  ihm  mehrere  jähre 
hindurch  als  schüler,  und  bald  ein  halbes  Jahrhundert  als  lehrer 
angehört  hat.  —  Es  sind  dem  bände  drei  ansichten  beigegeben  : 
1)  die  fiirstenschule  zu  Joachimsthal  1607  —  1636-,  2)  gymnasium 
regium  Joachimicum  (zu  Berlin)  1717 — 1880-,  3)  das  könig- 
liche gymnasium   bei   Berlin.      1880. 

9.  Das  vierte  buch  der  öden  und  der  säculargesang  des 
Q.  Horatius  Flaccus.  In  den  Versmaßen  des  Originals  in's  deutsche 
übertragen   von   dr.   E.   Buch  holz. 

Wer  Horaz  schon  kennt ,  wird  sich  auf  das  original  be- 
schränken ;  wer  ihn  in  diesem  nicht  lesen  kann,  weil  er  der  la- 
teinischen spräche  nicht  mächtig  ist,  wird  durch  diese  Übersetzung 
nicht  verführt  werden,   die  bekanntschaft  des  dichters  zu  machen. 

Den  schluß  des  zweiten  bandes  macht  der  director  C. 
Seh  aper  mit  der  Schilderung  des  abschieds  der  Joachimsthaler 
von  dem  alten  haus.  Er  hat  auch  mit  seiner  abhandlung  den 
anfang  des  ersten  bandes  gemacht;  ich  habe  sie  bis  zuletzt  auf- 
gespart,  weil  ich  über  sie  das  meiste  zu  berichten  habe: 

10.  Caroli  Schaperi,  Quaestionum  Vergilianarum  liber 
primus.     De  eclogis. 

In  dieser  abhandlung  unternimmt  es  der  Verfasser,  von  ihm 
früher  in  seiner  ausgäbe  der  bukolischen  gedichte  oder  in  Pro- 
grammen aufgestellte  ansichten  zu  rechtfertigen ,  die  gegen  sie 
erhobenen  einwendungen  zurückzuweisen.  Er  hat  früher  be- 
hauptet, die  verse  7.  8.  42.  43  der  ersten  ekloge  könnten  nicht 
im  jähre  713  geschrieben  sein,  weil  darin  gesagt  werde,  daß  für 
Octavian,  was  er  nicht  würde  geduldet  haben ,  opfer  eingeführt 
worden  seien  (sacra  instituta).  Das  brauchte  gar  nicht  der  fall 
zu  sein ,  wenn  ein  einzelner  aus  dankbarkeit  ihm  privatim  ein 
opfer  brachte.  Andererseits  macht  er  keine  einwendung  dagegen, 
daß  Octavian  in  dem  in  jenem  jähre  geschriebenen  gedieht  gott 
genannt  werde ,  während  er  in  einer  anmerkung  Philo  und 
Mommsen  citirt,  um  zu  beweisen  ,  daß  derselbe  über  die  anrede 
„gott"  unwillig  wurde.  Wenn  er  die  anrede  nicht  litt,  mußte 
ihm  in  gleicher  weise  die  benennung  unangenehm  sein.  Er  be- 
klagt sich,  daß  sein  gegner  Glaser  sich  auf  dem  räum  von  vier 
Seiten  widerspreche ;  er  selbst  widerspricht  sich  ganz  sorglos  auf 
derselben  seite.     Ferner    führt    er    dafür ,    daß  Augustus  in  der 


154  32.  Miscellanea.  Nr.  2. 

ersten  zeit  nicht  für  einen  gott  angesehen  werden  wollte,  Hör. 
C.  III,  25,  4 —  6  und  Epist.  II,  1,  15  an,  übersieht  oder  ver- 
schweigt dagegen  C.  I,  2,  41  —  75  und  12,  51 — 54.  Daß  jene 
vier  verse  durchaus  erst  nach  dem  jähre  724  hinzugefügt  sein 
könnten,  wird  Schaper  schwerlich  einem  andern  als  sich  selbst, 
nicht  einmal  seinen  schülern  einreden.  —  Für  den  66.  vers  der 
ersten  ekloge  sucht  er  seine  emendation 

Nos  Scythiam,  certe  rapidum  veniemus  ad  Oxum 
durch  Aen.  I,  326 

haud  tibi  vultus 

Mortalis  nee  vox  hominem  sonat,  —  o  dea  certe 
zu  stützen.  Aber  hier  soll  certe  die  plötzlich  deutlich  gewordene 
Überzeugung  von  der  Übereinstimmung  der  erscheinung  mit  dem 
bisher  nur  vermutheten  Charakter  der  göttin  ausdrücken.  Wenn 
Meliboeus  und  seine  leidensgefährten  am  ende  ihrer  Wanderung 
endlich  den  ihnen  früher  beschriebenen  Oxus  vor  sich  sähen, 
könnten  sie,  an  seiner  reißenden  Strömung  ihn  erkennend,  ausrufen  : 

certe  hie  rapidus,  quem  cernimus,   Oxus, 
nimmermehr  aber  konnte  der  hirt ,    der  eben   jetzt  seine  Wande- 
rung antritt  und  erst  dahin  gelangen  soll,  es  mit  den  von  Schaper 
ihm  in  den  mund  gelegten  worten  ankündigen. 

In  der  zweiten  ekloge  scheint  ihm  (wie  schon  Voß  und  La- 
dewig) der  dichter  nur  mit  Theokrit's  11.  idylle  gewetteifert  zu 
haben  und  eine  beziehung  auf  Vergil's  persönliche  Verhältnisse 
ganz  ausgeschlossen  zu  sein.  Gewiß  richtig.  Nur  der  grund, 
den  Schaper  beibringt,  ist  hinfällig.  „Ziemte  es  dem  dichter", 
meint  er,  „von  dem  griechischen  schriftsteiler  seine  worte  zu  ent- 
lehnen ,  um  die  macht  wahrer  liebe  auszudrücken ,  oder  seine 
kunst  zu  erheben,  oder  das  landleben  zu  loben"?  Warum  nicht? 
Vergil  hat  namentlich  in  der  Aeneide  so  viel  geborgt,  daß  man 
ihm  auch  das  zutrauen  kann.  Oder  hätte  Göthe  sich  schämen 
müssen,  wenn  er,  um  die  leidenschaftliche  liebe  Wilhelm  Meister's 
zu  schildern,  einzelne  züge  den  römischen  elegikern  entnimmt, 
und  Schiller,  weil  er,  um  die  Wirksamkeit  der  tragischen  muse, 
seiner  eigenen  kunst ,  zu  zeigen ,  in  den  kranichen  des  Ibykus 
Aeschylus'  Eumenidenchor  theilweise  übersetzt  hat? 

In  der  dritten  ekloge  weist  Schaper  die  vermuthung  Gla- 
ser's,  die  verse  95.  99.  102  möchten  wohl  Sticheleien  gegen 
Damoetas  enthalten,  zurück  und   faßt  sie  wörtlich  auf;  sie  schei- 


Nr.  2.  32.   Miscellanea.  155 

nen  ihm  sogar  —  merkwürdiger  weise  —  ernste  und  ge- 
wichtige dinge  in  scherzhaftem  gewande  zu  enthalten.  Aber 
noch  merkwürdiger  sind  die  begriinduugen.  Um  zu  beweisen, 
daß  die  hitze  wirklich  die  euter  der  schafe  oder  ziegen  aus- 
trockne, führt  er  stellen  aus  Varro  und  Columella  an,  in  welchen 
bemerkt  wird ,  daß  es  für  das  vieh  gut  ist ,  ihm  in  der  heißen 
Jahreszeit  vor  der  mittagshitze  schütz  zu  gewähren,  nebenbei  aus 
einer  etwas  ganz  anderes  sagenden  stelle  Vergil's  (Georg.  III, 
308),  wo  von  der  läge  der  stalle  die  rede  ist,  hinc  largi  copia 
lactis  einschmuggelnd.  Auch  wir  menschen  suchen,  weil  es  uns 
zuträglich  ist,  im  sommer  gegen  die  sonnengluth  den  schatten 
auf,  aber  nicht  in  der  besorgniß,  daß  uns  die  milch  eintrocknen 
könnte.  —  Die  verse  84  —  91  scheinen  ihm  erst  nachträglich, 
bei  der  emendation ,  dem  gedieht  einverleibt  worden  zu  sein. 
Sollte  Vergil ,  bei  größerer  reife  des  urtheils ,  es  für  passender 
gehalten  haben  als  im  beginn  seiner  dichterischen  laufbahn  ,  li- 
terarische urtheile  in  ein  bukolisches  gedieht  einzuschalten  ? 
Schwerlich.  Und  guckt  nicht  überall  in  den  eklogen  das  gesiebt 
des  literaten  aus  dem  lose  umgehängten  Schafpelz  des  hirten  hervor  ? 
In  der  vierten  ekloge  vertheidigt  Schaper  seine  ausstoßung 
des  namens  Pollio  im  12.  verse,  zuerst  aus  metrischen  gründen, 
weil  von  einer  solchen  elision  vor  einer  interpunetion  {Pollio ;  et) 
kein  beispiel  weiter  in  den  eklogen  vorkomme  (?  vergl.  VII,  8, 
III,  88).  Auch  eine  Schleifung  aus  dem  dritten  in  den  vierten 
vers  der  sapphischen  Strophe  wie  Iove  non  probante  u  —  xorius 
amnis  kommt  in  den  öden  des  Horaz  nicht  wieder  vor,  und  doch 
hat  deshalb  niemand  diesen  vers  anzuzweifeln  gewagt.  Was 
nur  einmal  vorkommt,  ist  darum  noch  nicht  verdächtig.  Ferner 
giebt  er  sich  viele  mühe  nachzuweisen ,  daß  mit  consule  nicht 
Pollio,  sondern  nur  Augustus  gemeint  sein  könne,  der  demnach 
nicht  bloß  consul ,  sondern  auch  Apollo  sein  würde.  Ich  sehe 
alle  diese  Schwierigkeiten  in  der  nennung  Pollio's  nicht;  die 
Römer  hatten  einmal  diese  gewohnheit,  sämmtliche  ereignisse,  die 
vorkamen,  durch  die  angäbe  der  consuln  des  Jahres,  in  dem  sie 
sich  zugetragen  hatten,  zu  bezeichnen,  auch  wenn  diese  sie  nicht 
herbeigeführt  hatten  und  ganz  unschuldig  daran  gewesen  waren. 
Nur  daß  man  unter  dem  nascens  puer,  wie  Benoist  noch  geglaubt 
hat  annehmen  zu  können  ,  nicht  den  längst  geborenen  söhn  des 
Pollio  zu  verstehen  hat,   —   ein   dem  Servius    entlehnter  einfall, 


156  Bibliographie.  Nr    2. 

den  Schaper    mit   mehr    gründlichkeit    als  nöthig  gewesen  wäre, 
zurückweist. 

In  seinen  bemerkungen  zur  fünften  ekloge  widerlegt  Schaper 
den  italienischen  gelehrten  Agrestio ,  der  vor  kurzem  in  einem 
zu  Neapel  erschienenen  buche  Studii  critici  sulla  Bucolica  di  Vir- 
gilio  wieder  die  alte  tradition,  daß  unter  Daphnis  nur  Cäsar  ver- 
standen werden  könne,  hervorgesucht  hat. 

Zu  der  sechsten  ekloge  wiederholt  Schaper  seine  ansieht, 
daß  sie  erst  nach  dem  tode  des  Gallus  geschrieben  sein  könne. 
Wenn  auch  apium  nach  Plinius  bei  dem  zu  ehren  verstorbener 
gehaltenen  leichenschmaus  seine  Verwendung  fand ,  so  kann  es 
in  dieser  fiction,  nach  welcher  Linus,  mit  ihm  bekleidet,  den 
doch  damals  noch  lebenden  Gallus  führte,  eine  auf  den  tod  deu- 
tende beziehung  nicht  gehabt  haben.  Und  die  römischen  dichter, 
auch  Vergil,  haben  uns  doch  hinreichend  an  Übertreibungen  ge- 
wöhnt ,  um  es  uns  nicht  mehr  auffallend  finden  zu  lassen ,  daß 
ein  neuling  wegen  der  kunstbestrebungen ,  denen  er  sich  eben 
erst  widmet,  gefeiert  wird. 

Für  die  achte  ekloge  nimmt  Schaper  seine  früher  geäußerte 
ansieht,  daß  die  verse  6  —  13  wahrscheinlich  im  jähre  30  v.  Chr. 
verfaßt  sind,  so  wie  seine  abtheilung  der  Strophen,  ohne  beibrin- 
gung  neuer  gründe,  wieder  auf. 

In  der  neunten  weist  er  Glaser's  vermuthung,  daß  der  baupt- 
inhalt  auf  eine  aufforderung  des  Varus  hinauslaufe,  dem  dichter 
sein  abermals  (im  juni  40)  gefährdetes  gütchen  durch  empfehlung 
bei  Octavian  erhalten  zu  wollen,  zurück. 

In  der  zehnten  tritt  er  der  von  Glaser  adoptirten  auffassung 
Gevers'  entgegen,  welcher  in  ihr  eine  reine  parodie  erkannt  ha- 
ben will  (ad  risum  captandum  eam  esse  compositam).  —  Man  muß 
Schaper  recht  geben ,  wenn  er  am  eingang  seiner  abhandlung 
klagt,  daß  eine  hauptschwierigkeit  bei  der  erklärung  der  eklogen 
in  der  beseitigung  so  vieler  verkehrter  einfalle  alter  und  neuer 
interpreten  besteht.     Schlimm  genug ,  daß  er  seine  eigenen  hat. 

H.  J.   Heller. 


Bibliographie. 

Versendet  ist  ein  bericht  von  G.  Freitag  in  Leipzig  über 
die  in  dessen  verlag  erscheinende  Bibliotheca  scriptorum  Graecorum 
et  Romanorum  edita  curante  Car.  Schenkl,  von  der  eine  reihe 
einzelner  bändchen   erschienen  sind. 


Nr.    3.  '    Bibliographie.  157 

F.  A.  Perthes  in  Gotha  hat  ausgegeben  den  dritten  bericht 
der  Bibliotheca  Gothana ,  Schulausgaben  griechischer  und  lateini- 
scher classiker. 

Angekündigt  wird :  „Norddeutsche  Verlagsanstalt"  von  O. 
Gödel  in  Hannover,  die  auch  philologische  werke  zu  verlegen 
sich  erbietet. 

Erschienen  ist  bd.  I,  hft.  1  der:  Internationalen  Zeitschrift 
für  allgemeine  Sprachwissenschaft  unter  raitwirkung  von  L.  Adam 
.  .  .  Wundt  und  andern  gelehrten  des  in-  und  ausländes  her- 
ausgegeben von  F.  Techmer.  8  mag.  Leipzig,  A.  Borth:  sehr 
schön  gedruckt  und  mit  vielen  abbildungen  versehen. 

Angekündigt  wird  :  Centralblatt  für  bibliothekswesen  .  .  von 
O.  Hartwig  und  K.  Schulz.  Leipzig,  Harrassowitz  und  heft  1 
ausgegeben. 

Probenummer  und  prospect  ist  erschienen  von:  „Blätter  für 
höheres  Schulwesen"  von  dr  Fr.  Aly  in  Magdeburg,  verlag  von 
Fr.  Weiß  nachfolger  (H  Söderström) :  die  „specielle  Vertretung 
der  berufs  und  standesangelegeuheiten  der  höhern  lehrer"  soll 
besonders  ins  äuge  gefaßt  werden  und  noch  vielerlei  anderes. 

Zugesendet  ist :  The  Piatonist,  an  exponent  of  the  philoso- 
phic  truth,  edited  by  Th.  Johnson,  hft.  1  des  zweiten  Jahrgangs ; 
besteliungen  und  Zusendungen  sind  zu  senden  nach  Osceola  St. 
Clair  Co.,   Missouri.  —  Man  sieht,  an  Zeitschriften  mangelt  es  nicht. 

Mittheilungen  der  Verlagsbuchhandlung  B.  G.  Teubner  in 
Leipzig  1883,  nr.  6  kündigt  in  abth.  I  an:  Aristarchs  home- 
rische textkritik ,  nach  den  fragmenten  des  Didymos  dargestellt 
und  beurtheilt  von  Arthur  Ludwich:  —  Cassiani  Bassi  schola- 
stici  Geoponica ,  recognovit  H.  Beckh ;  —  Scriptores  historiae 
Augustae,  iterum  recensuit  et  apparatum  critium  addidit  H.  Peter. 

H  Kerler 's  antiquariat  in  Ulm  offerirt  eine  reihe  wichtiger 
philologischer  werke  zu  billigen  preisen ,  darunter  M.  Schmidts 
ausgäbe  des  Hesychius ,  Pindar's  siegesgesänge  und  Sammlung 
kyprischer  inschriften  von  demselben,  Gaza  von  L.   Stark  u.s.w. 

Verzeichniß  ausgewählter  werke  aus  dem  verlag  der  Weid- 
männischen buchhandlung  in  Berlin,  welche  zu  bedeutend  ermä- 
ßigten  preisen  zu  beziehen    sind.     Gültig    bis  ende  des  j.    1884. 

Preisherabsetzung  wichtiger  werke  aus  dem  verlag  von 
Meier  und  Müller  in   Berlin,  franz. -str.   38.    39. 

W.  Lübke  und  C.  von  Liitzow  denkmäler  der  kunst,  fünfte 
aufl.  bei  P.  Neff  in  Stuttgart,  kostet  jetzt  40  rak,  früher   180  mk. 

Cataloge  der  antiquare :  catalog  nr.  80  des  bücherlagers  von 
J.  Jolowitz  in  Posen  ;  —  H.  Kerler  in  Ulm,  verzeichniß  wichtiger 
werke;  —  W.  Koch  und  Reimer  in  Königsberg  i.  Pr.,  Lagerka- 
talog nr.  1  Auetores  Graeci  et  latini  (s.  Pt Anzeig.  1884,  nr.  4); 
—  W.  J.  Peiser,  (Louis  Mayer)  in  Berlin,  lagercatalog  fs.  Keichs- 
Anz.  nr.  294);  —  Schletter  sehe  buchhandlung  (Franck  u.  Wei- 
chertj  in   Breslau,  catalog  nr.    12  (s.   R Anzeig.   nr.   8j;  —    C.  T. 


158  Bibliographie.  Nr.   3. 

Völcker  in  Frankfurt  a.  M.   105    verzeichniß    des    antiquarischen 
bücherlagers. 

Verzeichniß  der  wichtigeren  Publikationen  auf  dem  gebiete  der  alter- 

thumswissenschaft.      1884.     IL 

Deutschland.     Oesterreich.     Schweiz. 

52.  Adamy,  Rud.,  architectonik  auf  historischer  und  aesthetischer 
grundlage.  2.  bd.  1.  abth.:  architectonik  der  altchristlichen  zeit, 
umfassend  die  altchristl.  byzantin.,  muhamedan.,  karoling.  kunst.  1. 
hälfte.     Mit  60  holzschn.     Hannover,  Helwing  1884.     8.     144  p.   4  ink. 

53.  —  -  ,  einführung  in  die  antike  kunstgeschichte.  Mit  123 
illustr.     Hannover,  Helwing  1884.     8      V,  194  p.     3  mk. 

54.  Album  der  ruinen  Rom's  in  12  ansichten  und  pläuen  nebst 
einem  Stadtplane  vom  j.  1877.  Mit  einleitung  und  tafelerklärung  von 
F.  Reber.     Leipzig,  Weigel   1883.     8.     In  leinw.-  mappe.     30  mk. 

55.  Anton ,  J.  R.  W. ,  de  origine  libelli  nt-ol  tpv%as  xvGfiio  xai 
gvmog  inscripti,  qui  vulgo  Tiuiaeo  Locro  tribuitur.  Pars  I,  fasc.  1. 
Erfurt,  Villaret  1883.     8.     VII,  176  p.     6  mk. 

56.  Archiv  für  lateinische  lexicographie  und  grammatik  mit  ein- 
schluß  des  älteren  mittellateins.  Als  Vorarbeit  zu  einem  Thesaurus 
linguae  latinae  mit  Unterstützung  der  bayerischen  akad.  d.  wiss.  her- 
ausgeg.  von  Ed.  U 7Slffiin.     l.jahrg.     4  hefte.     Leipzig,  Teubner  1884.  8. 

57.  Aristophanis  Ecclesiazusae  rec.  Adph.  v.  Velsen.  Leipzig, 
Teubner  1884.     8.     VIII,  96  p.     2  mk.  40  pf. 

58.  Autenrieth,  Georg,  Wörterbuch  zu  den  homerischen  gedichten. 
Für  schüler  bearb.  Mit  vielen  holzschn.  und  2  karten.  4.  verb.  aufl. 
Leipzig,  Teubner  1884.     8.     XVI,  361  p. 

59.  Bolm,  R.,  die  stoa  könig  Attalos  des  zweiten  zu  Athen.  Mit 
2  kupfertafeln.  Berlin,  Ernst  u.  Korn  1882.  4.  (Aus  Zeitschrift  für 
bauwesen).     3  mk. 

60.  Brambach,  W. ,  die  musikliteratur  des  mittelalters  bis  zur 
blüthe  der  Reichenauer  sängerschule  500—1050  n.  Chr.  Karlsruhe. 
(Leipzig,  Teubner  in  comra.).  1884.     4.     II,  27  p.     2  mk. 

61.  Buchholz,  E.,  die  homerischen  realien.  2.  bd. :  öffentliches 
und  privates  leben.  2.  abth.:  das  privatleben  der  Griechen  im  heroi- 
schen Zeitalter.  Auf  grundlage  der  homerischen  dichtungen  dargestellt. 
Mit  1  tafel.     Leipzig,  Engelmann  1884.     XII,  332  p.     5  mk. 

62.  Corpus  iuris  civilis.  Ed.  stereotypa  fasc.  XL  Novellae  XXII 
— XLIII  recogn.  Rud.  Schoell.  Berlin,  Weidmann  1884.  8.  (Bd.  HI, 
p.  153—272). 

63.  Du  Gange ,  Carolus  Du  Fresne ,  dominus,  glossarium  mediae 
et  infimae  latinitatis  conditum  a;  auctum  a  monachis  ordinis  S.  Bene- 
dicti  cum  supplementis  integris  D.  P.  Carpenterii,  Adelungi  aliorum 
suisque  digestis  G.  A.L.  Henschel,  sequuntur  glossarium  Gallicum,  ta- 
bulae  indices  auctorum  et  rerum,  dissertationes.  Ed.  nova  aucta  plu- 
ribus  verbis  aliorum  scriptorum  a  Leop.  Favre.  Tom  I :  A  -  Bar. 
Niort,  (Berlin,  Calvary)  1884.     4.     LXXV,  576  p.     16  mk. 

64.  Enmann,  Alex.,  eine  verlorene  geschichte  der  römischen  kai- 
ser  und  das  buch  de  viris  illustribus  urbis  Romae.  Quellenstudien  im 
Philologus  hrsg.  v.  E.  v.  Leutsch.     4.  suppl.-bd.     heft  4. 

65.  Euripidis  fabulae  ed.  Rud.  Prinz  Vol.  I,  pars  4:  Hecuba. 
Leipzig,  Teubner  1884.     8.     VII,  56  p.     1  mk.  60  pf. 

66.  Furtwängler ,  A.,  der  goldfund  von  Vettersfelde.  43.  progr. 
zum  Winckel mannsfeste  der  archäolog.  gesellsch. -zu  Berlin.  Mit  3 
tafeln.     Berlin,  G.  Reimer  1883.     4.     54  p.     3  mk. 

67.  Genick,  A. ,    griechische   keramik.      40  taff.  ausgewählt  und 


Nr.   3.  Bibliographie.  159 

aufgenommen.     Mit  einleitung  und  beschreibung  von  A.  Furtwlinyler. 
Berlin,  Wasmuth   1883.     4.  in  mappe.     24  p.     80  p. 

68.  Gerhard,  Ed.,  etruskische  spiegel.  5.  bd.  Im  auftrage  des 
kais.  deutschen  archäolog.  Instituts  bearb.  von  A.  Klügmann  und  G. 
Koerte.     Heft  1.     Berlin,  Reimer  1884.     4.     16  p.     10  taff.     9  mk. 

69.  Gregorovius,  Ferd.,  der  kaiser  Hadrian.  Gemälde  der  römisch- 
hellenischen weit  zu  seiner  zeit.  2.  neugeschrieb.  aufl.  Stuttgart, 
Cotta  1884.     8.     X,  505  p.     12  mk. 

70.  Grünauer,  E.,  kritische  Bemerkungen  zum  texte  des  Livius. 
Winterthur  1882.     4.     12  p.     (Basel,  Schneider). 

71.  Guridt,  Ludw. ,  die  briefe  Cicero's  an  M.  Brutus.  In  bezug 
auf  ihre  echtheit  geprüft.  Im  Philologus  hrsg.  v.  E.  v.  Leutsch.  4. 
suppl.-bd.  heft  5.     p.  551—630. 

72.  Homeri  Odyssea  ed.  Guil.  Dindorf.  Ed.  V  correctior  quam 
curavit  C.  Hentze.  Leipzig,  Teubner  1884.  8.  2  partes.  XXII,  204; 
VI,  194  p.     1  mk.  50  pf. 

73.  Hubrich ,  Theod.,  de  diis  Plautinis  Terentianisque.  Königs- 
berg (Beyer)  1883.     8.     134  p.     1  mk.  60  pf. 

74.  Justus ,  J. .  das  christenthum  im  lichte  der  vergleichenden 
sprach-  u.  religionswissenschaft  und  in  seinem  gegensatze  zur  aristo- 
telisch-scholastischen speculation.  Wien,  Gerolds  söhn  in  Comm.  1883. 
8.     VIII,  244  p.     4  mk. 

75.  Kleinpaul,  Rud.,  Neapel  und  seine  Umgebung  geschildert. 
Mit  ca.  150  illustr.  Heft  1  ff.  Leipzig  ,  Schmidt  und  Günther  1883. 
fol.     (ä  1  mk.). 

76.  Koertiny,  Gust,  encyclopädie  und  methodologie  der  romanischen 
philologie.  Mit  besonderer  berücksichtigung  des  französischen  und  ita- 
lienischen. 1.  theil.  [1.  buch:  erörterung  der  vorbegriffe.  2.  buch: 
einleitung  in  das  Studium  der  romanischen  philologie.]  Heilbronn, 
Henninger   1884.     8.     XVI,  244  p.     4  mk. 

77.  Lange,  Ludw.,  de  sacrosanctae  potestatis  tribuniciae  natura 
eiusque  origine  commenfatio.  Leipzig  (Hinrichs  sort.)  1883.  4.  43  p. 
1  mk.  60  pf. 

78.  Lysias  ausgewählte  reden  erkl.  von  Rud.  Rauchenstein.  1. 
bdchn.  9.  aufl.  besorgt  von  dr.  K.  Fuhr.  Berlin,  Weidmann  1883. 
8.     XIII,  165  p.     1  mk.  50  pf. 

79.  Monumenta  tachygraphica  codicis  Parisiensis  latini  2718  trans- 
scripsit  adnotavit  edid.  Guil.  Schmitz.  Fase.  IL  S.  Iohannis  Chryso- 
stomi  de  cordis  compunetione  libros  II  latine  versos  continens.  Ad- 
ieetae  sunt  XV  tabulae  phototypicae  notarum  simulacra  exhibentes. 
Hannover,  Bahn   1883.     4.     VII,  31  p.  in  mappe. 

80.  Nissen,  Heinr.,  italische  landeskunde.  l.bd.:  land  und  leute. 
Berlin,  Weidmann  1883.     8.     VIII,  566  p.     8  mk. 

81.  Ocerbeck,  Joh. ,  Pompeji  in  seinen  gebäuden,  alterthümern 
und  kunstwerken  dargestellt.  4.  im  vereine  mit  Aug.  Mau  durchgearb. 
u.  vermehrte  aufl.  mit  30  größeren  ansichten  u.  320  holzsch.  im  texte. 
Leipzig,  Engelmann  1884.     8.     XVI,  176  p.     20  mk. 

82.  Ovidii  Nasonis,  P.  fasti,  scholarum  in  usum  ed.  O.  Güthling. 
Leipzig,  Freytag  1884.     8.     XXIV,  141  p.     75  pf. 

83.  Plato's  ausgewählte  dialoge  erkl.  von  C.  Schmelzer.  6.  bd. 
Menon.  Entyphron.     Berlin,  Weidmann   1883.     8.     111  p.     Irak.  20pf. 

84.  Roth,  Carl  Ludw.,  römische  geschichte  nach  den  quellen  er- 
zählt. In  2.  neu  bearb.  aufl.  hrsg.  von  Adf.  Westermayer.  1.  theil: 
von  der  gründung  der  stadt  Rom  bis  zur  Stiftung  des  1.  triumvirats. 
Mit  15  orig.-abbild.  Nördlingen,  Beck  1883.  8.  XII,  388p.  5  mk.  20  pf. 

85.  Ranke,  Leop.  v.,  Weltgeschichte.  4.  theil  in  2  abtheil.  Das 
kaiserthurn   in  Constantinopel    und   der  Ursprung   romanisch  -germani- 


160  Bibliographie.  Nr.   3. 

scher  königreiche.     2.  abth.     Leipzig,    Duncker  u.  Humblot  1883.     8. 
VI,  445;  VI,  368  p.     20  mk. 

86.  Sammlung  Sabouroff,  die,  kunstdenkinäler  aus  Griechenland 
hrsg.  von  Ad.  Furtwängler.  3.  u.  4.  liefg.  19  bl.  text,  20  taff.  Ber- 
lin, Asher  u.  Co.  1883.     fol.  in  mappe.     ä  25  rak. 

87.  Scala,  Rud.  von,  der  pyrrhische  krieg.  Als  dissertation  ver- 
faßt, Berlin,  Parrisius  1884.  8.  VIII,  183  p.  Dazu  karte:  Roms 
garnisonsystem  im  jähre  281  autogr.     fol.     4  mk.  80. 

88.  Schkemann,  Heinr. ,  Troja.  Ergebnisse  meiner  neuesten  aus- 
grabungen  auf  der  baustelle  von  Troja  in  den  heldengräbern,  Bunar- 
baschi  und  anderen  orten  der  Troas  im  jähre  1882.  Mit  vorrede  von 
prof.  A.  H.  Sayce.  Mit  150  abbild.  in  holzschn.  und  4  karten  und 
planen.     Leipzig,  Brockhaus  1884.     8.     XLV,  462  p.     30  mk. 

89.  Schnorr  von  Carolsfeld,  Franz,  katalog  der  handschrifteu  der 
kgl.  öffentl.  bibliothek  zu  Dresden.  Im  auftrage  der  generaldirection 
der  kgl.  Sammlungen  für  kunst  und  wissensch.  bearb.  2.  bd.  (Abth. 
I— M.)     Leipzig,  Teubner  1884.     8.     IX,  588  p.     15  mk. 

90.  Schrammen,  J.,  über  die  bedeutung  der  formen  des  verbum. 
Heiligenstadt  1884,  Delion.     143  p.     2  mk. 

91.  Siebeck,  Herrn.,  geschichte  der  psychologie.  1.  theil.  2.  abth.: 
die  psychologie  von  Aristoteles  bis  zu  Thomas  von  Aquino.  Gotha, 
Perthes  1884.     8.     XI,  531  p.     11   mk. 

92.  Sylloge  inscriptionum  Graecarum  ed.  Quil.  Dittenberqer. 
Leipzig.  Hirzel  1884.     8.     2  fasc.     VIII,  805  p.     16  mk. 

93.  ünger ,  Geo.  Fr.,  die  Zeitverhältnisse  des  Anaxagoras  und 
Empedokles  im  Philologus  hrsg.  v.  E.  v.  Leutsch.  4.suppl.-bd.  Heft  5. 
(p.  511—550). 

94.  Voigt,  Paul,  Sorani  Ephesii  liber  de  etymologiis  corporis  hu- 
mani  quatenus  restitui  possit.  Gryphisw.  1882.  8.  (Berlin,  Mayer 
u.  Müller.)     49  p.     1  mk. 

Skandinavien. 

95.  Anna  Komnena ,  Alexiade.  Oversat  fra  Graesk  og  forsynet 
med  historisk  Inledning  og  Anmaerkninger  af  O.  A.  Hovgard  udg.  for 
Selskab  til  historiske  Kildeskrifters  Overforelse  pä  Modersmalet  ved 
H.  H.  Lefolxi.  To  Dele.  Kjobenhavn,  Schanberg  1883.  8.  792  p. 
1  kort.     10  kr. 

96.  Caspari,  C.  P.,  kirchenhistorische  anecdota  nebst  neuen  aus- 
gaben patristischer  und  kirchlich  mittelalterlicher  Schriften.  Veröf- 
fentlicht und  mit  anmerkgn.  und  abhandl.  begleitet.  I.  Lateinische 
schritten.  Die  texte  und  anmerkungeD.  Universitätsprogramm  zur  4. 
säkularfeier  der  geburt  Luthers.  Christiania,  Aschehoug  i  comm.  1883. 
8.     XXX,  360  p.     8.     4  kr.  25  ore. 

97.  Drechsel ,  E. ,  den  graeske  Filosofis  historiske  Udvikling  i 
korteste  Omrids  samt  et  Par  Bemaerkninger  om  den  mekaniske  Ver- 
densanskuelse,  Slagelse  1883.  8.  60  p.  (Kjobenbavn ,  Scb.0nberg). 
60  p.     1  kr.  50  0re. 

98.  Poestion,  J.  C  ,  Graeske  Digterinder.  Et  Bidrag  til  Kvimle- 
literatureus  Historie.  Autoriseret  Oversättelse  ved  J.  Getzsche  og  P. 
E.  Benzon.     Kj&benhavn,  Hauberg  1883.     8.     210  p.     1  kr.  50  öre. 

99.  Sofokles  Elektra.  Tragedie.  Paa  Dansk.  Ved  T.  Sierstedt. 
Kj0benhavn,  Reitzel  1883.     12.     100  p.     2  kr. 

100.  Ussing ,  J.  L.,  Fra  Hellas  og  Lilleasieu  i  Foraaret  1882. 
Kjabenhavn,  Gyldendal  1883.     8.     272  p.     1  kort.     3  kr.  50  0re. 

Niederlande. 

101.  h'pkema,   E.,  leerboek  van  de  geschiedenis  der  oudheid.    Med 


Nr.   3.  Bibliographie.  161 

platen  en  afbeeldingen.     Groningen,  Noordhoffen  Smit  1883.     8.     VIII, 
286  p.     3  fl.  60  c. 

102.  Es,  A.  H.  G.  P.  van  den,  de  Studie  van  de  Grieksche  Oud- 
heidkunde  gedurende  de  laatste  jaren.  Redevoering  etc.  Groningen, 
J.  B.  Wolters  1888.     8.     31  p.     0,50  fl. 

103.  Euripides  Helena.  Treurspel.  In  de  oorspronkelijke  vers- 
maat  uit  het  Grieksch  vertaald  door  A.  Flament.  Amsterdam ,  J.  F. 
Sikkeu   1883.     8.     XII,  71  p.     1,25  fl. 

104.  Hertßerden,  Henricus  van,  commentatio  critica  in  Herodoti 
libros  I  et  II.  Trajecti  ad  Rh.  J.  L.  Beijers  1883.     8.     48  p.     0,70  fl. 

105.  Koe,  S.  S.  de,  de  conjekturaal  -  kritik  en  het  Evangelie 
naar  Johannes.  Utrecht,  Kemink  en  zoon  1883.  8.  VIII,  280  p.  3,75  fl. 

106.  Yaleton,  Matthee,  Handboek  der  oude  Geschiedenis.  11.  De 
Romeinen  met  kaart.  Groningen,  J.  B.  Wolters  1883.  8.  XII, 155p.   l,90fl. 

England. 

107.  Alford,  H.,  Greek  testament.  With  a  critically  revised 
text ,  a  Digest  of  various  readings,  marginal  references  to  verbal  and 
idiomatic  usage,  Prolegomena  and  a  critical  and  exegetical  commen- 
tary.  Vol.  I:  The  four  gospels.  New  edition.  London,  Rivington 
1883.     8.     1087  p.     28  sh. 

108.  Catuloyl  codicum  manuscriptorum  Bibliothecae  Bodleianae 
pars  IX  Codices  a  viro  cl.  Kenelm  Digby.  Confecit  G.  D.  Macray. 
London,  Frowde   1883.     4.     10  sh.  6  d. 

109.  Church,  Alfred  J.,  Roman  life  in  the  days  of  Cicero,  Sket- 
ches drawn  from  bis  letters  and  speeches.  With  illustr.  London, 
Secley  1883.     8.     302  p.     5  sh. 

110.  Dennis,  George,  the  cities  and  cemeteries  of  Etruria.  With 
map  plans  and  illustrations.     London,  Murray.     8.     I,   190  p.      21  sh. 

111.  Duncker ,  Max.,  History  of  Greece  from  tbe  eatliest  times 
to  the  end  of  the  Persian  War.  Translated  from  the  German  by  S. 
F.  Alleyne.     Vol.   1.     London,  Bentley  1883.     8.     546  p.     15  sh. 

112.  Dt/er,  Thomas  H. ,  The  city  of  Rome  its  vicissitudes  and 
mouuments.  2nd  ed.  revised.  London,  Bell  u.  Sons  1883.  12. 
480  p.     5  sh. 

113.  Fergusson,  James,  the  temple  of  Diana  at  Ephesus  with 
special  reference  to  Mr.  Woods  discoveries  of  its  remains.  London, 
Trübner  1883.     4.     5  sh. 

114.  Mitchell,  Lucy  M.,  History  of  ancient  sculpture  illustrated. 
London,  Paul,  French  and  Co.  1883.     8.     222  p.     21  sh. 

115.  Schliemann,  Henry,  Troja,  results  of  the  latest  researches 
and  discoveries  on  the  site  of  Homers  Troy  and  in  the  Heroic  Tumuli 
and  other  sites  made  in  the  year  1882  and  a  narrative  of  a  journey 
in  the  Troad  in  1881.  Preface  by  prof.  A.  H.Sayce  with  150  wood- 
cuts  and  4  maps  and  plans.     London,  Murray  1883.     8.     458  p.     42  sh. 

Belgien. 

116.  Delattre,  A.,  le  peuple  et  l'empire  des  Medes  jusqu'a  la  fin 
du  regne  de  Cyaxare.  Examen  critique  des  travaux  les  plus  re'cents 
sur  cette  matiere.  Bruxelles  1883.  4.  200  p.  (Memoire  conronnee 
par  l'ac.  d     Bruxelles). 

117.  Willems,  Alphonse,  Notes  et  corrections  sur  l'Hippolyte 
d'Euripide.     Bruxelles,  van  Trigt  1883.    8.     74  p.     3  fr. 

Frankreich. 

118.  Berthele ,  J. ,  la  question  de  Sanxay  ä  propos  du  memoire 
du  pere  de  la  Croix  reponse  a  M.   Hild.     Poitiers   1883.     8.     35  p. 

119.  Boissier ,  Gaston,  la  religion  romaine  d' Auguste  aux  Anto- 
ains.     T.  1.  2.     Paris,  Hachette  1833.     8.     XVI,  404,  419  p.     7  fr. 


162  Bibliographie.  Nr.  3. 

120.  Bouche- Leder q,  A.,  Atlas  pour  servir  ä  l'histoire  grecque 
d'  JE.   Curtius.     Paris,  Leroux  1883.     8.  VIII,  128  p.  21  cartes.    12  fr. 

121.  Choisy ,  Auguste,  Etudes  sur  l'architecture  grecque.  2me 
etude  les  mnrs  d'Athenes  d'apres  le  devis  de  leur  restauration.  Paris 
1883.     4.     p.  43—84  et  planche. 

122.  —  — ,  l'art  de  bätir  chez  les  Byzantines.  Paris  1883.  fol. 
196  p.     25  planches  par  L.  Bescherer. 

123.  Delisle,  Leopold,  Notice  sur  plusieurs  manuscrits  de  la  bib- 
liotheque  d'Orleans.     Paris  1873.     4.     87  p. 

(Extr.  des  notices  et  mss.  de  la  Bibliotheque  nationale.) 

124.  Hild,  J.  A. ,  Les  fouilles  de  Sanxay  ä  propos  du  memoire 
archeologique  sur  les  decouvertes  d'Herbord ,  dites  de  Sanxay  par  le 
R.  P.  Camille  de  la  Croix  Niort  1883.     Poitiers  1883.     8.     16  p. 

(Extr.  du  Bulletin  mensuel  de  la  faculte  des  lettres  de  Poitiers). 

125.  Jacob,  F.,  lexique  etymologique  latin  francais  precede  d'un 
tableau  de  suffixis  et  suivi  d'un  vocabulaire  des  nonis  propres.  Paris, 
Delalain  1883.     8.     LXXXVIII,  1276  en  deux  col. 

126.  Jurien  de  la  Graviere,  les  campagnes  d'Alexandre.  T.  2: 
PAsie  sans  maitre.     Paris,  Plön  1883.     18.     XXXII,  261  p. 

127.  Longperier,  A.  de,  oeuvres.  Reunies  et  mises  en  ordre  par 
G.  Schlumberger.  T.  4  moyen  äge  et  reuaissance.  Premiere  partie 
(1837-1858).     Paris,  Leroux  1883.     8.     423  p. 

128.  Robert,  Ulysse,  Inventaire  Sommaire  des  manuscrits  des 
bibliotheques  de  France  dont  les  catalogues  n'ont  pas  ete  imprimes. 
3  fascicule.     Dijon  a  Nice;    Paris,  Champion  1883.     8.     p.  259—448. 

Italien. 

129.  S.  Ambrosii  Mediolanensis  omnia  ad  MediolaDenses  Codices 
pressius  exacta  curante  Paulo  Angelo  Ballerini.  Vol.  V.  Mediolani, 
typ.  S.  Josephi  1883.     fol.     770  p. 

130.  Boni,  G.,  il  colore  sui  monumenti.  In  Archivio  Veneto  N. 
S.  vol.  XXV,  parte  2. 

131.  Finzi,  G.,  l'asino  nella  leggenda  e  nella  letteratura.  Con- 
ferenze  ecc.     Torino,  Paravia  1883.     8.     43  p.     1,50  lire. 

13"2.  Oberziner ,  Giov.  Amennone ,  i  Reti  in  relazione  cogli  an- 
tichi  abitatori  d'Italia :  Studii  storici  e  archeologici.  Roma,  tip.  Artero 
1883.     8.     XI,  262  p.     30  tavv.     10  lire. 

133.  Ricagni,  Giov.,  la  morale  di  Orazio.  Studio.  Teramo  1883. 
8.     65  p.     (Liceo  ginnas.  „Melcbiorre  Delfico".) 

134.  Taverni,  Remeo,  la  teoria  morale  diAristotele  nei  X  libria 
Nicomaco  dichiarata  in  dieci  lezioni.     Roma,  tip.  Artero  1883.    8.  428  p. 

135.  Urbini,  Giulio,  la  vita  i  tempi  e  l'elegie  de  Sesto  Properzio 
vol.  I.     Forigno  1883.     8.     108  p.     2  lire. 

136.  Vetri,  Paolo,  Enna ,  dei  primordii  all1  invasione  araba : 
pagine  storiche.     Piazza  Armerina  1883.     8.     302  p.     4  lire  50  c. 

Spanien. 

137.  Suetonio  Tranquilo,  C.,  los  doce  Cesares  traducciön  derecta 
del  latin  por  F.  Norberto  Castilh.  Madrid,  Luis  Navarro  editor  1833. 
8.     413  p.     14  reales.     (Biblioteca  cläsica  t.  64.) 

Beilage  B.     Academica  und  dissertationen. 
Bonn.     138.     Lübbert,  Ed.,  diatriba  in  Pindari  locum  de  Aegidis 
et  sacris  Carneis.     Bonn  1883.     4.     21  p. 

139.  —  —  ,  Prolegomena  in  Pindari  Carmen  Pythium  nonum. 
Bonn  1883.     4.     22  p. 

140.  —  — ,  Prolusio  in  Pindari  locum  de  ludis  Pythiis  Sicyoniis. 
Bonn  1883.     4.     22  p. 


Nr.   3.  Bibliographie.  163 

141.  Dehner,  Sebastian,  Hadriani  reliquiae  partic.  I.  Bonn  1883. 
8.    48  p. 

142.  Hqffmann,  Franc.  Iosephus,  Quoraodo  quando  Titus  imperator 
factns  sit.     Bonn  1883.     8.     47  p. 

143.  Hoyer,  Rud.,  de  Antiocho  Ascalonita.     Bonn  1883.     8.     52  p. 

144.  Koepp ,  Frid. ,  De  Gigantomaehiae  in  poeseos  artisque  nio- 
numentis  usu.     Bonn  1883.     8.     66  p. 

145.  Marchs,  Frid.,  Symbola  critica  ad  epistolographos  Graecos. 
Bonn  1883.     8.     54  p. 

146.  Müntzel,  Robert,  de  Apollodori  tuqI  ^wc  libris.  Bonn  1883.  8. 

147.  Poppelreufer,  Pet.  Hab. ,  Quae  ratio  intercedat  inter  Posi- 
donii  riioi  nad-uii>  noay/uuniag  et  Tusculanas  disputationes  Ciceronis. 
Bonn  1883.     8.     37  p. 

148.  Schueth,  Carl,  de  Poenulo  Plautina  quaestiones  criticae. 
Bonn  1833      8.     47  p. 

149.  Schurz,  Guil.,  de  niutationibus  in  imperio  Romano  ordinando 
ab  imperatore  Hadriano  factis  particula  I.     Bonn   1883.     8.     46  p. 

Greifs  wa  Id.  150.  Guttmann  ,  Carl,  de  earurn  quae  vocantur 
Caesariaaae  orationum  Tullianarum  genere  dicendi.  Gryphiswaldiae 
1883.     8.     79  p. 

151.  Hom,  Eugen,  de  Aristarchi  studiis  Pindaricis.  Ebda  1883. 
8.     90  p. 

152.  Rassow ,  Job.,  Quaestiones  selectae  de  Euripideoruui  nun- 
tiorum  narrationibus.     Ebda  1883.     8.     74  p. 

153.  Schueler,  Carl,  Quaestiones  Vergiiianae.     Ebda  1883.  8.  59  p. 

154.  Schulz,  Herrn.,  Quaestiones  Ovidianae.     Ebda  1883.   8.    41  p. 

155.  Trabandt,  Albert,  de  minoribus  quae  sub  nomine  Quintiliani 
feruntur  declamationibus.     Ebda   1883.     8.     42  p. 

Halle.  156.  Keil,  Henric  ,  Emendationes  Varronianae.  Halae 
1883.     4.     Ind.  lectt.   1883/84.     10  p. 

157.  —  — ,  Observationes  criticae  in  Varronis  rerum  rusticarum 
libros.     Halae  1883.     (Ind.  aest.  1883).     12  p.     4. 

158.  Degner,  Eduard,  Quaestiones  de  curatore  rei  publicae  pars 
prior.     Halis  Sax.  1883.     8.     71  p. 

159.  Ess,  Franz  Xaver.  Quaestiones  Plinianae.  Halis  1883.  8.  45  p. 

160.  Goerbig,  Guil.,  Nominum  quibus  loca  significantur  usus  Plau- 
trnus  exponitur  et  cum  usu  Terentiano  comparatur.  Halberstadii 
1883.     43  p. 

161.  Goetz,  Oscar,  Quaestiones  de  genetivi  usu  Thucydideo.  Vra- 
tislaviae  et  Halis  1883.     8.     73  p. 

162.  Gorges,  0.,  de  quibusdam  sermonis  Gelliani  proprietatibus 
observationes.     Halis   1883.     8.     70  p. 

163.  Grabenstein ,  Albertus,  de  interrogationum  enuntiativarum 
usu  Horatiano.     Halis   1883.     8.     64  p. 

164.  Heilig  mistaedt,  Ricardus  ,  de  enuntiatorum  finalium  usu  He- 
rodoteo  cum  Homerico  ex  parte  comparato.  Pars  prior.  Halis  1883. 
8.     56  p. 

165.  Herbst,  Hugo,  de  sacerdotiis  Romanorum  municipalibus 
quaestio  epigrapbica.     Halis   1883.     8.     43  p. 

166.  Heymann,  Paul,  In  Propertium  quaestiones  grammaticae  et 
orthographicae.     Halis  1883.     8.     87  p. 

167.  Karbaum,  Herrn.,  de  auctoritate  ac  fide  grammaticorum 
Latinorum  in  constituenda  lectione  Ciceronis  orationum  in  Verrein. 
Halis   1883.     8. 

168.  Kauseh,  Guil.,  de  Sophoclis  fabularum  apud  Suidam  reli- 
quiis.     Halis  1883.     8.     60  p. 

169.  Kirchner,  Jo.  Ern.,  de  litis  instrumentis  quae  extant  in  De- 


164  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.  3. 

mosthenis  quae  fertur  in  Lacriturn  et  priore  adversus  Stephanutu  ora- 
tionibus.     Halis  1883.     8.     40  p. 

170.  Kleiber,  Ludw. ,  Quid  Tacitus  in  Dialogo  prioribus  scripto- 
ribus  debeat.     Halis  1883.     8.     90  p. 

171.  Naumann,  Maxim.,  de  fontibus  et  fide  Bruti  Ciceronis. 
Halis  1883.     8.     36  p. 

172.  Ulbricht,  Friedr.,  de  interrogationibus  disiunctivis  et  an  par- 
ticula  apud  Tacitum.     Halis  1883.     8.     47  p. 

173.  Panhoff,  Theod.,  De  neutrius  generis  adiectivorum  substan- 
tivo  usu  apud  Tacitum.     Halis  1883.     8.     35  p. 

174.  Puhl,  Max.  de  Othone  et  Vitellio  imperatoribus  quaestiones. 
ibid.  1883.     38  p. 

175.  Raßfeld,  Frid.,  de  versibus  suspectis  et  interpolatis  fabulae 
Sophocleae  quae  iüscrrbitur  Oedipus  Coloneus.     Halis  1883.     8.     57  p. 

176.  Roos,  Carl,  De  Theodoreto  Clementis  et  Eusebii  compilatore. 
ibid.  1883.     8.     32  p. 

177.  Schinkel,  Jul.,  Quaestiones  Silianae.     Lipsiae  1883.    8.    77  p. 

178.  Schoenaich ,  Gust.,  Quaestiones  luvenalianae.  Halis  1883. 
8.     39  p. 

179.  Schwabe,  Carl,  de  dicendi  genere  Isocrateo.  Halis  1883.  8.  39  p. 

180.  Staesche,  Traugott,  De  Demetrio  Ixione  grammatico.  ibid. 
1883.     8.     59  p. 

181.  Vaders,  Jos.,  de  alis  exercitus  Romani  quales  erant  impera- 
torum  temporibus  quaestionis  epigraphicae  pars  prior.  Halis  1883. 
8.     37  p. 

182.  Völlers,  K.,  das  Dodekaphropheton  der  Alexandriner.  Halle 
1882.     8.     31  p. 

183.  Wangrin,  Aemil.,  Quaestiones  de  scboliorum  Demosthenico- 
rum  fontibus.  Pars  prior :  de  Haipocratione  et  Aelio  Dionysio  Pausa- 
niaque  atticistis.     Halis  1883.     8.     39  p. 

184.  Wolff,  Ose,  de  enuntiatis  interrogativis  apud  Catullum  Ti- 
bullum  Propertium.     Paris  1883.     8.     62  p. 

185.  Zimmermann,  Ricard.,  Quibus  auetoribus  Strabo  in  libro 
tertio  Geograpbicorum  conscribendo  usus  sit  quaeritur.  Pars  prior. 
Halis  1883.     8.     38  p. 

Heidelberg.  186.  Bock,  Rad.,  de  codicis  Isocratei  Urbinatis 
(r)  auetoritate.     Brunsvigae  1883.     8.     46  p. 

187.  Schuchhardt,  Carl,  Andronici  Rhodii  qui  fertur  libelli  ntol 
na&wv  pars  altera  de  virtutibus  et  vitiis.    Darmstadiäe  1883.     8.     84  p. 

188.  Sickinger,  Antonius,  de  lingua,e  latinae  apud  Plutarchum  et 
reliquiis  et  vestigiis.     Friburgi  Brisgoviae  1883.     8.     88  p. 

Helsingfors.  189.  Forsman,  Carl,  de  Aristarcho  lexici  Apol- 
loniani  fönte.     Helsingforsiae  1883      8.     129  p. 

Kiel.  190.  Blaß,  Friedr.,  de  Gemino  etPositonio.  Kiliae  1883. 
4.     (25  p.). 

Kleine  phüulogisrhc  zeifueig. 

Es  wird  im  RAnz.  nr.  10  empfohlen:  das  preußische  schul- 
recht, von  M.  Ueberschaer,  Hoyerswertha ,  G.  Wentzel,  es  ent- 
hält die  auf  schulen  bezüglichen  gesetze  von  1872  an. 

Göttingen,  15.  jan.:  die  künde  von  einer  hochbedeutenden 
wissenschaftlichen  entdeckung  ist  soeben  hei  dem  vorstand  der 
gesellschaft  für  kirebenrechtswissenschaft  eingegangen.  Die  äl- 
teste christliche  kirchenordnung,  die  Jidaiui  twv  unooiolwr  aus 
dem  anfang  des  zweiten  Jahrhunderts  ist  durch  den  metropoliten 


Nr.  3.  Kleine  philologische  zeitung.  165 

Bryennios  von  Nikomedien  aus  demselben  codex  publicirt  worden, 
in  welchem  er  die  vollständigen  Clemeasbriefe  entdeckt  hatte 
(vgl.  über  den  betreffenden  cod.  Constantinopolitanus :  Clementis 
Eomani  epistulae  textum  rec.  0.  de  Gebhardt,  Ad.  Harnack  (Pa- 
trum apostoll.  opera  fasc.  I,  part.  I,  ed.  II,  Lips  1876  Prole- 
gomena  p.  XI  sqq..  —  Die  ganze  bedeutung  des  fundes  läßt 
sich  noch  nicht  übersehen,  doch  steht  schon  jetzt  fest,  daß  1)  nun 
die  wurzel  und  das  vorbild  der  gesammten  orientalischen,  unter 
den  bezeichnungen  z/tazrijac;,  /]t,duaxu)Jou,  Jmiayal,  Kuioveg  iwv 
unoaioXwv  bekannten  litteratur  wieder  entdeckt  ist,  und  dies 
verworrene  gebiet  nun  ins  hellste  licht  gestellt  erscheint,  2)  dass 
für  die  älteste  geschichte  der  christlichen  Verfassung  und  des 
kultus  eine  grundlegende  quelle  gegeben  ist ,  welche  ungeahnte 
aufschlüsse  gewährt.  Professor  dr.  th.  Ad.  Harnack  in  Gießen, 
welcher  der  gesellschaft,  zu  deren  auswärtigen  mitgliedern  er  ge- 
hört, über  den  ihm  von  Bryennios  mitgetheilten  fund  mittheilung 
machte,  hat  dessen  wissenschaftliche  verwerthung  sogleich  in  an- 
griff genommen.     (Hallische  zeitung   1884,  nr.   18,   beilage.) 

Schliemann's  Troja  eine  urzeitliche  feuernehr opole.  (Nach  Köl- 
nische zeitung  1884,  no.  13,  2.  blatt.j  Die  Untersuchungen  des 
hauptmanns  a.  d  Ernst  Boetticher  zu  Berlin  bringen  die  frage 
nach  der  localität  Troja's  in  eine  neue  richtung.  Er  weist  zu- 
nächst die  Unmöglichkeit  „der  verbrannten  städte"  Schliemann's 
nach ,  macht  auf  den  geringen  umfang  des  Hissarlikhügels  auf- 
merksam und  betont  den  Widerspruch  zwischen  Schliemann's  an- 
nahmen und  den  aufgefundenen  resten.  Nach  Boetticher's  ansieht 
haben  wir  es  in  Hissarlik  überhaupt  nicht  mit  resten  einer  städti- 
schen niederlassung  zu  thun,  sondern  mit  einem  feuerbestattungs- 
orte.  „Die  kriterien  von  Hissarlik  sind  :  abgeflachte  kegelgestalt 
des  hügel's,  sein  aufbau  in  Stockwerken  (schichten),  sein  inhalt 
an  Überbleibseln  des  todtenkults  (menschliche  knochen,  schädel, 
ganze  skelette ,  aschenurnen  ,  todtenschmuck  von  edeln  und  un- 
edeln  metallen ,  allerlei  heilige  gefäße  und  symbolische  gegen- 
stände, dazu  eine  ganz  besondere  art  riesiger  thonurnen  inmitten 
colossaler  aschenmengen  und  spuren  einer  glut  von  1100  grad  C. 
und  darüber.  Diese  kriterien  wiederholen  sich  überall  auf  der 
erde,  theils  in  nekropolen  überhaupt,  theils  an  statten  des  todten- 
brands".  Boetticher  bringt  verschiedene  bisher  unbemerkt  ge- 
bliebene momente  in  Hissarlik  zu  tage,  so  ist  zu  verzeichnen  der 
nachweis  und  die  profilirung  von  gangen ,  durch  je  zwei  0,50 
bis  1,50  m  von  einander  abstehende  parallelmauern  gebildet,  die 
innen  unverbrannt  sind ,  ja  noch  die  spur  weißgelber  tünche 
zeigen  ,  dagegen  auf  der  andern  viereckigen  höfen  zugekehrten 
seite  bis  zur  verglasung  die  folgen  der  gluth  zeigen.  Diese 
brandspuren  aber  sind  derart ,  daß  sie  eine  künstlich  bewirkte, 
oft  wiederholte  Verbrennung  verrathen.  Ein  weiteres  moment 
ist  die  gleichheit    der  fände   zu  Hissarlik  mit  den  Überbleibseln 

Philol.  Anz.  XIV-  12 


166  Kfcine  philologische  zeitung.  Nr.  3. 

des  todtencults  der  ganzen  weit.  Für  gesichtsumen  und  libir- 
gefäße  (nicht  „saugflaschen  für  kleine  kinder"  wie  Schliemann 
will)  hat  Boetticher  die  analogieen  in  Zeitschrift  für  ethnologie 
XY,  188)3,  heft  4,  p.  157  ff.  beigebracht,  Die  großen  ni&ai 
aber  erklärt  er  gewissermaßen  als  leichenverbrennungsöfen ;  in 
ähnlicher  weise  seien  am  Euphrat  und  Tigris  die  todten  ver- 
brannt- Von  oben  wurde  der  todte  senkrecht  in  die  Öffnung 
hineingelassen  mit  seinem  todtenschmuck,  nach  der  Verbrennung 
aber  ward  die  asche  sammt  allen  brandresten  in  eine  aschenurne 
gelegt  und  als  todtengabe  ward  anderes  geschmeide  beigefügt. 
Daher  finden  sich  neben  geschmolzenem  gold  (900  grad  Celsius) 
und  angeschmolzener  bronze  (1100  grad)  unversehrt  höchst  dif- 
ficile  filigranarbeiten.  Die  asohenurnen  wurden  auf  der  brand- 
stätte  selbst  beigesetzt.     In  Ilias  XXIII,  255 

zoQvoixjai'to  öf  a7tfjba  Hs^BiXid  Tfi  nooßüXo.vTn 
vi(t($i.  nvQtjv.  — 
III,  i)7  läiyo*  $aoo  j£t70Q>,a,  VIII,  491  iv  MadaacS  odi  Öi/ 
vtxioov  ftitqwirizo  x<x)(jug  „wo  die  todtenstätte  glühte"  sieht  Boet- 
ticher noch  andeutupgen  dieser  bestattungsart.  (Doch  dürften 
diese  stellen  schwerlich  so  zu  interpretiren  sein.  Die  todtenstadt 
gehört  vermiithlich  einer  viel  früheren  als  der  homerischen  zeit 
an  vgl.  Köln,  ztg,  1884  no.  19,  1.)  Nicht  unpassend  erinnert 
er  auch  an  die  drei  männer  im  feurigen  ofen.  Andere  notizen 
des  verf.  findet  man  Kölnische  zeitung  262,  1 ,  Neue  illustrirte 
zeitung  (Wien)  no.  9.  Ausland   1883,  no.  51,  52. 

Hft,  I  des  jahrg  XII  der  mittheilungen  aus  der  historischen 
Ütteratur ,  herausgegeben  von  der  historischen  gesellschaft  in 
Berlin  und  redigirt  von  dr.  Ferdinand  Hirsch,  Berlin,  R.  Gärtner 
Verlagsbuchhandlung  (Heyfelder)  enthält  unter  andern :  Bauer : 
die  Kjrussage  und  verwandtes,  Hirschfeld,  gallische  Studien. 

Historisches  taschenbuch  von  .  .  .  M.  Maurenbrecher ,  Leipzig, 
Brockhaus,  III.  jahrg.  enthält  unter  andern  A.  Schaefer  über 
das  makedonische  königthum. 

Gfötingen.  Dr.  G.  Loewe  f.  Am  16.  dec.  1883  verschied 
hier  an  den  folgen  eines  unglücklichen  Sturzes  der  custos  der 
hiesigen  Universitätsbibliothek  dr.  Gustav  Loewe.  In  Grimma 
(18.  febr.  1852)  geboren  und  erzogen,  auf  der  Universität  Leipzig 
von  Friedrich  Ritschi  gebildet ,  trat  er  ganz  in  die  fußstapfen 
dieses  seines  liebsten  lehrers  und  väterlichen  freundes,  der  ihn 
berief  die  eignen  forschungen  fortzusetzen.  Diese  arbeiten 
Lowe's  auf  dem  gebiete  der  lateinischen  philologie  insbesondere 
seine  grundlegenden  Untersuchungen  über  die  lateinischen  glos- 
sare  und  seine  Plautusstudien  sichern  ihm  einem  bleibenden  na- 
men  in  der  geschichte  der  Wissenschaft.  Nach  beendigung  des 
Universitätsstudiums  sammelte  er  vier  jähre  (ende  1875rr-1879) 
in  Italien  und  Spanien  für  die  fortsetzung  seiner  arbeiten ,  nach 
der  rückkehr  ging  er  dann  1880  als  bibliothekar  nach  Göttingen 


Nr.    3.  Auszüge  aus  Zeitschriften.  167 

und  hier  war  er  eben  so  recht  im  begriff,  die  fruchte  seiner 
reisen  zu  verwerthen,  hier  begann  er  durch  die  glänzenden  pro- 
ben seiner  Studien  bedeutende  erwartungen  zu  erregen,  die  ihm 
noch  kurz  vor  seinem  ende  einen  ruf  als  professor  an  die  Uni- 
versität Kiel  eintrugen,  als  sein  beklagenswerther  tod  diese  hoff- 
nungen  jäh  durchschnitt.  Sein  geschick  fand  eine  außerordent- 
liche und  allgemeine  theilnahme,  um  so  allgemeiner,  als  sie  nicht 
nur  dem  gelehrten,  sondern  auch  der  persönlichkeit  galt,  die  sich 
das  vertrauen  und  die  Zuneigung  derer,  die  mit  Löwe  in  berüh- 
rung  kamen,  sofort  erwarb.     Ehren  wir  sein  andenken ! 


Auszüge  aus  Zeitschriften. 

Deutsche  litter aturzeitung  hrsg.  von  Max  Roediger.  IV.  jahrgg 
1883.  n.  25.  J.  Kaufmann-Hartenstein,  über  die  wichtigsten  resultate 
der  Sprachwissenschaft ...  Solothurn,  Jent  &  Gass  in  Comm.  1882.  8. 
99  p.  3  frcs.  Jülg.  —  Discours  de  Ciceron  pour  le  poete  Archias. 
Texte  latin  d'apres  les  travaux  les  plus  recents  avec  une  nouvelle 
collation  du  Gemblacensis  un  commentaire  critique  et  explicatif  une 
introduction  et  un  index  par  Emile  Thomas.  Paris,  Hachette  et  Cie. 
1883.  8.  63  p.  2,50  fr.  H.  J.  Müller.  -  A.  Gerber  u.  A.  Greef, 
Lexicon  Taciteum.  Fase.  V.  Leipzig,  Teubner  1883.  p.  481  —  576. 
Lex. -8.  3mk.  60  pf.  Ig.  Pranimdr.  —  Karl  Sittl,  die  localen  Verschie- 
denheiten der  lateinischen  spräche  mit  besonderer  berücksichtigung 
des  afrikanischen  lateins.  Erlangen,  Deichert  1882.  8.  IV,  162  p. 
2  mk.  80  pf.  R.  Thurnegsen.  — Julius  Jung,  die  romanischen  landschaf- 
ten  des  römischen  reiches.  Studien  über  die  inneren  entwicklungen 
in  der  kaiserzeit.  Innsbruck,  Wagner  1881.  8.  574  u.  XXXII  p. 
12  mk.  Otto  Seeck.  —  Jahrbuch  der  kunsthistorischen  Sammlungen 
des  allerhöchsten  kaiserhauses.  Hrsg.  unter  leitung  des  oberstkäm- 
merers  Franz  grafen  Follio  de  Crenneville ...  I.  bd.  Wien ,  Höltz- 
hausen  1883.     268  u.  CXCI  p.     Fol.     120  mk.     W.  v.  Seidlitz. 

No.  26.  Sglloge  inscriptionum  Boeoticarum  dialectum  populärem 
exhibentium.  Composuit...  Guil.  Larfeld.  Praemittitur  de  dialecti 
Boeoticae  mutationibus  dissertatio.  Berlin,  GL  Reimer  1883.  8.  XXXVI. 
232  p.  10  mk.  Gustav  Hinrichs.  —  J.  Mar  qua  f  dt ,  das  privatleben 
der  Römer.  II.  theil.  Mit  23  holzschn.  (Handbuch  d.  röm.  alterth. 
VII,  2).  Leipzig,  Hirzel  1882.  8.  XII,  p.  373-858.  10  mk.  Ri- 
chard Förster.  —  Reinh.  Kekule,  zur  deutung  und  Zeitbestimmung  des 
Laokoon.  Mit  2  doppeltaf.  in  lichtdruck  und  einigen  Zinkätzungen. 
Stuttgart,  Speemann  1883.  4.  47  p.  4  mk.  Hugo  Blümner.  —  Otto 
Lenel,  das  edictum  perpetuum.  Ein  versuch  zu  dessen  Wiederherstel- 
lung...    Leipzig,  Tauchnitz  1883.     XXIV,  455  p.     8.     16  mk. 

No.  27:  G.  Michaelis,  über  die  physiologie  und  Orthographie  der 
zischlaute  mit  besonderer  rücksicht  auf  die  Heyse'sche  regel.  Zugleich 
als  2.  auü.  der  schrift:  Ueber  die  physiologie  und  Orthographie  der 
S-laute  1863.  Berlin,  Mittler  &  söhn  1883.  8.  94  p.  2  mk.  Wüh. 
Geiger.  —  F.  Macci  Plaut i  Mercator  rec.  Fr.  Ritschelius,  editio  altera 
ab  Gen.  Goetz  recognita  (Plauti  comoediae  t.  II  fasc.  ni).  Leipzig, 
Teubuer  1883.  8.  XIII,  124  p.  3mk.  60  pf.  A.  Spengel.  —  West- 
deutsche Zeitschrift  für  geschichte  und  kunst.  Hrsg.  von  F.  Hettner 
und  K.  Lamprecht.  Jahrg.  I.  u.  Jahrg.  n  hft.  1.  Trier,  Lintz  1882. 
1883.  8.  I.  jahrg.  VIII,  524  p.  Correspondenzblatt  80  p.  u.  7  taf. 
II.  jahrg.     1.  heft.     130  p.     Correspondenzblatt  8  p.  6  taf.    pro  jahrg. 


168  Auszüge  aus  Zeitschriften.  Nr.  3 

10  mk.  Reinhard  Kekule.  —  Ludw.  v.  Sybel,  kritik  des  ägyptischen 
Ornaments.  Archäologische  studie.  Mit  2  lith.  tafeln.  Marburg,  El- 
wert  1883.     8.     41  p.     1  mk.  20  pf.  Justi. 

No.  28:  Joh.  Renner  ,  kritische  und  grammatische  bemerkungen 
zu  Homer  (Progr.  v.  Zittau).  Leipzig,  Teubner  in  comm.  1883.  4. 
29  p.  Gustav  Hinrichs.  -  Isaei  orationes  cum  fragmentis  a  Dionysio 
Halicarnassensi  servatis  ed.  H.  Buermann.  Berlin,  Weidmann  1883. 
8.  XIV,  156  p.  2mk.40pf.  F.  Blass. —  Wilh.  Tomaschek.  zur  histo- 
rischen topographie  von  Persien.  I.  Die  straßenzüge  der  Tabula  Peu- 
tingerana.  Wien,  Gerold's  söhn  1883.  8.  89  p  1  mk.  40  pf.  (Sitzungs- 
bericht d.  Wiener  ak.  philos.-histor.  cl.  bd.  102).     J.  Partsch. 

No.  29:  Imat/mes  inscriptionum  Graecarum  antiquissimarum  in 
usum  scholarum  composnit  Herrn.  Roehl.  Berlin,  G.  Reimer.  1883 
kl.  fol.  72  p.  4  mk.  G.  Hinrichs.  —  Hugo  Gleditsrh ,  die  cantica 
der  Sophokleischen  tragödien  nach  ihrem  rythmischen  bau  besprochen. 
2.  durch  den  abdruck  des  textes  vermehrte  bearbeitung  der  »Sopho- 
kleischen strophen«  desselben  verf.  Wien ,  Konegen.  1883.  8.  XV, 
276  p.  6  mk.  E.  Hüler. —  Historische  Untersuchungen.  Arnold  Schä- 
fer zum  25jährigen  Jubiläum  seiner  akadem.  Wirksamkeit  gewidmet 
von  früheren  mitgliedern  der  historischen  seminarien  zu  Greifswald 
und  Bonn.  Bonn,  Strauss  1882.  8.  V,  362  p.  13  mk.  50  pf.  Otto 
Seeck. 

No.  30:  Sophoniae  in  libros  Aristotelis  de  anima  paraphrasis. 
Anonymi  in  Aristotelis  categorias  paraphrasis.  Edid.  Michael  Huyduck. 
(Commentaria  in  Aristotelem  Graeca  Vol.  XXIII.  1.  2.)  Berlin,  G. 
Reimer  1883.  8  VIII,  175  p.  IV,  85  p.  9  mk.  E.  Heitz.  -Pau- 
lus Mvllensiefen ,  de  titulorum  laconicorum  dialecto.  Straßburg,  Trüb- 
ner 1882.  8.  130  p.  (Aus  dissert.  Argentorat.)  G.  Hinrichs.  —  L. 
Geiger,  renaissance  und  humanismus  in  Italien  und  Deutschland.  Mit 
Illustrationen  und  facsimilebeilagen  (Allgem.  geschiente  in  einzeldar- 
stellungen  hrsg.  v.  W.  Oncken.  II.  hauptabth.  st  8.)  Berlin,  Grote 
1882  u.  1883.  8.  585  p.  13  mk.  50  pf.  G.  Voigt.  —Karten  von  At- 
tika.  Auf  veranlassung  des  kais.  deutschen  archäolog.  instituts  .  .  . 
aufgenommen  durch  Offiziere  und  beamte  des  kgl.  preuss.  generalsta- 
bes.  Mit  erläuterndem  text  hrsg.  von  E.  Curtnis  und  J.  A.  Kaupert. 
Hefe  II.  4  bl.  :  Athen,  Peiraieus,  Athen-  Hymettos,  Kephisia,  Pyrgos. 
49  p.  text  von  Arthur  Milch  hoe/er.    Berlin,  G.Reimer.    1883.  4.  16  mk. 

No.  31  :  Emil  Rosenberq ,  die  lyrik  des  Horaz.  Aestbetiscb-cul- 
turhistor.  studie.  Gotha,  Perthes  1883  8.  IX ,  168  p.  3  mk.  F. 
Leo.  —  Georg  Weber,  allgemeine  Weltgeschichte.  2.  aufl.  .  .  .  III. 
bd.  römische  geschichte  bis  zu  ende  der  republik  und  geschichte  der 
alexandrin.-hellenischen  weit.  Leipzig,  Engelmann  1883.  8.  XVI, 
965  p.  7  mk.  50  pf.  A.  Bauer.  'Effqpsols  «p^«»oiloy»x^  txduf.  vno 
rijff  it>  'A&rjvats  ctQ%aiokoyt,XTis  traiosiag.  üfgiodog  rohtj  isv)(og  nowiov.  Athen 
1883.     4.     ä  jahrg.  16  drachmen.     C.  Robert. 

No.  32:  Rieh.  Meister,  zur  griechischen  dialektologie.  I.  Bemer- 
kungen zur  dorischen  accentuation.  II.  Die  excerpte  ntgi  dtidixicov 
namentlich  in  bezug  auf  die  abschnitte  ntgi  Jwoidog.  Göttingen,  Van- 
denhoeck  &  Ruprecht  1883.  4.  16  p.  80  pf.  (Progr.  d.  Nikolai- 
gym.).     G.  Hinrichs. 

No.  33:  C.  F.  Kinch,  Quaestiones  Curtianae  criticae.  Kopenha- 
gen, Gyldendal  1883.  8.  108  p.  Th.  Vogel.  —  Le  Metamorfosi  di 
P.  Ovidio  Nasone  espurgate  e  corredate  di  note  italiane  du  Ferdi- 
nando  Gnesotto.  Due  parti  Secunda  Edizione  vol.  III.  Padova,  Randi 
1883.     8.     278,  334  p.     F.  Leo. 

No.  34 :  H.  d'Arbois  de  Jubainville,  introduetion  ä  l'etude  de  la  lit- 
terature  celtique.     Paris,  Thorin  1883.     8.     412  p.     8  fr.     H.  Zimmer. 


Nr.   3.  Auszüge  aus  Zeitschriften.  169 

—  Chr.  Heimreich,  das  erste  buch  der  Ilias  und  die  liedertheorie. 
Ploen  1883.  4.  16  p  (Progr.  n.  258).  G.  Hinrichs.  —  Theodulfi 
episcopi  Aurelianensis  de  iudicibus  versus  ab  Hermanno  Hageno  re- 
cogniti.  Bern,  Delp  1882.  4.  XIII,  31  p  lmk.20pf.  W.  Watten- 
bach. —  G.  Perrot  und  Ch.  Chipiez,  geschichte  der  kunst  im  alter- 
thum.  Autorisierte  deutsche  ausgäbe.  Aegypten.  Mit  ungefähr  600 
abb.  im  text  4  färb.  u.  15  schwarzen  tafeln.  Bearb.  von  Rieh.  Pietsch- 
mann.  Mit  einem  vorwort  von  Georg  Ebern.  Lieferung  1 —  16.  Leip- 
zig, Brockhaus   1882     83.     680  p.     a'  lfg.   1  mk.  50  pf.     A.  Erman. 

No.  35:  Abel  Bergaigne  ,  la  religion  vedique  d'apres  les  hymnes 
du  Bigveda.  t  2  et  3.  Paris  Vieweg  1883.  512  370  p.  8.  27  mk. 
R.  Garbe.  —  Clavdii  Ptolrmaei  geographia  e  codd.  recogn.  proleg. 
annotatione  iudicibus  tabulis  instr.  Carolus  Müllerus.  Vol.  I,  1.  Pa- 
ris, Didot  1883.  8.  570  p  15  fres.  J.  Partsch.  —  H.  Blümner, 
Laokooustudien.  2.  aufl  Ueber  den  fruchtbaren  moment  und  das 
transitorische  in  den  bildenden  künsten.  Freiburg  i/Br.,  Mohr  1882. 
8.     VI.  79  p.     3  mk.     G.  Hirschfeld. 

No.  36:  Giuseppe  Barone  de  Vincenzo  ,  Epimenide  di  Creta  e  le 
credenze  religiosi  de'  suoi  tempi.  Studio  storico-critico-filologico. 
Napoli  1880.  8.  204  p.  L.  3  JD.  —  Plotini  Enneades  praemisso 
Porpbyrio  de  vita  Plotini  deque  ordine  librorum  eius  libello  edid. 
Sie.  Volkmann.  Vol.  I.  Leipzig,  Teubner  1883.  8  XXXIV,  350  p. 
3mk.  60 pf.  H.  F.  Müller.  —  Max.  K'einsehmit,  de  Lucili  saturarum 
scriptoris  genere  dicendi  commentatio.  Marburgs  Elwert  1883  8. 
VIII,  135  p.  2  mk.  80  pf.  —  Adolf  Bötticher,  auf  griechischen  land- 
straßen  Berlin  .  Paetel  1883.  8.  256  p.  5  mk.  Lolling.  —  Jos. 
Karabacek,  die  Theodor  Graf'schen  funde  in  Aegypten  (Der  Papyrus- 
fund von  el-Fayüm.  Die  textilen  gräberfunde).  Wien,  Gerold  in 
comm.  1883.     4.     43  p.     1  mk.  20  pf.     A.  Erman. 

No  37:  Rice.  Wagner,  Quaestiones  de  epigrammatis  Graecis  ex 
lapidibus  collectis  grammaticae.  Leipzig,  Hirzel  1883.  8.  VI,  127  p. 
2  mk.  G.  Hinrichs.  —  Thomas  Stangl ,  Boethiana  vel  Boethii  com- 
mentariorum  in  Ciceronis  Topica  emendationes  ex  octo  codieibus  hau- 
stas  et  auetas  observationibus  grammaticis  composuit  (Diss.  München 
1882.)  Gotha,  Perthes  1883.  8.  IV,  104p.  2mk.40pf.  Ders.,  Pseu- 
doboethiana  (Jabrbb.  für  klass.  philol.  1883.  Heft  3.  193—208  lieft. 
4.  285  —  301.)  R.  Förster.  —  Exempla  scripturae  visigoticae  XI  ta- 
bulis expressa  .  .  .  edd.  Paulus  Ewald  et  Gast.  Löwe.  Heidelberg, 
Köster  1883.     Text  u.  41   taff.  fol.     50  mk.      W.    WatUnbach. 

No.  38 :  E  Ellger ,  die  zusätze  zu  dem  prooemium  der  Hesiodi- 
schen  theogonie  (vers  36  -115.).  Berlin,  Gärtner  1883.  4.  (Progr. 
d.  Sophiengymn.)  20  p.  E.  Hiller.  —  G.  Boissiere,  l'Algerie  romaine. 
2  ed.  entierement  et  considerablement  augmentee.  2  vol.  Paris,  Ha- 
chette  1883.     8.     XXXVIU,  712  p.     7  fr. 

No  39:  Edwin  Hatch,  die  gesellschaftsverfassung  der  christlichen 
kirchen  im  alterthum  Acht  Vorlesungen.  Vom  verf.  autoris.  Über- 
setzung der  2.  durchges.  aufl.  besorgt  und  mit  excursen  versehen  von 
Ad.  Hamack.  Giessen ,  Ricker  1883.  8.  VIII,  260  p.  4  mk.  G. 
Heinrici.  —  Victor  Hnry,  Etüde  sur  l'analogie  en  general  et  sur  les 
formations  analogiques  de  la  langue  grecque.  Paris ,  Maisonneuve 
1883.  8.  VI,  441  p.  8  fr.  H.  Collitz.  —  Joh.  Rumpel,  lexiconPin- 
daricum.  Leipzig,  Teubner.  1883.  8.  498  p.  12  mk.  H.  —  Georg 
Weber,  allgemeine  Weltgeschichte.  2.  aufl.  unter  mitwirkung  von 
fach  gelehrten  revidirt  und  überarbeitet.  IV.  bd.  Geschichte  des  rö- 
mischen kaiserreichs,  der  Völkerwanderung  und  der  neuen  staatenbil- 
dungen.  Leipzig,  Engelmann  1883.  8.  XIV,  864  p.  7  mk.  Adolf 
Bauer. 


170  Auszüge  aus  Zeitschriften.  Nr.   3. 

No.  40:  Briefwechsel  zwischen  August  Boeckh  und  Karl  Otfried 
Müller.     Leipzig,  Teubner  1883.      8.      X,  442  p.      9  mk.      M.  Hertz, 

—  Theophanis  chronographia  rec.  C.  de  Boor.  Vol.  I.  Textum  grae- 
cum  continens..  Leipzig,  Teubner  1883.  8.  VIII,  503  p.  20  mk. 
Spyr.  B.  Lambros. 

No.  41  :  Concordantiae  supplenientariae  omnium  vocum  Novi  Te- 
stamenti  Graeci  et  classibus  secundum  ternrinationes  discributarum  et 
derivatarum  cum  nativis  verbis  collocatarnm  compositae  a  Frid.  Zim- 
mer. Gotha,  Perthes  1882.  8.  IV,  76  p.  3  mk.  Holsien.  -  M. 
Heinze,  der  Eudämonismus  in  der  griecb.  philosophie.  I.  Abh.  Leip- 
zig, Hirzel  1883.  8  115  p.  (Abh.  d.  sächs.  gesellsch.  d.  wiss.  VIII, 
6.)  4  mk.  J.  Freudenthal.  —  Arthur  Probst,  beitrage  zur  lateinischen 
grammatik.  I.  Zur  lehre  vom  verbum.  Leipzig,  Zangenberg  &  Himly 
1883.  8.  104  p.  3  mk.  F.  Leo.  -  W.  H.  Röscher,  Nektar  u.  Am- 
brosia mit  einem  anhang  über  die  grundbedeutung  der  Aphrodite  und 
Athene.  Leipzig,  Teubner.  1883.  8.  VIII,  116  p.  3  mk.  60  pf,  E.H. 
Meyer.  —  Der  Periplus  des  erythräischen  meeres  von  einem  unbe- 
kannten. Griech.  u.  deutsch  mit  kritischen  und  erklärenden  anmer- 
kungen  nebst  einem  vollst.  Wörterverzeichnisse  von  B.  Fabricius. 
Leipzig,  Veit  &  Co.  1883.     8.     188  p.     6  mk.     J.  Partsch. 

No.  42:  G.  P.  Weygoldt,  die  philosophie  der  Stoa  nach  ihrem 
wesen  und  ihren  Schicksalen  für  weitere  kreise  dargestellt.  Leipzig, 
Otto  Schultze  1883.  8.  IV,  218  p.  4  mk.  Ed.  Wellmann  -  O. 
Schröder,  Sprachvergleichung  und  Urgeschichte.  Linguistisch-histori- 
sche beitrage  zur  erforschung  des  indogermanischen  alterthums.  Jena, 
Costenoble  1883.  X,  490  p.  11  mk.  —  Alfred  von  Reumont,  Lorenzo 
de'  Medici  il  Magnifico.  2.  vielf.  veränderte  aufl.  2  bände.  Leipzig, 
Duncker  &  Humblot  1883.  8.  X,  437,  VI,  499  p.  18  mk.  W.  Bern- 
hardi.  —  K.  Bächher,  Griechenland.  Handbuch  für  reisende.  Mit 
einem  panorama  von  Athen,  6  karten,  7  planen  und  andern  beigaben. 
Leipzig,  Bädeker  1883.     CXXII,  371  p.     7mk.  50  pf.    A.  Furtwängler. 

No.  43:  Joseph  Neubauer,  Anaximander  Milesius  siue  vetustissima 
quaedam  rerum  universitatis  conceptio  restituta.  Cum  una  tabula. 
Bonn,  Cohen  &  söhn  1883.  8.  XVI,  428  p.  8.  14  mk.  -  J.  F. 
Marcks ,  Symbola  critica  ad  epistolographos  Graecos.  Diss.  Bonn. 
Georgi  1883.  8.  57  p.  E.  Maaß.  —  Maurice  Albert ,  le  culte  de 
Castor  et  Pollux  en  Italie.  (Bibliotheque  des  ecoles  francaises  d'A- 
thenes  et  de  Rome  fasc.  31.)  Paris,  Thorin  1883.  8.  VII,  172  p. 
3  tafeln.  3  fr.  50  c.  H.  Jordan.  —  Otto  Keller,  der  saturnische  vers 
als  rythmisch  erwiesen.     Leipzig,  Freytag  1883.     8.    II,  83  p.  Fi,  Leo. 

—  A.  Fokka,  rettungen  des  Alkibiades.  I.  theil.  Die  sicilische  ex- 
pedition.     Emden,  Haynel  1883.     8.     IV,  87.  1  mk.  75  pf     B   Niese. 

No.  44:  Quill.  Breton,  essai  snr  la  poesie  philosophique  en  Grece. 
Xenophane  Parmenide  Empedocle.  Paris,  Hachette  et  Ce.  1882.  8. 
267  p  5  fr.  H.  Diels.  —  Karl  Penka,  origines  Ariacae.  Linguistisch- 
ethnologische Untersuchungen  zur  ältesten  geschichte  der  arischen 
Völker  und  sprachen.  TeschenProchaska  1883.  8.  VII,  204  p.  7  mk. 
A.  Bezzenberger.  ~  E.  Schweder,  beitrage  zur  kritik  und  chorographie 
des  Augustus.  III.  th.  über  die  chorographie,  die  römische  quelle  des 
Strabo  und  über  die  provinzialstatistik  in  der  geographie  des  Plinius. 
Kiel,  Schwers  1883.     8.     59  p.     2  mk.      W.  F. 

No.  45:  M.  J.  Darmesfeter ,  Etudes  sur  l'Avesta  observations  sur 
le  Vendidad.  Extrait  du  Journal  asiatique.  Paris,  Maisonneuve  1883. 
8.  102  p.  3:50  fr.  Wilh.  Geiger.  —  Piatonis  opera  quae  feruntur 
omnia.  Ad  Codices  denuo  collatos  ed.  Martinus  Schanz.  Vol.  II  fasc. 
2.  Charmides,  Ladies,  Lysis.  Leipzig,  Tauchnitz  1883.  8.  VIII,  90  p. 
2  mk. 


Nr.   3.  Literatur.  171 

No.  46:  IlyuxTtxa  liyf  iv  'A&qvnis  ctQ^aiokoytxr/i  iiaioiccg  inu 
'lavovaQiov  1882  f^f/Q1  Invovaoiov  1883.  Ev'A&^vaig  1883.  8.  103  p. 
3  taff.      V.   Robert. 

No.  47:  Wiih.  Dilthey,  einleitung  in  die  geisteswissenschaften. 
Versuch  einer  grundlegung  für  das  Studium  der  gesellschatten  und 
der  geschichte.  1.  bd.  Leipzig,  Duncker  <fe  Humblot  1883.  8.  XX, 
519  p.  10  mk.  80  pf.  J.  Freudenthal  —  Aug.  Auffarth,  die  platonische 
ideenlehre.  Berlin,  Dümmler  1883.  8.  IV,  123  p.  2  mk.  40  pf.  E. 
Heitz.  Karl  Zettel,  Theokrits  humor.  Dargelegt  au  charakteristischen 
stellen  seiner  mimischen  und  bukolischen  dichtungen.  Regensburg 
1882/83.  8.  67  p  (Progr.)  E.  Hiller.  —  A.  Gellii  noctium  Attica- 
rnm  libri  XX  ex  rec.  et  cum  apparatu  critico  Martini  Hertz.  Vol.  I. 
Berlin.  Hertz  1883.  8.  VIII,  448  p.  10  mk.  //.  J.  Müller.  -  An- 
ton Jleyerhöfer,  die  brücken  im  alten  Rom.  Ein  beitrag  zur  römi- 
schen topographie.  Mit  einer  karte.  Erlangen ,  Deichert  1883.  8. 
96  p.  2  mk.  H.  Jordan.  —  F.  W.  L.  Schwarte,  Prähistorisch -an- 
thropologische studien.  Mythologisches  und  culturhistorisches.  Ber- 
lin, Hertz  1884.     8.     VIII,  520  p.     12  mk.     Elard  Hugo  Meyer. 

No.  48:  F.  Macci  Ptuuti  comoediae.  Ptec.  et  enarrav.  Ludov.  Us- 
sing.  Vol.  IV  pars  II  Pseudolum  et  Poenulum  continens.  Kopenha- 
gen, Gyldendal  1883.  8.  VIII,  362  p.  10  mk.  P.  Langen.  —  H. 
Matzat,  römische  Chronologie.  I.  bd.  Grundlegende  Untersuchungen. 
Berlin,  Weidmann   1883.     Xil,  354  p.     8.     8  mk.      Wilh  Soltau. 

Neue  Jahrbücher  für  philologie  und pädugogtk,  von  A.  Fleckeisen, 
CXXVII  bd.  9  hft:  89.  Das  erste  jähr  des  peloponnesischen  krieges. 
Ein  beitrag  zur  Chronologie  des  Thucydides,  von  H.  Mül'er-Strübinq, 
p.  577-612.  —  90.  Zu  Horatius  (Epist.  11,  2,  44)  von  K.  Schwer  ihg 
und  F  Hullsch,  p.  612  —  614.  —  91.  Die  textüberlieferung  der  Niko- 
machischen  ethik,  von  F.  Susemihl,  p.  615 — 621.  —  92.  Anz.  v.  W. 
Engelmann:  Bibliotheca  scriptorum  classicorum.  8.  aufläge,  neu  be- 
arbeitet von  E.  Preuß.  2.  abtheilung  (Leipzig  1882),  von  R.  Kluß- 
manu ,  p.  621  —  624.  —  93.  Ein  chorlied  der  Sophokl eischen  Electra, 
von   Th.   P/üß,  p.  625 — 630.  94.  Pausanias  und  sein   vertheidiger, 

von  G.  Treu,  p.  631  — 634.  —  95.  Zu  Aristophanes  fröschen,  (v.  1124), 
von  A  Drescher,  p.  634 — 636.  —  96.  Zu  Valerms  Maximus,  von  H. 
Wensky,  p.  637 — 641.  —  97.  Zu  Tacitus  Agricola,  von  E.  Baehrens, 
p.  641—642.  —  98.  Zu  Martialis,  von  W.  Gilbert,  p.  643— 648. -—  99. 
Zu  Tacitus  annalen,  (IV,  57)  von  K.  Zacher,  p.  648-649.  -  100.  Dif- 
ferentiae  sermonum,  von  <S.  Widmann,  p.  649 — 652.  —  101.  Zum  iti- 
nerarium  Alexandri ,  von  H.  Rönsch ,  p.  653  —  656.  —  102.  Zu  den 
scriptores  historiae   Augustae,  von  J.   Gotisch,   p.  656. 


Literatur  1883, 
(dem  Philologus   und  PhAnzeiger  zugesandt). 

Ovidii  Nasonis ,  P. ,  Ibis  ex  novis  codicibus  edidit  scholia  vetera 
commentarium  cum  prolegomenis  appendice  indice  addidit  R.  Ellis. 
Oxonii.     LXIV,  204  p. 

Matzat,  Heinr.,  römische  Chronologie.  Erster  band:  grundlegende 
Untersuchungen.     Berlin  1883.     8.     354  p. 

Washietl,  Io.  Andr. ,  de  similitudinibus  imaginibusque  Ovidianis. 
Vindobonae  1883.     8.     (Diss.)     193  p. 

Fraenkel,  Arthur,  die  quellen  der  Alexanderhistoriker.  Ein  bei- 
trag zur  griechischen  litteraturgeschichte  und  quellenkunde.  Breslau, 
J.  U.   Kern   1883.     8.     471  p.     12  mk. 


172  Literatur.  Nr.  3. 

Beck,  J.  W.,  de  differentiaruin  scriptoribus  latinis.  Groningen 
1883.     8.     90  p. 

Ovid.  Nasonis,  P.,  carinina ,  edd.  H.  St.  Sedlmayer,  A.  Zingerle, 
O.  Güthliny.  Vol.  II.  Metaniorphoses,  ed.  Antonius  Zingerle.  Lipsiae, 
Freytag  1884.     8.     1  mk.  25  pf.     XXX,  334  p. 

Ruete ,  E. ,  die  korrespondenz  Ciceros  in  den  jähren  44  und  43. 
Historische  dissertation  zur  erlangung  der  doctorwürde  bei  ....  zu 
Straßburg.     Marburg,  Elwert.     8.     122  p. 

Erdmann,  M.,  zur  künde  der  hellenistischen  städtegründungen. 
Straßburg ,  Heitz.  4.  30  p.  (Programm  des  protestantischen  gyni- 
nasiums.) 

Weck,  F.,  beitrage  zur  erklärung  homerischer  personennamen. 
Metz.     4.     36  p.     (Programm  des  Lyceums.) 

Ilberg,  J.,  Pseudippocratea.  Dissertatio  inauguralis ,  quam  .... 
scripsit.     Lipsiae.     8.     63  p. 

Ausfeld,  A. ,  über  die  quellen  zu  Rudolfs  von  Ems  Alexander. 
Donaueschingen.     4.     14  p. 

T.  Macci  Plauti  Comoediae.  Recensuit  et  enarravit  J.L.  TJssing. 
Vol.  IV,  p.  2.  Pseudolum  et  Poenulum  continens.  Hauniae,  Gyldendal. 
8.     VIII,  362  p. 

Aristophanis  Thesmophoriazusae.  Recensuit  A.  von  Velsen.  Lips., 
Teubner.     8.     VI,  88  p. 

Poetae  latini  minores.  Receusuit  et  annotavit  Aemüius  Baehrem. 
Vol.  V.     Lipsiae,  Teubner.     8.     466  p. 

Uistoricorum  Romanorum  fragmenta.  Collegit  disposuit  recensuit 
Hermannus  Peter.     Lipsiae,  Teubner.     8.     XXVIII,  428  p. 

Zink,  M. ,  bischof  Victors  von  Vita  geschichte  der  glaubensver- 
folgung  im  lande  Africa.     Programm.     Bamberg.     90  p. 

The  Alphabet,  an  account  of  the  origine  and  development  of 
letters  by  Isaac  Taylor,  M.  A. ,  LL.  D.  2  voll.  London,  Kegan  Paul 
Trench  and  Comp.     8.     XVI,  358,  399  p. 

Delectus  inscriptionum  Graecarum  propter  dialectum  memorabilium. 
Iterum  composuit  Paulus  Cauer.     Lipsiae,  Hirzel.     8.     IX,  305  p. 

Der  Gronovscholiast  zu  elf  ciceronischen  reden.  Ueberlieferung, 
text  und  spräche  auf  grund  einer  neuvergleichung  der  Leydener  hand- 
schrift  dargestellt  von  dr.  Th.  Stanyl.    Prag  u.  Leipzig,  Freytag  1884.    8. 

Reiffer scheid,  Aug.,  Anecdotum  Fulgentianum.  (Index  lection.  un. 
Vratislaviensis  per  hiemem  1883/84  habendarum.)     Vratisl.     4.     10  p. 

Keil,  Henr.,  oratio  de  jure  ac  ratione  iustitutorum  academicornm 
d.  XII  ~n.  Martii  habita.  Hai.  Sax.  4.  (Index  schob  in  un.  Hai.  p. 
h.  MDCld  .XXXII     XIII  habendarum.)     8  p. 

Keil,  Uenr. ,  emendationes  Varroniauae.  Hai.  Sax.  (Ind.  schob 
in  un.  Hai    p.  h.  MDCCCLXXXIII— IV  habendarum.)     10  p. 

Hillmanh  de  arte  critica  in  Orphei  Argonauticis  factitanda  capita 
duo.     Lipsiae,  Matthes.     8.     74  p.     (Leipziger  doctordissertation.) 

Paucker ,  r  ,  supp  ementum  lexicorum  latinorum.  Fase.  1  —  3. 
Berolini  1883.     cJ      288  p.     a  2  mk. 

Biographi  Graeci  qui  fb  Hesychio  pendent,  rec.  loannes  Flach. 
Berolini  1883.     8.     X,   150  p. 

Jahrbuch,  biographisches  für  alterthumskunde ,  hrsg.  von  Conrad 
Bursian.     Fünfter  Jahrgang  188.2.     Berlin  1883.     8.     112  p. 

Nicolai,  Rudolf,  geschichte  der  griechischen  litteratur  für  höhere 
schulen  und  zum  Selbststudium.  (Auszug  aus  dem  größeren  werke 
des  Verfassers.)     Magdeburg,  Hein  'chshofen  1883.     8. 

Lyth,  P.  G.,  de  usu  praepositionis  per  apud  Livium  libri  quattuor. 
Libri  seeundi  priorem  partem  de  ptr  cum  temporalibus  substantivis 
coniuneto.     Holmiae  1882.     8.     (Klemmings  antiquariat.) 


Nr.  4.  April  1884. 

Philologischer  Anzeiger, 

Herausgegeben  als    ergänzung   des  Philologus 


von 


Ernst  von  Leutsch. 


33.  Umbriea  interpretatus  est  Franciscus  Buecheler. 
Bonn,  M.  Cohn  u.  söhn,  1883.     8.     224  S. 

Die  grundlage  zur  entzifferung  des  Umbrischen ,  dessen 
gestaltung  in  den  beiden  letzten  Jahrhunderten  der  römischen 
republik  uns  in  den  sieben,  Opfervorschriften  enthaltenden,  igu- 
vinischen  oder  eugubinischen  tafeln,  theils  im  nationalen,  theils 
im  lateinischen  aiphabet ,  in  nicht  unbeträchtlichem  umfange  er- 
halten ist,  wurde  bekanntlich  durch  Theod.  Aufrecht  und  Ad. 
Kirchhoff  in  ihrem  großen  werke,  Berlin  1849 — 51,  gelegt. 
Ein  weiterer  fortschritt  wurde  durch  Ed.  H  u  s  c  h  k  e  ,  Leipzig 
1859,  und  Mich.  Breal,  Paris  1875,  versucht,  während  eine 
größere  zahl  kleinerer  beitrage  sich  besonders  in  Kuhns  Zeit- 
schrift für  vergl.  Sprachforschung  und  in  Corssen' s  werken 
zerstreut  finden.  Gleichzeitig  mit  Breal  begann  Fr.  Bücheier 
seine  publicationen,  die  sich  nach  und  nach  auf  sämmtliche  sie- 
ben tafeln  erstreckten  und  jetzt  von  ihm  gesammelt,  verbessert 
und  durch  die  übrigen  reste  des  Umbrischen  ergänzt,  herausge- 
geben sind. 

Gewidmet  ist  das  werk  Herrn.  Usener  zu  seinem  25jäh- 
rigen  doctorjubiläum.  Nach  einem  kurzen  überblick  über  die 
bisherigen  Veröffentlichungen  und  feststellung  des  Zweckes  der 
arbeit  folgen  die  alphabete  der  tafeln  und  einige  Schriftproben. 
Dann  giebt  der  Verfasser  p.  1 — 27  den  text  der  sieben  tafeln, 
in  der  Aufrecht-Kirchhoff'schen  reihenfolge ,  in  lateinischer  Um- 
schrift mit  gegenüberstehender  lateinischer  Übersetzung ,  unten 
die  nöthigen  kritischen  bemerkungen.  Der  commentar ,  auch 
in  lateinischer  spräche,  beginnt  mit  der  fünften  tafel  als  der 
Philol.  Änz.  XIV.  13 


174  33.  Umbrica.  Nr.   4. 

leichtesten,  die  decreta  fratrum  enthaltend,  p.  28 — 41.  Es  folgt 
die  expiatio  arcis  oder  montis  lustratio,  tafel  I  A  und  B  bis  z.  9 
incl.  in  umbrischer  schritt,  ausführlicher  in  lateinischer  schritt 
tafel  VI  A  und  B  bis  z.  47  incl.  umfassend,  p.  42  —  83.  Die 
populi  lustratio  enthält  tafel  IB  10  bis  schluß-tafel  VI  B  48  bis 
Schluß  nebst  tafel  VII.  Letztere  ist  offenbar  die  jüngste  und 
der  lateinische  schriftcharacter  nähert  sich  der  Sullanischen  zeit. 
Der  commentar  reicht  von  p.  84 — 119.  Die  zweite  tafel,  p. 
120 — 149  enthält  sacra  instauraticia,  februa,  gentilicia;  die  dritte 
und  vierte,  p.  150 — 171  feriae  arvales.  Hieran  schließen  sich 
die  sehr  wenig  zahlreichen  Inscriptiones  minores,  darunter  die 
münzinschriften  von  Iguvium  und  Tuder,  p.   172 — 177. 

Der  summarische  abriß  der  grammatik  p.  178 — 201  um- 
faßt die  laut-  und  formenlehre  und  die  präpositionen.  Sehr  er- 
wünscht wäre  eine  wortbildungs-  und  suffix- lehre  gewesen,  die 
allerdings  noch  mit  großen  Schwierigkeiten  kämpft.  Den  schluß 
bildet  ein  sorgfältiger  Index  verborum,  dem  eine  anzahl  von  Me- 
morabilia  angehängt  ist. 

Zunächst  constatiren  wir,  daß  kein  anderer  gelehrter  durch 
umfassende  kenntniß  alles  einschlägigen  materials  und  langjäh- 
rige eingehende  Studien  auf  dem  gebiete  der  altitalischen  spra- 
chen in  gleicher  weise  wie  Bücheier  berufen  und  befähigt  war, 
das  umbrische  entzifferungswerk  fortzusetzen.  Er  hat  denn  auch 
über  vieles  noch  dunkle  eine  fülle  von  neuem  licht  ausgegossen, 
sowohl  sachlich  durch  heranziehung  des  mannichfachsten  und  oft 
entlegensten  deutungsstoffes,  theils  aus  den  inzwischen  erschlos- 
senen denkmälern,  theils  aus  den  nachrichten  der  alten,  als  auch 
sprachlich  durch  die  scharfsinnigsten  analysen  und  combinationen. 
Dadurch  ist  der  allgemeine  sinn  der  verschiedenen  tafeln  und 
abschnitte,  der  bisher  für  große  theile  des  ganzen  noch  keines- 
wegs feststand,  wohl  durchweg  gewonnen  worden;  von  einem 
sicheren  verständniß  jedes  einzelnen  satzes  und  wortes  und  einer 
detaillirten  durchdringung  der  erwähnten  gegenstände  und  be- 
schriebenen handlungen  aber,  wie  der  sprachlichen  stamme  und 
formen,  sind  wir  immer  noch  weiter  entfernt,  als  oberflächliche 
kenntnißnahme  der  betreffenden  forschungen  sich  denken  mag. 
Täuschend  wirkt  in  dieser  hinsieht  besonders  die  zur  herstellung 
eines  zusammenhängenden  Übersetzungstextes  für  nothwendig  er- 
achtete einfügung  nicht  weniger  noch  dunkler  oder  nur  halb  ver- 


Nr.  4.  34.  Babrios.  175 

ständlicher  oder  erratheuer  Wörter  in  mehr  oder  weniger  latini- 
sirter  umbrischer  urform  in  die  lateinische  Übersetzung.  Wie 
der  Verfasser  selbst  darüber  denkt,  zeigt  sich  p.  120,  wo  er 
richtig,  nach  Coluniella ,  bemerkt  „überhaupt  im  leben  sei  es 
höchst  werthvoll ,  wenn  man  erst  erkenne ,  daß  man  nicht 
wisse,  was  man  wirklich  nicht  weiß".  Es  ist  ein  nicht  geringes 
nebenverdienst  des  buches,  daß  der  commentar  nach  allen  rich- 
tungen  hin  die  noch  vorhandenen  lücken  unseres  wissens  auf- 
deckt ,  eine  menge  von  scheinwissen  erschüttert  oder  beseitigt, 
und  zahlreiche  winke  giebt,  an  welchen  puncten  die  forschung 
neu  anzusetzen  hat,  um  die  altüberlieferten  oder  neu  gefundenen 
räthsel  zu  lösen.  Trotz  aller  glänzenden  entdeckungen  und  aus- 
gedehnten ,  wie  tiefgehenden  Untersuchungen  der  neuzeit  steht 
unsere  kenntniß  des  altitalischen  religiösen,  socialen,  sprachlichen 
lebens  doch  noch  in  den  ersten  anfangen  und  selbst  das  vor- 
handene material  ist  noch  keineswegs  bewältigt.  In  der  allsei- 
tigen anregung ,  die  es  giebt ,  ruht  ein  besonderer  Vorzug  des 
werkes.  Deutlich  zeigt  es  auch,  wie  die  altitalischen  Studien 
für  die  tiefere  erfassung  des  römerthums  von  hohem  werthe  sind, 
indem  sie  den  boden  enthüllen,  auf  dem  dasselbe  erwachsen  ist. 
Eine  durchnähme  und  prüfung  der  einzelnen  neuen  deutun- 
gen  und  auffassungen  bedarf  längerer  zeit ,  als  bisher  verflossen 
ist,  und  größeren  raumes,  als  hier  gewährt  werden  kann.        D. 

34.  Babrius,  edited  with  introductory  dissertations  criti- 
cal  notes  commentary  and  lexicon  by  W.  Gunion  Rutherford. 
London,  Macmillan  1883.  8.  CHI,  292  p.  12  sh  6  d.  (Vol. 
I.  der  „Fabularum  scriptores  Graeci"). 

Der  Verfasser  des  „neuen  Phrynichus",  der  sich  eben  als 
feinsinnigen  kenner  der  classischen  gräcität  bekannt  gemacht  hat, 
überrascht  uns  nach  kurzer  pause  mit  einer  reichhaltigen  aus- 
gäbe des  Spätlings  Babrius.  Auf  eine  knappe  vorrede  folgen 
p.  IX — CHI  vier  einleitende  abhandlungen  mit  anhängen,  p.  1 
— 131  text,  kritische  noten  und  commentar,  schließlich  ein  lexi- 
con nebst  andern  indices. 

Das  erste  capitel  der  einleitung  („Babrius")  enthält  sach- 
liche notizen  über  den  dichter,  insbesondre  über  seine  lebenszeit 
und  metrische  kunst.  Rutherford  giebt  hier  durchweg,  bis  in 
einzelheiten  hinein ,    die    vom  ref.  {de  Babrii  aetate,  Leipz.  stud. 

13* 


176  34.  Babrios.  Nr.  4. 

IL  p.  164  sqq.)  entwickelte  ansieht  wieder,  nach  der  Babrius 
als  ein  griechisch  schreibender  Römer  aus  dem  anfang  des  drit- 
ten Jahrhunderts  nach  Chr.  zu  betrachten  ist.  Doch  ist  die  be- 
ziehung  des  ' AXs^apÖQog  prooem.  II  1  auf  Alexander  Severus 
(„beyond  disput"  Rutherford  p.  XXIII)  nun  doch  fraglich  gewor- 
den durch  die  scharfsinnige  Untersuchung  K.  J.  Neumann's  Rhein, 
mus.  XXXV.  p.  301  ff.,  welche  Rutherford  übersehen  zu  haben 
scheint.  Hiernach  wäre  mit  jenem  ' Al&luvdQO^  vielmehr  Cara- 
calla  gemeint,  mit  seinem  söhne  Elagabal. 

Das  zweite  capitel  bringt  eine  zwar  skizzenhafte,  aber  licht- 
volle und  anregende  geschichte  der  griechischen  fabel.  Vor  al- 
lem dankenswerth  ist  die  übersichtliche  Zusammenstellung  der 
wichtigsten  Zeugnisse.  Was  ref.  a.  a.  o.  geboten  hat,  findet  er 
hier  meist  verwerthet1).  Ein  kräftiges  wort  spricht  Rutherford 
p.  XLIX  gegen  die  unmethodische  art ,  mit  der  man  über  die 
herkunft  der  fabeln  abzuurtkeileii  pflegt.  Doch  geht  sein  skep- 
ticismus  vielleicht  zu  weit.  Durch  eine  sorgfältige  Statistik  der 
fabelstoffe  dürfen  wir  wohl  noch  zuverlässigere  kriterien  kennen 
zu  lernen  hoffen,  als  die  sind,  mit  denen  man  bisher  zu  operi- 
ren  wagte.  Sehr  gespannt  darf  man  sein  auf  die  ausführungen, 
die  Rutherford  im  nächsten  bände  seines  werkes  über  diese  fra- 
gen zu  geben  verspricht. 

Die  darstellung  der  spräche  des  Babrius  im  dritten  capitel 
geht  aus  von  einer  treffenden  Charakteristik  des  hellenistischen 
idioms  und  tritt  den  von  A.  Funck  übersetzten  einleitenden  Un- 
tersuchungen im  ,, neuen  Phrynichus"  [growth  of  the  Attic  dialect) 
ebenbürtig  zur  seite.  Zu  bedauern  ist ,  daß  sie  nicht  zugleich 
mit  jenen  dem  philologischen  publicum  Deutschlands  zugänglich 
gemacht  werden  konnte. 

Mit  der  geschichte  des  textes  (viertes  capitel)  wird  eine  in- 
struetive  einleitung  in  die  kritik  des  Babrius  gegeben.  Doch 
ist  die  cardinalfrage  nach  dem  Verhältnis  der  beiden  ausgaben 
(resp.  bücher)  nicht  gefördert;  ref.  denkt  an  anderer  stelle  dar- 
auf zurückzukommen.  Die  sorgfältige  und  mit  methodischer  schärfe 

1)  P.  XL  bringt  Rutherford  die  hypothese,  daß  die  Jixa/Liv9icc  des 
Nikostratos  quelle  des  Babrius  gewesen  sei  mit  der  Schlußbemerkung 
„See  also  Rhodius  (!),  Rom.  p.  326  adu.  1".  Es  ist  E.  Rohdes  buch 
über  den  griechischen  roman  gemeint.  Richtiger  wäre  verwiesen  auf 
des  ref.  abhandlung  ,,de  Babrii  aetate"  p.  228  sq.,  aus  welcher  die 
hypothese,  wie  das  lateinisch  gefasste  citat  entlehnt  ist. 


Nr.   4.  34.   Babrios.  177 

geführte  Untersuchung'  über  werth  und  Verhältnis  der  wichtig- 
sten textquellen  führt  zu  resultaten ,  welche  von  den  aufstel- 
lungen  Knöll's   wesentlich  abweichen. 

In  der  annähme  von  interpolationen  geht  Rutherford  noch 
erheblich  weiter  als  seine  Vorgänger.  Die  mit  den  fabeln  nicht 
zusammenhängenden  versificierten  epimythien  hatte  schon  Eber- 
hard mit  recht  durchweg  als  interpoliert  bezeichnet.  Rutherford 
bezweifelt  p.  LXXXVIII  nun  auch  viele  jener  fälle,  wo  eine 
lehre  oder  sentenz  in  den  schluß  der  fabel  selbst  verwebt  ist, 
meist  so ,  daß  sie  von  einer  handelnden  person  ausgesprochen 
wird.  Hier  kann  ref.  dem  verf.  nicht  überall  folgen.  So  glaubt 
er,  daß  fabel  104  durch  Streichung  der  beiden  letzten  Zeilen  ge- 
radezu verstümmelt  wird;  weniger  würde  man  die  schon  von 
Eberhard  bezweifelten  verse  fab.  33  vermissen ,  aber  auch  die 
Phädrusparaphrasen  (Romul.  p.  90  Oesterl.)  bieten  eine  ganz 
ähnliche  schlußwendung  (vgl.  de  Babr.  aet.  p.  207).  Warum 
man  63,  12  als  „manifeste  a  Christiano  epimythiasta  profectum" 
betrachten  soll ,  vermag  ref.  gleichfalls  nicht  abzusehen.  Mit 
dem  Schlüsse  von  fabel  31  wird  dem  dichter  ein  hübscher, 
dem  heldenepos  nachgebildeter  zug  geraubt;  fab.  42  ist  in  den 
(bisher  noch  nicht  recht  erklärten)  letzten  versen  gerade  die 
pointe  enthalten ,  wie  ref.  in  den  „Studien  zu  Babrios"  (Fleck- 
eisen's  Jahrbücher  1883  p.  244  f.)  nachzuweisen  versucht  hat. 
Ebenso  liegen  fabel  79.  86.  95.  102.  134  keine  geradezu  zwin- 
genden verdachtsgründe  vor.  Berechtigter  erscheint  die  schon 
von  Eberhard  vorgenommene  athetese  fab.  22  und  98  (wo  aber 
die  doppelinterpolation  den  echten  ausgang  verdrängt  haben  wird). 
Eine  gleich  erhebliche  anzahl  von  versen  streicht  Rutherford 
p.  LXXXIX  in  den  fabeln  selbst,'  mit  recht  überall,  wo  er  an 
Eberhard  sich  anschließt,  ferner  besonders  64,  8  2)  und  vielleicht 
prooem.  I.  3 — 5  3).  In  manchen  andern  fällen  kann  ref.  nicht 
beistimmen.  Fab.  12  v.  14  f.  glaubt  er  durch  Umstellung  hinter 
den  von    Rutherford  gleichfalls  ausgemerzten ,    aber    mit  leichter 

2)  Von  den  beiden  parallelversen  8  und  9  strich  Lachmann  viel- 
mehr 9;  aber  bei  Rutherford 's  annähme  erklärt  sich  die  entstehung 
der  interpolation  besser  (aus  falsch  verstandenem  zai  [=  auch.]) 

3)  So  schon  Lachmann ,  der  aber  vers  6  das  wiederholte  xQvßs^ 
corrigierte:  dies  entspricht  aber,  wie  auch  Rutherford  bemerkt,  ganz 
dem  saloppen  stil  des  Babrius  und  seiner  Zeitgenossen :  vgl.  ,,de  Babr. 
aet."  p.  201. 


178  34.  Babrios.  Nr.  4. 

änderung  zu  corrigierenden  v.  174),  fabel  52,  3  und  131,  16 
durch  richtige  erklärung  hinreichend  gerechtfertigt    zu  haben. 

Rutherford  verwirft  aber  auch  mehrere  ganze  fabeln  als  un- 
babrianiscb.  Sein  hauptkriterium  leitet  er  ab  aus  der  erwägung, 
daß  Babrius  seine  Sammlung  einem  kinde  gewidmet  habe ,  für 
welches  obscönitäten ,  wie  sie  fabel  48.  54.  110.  116  geboten 
würden,  unpassend  seien.  Gleich  unpassend  erscheinen  dem  ref. 
von  diesem  gesichtspunkt  aus  verschiedene  gegen  die  herkömm- 
liche götterverehrung  gerichtete  stücke.  Aber  der  BQtiy%og  des 
ersten  proömium's  war  wohl  lediglich  eine  fingierte  person  (de 
Babr.  aet.  p.  1542),  und  dann  kann  er  bei  diesen  fragen  nicht  ernst- 
lich in  betracht  kommen.  Dem  im  zweiten  proömium  angerede- 
ten prinzen  aber  werden  allerlei  gelehrte  notizen  über  natur  und 
herkunft  der  fabel  mitgetheilt,  wie  wir  sie  in  den  rhetorisch-so- 
phistischen handbüchern  zu  lesen  gewohnt  sind  (ib.  p.  229);  er 
wird  also  sicher  das  Jünglingsalter  erreicht  haben ;  nach  Neu- 
mann ist  es  —  Elagabal  unmittelbar  vor  seiner  ernennung  zum 
kaiser.  Ref.  glaubt  nicht,  daß  man  in  diesen  kreisen  gar  zu 
strenge  anschauungen  von  Sittlichkeit  und  schicklichkeit  hatte, 
kann  also  den  f olger ungen  Rutherford's  nicht  beistimmen.  Merk- 
würdig ist  es  nur,  daß  sich  derartige  elemente  in  der  Jahrhun- 
derte lang  als  Schulbuch  benutzten  athoischen  recension  erhalten 
haben,  gerade  wie  bei  Phädrus. 

Das  zweite  kriterium  (p.  XCI),  was  aber  nur  in  einem  falle 
zur  stütze  des  ersten  dienen  kann  (fabel  116),  ist  formeller  na- 
tur :  eine  kürze  als  schlußsilbe  des  verses.  Babrius  pflegt  aller- 
dings als  gegengewicht  gegen  den  sprachaccent  auf  der  vorletz- 
ten silbe  die  (nach  meiner  ansieht  mit  dem  versictus  versehene) 
letzte  silbe  zu  längen  (de  Babr.  aet.  p.  1651.  194).  Aber  man 
wird  weder  Wörter  wie  rjtig  und  monsQ  am  Schlüsse  beanstanden 
dürfen,  da  ihr  zweites  element  schon  wegen  seiner  ursprüngli- 
chen Selbständigkeit  schwerer  wiegt,  noch  nominal-  und  verbal- 
endungen  mit  den  volleren  vocalen  o  und  a  (Eberhard);  das 
flüchtige  s  findet  sich  nie,  außer  in  dem  völlig  verstümmelten 
fragment  141.  Obendrein  ist  es  sehr  wohl  denkbar,  daß  Ba- 
brius   hierin   in    den    beiden    zu  verschiedenen    zeiten  verfaßten 

4)  Rutherford  meint  hier  allerdings  „quid  velit  Crusii  coniectura 
[At)  ßivov  viro  sobrio  non  liquet"  (eine  öfter  gebrauchte  wendung).  Ref. 
kann  auf  die  „Studien  zu  Babr."  a.  a.  o.  p.  236  verweisen ,  wo  die 
stelle  eingehend  behandelt  ist. 


Nr.    4.  34.    Babrios.  179 

und  in  der  athoiscben  recension  durcheinander  geworfenen  Samm- 
lungen nicht  völlig  gleichmäßig  verfahren  ist. 

So  wird  man  ein  vereinzeltes  vorkommen  jener  kürzen  kaum 
als  instanz  gegen  die  echtheit  der  betreffenden  nummern  anfüh- 
ren dürfen.  Ref.  hält  daher,  trotz  der  scharfen  äusserungen  Ru- 
therford's,  auch  fabel  106  immer  noch  für  babrianisch  und  ist 
nach  wie  vor  der  meinung,  daß  sie  sich,  wie  die  meisten  auf 
das  Verhältnis  von  löwe  und  fuchs  bezüglichen ,  durch  märchen- 
haft-ausführliche darstellung  auszeichnet  und  der  perle  der  gan- 
zen Sammlung,  der  erzählung  vorn  hirsch  ohne  herz  (95),  im 
tone  ganz  nahe  steht. 

Die  textconstituierung  im  einzelnen  beruht  auf  einer  neuen 
collation  des  Athous.  Die  handschriftlichen  lesarten  haben  aber 
nur  an  schwierigen  stellen  aufnähme  gefunden  in  den  critical 
notes  unter  dem  texte ;  das  gros  wird  p.  XCIII  ff.  mitgetheilt, 
jedoch  nicht  nach  der  reihenfolge  der  fabeln  geordnet,  sondern 
nach  corruptel-classen  gruppiert.  So  lehrreich  diese  Zusammen- 
stellungen sind ,  so  sehr  ist  damit  den  „raore  minute  scholarsu 
(p.  XCVII)  die  feststellung  der  urkundlichen  lesart  in  jedem 
einzelnen  falle  erschwert.  Und  wer  weiß,  wie  mancher  von  Ru- 
therford stillschweigend  corrigierter  „Schreibfehler"  nicht  doch 
noch  anlaß  zu  weiteren  fragen  geben  wird !  Ref.  kann  dies  von 
der  herkömmlichen  art  abweichende  verfahren  nicht  für  nach- 
ahmungswerth  halten. 

Der  text  steht  im  ganzen  der  Überlieferung  näher,  als  der 
Eberhard'sche,  von  Gitlbauer  zu  schweigen.  Etliche  emenda- 
tionen  erwiesen  sich  als  lesarten  des  Athous  (z.  b.  95,  45)  und 
an  nicht  wenigen  stellen  wird  das  überlieferte  vertheidigt,  wohl 
meist  mit  recht  (so  36,  2.  77,  1;  zweifelhaft  115,4.  156,  3). 
Die  von  anderen  gebotenen  Verbesserungsvorschläge  sind  mit 
gesundem  urtheil  und  sicherem  takte  benutzt ;  eine  stattliche 
reihe  neuer  vermuthungen  zeugt  von  eindringendem  Scharfsinn 
und  einem  gut  geschulten  talente  für  conjectural-kritik.  Doch 
scheinen  Rutherford's  änderungen  dem  ref.  kaum  nöthig  97,  12. 
107,3-,  unsicher  oder  bedenklich  99,  3.  107,  7.  128,  7.  131,4.  132, 
3.  134,4  (gegen  eine  beobachtung  Lachmann's)  135,  10;  gar 
zu  kühn  70,  2  ff. 5).     Sehr  ansprechend  wird  emendiert  prooem.  I 

5)  Ist  v.  3  für  das  glossem  üq^i;  (anders  Rutherford)  vielleicht  iis 
civ  zu  lesen  =  „niemand"? 


180  34.  Babrios.  Nr.  4. 

18,  fab.  21,  5.  27,  2.  52, 1 6)  59,  10.  107,  10,  evident  34,  8  (^sr) 
91,4  («»tr)  129,  5  (äAfT^sJco)). 

Die  kritischen  noten  sind  lateinisch  geschrieben.  Gerade 
für  die  textkritik  bietet  das  neu-latein  eine  knappe,  scharf  ge- 
prägte terminologie,  welche  man  immerhin  auch  neben  einer  mo- 
dernen spräche  anwenden  mag.  Aber  Rutherford  macht  sich  diese 
vortheile  keineswegs  zu  nutze.  Seine  darstellung  ergeht  sich  in 
behaglicher  breite  und  er  kann  sich  nicht  versagen,  allerhand 
muntre  ein-  und  ausfälle  an  den  mann  zu  bringen  (vgl.  zu  fabel 
8.  29.  31,  19  =  49,  15.  75,  6).  Derartiges  liest  sich  in  sei- 
nem schneidigem  englisch  denn  doch  besser,  als  in  seinem  „no- 
tenlatein".  Auffällig  ist  die  stereotype  Wiederholung  von  lieblings- 
wendungen,  wie  viro  sobrio  liquet,  supra  solitum,  non  sine  fiducia. 

Der  englisch  abgefaßte  exegetische  theil  des  commentars 
trägt  einen  durch  und  durch  individuellen  Charakter.  Ueberall 
spricht  der  Verfasser  des  neuen  Phrynichus  zu  uns ,  der  sein 
werk  verbessert  und  ergänzt  und  uns  blicke  thun  läßt  in  seine 
reichen  Sammlungen  zur  geschichte  des  attischen  verbums.  Ei- 
nige noten  sind  geradezu  kleine  sprachgeschichtliche  monogra- 
phien  geworden  (vgl.  zu  1,  6.  2,  6.  7,  15  u.  s.w.,  am  breitesten  wohl 
50,  6.  86,  10).  So  werthvoll  diese  bemerkungen  sein  mögen,  so 
stehen  sie  hier  doch  schwerlich  am  richtigen  orte.  Die  eigent- 
liche erklärung  des  dichters  tritt  ihnen  gegenüber  zu  sehr  in 
den  hintergrund.  Unwahrscheinlich  scheint  dem  ref.  Rutherfords 
Übersetzung  von  12,  4;  sie  ist  131,  6,  wo  dieselbe  gespreizte 
phrase  wiederkehrt,  jedenfalls  nicht  zulässig. 

Der  ton  der  commentare  hätte  hie  und  da  wohl  ohne  schaden 
für  die  sache  weniger  herb  und  derb  sein  können  (75,  6.  95,  9). 

Beigegeben  ist  ein  Lexicon  totius  graecitatis  Babrianae  von 
H.  Duff.  Völlig  abschließend  und  erschöpfend  kann  es  jedoch 
nicht  genannt  werden,  trotz  seines  titeis.  Es  fehlen  die  gebräuch- 
lichsten partikeln,  wie  *ai  de  yÜQ,  für  deren  richtige  lexikalische 
behandlung  in  neuerer  zeit  mehrfach  mustergültige  beispiele  ge- 
geben sind.  Ferner  ist  die  urkundliche  Überlieferung  nicht 
überall  gleichmäßig  berücksichtigt.  Ref.  vermißt  z.  b.  ö[it]gsv(a, 
was  39,  4  erste  lesart  des  Athous  ist  und  erst  von  Rutherford 
durch  das  beigeschriebene  eiqtjvsvg)  (mit  falschem  spondeus)  er- 
setzt wurde.     Ebenso  fehlen,  gegen  die  sonstige  praxis  des  ver- 

G)  Aehnlich  ref.  „Stud.  z.  Babr."  a.  a.  o.  p.  246  anm.  51. 


Nr.  4.  35.  Timaios.  181 

fassers,  die  worte  aus  etlichen  nach  Butherford  interpolierten  Ver- 
sen (z.  b.  3,  2.  131,  16,  der  wohl  habrianisch  ist).  Doch  kön- 
nen solche  kleine  ausstellungen  den  dank  nicht  verkürzen ,  den 
wir  dem  verf.  für  diesen  mühevollen  beitrag  zur  „scientific  lexi- 
cography  of  the  Greeh  langnage"  (ß.   p.   VII)  schuldig  sind. 

Der  druck  des  buches  ist  correct 7)  und  geschmackvoll,  die 
ganze  ausstattung  hat  jenen  charakter  solider  pracht ,  den  man 
an  Londoner  publicationen  gewohnt  ist. 

In  einem  zweiten  bände  verspricht  Verfasser  die  prosapara- 
phrasen  zu  veröffentlichen.  Hoffentlich  wird  er  auch  den  grund 
legen  zu  einer  urkundlichen  ausgäbe  und  textgeschichte  der  von 
Babrius  unabhängigen  Sammlungen,  auf  die  wir  in  Deutschland 
bisher  vergebens  gewartet  haben.  Möchte  ref.  in  diesen  blättern 
recht  bald  über  den  fortgang  des  in  mehr  als  einer  hinsieht 
wichtigen  und  verdienstlichen   Unternehmens  berichten  können. 

O.   Crusius. 

35.  Clasen,  Christian,  historisch-kritische  Untersuchungen 
über  Timaios  von  Tanromenion.  Kiel,  Lipsius  u.  Tischer,  1883. 
97  p.     8.     2  mk.  40  pf. 

Den  äußeren  lebensgang  des  Timaios  berührt  der  verf.,  da 
über  ihn  alles  nöthige  bereits  festgestellt  sei ,  nur  ganz  im  vor- 
übergehen, Auch  auf  die  frage  nach  der  gestaltung  seines  ge- 
schichtswerks  läßt  er  sich  nicht  näher  ein.  In  dieser  beziehung 
schließt  er  sich  im  wesentlichen  an  die  ergebnisse  der  von  J. 
Beloch  in  den  Neuen  Jahrbüchern  für  klass.  philologie  bd.  123 
(1881),  p.  697 — 706  veröffentlichten  Untersuchung  an  und  sucht 
(p.  6  f.)  nur  das,  was  er  die  „italische  geschichte"  des  Timaios 
nennt,  noch  etwas  näher  zu  bestimmen.  Seine  eigentliche  auf- 
gäbe erblickt  er  in  dem  versuch  zur  lösung  des  offen  zu  tage 
liegenden  Widerspruchs  dazwischen ,  daß  einerseits  Timaios  sich 
als  einen  mann  von  höchster  frömmigkeit  und  streng  sittlicher  le- 
bensanschauung  darstelle  und  von  mehreren  antiken  Schriftstel- 
lern mit  hohen  lobsprüchen  bedacht,  von  sehr  vielen  in  weitge- 
hendster weise  benutzt ,  andrerseits  aber  auch  ,  namentlich  von 
Polybios,  auf  das  heftigste  angegriffen  werde.     Das  rechte  mittel 

7)  Von  druckfehlern  sind  dem  ref.  noch  aufgefallen :  p.  XIX  anm. 
2(8chr.  vaQ&r]%);  p.  LXXV  anm.  1  (sehr.  Trier);  p.  18  crit.  not.  zu  V. 
17  (sehr,  /uij);  p.  189  sp.  2,  z.  15  (sehr.  3  9,  9) ;  p.  192,1,1  (sehr.  "Slaie). 


182  35.  Timaios.  Nr.   4. 

zur  erreichung  dieses  ziels  findet  er  in  einer  durchgängigen  prü- 
fung  der  von  Timaios  herzuleitenden  Überlieferung  auf  ihren 
thatsächlichen  werth  hin  und  verhehlt  dabei  von  vornherein  nicht, 
daß  diese  auf  eine  ganz  wesentliche  beschränkung  jener  abfälli- 
gen, auch  in  die  moderne  anschauung  nur  zu  sehr  übergegan- 
genen beurtheilung  hinauszukommen  haben  werde. 

Nach  dieser  formulirung  der  frage  gestaltet  sich  die  arbeit 
im  ganzen  zu  einer  fortlaufenden,  vor  allem  gegen  Polybios  ge- 
richteten antikritik.  In  diesem  sinne  wird  zunächst  (p.  10  f.) 
zusammengestellt,  was  sich  aus  den  unter  Timaios'  namen  er- 
haltenen fragmenten  selbst  über  ziel  und  methode  seiner  for- 
schung  entnehmen  läßt,  wird  ferner  der  Vorwurf  mangelhafter 
geographischer  kenntnisse  (p.  11  ff. )  ?  der  Vorwurf  der  tadelsucht 
und  gehässigkeit  ebensowohl  gegenüber  historischen  persönlich- 
keiten wie  gegenüber  seinen  Vorgängern  auf  dem  gebiete  der 
geschichtschreibung  (p.  18  ff.),  endlich  derjenige  der  deisidaimo- 
nie  (p.  38  ff.)  geprüft,  wobei  zugleich  der  auf  die  älteren  zeiten 
bezügliche  theil  der  timäischen  tradition  erledigt  wird.  Hierauf 
werden  gruppenweise  (p.  45 — 56  „die  sicilische  expedition";  p. 
57—71  „Dionysios  I.  und  II.,  Dion" ;  p.  72  ff.  „Timoleon")  die 
ereignisse  der  späteren  zeit  in  entsprechender  weise  beleuchtet. 
Der  verf  benutzt  hier  in  weiterem  umfange,  als  bis  dahin,  nicht 
bloß  die  unter  dem  namen  des  Schriftstellers  überlieferten  frag- 
mente,  sondern  auch  die  umfassenderen  partien  timäischen  ma- 
terials,  die  anderweit  sich  als  solche  erkennen  lassen.  Hinsicht- 
lich der  letzteren  kann  er  mit  seinen  darlegungen  zum  guten 
theil  auf  den  bereits  von  andern  gefundenen  resultaten  fußen, 
zum  theil  aber,  so  besonders  in  dem  abschnitt  über  Timoleon, 
schafft  er  sich  selbst  erst  durch  eingehendere  quellenkritik  die 
erforderliche  basis  dafür.  Betreffs  der  sicilischen  expedition  — 
um  seine  ansichten  in  aller  kürze  zu  skizziren  —  hat  Timaios 
in  der  hauptsache  aus  Thukydides,  Philistos,  vielleicht  Kleide- 
mos, jedenfalls  auch  aus  Ephoros  geschöpft  und  so  ein  bild  der 
thatsachen  hergestellt,  welcheö  bei  mehrfachen  einseitigkeiten 
doch  keineswegs  die  dagegen  gerichteten  einwürfe  verdient.  In 
der  darstellung  Dionysios'  I.,  die  bei  Diodor  zum  großen  theil 
noch  vorliegt,  zeigt  sich  Timaios  als  gegner  desselben,  ohne  daß 
jedoch  in  den  von  ihm  überlieferten  thatsachen  als  solchen  eine 
bewußte    entstellung  zu   finden    wäre.      Dionysios  II.    wird   von 


Nr.   4.  35.   Timaios.  183 

ihm  in  etwas  günstigerem  lichte  dargestellt,  von  Dions  charakter 
und  Wirksamkeit  gab  er  ein  bild,  welches  ansprach  auf  den  na- 
men  der  Zuverlässigkeit  und  Unparteilichkeit  erheben  kann.  Für 
Timoleon  benutzte  den  Timaios,  die  hauptquelle  für  die  kenntniß 
dieser  geschichtlichen  episode  überhaupt,  am  ausführlichsten  und 
genauesten  Plutarch,  und  zwar  schon  für  die  ereignisse  vor  der 
abfahrt  nach  Sicilien ;  von  da  an  bis  zu  dem  gefecht  bei  Hadra- 
non  that  es  auch  Dioclor,  um,  nach  einer  aus  Theopomp  entlehn- 
ten partie  ,  vom  beginn  des  karthagischen  kriegs  an  abermals 
mit  Plutarch  jenem  ersteren  zu  folgen.  Die  biographie  bei  Cor- 
nelius Nepos  ist  ein  auszug  aus  Timaios.  Dieser  hat  nun,  das 
wird  zugegeben,  den  Timoleon  allerdings  in  mehrfacher  hinsieht 
weit  über  gebühr  erhoben,  und  das  herrschende  vor  allem  durch 
Plutarchs  darstellung  beeinflußte  urtheil  über  den  letzteren  wird 
entschieden  zu  modificiren  sein.  Betreffs  des  Agathokles  haftet 
auf  Timaios  von  alter  zeit  her  gerade  der  entgegengesetzte  Vor- 
wurf, und  daß  er  leidenschaftlich  gegen  denselben  aufgetreten 
ist,  wird  nicht  in  abrede  gestellt  werden  können ;  daß  er  aber 
zu  Ungunsten  desselben  die  thatsachen  als  solche  entstellt  habe, 
ist  in  ermangelung  ausreichenden  materials  mindestens  nicht  zu 
erweisen.  Für  seine  darstellung  des  Pyrrhos  fehlt  überhaupt 
jede  unterläge. 

Gewiß  hafteten  also  —  das  stellt  sich  als  Schlußresultat 
heraus  —  an  Timaios  mehrere  der  ihm  vorgeworfenen  fehler ; 
aber  sie  erklären  sich  leicht  theils  aus  der  rhetorisirenden  rich- 
tung  der  geschichtschreibung  seiner  zeit,  theils  aus  seinen  per- 
sönlichen anschauungen  und  aus  den  wechselfällen  seines  lebens. 
Andrerseits  sehen  wir  in  ihm  einen  mann  von  edler  moralischer 
gesinnung,  durchdrungen  von  tiefem  religiösen  ernst  und  hoher 
patriotischer  begeisterung,  einen  historiker  von  reiner  Wahrheits- 
liebe und  idealer  auffassung  seiner  aufgäbe.  Die  thatsachen 
selbst  erzählte  er  getreu,  wie  sie  überliefert  wurden,  aber  in  der 
Interpretation  derselben  folgte  er  zu  oft  und  zu  leicht  seiner 
subjeetiven  neigung.  Anerkennung  hat  schon  von  alters  her  sein 
fleiß  in  der  Sammlung  des  materials  gefunden.  Wenn  er  nicht 
gerade  bemerkbar  ins  praktische  staatsieben  eingegriffen  hat,  so 
ist  er  doch  auch  nichts  weniger  als  ein  bloßer  Stubengelehrter 
in  unserm  sinne  gewesen.  Er  hat  seine  quellen  mit  selbständi- 
gem urtheil  verwerthet,  durch  reisen  und  durch  das  Studium  von 


184  35.  Timaios.  Nr.   4. 

Urkunden  und  denkmälern  sie  controlirt  und  seinen  anschauungs- 
kreis  erweitert;  durch  seine  chronologischen  forschungen  bezeich- 
net er  geradezu  eine  neue  epoche  der  griechischen  geschicht- 
schreibung.  Jedenfalls  bedeutet,  was  von  ihm  verloren  gegangen 
ist,  einen  unersetzlichen  verlust. 

So  etwa  der  Verfasser.  Soweit  nun  seine  arbeit  sich  im 
geleise  der  zeitüblichen  quellenuntersuchungen  bewegt,  sei  hier 
nicht  näher  darauf  eingegangen.  Für  die  hauptmasse  des  Stoffs, 
der  dabei  in  betracht  kommt,  stand  doch,  wie  er  auch  selbst 
anerkennt,  das  wesentliche  bereits  fest.  Einer  kräftigeren  Her- 
vorhebung von  Volquardsens  verdienst  um  die  angelegenheit 
würde  ich  persönlich  gern  begegnet  sein  ;  gewiß  ist  von  dessen 
aufstellungen  einiges  zu  beschränken,  sonst  aber  ist  von  solchen, 
denen  er  doch  erst  die  bahn  eröffnet  hatte,  weit  über  gebühr 
daran  gemäkelt  worden.  Wo  der  verf'.,  dem  übrigens  auch  nicht 
etwa  ungerechter  weise  das  letztere  nachgesagt  sei ,  über  jenen 
feststehenden  stamm  hinausgeht,  ist  seinen  ausführungen ,  soweit 
sie  wirklich  neu  sind,  überwiegend  der  grad  von  probabilität 
zuzugestehen,  der  meines  erachtens  in  solchen  dingen  überhaupt 
das  höchste  erreichbare  ziel  darstellt.  Für  das  übrige,  was  da- 
runter zur  zeit  noch  nicht  einbegriffen  werden  kann,  trösten  wir 
uns  damit,  daß  es  einstweilen  unter  der  ihm  gegebenen  beleuch- 
tung  im  verein  mit  dem  andern  ein  ganz  annehmbares  bild  bie- 
tet, — -  bis  einmal  der  nächste  kommen  wird  ,  der  das  kaleidos- 
kop  dreht,  und  durch  eine  neue  gruppirung  der  trümmerstücke 
sicherlich  ein  in  seiner  art  auch  wieder  ansprechendes  bild  er- 
zielen wird.  Anerkennung  verdient,  daß  der  verf.  in  bezug  auf 
die  uns  vorliegenden  Schriftsteller  nicht  unbedingt  der  einquel- 
lentheorie  huldigt  und  eine  richtige  ahnung  von  dem  umsetzungs- 
proceß  hat,  welchem  das  material  der  Überlieferung  auf  dem 
wege  von  den  primärquellen  bis  zu  der  niederschrift  durch  jene 
unterliegen  konnte,  wenn  auch  nicht  in  jedem  falle  oder  immer 
in  gleichem  grade  unterliegen  mußte.  Und  daß  nach  allen  Un- 
tersuchungen der  hier  berührten  art  gerade  erst  noch  der  we- 
sentlichste theil  der  aufgäbe  von  der  sachlichen  kritik  zu  erle- 
digen ist,  diese  anschauung  und  der  versuch  ihrer  durchführung 
bildet  ja  das  recht  eigentlich  charakteristische  merkmal  seiner 
arbeit. 

Betrachten    wir  sie  unter  diesem    gesichtspunkt,    so  werden 


Nr.  4.  35.  Timaios.  185 

wir  anerkennen  müssen,  daß  der  verf.  einen  sehr  richtigen  ge- 
danken  gefaßt  hat,  jedoch  nicht  ohne  hinzuzufügen,  daß  derselbe 
noch  eindringlicher  hätte  erfaßt  und  strenger  durchgeführt  wer- 
den mögen. 

Ich  lege  kein  allzuhohes  gewicht  auf  äußerlichkeiten  und 
einzelheiten ,  deren  ich  doch  zu  meiner  rechtfertigung  hier  auch 
einige  anführen  muß.  Die  schrift  ist  wenig  übersichtlich  gestal- 
tet, was  sich  mit  rücksicht  auf  ihren  umfang  doch  störend  be- 
merklich macht;  die  drei  von  p.  45  an  eingestreuten  kapitel- 
überschriften  helfen  dem  durchaus  nicht  hinreichend  ab.  Recht 
sachgemäß  wäre  es  gewesen ,  —  was  nur  zu  häufig  unterlassen 
ist,  —  den  behandelten  Timaiosfragmenten  jedesmal  auch  die 
nummer  der  nun  einmal  zur  zeit  noch  recipirten  Müllerschen 
Sammlung  ,  den  anfuhrungen  aus  neueren  Schriftstellern  das  ge- 
naue citat  beizufügen8^  Der  verf.,  dem  alles  das  freilich  leben- 
dig vor  der  seele  steht ,  sollte  doch  nicht  bloß  auf  den  engsten 
kreis  der  eingeweihten  reflectiren.  Diese  kennen  sich  zwar  schon 
aus ,  bekommen  aber  immerhin  eine  überflüssige  mühe  auferlegt, 
und  für  den  fernerstehenden  bleibt  jedenfalls  manches  unver- 
ständlich, geht  also  die  beabsichtigte  Wirkung  zum  nachtheil  des 
Verfassers  selbst  und  seiner  sache  verloren.  Auch  die  correct- 
heit  des  drucks  läßt  mehrfach  zu  wünschen  übrig 9). 

In  sachlicher  hinsieht  möchte  ich  in  dieser  Verbindung  ein- 
spruch  erheben  z.  b.  gegen  den  versuch  (p.  6  f.j,  der  „italischen 
geschichte"  eine  Stellung  als  einem  abgesonderten  bestandtheil 
innerhalb  der  ' Iotoqi'ui  oder  neben  denselben  anzuweisen.  Der- 
selbe ist  ebenso  unbegründet,  wie  die  in  Verbindung  damit  ent- 
wickelte anschauung  von  der  behandlung  der  römischen  geschichte 

8}  Z.  b.  p.  16,  z.  10  1.:  „Beloch  a.  a.  o.  p.  704",  auch  kommt  die- 
sem nicht  sowohl  fr.  34,  als  fr.  55  in  betracht;  p.  17,  z.  6  v.u.  (text), 
wo  der  verf.  selbst  die  fragmentnummer  einzusetzen  beabsichtigte, 
fehlt  sie;  p.  29,  z.  2  v.  u.  (text)  fehlt  das  citat  zu  „Unger";  p.  37 
anra.  1  1.:  „VoLquardsen  p.  92  f.";  p.  57  anm.  1  zu  ende  ist  „und  120'' 
unverständlich;  desgl.  p.  69,  z.  3,  wo  man  1.:  „Pfalz,  M.,  Dion.  etc., 
Chemnitz  (Progr.),  1877,  p.  19  sqq.";  p.  70,  anm.  1,  z.  8  v.  u.  1.:  „Mül- 
ler p.  8";  p.  80  z.  5  1.:  ,.Volquardsen  p.  99"  u.  dgl.  m. 

9)  p.  5,  anm.  3  1.:  „Gumbinnen  1851";  p.  16,  z.  3  1.:  „fr.  32— 
34";  p.  22,  z.  8  v.  u.  (anm.)  1.:  „Freiburg";  p.  27,  z.  11  1.:  „(XII,  4  a)"; 
p.  30,  anm.  2  1.  :  „91  a"  statt  91,  auch  der  unmittelbar  darauf  ge- 
brauchte ausdruck  „öfter"  beruht  wohl  auf  einem  versehen;  p.  31,  z. 
5  1.:  „1346  (1349)";  p.  42,  z.  11  „ngcggTjai^-  p.  52,  z.  9  „än^aria" ; 
p.  75,  z.  3  „dvväoTai" ;  p.  76  ,  z.  9  u.  8  v.  u.  „  xutaGigaTtjyrjd-syitg11  u. 
dgl.  m. 


186  35.  Timaios.  Nr.  4. 

durch  Timaios  innerhalb  jener.  Weiter  ist  es  methodisch  sicher- 
lich nicht  richtig,  wie  es  p.  13  unten  geschieht,  hinsichtlich  der 
zahl  der  Rhonemündungen —  (denn  um  sie,  nicht  um  die  durch 
ein  unliebsames  versehen  genannten  Pomündungen  handelt  es 
sich)  —  zwar  anzuerkennen,  daß  der  verschiedenen  tradition  ein 
zeitweilig  verschiedener  Sachverhalt  zu  gründe  gelegen  haben 
könne,  dann  aber  immer  noch  die  frage  zu  discutiren ,  ob  nicht 
doch  schließlich  Timaios  eigentlich  recht,  Polybios  unrecht  ge- 
habt habe,  zumal  da  dem  ersteren  diese  und  jene  anderweitigen, 
späteren  schriftsteiler  gefolgt  seien ;  wobei  obendrein  in  mecha- 
nischer herübernahme  der  von  Müller  zu  fr.  38  gegebenen  ci- 
tate  10)  betreffs  dessen,  was  Plinius  (III,  4,  33)  wirklich  giebt, 
ein  irrthum  unterläuft  (für  den  stand  der  sache  sei  der  kürze 
halber  auf  Müllenhoff,  Deutsche  alterthumskunde  I,  p.  197  f.  ver- 
wiesen). Aehnliches  ist  dagegen  einzuwenden,  wenn  p.  21,  z. 
6  ff.  der  Schluß  auf  die  annehmbarkeit  einer  timäischen  etymo- 
logie  darauf  basirt  wird,  daß  eben  in  dem  betreffenden  Zusam- 
menhang Timaios  „im  gegensatz  zu  andern  historikern  als  au- 
torität  genannt  werde",  oder  wenn  p.  26  die  frage  betreffs  Phlegra 
einer  betrachtung  unterzogen  wird  ,  als  könne  es  sich  hier  noch 
um  etwas  anderes  handeln ,  als  einfach  um  die  feststellung  der 
geschichte  der  tradition.  Die  sache  mit  den  Sikanern  (p.  23) 
steht  keineswegs  so  einfach,  wie  der  verf.  meint.  Der  p.  31,  z. 
11  f.  monirte  Widerspruch  ist  nicht  vorhanden,  schon  weil  nach 
Timaios  Aeneas  gar  nicht  der  gründer  Roms  ist.  Darüber,  wie 
über  einiges  weitere,  was  Timaios  und  seine  bedeutung  anlangt, 
hätte  der  verf.  an  verschiedenen  stellen  im  ersten  band  meiner 
geschichte  der  Karthager,  wo  der  von  Timaios  behandelte  stoff 
zu  einem  großen  theil  eingehend  zu  behandeln  war ,  einige  hin- 
weise, bez.  ausgangspunkte  zu  weiteren  Untersuchungen,  gefunden. 
Doch  möchte  ich  begreiflicherweise  gerade  hierbei  nicht  länger 
verweilen ,  außer  etwa  um  nochmals  den  hinweis  auf  die  eigen- 
thümliche  bedeutung  zu  wiederholen,  welche  Timaios  dem  grün- 
dungsjahr  Karthagos  für  die  fixirung  anderweitiger  chronologi- 
scher bestimmungen  zuwies.      Gerade  in    dieser    beziehung ,    wo 

10)  Entsprechend  ist  p.  16,  z.  3  f.  mit  einer  von  Müller  zu  fr.  37 
—  (so  ist  in  anm.  1  zu  lesen,  wo  auch  noch  das  citat  aus  Niebuhr 
der  verification  bedürfte)  —  leichthin  aufgestellten  ansieht  und  ihren 
unterlagen  verfahren,  wo  doch  eine  nachprüfung  recht  am  platze  ge- 
wesen wäre. 


Nr.   4.  35.  Timaios.  187 

noch  eo  manches  zu  eruiren  sein  müßte,  thut  der  verf.  überhaupt 
kaum  mehr  als  die  bekannten  allgemeinen  lobsprüche  auf  seinen 
autor,  so  wie  sie  schon  vom  alterthum  her  überliefert  sind,  zu 
wiederholen.  Aebnlich  hat  er  es  sich  —  um  von  Pyrrhos  zu 
schweigen  —  doch  mindestens  betreffs  der  auf  Agathokles  be- 
züglichen partie  des  timäischen  geschichtswerks  etwas  zu  leicht 
gemacht;  hier  wollte  vor  allem  die  läge  nach  der  durch  A. 
Enmanns  Untersuchungen  über  die  quellen  des  Trogus  Pompeius 
ihr  zuletzt  gegebenen  gestalt  geprüft  sein.  Ich  erwähne  zum 
Schluß  noch  in  dem  hier  verfolgten  Zusammenhang,  daß  p.  75, 
anm.  1  statt  der  aufzählung  griechischer  benennungen  der  ari- 
stokraten  vielleicht  passender  die  bemerkung  gestanden  hätte, 
eine  umsichtige  beobachtung  des  gebrauchs  solcher  ausdrücke, 
z.  b.  bei  Diodor,  könne  möglich  er  weise  hier  und  da  nützliche 
fingerzeige  in  der  quellenfrage  geben,  endlich  daß  mit  der  p.  45 
ausgesprochenen ,  sehr  berechtigten  warnung  gegen  übereilte 
Schlüsse  aus  dem  vorkommen  wunderbarer  thatsachen  auf  Ti- 
maios als  quelle  einige  spätere  äußerungen  (p.  77.  82.  86)  nicht 
völlig  harmoniren. 

Desiderien  solcher  art  erheben  sich  schließlich  wohl  gegen- 
über jeder  arbeit;  die  vorstehenden  werden  manchem  noch  einer 
ergänzung  bedürftig  erscheinen,  bei  anderen  auch  selbst  wieder 
einsprach  finden.  In  der  that  scheint  mir  gerade  im  vorliegen- 
den falle  das  urtheil  vor  allem  davon  abhängig  zu  sein,  wie  die 
gesammtaufgabe  zu  stellen  war  und  vom  verf.  erfasst  ward,  und 
in  dieser  beziehung  möchte  ich  die  oben  gethane,  nicht  allseitig 
und  unbedingt  anerkennende  äußerung  noch  in  der  kürze  zu  be- 
gründen versuchen,. 

Timaios  bedarf  keiner  „rettung" :  —  dieser  Standpunkt  aber 
ist  es,  über  den  der  verf.  im  ganzen  nicht  hinauszukommen  ver- 
mocht hat.  Er  thut  —  das  ist  anzuerkennen  —  besseres  und 
begründeteres  als  die ,  welche  ausgerüstet  mit  den  bekannten, 
auf  ihren  Ursprung  hin  nicht  weiter  untersuchten  schlagworten 
von  dem  'Enm'paiog  und  der  rQaoovW.SKTQta  und  mit  einer  für 
diesen  bedarf  merkwürdigerweise  allemal  vorhandenen  Überzeu- 
gung von  der  urtheilsfähigkeit  des  Polybios  unter  dem  jeweili- 
gen eindruck  dieser  oder  jener  Überlieferungsgruppe  timäischen 
Ursprungs,  die  ihnen  irgendwie  in  den  weg  tritt,  über  ihren  Ver- 
treter nur  allzuleicht  das  übliche  verdict    fällen;    aber  er  bleibt 


188  35.  Timaios.  Nr.  4. 

doch  im  wesentlichen  auf  derselben  höhe  stehen,  wie  sie.  So 
kommt  der  leser,  bei  aller  guten  absieht  des  Verfassers  und  bei 
aller  richtigkeit  zahlreicher  unter  seinen  feststellungen,  doch  über 
den  eindruck  des  feilschens  um  einzelheiten  nicht  recht  hinaus. 
Timaios  bedarf  vor  allem  oder  —  soll  ich  richtiger  so  sa- 
gen —  nur  einer  sachgemäßen  darstellung.  Daß  es ,  um  das 
material  für  eine  solche  zu  erreichen,  nothwendig  ist,  weit  über 
den  kreis  der  unter  seinem  namen  überlieferten  fragmente  hinaus- 
zugreifen, hat  der  verf.  richtig  gefühlt.  Nur  würde  diese  thä- 
tigkeit  einen  noch  viel  größeren  umfang  annehmen  müssen ,  als 
es  bei  ihm  der  fall  ist,  und  sie  würde  ihn  mit  überraschendem 
erfolg  annehmen  können.  Mir  schwebt  seit  jähren  der  plan  vor, 
vor  allem  einmal  zusammen  drucken  zu  lassen,  was  noch  auf 
Timaios  zurückzuführen  ist,  und  es  würde  das  voraussichtlich 
einen  ganz  stattlichen  band  ergeben,  —  ein  bild,  nicht  lücken- 
hafter, sondern  vielleicht  noch  vollständiger ,  als  wie  wir  es  für 
manchen  andern  schriftsteiler  besitzen,  über  den  wir  wunder  wie 
gut  unterrichtet  zu  sein  und  urtheilen  zu  dürfen  glauben.  Die 
frage  über  die  anordnung  dieses  Stoffs,  die  bisher  überwiegend 
das  interesse  der  bearbeiter  in  anspruch  nahm ,  würde  dabei 
selbstverständlich  auch  ihre  berücksichtigung  zu  finden  haben, 
doch  schließlich  nur  eine  mehr  untergeordnete  rolle  spielen. 
Persönlich  bin  ich  in  dieser  hinsieht  der  Überzeugung ,  daß  in 
der  von  Beloch  mit  genialer  intuition  gezeigten  richtung  die  lö- 
sung  zu  finden  sein  wird,  wenn  auch  einige  der  von  Holm  im 
28.  bände  des  Jahresberichts  f.  d.  klass.  alterthumswissenschaft,  p. 
159  f.,  erhobenen  einwände  die  vollste  beachtung  verdienen. 
Uebrigens  spreche  ich  von  der  interessanten  und  in  jeder  bezie- 
hung  überaus  lohnenden  aufgäbe  hier  als  von  einer  solchen,  di€ 
ich  selbst  in  absehbarer  zeit  doch  nicht  durchführen  könnte  und 
somit  gern  in  anderen ,  wohl  auch  noch  besseren  händen  sähe 
Wer  an  sie  geht,  müßte  allerdings,  wenn  seine  bemühung  die 
rechte  frucht  tragen  soll,  an  umsieht  und  vorsieht  es  nicht  feh- 
len lassen,  möchte  am  liebsten  schon  auf  weiteren  gebieten,  ah 
sie  die  übliche  arbeitsmethode  in  angriff  zu  nehmen  liebt,  einige 
erfahrung  gesammelt  haben  ,  dürfte  jedenfalls  die  strenge  arbeii 
einer  reihe  von  jähren  nicht  scheuen,  nicht  bloß  so  im  handum- 
drehen,  wie  es  nur  zu  häufig  geschieht  und  unsrer  wissenschaft- 
lichen produetion  oft  recht  empfindlich   schadet,    nach  kaum  er 


Nr.   4.  35.  Timaios.  189 

folgter  umpfiügung  des  ackers  auch  schon  die  ernte  sehen 
wollen. 

Ist  so  das  material  rein  an  sich,  ohne  jede  rücksicht  auf  ir- 
gendwelches überlieferte  urtheil  darüber ,  zusammengestellt  und 
wird  dann  in  gleicher  weise  die  leistung  des  Timaios  in  ver- 
gleich gestellt  mit  dem,  was  vorher  für  das  von  ihm  bearbeitete 
gebiet  vorhanden  war,  so  wird  sich  für  uns  ganz  von  selbst  der 
richtige  Standpunkt  der  beurtheilung  ergeben  und  auch  für  das 
verständniß  des  Schicksals,  welches  ihm  weiterhin,  speciell  von 
seiten  des  Polybios,  zu  theil  geworden  ist,  der  Schlüssel  gefun- 
den sein. 

Wohl  macht  sich  augenblicklich  eine  Strömung  bemerklich, 
welche  in  Polybios  schließlich  auch  weiter  nichts  als  einen  der 
vielen  irgendwelche  Vorgänger  ohne  verständniß  ausschreibenden 
compilatoren  sehen  möchte.  Sie  wird  nicht  bestehen  bleiben 
gegenüber  der  auf  umfassenderer  durcharbeitung  des  stoffs  be- 
gründeten Überzeugung,  daß  derselbe  vielmehr  nach  dem  von 
Thukydides  unternommenen  anlaufe  der  erste  Vertreter  einer 
wirklich  kritischen  geschichtschreibung  in  unserm  sinne  war, 
wenn  auch  mit  einschluß  aller  der  mängel,  welche  selbst  dem 
bestgemeinten  menschlichen  thun  überhaupt  und  allezeit  anhaf- 
ten. Freilich  wird  f  sobald  die  oben  bezeichnete  Vorarbeit  ge- 
than  ist ,  vom  Standpunkt  auch  der  letztgenannten  Überzeugung 
aus  zugestanden  werden  müssen,  daß  dem  Polybios  jener  ehren- 
titel  eigentlich  nur  zukommt,  sofern  er  der  erste  in  noch  leidlich 
erkennbarem  zustand  erhaltene  Vertreter  der  betreffenden  rich- 
tung  ist.  Vor  ihm  hat  bereits  Timaios  diesen  Standpunkt  ein- 
genommen. Timaios  hat  zuerst  im  angesicht  einer  herannahen- 
den großen  geschichtlichen  Wendung  einen  bis  dahin  nur  epi- 
sodenhaft behandelten  stoff,  die  geschichte  der  Westgriechen  mit 
berücksichtigung  der  zu  ihnen  in  beziehung  stehenden  Völker 
und  länder,  als  in  sich  geschlossenes  ganzes  erfaßt  und  darge- 
stellt. Er  hat  für  diesen  kreis  zuerst  ein  einheitliches  chrono- 
logisches System  geschaffen  und  dasselbe  zu  den  ereignissen  des 
Ostens,  welche  er  gleichzeitig  rücksichtlich  ihrer  chronologischen 
grundlage  in  umfassendster  weise  revidirte ,  in  festen  bezug  zu 
setzen  gesucht.  Er  hat  für  das  von  ihm  zu  behandelnde  gebiet 
das  vorhandene  litterarisch  überlieferte  material  in  weitestem 
umfang  herangezogen,  hat  dasselbe,  wo  sich  die  füglichkeit  bot, 
Philol.  Anz.  XIV.  14 


190  36.  Plato.  Nr.  4. 

durch  urkundliche  forschung  controlirt  und  mit  eingehender  kritik 
verarbeitet.  Sein  werk  würde,  wäre  auch  nur  ein  einigermaßen' 
nennenswerther  theil  in  originaler  fassung  erhalten,  bis  auf  äu- 
ßerlichkeiten  herab,  in  der  bücherzahl  und  der  disposition  des 
Stoffs,  wie  im  ton  der  behandlung  desselben  und  in  der  art  der 
polemik,  voraussichtlich  geradezu  überraschende  analogien  zu 
demjenigen  des  Polybios  ergeben ,  und  darin  wäre ,  wie  in  dem 
umstand ,  daß  letzterer  doch  direct  an  die  von  Timaios  behan- 
delte zeit  anknüpfte,  seinerseits  schon  die  beste  thatsächliche  an- 
erkennung  für  denselben  ausgesprochen. 

Selbstverständlich  hört,  wenn  wir  in  Timaios'  werk  für  die 
von  ihm  behandelte  zeit  eine  quelle  von  gleichem  rang  erkennen, 
wie  in  demjenigen  des  Polybios  für  die  seinige,  das  amt  der  sach- 
lichen kritik  jenem  gegenüber  ebensowenig  auf,  wie  das  gegen- 
über dem  letzteren  selbst  von  seinen  aufrichtigsten  Verehrern 
je  gefordert  worden  ist.  Nur  wird  sie  ihre  kriterien  in  keiner 
weise  dem  gebiete  entnehmen,  auf  welchem  Polybios  mit  seiner 
polemik  gegen  Timaios  fußte.  Diese  ist  vielmehr  von  rein  pa- 
thologischem interesse  mit  bezug  auf  ihren  Urheber.  Sie  erklärt 
sich  für  den,  der  sich  in  Polybios'  Stellung  nur  einigermaßen  zu 
denken  versteht  —  und  das  material  dazu  giebt  derselbe  in  aus- 
reichendem maße  —  ohne  große  Schwierigkeit,  übrigens  auch 
ohne  daß  sein  gesammtwerth  dadurch  wesentlich  alterirt  würde ; 
aber  sie  ist  auch  ebendeswegen  s.  v.  Polybios,  nicht  mehr  s.  v. 
Timaios,  weiter  zu  behandeln.  Otto  Meltser. 

36.  Theodor  Bergk,  Fünf  abhandlungen  zur  geschichte 
der  griechischen  philosophie  und  astronomie.  Herausgegeben  von 
Gustav  Hinrichs.     Leipzig,  Fues's  verlag  1883.     189p.    8- 

Diese  fünf  abhandlungen  des  verstorbenen  Bergk,  deren 
Veröffentlichung  wir  der  treuen  mühwaltung  Gustav  Hinrichs' 
verdanken ,  bilden  den  würdigen  abschluß  einer  langen  und 
fruchtbaren  forscherthätigkeit.  Lassen  sie  in  beziehung  auf  for- 
melle durchfeilung  und  abrundung  hie  und  da  auch  die  letate 
hand  vermissen,  so  bringen  sie  doch  das  sachliche  fast  durchweg 
voll  und  klar  zur  geltung,  wie  sie  denn  ohne  ausnähme  die  ei- 
genthümlichen  Vorzüge  aller  Bergkschen  arbeiten  erkennen  lassen : 
ein  weit  ausgebreitetes  lebendiges  und  schlagfertiges  wissen,  ver- 
bunden   mit   einer    regen    combinationsgabe    und  unermüdlichem 


Nr.   4.  36.  Plato.  191 

Spürsinn,  der  sich  durch  die  trümmerhaftigkeit  der  Überlieferung 
eher  gereizt,  als  abgeschreckt  fühlt.  Wir  legen  der  besprechung 
dieser  wichtigen  Untersuchungen ,  die  zum  größeren  theil  der 
alten  philosophie,  und  hier  im  besonderen  wieder  der  platonischen 
forschung  zu  gute  kommen,  diejenige  Ordnung  zu  gründe,  in 
der  sie  uns  in  dem  buche  geboten  werden.  Der  erste  aufsatz 
handelt  über  die  abfassungszeit  des  Theätet. 

Die  endlosen  versuche,  die  schriftstellerei  des  Plato  auf  ei- 
nen chronologischen  faden  aufzureiben ,  müssen  durch  ihre  viel- 
fach widerspruchsvollen  und  sich  gegenseitig  aufhebenden  ergeb- 
nisse  auf  den  ferner  stehenden  Zuschauer  den  eindruck  machen, 
als  quäle  man  sich  an  einer  wahren  Sisyphusarbeit  ab.  Sieht 
man  indeß  näher  zu,  so  bemerkt  man,  daß  der  mangelhafte  er- 
folg dieser  bemühungen  nur  zum  theil  in  der  natur  der  aufgäbe 
überhaupt ,  zum  größeren  theil  vielleicht  in  der  untauglichkeit 
der  mittel  ihren  grund  hat,  die  man  zu  ihrer  lösung  angewandt 
hat.  So  viel  scheint  angesichts  des  angehäuften  „schätzbaren 
materials"  sicher,  daß  die  für  eine  bestimmte  reihenfolge  geltend 
gemachten  gründe  um  so  weniger  wirkliche  beweis-  und  Über- 
redungskraft haben ,  je  ausschließlicher  sie  den  inneren  bezie- 
hungen  des  lehrgehaltes  der  einzelnen  dialoge  auf  einander  und 
dem  gegenseitigen  verhältniß  der  darin  sich  kundgebenden  phi- 
losophischen Standpunkte  entnommen  sind.  Nicht  als  ob  die 
aufspürung  und  erörterung  dieser  beziehungen  überhaupt  zu  ver- 
schmähen wäre.  Allein ,  soweit  es  auf  erledigung  der  hier  be- 
rührten frage  ankommt ,  steht  diese  aufgäbe  nicht  am  anfang, 
sondern  in  gewisser  weise  erst  am  ende  der  Untersuchung ;  sie 
setzt  streng  genommen  die  wenigstens  theilweise  lösung  derselben 
schon  voraus.  Denn  irre  ich  nicht,  so  liegt  die  sache  doch  so : 
man  will  ein  bild  der  inneren  entwicklung  Piatos  und  seines 
philosophischen  denkeus  gewinnen.  Das  aber  ist  nur  möglich, 
wenn  man  die  kenntniß  der  äußeren  reihenfolge  der  Schriften 
besitzt ,  in  denen  diese  entwickelung  ihren  ausdruck  gefunden. 
Sucht  man  nun  diese  kenntniß  lediglich  durch  vergleichung  des 
philosophischen  gedankengehaltes  zu  gewinnen,  so  kann  das  nur 
geschehen  auf  grund  einer  schon  vorgefaßten  Vorstellung  von 
dem  allmählichen  Werdegang  der  platonischen  philosophie ,  mit 
andern  Worten  nur  durch  eine  petitio  principii  Nun  ist  allerdings 
zuzugeben,  daß,  wenn  erst  auf  anderem  wege ,  sei  es  durch  be- 

14* 


192  36.  Plato.  Nr.  4. 

nutzung  einer  unmittelbaren  Zeitangabe,  sei  es  durch  historische 
combination ,  ein  oder  der  andere  sichere  punkt  gewonnen  ist, 
jene  dem  inneren  gehalt  zugewandte  betrachtungsweise  helfend 
und  weiterführend  eintreten  kann.  Aber  sie  darf  weder  zum 
ausgangspunkt  der  ganzen  Untersuchung  gemacht,  noch  für  sich 
allein  angewandt  werden.  So  willkommen  also  auch  ihre  ergeb- 
nisse  entweder  als  mittelglieder  der  Untersuchung,  oder  als  be- 
stätigendes moment  am  ende  derselben ,  als  eine  probe  auf  die 
rechnung  sein  mögen,  so  bieten  sie  doch  für  sich  allein  keine 
ausreichende  handhabe,  um  des  gesuchten  gegenständes  herr  zu 
werden.  Sie  gewähren ,  selbst  angenommen ,  daß  sie  für  ihren 
Standpunkt  nicht  verzeichnet  sind,  doch  nur  perspectivische  an- 
sichten,  die  je  nach  dem  gesichtspunkt,  aus  dem  sie  genommen, 
die  nämlichen  gegenstände  bald  größer,  bald  kleiner,  bald  näher, 
bald  ferner,  bald  mehr  auseinander  gerückt,  bald  enger  zusam- 
mengeschoben erscheinen  lassen.  Damit  aber  ist  offenbar  noch 
nicht  erreicht,  was  wir  suchen :  wir  brauchen  eine  geometrische 
prqjection  ,  welche  die  angäbe  der  wirklichen  abmessungen  zum 
zwecke  hat  und  in  der  sich  die  läge  der  einzelnen  theile  und 
ihre  wechselseitigen  entfernungen  bestimmt  und  objectiv  fest- 
stellen lassen.  Mit  einem  wort ,  wir  müssen  bestimmte  äußere 
merkmale  zu  gewinnen  suchen,  um  uns  die  sicheren  standlinien 
zu  schaffen ,  von  denen  aus  wir  die  weiteren  abmessungen  vor- 
nehmen können.  Diese  äußeren  merkmale  aber  können  in  er- 
ster linie  keine  anderen  als  rein  historische  data  sein.  Gelingt 
es,  die  beziehung  auf  ein  fest  datirbares  zeitereigniß  festzustellen, 
so  ist  damit  ein  sicherer  halt,  gewissermaßen  eine  trigonome- 
trische Station  geschaffen. 

Erst  in  zweiter  linie  können  sprachliche  beobachtungen  und 
kriterien  in  betracht  kommen,  eine  behauptung,  die  selbst  gegen- 
über den  ausgezeichneten  und  dankenswerthen  Untersuchungen 
Dittenbergers  aufrecht  erhalten  werden  muß.  Denn  ist  für 
mich  auch  die  theilung  in  die  zwei  großen  gruppen,  die  er  un- 
terscheidet ,  vollkommen  überzeugend ,  so  muß  doch  einerseits, 
um  das  zeitverhältniß  der  gruppen  zu  einander  zu  bestimmen, 
schon  anderweitig  ein  und  das  andere  datum  gegeben  sein,  wi- 
drigenfalls man  nicht  entscheiden  könnte,  ob  nicht  beide  ihren 
platz  zu  vertauschen  haben.  Und  zweitens  ist  innerhalb  jeder 
der  beiden  gruppen  die  anordnung  rein  nach  sprachlichen  krite- 


Nr.  4.  36.  Plato.  193 

rien  höchst  unsicher  und  überhaupt  auf  diese  weise  kaum  end- 
gültig festzustellen.  Wenigstens  führt  die  bloß  statistische  ver- 
gleichung  der  häufigkeit  des  Vorkommens  gewisser  partikelver- 
bindungen  zu  recht  willkürlichen  und  mechanischen  ansätzen. 
Ich  will  dies  nur  an  einem  beispiel  erläutern.  Die  echtheit  des 
Parmenides  bezweifelt  zwar  Dittenberger ,  doch  stellt  er  ihn, 
seine  echtheit  vorausgesetzt ,  nach  seinen  sprachlichen  kriterien 
in  die  letzte  zeit  der  platonischen  schriftstellerei.  Ich  bin  nicht 
der  meinung ,  daß  dem  Plato  eine  perle  aus  der  kröne  gerissen 
werde,  wenn  ihm  dieser  dialog  genommen  wird,  würde  mich  viel- 
mehr, wenn  er  ihm  einmal  abgesprochen  wird,  freuen,  wenn  dies 
in  unwiderleglichster  weise  geschähe ,  auf  daß  er  aufhöre ,  den 
platonikern  indigestionen  zu  bereiten.  Läßt  man  aber  den  Plato 
weiter  vatersteile  an  dem  dialog  vertreten ,  so  liegt  nicht  der 
mindeste  grund  vor,  den  Parmenides  unter  die  letzten  Schriften 
zu  verweisen.  Vor  allem  kein  sprachlicher  grund.  Denn  ist  es 
auch  an  sich  richtig,  daß  der  Parmenides  die  Verbindungen  xal 
prqv  und  aü.a  fit]*  verhältnißmäßig  in  ungleich  größerer  fülle 
hat ,  als  die  Republik ,  der  Phädrus  und  der  Theätet ,  so  ist  es 
doch  ganz  ungerechtfertigt ,  daraus  irgend  welchen  Schluß  auf 
die  abfassungszeit  desselben  im  verhältniß  zu  den  genannten 
dialogen  zu  machen.  Es  muß  doch  vor  allem  der  Charakter  des 
gespräches  beachtet  werden  :  als  eine  yvfivaaia  kündigt  er  sich 
bestimmt  genug  p.  135.  C.  D  an,  und  als  ein  ganz  streng  ab- 
gemessenes, nach  festem  und  regelmäßigem  plane  durchgeführtes, 
in  stereotypen  formen  sich  bewegendes  exercitium,  das  man  sich 
versucht  fühlt  mit  den  touren  eines  contretanzes  zu  vergleichen, 
stellt  er  sich  in  der  that  dar.  Wie  man  es  also  als  Zuschauer 
auf  dem  exercirplatz  ganz  selbstverständlich  findet,  wenn  man 
innerhalb  einer  reihe  von  evolutionen,  die  alle  aus  den  gleichen 
elementen ,  wenn  auch  in  immer  neuen  Zusammensetzungen  be- 
stehen, wieder  und  wieder  die  nämlichen  Wendungen  und  bis 
zum  Überdruß  die  nämlichen  commandos  hört,  so  ist  es  auch 
kein  wunder,  wenn  in  unserem  dialog  die  einführungen  und  Wen- 
dungen der  Schlußfolgerungen,  die  xai  ni]v  und  aXXa  [t-qv  in  so 
gehäufter  zahl  unser  ohr  treffen.  Und  dabei  ist  wohl  zu  be- 
achten, daß  diese  -mu  ptjv,  dlXä  firjr ,  ti  [itjv,  ye  \ii\v  und  auch 
ovds  prjv  (Dittenberger,  Hermes  16,  323  anmerk.  2)  bis  auf  ein 
einziges  «JA«  ycrp   —   und  auch  dies  im  munde  des  Parmenides  — 


194  36.  Plato.  Nr.  4. 

sammt  und  sonders  im  zweiten  theile  des  dialogs  sich  finden, 
in  dem  Plato  genau  die  formen  der  eleatisch  -  megarischen  dia- 
lektik  nachahmt.  Eben  aus  dem  letzteren  umstand  erkläre  ich 
mir  den  gebrauch  des  dlXti  \ti\v  im  Syllogismus;  denn  ich  finde 
es  gar  nicht  unwahrscheinlich ,  daß  dieser  gebrauch  eben  der 
eleatischen  und  megarischen  schule  seine  ausprägung  verdankt *). 

1)  Der  gebrauch  von  dkkd  fifjv  im  Syllogismus  findet  sich  schon 
bei  Melissos  Simplic.  in  Arist.  Phys.  fol.  22b  s.  Mullach  Fragm. 
phil.  I,  p.  261.  Bewegt  sich  die  argumentation  in  diesem  bruchstück 
auch  nicht  in  einfachen  Schlüssen,  sondern  in  einer  schlußkette,  zum 
theil  mit  enthymematischer  Verkürzung,  so  ist  sie  doch  streng  syllo- 
gistisch  entworfen.  Und  was  hier  mit  dkkd  [ayjv  eingeführt  wird,  ist 
nichts  anderes ,  als  der  Untersatz  des  Schlusses ,  nur  daß  er  in  ver- 
kürzter form  gleich  mit  dem  Schlußsatz  verbunden  ist.  Melissos  näm- 
lich hat  erst  bewiesen,  tö  iöv  sei  utihqov,  und  weiter,  wenn  änttgov, 
so  sei  es  auch  tv.  Dann  fährt  er  fort:  dkkd  fiyv  tl  (?6  ibv)  dnetgov 
(Ion),  xal  dxivtjiöv  {l<sn),  denn  was  tv  ist,  muß  auch  dxivyTov  sein. 
Bringt  man  das  letztere  auf  die  regelrechte,  d.  h.  in  diesem  fall  die 
erste  schlußfigur,  so  lautet  der  Schluß:  to  tv  Icxt  dxivrjrov  •  dkkd  /utjv 
t6  ibv  tv  loxt,  xb  Ibv  dga  dxivtjTov.  Man  sieht,  es  ist  der  Untersatz  des 
Schlusses ,  der  bei  Melissos  mit  dieser  partikelverbindung  eingeführt 
wird,  nur  gleich  in  Verbindung  mit  dem  Schlußsatz,  was  für  das  wesen 
der  sache  völlig  gleich  ist.  Wer  das  dkkd  (xrtv  in  dem  einen  falle  brauchte, 
für  den  war  der  gebrauch  auch  in  dem  andern  falle  selbstverständ- 
lich, ohne  natürlich  für  einen  von  beiden  fällen  den  gebrauch  von  di 
auszuschließen,  das  bei  minder  kräftiger  rnarkirung  eintrat.  So  sagt 
Melissos  unmittelbar  vorher  bei  ganz  der  nämlichen  schlußweise  tl 
dt  dnttoov,  tv,  nicht  dkkd  fxrjv  tl  dnti.gov.  Wie  hier  in  der  schlußkette 
die  beiden  partikeln  wechseln ,  so  muß  es  auch  nach  allen  gesetzen 
der  analogie  im  einfachen  Schlüsse  gewesen  sein.  In  beiden  fällen 
ist  es  der  Untersatz,  um  dessen  einführung  es  sich  handelt.  Im  Par- 
menides  wechseln  beide  formen  des  Syllogismus,  der  einfache  schluß 
und  der  kettenschluß,  und  gerade  dieser  Wechsel  läßt  den  leser  recht 
deutlich  erkennen,  wie  selbstverständlich  der  gleiche  partikelgebrauch 
in  beiden  fällen  ist,  weil  eben  beidemal  die  nämliche  geistesoperation 
zu  gründe  liegt,  nur  in  etwas  veränderter  Ordnung.  Wenn  es  z.  b. 
Parm.  140  A,  in  der  form  genau  so,  wie  oben  bei  Melissos,  heißt: 
rov  yt  tvos  X^Q^S  iffdvtj  xtjv  rpvctv  xb  xavxöv.  'Akkd  /uyv  ti  n  nenov&t 
^wptff  rov  tv  ilvai  to  tv,  nktioj  dv  tlvat  ntnov&ot  y  tv  (die  übrigen  fälle 
von  dkkd  (jitjv  im  kettenschluß  sind  136  C,  140  C,  144  A,  162  C),  so 
zeigt  die  Verwandlung  in  die  regelrechte  form  der  ersten  schlußfigur 
wieder,  daß  dkkd  juyv  den  Untersatz  einführt.  Nämlich:  to  ntnov&ös 
Ti  #copt?  jov  tv  tlvat,  nkttta  dv  tlvat  ntnövftoi  ij  tv  dkkd  [xijv  xb  tv 
ninovS-i  ti  (nämlich  to  xavxöv  tlvai)  /oiglg  rov  tv  •  nktito  dga  tlvat  nt- 
nov&t  to  tv  %  tv.  Beide  fälle  lassen  sich,  wie  man  sieht,  inbeziehung 
auf  den  gebrauch  der  beregten  partikeln  gar  nicht  trennen. 

Fanden  nun  die  Megariker  dies  dkkd  fiqv  zur  einführung  des  Un- 
tersatzes abwechselnd  mit  de  schon  bei  ihren  meistern,  den  Eleaten, 
vor,  so  ist  es  bei  ihrer  übertriebenen  hervorkehrung  des  dialektischen 
und  syllogistischen  sehr  leicht  denkbar,  daß  gerade  sie  die  gelenk- 
bänder  des  Syllogismus  durch  gewiß  nicht  ausschließliche,  aber  häu- 
fige Verwendung  der  stärkeren  partikeln  möglichst  kräftig  zu  marki- 
ren  suchten.    Bei  schulmäßigem  betrieb  der  eristischen  dialektik,  die 


Nr.  4.  36.  Plato.  195 

Aus  alle  dem  ergibt  sich ,  daß  bei  aller  richtigkeit  der  Ditten- 
bergerscben  beobachtungen  für  sich ,  der  Parmenides  doch  eben 
so  gut  an  den  anfang  wie  an  das  ende  der  zweiten  schriftstel- 
lerischen periode  des  Plato  fallen  kann.  Ueberhaupt  wird  die 
rücksicht  auf  das  von  Plato  beabsichtigte  individuelle  colorit 
noch  zu  mancher  beschränkung  und  modification  der  Dittenber- 
gerschen  aufstellungen  führen.  Sehr  richtig  und  völlig  unab- 
hängig von  Dittenberger  macht  z.  b.  Bergk  p.  112  anmerk.  2 
dieser  abhandlungen  auf  den  öfteren  gebrauch  von  rC  [u\v  in  den 
gesetzen  gerade  im  munde  des  Kreters  und  des  Lakonen 
aufmerksam. 

Eine  objective  historische  Zeitbestimmung  wird  also  immer 
den  relativ  größten  werth  behaupten.  Der  werth  aber  einer  si- 
cheren datirung  wird  dann  um  so  höher  anzuschlagen  sein,  wenn 
sie  einen  dialog  betrifft ,  dessen  chronologische  fixirung  den  si- 
cheren terminus  a  quo  für  eine  reihe  anderer  dialoge  bildet.  Das 
ist  bekanntlich  mit  dem  Theätet  der  fall  und  darum  ist  es  be- 
greiflich ,  daß  sich  die  aufmerksamkeit  und  der  spüreifer  der 
forscher  gerade  diesem  dialog  in  den  letzten  jähren  mit  beson- 
derer Vorliebe  zugewandt  hat.  Und  zwar  hat  es  ein  eigenthüm- 
licher  zufall  gefügt,  daß  durchaus  unabhängig  von  einander  zwei 
scharfsinnige  gelehrte  ganz  den  nämlichen  weg  einschlugen,  um 
zu  einer  chronologischen  eingrenzung  zu  gelangen.  Etwa  um 
dieselbe  zeit ,  als  E  o  h  d  e'  s  aufsatz  in  Fleckeisens  Jahrbüchern 
1881,  p.  321  ff.  erschien,  starb  Bergk,  dessen  nachgelassener 
aufsatz  sich  auf  der  nämlichen  grundlage  aufbaut,  wie  der  Roh- 
desche.  Durch  diese  wenigstens  hinsichtlich  der  grenze  ,  hinter 
welche  der  Theätet  auf  keinen  fall  zurückgelegt  werden  kann, 
zu  völlig  gleichen  resultaten  führenden  Untersuchungen  ist  unser 

das  syllogistische  verfahren  weit  über  seinen  wahren  werth  hinaus- 
hob, mußte  sich  das  wie  von  selbst  machen.  Allein  dem  sei,  wie  ihm 
wolle,  so  viel  ist  sicher,  daß  der  in  frage  stehende  gebrauch  von  älXä 
fxrjv  schon  dem  Melissos  nicht  fremd  war.  Was  für  unsern  dialog  dar- 
aus folgt,  ist  im  text  angedeutet. 

Doch  wozu  sich  weitläufig  auf  Megariker  und  Eleaten  berufen, 
wo  doch  die  berufung  auf  Plato  selbst  vollauf  genügt?  Braucht 
Plato  nicht  auch  in  andern  dialogen  als  dem  Parmenides  dies  dkXa 
firjv  im  schluß  zur  einführung  des  Untersatzes?  Zweifellos!  Es  findet 
sich  im  stricten  schluß  z.  b.  Soph.  228  C,  und,  wenn  Galen  de  placit. 
Hippocr.  et  Plat.  V,  729  Kühn,  wie  ich  glaube,  recht  hat,  auch  Phaedr. 
262  A.  Für  stellen  dieser  art  reicht  die  Unterscheidung  zwischen  regel- 
rechten Syllogismus  und  fortschreitender  gesprächsentwicklung nicht  aus. 


196  36.  Plato.  Nr.  4. 

dialog  in  der  that  nach  der  einen  seite  hin  so  festgelegt,  daß 
ein  versuch,  ihn  wieder  in  das  jenseitige  gebiet  hinüberzuziehen, 
schwerlich  auf  erfolg  rechnen  kann :  wenigstens  scheint  mir  das 
seil,  mit  dem  er  festgeschlungen  ist,  stark  und  widerstandsfähig, 
und  nicht,  wie  des  Hudibras  strick,  aus  sand  gedreht  zu  sein. 

Rohde  schließt  folgendermaßen :  jene  worte  des  schönen 
zwischengespräches  über  den  gegensatz  des  redners  und  des  phi- 
losophen,  in  denen  auf  den  ahnenstolz  gewisser  fürsten  und  de- 
ren rednerische  Verherrlichung  angespielt  wird  (174  D),  kommen 
nur  dann  zu  ihrem  recht,  wenn  man  sie  auf  einen  herrscher  be- 
zieht, der  ein  Zeitgenosse  Piatos  war.  Das  kann  aber  aus  si- 
cheren gründen  kein  anderer  sein,  als  Agesilaos,  wenigstens 
kein  früherer  als  er.  Eine  lobrede  auf  ihn  kann  aber  nicht  vor 
dem  Euagoras  des  Isokrates  geschrieben  sein ,  da  in  seinem 
Euagoras  Isokrates  ausdrücklich  bemerkt ,  daß  dies  der  erste 
versuch  sei,  einen  Zeitgenossen  in  einer  prosaischen  lobrede  zu 
verherrlichen.  Da  der  Euagoras  aber  nach  374  v.  Chr.  ge- 
schrieben ist ,  so  muß  auch  der  Theätet  nach  diesem  jähre  ge- 
schrieben sein,  vielleicht  sogar  nicht  unerhebliche  zeit  später. 
Wenigstens  könnten  für  eine  ein  gut  theil  spätere  abfassung 
mancherlei  gründe  geltend  gemacht  werden,  wenn  gleich  dieselben 
nicht  zwingender  natur  sind. 

So  weit,  d.  h.  gerade  bis  dahin,  wo  Rohde  aufhört,  stimmt 
Bergk's  Untersuchung  im  wesentlichen  mit  Rohde  überein.  Allein 
Bergk  geht  weit  über  Rohde's  vorsichtige  ansätze  hinaus.  Denn 
er  läßt  erstens  jenes  syxoo/xiov ,  auf  das  sich  die  platonischen 
worte  beziehen ,  erst  nach  dem  tode  des  Agesilaos  geschrieben 
sein.  Sodann  will  er  die  bitteren  bemerkungen  des  Plato  über 
die  unbeholfenheit  des  philosophen  vor  gericht  im  gegensatz  zu 
der  pfiffigkeit  und  um  die  wirksamen  mittel  nie  verlegene  welt- 
gewandtheit des  redners  auf  ein  Plato  selbst  widerfahrenes  be- 
gegniß  dieser  art  beziehen.  Dies  aber  findet  er  in  dem  proceß 
des  Chabrias  363  v.  Chr.,  an  dem  sich  Plato  zu  gunsten  des 
Chabrias  betheiligt  habe.  Die  dabei  gemachten  unerfreulichen 
persönlichen  erfahrungen  sollen  aus  den  worten  der  stelle  un- 
zweideutig herausklingen.  Damit  aber  noch  nicht  genug:  auch 
zwischen  diesem  erlebniß  und  der  abfassung  des  dialogs  soll 
noch  ein  Zeitraum  von  7  bis  8  jähren  liegen ,  so  daß  wir  also 
in  die   allerletzte   lebenszeit   des    philosophen   verwiesen  werden. 


Nr.  4.  36.  Plato.  197 

Die  worte  nämlich  174  D  enthalten  nach  Bergk  entschieden  eine 
anspielung  auf  den  zweiten  aufenthalt  Piatos  in  Syrakus  und 
seinen  mißerfolg  am  dortigen  hof.  Die  veranlassung  aber  zu 
dieser  apologie  soll  ihm  gegeben  worden  sein  durch  einen  schar- 
fen angriff  des  Isokrates.  Ueber  das  verkältniß  dieses  redners 
zu  Plato  handelt  sodann  der  lang  ausgesponnene  letzte  theil  der 
scharfsinnigen  abhandlung,  wobei  noch  mancher  wichtige  beitrag 
zur  Chronologie   der  platonischen   dialoge  beigebracht  wird. 

Ich  vermag  mir  die  folgerungen  des  ausgezeichneten  for- 
schers  nur  so  weit  anzueignen,  als  er  mit  Rohde  zusammengeht. 
Seinen  weiteren  kühnen  combinationen  kann  ich  schon  aus  dem 
gründe  nicht  folgen,  weil  der  ausdruck  atiin'i  i-uftai ,  über  den 
sich  eine  polemik  zwischen  Susemihl  und  Rohde  erhoben  hat, 
deutlich  darauf  hinweist ,  daß  die  betreffende  lobrede  noch  zu 
lebzeiten   des  Agesilaos  geschrieben  ist. 

War  es  in  diesem  ersten  aufsatz  ein  rein  zufälliges  zusam- 
mentreffen ,  das  den  verdienten  Veteranen  mit  einem  jüngeren 
forscher  auf  die  gleiche  bahn  führte,  so  verdankt  die  zweite  ab- 
handlung über  „Piatons  Gesetze"  geradezu  ihre  entstehung 
der  arbeit  eines  jungen  gelehrten  über  dies  letzte  werk  Piatos, 
nämlich  der  schrift  von  Ivo  Bruns  ,, Piatos  Gesetze  vor  und  nach 
ihrer  herausgäbe  durch  Philippus  von  Opus,  Weimar  1880". 
Eilte  Bergk  im  ersten  aufsatz,  von  den  gleichen  schranken  aus- 
laufend ,  mit  fast  jugendlicher  Schwungkraft  weit  über  seinen 
jüngeren  genossen  hinaus ,  so  zeigt  er  sich  in  der  zweiten  ab- 
handlung zwar  gerade  so  kühn,  wie  es  dem  forscher  ziemt,  aber 
doch  dem  jüngeren  gegenüber  im  ganzen  mehr  einschränkend, 
hemmend  und  am  gegebenen  festhaltend. 

Bruns  hat  mit  scharfem  blicke  erkannt,  daß  in  dem  großen 
nachgelassenen  werke  Piatos  bestandtheile  vereinigt  und  in  ein- 
ander gefügt  sind  ,  die ,  wenn  sie  auch  in  der  hauptsache  von 
Piatos  hand  herrühren,  doch  in  der  Zusammensetzung,  in  welcher 
sie  uns  vorliegen,  unmöglich  von  Plato  selbst  gedacht  sein  können. 
Treffend  weist  er  nach,  daß  es  mehrere,  auf  völlig  verschiedener 
grundanschauung  beruhende  entwürfe  sind ,  die  sich  in  unserem 
werke  durchkreuzen  und  mehr  oder  weniger  mechanisch  in  ein- 
ander verarbeitet  sind.  Im  Zusammenhang  damit  stellt  er  die 
kriterien  fest,  die  für  die  Unterscheidung  derselben  maßgebend 
sind    und    führt    die    sonderung    der  massen  im   einzelnen   durch. 


198  36.  Plato.  Nr.  4. 

Es  ergiebt  sich   auf  diese  weise,  daß  an  eine  in  sich  zusammen- 
hängende und  zusammenstimmende    hauptmasse,    gebildet    durch 
den  größten  theil  der  bücher  III — XII  sich  schlingpflanzenartig 
andere  bestandtheile  angesetzt  haben,  vor  allem  buch  I  und  II, 
sodann  partien  des   5.  und  12.  buches.     Inder  hauptsache  stammt 
auch  das ,   was    sich   als  dem  grundstock  unseres  werkes  fremd- 
artig erweist,  nach  Bruns  von  Plato  selbst;    es  ist  ein  früherer, 
ihn    nicht    befriedigender    und    darum    zurückgelegter    entwurf. 
Daneben  aber  glaubt  er  doch   in  ziemlichem   umfang  auch  selb- 
ständige zuthaten  und    gedanken  des   herausgebers  Philippos  zu 
erkennen.     Dies    im  großen  und  ganzen  die  ansieht  von  Bruns. 
Stimmt  nun  Bergk  in  der  frage  quid  facti,  d.  h.  in  der  an- 
erkennung    des    mit   einander  unverträglichen  und  in  der  Schei- 
dung der  massen  im  wesentlichen  mit  Bruns  überein  ,  so  weicht 
er  um  so  entschiedener  in  der  frage  quid  iuris,  d.  h.  in  der  er- 
klärung  der  so  erkannten  thatsachen  von  ihm  ab.     Wenn  Bruns 
der  meinung  ist,  die  mit  der  hauptmasse  nicht  zu  vereinbarenden 
bestandtheile  seien,    abgesehen    von  den  Zusätzen  des  Philippus, 
frühere  anlaufe  Piatos,  von  deren  fruchtlosigkeit  er  sich  im  ver- 
laufe der  arbeit  überzeugt  habe ,  so  meint  Bergk  in  dem  werke 
selbst    den    deutlichen   hinweis  darauf  zu  finden ,    daß  Plato  die 
bestimmte  absieht  gehabt  und  durchgeführt  habe,  nach  der  Jlo- 
XiTEi'n  in  einem  großen  zweigeteilten  werke  zwei    weitere ,    der 
Wirklichkeit  sich  progressiv  nähernde  Verfassungen  zu  schildern, 
von  denen  die  eine  zwischen  dem  ideal  und  der  Wirklichkeit  die 
mitte  halten,  die  andere  auf  dem  boden  der  Wirklichkeit  stehen 
sollte.     Die  zwei  vor  allem  entscheidenden  stellen  für  diese  auf- 
fassung    sind  V,  739    (vgl.  p.  48)   und   III,   682    (vgl.  p.  112), 
die  allerdings  kaum  einer  andern  deutung  räum  lassen,  als  der 
Bergkschen.     Danach  wäre  es  die  absieht  des  Verfassers  gewesen, 
in  einem  großen    werke    zunächst    eine    nolnsia  devrega ,    von 
Bergk  passend  Nöuoi  noörsgot  genannt,    sodann  eine  tqi'tt]  no- 
lizeia,    als  Nofiot.  devtsgoi    von  Bergk  bezeichnet,   zu  schildern. 
Das  geht  aus  der  stelle  des  5.  buches  klar  hervor,    welche  .un- 
zweideutig von  einer  agiairj,    einer  dsvre'ga  und  einer  Tglttj  no- 
lirsia  spricht,    die    er   theils    dargestellt    habe,    theils  darstellen 
werde.     Nach  dem  Zusammenhang,  in  dem  sich  die  betreffenden 
worte  finden,  mußte  man,  unaufgeklärt  über  die  composition  des 
ganzen,  annehmen,    daß  eben  die  Schilderung,    innerhalb  deren 


Nr.  4.  36.  Plato.  199 

sie  stehen,  nämlich  der  Verfassungsentwurf  der  neu  zu  gründenden 
kretischen  kolonie,  die  dtvrfoa  nolirsla  sei,  und  daraus  ergab 
sich  die  weitere  annähme,  daß  Plato  das  versprechen  einer  zqi'tij 
no).i7?ia  nie  eingelöst  habe.  Allein  das,  was  Plato  hier,  an- 
geblich als  8tV7FQrt  nnXizsia  gegeben  hat,  entspricht  in  keiner 
weise  dem  b  egriff  dieses  zweiten  Staates,  den  er  selbst  ge- 
kennzeichnet hat.  Denn  die  Schilderungen ,  weit  entfernt  sich 
dem  begriff  der  8tv7ina  no\i7tla  gemäß  dem  idealstaat  noch  ver- 
hältnißmäßig  nahe  zu  halten,  lehnen  sich  fast  durchweg  an  die 
Wirklichkeit  an ,  wie  schon  Aristoteles  bemerkte.  Für  die  ver- 
sprochene dritte  Verfassung  blieb  also  sachlich  gar  kein  räum 
mehr.  Das  gegebene  kann  selbst  nichts  anderes  als  dieser  dritte 
Staat  sein :  die  Verfassung  der  kretischen  kolonie  ist  die  ver- 
sprochene 7oirr\  nnXntia  und  jene  worte  des  5.  buches  gehören 
demnach  ursprünglich  nicht  hierher,  sondern  in  die  tjqÖisqoi  vöfioi. 
Das  unterscheidende  hauptmerkmal  für  die  nporsooi  und  Ssvtsqoi 
vöfini  ist  dies,  daß  die  ersteren  an  die  bestehende  kretische  und 
spartanische  Verfassung  anknüpfen,  deren  bestimmungen  zum  aus- 
gangspunkt  für  reformen  im  ganzen  noch  mehr  idealer  natur 
gemacht  werden,  die  letzteren  dagegen  den  entwurf  für  eine  ganz 
neu  zu  gründende,  dem  leben  sich  entschieden  annähernde  ko- 
lonie entwickeln.  Jede  von  beiden  hatte  u.  a.  ihre  besonderen 
einrichtungen  für  trinkvereine.  Und  Plato  bezieht  sich  ,  wie 
Bergk  meint,  in  den  Ssviepm  vnßoi  ausdrücklich  auf  die  ver- 
wandten bestimmungen  darüber  in  den  tiq/itsooi  vöftoi.  „Daraus 
erhellt,  daß  nach  Piatos  intention  die  beiden  abtheilungen  der 
vn/itni  ein  zusammenhängendes  werk   bilden  sollten",     (p.   71). 

Daß  Plato  auch  die  nnörsoni  vofioi,  von  denen  uns  jetzt 
nur  noch  trümmer  vorliegen ,  in  allem  wesentlichen  vollendet 
habe ,  sucht  Bergk  durch  den  nachweis  wahrscheinlich  zu  ma- 
chen, daß  in  den  dsvtsgoi  vouoi  durchweg  bezug  genommen  wird 
auf  den  ersten  theil,  wie  sich  denn  mehrfach  Verweisungen  auf 
verloren  gegangene  partien  der  tiq^t^qüi  vo/ioi  finden  (vgl.  u. 
a.  p.  115).  Durch  einen  unglücklichen  zufall  muß  der  größere 
theil  der  letzteren  vernichtet  worden  sein. 

Dies  die  ebenso  einfache  wie  scharfsinnige  lösung  des  räth- 
sels,  die  Bergk  gibt,  und  die  für  mich  völlig  überzeugend  wäre, 
wenn  nicht  eben  jener  „unglückliche  zufall"  als  ein  factor  mit 
in  die  rechnung  aufgenommen  werden  müßte.     Abgesehen  davon 


200  36.    Plato.  Nr.  4. 

scheint  mir  die  Bergksche  bypothese  vor  der  Brunsschen  den 
Vorzug  zu  verdienen.  Je  natürlicher  und  leichter  sich  nach  der 
ersteren  der  scheidungsproceß  vollzieht,  je  ungesuchter  sich  vor- 
kommende Verweisungen  und  beziehungen  erklären ,  die  für  Un- 
tersuchungen der  vorliegenden  art  ja  in  gewisser  weise  die  an- 
gelpunkte  bilden,  um  so  mehr  hat  sie  anspruch  auf  Wahrschein- 
lichkeit. Je  gewaltsamer  anderseits  nach  der  zweiten  vielfach 
verfahren  werden  muß,  um  ihr  zu  ihrem  rechte  zu  verhelfen,  je 
öfter  namentlich  der  Zusammenhang  einer  an  sich  ganz  unver- 
dächtigen stelle  durch  herausreißen  eines  gliedes  aus  der  kette, 
das  sich  der  theorie  nicht  fügen  will,  gestört  werden  muß  (vgl. 
namentlich  p.  112  und  besonders  p.  113  anm.  2,  ferner  p.  115 
der  Bergkschen  abhandlung),  um  so  mißtrauischer  wird  man 
gegen  diesen  erklärungsversuch  werden.  Anscheinend  sehr  lä- 
stige Wiederholungen,  ungeschicktes  zurückgreifen  und  zurück- 
weisen auf  nahe  zuvor  verhandeltes  verlieren  ihr  störendes  durch 
die  annähme  Bergks ,  daß  die  betreffenden  partien  ursprünglich 
viel  weiter  von  einander  abstanden,  indem  sie  sich  auf  die  bei- 
den großen  massen  des  werkes  vertheilten.  Dann  war  die  rück- 
beziehung,  ebenso  wie  die  zum  theil  abweichende  fassung  der 
sache  erklärlich. 

Freilich  geht  es  auch  bei  Bergk  nicht  ohne  anwendung 
einiger  kräftigerer  mittel  ab,  wie  Streichung  von  tvv  und  afiix(j(S 
und  dgl.  bei  Verweisungen,  die  sich  nach  seiner  hypothese  auf 
weiter  zurückliegendes  beziehen  müssen.  Allein  das  nimmt  sich 
sehr  unschuldig  aus  gegenüber  der  gewaltsamkeit^  mit  der  Bruns, 
genöthigt  durch  seine  gesammtansicht  über  die  composition  des 
Werkes,  ganze  stellen  streicht  und  dem  Philippus  in  die  schuhe 
schiebt,  von  denen  man  sich  schwer  überzeugen  kann,  wie  Phi- 
lippus auf  ihre  abfassung  gekommen  sein  sollte. 

Und  dies  führt  auf  einen  andern  wichtigen  punkt,  nämlich 
auf  den  antheil,  welchen  Philippus  an  der  darstellung  hat.  Bruns 
sieht  sich  schon  aus  dem  oben  angeführten  gründe  genöthigt, 
diesen  antheil  nicht  ganz  gering  anzuschlagen.  Aber  er  setzt 
noch  weit  mehr,  als  bloße  Zwischenbemerkungen  und  Verwei- 
sungen auf  seine  rechnung.  Ganze  gedankenreihen,  wie  den 
Schluß  des  zweiten  buches,  soll  Philippus  auf  eigene  hand  hin- 
zugefügt haben.  Dem  tritt  Bergk  auf  das  entschiedenste  ent- 
gegen und  kann  das  mit  um  so  größerem  erfolg,  als  durch  seine 


Nr.  4.  36.  dtulihtQ.  201 

hypothese  eine  anzahl  ohne  sie  unerklärlicher  Verweisungen  sich 
von  selbst  erledigt.  Er  hat  von  der  pietät  des  herausgebers 
einen  ebenso  hohen ,  wie  Bruns  einen  niedrigen  begriff.  Nach 
Bergk  hat  Philippus  eigene  gedanken  so  gut  wie  gar  nicht  ein- 
gemischt, sondern  seine  ganze  aufgäbe  darin  erkannt,  das,  was 
er  von  Piatos  hand  vorfand ,  mit  möglichster  Schonung  zusam- 
menzufügen. Allerdings  hat  er  öfters  auf  eigene  hand  zusätze 
eingeschaltet,  aber  immer  nur  zum  zwecke  der  redaction,  um  die 
mangelnde  Verbindung  herzustellen,  um  seine  anordnung  der  ihm 
vorliegenden  bruchstücke  zu  rechtfertigen  u.  dgl.  „Alle  miß- 
griffe  des  Philippus  entspringen  aus  einem  irrthum ,  der  aller- 
dings folgenschwer  ward.  Er  hat  nicht  erkannt,  daß  er  zwei 
wesentlich  verschiedene  entwürfe  vor  sich  hatte,  welche  nach 
des  Verfassers  plane  ein  großes  zweitheiliges  werk  über  gesetz- 
gebung  bilden  sollten.  Der  versuch,  aus  diesen  disparaten  ele- 
menten  ein  einheitliches  werk  herzustellen ,  mußte  nothwendig 
mißlingen"   (p.   61.) 

Durch  die  arbeiten  der  beiden  gelehrten  ist  meines  erach- 
tens  die  frage  im  wesentlichen  gelöst  und  wird  auch  weitere 
forschung  noch  manche  einzelheiten  aufklären,  so  scheint  mir  doch 
die  arbeit  im  großen  vollendet. 

Noch  muß  ich  ein  versehen  berichtigen  ,  das  dem  heraus- 
geber  bei  diesem  aufsatz  untergelaufen  ist.  P.  66  nämlich  ist 
bei  dem  absatz  in  der  vorliegenden  fassung  eine  klaffende  lücke 
zu  bemerken.  Denn  nachdem  von  jenem  gleichniß  im  5.  buch 
die  rede  gewesen ,  wonach  das  gemeinwesen  ein  gewebe  sei, 
dessen  zettel  das  volk,  dessen  einschlag  die  Üqxmtss  bilden,  ist 
im  folgenden  absatz  von  einer  ganz  andern  Sache  ,  nämlich  von 
der  einrichtung  der  trinkgelage  die  rede,  und  doch  wird  einfach 
nur  von  „dieser  einrichtung"  gesprochen.  Offenbar  gehört  die- 
ser ganze  absatz  von  p.  66  bis  p.  68  entweder  hinter  den  fol- 
genden abschnitt,  der  ja  mit  seinen  anfangsworten  (p.  68  „buch 
I,  637  D  beginnt  die  erörterung  über  die  «f'tfr/'  etc.)  überhaupt 
erst  in  diesen  gegenständ  einführt,  oder  er  war  als  anmerkung 
zu  diesem  folgenden  abschnitt  unter  den  text  zu  setzen. 

Die  di  alt  in  «,*,  über  welche  der  dritte  aufsatz  handelt, 
sind  eine  unter  den  pythagoräischen  nachlaß  gerathene ,  kleine, 
im  dorischen  dialekt  abgefaßte  schrift  (Mullach,  Fragm.  phil.  I, 
p.   544  fi.),  über  deren  bedeutung  und  namentlich  über  ihr  ver- 


202  36.  Aristarchos  von  Samos.  Nr.  4. 

hältniß  zu  der  unter  des  Arcbytas  namen  gehenden  schrift  negl 
t<w  ovros  vor  allem  Gruppe  viel  abenteuerliches  zusammenge- 
fabelt hat.  Bergk  sucht  den  nachweis  zu  führen ,  daß  dies 
schriftchen  nichts  weniger  ist  als  ein  erzeugniß  pythagoräisiren- 
der  speculation ,  daß  es  vielmehr  aus  den  kreisen  jener  älteren 
Sophisten  hervorgegangen  ist,  die  um  die  wende  des  5.  und  4. 
Jahrhunderts  v.  Chr.  lebten.  Der  Verfasser  ist  nach  Bergk  ein 
Zeitgenosse  Piatos  gewesen  und  genauer  wird  als  zeit  der  ab- 
fassung  unseres  werkchens  durch  scharfsinnige  verwerthung  ei- 
niger andeutungen  das  jähr  383  v.  Chr.  ermittelt.  Nicht  niin- 
der  sicher  läßt  sich  nach  Bergk  der  ort  der  abfassung  bestim- 
men :  es  soll  Cypern  gewesen  sein.  Nicht  als  ob  der  Verfasser 
aus  Cypern  gebürtig  wäre,  sondern  er  hat  nur  dort,  wie  andere 
Sophisten,  sein  glück  versucht  und  sich  eine  zeit  lang  in  Salamis 
aufgehalten.  Daraus  erklärt  sich  auch  wahrscheinlich  der  do- 
rische dialekt.  „Denn  das  lehrbuch  war  für  seine  schüler  be- 
stimmt. Der  äolische  localdialect  der  dortigen  ansiedier  war 
für  diesen  zweck  nicht  zu  brauchen;  fehlt  doch  überhaupt  den 
Aeoliern  eigentlich  die  schriftmäßige  ausbildung  der  prosa.  Der 
sophist  bedient  sich  also  des  dorischen  dialektes,  da  dieser  den 
Aeoliern  verständlicher    war,    als  .die  ias  oder  atthis".  (p.   134.) 

Daß  die  schrift  sehr  mit  unrecht  unter  das  pythagoräische 
inventar  gestellt  worden  ist,  hat  Bergk  klar  nachgewiesen ;  ebenso, 
daß  sie  ein  erzeugniß  der  skeptischen  richtung  ist.  Daß  dies 
nicht  längst  schon  erkannt  worden,  kann  man  sich  nur  daraus  erklä- 
ren, daß  das  schriftchen ,  einmal  in  die  rumpelkammer  gestellt, 
überhaupt  wenige  leser  gefunden  hat.  Daß  aber  der  Verfasser 
den  älteren  Sophisten  beizuzählen  und  daß  seine  schrift  in  Cy- 
pern in  dem  besagten  jähre  abgefaßt  sei,  scheint  mir  wenigstens 
noch  nicht  so  sicher,  als  es  von  Bergk  hingestellt  wird. 

Sehr  zu  beachten  sind  die  bemerkungen,  die  Bergk  bei  die- 
ser gelegenheit  über  das  vorurtheil  gegen  den  nachlaß  der  py- 
thagoräischen  schule  macht,  die  er  keineswegs  geneigt  ist,  so 
kurzweg  und  unterschiedslos  für  gefälschtes  gut  zu  halten. 

Eine  ebenso  dankenswerthe  wie  schwierige  aufgäbe  hat 
Bergk  in  der  vierten  abhandlung  sich  gestellt  und  sie  nach  ihrer 
philologischen  seite  wohl  ziemlich  erschöpfend  gelöst :  eine  ge- 
schichte  der  heliocentrischen  hypothese  des  Aristarch  von 
Samos,    dieses  Kopernikus    des    alterthums.     Er    ist  es  in  der 


Nr.   4.  3G.   Aristarchos  von  Samos.  203 

that  gewesen,  der  neben  dem  gedanken  der  axendrehung  der 
erde  zuerst  den  von  der  jährlichen  bewegung  der  erde  um  die 
sonne,  der  dem  System  des  Philolaos  noch  durchaus  fremd  war, 
nach  mathematischen  und  erfahrungsmäßigen  principien  auf  die 
Sternkunde  anzuwenden  suchte.  Wir  fühlen  uns  von  bewunde- 
rung  erfüllt  für  den  geist  eines  mannes ,  der  den  muth  hatte, 
eine  idee  zu  fassen,  die  paradox  und  der  bisherigen  astronomie, 
ja  dem  himmel  selbst  widersprechend  schien.  Die  geistige  that 
eines  solchen  mannes  verdient  es,  daß  den  spuren  ihres  Ursprungs 
und  ihren  weiteren  Schicksalen  nachgegangen  werde.  Hat  Ari- 
starch  Vorläufer  gehabt,  die  ihm  den  rühm  der  entdeckung  strei- 
tig machen  könnten  ?  Oder,  wenn  dies  nicht,  hat  von  den  frü- 
heren vielleicht  irgend  einer  auf  seine  hypothese  eingewirkt  ? 
Sein  lehrer  Straton ,  der  peripatetiker,  sicherlich  nicht,  denn  er 
ließ  mit  Aristoteles  die  erde  ruhen.  Herakleides  Pontikus?  Er 
kennt  nur  eine  axendrehung  der  erde,  keine  fortschreitende  be- 
wegung ,  wenigstens  hat  er  eine  wissenschaftliche  begründung 
dieses  gedankens  nie  versucht.  Aber  er  hat  nach  gewissen  mit- 
theilungen  allerdings  im  vorübergehen  ,  mehr  als  eine  phantasie 
diesen  gedanken  hingeworfen  (p.  150)  und  mag  dadurch  immer- 
hin dem  Aristarch  die  anregung  zu  seiner  hypothese  gegeben 
haben.  Trotzdem  wäre  es  ganz  verkehrt,  wollte  man  behaupten, 
daß  Aristarch  von  ihm  sein  heliocentrisches  System  entlehnt  habe. 
Denn  so  weit  es  überhaupt  wissenschaftlich  ausgebildet  ward, 
war  es  zweifellos  das  verdienst  des  Aristarch.  „Er  fügt  zu  der 
täglichen  rotation  der  erde  um  ihre  axe  den  jährlichen  kreis- 
lauf  um  die  sonne  hinzu :  nicht  nur  der  himmel ,  sondern  auch 
die  sonne  steht  still,  und  zwar  im  centrum  des  weltgebäudes, 
während  man  bisher  diese  stelle  der  erde  angewiesen  hatte",  (p.  153.) 
Aber  die  hypothese  war  zu  kühn  und  widerstrebte  zu  sehr 
dem  zeugniß  der  sinne ,  als  daß  sie  auf  allgemeine  annähme 
hätte  rechnen  können.  Indeß  das  hätte  im  gründe  nur  den 
großen  häufen  der  laien  abhalten  sollen,  ihr  beizustimmen.  Wie 
kam  es  aber ,  daß  auch ,  mit  einziger  ausnähme  des  Seleukus, 
philosophen ,  mathematiker  und  astronomen  sich  ablehnend  ver- 
hielten ?  Den  wahren  grund  deutet  Bergk  nur  an :  ihn  weiter 
auszuführen,  ist  mehr  sache  des  astronomen,  als  des  philologen. 
Fragt  man  nämlich  :  welchen  praktischen  dienst  konnte  die  hy- 
pothese der  Sternkunde  leisten ,    so    lautet    die  antwort  durchaus 


204  86.  Philostratos.  Nr.  4. 

unbefriedigend.  Sie  war  namentlich  nicht  im  stände ,  die  Un- 
gleichheiten der  planetenläufe  zu  erklären  und  bot  für  die  be- 
rechnung  ihrer  bahnen  dem  astronomen  geringere  vortheile,  als 
die  geocentrische  hypothese.  Darum  blieben  die  beobachtenden 
astronomen,  wie  Hipparch,  der  alten  ansieht  treu,  ähnlich  wie  Tycho 
de  Brahe  sich  mit  dem  kopernikanischen  system  nicht  befreun- 
den konnte,  weil  es  vor  Keplers  entdeckungen  keine  größere, 
sondern  eine  geringere  Übereinstimmung  mit  dem  himmel  ge- 
währte, als  das  alte  System.  Es  fehlte  dem  Aristarch  der  Kepler, 
der  seine  hypothese  mit  dem  himmel  in  einklang  gesetzt  hätte. 
Diese  astronomische  seite  der  sache  hat  Bergk,  wie  gesagt,  nur 
angestreift.  Ihn  beschäftigt  in  erster  linie  die  philologische 
feststellung  dessen,  was  über  die  Stellung  der  einzelnen  gelehrten 
der  folgezeit,  des  Stoikers  Kleanthes,  des  Archimedes,  des  Krates, 
des  Hipparchos  zu  Aristarchs  hypothese  überliefert  ist.  Dabei 
kommen  recht  verwickelte  fragen  zur  erörterung,  wie  die  über 
die  textesgestaltung  des  Simplicius  in  dem  commentar  zu  Ari- 
stoteles nsgl  ovquvov  ,  über  den  Wortlaut  einiger  stellen  des  Ar- 
chimedes u.  a.,  deren  Überlieferung  der  emendationskunst  reich- 
lichen Spielraum  bietet.  Das  geschichtliche  ergebniß  ist  einfach 
dies ,  daß  Aristarchs  hypothese  einsam  und  für  die  astronomie 
wirkungslos  stehen  blieb ,  und  ,  fügen  wir  hinzu ,  auch  in  der 
folgezeit  stehen  geblieben  ist.  Denn  Kopernikus  hat,  so  viel 
wir  wissen,  ohne  irgend  welche  künde  von  Aristarchs  hypothese 
sein  system  entwickelt. 

In  der  letzten,  der  fünften  abkandlnng  erweist  Bergk 
der  familie  der  Ph  ilos träte,  die  unter  den  Vertretern  der  so- 
phistik  im  zweiten  und  dritten  Jahrhundert  n.  Chr.  eine  hervor- 
ragende stelle  einnimmt,  den  philologischen  liebesdienst  eine  ent- 
wirrung  ihrer  verwickelten  Verwandtschaftsverhältnisse  und  einer 
sonderung  und  gerechten  vertheilung  ihrer  schriftstellerischen  hin- 
terlassenschaft.  Er  gelangt  ad  1)  zu  dem  ergebniß,  daß  vier  Phi- 
lostrate zu  unterscheiden  sind,  von  denen  der  zweite  der  söhn  des  er- 
sten, der  dritte  der  nefie  des  zweiten,  der  vierte  der  enkel  des  dritten 
gewesen  ist;  ad  2)  daß  dem  ersten  Philostrat  zuzuschreiben  ist  der 
Nbqcov,  dem  zweiten  Tu  .%•  iuv  Tvaria  '<4noX\ooviov,  die  Bioi  aocpi- 
ormr,  die  'Eniorolat  i^coTinai  und  vielleicht  der  rv[ivotoiiito<s ;  dem 
dritten  die  Eixorsg  und  der  'HgoatTtoa  ;  dem  vierten  das  bruchstück 
der  EixÖm^.  Otto  Ajpelt. 


Nr.  4.  37.  Hephästion.  205 

37.  Scholia  Hephaestionea  altera  integra  primum  edita  a 
W.  Hoerschelmann.  Dorpati  Livonor.  1882.  (Universi- 
tätsschrift.)    4. 

Der  durch  seine  Studien  auf  dem  gebiete  der  scholienlitte- 
ratur  rühmlich  bekannte  herausgeber  unternimmt  es  hier ,  zum 
ersten  male  vollständig,  diese  scholiensammlung  mit  methodischer 
kritik  auf  gesicherter  handschriftlicher  grundlage  zu  veröffent- 
lichen. Er  basiert  den  text  im  ersten  theile  §  1— anfangs  §  9 
(p.  13,  3),  lediglich  auf  die  diesen  theil  allein  vollständig  und 
am  besten  gebende  handschriftenclasse  X,  welche  die  codd.  P. 
=  Parisinus  2881  ,  0  =  Harleianus  5691  [vom  herausgeber 
aufgefunden  und  zuerst  benutzt],  C  =  Cantabrigiensis,  S  =  Bod- 
leianus  umfaßt.  Von  den  classen  Z  (V  =  Parisinus  2847  und 
R  =  Arundelianus  517  Gaisfords  Norfolciensis)  und  Y  (Vertreter 
p  =  Parisinus  2756,  k  =  Parisinus  2757)  giebt  er  nur  die 
wichtigern  Varianten. 

In  der  zweiten  hälfte,  §  9— §  20  (28)  (p.  13,  4— p.  30), 
giebt  Y  das  fundament  ab  ,  da  classe  Z ,  wenngleich  auf  einen 
guten  archetypus  zurückgehend ,  doch  vielfach  verstümmelt  und 
sehr  fehlerhaft  ist.  Nur  wo  diese  classe  die  Urschrift  genauer 
wiederzugeben  schien,  hat  sie  berücksichtigung  gefunden. 

Für  die  beurtheilung  des  textes  nun ,  wie  ihn  Hörschel- 
mann vorlegt,  müssen  zwei  grundsätze  ,  die  derselbe  voranstellt 
maßgebend  sein :  „in  integri  libri  editione  principe  ante  omnia  ve- 
ram  codicum  speciem  exliibendam  esse'1,  zweitens  „contra  artis  cri- 
ticae  rationem  graviter  peecet ,  si  quis  omnia  non  librariorum  sed 
scriptorum  menda  correcturus  sit.u 

Für  die  richtigkeit  dieses  letzteren  grundsatzes  ist  ein  evi- 
dentes beispiel  der  ganze  §  5.  —  Was  jenen  ersten  betrifft,  so 
erhalten  wir  durch  die  Sorgfalt,  mit  der  die  discrepantia  scripturae 
angegeben  ist,  ein  deutliches  bild  der  handschriftlichen  Überlie- 
ferung ,  welche  die  allgemeine  characteristik  derselben ,  wie  sie 
in  der  praefatio  voraufgeschickt  ist ,  nur  bestätigt.  Es  sind  un- 
zählige stellen  dadurch  corrigiert,  aber  auch  die  emendatorische 
thätigkeit  des  herausgebers  zeigt  sich  in  glücklicher  weise  auf 
jeder  seite,  so  z.  b.  p.  1,  15  hqit^qiov  für  ze'a[x>'joiov]  19  Gvrtfx- 
nzcoaeig  für  Tzzcäatig]  ,2,  10  naoädeiytiu.  ib  für  nanaSsiynaia. 
So  ist  auch  sicher  2,  19  üucpczsoa  ds  xaleiTut  fieSi/jrog  als  in- 
terpoliert bezeichnet;  gut  ist  auch  der  Vorschlag,  2,  20.  21  nv 
Philol.  Anz.  XIV.  15 


206  37.  Hephästion.  Nr.  4. 

ndliv  und  yoa  agooayogsvopev  zu  tilgen.  Viel  Wahrscheinlich- 
keit hat  die  ergänzung  der  lücke  3,  15  mit  qiavsgov  •■  6  yag  .  . 
—  dem  sinne  nach  ist  unbedingt  richtig  6,  16  — 18  hergestellt, 
ebenso  13,  32.  33,  was  Hörschelmann  ohne  bedenken  in  den 
text  aufnehmen  konnte.  Zweifellos  ist  auch  die  Verbesserung 
xovga  vlv  für  vlv  xovga  12,  11,  denn  in  gleicher  weise  ist  auch 
auf  der  vorhergehenden  seite  aus  dem  acatalectischen  dimeter 
ovo'  'Afieityiav  ogäzs  durch  anfügung  von  vlv  der  hypercatalec- 
tische  gemacht;  und  dies  konnte  ebenso  in  den  text  aufgenom- 
men werden.  Und  die  bemerkung,  daß  8,  1  orijog  — 3  k'lazzov 
eine  epitome  imprudenter  facta  eorum  quae  antecedunt  sei,  ist  sicher 
richtig.  Mit  recht  ist  auch  7,  24  die  lücke  angedeutet  und 
5,  13  td  stäf]  als  glossein  gestrichen.  Von  den  vorschlagen  zu 
5,  17  ist  der  letzte  an  aD.qlmv  slg  äXXqXa  sicher  wohl  anzu- 
nehmen. Endlich  ist  gut  §  18  die  Überschrift  eingefügt  neg) 
£idajv  zoi  i]Q<ai'xov.  Die  anderen  kleineren  Verbesserungen  auf- 
zuzählen ist  zwecklos. 

Einzelne  punkte,  in  denen  wir  mit  Hörschelmann  nicht  über- 
einstimmen, mögen  hier  folgen.  Die  einsetzung  von  uvzixuaüut 
yag  3,  28  ist  nicht  empfehlenswerth  •,  es  schließt  sich  nach  der 
parenthese  der  satz  dv  t'inri  (s  o  statt  unoi  schreibt  ref.  mit  be- 
nutzung  von  tXni]  in  C)  unmittelbar  an  den  hauptsatz  an :  y.ui- 
zot  iv  zolg  ze%vixoig  s^sy^ov  ea%8v  o  ogog  —  av  stay  zig  zag 
fiovoygafj^nizovg.  In  4,  15  ist  das  handschriftliche  sxdztgov  wohl 
richtig.  Gemeint  sind  beide  erfordernisse  des  vyirjg  ogog,  welche 
angedeutet  sind  in  denworten:  vyiyg  jag  ogog  .  . .  6  [xrjdsv  e|co- 
&ev  zöov  ogit,0(A,hvo3v  6V[A7ii:gila[/ßdrG)i>  nai  /Atjdev  zäv  ogi^o^ivwv 
xazalinäv.  7,  15  scheint  zo  %äpiev  zijg  nagaTqgijoEcog  doch 
richtig  zu  sein.  Dem  Schreiber  ist  die  erscheinung,  daß  durch 
ngöo&eoig  die  metra  in  umgekehrter  reihenfolge  als  durch  dcpai- 
geaig  aus  einander  entstehen,  etwas  interessantes,  niedliches,  ar- 
tiges. Ich  glaube  mich  nicht  zu  irren,  wenn  ich  meine,  jfapte&I 
in  dieser  bedeutung  und  in  ähnlichem  zusammenhange  in  den 
scholien  gelesen  zu  haben. 

Wenn  10,  19  sich  der  scholiast  entschuldigt,  daß  er  wegen 
des  seltenen  Vorkommens  des  iambischen  pentameters  nicht  über 
dessen  dno&iaeig  reden  will,  so  scheint  es  angemessen,  daß  er 
dasselbe  auch  beim  trochäischen  thut,  falls  er  ihn  zu  übergehn 
gedenkt;  es  bedurfte  seinerseits  eventuell  nur  eines  kurzen  hin- 


Nr.   4.  37.  Hephästion.  207 

weises  auf  jene  erwähnte  auslassung.  Da  eine  solche  aber  12, 
12  fehlt,  so  ist  es  wahrscheinlich,  daß  in  diesem  falle  die  re- 
daction  Y  vor  X  den  vorzug  verdient.  Und  wenn  Z  auch  an 
der  stelle  abweicht,  so  lassen  sich  diese  abweichungen  doch  leicht 
erklären,  durch  die  Wiederholung  so  ähnlicher  sätze,  die  ein  ab- 
irren nur  zu  sehr  ermöglichen.  Ungenau  ist  allerdings  die  fas- 
sung  beim  acatalectischen  pentameter  nQnay.ti^irov  zm  tu.h  zov 
„X/of"  ,  indem  dieses  wort  nicht  ganz  ans  ende  zu  setzen,  son- 
dern vor  8s  einzuschalten  ist ;  aber  dieser  ungenaue  ausdruck 
mag  wohl  auf  rechnung  des  scholiasten  selbst  zu  setzen  sein, 
und  veranlaßt  ist  das  ganze  durch  seine  einmal  angenommene 
anordnung  :  brachycatalectisch  ,  acatalectisch  ,  catalectisch  ,  hy- 
percatalectisch.  So  mußte  er  von  einem  verse  ausgehen,  der 
factisch  nicht  vorhanden  war,  vom  brachycatalectischen,  den  er 
sich  bildete,  indem  er  Xiov  durch  8s  ersetzte. 

P.  20,  13  ist  die  Kicke  mit  unrecht  angenommen.  Denn  da 
sich  der  ganze  satz  doch  auf  das  vorhergegangene  beispiel 

rji'iSsoj  fiovotfg  oux  iyivovzo  cpiloi 
bezieht,  in  dessen  erster  hälfte  ein  dactylus  die  erste,  ein  spon- 
deus  die  zweite  stelle  einnimmt ,  und  da  dies  auch  eben  aus- 
drücklich erwähnt  ist  zu  (iev  tiq(ütov  n£td>jiuixaQsg  sötiv  £'k  8ax- 
zvlov  •/.  a  i  a  7i  o  v  8  s  i  o  v  xai  ouXlqßijg  [xi<.y.näg  ,  so  konnte  der 
scholiast  unmöglich  fortfahren  ontQ  saziv  ute  xai  unqortQovg 
zoig  nö8ag  lni8t'^sz(i.i  8a.y.7v).ovg  ?/  anoiSet'ovg  <C?j  zov  nfjärov 
8äy.Tvlav  xiu  zov  Ssvzeqov  r>nor8£Wi'^>  >j  xat  zov  nqäzov  cnov- 
dsTor  y.a)  tbv  8tvT£Qov  Suxzvlov.  Das  oze  xal  mit  seiner  be- 
ziehung  auf  das  vorherige  verbietet,  den  eingeklammerten  satz 
in  den  text  aufzunehmen. 

Zum  Schlüsse  hat  Hörschelmann  das  capitel  nsoi  oi(jocp?}g 
ÄttiazQoqtov  xal  sncpSov  appendicis  instar  abdrucken  lassen  maxime 
ut  in  hoc  libro  quinquepartito  ea  locum  non  habere  quivis  intellegat, 
und  mit  recht,  wie  er  schlagend  beweist. 

Von  druckversehen  bemerke  ich,  außer  einem  falschen  Spi- 
ritus, olx  für  ovx ,  einem  dreifachen  s  in  esse,  nur  p.  1  die 
zweite  bemerkung  der  adnotatio  critica,  welche  auf  p.  2  zu  zeile 
19  gehört,  p.  5  zu  1  gehört  ph  del.  Mendelssohn  unmittelbar 
hinter  0  vor  ||  .  p.  8  zu  3  steht  dubito  an  16  (statt  1).  p.  20 
steht  §14  statt  15.  Endlich  ist  in  dem  §  nsol  no8är  die  bezeich- 
nung  von  abschnitt  IV  ausgefallen.  Georg  Schoemann. 

15* 


208  38.  Cicero.  Nr.  4. 

38.  Rudolf  Hirzel,  Untersuchungen  zu  Ciceros  philo- 
sophischen Schriften.  IE.  theil.  De  finibus.  De  officiis.  1 — 2 
abtheilung.     Leipzig,  S.  Hirzel  1882.     913  p.     8.     18  mk. J). 

Die  erste  abtheilung  dieses  IE.  theiles  der  Hirzelschen  Un- 
tersuchungen trägt  die  Überschrift :  die  entwickelung  der  stoi- 
schen philosophie  (p.  1 — 566)  und  bildet  ein  selbständiges  ganze 
für  sich.  Die  zweite  abtheilung  hat  folgenden  inhalt:  die  schritt 
De  finibus  bonorum  et  malorum  p.  567,  1.  das  dritte  buch  p.  567, 
2.  das  vierte  und  zweite  buch  p.  620,  3.  das  erste  buch  p.  669, 
4.  das  fünfte  buch  p.  691.  Die  schrift  De  officiis  p.  721  ,  ex- 
curse  I— VIII  p.  737—911. 

I.  Daß  Hirzel  die  erste  abtheilung  als  ein  für  sich  beste- 
hendes buch  von  dem  übrigen  abgelöst  hat ,  läßt  sich  am  ende 
durch  die  erwägung  rechtfertigen ,  daß  eine  gelegentliche  und 
isolierte  darstellung  dieser  theile  nicht  den  grad  von  Sicherheit 
erreicht  haben  würde,  den  ihr  zweck  die  grundlage  für  anderes 
zu  bilden,  erfordert  (p.  2),  aber  nicht  wohl  zu  rechtfertigen  ist 
es  1),  daß  es  dieser  umfangreichen  schrift  an  jeder  orientierenden 
Inhaltsangabe  fehlt.  Wie  leicht  findet  sich  jeder  z.  b.  in  den 
entsprechenden  abschnitten  von  Zeller  zurecht,  und  wie  schwer 
ist  es  ohne  einen  Wegweiser  sich  in  diesen  weitverschlungenen 
pfaden  spinösester  Untersuchungen  nicht  zu  verlieren.  Ref.  glaubt 
sich  daher  den  lesern  des  ebenso  gelehrten  wie  belehrenden  bu- 
ches  nützlich  zu  machen ,  wenn  er  zunächst  den  inhalt  in  form 
einer  übersichtlichen  Inhaltsangabe  reproduziert. 

Wenn  man  früher  sich  genügen  ließ,  das  ganze  des  stoicis- 
mus  als  ein  einheitliches  System  zu  überschauen  und  die  ge- 
stalten eines  Zeno,  Kleanthes  und  Chrysipp  wohl  in  ihrer  mensch- 
lichen eigenthümlichkeit,  aber  nicht  in  ihrer  philosophischen  be- 
stimmtheit  vor  sich  sah ,  sucht  Hirzel  in  die  etwas  vagen  be- 
griffe von  Zeno  dem  begründer ,  Kleanthes  dem  fortsetzer  und 
Chrysipp  dem  Vollender  des  stoicismus  leben  und  inhalt  zu  brin- 
gen und  die  philosophische  Individualität  der  einzelnen  aus  den 
litterarischen  resten  möglichst  herauszuschälen.     Er  beginnt  mit 

Zeno  —  p.  44.  Zeno  ist  nicht  in  der  weise  des  rohen 
eklektikers  verfahren,  der  blind  tappend  oder  nach  äußerlichen 
rücksichten   aus    den   dementen    fremder   lehren   die   eigene  zu- 

1)  Dies  war  geschrieben ,  ehe  der  III.  theil  der  Untersuchungen 
erschienen.    Ref.  behält  sich  vor  auf  das  hier  gesagte  zurückzukommen. 


Nr.  4.  38.  Cicero.  209 

sammengestellt,  sondern  er  hat  sich  zunächst  dem  cynismus  an- 
geschlossen und  das  princip  desselben  festgehalten  ,  trotzdem  er 
in  der  ethik  neben  den  aya&d  die  ngorfffASva  anerkannte,  trotz- 
dem er  die  von  Antisthenes  verpönte  naturphilosophie  wieder  in 
den  kreis  der  Wissenschaft  aufnahm.  Es  ist  nicht  zufällig  oder 
willkürlich,  daß  er,  den  Xöyot;  des  Antisthenes  vom  moralisch- 
intellektuellen gebiet  auch  auf  das  der  äußeren  natur  übertra- 
gend, dem  Heraklit  folgte,  denn  Heraklit  konnte  einem  folgerich- 
tigen denken  als  der  fortsetzer  der  kynischen  lehre  erscheinen, 
ja  Zenon  konnte  die  erweiterte  lehre  vom  Xöyog  als  im  geiste 
des  Antisthenes  liegend  betrachten  und  voraussetzen,  daß  dieser 
eine  solche  consecjuenz  zu  andern  zeiten  auch  selber  gezogen 
haben  würde.  —  Zenon's  schüler,  auch  die  dissentierenden,  wur- 
den durch  die  Verehrung  für  Sokrates  wie  durch  ein  gemeinsa- 
mes band  unter  sich  und  mit  ihrem  lehrer  verknüpft.  Wo  aber 
war  ein  dissensus?     In   der  lehre  von  den  nQOijyixhva. 

Ariston  und  Herillus  ( —  p.  58)  kämpfen  beide  ge- 
gen diese  nooiffuHcc,  freilich  jeder  in  seiner  art.  Ariston,  indem 
er,  nur  mit  dem  ideal  des  weisen  beschäftigt,  lehrte :  außer  dem 
guten  und  bösen  sei  alles  andere  für  uns  ein  d8tuq:oQop ,  He- 
rillus ,  indem  er  das  leben  auch  der  nichtweisen  in  den  kreis 
seiner  betrachtung  ziehend  und  an  Plato  sich  anschließend  den 
namen  der  ngoyyfisva  zwar  aufgab,  aber  dafür  die  rnottliStg 
als  in  der  menschlichen  natur  begründet  und  als  für  gewisse 
stufen  der  entwickelung  nothwendig  ansah.  Zu  den  treuen  Ze- 
nons  zählte  Persaeus  ( — p.  84),  der  die  lehre  von  dem  „vor- 
zuziehenden, werthhabenden"  zu  der  seinigen  machte,  sich  über- 
haupt mit  der  theorie  wie  der  praxis  seines  lehrers  in  voller 
Übereinstimmung  befand.  Uebrigens  war  er  wohl  mehr  histori- 
ker  und  ein  mann  des  praktischen  lebens,  denn  ein  systemati- 
scher philosoph.  Er  erinnert  in  dieser  beziehung  an  Xenophon, 
der  ihm  in  vielen  stücken  vorbild  war,  wenn  er  auch  nicht  sein 
lehrer  sein  sollte.  —  Die  bisher  genannten  schüler  Zenons  faßten 
nur  den  moralischen  theil  von  dessen  lehre  ins  äuge,  das  system 
des  meisters  in  seinem  ganzen  umfange  ergriffen  und  fortgeführt 
zu  haben,  dies  verdienst  gebührt  nach  Hirzel 

Klean  thes  ( —  p.  182).  Inhalt  seiner  lehre  —  p.  169, 
form  —  p.  182.  Kleanthes  ist  ein  schüler  Zenons,  aber  durch- 
aus kein  beschränkter,  buchstabengläubiger,  sondern  ein  selbstän- 


210  38.  Cicero.  Nr.   4. 

diger  in  dem  sinne,  wie  es  jeder,  auch  der  beste  sein  soll.  Will 
man  ihn  dem  meister  gegenüber  charakterisieren,  so  verdient  er 
nicht  ein  strengerer  cyniker,  sondern  ein  konsequenter  Herakli- 
teer  genannt  zu  werden,  wie  dies  z.  b.  auch  die  auffassung  vom 
Xöyog  offenbart,  den  er  nicht  als  die  individuelle  Vernunft  (Zenon) 
verstand,  sondern  als  xuivcg  Xoyog  (Heraklit)  zum  sittlichen 
prinzip  erhob.  Herakliteer  ist  er  auch  in  der  naturphilosophie, 
der  eigentlichen  domäne  des  Ephesiers,  so  wahrscheinlich  in  der 
lehre  vom  entstehen  und  vergehen  der  weit,  über  den  Ursprung 
der  vernünftigen  seele  im  menschen  u.  a.  Ja  wenn  er  eigent- 
liche theile  der  philosophie  nicht  gelten  ließ,  sondern  nur  theile 
der  darstellung,  so  scheint  er  den  anstoß  durch  Heraklit  bekom- 
men zu  haben,  der  nur  das  eine  wissen  von  dem  göttlichen  in 
der  natur  anerkannte.  Es  war  eben  die  gleiche  dichterische 
Veranlagung ,  die  den  Kleanthes  zu  Heraklit  trieb.  Selbst  in 
seinen  prosaischen  Schriften  blieb  Kleanthes  so  zu  sagen  dichter. 
Daß  er  trotzdem  oder  vielmehr  gerade  deshalb  ein  schlechter 
lehrer  war  und  innerhalb  der  stoa  nicht  rechten  boden  fassen 
konnte,  wer  möchte  ihm  das  verargen?  — 

Chrysippos  ( — p.  221).  Sein  verdienst  liegt  anerkannter- 
maßen in  der  ausbildung  der  dialektik ,  aber  auch  die  zur  dia- 
lektik  gehörige  erkenntnistheorie  hat  er  um  eine  stufe  weiter 
geführt,  indem  er  die  von  Epikur  zuerst  aufgebrachte  nQolqxpig 
auch  den  stoikern  aneignete,  während  Zeno  und  Kleanthes  neben 
der  ttazaXijfiTixTj  (pavraaia  noch  den  ög&dg  löyog  für  das  krite- 
rium  gelten  ließen.  Bei  dieser  gelegenheit  wird  die  lehre  von 
der  xaTalrj7iTixr]  (pavraola  ,  dieser  wichtige  punkt  der  stoischen 
erkenntnistheorie,  eingehend  untersucht  und  xaraltj7zti>c6g  gegen 
Zeller  IIP,  p.  83  passivisch  gedeutet,  so  daß  KaraXrjmim]  cpav- 
taaia  eine  Vorstellung  wäre,  „welche  ergriffen  werden  kann", 
das  gegentheil  ay.<xrä\rimog  eine  solche,  bei  welcher  dies  nicht 
möglich.  Die  vollkommene  deutlichkeit  und  bestimmtheit  soll 
nach  Hirzel  das  wesentliche  der  xazahjnTi'Atj  qiavTaoia  sein.  — 
In  der  stoischen  theologie  ist  Chrysippos  der  erste,  der  den  po- 
lytheismus  streng  faßte,  denn  es  ist  falsch,  wenn  man  behauptet, 
über  diesen  kernpunkt  seien  die  verschiedenen  mitglieder  der 
schule  einstimmig  gewesen ;  vielmehr  hat  Zeno,  der  die  Vernunft 
an  ein  bestimmtes  element,  das  feuer,  band,  den  keim  zum  pan- 
theismus  gelegt,  Kleanthes  hat  ihn  weiter  entwickelt,  und  Chrysipp 


Xr.   4.  38.   Cicero.  211 

hat  ihn  zur  vollen  reife  gebracht;  nach  ihm  erstreckt  sich  die 
gottheit  der  seele  gleich  durch  alle  theile  der  weit,  das  r'r/e/xo- 
rixnv  ist  überall  selbst  im  starrsten  und  leblosesten  enthalten. 

Boethos  ( —  p.  230)  nimmt  eine  eigentümliche  Stellung 
in  der  schule  ein  und  gewinnt  in  demselben  maße,  wie  er  sich 
von  Chrysipp  entfernt,  wieder  fühlung  mit  den  älteren  stoikern. 
Er  hielt  die  weit  nicht  für  ein  „animal",  sondern  nur  für  ein 
„corpus  natura  gubemabile".  —  Nach  Chrysipp  tritt  die  ethik  in 
den  Vordergrund ,  während  das  interesse  für  den  naturwissen- 
schaftlichen theil  der  philosophie  zu  erlahmen  scheint.  Dioge- 
nes, Antipater  und  Archedemus  ( —  p.  257),  im  wesent- 
lichen darin  einig,  daß  sie  in  die  eigentliche  defmition  des  rilog 
im  gegensatz  zu  Chrysipp  die  erfüllung  der  v.aütjv.otza  aufnah- 
men ,  eine  änderung  resp.  differenz ,  die  durch  die  angriffe  des 
Karneades  hervorgerufen  wurde,  dessen  Zeitalter  alle  drei  ange- 
hören. Auch  sonst  haben  sie  den  einwürfen  der  gegner  etwas 
eingeräumt,  wie  z.  b.  Antipatros  wahrscheinlich  darin  eine  con- 
cession  gemacht ,  daß  er  den  äußeren  dingen  einen  größeren 
werth  für  unser  glück  beilegte  als  die  übrigen  stoiker  (Seneca 
Ep.  92,  5).  In  der  lehre  von  den  Schlüssen  (Sext.  Emp.  Pyrrh 
hyp.  II,  167  adv.  dogm.  II,  443)  und  de  bona  fama  (Cic.  De 
fin.  III,  57)  haben  wir  gleichfalls  eine  concession  an  die  akade- 
miker  zu  konstatieren.  —  In  der  philosophie  des  Panaetius  haben 
platonismus  und  akademische  skepsis  ihre  spuren  zurückgelassen. 

Panaetios  und  sein  schüler  Poseidonios  ( —  p.  535). 
Es  ist  bemerkenswert!!,  daß  sie  nicht  von  nqoriyniva  redeten,  ei- 
nem terminus  technicus  innerhalb  der  stoa ,  sondern  daß  sie  dem 
Verständnis  und  geschmack  eines  größeren  leserkreises  rechnung 
tragend  das  gemeinverständliche  oiya&d  setzten.  Indessen  es 
waren  nicht  formale  rücksichten  allein,  die  sie  zu  dieser  abwei- 
chung  von  der  stoischen  schulsprache  veranlaßten.  Auch  die 
stoische  philosophie  hat  ihre  Jugend  und  ihr  alter  gehabt ,  den 
glauben  an  ihre  ideale  und  das  verzweifeln  daran.  Der  glaube 
der  ersten  stoiker  an  das  ideal  des  weisen  schleppt  noch  seine 
eierschalen  aus  dem  cynismus  nach,  denn  diese,  die  cyniker,  gin- 
gen in  ihrem  dunkel  so  weit,  dem  Sokrates  als  einem  fleisch  und 
blut  gewordenen  ideal  nicht  etwa  nur  Herakles  und  Cyrus,  son- 
dern sich  selber  an  die  seite  zu  stellen.  In  demselbem  maße 
aber,    wie  sich  der  stoicismus  auf  eigene  fuße  stellte,    schwand 


212  38.  Cicero.  Nr.   4. 

der  glänz  eines  Antistbenes  und  Diogenes,  ja  der  stern  des  So- 
krates  selbst  mußte  erbleicben.  Chrysipps  ansiebt  betreffs  der 
Verwirklichung  des  weisen  ist,  so  weit  wir  nachkommen  können, 
sehr  auf  schrauben  gestellt,  jedenfalls  aber  steht  so  viel  fest, 
daß  er  weder  sich  selbst  noch  einen  seiner  genossen  oder  lehrer 
für  weise  zu  erklären  wagte.  Spätere  stoiker  leugneten  schlecht- 
hin ,  daß  jemals  ein  weiser  existiert  habe,  und  der  erste,  der 
diese  ansieht  vertrat,  ist  Poscidonios.  Er  setzte  an  die  stelle  der 
früheren  aoepoi  „die  fortschreitenden"  r?Qoy.6nTovzt<:,  ja  selbst  ein 
Sokrates  mußte  sich  diese  degradation  gefallen  lassen.  Im  gründe 
aber  näherte  sich  Poseidonios  hierin  dem  Plato,  der,  wo  er  es  genau 
mit  dem  worte  aoepog  nimmt,  bekanntlich  keinen  menschen  dieses  titeis 
für  würdig  hält,  sondern  nur  einen  gott :  der  mensch  kann  es  nicht 
über  einen  cpih'aocpog  hinausbringen.  Daß  auch  der  Zeitgenosse 
des  Poseidonios,  Antiochos  aus  Askalon,  ein  fleisch  und  blut  ge- 
wordenes ideal  der  Weisheit  nicht  anerkannte,  geht  klärlich  aus 
der  bei  Cic.  De  fin.  IV,  65  eingeschalteten  frage  hervor:  „qui 
enim  hoc  (sc.  sapiens  est)  aut  quando  aut  ubi  aut  unde?u  In  der 
zeit  der  ersten  kaiser  ist  dann  das  ideal  des  stoischen  weisen 
noch  einmal  zu  einem  gewissen  leben  erwacht  z.  b.  für  Epiktet 
ist  der  weise  nicht  bloßes  ideal,  sondern  kann  wirklich  werden 
und  ist  wirklich  geworden  (Sokrates,  Heraklit,  Diogenes  u.  a.). 
Die  Kömer  substituierten  ihre  weisen.  Der  erste  Römer,  der 
zur  höhe  des  stoischen  weisen  erhoben  werden  sollte,  ist  P.  Ru- 
tilius  Rufus,  der  andere  Cato.  —  Seneca's  schwanken  offenbart 
einerseits  den  von  einer  quelle  zur  andern  flatternden  dilettanten, 
zeigt  andererseits  aber  auch,  daß  der  glaube  an  den  „<7o<poV 
doch  bisweilen  einer  zweifelnden  kritik  unterzogen  wurde  p.  308. 
Es  versteht  sich,  daß  wenn  die  lehre  vom  weisen  eine  Umbil- 
dung erfuhr,  dadurch  auch  das  übrige  System  der  stoiker,  na- 
mentlich der  wichtigste  theil  desselben,  die  moral,  mit  betroffen 
wurde.  Leugnete  man  die  existenz  des  weisen,  so  war  die  ein- 
fache consequenz ,  daß  der  weise ,  seine  persönlichkeit  und  sein 
handeln  aufhören  mußte  für  die  übrigen  menschen  Vorbild  und 
gesetz  zu  sein.  Man  lockerte  die  ursprüngliche  strenge  der  alt- 
stoischen moral  und  baute  eine  neue  dem  leben  und  der  Wirklich- 
keit sich  anschmiegende  dissolutere  auf,  weise  und  unweise  maß 
man  mit  verschiedenem  maße,  und  zwei  grundbegriffe  der  antiken 
moral,  der  der  glückseligkeit  und  des  guten,  verloren  ihre  fest 


Nr.   4.  38.   Cicero.  213 

bestimmte  absolute  gültigkeit.  Zwar  wird  diese  theilung  der 
moral  erst  bei  Seueca  beobachtet  (De  vita  beata  16,  3),  aber 
Hirzel  weist  mit  großer  Wahrscheinlichkeit  nach,  daß  schon  Cic. 
De  off.  I,  9  und  III,  7  den  Poseidonios  als  vertheidiger  einer 
solchen  theilung  im  sinne  gehabt  hat;  und  Poseidonios  wird  nicht 
der  erste  gewesen  sein ,  der  sie  vorgenommen ,  sondern  er  wird 
sich  hierin  seinem  lehrer  Panaetius  angeschlossen  haben.  —  Auch 
die  psychologie  des  Poseidonios  zeigt  ein  milderes,  freundlicheres 
gesiebt ,  denn  sie  unterscheidet  zwischen  vernünftigem  und  un- 
vernünftigem seelentheil:  es  ist  immer  das  für  die  späteren  Stoi- 
ker charakteristische  streben  zu  popularisieren  und  auf  einen 
minder  hohen  Standpunkt  der  betrachtung  zu  treten.  Es  kam 
dazu,  daß  sie  die  autorität  eines  Plato  für  sich  ins  feld  führen 
konnten ,  der  in  seinen  Schriften  zwischen  einer  idealen  tugend 
und  zwischen  einer  menschlich  erreichbaren  unterschied.  Insbe- 
sondere ist  es  die  tapferkeit ,  die  von  Plato  und  den  späteren 
stoikern  gleichermaßen  herabgesetzt  wird  —  j).  350.  ■ —  Der 
letzte  gruud,  weshalb  Panaetius  und  sein  nachfolger  dem  nQorty- 
ftiiov  in  seiner  technischen  bedeutung  aus  dem  wege  gingen  und 
statt  dessen  entweder  aya&ov  oder  Xsybfjisvov  uya&ov  setzten,  ist 
darin  zu  suchen,  daß  Panaetius  sich  mit  einem  idealbild  des  soma- 
tischen gesprüches  trug.  Was  wir  bei  Cic.  De  off.  I,  134  lesen: 
„sit  ergo  Mc  sermo ,  in  quo  Socratici  maxime  cxcellunt ,  lenis  mini- 
meque  pertinax,  insit  in  eo  lepos",  das  war  seine  forderung.  Er, 
eine  vornehme  natur ,  aus  vornehmem  hause  stammend  ,  konnte 
unmöglich  an  der  mißhandlung  der  griechischen  spräche ,  wie 
sie  von  Zeno  und  Chrysipp  fast  grundsätzlich  betrieben  wurde, 
gefallen  finden ;  er ,  der  atticist  unter  den  philosophen ,  brachte 
in  der  stoischen  terminologie  die  gut  griechische  ausdrucksweise 
wieder  zu  ehren  und  setzte  sich  dadurch  wieder  in  connex  mit 
dem  Sprachgebrauch  des  volkes.  Wenn  z.  b.  i'^cos  nach  der 
auffassung  der  stoiker  die  leidenschaftslose  liebe  bezeichnen  sollte, 
so  stand  das  in  diametralem  gegensatz  zu  dem  sonst  üblichen 
usus  loquendi  der  Griechen,  inwiefern  derselbe  grade  die  leiden- 
schaft  der  liebe  in  das  wort  hineinlegte.  Panaetius  half  sich, 
indem  er  das,  was  dem  weisen  möglich,  als  für  die  große  masse 
der  menschen  unmöglich  erklärte,  nämlich  ohne  Ieklenschaft  zu 
lieben.  Man  sieht,  es  war  das  streben  zu  vermitteln  und  beiden 
theilen    gerecht   zu    werden.     Auch    dem  y.aO^xov  ward  der  be- 


214  38.  Cicero.  Nr.   4. 

sondere  engere  begriff  abgestreift,  den  die  älteren  stoiker  diesem 
wort  untergelegt:  der  weitere  begriff  des  xa&tjxov  ging  in  asl 
xa&tjxov  und  ovx.  asl  y.a&ijxov  auseinander.  So  wird  man  auch  den 
barbarischen  ausdruck  rtQorjypihov  gemieden  und  dafür  mit  Po- 
seidonios  entweder  sv^ijäto»  oder  einfach  aya&ov  gesetzt  haben 
—  p.  430.  —  Dieselbe  platonisierende  und  popularisierende  rich- 
tung  des  Panaetius  und  seiner  anhänger ,  die  das  schroffe  der 
altstoischen  moral  einigermaßen  zu  glätten  suchte ,  kommt  auch 
in  der  auffassung  des  höchsten  gutes  zum  Vorschein:  $jv  xard 
rag  dsdonevag  ijfitt'  ix  qivascog  acfOQfxäg  —  ist  die  definition  des 
Panaetius ,  die  in  ihrer  berücksichtigung  auch  der  individuellen 
natur  (qftiv)  viel  mehr  als  eine  bloß  formale  abweichung  von 
der  lehre  der  älteren  stoiker  manifestiert.  Nicht  minder  charak- 
teristisch ist  des  Panaetius  lehre  von  der  jjdon} ,  die  er  als  ein 
xarui  qivaiv  d.  h.  als  gegenständ  erster  naturtriebe  gelten  läßt, 
und  auch  die  absolute  ändüeia  findet  an  ihm  keinen  fürsprecher; 
nur  daß  der  weise  sich  weder  durch  die  lust  noch  durch  den 
schmerz  beherrschen  läßt.  In  der  that  eine  menschenwürdige 
auffassung!  —  p.  467 — 514  wird  nachgewiesen,  daß  Stob.  II, 
108,  ein  abschnitt,  der  gegen  die  definition  des  Panaetius  vom 
höchsten  gut  zu  sprechen  scheint,  weder  ihn  selbst  noch  Posei- 
donios  zur  quelle  hat ,  sondern  daß  Hekaton  muthmaßlicher  Ur- 
heber der  partie  ist,  trotzdem  Panaetius  citiert  und  seine  defi- 
nition vorausgesetzt  wird.  ■ —  Poseidonios'  definition  vom  höchsten 
gut  darf  und  kann  nicht  mit  der  Chrysipps  verwechselt  werden, 
denn  wenn  er  auch,  wie  Chrysipp,  die  erkenntnis  der  gesammten 
natur  in  die  bestimmung  des  höchsten  gutes  aufnahm ,  so  soll 
doch  nicht  die  menschliche  natur  überhaupt,  sondern  nur  das 
innerste  wesen  derselben,  der  höchste  seelentheil  entscheiden, 
was  sittlich  gut  ist.  Poseidonios  ist  der  vater  des  späteren  stoicis- 
mus  —  p.  535.  —  Was  sonst  noch  in  dem  buche  —  p.  566 
steht,  betrifft  des  Stobaeus  Unterscheidung  von  aigsröv  und  al- 
qstsov,  von  svSaifAovia  und  svöai/xornTv  ,  und  verschiedener  arten 
adiäfpoga,  und  liefert  den  beweis,  daß  die  ganze  stoische  dar- 
stellung  des  Stobaeus  nichts  weiter  ist  als  ein  excerpt  aus  den 
Schriften  verschiedener  stoischer  philosophen.  —  Das  ist  in  gro- 
ßen zügen  der  inhalt  dieses  umfangreichen  bandes ,  den  nie- 
mand schreiben  konnte,  der  nicht  mit  einer  umfassenden  quel- 
lenkenntniß  eine  meisterhafte  handhabung  philologischer  methode 


Nr.    i  38.   Cicero.  215 

verband.  Die  Überlieferung  ist  trümmerhaft,  fast  nirgends  obne 
lücke,  und  doch  sollte  aus  ihr  die  entwickelung  der  stoischen  phi- 
losophie,  wie  sie  sich  in  den  einzelnen  Vertretern  dieser  schule 
darstellt,  reproduziert  werden.  Da  galt  es  zu  kombinieren  und 
zu  interpretieren  und  nötigenfalls  durch  kritik  dem  schadhaft 
überlieferten  text  aufzuhelfen.  Wie  geschickt  Hirzel  dies  ge- 
than ,  will  ich  kurz  nur  an  zwei  beispielen  zeigen.  In  der  de- 
finition  des  Panaetius,  die  oben  angeführt  ist,  hatte  man  bisher 
immer  das  wort  rjpüv  vernachlässigt.  Hirzel  weist  schlagend  nacb, 
daß  mit  gutem  grund  von  Panaetius  nicht  zoig  avöocänoig,  son- 
dern ijfiir  gesetzt  ist,  damit  zwar  die  beziehung  auf  die  allge- 
meine menschliche  natur  nicht  ausgeschlossen,  aber  doch  die  Vor- 
stellung der  individuellen  jedes  einzelnen  erweckt  werde.  Wenn 
es  sich  um  die  entwickelung  der  stoischen  philosophie  han- 
delt, so  ist  es  doch  von  Wichtigkeit  zu  wissen,  daß  Panaetius  es 
gewagt^  an  stelle  der  allgemeinen  natur  die  individuelle  zum 
maß  des  sittlichen  handelns  zu  machen.  —  In  der  stelle  bei 
Galen.  De  plac.  Hipp,  et  Plat.  p.  470  f.  ist  „otzsq  iGodviufAri  ?q3 
ö/AoXoyovfAtiat^  ahetv  £5J*"  unhaltbar,  weil  Posidon  der  erklärung 
Chrysipps,  daß  das  o/yioloyovjXE'ymg  ^ijv  so  viel  sei  als  y.aru  tfx- 
nmQiuv  7b.v  y.uzu  trjv  o'Xtjv  qiiaiv  ovp>ßaiv('.vT03v  t,l]i> ,  keineswegs 
ein  lob  ertheilen  will,  was  doch  in  den  überlieferten  Worten  lie- 
gen müßte.  Dadurch  daß  Hirzel  bessert:  oxeij  hodwa/xsTv  rcr, 
ti/Aoloyovpt'rcog  eine  (sc.  X(jvainnog)  "Qqv ,  ist  aller  anstoß  besei- 
tigt. Es  leuchtet  ein ,  daß  diese  emendation  in  dem  mit  den 
angeführten  worten  verbundenen  satz  „yrixa  p>j  iovto  fxixQoni- 
7T(ßg  awzeiv st  eig  tl>  rwc  ädtuqiOQtüv  Tvyxdveip"  eine  änderung 
des  avvrtltEi  resp.  eine  rückkehr  zu  der  handschriftlichen  Über- 
lieferung avvr  eiv  e  iv  zur  folge  hat ,  denn  die  worte  müssen 
als  in  dem  gedanken  Chrysipps  liegend  angesehen  werden  (vgl. 
p.  241 — 243).  Ueber  aller  anerkennung  aber,  die  wir  dem 
Scharfsinn  und  der  combinationsgabe  des  verf.  schulden,  dürfen 
wir  nicht  vergessen,  daß  mitunter  die  glieder,  die  zu  einem  ganzen 
zusammengeschweißt  sind,  etwas  gewaltsam  eingerenkt  erscheinen. 
So  z.  b.  halte  ich  das  begeisterte  lob,  welches  Hirzel  dem  Kle- 
anthes  spendet,  für  nicht  berechtigt.  Ehrenrettungen  sind  etwas 
sehr  schönes,  aber  sie  müssen  doch,  wenn  sie  überzeugen  sollen, 
auf  thatsachen  aufgebaut  sein.  Der  sittlichen  tüchtigkeit  dieses 
Philosophen  läßt   alterthum  wie  neuzeit  alle  gerechtigkeit  wider- 


216  38.  Cicero.  Nr.  4. 

fahren.  Zeller  nennt  ihn  einen  mann  von  strengem  und  festem 
Charakter,  seltener  ausdauer,  arbeitsamkeit  und  genügsamkeit, 
aber ,  fügt  er  hinzu ,  von  langsamer  fassungskraft  und  geringer 
beweglichkeit  des  denkens.  Und  anders  haben  auch  die  alten 
nicht  geurtheilt ,  wenigstens  hat  Hirzel  keine  stelle  beigebracht, 
aus  der  eine  günstigere  beurtheilung  seiner  geistigen  begabung 
ersichtlich  wäre.  Denn  wenn  Cicero  ihn  „maiorum  gentium  Stoi- 
cus"  nennt,  so  will  das  wahrlich  nicht  viel  sagen,  Hirzel  ist 
doch  auch  sonst  nicht  geneigt,  auf  Ciceros  urtheil  ein  so  besonderes 
gewicht  zu  legen.  Aber  vielleicht  hat  er  doch  als  echt  phi- 
losophischer köpf  die  lehre  seines  lehrers  und  meisters  selbstän- 
dig fortgeführt  und  etwa  die  mangelnde  beweglichkeit  des  gei- 
stes  durch  eine  desto  größere  tiefe  ersetzt,  die  nur  der  oberfläch- 
lichen Schätzung  verborgen  geblieben.  Hirzel  will  uns  dies 
glauben  machen,  aber  den  beweis  ist  er  meines  erachtens  schul- 
dig geblieben.  Ich  kann  hier  nur  einiges,  was  Hirzel  zu  seiner 
rechtfertigung  anführt,  besprechen.  Während  Zenon  die  ge- 
wöhnlichen vier  cardinaltugenden  unterschied  cpo6ri]aig,  ctvögsid, 
omcpQoavvy ,  dixuioovrt],  so  setzte  Kleanthes  an  die  stelle  der 
(pQovijaig  die  iyxQuitua,  weil  er,  wie  Hirzel  meint,  den  logischen 
fehler  seines  meisters  erkannte,  der  die  yyot  tjütg  als  die  gemein- 
same grundlage  aller  tugenden  bezeichnete  und  sie  doch  in  die 
reihe  der  einander  koordinierten  tugenden  aufnahm.  Daß  das 
ein  Widerspruch  war,  ist  klar,  aber  nicht  klar  ist  es,  ob  Klean- 
thes dies  erkannt  und  ob  er  wegen  der  wissenschaftlichen  kritik, 
die  er  an  Zenons  lehre  übte,  unser  uneingeschränktes  lob  ver- 
dient. Ich  sehe  nämlich  keinen  zwingenden  grund  anzunehmen, 
daß  Kleanthes  die  (pQÜv^ön;  als  die  gemeinsame  grundlage  aller 
tugenden  gesetzt  habe.  Läßt  sich  aber  dies  nicht  nachweisen, 
so  schwindet  auch  die  berechtigung  die  thätigkeit  des  Kleanthes 
in  dieser  beziehung  rühmend  hervorzuheben.  Ebensowenig  ist 
es  ihm  besonders  hoch  anzurechnen,  daß  er  den  xoivog  X6- 
yo$  zum  sittlichen  princip  erhob ,  denn  wenn  er  sich  in  dieser 
beziehung  von  den  cynikern  entfernte ,  so  war  es  die  autorität 
des  Heraklit,  die  ihn  auf  diese  bahnen  leitete.  Ueberhaupt  aber 
darf  aus  seiuer  Vorliebe  für  Heraklit ,  die  besonders  in  der  na- 
turphilosophie  zum  Vorschein  kommt  und  die  Hirzel  durch  meh- 
rere beispiele  — ■  nicht  immer  mit  gleicher  Schlagkraft  der  be- 
weise —  stützt,  nicht  so  ohne  weiteres  geschlossen  werden,  daß 


Nr.  4.  38.  Cicero.  217 

Kleanthes  dem  Ephesier  nun  etwa  kongenial  gewesen  sei.  — 
Kurz  über  die  von  Kleanthes  handelnde  partie  des  buches 
möchte  ich  das  wort  setzen  :  „habet  si  cum  iudicio  legitur,  quae- 
dam  quae  possis  decerpere" .  —  Die  eigenthümlichkeit  der  nara- 
)rlntiy.(xl  qtavraaiai  soll,  wie  schon  bemerkt,  nach  Hirzel  in  der 
vollkommenen  deutlichkeit  und  bestimmtheit  bestehen,  womit  sie 
sich  uns  darstellen,  und  wodurch  sie  sich  vor  den  ay.ara.X7jn toi 
auszeichnen.  Ich  halte  diese  erklärung  nicht  für  richtig,  ent- 
scheide mich  vielmehr  für  die  von  Ueberweg  vorgetragene. 
Hirzel  weiß  gegen  dieselbe  auch  kaum  etwas  anderes  vorzubrin- 
gen, als  daß,  wenn  der  geist  vermöge  der  aata)rj7TiiKT]  qiavraaia 
die  dinge  außer  uns  ergreift,  diese  dann  nicht  als  £va7zsacpoa- 
yiaixenj  y.u)  ivanofjief*ayf*svtj  bestimmt  werden  könne.  Aber  heißt 
es  denn  nicht  auch  im  lateinischen  :  „an  imprimi  quasi  ceram  ani- 
mum  putamus"l  (Tusc.  I,  25,  61  vgl.  auch  Phil.  II,  24,  58.) 
Cic.  Acad.  I,  11,  41  widerspricht  der  Ueberwegschen  deutung 
durchaus  nicht.  Warum  soll  denn  von  einer  solchen  die  dinge 
ergreifenden  Vorstellung  nicht  gesagt  werden  können  „iis  solum 
(sc.  qpavtaaiui^)  adiungebat  fidem  (sc.  Zeno)  quae  propriam  quandam 
haberent  declarationem  earum  verum  quae  viderentur"?  Warum  soll 
nicht  •AUTa).?]niix!i  cfavTuaia  mit  „id  autem  visum  cum  ipsum  per 
se  cerneretur,  comprendibüe"  erklärt  werden  können?  —  Wo  Hirzel 
vom  purismus  des  Poseidonios  handelt,  wird  eine  stelle  Senecas 
citiert  (p.  421  u.  f.)  und  behauptet,  dem  Seneca  habe  das  wort 
noorfinivov  —  von  Poseidonios  verschmäht  —  nicht  vorgelegen.  Das 
lasse  ich  mir  gefallen.  Nun  erhebt  sich  die  frage,  wie  denn  das 
Senecasche  commodum  und  incommodum  wohl  griechisch  geheißen 
haben  möge.  Hirzel  antwortet:  tl^gi'jazijuu  und  8va^Q^<jTj]^a  ist 
nach  Cic.  De  fin.  III,  69  am  besten  durch  commodum  und  incom- 
modum wiedergegeben.  „Daß  nun  aber  ein  nach  gefälligem  aus- 
druck  strebender  Schriftsteller  wie  Poseidonios  sich  einer  so  plumpen 
bildung,  wie  tvxoi^Ttifxa  ist,  öfter  in  geringen  Zwischenräumen 
bedient  haben  sollte,  ist  nicht  glaublich.  Er  wird  also  statt 
dessen  tv^Qrjoiop  gesagt  haben,  dem  commodum  ebensogut  ent- 
sprach und  dessen  sich  die  stoiker  ebenfalls  zur  bezeichnung  des 
TiQoijyflsrov  bedienten".  Heißt  das  nicht  hypothese  auf  hypothese 
häufen  ,  anstatt  sich  mit  dem  zu  begnügen ,  was  wir  wirklich 
wissen  können?  —  Anderes  übergehe  ich,  nur  das  will  ich 
noch  erwähnen,  daß  ich  vollkommen  P.  Schwenke  beistimme,  der 


218  38.  Cicero.  Nr.  4. 

die  aus  Verg.  Aen.  VI,  724  u.  f.  vgl.  mit  Lact.  Inst.  VII,  7 
gezogene  Schlußfolgerung,  als  habe  sich  bei  Zenon,  wahrschein- 
lich in  seiner  [Jolirsta^  eine  darstellung  der  unterweit  gefunden, 
mit  guten  gründen  widerlegt.  —  Trotz  solcher  ausstellungen  aber, 
die  nur  dazu  dienen  sollen  den  lesern  des  buches  eine  gewisse 
vorsieht  und  kritik  anzuempfehlen,  stehe  ich  keinen  augenblick  an 
zu  behaupten:  die  aufgäbe,  die  sich  verf.  gestellt,  ist  glänzend 
gelöst ;  die  einzelnen  Vertreter  der  stoischen  schule  stehen  in  ih- 
rer philosophischen  bestimmtheit  vor  uns.  ■ — 

II.  Was  die  quelle  von  De  fin.  III  angeht,  so  hatte  Madvig 
Excursus  V  p.  831  folgende  ansieht  vorgetragen :  „quod  autem 
§  57  eos,  qui  post  Diogenem  fuerunt ,  Stoicos  commemorat ,  poterat 
per ■/ weile  .  .  .  ex  Panaetio  aut  Posidonio,  quorum  scripta  magis  tri- 
verat,  huiusmodi  aliquant  sententiam  de  gloria  et  fama  addere11.  In- 
dessen beide ,  Panaetius  wie  Posidonius ,  können  doch  nur  mit 
geringer  Wahrscheinlichkeit  das  recht  beanspruchen  als  Verfasser 
der  von  Cicero  benutzten  griechischen  Originalschrift  zu  gelten 
und  zwar  aus  dem  einfachen  gründe,  weil  sich  ihre  ansichten 
„de  gloria  et  fama"  nicht  mit  den  im  Cicero  ausgesprochenen 
decken.  Vielmehr  ist  Hekaton  nach  Hirzels  sehr  wahrscheinlicher 
hypothese  der  quellenschriftsteller ,  der  ein  umfangreiches  werk 
über  das  höchste  gut  verfaßt  hat.  Zu  ihm  paßt  vortrefflich  die 
darstellung  des  wesens  der  leidenschaft,  des  strebens  nach  lust, 
zu  ihm  paßt  das  urtheil  über  den  rühm ,  zu  ihm  paßt  endlich 
die  ganze  art  und  weise,  wie  die  ansieht  über  den  rühm  vorge- 
tragen wird.  Auch  die  dreitheilung  der  fugenden  in  dialektische 
ethische  und  physische,  die  von  Panaetius  und  Posidonius  aufge- 
geben war,  scheint  der  lehre  Hekatons  nicht  zu  widersprechen. 
Ich  halte  also  diese  Hirzelsche  hypothese  für  Wahrheit. 

Im  4.  und  2.  buch  hat  Cicero  ohne  zweifei  den  Antiochus 
von  Ascalon  (aeQ*<  rslmv?)  zum  führer  gehabt,  doch  irrt  Madvig, 
wenn  er  vorrede  p.  62  sagt:  „quartum  et  quintum  totos  ab  An- 
tiocho  esse  .  .  ostendit  Cicero11.  Die  kritik  der  stoischen  Paradoxa 
(74  f.) ,  mit  dem  vorhergehenden  überdies  nur  äußerlich  zusam- 
menhängend, muß  aus  einer  andern  schrift  genommen  sein,  viel- 
leicht aus  der  schrift  eines  skeptischen  akademikers.  Auch  für 
das  2.  buch  ist,  wie  gesagt,  Antiochus  quelle  trotz  Madvigs  „nee 
dubitari  polest  quin  maxima  pars  Chrysippo  debeatur"  •,  der  philoso- 
phische   Standpunkt    des   gewährsmanns   kann  kein  stoischer  ge- 


Nr.   4.  38.   Cicero.  219 

wesen  sein,  das  weist  Hirzel  überzeugend  nach,  sondern  es  wird 
ein  und  dieselbe  schrift  des  Antiochus  gewesen  sein,  der  auch 
das  4.  u.  5.  buch  entnommen  ist,  denn  der  inhalt  dieser  bücher 
läßt  sich  sehr  wohl  als  zu  einem  ganzen  verbunden  vorstellen. 

Daß  Cicero  das  1.  buch  selbständig  nach  den  quellen  ge- 
arbeitet habe,  ist  nicht  anzunehmen.  Es  muß  vielmehr  aus  der 
schrift  eines  späteren  Epikureers  geflossen  sein  (vgl.  31.  66). 
Zweifelhaft  freilich  bleibt  es ,  ob  Zeno  oder  einer  seiner  anhän- 
ger  Pbilodem  (vgl.  ende  des  2.  buches)  als  Cicero's  gewährsmann 
anzusehen  ist. 

Die  quellenfrage  des  5.  buches  ist  einfach  zu  erledigen,  denn 
Cicero  macht  kein  hehl  daraus ,  daß  der  inhalt  desselben  auf 
Antiochus  zurückgeht.  Hier  erfährt  die  darstellung  der  peri- 
patetischen  ethik  bei  Stobaeus  (Ecl.  II,  p.  244  f.)  eine  ausführ- 
lichere erörterung  (p.  693  —  720),  aus  der  folgt,  daß  in  dieser 
darstellung  die  excerpte  aus  den  Schriften  verschiedener 
peripatetiker  vorliegen  und  daß  keine  einheitliche  quelle  zu  sta- 
tuiren ,  namentlich  auch  die  ansieht  Madvigs  unhaltbar  sei  „ab 
eodem  Antiocho  surnpta  esse,  quae  apud  Toannem  Stobaeensem  pro 
Peripateticis  leguntur". 

Ueber  die  quellen  Ciceros  zu  De  offieiis  hat  uns  die  gunst 
des  Schicksals  sattsam  nachrichten  aufbewahrt,  und  hierdurch 
verführt  stellte  man  die  quellenfrage  gar  nicht  ernsthaft  (Teuffei, 
Heine).  Feststeht ,  daß  der  größte  theil  der  beiden  ersten  bü- 
cher dem  gleichnamigen  werke  des  Panaetius  entnommen  ist ; 
der  schluß  von  I  stammt  aus  Posidonius  (s.  Ep.  ad  Att.  XVI,  11,4), 
der  von  II  aus  Antipater  von  Tyros  oder  Athenodorus  Calvus. 
Für  III  könnte  man  Hekaton  ansetzen,  wahrscheinlicher  jedoch, 
daß  ein  umriß  der  pflichtenlehre ,  den  dieserselbe  Athenodorus 
gegeben,  dem  Cicero  vorgelegen  (s.  Ep.  ad  Att.  XVI,  14,  4.) 

Von  den  exkursen ,  auf  die  ich  hier  natürlich  nicht  näher 
eingehen  kann,  hat  mich  der  5.,  ngaij-joifitru  im  unterschied  von 
nQo?jyiAtia ,  und  der  7.,  Polybius  Stellung  zur  philosophie ,  am 
meisten  interessiert. 

Hirzels  Untersuchungen  bilden  keine  leichte  lektüre,  aber 
um  an-  und  übergelesen  zu  werden,  dazu  sind  sie  auch  nicht  da : 
sie  wollen  studiert  sein.  Wer  sich  forschend  in  sie  vertieft,  wird 
sich  reichlich  belohnt  finden.  Ferd.  Becher. 


220  39.  Grieschische  alterthümer.  Nr.  4. 

39.  Sylloge  inscriptionum  Graecarum  ed.  Guilelmus 
Dittenberger.  Fasciculus  prior  et  posterior.  Lipsiae  apud 
S.  Hirzelium  1883.      8. 

Diese  Sylloge  inscriptionum  graecarum ,  470  nummern  umfas- 
fassend,  enthält  in  minuskeln  „eine  Sammlung  derjenigen  griechi- 
schen inschriften,  welche  für  die  erkenntniß  der  geschichte  und 
der  alterthümer  der  Griechen  besonders  nützlich  sind".  Begleitet 
werden  die  einzelnen  inschriften ,  soweit  sie  der  erklärung  be- 
dürfen,  von  einem  sprachlichen  und  sachlichen  commentar,  der 
in  gedrängter  kürze  alles  zum  verständniß  nothwendige  bietet. 
Der  erste  fascikel  enthält  chronologisch  geordnet  47  inschriften 
aus  der  zeit  bis  zum  ende  des  peloponnesischen  krieges,  70  aus 
der  periode  bis  zum  tode  Alexanders  des  großen,  117  aus  den 
Jahren  bis  zur  Zerstörung  Korinths  und  57  aus  der  römischen 
zeit.  Mit  der  hier  getroffenen  auswahl  wird  man  sich  vollstän- 
dig einverstanden  erklären  können.  Die  inschriften  beziehen  sich 
entweder  auf  ereignisse  von  historischer  bedeutung  oder  enthalten 
aufklärungen  über  staatsrechtliche  Verhältnisse  oder  geben  nach- 
weise über  die  beziehungen  der  einzelnen  Staaten  zu  einander. 
Daß  die  athenischen  inschriften  die  mehrzahl  ausmachen,  ist  so- 
wohl wegen  der  hohen  bedeutung  Athens  als  auch  wegen  der 
großen  zahl  dieser  inschriften  natürlich.  Die  inschriften  des 
zweiten  fascikels  no.  394 — 470  beziehen  sich  auf  die  griechischen 
alterthümer  und  sind  unter  folgende  rubriken  gebracht:  I.  Res 
publicae.  1.  Bei  publicae  forma  ac  partes,  urbis  et  agri  termini. 
2.  Civium  et  peregrinorum  honores  et  privilegia.  3.  Senatus,  magi- 
stratus,  iudicia.  4.  Varia.  II.  Res  sacrae.  1.  Templa  et  delubra, 
simulacra,  donaria,  supellex  sacra.  2.  Sacerdotia.  3.  Sacrificia, 
pompae,  mysteria  aliaeque  caerimoniae.  4.  Certamina  gymnica,  mu- 
sica ,  scaenica.  5.  Varia.  III.  Vita  privata.  Ein  Studium  der 
historischen  inschriften  im  ersten  fascikel  wird  denjenigen,  wel- 
cher sich  mit  griechischer  geschichte  beschäftigt,  in  den  ver- 
schiedensten beziehungen  anregen  und  fördern.  Zugleich  kann 
eine  solche  Sammlung  auch  alle  Urkunden  enthalten,  welche  von 
wirklicher  bedeutung  sind.  Das  letzte  ist  bei  dem  großen  um- 
fange des  vorhandenen  materials  für  die  inschriften  der  zweiten 
classe  nicht  möglich.  Der  zweck  einer  solchen  Sammlung  kann 
deshalb  auch  nur  der  sein ,  durch  Zusammenstellung  einzelner 
Urkunden  zu   exemplificieren ,    wie  sich  das  öffentliche,    cultliche 


Nr.   4.  40.  Griechische  alterthümer.  221 

und  private  leben  der  Griechen  nach  verschiedenen  richtungen 
hin  gestaltet  hat.  Den  zweck  dagegen  für  ein  selbständiges  Stu- 
dium dieser  Verhältnisse  das  material  zu  beschaffen  kann  eine 
solche  auswahl  nicht  erfüllen.  Ihr  praktischer  erfolg  wird  des- 
halb im  besten  falle  nur  der  sein,  in  weiteren  kreisen  das  inter- 
esse  für  die  griechischen  antiquitäten  zu  erwecken  und  zu  selb- 
ständigem Studium  anzuregen ,  das  sich  dann  freilich  mit  dem 
hier  gebotenen  nicht  wird  begnügen  dürfen.  Wird  aber  dieser 
zweck  erreicht,  so  ist  damit  schon  viel  gewonnen ,  und  so  trägt 
auch  diese  zweite  Sammlung  ihre  hinreichende  existenzberechti- 
gung  in  sich.  Daß  dem  subjectiven  ermessen  bei  der  auswahl 
dieser  auf  die  griechischen  antiquitäten  bezüglichen  inschriften 
ein  noch  weiterer  Spielraum  gelassen  ist ,  als  bei  der  Sammlung 
der  historischen  Urkunden,  liegt  in  der  natur  der  sache,  und  es 
würde  unrecht  sein,  deswegen  vielleicht  in  dem  einen  oder  an- 
dern puncte  mit  dem  Verfasser  zu  rechten.  Das  gleiche  gilt 
auch  von  dem  erklärenden  commentar,  von  dem  man  sagen  kann, 
daß  er  in  knapper,  aber  doch  erschöpfender  form  musterhaft  an- 
gefertigt ist.  Der  vollständige  literaturnachweis,  welcher  für  die 
einzelnen  inschriften  geboten  wird,  ermöglicht  in  allen  fällen  ein 
selbständiges  Studium  der  an  die  einzelnen  Urkunden  sich  knü- 
pfenden fragen.  Gustav  Gilbert. 


40.  K.  F.  Hermann' s  lehrbuch  der  griechischen  anti- 
quitäten. Neu  herausgegeben  von  H.  Blüm n er  und  W.  Dit- 
tenberger.     In  4  bänden. 

Bd.  IV.  lehrbuch  der  griechischen  privatalterthümer.  Dritte 
vermehrte  und  verbesserte  aufläge.  Nach  der  zweiten  von  K. 
B.  Stark  besorgten  aufläge  umgearbeitet  und  herausgegeben  von 
Hugo  Blümner.     Freiburg  und  Tübingen  1882.     8. 

Als  die  Verlagsbuchhandlung  von  Mohr  in  Freiburg  in  ih- 
rem Philologischen  anzeiger  1883  no.  3  eine  neue  bearbeitung 
von  K.  F.  Hermanns  Lehrbuch  der  griechischen  antiquitäten  an- 
kündigte und  in  dem  prospekt  die  grundsätze  entwickelt  wurden, 
welche  für  die  neue  aufläge  maßgebend  sein  sollten  ,  da  mochte 
dies  vorhaben  mit  freude  begrüßt  werden,  wenigstens  soweit  man 
eine  darstellung  der  griechischen  alterthümer  wünschte,  „welche 
den  anforderungen  der  gegenwart  in  jeder  hinsieht  entspräche 
und  die  ergebnisse  der  seit  dem  tode  des  ursprünglichen  ver- 
Philol.  Anz.  XIV.  16 


222  40.  Griechische  alterthümer  Nr.  4. 

fassers  so  erfolgreich  fortgeschrittenen  wissenschaftlichen  arbeit 
zusammenfaßte".  Aber  vielleicht  manchem  mögen  zweifei  auf- 
gestiegen sein  darüber,  ob  die  bearbeitung  von  Hermanns  alter- 
thümern ,  eines  buches,  das  anerkanntermaßen  an  recht  vielen 
mangeln  litt  und  kaum  einen  vorzug  aufzuweisen  hatte,  ein  glück- 
licher gedanke  sei;  lag  doch  die  befürchtung  nahe,  selbst  wenn 
sich  überhaupt  aus  dem  buche  etwas  machen  ließe ,  die  heraus- 
geber  möchten  sich  mehr  als  gut  durch  pietät  gegen  den  ur- 
sprünglichen Verfasser  gebunden  fühlen.  Man  weiß  ja,  welche 
lästige  fessel  eine  solche  Verpflichtung  ist ,  und  das  resultat  ist 
immer  mehr  oder  weniger  flickwerk.  Hätten  sich  die  heraus- 
geber  nicht  zu  einem  ganz  neuen  werk  verbinden  können !  dann 
hätten  sie  viel  zielbewußter  zu  arbeiten  vermocht ,  hätten  sich 
gewiß  die  frage  vorgelegt,  welche  aufgäbe  soll  ein  derartiges 
lehrbuch  erfüllen;  und  dem  ziele  entsprechend  wäre  die  darstel- 
lung  eine  andere  geworden.  Die  grundsätze,  nach  denen  im 
einzelnen  verfahren  werden  sollte ,  änderung  der  druckeinrich- 
tung,  gründliche  revision  der  kritisch-exegetischen  grundlage  der 
darstellung,  gewissenhafte  verwerthung  der  wissenschaftlichen  lit- 
teratur,  ausnutzung  des  hinzugekommenen  reichen  epigraphischen 
materials  dürften  gewiß  von  vornherein  auf  allseitige  billigung 
rechnen.  —  Zunächst  ist  nun  der  vierte  band  erschienen ,  die 
privatalterthümer,  von  Blümner  bearbeitet.  Mit  den  beiden  frü- 
heren auflagen  verglichen  fehlt  ihm  der  bisherige  vierte  haupt- 
theil:  die  rechtsalterthümer.  Mit  vollem  recht  sind  dieselben 
abgetrennt.  Nicht  denselben  muth  hat  Blümner  gehabt  dem  er- 
sten haupttheil  gegenüber  „das  griechische  land  und  volk  nach 
seinem  physischen  und  sittlichen  Charakter  betrachtet".  Und 
doch  spricht  er  sich  in  der  vorrede  p.  V  also  aus:  „Dieser  theil 
scheint  sich  auch  an  einem  ungeeigneten  platze  zu  befinden." 
(Richtiger  wäre  wohl :  „befindet  sich").  Aber  die  ablösung,  meint 
er ,  sei  bedenklich  gewesen ;  hätte  nämlich  derselbe  als  allge- 
mein orientirende  einleitung  dem  ganzen  werke  vorangeschickt 
werden  sollen,  so  hätte  seine  Umgestaltung  eine  so  durchgreifende 
werden  müssen,  daß  sie  über  den  plan  und  den  umfang  des 
lehrbuchs  hinausgegangen  wäre.  So  kann  ich,  grade  wie  es  mir 
paßt,  alles  entschuldigen :  thatsache  ist,  daß  auch  in  der  neube- 
arbeitung  der  anordnung  des  Stoffes  mängel  anhaften,  welche  bei 
der.  ursprünglichen  entstehung  des   buches  erklärlich  waren,  aber 


Nr.   4.  40.  Griechische  alterthümer.  223 

unter  keinen  umständen  in  die  dritte  verbesserte  aufläge  hin- 
übergerettet werden  durften.  Und  wenn  irgendwo,  so  war  in 
diesem  abschnitt  eine  gründliche  Umarbeitung  dringend  erforder- 
lich und  eine  Vervollständigung  nothwendig.  So  hätte  beispiels- 
weise bei  erbrterung  der  bevölkerungsziffer  für  Attika  auf  p.  4 
die  treffliche  behandlung  dieser  frage  bei  Fränkel,  die  attischen 
geschworenengerichte  p.  3  ff . ,  verwerthet  werden  müssen.  Nir- 
gends kommt  das  buch  in  seinem  ersten  theil  über  die  allertri- 
vialsten  dinge  hinaus ;  §  4  und  §  5  weisen  nicht  viel  mehr  als 
allgemeine  redensarten  auf;  hier  findet  sich  ein  fehler  der  me- 
thode ,  welcher  auch  in  den  folgenden  partieen  des  buches  sehr 
zum  schaden  der  Wahrheit  und  richtigkeit  vorkommt :  nämlich 
die  unbedachtsame  Verallgemeinerung  irgend  welcher  autoren- 
stelle.  So  fließt  vielfach  ununterschieden  zusammen ,  was  als 
charakteristischer  besitz  des  griechischen  volkes  oder  einzelner 
abtheilungen  desselben  und  was  als  frei  erworbenes  eigenthum 
einzelner  männer,  besonders  der  philosophen,  zu  betrachten  ist. 
Vor  allen  dingen  muß  das  gesammtbild  ein  falsches  werden, 
wenn  die  ergebnisse  specifisch  philosophischer  Spekulation  nicht 
ausreichend  abgesondert  werden  von  dem  wirklichen  thatbestand 
und  den  allgemein  üblichen  Vorstellungen.  Die  lokalen  beson- 
derkeiten ,  die  zeitlichen  Veränderungen  werden  wohl  zuweilen 
hervorgehoben ,  aber  die  leidige  Lückenhaftigkeit  des  materials, 
welche  einer  systematischen  darstellung  unüberwindliche  Schwie- 
rigkeiten entgegenstellt,  verführt  immer  wieder  zu  übermäßiger 
generalisirung.  So  scheint  es  mir  beispielsweise  sehr  fraglich, 
ob  Od.  XVIII,  328  in  der  weise  verallgemeinert  werden  darf, 
wie  es  auf  p.  125  und  127  geschieht.  Danach  soll  Homer 
Schmiedewerkstätten  ganz  allgemein  als  nächtliche  herberge  hei- 
mathloser  und  bettler  bezeichnen.  Wenn  Melantho  den  bettler 
gehen  heißt  xuXxijiuv  i<;  dc^of,  so  antwortet  sie ,  meine  ich,  da- 
mit nur  auf  das  anerbieten  des  vermeintlichen  bettlers ,  für  das 
feuer  im  königssaale  sorgen  zu  wollen :  Willst  du  feuer  unter- 
halten, so  geh  in  die  schmiede,  da  kannst  du  es,  hier  brauchen 
wir  dich  nicht.  Die  auslegung  halte  ich  für  die  einzig  mögliche, 
mehr  daraus  zu  folgern,  für  nicht  angänglich.  Ebenso  verhäng- 
nißvoll  für  die  darstellung  ist  das  hineinspielen  unserer  moder- 
nen empfindungen  und  anschauungen,  besonders  auf  dem  gebiet 
der  familie  und  der  Sittlichkeit.     Wer  derartige  Verhältnisse  vom 

16* 


224  40.  Griechische  altertlriimer.  Nr.  4. 

Standpunkt  unsers  modernen  christlichen  lebens  beurtheilt,  wird 
ungerecht ;  die  aufgäbe ,  die  zu  lösen  ist ,  besteht  vielmehr  nur 
darin ,  eine  andersgeartete  lebensauffassung  zu  begreifen ,  nicht 
über  sie  abzuurtheilen  •,  so  stellen  z.  b.  in  §30  (die  ehe  und  ihre 
rücksichten)  die  allgemeinen  erwägungen  die  bezüglichen  erschei- 
nungen  in  falsche  beleuchtung;  hier  ist  die  historische  betrach- 
tungsweise  die  einzig  zulässige.  Der  ehe  ging  einst  der  kauf 
voraus.  Auch  darüber ,  wie  weit  die  blutsverwandtschaft  ein 
hinderniß  für  die  ehe  ist,  brauchen  sich  nicht  immer  die  mei- 
nungen  gleich  zu  bleiben  oder  zu  decken ,  nur  daß  diese  nicht 
immer  und  an  allen  orten  dieselben  waren,  ist  leicht  erweislich, 
selbst  mit  bloßer  berücksichtigung  der  griechischen  geschichte. 
Auf  dem  umgang  zwischen  eitern  und  kindern  ruht  der  fluch  : 
das  lehrt  uns  die  Oedipussage.  Nicht  anstößig  scheint  in  älte- 
ster zeit  die  geschwisterehe  gewesen  zu  sein ,  sie  spielt  ja  im 
mythos.eine  hervorragende  rolle.  Bei  Homer  ist  sie  jedoch  be- 
reits auf  die  götter  und  götterhafte  personen  beschränkt ;  zwi- 
schen Stiefgeschwistern  ist  die  ehe  auch  später  noch  als  zulässig 
erachtet  worden.  —  Doch  sehen  wir  von  diesen  mehr  prinzi- 
piellen fragen  ab  und  prüfen  wir,  wie  es  mit  der  durchführung 
der  von  den  bearbeitern  selbst  aufgestellten  grundsätze  steht. 
Die  brauchbarkeit  des  buches  sollte  durch  eine  änderung  der 
druckeinrichtung  erhöht,  die  vertheilung  des  Stoffes  zwischen  text 
und  noten  im  interesse  größerer  Übersichtlichkeit  geändert  werden. 
Und  gewiß  ist  die  benutzung  des  buches  in  dieser  beziehung 
bequemer  geworden,  aber  es  hätte  sich  wohl  manches  noch  prak- 
tischer anlegen  lassen,  besonders  wenn  man  darauf  ausgehen 
wollte ,  bei  möglichster  beschränkung  des  umfangs  einen  mög- 
lichst reichen  inhalt  zu  bieten.  Was  hat  es  z.  b.  für  einen  werth, 
wenn  die  citate  sich  immer  und  immer  wieder,  nachdem  bei  be- 
ginn eines  abschnittes  die  litteratur  aufgezählt  ist ,  wiederholen 
derart,  daß  bei  jedem  einzelnen  punkt  dieselben  bücher  ange- 
führt werden  mit  hinzufügung  der  entsprechenden  Seitenzahl. 
Ich  schlage  §  37  leibesübungen  auf.  P.  341,  anmerk.  4  werden 
die  bücher  von  Grasberger  und  Krause  citirt.  Auf  den  nun 
folgenden  zehn  Seiten,  welche  den  genannten  gegenständ  behan- 
deln, werden  diese  beiden  werke  fort  und  fort  von  neuem  an- 
geführt, so  daß  der  name  Krause  15  mal,  der  name  Grasberger 
sogar  25  mal  begegnet.     Das  muß  den  leser  denn  doch  ermüden 


Nr.   4.  4U.   Griechische  alterthümer.  225 

uud  belästigen.  Nach  den  worten  des  textes  auf  p.  347  :  „der 
wurf  mit  dem  diskos  (ßtaxoßoXia)"  werden  wir  in  die  anmerkun- 
gen  verwiesen  und  dort  aufgefordert  zu  vgl.  Krause  p.  439  ff.  ; 
Grasherger  I,  321  ff. ;  III,  197.  Zwei  zeilen  weiter  werden  wir 
wieder  veranlaßt ,  unsere  äugen  nach  unten  zu  richten ,  um  da- 
selbst zu  finden:  vgl.  Krause  p.  465  ff.;  Grasberger  I,  327  ff.; 
III,  168  ff.  Kaum  vier  zeilen  weiter,  und  eine  zahl  im  text 
lockt  unsere  blicke  nach  dem  fuß  der  seite,  wo  wir  dann  lesen: 
Krause  p.  497  ff. ;  Grasberger  I,  338;  III,  205  ff.  Eine  solche 
citirmethode  ist  doch  fast  lächerlich  und  kann  kaum  einen  an- 
dern zweck  haben,  als  räum  zu  füllen.  Dafür  werden  wir  zum 
ausgleich  auf  derselben  seite  in  vieler  hinsieht  im  stich  gelassen. 
Im  text  ist  vom  Speerwerfen  die  rede  ;  dazu  sei  ein  mit  einer 
schleife  versehener  speer  benutzt.  Ein  denkender  leser  fragt 
sich :  an  welcher  stelle  des  Speers  befand  sich  denn  die  er- 
wähnte schleife?  Ein  handbuch  der  griechischen  alterthümer 
braucht  ihm,  scheint  es,  darauf  keine  antwort  zu  geben  und  ihm 
zu  sagen ,  daß  die  schleife  in  der  mitte  des  Speers  angebracht 
war.  Zweitens  kann  natürlich  auch  gänzlich  ignorirt  werden, 
daß  statt  der  schleife  auch  offene  zweitheilige  riemen  demselben 
zweck  dienten.  Welches  dieser  zweck  gewesen  sei ,  danach  hat 
ja  natürlich  ein  handbuch  der  griechischen  alterthümer  auch  nicht 
zu  fragen,  das  sind  wohl,  wie  Blümner  vorrede  XIII  sich  aus- 
zudrücken beliebt,  details,  welche  dem  charakter  eines  handbuchs 
nicht  mehr  angemessen  sind,  ähnlich  wie  p.  483,  wo  von  der 
art  und  weise  gehandelt  wird  ,  wie  vier  pf'erde  vor  den  wagen 
gespannt  wurden,  wieder  als  überflüssig  angesehen  wird,  zu  be- 
merken, daß  die  stränge,  an  denen  die  äußeren  pferde  liefen,  an 
der  Vorderseite  des  wagenbügels  befestigt  wurden.  Ferner  wird 
behauptet,  beim  speerwurf  habe  es  sich  darum  gehandelt,  nicht 
nach  einem  bestimmten  ziel ,  sondern  so  weit  als  möglich  zu 
werfen  und  dafür  auf  Lucian  Anach.  27  rekurrirt.  Diese  stelle, 
das  muß  anerkannt  werden ,  berücksichtigt  allerdings  nur  die 
weite  des  wurfes,  ist  denn  aber  damit  ein  bestimmtes  ziel  un- 
vereinbar? Man  denke  doch  nur  an  unser  ger- werfen;  und 
dafür  sprechen  auch  darstellungen,  auf  denen  der  werfende  knie- 
end  erscheint.  Auch  die  anmerkungen  dieser  seite  347,  soweit 
sie  nicht,  wie  die  drei  erwähnten,  aus  nackten  buch-  und  seiten- 
citaten  bestehen,  hätten  mit  Leichtigkeit  inhaltsvoller  gefaßt  sein 


22Q      .  40.   Griechische   alterthiimer.  Nr.   4. 

und  den  Stoff  vollständiger  verarbeiten  können.  In  anrnerk.  2 
ist  die  Schilderung  des  Myronischen  diskobols  bei  Lucian  Phi- 
lops.  81  (sie,  soll  heißen  18)  abgedruckt  mit  der  aufforderung 
Welcker,  Alte  denkmäler  I,  417  ff.  zuzuziehen.  Dann  wird  eben- 
falls abgedruckt  Luc.  Anach.  27  allerdings  nicht  fehlerlos-,  statt 
hinter  noggco  steht  hinter  (pilotiiiovftsvoi  das  interpunktionszeichen, 
statt  imegßdlotzo  giebt  Blümner  vnegßdlloim.  Beide  stellen 
dem  Wortlaut  nach  vorzufinden,  ist  ja  ganz  angenehm,  aber  nütz- 
licher wäre  es  unbedingt  gewesen ,  die  bildwerke  zu  nennen, 
welche  die  verschiedenen  momente  des  diskoswurfes  veranschau- 
lichen. Wir  sind  ja  in  der  glücklichen  läge  es  zu  können.  Auch 
über  große  und  schwere  des  diskos  muß  man  orientirt  sein,  um 
sich  ein  urtheil  über  den  werth  eines  wurfes  bilden  zu  können. 
Was  giebt  da  das  handbuch  ?  Es  wird  erwähnt,  daß  ein  antiker 
diskos  von  bronce  aus  Aegina  sich  im  Berliner  museum  befinde 
mit  darstellungen  eines  Springers  und  eines  Speerwerfers.  Ganz 
schön  und  gut,  aber  warum  werden  wir  nicht  durch  die  angäbe 
des  gewichts  (2  kgr.)  und  der  große  (durchmesser  21  cm)  erfreut. 
Dafür  hätten  wir  gerne  verzichtet  auf  den  satz :  „die  große  des 
diskos  (auch  xvlldgaßtg  genannt)  für  einen  nalg  ntriu&lag  als 
festen  vergleichungspunkt  benutzt  bei  Paus.  I,  35,  5".  Was 
gewinnen  wir  damit?  Nichts  als  selbstverständliches,  oder  sollte 
in  dem  orakelhaften  des  ausdrucks  doch  ein  tieferer  sinn  liegen  ? 
Ist  es  etwa  nur  die  gelegenheit,  um  den  ausdruck  >iv7ddgaßig 
einzuführen?  Steht  es  denn  wirklich  fest,  daß  der  diaxog  auch 
•AvlXdgaßig  genannt  wurde?  Ich  weiß  nicht,  woher  diese  be- 
zeichnung  stammt,  denn  Hesych  ist  dafür  der  einzige  gewährs- 
mann,  jedenfalls  kann  sie  nur  als  Epitheton  omans  des  diskos 
fungirt  haben  oder  dem  n&adyy.vlov  entsprechend  in  Eur.  Phoen. 
1141  (siehe  unten).  Konnte  er  dem  wünsche  nach  einem  zweiten 
ausdrucke  nicht  widerstehen,  so  wäre  es  ohne  zweifei  passender 
gewesen,  das  Homerische  wort  <t6\og  zu  erwähnen  mit  angäbe 
des  Unterschiedes  zwischen  beiden  benennungen.  Anmerk.  4  zu 
Speer  beginnt  uxoov  ,  uy.6tn.or,  unoropidg ,  atyvvvog,  xovrog,  Poll. 
III,  151.  Was  soll  diese  aufzählung  von  theilweise  sehr  seltenen  und 
nur  bei  lexikographen  sich  findenden  vocabeln?  termini  technici 
sind  doch  bekanntermaßen  sehr  constant ;  der  in  frage  kommende 
speer  hatte  den  namen  uxorziov ,  wenigstens  von  einer  gewissen 
zeit  an  (Homer  nennt  für  diesen   zweck  alyarirj ,   Pindar  uxeor), 


Nr.  4.  40.  Griechische  alterthümer.  227 

das  wort  amvriov  wird  von  allen  stets  gebraucht  worden  sein, 
und  niemand  hat  aiyvvvog  dafür  gesagt.  Und  weiter,  meint 
Blümner  etwa,  diese  aufzählung  stände  bei  Poll.  III,  151,  so 
irrt  er;  dort  liest  man  y.at  ri  axottiov  zur  nvrzudktor  y.alelzat 
unoTOfiev^  (A.  unoznui] ,  C.  utzotkuu^),  worin  ich  als  sinn  ver- 
muthe :  auch  das  Speerwerfen  ist  eine  abtheilung  des  fünfkainpfs, 
so  sehr  dagegen  auch  Poll.  X,  64,  Hesych  s.  v.  änozofiäöa  und 
scholien  zu  Pind.  Isth.  I,  30  sprechen.  Die  schleife ,  lautet  es 
weiter  in  der  besagten  anmerkung ,  heißt  uszäy-Avlov  (gemeint 
ist  iiüßuyy.vloi).  Ist  das  richtig?  Ich  dächte  die  schleife  heißt 
«j'xi'A//,  das  hätte  Blümner  aus  dem  sonst  so  oft  und  gern  ci- 
tirten  Pollux  (1,136)  erfahren  können  ;  ucijdyxvlov  ist  adjektivum, 
dem  uv.nirioi  als  attribut  beigelegt,  weil  die  schleife  in  der  mitte 
desselben  angebracht  war,  so  vertritt  es  denn  dieses  wort  in 
dichterischer  diktion  (Eur.  Phoen.  1141),  oder  Eur.  Andr.  1133 
werden  oifftol  utaayy.vlni  genannt.  Anmerk.  5  enthält  wieder 
bedenklichere  druckfehler:  statt  Corp.  Inscr.  Att.  IV,  316  muß 
es  heißen  II,  316  (und  warum  nicht,  um  räum  zu  ersparen,  die 
ganz  übliche  abkürzung  CIA?)  statt  y.a7U7ztlTcnftrtjg  ist  zu  lesen 
xazanu/.rucfir'z^c. 

Und  das  sind  alles  ausstellungen,  die  eine  einzige  seite  an- 
gehen. Kritik,  Vollständigkeit,  anschaulichkeit  läßt  zu  wünschen 
übrig.  Was  gegeben  wird,  ist  eine  unzuverlässige,  willkürliche, 
oberflächliche  aufzählung.  Bei  auffallender  Weitschweifigkeit  und 
mäßiger  stilisirung  gewährt  sie  keineswegs  eine  anschauliche  Vor- 
stellung. Schon  die  große  zahl  der  mängel  auf  einer  seite 
schließt  die  annähme  aus ,  daß  diese  zufällig  eine  unglückliche 
des  buches  sei  •,  ich  habe  sie  zunächst  ganz  willkürlich  heraus- 
gegriffen. Auch  stellen,  wo  nicht  soviel  positives  material  zu 
verarbeiten  war,  sind  nicht  besser  gerathen.  Seite  342  empfiehlt 
das  lehrbuch  eine  scharfe  trennung  zwischen  den  leibesübungen 
der  griechischen  knaben  und  epheben  einerseits  und  den  kampf- 
arten andrerseits,  die  zu  den  festspielen  des  griechischen  kultus 
gehörten  und  für  deren  Schaustellung  sich  einzelne  athleten  be- 
rufsmäßig einübten.  Bei  diesen  letzteren  sei  demnach  die  kör- 
perübung  als  Selbstzweck  ,  bei  den  ersteren  lediglich  als  mittel 
zur  allgemeinen  ausbildung  des  menschen  betrachtet  worden, 
und  demgemäß ,  heißt  es  weiter ,  wird  auch  im  einzelnen  jeder 
Schluß  von   dem  einen  gebiete   auf   das  andere  nur  mit  vorsieht 


228  40.  Griechische  alterthtimer.  Nr.   4. 

zu  machen  sein ,  zumal  die  meisten  Übungen ,  welche  einen  be- 
standtheil  der  athletik  ausmachten,  auch  in  der  turnerischen  ju- 
gendbildung  angewandt  wurden.  Der  letzte  zusatz  läuft  der 
unmittelbar  vorangegangenen  behauptung  schnurstracks  zuwider : 
ist  derselbe  richtig,  so  fällt  die  voranstehende  argumentation  in 
sich  zusammen.  Was  soll  man  zu  einer  solchen  bearbeitung  sa- 
gen? Noch  ein  anderes  mal  hat  diese  form,  die  zusätze  unter- 
zubringen, den  Zusammenhang  gestört.  P.  105  spricht  der  Wort- 
laut :  „dazu  kommen  noch  die  gartengewächse ,  deren  kultur 
gleichfalls  in  manchen  gegenden  eine  große  höhe  erreichte,  zu- 
mal man  derartige  anlagen  häufig  bei  geweihten  quellen  oder 
in  tempelbezirken  anlegte"  ohne  weiteres  für  oder  vielmehr  ge- 
gen sich. 

§  51  von  den  Verbindungsmitteln  zu  wasser  und  zu  lande 
hat  seinen  ersten  satz  aus  der  1.  aufl.  bis  in  die  dritte  verbes- 
serte hinübergerettet;  dadurch  ist  er  immer  noch  nicht  besser 
und  verständlicher  geworden :  „die  Verbindungsmittel  mit  fremden, 
ja  entlegenen  gegenden  mußten  immer  mehr  erweitert  und  ent- 
wickelt werden".  Der  nächste  satz  ist  zum  theil  neu,  aber  weil 
der  gedanke,  daß  neuere  genauere  ortskenntniß  die  vermuthung 
widerlegt  habe,  in  früherer  zeit  seien  die  landstraßen  besser  ge- 
wesen, als  später,  modificirend  hinzutreten  sollte ,  so  leidet  nun- 
mehr die  ganze  periode  an  einem  offenbaren  Widerspruch.  Was 
nämlich  der  Vordersatz  mit  dem  neu  hinzugetretenen  gedanken 
negirt,  wird  im  nachsatz  nichtsdestoweniger  bejaht:  „schriftliche 
Zeugnisse,  wie  deutliche  spuren  im  lande  selbst  legten  zeugniß 
für  das  einstmalige  Vorhandensein  von  fahrbaren  Straßen  ab."  Es 
wäre  vielleicht  rathsam  gewesen ,  dem  neuen  gedanken  nicht  so 
uneingeschränkt  räum  zu  geben ;  er  gründet  sich  auf  die  behaup- 
tung von  Wyse,  An  excursion  in  the  Peloponnes  I,  250  und  Bur- 
sian,  Geogr.  II,  105  (anmerk.  1),  daß  der  einzig  mögliche  paß 
durch  das  Taygeton  zwischen  Sparta  und  Pherae,  der  sogenannte 
Langadapaß ,  nie  für  wagen  zu  befahren  gewesen  sei.  Leider 
waren  die  akten  in  dieser  Untersuchungssache  noch  nicht  ge- 
schlossen. Daß  der  heut  benutzte  weg  mit  wagen,  wie  sie  sich 
unserer  Vorstellung  aufzudrängen  pflegen ,  nicht  passirbar  sein 
würde ,  das  wird  jeder ,  der  den  weg  selbst  gegangen  ist ,  gern 
einräumen.  Aber  welches  recht  haben  wir,  gleich  wagen  un- 
serer  struktur   dort    fahren  zu    lassen?     Der  griechische  wagen, 


Nr.    4.  40.   Griechische  alterthümer.  229 

au  den  mau  dabei  zu  denken  hat,  hatte  zwei  räder,  diese  waren 
sehr  breit  und  von  kleinem  durchmesset' ,  der  wagenkorb  war 
leicht :  mit  solchem  geführt  kann  man  schon  alle  möglichen  ter- 
rainschwierigkeiten  überwinden.  Davon  abgesehen  sind  nun 
wirklich  von  einem  Griechen  Komninos  die  spuren  eines  antiken 
geleiseweges  von  Pherae  durch  die  Langada  nach  Sparta  nach- 
gewiesen worden.  Die  ergebnisse  seiner  Untersuchungen  hat  er 
schon  1874  veröffentlicht,  und  neuerdings  haben  sie  bestätigung 
erhalten  von  Adolf  Bötticher  (Auf  griechischen  landstraßen,  Berl. 
1883,  p.  76).  Während  diese  aufgefundenen  spuren  beweiskraft 
haben,  bedeutet  dagegen  der  p.  480  anmerk.  3  hervorgehobene 
umstand,  daß  der  name  dyuoaia  noch  erhalten  sei  für  die  ge- 
birgsstraße  von  Tegea  zum  Eurotasthai ,  gar  nichts.  An  einen 
ununterbrochenen  Zusammenhang  des  heutigen  mit  dem  alten 
Griechenland  glaubt  niemand  mehr ,  und  wer  die  angezogene 
stelle  in  Bursians  geographie  nachliest,  wird  sich  sofort  über- 
zeugen, daß  Blümner  ihn  gänzlich  mißverstanden  hat.  Ein  äu- 
ßerst geistreicher  satz  ist  p.  481  f.:  „was  die  fuhrwerke  betrifft, 
so  können  die  Streitwagen  der  homerischen  helden  hier  begreif- 
licherweise zunächst  nur  insofern  in  betracht  kommen ,  als  ihre 
wesentlichen  theile ,  als  obergestell ,  achse ,  räder  und  joch  auch 
auf  jede  andere  art  von  wagen  ihre  anwendung  finden",  und 
wenn  wir  überdies  noch  in  die  anmerkungen  verwiesen  werden, 
um  ihn  verstehen  zu  lernen,  und  daselbst  lesen  :  Plat.  Theaetet. 
p.  207  A :  dyan&nsv  av  ^(ür^dtv^sq  o,  n  iarlv  aualga,  ei  t/ofttv 
sineir  rpojjot,  «£&>»•,  i'7i?qtsqius  ur7vyeg,  Lvyör,  so  wird  die  sache 
dadurch  nicht  besser-,  es  ist  das  eine  zwecklose  raumverschwen- 
dung  und  eine  seltene  geschmacklosigkeit,  die  das  vergnügen  an 
der  lektüre  des  buches  nicht  erhöht.  Und  trotz  alledem  werden 
wir  über  das  eigentlich  charakteristische  dieser  wagen  nicht  un- 
terrichtet. Sich  einen  begriff  zu  machen  von  der  weise ,  wie 
Blümner  gearbeitet  hat ,  könnte  schon  folgender  fall  allein  aus- 
reichen. In  §  12  die  sklaven  wird  auf  p.  85  über  die  preise, 
die  für  sklaven  gezahlt  wurden ,  gesprochen ;  das  einschlagende 
material  dafür  wird  in  anmerk.  4  beigebracht,  darunter  auch 
inschriftliche  angaben.  Nach  CIA  I,  277  stelle  sich  der  preis 
in  der  regel  auf  2 — 3  minen ,  nur  die  Syrer  seien  höher  be- 
zahlt worden,  mit  4 — 5  minen.  Nun  sind  v.  15 — 30  folgende 
angaben  sicher:   165.   135.   170.   105.  161.   220.   115.   144.121. 


230  40.  Griechische  alterthümer.  Nr.   4. 

153.  174.  72  (für  ein  aatdior).  151.  170  drachmen,  und  auch 
Blümner  rechnet  p.  444  die  mine  zu  100  drachmen ;  danach 
hätte  sein  resultat  doch  wohl  sein  müssen :  durchschnittspreis 
1 — 2  minen.  Und  wenn  der  eine  erwähnte  Syrer  240,  der  an- 
dere 301  drachmen  gekostet  hat,  so  würde  ich  daraus  als  durch- 
schnittspreis berechnen  2  —  3  minen,  wobei  immer  noch  fraglich 
bleibt,  ob  diese  preise  den  üblichen  durchschnittswerth  von  Skla- 
ven ende  des  5.  Jahrhunderts  repräsentiren.  Es  handelt  sich 
um  eine  von  staatswegen  durch  die  poleten  besorgte  Veräußerung, 
der  maximalwerth  pflegt  in  solchen  fällen  selten  erreicht  zu 
werden.  Doch  das  nebenbei;  auch  wird  bisher  mancher  abge- 
neigt sein ,  den  angeführten  zahlen  gewicht  beizulegen ,  und  in 
Blümners  sätzen  nur  einen  kleinen  rechenfehler  erblicken  wollen. 
Leider  wird  diese  annähme  ausgeschlossen ,  wenn  Blümner  auf 
der  folgenden  seite  86  den  beweis  dafür,  daß  die  sklaven  der 
Griechen  meist  barbaren  gewesen  seien,  durch  eine  inschrift  er- 
bringt. Anmerk.  2  „auf  einer  inschrift  in  der  'Ayyuinl.  'Etp^ft. 
f.  1869,  p.  337  n.  409,  auf  der  eine  liste  verkaufter  gegen- 
stände enthalten  ist,  sind  die  sklaven  bezeichnet  als  u.  s.  w.". 
Daß  dies  keine  andere  inschrift  ist,  als  die,  welche  er  auf  p.  85 
mit  CIA  I.  277  angeführt  hat,  das  merkt  Blümner  nicht;  mit 
welcher  Sorgfalt  muß  er  da  gearbeitet  haben  ?  Ueberhaupt  ist 
die  verwerthung  der  inschriften  eine  sehr  mangelhafte  und,  wie 
man  annehmen  muß,  vom  zufall  abhängig. 

So  hätte  z.  b.  bei  der  erwähnung  des  asylrechts  bestimmter 
tempel  (p.  90  f.)  auch  der  in  der  mysterieninschrift  von  Andania 
enthaltenen  diesbezüglichen  bestimmungen  gedacht  werden  kön- 
nen, ebenso  konnten  gewisse  andere  partien  derselben  den  un- 
terschied illustriren  zwischen  freien  und  sklaven,  so  weit  derselbe 
in  der  bestrafung  für  vergehen  zum  ausdruck  kommt  (auch  Dem. 
24,167  vermißt  man  dabei  ungern).  Warum  wird  nicht  p.  423 
CIA  II,  11  citirt  als  beleg  dafür,  daß  durch  wechselseitige 
Staatsverträge  fremde  kaufleute  dem  eingebornen  in  allen  rechts- 
fragen  privater  natur  völlig  gleichgestellt  werden?  Wo  von  der 
bedeutung  der  seher  gehandelt  wird  (p.  475) ,  hätte  auch  Hie- 
rokles  aus  Oreos  erwähnung  finden  sollen  mit  anführung  von 
CIA  IV,  27a,  z.  66  und  Aristoph.  Fried.  1944«.  In  §49  kapi- 
talien  und  deren  verwerthung  würde  mit  nutzen  eine  inschrift 
verwerthet    sein    können    (Revue    archeol.    66,   p.   352),    welche 


Nr.  4,  40.  Griechische  alterthümer.  231 

uns  ein  consortium  kennen  lehrt,  das  zum  gemeinsamen  betriebe 
kaufmännischer  geschäfte  zusammengetreten  war. 

Wie  ist  es  andrerseits  zu  rechtfertigen,  wenn  p.  105,  an- 
rnerk.  3  die  inschrift  der  Hymettosgrotte  noch  nach  CIG  citirt 
wird  statt  CIA  I,  425  ,  woselbst  er  auch  eine  richtigere  lesung 
gefunden  hätte?  So  steht  ferner  p.  432  anmerk.  4  Rangabo 
Antiquit.  hellen.  I,  p.  52,  n.  57  statt  CIA,  I,  324  und  eben 
danach  wird  CIA  I,  40,  p.  424  anmerk.  2  angeführt.  P.  495 
wird  wieder  nach  CIG  citirt  statt  CIA  II,  86,  während  auf 
der  folgenden  seite  496  anmerk.  4  CIA  II,  108  zu  lesen  steht 
und  dann  add.  nov.  156,  die  letztere  mit  bösem  druckfehler 
statt  15b.  Ein  und  dieselbe  inschrift  wird  p.  222  anm.  2  CIA 
II,  476  citirt  und  dann  p.  440  anm.  3,  445  anm.  5,  456  anm.  6 
nach  dem  CIG.  P.  492  hätte  zu  Curtius  Inscr.  XII,  p.  13  auch 
noch  der  ort ,  wo  die  inschrift  jetzt  zu  finden  ist ,  hinzugefügt 
werden  müssen:  CIA  II,  115.  Welche  consequenz  liegt  denn 
darin,  wenn  auf  p.  492  f.  die  lokrische  inschrift  zunächst  ange- 
führt wird  nach  Rangabe  Ant.  hellen.  II,  n.  356b  und  L.  Roß, 
Alte  lokrische  inschrift,  Leipzig  1854,  dann  auf  der  nächsten 
seite  Rangabe  II,  no.  356b.  Cauer,  Delectus  epigramm.  (siel) 
p.  114  n.  94,  und  um  das  werk  zu  krönen,  steht  in  derselben 
anmerkung  die  inschrift  aus  Teos  (bei  Cauer1  n.  130j  nicht  nach 
Cauer  citirt,  sondern  als  Corp.  Inscr.  Gr.  II,  3044,  ebenso  wie 
p.  433  anmerk.  3.  Im  §  39  von  sterbefällen  und  leichenbe- 
gängnissen  wird  vielfach  auf  die  Verordnung  von  Iulis  auf  Keos 
(jetzt  IGA  395)  bezug  genommen,  sie  wird  in  einzelnen  ab- 
sätzen  öfters  citirt,  aber  in  nicht  immer  korrekter  form.  P.  363 
anmerk.  2  kommen  zwei  druckfehler  vor,  itdo^iati  statt  ivdvuari, 
tqgi^  statt  ro?g.  P.  367  anmerk.  3  [*e%gt  to  otjim  statt  [itXQi 
in)  7c  arjpa.  P.  369  anmerk.  5,  z.  14  statt  13  f.,  iy.cptQsu  statt 
igtpsQEiv.  P.  372  anmerk.  2  tokv/.ogtuu  (müßte  wenigstens  wohl 
als  ableitung  von  tqiuxoot/j  Tnuv/.oaruuf.  lauten)  statt  roir^/.öciia. 
P.  365  anmerk.  5  wird  aus  dieser  inschrift  eine  bestimmung  re- 
ferirt ,  die  (iiaivnfisvai  betreffend  und  wer  dazu  zu  rechnen  sei. 
Statt  sich  den  ganzen  inhalt  anzueignen,  begnügt  sich  Blümner, 
weil  ihm  die  entzifferung  mühe  macht,  mit  der  ausweichenden 
erklärung:  („bei  der  angäbe  weiterer  Verwandschaftsgrade  ist 
die  inschrift  lückenhaft")* 

In  welchem  verhältniß    steht    das  zu  der  im   prospekt  ver- 


232  40.  Griechische  alterthüraer.  Nr.   4. 

heißeneu  gewissenhaften  verwerthung  des  neuen  materials  (vor- 
rede XI)?  So  wird  auch  p.  461 ,  wo  die  zur  angäbe  von  hy- 
potheken  dienenden  oqoi  erwähnt  werden,  vermißt  die  nennung 
von  Martha,  Bull,  de  corresp.  hell.  I,  235  mit  der  von  diesem 
aufgestellten  theilung  solcher  oqoi  in  vier  klassen.  In  gleicher 
weise  sind  die  ausführungen  über  die  noohvia  (p.  492)  ungenau. 
Es  fehlt  Schubert,  De  proxenia  Attica,  Leipzig  1881  und  der 
hinweis  darauf,  daß  die  Athener  die  proxenie  als  ehrentitel  ver- 
liehen. Was  über  das  wesen  der  noo^roi  und  über  die  &ewqoI 
und  über  gesandtschaften  in  der  dissertation  von  M.  Heyse,  De 
legationibus  Atticis,  Gotting.  1882  zusammengestellt  ist,  konnte 
Blümner  wohl  noch  nicht  benutzen ,  aber  das  hätte  er  überall 
richtig  erfahren  können,  daß  die  gesandtschaft,  welche  er  p.  496, 
anmerk.  4  erwähnt  (Dem.  XIX,  158),  aus  10  Athenern  und 
einem  Vertreter  der  bundesgenossen  bestand  ,  nicht ,  wie  er  an- 
nimmt, aus  3  mitgliedern.  Selbstverständlich  fällt  damit  auch 
das  resultat  seiner  rechnung,  es  kommen  als  reisediäten  der  ge- 
sandtschaft pro  mann  und  tag  nicht  3x/3  drachmen,  sondern  1 
drachme  heraus.  Dieser  fehler  wäre  an  sich  nicht  so  schlimm, 
er  wird  aber  gravirend,  weil  er  von  einem  irrthum  in  einer  so 
bekannten  sache  ausgeht.  Für  die  «juellen,  auf  die  Blümner  sich 
stützt,  ist  p.  492  anmerk.  4  höchst  bezeichnend.  Dort  lautet  es : 
„wie  selbst  eine  gesandtschaft  außer  landes  betrachtet  ward ,  s. 
Poll.  IV,  28".  An  diesem  orte  findet  sich  eine  ganz  wüste  Zu- 
sammenstellung von  ausdrücken,  die  der  ngeaßti'a  zukommen  können. 
Gab  es  denn  keine  anderen  belegstellen  ?  das  „selbst"  scheint 
aber  noch  eine  irrthümliche  anschauung  zu  verrathen.  Heyse 
macht  mit  recht  darauf  aufmerksam,  daß  nur  die  vfjovxsg  unter 
allen  umständen  als  sakrosankt  gelten,  während  gesandten  nicht 
ohne  weiteres  die  unverletzlichkeit  garantirt  war.  Daraus  er- 
klärt sich  denn  auch,  daß  die  festnähme  der  spartanischen  ge- 
sandten zu  Athen  auf  Themistokles1  rath  (Tbuc.  I,  91)  nicht  als 
Verletzung  des  Völkerrechts  angesehen  werden  konnte,  ebenso- 
wenig wie  die  gefangensetzung  der  lakedämonischen  gesandten 
im  jähre  378,  als  Sphodrias  auf  eigene  hand  in  das  attische 
land  eingefallen  war  (Xen.  Hell.  V,  4.  20  ff.). 

Pollux  figurirt,  wie  an  der  eben  angeführten  stelle,  auch 
sonst  unberechtigter  weise  viel  zu  oft-,  seine  werthlosigkeit  ge- 
steht Blümner,  wenn  auch  nur  schüchtern,  selbst  p.  421  anra.  1  zu. 


Nr.  4.  40.   Griechische  alterthüiner.  233 

Wäre  etwas  kritischer  in  der  auswahl  des  quellenmaterials  verfahren, 
so  wäre  p.  451  gewiß  die  alte  fabel  von  dem  in  Sparta  verwendeten 
ledergelde  gänzlich  verschwunden.  Dagegen  hätten  die  angaben 
über  spartanisches  geld  einer  präciseren  fassung  bedurft :  in  Sparta 
wurde  unedles  metall  als  werthmesser  bis  zum  ende  des  4.  Jahrhun- 
derts benutzt,  silbermünzen  erst  nach  der  zeit  Alexanders  geprägt. 
Bis  dahin  tauschhandel,  bei  dem  eisen  die  etwaige  ausgleichung 
herstellte.  Den  Privatleuten  war  der  besitz  von  gold-  und  sil- 
bergeld  untersagt,  doch  wurde  dies  verbot  nur  theilweise  re- 
spektirt,  dasselbe  wurde  umgangen  z.  b.  dadurch,  daß  das  geld 
außer  landes  deponirt  wurde,  vgl.  die  inschrift  IGA  68,  die  Blümner 
aber  auch  schon  finden  konnte  in  den  Monatsberichten  der  Ber- 
liner akademie  1870,  p.  51  ff.  und  Cauer  x,  2.  Wie  die  benu- 
tzung  der  inschriften ,  so  ist  auch  die  verwerthung  der  wissen- 
schaftlichen literatur  nicht  ausreichend ;  die  anführungen  beruhen 
auch  hier,  wie  man  anzunehmen  Ursache  hat,  auf  zufall  und  ge- 
schehen nicht  nach  wohlerwogenen  gründen.  Wollte  und  konnte 
man  nicht  Vollständigkeit  y)  erreichen,  so  mußte  die  auswahl  nach 
dem  werth  der  Schriften  getroffen  werden  und  alle  unnöthigen 
citate  verschwinden.  Blümner  ist  sich  dieses  fehlers  wohl  be- 
wußt; er  gesteht  vorrede  XIII  ganz  offen  ein,  daß  er  manches 
citire ,  was  er  nicht  gesehen ,  geschweige  denn  gelesen  habe, 
ebenso  daß  die  im  prospekt  angekündigte  beseitigung  einer  an- 
zahl  von  anführungen  ganz  werthloser  und  veralteter  bücher  im 
vorliegenden  bände  nicht  in  ausreichendem  maße  erfolgt  sei. 
Und  welches  ist  dafür  die  entschuldigung  ?  In  Zürich  waren 
die  bücher  nicht  zu  erlangen.  Ja  das  ist  recht  zu  beklagen, 
aber  wer  zwingt  ihn  denn  unter  solchen  umständen  die  neube- 
arbeitung  eines  werkes  zu  übernehmen ,  wobei  diese  seite  der 
arbeit  von  ausschlaggebender  bedeutung  ist?  Hat  er  sich  doch 
dazu  verstanden,  so  hat  die  kritik  das  recht  und  die  pflicht, 
diesen  maugel  gebührend  hervorzuheben. 

1)  Um  über  die  Vollständigkeit  der  literaturnachweise  ein  ur- 
theil  zu  gewinnen,  vgl.  man  was  Blümner  p.  436  anmerk.  2  über  den 
bernstein  mittheilt,  mitWaldmann;  derbernstein  im  alterthuin,  Fellin 
1882  p.  4  ff'.  Blümner  konnte  die  literatur  bis  zum  jähre  1838  finden 
bei  Ukert,  über  das  elektrum  und  die  mit  demselben  verknüpften  sa- 
gen,  Zeitschrift  für  die  alterthumswissenschaft  1838,  p.  425  ff. ,  die 
neuere  litteratur  bis  1876  in  A.  Baumstarks  ausführlicher  erläuterung 
des  besonderen  völkerschaftlichen  theiles  der  Germania  des  Tacitus, 
Leipzig  1880,  p.  267  ff. 


234  40.  Griechische  alterthümer.  Nr.  4. 

Ungenauigkeiten ,  mögen  es  druckfehler  oder  irrthümer  des 
herausgebers  sein,  sind  in  den  anmerkungen  in  enormer  anzahl 
vorhanden.  P.  480  anmerk.  2  wird  die  oxiaiij  oSö^  aus  der 
Oedipussage  berührt  und  dafür  Soph.  Oed.  Tyr.  787  ff.  citirt. 
Sollten  die  citate  genau  sein,  so  wäre  v.  730.  733  (an  dieser 
stelle  steht  die  bezeichnung  OQiozr]  ödb^)  mit  801  zusammen  zu 
nennen  gewesen,  wozu  außerdem  noch  der  angeführte  v.  1398 
kommen  könnte,  ebenso  Paus.  X,  5,  3.  Wenn  noch  X,  35,  8 
hinzugefügt  wird,  so  hätte  mit  gleichem  recht  noch  IX,  2,  4  an- 
spruch  auf  erwähnung  gehabt. 

Anmerk.  5  ist  das  citat  Paus.  X,  32,  6  ungehörig,  die  aus 
Pausanias  abgedruckten  sechs  worte  sind  durch  zwei  druckfehler 
entstellt. 

Anmerk.  6  „reiten  (ini  innovg  utaßaCveiv,  innä&o&ai)".  War 
es  wirklich  erforderlich,  dem  leser  die  griechischen  ausdrücke 
für  „reiten"  an  die  hand  zu  geben,  so  hätten  die  richtigen  worte 
gewählt  werden  müssen:  im  zov  innov  avaßai'veiv  bezieht  sich 
auf  den  dem  reiten  vorangehenden  akt  des  aufsitzens,  reiten 
heißt  ilavmtv ,  ü^slßdai  sqp'  mnov.  innu&odai  ist  selten  und 
bezeichnet  so  viel  wie  Innov  yvfxva'Qi.iv  ein  pferd  tummeln. 

P.  481  anmerk.  3  statt  Soph.  Oed.  Col.  113  zu  lesen  313 
(eigentlich  311 — 314).  P.  343  anmerk.  4  Longus  {sie)  de  sublimit. 
P.  433  anmerk.  4  kommen  in  einem  inschriftencitat  von  zwei 
zeilen  nicht  weniger  als  fünf  fehler  vor. 

Das  mag  genügen,  um  zu  ersehen,  wie  weit  die  grundsätze 
des  prospekts  durchgeführt  sind.  Wenn  Poehlmann  (Historische 
Zeitschrift  1883,  p.  302  f.)  behauptet,  die  neue  bearbeitung  be- 
mühe sich,  die  abstrakte  fassung  der  darstellung  Hermanns  mög- 
lichst zu  beseitigen,  wenn  er  ferner  von  einer  äußerst  gründ- 
lichen revision  der  kritisch  -  exegetischen  grundlage  der  darstel- 
lung spricht  und  wenn  er  endlich  die  neuere  Literatur  mit  gro- 
ßer Sorgfalt  und  Vollständigkeit  verwerthet  findet,  so  kann  sich 
seine  nachprüfung  nur  sehr  an  der  oberfläche  gehalten  haben. 
Noch  unbegreiflicher  ist  mir  das  urtheil,  welches  Saalfeld  in  ei- 
ner recension  in  den  blättern  für  bayerisches  gymnasialwesen 
(XIX,  p.  287  f.)  abgiebt.  Nachdem  derselbe  die  worte  des  Pro- 
spektes, ähnlich  wie  Poehlmann,  paraphrasirt  und  das  dort  ver- 
sprochene als  geleistet  hingestellt  hat,  erhebt  er  sich  zu  der 
kühnen  behauptung,  Blümner  habe  die  griechischen  privatalter- 


Nr.  4.  41.  Römische  geschiente.  235 

thümer  zu  einem  werke  werden  lassen ,  welches  als  epochema- 
chend angesehen  werden  dürfe.  Beweis  wird  natürlich  nicht 
angetreten,  kein  einziger  punkt  des  buches  kommt  zur  bespre- 
chung.  Die  bewunderung,  die  der  rec.  vor  dem  werke  von  so 
eminenter  bedeutung  hegt,  verbietet  es  ihm ;  kleinlich,  meint  er, 
wäre  es,  an  dieser  oder  jener  fassung  des  ausdrucks  zu  mäkeln 
oder  in  dem  Zusammenhang  des  Stoffes  tadelnd  eine  lücke  ent- 
decken zu  wollen,  wo  berechtigte  absieht  des  herausgebers  zu 
gründe  läge.  Man  sieht,  nichts  als  phrase.  So  kann  man  reden, 
ohne  eine  seite  des  buches  auch  nur  gelesen  zu  haben. 

Wenn  Saalfeld  seine  besprechung  mit  dem  wünsche  austö- 
nen läßt,  daß  die  noch  ausstehenden  weiteren  theile  der  grie- 
chischen alterthümer  in  ebenso  erfreulicher  weise  zur  herausgäbe 
gelangen  mögen,  so  will  ich  nicht  schließen,  ohne  noch  meiner 
hoffnung  ausdruck  zu  geben ,  die  ich  hege ,  daß  die  übrigen 
theile  in  sorgfältigerer  neubearbeitung  erscheinen  werden. 

C.  Schaefer. 

41.  Schiller,  H.,  geschichte  der  römischen  kaiserzeit  I,  2. 
Gotha  1883.     8.     (S.  Philol.  anz.   1883,  nr.   3,  p.  223—29.) 

Rascher  als  wir  zu  hoffen  gewagt  ist  die  fortsetzung  von 
Schillers  Kaisergeschichte  erschienen ,  welche  die  zeit  von  den 
Flaviern  bis  Diocletian  umfaßt.  Er  theilt  seinen  stoff  in  vier 
kapitel,  die  jedes  mal  durch  einen  abschnitt  über  die  quellen 
und  die  neueren  darstellungen  desselben  eingeleitet  und  durch 
einen  rückblick  auf  die  innern  zustände  des  reichs  und  seine 
eulturverhältnisse  beendigt  werden.  Der  vorliegende  halbband 
beginnt  mit  dem  II.  kapitel  [des  II.  buches.]  Von  Vespasian 
bis  Trajan.  Beginn  der  Umbildung  des  prineipats  zur  monar- 
chie.  IU.  kapitel.  Von  Hadrian  bis  Pertiuax.  Die  monarchische 
entwickelung  in  der  reichsverwaltung.  IV.  kapitel.  Von  Sep- 
timius  Severus  bis  auf  Carinus  und  Xumerian.  Entwickelung 
der  absoluten  monarchie. 

Man  sieht  also ,  daß  der  zweite  halbband  auf  demselben 
räum,  wie  der  erste,  doppelt  soviel  zeit  umfaßt ;  diese  ungleich- 
mäßigkeit  hätte  sich  nur  vermeiden  lassen ,  wenn  entweder  der 
erste  kürzer  oder  der  zweite  länger  ausgefallen  wäre.  Nament- 
lich am  Schluß  des  zweiten  halbbandes  ist  alles  in  das  vierte 
kapitel  hineingezwängt,  was  eigentlich  in  drei  abschnitte  zerfällt : 


236  41.  Römische  geschickte.  Nr.  4. 

1)  Septimius  Severus  und  seine  dynastie  —  235.  2)  militärische 
anarchie,  um  den  allerdings  unpassenden  namen  der  dreißig  ty- 
rannen  aufzugeben  235 — 268.  3)  reconstruction  des  reiches  und 
seiner  theile  von  268 — 84.  Durch  eine  derartige  eintheilung 
würde  diese  verworrene  periode  an  Übersichtlichkeit  und  klar- 
heit  entschieden  gewonnen  haben.    — 

Die  zweite  hälfte  ist  genau  so  gearbeitet  wie  die  erste,  es 
genügt  also  hier  einfach  auf  die  früher  voraufgeschickten  allge- 
meinen bemerkungen  zu  verweisen. 

Daß  der  räum  nicht  ausreichte,  zeigt  sich  namentlich  bei  der 
regierung  des  Titus  sehr  deutlich,  die  auf  zwei  seiten  abgefertigt 
wird.  F.  519  ist  nur  im  allgemeinen  von  dem  großen  erdbeben 
die  rede,  welches  im  jähre  79  Campanien  heimsuchte.  Die  ruinen 
Pompei's  aber,  welche  eine  der  wichtigsten  quellen  für  unsere 
kenntniß  der  cultur  der  ersten  kaiserzeit  bilden,  werden  nicht 
einmal  genannt.  Auch  die  Vollständigkeit  der  litteratur  läßt 
mancherlei  zu  wünschen  übrig.  Ueber  die  nothwendigkeit  des  citi- 
rens  kann  man  allerdings  verschiedener  meinung  sein.  Man  kann 
ein  citat  auslassen,  weil  man  das  werk  kennt  und  weil  man  es 
nicht  kennt.  Allein  die  art,  wie  der  verf.  an  anderen  stellen 
auch  veraltete  werke  citirt,  zeigt,  daß  er  wenigstens  stellenweise 
Vollständigkeit  erstrebt  hat,  wie  es  bei  einem  handbuch  zum  stu- 
dieren um  so  mehr  zu  wünschen  ist,  als  wir  eine  Bibliotheca  hi- 
storica  nach  art  der  Engelmannschen  Bibliotheca  philologica,  in 
der  die  einzelnen  abhandlungen  und  monographien  verzeichnet 
wären,  leider  nicht  besitzen. 

Um  also  bei  jenen  zwei  der  regierung  des  Titus  gewidmeten 
seiten  stehen  zu  bleiben,  so  zeigen  sie  keine  spur  der  bekannt- 
schaft  mit  folgenden  umfangreicheren  vorarbeiten :  Heimbrod, 
Titi  Flavii  Vespasiani  Romani  imperatoris  vita  iterum  edita.  Ar- 
chiv für  classische  philologie  8,383 — 99;  ferner  Joguet,  les  Fla- 
viens.  Paris  1876.  Beule,  Titus  et  sa  dynastie.  Paris  1871. 
0.  A.  Hoffmann,  De  imp.  Titi  temporibus  recte  definiendis. 
Marb.  1883. 

Bei  Domitian  p.  520  fehlt  Imhof,  T.  Flavius  Domitianus. 
Halle  1857  mit  der  anzeige  von  R.  Sievers,  Jahrbücher  f.  class. 
philologie  1881 ;  p.  629 — 39.  Bei  der  Schilderung  von  Domi- 
tians  regierung  tritt  der  gegensatz  zum  Tacitus  wieder  sehr  deut- 
lich hervor.     Der   tadel    des  Tacitus    verkehrt    sich   bei  Schiller 


Nr.  4.  41.  Römische  geschichte.  237 

ins  gegentheil ,  der  den  Domitian  um  jeden  preis  „retten"  will. 
Selbst  wenn  dieser  kaiser  dem  Decebalus  einen  jährlichen  tribut 
bewilligt  (p.  531),  so  wird  das  in  einer  weise  beschönigt,  die 
der  offiziösesten  unserer  offiziösen  Zeitungen  als  muster  vorzu- 
halten wäre.  — 

P.  538  nennt  der  verf.  den  Nerva  einen  „greis,  jedenfalls 
über  60  jähre  alt".  Wir  brauchen  keine  unnützen  vermuthun- 
gen  über  das  alter  des  Nerva  bei  seiner  thronbesteigung  anzu- 
stellen, denn  wir  wissen  mit  Sicherheit,  daß  Nerva  den  8.  nov.  32 
n  Chr.  geboren  wurde  Ueberhaupt  hat  der  verf.  die  geburts- 
tage  der  kaiser  nur  dann  angeführt ,  wenn  sie  in  den  buchmä- 
ßigen quellen  erwähnt  werden ,  dagegen  die  wichtigen  angaben 
des  CIL  fast  gar  nicht  ausgenutzt. 

Bei  Hadrian  fehlt  merkwürdiger  weise  (p.  602)  Gregorovius, 
Geschichte  des  römischen  kaisers  Hadrian  und  seiner  zeit.  Kö- 
nigsberg  1851   f jetzt  in  zweiter  aufläge  erschienen). 

P.  604  spricht  der  verf.  davon  ,  daß  Hadrian  mit  leichtig- 
keit  große  Strapazen  ausgehalten  habe  und  bemerkt  dazu  anm  3: 
„vielleicht  wird  er  deshalb  auch  auf  münzen  barhäuptig  gebildet". 
Werden  denn  die  anderen  kaiser  etwa  nicht  barhäuptig  ge- 
bildet? 

Endlich  mußte  das  eingreifen  des  Hadrian  aber  auch  noch 
erwähnt  werden  bei  der  geschichte  des  colonats  p.  651 ;  weil 
wir  aus  dem  edict  des  Commodus  (Hermes  15,303)  wissen,  daß 
schon  Hadrian  in    dieser    hinsieht  bestimmungen  getroffen  hatte. 

Marc  Aurel  wird  oft  von  dem  verf.  mit  überlegener  kühler 
ironie  behandelt  und  als  philosoph  verspottet.  Wenn  der  kaiser 
seinen  söhn  zum  thronfolger  ernennt,  so  führt  der  verf.  das  zu- 
rück auf  „die  philosophische  schule,  welche  den  natürlichen  und 
klaren  verstand  des  kaisers  getrübt".  Hier  ist  aber  doch  sicher 
nicht  die  philosophie,  sondern  die  vaterliebe  des  kaisers  entschei- 
dend gewesen.  — 

In  bezug  auf  die  auswärtigen  und  handelsbeziehungen  hat 
der  verf.  eine  interessante  stelle  übersehen  bei  v.  Richthofen, 
China  1,  p.  512  „die  chinesischen  annalen  erzählen,  daß  im 
jähre  166  am  kaiserlichen  hof  in  Lo-yang  eine  gesandtschaft 
von  dem  kaiser  An-Tun  des  reiches  Ta-Tsin  erschien.  —  Die 
gesandtschaft  kam  auf  dem  seeweg,  landete  in  Ji-nan  (Tongking) 
und  wurde  von  dort  zu  lande  nach  der  hauptstadt  an  den  hof 
Philoi.  Anz.  XIV.  17 


238  41.  Römische  geschichte  Nr.   4. 

des  kaisers  Hwan  Ti  escortirt.  Der  weg  von  westen  her  durch 
den  continent  war  ihr  versperrt  gewesen.  —  Die  Chinesen  er- 
wähnen noch  die  abreise  der  gesandtschaft".  Vgl.  M^moires 
de  l'acad.  des  insc.  10,  p.  237.  Der  handel  auf  dem  Rofhen 
meere  nach  Indien  war  damals  sehr  lebhaft,  sogar  in  Cochin- 
china  sind  römische  münzen  des  dritten  Jahrhunderts  gefunden 
(s.  Eevue  numismatique  n.  s.  9,  1864,  p.  481),  so  daß  auch  eine 
gesandtschaft  nach  China  in  hohem  grade  glaubhaft  erscheint. 

In  bezug  auf  die  bibliographie  ist  p.  635  nachzutragen: 
E.  Renan,  Marc-Aurele,  Paris  1882,  während  dessen  Eglise  chre- 
tienne  benutzt  und  citirt  wird ;  Edouard  de  Suckau  Etudes  sur 
Marc  Aurele ,  vgl.  Taine ,  Nouveaux  Essais  de  critique  et  d'hi- 
stoire,  p.  301—16-,  Noel  de  Vergers,  Essai  sur  Marc-Aurele, 
Paris  1860,  vgl.  R.  Sievers,  Jahrbücher  für  classische  philologie 
83,  367 — 76  ;  p.  724  „sie  führten  einen  Guerilla".  Wenn  man 
so  überflüssige  fremdworte  braucht,  so  soll  man  sie  wenigstens 
richtig  brauchen ;  Gorilla  mag  mascul.  sein ;  guerilla  können  wir 
nur  als  femin.  gebrauchen ;  p.  705  beim  Septimius  Severus  sind 
die  wichtigeren  werke  von  Höfner  und  de  Ceuleneer  allerdings  ge- 
nannt; es  fehlt  aber  J.  G.  Schulte,  de  imperatore  L.  Septimio 
Severo,  P.  I,  Münster  1867;  bei  Caracalla,  p.  739  und  743: 
Bockhoff,  de  expeditionibus  M.  Aurelii  Antonini  Caracallae,  Mün- 
ster 1868;  bei  Elagabal  p.  760:  R.  Salzer,  die  syrischen  kai- 
ser  und  Severus  Alexander.  I.  Heliogabal,  Heidelberg  1866;  p. 
779 — 80:  Krebs,  de  Alexandri  Severi  bello  contra  Persas  gesto. 
Düsseldorf  1847,  Jahrbücher  für  class.  philol.  52,345;  bei  Phi- 
lippus  p.  904,  anmerk.  1:  Aube\  Le  christianisme  de  l'emp^- 
reur  Philippe,  Revue  arch^ol.  n.  s.  21,  1880,  p.  140 — 152;  p. 
811 :  Th.  Bernhardt,  politische  geschichte  des  römischen  reichs  von 
Valerian  bis  zu  Diocletians  regierungsantritt.  1.  Berlin  1867; 
p.  823:  Lucien  Double,  Les  Cdsars  de  Palmyre,  Paris  1877. 
Jos.  Klein:  Odaenathus  Augustus.  Rhein,  mus.  35,  490;  p.  851 : 
A.  Becker,  Imperator  L.  Domitius  Aurelianus  restitutor  orbis. 
Münster  1866.  F.  Görres,  De  primis  Aureliani  principatus  tem- 
poribus.     Bonn  1868. 

Ich  brauche  wohl  kaum  hinzuzufügen,  daß  diese  liste  von 
herausgegriffenen  titeln  auf  Vollständigkeit  keinen  anspruch  macht. 

Den  schluß  bilden  sehr  umfangreiche  enggedruckte  berichti- 


Nr.   4.  Bibliographie.  239 

gungen  und  nachtrage  zum  ersten  bände.  Doch  auch  dieses 
druckfehlerverzeichniß  ist  leider  von    druckfehlern  nicht  frei. 

Das  register  p.  947 — 80  ist  allerdings  ziemlich  umfangreich, 
aber  keineswegs  vollständig ,  es  fehlt  eine  reihe  von  wichtigen 
artikeln  und  sogar  von  kaisernamen. 

Gerade  weil  die  Schillersche  kaisergeschichte  die  einzige  ist, 
mit  der  sich  arbeiten  läßt,  so  haben  wir  geglaubt,  auf  diese 
mängel  hinweisen  zu  sollen ,  damit  der  verf.  in  einer  zweiten 
aufläge,  die  sein  buch  hoffentlich  erlebt,  dieselben  beseitigen  kann. 


Bibliographie. 

Ueber  A.  Mayens  Wiens  buchdruckergeschichte  bd.  II ,  die 
jähre  1482 — 1882  umfassend  berichtet  A.  Scherzer  in  beil.  z. 
Allg.  ztg.  1883.  nr.  316  und  hebt  dasselbe  als  eine  bedeutende 
erscheinung  hervor. 

Den  inhalt  des  Jahrgangs  1883  der  Sitzungsberichte  der  aka- 
demie  der  Wissenschaften  in  Berlin  der  jetzt  vollständig  vorliegt, 
giebt  Reichsanz.  no.  44  an :  aus  ihm  bemerken  wir  hier  Zeller, 
über  Antisthenes  von  Rhodos,  in  dem  nachzuweisen  versucht  wird, 
daß  der  aus  Polybios  bekannte  geschichtschreiber  und  der  Ver- 
fasser der  di<.ido%ai  eine  und  dieselbe  person  sei  ;  —  H  Dessau, 
römische  reliefs  beschrieben  von  Pirro  Ligorio;  —  Max  Duncker, 
über  den  proceß  des  Pausanias ;  —  Theodor  Mommsen,  numisma- 
tische notizen ,  und  zwar  über  einen  goldstater  des  königs  Pto- 
lemäus  von  Mauretanien,  den  römischen  silberschatz  von  Maserä, 
die  Victoriatenf  unde  von  Tarent  und  Pisa ,  die  Denarfunde  von 
Compito  und  Garlasca  ;  —  Valien,  über  Iuvenal  und  Paris  (luven. 
Sat.  VII)-,  —  R  Lepsius,  über  die  längenmaßen  der  alten  (mit 
vergleichenden  tabellen);  —  G.  Hirschfeld,  über  Tarium,  die 
hauptstadt  der  trokmischen  Galater  in  Klein-Asien,  einem  haupt- 
kreuzungspunkt  in  dem  römischen  Straßennetze  der  halbinsel 
nebst  karte. 

Im  RAnzeiger  werden  kurz  folgende  cataloge  von  antiqua- 
ren  angezeigt,  in  nr.  26  Schletter 'sehe  buchhandlung  in  Breslau, 
(Frank  und  Weichert)  nr.  185,  in  nr.  27  Lachmann  und  Lutz 
in  Frankfurt  a.  M.  nr.  45 ;  ebendas.  Joseph  Baer  in  Frankfurt 
a.  M.  und  Paris  nr.  137,  mathematik  vorzugsweise  enthaltend; 
in  nr.   29  Joseph  Jolowitz  in  Posen  nr.   81. 

Verzeichniß  der  wichtigeren  publikationen  auf  dem  gebiete  der  alter- 
thumswissenschaft.     1884.    III. 

Beilage  A.     Schulschriften  und  programme. 
191.     Adamek,  Otto,  die  senatsboten  der  römischen  republik.    Graz. 
8.     34  p. 

17* 


240  Bibliographie.  Nr.  4. 

192.  Alexi,  C,  über  die  unentbehrlichkeit  der  altklassischen  Stu- 
dien in  den  höheren  lehranstalten  und  über  die  nothwendigkeit  einer 
zeitgemäßen  reform  dieser  studien.  Ein  beitrag  zur  kritik  der  neusten 
reformbestrebungen  auf  dem  gebiete  des  höheren  Schulwesens  in  Deutsch- 
land.    Mühlhausen.    4.     41  p.     (Teubner  1883  no.  461). 

193.  Angermann,  geographische  namen  Altgriechenlands.  Meißen. 
4.     31  p.     (Teubner  no.  494). 

194.  Baar,  A.,  Lucians  dialog  „der  pseudosophist"  erklärt  u.  be- 
urtheilt.     Görz.    8.     22  p. 

195.  Bilßnger,  &.,  antike  stundenzählung.  Stuttgart  (Eberhard- 
Ludwigs-gymn.).     4.     4l  p.     (Teubner  no.  537). 

196.  Breznik ,  Fr. ,  erziehung  und  Unterricht  bei  den  Griechen. 
Rudolfswert,    8.    48  p. 

197.  Caspers ,  de  comparationibus  Vergilianis.  Hagenau.  4. 
18  p.     (Teubner  no.  459). 

198.  Dittmeyer,  Leonh. ,  quae  ratio  inter  vetustam  Aristotelis 
Rhetoricorum  translationem  et  Graecos  Codices  intercedat.  München, 
(Wilhelmsgymn.).     8.     68  p. 

199.'  Durban,  L.,  Horaz  epistel  an  die  Pisonen  (übersetzt).  Lahr. 
4.    23  p.     (Teubner  no.  550). 

200.  Egger,  Josef,  Katharsis  studien.  Wien,  (Franz-Josephgymn). 
8.    39  p. 

201.  Eichler,  Edmund,  Demosthenes'  erste  Philippica  doch  eine 
doppelrede.     Wien,  (staatsgymn.  im  2.  bezirk).     8.     29  p. 

202.  Erdmann,  Martin,  zur  künde  der  hellenistischen  städtegrün- 
dungen.     Straßburg,  (protestant.  gymn.).     4.     30  p.     (Teubner  no.  466). 

203.  Euler,  über  die  abfassungszeit  der  Isokrateischen  friedens- 
rede.     Mengeringhausen,  (progr.  von  Corbach).     4.     18  p. 

204.  Föhlisch ,  Constantin ,  über  die  benutzung  des  Polybius  im 
XXI.  u.  XXII.  buche  des  Livius.  Eine  quellenuntersuchung.  Pforz- 
heim.    4.     12  p.    (Teubner  no.  553). 

205.  Gülkel,  Hans,  beitrage  zur  syntax  des  verbums  und  zur  satz- 
bildung  bei  dem  redner  Antiphon.     Passau.     8.     54  p. 

206.  Groß,  Eduard,  kritisches  und  exegetisches  zu  Vergils  Ae- 
neis.    Nürnberg.     8.    44  p. 

207.  Haas,  Lorenz,  über  die  Schriften  des  Sextus  Empiricus. 
Freising.     8.     (Progr.  von  Burghausen).     29  p. 

208.  Hammer,  C,  Demetrius  mqi  ^Qfiijviias.  Ein  litteraturhisto- 
rischer  versuch.    Landshut.     8.     73  p. 

209.  Hasenstab,  B.,  studien  zur  variensammlung  des  Cassiodorius 
Senator.  Ein  beitrag  zur  geschichte  der  Ostgothenherrschaft  in  Italien. 
I.     München,  (Maximiliansgymn.).     8.     95  p. 

210.  Hauser,  Chr.,  C.  Iulii  Caesaris  commentariorum  de  bello 
Gallico  et  de  bello  civili  textus  qui  vocatur  cum  praeceptis  gramma- 
ticis  ab  eodem  scriptore  in  libris  de  analogia  traditis  comparatio. 
Villach.     8.    21  p. 

211.  Hepp,  Leo,  politisches  und  sociales  aus  der  Ilias  und  Odyssee 
in  vergleichender  darstellung.     Rottweil.     4.     73  p.     (Teubner  no.  536). 

212.  Holub,  Joh.,  warum  hielt  sich  Tacitus  von  89 — 96  n.  Chr. 
nicht  in  Rom  auf?    Quintil.  X,  1,  104.    Weidenau.    8.     22  p. 

213.  Hoehle,  J.,  Arkadien  vor  der  zeit  der  Perserkriege.  1.  theil. 
Meerane.     4.     44  p.     (Teubner  no.  517). 

214.  Jaeger,  H. ,  bemerkungen  zur  römischen  satire  insbesondere 
der  des  Horaz  und  einigen  mit  ihr  verwandten  dichtungsarten.  Ried. 
8.     20  p. 

215.  Johne,  E.,  die  Andromeda  desEuripides.  Eine  Euripideische 
studie.     Landskron  in  Böhmen.     8.    22  p. 


Nr.   4.  Bibliographie.  241 

216.  Kapp,  Stefan,  die  griechischen  und  lateinischen  gutturallaute 
im  neugriechischen  und  in  den  romanischen  sprachen.  Wien,  (gymn. 
im  IX.  bezirk).     8.    46  p. 

217.  Karassek,  Joseph,  der  infinitiv  bei  Herodot.  Saaz.  8.    78  p. 

218.  Kelber,  Chr.,  anfang  eines  -Wörterverzeichnisses  zu  den  libri 
matheseos  des   Iulius  Firmicus  Maternus.     Erlangen.     8.     36  p. 

219.  Kornitzer,  Aloisius,  de  scribis  publicis  Atheniensium.  Wien, 
(progr.  von  Hernais).     8.     35  p. 

220.  Krumbacher ,  Carl ,  de  codicibus  quibus  interpretamenta 
Pseudodositheana  nobis  tradita  sunt.  München ,  (Ludwigsgymn.). 
8.     68  p. 

221.  Krug,  A.,  Etüde  sur  la  Phedre  de  Racine  et  l'Hippolyte  de 
Seneque.  Colmar.  4.  (Programm  von  Buchsweiler).  31  p.  (Teubner 
no.  456). 

222.  Krupp,  Franz,  die  homerischen  gleichnisse  zusammengestellt 
nach  den  verglichenen  personen  und  anschauungskreisen,  welchen  die 
bilder  entnommen  sind  mit  angäbe  der  Vergleichspunkte.  Zweibrücken. 
8.     35  p. 

223.  Kubitscheh,  Jos.  Wilh.,  kritische  beitrage  zur  cosmographia 
des  Iulius  Honorius.     II.  theil.     Oberhollabrunn.     8.     36  p. 

224.  La  Roche,  Jac,  über  die  adiectiva  zweier  endungen  auf  os 
im  griechischen.     Linz.     8.     21  p. 

225.  Lechner,  Maxim.,  de  pleonasmis  Homericis.  Pars  II.  Onoldi. 
8.     42  p. 

226.  Liebl,  Hans,  beitrage  zu  den  Persiusscholien.  Straubing. 
8.     54  p. 

227.  May,  J.,  der  entwicklungsgang  des  Horaz  in  den  jähren  35 
—30  v.  Chr.     Offenburg.     4.     20  p.     (Teubner  no.  552). 

228.  Mayer,  Anton,  stimmt  der  Cato  und  Atticus  des  Cornelius 
Nepos  in  spräche  und  stil  mit  den  demselben  Schriftsteller  zugeschrie- 
benen  vitae  überein  oder  nicht.     Cilli.     8.     p.  5 — 22. 

229.  Meinet,  Georg,  zur  Chronologie  des  jugurthinischen  krieges. 
Augsburg,  (studienanstalt  St.  Anna).     8.     23  p. 

230.  Müller,  Anton,  zu  Plautus.  Baden-Baden.  4.  25p.  (Teub- 
ner no.  543). 

231.  Munier,  Moritz,  die  paläographie  als  Wissenschaft  und  die 
inschriften  des  Mainzer  museums.     Mainz.     4.  30  p.  (Teubner  no.  570). 

232.  Nusser,  Joh. ,  Piatons  Politeia  nach  inhalt  und  form  be- 
trachtet.    Amberg.     8.     107  p. 

233.  Orszulik,  K.,  über  das  verhältniß  der  Doloneia  zu  den  übri- 
gen texten  der  Ilias  und  zur  Odyssee.     Teschen.     8.     44  p. 

234.  Paulus  II. ,  abhandlung  über  die  wähl  der  attischen  Stra- 
tegen. Tübingen ,  (programm  von  Maulbronn).  4.  37  p.  Teubner 
no.  530). 

235.  Pawlitschek,  Alfr.,  über  die  aai<pQoavytj  in  Platon's  Charmides. 
Czernowitz.     8.     p.  6—29. 

236.  Petris,  Stefano,  Cenni  storici  sulle  Absirtidi  fino  ad  Augusto. 
Capodistria.    8.     35  p. 

237.  Pf  äff,  Carl,  de  diversis  manibus  quibus  Ciceronis  de  repu- 
blica  libri  in  codice  Vaticano  correcti  sunt.  Accedit  tabula  heliotypa. 
Heidelberg.     4.     18  p.  n.  tafel.     (Teubner  no.  547). 

238.  Reichenbach,  Carl,  über  die  echtheit  des  dem  Vergil  zuge- 
schriebenen Moretum  nebst  einigen  kritischen  und  sachlichen  bemer- 
kungen.     Znaim.     8.     16  p. 

239.  Reusch,  die  römischen  alterthümer  im  museum  zu  Altkirch. 
4.     21  p.     (Teubner  no.  455). 


242  Bibliographie.  Nr.   4. 

240.  Renß,  Friedr.,  L  und  die  durcbschneidung  der  tironischen 
noten.     Mit  9  zinl<ographirten  tatein.     Neubnrg  a.  D.     8.     "23  p. 

241.  Sadee,  L.,  über  Freiburger  fragmente  einer  handschrift  der 
Etymologiae  des  Isidorus  Hispalensis.  Freiburg  i.  ßrsg.  4.  34  p.  (Teub- 
ner  no.  546). 

242.  Sauer,  das  daimonion  des  Sokrates.  Heilbronn.  4.  18  p. 
Teubner  no.  534. 

243.  Schramm,  Georg,  beitrag  zu  einer  genetischen  entwicklung 
der  unsterblicbkeitslehre  Piatons.     Würzburg.     8.     40  p. 

244  Schindler,  Franz.,  Quid  viri  docti  de  prosodia  latina  egerint 
et  qnid  in  his  studiis  profecerint.     Brody.     8.     p.  29-41. 

245.  Seidner,  K. ,  das  Schlachtfeld  von  Pharsalus.  Mannheim. 
4.     10  p.  u.  karte.     (Teubner  no.  559). 

246.  Sbffel,  Ludw. ,  das  2.  buch  der  kommentare  Caesars  über 
den  gallischen  krieg  ins  deutsche  übersetzt.     Landau.     8.     21  p. 

247.  Steinhausen,  Fritz,  zehn  öden  des  Horaz  in  metrischer  Über- 
setzung.    Greifswald.     4.     15  p.     (Teubner  no.  119). 

248.  Stitz,  A.,  die  Metapher  bei  Tacitus.     Krems.     8.     32  p. 

249.  Straub ,  Ioannos ,  de  tropis  et  figuris  quae  inveniuntur  in 
orationibus  Demosthenis  et  Ciceronis.  Würzburg.  8.  (Programm  v. 
Aschaffenburg.)     147  p. 

250.  Strimmer,  Herrn.,  der  römische  sklavenstand.  Meran.  8.  36  p. 

251.  Strobl ,  Martin,  die  bedeutung  Homers  für  die  griechische 
kunst.     Mies.     8.     23  p. 

252.  Tegge,  zur  latein.  Synonymik  auf  gymnasien.  Bunzlau.  4. 
16  p.     (Teubner  no.  162). 

253.  Thielmann  Phil.,  beitrage  zur  textkritik  der  vulgata  insbes. 
des  buches  Judith.     Speier.     8.     64  p. 

254.  Vogrinz,  Gr.,  nachtrage  und  berichtigungen  zu  dem  vorjäh- 
rigen programmaufsatze  „zur  casustheorie".     Leitmeritz.  8.  p.  28—34. 

255.  Wagner,  Josef,  zur  athetese  des  dialogs  Eutyphron.  Brunn. 
8.     46  p. 

256.  Walter,  Jos. ,  M.  Tullii  Ciceronis  philosophia  moralis  pars 
altera  sectio  V.  Tullii  ipsius  quam  maxime  poterat  verbis  ad  viam 
quandam  et  rationem  revocabat.     Böhm.-Leipa.     8.     46  p. 

257.  Wang,  Jacob,  de  Servii  ad  Verg.  Ecl.  XI  et  Georg.  Hb.  IV,  T 
annotatis  disputavit.    Klagenfurt.     8.     14  p. 

258.  Weck,  Ferd.,  beitrage  zur  erklärung  homerischer  personen- 
namen.     Metz.     4.     34  p. 

259.  Weiß,  Adolf,  die  römischen  kaiser  in  ihrem  Verhältnisse  zu 
Juden  und  Christen.     Schluß.  —  Wien,  (k.  k.  akad.  gymn.).     8.     24  p. 

260.  Zettel,  Karl,  Theokrits  humor.  Dargelegt  an  charakteristi- 
schen stellen  seiner  mimischen  und  bukolischen  dichtungen.  Regens- 
burg.     8.     67  p. 

261.  Zink,  M.,  bischof  Viktors  von  Vita  geschichte  der  glaubens- 
verfolgung  im  lande  Afrika  übersetzt.     Bamberg.     8.     90  p. 

B.     Academica  und  dissertationen. 
Goettiugen.     262.     Dierks ,   Herrn.,  de  tragicorum  histrionum 
habitu  scaenico  apud  Graecos.     Goett.  1883.     8.     51  p. 

263.  Hallet,  Frid.,  Quaestiones  Propertianae.  Goett.  1882.  8.  68  p. 

264.  Seume,  Herrn.,  de  sententiis  consecutivis  Graecis.  Gottingae 
1883.     8.    66  p. 

Marburg.  265.  Birt,  Theod. ,  de  participiis  latinis  quae  di- 
cuntnr  perfecti  passivi  disputatio.     Marburg  1883.     4.    24  p. 

266.  Bormann ,  Eugen ,  Variae  observationes  de  antiquitate  Ro- 
mana,   ib.  1883.    4.    XIV  p. 


Nr.    4.  Bibliographie.  243 

267.  Caesar,  C.  J. ,  Catalogi  Studiosorum  scholae  Marpurgensis 
cum  Annalibus  brevibus  coniuncti.     Marburg  1883.     4.     52  p. 

268.  Auffahrt,  Aug. ,  die  platonische  ideenlehre.  Marburg  1883. 
8.     58  p. 

269.  Kleinschnitt,  Maxim.,  de  Lncili  Saturarum  scriptoris  genere 
dicendi.     Marburg  1882.     8.     73  p. 

270.  Wendelmuth,   Richard,  T.  Labienus.     Marburg  1883.     8. 

271.  Wortmann,  Ern.  Franc,  de  comparationibus  Plautinis  et 
Terentianis  ad  animalia  spectantibus.     Marburg  1883.     8.     61  p. 

Frankreich. 
Bordeaux.     Faculte  des  lettres.    272.    Baret,  Adrian,  Quid 
Anglica  linguae  Latinae  debeat.     Paris  1883.     8.     68  p. 

—  Faculte  de  droit.  273.  Campana,  Henri,  Etüde  histori- 
que  et  juridique  sur  le  colonat  et  le  servage.  Bordeaux  1883.  8.  352  p. 

Caen.     274.     Denis,  Jacques,  Comedie  nouvelle.     Caen  1882.     8. 
Paris.     Faculte  des  lettres.     275.     Albert,  Maurice,  de  villis 
Tiburtmis  principe  Augusto.     Paris  1883.     8.     93  p. 

276.  —  — ,  le  culte  de  Castor  et  Pollux  en  Italie.  Paris  1883. 
8.     172  p. 

277.  Antoine,  Ferd.,  de  casuum  syntaxi  Vergiliana.  Paris  1882. 
8.     258  p. 

278.  Bourgoin,  Aug.,  de  Claudio  Mario  Victore  rhetore  Christiano 
quinti  saeculi.     Paris  1883.     8.     116  p. 

270.  Breton,  Guill. ,  Metamorphoseon  libros  Ovidius  quo  consilio 
susceperit,  qua  arte  perfecerit.     Paris  1882.     8.     71  p. 

280.  —  — ,  essai  sur  la  poesie  pbilosophique  en  Grece.  Xenophane. 
Parmenide,  Empedocle.     Paris  1882.     8.     270  p. 

281.  Dumeril ,  H.,  de  constitutionibus  Marci  Aurelii  Antonini. 
Toulouse  1882.     8.     108  p. 

282.  Etienne,  E.,  de  deminutivis  intensivis  collectivis  et  in  malam 
partem  abeuntibus  in  Francogallico  sermone  nominibus.  Nancy  1883. 
8.     152  p. 

283.  Henry,  Victor,  de  sermonis  humani  origine  et  natura  M. 
Terentius  Varro  quid  senserit.     Insulis  (Lille)  1883.     8.     94  p. 

284.  —  — ,  Etüde  sur  l'analogie  en  ge'neral  et  sur  les  formations 
analogiques  de  la  langue  grecque.     Lille  1883.     8.     VI,  441  p. 

285.  Larroumet,  G.,  de  quarto  Tibulli  libro.     Paris  1882.  8.  78p. 

286.  Lemaitre,  Jules,  Quomodo  Cornelius  noster  Aristotelis  poe- 
ticam  sit  interpretatus.     Paris  1882.     8.     76  p. 

Paris.  Faculte  de  theologie.  287.  Lecoultre,  Henri,  Essai 
sur  la  psychologie  des  actions  humaines  d'apres  les  systemes  d'Ari- 
stote  et  de  Saint  Thomas  d'Aquin.     Lausanne  1883.     8.     300  p. 

—  Faculte  de  droit.  288.  Bois,  Gaston,  du  colonat  en  droit 
romain.     Paris  1883.     8.     90  p. 

289.  Bujon.  Rene,  les  censeurs  a  Rome.  Versailles  1883.  8.  127  p. 

290.  Danjon ,  Maxim. ,  Compositions  et  revenus  du  domaine  de 
l'etat.     Paris  1883.     75  p. 

291.  Deshayes  de  Merville ,  Louis,  des  effets  de  l'adoption  et  de 
l'adrogation  en  droit  romain.     Paris  1883.     8.     87  p. 

292.  Guerin,  Francois  Robert  Alexis,  de  la  responsabilite  des  Ma- 
gistrats publics.     Paris  1883.     8.     131  p. 

293.  Morise ,  Raoul ,  de  la  procedure  criminelle  a  Rome  depuis 
l'etablissement  de  l'empire  jusqu'ä  la  mort  d'Alexandre  Severe.  Paris 
1883.     8.     116  p. 

294.  Petit,  Rene,  les  assemblees  legislatives  a  Rome.  Paris  1883. 
8.     92  p. 


244  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.  4. 

Rennes.  Faculte  de  droit.  295.  Le  JSourdelles,  Rene-Au- 
gustin, du  colonat.     Rennes  1883.     8.    65  p. 

Toulouse.  Faculte  de  droit.  296.  Cammas,  Paul,  da  co- 
lonage  partiaire.    Toulouse  1883.     130  p. 


Kleine  philologische  zeitung. 

Gedanken  üher  den  sinn  der  Prometheus-sage ,  welche  mit 
der  des  Hiob  und  Faust  verglichen  werden,  veröffentlicht  A.  Biese 
in  der  Allg.  ztg.   1883,  beil.  zu  nr.  311. 

In  dem  „Neuen  Lausitzischen  magazin"  band  59 ,  heft  2, 
ist  ein  aufsatz  von  dr.  Theodor  Pauer  in  Görlitz  enthalten,  be- 
titelt :  „Dionysius  unter  den  seeräubern  in  wort  und  bild".  Der- 
selbe bespricht,  ausgehend  von  dem  homerischen  hymnus ,  in 
welchem  dieser  mythus  zuerst  poetisch  verwerthet  ist,  alle  bis 
in  das  fünfte  Jahrhundert  n.  Chr.  von  griechischen  dichtem  und 
plastischen  darstellungen  damit  vorgenommenen  Wandlungen. 

In  Italien  ist  mit  beifall  aufgenommen  die  Storia  delle  let- 
teratura  latina  von  Occioni,  welche,  wenn  gleich  vorzugsweise 
für  schulen  bestimmt,  gelungene  Charakteristiken  der  Schriftstel- 
ler und  anderes  beachtenswerthe  enthalten  soll:  eine  zweite  auf- 
läge wird  jetzt  vorbereitet. 

Betrachtungen  über  die  Lutherfeier,  von  der  in  der  Allg. 
zeitung  seit  nr.  290  fast  in  jeder  nummer  berichtet  und  gehan- 
delt ist,  giebt  dieses  blatt  in  beil.  zu  nr.  318  im  anschluß  an 
die  rede  des  professor  Bender  in  Bonn. 

Ueber  die  adresse,  welche  auf  anlaß  der  Lutherfeier  die 
Universität  Oxford  dem  deutschen  kaiser  übersendet  hat,  berichtet 
Allg.  ztg.  beil.  zu  nr.  327  :  es  ist  ein  beachtenswertes  aktenstück. 

„Das  römische  Pantheon"  ist  ein  aufsatz  von  R.  Schöner 
überschrieben,  der  in  Allg.  ztg.  beil.  zu  nr.  320.  329.  336.  337  steht, 
der  die  ursprüngliche  form  des  baues  und  die  im  laufe  der  zeit 
mit  ihm  vorgenommenen  Veränderungen  ,  meist  mißhandlungen, 
nachzuweisen  sucht,  dabei  aber  auch  den  in  neuerer  zeit  auf- 
getauchten plan  bespricht,  das  gebäude  zur  begräbnißstelle  der 
könige  Italiens  herzurichten. 

Ueber  die  zweite  aufläge  von  Reumonts  Lorenzo  di  Medici 
handelt  Hüffer  in  Allg.  ztg    beil.  zu  nr.  328. 

Eine  Schilderung  des  in  gegenwart  des  deutschen  kronprin- 
zen  zu  Madrid  abgehaltenen  stiergefechts  giebt  die  Allg.  ztg. 
nr.  333 :  wir  erwähnen  dies,  weil  daselbst  hübsch  das  benehmen 
des  volkes  bei  diesem  Schauspiel  geschildert  ist  und  man  dies 
als  parallele  zu  Schilderungen  des  benehmens  des  altgriechischen 
publicums  bei  ähnlichen  gelegenheiten  benutzen  kann. 

In  England  bringt  Schliemanns  neuestes  werk  über  Troja 
—  s.  PhAnzeig.  XIII,  9,  p.  504  —  eine  eigne  bewegung  her- 
vor, veranlaßt,  wie  es  scheint,  besonders  durch  die  beigaben  eng- 


Nr.   4.  Kleine  philologische  zeitung.  245 

lischer  gelehrten.  So  brachte  die  Times  noch  ehe  das  buch 
ausgegeben  war  einen  artikel  über  dasselbe ,  welcher  die  dem- 
selben vorangestellte  vorrede  von  Sayce,  professor  in  Oxford,  ins 
äuge  faßte :  über  ihn  und  die  in  ihm  ausgesprochenen  ansichten 
berichtet  Allg.  ztg.  beil.  zu  nr.  333 — 346:  in  hinsieht  auf  His- 
sarlik  als  die  stelle,  wo  Troja  lag,  stimmt  Sayce  Schliemann's 
ansichten  bei ,  in  anderen  ,  die  freilich  sehr  viel  gewagtes  ent- 
halten, weicht  er  von  ihm  ab      Vgl.  unt.  p.  448. 

Ein  aufsatz  in  der  beil.  z.  Allg.  ztg.  nr.  345.  346  „Ur- 
sprung und  einheit  des  menschengeschlechts"  überschrieben,  be- 
spricht die  Origines  arianae  von  K.  Penka :  diese  art  Untersu- 
chungen pflegen  ihrer  natur  nach  viel  unsicheres  und  gewagtes 
zu  enthalten,  entstehen  aber  ich  möchte  sagen  naturgemäß,  wenn 
grade  für  die  erforschung  der  ältesten  zeiten  neues  und  bedeu- 
tendes material  an  das  tageslicht  gezogen  ist.  So  erscheinen 
z.  b.  die  jüdischen  quellen  ,  seitdem  eine  gleich  alte  geschicht- 
schreibung  bei  benachbarten  Völkern  bekannt  geworden,  in  einem 
ganz  andern  lichte  und  zwingen  zum  aufgeben  oder  doch  zum 
ändern  lang  festgehaltener  sätze. 

Fragment  einer  Ciceroliandschriß.  In  den  blättern  f.  d.  bayer. 
gymnasialschulwesen  bd.  XX ,  hft.  1  macht  Georg  Schepß  ein 
blatt  einer  Cicerohandschrift  bekannt,  die  zu  dem  ältesten  gehört, 
was  wir  handschriftlich  zu  den  Briefen  ad  Atticum  besitzen.  Es 
ist  ein  blatt ,  das  ehedem  von  einer  Jahresrechnung  des  Würz- 
burger bürgerspitals  zum  heiligen  geiste  für  1582/83  abgelöst 
ward ;  es  kam  mit  andern  alterthümern  bei  einer  Versteigerung 
in  besitz  des  gutsbesitzers  Broili  zu  Mühlbach  bei  Karlstadt  un- 
weit Würzburg ;  durch  dessen  söhn  ,  einen  schüler  von  Schepß, 
ward  es  diesem  bekannt  und  ist  durch  seine  Vermittlung  jetzt  der 
Würzburger  Universitätsbibliothek  überwiesen  worden.  Das  blatt 
gehört  zu  einem  pergamentcodex  des  XI.  Jahrhunderts,  von  dem 
schon  früher  einzelne  blätter  gefunden  waren,  die  L.  v.  Spengel 
und  K.  Halm  bekannt  machten.  Im  ganzen  sind  jetzt  folgende 
stücke  bekannt :  I.  doppelblatt,  von  Reuß  gefunden,  von  Spengel 
behandelt,  jetzt  in  Würzburg  =  Cic.  ed.  Orelli  2  1 845,  T.  III,  p.  494, 
5_496,  15  (VI,  1.  2)  und  500,  26  —  502,  19  (VI,  3.  4);  — 
II.  doppelblatt,  das  in  rede  stehende,  Orelli  602,  11—607,  22 
(X,  11 — 15);  —  III.  doppelblatt  von  Sand-Euland  gefunden, 
von  Halm  behandelt,  jetzt  in  der  Vaticana?  =  Orelli  612,  25 
—614,  10  (XI,  4.  5.  6)  und  626,  18—628,  22  (XI,  20—23); 
—  IV.  doppelblatt  von  Reuß  gefunden,  von  Spengel  behandelt, 
jetzt  in  München  =  Orelli  616,  4—619,  37  (XI,  7  —  12);  — 
V.  Ein  fünfzeiliger  streifen  eines  doppelblatts  von  Reuß  ge- 
funden ,  von  Schepß  zu  behandeln ,  jetzt  in  München  =  Orelli 
712,  26—30  (XV,  2),  714,  2—7  (XV,  4),  724,  3—10  (XV, 
15.  16),  725,  10—16  (XV,  18).  Schepß  giebt  nun  eine  colla- 
tion  des  Mühlbacher  doppelblatts  und  des  Münchener  Streifens,  die 


246  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.  4. 

vollauf  bestätigt,  was  schon  Spengel  und  Halm  gesehen  hatten, 
daß  die  auf  den  rändern  der  Basler  ausgäbe  1528  (Cratander) 
mitgetheilten  lesarten  (im  ganzen  660,  davon  35  auf  obige  frag- 
mente  entfallend)  im  engsten  Zusammenhang  mit  der  Würzburger 
handschrift  stehen.  Die  hier  vertretene  recension  ist  aber  älter 
als  die  des  Mediceus  und  überhaupt  das  älteste  was  für  Cicero 
ad  Atticum  vorhanden  ist. 

Einen  nachruf  an  Bursian  aus  Athen  verzeichnet  die  Allg. 
ztg.  nr.   346. 

Zur  geschichte  und  zu  der  art  der  benutzung  der  päbstlichen 
archive  bringt  interessantes  ein  aufsatz  in  Allg.  ztg.  beil.  zu  nr. 
347.     Vrgl.  PhAnzeig.  XIII,   10,  p.   527. 

Daß  für  das  kaiserliche  museum  in  Wien  ein  sehr  großer 
theil  des  papyrusfundes  in  El-Fayum  erworben  sei,  berichtet  die 
Allg.  ztg.  nr.  350.  Vrgl.  Philol.  XLIII,  1,  p.  106.  PhAnzeig. 
XIII,   12,  p.  577. 

Ueber  neuendeckte  r  ö  m  i  s  c  he  gräber  in  Mainz  berichtet 
Allg.  ztg.  beil.  zu  nr.  351.     Vrgl.  PhAnz.  XIII,   12,  p.   615. 

Ueber  die  geschichte  von  Ravenna  und  über  die  dortigen 
bauten ,  besonders  zur  zeit  der  Ostgothen  handelt  eine  abhand- 
lung  in  Allg.  ztg.  beil.  zu  nr.  352.  355.  359.  361:  auf  die  an- 
fange des  christenthums  daselbst  wird  rücksicht  genommen. 

Sitzung  des  kaiserlich  deutschen  archäologischen  instituts 
in  Rom  am  15.  december  1883.  De  Rossi  besprach  zuerst 
die  alte  stadt  Capena  mit  dem  in  ihrem  gebiete  belegenen  haine 
und  tempel  der  göttin  Feronia.  Die  stadt  Capena  wurde  bisher 
nach  Civitucola ,  etwa  drei  miglien  von  Caprignano ,  der  tempel 
meistens  nach  Rignano  oder  Nazzano  gesetzt.  Dagegen  bewies 
de  Rossi  aus  fragmenten  von  marmortafeln,  die  offenbar  zur  be- 
kleidung  eines  alten  tempels  oder  ähnlichen  gebäudes  gehörten 
und  reste  der  fasten  heiliger  spiele  enthalten,  daß  vielmehr  Ci- 
vitucola der  ort  des  tempels  sei.  Die  datirten  stücke  sind  aus 
den  Jahren  110,112,  130,  133,  135,  136,  146,  152,  158.  Die 
spiele  aber  wurden  gegeben  von  priestern  oder  magistern  eines 
collegiums  und  waren,  wie  es  scheint,  verbunden  mit  dem  feste 
der  Iuvenalia.  Daß  aber  diese  wiederum  mit  dem  berühmten 
feste  der  Feronia  zusammenhingen,  schloß  der  vortragende  aus 
der  erwähnung  der  iuvenes  Lucoferonenses  in  einer  antiken  in- 
schrift  und  eines  von  einem  magister  und  iuvenes  in  der  colonia 
Iulia  Felix  Lucoferonensium  erbauten  amphitheaters.  de  Rossi 
hatte  alle  vorhandenen  nachrichten  über  diesen  ort  zusammen- 
gestellt und  zeigte,  wie  dieselben  bis  ins  späte  mittelalter  hin- 
ein auf  Civitucola  führen.  Dort  also  müsse  der  berühmte  tem- 
pel der  Feronia  gewesen  sein,  an  dessen  wänden  die  fasten  der 
capenatischen  spiele  eingehauen  waren.  In  Civitucola  sind  au- 
ßerdem mehrere  basen  von  statuen  gefunden  ,  deren  inschriften 
die  Capenates   foederati   erwähnen,      de    Rossi   erklärte    dieselben 


Nr.   4.  Kleine  philologische  zeitung.  247 

durch  eine  andere  inschrift ,  in  welcher  die  magistrate  der  res- 
publica  Capenatum  bezeichnet  sind  als  honoribus  functi  in  tribus 
civitatibus,  und  verglich  die  Verfassung  der  Capenates  foederati 
trium  civitatium  mit  denjenigen  der  quattuor  coloniae  von  Cirta 
in  Numidien  und  der  Vocontii  foederati  in  Gallien ,  welche  letz- 
teren gleichfalls  drei  städte  umfaßten.  —  Der  zweite  secretair 
des  instituts,  prof.  Heibig,  behandelte  hierauf  die  frage,  ob  die 
beginnende  griechische  kunst  in  der  darstellung  der  menschlichen 
gestalt  unabhängig  gewesen  sei  oder  nicht.  Er  legte  seiner  Un- 
tersuchung die  in  Athen  beim  dipylon  gefundenen  vasen  zu 
gründe,  welche  jünger  sind  als  die  zeit,  in  der  die  homerischen 
Schilde  entstanden,  was,  abgesehen  von  anderen  thatsachen,  sich 
daraus  ergiebt ,  daß  die  auf  ihnen  abgebildeten  schiffe  bereits 
mit  schnäbeln  versehen  sind ,  die  dem  homerischen  Zeitalter  un- 
bekannt waren ,  in  welchem  die  schiffe  nur  als  transportmittel 
dienten.  Damit  stimmt  das  homerische  epitheton  derselben,  tlfi- 
q>i&ioaai,  d.  h.  „auf  beiden  Seiten  ausgeschweift",  ähnlich  den 
stachellosen  phönikischen  schiffen  auf  einem  relief  im  palaste  des 
Sanherib.  Andrerseits  können  die  dipylon  -  vasen  von  dem  ho- 
merischen Zeitalter  nicht  weit  abliegen,  da  sie  viele  berührungs- 
puncte  mit  der  im  epos  geschilderten  cultur  erkennen  lassen, 
namentlich  aber  in  offenbarer  beziehung  zu  der  textilen  kunst 
stehen ,  welche  bereits  im  homerischen  Zeitalter  scenen  der  um- 
gebenden Wirklichkeit  zur  darstellung  brachte.  Für  die  frage, 
inwieweit  die  Vasenmalerei  in  der  darstellung  des  menschlichen 
körpers  unabhängig  verfahren  sei,  ist  besonders  ein  großes,  sehr 
alterthümliches  gefäß  wichtig,  auf  dem  eine  todtenklage  abge- 
bildet ist,  bei  welcher  die  klagenden  frauen  vollständig  nackt 
erscheinen  —  eine  darstellungsweise,  die  entschieden  auf  ein- 
flüsse  einer  fremden  kunst  hinweist,  welche  die  frauen  unter  um- 
ständen nackt  bildete.  Unzweifelhaft  aber  ist  dabei  den  anga- 
ben des  epos  zufolge  zunächst  an  phönikische  kunst  zu  denken. 
Producte  derselben ,  welche  sich  in  den  mykenäischen  gräbern 
gefunden  haben,  wie  ein  silberner  kuhkopf  und  goldene  astarte- 
figuren,  außerdem  uralte  kriegerfiguren  aus  bronze,  die  aus  phö- 
nikischem  boden  zu  tage  gekommen  sind ,  endlich  mancherlei 
kyprische  denkmäler  beweisen ,  daß  die  phönikische  kunst  in 
ihrem  ältesten  Stadium  eine  naturalistische  richtung  verfolgte, 
und  in  diesem  Stadium  bestimmte  sie  die  ältesten  bildnerischen 
versuche  der  Griechen.  Die  auf  den  dipylon-vasen  dargestellten 
figuren  zeigen  dieselbe  anordnung  des  körpers,  wie  die  auf  den 
ältesten  phönikischen  denkmälern  dargestellten  :  gesicht  und  beine 
im  profil,  die  brüst  in  der  Vorderansicht,  die  beine  parallel  mit 
beiden  fußen  gleichmäßig  auf  den  boden  auftretend.  Angesichts 
der  nackten  frauen ,  welche  auf  einer  dipylon  -  vase  den  todten 
umgeben ,  denkt  man  unwillkürlich  an  die  nackten  in  Mykenä 
gefundenen  astartefiguren.  —   Nach  allg.  ztg.  nr.  355.  —   Darnach 


248  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.  4. 

tritt  der  Zusammenhang  zwischen  Phönikiern  und  Hellenen  mehr 
und  mehr  hervor:  besonders  beachtenswerth  erscheint  auch  das 
über  Homer  bemerkte. 

Professor  Sayce  und  die  „trojanischen  inschriften"  ist  ein 
artikel  A.  Milchhöfers  in  beil.  z.  Allg.  ztg.  nr.  355  überschrie- 
ben, der  darauf  ausgeht  das  was  Sayce  als  buchstaben  auf  von 
Schliemann  gefundenen  geräthen  u.  s.  w.  angesehen  als  rohe 
Ornamente  nachzuweisen ;  dabei  vertheidigt  er  einzelne  seiner 
behauptungen  gegen  Sayce's  angriffe.  Es  handelt  sich  dabei  um 
wenigstens  jetzt  schwer  sicher  zu  entscheidende  fragen :  vorläufig 
wird  geräthen  sein  die  von  beiden  seiten  auf  etwas  bedenklicher 
grundlage  beruhenden  behauptungen  vorsichtig  aufzunehmen 
und  nicht  sofort  als  historische  resultate  zu  betrachten.  Vrgl. 
ob.  hft.  1,  p.  54  flg.  und  die  bemerkung  Gardthausens  ebendas. 
P-  3  flg. 

In  anschluß  an  Zittel  Beiträge  zur  geologie  und  paläonto- 
logie  der  libyschen  wüste"  schildert  M.  Neumayr  in  Allg.  ztg. 
1884,  beil.  nr.  8  diesen  landstrich ,  seinen  wasserreichthum  in 
der  tiefe,  seine  culturfähigkeit  u.  s.  w.  und  berücksichtigt  dabei 
auch  den  zustand  der  gegend  in  der  zeit  der  Griechen  und 
Eömer. 

In  Athen  ist  zwischen  der  akropolis  und  dem  Dionysos- 
theater ein  Venusköpfchen  von  unvergleichlicher  Schönheit  und 
ganz  unversehrt  gefunden:  von  dem  österreichischen  consul  frei- 
herrn  von  Warsberg  erworben  ist  es  nach  mancherlei  Schwierig- 
keiten nach  Berlin  gelangt,  daselbst  ergänzt  und  in  der  gießerei 
der  gebrüder  Schulz  zu  abguß  in  gips  reproduzirt.  Näheres  s. 
Allg.  ztg.  beil.  zu  nr.  19.  Köln.  ztg.  1884,  nr.  28,  2:  am  aus- 
führlichsten berichtet  aber  Reich sanz.   1884,  nr.  44. 

Zu  der  ob.  hft.  3,  p.  164  gemachten  mittheilung  über  die 
auffindung  der  diatn^sig  rönv  anoarölmv,  welche  auch  Allg.  ztg. 
beil.  zu  nr.  25  bringt,  veröffentlicht  dieselbe  zeitung  in  ihrer 
beil.  zu  nr.  29  folgendes:  „die  entdeckung,  von  welcher  beil. 
....  mittheilung  gemacht  ist,  ist  allerdings  für  die  geschichte 
des  ältesten  christenthums  so  bedeutend ,  daß  sich  ihre 
tragweite  noch  nicht  übersehen  läßt.  Aber  zur  ehre  des  ent- 
decken,  des  metropoliten  Bryennios  von  Nikomedien  muß  ge- 
sagt werden,  daß  er  sich  mit  der  sorgfältigen  publication  der 
neuen  Urkunde  nicht  begnügt,  sondern  in  umfangreichen  prole- 
gomenen  und  gelehrten  anmerkungen  bereits  den  grund  zu  einer 
wissenschaftlichen  bearbeitung  derselben  selbst  gelegt  hat".  — 
Adolph  Uarnach. 

In  der  Allg.  ztg.  nr.  28  giebt  G.  Bichell  eine  probe  seiner 
bearbeitung  des  „prediger  Salomo",  in  der  diesem  buche,  jetzt 
einer  ungeordneten  masse,  seine  ursprüngliche  schöne  form  wie- 
dergegeben werden  soll.  Es  kann  dies  eine  parallele  für  manche 
Untersuchung  in   der  classischen  litteratur  abgeben. 


Nr.  4v  Kleine  philologische  zeitung.  249 

In  Hanau  hat  sich  am  20.  Januar  ein  comitö  gebildet  zur 
errichtung  eines  denkmals  für  die  dort  geborenen  gebrüder  Jacob 
und  Wilhelm  Grimm :  s.  Allg.  ztg.  nr.  29  :  an  der  spitze  desselben 
stehen  der  landgerichtspräsident  Lang,  stellvertretender  landrath, 
regierungsassessor  Bake  und  Oberbürgermeister  Rauch :  vorerst 
liegt  diesem  ob,  die  nöthigen  geldmittel  herbeizuschaffen  und  zur 
empfangnahme  solcher  sind  ermächtigt  die  Schatzmeister  Ludwig 
Limbert  (vor  dem  Canalthor  2  h)  und  P.  H.  Zeuner  (Sterngasse  1), 
briefliche  anfragen  und  mittheilungen  sollen  an  dr.  Georg  Wolf, 
(Grimmstr.  12)  gerichtet  und  von  diesem  beantwortet  werden. 
Dies  und  anderes  führen  zwei  erlasse  des  comite's  aus  dem  fe- 
bruar  d.  j.  des  weitern  aus,  deren  einer  zugleich  das  unterneh- 
men in  passender  weise  begründet  und  zu  beitragen  und  deren 
Sammlung  anleitet  und  auffordert.  Gewiß  wird  man  überall  gern 
folge  leisten,  schon  um  der  Stadt  willen,  welche  aus  eignem  an- 
triebe ihren  berühmten  söhnen  ein  würdiges  denkmal  zu  errichten 
bemüht  ist,  dann  selbstverständlich  wegen  der  bahnbrechenden 
forschungen  der  brüder  auf  dem  gebiete  deutschen  lebens  und 
deutscher  spräche,  welche  die  bildung  des  volks  gefördert  und  die 
Wissenschaft  nach  den  verschiedensten  richtungen  hin  tief  erregt  und 
vorwärts  gebracht  haben,  endlich  nicht  weniger  wegen  der  echt 
deutschen  gesinnung,  welche  die  brüder  in  allen  zeiten  ihres  le- 
bens unter  vielfachen  entbehrungen  und  hemmnissen  unwandelbar 
bewahrten.  Es  sei  hier  gestattet,  an  die  1881  erschienenen 
briefe  der  brüder  aus  der  Jugendzeit  zu  erinnern,  in  welchen 
die  keime  klar  vorliegen,  aus  welchen  das  leben  dieser  edelsten 
söhne  unseres  Vaterlandes  emporwächst-,  dieses  würde  sich  in 
Göttingen  zur  schönsten  blüthe  entwickelt  haben,  hätte  nicht  eine 
rohe  hand  störend  in  dasselbe  eingegriffen.  —  E.  v.  L. 

Der  artikel  in  beil.  z.  Allg.  ztg.  nr.  34  „die  lykischen 
relieffunde"  giebt  einen  überblick  des  buches :  „Homerische  land- 
schaften  von  Alexander  frhrn.  von  Warsberg.  Erster  band.  I. 
Reich  des  Sarpedon.  II.  Rhodos.  III.  Im  Aegäermeer".  Wich- 
tige entdeckungen  aus  der  blüthezeit  griechischer  kunst  seien 
in  dem  werke  nicht  verzeichnet ,  wohl  aber  wichtige  gräberfor- 
men und  vieles  für  die  handwerksarbeit  interessante  aus  der  zeit 
bis  200  v.  Chr. :  jedenfalls  biete  das  werk  neben  manchem  über- 
schwenglichen viel  beachtenswerthes. 

Salamis.  Die  'Ermnuia  txoyatoloyixi)  in  Athen  beabsichtigt 
den  meeresboden  der  bucht  von  Salamis  nach  resten  der  in  der 
Seeschlacht  480  v.  Chr.  untergegangenen  griechischen  und  per- 
sischen schiffe  untersuchen  zu  lassen.  (Köln,  zeitung  1884, 
no.  33,  (2.  blatt.) 

Bedburg,  13.  febr.  Auf  dem  grundstücke  der  dortigen  Zu- 
ckerfabrik fand  man  in  etwa  2  m.  tiefe  einen  gut  erhaltenen 
Sarkophag  ungefähr  2  m.  langl'/sm.  hoch,  der  aus  einem  einzigen 
Sandstein   gearbeitet    ist.     Nach    hebung    des    deckeis    fand  man 


250  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.  4. 

das  Untergestell  halb  mit  angeschwemmtem  boden  angefüllt,  bei 
dessen  wegräumung  ein  schöner  schädel,  am  köpfende  ein  aschen- 
krug  zum  Vorschein  kamen.  Vermuthlich  ist  der  fund  aus  rö- 
mischer zeit. 

Sammlung  Castellani.  Die  Sammlung  des  vor  einigen  monaten 
in  Portici  gestorbenen  kunsthändlers  Alessandro  Castellani  wird 
am  1 7.  märz  in  Rom  zur  Versteigerung  kommen.  Pariser  sach- 
verständige sind  mit  der  auction  beauftragt,  und  das  verzeich- 
niß  der  antiken  soll  Fröhner  geschrieben  haben.  Obgleich  das 
britische  museum  zweimal  bei  Castellani  bedeutende  einkaufe 
machte,  so  ist  die  hinterlassene  Sammlung  noch  ungemein  reich, 
und  fast  alle  gebiete  der  antiken  kunst  sind  durch  hervorragende 
stücke  vertreten.  Unter  den  gemalten  vasen  nimmt  eine  poly- 
chrome hydria,  capuanischen  fundorts,  die  erste  stelle  ein,  ebenso 
sehr  wegen  feinheit  der  Zeichnung ,  farbenschmuck  und  Vergol- 
dung ,  als  wegen  des  bildes ,  das  die  eleusinischen  göttinnen, 
Apollo,  zwei  musen  und  eine  auf  dem  omphalos  sitzende  Mänade 
darstellt.  Eine  attische  lekythos  schönsten  stils  zeigt  den  kran- 
ken Philoktetes  (von  L.  A.  Milani  veröffentlicht) ;  eine  roth- 
figurige  oinochoe  den  Apollon,  der  die  Daphne  verfolgt;  ein 
krater  die  Verwandlung  des  Aktaion  im  beisein  von  Zeus,  Ar- 
temis und  Lyssa;  eine  capuanische  hydria  den  kleinen  schlan- 
genwürgenden Herakles,  der  neben  seinem  bruder  Iphikles  auf 
einer  kline  kniet.  Hinter  der  kline  erscheint  Athene,  auf  den 
speer  gestützt ,  rechts  und  links  Alkmene  und  Amphitryon ,  der 
sein  schwert  aus  der  scheide  zieht.  Unter  den  mit  reliefs  ge- 
schmückten vasen  zeichnet  sich  die  herrliche,  von  Heibig  be- 
schriebene, lekythos  aus,  mit  scenen  aus  dem  trojanischen  kriege: 
Aias  die  Kassandra  vom  altare  reißend,  und  ein  junger  Grieche 
der  mit  dem  bogen  auf  einen  bärtigen  Trojaner  schießt;  von 
schalen  calenischer  fabrik  sind  drei  da:  eine  mit  dem  abenteuer 
des  Odysseus,  die  andere  mit  den  namen  der  töpfer,  Atisius  und 
Canoleius.  Unter  den  bronzen  bemerkten  wir  eine  schöne  reihe 
etruskischer  Spiegel,  die  Klügmann  in  den  Sitzungen  des  archäo- 
logischen instituts  besprochen  hat,  z  b.  Artemis  auf  dem  hirsch 
reitend;  Odysseus  und  Diomedes,  welche  dem  thronenden  Aga- 
memnon das  geraubte  Pallasbild  übergeben.  Der  henkel  einer 
pränestinischen  eiste  stellt  die  geharnischten  dämonen  Hypnos 
und  Thanatos  dar,  den  leichnam  des  Sarpedon  vom  schlachtfelde 
tragend.  Die  antiken  gläser  sind  alle  bedeutend,  besonders  die 
vielfarbigen  schalen  aus  Toscanella  und  die  goldene  figur  eines 
gladiators  auf  blauem  gründe  mit  der  (von  de  Rossi  erklärten) 
inschrift:  Stratonicae  (sie)  bene  vicisti,  vade  in  Aurelia(m).  Die 
terracotten  beginnen  mit  einer  großen  reihe  etruskischer  Antefixa 
und  zahlreichen  köpfchen  aus  Tarent.  Von  Tanagräerinnen  sind 
etwa  zwanzig  da,  nebst  einer  gruppe  von  acht  eroten;  sie  ge- 
hören    zu     den     zierlichsten    und    am    besten    erhaltenen    dieser 


Nr.   4.  Auszüge  aus  Zeitschriften.  251 

klasse.  Aber  den  glanzpunkt  dieser  serie  bilden  die  terracot- 
ten  von  Myrina ,  darunter  das  todtenmahl,  das  mädchen  am 
Wasserbecken  und  die  blumentragende  Nike,  die  Fröhner  in  sei- 
nen Terres  cuites  (VAsie  (tafel  2,  10,  19)  publicirt  bat.  Eine 
große  büchse,  mit  etruskiscben  reliefs  geschmückt  und  die  von 
Robert  herausgegebene  figur  eines  declamierenden  tragischen 
Schauspielers  stehen  unter  den  elfenbein-arbeiten.  An  sie  reiht 
sich  die  berühmte  silberschale  von  Salerno  (kriegsthaten  des  Se- 
sostris);  der  goldschatz  von  Praeneste;  der  von  Mariette  gefun- 
dene dolch  eines  Pharaonen ,  wahrscheinlich  des  Amosis ;  eine 
herrliche  Sammlung  etruskischer  ohrringe ,  dann  ein  medaillon 
des  kaisers  Maximianus  Herculius  aus  getriebenem  goldblech. 
Unter  den  antiken  ringen  (etwa  hundert)  findet  sich  der  oskische, 
von  Bücheier  erklärte,  der  Anactia.  Den  Schluß  bilden  münzen, 
geschnittene  steine  und  einige  marmor-sculpturen,  z.  b.  ein  herr- 
licher kolossaler  frauenkopf  aus  der  schule  des  Polyklet,  der 
dem  vernehmen  nach  für  das  kapitolinische  museum  gekauft 
werden  soll. 


Auszüge  aus  Zeitschriften. 

Litterarisches  centralblatt  für  Deutschland.  Hrsg.  u.  verantworte 
redact.  prof.  dr.  F.  Zarncke,  1883,  no.  50.  Zeller,  grundriß  der  ge- 
schiente der  griechischen  philosophic.  Leipzig  1883,  Fues.  X,  317  p. 
4  mk.  10  pf.  —  Rosenthal,  Ludw.,  A.  Lazarus  Geiger,  seine  lehre  vom 
ursprange  der  spräche  und  Vernunft  und  sein  leben.  Stuttgart  1883, 
Scheibe.  8.  XII,  156  p.  3  mk.  C.  C.  Hense,  lateinische  Stilistik 
für  obere  gymnasialklassen  Parchim  1882,  Wehdemann.  VIII,  214  p. 
2  mk.  —  C.  T.  Newton,  the  collection  of  ancient  greek  inscriptions 
in  the  british  Museum.  Part  II.  Oxford  1883,  Clarendon  Preß. 
157  p.  3  tables.  fol.  U.  K{öhler).  —  Krumbacher,  C,  de  codieibus 
quibus  interpretamenta  Pseudodositheana  nobis  tradita  sunt.  München 
Straub  1883.  8.  68  p.  A.  E{ußner).  —  O.  Keller,  der  saturnische 
vers  als  rythmisch  erwiesen.  Leipzig,  Freytag  1883.  8.  III,  83  p.  lmk.50pf. 
A.  R{iese).  —  IJgaxTixü  itjt;  aoxctiokoyiztjs  twioictg  1881.  ,Ev  'AS-qvccig 
1882.  Anhang:  Avaexatpai  §p  zw  flfär^w  tij?  'EmdavQov  vnu  U.  Kaß- 
ßadia.  12,  40  p.  4  taff.  Dasselbe  1882.  ib.  1883.  103  p.  u.  3  taff. 
U.  K(öhler). 

No.  51.  Ewald.  Paul,  de  vocis  Gvvei&tjosuyg  apud  scriptores  novi 
testamenti  vi  ac  potestate  corarnentatio  et  biblico-philologica  et  bib- 
lico-theologica.  Leipzig  1883,  Hinrichs.  91p.  8.  3  mk.  Schtn.  — 
T.  Livi  ab  urbe  condita  libri.  Scholarum  in  usum  ed.  Ant.  Zingerle. 
Pars  IV,  lib.  XXVI -XXX.  Prag,  Tempsky  1883.  8.  XIV,  233  p. 
1  mk.  20  pf.  A.  E{ußner).  —  Ciceronis,  M.  Tullii  Tusculanarum  dis- 
putationum  libri  quinque.  Für  den  schulgebrauch  von  L.  W.  Hasper. 
I.  bdehn.  Buch  I.  II.  Gotha  1883,  Perthes.  IV,  114  p.  8.  1  mk.  30  pf. 
A.   E{ußner). 

No.  52.  Rud.  Hirzel,  Untersuchungen  zu  Ciceros'  philosophischen 
Schriften.  2.  th.:  de  finibus.  De  offieiis.  3.  th.:  Academica  priora. 
Tusculanae  disputationes.  Leipzig  1882/83,  Hirzel.  III,  913  p.  30  mk.  — 
Fokke ,  A.,  rettungen  des  Alkibiades.  I.  theil:  die  sicilische  expedi- 
tion.  Emden  1883,  Haynel.  IV,  87  p.  1  mk.  75  pf.  —  Saalfeld, 
Günther  Alex.    E.  A.,    der   hellenismus    in    latium.      Culturgeschichtl. 


252  Literatur.  Nr.  4. 

Beiträge  zur  beurtheiliing  des  class.  altertbumsän  der  hand  der  Sprach- 
wissenschaft gewonnen.    Wolfenbüttel  1883,  Zwißler.     VEI,  281  p.     8. 

6  mk.  — e— .  —  M.  Porci  Catonis  de  agricultura  liber  M.  Terenti 
Varronis  rerum  rusticarum  libri  tres  ex  rec.  Henr.  Keilii.  Vol.  I, 
iasc.  I.     Lpz.,  Teubner  1882.     8.     109  p.     2  mk.  40  pf.     A.  E{ußner.) 

1884.  No.  1.  Weygoldt,  G.  P.,  die  philosophie  der  stoa  nach  ih- 
rem wesen  und  ihren  Schicksalen  für  weitere  kreise  dargestellt.  Leip- 
zig, 0.  Schulze  1883.  8.  V,  218  p.  4  mk.  —  Flavius  Insephus,  jü- 
dische alterthümer  übers,  von  Fr.  Kaulen.  2.  auü.  Cöln,  Bachern 
(1883.)  8.  X,  696  p.  9  mk.  xyz.  —  Probst,  Arth.,  beitrage  zur  la- 
teinischen grammatik.  II.  zur  lehre  von  den  partikeln  und  conjunc- 
tionen.  Leipzig  1883,  Zangenberg  u.  Himly.  V,  102—172  p.  2  mk. 
v.  S.  —  C.  Paucker,  Supplementum  lexicorum  Latinorum.  Fase.  I — 
III.  Berlin,  Calvary  1883.  8.  I.  288  p.  3  mk.  K.  S{ittl).  —  Coen, 
Achille ,  di  una  leggenda  relativa  alla  nascita  e  alla  gioventü  di  Co- 
stantino  Magno.     Born  1882,  Forzani.     IV,  191  p.     8.     Rh    Köhler. 

No.  2.  Poetae  Latini  minores.  Rec.  et  em.  Aemil.  Buehrens.  Vol. 
V.     Leipzig,  Teubner  1883.    416  p.     16  mk.     4mk.  20  pf.     A.  Bliese). 

—  Engelbrecht,  Aug.  Gottfr.,  Studia  Terentiana.  Wien,  Gerolds  söhn 
1883.     8.     90  p.     3  mk.     .ig. 

No.  3.  Kiepert,  Heinr. ,  Wandkarte  von  alt -Italien.  Maaßstab 
1:800000.  3.  vollst,  umgearb.  aufl.  Berlin,  Reimer  1883.  fol.  6  bl. 
9  mk.  —  Derselbe,  Wandkarte  von  Altgriechenland.  Maßstab  1 :  500000. 
4.  vollst,  umgearb.  aufl.  Berlin  1883,  D.  Reimer.  9  bl  fol.  12  mk. 
d.  —  Flach,  Hans,  geschichte  der  griechischen  lyrik  nach  den  quellen 
dargestellt  I.  TübiDgen  1883,  Fues.  XVI,  818  p.  6  mk.  40  pf.  C{ru- 
sius).  —  Cauer,  Paul,  delectus  inscriptionum  Graecarum  propter  dia- 
lectum  metnorabilium.     2.  ed.     Leipzig,  Hirzel  1883.     8.     XVI,  365  p. 

7  mk.  —  Adamy,  R.,  architektonik  auf  historischer  u.  aestbet  grund- 
lage.  1.  bd.  3.  abth.:  architektonik  der  Hellenen.  Hannover,  Hel- 
wing  1882.    8.     XVI,  320  p.     13  mk.     ß. 

No.  4.  Benicken,  Hans  Karl,  studien  u.  forschungen  auf  dem  ge- 
biete der  homerischen  gedichte  und  ihrer  litteratur.  Das  XII.  und 
XIII.  lied  vom  zorne  des  Achilleus  in  NSO  der  Homerischen  Ilias. 
Innsbruck,  Wagner  1883.    8.  CCXLVII,  1312  p.  44  mk.  Ed.  Kammer. 

—  Bücheier,  Franz,  Umbrica.  Bonn  1883.  8.  Cohen  u.  söhn.  IV, 
223  p.  7  mk.  B(ru)gm(an).  —  D.  Magni  Ausonii  opuscula.  Rec. 
Carolus  Schenkl.  Adiecta  col.  tabula.  Berlin,  Weidmann  1883.  4. 
LXIV,  302  p.  (Monumenta  Germ,  histor.  Auctt.  antt.  V,  2).   A.  R(iese). 

—  Lepsius,  R.,  die  längenmaaße  der  alten.  Aus  sitzgsber.  der  preuß. 
akad.  d.  wiss.  1883,  no.  XL  VI.     15  p.     8.     F.  H{ultsch.) 


Literatur  188», 

(dem  Philologus  und  PhAnzeiger  zugesandt). 

Studien,  Berliner,  für  classische  philologie  und  archäologie ,  hrsg. 
von  Ferd.  Ascherson.     Erster  halbband.     Berlin,  Calvary  1883.     8. 

Hörn,  Eug. ,  de  Aristarchi  studiis  Homericis.  Gryphiswaldiae 
1883.    8.    90  p. 

TriantaßUis,  Costantino,  Marco  Caleuo  e  l'iscrizione  Greca  che  si 
trova  in  Rovigno  d'Istria.     Venezia  1883.     8.     23  p. 

Egger,  Josef,  Katharsisstudien.     Wien  1883.     8.     40  p. 

Kirchner,  loh.  Ern.,  de  litis  instrumentis  quae  extant  in  Demo- 
sthenis  quae  fertur  in  Lacritum  et  priore  adversus  Stephanum  ora- 
tionibus.     Halis  Sax.  1883.     8.     40  p. 

Buecheler,  Franc. ,  Umbrica  interpretatus  est.  Bonnae ,  Cohen 
1883.     8.     223  p.     7  mk. 


Nr.  5.  6.  Mai.  Juni  1884. 

Philologischer  Anzeiger. 

Herausgegeben  als    ergänzung   des  Philologus 


von 


Ernst  von  Leutsch. 


42.  Delectus  inscriptionum  Graecarum  propter  dialectum 
memorabilium.  Iterum  composuit  Paulus  Cauer.  Lipsiae, 
impensis  Salomonis  Hirzelii.      1883.     XVI,  365  p.     8. 

Die  zweite  aufläge  des  Cauer'schen  Delectus  unterscheidet 
sich  schon  durch  den  umfang  wesentlich  von  der  ersten.  Sie 
enthält  unter  557  nummern  an  die  achthundert  inschriften,  von 
denen  nur  103  aus  der  ersten  aufläge  herübergenommen  sind. 
Die  früher  principiell  weggelassenen  grabsteine  mit  einzelnen 
namen  sind  jetzt  reichlich  vertreten ,  auch  verstümmelte  texte 
sind  zugelassen,  wenn  sie  bemerkenswerthe  formen  bieten.  Die 
auswablder  inschriften  ist  mit  Sorgfalt  und  bedacht  ge- 
troffen ;  es  würde  zwar  leicht  sein ,  eine  reihe  weggelassener 
aufzuzählen  ,  die  ebenso  gut  wie  andere  die  aufnähme  verdient 
hätten ,  und  eine  reihe  aufgenommener  als  entbehrlich  zu  be- 
zeichnen, aber  von  den  hauptstücken,  die  dem  Studium  der  dia- 
lekte  in  erster  linie  zu  gründe  gelegt  werden  müssen,  fehlt  kei- 
nes, wenn  man  vom  pamphylischen  absieht,  dessen  inschriftlichen 
Überresten  Cauer  leider  die  aufnähme  versagt  hat.  Die  cor- 
rectheit  des  drucks  der  texte  ist  lobenswerth  ;  von  druck - 
fehlern,  die  den  leser  irre  führen  könnten,  sind  mir  nur  folgende 
aufgefallen:  nr.  26,  6  rutdaae  (lies  vwa/xi;,  d.i.  PixäaS),  nr.  30,  7 
|*o»-  (lies  etvv-),  nr.  32,  11  pin*.piov£vovna  (lies  [xta/xoveiovaa), 
nr.  40,  115  TSTogai;  (lies  jfioqu),  nr.  41,  10  xaxaxlrjzq)  (lies 
y.<naxlij7rp),  nr.  298,  16.  17  aovyyäqw  (lies  aovyyoücpw),  nr.  362, 
31  nrnindSya  (lies  FIiaündwQa),  nr.  409,  52  KlsovÖag  (KJEn 
NldAZ),  nr.  521  ibv  (lies  j'coi).  —  Die  den  inschriften  beige- 
gebenen notizen  über  fundstelle,  auf  b  ewahrungs  ort 
Piniol.  Anz.  XIV.  18 


254  42.  Epigraphik.  Nr.   5. 

u.  dgl.  sind  sehr  kurz  gefaßt,  aber  für  die  zwecke  des  buches 
für  ausreichend  zu  erachten,  Irrthümlich  ist  die  bemerkung  zu 
nr.  40.  41  ;  das  sogenannte  fragmentum  Britannicum  der  heraklei- 
schen  tafeln  hat  sich  zwar  früher  in  England  befunden,  ist  aber 
jetzt  schon  über  ein  Jahrhundert  in  Neapel  mit  der  ersten  tafel 
verbunden.  Nr.  199  befindet  sich  wirklich  im  museum  zu  Neapel 
nach  ausweis  des  Catalogo  del  museo  di  Napoli,  Iscriaione  Grecche 
ed  Italiche  p.  30  nr.  88  (2826).  —  Den  texten  folgt  zunächst 
die  angäbe  der  litteratur,  bei  den  mehrfach  edierten  eine 
auswahl  der  publicationen.  Zu  wünschen  wäre  es,  daß  die  ori- 
ginalpublicationen  von  den  Wiederholungen  geschieden  würden, 
was  freilich  keine  ganz  leichte  aufgäbe  ist.  Le  Bas  hat  z.  b. 
eine  ganze  anzahl  seiner  texte,  namentlich  viele  unter  den  böo- 
tischen,  nicht  nach  originalcopien  sondern  nach  früheren  publi- 
cationen, so  nach  dem  ersten  bände  des  Corpus  inscriptionum  Grae- 
carum,  nach  Leake's  Travels  in  Northern  Greece,  nach  der  Keil'- 
schen  Sylloge  u.  a.  ediert.  —  Die  benutzung  der  litte- 
ratur ist  im  ganzen  eine  sorgfältige,  hier  und  da  nur  sind 
kleine  ungenauigkeiten  zu  verbessern.  Ich  beschränke  mich  auf 
die  angäbe  der  folgenden.  Nr.  11  „Titulum  Laconicum  esse  de- 
monstravit  Kirchhoff  Alph.  3  141u.  Vielmehr  Ahrens,  Dial.  II,  8. 
—  Nr.  291,  4  mußte  nach  Foucart's  majuskeltext  -nnsi  (nicht 
-innsil)  gedruckt  werden.  —  Nr.  292,  43  Evgvztmvog  „ita  in 
lapide  esse  testatur  Foucart  Bull.  Corr.  Hell.  IV  p  88".  Fou- 
cart  spricht  aber  nicht  von  einer  revision  des  steins  oder  einer 
ihm  vorliegenden  neuen  copie,  so  daß  seine  erwähnung  des  „Po- 
tarnodoros,  fils  d'Eurytion"  als  eine  conjectur  zu  der  Rangabö'schen 
copie ,  selbstverständlich  als  eine  ganz  sichere  Verbesserung ,  zu 
betrachten  ist.  —  Nr.  322,  1  zu  Außadeiijoic;  „H  in  lapide  legit 
Stephani",  aber  nicht  in  dieser,  sondern  in  der  links  von  ihr 
auf  demselben  steine  befindlichen  inschrift,  die  im  Delectus  nicht 
aufgenommen  ist.  —  Nr.  323,  6  BA2IAEX  ist  durch  ein  miß- 
verständniß  des  kleinen  liegenden  kreuzes  entstanden ,  mit  dem 
Keil  in  seiner  Wiederholung  der  inschrift  die  lücke  hinter  BA- 
ZIAE  bezeichnet  hat,  die  Leake  in  der  originalcopie  durch  ein 
Sternchen  andeutete.  —  Nr.  341,  7.  Die  dialektwidrige  form  &&- 
Xaaoav  druckt  Cauer  der  Le  Bas'schen  copie  nach,  während 
Rangabe'  das  richtige  üälatzav  bietet.  —  Nr.  352,  11,  „EIMIA2, 
inde  'E\o][iiluQ  Larfeld,  quividitOS  literas    Alxivioc;  apud  Lebasium 


Nr.  5.  42.   Epigraphik.  255 

vitio  repetitas  esse".  Die  fehlerhafte  Schreibung  stammt  vielmehr 
von  Cyriacus ,  die  Larfeld'sche  änderung  von  Boeckh.  —  Daß 
hei  den  großen  äolischen  inschriften  nr.  428  und  nr.  430  Hicks' 
Manual,  in  dem  nach  Newton'schen  abdrucken  viele  neue  lesun- 
gen  mitgetheilt  werden ,  ganz  außer  acht  gelassen  wurde ,  ist 
ebenso  zu  bedauern,  wie  daß  die  Latischew'sche  neue  collation 
der  wichtigen  Nikaretainschrift  nr.  295  nicht  benutzt  worden 
ist.  —  Die  texte  werden,  wie  früher,  aus  praktischen  gründen 
nur  in  Umschrift  gegeben,  die  tr  an  s  s  crip  tion  der  älteren 
alpha  bete  erfolgt  nach  einem  in  manchen  punkten  gegen  frü- 
her geänderten  principe.  Manche  dieser  änderungen  erscheinen 
mir  unzweckmäßig.  So  wird  jetzt  für  epigraphische  E  und  O, 
wo  sie  zur  bezeichnung  der  unechten  diphthonge  dienen,  s(t)  und 
o(v)  gesetzt,  wo  ich  die  in  allen  anderen  fällen  für  E  und  0 
gebrauchte  transscription  s  und  o  vorziehen  würde,  weil  sie  con- 
sequenter  ist  und  den  leser  nicht,  wie  die  Cauer'sche,  irreführen 
kann ;  ich  halte  z.  b.  die  Schreibung  o(y)  für  den  durch  contrac- 
tion  oder  ersatzdehnung  entstandenen  gedehnten  o-laut  in  der 
Umschrift  des  melischen  alphabets  für  irrthümlich :  wenn  das 
epigraphische  zeichen  der  alten  steine  für  diesen  laut  (C)  sich 
von  dem  für  gemeingriechisches  co  (0)  unterscheidet,  so  folgt 
daraus  nur ,  daß  die  beiden  laute  unterscheidbar  waren  —  und 
das  war  gewiß  auch  anderwärts  der  fall  —  aber  nicht,  daß  die- 
ser laut  gleich  nv  war;  daß  derselbe  auch  nach  der  einführung 
des  ionischen  alphabets  auf  Melos  nicht  durch  OT  bezeichnet 
wurde,  lehrt  nr.  138.  Das  ov  der  aus  römischer  zeit  stammen- 
den texte  beweist  nichts.  —  Ebenso  wenig  gefällt  mir  die  neue- 
rung,  das  fälschlich  sogenannte  imra  uw/^üiv^ior  der  alten  texte 
unter  die  vocale  statt  neben  sie  zu  setzen,  zumal  dieses  princip 
überall  da  verletzt  ist,  wo  das  iota  in  schraffierter  form  gedruckt 
wird,  wie  z.  b.  in  nr.  16.  —  Gegen  das  princip  den  Spiritus 
asper  da,  wo  er  auf  den  steinen  fehlt,  in  klammern  einzuschlie- 
ßen, verstößt  die  Schreibung  aviopov  nr  17,  8  14.  20.  —  Miß- 
lich steht  es,  wie  bekannt,  um  unser  wissen  von  der  dialektischen 
accentuation.  Die  äolische  läßt  sich  noch  leidlich  nach  dem 
principe  der  barytonesis  construieren ,  ein  System  aber  der  dori- 
schen betonungsweise  aus  den  wenigen  und  vereinzelten  notizen 
der  grammatiker  herzustellen,  ist  zur  zeit  unmöglich.  Trotzdem 
hat  Cauer   nach    den  Ahrens'schen    erklärungen    dieser  gramma- 

18* 


256  42.  Epigraphik.  Nr.  5. 

tikernotizen  die  von  ihnen  betroffenen  Wortklassen  „dorisch"  ac- 
centuiert,  die  übrigen  Wörter  der  dorischen  texte  aber  unter  atti- 
scher betonung  belassen ,  als  ob  bekannt  wäre ,  was  nicht  der 
fall  ist,  daß  dieselben  im  dorischen  dialekte  ebenso  wie  im  atti- 
schen betont  gewesen  wären.  Nun  kommt  aber  hinzu,  daß  ei- 
nige der  Ahrens'schen  erklärungen,  wie  ich  in  meiner  programm- 
abhandlung  „zur  griechischen  dialektologie"  nachzuweisen  ver- 
sucht habe,  nicht  stichhaltig  sind.  Cauer  hat  dieselben  zwar  in 
seiner  anzeige  meiner  schrift  in  dieser  Zeitschrift  1883,  p.  581  ff. 
zu  vertheidigen  unternommen,  aber  die  vertheidigung  ist,  so- 
viel ich  sehen  kann,  nicht  erfolgreich  ausgefallen.  Auch  ist 
Cauer  selbst  weit  davon  entfernt,  die  von  ihm  befolgten  accent- 
regeln  für  sicher  zu  halten ,  vgl.  im  Delectus  p.  VII  f. :  „Hanc 
legem,  quamquam  ne  ipsa  quidem  absoluta  et  perfecta  est,  secutus 
sum  in  monumentis  Doridis  quae  vocantur  severioris"  und  in  seiner 
eben  genannten  anzeige  p.  583 :  „wenn  es  aber  darauf  ankommt, 
vorläufig  das  wahrscheinliche  zu  bezeichnen,  so  spricht  alles  da- 
für, die  endung  -ai,  die  in  zwei  anderen  fällen  der  flexion  (nom. 
pluralis  der  a  -  deklination  und  infin.  aor.  I  activi)  dorisch  als 
lang  galt,  auch  in  den  medialen  konjugationsendungen  als  lang 
gelten  zu  lassen".  Ich  glaube  mir  darnach  eine  weitere  motivie- 
rung  meines  urtheils,  daß  Cauer  auf  die  anwendung  dieser  so 
beschaffenen  regeln  besser  verzichtet  hätte,  ersparen  zu  können. 
—  Durch  Wilamowitz'  recension  der  ersten  aufläge  des  Delectus 
hat  sich  Cauer  zu  der  annähme  von  der  Verbreitung 
des  ätoli  sehen  dialekts  über  alle  die  Staaten,  die  längere 
oder  kürzere  zeit  zum  ätolischen  bunde  gehört  haben,  bestimmen 
lassen.  Cauer  meint  demnach,  wenn  sich  in  lakonischen,  messe- 
nischen, arkadischen  inschriften  analogiebildungen  wie  siaayör- 
zoig  (nr.  30,  nr.  462),  fpiaXsoig,  nolioig  (nr.  45),  avasßsoig,  ini- 
telovvtom  (n.  47)  finden,  so  seien  diese  formen  ätolisch  und  be- 
weisend für  den  ätolischen  einfluß.  Darauf  hin  benutzt  er  diese 
vermeintlich  ätolischen  formen  peloponnesischer  inschriften  zur 
datierung  der  steine ,  z.  b.  nr.  30 ;  „Cum  dialectus  nonnulla  im- 
mixta  habeat  ex  dialecto  Aetolorum  (e'f  toi  isgvt  zeile  37,  etaa- 
yövtoig  xai  s^ayövzotg  zeile  33  f.),  putaverim  titulum  scriptum  esse 
ea  aetate,  qua  Lacedaemonii  cum  foedere  Aetolorum  societatem  ha- 
berent,  i.  e.  intra  aa.  220 — 200  a.  Chr.".  Das  ist  nun  aber 
falsch ;    Cauer  hat  übersehen ,  daß  die  inschrift  die  existenz  des 


Nr.   5.  42.  Epigraphik.  257 

ttoivov  7tö»'  jdaxadatftovCooti  bezeugt,  dessen  gründung  erst  durch 
die  195  v.  Chr.  erfolgte  losreißung  der  küstenstädte  von  Sparta 
ermöglicht  wurde  (vgl.  Foucart  im  commentar  zu  Le  Bas ,  p. 
110  ff.).  Daß  sich,  beiläufig  bemerkt,  die  behauptung,  zoi  Isqöi 
sei  ätolisch ,  durch  nichts  rechtfertigen  läßt ,  weiß  Cauer  selbst, 
vgl.  p.  156;  aus  dem  ätolischen  dialekte  ist  kein  einziger  dativ 
auf  -oi  bekannt.  Jene  analogiebildungen  aber  aus  dem  ätoli- 
schen dialekte  herzuleiten,  ist  willkürlich ,  da  niemand  die  that- 
sache  ableugnen  kann,  daß  sich  solche  bildungen  unabhängig 
von  einander  an  verschiedenen  stellen  entwickeln ,  wie  wir  da- 
tive  auf  -oii  von  consonantischen ,  -i-  und  -w-stämmen  auch  an 
stellen  finden ,  wo  absolut  kein  ätolischer  einfluß  angenommen 
werden  kann  (vgl.  G.  Meyer,  Griechische  grammatik  §  376), 
und  ist  unwahrscheinlich,  da  es  an  beispielen  fehlt,  die  uns 
glaubhaft  machten ,  daß  ein  politisches  bündniß  ohne  mischung 
der  bevölkerung  und  von  kurzer  dauer,  wie  die  von  den  Aeto- 
lern  mit  den  peloponnesischen  Staaten  geschlossenen ,  auf  die 
spräche  dieser  letzteren  von  bestimmendem  einfluß  hätte  sein  kön- 
nen. —  In  der  kritik  der  texte  wäre  hier  und  da  eine  grö- 
ßere Selbständigkeit  des  herausgebers  wünschenswerth  gewesen, 
er  folgt  seinen  Vorgängern  zuweilen  allzu  rasch.  Von  offenbaren 
fehlem  derselben  finden  wir  bei  ihm  wieder  die  form  apai  nr. 
13,  die  für  alpst  stehen  soll,  den  namen  'Idoiao  nr.  382,  der 
anlautendes  digamma  haben  müßte,  den  falsch  gebildeten  namen 
Fel-ia*  nr.  332,  10,  tov%ui  in  einer  phokischen  inschrift  nr.  221 
mit  dialectwidrigem  ov  statt  v ;  der  von  den  früheren  heraus- 
geben! doch  nur  mit  fragezeichen  gedruckte  ganz  unglaubliche 
name  rviönnaoTog  nr.  363  wird  nicht  nur  ohne  jeden  ausdruck 
eines  zweifeis  aufgenommen,  sondern  sogar  als  beispiel  verwendet, 
um  die  fragwürdige  Schreibung  tu  nndftaza  nr.  295  glaublich 
erscheinen  zu  lassen  u.s.w.  Auf's  nachdrücklichste  warne  ich  vor 
benutzung  der  form  nQiuvfAsvoe,  die  Cauer  zu  nr.  287  als  chäro- 
neisch  anführt;  die  inschrift,  von  der  Preller  nur  die  folgenden 
zeichen  copierte  nOIOTMENOE/UJTOTZTNEJP/ai  \  NOMON 
war,  wie  mehrere  andere  desselben  Steines  in  der  y.oivrl  abgefaßt; 
statt  2TNEJPI&I  hat  ovve8<ji[ov],  statt  TIOIOTMENOE  sicher 
ebenfalls  eine  hellenistische  form,  wahrscheinlich  noiov[ievo\g\  auf 
dem  steine  gestanden.  Die  schlechte  beschaffenheit  seiner  unter 
ungünstigen    umständen    angefertigten    copie    der  inschriften  des 


258  42.  Epigraphik.  Nr.   5. 

Steines  („wir  waren  eilig,  die  sonne  brannte  sehr,  und  der  block 
war  theilweise  mit  einer  aus  moos  und  feinem  sande  zusammen- 
gewachsenen kruste  dergestalt  überzogen,  daß  u.  s.  w."  Preller) 
kannte  und  bedauerte  Preller  selbst  am  meisten  („ich  habe  bedenken 
getragen,  ob  ich  diese  inschriften  bei  so  mangelhafter  abschrift 
publicieren  solle.  Doch  könnte  der  stein  inzwischen  verschwun- 
den sein"  Preller).  —  Anderes  wird  bei  den  folgenden  bemer- 
kungen  zu  einzelnen  inschriften  zur  spräche  kommen. 
Nr.  2.  Ich  habe  schon  bei  einer  früheren  gelegenheit  dar- 
auf hingewiesen,  daß  die  inschrift  zu  lesen  ist:  [To'i~\  xögoi  (oder 
xcoqoi?)  OioxXtj  N<x-n\yQra  (oder  -SQtida)  sc.  avi&rjuar  toig  &eoig; 
mit  Qioxlrj  vgl.  z.  b.  lakon.  KahlixlTj  nr.  32 ,  18 ;  die  durch 
aneinanderrücken  von  -s-i  entstandene  endung  -ti  des  dativ  sing, 
von  sigmastämmen  ist  auf  alten  inschriften  niemals  durch  ein- 
faches E  bezeichnet  worden  •,  vgl.  die  Schreibungen  HEAEl 
IGA.  79,  13,  APIZTOKPATEl  IGA.  145,  KAAOKEI  IGA. 
206a,  AMPAAKEI  IGA.  220,  T1POKAEI  IGA.  256.  —  Nr.  8. 
Zu  Tivdagiöäv  war  auch  die  spartanische  inschrift  nr  36  zu  ci- 
tiren.  —  Nr.  13.  Ich  glaube,  daß  die  beiden  formen  des  fragli- 
chen verbums  annajQvQ^ajai  und  anooTQv&ijiat  zu  umschreiben 
sind,  und  das  lakonische  arroatQv&s'nfiai  „schwatzen,  lärmen" 
(gtqvQ-  für  OTQOvft-  ist  auch  anderwärts  bezeugt)  mit  a7QovOiX(o 
(aTQOv&it,o3t<  •  tqC^cov  Suidas)  zusammenzustellen  ist.  —  Nr.  29. 
Die  singulare  Schreibung  Ttväagidai,  die  sich  auf  alten  wie  auf 
jungen  inschriften  findet,  giebt  uns  durchaus  nicht  das  recht  ei- 
nen im  lakonischen  dialekt  wirkenden  lautwandel  von  v  zu  t 
anzunehmen;  darnach  wäre  die  vermuthung,  daß  statt  yvnvaoiao- 
li](>aii,  von  dessen  T  die  copie  nur  den  unteren  theil  der  hasta 
erhalten  zeigt,  vielleicht  yt^vaaiag^i'/oag  zu  lesen  sei,  besser  un- 
ausgesprochen geblieben.  —  Nr.  40.  41.  Daß  die  publication 
der  herakleischen  tafeln  im  Catalogo  del  Museo  Nasionale  di  Na- 
poli,  Pt.  I  Iscriäioni  Grecche  ed  Italiche,  Napoli  1867,  nr.  81,  82, 
p.  17 — 24  von  Cauer  nicht  benutzt  worden  ist,  braucht  nicht 
bedauert  zu  werden ;  der  text  wird  dort  in  einer  Umschrift  ge- 
geben, der  offenbar  diejenige  des  CIG  zu  gründe  gelegt  ist,  vgl. 
die  Schreibung  £§  u.  s.  w.  statt  pe'£  u.  s.  w.,  die  conjunctive  auf 
-rj  für  -EI,  7&iQan{oa)[at.  1,40,41,  'HQ<p8(ei)a  I,  114,  8tax(aT)imv 
II,  35,  t(c5)  II,  46  u.  s.  w.,  und  ist  außerdem  voller  fehler,  vgl. 
z.  b.  0ec8()Qog  I,  182,    'AgiaTadn^ms  I,  184,    oxim  II,  33  %oi- 


Nr.  5.  42.  Epigraphik.  259 

viyan  II,  63,  ftedlftpot  II,  86,  8e%a  II,  86,  pt^ijy.ovza  II,  102,  wonach 
es  fraglich  erscheinen  muß ,  ob  I,  37  am  ende  der  zeile  wirk- 
lich f-H  steht,  wie  aus  der  Schreibung  des  Catalogo  rj(ixiayotvov) 
geschlossen  werden  müßte,  uud  wie  die  berechnung  auch  in  der 
that  verlangt ;  Mazocchi  und  Mommsen  haben  die  zeichen  aber 
nicht  gelesen.  I,  44  hat  Cauer  Mommsen's  collation  des  frag- 
mentum  Britannicum  (Addenda  zu  CIG.  III,  p.  1253)  außer  acht 
gelassen,  nach  der  rili  ztzdfjzui  fiegsat  rät  na.Q  auf  der  tafel 
steht.  Wie  übrigens  ixtoiui  in  dieser  zeile,  ist  'H^av.Xiav  II,  32 
(Cauer  'Huuy.).t(i)ai')  unangetastet  zu  lassen.  I,  114  bietet  rä 
'HqcüiÖh  ,,die  besitzung  des  Herodes"  ebensowenig  anstoß  als  zu 
(liivzte.  I,  44,  58,  69,  92  •,  Cauer  hat  mit  unrecht  die  änderung 
tu  'Ho(ö8(ti)u  ,  die  Franz  nach  I,  15,  42,  55,  87  gemacht  hat, 
aufgenommen.  Mit  recht  aber  ist  die  früher  geänderte  inschrift- 
liche lesung  70  nöz  "Axiqiv  II,  46  unter  Verweisung  auf  II,  23, 
72,  74  von  Cauer  beibehalten.  —  Nr.  44  vermuthe  ich  zeile  18 
-T([ä]«ioj  für  2i8dpco;  zeile  30  enthält  Cauer's  vermuthung  Asio- 
(%Xeog?)  einen  für  diese  inschrift  unstatthaften  itacismus.  —  Nr. 
47  ist  zeile  37  "A  [«]/}  St?  r/^en  lv  zulg  ay.uvalg  mit  Foucart 
als  titel  eines  neuen  paragraphen  zu  lesen.  —  Nr.  58.  Die 
von  Cauer  übersehene  copie  der  inschrift  in  der  Zeitschrift  Muv- 
ostov  v.u.)  ßißXio&jjxq  y.zl.  I,  p.  101,  nr.  103  bietet  zeile  13 
Atuitß  statt  Aioov.  —  Nr.  69.  HABON  kann  nicht  "Aßtov  sein, 
da  der  namen  i/ßa-  gemeingriechisches  ?/  hat;  übrigens  hat  Höhl 
selbst  inzwischen  in  dem  Jahresbericht  über  die  griechische  epi- 
graphik für  1878  — 1882,  bd.  XXXII  (1883.  III),  p.  2  mit  recht 
der  erklärung  Comparetti's  den  vorzug  vor  der  seinigen  gegeben. 
—  Nr.  104.  Die  bemerkung  „Decreta  Aegosthenitarum  aetatis  po- 
steriores partim  dialecto  Boeotica  scripta  sunt11  ist  geeignet  eine 
irrthümliche  Vorstellung  hervorzurufen.  Von  den  decreten  der 
megarischen  Stadt  Aegosthenä  ist  lediglich  das  der  böotischen 
stadt  Siphä  gesandte  ehrendecret  Le  Bas  1  böotisch  abgefaßt.  — 
Nr.  116  üv&ivog  „göttlich"  verhält  sich  zu  dem  kretischen  öivog 
(=  &£ivog)  in  nr.  132,  33,  wie  tt-Otog  zu  &siog.  —  Nr.  122 — 
132.  Die  teischen  Urkunden  werden  jetzt  correcter  als  früher, 
mit  berücksichtigung  der  Waddington'schen  Varianten  gegeben, 
aber  es  ist  nicht  zu  billigen,  daß  sich  Cauer  bemüht  die  dialekt- 
fehler der  ionischen  Steinmetzen  aus  den  texten  herauszucorri- 
gieren.     Sowohl  das  ionische   //  wie  das  nicht  weniger  als  zehnmal 


260  43.  Lateinische  grammatik.  Nr.   5. 

in  den  aufgenommenen  stücken  zu  den  genetiven  auf  -a  und  -a> 
gesetzte  iota  war  zu  belassen;  die  letztere  auch  aus  äolischen 
inschriften  (Griechische  dialekte  I,  88)  bekannte  Vermischung  von 
genetiv-  und  dativform  beweist,  daß  dieses  iota  damals  wirklich 
avexcpcovtjTov  war.  Auch  die  Schreibung  Tzdi'OffM^']  nr.  127,  9 
für  ^ar(T«[e]  würde  ich  unverändert  gelassen  haben.  Ebenso 
scheint  mir  MA0ETAN  nr.  132,  7  zu  rasch  in  (iaQ\ri\Tdv  ver- 
ändert; das  attische  kennt  ja  allerdings  den  stamm  na&s-  in 
tempus-  und  Wortbildung  nur  mit  gedehntem  e-laut,  aber  dadurch 
ist  die  möglichkeit  dialektischer  formen  mit  *  nicht  ausgeschlos- 
sen; denkbar  ist  ein  kretisches  MA0ETAZ  ebenso  wie  z.  b. 
attisch  svQsaig  neben  evQrjpa,  yafxijrjg  neben  yafiijzög  besteht. 
An  der  änderung  von  MEAETHN  AN  nr.  128,  15  in  disltyrjv 
[öi]  nimmt  Cauer  selbst  des  vorhergehenden  ts  wegen  mit  recht 
anstoß ;  mehr  anspruch  auf  Wahrscheinlichkeit  hat  8ieX?yri[a]ai>, 
wie  Waddington  schreibt,  und  wie  Cauer  selbst  in  der  ersten 
aufläge  hatte ;  ich  mache  darauf  aufmerksam ,  daß  in  den  in- 
schriften nr.  125 — 129  nicht  weniger  als  sechsmal  von  den  tei- 
schen  Steinmetzen  fälschlich  ein  N  für  ein  2  der  kretischen  Ori- 
ginalurkunden eingemeißelt  worden  ist.  —  Nr.  280 — 382  um- 
fassen die  böotischen  inschriften ,  auf  die  ich  unter  hinweis  auf 
meine  behandlung  derselben  in  der  Sammlung  der  griechischen 
dialekt-inschriften,  bd.  I,  heft  3,  hier  nicht  eingehen  will.  Ich 
weise  nur  auf  die  vortreffliche  emendation  hin,  die  Cauer  zu  nr.  340, 
22  (EAETQEPAQENA:  iJisv&ee[<o]d >sV[»)  gemacht  hat.  Auch 
für  die  eleischen,  thessalischen,  lesbischen,  arkadischen  und  ky- 
prischen  inschriften  liegen  jetzt  in  der  genannten  Sammlung  neu- 
bearbeitungen  vor,  die  Cauer  für  seinen  Delectus  noch  nicht 
verwerthen  konnte.  Sie  bieten  an  nicht  wenigen  punkten  der 
von  Cauer  aufgenommenen  texte  correcturen ,  deren  beachtung 
bei  der  benutzung  des  Delectus  nicht  versäumt  werden  darf. 

Richard  Meister. 

43.  Emanuel  Hoff  mann,  Studien  auf  dem  gebiete  der 
lateinischen  syntax.     Wien  1884,  C.  Konegen.     8. 

Den  hauptinhalt  des  vorliegenden  werkes  bildet  eine  Studie 
über  die  Zeitfolge  nach  dem  Praesens  historicum.  Hug  und 
Eeusch  haben  bekanntlich  für  diese  frage  regeln  aus  den  archi- 
tektonischen Verhältnissen  des  Satzgefüges ,  der  Stellung  des  ne- 


Nr.   5.  43.  Lateinische  grammatik.  261 

bensatzes  zum  hauptsatze ,  herzuleiten  versucht.  Im  gegensatz 
hiezu  stellte  Heynacher  auf  grund  der  beobachtung  des  Sprach- 
gebrauchs Caesars  die  anwendung  der  haupttempora  als  regel 
hin.  Den  umgekehrten  Standpunkt  nun  vertritt  Hoffmann,  wel- 
cher sich  streng  an  die  logik  des  historischen  Zusammenhanges 
anschließt  und  daher  im  gebrauch  der  nebentempora  das  normale 
erblickt.  Die  abweichenden  erscheinungen  erklärt  Hoffmann 
dann  aus  den  logischen  Verhältnissen  des  Satzgefüges,  aus  dem 
größeren  oder  geringeren  inneren  Zusammenhang  zwischen  haupt- 
satz  und  nebensatz.  In  der  behandlung  dieser  frage  ist  Hoffmann 
seinen  Vorgängern  entschieden  dadurch  überlegen,  daß  er  seine 
resultate  auf  einem  viel  größeren  beobachtungsgebiete  gemacht 
hat ,  als  sie.  Diese  nämlich  stützen  sich  nur  auf  Caesar  und 
Cicero,  bei  Hoffmann  dagegen  sind  außer  diesen  Plautus,  Terenz, 
die  fragmente  der  archaischen  zeit,  Nepos ,  Sallust,  Vergil  (Ae- 
neis),  Livius ,  Ovid  (Metamorphosen) ,  Velleius ,  Curtius,  Plinius, 
Tacitus,  Florus,  Eutropius  in  betracht  gezogen.  Die  fälle  nun, 
in  denen  Hoffmann  den  gebrauch  der  praesentia  für  zulässig 
hält,  sind  folgende : 

■    1)  wenn  der  nebensatz  nur  einen  begrifflichen  bestandtheil 
des  hauptsatzes  bildet. 

2)  wenn  er  die  aussage  desselben  entweder  als  objekt  oder 
als  epexegese  ist. 

3)  wenn  der  inhalt  des  coniunctivischen  relativ-  final-  oder 
fragesatzes  durch  präsentische  fassung  von  den  historischen  be- 
standtheilen  des  Zusammenhanges  geschieden  und  als  aus  dem 
sinne  des  berichterstatters  gesprochen   hingestellt  werden  soll. 

Dabei  sucht  die  abhandlung  gelegentlich  zur  beseitigung 
von  irrthümern  in  bezug  auf  die  Unterscheidung  coordinierter 
Vordersätze  von  den  eigentlichen  nebensätzen  beizutragen.  — 

Wenn  Hoffmann  an  einer  stelle  seiner  studie  dem  gedanken 
ausdruck  verleiht,  daß  die  Schriftsteller  nicht  selten  bei  der  in- 
terpretation  „von  der  trivialgrammatik  geschulmeistert  werden", 
so  hat  er  sicherlich  recht ;  sollte  aber  nicht  vielleicht  auch  Hoff- 
mann dem  sprachgeist  zu  bedeutende  schranken  auferlegen,  wenn 
auch  nicht  durch  zu  engen  anschluß  an  die  herkömmliche  gram- 
matische tradition,  so  doch  durch  zu  weitgehendes  bestreben  ge- 
setze  zu  erkennen?  Sollte  man  nicht  in  anbetracht  der  that- 
sache ,    daß  in    dieser    frage ,    die    doch    scheinbar    nur  von    der 


262  43.  Lateinische  grammatik.  Nr.  5. 

beobachtung  eines  leickt  zugänglicken  materials  abhängt ,  die 
meinungen  so  sehr  divergieren  und  jede  principielle  entscheidung 
sofort  mit  einer  sehr  bedeutenden  menge  von  fällen  zu  rechnen 
hat,  für  die  eine  anderweitige  erklärung  gesuckt  werden  muß, 
nickt  vielleickt  zur  vermuthung  kommen,  daß  die  ganze  frage- 
stellung  Ursache  dieses  zustandes  ist  ? 

Mag  man  nämlich  immer  in  dem  praesens  historicum  ein  mittel 
zur  vergegenwärtigung  vergangener  thatsachen  erblicken 
oder,  wie  Hoffmann  lieber  will,  sein  wesen  darin  erkennen,  daß 
uns  die  vergangene  kandlung  eintretend  vorgefükrt  wird,  je- 
denfalls kaben  wir  es  mit  einem  mittel  zur  belebung  der  darstel- 
lung  zu  tkun ,  welckes ,  in  dem  lebkaften  temperament  des  Süd- 
länders begründet,  eine  kervorragende  rolle  in  der  rketorisck 
ausgeprägten  lateiniscken  spracke  spielt.  Hieraus  ergiebt  sieb, 
daß  die  ganze  ersekeinung  mekr  der  psyckologisek  -  rketoriseken 
seite  der  spracke  wie  der  logisek-grammatiseken  angekört :  daß 
sie  vielmekr  gerade  eine  durchkreuzung  der  logiseken  verhält- 
nisse  durck  psyckologiseke  ist.  Dies  würde  nun  zur  folge  kaben, 
daß  wir  überkaupt  keine  zwingenden  gesetze  für  diese  sprack- 
licke  ersekeinung  aufstellen  können.  Wenn  wir  auck  zugeben 
müssen ,  daß  selbst  diejenigen  spraeblicken  probleme ,  die  wir 
nickt  durck  subsumierung  unter  grammatiseke  regeln,  sondern 
mit  külfe  psyckologischer  motive  lösen,  der  logischen  grundlage 
nicht  entbehren  dürfen  und  ebenfalls  den  allgemeinen  denkge- 
setzen  unterliegen,  so  dürfte  es  dock  zu  weit  geken,  wenn  Hoff- 
mann für  alle  nebensätze,  die  dem  kauptsatz  einigermaßen  selb- 
ständig gegenübersteken,  mit  bezug  auf  die  logik  des  zusammen- 
kanges  die  praeterita  vorschreibt. 

Ebenso  weit  geht  allerdings  nach  der  anderen  seite  hin 
Heynacher ,  wenn  er  die  praesentia  als  das  normale  ansieht  und 
sich  dann  in  der  unangenehmen  läge  befindet  mit  einer  ebenfalls 
beträchtlichen  anzahl  von  stellen  rechnen  zu  müssen ,  die  sich 
diesem  prineip  nicht  fügen.  Wenn  wir  dagegen  die  praesentia 
in  nebensätzen  ebenfalls  als  praesentia  historica  ansehen ,  dann 
geht  es  offenbar  ebenso  wenig  an ,  für  diese  bestimmte ,  zwin- 
gende regeln  aufzustellen  wie  für  die  der  hauptsätze,  bei  denen 
noch  niemand  einen  versuch  dazu  gemacht  hat.  Wir  müssen 
uns  dann  darauf  beschränken  in  diesem  punkte  die  individuellen 
gewoknheiten  der  einzelnen  autoren  zu  ermitteln  und  zu  erforschen, 


Nr.   5.  43.  Lateinische  giatnmatik.  263 

welche  momente  den  Schriftsteller  in  den  einzelnen  fällen  be- 
wogen haben ,  die  lebhaftigkeit  der  hauptsätze  auch  in  den 
nebensätzen  wiederhallen  und  ausklingen  zu  lassen.  Bei  diesem 
bemühen  kommt  es  aber  vor  allem  darauf  an  die  verschie- 
densten momente  in  betracht  zu  ziehen  und  nicht  bloß  ein 
einziges  als  durchgreifend  erkennen  zu  wollen.  Von  diesem 
Standpunkte  aus  kann  man  ganz  gut  mit  Hug  und  Reusch  der 
Stellung  des  nebensatzes  einigen  einfluß  zuschreiben  und  nie- 
mand wird  leugnen,  daß  ein  nebensatz  ,  der  in  einem  hauptsatz 
mit  praesentia  historica  vollständig  eingeschaltet  ist,  mehr  dispo- 
sition  hat  ebenfalls  präsentisch  gebildet  zu  werden ,  wie  einer, 
der  durch  andere  Satzglieder  vermittelt  ist.  Ebenso  dürfte  sich 
erweisen  lassen,  daß  in  partieen,  deren  lebhaftigkeit  sich  in  ge- 
häufterem  gebrauch  der  praesentia  historica  offenbart ,  auch  die 
nebensätze  häufiger  präsentisch  erscheinen ,  wie  an  anders  be- 
schaffenen stellen.  Der  referent  hat  diese  frage  in  seiner  disser- 
tation  Quaestiones  syntacticae  de  elocutione  Tacitea  comparato  Cae- 
saris  Sallusti  Vellei  usu  loquendi ,  Gissae  1882  ebenfalls  berührt 
und  p.  27  die  beobachtung  ausgesprochen,  daß  einzelne  verba, 
wie  z.  b.  impero  und  ähnliche  eine  besondere  Vorliebe  für  den 
coniunctivus  praesentis  bekunden,  während  der  zweck  bei  Wörtern 
die  schlechthin  handlungen  bezeichnen  meist  im  imperfect  ge- 
geben ist.  Zu  dieser  beobachtung  nun  hat  der  referent  bei  Hoff- 
mann  die  begründung  gefunden ,  welche  in  der  engen  logischen 
beziehung  liegt,  die  in  diesen  fällen  zwischen  hauptsatz  und  ne- 
bensatz besteht.  Die  verhältnismäßig  selteneren  fälle  der  an- 
wendung  des  coniunctivus  perfecti  dürften  dann  natürlich  eine 
gruppe  für  sich  bilden ,  aber  für  die  erklärung  ebenso  wenig 
Schwierigkeiten  bieten ,  wie  an  den  stellen ,  wo  sie  nach  einem 
wirklichen  praeteritum  auftreten,  sie  sind  eben  in  beiden  fällen 
durch  absolute  zeitgebung  zu  erklären. 

P.  11  ff.  bringt  Hoffmann  eine  reihe  von  beispielen  vor, 
um  die  Observation  von  Reusch  und  Hug  zu  entkräften ,  in  de- 
nen der  coniunctivus  praesentis  sich  sogar  nach  vorausgehendem 
praeteritum  findet.  Diese  fälle  sprechen  nun  naturgemäß  ebenso 
auch  gegen  Hoffmann.  Sollten  diese  erscheinungen  nicht  auf 
einer  stufe  mit  der  zur  regel  gewordenen  construction  von  dum 
in  der  historischen  erzählung  stehen  und  ein  zeugnis  dafür  sein, 
daß     die    temporale    Selbständigkeit    der    nebensätze    überhaupt 


264  43.  Lateinische  grammatik.  Nr.   5. 

größer  ist  als  man  auf  grund  der  landläufigen  grammatik  ge- 
wöhnlich anzunehmen  pflegt?  P.  16  sucht  Hoffmann  den  ge- 
brauch des  präsens  für  vergangene  ereignisse  bezüglich  des  dich- 
terischen Sprachgebrauchs  in  zwei  gruppen  zu  theilen ,  die  eine, 
welche  durch  die  falle  des  gewöhnlichen  praesens  historicum  ge- 
bildet wird,  die  andere  mit  den  beispielen  einer  wirklichen,  nur 
dem  dichter  gestatteten  vergegenwärtigung,  welche  daher  nicht 
etwa  das  praesens  historicum  aufweisen,  sondern  das  eigentliche 
praesens.  Die  berechtigung  einer  solchen  Scheidung  dürfte  sich 
wohl  schwer  darthun  lassen,  man  könnte  sie  höchstens  als  ein 
mittel  ansehen  den  dichterischen  Sprachgebrauch  leichter  unter 
regeln  unterzuordnen.  Der  gebrauch  des  praesens  hat  doch  of- 
fenbar in  beiden  literaturzweigen  denselben  zweck  und  wir  kön- 
nen daher  für  den  dichter  nur  eine  größere  freiheit  in  der  aus- 
dehnung  dieses  gebrauchs  annehmen,  aber  keine  qualitative  Ver- 
schiedenheit anerkennen. 

Daß  allerdings  den  historiker  vielfach  die  rücksicht  auf  die 
deutlichkeit  zur  tempuswahl  nach  rein  logischen  gesichtspunkten 
nöthigt,  ist  sicher  und  vielleicht  ist  dies  eine  hauptursache,  wes- 
halb auch  Tacitus  im  vergleich  zu  seinen  sonstigen  freiheiten 
gerade  in  ausprägung  der  temporalen  beziehungen  verhältnis- 
mäßig strenge  ist,  daß  er  nämlich  so  oft  seine  ansieht  in  die 
erzählung  einfließen  läßt,  wodurch  die  nothwendigkeit  der  ge- 
nauen zeitlichen  auseinanderhaltung  größer  wird.  Wie  sehr 
übrigens  der  häufige  gebrauch  der  praesentia  historica  gerade  einem 
bedürfnis  der  fortlaufenden  erzählung  entspricht,  sieht  man 
z.  b.  daraus,  daß  bei  Sueton,  der  seinen  stoff  nach  anderen  ge- 
sichtspunkten gruppiert  und  ihm  daher  nicht  mit  der  unmittel- 
barkeit der  anderen  historiker  gegenübersteht,  der  gebrauch  der 
praesentia  historica  selbst  in  den  hauptsätzen  immer  mehr  schwin- 
det. Dieser  bemerkung  widerstreitet  übrigens  nicht  die  häufige 
anwendung  der  praesentia  historica  in  der  narratio  der  reden, 
denn  hier  hat  sie  ihre  begründung  im  gesteigerten  bestreben 
die  aufmerksamkeit  der  hörer  zu  fesseln.  Die  gleiche  beob- 
achtung  der  abnähme  des  praesens  historicum  in  hauptsätzen  ma- 
chen wir  übrigens  auch  in  den  erzählenden  abschnitten  des  Pe- 
tron,  bei  welchem  sie  offenbar  damit  zusammenhängt,  daß  er 
überhaupt  verhältnismäßig  ruhig  und  ohne  großen  aufwand  rhe- 
torischer mittel  schreibt.  — 


Nr.   5.  43.   Lateinische  grammatik.  265 

P.  81  scheint  in  3er  stelle  Cic.  Verr.  II,  1,  26,  66  die  Steige- 
rung der  lebhaftigkeit  in  erster  linie  in  der  fortschreitenden  be- 
wegtheit  der  Situation  begründet  zu  sein.  Ebenso  drückt  sich, 
um  nur  einzelne  fälle  hervorzuheben,  bei  denen  wir  das  praesens 
des  nebensatzes  abweichend  von  Hoffmann  erklären  können ,  p. 
70  injder  stelle  Liv.  VII,  34,  11  die  lebhaftigkeit  der  beschriebenen 
Situation  schon  durch  den  anaphorischen  gebrauch  von  nunc  aus. 
P.  37  kommt  es  in  der  stelle  Tac.  Ann.  15,  33  bei  erklärung 
der  worte  „qui  sectantur"  weniger  darauf  an,  daß  sie  einen  sub- 
stanzbegriff bilden,  sondern  darauf,  daß  es  solche  leute  auch 
zur  zeit  des  Tacitus  gab,  wir  haben  demnach  ein  wirkliches  prae- 
sens vor  uns,  welches  vom  praesens  des  hauptsatzes  durchaus  unab- 
hängig ist.  Schließlich  sei  noch  hervorgehoben,  daß  bei  der  ge- 
ringen bindenden  kraft,  welche  die  regeln  in  dieser  frage  haben, 
es  doch  zu  gewagt  ist,  wenn  p.  30  auf  grund  eines  solchen  ge- 
setzes  die  lesart  der  besseren  handschriften  als  „soloek"  verur- 
theilt  wird  und  die  weniger  gut  beglaubigte  den  Vorzug  erhält.  — 

An  diese  abhandlung  schließt  sich  ein  abdruck  eines  1874 
in  den  Jahrbüchern  für  classische  philologie  erschienenen  auf- 
satzes  über  den  angeblich  elliptischen  gebrauch  des  genetivus  ge- 
rundii  und  gerundivi  an,  in  welchem  mit  recht  gegen  die  un- 
wissenschaftliche art  mit  graecismus  und  ellipse  zu  operieren  po- 
lemisiert und  der  versuch  gemacht  wird ,  diesen  gebrauch  als 
im  gei&t  der  lateinischen  spräche  und  im  wesen  des  genetiv  be- 
gründet hinzustellen.  Es  wird  ausgegangen  von  den  fällen  wo 
dieser  genetiv  als  appositive  bestimmung  eines  Substantivs  auf- 
tritt, daran  werden  die  gruppen  des  kühneren  gebrauchs  ange- 
reiht bis  zu  den  beispielen ,  in  welchen  der  genetivus  gerundii 
einer  handlung  oder  einem  gansen  satze  zur  näheren  bestimmung 
dient.  Wenn  uns  hierbei  allerdings  eine  genaue  wissenschaft- 
liche Classification  der  fälle  auf  grund  der  zunehmenden  kühn- 
heit  des  Sprachgebrauchs  geboten  wird  ,  so  möchte  ich  doch  be- 
zweifeln ,  ob  hierdurch  die  kluft  zwischen  diesem  und  der  vor- 
herrschenden redeweise  thatsächlich  ausgefüllt  wird,  wie  der  verf. 
p.  104  ankündigt.  Man  empfindet  diese  kluft  nämlich  auch  jetzt 
noch  da,  wo  die  fälle  aufhören  ,  bei  denen  man  den  genetiv  ge- 
rundii entweder  an  einen  dastehenden  oder  aus  dem  Zusammen- 
hang zu  entnehmenden  substantivbegriff  anlehnen  kann.  Diese 
erscheinung  tritt  besonders  von  p.   114  an  ein. 


266  44.   Lateinische  grammatik.  Nr.   5. 

Es  läßt  sich  daher  zwar  darthun,  daß  ein  solcher  gebrauch 
weder  dem  geist  der  lateinischen  spräche  widerstreitet  noch  au- 
ßerhalb der  natur  des  genetiv  liegt,  dagegen  läßt  sich  kein  be- 
friedigender überblick  über  die  historische  entwickelung  desselben 
geben ,  noch  aus  den  beispielen  eines  oder  des  andern  Schrift- 
stellers eine  kette  bilden ,  in  der  kein  glied  fehlt.  —  Daß  wir 
in  der  ausgedehnteren  anwendung  des  kühneren  gebrauchs  eine 
neuerung  der  späteren  historiker,  besonders  des  Tacitus  haben, 
lehrt  schon  ein  blick  auf  die  beispiele  bei  Hoffmann,  aus  deren 
reihe  die  stellen  früherer  autoren  bald  verschwinden.  Sollte 
es  daher  nicht  sachgemäß  sein ,  anzunehmen ,  daß  diese  neue- 
rung trotz  ihrer  begründung  in  der  lateinischen  spräche  und 
dem  wesen  des  genetiv  in  dieser  ausdehnung  sich  doch 
unter  dem  eindruck  des  thukydideischen  Sprachgebrauchs  voll- 
zogen hat,  zumal  sie  sich  wesentlich  auf  die  historiker  be- 
schränkt? — 

Die  dritte  abhandlung  berichtigt  einige  aufstellungen  Eeif- 
ferscheids  und  ist  zuerst  in  den  Jahrbüchern  für  classische  phi- 
lologie  1878  erschienen.  Der  ablativ  bei  opus  est  wird  darin 
instrumental  gefaßt  und  für  die  construction  von  interest  und  re- 
fert  die  Ursache  in  der  grundbedeutung  der  ursprünglich  selb- 
ständigen bestandtheile  beider  Wörter  gefunden.  — 

Georg  Ihm. 

44.  Der  Hellenismus  in  Latium.  Kulturgeschichtliche  bei- 
trage zur  beurtheilung  des  klassischen  alterthums  an  der  hand 
der  Sprachwissenschaft  von  G.  A.  Saalfeld.  Wolfenbüttel  1883. 
Zwißler.     VI  und  282  p.      6  mk. 

Die  vorliegende  schritt  Saalfelds  basiert  auf  dem  aus  der  hand 
desselben  Verfassers  hervorgegangenen  Index  verborum  graecorum 
in  linguam  latinam  translatorum,  der,  ursprünglich  (1874)  als  dok- 
tordissertation  gedruckt,  in  demselben  jähre  mit  belegstellen  und 
nachweisen  aus  neueren  linguistischen  werken  vermehrt  im  buch- 
handel  erschien.  Sie  zerfällt  in  drei  theile,  in  deren  erstem  die 
religiösen  und  sittlichen  beziehungen  (p.  1 — 58)  behandelt  wer- 
den, während  der  zweite  uns  die  gewerbe  und  künste  (p.  58 — 
149)  und  der  dritte  die  Wissenschaften  (p.  149 — 282)  vorführt. 
Der  dritte  abschnitt  des  ersten  theiles  „erziehung  und  Unterricht" 
ist  im  wesentlichen  schon  abgedruckt  im  august-  und  September- 


Nr.  5.  44.  Lateinische  grammatik.  267 

hefte    der  Neuen   Jahrbücher  für    philologie  und  pädagogik  vom 
jähre  1882. 

Der  stoff  ist  nach  den  einzelnen  gebieten  im  ganzen  über- 
sichtlich geordnet,  wenn  auch  vielfach  größere  kürze  und  knapp- 
heit  in  der  darstellung  wünschenswerth  wäre.  Aus  den  reichen, 
vorwiegend  den  Marquardt-Mommsenscken  alterthümern  entnom- 
menen quellenangaben  hätte  manches  antiquierte  buch  gestrichen 
werden  können  oder  es  hätte  ein  verweis  auf  die  beireffende 
seite  der  alterthümer  genügt.  In  dem  jedem  kapitel  angefügten 
Verzeichnis  der  einschlägigen  griechischen  Wörter  war  die  auf- 
nähme der  eigennamen  möglichst  zu  beschränken.  Daß  z.  b. 
bei  Terentius,  Varro  und  Martial  der  name  einer  buhldirne  Thais 
vorkommt  (p.  38) ,  hat  für  die  kulturgeschichte  wenig  werth. 
Auch  ist  eine  Scheidung  der  fremdwörter  in  vier  perioden,  wie 
sie  Saalfeld  vornimmt,  aus  dem  gründe  zu  beanstanden,  weil 
das  bloße  vorkommen  eines  wortes  bei  einem  Schriftsteller  noch 
gar  nicht  dafür  bürgt,  daß  das  wort  nicht  schon  viel  früher  auf 
latinischem  boden  üblich  gewesen  ist.  Es  giebt  uns  nur  den 
terminus  ad  quem,  die  eintheilung  müßte  aber  nach  dem  terrninus 
a  quo  geschehen.  Vorteilhafter  wäre  gewesen,  die  griechischen 
Wörter  zu  scheiden  1)  in  volksthümliche,  durch  das  volk 
aufgenommene  und  im  gewöhnlichen  leben  gebrauchte,  die  daher 
in  der  lingua  rustica  auftreten  und  in  der  regel  noch  in  den  ro- 
manischen sprachen  fortleben  wie  nanus ,  zwerg,  =  französisch 
nain,  spanisch  enano  oder  petra ,  stein  =  französisch  pierre.  2) 
in  gelehrte,  in  der  litteratur  als  termini  technici  eingebürgerte 
ausdrücke  wie  philosophia,  rhetorica  u.  a.  3)  in  fremdwörter, 
die  gelegentlich  neben  den  römischen  citiert  oder  aus  besonde- 
ren gründen  vom  autor  gebraucht  werden  und  von  Plautus  an 
(vgl.  chrysos  für  aurum  Bacch.  240  E)  in  der  römischen  litte- 
ratur sehr  häufig  sind.  In  ganz  vereinzelten  fällen  hat  Saalfeld 
auch  darauf  hingewiesen,  daß  ein  wort  vor  seinem  auftreten  in 
der  litteratur  übernommen  worden  ist  z.  b.  p.  124  bei  fides, 
saiten  ,  wo  er  hinzufügt :  „belegt  erst  bei  Plautus ,  aber  sicher- 
lich älter."  Nur  schade ,  daß  fides  trotz  Mommsen ,  Römische 
geschichte  I,  229  kein  lehnwort,  sondern  ein  echt  römischer  aus- 
druck  ist  (vgl.  Curtius  Grundzüge  247,  690;  Vanicek,  Etymo- 
logisches Wörterbuch  1169-,  Fick,  Vgl.  Wörterbuch  II,  173 ;  Lott- 
ner,  K.  Z.  VII,   172;  Benfey,  Wurzellexicon  I,  565;  Fick,  Bez- 


268  .  45.   Homeros.  Nr.  5. 

zenbergers  Beiträge  V,  352  und  meine  Griechischen  Wörter  in  der 
lateinischen  spräche  p.  78  und  p.  288).  Das  wort  ist  entweder 
zu  wurzel  ghidh  zu  stellen,  wovon  auch  xi&olqu  herstammt,  oder 
nach  der  gewöhnlichen  annähme  mit  aqtideg  wurzelverwandt. 
Dies  schließt  jedoch  nicht  aus ,  daß  die  sache  selbst ,  also  hier 
die  leier,  von  den  Kömern  entlehnt  worden  ist.  Denn  wenn 
auch  nicht  so  häufig  wie  die  Griechen,  so  haben  die  Römer  doch 
nicht  ganz  selten  bei  Übernahme  fremder  gegenstände  ein- 
heimische bezeichnungen  dafür  aufgebracht,  sei  es,  daß  sie  be- 
reits vorhandene  benennungen  ähnlicher  gegenstände  darauf  über- 
trugen (z.  b.  morum,  brombeere  auf  die  maulbeere  u.  a.)  oder 
direkt  frei  schaffend  neue  namen  erfanden  wie  z.  b.  lentiscus  für 
den  mastixbaum.  Im  übrigen  vgl.  meine  abhandlung  über  „Wort- 
entlehnung und  Wortschöpfung"  in  der  Zeitschrift  für  Völker- 
psychologie und  Sprachwissenschaft  bd.  XIII,  p.  233 — 250,  be- 
sonders p.  244. 

Trotz  all  dieser  ausstellungen  ist  das  buch  brauchbar  und 
wohl  geeignet,  jedem  als  Wegweiser  zu  dienen,  der  sich  für  die 
Verpflanzung  griechischer  kultur  auf  römischen  boden  interessiert. 

O.    Weise. 

45.  Ferdinand  Weck,  beitrage  zur  erklärung  Home- 
rischer personennamen.     Progr.  des  Lyceums  zu  Metz  1883.    8. 

Der  Verfasser  geht  in  dieser  abhandlung  von  der  ansieht 
aus,  daß  die  griechische  namengebung  auf  dem  einfachen  adjee- 
tivum  beruhe,  an  welches  zum  zweck  der  individualisirung  nach 
und  nach  mehr  und  mehr  suffixe  hinzugetreten  seien.  Dieser 
gehäufte  suffixanhang  sei  entweder  geradezu  verkannt  worden, 
oder  habe  die  hand  zu  einer  umschmelzung  der  form  geboten, 
„wodurch  auf  einmal  schmeichelhafte  anspielung  in  die  späteren 
zuthaten  des  Stammes  gelegt"  worden  seien.  Die  Volksetymo- 
logie sei  es  also  gewesen ,  die  den  griechischen  namen  die  ge- 
stalt  gegeben,  in  der  wir  sie  vor  uns  haben.  Demgemäß  leitet 
der  Verfasser  die  namen  auf  nXoc,  xltjg,  ausgehend  von  der  sta- 
tistisch nachgewiesenen  thatsache,  daß  die  form  ndrQoxlog  und 
zubehör  bei  Homer  weit  häufiger  ist  als  die  entsprechenden  for- 
men der  dritten  deklination,  und  unter  zuhülfenahme  lateinischer 
namensformen  wie  Hercoles ,  Patricoles,  Paterculus  etc.  auf  ein 
suffix    xolijg    zurück.      Ebenso    sind    ihm    die    eigennamen    wie 


Nr.   5.  '     45.  Homeros.  269 

Krtjamnog  nicht  Zusammensetzungen  mit  'innog ,  sondern  gehen 
seiner  ansieht  nach  auf  ein  suffix  nsTog  zurück  —  davon  ntö- 
Xfpog  in  NsoTiTÖlffiog  auch  nur  erweiterung!  — ,  welches  er  mit 
lateinisch  pote,  pte,  pse  gleichsetzt.  Freilich  ist  hierbei  übersehen, 
daß  dieses  lateinische  suffix  selbst  von  haus  aus  nomen  ist. 
Ebenso  werden  die  eigennamen  auf  fjia^og  ,  o%og ,  Xo%og  als  de- 
minutivbildungen  erklärt,  denn  wie  rtjniog:  pijma^og,  so  Tijls- 
(xog:  Tifituuftog.  Tldtdoxog  wird  auf  wurzel  pand ,  auch  panth 
zurückgeführt,  wovon  auch  Tldgig  (aus  Ilddigl),  näiduoog,  Tlav- 
8tcav  und  nür&oog.  Auf  das  suffix  (isvo-g  werden  nicht  nur 
eigennamen  wie  'l&a.tpsi'Tjg  und  das  adjeetivum  yvvaiftärrjg  zu- 
rückgeführt, sondern  auch  KkvzaiuvtjarQa  (aus  KlviaTo^snarega) 
und  'sJyafiifAicoi .  das  aus  ursprünglichem  Aqaaog  (vgl.  ÄlyioQog 
und   aiyt'oj[og  !)  hervorgegangen  sein  soll. 

Ich  unterlasse  es  auf  weitere  einzelheiten  einzugehen.  Schwer- 
lich wird  der  Verfasser  viele  anhänger  seiner  suffixtheorie  finden. 
Mir  scheint  dieselbe  auf  einer  völligen  verkennung  des  maßvol- 
len Charakters  der  griechischen  spräche  zu  beruhen.  Wo  zeigt 
dieselbe  jemals  eine  derartige  Überwucherung  der  formalen  ele- 
mente,  d.  h.  der  suffixe,  über  die  bedeutungsvollen  ?  Am  klar- 
sten wird  dies ,  wenn  man  griechische  wortgebilde  neben  die 
stamm  -  und  sinnverwandten  lateinischen  stellt.  Welches  über- 
gewicht hat  z.  b.  im  lateinischen  momentum  das  schwere  suffix 
mentum  über  das  eigentliche  bedeutungselement ;  wie  ganz  an- 
ders ist  da  das  Verhältnis  in  den  entsprechenden  bildungen  des 
griechischen  auf  /tttr.  Oder  man  vergleiche  mit  dem  maßvollen 
etvdyxi]  oder  uußnnTo*;  die  stamm-  und  sinnverwandten  Wörter 
necessitas,  necessitudo  und  immortalis.  Auch  an  die  bildungen  des 
Superlativs  der  beiden  sprachen  ließe  sich  erinnern ,  z.  b.  an 
(jncj  oü7«7oc  neben  sapientissimus.  —  Ferner  aber  ist  es  ungerecht- 
fertigt, in  der  so  frühen  Sprachperiode  der  homerischen  gedichte 
der  Volksetymologie  eine  so  tief  eingreifende,  alle  lautgesetze  auf- 
hebende bedeutung  für  den  gesammten  Sprachorganismus  zuzuwei- 
sen. Denn  Volksetymologie  beginnt  nur  dann  ihre  Wirkung,  ent- 
weder wenn  fremdes  sprachgut  eindringt,  oder  wenn  heimisches 
sprachgut  veraltet  und  abstirbt.  Beides  trifft  aber  für  die  zeit  Homers 
in  keiner  oder  nur  sehr  beschränkter  weise  zu.  Eines  der  ältesten 
beispiele  von  Volksetymologie  scheint  mir,  wie  ich  auch  schon  ander- 
wärts bemerkt,  in  dem  namen  'Heay.).r;g  vorzuliegen,  den  ich  keines- 
Philol.  Anz.  XIV.  19 


270  46.  Orpheus.  Nr.   5. 

wegs  mit  dem  Verfasser  (p.  15)  auf  älteres  'Eaga-Alr/g  (von  Hup  „früh- 
ling") zurückführe,  sondern  auf  semitisches  Archal,  das  am  ge- 
treusten erhalten  ist  in  ' jägxa'ksvq  (Et.  M.  219,  35).  —  End- 
lich sei  auch  noch  daran  erinnert,  daß  ja  das  griechische  die 
wortkomposition  überhaupt  außerordentlich  bevorzugt.  Oder  will 
etwa  der  Verfasser  auch  in  adjectiven ,  wie  nlrfemnoq  und  sv- 
[xevrjg  keine  komposition  mit  innog  und  pifvnq  anerkennen? 

Nach  alledem  darf  man  wohl  die  bestimmte  erwartung  aus- 
sprechen, daß  die  onomatologen  es  auch  ferner  noch  vorziehen 
werden,  lieber  mit  Fick,  gegen  den  der  Verfasser  scharf  polemi- 
siert, —  mag  derselbe  auch  in  einzelnen  punkten  zu  weit  ge- 
hen —  die  „Sackgasse"  der  bisherigen  erklärungsweise  weiter 
zu  durchwandern,  als  sich  mit  dem  Verfasser  durch  einen  wald 
von  Suffixen  durchzuschlagen.  C.  Angermann. 

46.  Orphei  Lithica  accedit  Damigeron  de  lapidibus. 
Rec.  E.  Abel.   'Berlin,  Calvary  1881.     198  p.     8. 

47.  Fr.  Hillmann,  de  arte  critica  in  Orphei  Argonau- 
ticis  factitanda   capita  duo.     Dissert.     Leipzig   1883.     74  p.     8. 

Vorliegende  neue  ausgäbe  der  Lithica  enthält  eine  kurze 
die  abfassungszeit  und  die  handschriften  behandelnde  vorrede, 
den  text ,  einen  ausführlichen  commentarius  criticus ,  einen  index 
verborum,  eine  prosaische  paraphrase  und  endlich  die  Schrift  des 
Damigeron  de  lapidibus ,  die  quelle ,  aus  welcher  der  dichter  sei- 
nen stoff  geschöpft  hat.  Hinsichtlich  der  abfassungszeit  wieder- 
holt der  herausgeber  die  auch  von  Bernhardy  gebilligte  annähme 
Tyrwhitts ,  wonach  dies  gedieht  nicht  lange  nach  371  n.  Chr. 
unter  Valens  geschrieben  ist,  da  es  die  energische  Verfolgung  der 
heidnischen  magie  und  theurgie  voraussetzt,  andrerseits  von  dem 
einfluß  des  Nonnus  und  seiner  schule  noch  völlig  frei  ist.  In- 
folge eines  Versehens  heißt  es  p.  4  bei  besprechung  der  ansieht 
von  Beck  „quarto  saeculo11  statt  „quinto  aut  sexto".  Die  für  die 
kritik  der  Lithica  maßgebende  handschrift  ist  ein  von  Abel  zu- 
erst verglichener  codex  Ambrosianus  aus  dem  anfange  des  15. 
Jahrhunderts.  Er  stimmt  in  seinen  lesarten  zu  der  von  Tzetzes 
in  den  scholien  zu  Hesiod  und  Lykophron ,  in  den  Chiliaden 
und  der  Iliasexegese  benutzten  handschrift,  desgleichen  der  von 
dem  Verfasser  der  prosaischen  paraphrase  benutzten  vorläge 
Leider  sind  von  dieser  handschrift  mehrere   blätter  verloren  ge 


Nr.  5.  46.  Orpheus.  271 

gangen.  Ihr  gegenüber  geben  alle  bis  jetzt  bekannten  hand- 
schriften  des  gedichts  aus  dem  ausgange  des  15.  und  dem  16. 
Jahrhundert  (die  Excerpta  Vaticana  des  14.  Jahrhunderts  geben 
nur  eine  auswahl  einzelner  stellen)  einen  schlechteren ,  interpo- 
lirten  text,  und  gehen  mit  Abel  sämmtlich  auf  eine  von  Deme- 
trius  Moschus,  dem  söhne  des  Johannes  Moschus  aus  Lacedaemon, 
verfertigte  abschritt  zurück.  Eine  handschrift  des  Moschus  ist 
aber  thatsächlich  nicht  vorhanden,  wir  haben  nur  unbedeutende 
seinen  namen  tragende  scholien  und  eine  kurze  vaö&eatg  slg  zo 
77e(j}  Xi&mv  Vgcpscog ,  die  wohl  mit  dem  von  Lilius  Gyraldus  ci- 
tirten  commentariolum  de  Orphei  lapidibus  für  Picus  von  Miran- 
dola  identisch  ist.  Diese  hypothesis  aber  mit  den  scholien  findet 
sich  nur  in  einigen,  nicht  in  allen  jüngeren  handschriften,  während 
alle  mehr  oder  weniger  wie  in  den  lücken ,  so  in  der  Schlech- 
tigkeit der  lesarten  übereinstimmen.  Daraus  dürfte  sich  erge- 
ben ,  daß  der  archetypus  der  interpolirten  handschriften  von 
der  arbeit  des  Demetrius  Moschus  unabhängig  war  und  über 
dieselbe  zurückging,  um  so  mehr  als  Abel  p.  8  selbst  sagt :  „hie 
Demetrius  exemplar  suum  immane  quantum  et  vitiis  et  interpolatio- 
nibus  corruptum  fideliter,  ut  videtur ,  transscripsit ,  non  nisi  brevi 
praefatione  et  paucis  quibusdam  scholiis  additis".  Durch  Zugrun- 
delegung des  Ambrosianus  hat  nun  der  text  der  Lithica  bedeu- 
tend gewonnen.  Nicht  nur  sind  sechs  verse  ganz  neu  dazu- 
gekommen, sondern  es  hat  sich  auch  an  mehr  als  fünfzig  stellen 
aus  der  neuen  quelle  eine  unzweifelhaft  bessere  lesart  ergeben, 
während  an  manchen  anderen  sich  aus  ihrer  Schreibung  mit 
leichtigkeit  das  richtige  gewinnen  läßt.  Immerhin  bleibt  für 
emendation  nach  wie  vor  ein  großer  Spielraum.  In  dieser  hin- 
sieht hat  der  heiausgeber  aus  den  arbeiten  seiner  Vorgänger  mit 
glücklichem  takt  eine  geeignete  auswahl  getroffen ,  einige  male 
auch  selbst  in  befriedigender  weise  die  bessernde  hand  angelegt. 
Nach  wie  vor  ist  aber  v.  451  heillos  verdorben.  Im  einzelnen 
wäre  etwa  noch  folgendes  zu  bemerken :  v.  3  sieht  man  keinen 
grund  ein ,  weshalb  die  lesart  der  Tzetzeshandschriften  zu  Ly- 
kophron  onatq  puv  e/nifjs)  mit  dem  ohnehin  soloeken  onco<;  av 
fyoifiE*  vertauscht  ist.  V.  39  ist  schwerlich  durch  die  einschie- 
bung  von  jj#oV  richtig  hergestellt ,  ebensowenig  ist  v.  62  mit 
aXtTQnavpui^  das  richtige  getroffen.  V.  77  ist  in  den  worten 
yatötfißgorov  ix   xaxör?]zng  nicht  n)  em/jßoÖ7nv  mit  Tyrwhitt,  son- 

19* 


272  46.  Orpheus.  Nr.  5. 

dem,  wie  ich  vermuthe,  de  alqigo  v  og  zu  schreiben.  V.  108 
ist  ulfipaßuev  aus  A  statt  des  [tifiveGvev  der  übrigen  handschriften 
in  den  text  genommen.  Die  richtigkeit  der  bemerkung  Abel's 
p.  50  „quam  verbi  formam  bonam  esse  puto]  sattem  verbi  [tiuroa 
forma  secundaria  fiifivd^m  extat,  imperfecta  autem  in  aaxov  eorum 
tantum  verborum  reperiuntur,  quorum  etiam  stirpes  in  «£cü  exeuntis 
in  usu  fuerunt"  muß  ich  auf  sich  beruhen  lassen.  Aus  Apollo- 
nius  Ehodius  wenigstens  habe  ich  mir  iterativformen  auf  aaxei', 
aaxov  nur  von  wirklichen,  oder  wenigstens  vermeintlichen  verben 
auf  dm  notirt:  dvndaaxnv  II,  100;  podaoxsv  I,  1272.  II,  590. 
IV,  921;  yodaaxev  I,  264;  yodo.ay.ov  I,  293;  dtjidaaxov  11,142. 
iXdaaxor  I,  733.  1156.  II,  1073.  IV,  77.  xayxaldaaxtv  IV,  994. 
xvdidaaxov  IV,  976.  fxqTidaaxs  III,  612.  IV,   7.   492.    fxtjTtdaaxov 

IV,  526.  1068.  raisrdaaxsv  I,  68.  vaittdaaxor  II,  999.  IV,  1209. 
Von  8oid£co  dagegen  findet  sich  doid^eaxer  III,  818,  desgleichen 
imxafiä&oitov  IV,  942.  —  V.  213  steht  vgorrs  im  text,  wäh- 
rend es  im  kritischen  commentar  heißt:  ogorzs  scripsi.  Die 
handschriften  haben  ogtowzeg  oder  ögcävte g ,  woraus  Tyrwhitt 
ogotTsg  gemacht  hat  „a  verbo  r'gco",  welche  änderung  Hermann 
und  Lobeck  zu  Buttm.  Gr.  II,  5.  259  gebilligt  haben.  Wenn  nun 
Abel  bemerkt  „sed  nullum  est  verbum  "gm — vgovrsg  potius  activum 
ceteroquin  inusitatum  verbi  ogofiai  putandum  erit" —  also  doch  selbst 
ein  verbum  ogta  annimmt ,  so  ist  das  höchst  sonderbar.  Auch 
wird  man  die  dualform  in  Verbindung  mit  oi  /asv  und  eaaotTo, 
trotzdem  v.  115  ngol'dofts  statt  ngoi'dovrsg  in  A  steht,  schwer- 
lich billigen  können.  lapiv  ö^eiav  vgwvzfg  ist  wohl  aus  lafflv 
6%siav  dqisvTsg  verdorben.  V.  114  muß  natürlich  gelesen  wer- 
den: atyavfyg  sögvvto  Oomtegov  tjs  ßeXsfivov  und  nicht  ßsXt'/jiiov. 

V.  171  ist  wohl  oqiga  atv  £v%opi?i>oio  xXvoi  fraog  statt  oyga  tot. 
zu  lesen.  V.  178  durfte  von  der  handschriftlichen  lesart  sl  yug 
dztg  xgazegoto  dt'lotg  schon  um  der  trochaeischen  caesur  willen 
nicht  abgewichen  werden.  Denn  daß  sich  die  späteren  dichter 
um  die  Aristarchische  beobachtung  über  den  gebrauch  von  f&sXfiv 
nicht  gekümmert  haben,  ist  selbstverständlich  und  erhellt  obenein 
zur  genüge  aus  den  von  Gerhard  Lectt.  Apollon.  p.  91  beige- 
brachten beispielen.  V.  249  sieht  man  keinen  grund ,  weshalb 
das  handschriftliche  xgazsgij  mit  azsgs?'j  vertauscht  ist,  ebenso- 
wenig weshalb  v.  307.  325  (tayv^anri  mit  kleinem  anfangsbuch- 
staben  erscheint.     Die  änderung  des  handschriftlichen  ylaydqgora 


Nr.   5.  46.  Orpheus.  273 

v.  309  in  tfQSPOXQoa  hat  nicht  die  mindeste  Wahrscheinlichkeit 
für  sich.  V.  448  ist  eitel  ov  statt  irtei  ovx  durch  ein  versehen 
in  den  text  gerathen,  aber  die  ganze  von  Hermann  herrührende 
Schreibung  des  verses  hat,  wie  dies  Abel  selbst  recht  wohl  ge- 
fühlt hat,  ihr  bedenkliches.  V.  479  heißt  es  in  A  vom  ange- 
brannten gagat: 

dXX'  r)).odi>  7io7i  öitag  äyei  fteiog  '  ovdt  zi  cpcözag 
Xyaorft'  ojt  x'  e&e'Xeig  ieur)v  ano  vovaov  eXey^ai. 
Abel  schreibt  qxüzeg  und  interpretirt  „viri  non  latent  lapidem, 
in  quibus  sacrum  morbum  deprehendere  volueris".  Aber  hier  ist 
wohl  die  lesart  der  besseren  vulgathandschriften  Xrjnezai  bei- 
zubehalten. Subject  ist  psvog.  Die  kraft  wird  den  menschen 
nicht  verborgen  bleiben ,  an  denen  man  das  Vorhandensein  der 
epilepsie  constatiren  will,  d.  h.  sie  wird  sich  an  ihnen  wirksam 
erweisen  ,  sie  werden  sie  empfinden.  Der  von  Abel  angeführte 
Plinius  sagt  ja  vom  gagates  „depreliendit  sonticum  morbum  —  suf- 
fitus".  Statt  i&f.Xeig  ist  ideXyg,  nicht  iOsXoig  zu  schreiben. 
V.  524  steckt  in  dem  uvuntevonouv  (ßvaizvevaaaav  vulgo)  der 
handschrift  doch  wohl  nichts  anderes  als  das  von  Bernard  ge- 
fundene,  und  von  Hermann  gebilligte  avan  X  s  v  aaaav,  Abel 
schreibt  sehr  gewaltsam  avanXijadeiaav  auf  grund  der  epitome, 
in  welcher  es  heißt  enav  degog  avanXyadq.  Aber  das  ist  doch 
nur  die  paraphrase  der  dichterworte  vri  u'i'&oijg  xgazvvo/Jievijv^ 
V.  563  ist  durch  ein  versehen  8oXi%ov  ze  xsXnv&ov  statt  doki%jjs 
de  xeXtvdov  in  den  text  gerathen.  V.  689  war  'Enivvoi  statt 
Eginiai  zu  schreiben.  V.  632  ist  statt  ro  de  h'  sqxeiui  vaiazov 
>j(4uq  ,  was  Abel  selbst  nicht  ohne  bedenken  aufgenommen  hat, 
wohl  zb  <5'  i  n  sQ^erai  zu  lesen.  Zum  beleg  für  die  das  fieber 
bändigende  kraft  des  Antiachat  heißt  es  v.  640  : 
er  yüg  fiir  xgeaeoöi  ßaXcor  fxeaov  sxpofxe'roiai 
zvzdov  uvao%kO&ui  '  zu  8e  zrjxezai  svbodi  nävza. 
Abel  schreibt  aus  A  und  der  epitome  xegueaa.  Aber  wozu  in 
aller  weit  soll  hörn  weich  gekocht  werden?  Und  wenn  es 
in  der  epitome  heißt  eiponeroig  yuo  xigaaiv  rj  xal  öaze'oig  ifißa- 
Xcöv  zig  avzöv,  so  sieht  das  auch  nur  nach  einem  versuche  aus, 
das  völlig  absurde  minder  absurd  erscheinen  zu  lassen.  Eher 
könnte  man  mit  Wiel  an  eine  änderung  von  ztjxezui  denken. 
V.  665  wird  mit  0.  Schneider  Nicandr.  p.  128  xXeiovcriv  für 
keiXeovait  geschrieben,    da   aber   auch  v.  362  xalittv  steht,   wo 


274  46.  Orpheus.  Nr.  5. 

xX sie.lv  eben  so  gut  in  den  vers  gepaßt  haben  würde,  so  erscheint 
die  änderung  überflüssig.  V.  710  ist  dvagnä^cav  wohl  bloßer 
druckfehler  für  avagnä^uv,  ebenso  iXdl'ov  v.  717  für  släl'vov, 
und  776 8a  v.  751  für  noSi.  V.  750  ist  üvovai  für  üvoize  zu 
lesen.     V.  762.  3: 

AritoiSrj  aio  [ap'x011*   fyov,   Tloidvting  qgmg 
f-aavfASvog   td8s   navra  äfitj^ava   qp^o«   ntcfäaxstv 
harren  noch  ihrer  endgültigen  Verbesserung.     Denn  Abels  emen- 
dation 

•  sti]Toi8ao  fxdXa  %Q?]G[ioigf    fJoiävTiog  tjgcog, 
SGno/usi'Ov   raSs   navra   (x     aut]%ava    (pTjpi   nMjiavGxsiv 
erscheint  viel  zu  gewaltsam.     Uebrigens  wird  im  kritischen  com- 
mentar   ß     dlr^dia    statt  /.*'   dyn'^ava    als    Schreibung    des    textes 
angeführt. 

Dieser  kritische  commentar  ist  mit  ziemlicher  Weitschweifigkeit 
in  einer  jetzt  längst  veralteten  manier  abgefaßt.  Vollständig 
werden  alle  Varianten,  selbst  die  albernsten  Schreibfehler  (merk- 
würdigerweise fehlt  dxQWQeia  bei  v.  104),  desgleichen  die  kri- 
tischen raisonnements  der  früheren  herausgeber  in  extenso  mitge- 
theilt,  auch  dann,  wenn  beide  der  neu  gewonnenen  lesart  des  A 
gegenüber  von  gar  keinem  werthe  sind.  Einzelne  recht  gute 
bemerkungen  über  die  sprachlichen  und  metrischen  eigenthüm- 
lichkeiten  des  autors  gehen  in  diesem  wüst  von  überflüssigem 
jetzt  leider  verloren,  während  sie,  in  der  einleitung  etwa  im  Zu- 
sammenhang vorgetragen,  den  werth  der  ausgäbe  wesentlich  er- 
höhen würden.  P.  109  wird  die  beobachtung  Wiels  wiederholt, 
daß  im  ganzen  gedieht  eine  elision  nach  der  arsis  des  dritten 
fußes  nicht  vorkommt.  Ganz  natürlich.  Nach  der  regel  oti  ij 
an6o7QO(pog  hol  würde  ja  in  diesem  falle  die  caesur  nicht  zur 
geltung  kommen.  Wenn  wir  de  in  zwei  fällen  (v.  100.  754) 
unmittelbar  nach  der  arsis  elidirt  finden,  so  gehört  das  eben  zur 
nächsten  silbe.  So  ist  auch  x«t«  tqitov  tqoxoiov  elision  eigent- 
lich nur  dann  zulässig ,  wenn  penthemimeres  vorausgeht ,  oder 
hephthemimeres  folgt,  v.  23.  39.  396.  501.  519.  591.  637. 
Dreimal,  v.  37.  307.  523  folgt  wenigstens  diaerese  nach  dem 
vierten  fuße.  Bios  v.  557  ist  die  elision  ohne  weiteres  zuge- 
lassen. Auch  nach  der  arsis  des  vierten  fußes  kommt  keine  eli- 
sion vor.  Doch  findet  sich  nach  derselben  ö'  v.  146.  407.  655. 
698.  r'  v.  271.  x'  v.  739.     Das  latein  der  vorrede  und  des  kri- 


Nr.   5.  47.   Orpheus.  275 

tischen  commentars  ist  nicht  gerade  empfehlenswerth.  Es  fehlt 
ihm  nicht  blos  an  eleganz ,  sondern  selbst  an  correctheit.  P.  7 
liest  man :  „moneo  in  omnibus  deterioribus  codicibus  tanta  vitia  le- 
vissima  in  A  quoque  reperta  inveniri".  P.  11:  „Tyriohitt,  qui  ver- 
sionem  quoque  Gesnerianam  editioni  suae  se  ipso  postea  improbante 
adiecit".  Ebendaselbst:  „cuius  textum,  qui,  secutus  a  Tauchnitzi- 
anae  editore,  recudendum  curavit,  G.  H.  Schaefer".  P.  69  :  „impro- 
bavit  a  Seidenadelio  secutus  Wielu.  Dergleichen  ist  in  der  that 
höchst  störend.  Der  index  verborum  ist ,  soweit  ich  mich  durch 
angestellte  Stichproben  davon  überzeugt  habe,  sehr  sorgfältig 
angefertigt.  Die  prosaische  paraphrase  der  Lithica ,  als  deren 
richtiger  titel  jetzt  Ooqicot;  hOixh  xtjQvyfiata  erscheint,  hat  durch 
die  Zugrundelegung  eines  Vaticanus  aus  dem  anfang  des  fünf- 
zehnten Jahrhunderts  wesentlich  gewonnen.  Besonders  dankens- 
werth  endlich  ist  die  zugäbe  des  Damigeron  (d.  i.  /trjfAoyigcov) 
de  lapidibus ,  nach  einer  erneuten  vergleichung  der  einzigen  bis 
jetzt  bekannten  Pariser  handschrift ,  aus  welcher  das  werk  zu- 
erst von  Pitra  im  Spicil.  Solesm.  III,  p.  324  sqq.  in  einer  aller- 
dings sehr  unzuverlässigen  weise  veröffentlicht  worden  ist.  Die- 
ser Damigeron  ist  eine  wohl  im  fünften  Jahrhundert  entstandene 
lateinische  bearbeitung  eines  viel  älteren  zauberbuchs,  wie  solche 
unter  dem  namen  des  Zoroaster  und  Demokrit  bereits  dem  Pli- 
nius  vorgelegen  haben ,  und  wie  es  unter  dem  namen  des  auch 
dem  Tertullian  bekannten  Damigeron  von  Apuleius ,  dann  von 
dem  dichter  der  Lithika,  einem  bis  jetzt  noch  nicht  wieder  auf- 
gefundenen Pseudodioscorides  und  weiterhin  unter  dem  titel  des 
Diogenes  oder  Demosthenes  von  Aetius  benutzt  worden  ist.  Der 
lateinische  Damigeron  hat  dann  wieder  dem  berühmten  Lapidarius 
des  bischofs  Marbod  von  Rennes  (jll23)  als  quelle  gedient,  wie 
dies  alles  in  seiner  gelehrten  weise  Val.  Rose  im  Hermes  IX, 
1875,  p.  471  ff.  gezeigt  hat. 

Hillmann ,  der  Verfasser  der  dissertation  de  arte  critica  in 
Orphei  Argonauticis  factitanda  capita  duo,  hatte  sich  auf  anregung 
R.  Foersters  die  Untersuchung  zur  aufgäbe  gestellt,  ob  die  zu- 
letzt wieder  von  G.  Hermann  zum  abdruck  gebrachte  lateinische 
metrische  Übersetzung  der  Argonautica  des  Mailänder  humanisten 
Leodrisius  Cribellus,  eines  Zeitgenossen  des  Fr.  Philelphus,  welche 
noch  vor  dem  erscheinen  der  editio  princeps  nach  einer  hand- 
schrift gemacht  ist,  für  die  kritische  behandlung  des  textes  der 


276  48.  Eratosthenes.  Nr.  5. 

Argonautica  von  werth  sei,  oder  nicht.  G.  Hermann  stellte  den 
werth  dieser  allerdings  gefälligen  und  geschmackvollen  Über- 
setzung auch  in  kritischer  hinsieht  sehr  hoch.  Er  glaubte,  daß 
sie  nach  einer  sehr  guten  handschrift  gemacht  sei  und  selbst 
den  rang  einer  solchen  einnehme,  ohne  sich  jedoch  bei  der  her- 
stellung  des  textes  von  ihr  in  so  hohem  grade  beeinflussen  zu 
lassen,  als  dies  neuerdings  von  Wiel  in  seinen  observationes  in 
Orphei  Argonautica  geschehen  ist.  Um  nun  diese  frage  zu  be- 
antworten ,  untersucht  der  verf.  zunächst  die  beschaffenheit  der 
bis  jetzt  für  die  kritik  der  Argonautica  benutzten  handschriften 
auf  grund  des  Hermann'schen  apparates ,  und  kommt  zu  dem 
resultate ,  daß  sämmtliche  handschriften,  von  denen  keine  über 
das  fünfzehnte  Jahrhundert  zurückgeht,  in  zwei  classen  zerfallen, 
die  wiederum  beide  durch  verloren  gegangene  Zwischenglieder 
auf  einen  nicht  mehr  vorhandenen ,  ziemlich  fehlerhaften  arche- 
typus  zurückgehen.  Die  drei  von  einander  fast  gar  nicht  ab- 
weichenden handschriften  APF  (ein  Askewianus,  ein  Parisinus 
und  ein  Rehdigeranus)  sondern  sich  von  den  übrigen  durch  ge- 
meinsame fehler ,  correcturen  und  interpolationen  als  minder- 
werihige  classe  ab.  Demnächst  weist  der  verf.  unwiderleglich 
nach,  daß  die  Übersetzung  des  Cribellus  eine  sehr  freie  ist,  der 
es  nicht  darauf  ankommt  um  der  eleganz  des  lateinischen  aus- 
drucks  willen  auf  die  treue  wiedergäbe  des  Originals  zu  ver- 
zichten. Wenn  es  schon  deshalb  sehr  mißlich  ist,  aus  ihr  einen 
rückschiuß  auf  den  Wortlaut  der  zu  gründe  liegenden  handschrift 
zu  machen,  so  erweist  andrerseits  der  umstand,  daß  die  Über- 
setzung gerade  in  den  eigennamen  mit  den  minderwerthigen  les- 
arten  der  schlechteren  handschriftenclasse  auffällig  übereinstimmt, 
die  annähme  der  benutzung  einer  älteren  und  besseren  hand- 
schrift als  die  uns  erhaltenen  ,  und  somit  eines  besonderen  wer- 
thes  derselben  für  die  kritische  behandlung  der  Argonautica  als 
völlig  hinfällig.  Der  saubere,  umsichtige  und  methodisch  wohl 
begründete  gang  der  Untersuchung,  auf  dem  der  verf.  zu  diesen 
resultaten  gelangt  ist,  verdient  besondere  anerkennung. 

R.    Volkmann. 

48.     Anale  et  a    Eratosthenica.      Scripsit    E.  Maaß. 
Berlin,  Weidmann  1883.     8.  153  p.     (Sechtes  heft  von:  Philolo- 


Nr.   5.  48.  Eratosthenes.  277 

gische  Untersuchungen,  herausgegeben  von  A.  Kießling  und  U. 
von  Wilamowitz-Moellendorff.) 

Die  arbeit  enthält :  A)  De  Eratosthenis  qui  feruntur  Cata- 
sterismis  (1 — 55);  B)  De  Eratosthenis  Erigona  (57 — 138);  C)  Epi- 
metrum  (139 — 149).  Es  folgt  ein  Index  rerum  (151 — 153).  Wir 
geben  den  inhalt  dieser  drei  abhandlungen  an. 

A:  Vier  abschnitte.  I)  Suid.  s.  v.  'EQaroodivtjg  ist  zuschrei- 
ben: Eynuips  de  .  .  .  .  aGTQ'i&eaiuv  //  •AaruarsiJiapiovi;  für  aozoo- 
vofilav  }/  xuzuGTeoiGfiovg.  Des  Achilles  Tatios  citat  £i>  tq>  xata- 
ar>-Qinfiq)  scheint  bloß  den  inhalt  zu  geben;  der  titel  war  ver- 
mutlich uazQo&soia.  —  II)  In  Roberts  ausgäbe  fehlen  einige 
passus  des  Cosmas  Hieropolitanus ,  augenscheinlich  aus  den  ka- 
tasterismen  stammend  und  beweisend,  daß  im  VIII.  Jahrhundert 
handschriften  existierten,  die  den  archetypus  der  Codices  unserer 
epitome  an  umfang  übertreffen.  Jene  abschnitte  werden  abge- 
druckt. —  III.)  1.  Ein  vergleich  des  aus  Eratosthenes  geschöpften 
„poeticus  astronomicus"  des  Hyginus  (III,  3)  und  des  Baseler  scho- 
liasten  (Catast.  ed.  Robert  p.  58,  7)  ergiebt  die  richtige  inter- 
pretation  der  stelle  über  den  polarstem  (Robert  58,  7) :  ein  ver- 
gleich dieser  so  ausgelegten  stelle  aber  mit  der  ansieht  des  Py- 
theas  und  Eudoxus,  sowie  die  erwägung,  daß  der  polarstem,  den 
diese  stelle  nennt,  13°  vorn  pol  entfernt  war,  ergiebt  die  Un- 
möglichkeit, sie  für  Eratosthenisch  zu  halten ;  ist  sie  interpoliert, 
so  müßte  sie  schon  vor  Hyginus  interpoliert  sein.  2)  Hipparch 
(Petav.  Uranol.  p.  184)  sagt:  ol  ag^aim  ndvTsg  gaben  dem  gro- 
ßen baren  nur  sieben  sterne;  da  die  catasterismen  deren  23  zählen, 
ist  der  sternkatalog  der  epitome  schwerlich  von  Eratosthenes ; 
das  bestätigt  des  Ptolemaeus'  Almagest  (VII,  1),  welcher  den 
einzigen  nennenswerthen  sternkatalog  dem  Hipparch  zuschreibt. 
3)  Die  katasterismen  nennen  (Robert  p.  134  sq.)  den  Hipparch; 
Robert  sieht  hier  wieder  die  hand  des  interpolators ;  Maaß  aber 
den  irrthum  des  compilators  selbst,  der  den  Hipparch  vor  Era- 
tosthenes setzte;  die  worte  des  Aratscholiasten  Niketas  (ad.  v.  83) 
Elööhcp  8f  xat  ln7iUQ%cp  aQ%aioz8QOtg  ovaiv  Aoäxov  bilden  hierzu 
ein  analogon.  4)  die  Stellung  des  gestirns  'Eyyovaaw  bei  Aratus 
hatte  Attalus  sonderbar  interpretiert  (Petav.  Uranol.  p.  181  sq.); 
daß  ihm  nicht  bloß  Hyginus,  sondern  auch  unser  compilator 
(Robert  p.  64)  folgte ,  lehrt  ein  vergleich  beider  stellen ;  auch 
der  vergleich  von  Arat.   63  sq.  mit  Robert  p.  64  macht  die  be- 


278  48.  Eratosthenes.  Nr.  5. 

nutzung  eines  commeutars  wahrscheinlich.  5)  Auch  in  den  worten 
ta  5s  fisTu  ravza  xrl.  (Rohert  p.  192)  findet  verf.  die  spur  ei- 
nes commentars  (vgl.  Schol.  Marc,  ad  Arat.  v.  455).  6)  An 
zwei  stellen  (Robert  p.  120.  56)  streicht  Robert  die  erwähnung 
des  Aratus ,  Maaß  hält  sie  für  worte  eines  commentators.  7) 
Auch  die  stelle  über  den  widder,  welcher  ufxavQÖrsffog  cpuipszai, 
die  so  nur  im  Aratus  (215  sq.)  wieder  vorkommt,  deutet  auf  be- 
nutzung  eines  Aratus-commentars.  8)  Vergleicht  man  die  stern- 
anzahl  einzelner  gestirne  in  den  catasterismen  mit  der  im  Ovid 
und  im  Ptolemaeus ,  so  erhellt ,  daß  das  original  der  catasteris- 
men nach  Ovid  und  vor  Ptolemaeus  verfaßt  ist.  Es  ergiebt 
sich  sogar  weiter  das  resultat:  noch  vor  Hadrian!  9)  Die  ca- 
tasterismen beruhen  also  auf  einem  Aratus-commentar,  der  zuerst 
den  sternkatalog  und  die  astronomischen  mythen  vereinigte  und 
zwischen  Ovid 's  und  Hadrian's  zeiten  entstand.  —  IV.)  Wie 
Leontios  und  Niketas  (III,  9),  so  klagt  auch  der  brief  an  Iu- 
lianos  (cod.  Marc.  476)  über  Verkehrtheit  der  commentatoren  des 
Arat.  Beispiel  ist  der  scholiast  zu  v.  239  wie  der  biograph  bei 
Westermann  p.  59.  Beide  sind  wohl  derselbe.  Er  hieß  (cod. 
Ambros.  263)  Theo  v.  Alexandria,  ist  der  verf.  einer  loyixi) 
scpodog  und  lebte  im  4.  saeculum  n.  Chr.  Ihn  hält  Maaß  für 
den  verf.  jenes  briefes,  den  von  ihm  besonders  getadelten  gegner 
aber  für  den  autor  des  commentars ,  aus  dem  die  catasterismen 
stammen.  Am  Schluß  handelt  Maaß  von  Sporos  (und  Nicandros), 
der  nicht  ohne  Wahrscheinlichkeit  als  dieser  commentator  ange- 
sehen werden  kann.  —  Wir  haben  den  inhalt  dieser  abhand- 
lung  sehr  genau  angegeben ,  um  dem  leser  den  Scharfsinn  und 
das  Wissensmaterial,  mit  dem  der  verf.  arbeitet,  vor  äugen  zu 
führen.     Im  folgenden  fassen  wir  uns  kürzer. 

B.  Zunächst  handelt  der  Verfasser  über  die  sage  von 
der  Erigone.  I.  In  Hygins  darstellung  sind  zwei  verschiedene 
berichte  verschmolzen,  deren  einer  aus  einer  deutung  der  fixstern- 
bilder  stammt,  deren  anderer  aber  die  a'izia  aller  einzelnen  züge 
der  sage  hervorhebt.  II.  Beide  berichte  lassen  sich  stückweise 
auch  anderswärts  nachweisen.  Die  Germanicus-scholien,  des  Am- 
pelius  zweites  capitel ,  Probus  und  scholien  zu  Vergil ,  Aelian, 
Apollodor  werden  vorgeführt.  Ebenso  das  scholion  der  Ilias 
(X,  29)  und  die  catasterismi  bei  Cosmas.  Der  zweite  bericht 
muß    der    eines    alexandrinischen ,    den   Römern    wohlbekannten 


Nr.   5.  49.   Aischylos.  279 

dichters  sein.  Dieser  lebte  vor  Hegesianax.  Es  war  Eratosthenes ! 
III.  Wahrscheinlich  ist,  Hegesianax  sei  der  redacteur  der  Era- 
tosthenischen  Erigone.  —  Sodann  wird  im  Zusammenhang  der 
inhalt  der  'Hoiyönj  des  Eratothenes  in  allen  ihren  einzelnen  zügen 
behandelt. 

C.  Abdruck  des  unechten  schriftchens  'lnnun%ov  tzsqi  räv 
dwdtxu  ^wbicov  aus  dem  codex  Marcianus  303  s.  XIV. 

Max  C.  P.  Schmidt. 

49.     Aeschyli  fabulae  IKETlAEZ  XOH&OPOI  in  libro 

Mediceo  mendose  scriptae  ex  vv.  dd.  coniecturis  emendatius  editae 
cum  scholiis  Graecis  et  brevi  adnotatione  curante  F.  A.  Paley. 
Cantabrigiae.  Typis  et  sumptibus  academicis.    1883.    Xu.l35p.  8. 

Von  einem  manne  wie  Paley ,  der  sich  bereits  ein  halbes 
Jahrhundert  mit  der  kritik  und  erklärung  des  Aeschylus  be- 
schäftigt ,  wird  man  eine  neue  ausgäbe  nicht  ohne  lebhaftes  in- 
teresse  in  die  hand  nehmen.  Wenn  jemand  etwa  das  vorurtheil 
hegen  sollte ,  der  Verfasser  habe  in  den  verschiedenen  auflagen 
seiner  gesammtausgabe  des  dichters  —  die  vierte  ist  1879  er- 
schienen —  und  in  den  ausgaben  einzelner  stücke  hinreichend 
gelegenheit  gehabt  seine  erfindungskraft  zu  erproben  und  müsse 
dieselbe  wohl  ziemlich  erschöpft  haben ,  so  wird  er  durch  die 
neue  ausgäbe  der  Hiketiden  und  Choephoren  eines  besseren  be- 
lehrt werden.  Zu  den  alten  conjecturen  ist  eine  schöne  reihe 
neuer  gekommen ,  welche  dem  Scharfsinn  und  der  geistesfrische 
des  greisen  gelehrten  alle  ehre  machen.  Er  gibt  sich  der  hoff- 
nung  hin,  die  beiden  stücke,  die  er  wegen  ihres  hohen  ethischen 
gehaltes  vor  den  übrigen  tragödien  des  dichters  bevorzugt  wis- 
sen möchte,  in  solcher  form  hergestellt  zu  haben,  daß  auch  jün- 
geren die  lektüre  keine  unüberwindlichen  Schwierigkeiten  biete 
und  abgesehen  von  wenigen  unheilbaren  stellen  alles  wohl  ver- 
ständlich sei.  Besondere  aufmerksamkeit  hat  er  dabei  den  scho- 
lien  des  cod.  Mediceus  zugewandt,  die  er  bereits  in  einer  eigenen 
abhandlung  zu  emendieren,  zu  erläutern  und  für  die  feststellung 
des  textes  zu  verwerthen  gesucht  hat,  wozu  hier  für  die  beiden 
stücke  manche  nachtrage  und  berichtigungen  gegeben  werden. 

Hiermit  haben  wir  die  Vorzüge  der  anzuzeigenden  schrift 
angedeutet.  Wir  wollen  gleich  einige  Verbesserungen  namhaft 
machen,  welche  uns  besonderer  beachtung  werth  erscheinen.   Was 


280  49.   Aischylos.  Nr.   5. 

hat  man  nicht  alles  aufgeboten,  um  in  Hik.  784  aqsvxtov  8' 
ovx.it  av  niXoi  xsuq  ,  xsXairc^Qtag  8s  ndXXszai  aov  xagSia  das 
prädikat  zu  dem  Subjekt  xiag  passend  zu  machen  und  um 
die  metrische  härte  in  fiov  xagSi'a  zu  beseitigen.  Paley  be- 
merkt einfach,  daß  nicht  das  prädikat,  sondern  das  Subjekt 
verdorben  sei.  Da  er  niXoi  uogog  (oder  yüfiog),  xsXaivöigcov 
8s  näXXszai  aigaibv  xiag  schreiben  will,  so  betrachtet  er 
wohl  xagSi'u  als  glossem  zu  xiag.  Es  kann  aber  wohl  yä- 
fxog  oder  /xögog  nicht  das  richtige  wort  sein,  da  es  dann  auch 
acf.vxro*  heißen  müßte.  Das  wort,  welches  durch  eindrin- 
gen des  glossems  zu  gründe  gegangen,  ließe  sich  nicht  errathen, 
wenn  es  nicht  gewisse  ausdrücke  des  tragischen  stils  gäbe ,  die 
man  nur  nennen  darf,  um  sie  sofort  als  die  richtigen  zu  fühlen. 
Ein  solches  wort  ist  hier  xuxni,  woran  einmal  schon  Schütz  ge- 
dacht hat.  Im  zweiten  verse  wird  man  nicht  nur  xagSia ,  son- 
dern auch  (aov  aus  dem  glossem  abzuleiten  haben.  Das  prono- 
men  poss.  wird  in  der  poetischen  spräche  wieder  durch  eines  je- 
ner stilwörter  vertreten,  welches  uns  die  ähnliche  stelle  Cho.  410 
ninalrai,  8'  avzi  fiot  qiiXov  xiag  an  die  hand  giebt  und  welches 
bereits  Schwerdt  gefunden  hat.  Hiernach  dürfte  die  ganze  stelle 
so  lauten:  äqvxzov  8'  ovxit''  av  niXoi  xaxov ,  xsXaiv6%g(ov  8s 
ndXXszai  (fiXov  '/.sag.  In  gleicher  weise  scheint  es  richtig,  wenn 
der  verf.  Cho.  711  zd  ngöocpoga  als  aus  dem  Schlüsse  von  714 
herrührend  ohne  weiteres  beseitigt  und  dafür  ein  nomen  verlangt, 
von  dem  uaxgäg  xeXev&ov  abhängig  wird.  Freilich  läßt  sich 
hier  das  ausgefallene  wort  nicht  mit  einiger  Sicherheit  bestimmen ; 
xuzaazgoqijg ,  welches  der  verf.  einsetzt,  dürfte  schwerlich  das 
ursprüngliche  sein,  da  der  sinn  mehr  einen  ausdruck  wie  pei- 
Xiypdzmv  oder  dtXxzrigia  erfordert.  Uebrigens  hat  schon  Weil 
die  stelle  in  ähnlicher  weise  {Idaifxa)  zu  heilen  versucht.  Eichtig 
sind  die  Verbesserungen  im  scholion  zu  Cho.  123  l8gvfisvog ,  zu 
414  dno  aov.  Ansprechend,  wenn  auch  minder  sicher,  ist  der 
Vorschlag,  Hik.  760  f.  dXX'1  sazi  <$i}nr)  zig  '  Xvxog  xgsiaamv  xv- 
vwv  '  ßvßXov  8s  xagnog  o'tmoi'  av  xoazoi  azd%vv  zu  lesen.  Die 
vermuthung,  daß  ebd.  82  saztv  xal  noXifKp  zsigofxivoig  zu  schrei- 
ben sei ,  wird  nicht  nur  durch  die  responsion  und  das  scholion 
zoig  und  noXifiov  Tsigopivoig  begünstigt,  sondern  auch  durch  den 
umstand,  daß  die  in  lyrischen  partieen  nicht  beliebte  krasis  xdx 
beseitigt    wird  (vgl.    meine    Studien    zu   Aeschylus   p.   10  f.,    wo 


Nr.   5.  49.   Aischylos.  281 

ich  die  gleiche  änderung  empfohlen  habe).  Es  scheint  aber 
hm  y.cu  noXipov  den  vorzug  zu  verdienen,  weil  sich  daraus  die 
Überlieferung  besser  erklärt  (i-OTtr  xat  yvyaai  noXepov,  reigofis- 
votg,  ßcofto^  Qifui  &Q*I$%  vgl.  das  scholion  xui  zoig  ix  noXipov  de 
tetQOfiiivoiii  y.cu  qtvyovaii'  o  pmptig  dm  to  reo»1  but(xovtov  Gißag  Qv/ja 
wtjg  ßlnßtjc  iotir).  Auch  ist  es  nicht  ausgemacht,  daß  das  scho- 
lion roTs  vno  noXifiov  rsigofusvotg  auf  noXs/Jicp  hinweist;  es  kann 
ebenso  gut  die  erklärung  von  ix  noXs'fiov  zeigofisvoig  sein.  Die 
tilgung  der  worte  y.ai  ßovXag^og  12  unter  der  annähme,  daß  sie 
aus  970  stammen,  kann  richtig  sein.  Dagegen  sieht  t'  ovoraQo- 
(isvai  11  nicht  wie  ein  glossem  aus,  obwohl  mit  qievyofiev  o'vtiv 
i(f  aiftari  dtjfÄTjXaaiav,  a.XV  avzoyetij  tpv^avogiuv  ydfjiov  Aiyvnzov 
naiSmv  uasßij  ein  tadelloser  text  hergestellt  ist.  Paley  bemerkt : 
particula  it  post  «ßeßij  propter  synapheam  posita  nullo  modo  ferri 
potest.  Hermann  wollte  früher  avioyetjj  qv^uvogCa,  so  daß  av- 
zoyerq  uasßij  ts  ydfiov  zu  verbinden  wäre ,  und  dieser  emenda- 
tion  schließt  sich  Dindorf  im  lex.  Aeschyl.,  neuerdings  Kirchhoff 
an.  Aber  mit  dem  nackten  tpv^avogfy  gewinnen  wir  nur  einen 
stilwidrigen  ausdruck ,  während  avzojsvijQ  qiv^avngCa  sich  sofort 
als  echt  poetisch  zu  erkennen  gibt.  An  der  emendation  von 
Bamberger  avzaysvei  (pv^avogt'a  ist  nichts  auszusetzen,  wenn 
man  avtoysvsi  q>v%aiOQia  als  selbständigen  dativus  causae  be- 
trachtet und  diesem  onoza^o/isvat  yiipov  .  .  äaußi-j  parallel  stehen 
läßt.  Daß  zs  die  fünfte  stelle  einnimmt ,  kann  kein  bedenken 
erwecken,  da  die  vier  worte  sich  zu  einem  einzigen  begriffe  zu- 
sammenschließen. Es  ist  fast  noch  härter,  wenn  Prom  138, 
Eum.  291  ts  an  vierter  stelle  steht.  —  Die  änderung  von  ai- 
ti'ag  in  alzCnt  235  scheint  ansprechend  ,  ist  jedoch  nicht  durch- 
aus nothwendig.  —  Die  sichersten  emendationen  sind  die  in  den 
scholien  zu  Hik.  13  birsg,  505  nol- ,  528  avTÖtv ,  893  qyuyov, 
denn  sie  stehen  bereits  so  in  der  Medic.  handschrift. 

Wie  gesagt  also ,  findet  sich  manches  schöne  und  gute  in 
der  neuen  ausgäbe.  Wir  dürfen  dieselbe  billiger  weise  nur  von 
diesem  gesichtspunkte  aus  betrachten  und  müssen  uns  dankbar 
mit  dem  begnügen ,  was  uns  der  das  studium  der  tragiker  so 
eifrig  pflegende  gelehrte  neues  bietet.  Eine  ausgäbe,  welche  in 
kritik  und  erklärung  dem  heutigen  Standpunkt  der  Wissenschaft 
entspräche,  welche  leistete,  was  mit  den  vorhandenen  hülfsmitteln 
geleistet  werden  kann,  liegt   nicht  vor. 


282  49.  Aischylos.  Nr.  5. 

Von  der  Unsicherheit  und  unvollständigkeit  der  handschrift- 
lichen angaben  und  dem  mangel  einer  neuen  collation  der  scho- 
lien  wollen  wir  nicht  sprechen.  Es  lag  einmal  dieses  dem  plane 
des  verf.  fern.  Nur  hätte  er,  wenn  er  selbst  sagt,  daß  die  scho- 
lien  von  Dindorf  non  admodum  accurate  herausgegeben  seien,  sich 
von  vornherein  überzeugen  müssen ,  daß  seine  bearbeitung  der- 
selben eine  sehr  unsichere  grundlage  habe.  Sehr  häufig  kann 
uns  die  auffassung  der  einzelnen  stellen  und  des  Zusammenhangs 
nicht  befriedigen.  Paley  erwidert  uns  freilich :  ao*t  fih'  Soxsitm 
tavt\  s(xo\  Ss  ffuTega.  Allein  nicht  immer  ist  ein  solcher  ein- 
wand berechtigt  und  über  viele  dinge  werden  kenner  im  reinen 
sein,  über  welche  diejenigen,  denen  genauere  kenntnis  oder  rich- 
tiges Verständnis  abgeht,  hin  und  her  disputieren.  Wenn  Paley 
Hik.  319  iov  navaöcfov  rvv  'oropia  xovzov  fioi  qgäaov  in  den 
text  setzt,  so  braucht  man  nur  an  das  Porson'sche  gesetz  zu  er- 
innern und  aller  disput  über  diese  verschlimmbesserung,  die 
übrigens  nicht  einmal  die  ehre  hat  neu  zu  sein ,  ist  zu  ende. 
In  251  verschmäht  Paley  die  emendation  Tlelaayng,  weil  der 
könig  an  keiner  stelle  mit  Uslaayog ,  sondern  nur  mit  ßaadevg 
angeredet  werde.  Er  bemerkt:  haec  autem  dicit:  ego  qui  Pelasgis 
praesum,  ab  iis  nomen  habeo.  Aber  in  s'juoü  5'  aiaxtog  evloycog 
inoawfiov  yivog  fltlaoymv  ist  doch  deutlich  das  umgekehrte  aus- 
gesprochen. Wenn  ebd.  271  fyco-v  llv  J/<5//  geschrieben  und  246 
— 49  dem  Danaos  gegeben  werden,  so  daß  274  der  chor  statt 
des  angeredeten  und  zur  antwort  aufgeforderten  Danaos  das  wort 
ergreift,  so  widerspricht  das  allem  brauche  der  griechischen  tra- 
gödie.  Ebd.  316  schreibt  Paley  Aißvrjg  (liytatov  yiqg  nedov  xag- 
noifievog  und  macht  den  Belos  zum  söhne  der  Io.  Wer  soll 
denn  der  vater  des  Belos  sein?  Daß  Aeschylos  der  gewöhnli- 
chen sage,  nach  welcher  Libye  die  tochter  des  Epaphos  ist, 
folgt,  zeigt  der  vers  des  Prom.  774  rgitog  ye  ysvvav  nötig  8sx 
,al\aiaiv  yoialg  (vgl.  dazu  das  scholion)  und  noch  deutlicher  853 
nsfimr]  ö'  an  avrov  yivva  nevrt]xoi7cinaig  (1.  Epaphos.  2.  Libye. 
3.  Belos.  4.  Danaos.  5.  Danaiden).  Die  ergänzung  yijg  n?.8ov 
hat  vor  Paley  schon  Kruse,  vor  Kruse  schon  Burges  gemacht. 
Cho.  4  wird  xrjQvaaav  geschrieben  mit  beziehung  auf  Hermes 
und  mit  der  ergänzung  des  folgenden  verses  tag  ipag  tt'iag 
■tilgt.  Aber  Hermes  befindet  sich  doch  nicht  rvf/ßov  in  i>i&ap 
zepft?.      Ebd.  224   setzt  Paley  oag   £>v  'ÖQsaxijg  xavtd  pe  noocwiiincig 


Nr    5.  49.  Aischylos.  283 

in  den  text  und  giebt  die  erklärung  „istis  verhis  ex  persona  Ore- 
stis  me  alloqueris.  Imo  ipsum  Orestem  vides ,  quamvis  tarde  agno- 
veris".  Wenn  man  auch  von  der  bedenklichen  Verlängerung  von 
pe  absieht,  so  läßt  sich  schon  daraus,  daß  nunmehr  altöv  sich 
auf  das  vorhergehende  bezieht ,  während  es  augenscheinlich  in 
gegensatz  zu  dem  folgenden  steht,  die  Unrichtigkeit  jener  ände- 
rung  erweisen.  Orestes  sagt:  „gewiß  und  da  du  mich  selber 
siehst ,  willst  du  mich  nicht  kennen ,  während  du  vorher  beim 
anblick  der  bloßen  haarlocke  und  der  fußspuren  vor  freude  die 
fassung  verlorst".  Elektra  muß  also  vorher  gesagt  haben :  „da- 
mit willst  du  sagen,  daß  du  Orestes  seist,  und  als  solchen  soll 
ich  dich  begrüßen?"  Das  von  Arnaud  vermuthete  wg  ovt''  'Oot- 
Gir^r  züot  g  lya>  ngoatweaeo;  gibt  den  richtigen  sinn,  hat  aber 
keinen  guten  rhythmus.  Drum  wird  die  —  unbekannt  geblie- 
bene —  änderung  von  Francken  znvd1  iya>  nooaavvinco;  das 
richtige  treffen.  Die  erklärung  zu  ebd.  331  „iustus  luctus  ob  pa- 
rentes  occisos  haud  parce  excitatus  totam  rem  exquirit,  non  sinit  la- 
tere  facinus"  verräth  eine  vollständige  verkennung  des  Zusam- 
menhangs. Orestes  zweifelt,  ob  sein  ruf  vom  vater  gehört  werde. 
Der  chor  tröstet  ihn :  ,,der  geist  des  todten  wird  nicht  mitver- 
brannt. Ein  aufrichtiger ,  kräftiger  jammerruf  weiß  ihn  auch 
jenseit  des  Scheiterhaufens  zu  finden".  Die  stelle  ist  längst  von 
Grotefend  emendiert;  nur  ist  die  emendation  von  niemanden  ge- 
kannt oder  gewürdigt  worden:  narsocav  8i  nett  To.v.tvxwv  yöog 
ei&txng  ftarsvei  (seil,  avrovg  oder  ro  qoöitjuc  avzwr)  ro  nav  xre. 
Daß  Tuy.ttrcüv  in  t«xojtcoj  und  in  folge  davon  8s  -au)  in  is  xal 
überging,  ist  sehr  begreiflich.  Zu  raxirzwi-  (von  der  verzehrung 
durch  den  Scheiterhaufen)  vgl.  Eur.  Hik.  1140  ai&rjQ  sx^i  viv 
7}8t]  nvoi-g  TkTaxöz«.  anodrx).  Ebd.  411  wird  •/ßnvaav  für  y.lvov- 
aar  eingesetzt  und  damit  der  augenscheinliche  Zusammenhang 
zerstört  („wenn  ich  deine  —  des  Orestes,  nicht  der  Elektra  — 
worte  höre,  werde  ich  muthlos ;  wenn  ich  dich  aber  in  deiner 
kraft  sehe,  kehrt  die  hoffnung  zurück").  Ebenso  sind  die  fol- 
genden verse  mißverstanden.  Doch  wir  würden  zu  weitläufig 
werden,  wenn  wir  alle  stellen,  an  denen  wir  dem  verf.  entschie- 
den widersprechen  müssen,   darlegen  wollten. 

Daß  man  bei  einer  richtigen  beurtheilung  der  handschrift- 
lichen Überlieferung  zu  manchen  anderen  ergebnissen  kommt  als 
der   verf. ,    dürfte   sich    am    besten    an    Cho.  474   zeigen    lassen. 


284  49.  Aischylos.  Nr.  5. 

Paley  bemerkt:  diw-Asiv  sga  pro  alcapiai uigtit  optime  Hermannus. 
egn  invenisse  Schol.  certum  est.  „Solum  horum  malorum  remedium 
est,  sibi  ipsis  fidere  liberos".  Wer  sieht  nicht,  daß,  was  Klausen 
gefunden  hat,  tV  toftur  sgiv  die  handschriftliche  lesart  ist  und 
den  besten  sinn  giebt?  Zu  Hik.  323,  wo  der  verf.  mit  Victorius 
ävoTTJfifig  setzt,  wird  angemerkt:  urarqaag  M.  „Fac  ut  erigas" 
dictum  ut  Eum.  769  JiQa^o/xev  äg  Kitoiöi  fisrnfisXy  »t'toj  .  ärTrj- 
oag  Hermann.  Aber  der  Mediceus  hat  nicht  bloß  avarijoag,  sondern 
auch  avrtfaag  und  wer  einiges  Verständnis  für  die  handschrift- 
liche Überlieferung,  einiges  Verständnis  auch  für  den  sinn  hat, 
der  muß  «vT?jaag  aufnehmen,  für  den  gibt  es  keine  wähl  und 
keinen  zweifei.  Ebd.  341  lesen  wir:  uigaa&ai  i.  e.  agaadm  M, 
sed  a'i'geo&ai  inf.  439.  Wenn  man  weiß,  wie  die  abschreiber 
sich  an  der  langen  ersten  silbe  in  agaadai  immer  gestoßen  ha- 
ben, wird  man  an  der  ersten  stelle  agaadai  als  das  ursprüng- 
liche betrachten  und  eher  geneigt  sein,  auch  die  zweite  darnach 
zu  corrigieren.  Zu  950  ist  nichts  notiert,  sondern  ohne  weiteres 
die  Verbesserung  Porsons  uigeadai  in  den  text  gesetzt.  Die 
Schreibung  des  Mediceus  egiatJt  corr.  in  tgstofte  weist  auf  dgelaftai 
hin  und  damit  erweist  sich  die  treffliche  emendation  von  Cobet, 
die  den  neueren  herausgebern  natürlich  unbekannt  geblieben  ist, 
iotypsv  rjdt]  nöktfiov  agtlaQai  viov  als  sicher.  Auf  die  ähnliche 
stelle  Suppl.  909  sl^eiv  ioitf  v^äg  verweist  Paley  zu  Cho.  730 
soixev  avqg  u  %?,vog  tev%siv  xaxov ,  um  dort  seine  änderung  rev- 
%siv  zu  rechtfertigen ,  ohne  zu  beachten ,  daß  die  beiden  stellen 
keine  ähnlichkeit  haben  und  der  chor  hier  von  der  Vergangen- 
heit spricht,  wie  es  der  scholiast  richtig  erklärt:  aii\  tob  ne- 
ttoitjxtvai  nsvQog  7w  o'i'x(p  8ia  v/jg  äyytliag.  Merkwürdig,  daß 
der  verf.,  der  sonst  so  viel  auf  die  scholien  giebt,  oft  an  stellen, 
wo  die  scholien  gerade  besondere  beachtung  verdienen,  sie  bei 
seite  liegen  läßt.  Das  scholion  zu  Cho.  366  Xsinei  ro  wcpsiXfg  be- 
weist doch  sicher,  daß  der  scholiast  das  zuerst  von  Tafel  herge- 
stellte ts&äqid-ai,  nicht  das  überlieferte  is&axfjai  gelesen  hat. 
Paley  schreibt  tiißaipo,  wie  schon  von  Martin  vorgeschlagen  wor- 
den ist,  und  muß  deshalb  auch  nachher  xravoniei;  vtv  in  ura- 
vövttg  ö'  verwandeln,  obwohl,  wie  er  selbst  bemerkt,  auch  der 
scholiast  tiv  vorgefunden  hat.  Methodisch  dürfte  ein  solches 
verfahren  nicht  heißen.     Es  ist  einfach,  wie  schon  andere  gesehen 


Nr.  5.  49.  AischyloB.  285 

haben,  ndtzq  364  in  narr/Q  zu  ändern.  Im  übrigen  vgl.  meine 
Studien  zu  Aeschylus  p.   18. 

Ein  richtiger  herausgeber  muß  dasjenige,  was  andere  ge- 
leistet haben,  kennen  und  richtig  zu  beurtheilen  wissen.  Daß 
die  mangelhafte  kenntnis  der  litteratur  bei  den  angaben  der  Ur- 
heber der  einzelnen  emendationen  und  conjecturen  zahlreiche  Un- 
richtigkeiten verschuldet  hat,  will  ich  weniger  in  anschlag  brin- 
gen. Davon  ist  keine  der  neueren  ausgaben  frei,  selbst  die  aus- 
gäbe von  Hermann  nicht.  Ein  größerer  nachtheil  ist  es  schon, 
wenn  dem  herausgeber  treffliche  emendationen  ganz  unbekannt 
bleiben.  Hik.  79  hat  Härtung  nag?  in  tieq  emendiert:  damit 
ist  die  ganze  stelle,  die  mit  so  vielen  conjecturen  heimgesucht 
worden  ist ,  hergestellt :  xIvet  ev  io  dixatov  idövreg ,  )}  xoi  frt/ 
teXeov  86vi£Q  ?xeiv  tteq  aloav ,  vßoiv  ö'  irvfiwg  arvyoi'Tsg  nilon'' 
uv  evdixot  ydpoig,  „höret  und  sehet,  fleht  der  chor  zu  den  göttern, 
das  rechte  oder  wenn  ihr,  wenn  es  auch  unser  recht  ist,  doch 
es  uns  nicht  gewähren  wollt,  so  fasset  doch  wahren  abscheu  (das 
handschriftliche  aivyövreg  ist  richtig)  gegen  übermuth,  dann  wer- 
det ihr  unsrer  ehe  gerechtigkeit  widerfahren  lassen",  also  „wenn 
ihr  auch  nicht  das  recht  schützet,  wenn  ihr  nur  den  übermuth 
gehörig  hasset,  so  genügt  es  uns".  Ebd.  386  muß  die  emenda- 
tion  von  Burges  dvonaQa&eXxrovg  nothwendig  in  den  text  ge- 
setzt werden  Paley  hat  das,  man  darf  wohl  sagen,  sinnlose 
övanaQa&Elxrog  aufgenommen.  Ebd.  718  dyav  no.Xäg  xXvovaa 
tdcig  dv  ov  cpili]  hat  man  alles  mögliche  versucht.  Paley  be- 
merkt: versum  (schol.)  sie  legebat:  dyav  naXöög  •  xXvovaa  d'  mg 
äv  ov  cpiXrj.  Der  scholiast  las  nichts  anderes  als  was  wir  in  den 
handschriften  haben.  Das  richtige  xXiovaa  yXäaaav  ov  cpiXtjv 
ist  längst  hergestellt  und  damit  ein  trefflicher,  echt  aesehyleischer 
ausdruck  wiedergewonnen.  Wenn  jemand  an  der  kurzen  letzten 
silbe  in  xXvovoa  vor  yX  anstoß  nimmt,  so  ist  auf  Pers.  591  und 
Ag.  1629,  auch  Frg.  165  Dind.  zu  verweisen.  Cho.  704  hat 
Paley  ö'  nach  nobg  Övaosßslag  eingesetzt.  Heimsöth  hat  erkannt, 
daß  vielmehr  ngog  d'  evoeßsiag  das  richtige  ist.  Doch  genug! 
Es  wird  zugegeben  werden  müssen,  daß  wer  solche  emendationen 
nicht  kennt  oder  nicht  zu  würdigen  versteht,  seine  pflicht  als 
herausgeber  nicht  erfüllt. 

Ueber  die  bearbeitung  der  scholien,  das  verdienstliche  und 
das  mangelhafte  derselben,  haben  wir  bereits  bei  der  besprechung 
Philol.  Anz.  XIV.  20 


286  49.  Aischylos.  Nr.   5. 

des    oben    berührten    commentarius  in    scholia  Aeschyli  Medicea  im 
Philol.  anz.  XII,  p.  808  ff.  unsere  ansieht  geäußert.  Wir  wollen  hier 
nur  einige  punkte  berühren,  welche  in  der  vorliegenden  ausgäbe 
besonders  hervortreten.     Manchmal  werden  die  scholien  arg  miß- 
verstanden.     Man    könnte    das    mißverstand nis    kaum    begreifen, 
wenn  man  nicht  annehmen  müßte,  daß  gerade  das  streben,  die- 
selben zu  emendieren  und  recht  gründlich  zu  erklären,  befangen 
gemacht    habe.     Zu  Hik.  299    ßovv    Ttjv    yvvaix     s&qxsv  'Agysia 
■&eog  lautet  das  scholion  :    ztjv  8ia  zr\v  yevofisvijv  vnb  Aiog  [xsza- 
ftogqiwGiv  zrjg  'loiig    zfj  &eä    ngoaijxpsv.     Deutlich    will    der    scho- 
liast  sagen,  daß  die  Verwandlung,  die  gewöhnlich  von  Zeus  aus- 
geht   und    nur   um    der  Hera   willen    geschieht,    hier    der  Hera 
beigelegt    werde.     Der   fehler   des    textes   ist  deutlich :    Abresch 
wollte  8iä  7Tji>  "Hgav    schreiben:    einfacher   hat    Chatelain    (oder 
Graux)  Siot  zip  in  öt'  avzr\v  verbessert.     Der  Med.  hat  TiQoarjipsv, 
Dindorf  hat    ngoa^xpag ,    weil  Dübner    die    abkürzung    unrichtig 
gelesen ,    aber  man  hat  längst  das  richtige  durch  conjeetur  her- 
gestellt.    Paley  trennt  das  scholion  in  zwei  theile:   zfj  9tä  ngoo- 
rjtyag    soll  in  wenig  verständlicher  weise  erklärung  zu  avyxö Xkcog 
sXs^ag  310  sein,  welchen  vers  Paley  nach  295  einsetzt,  8ia  zr\v 
ysvofjtst'tjv  vnb  Awg  [AEtafxÖQCpcßatv  tijg  'luvg  soll  zu  Svanoz^m  306 
gehören.     In    der    Versetzung    der    scholien  ist   überhaupt  Paley 
sehr   willkürlich.      Zu  351    giebt    Dindorf   das    scholion    yij    zov 
ogovg.     Es  liegt  nahe  an  zfj  zov  ogovg    zu    denken    und  so  die 
passende  erklärung  zu  aXxä  darin  zu    finden.     Man    hat  bereits 
so  emendiert    und    die    handschrift  giebt    selbst    so.     Paley  will 
das    scholion    zu   yä    ßovvi  776    setzen.     Cho.  55  öY  mzav  wird 
von    dem    scholiasten    erklärt    (pilovvzsg    yag    avzbv  ov8s  axoveiv 
Tjvsixovzo  Y.m    avzov.     So,  nicht  avzär  hat  die  handschrift.    Dar- 
nach mag  Paley  ermessen,  wie  ungeeignet  seine  änderungen  ov- 
8ev    und    8i    avzcov    sind.     Das    scholion    zu   126    vvv    yag    im- 
axonovg  ist  Paley  mit  recht   unverständlich ;    aber    in  der  hand- 
schrift steht  die  abkürzung,  welche  auch  zi  bedeuten  kann:  vvv 
zC  inioxunovg.     Das  scholion   zu  155    wird   nach    dem  vorgange 
von  Davies    in    verschiedene    theile    auseinandergerissen.      Aber 
der  scholiast  will,  wie  er  mit  za   i^ijg  anzeigt,    die  construetion 
und  Zusammengehörigkeit  der  worte  angeben  und  der  Zwischen- 
satz zo   8dxgv  yag  untvxzbv  ayog  thiev  soll  nur   erklären,  warum 
er  ayog  ariev%eTow  als  nähere  bestimmung  zu  8äxgv  gesetzt  hat. 


Nr.    5.  49.   Aischylos.  287 

Zu  262  y.6(iit,e  heist  das  scholion:  xa#'  savtöv ,  ävz\  tov  acü^e 
tjfiäg.  Augenscheinlicli  ist  x«#'  savzo  zu  schreiben,  womit  der 
absolute  gebrauch  von  xöfxt^s  bezeichnet  wird.  Paley  nimmt 
xa#'  eavzov  zu  sjfoig  uv  259  ,  möchte  aber  dafür  aaroc.  aeuvzov 
schreiben.  Alles  mögliche  wird  mit  dem  scholion  zu  275  ?}  i/ut 
fyjfiiav  (xsfxqto^Evog  (Bamberger  richtig  [xEfA,q>6fjisvov)  rj  AiyiG&ov 
tov  fjiTj  ^tjfXKü&e'vTa  noivyv  ini  7<jj  q,6vq>  iov  TzazQog  versucht. 
Der  scholiast  ist  sich  nicht  klar,  ob  uno^Q-  ^üaig  tavQov- 
(xsrov  zu  dem  Subjekt  von  avzanoxzeivai ,  nämlich  i/*i,  oder  zu 
dem  objekt  davou,  diyic&ov,  gehört.  Eigenthümlich  nimmt  sich 
die  erläuterung  zu  scrco  und  t^co  332,  334,  345,  355  aus  :  clara 
vel  suppressa  voce  haec  dicta  fuisse  tradit ,  wenn  man  weiß ,  was 
Heimsöth  darin  erkannt  hat :  dialij  sgw  vsvsvaviu.  Zu  699  heißt 
das  scholion,  welches  das  lemma  slnig  nicht  hat,  rd^ov  avztjv 
uqiario&siGuv  uyä  '  äg  noog  zo  ilntg  d'  utzeÖcoxev.  Paley  bringt 
darüber  ganz  merkwürdige  ansichten  vor,  wie  daß  zä^ov  ordina, 
also  so  viel  als  to  s^g  bedeute.  Der  scholiast  will  offenbar  sagen : 
„betrachte  ihn  (den  Orestes)  als  verschwunden :  der  dichter  hat 
aber  das  verbum  mit  (dem  prädikat  von  Orestes)  iXmg  congruieren 
lassen".  Nothwendig  ist  also  zü^ov  avzov  a(favi6&evza  zu  schrei- 
ben. Solche  emendationen  aus  dem  sinne  des  scholiasten  selbst 
heraus  sind  gerechtfertigt.  Wenn  man  dagegen  die  emendationen 
des  textes  ohne  weiteres  auf  die  scholien  überträgt  oder  die  scho- 
lien  kurzweg  corrigiert,  so  wird  man  oft  entweder  den  scholien 
ein  anderes  gewand  geben,  als  sie  ursprünglich  hatten,  oder  ge- 
rade das  zerstören,  was  man  gutes  an  den  scholien  hat,  finger- 
zeige  besserer  Überlieferung.  Auch  ist  es  nicht  methodisch,  wenn 
z.  b.  Paley  Hik.  1045  im  scholion  oze  für  ozi  setzt  und  daraus 
eine  emendation  des  textes,  ottoY  für  ti  noz\  folgert.  Text  und 
scholion  sind  richtig  verstanden  ganz  in  Ordnung :  „ich  fürchte 
schlimmes ;  warum  auch  haben  sie  glückliche  fahrt  erlangt,  (wenn 
sie  ihren  zweck  nicht  erreichen  sollen")  ?  Der  scholiast  sagt  : 
„ich  fürchte,  weil  sie  guten  fahrwind  erlangt  haben,  daß  sie  auch 
ihre  absieht  wegen  der  ehe  durchführen".  Endlich  hat  Paley 
in  den  scholien  alle  möglichen  vom  text  abweichenden  lesarten 
gefunden,  von  denen  gewöhnlich  keine  spur  vorhanden  ist.  Er 
ist  in  betreff  dessen  sehr  im  irrthum  befangen :  die  scholiasten 
haben  meistentheils,  seltene  fälle  ausgenommen,  keine  andere  les- 
art  als  die  in  der  handschrift  vorliegende   vor  sich  gehabt.     Zu 

20* 


288  50.  Aristophanes.  Nr.  5. 

Cho.  202  vaviiXcov  öintjv  wird  über  das  scholion  bemerkt :  videtur 
invenisse  diny,  non  Slxtjv.  Sicher;  denn  das  gibt  der  scholiast 
ausdrücklich  an.  So  hat  aber  auch  die  handschrift.  Das  scho- 
lion zu  279  soll  etwa  auf  eine  lesart  wie  zoig  (xsv  yag  ix  yijg, 
(iij  'xdixi/oavzag  qiövov ,  Xtfiov  nolizaig  eins  zurückgehen.  Das 
scholion  hat  Xoifxä^eiv,  nicht  Xiixcö^aiv  undrder  scholiast  hat  höch- 
stens für  ßgozoig ,  wie  schon  andere  bemerkt  haben ,  eine  ver- 
schiedene lesart  gehabt  dozoig  oder  vielleicht  ezaig.  Ganz  un- 
begreifliche dinge  werden  über  798  vorgebracht.  Der  scholiast 
will  801  mit  rjnoxEhs  xal  öioixeize  nichts  anderes  erklären  als 
vofilt~eze,  wie  schon  der  zusatz  diontshs  zeigt,  Paley  hat  für  tjvio- 
%üt£  felicissimam  Coningtoni  coniecturam  ivoixslze  aufgenommen 
und  ii'OiXEirs  soll  die  erklärung  von  ivl^ezs  sein.,  Die  scholien 
zu  841  ff.  werden  als  pessime  in  editionibus  ordinata  bezeichnet. 
Paley  verfährt  sehr  willkürlich  damit  und  entnimmt  nicht  nur, 
was  schon  andere  gethan  haben,  aus  mg  inl  (xaiaigag  die  Va- 
riante zs&j]y[ierq>  (für  dsdijyn^rcp) ,  sondern  auch  aus  deifAviljazo^ 
eine  zweite  fisfiv^^vq),  ferner  aus  iv  yag  zoig  &gqvoig  afxvacovoiv 
avzäv  zd  azrj&rj  die  lesart  alfiazovfiEvoi  luyoi  für  dsipazovfisvoi 
Xöyoi  (845).  Das  scholion  zu  841  vnovXtog  zavzd  qirjai ,  womit 
die  trauer  des  Aegisthos  über  den  tod  des  Orestes  als  heuchelei 
bezeichnet  werden  soll,  wird  zu  einem  theil  des  scholions  zu  842 
genommen  und  soll  den  sinn  haben :  haec  ex  imagine  cicatricis 
dicit.  Allerdings  ist  ein  fehler  in  dem  scholion  zu  843 :  cog 
inl  fia^aigag  .  ov  nagaxaXvqi&tvzi ,  dXX'1  aeifivrjozq)  '  iv  ydg  zoig 
&orjvoig  äfAvaaovaiv  avzmv  za  czrj&i].  Offenbar  liegen  zwei  scho- 
lien vor;  das  erste  erklärt  TE&tiyixircp ,  das  zweite  iXxaivovzi  xal 
Ö£drjyn£i>a>.  In  dem  zweiten  ist  a£i[xvrjozq>  und  der  Zusammen- 
hang unverständlich.  Sobald  man  aber  detfiv^azcp  in  äfivxzm 
verbessert,  ist  alles  klar. 

Die  glänzende  ausstattung  des  buchs  macht  den  Syndics  of 
the  Cambridge   üniversity  Preß  alle  ehre.  WecMein. 

50.  Henry  Dunbar,  a  complete  concordance  to  the  co- 
medies  and  fragments  of  Aristophanes.  Oxford  at  the  Clarendon 
Preß  1883.     4.     IV,  342  p.     21   mk. 

An  dem  vorliegenden  stattlichen  bände  ist  die  ausstattung, 
der  klare ,  übersichtliche ,  wenn  auch  etwas  kleine  druck ,  ohne 
jeden  zweifei  zu  loben;    sie  macht  der  oxforder  Clarendon  preß 


Nr.   5.  50.  Aristophanes.  289 

alle  ehre.  Nicht  so  steht  es  mit  dem  inhalt.  Ein  gutes  wissen- 
schaftlich gearbeitetes  Aristophanes-lexikon  ist  ein  bedürfnis,  aber 
auch  schon  eine  concordanz,  die  nach  den  wenigstens  in  Deutsch- 
land eingebürgerten  principien  bearbeitet  wäre,  würde  willkommen 
gewesen  sein.  Bruder's  concordanz  zum  Neuen  testamente  oder  Bind- 
seil's  Pindar-concordanz  hätten  geeignete  muster  abgeben  können. 

Was  professor  Geddes  zu  Edinburgh  aus  des  Verfassers 
nachlaß  uns  hier  vorlegt ,  befriedigt  unsere  wünsche  nur  in  ge- 
ringem maße.  Fleiß  kann  dem  werke  nicht  abgesprochen  wer- 
den ,  aber  es  war  ein  stupider ,  unfruchtbarer  fleiß ,  der  dieses 
buch  schuf.  Das  ganze  scheint  auf  ziemlich  rohe  und  rein  äu- 
ßerliche weise  angefertigt  zu  sein.  Wie  aus  dem  vorwort  her- 
vorgeht, hat  der  Verfasser  den  drang  in  sich  gefühlt,  der  clas- 
sischen  philologie  durch  seine  arbeit  nützen  zu  wollen,  und  hat 
prof.  Geddes  wegen  einer  zu  bearbeitenden  homerischen  gram- 
matik  um  rath  gefragt.  Dieser  fand  nach  der  skizze  und  den 
proben ,  daß  Dunbar  einer  solchen  aufgäbe  durchaus  nicht  ge- 
wachsen sei ,  rieth  ihm  mithin  ab  ,  und  empfahl  ihm  eventuell 
eine  Homerconcordanz  zu  bearbeiten ;  Dunbar  stellte  sie  zur 
Odyssee  fertig,  vgl.  Philol.  anz.  XI,  p.  6,  und  die  Delegates 
der  Clarendon  preß  ließen  sie  drucken.  Gesehen  hat  ref.  diese 
nicht.  Danach  empfahl  Geddes  dem  wiederum  um  anweisung 
bittenden  Verfasser  eine  Aristophanes-concordanz  und  sie  liegt 
uns  jetzt  vor ,  zugleich  bat  er  um  weitere  aufgaben :  Ovid  und 
die  elegischen  dichter  Roms  waren  in  arbeit,  als  der  verf.  starb. 

Diese  concordanzen  scheinen  nur  mit  der  scheere  gearbeitet 
zu  sein.  Eine  genügende  anzahl  exemplare  der  zu  gründe  ge- 
legten ausgäbe  wurden  versweise  nach  bezeichnung  des  Stich- 
worts und  des  citats  zerschnitten ,  alphabetisch  geordnet  und  so 
gedruckt ;  bei  den  häufig  vorkommenden  Wörtern  wie  dem  arti- 
kel,  pronomen  ,  praepositionen ,  coniunctionen  ,  adverbien,  inter- 
jectionen ,  verbum  sl/il  etc.  begnügte  sich  der  Verfasser  nur  die 
ersten  stellen  (aus  den  Acharnernj  anzuführen.  Eine  spur  gei- 
stiger thätigkeit  des  Verfassers  findet  sich  nicht. 

Stichworte  sind  mithin  immer  die  jedesmaligen  formen ,  in 
denen  die  Wörter  zufällig  erscheinen ,  sie  sind  in  fetten  lettern 
gesetzt ,  als  belegsteile  dient  immer  der  ganze  vers ,  in  dem  sie 
vorkommen,  unbekümmert  um  den  Zusammenhang.  Verweise  auf 
nebenfbrmen,  auf  die  nominativform  bei  nominibus,  auf  die  prä- 


290  50,  Aristophanes.  Nr.   5. 

sensform  (1  sing.,  ind.,  praes.,  act.)  bei  verben  fehlen  völlig.  — 
Innerhalb  dieser  angegebenen  grenzen  scheint  die  concordanz, 
wie  Stichproben  mehrerer  abschnitte  ergaben,  äußerst  vollständig 
zu  sein,  um  so  mehr  wäre  es  zu  wünschen  gewesen,  daß  die 
anordnung  des  ganzen  die  brauchbarkeit  zur  benutzung  geschaf- 
fen hätte,  die  jetzt  fehlt. 

Zu  gründe  gelegt  hat  der  verf.  die  Dindorf'sche  Oxforder 
Aristophanesausgabe  vom  jähre  1835  und  die  Meineke'sche  frag- 
mentsammlung  (Berlin  1840).  Die  Clarendon  preß  hat  wohl  die 
erwünschte  zahl  von  exemplaren  dem  verf.  zur  Verfügung  ge- 
stellt. Andere  ausgaben  sind  nicht  berücksichtigt,  auch  die  les- 
arten  der  handschriften  vor  allem  des  Eavennas  sind  nicht  ver- 
merkt, geschweige  denn  die  resultate  der  wissenschaftlichen 
kritik. 

Die  anordnung  mußte  darauf  ausgehen,  sowohl  alle  formen 
vor  äugen  zu  führen,  als  andererseits  die  leichte  auffindung 
sämmtlicher  im  dichter  vorkommenden  beispiele  eines  jeden  Wor- 
tes zu  ermöglichen.  Entweder  waren  mithin  die  zahlreichen  for- 
men der  flectirten  Wörter  unter  einer  grundform  zu  vereinigen, 
als  welche  für  die  nomina  längst  der  nominativ  singularis  (even- 
tuell des  männlichen  geschlechts)  für  die  verba  die  erste  person  sing, 
indic. ,  praes. ,  activ.  in  den  lexicis  üblich  geworden  ist ,  oder 
unter  dieser  war  auf  die  einzelformen  zu  verweisen.  Auch  pa- 
rallelformen (sx — ii),  dialektische  formen  mußten  vielleicht  durch 
ein  confer  zu  einander  in  beziehung  gesetzt  werden. 

Bei  dem  äußerlichen  verfahren  Dunbar's  dürfte  es  dem  be- 
nutzer  wohl  schwer  werden ,  ohne  wieder  die  ganze  concordanz 
oder  dann  besser  gleich  den  Aristophanes  selbst  durchzulesen, 
mit  Sicherheit  alle  stellen,  an  welchen  z.  b.  das  verbum  axafivX- 
Ieiv  vorkommt,  aufzufinden,  unter  v.  dürfte  er  doch  wohl  nur 
zufällig  Kaarmfivläptrjv  und  xäoKonvlvtzo  finden,  man  vergleiche 
formen  wie  ojv&oojcp'  und  tav&QCAnov ,  ana&ov ,  'xvvev,  'xcpdyrjg, 
ötönV,  aov^rjQ^aaro,  'an,  '<7#',  'gsig  u.s.w. ,  auf  die  man  keines- 
wegs unter  av&gconog  u.s.w.  eine  Verweisung  findet. 

Daß  andererseits  dsdiaai,  und  dsdi'ccv'fv  (mit  folgender  encli- 
tica)  als  besondere  artikel  sorgfältigst  getrennt  sind,  entschädigt 
uns  wohl  kaum  dafür. 

Ein  anderes  hauptziel  der  concordanzen  ist  bei  des  verf. 
verfahren  ebenfalls  nur  höchst  mangelhaft  erreicht  worden,  näm- 


Nr.   5.  51.   Lucilius.  291 

lieb  die  Möglichkeit  einer  vergleichung  des  siuues  der  einzelnen 
gebrauchsfälle.  Dunbar  fiibrt  ja  zwar  immer  den  ganzen  vers 
als  beleg  des  wortes  an,  aber  vollständig  obne  rücksicht  auf  den 
gedankenzusammenhang  —  auch  Bindseil  bat  hierauf  in  seiner 
Pindarconcordanz  nicht  genug  gewicht  gelegt ,  wohl  dagegen 
Bruder  beim  Neuen  testament  — ,  so  daß  häufig  für  die  erkennt- 
niß  der  bedeutung  eines  wortes  das  citat  vollkommen  nutzlos  ist. 
Z.  b. :  s.v.  xä^aaatcofisvog :  'Mjinslg)  1117  osig  y..  wo  niebt  ein- 
mal ,  daß  -  osig  zu  %aiQ£tg  vervollständigt  ist ,  ebenso  unter  !j£- 
&Qoig:  A.  802  yög  (d.  i.  fxeXafijiv-yöi;)  is  roTg  sx&ootg  änaaiv. 
u.  s.  w. 

Wie  wenig  ferner  die  auslassung  der  partikeln  zu  billigen 
ist ,  ist  zwar  bei  dem  worte  xai  nicht  gleich  ersichtlich ,  wohl 
aber  bei  der  Wichtigkeit  einer  großen  anzahl  von  coniunetionen 
und  der  präpositionen  sofort  deutlich.  Hierin  steht  Dunbar's 
concordanz  dem  Caravellaschen  Index  Aristophanicus  weit  nach, 
der  selbst  bei  -ax)  sich  kein  passim  erlaubt,  sondern  sämmtliche 
stellen  der  Küster'schen  ausgäbe  getreulich  citirt.  Im  übrigen 
hat  auch  dieser  freilich  dieselbe  mangelhafte  anordnung ,  zudem 
sind  die  fragmente  nicht  berücksichtigt. 

Daß  man  von  den  vielen  notizen,  wie  sie  Bruder  in  seiner 
concordanz  noch  anzubringen  verstanden  hat,  die  die  bedeutung 
der  Wörter ,  ihre  formelhaften  Verbindungen  erläutern ,  hand- 
schriften-  und  ausgabenvarianten ,  spätere  citate ,  scholien-  und 
lexikographenerklärungen  angeben ,  wird  man  nach  dem  bisher 
gesagten  bei  Dunbar  nicht  weiter  erwarten. 

Am  meisten  nutzen  wird  das  buch  für  den,  der  ein  wissen- 
schaftliches Aristophanes-lexikon  bearbeiten  will,  als  stellensamm- 
lung  haben,  zu  der  für  partikeln,  dpi  etc.  ergänzend  Caravella's 
index  tritt.  Der  heutigen  Wissenschaft  ist  wenig  damit  gedient, 
und  professor  Geddes  muß  vorgehalten  werden,  daß  er  nicht 
in  diesem  sinne  bei  dem  Verfasser  eingewirkt  hat,  den  Delegates 
of  tbe  Clarendon  preß,  daß  sie  ihre  liberalität  auf  ein  werk  ver- 
wandten, dessen  Zweckmäßigkeit  sie  nicht  von  competenten  leuten 
feststellen  ließen.  K.  B. 

51.     Zur  litteratur  des  Lucilius  x).     I.  De  Lucili  saturarum 

1)  Da  eine  ursprünglich  für  den  »Philologischen  anzeiger«  be- 
stimmte besprechung  der  beiden  oben  verzeichneten  arbeiten  zu  lang 


292  51.  Lucilius.  Nr.  5. 

genere  dicendi.  Scripsit  Maxim  ilianus  Kleinschmit. 
Marpurgi  Cattorum.  In  aedibus  N.  G.  Elwerti.  1883.  VIII, 
135  p.     8.     2  mk.  80  pf. 

52.  II.  Studia  Luciliana.  Edidit  Fridericus  Marx. 
Bonnae,  Typis  Caroli  Georgi.      1882.      102  p.     8.      2  mk. 

I.  Die  dissertation  Kleinsehmit's,  eine  von  der  philosophi- 
schen facultät  zu  Marburg  gekrönte  preisaufgabe ,  behandelt  in 
drei  kapiteln  die  formenlehre,  syntax  und  rhetorik  des  Lucilius. 
—  Sie  zeugt  von  guter  Schulung,  richtiger  methode  und  ziem- 
licher belesenheit ,  so  daß  sie  denen ,  die  sich  mit  Lucilius  be- 
schäftigen, empfohlen  zu  werden  verdient.  Hauptsächlich  besteht 
ihr  verdienst  freilich  in  Zusammenstellung  und  gruppirung  des 
Stoffs ,  doch  mangelt  es  auch  nicht  an  tüchtigen  eigenen  bemer- 
kungen,  wie  z.  b.  Kleinschmit  zuerst  darauf  hinweist,  daß  die 
apocope  des  s  bei  Lucilius  (gleiches  gilt  auch  für  Lucrez)  vor- 
nehmlich im  5.  fuß  des  hexameters  ihren  platz  hat,  außerdem 
fast  nur  im  1.  resp.  2  (p.  5.  6).  Offenbar  ward  schon  zu  des 
Satirikers  zeiten  jene  abwerfung  der  sibila  unbequem  empfunden 
(seit  Catull  schwindet  sie  bekanntlich  ganz  aus  der  römischen 
poesie,  Lucrez  hat  sie  bereits  nur  selten),  und  deshalb  be- 
schränkte man  sie  auf  den  5.  fuß,  der  fast  ausnahmslos  dakty- 
lisch ist,  und  den  anfang  des  verses,  der  gleichfalls  den  daktylus 
vorzieht  und  auch  sonst  wegen  seiner  metrischen  und  rhythmi- 
schen besonderheiten  für  diese  licenz  besonders  geeignet  erscheint. 

Leider  stehen  den  vorhin  erwähnten  Vorzügen  der  arbeit 
Kleinschmits  eine  anzahl  mehr  oder  weniger  grober  irrungen 
und  fehler  gegenüber,  die  meist  leicht  vermieden  werden  konn- 
ten, wenn  er  seine  schrift  vor  beginn  des  druckes  noch  einmal 
gründlich  revidirt  hätte.  —  So  beruht  es  auf  mißverständniß, 
wenn  Kleinschmit  p.  6  meint,  Lucilius  habe  Mutiu1  und  publicanu' 
für  Mutium  und  publicanum  gesagt.  Dergleichen  findet  sich  nur 
in  inschriften.  —  P.  17  durften  beispiele  wie  verginis,  verosam, 
vellis   nicht    mit   nebenformen  wie  ni  für  ney  cuppedo  für  cupido, 

gerathen  ist ,  so  gebe  ich  an  dieser  stelle  nur  einen  auszug  jener  re- 
censionen.  Dieselbe  ist  als  besonderes  schriftchen  unter  dem  titel 
,, Luciliana"  bei  Calvary  u.  comp,  erschienen,  hauptsächlich  um  dem 
mißbrauch  zu  steuern,  der  von  mehreren  gelehrten  mit  Lachmanns 
namen  getrieben  wird,  da  er,  wie  die  dissertation  von  Marx,  einem  sonst 
zu  guten  hoffnungen  berechtigenden  anfänger,  zeigt,  bereits  für  die 
jugend  schädliche  fruchte  trägt. 


Nr.  5.  52.  Lucilius.  293 

derectus  für  directus  zusammengestellt  werden,  da  sie  bekanntlich 
aus  der  abneigung  des  latein  gegen  die  Verbindung  von  u  (v) 
und  i  hervorgegangen  sind.  —  Ebenso  irrig  wird  p.34  fami  in 
fami  plenum  als  ablativ  gefaßt  statt  als  genitiv,  wofür  es  auch 
Gellius  hielt.   —  So  ließe  sich  noch  verschiedenes  andere  rügen. 

Das  latein  Kleinschmits  ist  im  ganzen  correct ;  gröbere  feh- 
ler finden  sich  nur  vereinzelt.  Doch  erinnert  dasselbe,  wie  meist 
bei  Jüngern  philologen  —  auch  bei  Marx  —  allzusehr  an  das 
notenlatein.  Soviel  die  alten  grammatiker  sonst  zu  wünschen  übrig 
lassen  —  hinsichtlich  des  Stils  sollte  man  sie  thunlichst  nach- 
ahmen, wie  dies  z.  b.  kein  geringerer  als  Lachmann  im  Lucrez 
gethan.  —  Stärkere  d ruckfehler  endlich  sind  bei  Kleinschmit, 
wie  bei  Marx  selten. 

Wir  empfehlen  schließlich  nochmals  die  in  rede  stehende 
dissertation  den  freunden  des  Lucilius  :  nur  muß  sie  überall  mit 
vorsieht  benutzt  werden. 

II.  Die  arbeit  Marx's  zerfällt  in  folgende  abschnitte  :  Critica  et 
Hermeneutica ;  de  argumento  libri  I,  II,  XIII,  XIV;  Chronologie a ; 
de  dedicatione  librorum  ad  Stüonem  quae  falso  sumitur. 

Sie  zeigt  von  guter  belesenheit ,  zumal  in  griechischen  au- 
toren ,  auch  von  einem  schönen  talente ,  das  freilich  noch  sehr 
der  Schulung  und  reife  bedarf.  —  Wie  wenig  dem  Verfasser 
noch  klar  ist ,  was  eine  wissenschaftliche  bearbeitnng  von  frag- 
menten  bieten  muß,  zeigt  schon  der  umstand,  daß  er  von  einer 
„ausgäbe"  des  Lucilius  von  Lachmann  spricht  und  dieselbe  an 
erster  stelle  citiert !  —  Ebenso  zeugt  z.  b.  von  unreife  der  me- 
thode  die  argumentatio  ex  silentio;  infolge  deren  Marx  statuirt, 
p.  92,  daß  Lucilius  zwischen  den  jähren  126 — 119  keine  Sa- 
tiren verfaßt  habe  und  dies  auf  sehr  seltsame  weise  damit  mo- 
tivirt,  daß  er  während  dieser  zeit  mit  den  übrigen  socii  Latini 
nominis  in  folge  der  lex  Iunia  aus  der  Stadt  verbannt  gewesen 
sei.  Als  ob  er  nicht  trotzdem  und  grade  wegen  der  erlittenen 
kränkung  —  falls  er  nämlich  wirklich  nicht  römischer  bürger, 
sondern  socius  Latini  nominis  war  und  der  bruder  eines  römischen 
Senators,  der  freund  so  vieler  vornehmen  sich  diesem  gesetz  nicht 
entziehen  konnte  —  in  jenen  sieben  jähren  Satiren  hätte  schrei- 
ben und  publiciren  können !  —  Jeder  weiß  wie  äußerst  wenig 
sichere  Zeitbestimmungen  sich  in  dem  1.  und  2.  buche,  auf  de- 
ren vermeintlichen  inhalt  sich  Marx  stützt,  sowie  in  den  meisten 


294  52.  Lucilius.  Nr.  5. 

bruchstücken  des  Lucilius  finden.  Marx's  annähme  schwebt  also 
ganz  in  der  luft,  ebenso  wie  die  behauptung  p.  93,  daß  Luci- 
lius die  bücher  I — XXI  nach  der  chronologischen  reihenfolge 
geordnet  habe.  —  Man  sehe  cap.  I  der  „Quaestiones  Lucilianae" .  — 
Ebenso  ist  durchaus  unwahrscheinlich  die  ansieht  p.  71,  daß  der 
Nomentanus  nepos  von  Lucilius  nicht  erwähnt  sei,  wenn  ich  auch 
gern  zugebe,  daß  über  die  richtige  lesung  des  4.  fragments  im 
II.  buch  zweifei  bestehen  können.  Das  zeugniß  des  Porphyrio 
zu  Hör.  Sat.  I,  1 ,  102,  das  sich  schon  durch  fertur  als  wenig 
sicher  ankündigt,  kommt  gegen  die  übrigen  bei  dieser  frage  den 
ausschlag  gebenden  momente  nicht  in  betracht.  Man  sehe  mei- 
nen commentar  p.  296. 

Auch  gröbere  fehler  finden  sich  hier  und  da,  wenn  auch 
seltener  als  bei  Kleinschmit.  —  So  wird  p.  84  sit  verlängert 
bei  folgendem  vocal  und  umgekehrt  hoc  verkürzt  p.  6  flg.  — 
Zur  entschuldigung  dafür  heißt  es  ebendaselbst:  quam  audacter 
Lucilius  vocales  longas  corripuerit,  testatur  —  ,,ore  corrupto"  ado- 
nius.  Offenbar  hat  Marx  weder  meine  anmerkung  noch  auch 
nur  die  Worte  des  Consentius  ,  der  jenes  fragment  citirt ,  ange- 
sehen. —  Marx  hätte,  deshalb  wohl  die  dissertation  Kleinschmits 
etwas  minder  scharf  kritisiren  dürfen  als  er  neulich  in  den  Göt- 
tinger gelehrten  anzeigen  (1883,  p.  1246  flg.)  gethan,  da,  wer 
in  einem  glashause  sitzt,  nicht  mit  steinen  werfen  soll. 

Dagegen  ist  lesenswerth,  wenn  auch  nicht  überzeugend, 
was  Marx  über  die  angebliche  ursprüngliche  dreitheilung .  des 
corpus  der  Satiren  p.  86  flg.  sagt.  Nach  ihm  bestanden  buch 
I— XXI,  XXII— XXV,  XXVI— XXX  in  besonderen  ausgaben. 
Man  vergl.  auch  hier  cap.  I  der  „Quaestiones  Lucilianaeu.  Viel 
besprochen  sind  die  worte :  has  res  ad  te  scriptas  Lud  misimus 
Aeli,  die  der  Auct.  ad  Herenn.  IV,  12,  18  als  beispiel  einer 
inconcinna  verborum  traiectio  anführt  und  die  handschriften  dem 
Caelius  (resp.  Caecilius)  zuweisen,  während  die  gelehrten  sie  seit 
Cratander  dem  Lucilius  zuschreiben.  Marx  sucht  mit  unleug- 
barer gewandtheit,  unter  berufung  auf  Cic.  Or.  229,  darzuthun, 
daß  der  historiker  Caelius  gemeint  sei,  der  sein  werk  über  den 
zweiten  punischen  krieg  dem  L.  Aelius  Stilo  gewidmet  habe. 
Er  weist  auch  die  jenem  vers  vorausgehenden  worte  in  priore 
libro  dem  Caelius  zu ,  nicht  dem  rhetor.  Allein  jene  annähme 
ist  ebenso  unmöglich  aus  chronologischen    gründen  als  weil  sich 


Nr.   5,  53.  M.  Porcius  Cato.  295 

bei  solcher  lesart  ein  passender  sinn  nicht  gewinnen  läßt.  Man 
vergl.  die  trefflichen  ausführungen  W.  Sieglins  in  der  „Philolo- 
gischen Wochenschrift"  von  1883,  p.  1450  flg. 

Dagegen  finden  sich  auch  manche  lobwürdige,  wirklich  för- 
dernde bemerkungen  in  Marx's  arbeit.  So  z.  b.  stimmen  wir 
gern  bei,  wenn  er  in  dem  verse  (XXVII,  20): 

viginti  domi  an  triginta  an  centum  cibicidas  alas 
mit  Corpet  unter  cibicidas  parasiten  versteht  und  damit  aizoxov- 
nog  vergleicht.  Bemerkenswerth  ist  auch  was  pg.  56  anm.  über 
Inc.  114  concilio  antiquo  sapiens  vir  soln?  fuisti  beigebracht  ist, 
wo  vir  in  bezug  auf  einen  gott  durch  Lucians  urÖQzg  Oeoi  und 
die  bezeichnung  des  Ianus  bei  Seneca  apocolocynt.  c.  9  als  homo 
vafer  gerechtfertigt  wird ,  so  daß  die  vermuthung  van  Heusdes, 
daß  die  stelle  in  das  erste  buch  gehöre  ,  wo  sie  vor  oder  nach 
I,  7  einzuschalten  ist,  nun  nicht  mehr  beanstandet  werden  kann. 
—  Ebenso  verdient  beachtung,  was  über  die  geschichtlichen  be- 
züge  verschiedener  fragmente  angemerkt  ist,  wenn  auch  die  re- 
sultate  oft  zweifelhaft  bleiben.  —  Die  conjecturen  Marx's  sind 
meist  wenig  überzeugend,  mit  ausnähme  des  auf  p.  26  flg.  über 
XIX,  5 ;  4  gesagten. 

Wir  empfehlen  auch  diese  abhandlung  den  freunden  des 
Lucilius ,  aber ,  wie  die  von  Kleinschmit ,  zu  vorsichtigem  ge- 
brauch ,  um  so  mehr  als  der  apodictische ,  allzu  selbstbewußte 
ton  unaufmerksamen  lesern  leicht  imponirt. 

Schließlich  sprechen  wir  die  Überzeugung  aus,  daß  die  phi- 
lologische weit  noch  schönes  von  Marx  gewärtigen  darf,  wenn 
er  erst  den  geist  durch  kritische  bearbeitung  eines  vollständig 
erhaltenen  Schriftwerkes  der  klassischen  weit  gebildet  hat;  denn 
aus  der  behandlung  von  fragmenten  kann  ein  anfänger  nie  me- 
thode  lernen.  —  Außerdem  hüte  er  sich  vor  den  einflüssen  der- 
jenigen, die  es  im  vorliegenden  fall  verschuldet,  daß  er  über  die 
grundlagen  der  kritik  seines  autors  im  unklaren  blieb. 

Lucian  Müller. 

53.  M.  Porci  Catonis  de  agri  cultura  liber,  M.  Terenti 
Varronis  rerum  rusticarum  libri  tres  ex  recensione  H  e  n  r  i  c  i 
Keilii.  Vol.  I.  Fase.  I.  Lipsiae  in  aedibus  B.  G.  Teubneri. 
MDCCCLXXXII.     109  p.     8.     2  mk.  40  pf. 

54.  H.  Keilii  de    libris    manu    scriptis   Catonis    de  agri 


296  53.  M.  Porcins  Cato.  Nr.  5. 

cultura  disputatio.     (Index  schol.  in  univ.  Halensi  per  aestatem 
a.  MDCCCLXXXII  habendarum.)     XII  p.     4. 

Im  jähre  1880  fand  H.  Keils  große  Sammlung  der  lateini- 
schen grammatiker  ihren  abschluß ;  schon  1882  erschien  das 
erste  heft  der  ausgäbe  von  Catos  und  Varros  büchern  über  den 
landbau ,  welches  das  werk  de  agri  cultura  des  Cato  enthält. 
„Wie  viel  Catos  schrift  von  der  landwirthschaft  von  einer  me- 
thodischen durcharbeitung  noch  zu  erwarten  habe ,  wird  nie- 
mandem verborgen  geblieben  sein ,  der  mit  diesem  seit  Gesner 
und  Schneider  Saxo  wenig  gelesenen  ältesten  prosawerk  der  la- 
teinischen litteratur  auch  nur  kurze  bekanntschaft  gemacht  hat". 
So  schrieb  vor  fast  zwanzig  jähren  ein  kenner  wie  H.  Usener 
im  Rhein,  mus.  XIX,  141.  Wenn  über  eine  solche  nunmehr  vor- 
liegende durcharbeitung  in  diesem  anzeiger  erst  jetzt  berichtet 
wird,  so  trägt  nur  der  referent,  wie  er  bekennen  muß,  an  die- 
ser Verspätung  die  schuld.  Zu  spät  kommt  der  bericht  jedoch 
nicht,  denn  Keils  arbeit  ist  nicht  von  vorübergehendem  werthe. 
Ueber  alle  früheren  ausgaben  erhebt  sich  die  neue  durch  die 
zum  ersten  male  durchgeführte  reconstruction  des  archetypus. 
Wie  diese  herstellung  möglich  sei,  hat  Keil  in  den  1849  er- 
schienenen Observationes  criticae  nachgewiesen.  Als  der  gereifte 
forscher  nach  mehr  als  drei  decennien  zu  der  unterbrochenen 
bearbeitung  der  beiden  ältesten  Scriptores  rei  rusticae  zurück- 
kehrte, fand  er  die  damals  gelegte  grundlage  so  unerschüttert, 
daß  sich  darauf  sicher  weiter  bauen  ließ.  Eine  umfassende  ab- 
handlung  von  Keil  über  die  tradition  und  kritik  des  buches  de 
agvi  cultura  wird  erst  nach  der  herausgäbe  des  zweiten,  die  bü- 
cher  Varros  verum  vusticavum  enthaltenden  heftes  erscheinen.  Einst- 
weilen orientiert  uns  seine  oben  verzeichnete  Disputatio. 

Seitdem  in  Gesners  ausgäbe  die  von  Politian  aus  einem 
florentiner  Marcianus  mitgetheilten  lesarten  veröffentlicht  waren, 
ließ  sich  erkennen,  wenn  es  auch  nicht  allgemein  erkannt  wor- 
den ist,  daß  die  gesammte  Überlieferung  der  Catonischen  schrift 
auf  jenem  von  Politian  und  bald  auch  von  Victorius  benutzten, 
dann  verlorenen  codex  beruht.  Ein  sicheres  urtheil  über  die 
autorität  des  codex  und  über  die  Zuverlässigkeit  der  aus  dem- 
selben gemachten  angaben  ergibt  sich  aus  dem  vorhandenen  ex- 
emplar  der  editio  princeps ,  in  welches  Politian  seine  collation 
eingetragen  hat.     Keil  reproduciert    die  hier  niedergelegten  les- 


Nr.  5.  53.  M.  Porcius  Cato.  297 

arten  des  Marcianus  vollständig.  Wo  Politian  zur  editio  princeps 
nichts  angemerkt  hat,  ist  natürlich  Übereinstimmung  des  codex 
mit  dieser  anzunehmen  ;  da  aber  der  Schluß  ex  süentio  nicht  die 
gleiche  Sicherheit  bietet,  wie  Politians  Variantenangaben ,  so  hat 
Keil  genau  geschieden  und  die  ausdrücklichen  Zeugnisse  mit  P, 
die  nicht  berührten  lesarten  der  editio  princeps  (Venetiis  apud 
Nicolaum  Iensonum  1471)  mit  V  bezeichnet.  Zur  bestätigung  die- 
nen die  mit  Vict.  bezeichneten  lesarten  der  ausgäbe  von  Victorius 
(Lugduni  apud  Gryphium  1541),  welche  sich  in  den  vorhergegan- 
genen ausgaben  nicht  finden,  und  die  in  dessen  Explicationes 
(1542)  enthaltenen  angaben  über  den  auch  von  ihm  gewürdigten 
Marcianus,  welche  zumeist  in  ihrem  Wortlaut  von  Keil  mitge- 
theilt  werden.  Noch  wichtiger  für  die  beglaubigung  oder  auch 
berichtigung  der  zwar  im  allgemeinen  sorgfältigen,  aber  doch 
nicht  bis  in  alle  einzelheiten  genauen  collation  Politians  erwei- 
sen sich  die  erhaltenen  abschriften  des  verlorenen  Marcianus. 
Unter  diesen  steht  an  alter  und  Zuverlässigkeit  der  Parisinus 
6842  A  voran.  Dieser  von  Keil  mit  A  bezeichnete  codex,  der 
dem  12.  oder  13.  Jahrhundert  angehört,  wurde  schon  von  J.  F. 
Gronovius  verglichen  und  ist  in  Schneiders  anmerkungen  hie 
und  da  als  Gronovianus  erwähnt.  Neben  dem  Marcianus  hat 
sowohl  Politian  als  Victorius  einen  zweiten  codex  benutzt,  wel- 
chen Keil  in  dem  Laurentianus  30,  10  des  14.  Jahrhunderts 
wieder  erkannt  hat.  Von  den  übrigen  erhaltenen  handschriften 
geht  keine  über  das  15.  Jahrhundert  zurück;  sie  sind  alle  erst  ge- 
fertigt, nachdem  das  gemeinsame  original  in  die  bibliothek  des  Mar- 
cusklosters in  Florenz  gekommen,  einige,  nachdem  dasselbe  schon 
verstümmelt  war ;  alle  leiden  an  den  bekannten  fehlem  der  Itali 
jener  zeit ;  alle  tragen ,  seien  es  directe  oder  indirecte  copien, 
die  spuren ,  daß  ihre  vorläge  schwer  lesbar ,  vielfach  corrigiert, 
bisweilen  auch  mit  Varianten  ausgestattet  war.  Doch  haben  sie 
nicht  geringen  werth  in  fällen,  wo  die  angäbe  oder  das  schwei- 
gen Politians  mit  der  lesart  in  A  nicht  übereinstimmt  und  ein 
weiteres  kriterium  darüber,  was  im  archetypus  stand,  erwünscht 
sein  muß.  Drei  von  diesen  jüngeren  handschriften,  Laurentianus 
51,  1  (f)  und  51,  2  (b)  und  Caesenas  (c)  hat  Keil  ausgewählt 
und  deren  gemeinsame  (R)  oder  einzelne  Varianten ,  wenn  auch 
nicht  gleich  vollständig  wie  die  von  A,  mitgetheilt.  Daß  nicht 
auch    aus   dem    bereits    erwähnten   Laur.  30,  10,    der   doch  ein 


298  53.  M.  Porcius  Cato.  Nr.  5. 

höheres  alter  hat,  fortlaufende  angaben  gemacht  werden,  erklärt 
sich  aus  dessen  beschaffenheit.  Der  codex  ist  nach  Keils  andeu- 
tungen  höchst  nachlässig  und  fehlerhaft  geschrieben ;  und  er 
zeigt  so  willkürliche  änderungen  des  textes,  daß  man  auf  eine 
besondere  Überlieferung  schließen  möchte,  wenn  nicht  daneben 
untrügliche  kennzeichen  auf  die  abstammung  von  dem  gemein- 
samen archetypus  hinwiesen.  Uebrigens  werden  gegen  dreißig 
lesarten  aus  Laur.  30,10  angeführt;  neun  derselben  sind  in  den 
text  aufgenommen,  nämlich  10,  3  VIII  statt  N.  III;  19,  1  di- 
vidito  statt  divito;  19,2  conlibrato  statt  conlibato;  37,3  vitis  statt 
viti;  37,5  ficulnea  statt  des  vielleicht  nicht  verwerflichen  ficulna; 
38,  4  coctos  statt  coactos;  83  idinunumvas  statt  idinumvas;  117 
quomodo  statt  quem  oder  que\  122  capreidam  statt  cäpidam.  An 
den  übrigen  stellen  liegen  bisweilen  einfache  lesefehler  vor,  wie 
11,  5;  21,  5;  132,  2;  141,  2;  öfter  vielleicht  versuche,  die 
fehlerhafte  oder  nicht  verstandene  vorläge  zu  berichtigen ,  wie 
14,  2  zweimal  cellas  statt  seilas  und  telas;  14,  3  uti  verba  fiant 
statt  uba  uti  fiat  (d.  h.  üba  uti  fiat);  18,  9  coniungito  statt  corri- 
gito;  20,  2  tunicas  statt  cunicas;  22,  3  sumptui  statt  sumpti;  53 
comedant  statt  edunt;  68  scutellas  statt  scutulas;  156,  4  dormitum 
statt  deoritum ;  157,11  miseri  statt  des  räthselhaften  umseri.  Die 
lesarten  67,  2  neque  aV.  quid  olei  statt  neque  olei  und  wohl  auch 
50,  2  ef  ea  loca  statt  des  in  ea  loca  zu  ändernden  ei  loca  schei- 
nen auf  eine  im  original  angemerkte  Variante  zu  deuten,  wovon 
sonst  nichts  überliefert  ist.  Aber  genauer  anschluß  an  den  ar- 
chetypus zeigt  sich :  52,  2  in  scrobem  ponito  statt  des  notwen- 
digen in  scrobe  ponito;  57  congius ,  wo  congios  zu  schreiben  ist; 
vielleicht  157,  1  conmoetatque  statt  des  erwarteten  commutatque ; 
besonders  155,  1,  wo  vor  puras  aus  dem  in  der  rubrik  vorher- 
gegangenen depellere  fälschlich  pellere  wiederholt  ist.  Ausführ- 
lichere erörterungen  über  den  archetypus  dürfen  von  Keil  er- 
wartet werden;  inzwischen  entnehmen  wir  aus  dem  kritischen 
apparat  der  ausgäbe,  was  uns  eine  Vorstellung  von  jenem  zu 
geben  geeignet  ist. 

Den  alterthümlichen  charakter  von  Catos  Schreibart  hat  der 
archetypus  in  der  syntax  und  im  stile  gewahrt;  so  findet  man 
finalen  dativ ,  utor  mit  accusativ ,  Gyj]ixaja  xa&}  olov  xal  [iioo$, 
auch  xarä  avvsaiv ,  vorwiegen  der  asyndetischen  parataxe ,  um- 
ständliche   breite    und    wiederum    harte    ellipsen.     Aber  in  den 


Nr.  5.  53.  M.  Porcina  Cato.  299 

formen  ist  wenig  archaisches ;   es  fehlen  z.  b.  accusative  auf  eis, 
Superlative  auf  umus ,    infinitive    auf  ier.     Alte    verbalbildungen 
wie  praefamino,  prohibessis ,  servassis  begegnen  nur  in  bestimmten 
fcrmeln.     Andere   archaismen  erscheinen  meist  neben  den  später 
üblichen  formen ,    wie    auch    richtiges  und  irriges  im  archetypus 
neben   einander  stand,  z.  b.   18,  1   und  3   quadridis  und  quadrinis, 
25  falsch  illius  rei  und  2Q  richtig  Uli  rei.     Häufig  ist  im  anlaut 
die   aspiration :    harena,  harundo,   holus ;    im  inlaut  unterbleibt  sie 
oft :   conea,  orcites,  spaerita,  sulpur.      Gerne  wird  assimiliert :   coli., 
comm.,  comp.,  imm.,  imp.,  daneben  aber  auch  inl.  und  inr. ;  obmo- 
vere  neben  wiederholtem  ommovere,    wie  conicito    neben   häufigem 
coicito.     Der  archetypus  bot  libet  und  lubet ,    polenta  und  pulenta, 
medipontos  und  melipontos,  fidloniam  und  fullonicam ;  neben  plostrum 
ist  zweimal  plaustrum    bezeugt,    was  Keil    verwirft,    während    er 
einmal  olivetum  statt  des  regelmäßigen  oletum  aufgenommen  hat; 
neben  calidus ,  wie  wohl  auch  65,  2  zu  schreiben  ist,   begegnet 
caldus ,  aber  stets  calfacere  wie  arfacere,    inrigivus  neben  inriguus, 
zweimal  ficulnus ,  was  Keil  verschmäht,  neben  ficulneus,  statt  co- 
quas  häufig  cocas,  was  Keil  auch  nicht  zuläßt.     Der  Wechsel  von 
aliud  und  aliut,  uti  und  ut  u.  dgl.   bedarf  kaum  der  erwähnung. 
Neben  quot  ist  mindestens  fünfmal  quod    bezeugt ,    auch  aliquod, 
quodannis ,  ferner  adque ,  formen ,  denen  Keil  die  aufnähme  ver- 
sagt hat.     Ob  neben  dem    üblichen  dolium    das  zweimal  überlie- 
ferte doleum  zu  beachten  wäre ,   ist  zweifelhaft ,  obschon  die  en- 
dungen  eus  und  ius  oft  variieren.     Der  archetypus  variiert  auch 
in  donec  und  donicum,   deorsum  und  deosum,  schreibt  aber  stets  susum. 
Es  findet  sich  materia  und  materies,  qualus  (quasillus)   und  qualum, 
trapes  und  trapetus  und  trapetum,  canalis  als  masculin  und  feminin, 
das  neutrum  caseum,  die  nominative  daps,  lade,  vomeris,  der  ab- 
lativ  vaso  (vgl.  Gell.  NA.  XIII,  24,  1),  der  genet.   pluralis  culleum 
von  culleus,  der  &&t\v  pigneri  neben  pignori,  der  accusativ  febrim  ne- 
ben dem  ablativ  febre,  segete  und  segeti,  parte  und  parti,  der  ab- 
lativ  fini  als  feminin,   113,  2  mit  einem  genetiv,  28,2  (wie  eine 
Präposition)  mit  dem  ablativ    verbunden ,    ferner    boverum    neben 
boum,  der  ablativ  holeris  neben  holeribus,  der  genet.  singularis  fructi 
und  sumpti,    nach  Keils  herstellung  das  neutr.  pluralis  conpluria 
(vgl.  Gell.  V,   21,   6),    das    adverb  puriter  und  neben  raro  auch 
rarenter,  die   dative  illae ,  hae ,  unae ,  der  ablativ  eabus ,  in  feier- 
licher formel  der  genetiv  quoium,  häufig  das  adverbiale  qui.     In 


300  53.  M.  Porcius  Cato.  Nr.  5. 

den  conjugationsformen  zeigt  die  Überlieferung  regelmäßig  ter- 
gere,  lavere  (nur  74  lavato) ,  aber  glubebit  neben  glubito]  ferner 
siem,  sies  u.  s.  f.  neben  sim  u.  s.  f. ,  die  conjunctive  edis  und  edit 
neben  edant  (edint  f),  posueris  neben  posiveris ,  siveris  neben  siris, 
fac  neben  face,  persequito  und  utito  und  nascere  neben  den  depo- 
neutialen  formen ,  einmal  aucb  possitur.  In  Zusammensetzungen 
tritt  bald  lautwandel  ein,  wo  er  nicht  erwartet  wird,  wie  in  re- 
sicare,  deorire,  bald  unterbleibt  er  wie  in  decarpere. 

Die  inconsequenzen  des  archetypus  auszugleichen  hat  Keil 
in  der  regel  unterlassen,  und  nicht  mit  unrecht.  Zwar  wimmelt 
es  von  fehlem  in  jenem  für  uns  wiedergewonnenen  codex ;  er 
verändert  declinations-  und  conjugationsendungen,  genus  und  nu- 
merus ,  versetzt  und  vertauscht  buchstaben  und  silben ,  stellt 
worte  und  Wortverbindungen  um,  gibt  falsche  worttrennung,  ver- 
wandelt unverstandene  worte  in  unverständliche  (wie  40,  2  con- 
depsito  in  condeposito) ,  verwechselt  buchstaben  lind  zahlen  (wie 
57  cum  statt  Q.  VIII  überliefert  ist),  übergeht  zahlen  (beson- 
ders I)  und  verschiebt  sie,  läßt  auch  sonstige  Kicken  und  bringt 
wieder  ungehörige  zusätze,  namentlich  in  folge  von  dittographie. 
Aber  trotz  dieser  mängel,  zu  denen  noch  beschädigungen  kom- 
men, die  der  codex  schon  vor  der  abschrift  in  A  erlitten  haben 
muß,  läßt  er  klar  erkennen,  daß  Catos  buch  längst  tief  ein- 
schneidende änderungen  erfahren  hatte.  Aufhebuug  der  Un- 
gleichheit wäre  also  noch  keine  aunäherung  an  die  frühere  ge- 
stalt  desselben.  Denn  diese  änderungen  sind  offenbar  nicht  von 
einem  bearbeiter  und  nicht  nach  einem  plane  gemacht,  sondern 
durch  mannigfache  umstände  veranlaßt  und  zu  verschiedenen 
Zeiten  erfolgt ,  so  daß  der  versuch ,  die  ursprüngliche  fassung 
und  Ordnung  wiederherzustellen ,  aussichtslos  wäre.  Am  deut- 
lichsten ergibt  sich  dies,  um  nur  ein  moment  hervorzuheben,  aus 
der  betrachtung  und  vergleichung  der  doubletten.  Mag  auch 
das  buch  de  agri  cultura  nicht  frei  von  Wiederholungen  und  nicht 
tadellos  in  der  anordnung  gewesen  sein,  so  spricht  doch  die  an- 
zahl  und  das  verhältniß  der  doubletten  gegen  ihre  integrität  auf 
das  bestimmteste.  Man  vergleiche  über  die  behandlung  der  olea 
3,  3  f.  und  64,  2;  über  vilici  officio,  5  und  142;  über  das  fällen 
der  materies  17,  1  und  31,  2  (vgl.  37,  4);  verno  arare  incipito; 
ea  loca  primum  arato  sqq.  50,  2  und  131;  über  propagatio  po- 
morum  51   und  133;    die    drei    recepte    zu   vinum    ad  alvum  mo 


Nr.  5.  53.  M.   Porcins  Cato.  301 

vendam  114  und  115;  über  die  als  panacee  gepriesene  brassica 
156  und  157.  Der  eingang  und  die  ganze  fassung  des  cap.  157 
nimmt  keine  rücksicht  auf  156,  ebenso  erscheint  cap.  156  ohne 
bezug  auf  157;  und  doch  setzt  Keil,  der  dies  nicht  verkannt 
hat,  an  einer  stelle  bestimmte  beziehung  voraus,  indem  er  156,  1 
interpungiert :  {brassica)  mirifice  concoquit,  alvum  bonam  facit ,  lo- 
tiumqüe  ad  omnes  res  salubre  est.  Nun  ist  von  der  salubritas  lotii 
derjenigen,  welche  brassica  genommen  haben,  157,  10  f.  ausführ- 
lich die  rede,  und  durch  die  beziehung  hierauf  gewänne  der 
satz  passenden  sinn ;  da  diese  aber  bei  der  gegenseitigen  Un- 
abhängigkeit der  beiden  capitel  nicbt  anzunehmen  ist  und  da 
sich  eine  bezügliche  stelle  im  cap.  156  nicht  findet,  so  muß  der 
satz  unrichtig  sein.  Das  richtige  ergibt  sich  sofort ,  wenn  das 
komma  nicht  vor ,  sondern  hinter  lotiumque  gesetzt  wird.  Dem 
satze  alvum  bonam  facit  lotiumque  entspricht  das  folgende  genavi ; 
denn  §  7  handelt  von  der  guten  Wirkung  der  brassica  auf  das 
lotium.  Das  schlußsätzchen  unserer  stelle  lautet  dann  einfach : 
ad  omnes  res  salubre  est  (seil,  brassica).  An  dem  neutrum  ist 
kein  anstoß  zu  nehmen ,  vgl.  5,  7  id  (seil.  Scabies)  ex  fame  fieri 
solet;  und  an  dem  übertreibenden  gedanken  auch  nicht,  vgl. 
156,  1  brassica  est  quae  omnibus  holeribus  antistat.  Wie  in  die- 
sem falle,  so  wird  auch  sonst  die  emendation  durch  vergleichung 
der  doubletten  unterstützt.  Ein  beispiel:  unklar  ist  52,  1  in 
arboribus,  uti  radices  capiant,  calicem  pertundito :  per  fundum  aut  qua- 
lum  ramum,  quem  radicem  capere  voles,  traicito.  Nun  vergleiche 
man  133,  3  in  arboribus,  radices  uti  capiant,  calicem  pertusum  su- 
mito  tibi  aut  quasillum:  per  eum  ramulum  transserito.  So  ergibt 
sich  für  52,  1  calicem  'pertundito  aut  qualum:  per  eum  ramum  .  .  . 
traicito.  Vermuthlich  war  per  eum  über  aut  qualum  geschrieben 
und  gerieth  beim  abschreiben  fälschlich  vor  aut  qualum  in  den 
text.  Die  verderbniß  von  per  eum  in  per  fundum  geht  wohl  auf 
dittographie  der  ersten  silben  von  pertundito  zurück ;  natürlich 
liegt  wenigstens  einer  der  beiden  fehler  vor  unserem  archetypus. 
Zur  Voraussetzung  so  complicierter  verderbniß  zwingt  eben  die 
Überlieferung,  wie  sich  aus  Keils  ausgäbe  ersehen  läßt.  Und 
die  herstellung  des  einklangs  in  einem  punkte,  wo  die  übrigen 
ohnehin  übereinstimmen,  ist  natürlich  etwas  anderes,  als  die  ega- 
lisierung des  archetypus,  auf  welche  Keil,  wie  wir  bemerkten, 
mit  recht  verzichtet  hat. 

Philol.  Anz.  XIV.  21 


302  53.  M.  Poroms  Cato.  Nr.  5. 

Welche  von  den  drei  quellen  unserer  kenntniß  des  arche- 
typus darf  nun  als  die  reinste  gelten ,  die  Überlieferung  durch 
die  älteste  abschrift  A  oder  jene  durch  den  consensus  der  jünge- 
ren copien  R  oder  die  Zeugnisse  von  P  V  und  Vict.  ?  Man 
könnte  versucht  sein ,  aus  jener  ersten  quelle  am  liebsten  zu 
schöpfen.  Keil  hat  dies  nicht  gethan,  und  auch  hierin  müssen 
wir  ihm  beipflichten,  wenn  wir  die  beschaffenheit  von  A  erwägen. 
Die  handschrift  ist  weder  mit  hinreichendem  verständniß  noch 
mit  genügender  Sorgfalt  geschrieben.  Die  wiederholte  Verwechs- 
lung von  a  und  u  deutet  wohl  auf  offenes  a  im  archetypus.  Die 
häufige  vertauschung  anderer  buchstaben,  wie  sc  statt  s  und  um- 
gekehrt, nn  statt  mn,  11  statt  li,  qu  statt  c,  ngn  statt  gn,  das  re- 
gelmäßige e  statt  ae,  die  Unterlassung  der  aspiration  sind  wohl 
aus  der  wahrscheinlichen  provenienz  der  handschrift  zu  erklären. 
Oft  wird  ein  buchstabe  vorweggenommen  z.  b.  patrietem,  calnalis, 
sulculos,  umbaram,  posteremum,  temparato  u.  dgl.  Solche  und  an- 
dere kleine  versehen  werden  bisweilen  durch  untergesetzte  punkte 
oder  übergeschriebene  correcturen  sofort .  verbessert.  Werthlos 
sind  die  correcturen  einer  zweiten  hand ;  zwar  bieten  sie  oft  das* 
richtige,  wo  es  auf  der  hand  lag,  verschlimmern  aber  auch,  z.  b. 
5,  7,  wo  que  hinzugefügt  ist,  während  et  fehlt,  oder  33,  2  wo 
terenas  statt  teneras  geschrieben  war,  aber  in  terrenas  verwandelt 
wird.  Auslassungen  sind  nicht  selten,  werden  aber  zuweilen  er- 
gänzt ,  kleinere  zwischen  den  zeilen ,  größere  durch  nachtrage 
am  rande.  Besonders  oft  hat  die  Wiederkehr  eines  wortes  nach 
kurzem  Zwischenraum  das  abirren  des  Schreibers  von  einem  zum 
andern  veranlaßt;  z.  b.  29  wo  die  worte  postea  —  addito  nach 
addito,  37,  2  wo  permisceto  —  addito  nach  addito  ausgefallen 
sind,  vgl.  1,  6;  2,  6;  3,  4;  4;  5,  8  ;  6,  3  u.  s.  w.  Einzelne 
auslassungen  scheinen  jedoch  nicht  unbeabsichtigt  zu  sein,  z.  b. 
1,  6  vinea  est  prima,  vel  si  vino  multo  est  wird  in  A  vel  wegge- 
lassen und  dadurch  die  stelle  geglättet,  aber  die  spur  einer  aus 
Varro  r.  r.  I,  7,  9  zu  erschließenden  lücke  des  archetypus  ver- 
wischt. Man  sieht,  A  ist  nicht  verlässig  genug ,  um  über  P  ge- 
stellt zu  werden,  wenn  auch  E  hinter  A  zurücksteht. 

Mit  diesen  factoren  hat  Keil  bei  der  emendation  wie  bei 
der  recension  des  textes  gerechnet.  Aber  während  die  recen- 
sion  trotz  aller  Ungunst  der  Überlieferung  durchgeführt  werden 
kann  und  muß,  wird  die  emendation  gezwungen,  vor  erreichung 


Nr.   5.  53.  M.  Porcius  Cato.  303 

des  zieles  halt  zu  machen,  wenn  sie  nicht  auf  abwege  geratheu 
will.  So  begegnen  wir  dem  ominösen  kreuze  an  mindestens  fünf- 
zehn stellen.  Zwar  soll  die  gefahr  vom  kritiker  nicht  gescheut 
werden,  der  sich  lieber  verirren  als  auf  weiteres  vordringen  ver- 
zichten wird ,  wenn  er  allein  seine  wege  sucht.  Aber  ein  kri- 
tiker, der  als  herausgeber  für  viele  führer  sein  will,  darf  es  nicht 
riskiren,  in  die  irre  zu  leiten.  Dieser  pflicht  war  Keil  sich  be- 
wußt und  hat  das  vertrauen  derer,  die  ihm  folgen,  nie  mißbraucht. 
Aber  wenn  er  am  Schlüsse  des  erwähnten  programms  von  1882 
sagt :  „neque  enim  emendatam  lectionem  exhibere  volebam ,  sed  sub- 
latis  quidem  vitiis,  quibus  maxime  lectio  impedita  erat,  certum  emen- 
dationis  parare  fundamenturu",  so  ist  in  diesen  Worten  seine  lei- 
stung  doch  zu  bescheiden  geschätzt.  Schon  in  den  Observationes 
criticae  hat  manche  Schwierigkeit  befriedigende  lösung  gefunden ; 
natürlich  kommen  jene  emendationen ,  theilweise  mit  nachbesse- 
rungen  (z.  b.  3,  5;  4;  44;  109;  135,  2;  157,  8j,  der  ausgäbe 
zu  gute.  Eine  weitere  probe ,  mit  wie  sorgfältiger  und  umsich- 
tiger erwägung  der  Überlieferung,  des  gedankens  und  des  Sprach- 
gebrauches Keil  bei  der  emendierung  des  textes  zu  werke  ging, 
liegt  in  seinem  programm  zum  Hallischen  lectionskatalog  für  den 
sommer  1881  vor.  Indem  wir  uns  mit  dem  hinweise  auf  diese 
behandlung  des  7.  und  8.  capitels  begnügen,  greifen  wir  unter 
den  in  der  ausgäbe  stehenden  neuen  und  älteren  emendationen 
die  durch  klammern  bezeichneten  zusätze  und  die  in  cursivdruck 
ergänzten  Kicken  der  Überlieferung  heraus. 

3,  1  agrum  conserere  \studere\  oportet,  wo  studere  vielleicht 
das  folgende  cogitare  glossiert  hatte.  —  7,  4  aniciana  [e*l  semen- 
tiva  nach  Varro  RR.  I,  59,  3.  —  18,  4  [siet]  ist  aus  der  näch- 
sten zeile  vorweggenommen.  —  37,  4  lunaque  dimidiata  \tum\  ne 
tangas  nach  Plin.  NH.  XVI,  194.  —  75  similaginis  \solum\  aus 
76,  1  siligineae  L.  II  unde  solum  entnommen.  —  134,  1  C'ereri 
[porca  praecidanea]  porco  femina,  wo  in  der  vorhergehenden  zeile 
porcam  praecidaneam  steht.  —  141,  4  \esto  item\  dittographie.  — 
157,  4  \id\  was  vielleicht  bestimmt  war,  das  vorhergehende  si- 
quod  dem  zweimal  folgenden  siquid  entsprechend  zu  emendieren. 
—   157,   7   [wwwfo's]   vor  verum  morbum. 

1 ,  6  vinea  est  prima ,  <si  vino  bono>  vel  si  vino  multo  est 
nach  Varro  I,  7,  9  (s.  oben).  —  2,  5  ubi  <ea>  cognita  aequo 
animo  sunt.  —   3,   1   »e  vüla  fundum  quaerat  <neve  fundus  villam> 

21* 


304  54.  M.  Poroms  Cato.  Nr.  5. 

nach  Colum.  ER.  I,  4,  8  und  Plin.  XVIII,  32.  —  6,  3  <prius>  bi- 
palio  vortito  nach  Varro  I,  24,  4  und  Plin.  XVI,  173.  —  10, 
1  asinos  omatos  clitellarios  .  .  .  tris ,  asinum  <molarium>  I  nach 
Varro  I,  19,  3.  —  10,  2  dhenum  quod  capiat  Q.  V,  <operculum 
aheni> ,  nachdem  ahenum  quod  capiat  Q.  XXX,  operculum  aheni 
kurz  vorhergegangen.  —  21,  1  eam  (seil,  cupam)  mediam  pertun- 
dito,  uti  in  <eam>  columellam  indere  possis.  —  21,  2  tabulam  fer- 
ream,  <quam>  lata  cupa  media  erit,  wo  Dietze  quae  einfügen 
wollte.  —  24  in  eius  musti  culleum  aquae  marinäe  veteris  Q.  II 
<indito>.  —  53  quod  edant  <boves>  vor  bubus.  —  54,  2  <de> 
vicia  vel  de  lupino ,  item  de  ceterts  frugibus.  —  57  mense  quinto, 
sexto,  septimo,  oetavo  in  dies  sextarios,  id  est  in  mense  congios  quin- 
que :  nono ,  deeimo  ,  undeeimo ,  <duodecimo>  in  dies  heminas  ternas, 
id  est  <in  mense>  amphoram.  —  61,  1  Qui  oletum  saepissime  et 
altissi<me  miscebit,  is  tenuissi>mas  radices  exarabit  nach  Plin.  XVII, 
127.  —  81  Erneum  <sic  facito>,  wie  in  der  rubrik  steht.  — 
85  id  infundito  in  alveum  purum,  eo  <addito>  casei  recentis  P.  III. 
—  90,  1  Palumbum  recentem  <sic  farcito>,  wie  in  der  rubrik 
steht.  —  96,  1  aquam  <in  qua>  lupinus  deferverit.  —  104,  2 
oblinito  <post>  dies  X,  wo  post  vielleicht  wegfiel,  weil  es  in  der 
nächsten  linie  wiederkehrt.  —  114,  1  veratri  <atri>  radices,  wo 
augenscheinlich  haplographie  vorliegt.  —  135,  6  inter  miliarium 
et  labrum  P.  II  <et>  digitos  II.  —  151,  4  ita  <uti>  dictum  est 
fieri  oportet.  —  157,  3  quod  <aliud>  medicamentum  facere  non 
potest,  wie  §  5  überliefert  ist.  —  Die  13,  1  nach  molas  und 
nach  lucernas  ausgefallenen  zahlen  lassen  sich  nicht  sicher  er- 
gänzen, ebensowenig  die  lücke  135,  3.  —  Lückenhaft  ist  auch 
74  aquae  paulatim  addito.  Es  müßte  aquam  wie  87  oder  paulum 
wie  92  stehen;  aber  wahrscheinlich  ist  nach  aquae  die  angäbe 
des  maßes  ausgefallen,  vgl.   76,  1-,  158,  1. 

Zahlreiche  emendationen  theilt  Keil  im  kritischen  apparat 
mit,  indem  er  durch  beigefügtes  fortasse  die  fernhaltung  dersel- 
ben aus  dem  urkundlichen  texte  motiviert.  Wir  heben  auch  von 
diesen  einige  proben  hervor,  zunächst  die  ausfüllung  kleiner  Ki- 
cken, wie  sie  in  Catos  hausbuch  am  häufigsten  begegnen,  näm- 
lich die  ergänzung  der  in  den  reeepten  ausgefallenen  imperative, 
welche  gewisse  manipulationen  bezeichnen :  37,  5  et  vitis  <al- 
liga>  et  ligna  .  .  conpone.  84  farinae  selibram,  casei  P.  II  S  una 
conmisceto  quasi  libum,  <addito>  mellis  P*  und  ita  pone  cum  catillo 


Nr.  5.  54.  M.  Porcius  Cato.  305 

et  lingulas  <addito>.  S.  oben  zu  85.  87  eam  patinam  in  sole 
ponito,  <sinito>  arescat.  88 ,  2  eam  muriam  in  labella  vel  in  pa- 
tinas  <diffundito>,  in  sole  ponito.  127,  2  sextarium  origaniti  <ad- 
dito>,  dato  ieiuno.  156,  3  item  eximito ,  in  linteum  <indito>,  ex- 
urgeto  sucum.  Aehnlick  86  (triticum)  in  aulam  indat  et  aquam 
puram  <addat>  coquatque.  Andere  ergänzungen  schlägt  Keil  vor  : 
77  simplicibus  <tractis>  conpleto.  105,  2  contundito,  quod  <satis> 
siet,  sextarium  unum.  141,  1  sive  circumagi  <iubes>  sive  circum- 
ferenda  censeas.  145.  1  qui  placebunt  <domino>  aut  custodi,  wie 
Usener  empfahl,  dessen  vorschlage  zu  144  und  145  nicht  an- 
geführt sind.  —  157,  4  bis  <iri>  die  zweimal  wie  §  3.  —  75 
folia  <laurea>  subdito.  Eine  ähnliche  lücke  ist  wohl  auch  30 
auszufüllen:  ovibus  frondern  viridem,  usque  dum  habebis ,  praebeto, 
et  frondem  <aridam>  usque  ad  pabula  matura ,  wo  sich  die  über- 
gehung durch  das  unmittelbar  folgende  pabulum  aridum  leicht 
erklärt.  Zwischen  praebeto  und  et  ist  übrigens  der  satz  über- 
liefert :  ubi  sementim  facturus  eris ,  ibi  oves  delectato ,  den  wir  an 
das  ende  transponieren.  Die  gleiche  Störung  findet  sich  54,  1 
inde  semodios  singulis  bubus  in  dies  dari  oportet ,  et  si  non  labora- 
bunt,  pascantur  sathhs  erit,  aut  modium  vinaceorum ,  quos  in  dolium 
condideris.  Der  Vorschlag ,  [et]  si  —  erit  nachzustellen ,  ist  schon 
längst  gemacht ,  aber  von  Keil  nicht  gebilligt  worden.  Uns 
scheint  auch  1 ,  4  Verwirrung  zu  bestehen ;  setzen  wir  uti  —  siet 
hinter  caveto  —  contemnas,  so  ist  die  Ordnung  hergestellt.  An  den 
satz  qui  in  his  agris  praedia  vendiderint,  eos  pigeat  vendidisse  schließt 
sich  passend  der  gedanke  caveto  alienam  disciplinam  temere  con- 
temnas ;  und  die  worte  uti  bene  aedificatum  siet  sind  eine  ebenso 
passende  einleitung  zu  dem  satze  de  domino  bono  colono  bonoque 
aedificatore  melius  emetur. 

Transpositionen  empfiehlt  Keil  u.  a.  109  und  146,  3.  Dort 
ist  überliefert  de  ervo  farinam  facito  libras  IV  et  villi  cyathos  IV 
conspargito  sapa.  postea  facito  laterculos ;  Keil  möchte  conspargito 
sapa:  postea  unter  hinzufügung  von  addito  zwischen  et  und  vini 
setzen.  An  der  zweiten  stelle  soll  das  hinter  siquid  überlieferte 
et  vorantreten.  Auch  in  der  von  Keil  Observ.  p.  31  behan- 
delten stelle  1,  2  möchten  wir  die  Umstellung  des  vor  circumspi- 
cias  stehenden  et  vorschlagen,  so  daß  zu  lesen  wäre:  et  uti  eo 
introeas,  circumspicias,  et  uti  inde  exire  possis. 

Drei  dittographien  an  einer  stelle  hat  Keil  23,  1   angedeutet-, 


306  54.  M.  Porcius  Cato.  Nr.  5. 

demnach  muß  geschrieben  werden :  Fac  ad  vindemiam  quae  opus 
sunt  ut  parentur.  vasa  laventur,  corbulae  sarciantur,  [picentur\  dolia 
[quae  opus  sunt]  picentur.  quom  pluet,  quala  [parentur]  sarciantur. 
Noch  öfter  ist  in  Keils  apparat  auf  dittographien  hingewiesen. 
Wir  glauben  solche  zu  erkennen:  3,  5  funes  loreos  privos,  vectes 
senos ,  fibulas  duodenas ,  medipontos  privos  \loreos] ,  wo  funes  loreos 
seine  berechtigung  durch  den  gegensatz  zu  den  (im  folgenden 
satze  erwähnten)  funibus  sparteis  hat,  medipontos  aber  ohne  gegen- 
satz steht,  also  wohl  auch  wie  12  ohne  das  überflüssige  attribut 
stehen  sollte.  —  5,  2  erscheint  familiam  exerceat  nach  dem  vor- 
aufgehenden opere  bene  exerceat  (seil,  familiam)  als  störende  Wie- 
derholung. —  157,  4  et  siquid  contusum  est,  erumpet,  brassicam 
tritam  opponito,  sanum  faciet.  Man  vergleiche  den  folgenden  satz 
et  siquid  in  mammis  ulceris  natum  et  Carcinoma,  brassicam  tritam 
opponito,  sanum  faciet.  So  bestätigt  sich,  was  der  erste  emdruck 
ergibt,  daß  erumpet  stört  und  zu  tilgen  ist ;  vielleicht  wurde  das 
§  3  stehende  erumpit  unpassend  wiederholt.  Keil  Observ.  p.  31  sq. 
suchte  durch  kolon  nach  erumpet  die  Überlieferung  zu  schützen, 
hat  aber  diese  interpunetion  nicht  in  die  ausgäbe  aufgenommen. 
—  Auf  einen  anderen  störenden  zusatz  deutet  Keil  schon  in 
den  Observ.  p.  34  sq. ,  schweigt  aber  in  der  ausgäbe  darüber : 
8,  1  pratum  si  inrigivum  habebis,  si  non  erit  siecum,  ne  faenum  de- 
siet,  summittito.  Das  tautologische  si  non  erit  siecum  entstammt 
wohl  einer  marginalglosse  zu  9  si  aquam  habebis.  — ■  Ein  wei- 
teres glossem  braucht  hoffentlich  nur  bezeichnet  zu  werden: 
38,  4  hoc  signi  erit,  ubi  calx  coeta  erit,  summos  lapides  coctos  esse 
oportebit  [item  infimi  lapides  codi  cadeni\  et  flamma  minus  fu- 
mosa  exibit. 

Es  ist  bereits  bemerkt  worden,  daß  in  dem  buche  de  agri 
eultura  complicierte  emendationen  nicht  entbehrt  werden  können. 
Dahin  gehören  Keils  vorschlage  zu  7,  1 ;  21,  1 ;  144,  2  f. ;  145, 1 ; 
157,  8.  Doch  sind  seine  einfachen  änderungen  an  zahl  weit 
überwiegend:  es  würde  zu  weit  führen  sie  aufzuzählen.  Ver- 
suchen wir  lieber,  ein  paar  hinzuzufügen:  4  operas  faeilius  loca- 
lis; man  lese  opera,  wie  schon  vorgeschlagen  wurde,  vgl.  5,  7 
und  besonders  2,  2.  —  61,  2  radices  quam  plurimas  cum  terra 
ferre ,  man  lese  plurima  cum  terra,  vgl.  28,  1.  —  2,  2  ubi  ea 
cognovit  (seil,  pater  familias)  ,  rationem  inire  oportet  operarum ,  die- 
rum.  si  ei  opus  non  apparet  .  .  .,  ad  rationem  operum  operarumque 


Nr.  5.  55.  C.  Iulius  Caesar.  307 

vilicum  revoca.  Statt  des  ungefügen  revoca  ist  revocare  zu  lesen, 
das  von  dem  voraufgehenden  oportet  ebenso  abhängt,  wie  §  5 
curare  (wenn  hier  nicht  oportet  hinter  opera  sint  ausgefallen  ist). 
—  Wir  schließen,  wie  wir  begonnen,  mit  einem  worte  Useners: 
„Gewiß  wird  die  so  lange  sehnsüchtig  erwartete  ausgäbe  von 
H.  Keil  nicht  verfehlen  ia  die  lateinischen  forschungen  unserer 
tage  lebendig  einzugreifen". 

55.  Der  feldzug  Caesars  gegen  die  Helvetier.  Eine  kri- 
tische beleuchtung  mit  einer  vorausgehenden  abhandlung  über 
die  glaubwürdigkeit  der  commentarien  Caesars  zum  gallischen 
krieg.     Von  Hans  Kauchenstein.     Zürich  1882. 

Wenn  ausnahmsweise  das  sonst  allgemein  bewunderte  feld- 
herrngenie  Cäsars  und  das  nicht  selten  sogar  überschätzte  schrift- 
stellerische talent  des  Verfassers  der  commentarien  angegriffen 
oder  wenigstens  einer  neuen  und  scharfen  kritischen  Würdigung 
unterworfen  werden ,  so  hat  ein  versuch  dieser  art ,  wie  sehr  er 
auch  gegen  die  gewöhnliche  ansieht  ankämpfen  mag,  seine  volle 
berechtigung ,  vorausgesetzt ,  daß  er  vorurtheilsfrei  und  mit  den 
zulänglichen  kräften  unternommen  wird.  Leider  läßt  sich  das 
von  der  vorliegenden  dissertation  nicht  behaupten. 

Der  Verfasser  erklärt  in  der  einleitung  die  commentarien 
für  eine  tendenzschrift ,  von  dem  römischen  Staatsmann  einzig 
und  allein  darauf  berechnet ,  dem  großen  häufen  in  Rom  zu  ge- 
fallen, seine  eignen  kriegsthaten  und  seinen  rühm  glänzen  zu 
lassen  ,  durch  sie  seine  gegner  niederzudrücken  und  sich  selbst 
den  weg  zur  alleinherrschaft  zu  bahnen.  Daraus  schließt  er, 
sich  auf  Asinius  Pollio's  bekannte  von  Sueton  angeführte  bemer- 
kung  stützend,  ohne  weiteres,  daß  er  es  überhaupt  mit  der  Wahr- 
heit nicht  eben  genau  genommen  haben  könne.  Aber  welche 
geschichtschreibung  ist  nicht  in  der  einen  oder  der  andern  weise 
parteilich?  Von  Thucydides  und  Tacitus  bis  auf  Thiers  und 
Carlyle  haben  alle  historiker  eine  bestimmte  tendenz  gehabt  und 
mehr  oder  weniger  hervortreten  lassen :  die  geschichte  der  franzö- 
sischen revolution  nimmt  sich  in  der  darstellung  eines  französi- 
schen republikaners  wie  Michelet  oder  Louis  Blanc  anders  aus 
als  in  der  beurtheilung  eines  preußischen  monarchisten,  und  über 
die  reformation  Luthers  denken  die  protestantischen  pastoren 
anders  als  die  katholischen  priester,   und  schreiben  Menzel  und 


808  55.  C.  Iulius  Caesar.  Nr.    5. 

Marheineke  anders  als  Bossuet.  Man  erwartet ,  wenn  man  die 
commentarien  zur  band  nimmt,  von  dem  Römer  und  dem  Staats- 
mann gar  keine  objective  Würdigung  der  barbarischen  feinde  und 
ihrer  handlungsweise ,  mögen  sie  Gallier  oder  Germanen  sein, 
am  wenigsten  von  Cäsar,  dem  es  in  seiner  ehrgeizigen  engher- 
zigkeit  durchaus  an  hinreichender  hoheit  der  gesinnung  und 
große  des  Charakters  fehlte ,  um  seinen  gegnern  in  Worten  und 
thaten  gerechtigkeit  widerfahren  zu  lassen ,  und  der  in  echtrö- 
mischer weise  treulosigkeit  gegen  die  mit  ihm  krieg  führenden 
nicht  nur  zu  verüben,  sondern  auch  zu  beschönigen  verstand. 

Aber  von  da  bis  zur  betrügerischen  entstellung  der  ge- 
schichtlichen ereignisse  ist  doch  noch  ein  weiter  Zwischenraum. 
Der  Verfasser,  der  broschüre  Eichheims  „Die  kämpfe  der  Hel- 
vetier,  Sueben  und  Belgier  gegen  C.  Iulius  Cäsar,  Neuburg  a.  D. 
1866  (oder  München  bei  Finsterlin)  folgend  und  nur  ihre  aus- 
drücke, in  einem  einzigen  fall  allein  ihre  Schlüsse  mildernd,  be- 
schuldigt den  römischen  geschichtschreiber  ohne  weiteres ,  nicht 
etwa  seine  erfolge  vergrößert,  sondern  geradezu  erlogen  zu  haben. 
Das  nachzuweisen  nimmt  er  sich  den  Helvetierkrieg  vor. 

In  dem  advocatorischen  bestreben ,  Cäsar  der  Unwahrheit 
zu  überführen ,  begegnet  es  ihm  gleich  am  eingang ,  das  zu  be- 
gehen, was  er  dem  römischen  schriftsteiler  mehrfach  vorwirft,  näm- 
lich eine  wahre  thafsache  vel  consulto  vel  etiam  memoria  lapsus 
zu  verschweigen.  In  der  angäbe  der  motive,  welche  die  Helve- 
tier  zur  auswanderung  bewegen ,  findet  er  einen  offenbaren  Wi- 
derspruch zwischen  Cäsar  einerseits  und  Florus  und  Dio  Cassius 
andererseits.  Die  letzteren  sehen  den  grund  der  auswanderung 
in  der  Übervölkerung,  terris  non  sufficientibus  sagt  der  erstere 
III,  10*,  nhfösi  is  außä^ovzsg  nat  %G)Qav  ovx  avtagni]  zy  noXv- 
av&oconia  aycov  '^orteg  der  andere  XXXVIII,  31,2;  Cäsar  soll 
dagegen  die  auswanderung  nur  der  kriegslust  der  Helvetier  zu- 
schreiben ,  und  es  will  Rauchenstein  scheinen ,  als  wenn  jene 
hierbei  eine  andere  quelle ,  Florus  namentlich  den  Livius ,  vor 
äugen  gehabt  haben  könnten.  Nun  sagt  aber  Cäsar  bekannt- 
lich: pro  multitudine  autem  hominum  et  pro  gloria  belli 
atque  fortitudinis  angustos  se  fines  habere  arbitrabantur ;  und 
jeder  andere  als  der  Verfasser  der  dissertation  wird  wohl  über- 
zeugt sein,  daß  die  beiden  andern  schriftsteiler  diesen  satz  genau 
aus    den   commentarien   entlehnt    und  jeder   nur  in  seiner  weise 


Nr.  5.  55.  C.  lulius  Caesar.  309 

mit  etwas  andern  worten  ausgedrückt  hat;  jeder  wird  auch  die 
eben  angeführte  stelle  so  verstehen,  daß  die  Übervölkerung  den 
grund  der  auswanderung,  der  kriegsruhm  und  der  ruf  der  tapfer- 
keit  die  beste  gewährleistung  ihres  gelingens  für  den  großen 
häufen  des  volks  abgegeben  habe.  Für  den  großen  häufen  des 
volks  sage  ich  ausdrücklich,  denn  wenn  Ürgetorix  selbst,  um  sie 
dazu  zu  überreden,  für  sich  die  herrschaft  über  das  ganze  Gal- 
lien und  das  heereskönigthum  in's  äuge  gefaßt  hatte ,  so  fielen 
diese  seine  beweggründe  für  das  gros  der  bevölkerung  mit  der 
gegen  ihn  erhobenen  anklage  und  mit  seinem  tode  natürlich  fort. 

In  andern  fällen  beruht  der  Vorwurf  der  wakrheitswidrig- 
keit,  den  Eauchenstein  gegen  die  angaben  der  commentarien  er- 
hebt, auf  reinem  mißverständniß.  Wenn  Cäsar  berichtet,  trium 
mensum  molita  cibaria  sibi  quemque  domo  efferre  jubent,  so  rechnet 
der  Verfasser  der  abhandlung  diese  Weisung  auf  jeden  der  368000 
köpfe,  statt  auf  die  familienhäupter ;  er  nimmt  ferner  auf  jeden 
köpf  (also  auch  für  die  Säuglinge)  nicht  ganz  einen  centner  oder 
genauer  90  pfund  mehl  an,  und  bringt  so  (jedem  wagen  zehn 
centner  zutheilend)  eine  zahl  von  33000  wagen  heraus ,  die  im 
günstigsten  fall  eine  strecke  von  165  kilometern  oder  34  Weg- 
stunden eingenommen  haben  müßten".  Die  gegenrechnung  er- 
giebt,  auch  wenn  man  Cäsars  und  Rauchensteins  zahlen  zu  gründe 
legt,  höchstens  100000  familienväter  und  90000  centner-,  und 
wenn  die  hälfte  davon  von  den  trauen  ,  kindern  und  den  nicht 
mehr  die  waffen  führenden  älteren  leuten  getragen  wurden,  wie 
das  als  selbstverständlich  vorausgesetzt  werden  darf,  so  bleiben 
45000  centner,  4500  wagen  und  l1^  bis  2  deutsche  meilen  des 
wagenzuges ,  der  in  dieser  ausdehnung  sehr  wohl  von  den  be- 
waffneten gedeckt  werden  und  in  einigen  stunden  die  von  Cäsar 
I,  24,  26  erwähnte  Wagenburg  bilden  konnte.  Und  da  Plu- 
tarch ,  Appian  und  Orosius  für  die  ausgewanderten  andere  Zah- 
lenangaben machen,  müssen,  wie  oben  Florus  und  Dio  Cassius, 
diese  Schriftsteller,  weil  es  so  dem  Verfasser  für  seine  zwecke 
dienlich  erscheint,  den  commentarien  gegenüber  als  die  glaub- 
würdigeren geschieh tsquellen  ausgegeben  werden. 

Schlimmeres  jedoch  begegnet  Rauchenstein  bei  der  darstel- 
lung  des  Verlaufs  der  kriegerischen  Operationen.  Er  vergißt, 
daß  unsere  karten  nach  den  commentarien  entworfen  sind  ,  und 
will,  im  gegentheil,  nach  diesen  karten  die  commentarien  beur- 


310  55.  C.  Iulius  Caesar.  Nr.  5. 

theilen.  Da  der  name  Segusiavi  nur  auf  der  Westseite  der  Rhon^ 
und  der  Saone  angemerkt  steht,  läßt  er  Cäsar  unterhalb 
Lyon  über  den  ersteren  fluß  übersetzen,  wundert  sich,  daß  von 
seiner  rückkehr  auf  das  östliche  ufer  nicht  die  rede  ist  und  führt 
deshalb  auf  Labienus  allein  den  sieg  über  die  Tiguriner  zurück, 
den  Cäsar  demnach  in  bloßem  dunkel  sich  selbst  zugeschrieben 
habe.  Um  ähnlichen  mißdeutungen  angehender  doctoren  der 
philosophie  zuvorzukommen,  rathe  ich  den  kartenzeichnern,  wenn 
sie  die  namen  der  gallischen  Völkerschaften  in  lateinischer  form 
geben ,  die  endung  vi ,  geben  sie  die  namen  in  deutscher  form, 
die  endung  ver  in  die  ecke  zwischen  Rhone  und  Saone  (nord- 
östlich von  Lyon)  einzuklemmen.  Dann  sieht  jeder,  der  es  aus 
den  commentarien  nicht  herauszulesen  vermag,  daß  Cäsar,  nach 
seiner  hier  selbstverständlicher  weise  stattgefundenen  Vereinigung 
mit  Labienus,  oberhalb  Lyon,  an  einer  stelle,  wo  die  Rhone 
noch  von  osten  nach  westen  fließt,  hinübergegangen  ist,  mit  sei- 
nem unterfeldherrn  zusammen  die  Tiguriner  erreicht  und  vernichtet 
hat  und  dann  zur  Verfolgung  der  übrigen  Helvetier  über  die 
Saone  gesetzt  ist. 

Die  erzählung  von  dem  fehlschlagen  des  zwischen  Cäsar 
und  Labienus  verabredeten  plans,  die  Helvetier  zu  überfallen, 
ist  nach  Rauchenstein  und  Eichheim  ein  reiner  Schwindel,  nach 
dem  letzteren  einzig  und  allein  zu  dem  zweck  vorgebracht ,  um 
einen  braven  officier ,  der  ihm  lästig  war ,  moralisch  zu  gründe 
zu  richten.  Als  ob  der  proconsul  um  mittel  verlegen  gewesen 
sein  könnte ,  einen  ihm  unbequemen  untergebenen ,  wenn  er  es 
sonst  wollte,  aus  dem  heere  zu  beseitigen.  Rauchenstein  dagegen 
giebt,  da  die  darstellung  in  den  commentarien  ihm  nur  unter 
den  unsinnigsten  Voraussetzungen  glaubhaft  erscheinen  will,  seine 
eigne  erzählung  von  dem  wirklichen  Vorgang  zum  besten,  der 
freilich  das  beste,    nämlich  die    autorität  des  augenzeugen  fehlt. 

In  dem  bericht  über  die  schlacht  bei  Bibracte  bemängelt 
der  Verfasser  der  dissertation  die  aufstellung  der  beiden  neuen 
legionen  mit  dem  gepäck  und  den  unzuverlässigen  hülfstruppen 
auf  einem  berge  im  rücken  der  römischen  Schlachtordnung  und 
findet  es  mindestens  seltsam  und  für  die  disposition  eines  großen 
feldherrn  unerklärlich,  daß  er  sie,  bei  der  großen  gefahr  für  die 
legionen,  ganz  unthätig  hat  stehen  lassen.  Es  scheint  ihm  nicht 
bekannt,    daß  gerade    in  gefährlicher  läge  eine  reserve  und  ein 


Nr.  5.  55.  C.   Iulius  Caesar.  311 

gesicherter  rückzug  das  hauptaugenrnerk  eines  generals  sein  muß. 
Hoffentlich  wird  er  sich  nicht  als  docent  der  strategik  habilitiren, 
wenigstens  wird  er  nicht  erwarten  dürfen ,  Moltke  unter  seinen 
zuhörern  zu  sehen. 

Die  schlacht  selbst  ist  nach  ihm  für  Cäsar  wenig  günstig 
ausgefallen,  die  eroberung  der  wagenburg  eine  „muthmaßliche 
fiction",  das  verschwinden  der  helvetischen  hauptmacht  vom 
Schauplatz  unerklärlich ,  und  das  dreitägige  ungenügend  moti- 
virte  verweilen  der  Römer  auf  dem  schlachtfelde  ein  beweis, 
daß  die  schlacht  einen  andern  als  den  von  Cäsar  angegebenen 
verlauf  gehabt  hat.  Wäre  das  der  fall  gewesen,  würden  die 
Helvetier  sicherlich  den  versuch  gemacht  haben,  den  einmal  ge- 
faßten plan  einer  ansiedelung  in  Gallien  weiter  fortzuführen. 
Außer  dem  söhn  und  der  tochter  des  Orgetorix,  meint  der  Ver- 
fasser ,  wurden  keine  gefangene  gemacht.  Als  ob  die  namhaft- 
machung  zweier  bedeutender  gefangener  die  gefangennehmuug 
anderer  von  geringer  oder  gar  keiner  bedeutung  ausschlösse. 

Auch  in  der  schlacht  gegen  Ariovist  begreift  Rauchenstein 
nicht,  warum  nothwendiger  weise  (necessario)  bei  dem  anmarsch 
der  Römer  Ariovist  aus  seinem  lager  ausgerückt  ist  und  das- 
selbe nicht  vielmehr  vertheidigt  hat  5  er  sieht  auch  nicht  ein, 
wie  Cäsar  ihm  hat  zeit  lassen  können,  seine  truppen  in  Schlacht- 
ordnung zu  stellen.  Er  übersieht  aber  dabei  ganz,  daß  es  sich 
bei  den  barbaren,  wie  das  beispiel  der  Helvetier  ihm  hätte  zei- 
gen können  und  wie  auch  aus  I,  51,  3  hervorgeht,  um  eine 
schwer  zu  vertheidigende  wagenburg  gehandelt  hat-,  er  übersieht 
ferner,  daß  aus  einer  solchen  das  ausrücken  sehr  viel  schneller 
bewerkstelligt  werden  kann  als  aus  dem  engen  thor  eines  ver- 
schanzten lagers ,  endlich,  daß  er,  in  seinem  lagerplatz  stehen 
bleibend,  sich  einer  umwallung  aussetzte ,  wie  ihm  die  in  seiner 
Umgebung  befindlichen  mit  den  römischen  Verhältnissen  wohl 
vertrauten  leute  unfehlbar  werden  gesagt  haben. 

Alle  diese  angeblichen  resultate  hat  übrigens  der  Verfasser 
der  dissertation  —  mit  wenigen  zuthaten  seinerseits,  wozu  seine 
einleitung  über  die  glaubwürdigkeit  der  commentarien  gehört  — 
aus  dem  oben  angeführten  buch  von  Eichheim  entnommen.  Dieser 
geht  in  seinen  beschuldigungen  gegen  Cäsar  noch  viel  weiter; 
ihm  ist  es  kein  zweifei ,  daß  der  römische  feldherr  Orgetorix 
hat  umbringen  lassen,    und  seine  ganze  erzählung  von  der  aus- 


312  55.  C.  IulJus  Caesar.  Nr.  5. 

Wanderung  der  Helvetier  erscheint  ihm  lediglich  wie  eine  „fata 
morgana".  Seine  einwendungen  rühren  größtenteils  nur  davon 
her,  daß  er  sich  nicht  bemüht  hat,  den  Schriftsteller  hinreichend 
zu  verstehen. 

Ich  würde  bei  der  besprechung  der  dissertation  Eauchen- 
steins  nicht  so  lange  verweilt  haben,  wenn  ich  nicht  dabei  ver- 
anlassung gehabt  hätte ,  einige  punkte ,  für  welche  sich  nicht 
leicht  anderwärts  gelegenheit  findet ,  und  welche  in  den  erklä- 
renden ausgaben  nicht  berücksichtigt  sind,  zu  erörtern. 

Die  beiden  broschüren,  Eichheims  sowohl  wie  Eauchensteins, 
gehen  aus  dem  bestreben  hervor,  der  tapferkeit  unserer  vorfahren 
gegen  die  darstellung  Cäsars  zu  ihrem  anerkenntniß  zu  verhelfen. 
Die  Schriften  sind  demnach  gleichfalls  tendenziös ,  wie  es  von 
ihren  Verfassern  den  commentarien  vorgeworfen  wird.  Die  ge- 
rechtigkeit ,  welche  sie  in  des  Römers  berichten  vermissen ,  lei- 
sten sie  selbst  auch  nicht.  Sie  werden  darum  wenige  gläubige 
finden.  Am  schlimmsten  sieht  es  für  ihre  beweisführung  darin 
aus,  daß  sie  auch  das  feldherrntalent  Cäsars,  welches  sich  durch 
seine  erfolge  so  unzweifelhaft  herausgestellt  hat ,  zu  leugnen 
suchen.  Ein  gewinn  für  die  Wissenschaft  ist  aus  beiden  abhand- 
lungen  nicht  erwachsen.  Und  wenn  ich  zu  diesem  urtheil  komme, 
geschieht  es  keineswegs  deshalb,  weil  ich  eine  stets  erneute  Un- 
tersuchung der  kriegführung  und  der  schriftstellerischen  leistun- 
gen  des  römischen  feldherrn  für  überflüssig  hielte  oder  gar  ab- 
wehren möchte.  Ganz  im  gegentheil  glaube  ich,  daß  sie  gegen- 
über der  blinden  Verehrung  Cäsars  und  des  cäsarismus,  welche 
in  unsrer  zeit  um  sich  gegriffen  hat,  sehr  angebracht  ist.  Aber 
wie  eine  gerechte  beurtheilung  die  mitte  einzuhalten  hat  zwi- 
schen abgöttischer  hochschätzung  einerseits  und  ungerechtfertigter 
Verkleinerung  andererseits ,  muß  eine  gründliche  prüfung  auch 
gleich  entfernt  bleiben  von  der  Voreingenommenheit,  die  alles  in 
den  commentarien  für  schließlich  ausgemacht  und  zweifellos  hält, 
und  der  meinung,  die  nichts  für  richtig  und  sicher  ansehen  will. 

H.  J.  Heller. 

56.  Franc.  Seck,  de  Pompei  Trogi  sermone.  Constan- 
tiae,  pars  prior  1881,  pars  altera  1882.      4. 

In  zwei  programmabhandlungen  bietet  uns  verf.  eine  ein- 
gehende   Untersuchung    über     den    Sprachgebrauch    des    Trogus 


Nr.  5.  56.  Pompeius  Trogus.  313 

Pompeius.  Das  eigentümliche  und  erschwerende  auf  diesem 
gebiete  der  forschung  Hegt  namentlich  in  der  festsetzung  dessen, 
was  mit  —  wenigstens  annähernder  —  Sicherheit  dem  Trogus 
als  sprachliches  eigenthum  zuzusprechen  ist.  Mit  recht  giebt 
daher  verf.  nach  einer  allgemein  gehaltenen  einleitung  zunächst 
eine  Übersicht  der  in  betracht  kommenden  fragmente :  es  sind 
außer  der  anspräche  des  Mithridates  an  seine  Soldaten ,  die  lu- 
stin XXXVIII,  4 —  7,  seiner  eigenen  angäbe  nach  wörtlich  sei- 
ner vorläge  entlehnt  hat,  nur  sechs,  theilweiöe  minimalsten  um- 
fanges.  Verf.  hat  sich  aber  darauf  nicht  beschränkt.  Mit  lustin 
übereinstimmende  stellen  zeigen  nämlich,  daß  auch  Curtius  Eufus, 
Velleius  Paterculus,  Valerius  Maximus,  Frontin  (vielleicht  sogar 
Ampelius  und  Macrobius)  aus  Trogus  geschöpft  haben.  Auch 
darin  ist  dem  verf.  zuzustimmen ,  daß  er  im  allgemeinen  einen 
ziemlich  engen  anschluß  des  epitomators  an  seine  vorläge  an- 
nimmt. Dem  hatte  freilich  E  n  m  a  n  n  ,  Untersuchung  über  die 
quellen  des  Pompeius  Trogus  für  die  griechische  und  sicilische 
geschichte ,  Dorpat  1880,  widersprochen.  So  sprach  er  sich  p. 
186  zu  lustin.  XXII,  4  ff .  (einfall  des  Agathokles  nach  Afrika) 
dahin  aus,  daß  lustin  sich  nicht  damit  begnügt  habe,  den  Trogus 
auszuziehn ,  sondern  ihn  wenigstens  rhetorisch  zu  erweitern  : 
„diese  ganze  tirade  mit  ihren  antithesen  ist  für  eine  eigene  kleine 
rhetorische  leistung  lustins  zu  halten".  Es  läßt  sich  aber  ge- 
rade an  dieser  stelle  durch  vergleichung  mit  Valerius  Maxinms 
VII,  4,  ext.  1  auf  das  schlagendste  nachweisen,  daß  wir  es  kei- 
neswegs mit  einer  eigenen  rhetorischen  leistung  des  lustin,  son- 
dern lediglich  mit  seiner  quelle  zu  thun  haben ,  der  auch  Vale- 
rius seine  darstellung  mitsammt  den  antithesen  und  der  ganzen 
rhetorischen  ausschmückung  entnahm.  Daß  lustin  ausdrücke, 
die  seiner  zeit  geläufig  waren,  angewandt  hat,  wird  darum  noch 
niemand  bestreiten;  hin  und  wieder  stoßen  wir  in. der  that  auf 
Wendungen  und  Verbindungen,  die  stark  an  die  spräche  des  Apu- 
leius  erinnern,  vgl.  übrigens  progr.   II,   11   u.   ö. 

Das  durch  derartige  vergleichende  Untersuchung  gewonnene 
material  konnte  und  mußte  also  mit  herangezogen  werden ,  und 
das  hat  Seck  mit  der  dabei  nöthigen  vorsieht  gethan. 

Der  rest  der  ersten  abhandlung  und  der  anfang  der  zweiten 
geben  die  formenlehre,  der  übrige  theil  die  syntax.  Die  formen- 
lehre  wird  in  zwei  abschnitten   behandelt:    quaestiones    ad  formas 


314  56.  Pompeius  Trogus.  Nr.   5. 

et  verborum  usum  pertinentes ,  I,  8 — Schluß,  und  de  verborum  for- 
matione,  11,1  —  6.  Dankenswerth  ist  namentlich  bei  besprechung 
der  fremden  eigennamen  die  angäbe,  wie  Curtius  Rufus  die  en- 
dungen  giebt,  griechisch  oder  lateinisch-,  stellenweise  sind  auch 
andere  römische  schriftsteiler ,  wie  Cicero ,  Cornelius  Nepos  etc. 
herangezogen. 

Dem  zweiten  programme  ist  namentlich  der  umstand  zu 
gute  gekommen ,  daß  verf.  die  im  letzten  decennium  erschiene- 
nen einschlägigen  schritten  über  das  Vulgärlatein  und  den  Sprach- 
gebrauch mehrerer  ciceronianischer  Schriften  eingesehen  hat.  Unter 
dem  titel  „de  verborum  formatione"  giebt  verf.  verschiedene  nach- 
trage und  ergänzungen  zur  formenlehre,  um  sich  dann  zur  syntax 
zu  wenden,  die  er  in  zwei  hauptabschnitten  „syntaxis  convenientiae" 
und  „de  casibus"  zu  besprechen  anfängt.  Da  die  zweite  aufläge 
von  Draegers  historischer  syntax  wesentlich  vermehrt  ist,  hätte 
deren  Seitenzahl  citirt  werden  sollen.  Vielleicht  würde  es  sich 
empfehlen,  für  das  genannte  werk  die  Zählung  nach  paragraphen 
durch zuf üb ren,  da  diese  in  beiden  auflagen  im  wesentlichen  die- 
selben geblieben  sind. 

Da  dem  verf.  räum  und  zeit  fehlt,  den  rest  der  syntax  zu 
behandeln,  gibt  er  als  anhang  eine  Zusammenstellung  über  ei- 
genthümlichkeiten  im  gebrauch  coordinierender  und  subordinie- 
render conjunktionen  und  die  sogenannten  rhetorischen  figuren. 
In  letzterer  rubrik  dürfte  wohl  als  abundantia  vel  pleonasmus  das 
verschiedentlich  bei  lustin  vorkommende  securus  et  laetus  (z.  b. 
XIII,  2,  1,  XLII,  4,  8)  zu  verzeichnen  sein,  zumal  es  höchst 
wahrscheinlich  ein  ausdruck  des  Trogus  selbst  ist,  wie  sich  wohl 
aus  der  vergleichung  von  Curt.  III,  6,  11:  non  securum  modo 
haec  vox ,  sed  etiam  laetum  regem  .  .  .  fecit  mit  lustin  XI,  8,  9  : 
ut  securum  conspexit,  laetior  factus  est  ergiebt. 

Die  sorgfältige  Untersuchung  bestätigt  auch  im  einzelnen 
die  bekannte  thatsache ,  daß  Trogus  sich  hauptsächlich  an  Sal- 
lust  und  Livius  angelehnt  hat.  Wenn  seine  spräche  auch  weniger 
rhetorisch  gefärbt  war,  als  die  des  Livius,  so  ist  doch  an  verschiede- 
nen stellen,  wie  Seck  feststellt,  die  wähl  der  betreffenden  Wendung 
aus  dem  streben  nach  variierung  des  ausdruckes  hervorgegangen. 

Hoffentlich  läßt  nun  der  Schluß  der  Untersuchung  nicht  mehr 
allzu  lange  auf  sich  warten.     Zu  wünschen  wäre  freilich,  daß  end 
lieh  ein  gesicherter  text  zu  gründe  gelegt  werden  könnte.        H.  C. 


Nr.  5.  57.  M.  Tnllius  Cicero.  315 

57.  Die  correspondenz  Cicero's  in  den  jähren  44  und  43. 
Von  Edmund  Ruete.  Straßburger  inaugural  -  dissertation. 
Marburg,  N.  Gr.  Elwert'sche  Verlagsbuchhandlung  1883.  122  p. 
8.     2  mk.  40  pf. 

58.  Die  briefe  Cicero's  an  Brutus.  In  bezug  auf  ihre 
echtheit  geprüft  von  Ludwig  Gurlitt.  Philologus.  Suppl.- 
bd.  IV.     Heft  5.     p.  553  —  630. 

59.  Zu  Cicero's  briefwechsel  mit  M.  Brutus.  Von  0.  E. 
Schmidt.     Neue  Jahrb.    f.    phil.   127—128,  8.     p.  559—567. 

Ruete's  arbeit  zerfällt  in  zwei  kapitel.  Das  erste  enthält 
nach  einer  einleitung  (p.  1  —  6),  welche  die  hauptdaten  aus  Ci- 
cero's beiden  letzten  lebensjahren  in  ihrer  bedeutung  für  die 
Zeitgeschichte  heraushebt,  regesten  über  die  gesammte  corre- 
spondenz  seit  Caesars  tode.  In  dieselben  sind  auch  diejenigen 
fragmente  aufgenommen ,  welche  eine  datierung  zulassen ,  sowie 
wichtigere  thatsachen ,  deren  Chronologie  in  den  anmerkungen 
oder  im  2.  theil  festgestellt  ist.  Im  zweiten  kapitel  (p.  58 — 120) 
ist  die  alte  controverse  über  die  echtheit  des  briefwechsels  zwi- 
schen Cicero  und  M.  Brutus  geprüft  und  —  „wie  ich  hoffe", 
setzt  der  verf.  vertrauensselig  hinzu  —  „endgültig  erledigt". 
Ein  anhang  (p.  121  — 122)  über  die  entfernung,  welche  ein  brief- 
bote  zu  Cicero's  zeit  durchschnittlich  an  einem  tage  zurücklegte, 
beschließt  das  buch. 

Die  regesten  des  1.  kapitels,  ein  tabellarisches  Verzeich- 
nis, in  dem  zeile  für  zeile  kurz  und  präcise  die  briefe  und  fakta 
vom  15.  märz  44  bis  mitte  august  43  datiert  und  angesetzt 
sind  (p.  7 — 16),  und  die  zu  den  regesten  gehörigen  anmerkun- 
gen —  137  an  der  zahl  — ,  in  denen  die  begründung  für  den 
jedesmaligen  ansatz  versucht  wird  (p.  16 — 57),  sichern  der  dis- 
sertation ihren  werth :  nicht  als  ob  die  datierungen  alle  über 
allen  zweifei  erhaben  wären,  aber  hier  ist  das  fundament  gelegt, 
auf  dem  eine  neue  forschung  weiter  bauen  kann  *).  Von  vor 
theil  wäre  es  jedenfalls  gewesen,  wenn  Ruete  sich  sein  gebiet 
etwas  enger  abgesteckt;  mich  will  es  bedünken,  als  ob  die  sache 
etwas  überhastet  wäre,  um  möglichst  viel  material  zu  bewältigen : 
historisch-kritische  ausweitung  und  sicherstellung  wäre  an  man- 
cher stelle  nicht  nur    erwünscht ,    sondern    nothwendig    gewesen. 

1)  Die  durch  Berechnung  gefundenen  daten  sind  mit  einem  stern 
versehen. 


316  57.  M.  Tiillius  Cicero.  Nr.   5. 

So  stocke  ich  gleich  bei  der  dritten  zeile  des  ersten  kapitels  p.  7: 
*21 — 26.  märz  [  Ep.  XI,  1.  D.  Brutus  Bruto  et  Cassio.  *Rom. 
Während  0.  E.  Schmidt  (quaestiones  chronologicae)  p.  15  nicht 
über  den  5.  april  zurückgegangen  ist  und  Brutus  und  Cassius 
außerhalb  Rom  vermuthet ,  behauptet  Ruete ,  der  brief  setze  sie 
als  noch  in  der  hauptstadt  befindlich  voraus.  Das  gehe  deut- 
lich aus  §  1  hervor  „neque  arbitrari  tuto  in  urbe  esse  quemquam 
nostrum"  sowie  aus  Ad  Att.  XIV,  5,  2  „parietibus  contineri". 
Aber  warum  soll  denn  die  sprachliche  form  §  1  die  annähme 
hindern,  daß  zwei  verschworene  bereits  Rom  verlassen?  Und 
warum  darf  „parietibus  contineri11  nicht  mit  Schmidt  „in  suburbano 
quodam  vel  in  municipio  finitimo"  gedacht  werden?  Ferner  muß 
denn  der  brief  wegen  §  4  hoc  nuntio  de  Caesare  adlatou  unbe- 
dingt auf  die  zeit  unmittelbar  nach  dem  leichenbegängnis  be- 
zogen werden?  So  konnte  Dec.  Brutus  am  5.  april  auch  schrei- 
ben, wenn  den  betreffenden  die  nachricht  schon  verschiedene 
tage  vorher  zuging.  Kurz  ich  bleibe  bei  Schmidts  ansatz  ste- 
hen. —  Die  datierung  der  briefe  von  mai  bis  zu  december  macht 
keine  für  die  tagesgeschichte  wesentlichen  Schwierigkeiten :  dank 
der  briefe  Ad  Att.  sind  wir  über  diese  zeit  hinreichend  orien- 
tiert, so  daß  kleinere  differenzen  in  den  ansätzen  ohne  gewicht 
sind.  Dagegen  muß  mit  Gurlitt  (Philol.  rundschau ,  3.  jahrg. 
no.  23,  p.  713 — 720)  energisch  widersprach  erhoben  werden 
gegen  die  datierung  fast  aller  briefe  aus  dem  december.  Beson- 
ders verhängnisvoll  war  es  für  Ruete,  daß  er  XI,  7  vor  XI,  6 
annahm  und  in  den  anfang  december  setzte.  Nicht  nur,  daß  er 
dadurch  mit  der  handschriftlichen  Überlieferung  in  conflikt  ge- 
rieth:  eine  ganze  reihe  unwahrscheinlicher  berechnungen ,  ja 
sachwidriger  Interpretationen  wird  dadurch  veranlaßt.  Man  lese 
dies  des  näheren  bei  Gurlitt  nach  ;  nur  über  Ep.  X,  4,  4  noch 
ein  wort :  „sum  in  exspectatione  omnium  rerum ,  quid  in  Gällia  ci- 
teriore,  quid  in  urbe  rnense  lanuario  geratur  ut  sciam"  ist  sicher- 
lich mit  Weiske  zu  erklären,  als  ob  es  hieße :  „si  quid  ergo  Ro- 
mae  novi,  fac  ut  sciam".  Ist  diese  interpretation  aber  richtig,  so 
folgt  unmittelbar,  daß  der  brief  in  die  letzten  decembertage  zu 
verlegen  ist.  Ich  kann  wirklich  Ruete  nicht  zugeben ,  daß  die 
sehnsüchtige  erwartung  des  Plancus  und  die  halb  ausgespro- 
chene bitte,  ihn  sofort  über  den  mensis  Ianuarius  ins  klare  zu 
setzen,    ebenso    sehr  einen  sinn  hätten,  wenn  wir  uns  den  brief 


Nr.  5.  57.  M.  Tullius  Cicero.  317 

etwa  ende  november,  wie  wenn  wir  ihn  uns  ende  dezember  ge- 
schrieben denken.     Ruete    wurde    auf    diese    frühere   zeit  durch 
Cicero's  antwort,  Ep.  X,  5,  geführt,    einen  brief,    den  er  nicht 
mit  Nake  in  den  februar  43,  sondern  noch  in  die  mitte  decem- 
ber  44  setzen  möchte,  weil  in  diesem  brief  die  senatssitzung  vom 
20.  december,    der  er  sich  sonst  gegen   jedermann  rühmt,    ver- 
schwiegen wird.     Aber  mit  einem    solchen  argumentum  ex  silentio 
muß  man  sehr  vorsichtig  sein,    weil    man   nur    selten  im  stände 
ist  die  gründe  dafür  zu  eruieren.     Eine  lange  reihe  von  beinahe 
täglichen   briefen    an  Atticus    mehrere  monate  hindurch  beweist, 
wie  schmerzlich  Cicero  den  verlust  seiner  geliebten  Tullia  fühlte, 
und  doch   erfahren   wir    durch    ihn    nicht  das  mindeste  von  der 
eigentlichen  zeit,  den  näheren  Ursachen  und  besonderen  umstän- 
den   ihres    im  32.  oder  33.    lebensjahre    unvermuthet    erfolgten 
todes.    Warum?  —  Nake's  berechnung  bleibt  also  für  X,  5  be- 
stehen.    Andere  datierungen  Ruete's  dagegen  sind  geschickt  und 
glücklich:  ich  hebe  namentlich  heraus:  *kurz  vor  31.  august  44  | 
Ep.  XII,  27  Cicero  Matio.  Tusculanum.  Ep.  XI,  2«  Matius  Ci- 
ceroni.     *Rom,  mit  der  begründung  anm.  42  und  43,  *2,  hälfte 
februar  43  |  Ep.  XII,  5  Cicero  Cassio    mit    anm.  75,  *15. — 25. 
mai  43  |  Ep.  X,  16  Cicero  Planco   mit   der    gegen  Gruber  und 
Nake  gerichteten  anm.  108.  —  Das  zweite  kapitel  der  disserta- 
tion,  der  erledigung  des  Streites    um  die  Brutusbriefe  gewidmet, 
zerfällt  in  folgende  abschnitte:   1)  übersieht  der  litteratur  (p.  58 
— 60) ,    2)  worauf    gründet    sich    die  Verdächtigung  der  briefe  ? 
(p.  60 — 68),  3)  werden  die  briefe  durch  ihren  inhalt  als  unecht 
erwiesen?  (p.   68  —  100),    4)  ist    die    echtheit    aus    sprachlichen 
gründen  zu  beanstanden?  (p.  100 — 120).  —  Der  erste  abschnitt 
bietet  nichts  neues,  rücksichtlich  des  zweiten  bemerke  ich,    daß 
ich  trotz  Ruete    noch    heute    die   Überzeugung  habe,  I,  9,  1 — 2 
haben   ihre    quelle    in   Ep.  IV,  5 ,  5 — 6.     Mich    kann   in  dieser 
meiner  Überzeugung  nicht  einmal  eine  stelle  des  Terenz  erschüt- 
tern, die  ich  den  gegnern  suppeditieren  will :  Heaut.  922:  Nonne 
id  flagitiumst  te  aliis  consilium  clare,  foris  sapere,  tibi  non  potis  esse 
auxiliarier.     Lieb    aber    wäre  es  mir    gewesen ,    wenn  Ruete    die 
frage  der  entlehnung  einer  gründlicheren  Untersuchung  resp. 
abfertigung  für  werth  erachtet  hätte.     Im  3.  u.  4.  abschnitt  be- 
rührt  sich  Ruete    in    den   wesentlichsten  punkten  mit  L.  Gurlitt 
(Philologus.  Suppl.-bd.  IV,  5),  und  da  dieser  dieselbe  anordnuug 
Pliilol.  Anz.  XIV.  22 


318  58.  M.  Tullius  Cicero.  Nr.   5. 

befolgt,  nämlich  p.  557 — 609  chronologisch-historische  prüfung 
der  briefe,  p.  609—625  kritik  der  spräche,  und  da  Gurlitt  au- 
ßerdem selbst  p.  555  seine  beweisführungen  der  hauptsache  nach 
„als  stützen  und  ergänzungen  der  Euete'schen"  betrachtet,  so 
wird  es  sich  empfehlen  die  erörterungen  beider  gemeinschaftlich 
zu  betrachten.  Zunächst  aber  ein  wort  über  den  principiellen 
Standpunkt,  der  der  controverse  gegenüber  einzunehmen  ist,  der, 
so  einfach  und  naturgemäß  er  auch  ist,  dennoch  von  einigen 
verschoben  wird.  Die  frage  hat  ebensogut  ihre  historisch-chro- 
nologische, wie  sprachlich-logische  seite,  die  eine  ist  so  wichtig 
wie  die  andere,  und  keine  darf  auf  kosten  der  andern  nach  in- 
dividuellem belieben  und  zufälligen  anlagen  oder  Studien  in  den 
Vordergrund  gerückt  werden.  Gesetzt  in  historischer  beziehung 
wäre  alles  in  Ordnung,  so  kann  kein  mensch  die  möglichkeit 
bestreiten,  daß  die  briefe  vom  sprachlichen  Standpunkte  aus  zu 
verurtheilen  seien.  Haben  denn  die  philologen  umsonst  durch 
ihre  genaue  kenntnis  der  sprachlichen  eigenthümlichkeiten  eines 
Schriftstellers  betrügereien  entlarvt?  Ich  muß  mich  also  gegen 
Gurlitt  erklären,  der  p.  556  „der  sprachlichen  Untersuchung  in 
diesem  falle  nur  geringere  beweiskraft  zuspricht",  und  lasse  mich 
nicht  von  0.  E.  Schmidt  a.  a.  o.  p.  567  mit  dem  allbekannten 
wort  des  Cicero  an  Paetus  aus  dem  felde  schlagen :  „epistulas  vero 
cotidianis  verbis  texere  solemus".  Wunderbar  ist  es,  wie  selbst 
diejenigen,  die  die  tragweite  der  sprachlichen  Untersuchungen 
erkennen  (Schirmer,  Euete),  sich  dennoch  einer  eigenthümlichen 
inkonsequenz  schuldig  machen.  Finden  sie  auffälliges  und  un- 
natürliches in  den  briefen  von  Brutus,  so  sind  sie  bereit  von 
schriftstellerindividualität  zu  reden-,  wird  ihnen  aber  ganz  das 
gleiche  aus  den  briefen  von  Cicero's  band  entgegengehalten,  so 
reden  sie  von  möglichkeiten ,  daß  der  große  redner  den  gedan- 
ken  auch  einmal  habe  anders  formen  können  oder  wollen  gar 
emendieren.  So  wird  man  es  gerechtfertigt  finden,  wenn  ich  im 
interesse  des  gleichgewichts  der  Untersuchung  meine  besprechung 
mit  der  spräche  der  briefe  beginne.  Daß  der  charakter  dersel- 
ben affektiert,  daß  ihre  art  unart,  Unnatur  sei,  das  in  extenso 
nachzuweisen  war  der  zweck  meiner  abhandlung  im  Rhein,  mus. 
neue  folge  37,  4,    p.  576— 5971).     Von  den  vier  beispielen  I, 

1)  Wenn  Knete  mich  einer  gewissen  petitio  principii  zeiht,   weil 
ich  die  beiden   schriftstellerindividualitäten  Cicero   und  Brutus  nicht 


Nr.  5.  58.  M.  Tullius  Cicero.  319 

14,  2,  I,  10,  5,  I,  16,4,  I,  16,  8,  die  ich  als  besonders  schla- 
gend hervorhob  zur  feststellung  des  princips,  nach  dem  der  fal- 
sarius  verfahren ,  haben  die  beiden  letzten  (aus  einem  brief  des 
Brutus)  Zustimmung  gefunden,  und  auch  das  erste  I,  14,  2 
„rempublicam ,  cui  susceptus  es"  ist  wenigstens  von  Gurlitt  p.  613 
bedenklich  genannt  worden.  In  der  that  beweisen  die  citate 
Schirmer's  (de  harusp.  resp.  57)  und  Ruete's  (in  Verr.  III,  69) 
nichts  gegen  meine  behauptung,  daß  Cicero  das  bildliche  »natura  esseu 
d.  h.  „geboren,  von  der  natur  oder  Vorsehung  bestimmtsein  für"  n  i  e 
mit  „susceptum  esse"  vertauscht  habe. —  Zu  I,  10,  5  „spes  libertatis 
nusquam  est  nisiin  vestrorum  castrorum  principiis"  sagt  Ruete  p.  111 
„die  behauptung  (Becher 's),  daß  Cicero  sich  nicht  so  gekünstelt  aus- 
gedrückt haben  würde,  ist  nicht  zu  beweisen  und  darum  auch  nicht 
zu  widerlegen".  Mit  verlaub  !  Daß  Cicero  sich  nie  so  ausgedrückt, 
wissen  wir;  wie  er  sich  ausdrückt,  wissen  wir  auch  aus  Ad. 
fam.  XII,  9,  2  »itaque  tibi  persuade  maximam  reipublicae  spem  in 
te  et  in  tuis  copiis  esse;  firmos  omnino  exercitus  habemus" ':  Ist 
da  noch  etwas  zu  beweisen?  Ich  behaupte  noch  heute,  daß 
XII,  9  das  original  zu  den  obigen  worten  bildet.  Gurlitt  giebt 
wenigstens  p.  611  insofern  eine  lebendige  Wechselbeziehung 
zwischen  beiden  briefen  zu ,  als  er  sie  an  einem  tage  geschrie- 
ben sein  läßt ,  will  aber  in  dem  „in  vestrorum  castrorum  princi- 
piis"  eine  besondere  scheidung  zwischen  führern  und  heer,  einen 
tadel  gegen  Brutus  und  ein  lob  für  die  truppen  wittern.  Aber 
ist  denn  damit  irgendwie  „principiis"  erklärt?  Warum  heißt  es 
denn  nicht  in  te  wie  Ep.  XII,  9,  2?  Der  gedanke  würde  ja 
dadurch  nicht  im  mindesten  alteriert.  Schirmer  will  (Phil.  anz. 
1883,  suppl.-heft  1)  mit  Manutius  in  v.  c.  praesidiis  schreiben. 
Warum  denn  eigentlich?  Doch  wohl,  weil  es  so  schlecht  zu 
Cicero's  Schreibweise  paßt,  aber  es  paßt  so  vortrefflich  zum 
genus  dicendi  unserer  briefe,  so  daß  eine  emendation  nichts  an- 
deres als  eine  petitio  principii  hieße.  Also  ich  konstatiere:  zur 
feststellung  des  princips  bleiben  die  beiden  stellen  in  den  Ci- 
cerobriefen ebenso  gut  stehen  wie  die  beiden  in  den  Brutus- 
briefen. Stünde  doch  susceptus  und  in  v.  c.  principiis  in  den 
Brutusbriefen,  wie  liebend  würde  man  es  als  beitrag  zur  schrift- 
geschieden, so  erwidere  ich  darauf,  daß  mein  aufsatz  sieh  an  P.  Meyer 
(Zürich  1881)  anschloß,  der  die  briefe  beider  getrennt  „vorgenommen", 
ohne  eine  besondere  „scbriftstellerindividualität"  konstatieren  zu  können. 

22* 


320  .  58.  M.  Tullius  Cicero.  Nr.  5. 

Steilerindividualität  dieses  mannes  umfangen  und  begrüßen !  Oder 
sollte  der  zufall  hier  gewaltet  haben?  Er  hat  bei  Ruete  ein 
weites  gebiet :  ihm  danken  wir  II ,  1  ,  2  „infödeliter" ;  II,  5,  3 
„mihi  non  erat  explicatum" ,   I,  1,  1    „ad  scribendurn  non  necessaria", 

I,  2,  2  „exercitum  movere",  I,  5,  3  „quominus"  nach  „nee  sanxit" 
und  „nihil  affertur"  I,  10,  4  „quatefacere"  (siehe  Wölfilin :  Ueber 
die  latinität  des  Afrikaners  Cassius  Felix  p.  423)  u.  s.  w.  Merk- 
würdiger tyrann,  dieser  zufall,  daß  er  sich  gerade  diese  wenigen 
briefe,  die  auch  sonst  so  viel  auffallendes  und  anstößiges  bieten, 
auserkoren  hat  zur  lagerstätte  für  alle  möglichen  sprachlichen 
Singularitäten!  siehe  Euete  p.  115.  Wenn  aber  Ruete  sagt, 
daß  er  für  die  meisten  anstößigen  Wendungen  (inßdeliter  und 
quatefacere  rettet  er  als  anal-  Xsycfxsva)  „unabweisbare  analogieen" 
aus  Cicero  nachgewiesen  habe ,  so  bestreite  ich  das.  Das  fol- 
gende wird  lehren,  daß  diese  vermeintlichen  analogieen  falscher 
Interpretation  oder  mangelndem  Verständnis  ihren  Ursprung  danken. 

II,  1 ,  1  „non  enim  ignoras  .  ,  .  quid  intersit  i dem  illud  utrum 
ante  an  post  decernatur"  ist  „illud"  unerklärlich  und  von  Ruete 
sicher  nicht  erklärt.  Seine  interpretation  beweist  höchstens, 
daß  es  heißen  könnte  „quid  illud  (gerade  daran)  intersit  idem 
utrum'1  e.  s.,  und  Ep.  ad  Att.  XV,  26,  1  ist  deshalb  kein  analogon, 
weil  an  dieser  stelle  „idem  illud"  so  viel  bedeutet  wie  „quod  tarn 
saepe  ac  paene  importune  petivit"  (Orelli)  —  ibid.  „in  diem  ex  die 
dilata",  trotz  Ruete  ein  im  lateinischen  unerhörter  Graecismus,  ist 
nicht  zu  retten.  Hier  müßte  es  entschieden  heißen :  „in  (singulos) 
dies"  (Krebs- Allgayer :  Antib.  5  p.  991  f.).  Was  soll  denn  Ruete's 
„differre  in  alium  diem"  (z.  b.  Ep.  VII,  4)?  Hat  das  schon  je- 
mand bezweifelt?  Uebrigens  erklärt  nicht  Meyer  die  ausdrucks- 
weise für  barbarisch,  sondern  Hand  Turs.  II,  p.  207.  —  Wenn 
Ruete  bei  gelegenheit  von  II,  5,  3  „mihi  non  erat  explicatum", 
was  sicherlich  eine  Weiterbildung  von  „mihi  non  erat  exploratum"  ist, 
bemerkt,  daß  „explorare"  stets  „in  erfahrung  bringen"  hieße  und 
„mihi  exploratum  erat""  soviel  sein  müßte ,  wie  ,,es  war  mir  be- 
kannt", so  ist  das  einfach  falsch.  Exploratus  heißt  sehr  häufig 
„ausgemacht,  ermittelt,  gewiß"  z.  b.  Cic.  Mur.  49  oder  Phil.  X, 
20.  —  I,  2,  1  „adeone  copiis  abundat ,  ut  is  qui  ex  Asia  fugere 
dicebatur  Europam  appetere  coneturf"  sucht  Ruete  dadurch  zu 
halten,  daß  er  den  durch  „is,  qui"  eingeleiteten  satz  als  eine  art 
parenthese  faßt.     Diese  art  von  parenthese  wird  wohl  jeder  ken- 


Nr.   5.  58.  M.  Tullius  Cicero.  321 

nen,  nur  erwartet  man  dieselbe  gleich  hinter  „abundat",  wie  auch 
sämmtliche  von  Ruete  beigebrachten  beispiele  bestätigen.  Gur- 
litt's  deutsche  Übersetzung  p.  610  rechtfertigt  keineswegs  die 
„mira  verborum  complexio  et  vitiosa  compositio"  (Cobet) ,  und  seine 
eventuelle  conjektur,  „idem"  für  „is"  zu  lesen ,  ist  nicht  minder 
gewaltsam  als  überflüssig.  —  Ganz  verfehlt  ist  die  zu  I,  2,  5 
„quod  scribis  me  maximo  otio  egisse  ut  insectarer  Antonios  idque  lau- 
das"  von  Ruete  vorgeschlagene  emendation  „maximo  negotio". 
Will  man  nicht  maximo  otio  =  fort  a  mon  aise  gelten  lassen,  so 
greife  man  zu  dem  Vorschlag  des  Manutius  „maximo  animoil,  oder 
man  substituire  ein  wort,  welches  den  sinn  „moderatio"  hat,  denn 
das  erheischt  der  Zusammenhang.  Ich  wage  ganz  schüchtern 
„maximo  modo",  s.  Or.  pro  Cluentio  191,  pro  Sestio  79  am  ende, 
pro  Marcello  1.  Daß  Gurlitt  p.  572 — 573  den  handschriftlichen 
text  durch  die  erklärung  „mit  größter  muße"  zu  ehren  gebracht, 
kann  ich  ihm  nicht  zugestehen.  Es  war  eben  zu  beweisen,  daß 
maximo  otio  =  fort  ä  mon  aise  sein  kann.  S.  Harburger  progr. 
p.  17  und  Rhein,  mus.  a.  a.  o.  p.  587  anm.  —  Auch  gegen 
Ruete's  erklärung  resp.  rettung  von  I,  5,  1  ist  entschieden  ein- 
spräche zu  erheben.  „Si  minus  id  commodo  reipublicae  facere 
sive  non  existimares  ex  republica  esse"  soll  deshalb  ganz  unan- 
stößig sein ,  weil  Cicero  hier  einen  Senatsbeschluß  referiert  und 
weil  ve  archaistisch  ist.  Das  erste  ist  mehr  als  zweifelhaft,  denn 
es  geht  „(ego)  decrevi"  voran ,  und  das  zAveite  ist  wieder  einfach 
fälsch :  v  e  trennt  bloß  in  der  leichtesten  form  zwei  begriffe  (Küh- 
ner ,  Dräger  u.  a.).  —  Zu  I,  10,  1  „desiderare  ut"  heißt  es  bei 
Ruete :  „desiderare  kommt  zwar  sonst  nicht  mit  u  t  vor,  hat  aber 
nichts  auffälliges,  da  Cicero  u.  a.  in  den  brieten  das  verwandte 
opto  sehr  häufig  mit  ut  konstruieren".  Die  anmerkung  giebt 
beispiele  für  opto  ut  aus  den  briefen ,  ich  könnte  auch  mit  an- 
dern dienen:  Verr.  I,  17,  60,  Caec.  9,  23  u.  s.w.,  sed  difficile 
est  satiram  non  scribere.  Ich  bedauere,  daß  Gurlitt  sich  p.  610 
durch  eine  so  unmethodische  argumentation  Ruete's  hat  düpieren 
lassen.  S.  Rhein,  mus.  p.  584.  —  Betreffs  imp eller e  in  (I, 
10,  2)  schiebt  mir  Ruete  etwas  unter,  was  ich  nie  gedacht  noch 
gesagt  habe  s.  a.  a.  o.  p.  583.  —  Exp  edire  =  klarlegen, 
darlegen  sucht  Ruete  mit  berufung  auf  Asinius  Pollio  Ep.  X, 
33,5  zustutzen.  Ist  das  die  richtige  instanz?  Wir  wollen  ana- 
loga   aus  Cicero.      Ganz  neu  und  unerhört  ist  Gurlitt's  erklärungs- 


322  58.  M.  Tullius  Cicero.  Nr.  5. 

versuch  p.  612,  wonach  „expedire"  „aus  der  haft  des  Schweigens 
frei  machen"  bedeuten  soll.  Denn  selbst  wenn  man  von  der 
ktihnheit  der  Metapher  absieht,  so  kommt  „elegantissime"  =  „lo- 
gisch richtig"  (Naegelsbach-Müller:  Lateinische  stil. 7  p.  21)  dabei 
absolut  nicht  zu  seinem  recht.  —  Eiusd.  Ep.  §  2  „quem  cum  a 
me  dimittens  graviter  f  er  rem"  wird  unter  Zustimmung  Gur- 
litts  (p.  612)  der  wunderbare  ausweg  eingeschlagen  „graviter  ferre" 
absolut  zu  fassen  und  „dimittens"  nicht  davon  abhängen  zu  lassen, 
aber  Cicero  ist  doch  grade  darüber  betrübt ,  daß  er  den  Mes- 
salla  entlassen  muß.  —  Meine  rettung  des  handschriftlichen  si 
in  I,  18,  3  sucht  Ruete  zu  entkräften,  indem  er  einwirft:  „Al- 
lein „dependere"  ist  gleichbedeutend  mit  „solvere".  Wer  bestrei- 
tet denn  das?  —  Noch  eine  stelle  muß  ich  hier  anschließen, 
die  nicht  vor  dem  forum  der  geschichte  zu  erledigen ,  sondern 
durch  die  kenntnis  des  lateinischen  Sprachgebrauchs  abzuthun 
ist:  I,  12,  1  „Lepidus  bellum  acerrime  terra  marique  gerit". 
Eine  sachliche,  unlösbare  Schwierigkeit  läge  nach  dem  urtheil 
fast  aller  interpreten  vor  —  obwohl  Ruete  es  p.  93  für  „selbst- 
verständlich" hält,  daß  Lepidus  in  dem  am  meer  gelegenen  Nar- 
bonensischen  Gallien  eine  flotte  zur  Verfügung  gehabt  und  den 
krieg  auch  zur  see  auf  das  heftigste  geführt  habe  — ,  wenn  nicht 
terra  marique  eine  etwas  übertriebene  volksthümliche  redensart 
wäre  „ad  extremum  conatum  studiumque  significandum",  siehe  meinen 
aufsatz  Philol.  Supplbd.  IV,  4,  p.  503 — 504.  —  Was  die  spräche 
der  briefe  des  M.  Brutus  angeht,  so  scheine  ich  glücklicher  ge- 
wesen zu  sein :  ich  finde  fast  überall  Zustimmung.  Darum  nur 
noch  zwei  bemerkungen  :  das  epexegetische  quod  utinam  1,4,5 
soll  nach  Ruete  noch  stehen  Ep.  ad  Att.  XIII,  48,  1  und  XIV,  3, 1. 
Das  ist  falsch,  denn  quod  ist  beide  male  in  einem  elliptischen 
satz  objekt  resp.  Subjekt.  —  Die  notiz,  daß  exp  ectare  dum 
(I,  6,  1 ;  II,  3,  4)  in  der  bedeutung  „neugierig ,  begierig  sein, 
ob  wohl"  zu  fassen  sei,  richtet  sich,  denke  ich,  von  selbst^). — 
Gurlitt's  auslassungen  über  die  spräche  der  briefe  erheben  nicht 
den  anspruch  auf  selbständige  besprechung.  Zwei  punkte  in- 
dessen kann  ich  nicht  übergehen.  I,  2,  1  „cum  tu  eo  quinque 
legione8,  optimum  equitatum ,  maxima   auxilia   haberes"  soll  zu  „eo" 

2)  Um  nicht  ungerecht  zu  scheinen ,  bemerke  ich  ausdrücklich, 
daß  Ruete's  conjektur  11,1,3  „maioris  autem  partis  animi  ie  Cassium- 
que  respiciunt"  und  die  bemerkungen  über  die  anreden  p.  103  alle 
Beachtung  verdienen. 


Nr.  5.  58.  M.  Tullius  Cicero.  323 

missas  aus  dem  „misisse"  vier  zeilen  vorher  ergänzt  werden. 
Unmöglich ,  denn  das  misisse  ist  längst  dem  gedächtnis  durch 
6 — 7  andere  verba  entzogen,  und  andererseits  ist  eine  solche  el- 
lipse  ebensowenig,  wie  das  sprachlich  ähnliche  Heyne'sche  „du- 
cendas",  zu  belegen.  Fehlte  „haberes",  so  könnte  man  sich  diese 
ellipse  schon  eher  gefallen  lassen,  s.  Ep.  ad  Att.  XIII,  51,  2.  So 
aber  bleibt  es  bei  dem  Wesenberg'schen  eo  loco,  nur  daß  man 
es  auf  keinen  fall  =  in  Europa  mit  Ruete  setzen  darf.  Daß 
ibid.  §  5  „agere  ut"  =  „id  facere  ut"  sein  könnte ,  hat  Gurlitt 
nicht  bewiesen,  am  allerwenigsten  durch  Ep.  ad  Att.  XIV,  10,  1 
„hoc  Brutus  egit  ut  Lanuvü  esset".  Auch  das  hat  er  unbewiesen 
gelassen,  daß  „agere  ut"  =  „facere  ut"  zur  stärkeren  betonung 
des  verbalbegriffs  dienen  könnte.  Uebrigens  wäre  das  auch  ir- 
rationell, weil  agere  im  Verhältnis  zu  facere  ein  viel  zu  determi- 
nierter begriff  ist.  Das  allgemeinste  verbum  der  thätigkeit  thun 
(facere)  kann  wohl  zur  Umschreibung  verwandt  werden,  im  mit- 
telhochdeutschen tritt  es  bekanntlich  einfach  für  das  betreffende 
verbum  ein. 

Es  bedurfte  eines  etwas  ausführlicheren  eingehens  auf  sprach- 
liche einzelheiten ,  um  konstatieren  zu  können,  daß  es  sowohl 
Euete  als  auch  Gurlitt  versagt  geblieben  auch  nur  ein  einziges 
wesentliches  sprachliches  bedenken  wirklich  zu  beseitigen.  — 
Doch  zur  historisch-chronologischen  seite  der  controverse.  Hier 
gestaltet  sich  die  sache  für  den  recensenten  einfacher  und  leichter, 
weil  beide  forscher  wirklich  zu  greifbaren  resultaten  gelangt 
sind.  Es  läßt  sich  in  der  that  nicht  leugnen,  daß  die  Meyer1  - 
schen  Untersuchungen  in  den  allerwesentlichsten  punkten  nicht 
allein  ergänzt,  sondern  berichtigt  sind.  Ruete  und  Gurlitt  haben 
sich  —  dank  ihrer  vortrefflichen  historischen  Schulung  —  wirk- 
liche Verdienste  um  die  erledigung  der  ganzen  frage  erworben, 
nur  nicht  in  dem  sinne,  wie  sie  selbst  meinen.  Ziehe  ich  aus 
Gurlitt's  ergebnissen,  die  ja  theilweise  auf  Ruete  fußen,  theilweise 
aus  einer  kritik  der  Rueteschen  hervorgegangen  sind,  die  summe 
und  addiere  dazu  die  ganze  schaar  der  sprachlichen  anstoße, 
wie  sie  von  mir  im  Rhein,  mus.  vorgeführt  sind,  so  ist  für  mich 
der  unwiderleglich  e  beweis  erbracht,  daß  die  b  riefe 
ad  Brut  um  sämmtlich  unecht  sind.  Eine  nackte  Zusam- 
menstellung des  Gurlitt'schen  resultates  wird  dies  erhärten.  Brief 
I,  2  ist  in  zwei    brieffragmente   aufzulösen  I,  2  (tj   1  —  3)  =  2b 


324  59.  M.  Tullius  Cicero.  Nr.  5. 

und  I,  2  (§  4 — 6)  =  2a,  I,  3,  4  „consules  duos,  bonos  quidem, 
sed  dumtaxat  bonos,  amisimus.  Hirtius  quidem  in  ipsa  victoria  oc- 
cidit,  cum  paucis  diebus  ante  magno  proelio  vicisset;  nam  Pansa  fu- 
gerat volneribus  acceptis,  quae  ferre  non  potuit;  reliquias  hostium 
Brutus  persequitur  et  Caesar",  ist  zu  streichen,  „da  fast  jeder  ge- 
danke  sei  es  gegen  die  geschiente,  die  Chronologie  oder  den 
geist  der  briefe  verstößt"  p.  579.  Wenn  nach  der  interpolation 
statt  „hostes  autem"  e.  s.  „hostes  enimu  stehen  müßte,  so  fiele  das 
dem  interpolator  zur  last".  Zu  streichen  ist  ferner  I,  15,  §3 — 
11  (ungefähr  drei  druckseiten  bei  Baiter  umfassend),  ferner  I, 
16  ganz  und  I,  17  ganz  (brief  16  und  17  bei  Baiter  61/*  seiten 
füllend).  Also  von  30]/2  seiten,  die  die  briefe  bei  Baiter  un- 
gefähr umfassen,  werden  9 1/%  seiten  geopfert,  dazu  noch  ein  paar 
briefe  als  verloren  gegangen  angenommen,  um  in  historisch-chro- 
nologischer beziehung  einigermaßen  Ordnung  schaffen  zu  können. 
Ist  das  glaublich?  Der  aderlaß  ist  wirklich  zu  lebensgefähr- 
lich. Mit  so  gewaltsamen  mittein  kann  man  schließlich  alles 
machen.  Dabei  ist  es  mir  von  Wichtigkeit  zu  bemerken,  daß 
Gurlitt  früher  (dissertation  p.  32)  auch  noch  I,  18  über  bord 
geworfen,  jetzt  hat  er  dies  sein  verdammungsurtheil  über  I,  18 
zurückgenommen.  Vor  einer  solchen  gewaltthat  tritt  die  kühn- 
heit  fast  in  den  hintergrund ,  mit  der  sich  Ruete  wie  Gurlitt 
über  I,  4,  5  „consulem  te  (sc.  Ciceronem)  factum  esse  audivimusu 
wie  über  ein  gerücht  hinwegsetzen,  obwohl  ein  so  warmer  ver- 
theidiger  der  briefe  wie  Schirmer  diesen  punkt  für  den  heikel- 
sten in  der  ganzen  echtheitsfrage  erklärt  hat,  s.  Meyer  p.  48.  49.  — 
Doch  sapienti  sat!  Ruete  -  Gurlitt  haben  von  neuem  unumstöß- 
lich bewiesen,  daß  die  briefe  in  historischer  wie  logischer  beziehung 
kranken,  und  ich  denke,  daß  es  einfacher  und  methodischer  ist, 
wenn  wir  die  briefe  ob  der  unmenge  sachlicher,  logischer  und 
sprachlicher  bedenken  sämmtlich  verurtheilen ,  als  wenn  wir  ei- 
nem verfahren  huldigen,  welches  in  seiner  gewaltsamkeit  die  toll- 
sten auswüchse  übel  beleumundeter  destruetiver  kritik  fast  über- 
bietet. — 

0.  E.  Schmidt  beschäftigt  sich  in  dem  oben  citierten  auf- 
satz  nach  einigen  einleitenden  bemerkungen,  die  mit  großer  ent- 
schiedenheit  für  die  echtheit  der  briefe  eintreten  und  das  Meyersche 
buch  „einen  schritt  rückwärts"  nennen,  hauptsächlich  mit  I,  3, 
um  zu  beweisen,  daß  die  worte  §  4  „consules  duos  —  et  Caesar" 


Nr.   5.  60.   Iuba.  325 

einen  brief  für  sich  oder  das  fragment  eines  selbständigen  brie- 
fes  3b  bilden.  Da  wir  die  Gurlittsche  meinung  über  diese  worte 
bereits  citiert  und  ihr  bis  auf  die  Schlußfolgerung,  welche  dar- 
aus gezogen  wurde  zugestimmt  haben ,  so  wird  es  nicht  nöthig 
sein  hier  auf  Schmidt's  hypothese  des  näheren  einzugehen.  Die 
Übersetzung ,  welche  Schmidt  gegeben ,  ist  wörtlich  und  kor- 
rekt, nur  durfte  ,)dissolutioru  sc.  liberalitas  nicht  mit  ,, allzu  kopf- 
los" übersetzt  werden.  S.  Naegelsbach-Müller :  Lateinische  stil. 7, 
p.  242.  Ferd.  Becher. 

60.  De  Iuba  metrico.  Part.  I  scripsit  Hermannus 
Wentzel.  Wissenschaftliche  beilage  zum  Jahresbericht  des 
königl.  gymnasiums  zu  Oppeln   1881.     4.      17  p. 

Der  Verfasser  wendet  sich  mit  vorliegender  schritt  zunächst 
gegen  0.  Hense,  der  in  seiner  abhandlung  „de  Iuba  artigrapho" 
(Acta  soc.  phil.  Lips.  tom.  IV,  Lips.  1875)  nicht  weniger  als  149 
fragmente,  meist  aus  Marius  Victorinus  entnommene  stellen,  dem 
Iuba  vindiciert.  Insbesondere  tritt  er  Henses  allzugünstiger  meinung 
über  spräche  und  diction  Iubas  entgegen,  wobei  freilich  der  verf. 
das  kleine  versehen  begeht,  ten  Brinks  urtheil  über  Iuba :  „genus 
dicendi  ad  Ciceronis  ubertatem  non  nihil  esse  conformatum" ,  als  das 
Henses  aufzufassen ,  trotzdem  Hense  ausdrücklich  das  genannte 
urtheil  erst  in  wesentlicher  beschränkung  zu  dem  seimgen  macht 
(p.  118).  —  Der  Verfasser  sucht  nun  seine  aufgäbe  dadurch  zu 
lösen,  daß  er  die  als  musterbeispiele  den  metrischen  ausführungen 
Iubas  folgenden  lateinischen  verse  in  bezug  auf  ihren  Ursprung, 
etwaigen  dichterischen  gehalt  und  spräche  prüft,  „quod,  cum  se- 
mel  qua  ratione  Iuba  in  versibus  pangendis  usus  sit  perspexerimus, 
iidem  de  hominis  et  ingenio  et  dignitate  rectius  et  certius  quam  adhuc 
licebat  cognovisse  et  ad  eius  quandam  imaginem  delineandam  non 
nihil  contulisse  videbimur  fp.    3).   — 

Der  bis  jetzt  vorliegende  erste  theil  behandelt  die  metri- 
schen beispiele  des  Fragin.  Bobiense.  Der  verf.  nimmt  an, 
die  nach  allgemeiner  Überzeugung  fWestphal,  Keil,  Hense)  ur- 
sprünglich von  Iuba  beigefügten  griechischen  verse  seien  in  be- 
zug auf  inhalt  den  jetzt  noch  erhaltenen  lateinischen  völlig 
fremd  gewesen,  Iuba  habe  es  sogar  direkt  vermieden,  die  grie- 
chischen verse  in  das  lateinische  zu  übertragen  „nullo  alio  vinctdo  nisi 
metro  contineri  satis  est  (seil.  Iubae)  versus  quos  Rufinus  laudat  inspexisse 


60.  Iuba.  Nr.  5. 

(p.  5,  womit  p.  15,  7  zu  vergleichen).  Nur  eine  ausnähme  gäbe  es: 
das  beispiel  zu  dem  catalectischen  octameter  iambicus  (Boissius.) 
Diese  ansieht  wird  zunächst  offenbar  bestätigt  durch  die  von  Iuba 
aus  Ovid  und  Vergil,  vielleicht  auch  aus  römischen  tragikern  (vgl. 
Eibbeck  Trag.  Rom.  fragm.  p.  248  ed.  sec.  und  Keil  Gramm,  lat.  VI, 
622, 11).  entnommenen  beispiele,  ferner  durch  leicht  erkennbare  con- 
taminationen  zweier  oder  mehrerer,  meist  vergilianischer,  verse  (vgl. 
p.  10  flg.).  In  allen  diesen  fällen  müssen  die  ehemals  vorhandenen 
griechischen  verse  anderer  art  gewesen  sein.  Ob  man  aber  nur 
jene  einzige  ausnähme  wird  gelten  lassen  dürfen,  bezweifle  ich ;  man 
wird  vielmehr  die  möglichkeit  wohl  anerkennen  müssen,  daß  Iuba 
auch  noch  in  anderen  fällen  griechische  verse  in  lateinische  über- 
trug. Wenigstens  glaube  ich,  daß  das  gegentheil  von  dem  vrf. 
keineswegs  bewiesen  ist.  Ja  derselbe  glaubt  sogar  selbst  das 
griechische  original  zu  dem  Iuba'schen  „ter  peribimus"  (fragm.  V, 
mit  der  Keil'schen  coniectur,  vgl.  Ind.  lect.  Halens.  per  hiem.  1873 
— 74,  p.  IX)  in  Eurip.  Orest.  434:  8id  zgimv  ö"  dnöXXvfiai  ge- 
funden zu  haben  und  bemüht  sich  so  sehr  beide  verse  ihrem  sinne 
nach  in  völligen  einklang  zu  bringen,  daß  er  die  meines  erach- 
tens  einzig  annehmbare  G.  Hermann'sche  interpretation  der  mat- 
ten Brunck-DindorfPschen  (SiäzQiäv=navz£lwg)  hintansetzt,  einzig 
und  allein  in  der  absieht,  dem  also  erklärten  8id  zqiö>i>  als  ganz 
entsprechend  das  „ter  peribimus"  gegenüberzustellen,  trotzdem  in 
dieser  und  ähnlicher  Verbindung  „ter  peribimus",  wie  der  verf.  selbst 
zugestehen  muß,  in  der  bedeutung  =  navzsXäg  unlateinisch  ist 
(vgl.  auch  Krebs  Antibarbarus  s.  v.  ter).  Giebt  das  nicht  ganz 
den  anschein,  als  ob  hier  eine  zweite  ausnähme  jener  vermeint- 
lichen regel  vorläge  ?  Auch  was  Hense  a.  a.  o.  p.  136  von 
den  versen  „perit,  abit  avipedis  animula  leporis"  ==  i&i  fioXs  ia- 
yvnodog  im  8i^.ag  e!d(povu  und  „ite,  o  Spartae  primoresu  =  dysz' 
co  Unägzag  svdvdgov  schreibt,  erweckt  die  Vorstellung,  daß  es 
sich  hier  um  eine  der  Übersetzung  fast  gleich  kommende  Über- 
tragung griechischer  verse  handelt.  Und  wenn  endlich  Marius 
Victorinus  dem  homerischen  verse  II.  0,  2  die  Vergilianische 
metaphrase  aus  Aen.  X,  2  (vgl.  noch  M.  Plotius  bei  Keil  a.a.o. 
p.  517,  16  und  17,  520,  20  und  21,  522,  13  und  14)  gegen- 
überstellt ,  so  dürfte  dies  wohl  auch  die  meinung  zu  bestätigen 
geeignet  sein,  daß  die  metriker,  insbesondere  daß  Iuba  ohne  ir- 
gend   welchen    zwang    sich    aufzulegen    die    griechischen    verse, 


Nr.   5.  60.  Iuba.  327 

wenn  sich  schnell  eine  lateinische  Übertragung  fand ,  metaphra- 
sierten ,  oder  wenn  man  will  übersetzten.  Ob  hierauf  auch  die 
von  Iuba  wiederholt  gebrauchten  Wendungen  wie:  „ut  est  apud 
Euripidem" ,  „ut  illud  Alcmanis",  „ut  est  apud  Cratinum11  u.  s.  w. 
hindeuten,  ist  sehr  zweifelhaft.  Vielleicht  ergiebt  eine  ins  einzelne 
gehende  vergleichung  sämmtlicher  metrischer  beispiele  bei  den 
grammatikern ,  für  die  hier  selbstredend  nicht  der  ort  ist ,  nä- 
heren aufschluß  (vgl.  Keil  a.  a.  o.   622   adn.  v.  26). 

Während  demnach  der  verf.  die  möglichkeit,  daß  [uba  auch 
an  anderen  stellen  den  inhalt  der  griechischen  verse  in  den  la- 
teinischen wiedergegeben  habe,  mit  nicht  ausreichenden  gründen 
zu  bestreiten  scheint  ?  billige  ich  gern  recht  vieles  ,  was  bei  be- 
handlung  der  einzelnen  fragmente  in  bezug  auf  quellen  und 
mögliche  reminiscenzen  bei  Iuba  angeführt  wird.  Vieles  hierbei 
läßt  den  scharfsinnigen ,  geübten  philologen ,  alles  den  umsichti- 
gen, sorgsamen  beobachter  auf  das  deutlichste  erkennen.  —  Zu- 
nächst werden  die  mehr  oder  minder  auf  griechische  quellen  zu- 
rückzuführenden fragmente  behandelt.  Was  fragm.  V  („ter  pe- 
ribimtis")  betrifft,  so  glaube  ich,  daß  der  Verfasser  das  rechte 
hier  nicht  gefunden  hat ,  und  daß  die  stelle  auch  durch  Keil 
noch  nicht  emendiert  ist.  Ich  gedenke  bei  einer  anderen  gele- 
genheit  auf  dieses  fragment  zurückzukommen.  —  Auch  in  der 
beurtheilung  des  fragm.  VI:  „tale  quäle  vere  primo  („dulce"  bei 
Hense)  sibilat  teres  donax,  das  Wernsdorff  Poet.  lat.  min.  II,  291 
dem  Septimius  Serenus  zuweist,  kann  ich  dem  verf.  nicht  bei- 
pflichten. Ich  halte  es  zum  mindesten  für  sehr  gewagt,  dem 
Iuba  zuzumuthen ,  daß  er  „Järundo"  und  varundou,  und  sei  es 
auch  nur  aus  flüchtigkeit ,  oder  um  sich  den  vers  bequemer  zu 
gestalten  ,  verwechselt  und  sein  metrisches  beispiel  nach  versen 
aus  Stesichorus'  Orestie  gebildet  habe.  Die  aus  Bergk  Poet, 
lyr.  III3,  p.  984  angezogenen  stellen  haben  mit  dem  Iuba'schen 
verse  nichts  gemein ,  als  daß  j/qo?  woa ,  beziehungsweise  toiuös 
.  .  tfgog  STisQyouirov,  —  das  letzte  ein  sehr  bekannter  und  viel 
gebrauchter  ausdruck  —  dem  tale  vere  primo  zu  gründe  liegen 
soll.  Ist  der  vers,  der  sich  übrigens  mit  leichter  mühe  in  einen 
griechischen  derselben  art  verwandeln  läßt ,  nicht  etwa  gar  die 
lateinische  Übersetzung  eines  solchen ,  so  möchte  ich  ihn  viel 
lieber ,  wenn  schon  eine  beziehung  gefunden  werden  soll ,  auf 
Eurip.   Orest.  v.    145    zurückführen:    ovqiyyog  onrng  tivoul   Xmtov 


328  ÖO.  Iuba.  Nr.  5. 

dövaxog.  Das  „sibilare"  hat  seinen  ausdruck  in  „avgiyyog",  onmg 
in  tale  quäle,  und  daß  „Äsrcroe  dova^u  mit  „teres  donaxu  identisch 
ist,  braucht  nicht  bewiesen  zu  werden.  Ich  verweise  kurz  auf 
die  „übertragene"  bedeutung  von  „teres"  und  von  „Ismbg",  auf 
ausdrücke  wie  „teres  atque  rotundus"  bei  Horaz  „teres  oratio11  und 
„teretes  aures"  bei  Cicero  im  vergleich  zu  „Isntri  [irjTig"  „len- 
totsQoi  [iv&otu  bei  Euripides  und  Aristophanes ,  außerdem  auf 
das  „Xstitov  ovgi&tv*1  bei  Hippocr.  477,  21  u.  s.  f.  Mir  ist  es 
eben  unmöglich  zu  denken,  daß  Iuba  in  erinnerung  an  die  verse 
des  Stesichorus  und  im  begriff  sie  zur  bildung  eines  lateinischen 
verses  zu  benutzen  %sli8obv  =  hirundo  gesetzt,  dieses  in  „arundo" 
verkehrt  und  endlich  noch  für  „arundo"  das  griechische  wort 
„donax"  eingesetzt  habe,  so  daß  in  der  that  von  dem  verse  Ste- 
sichorus' außer  den  landläufigen  und  überall  vorkommenden 
ausdrücken  „ijoog  (agau  und  „roiäds"  nichts  mehr  vorhanden 
war.  Eine  solche  mauipulation  ist  an  sich  schon  zu  compliciert, 
als  daß  sie  glaubhaft  wäre  und  durch  hinweis  auf  anderweitige 
versehen,  oder  besser  gesagt  licenzen,  die  sich  der  metriker  bei 
der  bildung  lateinischer  verse  aus  griechischen  erlaubt,  entschul- 
digt werden  kann.  Und  so  klingt  es  mir  denn  auch  bei  der 
großen  freiheit,  der  sich  die  metriker  hierbei  bedienten,  sonder- 
bar, daraus  daß  in  fragm.  VII  z.  b.  Iuba  für  das  griechische 
avzi]  Xiog,  avtt]  ^ano&gäxt]  (aus  dem  Enchiridion  Heliodors  nach 
Wentzel,  Gratulationsschrift  p.  20)  den  vers  bildet:  „ipsa  est 
Chios,  ips  a  est  Samothrace",  anstatt  etwa:  „haec  est  etc.,  ich  sage, 
es  klingt  sonderbar  aus  solchen  an  sich  unbedeutenden  freiheiten 
mit  0.  Hense  den  Schluß  zu  ziehen:  graecum  sermonem  Iubam 
parum  calluisse,  oder  wie  der  verf.  des  vorliegenden  schriftchens, 
von  einer  „mala  confusio"  (p.  8,  9)  zu  sprechen.  Wer  statt  avrtj 
avrr/  liest  —  womöglich  ohne  accente  und  spiritusbezeichnung  — 
und  übersetzt,  dem  kann  man  ein  „parum  callerea  oder  ein  „male 
confusis  ovtog  et  avrog"  noch  nicht  zum  Vorwurf  machen.  Da 
übrigens  auch  „arundo11  für  „hirundo"  mindestens  eine  ebenso  be- 
denkliche mala  confusio  wäre,  so  müßte  schließlich  nach  0.  Hense 
auch  über  die  lateinischen  kenntnisse  Iubas  das  urtheil  auf  ein 
„parum  callere"  lauten. 

Vollkommen  einverstanden  bin  ich  mit  den  Verbesserungen 
Wentzels  in  fragm.  IX :  „Calliam"  für  „Caeliumu  ;  fragm.  X  „Batte" 
für  „boveu  (Battus  übrigens  auch  bei  Ovid,  Metam.  II,  688,  ge- 


Nr.  5.  60.  luba.  329 

nannt).  Ob  indessen  die  „Libumica  arva"  Aen.  I,  242  entnom- 
men sind ,  wage  ich  auf  grund  der  gänzlichen  Verschiedenheit 
des  inhalts,  der  eine  ideenassociation  vollkommen  auszuschließen 
scheint ,  zu  bezweifeln.  Im  fragm.  XI  glaube  ich  mit  recht 
darin  eine  nachahmung  Vergils  zu  erblicken,  daß  „sirius"  (Keils 
conjectur)  adjectivisch  gebraucht  ist  (vgl.  Aen.  X,  272)-,  derselbe 
gebrauch  findet  sich  auch  bei  Colum.  RR.  X,  289,  dem  luba  viel- 
leicht auch  anderweitig  gefolgt  ist  (vgl.  p.  16).  Die  beziehung 
des  fragm.  XI  zu  den  versen  aus  der  „Argo"  (Bergk  a.  a.  o. 
p.   1275)  ist  indessen  recht  unsicher. 

Der  zweite  theil  des  schriftchens  behandelt  diejenigen  me- 
trischen beispiele ,  welche  aus  zwei  oder  mehreren  stellen  Ver- 
gils compiliert  sind.  Die  art  und  weise  wie  fragm.  XII.  XIII. 
XIV  zusammengeschweißt  sind,  erinnert  an  ähnliche  machwerke 
bei  Athenaeus  (vgl.  meine  abhandlung  „der  vofiog",  progr.  des 
königl.  Ratib.  gymn.  1882,  p.  17).  Den  verzweifelten  vers 
(Keil  a.  a.  o.  p.  622,  9)  gestaltet  der  verf.  nicht  ohne  Scharf- 
sinn als  contamination  von  Aen.  XI,  624  flg.  :  „quae  retro  labens 
fugit  voluta  litoris  vadou. 

Den  dritten  abschnitt  endlich  bilden  diejenigen  fragmente, 
bei  denen  irgend  welche  bedeutsame  beziehungen  auf  griechische 
oder  lateinische  originale  nicht  ersichtlich  sind.  Mit  trefflicher 
findigkeit ,  die  von  großer  belesenheit  zeigt,  weiß  der  verf.  ein- 
zelne parallelstellen  anzuführen,  die  möglicherweise  luba  bei  der 
gestaltung  seiner  verse  vorgeschwebt  haben. 

Auf  grund  seiner  Untersuchungen  kommt  nun  der  verf.  zu 
dem  im  ganzen  sicher  annehmbaren  resultat,  daß  luba  höchst 
unselbständig  in  der  anfertigung  seiner  metrischen  beispiele  ge- 
wesen sei,  daß  er  dieselben  häufig  mit  wenig  geschick  bildete 
(„nam  praeter 'quam  quod  ii  fere  omnes  duritate  quadam  laborant, 
quae  luculento  est  testimonio ,  qui  tales  fingere  posset ,  non  ita  facile 
tum  linguam  latinam  tractasse,  singula  parum  aptis  commodisque  ver- 
bis  latine  dixisse  metricus  censendus  est"),  daß  er  mit  Vorliebe  grie- 
chische Wörter  an  stelle  lateinischer  gebraucht,  daß  er  endlich 
außer  Vergil  (und  nicht  auchOvid?)  keinen  lateinischen  dichter 
benutzt  habe.  Aus  den  letztgenannten  umständen  ergiebt  sich : 
„eum  graecis  literis  magis  quam  latinis  fuisse  doctum  .  .,  also  ein 
endresultat,  das  der  mehrfach  citierten  Hense'schen  meinung 
entgegensteht. 


330  61.  Alte  geschichte.  Nr.  5. 

Die  in  flüssigem  und  gewähltem  latein  geschriebene  abhand- 
lung  ist  somit  sehr  beachtenswerth  und  als  werth voller,  äußerst 
dankenswerther  beitrag  zur  kenntniß  des  artigraphen  zu  regi- 
strieren. — 

Zum  schluß  ein  kurzes  verzeichniß  der  ungenauigkeiten  im 
druck,  die  mir  aufgefallen  sind.  P.  3,  23  muß  „esse"  vor  „cen- 
seret"  getilgt  werden;  p.  10,  8  ist  statt  Bergk,  p.  lyr.  IIP, 
1274:  1275  zu  lesen,  ebenso  p.  10,17  statt  Aen.  I,  667:  663. 
p.  11,  24  statt  383:  379  und  ibid.  35  statt  188:  184-,  p.  14, 
23  statt  13:  14  und  ibid.  34  statt  14:  12,  dementsprechend 
auch  p.   15,   1   statt   17:   15.  Heinr.  Reimann. 

61.  Weltgeschichte  von  Leopold  vonRanke.  Vierter 
theil.  Das  kaiserthum  in  Konstantinopel  und  der  Ursprung  ro- 
manisch-germanischer königreiche.  Erste  und  zweite  abtheilung. 
Erste  bis  dritte  aufläge.  Leipzig,  Verlag  von  Duncker  und 
Humblot  1883.     8.     20  mk. 

Der  vierte  theil,  der  mit  gewohnter  präcision  an  der  Jahres- 
wende erschienen  ist,  schildert  in  seiner  ersten  abtheilung  die 
kaiser,  die  kirche  und  die  invasionen  der  Germanen  vom  vierten 
bis  in  das  sechste  Jahrhundert,  während  die  zweite  Iustinian  und 
die  definitive  festsetzung  germanischer  Völker  im  westen  des  reichs 
behandelt  und  gleich  den  früheren  bänden  am  Schlüsse  „ana- 
lekten"  gibt,  die,  wie  alle  diese  quellenuntersuchungen,  nicht  von 
subjectivität  frei  sind. 

Keine  periode  der  alten  geschichte  ist  so  bedeutend  für  die 
Weltgeschichte  wie  diese,  in  welcher  neben  dem  sinkenden  kai- 
serthum ,  das  nur  noch  die  kraft  hat ,  im  osten  eine  eigenartige 
Schöpfung  ins  leben  zu  rufen,  die  machtstellung  der  kirche  be- 
gründet und  der  westen  die  beute  der  Germanen  wird;  chri- 
stenthum  und  Germanenthum  werden  die  beherrschenden  mächte 
der  folgezeit.  Zum  letzten  male  vereinigte  sich  in  Constantius  II. 
die  gewalt  des  kaiserthums  und  die  moralische  macht  der  christ- 
lichen kirche,  doch  in  der  weise  ,  daß  die  kirche  von  der  welt- 
lichen gewalt  abhängig  sein  und  bleiben  sollte;  kein  kaiser  vor 
und  keiner  nach  ihm  hat  so  klar  diesen  gedanken  erfaßt  und 
war  so  nahe  daran,  ihn  zu  verwirklichen.  Schon  unter  Gratian, 
Valentinian  II.  und  Theodosius  I.  war  daran  nicht  mehr  zu 
denken,  und  der  triumph  der  kirche  war  vollendet  als  unter  den 


Nr.  5.  61.  Alte  geschiente.  331 

gefahren,  welche  das  eindringen  der  (iernianen  dem  reiche 
brachte,  der  dogmatische  Zwiespalt,  der  so  lange  eine  machtstel- 
lung  der  kirche  gehindert  hatte,  durch  die  synode  von  Chalkedon 
einen  mittelpunkt  fand,  in  dem  sich  Orient  und  occident  einigen 
konnten ;  in  letzter  linie  war  es  doch  der  römische  bischof  ge- 
wesen, dessen  wort  jetzt  auch  für  den  Orient  maßgebend  wurde ; 
er  trat  gewissermaßen  gleichberechtigt  und  paktirend  mit  dem 
kaiserthron  in  Konstantinopel  auf.  Parallel  dieser  entwickelung 
läuft  die  germanische  invasion,  deren  hauptzüge  in  meisterhafter 
darsteUung  vorgeführt  werden ,  auch  hier  überall  mit  erstaunli- 
cher kenntniß  der  details. 

Ranke  sucht  überall  die  beziehungen  der  ereignisse  auf  den 
weltgeschichtlichen  gang  herzustellen;  im  einzelnen  geschieht 
dies  manchmal  nicht  ohne  gewaltsamkeit.  Wie  im  dritten  bände 
(1,211)  der  jüdische  und  der  britannische  aufstand  in  bezug  auf 
die  äußere  macht  in  Zusammenhang  gebracht  werden  und  sogar 
in  der  religiösen  bedeutung  des  sieges  ein  innerer  Zusammen- 
hang gefunden  wird,  da  in  Britannien  die  vornehmste  keltische 
opferstätte  vernichtet  wurde ,  während  in  Iudäa  der  im  sinne 
des  religiösen  particularismus  geleistete  widerstand  schritt  für 
schritt  vor  den  warfen  der  Römer  wich,  so  wird  im  vierten  bände 
die  erhebung  des  Magnentius  mit  der  kriegführung  des  Constan- 
tius  gegen  die  Perser  in  Zusammenhang  gebracht.  Wenn  hier 
nicht  die  bedeutung  des  kirchlichen  eifers  des  Constans  unter- 
schätzt wäre ,  welcher  die  noch  immer  mächtige  und  zahlreiche 
partei  der  heiden  beleidigt  hatte ,  sein  heranziehen  deutscher 
truppen  sowie  seine  schlechte  beamtenwirthschaft  —  Magnentius 
erscheint  Wilm.  Exempl.  I.  Lat.  no.  1086  als  liberator  orbis  Romani, 
restitutor  libertatis  et  reipubl.  conservator  militum  et  provincialium  —  so 
hätte  sich  jene  anknüpfung  vielleicht  weniger  entgegengedrängt ; 
die  empörer  fühlten  sich  des  anhangs  im  westen  zu  sicher,  als  daß 
sie  durch  die  kriegerischen  Verwicklungen  im  osten  wesentlich 
beeinflußt  werden  konnten.  —  Zu  einigem  Widerspruche  fordert 
auch  die  beurtheilung  Iulians  heraus.  Nach  Ranke  „zeugen 
seine  Schriften  von  reicher  begabung  und  hervorragendem  ta- 
lente ;  unter  den  hervorbringungen  der  zeit  gebührt  ihnen  eine 
der  ersten  stellen".  Letzteres  mag  man  zugeben ,  aber  sicher 
haben  die  Schriften  Iulians  wenig  originelles ;  ein  jagen  nach 
citaten ,    gleichnissen    und    frostigen  witzen   muß   oft  die  eignen 


332  61.  Alte  geschichte.  Nr.  5. 

gedanken  ersetzen-,  und  wenn  er  sich  selbst  für  einen  philoso- 
phen  hält,  so  ist  er  doch  wesentlich  rhetor,  von  seinen  gegnern 
nicht  ganz  unrichtig  doctor  umbratilis  specie  doctrinae  stolidus  ge- 
nannt. Aber  diese  literarische  thätigkeit  erscheint  bei  ihm  auch 
in  recht  unpassender  und  schädlicher  weise  mit  der  politischen 
verquickt.  Auch  der  mangel  an  innerer  festigkeit  tritt  doch 
sehr  bezeichnend  an  ihm  hervor.  —  Ebenso  dürfte  für  den  ein- 
fall  der  Lentienser  unter  Gratian  schwerlich  „das  germanische 
gemeingefühl"  der  grund  gewesen  sein,  eher  die  hoffhung  unge- 
straft rauben  zu  können.  —  Jedenfalls  unsicher  ist  die  4,  2,  8 
ausgesprochene  behauptung,  der  präfekt  Valerians  Balista,  der 
von  Odaenathus  gestürzt  wurde ,  sei  ein  Anicier  gewesen ;  denn 
die  ihm  zugeschriebenen  münzen  mit  dem  namen  Serv.  Anicius 
Balista  werden  von  Eckhel  DN.  7,  p.  461  und  Cohen  5  p.  8 
für  unecht  gehalten. 

Die  analekten  beschäftigen  sich  mit  Eusebius,  Zosimus, 
Procopius ,  Iordanes  und  Gregor  von  Tours.  Das  resultat  der 
Untersuchung  ist  für  Eusebius  sehr  günstig.  Man  müsse  sich, 
meint  Bänke,  immer  bei  der  darstellung  des  Eusebius  des  ge- 
dankenganges  erinnern ,  der  ihm  eigen  sei ,  alles  beruhe  darauf, 
daß  sich  Constantin  um  den  sieg  des  wahren  glaubens  unend- 
lich verdient  gemacht  habe  und  von  Gott  unmittelbar  dafür  be- 
lohnt worden  sei ;  der  habe  ihm  langes  leben ,  viele  siege  und 
ein  glückliches  ende  verliehen.  Daß  dabei  die  menschlich- 
keiten  zurücktreten ,  verstehe  sich  von  selbst ;  an  der  Wahrheit 
der  thatsachen  der  lebensbeschreibung  dürfe  man  nicht  zweifeln. 
Besonderes  interesse  bietet  der  versuch,  den  Widerspruch  zwischen 
dem  bericht  der  kirchengeschichte  des  Eusebius  und  der  vita 
über  die  wunderbare  kreuzeserscheinung  zu  erklären.  Daß  der 
bericht  der  letzteren  erfunden  sei,  hält  Ranke  für  unmöglich. 
Warum?  „Eusebius  würde  ein  verbrechen  an  der  historischen 
Wahrheit  begangen  haben,  was  man  dem  um  die  allgemeine  ge- 
schichte hochverdienten  bischof  nimmermehr  zutrauen  kann". 
Ranke  sucht  die  sache  so  zu  erklären,  daß  der  bischof  wirklich 
den  Vorfall  von  Konstantin  erfahren  habe,  dessen  Stimmung  im 
entscheidenden  augenblicke  sich  mit  Sicherheit  aus  dererzählung 
abnehmen  lasse.  „Diese  aber  beruhte  auf  einer  von  langer  hand 
angebahnten,  in  der  tiefe  der  seele  ruhenden,  religiösen  Überzeu- 
gung ,    die    inmitten    der    krise    die    oberhand    behielt".     Es  ist 


Nr.  5.  61.  Alte  geschichte.  333 

natürlich  sehr  schwierig,   diese  frage  in  diesem  oder  einem  andern 
sinne  zu  entscheiden ;  Konstantin  war  unzweifelhaft  eine  religiöse 
natur,  und  ebenso  sicher  war  er  kryptochrist,  und  wenn  er  auch  den 
confessionslosen  staat  über  die  religion  stellen  wollte ,  so  hat  er 
doch    durch    letztere   eigenschaft   sein    werk    selbst   untergraben. 
Aber  ob  man  deshalb  von  einer  tiefen,    in    der   seele   ruhenden 
Überzeugung  bei  Konstantin  sprechen  darf,  ist  doch  eine  andere 
frage ,    die  münzen  tragen  allerdings  jene  zeichen  Christi ,  Kon- 
stantin hat  für  seine  söhne  christliche  lehrer  gewählt ,    die  Chri- 
sten stark  bevorzugt ,  ja  er  hat  sich  ,  wenn  Eusebius  hier  recht 
hat ,   auf  dem  todtenbett  taufen  lassen ;    aber  Eusebius  läßt  ihn 
an  seinem  hofe  reden  halten,  die  allerdings  entschieden  religiös, 
aber  durchaus  farblos  sind ,  und  damit  stimmen  die  zahlreichen 
mit  dem  heidenthum  in  Verbindung  stehenden  anordnungen,  die 
Konstantin  doch  auch  getroffen  hat.     Man  wird  vielleicht  sagen 
können ,     Konstantin    habe    sich    in    späteren  jähren    mehr    und 
mehr    von    seiner    göttlichen    mission    durchdrungen    gefühlt  und 
dem  bischof  zum  zeichen  der  beglaubigung  jene  erscheinung  er- 
zählt; ob  er  sie  deshalb  wirklich  selbst  geglaubt,  ist  damit  noch 
nicht  entschieden,  um  so  weniger,  als  doch  die  vermuthung  nahe 
liegt,  Konstantin  habe  sich  als  gottbegnadet  hingestellt,  um  die 
erinnerung    an    seine    minder    rühmlichen    thaten  zu  verwischen. 
Andererseits  ist  doch  die  annähme  auch  zu  begründen,  daß  der 
bischof  mit  seiner  vita  eine  vertheidigung  des  kaisers  gegen  die 
angriffe  der  heidnischen  Schriftsteller   mit  wissen ,   ja    nach    dem 
Wunsche  Konstantins    unternommen    hat ,    wobei    er    von    diesem 
mit  material  unterstützt  wurde.     Auch  darin  werden  wahrschein- 
lich nicht  viele  Ranke  zustimmen ,  wenn  er  meint,  Eusebius  ge- 
rathe  nicht  mit  sich  in  Widerspruch,  wenn  er  von  allen  kriege- 
rischen Verwicklungen  absehen  zu  wollen  erklärt  und  doch  kriegeri- 
scher Unternehmungen  und  ihrer  erfolge  gedenke,  da  er  in  diesen 
nur  die  geistigen  motive  hervorhebe ;   dazu  bedurfte  es  doch  nicht 
der    Schilderungen   1,   12 — 23;    26 — 40,  4,  5,  6;    noch  weniger 
erklären    sich    bei    dieser    annähme   1,  49 — 59;    2,   1.  2.     Auch 
die  Widersprüche  zwischen  der    lebensbeschreibung  und  der  kir- 
chengeschichte    werden    sich    nicht    allen  wie  Ranke  als  „wenig 
bedeutend"  beweisen.     Wie  stimmt  weiter   zu  der  von  Eusebius 
so  sehr  betonten  kürze,  deren  er  sich  befleißigen  will,    die   aus- 
führliche   wiedergäbe    des    christenedikts  2 ,    24 — 42 ,    nachdem 
Piniol.  Anz.  XIV.  23 


334  61.  Alte  geschichte.  Nr.  5. 

dasselbe  2,  20,  21  schon  genügend  erwähnt  war?  und  die  des 
rescripts  an  die  provinzialen  im  Orient  2,  47 —  60,  namentlich 
mit  c.  45  zusammengehalten?  (Vgl.  die  schrift  von  P.  Meyer 
De  vita  Constantini  Eusebiana ,  progr.  des  gymnas.  zu  Crefeld 
1883).  —  Die  angaben  Eckhels  über  das  erscheinen  des  labarum 
sind  nach  den  Untersuchungen  von  Madden ,  Christian  emblems 
ort  the  coins  of  Constantine  I  the  Great,  his  family  and  his  successors 
Num.  Chron.  1877,  11  ff.,  242  ff,  1878,  1  ff.,  169  ff.  nicht  mehr 
ganz  zutreffend;  aber  auch  letztere  werden  von  einem  der  be- 
deutendsten besitzer  Konstantinischer  münzen ,  dem  grafen  von 
Westphalen,  als  vielfach  ungenau  bezeichnet. 

Bei  Iordanes'  Getica  gelangt  Ranke  zu  dem  ergebnisse,  daß 
dieselben  zwar  als  eine  auf  historischen  Vorstudien  basirte,  aber 
zugleich  auf  den  moment  angelegte ,  politisch  -  historische  arbeit 
über  die  geschichte  der  Gothen  anzusehen  seien.  Aus  einer  ver- 
gleichung  der  Romana  und  Getica  wird  die  vermuthung  abge- 
leitet, daß  Cassiodorius  der  intellektuelle  Urheber  der  schrift  des 
Iordanes,  deren  inhalt  ihm  selbst  formell  angehörte,  gewesen  sei. 
Er  habe  seiner  ursprünglichen  darstellung,  die  sich  nur  auf  das 
verhältniß  zu  Rom  bezog,  die  wendung,  durch  welche  Konstan- 
tinopel in  die  fragen  der  politik  gezogen  wurde,  selbst  gegeben 
oder  doch  zugelassen,  daß  ihr  eine  solche  gegeben  wurde.  Diese 
annähme  würde  alle  die  Schwierigkeiten,  die  sich  aus  der  vor- 
rede ,  die  aus  einem  fremden  werke  entlehnt  ist ,  und  dem  ver- 
hältniß der  texte  ergeben ,  beseitigen.  Iordanes  hätte  nur  den 
namen  gegeben,  durch  welchen  der  eigentliche  Ursprung  verborgen 
gehalten  werden  sollte ;  er  wäre  mehr  redactor  als  autor.  Ich  fürchte, 
der  berühmte  historiker  wird  nicht  viele  anhänger  für  diese  an- 
nähme finden.  Sicherlich  hätte  Cassiodorius,  wenn  er  einen  Strohmann 
vorschieben  wollte,  einen  minder  oberflächlichen  und  unwissenden 
gewählt  als  Iordanes.  Die  von  Ranke  in  bezug  auf  Constanti- 
nopel  gegebene  vermuthung  erklärt  sich  durch  die  annähme, 
daß  Iordanes,  wie  Schirren  annimmt,  in  Constantinopel  schrieb, 
oder  daß  er,  wie  Mommsen  meint,  als  kind  der  Donauprovinzen 
die  dortigen  Verhältnisse  genau  kannte  und  besonderes  interesse 
dafür  bewies,  zur  genüge  (Mommsen  p.  XIII— X.)  Auch  geht 
Ranke  überall  von  der  annähme  aus  (s.  p.  313  „ungleich  wich- 
tiger ist  sein  genanntes  werk,  dem  er  wahrscheinlich  mit  bezug 
auf  das  erste  etc."),  daß  die  Romana  vor  den  Getica  vollendet 


Nr.   G.  Bibliographie.  335 

seien,  während  doch  kein  grund  vorliegt,  die  angäbe  des  Iordanes 
Rom.  praef.  5  quam  iamdudum  —  edidissem  zu  bezweifeln ,  wie 
Mommsen  p.  XV  und  XXIX  nachgewiesen  hat;  schon  dadurch 
verliert  aber  seine  annähme  eine  wesentliche  gruncllage ;  auch 
ist  das,  was  Mommsen  über  das  verhältniß  beider  Schriften  be- 
züglich des  inhalts  p.  XXIX  vorgebracht  hat,  nicht  widerlegt. 
So  dürfte  im  wesentlichen  die  annähme  richtig  sein,  daß  Iordanes 
in  beiden  Schriften  Cassiodorius  mehr  oder  minder  stark  benutzt 
(Mommsen  p.  XLIV),  aber  die  lokale  färbung  und  die  politische 
tendenz  ganz  unabhängig  von  letzterem  dazu  gegeben  hat,  falls 
man  überhaupt  von  letzterer  sprechen  kann ,  wenn  damit  mehr 
gemeint  ist ,  als  eine  naive  Verherrlichung  der  Gothen ,  deren 
Übertreibungen  doch  schwerlich  dem  Senator  zur  last  gelegt 
werden  dürfen.  Hermann  Schüler. 

Bibliographie. 

Erschienen  ist :  Nekrolog  für  Conrad  Bursian  von  Richard 
Richter  und  nekrolog  für  Wilhelm  C'lemm  von  Hermann  Schiller, 
beides  separat -abdrücke  aus  Iwan  Müllers  biographischem  Jahr- 
buch für  alterthumskunde,  Berlin,   Calvary  u.   co. 

Versendet  ist  von  Le  Monnier's  nachfolger  in  Florenz  die 
ankündigung  folgenden  werkes :  Collezione  Fiorentina  di  Facsimili 
paleograföci  greci  e  latini  illustrati  da  Girolamo  V Hellt  e  C e- 
sare  Paoli,  Professori  del  R.  Istituto  di  Studi  Superiori  in  Fi- 
renze.  —  In  Italien  legt  man  jetzt  großes  gewicht  auf  die  pa- 
läographie :  daher  hat  dies  werk  das  R.  Istituto  di  Studi  supe- 
riori in  Firenze  veranlaßt  5  es  bezweckt  die  wichtigsten  paläogra- 
phischen  facsimilia  aus  den  florentinischen  archiven 
und  bibliotheken  dem  gelehrten  publicum  zngänglich  zu 
machen.  Es  geschieht  dies  durch  dem  original  täuschend  ähn- 
liche abbildungen  in  unveränderlichem  druck  (heliogravure),  die 
von  erklärendem  text  begleitet  sind.  —  Die  bedeutung  der  flo- 
rentinischen archive  und  bibliotheken  ist  in  der  gelehrten  weit 
zur  genüge  bekannt.  Aus  den  schätzen  der  Biblioteca  Lau- 
renziana,  Nazionale,  Riccardiana  und  Mar  uc  e  lli  ana, 
des  R.  Archivio  di  Stato,  des  Museo  di  San  Marco 
und  verschiedenen  privat  -  Sammlungen  haben  die  beiden  ken- 
ner  auf  diesem  gebiet ,  Girolamo  Vitelli ,  professor  der  griechi- 
schen und  lateinischen  spräche,  sowie  der  griechischen  pa- 
läographie  und  C'esare  Paoli,  professor  der  lateinischen  paläogra- 
phie  und  der  diplomatik,  eine  auswahl  der  am  meisten  interesse 
bietenden  handschriften  getroffen ,  von  denen  zudem  ein  großer 
theil  bisher  noch  gänzlich  unbekannt  oder  wenig  bekannt  war. 
—  Dem  paläographen,  sowie  jedem  gelehrten,  der  als  philologe 


336  Bibliographie.  Nr.  6. 

oder  historiker  sich  mit  dem  classischen  alterthum  und  mittel- 
alter  beschäftigt,  ist  hiermit  ein  reiches  material  für  neue  Stu- 
dien geboten.  —  Es  sei  bemerkt,  daß  die  erläuterungen  sich 
nicht  nur  auf  die  abbildungen  beziehen ,  sondern  auch  vielfach 
in  eingehender  weise  den  ganzen  codex,  die  eigenheiten  der  co- 
pisten  u.  a.  kritisch  beleuchten.  —  Das  ganze  werk  soll  300 
tafeln  in  großfolio  umfassen  und  in  12  lieferungen,  jede  zum 
preise  von  40  mark  erscheinen :  die  lieferungen  werden  auch  ein- 
zeln abgegeben.  Aus  dem  ersten  hefte  heben  wir  als  für  philolo- 
gen  wichtig  hervor,  von  Griechen  die  facsimiles  von  Aescbylos, 
Laur.  32,  9,  Oppian,  Laur.  31,  3,  Demosthenes,  Laur.  59,  9, 
Aristoteles,  Laur.  72,  5,  Dio  Chrysostomos,  Conv.  Soppr.  114, 
Lucianus,  Conv.  Soppr.  77,  daneben  kirchenväter  wie  Johann 
Chrysostomos ,  Gregor  von  Nazianz ;  —  von  Lateinern  Horaz, 
s.  XIV,  Tacitus  s.  IX ,  Orosius  s.  VI ,  daneben  mancherlei  do- 
cumente  aus  dem  mittelalter,  briefe  von  Petrarka  u.  s.  w. 

Es  ist  erschienen  Bibliotheca  philologica  herausgegeben  von 
G.  Kossinna  Jahrg.  36,  heft  1,  Januar  bis  juni  1883,  Göttingen 
bei  Vandenhoeck  und  Ruprecht. 

Ausgegeben  ist:  Verzeichnis  ausgewählter  werke  aus  dem 
Verlage  der  Weidmannschen  buchhandlung  in  Berlin,  welche  zu  be- 
deutend ermäßigten  preisen  durch  alle  buchhandlungen  zu  be- 
ziehen sind.  Gültig  bis  zum  Schlüsse  des  Jahres  1884 ,  soweit 
die  dazu  bestimmten  vorräthe  reichen.  —  (Enthält  sehr  viele 
wichtige  philologische  artikel.) 

Mittheilungen  der  Verlagsbuchhandlung  B.  G.  Teubner  in 
'Leipzig,  1884  nr.  1  enthalten  in  abtheil.  1  angaben  über  fol- 
gende nächstens  erscheinende  werke  :  Comicorum  Atticorum  frag- 
menta  ed.  Th.  Koch,  vol.  II,  p.  1;  —  Glossae  nominum  ed. 
Gust.  Loeive:  accedunt  ejusdem  in  Glossaria  latina  coniectanea 
collecta  a  G.  Goetz  -,  —  der  saturnische  vers  und  seine  denkmäler 
von  Lucian  Müller ;  —  Vergil  und  die  epische  kunst  von  H.  Th. 
Plüß;  —  [Aristotelis  ethica  Eudemia]  Eudemi  Khodii  ethica,  ad- 
iecto  de  virtutibus  et  vitiis  libello ,  recognovit  Fr.  Susemihl  •  — 
Herodoti  historiarum  11.  IX  edidit  H.  Dietsch ;  edit.  altera,  cu- 
ravit  H.  Rallenberg. 

Verlagsbericht  von  Fr.  A.  Perthes  in  Gotha,  darin  zweiter 
bericht  über  die  sogenannte  Bibliotheca  Gothana,  Schulausgaben 
griechischer  und  lateinischer  classiker  mit  deutschen  anmerkun- 
gen ,  welche ,  so  viel  wir  gesehen  haben ,  auf  etwas  niedriger 
stufe  zu  stehen  scheinen.  Aus  dem  übrigen  verlag  ist  hervor- 
zuheben: Orbis  terrarum  antiquus  in  scholarum  usum  descriptus 
ab  A.  von  Kampen,  der  nächstens  im  Ph Anzeiger  besprochen 
werden  wird  ;  ferner  Spruner- Bretschneider  historischer  wand-atlas, 
10  karten  zur  geschichte  Europas  im  mittelalter  bis  auf  die 
neuere  zeit,  3.  aufläge. 


Nr.   6.  Bibliographie.  337 

Verzeichnis  von  Schulbüchern  aus  dem  verlag  der  Weid- 
mann'schen  buchhandlung  in  Berlin. 

Ausgegeben  sind :  Bericht  über  die  durch  prof.  W.  Oncken 
herausgegebene  „Allgemeine  geschichte  in  einzeldarstellungen", 
verlag  von  G.  Grote  in  Berlin,  —  ferner  Denkmäler  des  classi- 
schen  alterthums  zur  erläuterung  des  lebens  der  Griechen  und 
Römer  .  .  .  lexicalisch  bearbeitet  und  in  Verbindung  mit  einer 
reihe  gelehrten  herausgegeben  von  A.  Baumeister ,  verlag  von 
R.  Oldenbourg  in  München  und  Leipzig:  der  prospect  enthält 
näheres  über  die  art  des   werkes. 

Versandt  ein  prospect  der  „Bibliothek  sämmtlicher  griechi- 
scher und  römischer  classiker  ins  deutsche  übertragen  und  mit 
kritischen  anmerkungen  versehen  ,  im  verlag  von  A.  Werther  in 
Stuttgart. 

Von  dem  in  Turin  bei  H.  Löscher  erscheinenden  Giornale 
storico  della  litteratura  italiana  sind   prospecte  versendet. 

Ausgegeben  sind  die  beiden  ersten  hefte  nebst  einem  aus- 
führlichen prospecte  des  von  W.  H.  Röscher  und  Th.  Schreiber 
in  verein  mit  einer  reihe  gelehrten  bearbeiteten  lexicon  der  griechi- 
schen und  römischen  mythologie,  in  verlag  von  B.  G.  Teubner. 

Der  Reichsanzeiger  enthält  mittheilungen  über  folgende  ca- 
taloge  der  antiquare:  Joseph  Baer  u.  comp,  in  Frankfurt  a.  M. 
und  Paris  nr.  139  in  nr.  76,  nr.  140  in  nr.  78,  nr.  141  und 
antiquarischer  anzeiger  nr.  340  in  nr.  82 ;  —  Lehmann  und 
Lutz  in  Frankfurt  a.  M.  nr.  46  in  nr  68 ;  —  Schletter' sehe  buch- 
handlung (Franck  und  Weicherd)  in  Breslau  in  nr.   56. 

Cataloge  der  antiquare:  catalog  nr.  62  von  lsaac  St.  Goar 
in  Frankfurt  a.  M.,  classische  philologie,  nr.  63  von  demselben, 
alterthumswissenschaft :  beide  cataloge  enthalten  die  nachgelas- 
senen bibliotheken  des  dr.  E.  Brentano  in  Frankfurt  a.  M.  und 
des  oberschulrath  professor  Ph.  Krebs  in  Weilburg;  nr.  683 
bücherlager  von  Kirchhoff  und  Wigand  in  Leipzig ;  —  nr.  28 
von  Weiß  und  Schach  in  Leipzig,  alle  für  classische  philologie 
zu  beachten. 

Verzeicbniß  der  wichtigeren  Publikationen  auf  dem  gebiete  der  alter- 
thumswissenschaft.    1884.     IV. 
Deutschland.     Oesterreich.     Schweiz. 

297.  Anagnostopulos,  Georgios,  mal  rrjs  Xnuviyr^  ImTo/ttje  iov  Buq- 
ßdoov.     Diss.     Jena  1884.     40  p.     1  mk. 

298.  Anonymi  de  situ  orbis  libri  IL  E  cod.  Leid,  nunc  primum 
ed.  Max.  Manitius.     Stuttgart,  Cotta  1884.     8.     XV,  97  p.     5  mk. 

299.  Balkis,  Emil,  Grrammatica  Plautina.  Spec.  1.  2.  Berlin, 
Mayer  u.  Müller  (1884).     8.  und  4.     50  und  11  p.     2  mk. 

300.  Bender,  über  die  ausspräche  des  lateinischen.  Vortrag. 
Tübingen  1883,  Fues.  8.  11  p.  40  pf.  (Aus  Correspondenz-blatt  d. 
Württemb.  gelehrtsch.). 

301.  Bergk,  Theod.,  beitrage  zur  römischen  Chronologie  hrsg.  v. 
Gust.  Hinrirhs.    Leipzig,   Teubner  1884.     8.     84  p.     (Aus  Fleckeisens 

jahrbb.  f.  philol.     Suppl.-bd.  XIII).     2  mk.  40  pf. 


338  Bibliographie.  Nr.  6. 

302.  Biese,  Alfr.,  die  entwicklung  des  naturgefühls  bei  den  Grie- 
chen und  Römern.  2.  theil:  die  entwicklung  des  naturgefühls  bei  d. 
Römern.     Kiel,  Lipsius  u.  Tischer  1884.     8.     VI,  210  p.     4  mk. 

303.  Brambach ,  Wilh. ,  hülfsbüchlein  für  lateinische  rechtschrei- 
bung.     3.  aufl.     Leipzig,  Teubner  1884.     8.     VIII,  68  p.     75  pf. 

304.  Cicero's  rede  für  S.  Roscius  aus  Ameria.  Mit  den  Testimo- 
nia  veterum  und  dem  Scholiasta  Gronovianus  hrsg.  u.  erkl.  von  dr. 
Gust.  Landgraf.  IL  hälfte.  Commentar.  Erlangen,  Deichert  1884. 
8.    p.  119-427.     4  mk. 

305.  Cohn,  Leopold,  Untersuchungen  über  die  quellen  der  Plato- 
scholien.  Leipzig,  Teubner  1884.  8.  94  p.  2  mk.  40  pf.  (Aus  Fleck- 
eisen's  jahrbb.  f.  philol.    Suppl.-bd.  XIII.) 

306.  Comelii  Nepotis  vitae  ed.  Geo.  Andresen.  Prag ,  Tempsky 
u.  Leipzig,  Freytag  1884.     8.     60  pf. 

307.  Cornelius  Nepos.  Für  den  schulgebr.  mit  erklär,  anmer- 
kungen  hrsg.  v.  Gustav  Gemss.  Paderborn,  F.  Schöningh  1884.  8.  XII, 
197  p.     1  mk.  20  pf. 

308.  Deecke,  W. ,  etruskiscbe  forschungen  und  studien.  Heft  4. 
Beiträge  zur  erforschung  der  etruskischen  spräche  von  Sophus  Bugge, 
1.  Sammlung.  Stuttgart,  Heitz  1884.  8.  XIII,  265  p.  12  mk.  Heft  5: 
die  etruskischen  bilinguen  von  W.  Deecke.  (Der  etrusk.  forsch,  hft.  6). 
Ebda.     VIII,  163  p.     6  mk. 

309.  Doblhoff,  J.,  auf  dem  trümmerfelde  Aventicum's  dem  „Caput 
Helvetiorum".  Eine  studie.  (Aus  Monatsblätter  des  wissenschaftl. 
clubs.)     Wien  1883.     8.     (Basel,  Schwabe.)     40  p.    2  taff.     2  mk. 

310.  Fehleisen,  Geo.,  zur  rettung  des  Tacitus.  Tübingen,  Fues 
1881.  8.  15  p.  40  pf.  (Aus  Correspondenz-blatt  für  d.  Württenib. 
gelehrtensch.). 

311.  Flach,  Hans,  Württemberg  und  die  philologie.  Stuttgart, 
Metzler  1884.     8.     40  p.     60  pf. 

312.  Franz,  Wilh.,  die  lateinisch-romanischen  demente  im  alt- 
hochdeutschen.    Straßburg,  Trübner  1884.     8.     V.  79  p.     1  mk.  80  pf. 

313.  Geschichtschreiber,  die,  der  deutschen  vorzeit.  2.  gesammt- 
ausgabe.  Bd.  I :  die  Römerkriege  aus  Plutarch,  Caesar,  Velleius,  Sue- 
tonius,  Tacitus.  Tacitus  Germania  übers,  v.  J.  Horkel.  2.  aufl.  Neu 
bearb.  u.  eingeleitet  von  W.  Wattenbach.  1.  abth.  Leipzig,  F.  Dun- 
cker  1884.     8.     XII,  212  p.     3  mk. 

314.  Giesing,  Friedr. ,  de  scholiis  Platonicis  quaestiones  selectae. 
Pars  I:  De  Aeli  Dionysi  et  Pausaniae  Atticistarum  in  scholiis  frag- 
mentis.     Leipzig  1883.     8.     1  mk.  20  pf.     Diss. 

315.  Gregorovius ,  Ferd.,  der  kaiser  Hadrian.  Gemälde  der  rö- 
misch-hellenischen weit  zu  seiner  zeit.  3.  aufl.  Stuttgart,  Cotta  1884. 
8.     X,  505  p.     10  mk. 

316.  Heiberg,  J.  L.,  philologische  Studien  zu  griechischen  mathe- 
matikern.  Leipzig,  Teubner  1884.  8.  37  p.  (Aus  Fleckeisens  jahrbb. 
f.  philol.     Suppl.-bd.  XIII).     1  mk. 

317.  Herzog,  Ernst,  geschichte  und  system  der  römischen  Staats- 
verfassung. 1  bd.:  königszeit  und  republik.  Leipzig,  Teubner  1884. 
8.     LXIII,  1188  p.     15  mk. 

318.  Heydemann ,  Heinr.,  Alexander  der  große  und  Dareios  Ko- 
domannos  auf  unteritalischen  vasenbildern.  Mit  1  doppeltafel  und  2 
holzschn.  (8.  Hallisches  Winckelmannsprogr.).  Halle,  Niemeyer  1883. 
4.     26  p.     2  mk. 

319.  Hilgenfeld,  Adolf,  die  ketzergeschichte  des  urchristenthums. 
Urkundlich  dargestellt.     Leipzig,  Fues  1884.     8.     X,  642  p.     12  mk. 

320.  Homeri  Iliadis  carmina  seiuncta  discreta  einen  data  prolego- 


Nr.   6.  Bibliographie.  339 

menis  et  apparatu  critico  instructa  ed.  Gull.   Christ.     Pars  I.     Leipzig, 
Teubner  1884.     8.     IV,  398  p.     8  mk. 

321.  Horatins  Flaccus,  Q.,  rec.  atque  interpretatus  est  Jo.  Gasp. 
Orellius.     Ed.  minorem  VI  post  Jo.  Geo.  Baiterum  cur.   Guil.  Hirsch- 

felder.     Vol.  II,  2  fasc.     Berlin,  Calvary  u.  co.  1884.     8.     p.  249—559. 
2  mk.  25  pf. 

322.  Horawitz ,  Adalb. ,  griechische  studien.  Beiträge  zur  ge- 
schichte  des  griechischen  in  Deutschland.  1.  stück.  Berlin  ,  Calvary 
u.  co.  1884.     8.     42  p.     2  mk. 

323.  Humboldt,  Wilh.  von,  sprachphilosophische  werke  hrsg.  und 
erkl.  von  H.  Steinthal.  2.  hälfte.  Berlin,  Dümmler  1884.  8.  p.  257 
—  699.     12  mk. 

324.  Jordan ,  Beinr. ,  quaestiones  archaicae.  Königsberg,  (Här- 
tung) 1884.     4.     13  p.     1  mk.  50  pf. 

325.  Iuvenalis  et  Persii  fragmenta  Bobiensia  ed.  a.  Geo.  Goetz. 
Jena  1884.     4.     10  p.     70  pf. 

326.  Kaerst ,  J.,  kritische  Untersuchungen  zur  geschichte  des 
zweiten  Samniterkriegs.  Leipzig,  Teubner  1884.  8.  47  p.  1  mk.  20  pf. 
(Aus  Fleckeisens  jahrbb.  f.  philol.     Suppl.-bd.  XIII.) 

327.  Kampen,  Alb.  von,  orbis  terrarum  antiquus  in  scholarum 
usuni  descriptus.     Gotha,  Perthes  1884.     quer  4.     16  karten.     2  mk. 

328.  Klinqer,  Geo.,  de  decimi  libri  Livii  fontibus.  Diss.  Leipzig 
1884.     8.     2  mk. 

329.  Kraetsch ,  Emil,  de  abundanti  dicendi  genere  Lucretiano. 
Diss.     Berlin,  Mayer  u.  Müller  1881.     8.     87  p.     4  mk.  80  pf. 

330.  Kraut,  über  den  stil  des  Livius  mit  besonderer  rücksicht 
auf  die  Livianische  syntax.  Vortrag.  Tübingen,  Fues  1882.  8.  13  p. 
40  pf.     (Aus  Corresp.-blatt  f.  d.  württemb.  gelehrtensch.). 

331.  Lijisius ,  Rieh.  Adalb.,  die  apokryphen  apostelgeschichten 
und  apostellegenden.  Ein  beitrag  zur  altchristl.  litteraturgeschichte. 
2.  bd.  2.  hälfte.  Braunschweig ,  Schwetschke  und  söhn  1884.  8. 
431  p.     11  mk. 

332.  Loeschche,  die  Enneakrunosepisode  bei  Pausanias.  Ein  bei- 
trag zur  topographie  und  geschichte  Athens.  Dorpat  1883.  4. 
26  p.     1  mk. 

333.  Luebbert,  Ed. ,  Commentatio  de  Pindaro  Clisthenis  Sicyonii 
institutorum  censore.     Bonn,  Cohen  u.  söhn  1884.     4.     18  p.     1  mk. 

334.  Luebke ,  Herrn.,  observationes  criticae  in  historiam  veteris 
Graecorum  comoediae  I.  de  comoediae  licentia  legibus  coercita,  II.  de 
Aristophanis  cum  aequalibus  poetis  comicis  amicitia  et  simultate. 
Berlin,  Mayer  u.  Müller  1883.     8.     59  p.     1  mk.  20  pf. 

335.  Madvig ,  J.  N. ,  syntax  der  griechischen  spräche,  besonders 
der  attischen  sprachform  für  schulen  und  für  jüngere  philol.  2.  verb. 
aufl.     Braunschweig,  Vieweg  u.  söhn  1884.     8.     X,  301  p.     5  mk. 

336.  Marinelli,  G.,  die  erdkunde  bei  den  kirchenvätern.  Vortrag. 
Deutsch  von  Ijudw.  Neumann.  Mit  einem  Vorworte  von  S.  Günther. 
Leipzig,  Teubner  1884.     8.    VIII,  87  p.     2  taff.     3  mk.  60  pf. 

337.  Matsat,  Heinr. ,  römische  Chronologie.  2.  bd.  Römische 
Zeittafeln  von  506  bis  219  v.  Chr.  nebst  zwei  nachtragen  zum  1.  bände. 
Berlin,  Weidmann  1884.     8.    VIII,  424  p.     8  mk. 

338.  Meyer,  Leo,  vergleichende  grammatik  der  griechischen  und 
latein.  spräche.  1.  bd.  2.  hälfte.  2.  auü.  Berlin,  Weidmann  1884. 
8.    VIII,  p.  641—1270.     9  mk. 

339.  Monumenta  Germaniae  historica  inde  ab  a.  D.  usque  ad- 
annum  MD  ed.  Societas  aperiendis  fontibus  rerum  Germanicarum  medii 
aevi.     Auctorum    antiquissimorum    torai  VI   pars  1.     Q.  Aurelii  Si/m- 


340  Bibliographie.  Nr.  6 

machi  quae   supersunt  ed.    Otto  Seeck.     Berlin,    Weidmann  1884.     4. 
CCXII,  355  p.     15  mk. 

340.  —  —  — .  Poetarum  latinorum  medii  aevi  tomi  II,  pars  1. 
Berlin,  Weidmann  1883.     4.     480  p.     12  mk. 

341.  —  —  — .  Scriptorum  rerum  Merovingicarum  tomi  I  pars  1. 
Gregorii  Turonensis  opera  ed.  W.  Arndt  et  B.  Krusch.  Pars  I:  Hi- 
storia  Francorum.     Hannover,  Hahn  1884.     4.     VIII,  450  p.     14  mk. 

342.  Müllenhoff,  Karl,  deutsche  alterthumskunde.  5.  bd.  1.  abth. 
Berlin,  Weidmann  1883.     8.     IV,  356  p.     10  mk. 

343.  Novdk,  J.  V.,  Piaton  und  die  rhetorik.  Eine  philologische 
studie.     Leipzig,  Teubner  1883.     8.     100  p.     2  mk.  40  pf. 

344.  Peter  sdor ff,  R,,  eine  neue  hauptquelle  des  Q.  Curtius  Rufus. 
Beiträge  zur  kritik  der  quellen  der  geschichte  Alexanders  des  großen. 
Hannover,  Hahn  1884.     8.     Ell,  64  p.     2  mk. 

345.  Plauti,  T.  Macci ,  comoediae  rec.  etc.  Fr.  Ritschelius  sociis 
operae  adsumptis  Gast.  Loewe ,  Geo.  Goetz,  Frid.  Schoell.  Tom.  II, 
fasc.  5 :  Poennlus  rec.  Ritschelii  schedis  adhibitis  Geo.  Goetz  et  Gust. 
Loewe.     Leipzig,  Teubner  1884.     8.     XXVI,  176  p.     5  mk. 

346.  Plutarch's  Themistokles  für  quellenkritische  Übungen  com- 
mentirt  u.  hrsg.  von  Adolf  Bauer.  Leipzig,  Teubner  1884.  8.  IV, 
104  p.     2  mk. 

347.  Poestion,  Jos.  Cal.,  aus  Hellas,  Rom  und  Thule.  Cultur-  u. 
litteraturbilder.     2.  (titel)-aufl.     Leipzig  (1882),  Friedrich.  184p.  2  mk. 

348.  Roesch ,  W. ,  über  den  griechischen  accent.  Vortrag.  Tü- 
bingen, Fues  1882.  8.  17  p.  (Aus  Correspondenz-blatt  f.  d.  würt- 
temb.  gelehrtensch.). 

349.  Saalfeld,  Günther  Alex.,  haus  und  hof  in  Rom  im  Spiegel 
griechischer  cultur.  Culturgeschichtl.  beitrage  zur  beurtheilung  des 
class.  altertbums  an  der  band  der  sprachwissensch.  gewonnen.  Pa- 
derborn, J.  Schoeningh   1884.     8.     VII,  274  p.     4  mk. 

350.  Sammlung  Sabouroff,  die.  Kunstdenkmäler  aus  Griechen- 
land hrsg.  von  Adolf  Furtwiingler.  5.  liefg.  Berlin,  Asher  u.  co.  10 
tafeln.     25  mk. 

351.  Sartorius ,  Max,  die  entwicklung  der  astronomie  bei  den 
Griechen  bis  Anaxagoras  und  Empedokles.  In  besonderem  anschluß 
an  Theophrast  dargestellt.  Halle  1883.  8.  (Aus  Zeitschr.  f.  philos.). 
66  p.     1  mk.  20  pf. 

352.  Schmidt,  Otto  Ed.,  die  letzten  kämpfe  der  römischen  repu- 
blik. I.  theil:  historische  studien.  Leipzig,  Teubner  1884.  8.  62  p. 
(Aus  Fleckeisens  jahrbb.  f.  philol.     Suppl.-bd.  XIII.) 

353.  Scholia  in  Pindari  Epinicia  ad  librorum  mss.  fideni  edidit 
Eugenius  Abel.  Vol.  II,  fasc.  1 :  Scholia  vetera  in  Pindari  Nemea  et 
Isthmia  continens.     Berlin,  Calvary  u.  co.  1884.     8.     160  p.     5  mk. 

354.  Sehrader,  Otto,  thier-  und  pflanzengeographie  im  lichte  der 
Sprachforschung.  Mit  besonderer  rücksicht  auf  die  frage  nach  der  Ur- 
heimat der  Indogermanen.  Berlin ,  Habel  1883.  8.  32  p.  (Samm- 
lung gemein  verst.  wissensch.  vortrage  hrsg.  v.  Virchow  u.  v.  Holtzen- 
dorff.     Heft  427). 

355.  Schubert,  Rud.,  geschichte  der  könige  von  Lydien.  Breslau, 
Koebner  1884.     8.     132  p.     3  mk. 

356.  Seemann,  O.  S.,  über  den  Ursprung  der  spräche.  Vortrag. 
Leipzig,  Friedrich  1884.     8.     33  p.     50  pf. 

357.  Sophoclis  Electra  schob  in  usum  ed.  Frid.  Schubert.  Prag, 
Tempsky  u.  Leipzig,  Freitag  1884.     8.     XVIII,  49  p.     40  pf. 

358.  Steffen,  hauptm.,  karten  von  Mykenai.  Auf  veranl.  d.  kai- 
serl.  deutschen  archaeol.  Instituts  aufgenommen.  2  bl.  Mit  erläut. 
text  nebst   einem   anhang   über  die  Kontoporeia    und  das  mykenisch- 


Nr.   6.  Bibliographie.  341 

korinth.    bergland    von   H.  Lolling.     Mit   Übersichtskarte  von  Argolis. 
Berlin,  Reimer  1884.     4.     48  p.     12  mk. 

359.  Studniczka,  Franz,  verinuthungen  zur  griechischen  kunstge- 
schichte.     Wien,  Konegen  1884.     8.     45  p.     3  mk. 

360.  l'aciti,  Cornelii,  opera  quae  supersunt  ad  fid.  codd.  Medice,  ab 
/.  Geo.  Baitero  denno  excussorum  ceterorumque  optimorum  librorum  rec. 
atque  interpretatus  est  Jo.  Casp.  Orellius.  Vol.  II:  Germania  Dia- 
logus  de  claris  oratoribus.  Agricola  Historiae.  Ed.  II.  Curaverunt 
H.  Schweizer- Sidler ,  G.  Andresen ,  C.  Meiner.  Fase.  4.  Historiarum 
liber  I  ed.  Carolas  Meiser.  Berlin,  Calvary  1884.  8.  p.  223-308. 
4  mk.  50  pf. 

361.  —  —  Germania  erläut.  von  Heinr.  Schweizer -Sidler.  4.  neu 
bearb.  aufl.     Halle,    Waisenhaus  1884.     8.     XVI,  95  p.     1  mk.  80  pf. 

362.  —  — ,  kaiser  Tiberius  annalen.  Buch  1— VI  übers,  v.  Vict. 
Pfannschmidt.     Leipzig,  Keinp   1884.     8.     429  p.     2  mk. 

363.  Thukydides'  geschichte  des  peloponnesischen  krieges  aus  dem 
Griech.  übers,  von  Joh.  Dav.  Heilmann.  Neu  hrsg.  von  Otto  Güthling. 
2bde.  Leipzig,  Reclam  1884.  16.  407,  332  p.  (Reclam's  universal- 
bibliothek  lief.  1811-1816).     1  mk.  20  pf. 

364.  Warsberg,  Alex,  freih.  von,  homerische  landschaften.  1.  bd. : 
eine  reise  durch  das  reich  des  Sarpedon.  Mit  zahlreichen  abbildungen. 
Wien,  Graeser  1884.    8.     XIII,  271  p.     8  mk. 

365.  Weissenborn  ,  Herrn.,  die  irrationalen  quadratwurzeln  bei 
Archimedes  und  Heron.     Berlin,  Calvary  1883.     8.     52  p.     3mk. 60pf. 

Skandinavien. 

366.  Nilen,  N.  F.,  Priscianea.  Upsala,  Almquist  1884.  8.  66  p. 
1  kr.  50  öre. 

367.  Ovid ,  udvalgte  stykker  af,  udg.  til  skolebrug  af  V-  Voß 
og  J.  Richter.  Anden  Udgave.  Kristiania,  P.  T.  Mailing  1884.  8. 
XII,  120  p.     1  kr.  55  öre. 

368.  SilUn,  J.  af,  Teätet  156  Äff.  (Filologiska  studier  I.)  Up- 
sala, Landequist  1883.     8.     67  p.     1  kr. 

England. 

369.  Bunhury,  E.  H. ,  a  history  of  ancient  geography  among 
the  Greeks  and  Romans  from  the  earliest  ages  to  the  fall  of  the  ro- 
man  empire.  With  20  maps.  2nd  ed.  2  vols.  London,  Murray  1884. 
8.     1530  p.     21  sh. 

270.  Baryon,  J.  W.,  the  revision  revised:  three  articles  reprinted 
from  the  Quarterly  Review ;  to  which  is  added  a  reply  to  Bishop  El- 
licott's  pamphlet  in  defence  of  the  Revisers  and  their  greek  text  of 
the  New  Testament  including  a  vindication  of  the  traditionel  reading 
of  Timothy  III,  16.     London,  Murray  1883.     8.     590  p.     14  sh. 

371.  Cicero  Laelius  de  amicitia.  Ed.  for  schools  and  Colleges  by 
James  S.  Reid.  New  ed.  with  corrections  and  additions.  Cambridge, 
üniversity  Preß  1884.     12.     176  p.     3  sh.  6  d. 

372.  Curtius ,  Georges  ,  the  greek  verb :  its  strueture  and  deve- 
lopment.  Translated  by  Augustus  T.  Wilkins  and  Edwin  B.  England. 
2.  ed.     London,  Murray  1884.     8.     578  p.     12  sh. 

373.  Dunbar,  Henry,  a  complete  concordance  to  the  comedies 
and  fraginents  of  Aristophanes.    London,  Frowde  1884.  8.  326  p.  21  sh. 

374.  Duruy,  Victor,  History  of  Rome  and  the  roman  people  from 
its  origiu  to  the  establishment  of  the  Christian  empire.  Vol.  I.  2  Parts. 
London,  Paul,  Trench  u.  co.  1884.     8.     846  p.     30  sh. 

375.  Grate,  George,  Aristotle.  Edit.  by  Alex.  Bain  and  G.  C, 
Robe,  tson.    3d  ed.     London,  Murray  1884.     8.     688  p.     12  sh. 


342  Bibliographie.  Nr.   6. 

376.  Orote,  George,  a  history  of  Greece  from  the  earliest  period  to 
the  close  of  the  generation  contemporary  with  Alexander  the  Great. 
New  ed.     12  vols.     London,  Murray  1884.     8.     12  vols.     48  sh. 

377.  Margoliouth ,  David  S. ,  Studia  scenica.  Part  I,  section  1. 
Study  on  the  text  of  Sophocles  Trachiniae  1—300.  London,  Mac- 
millan  1884.     8.     2  sh.  6  d. 

378.  Murray,  A.  S.,  a  history  of  greek  sculpture  under  Pheidias 
and  his  successors  with  illustr.  Vol.  2.  London,  Murray  1884.  8. 
31  sh.  6  d. 

379.  Perrot,  G.  and  C.  Chipiez,  a  history  of  art  in  Chaldaea 
and  Assyria.  Illustr.  with  452  engravings  in  the  text  and  15  steel 
and  coloured  plates  transl.  and  ed.  by  Walter  Armstrong.  London, 
Chapman  and  Hall  1884.     8.     820  p.     42  sh. 

380.  Plato  Phaedo  ed.  with  introduction  notes  appendices  by  R. 
D.  Archer-Hind.     London,  Macmillan  1884.     8.     196  p.     8  sh.  6  d. 

381.  Sayce,  A.  EL,  fresh  light  from  the  ancient  monuments.  A 
sketch  of  the  most  striking  confirmations  of  the  bible  from  recent 
discoveries  in  Egypt,  Assyria,  Babylonia  ,  Palestine  and  Asia  minor. 
London,  Religion  Tract  society  1884.     8      3  sh. 

382.  —  — ,  introduction  to  the  science  of  language.  London, 
Paul,  Trench  u.  co.  1884.     8.     446  p.    21  sh. 

383.  Sop>hoMes,  the  plays  and  fragments.  With  critical  notes 
commentary  and  translations  in  english  prose  by  R.  C.  Jebb.  Part  I. 
The  Oedipus  Tyrannus.     Cambridge,  Univ.  Preß  1884.  8.  420  p.  15sh. 

384.  Tacitus  Annais  ed.  with  introd.  and  notes  by  Henry  Fur- 
neanx.     Vol.  I.     London,  Frowde  1884.     8.     612  p.     18  sh. 

385.  Westcott,  B.  F.,  the  gospel  accorded  to  St.  John.  The  au- 
thorised  version  with  introduction  and  notes.  New  ed.  London, 
Murray  1884.     8.     402  p.     10  sh.  6  d. 

386.  Whitney,  William  Dwight,  Language  and  the  study  of  lan- 
guage. 4  ed.  augmented  by  an  analysis.  London,  Trübner  1884.  8. 
596  p.     5  sh.  6  d. 

387.  XenopJion,  Hiero.  Edited  with  introd.  and  notes.  London, 
Sonnenschein  1884.     8.     2  sh.  6  d.    . 

Vereinigte  Staaten  von  Nordamerika. 

388.  Hall ,  J.  H. ,  American  greek  testaments  a  critical  biblio- 
graphy  of  the  Greek  New  Testament  as  published  in  America.  Phila- 
delphia 1883.     8.     8  sh.  6  d. 

389.  Mahan,  A.,  a  critical  history  of  philosophy.  New  York 
1884.     8.     XII,  881  p.     20  sh. 

390.  Virgil,  Works  of.  Translated  into  english  verse  with  va- 
riorum  and  other  notes  and  various  readings  by  Augustin  J.  Wilstach. 
Boston  1884.     8.     2  vols.     1222  p.     25  sh. 

Prankreich. 

391.  Apulee,  Oeuvres  completes  d'.  Traduites  en  francais  par 
Victor  JBetolaud.  Nouv.  ed.  entierement  refondue.  2  vols.  Paris, 
Garnier  freres  1884.     18.     XLVIII,  503  et  634  p. 

392.  Chaignet,  A.  Ed.,  Essai  sur  la  psychologie  d'Aristote  conte- 
nant  l'histoire  de  sa  vie  et  de  ses  ecrits.  Paris,  Hachette  1883. 
8.    637  p. 

393.  Choisy,  Aug.,  Etudes  sur  l'architecture  grecque.  3.  etude: 
l'Erechtheion  d'apres  les  pieces  originales  de  la  comptabilite  des  tra- 
vaux.     Paris  1884.     4.     190  p. 

394.  Cornelius  Nepos  avec  une  traduction  nouvelle  par  Amedee 
Pommier.    Suivi  de:  Eutrope   abrege    de  l'histoire   romaine  trad.  par 


Nr.   6.  Bibliographie.  343 

K.  A.  Dubois.     Nouv.  ed.  avec   le  plus  grand  soin  par  le  traducteur. 
Paris,  Garnier  1384.     18.     XXIV,  455  p. 

395.  Gellem-  Wilford,  Ed.,  la  famille  et  le  cursus  honorum  de 
l'empereur  Septime  Severe.  Conförence.  Paris,  Picard  1884.  8.  27  p. 
(Bibliotheque  des  antiquites  africairies  publ.  p.  Jul.  Poinssot). 

396.  Heuzey  et  Delisle,  discours  prononces  aux  funerailles  de  F. 
Lenormant.     Paris,  Firmin-Didot  1883.     4.     9  p. 

397.  Jurien  de  la  Graviere,  les  cainpagnes  d'Alexandre.  IV.  La 
conquete  de  l'Inde  et  le  voyage  de  Nearque.  Paris,  Plön  Nourrit 
et  co.  1884.     18.     XX,  447  p.     Carte  coinparative  de  l'Inde  etc. 

398.  La  Blanehere,  Maria-Renatus,  de  rege  Iuba  regis  Iubae  filio. 
Paris,  Thorin  1883.     8.     161  p.     (These). 

399.  —  — ,    Terracine.     Essai    d'histoire    locale.     Paris,    Thorin 

1883.  8.     244  p.     Bibliotheque  des  ecoles  franc.  d'Athenes  et  de  Ronie. 
fasc.  34e. 

400.  Levi ,  Israel,  la  legende  d'Alexandre  dans  le  Talmud  et  le 
Midrasch.  Paris,  Durlacber  1883.  8.  20  p.  (Extr.  de  la  Revue  des 
etudes  juives.  t.  7). 

401.  Madvig,  J.  N.,  l'etat  romain  sa  Constitution  et  son  admini- 
stration.  Trad.  par  Ch.  Morel.  T.  3.  Paris,  Vieweg  1884.  8.  X, 
373  p. 

402.  Mowat,  Robert,  les  inscriptions  et  les  tuiles  legionnaires  de 
Mirabeau  (Cöte-d'Or.)  Paris  1883.  8.  15  p.  (Comptes  rendus  de 
l'acad.  des  inscript.). 

403.  Müller,  Otfried,  Histoire  de  la  litterature  grecque  jusqu'a 
Alexandre  le  Grand  traduite  annotee  et  precedee  d'une  etude  sur  Ot- 
fried Müller  et  sur  l'ecole  historique  de  la  philologie  allemande  par 
C.  Hildebrand.  3.  ed.  3  vol.  Paris,  Pedone-Lauriel  1884.  18.  395, 
607,  XV,  595  p. 

404.  Notices  et  exiraits  des  manuscrits  de  la  Bibliotheque  natio- 
nale et  autres  bibliotheques  publ.  par  l'lnstitut  national  de  France, 
t.  26.     Paris  impr.  national  1884.     4.     492  p. 

405.  Omont,  H.,  fragments  d'une  versio  antiqua  de  l'Apocalypse. 
Paris  1884.  8.  7  p.  (Extr.  de  la  Bibliotheque  de  l'ecole  des  chartes. 
t.  44.  1883). 

406.  Perrin ,  marche  d'Annibal  des  Pyrenees  au  Po.  lr  fasc. 
Grenoble  1884.    8.     163  p.     3  cartes. 

407.  —  —  ,  Descriptions  de  vallees  qui  se  rendent  de  la  vallee 
du  Rhone    dans   celle   du    Po.    Histoire   d'Annibal  2  fasc.     Grenoble 

1884.  4.     198  p. 

408.  Pottier,  E.,  Etude  sur  lecythes  blancs  antiques  a  represen- 
tations  funeraires.  Paris,  Tborin  1884.  §.  164  p.  (Bibliotheque  des 
ecoles  fran^.  d'Athenes  et  de  Rome,  30  fasc). 

409.  —  — ,  Quam  ob  causam  Graeci  in  sepulcris  figlina  sigilla 
deposuerint.     Paris,  Thorin  1884.     8.     130  p.  planche. 

410.  Reinach,  Salomon ,  Manuel  de  philologie  classique.  2.  ed. 
revue  et  augmente'e.  T.  1.  Paris,  Hachette  1883.  18.  XVI,  468  p. 
7  frc.  50  c. 

411.  Rochas,  Albert  du,  la  science  dans  l'antiquite:  les  origines 
de  la  science  et  ses  premiers  applications.  Paris,  Masson  1884.  8. 
296  p.     5  pl. 

412.  Tacite,  oeuvres  complete  de.  Traduction  de  Dureau  de  la 
Malte.  Nouv.  ed.  revue  avec  le  plus  grand  soin  par  M.  C'harpentier. 
Annales  Histoires.     Paris,  Garnier  1884.     18.     596,  XXIV,  516  p. 

Italien. 

413.  Aristotele  la  niorale.     (Etica  Nicomachea)  trad.  sul  testo  del 


344  Bibliographie.  Nr.  6. 

Susemild  del  d.  Luigi  Moschettini.     Vol.  I,  lib.  1-5.     Padova  1883.  8. 
(Fuori  di  commercio). 

414.  Caprara ,  Aug. ,  dissertatio  ad  legem  unicam  Codicis  de 
professoribus  qui  in  urbe  Constantinopolitana  docentes  ex  lege  me- 
ruerunt  comitivam  (lib.  XII,  tib.  15).     Romae  1883.     4.     85  p. 

415.  Cavallutti ,  Feiice,  Opere  vol.  IV:  Anticaglie  (Alcibiade,  la 
Critica  e  il  secolo  di  Pericle).  Milano  1883.  8.  382  p.  Fuori  di 
commercio. . 

416.  Chiapelli,  Alessandro,  Sullo  svolgimento  dell'  ideale  romano 
nella  letteratura  greca  fino  al  IV  secolo.  Verona,  Duncker  e  Tedeschi 
1884.     8.     1  lire. 

417.  Ciceronis  M.,  Tullii ,  orationes  selectae  brevibus  scholiis  il- 
lustratae  in  usum  scholarum  curante  Thoma  Vallaurio.  Augusta  Tau- 
rinoram  1884.     16.     280  p.     2  lire. 

418.  Cortese,  Jac. ,  de  M.  Porcii  Catonis  vita  operibus  et  lingua 
editio  altera.     Savonae  1883.     8.     173  p.     4  lire  50  c. 

419.  Dali'  Acqua  Giusti,  A. ,  I  Veneziane  in  Atene  nel  1687. 
Venezia  1883.     16.     112  p. 

420.  Fedro ,  favole  commentate  da  Feiice  Ramorino.  Torino, 
Loescher  1883.     8.     X,  100  p.     1,20  lire. 

421.  Gozzadini ,  G. ,  di  recenti  scavi  e  introvamenti  di  antichitä 
nel  Bolognese.  In  Atti  e  Memorie  della  Deput.  di  storia  patrie  per 
le  provincie  di  Romagna,  III  serie.     Vol.  I,  fasc.  4. 

422.  Lenormant,  F.,  tete  d'un  guerrier  gaulois.     Ebendaselbst. 

423.  Museo  italiano  di  antichitä  classica.  Dir.  da  D.  Comparetti. 
Vol.  I,  punt.  1.     Firenze,  Loescher  1884.     4.     138  p.     7  tavv.     20  lire. 

(Inhalt:  Vitelli,  Gr.,  Spicilegio  fiorentino.  —  Pais ,  Ettore,  le  co- 
lonie  militari  dedotte  in  Italia  dai  triumviri  ad  Augusto  ed  il  ca- 
talogo  delle  colonie  italiane  di  Plinio.  —  Comparetti ,  Domenico, 
Frammenti  dell'  Etica  di  Epicuro  tratto  da  un  papiro  ercolanese. — 
Milani,  L.  A.,  I  frontoni  di  un  tempio  tuscanico  scoperto  in  Luni. 
—  Setti,  G. ,  il  linguaggio  dell'  uso  comune  presso  Aristofane.  — 
Milani,  L.  A.,  dattilioteca  lunese). 

424.  Pampirii ,  Josephi ,  de  Plautina  comoedia  commentariolum. 
Alba   1882.     8.     70  p.     2  lire. 

425.  Paoli,  Cesare,  programma  di  paleografia  latina  e  di  diplo- 
matica  esposto  sommariamente.  Firenze,  Le  Monnier  1883.  8.  II, 
67  p.     1,75  1.     (Pubblic.  del  Istituto  di  studi  superiori). 

426.  Pautussi,  V.,  I  Codici  miniati.  Torino,  Loescher  1883.  16. 
99  p.     20  tavv.     4  lire. 

427.  Piccolomini,  E.,  sulle  morte  favolosa  di  Eschilo  Sofocle  Eu- 
ripide  Cratino  Eupoli:  ricerche.     Pisa  1883.     4.     40  p. 

429.  Pezzi,  Domenico,  la  grecita  non  ionica  nelle  iscrizioni  piü 
antiche.     Torino,  Loescher  1884.     4.     62  p.     3  lire  50  c. 

430.  Triantafillis ,  C. ,  Marco  Caleno ,  e  l'iscrizione  greca  che  si 
trova  in  Rovigo  d'Istria.     Studio.     Venezia  1883.     8.     23  p.     1  lire. 

431.  Vanzolini,  Giacomo,  Mimnermo.  Studio  e  versione  metrica. 
Ancona  1883.     16.    62  p.     1  lire. 

432.  Vullo  Guzzardella ,  G. ,  sull'  antica  citta  che  esistette  nel 
sito  dell'  odierna  Butera.     Palermo  1883.     18.     19  p. 

433.  Zambaldi,  F.,  le  parole  grecche  dell'  uso  italiano.  2a  ediz. 
Torino,  Paravia  1883.     8.     VIII,  169  p.     3  lire. 

Spanien. 

434.  Sdnchez  Calvo,  Estanisiao,  Estudios  filolögicos.  Los  nombres 
de  los  dioses  Ra  Osiris  Belo  Jehova  Elobin  Melkarte  Adonis  Endo- 
belico  Pardjania  Brahma   Indra  Mitra  Perahom  Heracles   Apolo  Dio- 


Nr.   6.  Bibliographie.  345 

nyso  Hermes  'Afrodite  Venus  Jano  Saturno  Jupiter  Cibeles  Minerva 
Proserpina  Marte  Vulcano  etc.  Indagaciön  acerca  del  origen  del 
lenguaje  y  de  las  religiones  a  la  luz  del  Euskaro  y  de  los  idioinas 
turanianos.     Madrid,  Riva  1884.     4.     XVI,  326  p.     34  reales. 

435.  Seneca,  Lucio  Anneo,  Tratados  filosolicos.  Traducciön  de- 
derecta  del  latin  por  Pedro  Fernändez  Navarrete.  Tomo  I.  Madrid, 
Navarro  1884.     8.     472  p.     (Biblioteca  clasica  vol.  67.)     14  reales. 

436.  —  —  Epistolas  morales.  Traducciön  derecta  del  latin  por 
Francesco  Navarro  y  Calro  con  un  estudio  biogräfico  del  autor  por 
D.  Gaspur  Varasco.  Madrid,  Navarro  1884.  8.  XXX,  576  p.  14reales. 
(Biblioteca  clasica  vol.  66). 

Türkei. 

437.  Hamdy-Bey,  0.  et  Osgan  Effendi,  le  tumulus  de  Nenirud- 
Dagh.  Voyage.  Description  Inscriptions  avec  plans  et  photographies. 
Constantinople,  F.  Loeffler  1883.  4.  30  p.  VI  taff.  XX,  p.  33.  Pho- 
togr.     1  plan. 

Beilage  B.     Acadeinica  und  dissertationen. 
Erlangen.     438.     Luchs ,    Aug. ,     comrnentationes    prosodiacae 
Plautinae  I.     Erlangae  1883.     4.     23  p. 

439.  Bauer,  Ludwig,  das  verhältniß  derPunica  des  C.  Silius  Ita- 
licus  zur  dritten  dekade  des  T.  Livius.     Erlangen  1883.     8.     60  p. 

440.  Bruno,  Guil.,  de  dictis  VII  sapientium  a  Demetrio  Phalereo 
collectis.     Particula  prior.     Erl.  1883.     8.     29  p. 

441.  Gleitsmann,  Anton,  de  Plutarchi  in  Luculli  vita  fontibus  ac 
fide.    Monachi  1883.     8.     29  p. 

442.  'Hqs iiuTrjg ,  II.  N.,  rt  fxvrjfxrj  Iv  Trj  otjiogty.tj  rwv  dg^aicoy.  Er- 
langen 1883.     8. 

443.  Popp ,  Ernst ,  de  Ciceronis  de  offieiis  librorum  codicibus 
Bernensi  104  eique  cognatis.     Erlangen  1883.     8.     56  p. 

444.  Roschatt,  A.,  über  den  gebrauch  der  parenthesen  in  Cicero's 
reden  und  rhetorischen  schriften.     Erlangen  1883.     8.     33  p. 

445.  Stroebel,  Eduard,  de  Ciceronis  de  oratore  librorum  codicibus 
mutilis  antiquioribus.     Erlangen  1883.     8.     76  p. 

446.  Zink,  Carl  ,  adnotationes  ad  Demosthenis  orationem  in  Co- 
nonem.     Erlangen  1883.     8.    30  p. 

Koenigsberg.  447.  Jordan,  Henricus  de  commentatore  Ho- 
ratii  Cruquiano  prolusio.     Regimonti  1883.     4.     8  p. 

448.  Bludau,  Aloisius,  de  fontibus  Frontini.  Brunsbergae  1883. 
8.     44  p. 

449.  Goltz ,  Carl  Friedr.  Gustav ,  quibus  fontibus  Plutarchus  in 
vitis  Arati ,  Agidis,  Cleomenis  enarrandis  usus  sit.  Insterburgi  1883. 
8.     48  p. 

450.  Harwardt ,  Maxim. ,  de  Aristophanis  irrisionibus  earumque 
fide  et  usu.     Partie.  I.     Regimonti  1883.     8.     70  p. 

451.  Huhrich,  Theod.,  de  Diis  Plautinis  Terentianisque.  Regi- 
monti  1883.    8.     134  p. 

452.  Kopp,  Arthur,  de  Ammonii  Eranii  aliorum  distinetionibus 
synonymicis  earumque  communi  fönte.     Regimonti  1883.     8.     108  p. 

453.  Kuhnert ,  Ernestus ,  de  cura  statuarum  apud  Graecos.  Be- 
rolini  1883.     8.     34  p. 

454.  Lehnerdt,  Maxim.,  de  locis  Plutarchi  ad  artem  speetantibus. 
Regimonti  1883.     8.     46  p. 

455.  Przybülu ,  Carolus,  de  praepositionum  xaia  et  dva  usu  Lu- 
cianeo.     Regim.  1883.     8.     47  p. 


346  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.   6. 

Kleine  philologische  zeitung. 

Ein  Vortrag  über  die  thätigkeit  des  historischen  Vereins 
von  Oberbayern  in  der  Allg.  ztg.  1884  beil.  2  zu  nr.  36  ist 
auch  für  römische  alterthümer  zu  beachten. 

Eine  lesenswerthe  anzeige  der  „Allgemeinen  deutschen  bio- 
graphie"  findet  sich  in  Allg.  ztg.  beil.  1  zu  nr.  37.  Es  wird 
von  der  behandlung  der  philologen  in  diesem  werke  auch  in 
diesen  blättern  die  rede  sein. 

Göttingen.  Gustav  Loewe's  Corpus  glossariorum  Latinorum. 
Eine  der  für  die  geschichte  der  lateinischen  spräche  überaus 
wichtigen  arbeiten,  die  die  philologie  von  dem  uns  so  früh  ent- 
rissenen Loewe  erwartete,  war  die  Sammlung  eines  umfassenden 
Corpus  glossariorum  Latinorum,  deren  glänzender  prodromus 
1876  erschien.  Wir  erfahren  jetzt,  daß  für  die  weitere  bear- 
beitung  des  in  Loewe's  nachlaß  vorhandenen  umfangreichen  ma- 
terials  in  vortrefflicher  weise  gesorgt  ist.  Professor  G.  Goetz  in 
Jena,  der  nächste  und  durch  langjährige  mitarbeit  mit  Loewe's 
forschungen  vertrauteste  freund  des  verstorbenen  wird  die  her- 
ausgäbe der  glossarien  übernehmen.  Für  dieselbe  hat  die  kö- 
niglich sächsische  gesellschaft  der  Wissenschaften  zu  Leipzig  die 
mittel  bereitzustellen  beschlossen  und  zugleich  sendet  sie  einen 
jungen  gelehrten,  dr.  Gotthold  Gundermann,  bekannt  durch  seine 
Untersuchungen  über  Frontin's  Strategemata ,  zur  Vervollständi- 
gung des  von  G.  Loewe  zusammengebrachten  reichen  materials 
auf  eine  wissenschaftliche  reise,  die  derselbe  in  kurzer  zeit  an- 
treten wird.     K.  B. 

Ueber  den  proceß,  der  wegen  des  literarischen  nachlasses 
des  professor  und  bibliothekars  Karl  Pertz  geführt  wird,  berichtet 
die  Allg.  ztg.  beil.  zu  nr.  38 :  der  sehr  werthvolle  nachlaß  kam 
zunächst  in  den  besitz  des  sohnes,  nach  dessen  frühem  tode  in 
den  der  wittwe  desselben,  welche  sich  darauf  mit  dem  biblio- 
thekar  Müller  in  Marburg  verlobte:  jetzt,  wo  dies  verlöbniß  auf- 
gehoben, klagt  die  frühere  braut  auf  herausgäbe  dieses  nament- 
lich wegen  der  in  ihm  befindlichen  briefschaften  wichtigen  und 
werthvollen  nachlasses,  welcher  sich  in  den  händen  Müllers  be- 
findet, da  dieser  die  herausgäbe  verweigert,  weil  er  ihm  von 
der  frühern  braut  geschenkt  sei. 

Ein  nekrolog  über  Hermann  Ulrici  von  M.  Carriere  steht 
Allg.  ztg.  beil.  1  zu  nr.  39 :  es  ist  in  ihm  „ein  thatenreiches, 
aber  an  ereignissen  einfaches  gelehrtenleben"  mit  wohlthuender 
wärme  geschildert. 

Im  anfange  märz  wurden  in  Darmstadt  auf  der  hofbühne 
die  beiden  Oedipus  und  die  Antigone  des  Sophokles  nach  der 
Donnerschen  Übersetzung  aufgeführt:  die  darstellung  war  eine  vor- 
zügliche, die  Wirkung  eine  gewaltige.     RAnzeig.  nr.   63. 

Der  erste  mit  großer  Spannung  erwartete  band  von  Ruggero 
Bonghi  römischer  geschichte  ist  erschienen  und  in  Allg.  ztg.  nr. 


Nr.  6.  Kleine   philologische  zeitung.  347 

42  kurz  besprochen.  Darnach  umfaßt  er  die  ersten  283  jähre 
der  Stadt ,  erzählt  diese  erst  nach  der  Überlieferung  der  alten 
und  stellt  darauf  dieser  die  ergebnisse  neuerer  forschung  ge- 
genüber. 

Pergamon.  Professor  Conze  hat  nach  seiner  rückkehr  aus 
Per  g  amo  n  jüngst  der  akadeniie  der  Wissenschaften  einen  kur- 
zen bericht  über  die  daselbst  während  des  verflossenen  Jahres 
stattgehabten  ausgrabungen  vorgelegt.  Die  ausgrabungen  waren 
anfang  mai  1883  wieder  begonnen  worden.  Da  C.  Hurnann 
während  des  sommers  durch  seine  expedition  nach  dem  Nemrud- 
Dagh  in  anspruch  genommen  war ,  so  wurde  regierungsbaumei- 
ster  P.  Bonn  mit  der  leitung  der  arbeiten  betraut,  unterstützt 
von  dr.  Fabricius.  Im  november  traf  Conze  in  Pergamon  ein, 
mit  dem  dann  auch  Humann  wieder  zur  gewohnten  tbätigkeit 
zurückkehrte.  Das  hauptaugenmerk  war  auf  die  weitere  nach- 
spürung von  skulpturbruchstücken  gerichtet ,  welche  den  bereits 
für  die  königlichen  museen  gewonnenen  besitz  ,  obenan  die  al- 
tarbildwerke ,  vervollständigen  könnten.  Diese  koffnung  ist  er- 
füllt worden ;  zahlreiche  größere  und  kleinere  fragmente ,  na- 
mentlich der  Gigantomachie,  wurden  gefunden  und  harren  ihrer 
Zusammensetzung  mit  dem  bereits  hier  befindlichen.  Das  bedeu- 
tendste darunter  ist  eine  erst  jüngst  aus  einer  späten  mauer 
herausgebrochene  platte ,  welche  einen  jugendlichen  nach  rück- 
wärts niederstürzenden  giganten  darstellt.  Damit  hand  in  band 
geht  aber  die  zweite  aufgäbe  ,  das  topographisch  -  monumentale 
bild  der  Stadt  Pergamon  in  den  verschiedenen  phasen  ihres  be- 
stehens  nach  und  nach  in  immer  festeren  zügen  herauszuarbeiten. 
Während  in  der  ersten  ausgrabungsperiode  der  große  altar  und 
das  Augusteum  aufgedeckt  wurden ,  in  der  zweiten  namentlich 
das  heiligthum  der  Athene  Polias ,  so  traten  im  verflossenen 
jähr  zwei  neue  wichtige  punkte  hinzu ,  zwei  brennpunkte  des 
städtischen  lebens  während  der  königszeit ,  die  agora  und  das 
theater.     National-zeitung  nr.   137,  sonntags  beilage  nr.   9. 

Das  Archivio  Trentino  Jahrg.  II,  hft.  2  enthält  unter  an- 
deren eine  abhandlung  von  Paul  Orsi  über  die  neuesten  archäo- 
logisch-epigraphischen entdeckungen  im  Trentino.  Dann  Vigi- 
lius  Oberziener  über  die  ausgrabungen  am  Piö  di  Castello  bei 
Trient.     Vergl.  Allg.  ztg.  nr.   49. 

Die  errichtung  eines  Grimm-denhmals  in  Hanau,  worüber  ob. 
hft.  4,  p.  249  berichtet  worden ,  ruft  eine  aller  anerkennung 
werthe  thätigkeit  in  den  weitesten  kreisen  unseres  Vaterlandes 
hervor.  Gleich  der  erste  schritt  des  für  die  errichtung  des 
denkmals  bestellten  comites  hatte  einen  glänzenden  erfolg :  die 
an  die  bürger  Hanaus  gerichtete  aufforderung  zur  Zeichnung 
von  beitragen  ergab  schon  in  den  ersten  tagen  (vrgl.  Allg.  ztg.  nr. 
56)  die  summe  von  20000  mark,  ein  Vorgang,  durch  den  Hanau 
allen    deutschen    städten    ein    nicht  hoch  genug  anzuschlagendes 


348  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.   6. 

beispiel  gegeben,  ein  beispiel  für  die  gelehrtenweit  von  erha- 
benster Wirkung,  indem  es  von  neuem  bezeugt,  daß  das  streben 
der  stillen  studierstube  die  Wissenschaft  zum  wahren  gedeihen 
des  yolkes  zu  fördern ,  von  diesem  nicht  nur  nicht  vergessen, 
sondern  bietet  sich  nur  die  gelegenheit,  gern  und  opferwillig 
durch  die  that  anerkannt  und  belohnt  werde.  Eben  so  hat  aber 
auch  anderwärts  die  erste  künde  von  dem  patriotischen  unter- 
nehmen mannigfache  beweise  warmer  theilnahme  an  das  licht 
treten  lassen:  so  hat  dr.  Albert  Duncher,  bibliothekar  in  Cassel, 
ursprünglich  für  einen  ähnlichen  zweck,  die  errichtung  von  mar- 
morbüsten  der  brüder  für  die  bibliothek  in  Cassel,  bestimmte 
vortrage  jetzt  in  der  Allg.  ztg.  beil.  zu  nr.  61.  62.  66.  67. 
69.  72.  74  veröffentlicht,  in  welchen  der  Verfasser  das  leben 
des  treuen  brüderpaares  mit  sichtbarer  liebe  schlicht  und  doch 
fesselnd  entwickelt :  dabei  hat  er  in  folge  umfassender  und  sorg- 
fältiger benutzung  der  briefe  und  Schriften  der  brüder  und  ihrer 
freunde  in  sinniger  weise  verstanden  die  wichtigeren  ereignisse 
und  Wendepunkte  des  lebens  mit  den  eignen  worten  der  geschil- 
derten darzustellen  und  zu  beurtheilen.  Auf  andere  art  verfährt 
der  Reichsanzeiger :  in  seiner  nr.  77  schildert  er  die  fortsetzung 
des  von  den  brüdern  begonnenen  Deutschen  Wörterbuches ,  des- 
sen Vollendung  durch  gewährung  der  nöthigen  geldmittel  von 
der  regierung  des  deutschen  reichs  sicher  gestellt  sei:  müsse 
auch  der  größere  theil  des  gewaltigen  nationalwerks  von  andern 
händen  durchgeführt  werden,  könne  doch  das  verdienst  der  be- 
gründer  und  ersten  bearbeiter  des  riesenwerkes  nie  vergessen 
werden,  es  werde  vielmehr  mit  dem  d  euts  che n  wörterbuche 
der  name  der  gebrüder  Grimm  stets  unauflöslich  verbunden 
bleiben.  —  E.  v.  L. 

Ein  nekrolog  über  Theodor  Heyse,  als  Übersetzer  des  Catull 
und  herausgeber  von  fragmenten  des  Polybios  bekannt,  verfaßt 
von  August  Herzog  steht  in  Allg.  ztg.  nr.  63:  stets  bereit  an- 
dern zu  helfen,  ist  er  zur  Vollendung  größerer  arbeiten  ,  die  er 
vorhatte,  nicht  gelangt. 

Zum  papyrusfund  in  el-Faiyüm.  Der  im  Philol.  anzeiger 
bd.  XIII,  hft.  8,  p.  397  und  hft.  10,  p.  527  erwähnte  papyrus- 
fund ist  zum  größten  theil  von  erzherzog  Rainer  angekauft  und 
dem  kais.  königl.  Museum  in  Wien  einverleibt,  wo  professor 
Karabacek  mit  der  Ordnung  desselben  beschäftigt  ist.  Ueber 
das  bis  jetzt  geordnete  berichten  die  Augsb.  allg.  ztg.  nr.  65 
und  National  -  zeitung ,  beilage  zu  nr.  144,  denen  wir  folgendes 
entnehmen.  Als  älteste  papyrus  sind  bisher  zwei  demotische  aus 
der  zeit  um  Christi  geburt  gefunden  worden ,  so  daß  dadurch 
ein  urkundenmaterial  aus  einem  Zeiträume  von  fast  1000  jähren 
festgestellt  erscheint.  Allgemein  nahm  man  bisher  an,  die  pro- 
vinz  Faijüm  sei  nur  allein  die  große  ägyptische  fruchtbörse  der 
alten  weit  gewesen,  ohne  jedes  litterarische  und  geistige  bestre- 


Nr.   6.  Kleine  philologische  zeitung.  349 

ben  ihrer  bevölkerung.  Der  fand  eines  kleinen  papyrusfrag- 
mentes ,  welches  augenscheinlich  einem  griechischen  dichter  an- 
gehört, war  nur  in  sofern  wichtig ,  als  sich  in  mehreren  Urkun- 
den auch  die  erwähnung  von  einem  theater  in  Arsinoe  (el-Faijüm) 
vorfindet ,  also  die  hoffnung  begründet  erschien ,  weitere  belege 
von  dem  geistigen  leben  der  griechischen  einwohnerschaft  da- 
selbst zu  finden.  Diese  vermuthung  wurde  in  den  letzten  tagen 
auf  das  glänzendste  bestätigt.  Dr.  Karl  Wessely  hatte  das  glück, 
ein  pergamentfragment  des  Thukydides  aufzufinden.  Dasselbe 
enthält  in  44  zeilen  den  §  3   des   91   capitels  und  die  §§  1   bis 

6  des  92  capitels  des  buches  VIII,  in  welchem  sich  einige  wich- 
tige Varianten  und  zwei  interessante  interlinear  -  glossen  finden 
sollen.  Die  glückliche  auffinduug  eines  lateinischen  papyrus 
aus  dem  V — VI.  Jahrhundert  n.  Chr.  eröffnet  nunmehr  eine 
siebente  sprachgruppe  der  Faijüm-urkunden.  Hochwichtig  sind 
die  griechischen  evangelien  -  fragmente  des  IV.  Jahrhunderts, 
welche  einen  text  bieten,  der  an  reinheit  selbst  den  des  gleich- 
zeitigen codex  Sinaiticus  übertrifft.  Eine  besondere  specialität 
bilden  die  zauberpapyrus.  Diese  zeigen  einen  eigenthümlichen 
Synkretismus  der  deistischen  Vorstellungen  der  Aegypter ,  He- 
bräer und  Griechen.  Zu  diesen  papyrus  kommen  eine  masse 
griechischer  documente  vom  jähre  203  bis  699  n.  Chr.  und 
weiter  arabisch-griechischer  (?)  bis  zum  jähre  909  n.  Chr.  Wohl 
sind  bisher  schon  an  1500  papyrus,  zur  hälfte  vollständig  er- 
haltene Urkunden,  geordnet  und  bestimmt  —  an  sich  ein  reicher 
schätz ,  und  doch  ist  dies  nur  ein  verschwindender  theil  dessen, 
was  noch  zu  bewältigen  ist. 

Samos.  Auf  Samos  ist  die  Wasserleitung  des  Eupalinos,  welche 
Herod.  III,  60  als  ein  Wunderwerk  beschreibt,  durch  Adossidos 
pascha  vollständig  aufgedeckt  worden  :  der  1  m  75'  hohe,  1  m  80' 
breite  und  1500  m.  lange  tunnel,  welcher  heute  den  Gaul  Kastri 
genannten  berg  durchschneidet,  ist  jetzt  in  seiner  ganzen  länge 
von    anfang    bis    ende    frei.     Auf    dem    boden  ist  ein  canal  von 

7  meter  tiefe  und  80  centimeter  breite  gegraben,  in  welchem 
die  alten  tonröhren  von  65  centimeter  länge  und  80  centimeter 
umfang  liegen ;  der  canal  ist  gewölbt  und  mit  Öffnungen  verse- 
hen. Der  tunnel  selbst  ist  in  den  felsen  eingehauen  und  stel- 
lenweise an  den  seifen  durch  mauern  und  quadersteine  gestützt, 
welche  an  der  decke  in  einen  Spitzbogen  auslaufen.  Die  Öffnung 
desselben  an  der  seite  der  alten  Stadt  war  durch  einen  alten 
steinbau  verdeckt,  welcher  den  zugang  bisher  verhinderte;  die 
röhrenleitung  geht  bis  zu  der  einige  hundert  meter  vom  berge 
Kastri  abgelegenen  kirche  des  heiligen  Johannes;  der  tunnel 
beginnt  an  einer  stelle,  wo  heute  nur  ein  ehemals  jedenfalls 
bedeutenderer  wasserlauf  sich  befindet.  Nach  Stamatiadhis  in 
einer  in  Samos  gedruckten  broschüre  Allg.  ztg.  nr.   73. 

Archaelogisches.  Neuerdings  ist  man  bemüht,  analogien  zwischen 
Philol.  Anz.  XIV.  24 


350  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.  6. 

den  pergamenischen  sculpturen  und  anderen  uns  erhaltenen  werken 
antiker  kunst  einerseits  und  der  Laokoongruppe,  dem  köpfe  des 
sogenannten  sterbenden  Alexanders  einem  römischen  relief  im  Va- 
tican  mit  der  darstellung  der  Athene  im  Gigantenkampf  andrer- 
seits nachzuweisen.  Die  sache  ist  zweifelhaft :  jedoch  mehrt  sich 
das  material.  Dahin  gehören  zwei  im  assyrischen  saale  des  mu- 
seum  zu  Berlin  aufgestellte  gipsabgüsse  der  in  London  befind- 
lichen fragmente  des  in  Priene  entdeckten  Gigantenreliefs. 
Auf  dem  einen  derselben  kehrt  die  auf  ihrem  löwen  in  die 
Schlacht  reitende  Kybele  in  auffallend  ähnlicher  komposition  und 
namentlich  auch  in  gleicher  anordnung  des  gewandes  wieder, 
während  auf  dem  andern  jener  ins  knie  gesunkene  Gigant,  über 
den  ein  löwe  hergefallen  ist,  sich  so  genau  wiederholt ,  daß  die 
bewußte  herübernahme  dieses  bewegungsmotivs  aus  dem  einen 
in  das  andere  werk  nicht  bezweifelt  werden  kann.  Von  einer 
weiteren  vergleichung  dieser  arbeiten  von  Pergamon  und  Priene 
weiden  hiernach  mit  höchster  Wahrscheinlichkeit  noch  weitere 
nachweise  zu  erwarten  sein ,  die  vielleicht  auch  für  die  ergän- 
zung  einzelner  partien  von  Wichtigkeit  werden  dürften.  Beson- 
dere beachtung  aber  verdient  die  immer  deutlicher  sich  erge- 
bende Übereinstimmung  zwischen  gewissen  zügen  in  der  kompo- 
sition des  pergamenischen  reliefs  und  der  ihm  der  ganzen  auf- 
fassung  nach  nahe  verwandten  Laokoongruppe.  Diese  ähnlichkeit 
wird  in  einem  aufsatze  im  ReichsAnz.  nr.  56  weiter  zu  begründen 
gesucht :  doch  wird  die  frage  noch  ausführlicher  besprochen  wer- 
den müssen. 

Archäologische  gesellschaft  in  Berlin.  Sitzung  vom  4.  märz. 
Trendelenburg  sprach  über  das  verhältniß  der  Laokoon- 
gruppe zum  Gi  gan  ten  f  ri  es  des  pergamenischen 
altars,  indem  er  sich  besonders  gegen  die  von  Kekule"  („Zur 
deutung  und  Zeitbestimmung  des  Laokoon")  geltend  gemachte 
auffassung  wandte,  daß  die  figur  des  Laokoon  aus  motiven  des 
frieses  abgeleitet,  die  gruppe  also  jünger  sei  als  der  altar.  Ei- 
nerseits sei  die  Übereinstimmung  der  motive  in  der  figur  des 
Laokoon  und  des  Athenagegners  keineswegs  eine  so  vollständige, 
wie  sie  auf  den  ersten  blick  erscheine,  da  der  köpf,  die  haltung 
der  beine  und  arme ,  die  Schlangenwindungen ,  vor  allem  aber 
die  stelle  des  bisses  und  sein  verhältniß  zur  kopfneigung  nicht 
nur  verschieden,  sondern  zum  tL eil  entgegengesetzt  seien  •,  ande- 
rerseits sei  die  haltung  des  Laokoon,  namentlich  das  von  Kekule* 
für  unerklärlich  gehaltene  herumwerfen  des  kopfes ,  eine  unum- 
gängliche, der  natur  mit  bewunderungswürdigem  Scharfsinn  ab- 
gelauschte folge  des  flankenbisses  der  schlänge ,  da  jeder  inten- 
sive schmerz  in  der  seite  eine  zusammenziehung  des  körpers  an 
dieser  stelle  und  als  natürliche  folge  davon  eine  dehnung  der 
gegenseite  bewirke,  die  ihrerseits  wieder  den  köpf  zu  einer  nei- 
gung  nach  der  verwundeten  flanke    hinzwinge :    ein    verhältniß, 


Nr.   6.  Kleine  philologische  zeitung.  351 

welches  beim  Giganten  in's  gegentheil  verkehrt  sei,  insofern  hier 
der  köpf  nach  der  linken  seite  gerissen  werde ,  die  wunde  da- 
gegen auf  der  rechten  sich  befinde.  Könne  unter  diesen  um- 
ständen eine  ableituug  des  Laokoon  aus  motiven  des  frieses  nicht 
angenommen  werden,  so  werde  damit  auch  die  hierauf  gegrün- 
dete Schlußfolgerung  Ks.  über  die  entstehung  der  gruppe  nach 
dem  altar  hinfällig,  eine  folgerung,  die  auch  durch  eine  —  vom 
vortragenden  im  einzelnen  durchgeführte  —  vergleichung  beider 
werke  in  bezug  auf  ihren  künstlerischen  Charakter  außerordent- 
lich unwahrscheinlich  gemacht  werde.  Wenn  zwischen  beiden 
ein  Zusammenhang  existire ,  was  anzunehmen  ein  zwingender 
grund  durchaus  nicht  vorhanden  sei,  so  könnten  nur  die  in  Ver- 
arbeitung fremder  motive  nicht  eben  wählerischen  verfertiger 
des  altarfrieses  als  entlehnende  angesehen  werden ;  man  müßte 
denn  gerade  zu  der  annähme  sich  verstehen  wollen,  daß  in  die- 
sem einen  fälle  die  kopie  an  lichtvoller  komposition  und  stren- 
ger beobachtung  aller  der  plastik  eigenthümlichen  gesetze  das  ori- 
ginal ebensoweit  übertreffe,  wie  sonst  kopien  hinter  dem  original 
zurückzustehen  pflegen.  —  Dessau  sprach  über  das  verzeichniß 
der  30  altlatinischen  bundesstädte  bei  Dionys  Hai.  AR  V,  61 
und  suchte  Niebuhr's  ansieht  durch  ein  fragment  eines  von  den 
etruskischen  bundesstädten  in  Caere  (Cervetro)  errichteten  denk- 
mals  zu  stützen,  welches  sich  im  Lateran  befindet  und  die  namen 
Tarquinii,  Volci,  Vetulonia  zeigt.  —  Hiibener  sprach  u.  a.  über 
am  Hadrianswall  in  England  neugefundene  inschriftliche  denk- 
mäler,  welche  von  einer  germanischen  Völkerschaft  herrühren. 
Näheres   darüber  in  der  National-zeitung  nr.    183. 

Wie  schwer  Chios  durch  die  erdstöße  seit  8.aprill881  ge- 
litten hat,  ergiebt  sich  daraus,  daß  in  den  jähren  1882  und 
1883  auf  dieser  insel  3416  steinerne  häuser,  5445  holzbaracken, 
215  schulen  und  anstalten,  30  kirchen  und  20  öffentliche  brun- 
nen  haben  erbaut  werden  müssen.     ReichsAnz.   nr.   57. 

Schliernann  in  Tiryns.  Heinrich  Schliemann  gedenkt  jetzt  in 
der  uralten  akropolis  zu  Tiryns  ausgrabungen  zu  unternehmen. 
Die  ruinen  von  Tiryns ,  zwischen  Argos  und  Nauplia  gelegen, 
gehören  zu  den  ältesten  bauwerken  Griechenlands,  berühmt  wa- 
ren schon  im  alterthum  seine  cyclopischen  mauern.  Der  ort  heißt 
jetzt  Palaiocastron.  Schon  im  august  1876  stellte  Schliemann 
nachforschungen  in  Tiryns  an ,  die  ihn  zu  der  ansieht  führten, 
daß  jene  mauern  etwa  1800 — 1600  v.  Chr.  erbaut  seien.  (Aus 
Köln,  zeitg.    1884,   nr.    79,   1). 

Die  Saburowschen  Sammlungen.  Bei  seinem  Weggang  aus 
Berlin  wird  der  russische  botschafter  herr  von  Saburow  seine 
große  und  auserlesene  Sammlung  antiker  kunstdenkmäler,  die  er 
als  langjähriger  gesandter  am  griechischen  hofe  allmählig  zu- 
sammenbrachte, zu  verkauf  bringen.  Verschiedene  europäische 
museen  werden  sich  in   diese  schätze  theilen.     Die  Tanagräischen 

24* 


352  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.   6. 

terracotten  werden  in  die  kaiserliche  Ermitage  zu  Petersburg 
wandern,  in  deren  reichem  museum  Tanagra  noch  gar  nicht  ver- 
treten war.  Unser  Berliner  museum,  welches  schon  einen  ansehn- 
lichen vorrath  dieser  kunstwerke  hat ,  konnte  nicht  daran  den- 
ken ,  diesen  schätz ,  der  nur  in  seiner  gesammtheit  abgegeben 
werden  sollte,  in  anspruch  zu  nehmen.  Um  so  wichtiger  waren 
für  uns  die  sculpturen  und  die  vasen.  Zu  den  erstem  gehört 
eine  lebensgroße  bis  auf  den  köpf  vorzüglich  erhaltene  jünglings- 
figur  aus  erz  am  strande  von  Salamis  gefunden  und  eine  reiche 
Sammlung  von  marmorwerken  des  älteren  stils  und  der  vollen- 
deten kunst,  köpfe  freier  sculptur  und  reliefs,  vorzügliche  grab- 
reliefs  und  weihgeschenke,  lauter  bildwerke,  welche  alle  in  Attika 
gefunden  lebendige  Zeugnisse  des  attischen  lebens  sind ,  auch 
grabstatuen  vor  den  familiengräbern  aufgestellt ,  wie  sie  bisher 
noch  gar  nicht  zum  Vorschein  gekommen  sind.  Von  gemalten 
thongefäßen  sind  97  erworben,  auch  diese  fast  alle  aus  Attika, 
alle  in  der  hauptsache  wohl  erhalten,  von  den  verschiedensten 
formen  und  mit  den  anziehendsten  darstellungen  ausgestattet, 
einige  werke  älteren  stils,  die  meisten  rohfigurig  und  der  blüthe 
der  älteren  attischen  kunst  angehörig,  mythologische  und  häus- 
liche scenen  darstellend.  Auch  die  gattung  der  mit  menschen- 
und  thierköpfen  oder  mit  plastischen  gruppen  verzierten  trink- 
oder  salzgefäße  ist  in  ausgezeichneten  exemplaren  vertreten. 
Eine  gelegenheit  wie  die  jetzt  dargebotene,  die  sculpturensamm- 
lung  und  das  vasencabinet  des  königlichen  museums  mit  einer 
fülle  attischer  kunstwerke  zu  bereichern ,  konnte  nicht  wieder- 
kehren und  darum  werden  alle  kunstfreunde,  welchen  die  glück- 
liche entwicklung  unseres  hauptstädtischen  museums  am  herzen 
liegt,  es  dem  Vorsteher  des  Unterrichts  -  ministeriums ,  sowie  der 
museumsverwaltung  dank  wissen,  daß  diese  zwiefache  erwerbung 
möglich  geworden  ist.  Die  von  dr.  A.  Furtwängler  begonnene 
publikation  der  Saburowschen  Sammlungen  (5  lieferungen  jede 
zum  preise  von  25  mark  sind  bis  jetzt  bei  Asher  u.  co.  in  Berlin 
erschienen) ,  wird  durch  den  jetzigen  besitzwechsel  nicht  unter- 
brochen werden.     Köln,  zeitung  1884,  nr.  79,  2. 

Verein  deutscher  lehrer  in  England.  Da  die  läge  deutscher 
lehrer  in  England  eine  in  vieler  hinsieht  beklagenswerthe  ist, 
wie  die  schon  in  zweiter  aufläge  erschienene  Schrift  von  H.  Rei- 
chard ,  „der  deutsche  lehrer  in  England",  Berlin ,  Weidmann, 
1883,  das  nähere  nachweist,  so  hat  sich  ein  verein  deutscher 
lehrer  in  England  gebildet,  um  diesen  übelständen  abzuhelfen, 
namentlich  ankommenden  stellen  zu  ermitteln ,  und  sonst  mit 
rath  und  that  beizustehen.  Der  verein  hat  nun  ein  comite"  ge- 
wählt zur  förderung  der  sache  und  dieses  hat  einen  auf  ruf 
erlassen,  den  wir  hier  mit  der  bitte  an  unsere  leser  abdrucken 
lassen,  demselben  nach  kräften  zu  folgen:  „In  einer  am  29. 
december  vorigen  Jahres  in  Tolmers'  Square  Institute  ,    London, 


Nr.   6.  Kleine  philologische  zeitung.  353 

unter  dem  Vorsitze  C.  Tuchmann' s,  früheren  Präsidenten  der  deut- 
schen wohlthätigkeits-gesellschaft,  abgehaltenen  Versammlung  von 
deutschen  lehrern  und  solchen,  die  sich  für  dieselben  interessiren, 
wurde  beschlossen,  unter  dem  titel:  German  Teachers'  Association 
einen  „Verein  deutscher  lehrer  in  England"  zu  gründen,  der  sich 
folgende  hauptaufgaben  stellt:  1.  Der  verein  bezweckt,  die  so- 
ciale und  materielle  läge  des  deutschen  lehrers  in 
England  nach  möglichkeit  zu  heben ;  politische  bestrebungen  ir- 
gend welcher  art  sind  ausgeschlossen.  2.  Der  verein  übernimmt 
für  seine  mitglieder  für  eine  geringfügige  entschädigung  die  Ver- 
mittlung von  stellen  in  englischen  schulen  und  familien. 
3.  Der  verein  will  neu  herübergekommenen  deutschen  lehrern, 
sowie  andern  mitgliedern,  die  sich  an  ihn  wenden,  mit  rath  und 
that  an  die  hand  gehen  und  den  sich  hier  aufhaltenden  lehrern 
und  mitgliedern  in  einem  vereinslocale  ein  heim  bieten,  mit 
lesezimmer,  bibliothek  u.  s.  w  4.  Der  verein  unterhält  eine  stete 
Verbindung  mit  den  deutschen  hochschulen  und  der  deutschen 
presse,  um  auf  die  Sachlage  in  bezug  auf  den  wirklichen  be- 
darf deutscher  lehrer  in  England  aufmerksam  zu  machen. 
5.  Der  verein  wird  ferner  die  aufgäbe  übernehmen,  für  die  kin- 
der  englischer  eitern  passende  schulen  auf  dem  continent ,  wie 
auch  umgekehrt  solche  schulen  resp.  familien  für  deutsche  kin- 
der  in  England  nachzuweisen ,  den  austausch  von  kindern  zum 
zwecke  der  erlernung  der  englischen  und  contiuentalen  sprachen 
zu  "vermitteln,  u.  s.  w.  6.  Endlich  hofft  der  „Verein  deutscher 
lehrer  in  England"  im  laufe  der  zeit  und  mit  Unterstützung  der 
kaiserlich  deutschen  regierung  in  den  stand  gesetzt  zu  werden, 
in  London  ein  „Deutsches  institut  zum  Studium  der  englischen  spräche", 
dessen  grundzüge  bereits  von  einem  comitemitgliede  in  einer 
denkschrift  ausgearbeitet  werden,  zu  gründen.  —  Der  Lord-major 
von  London  sowie  andere  hervorragende  persönlichkeiten  haben 
bereits  ihre  betheiligung ,  event.  ihre  protektion  zugesagt,  und 
die  vorläufigen  kosten  sind  durch  die  gute  C.  Tuchmanns  theil- 
weise  schon  gedeckt,  doch  sind  noch  erhebliche  mittel  erforder- 
lich, um  den  verein  so  weit  lebensfähig  zu  machen,  daß  er  auf 
eigenen  fußen  stehen  und  die  oben  berührten  projekte  zur  aus- 
führung  bringen  kann.  Aus  diesem  gründe  wendet  sich  das 
untengenannte  comit^  vertrauensvoll  an  alle  deutschen  lehrer 
und  studierenden ,  auch  ihrerseits  die  gute  sache  nach  kräften 
zu  fördern,  entweder  durch  beitritt  zu  dem  verein  oder 
durch  beitrage.  So  weit  sich  bis  jetzt  übersehen  läßt,  wür- 
den die  Jahresbeiträge  der  mitglieder  zehnmarh  nicht  übersteigen, 
und  würden  diese  beitrage  alle  mitglieder  zu  dem  schütze  und 
den  wohlthaten  des  Vereins  berechtigen,  deren  umfang  nach  den 
oben  angegebenen  grundsätzen  seiner  zeit  in  den  Statuten  näher 
festgestellt  werden  wird.  Beitrittserklärungen ,  sowie  beitrage, 
werden    von    dem    mitunterzeichneten    secretär ,    sowie    von    dr. 


354  Auszüge  aus  Zeitschriften.  Nr.   6. 

Bernard,  Schatzmeister  des  allgem  deutschen  schulvereins ,  Kur- 
straße 34/35,  Berlin,  C,  entgegengenommen.  London,  im  märz 
1884.  Das  comite"  des  „Vereins  deutscher  lehrer  in  England". 
Chas.  Tuchmann,  (früherer  präsident  der  deutschen  wohlthätig- 
keits-gesellschaft),  Vorsitzender.  //.  Baumann,  director  der  deutsch- 
englischen knabenschule  in  Brixton.  Otto  Delfs ,  Oberlehrer  an 
King's  College,  Sherborne.  /.  Holthusen,  redacteur  der  „Londoner 
zeitung  Hermann".  C.  Menget,  director  der  ersten  deutschen 
höheren  töchterschule  zu  Islington.  Dr.  E.  Oswald,  Royal  Naval 
College,  Greenwich.  Dr.  W.  Rohlfs,  erzieher  s.  k.  h.  des  prin- 
zen  Alfred  von  Edinburg.  Dr.  Schneider,  Vertreter  der  „Kölni- 
schen zeitung"  für  England.  Dr.  Scholl,  pastor  an  der  deut- 
schen lutherischen  kirche  in  Cleveland  Street,  Fitzroy  Square, 
W.  C.  C.  Wagner,  pastor  an  der  deutschen  evangelischen  kirche, 
Sydenham,  S  E.  H.  Reichardt,  oberlehrer  an  der  höheren  mäd- 
chenschule,  Park  Eoad,  Haverstock  Hill,  London,  N.  W.,  secretär. 


Auszüge  aus  Zeitschriften. 

Hermes,  XIX.  bd.,  1.  hft. :  Th.  Mommsen ,  die  conscriptionsord- 
nung  der  römischen  kaiserzeit,  p.  1.  —  Th.  Thalheim,  die  Antidosis, 
p.  80.  —  E.  Maaß,  de  Phaenomenis  Arati  recensendis,  p.  92.  —  C. 
de  Boor,  zu  den  excerptsamrnlungen  des  Konstantin  Porphyrogennetos, 
p.  123.  —  B.  Keil,  bemerkungen  zur  reconstruction  der  Philonäischen 
Skeuothek.     (Dazu  eine  tafel  in  photographischem  glasdruck),  p.  149. 

—  —  Miscellen:    O.  Seeck ,    Claudian   de  cons.  Fl.  Malli  Theodori 
58,  p.  164. 

Neue  Jahrbücher  . . .  herausgeg.  von  A.  Fleckeisen,  bd.  CXXVII,  10. 
und  11.  heft:  (89.)  Das  erste  jähr  des  peloponnesischen  krieges.  Ein 
beitrag  zur  Chronologie  des  Thucydides.  (Schluß) ,  von  H.  Müller- 
Strähing,  p.  657—713.  -  103.  Zu  Xenophons  Anabasis  (111,4,19—23), 
von  R.  Bünger,  p.  713  716.  —  104.  Anz.  v.  F.  Weck:  beitrage  zur 
erklärung  Homerischer  personennamen  (Metz  1883),  von  K.  Schirmer, 
p.  717-720.  -  105.  Homerisches,  von  K  Frey,  p.  721-723.  —  106. 
Zur  kritik  des  Aischylos,  von  H.  Stadtmüller,  p.  724  —  728.  —  (5.)  Zu 
Euripides,  von  H.  GloSl,  p.  729-733.  —  107.  Zu  Ciceros  Cato  niaior, 
von  J  Lei/,  p.  734.—  108.  Vermischte  bemerkungen,  von  F.  Rühl,  p. 
735-752.  —  109.  Zu  Athenaios,  von  K.  Ohlert,  p.  753-767.  —  (40). 
Zur  erklärung  und  kritik  der  Homerischen  gedichte.  II,  von  A.  Ge- 
moll,  p.  767  —  768.  —  110.  Pausanias  und  Olympia,  von  G.  Hirschfeld, 
p.  769-771.  -    111.  Zu  Tiberianus  (II,  24),  von  K.  Roßberg,  p.  771. 

—  112.  Zu  Vergilius  Aeneis  (I,  393—400),  von  i.  Mejer,  p.  772— 773. 

—  113.  Die  consonantengemination    im  lateinischen,    von  E.  Bährens, 
p.  774—798.  -    (50.)  Philologische  gelegenheitsschriften,  p.  799—800. 

12.  heft.  114.  Zu  Sophocles  Philoktetes  von  Moritz  Schmidt,  p. 
801—808.  —  115.  Zur  Ökonomie  der  historien  des  Timaios,  von  H. 
Kothe,  p.  809  —  813.  —  116.  Zu  den  quellen  der  Messeniaka  des  Pau- 
sanias, von  G.  Busolt,  p.  814 — 816.  —  (67.)  Zu  Aischylos  (Agam.  521), 
von  A.  Lowinski ,  p.  816.  —  (103).  Zu  Xenophons  anabasis,  von  F. 
Revß,  p.  817 — 831. —  117.  Zum  fünften  buche  der  Aristotelischen  po- 
litik,  von  H.  Flach,  p.  832-839.  —  (40.)  Zur  erklärung  und  kritik 
der  Homerischen  gedichte.  III,  von  A.   Gemoll,  p.  839  —  840.  —     (60). 


Nr.   6.  Auszüge  aus  Zeitschriften.  355 

Zu  Dionysios  von  Halikarnasos,  von  C.  Jacoby,  p.  841  —  851.  —  (78). 
Zu  Hieronymus  de  viris  illustribus  (c.  59),  von  G.  Terwelp,  p.  851—852. 
—  (45.)  Zu  Ovidius  Fasti  (III,  496  ff.),  von  H.  Gilbert,  p.  852.  —  118. 
Horazische  allegorie,  von  Th,  I'liiß,  p.  852— 860.  -  119.  Zu  Tibullus, 
von  E.  Baehrens,  p.  860  —  862.  —  120.  Die  zeit  der  lex  Antonia  Cor- 
nelia de  permutatione  provinciarum  (44  v.  Chr.),  von  0.  E.  Schmidt, 
p.  863—  865  —  121.  Zu  Ammianus  Marcelliuus,  von  F.  Voyel,  p.  865 
-  866.  —  122.  Zu  Gennadius  de  viris  illustribus,  von  W.  Gemoll,  p. 
866  —  869.  —  Register  der  im  Jahrgang  1883  beurtheilten  Schriften  und 
abbandlungen,  p.  870.   —   Sachregister,  p.   871  —  872. 

Bd.  CXXIX,  1.  hft.  1.  Zur  Homerischen  worterklärung  des  Ari- 
starchos,  von  F.  Kammer,  p.  1  12.  -  2.  Homerische  klemigkeiten, 
von  Moritz  Schmidt,  p.  13  —  22.  —  3.  Pausanias  und  seine  ankläger, 
von  H.  Brunn,  p.  23  —  30.  —  4.  Zu  Cicero  de  natura  deorum ,  von 
A.  Goethe,  p.  30-34.  —  5.  Erotematia,  1-5,  von  **,  p.  34.  —  6.  Anz. 
von  J.  Brzoska:  de  canone  decem  oratorum  Atticorum  quaestiones 
(Breslau  1883),  von  O.  Harnecker,  p.  35 — 48.  —  7.  Zu  den  griechi- 
schen elegikern,  von  ./.  Sitzler,  p.  48  53.  —  8.  Zu  Ciceros  Pompeiana 
(§  18),  von  A.  Mosbach,  p.  54  —  56.  —  9.  Zu  Tacitus  historien,  von 
A.  Faßner,  p.  56.  —  10.  Zu  Horatius  episteln  (I.  15,  13.  II.  1,  173), 
von  R  Duncker  und  Ch.  Cron,  p.  57  —  70.  --  11.  De  Vergilii  arte 
rhythmica.  von  H.  Draheim,  p.  70  73.  —  12.  Zu  Ciceros  reden  gegen 
Catilina  (I,  §1),  von  O.  Wichmann,  p.  74.  —  13.  Zu  den  scriptores 
historiae   Augustae,  von  II    Peter,   p.  75—80. 

Rheinisches  museum ,  bd.  XXXIX,  hft.  1.  Parallelen  zur  entfüh- 
rungsgeschichte  im  Miles  gloriosus.  "Von  E.  Zunicke,  p.  1.  —  Zu 
Sextus  Empiricus.  Von  O.  Apelt,  p.  27.  —  Zur  Finanzgeschichte 
Athens.  Von  J.  Belach ,  p.  34.  —  Animadversiones  criticae  in  Sci- 
pionis  Aemiliani  historiam  et  C.  Gracchi  orationem  adversus  Scipio- 
nem.  Seripsit  F.  Marx,  p.  65.  —  Der  feneranbläser  und  der  dorn- 
auszieher  (mit  2  tafeln),  von  Th.  Zielinski,  p.  73.  —  Aristophanes  als 
dichter  und  politiker.  Von  Th.  Kock,  p  118  —  141.  —  Die  bleitafel 
von  Magliano.  Von  W.  Deecke,  p.  141.  —  Griechisches  epigramm  aus 
Aegypten.  Von  F.  Bwcheler,  p.  151.  —  Miscellen:  die  epoden  des 
Archilochus.  Von  E.  Wölfflin,  p.  156.  —  Piatonis  locus  correctus. 
Seripsit  J.  By  water,  p.  157.  —  Zu  Theophrast.  Von  G.  Reylbut ,  p. 
158  —  Ueber  die  quellen  der  in  die  auabasis  des  Arrian  eingelegten 
reden  Von  A.  Franke/,  p.  159.  —  Nachtrag  zu  den  Scenica.  Von 
E.  Rohde,  p.  161.  —  Der  durchzug  Hannibal's  durch  die  Po -sümpfe 
im  jähre  537/217.  Von  //*.  Sieglin,  p.  162.  —  Die  Fabiani  in  der 
Luperealienfeier.  Von  O.  Crusius,  p.  164.  —  Nochmals  die  klage  ei- 
nes ostgothischen  professors.     Von  F.   B.  p.  168. 

Literatur  1883, 

(dem  Philologus   und  PhAnzeiger  zugesandt). 

Crusius,  Otto,  Analecta  critica  ad  paroemiographos  Graecos.  Ac- 
cedunt  Exeerpta  ex  Demone  mQt  nctooi/uiwv,  Graminatici  incerti  frag- 
mentum  paroemiographicum.     Lipsiae,  Teubner   1883.     8.     174  p. 

Dunbar,  Henry,  a  complete  concordance  to  the  comedies  and 
fragments  of  Aristophanes.     Oxford   1883.     4.     IV,  342  p. 

Nissen,  Heinr. ,  Italische  landeskunde.  Bd.  I:  land  und  leute. 
Berlin,  Weidmann  1883.     8.     566  p.     8  mk. 

Cauer,  Fi'id. ,  de  fabulis  Graecis  ad  Romam  conditam  pertinen- 
tibus.     Berolini   1884.     8.     Dias. 


356  Literatur.  Nr.   6. 

Faßbaender,   Franc. ,  de  optativo  futuri.     Lipsiae  1884.     8.     60  p. 

Gilbert,  Otto,  geschichte  und  topographie  der  stadt  Rom  im  al- 
tertbum.     Erste  abth.     Leipzig,  Teubner  1883.     8.     368  p. 

Homer 's  Ilias.  Für  den  schulgebraucb  erkl.  von  Karl  Frid  Ameis. 
2.  bd.  3.  heft.  Gesang  XIX— XXI  bearb.  von  C.  Hentze.  Leipzig, 
Teubner  1882.  8.  Anhang.  7.  heft:  zu  gesang  XIX— XXI  bearb.  v. 
C.  Hentze.     Leipzig   1882. 

Biese,  J.,  die  entwicklung  des  naturgefühls  bei  den  Römern.  Kiel, 
Lipsius  u.  Tischer  1884.     8.     210  p. 

Hoyer,  Rudolf,  de  Antiocho  Ascalonita.     Bonn  1883.     8.     52  p. 

Sturm,  Joh.  Baptista,  Quae  ratio  inter  tertiam  T.  Livi  decadem 
et  L.  Coeli  Antipatri  historias  intercedat.     Wirceburgi  1883.     8.     54  p. 

Aeschyli  Agamemno  einend.  David  S.  Margolionth.  Londini,  Mac- 
millan  1884.     8.     72  p. 

Gregorovius ,  Ferd.,  der  kaiser  Hadrian.  Gemälde  der  römisch- 
hellenischen weit  zu  seiner  zeit.  3.  aufl.  Stuttgart,  Cotta  1884.  8. 
VI,  505  p. 

Sophoclis  Electra  scholarum  in  usum  edid.  Frid.  Schubert.  Lip- 
siae, G.  Freytag  1884.     8. 

Nitzschner,  Aug.,  de  locis  Sallustianis  qui  apud  scriptores  et  gram- 
matica  veteres  leguntur.     Hannoverae  1884.     8. 

Studniczka,  Franz,  vermuthungen  zur  griechischen  kunstgeschichte. 
Wien,  Konegen  1884.     8.     46  p. 

Haas,  Alfred,  Quibus  fontibus  Aelius  Aristides  in  componenda 
declamatione  quae  inscribitur  ngog  nkdriova  vnto  rüjv  TiTiaotav  usus 
sit.     Gryphiswaldiae  1884.     8.     95  p. 

Bauer,  Ludwig,  das  verhältniß  der  Punica  des  C.  Sirius  Italicus 
zur  dritten  dekade  des  T.  Livius.  Eine  vergleichende  studie.  Erlan- 
gen 1883.     8.     60  p. 

Nitzsch,  Carl  Wilh.,  geschichte  der  römischen  republik.  Nach 
dessen  hinterlasseuen  papieren  und  Vorlesungen  herausgeg.  von  Georg 
Thouret.  Band  I:  bis  ende  des  Hannibalischen  krieges.  Leipzig, 
Duncker  u.  Humblot  1884.     8.     XV,  203  p. 

Manitius,  Max,  Anonymi  de  situ  orbis  libri  duo.  Stuttgart,  Cotta 
1884.     8.     XIV,  96  p. 

Susemihl,  Franc,  de  carminis  Lucretiani  prooemio  et  de  vitis  Ti- 
siae,  Lysiae ,  Isocratis,  Piatonis,  Antisthenis,  Alcidamentis,  Gorgiae 
quaestiones  epicriticae.     Gryphiswaldiae  1884.     4.     XXII  p. 

Müller,  Lucian,  Luciliana.     Berlin   1884.     8. 

Jacoly,  Joh.,  geist  der  griechischen  geschichte.  Auszug  aus  Grote's 
geschichte  Griechenlands,  hrsg.  v.  Franz  Rühl.  Berlin,  Hofmann  1884. 
8.     258  p. 

Mayer,  Maximilian,  de  Euripidis  mythopoeia  capita  duo.  Berlin, 
Mayer  u.  Müller  1883.     8.     83  p. 

T.  Macci  Plauti  comoediae.  Tom.  II,  fasc.  5 :  Poenulus  recc.  Hu- 
scheln schedis  adhibitis  Georg  Goetz  et  Gust.  Loewe.  Lipsiae ,  Teub- 
ner 1884.     8.     XXVI,  176  p. 

Herzog,  Ernst,  geschichte  und  System  der  römischen  Staatsverfas- 
sung. Bd.  I:  königszeit  und  republik.  Leipzig,  Teubner  1884.  8. 
LX1V,  1188  p. 

Homeri  Iliadis  carmina  seiuncta  discreta  emendata  prolegg.  et  app. 
critica  instructa  ed.  Guil.  Christ.  Pars  prior.  Lipsiae,  Teubner  1884. 
8.     IV,  398  p. 

Keil,  Henr.,  Emendationum  Varronianarum  pars  II.     Halael884.  4. 

Cocchia,  Enrico,  Studi  latini.     Napoli  1883.     8.     113  p. 

Alb.  von  Kampen  ,  Orbis  terrarum  antiquus  in  scholarum  usum 
descriptus.     Gothae  1884,  Perthes.     Quer  4. 


Nr.  7.  Ja«  1884. 

Philologischer  Anzeiger. 

Herausgegeben  als   ergänzung   des  Philologus 


von 


Ernst  von  Leutsch. 


62.  Theodor  Birt,  das  antike  buchwesen  in  sei- 
nem verhältniß  zur  litteratur ,  mit  beitragen  zur  textgesehichte 
des  Theokrit,  Catull,  Properz  und  anderer  autoren.  Berlin, 
Hertz   1882.     8.     VII,  518  p.      12  mk. 

Das  vorliegende  werk  hat  die  form  des  antiken  buches  und 
ihr  verhältniß  zu  den  litteraturproducten  zum  gegenständ,  einen 
stoff,  der  bisher  nur  gelegentlich  in  einzelnen  kapiteln  der  hand- 
bücher  über  paläographie  oder  privatalterthümer  gestreift  war, 
hier  aber  mit  dankenswerther  grttndlichkeit  unter  berücksichti- 
gung  der  gesammten  litteratur   zusammenfassend  bearbeitet  ist. 

In  dem  ersten  der  neun  kapitel  „die  buchterminologie",  zeigt 
Birt,  daß  ßißXog  ßiß/.iov  Über  volumen  nicht  nur  sachlich,  sondern 
vor  allem  räumlich  abschnitte  eines  gesammtwerkes  bezeichnen. 
Dieses  selbst  würde  durch  corpus  aäfta  aa^äiiov  bezeichnet. 
Cap.  2  „das  pergament"  behandelt  das  büchermaterial.  Obwohl 
neben  dem  uralten  papyrus  bei  den  asiatischen  barbaren  per- 
gament bekannt  und  in  gebrauch  gewesen  sei,  sei  der  papyrus 
doch  im  classischen  alterthum  das  durchaus  übliche  material  ge- 
wesen, pergament,  gering  im  preise,  sei  nur  von  armen  oder  zu 
brouillons  verwandt.  Durch  den  gebrauch  zur  kirchlichen  litte- 
ratur habe  das  pergament  auch  wieder  für  die  profanlitteratur 
allgemeinen  eingang  gefunden.  Einen  Zeitpunkt  gebe  die  Um- 
schreibung der  bibliothek  zu  Caesarea  400  n.  Chr.  auf  perga- 
ment. Cap.  3  „das  buch  als  träger  der  schrift"  sucht  den 
einfluß  der  rollengröße  der  Papierfabriken  auf  den  schriftsteiler 
bei  eintheilung  seines  Werkes  nachzuweisen,  eine  Untersuchung 
zu  der  cap.  4  „die  buchzeile"  (die  stichometrischen  fragen)  die 
Philol.  Anz.  XIV.  25 


858  62.  Buchwesen.  Nr.  7. 

fortsetzung  bildet.  Birt  bestimmt  als  normalgröße  den  hexa- 
meter  mit  etwa  35  buchstaben.  Cap.  5  „die  buchseite "  be- 
handelt unter  anleitung  der  bekannten  Pliniusstelle  die  blatt- 
breite.  Eine  prüfung  sämmtlicher  papyrusreste  aus  dem  alter- 
thum  ist  freilich  für  dies  aufgestellte  normalexempel  nicht  gün- 
stig. In  cap.  6  „die  buchgröße"  erörtert  Birt  den  unterschied 
der  großen  des  prosa-  und  poesiebuchs,  in  cap.  7  die  fragen,  die 
in  das  gebiet  der  edition  einschlagen ,  in  cap.  8  die  Störungen 
der  antiken  buchform  unter  revision  der  gesammten  antiken  lit- 
teratur  von  diesem  gesichtspunkt  aus.  In  cap.  9  „das  voralex- 
andrinische  buchwesenu  wird  für  diese  zeit  die  theilung  der 
werke  in  bücher  geleugnet  und  ihr  das  „großrollensystem"  vin- 
dicirt,  das  erst  der  von  der  alexandrinischen  gelehrsamkeit  durch- 
geführten buchtheilung  gewichen  sei.  Der  erfinder  des  kleinrol- 
lensystems  sei  Callimachus.  — 

Die  folgende  besprechung  geht  außer  auf  die  grundlagen 
der  Birtschen  deductionen  —  normalzeile  und  normalexemplar  — 
nur  auf  die  punkte  näher  ein,  wo  eine  erneute  besprechung  von 
nutzen  scheint. 

Gegen  die  strengen  Scheidungen  der  Birtschen  terminologie 
der  antiken  ausdrücke  hat  E.  Bohde  (Gott.  gel.  anz.  1882, 
stück  49,  p.  1537  ff.)  durchschlagende  gründe  beigebracht,  und 
man  wird  an  Fr.  Ritschrs  erklärung  festhalten  müssen,  daß  ßi- 
ßkog  ßißXiov  Über  mit  „rolle"  in  nachalexandrinischer  zeit  zwar 
häufig  zusammenfallen,  es  aber  nicht  an  unbeträchtlichen  aus- 
nahmen fehlt. 

In  bezug  auf  das  großrollensystem  der  athenischen  zeit  ver- 
mag ich  Birt  nicht  beizupflichten.  Die  aus  Plato  (z.  b.  Apolog. 
26  D),  Isokrates  (Panath.  250)  sich  ergebende  starke  Verbreitung 
des  bücherlesens  setzt  offenbar  auch  handliche  formate  voraus. 
Das  zeugniß  des  Thukydidesscholiasten  kann  doch  nur  einen 
zweifelhaften  werth  haben.  Auch  ist  es  nicht  festgestellt,  ob 
neben  der  gesammtpublikation  eines  historischen  prosa  Werkes, 
nicht  ausgaben  von  rhapsodienartigen  theilen  —  wozu  das  Vor- 
bild Homer's  und  die  sitte  der  öffentlichen  Vorlesungen  angeregt 
haben  dürften  —  nebenherliefen ,  und  man  könnte  die  resultate 
der  Kirchhoff'schen  Untersuchungen  über  die  entstehung  des  He- 
rodotischen  geschichtswerks  unter  diesem  gesichtspunkt  verwenden 
oder  modificiren.     Indessen  bleibt  dies  ohne  eingehenden  beweis 


Nr.   7.  62.  Buchwesen.  359 

hypothese  und  kann  daher  zunächst  nicht  gegen  Birts  anschauung 
verwandt  werden.  Besser  sprechen  schon  Plato,  Aristoteles,  Epho- 
rus  gegen  ihn.  Wenn  von  Aristoteles  dialogen  z.  b.  der  tieqi 
dtxaioovitjQ  in  vier  büchern  vorlag  und  jedes  buch  durch  ein 
besonderes  prooemium  eingeleitet  wurde,  so  darf  dies  nicht  al- 
lein in  der  weise  erklärt  werden,  wie  es  Birt  p.  472  ff.  thut. 
Gewiß  ward  Aristoteles  durch  die  kunst  der  composition  zu  thei- 
lungen  veranlaßt ,  aber  weshalb  hat  er  den  dialog  gerade  auf 
diesen  umfang  beschränkt,  und  warum  haben  die  alexandrini- 
schen  gelehrten  hier  keine  andere  theilung  vorgenommen  ?  Sicher 
war  es  ihm  darum  zu  thun,  seine  Schriften  in  handlichem  format 
zu  edieren  und  sie  so  dem  publikum  annehmbar  zu  machen. 
Auch  über  Plato  urtheilt  Birt  nicht  richtig.  Man  beachte  den 
umfang  der  apologie,  an  deren  weitester  Verbreitung  dem  Plato 
ohne  zweifei  sehr  viel  gelegen  hat.  Auch  von  den  sonstigen 
Schriften  des  Plato  sind  es  nur  zwei,  die  in  das  system  des  groß- 
rollenwesens  gut  hineinpassen,  der  Staat  und  die  gesetze.  Wenn 
von  ersterm  werke  Plato  bereits  eine  erste  ausgäbe  in  viel  hand- 
licherer form,  wie  Krohn  nachgewiesen  hat,  veranstaltet  hat,  wie 
sollte  der  philosoph  dazu  gekommen  sein,  dieses  werk  in  einem 
für  den  leser  so  unbequemen  convolut  zu  vereinen?  Auch  hier 
werden  mehrere  partien  zu  scheiden  sein ,  und  eine  diesbezüg- 
liche aufmerksame  iektüre  des  Werkes  wird  die  spuren  noch  er- 
kennen lassen.  Anders  steht  es  mit  den  gesetzen.  Sie  sind 
von  Plato  selbst  nicht  in  einer  rolle  ediert.  Als  paralipomenon 
fiel  die  herausgäbe  dieses  Werkes  seinen  schülern  anheim.  Die 
tradition  schreibt  die  redaktion  und  herausgäbe  desselben  dem 
Philipp  von  Opus  zu.  Diogen.  Laert.  III,  27 :  svioi  cpaaiv,  ori 
&iki7inog  o  'Onovvxiog  tohg  Nöfxovg  avtov  [AeTsygctxpsv  ovzag  £v 
xrjQio  •  Tovzcp  ds  xai  ir\v  ^EnivoyiiSct.  cpaaiv  ehai.  Suid.  s.  v.  cpi- 
loaocpog  —  —  og  tohg  TlXäravog  Nofxovg  dtsiXev  arg  ßißXt'ct  iß'' 
to  yäg  iy'  ctvtog  ngog&Eivai  Hyszai,  wo  der  name  Philipps  aus- 
gefallen ist ,  wie  Boeckh  in  Plat.  Minoem  p.  73  nachgewiesen. 
Aus  welchem  gründe  Birt  diese  notiz  verwirft ,  ist  nicht  einzu- 
sehen ,  da  er  doch  sonst  sich  durchaus  nicht  abweisend  gegen 
grammatikerzeugnisse  verhält.  Zur  begründung  dieser  Verwer- 
fung führt  er  eine  ganze  reihe  von  Zeugnissen  an,  bei  denen  die 
redaktion  von  werken  auf  mythe  beruht.  Aber  weshalb  ist  hier 
nicht    angeführt,    daß    Eudemos    die    metaphysik    des  Aristoteles 

25* 


360  62.  Buchwesen.  Nr.  7. 

herausgegeben?  Diese  nachricht  beruht  allerdings  auf  so  guter 
grundlage,  daß  Birt  nicht  wagen  wird,  dieselbe  anzugreifen. 
Ferner  unterscheidet  sich  die  notiz  bei  Diog.  Laert.  II,  56,  daß 
Xenophon  des  Thucydides  geschichte  ediert  habe,  während  er 
sie  doch  vernichten  konnte,  beträchtlich  von  der  oben  erwähnten 
nachricht  über  Philipp  von  Opus.  Nun  hat  aber  auch  Ivo 
Bruns  (Piatos  Gesetze,  Weimar  1880)  in  scharfsinniger  weise 
nachgewiesen,  daß  Philipp  von  Opus  der  gewaltsame  redaktor 
der  gesetze  gewesen  ist.  Es  ist  daher  jene  Verwerfung  dieser 
notiz  von  Seiten  Birts  nicht  gerechtfertigt.  Hierzu  tritt  noch 
der  umstand  ergänzend  hinzu,  daß  auch  bei  Ephoros  die  buch- 
theilung  auf  den  Verfasser  selbst  zurückgeht.  Das  werk  lag 
dem  Diodor  XVI,  76  in  dreißig  büchern  vor,  jedes  dieser  xara 
yivog  gesonderten  bücher  hatte  je  ein  prooemium,  welches  als 
ein  machwerk  eines  spätem  redaktors  hinzustellen  kein  grund 
vorliegt.  Birt  selbst  muß  hier  zugeben  (p.  471),  daß  diese  buch- 
theilung  bei  Ephoros  nicht  zu  leugnen  sei.  Er  sucht  dieselbe 
jedoch  dahin  zu  erklären,  daß  „notwendigerweise ,  sich  dem, 
der  von  den  Herakliden  ab  erzählte,  der  stoff  nach  zeit  und 
nach  ort  in  große  gruppen  theilte;  auch  Herodot  erzähle  ja 
xaz«  yhog ;  während  aber  bei  diesem  die  theilung  in  bücher 
zur  Verdeutlichung  der  Stoffgruppierung  nichts  beitrüge,  so  wäre 
sie  beim  Ephorus  offenbar  geschickter  und  etwa  so  geschickt 
gemacht,  wie  in  der  Ilias ;  wie  die  Ilias,  so  konnte  auch  Ephoros 
anfangs  in  fitgt]  zerfallen".  Jedem,  der  diese  argumentation  Birts 
liest,  wird  es  klar,  daß  Birt  sich  nicht  der  nothwendigkeit  ent- 
ziehen kann,  daß  bei  Ephoros  schon  früh  eine  Scheidung  des 
werkes  in  theile  eingetreten  sei.  Wenn  man  sich  den  umfang 
der  bücher  des  Ephoros  nach  analogie  der  uns  erhaltenen  histo- 
riker  und  nach  dem  überlieferten  inhalt  vergegenwärtigt,  so  wird 
jedem  einleuchten,  daß  diese  dreißig  bücher  nicht  in  einer  rolle 
standen.  Ferner  umfaßte  Theopompos  geschichtswerk  («*»  oig  Tag 
ts  täv  EhXrjvcov  ytal  ßuQßaQCov  ngd^etg  fiSXQi  v^v  cc7zayysXXofitvag 
eati  laßsiv)  mehr  als  150000  satj  nach  Phot.  Bibl.  cod.  176, 
p.  120b,  33  ed.  Bekker.  Soll  man  sich  nun  diese  gesammten 
150000  S7i7]  in  einer  rolle  denken?  Es  ergiebt  sich  also,  daß 
sowohl  das  geschichtswerk  des  Ephoros  als  auch  das  des  Theo- 
pomp gleich  von  ihrer  herausgäbe  an,  nicht  in  einer  einzigen 
rolle  vereinigt  sein  konnten.     Eine  derartige  rolle   wäre  für  die 


Nr.  7.  62.  Buchwesen.  361 

lektüre  des  Werkes  ein  hindernis  gewesen.  Welche  last  mußte 
es  sein,  eine  so  schwere  rolle  beim  lesen  in  der  hand  zu  halten ! 
Aus  allen  den  angeführten  argumenten  geht  also  deutlich 
hervor,  daß  in  Athen  keineswegs  das  großrollensystem  in  der 
weise  geherrscht  hat ,  wie  Birt  annimmt.  Auch  hier  sah  man 
schon  auf  handlichkeit  der  rollen.  Nirgends  auch  nicht  bei  den 
komikern,  wo  sich  doch  so  leicht  ein  anlaß  geboten  hätte,  findet 
sich  eine  andeutung,  aus  der  die  mangelhafte  handlichkeit  der 
rollen  ersichtlich  wäre.  Wenn  also  somit  das  „kleinrollensystem" 
auch  für  das  perikleische  Athen  anzunehmen  ist,  so  fällt  damit 
auch  die  bedeutung,  welche  Birt  dem  Kallimachos 
beilegt.  Der  ausspruch  des  letzteren  ro  ue'ya  ßißXiov  i'aop  efoat 
7%  fxeyäXq>  xuxm1)  muß  also  die  bedeutung  behalten,  welche  ihm 
Merkel  prolusio  ad  Ibin  p.  341  und  später  Rohde  Geschichte 
des  griechischen  romans  1870,  p.  56  gegeben  haben.  Birt  in- 
terpretiert diesen  ausspruch  des  Kallimachos  allerdings  mit  großer 
schärfe  und  divinatorischem  talent,  aber  dennoch  hat  mich  seine 
argumentation  nicht  überzeugen  können.  In  Verbindung  mit 
dieser  frage  bebandelt  Birt  auch  p.  485  ff.  die  bedeutung  der 
ßlßXoi  avfxuiyelg  und  uuiyetg.  Die  notiz  über  dieselben  findet 
sich  bei  Ttzetzes  proleg.  ad  Aristophanem,  der  hier  alten  quellen 
folgt:  8vai  ßißXio&ijxaig  ruvraig  (sc.  rag  ßi'ßXovg)  unsdezo,  wv 
7tjg  exTog  fisv  i\v  agi&uog  7S7Qay.iguvgiat  dtg%iXtai  6x7axöoiai, 
7>]g  81  eaco  läv  avax7ogmp  xai  ßaoiXeiov  ßlßXcov  psv  av/a/xtuäv 
(cod.  Ambros. ;  avuuiyäv  cod.  Paris.)  ugi&uog  7saaagdxov7a  fiv- 
giadeg,  änXäv  de  xai  d/xiayäv  (cod.  Ambros. ;  upnymv  cod.  Paris.) 
ßißXcov  nvgiddsg  hvta,  tag  ö  KaXXtuayoq  veavioxog  &v  tr\g  aiXrjg 
vG7hQ(og  /xs7u  7rtv  arogd'coaiv  7ov  g  nivaxag  uvtwv  an?yoä\pa7o. 
Birt  hält  nun  beide  hier  mit  ovu^tiysTg  und  äuiyslg  bezeichneten 
rollen  für  solche,  die  in  das  großrollensystem  gehören  (p.  490). 
Die  avuuiyslg  faßt  er  als  miscellanhandschriften  auf,  die  uuiyüg 
dagegen  als  handschriften,  in  denen  nur  Schriften  desselben  Ver- 
fassers, in  der  regel  wohl  nur  ein  werk  zusammengestellt  waren. 

1)  Die  worte  stehen  bei  Athenaeus  III,  p.  72  A  und  werden  ein- 
geführt: KakXifxctyog  6  yg  et, ufxct7iy.bg  tktytv.  Birt  erklärt  dies  iktytv 
p.  483 :  „Kallimachos  pflegte  zu  sagen",  doch  ist  diese  Übersetzung 
nicht  unbedingt  nothwendig.  Denn  man  muß  hierbei  in  erwägung 
ziehen,  daß  der  aorist  tlnov  nie  zur  einführung  von  citaten  gebraucht 
wird.  Hier  werden  nur  die  von  Xiyco  gebildeten  formen  angewandt, 
und  das  imperfekturn  tritt  dann  subsidiarisch  für  den  aorist  ein. 


362  62.  Buchwesen.  Nr.   7. 

Doch  gesteht  er  selbst  p.  491  ein,  daß  bei  dieser  erklärung  die 
zahlengröße  der  av/ifiiyslg  unerklärbar  und  unverständlich  er- 
scheint. Eine  änderung  dieser  Zahlenangabe  hat  Birt  also  nicht 
gewagt ,  er  hält  dieselbe  demnach  für  richtig.  Dieser  umstand 
allein  muß  zweifei  an  der  richtigkeit  der  Birtschen  erklärung  er- 
regen. Es  ist  nun  in  erster  linie  die  frage ,  ob  die  worte  a>g 
KaXXiua^og  —  ansygdxpaTO  sich  sowohl  auf  die  av(X(iiyilg  ßißXoi 
als  auch  auf  die  äpiysTg  beziehen.  Ich  glaube,  es  ist  nur  das 
letztere  der  fall,  wie  die  begründung  im  folgenden  zeigen  soll. 
Die  worte  jwer«  t\v  avoQ&oaoiv  hat  Birt  nicht  beachtet.  Es  fragt 
sich,  worauf  sich  die  ttvoo&eoaig  des  Kallimachos  erstreckte,  und 
welche  dieser  bücher  aus  derselben  hervorgegangen  sind.  Sicher 
die  geringere  anzahl  von  90000  äfityug.  Schon  diese  auffassung 
führt  auf  den  unterschied  zwischen  av^fiiynlg  und  ccfiiyslg.  Die 
erstem  sind  die  Schriften  bunt  durcheinander  ohne  Ordnung, 
ohne  recension,  die  letztern  die,  welche  aus  der  avogümaig 
hervorgegangen  sind.  Daß  diese  erklärung  auch  die  richtige 
ist ,  beweist  der  text  des  Plautusscholions :  duas  bibliothecas 
fecit,  älter  am  extra  regiam,  alter  am  autem  in  regia.  In  exteriore 
autem  fuerunt  milia  voluminum  quadraginta  duo  et  octingenta ;  in  re- 
giae  autem  bibliotheca  voluminum  quidem  commixtorum  volumina 
quadraginta  milia,  simplicium  autem  et  digestorum  milia  nonaginta, 
sicuti  refert  Callimachus.  Es  wird  ferner  hierdurch  verständlich, 
daß  in  der  pergamenischen  bibliothek,  welche  Antonius  der  Kleo- 
patra  schenkte,  nur  noch  ßißlia  änlä  waren  (Plut.  Anton.  58). 
An  der  erhaltung  der  ovmjuyr}  hatte  man  kein  interesse;  sie 
waren  von  den  Ptolemaeern  nur  in  der  großen  anzahl  angekauft, 
um  an  der  hand  verschiedener  exemplare  die  avoq&coatg  zu  er- 
möglichen. 

Daß  in  Alexandria  eine  buchtheilung  der  Schriftsteller  bei 
der  av6o9(oaig  unternommen  wurde,  ist  allerdings  nicht  zu  leug- 
nen, aber  dabei  sind  drei  punkte  zu  beachten: 

1)  Die  buchtheilung  erhielt  keine  allgemeine 
geltung.  Dies  beweisen  zahlreiche  angaben,  in  denen  die 
spätem  schriftsteiler  die  frühern  nach  verschiedener  buchzahl  ci- 
tieren.  Das  historische  werk  des  Thucydides  liegt  uns  heute 
in  acht  büchern  vor.  Man  pflegt  diese  theilung  auf  die  Alexan- 
driner zurückzuführen,  aber  mit  recht?  Diodoros  XII,  37.  XIII, 
42  las  selbiges  werk  in  neun  büchern,    der  Thucydidesscholiast 


Nr.  7.  62.  Buchwesen.  363 

(ad.  Thuc.  IV  im.)  gar  in  dreizehn  büchern,  vgl.  Osaun  im 
Philol.  IX,  543.  Krüger,  Histor.  philol.  Studien  I,  259.  Von 
diesem  gesichtspunkte  aus  sind  auch  die  verschiedenen  buchan- 
gaben des  geschichtswerkes  des  Theopomp  zu  beurtheilen,  welche 
Birt  p.  461  f.  angeführt  hat.  In  gleicher  weise  ging  es  mit 
Homer ,  die  rhapsodien  waren  auch  nicht  ursprünglich  gleich, 
aber  hier  hat  sich  zuerst  ein  allgemeingültiger  gebrauch  einge- 
bürgert ,  jedenfalls  weil  sie  das  gelesenste  buch  waren  und  na- 
mentlich als  Schulbuch  dienten.  Die  zahl  dieser  beispiele  sämmt- 
lich  anzuführen  kann  nicht   unser  zweck  sein. 

2)  Die  buchtheilung  der  al  exandrinischen  ge- 
lehrten ging  in  gleicher  weise  von  dem  gesichts- 
punkte der  handlichkeit  aus,  wie  dies  auch  früher 
der  fall  gewesen  war.  Dies  beweisen  aufs  deutlichste  die 
rfirjfiuza  vgl.  Birt  p.  494  f.  Daß  man  aber  auch  einen  zu  klei- 
nen umfang  nicht  bei  jeder  Schriftart  zuließ,  zeigen  die  dich- 
tungen  Epicharms,  welche  Apollodoros  von  Athen  auf  zehn  zö- 
uoi  vertheilte  (Porphyr.  Vit.  Plotin.  24),  ferner  die  reden  des  De- 
mosthenes ,  von  denen  jedes  mal  sechs  vereint  gewesen  zu  sein 
scheinen  Birt  p.  308.  In  gleicher  weise  finden  wir  von  den 
Schriften  des  Antisthenes  nach  dem  katalog  bei  Diog.  Laert.  VI, 
15  f.  nicht  nur  verschiedene  selbständige  biographien,  sondern 
auch  solche  Schriften  in  einem  tö/jiog  vereint,  die  an  sich  wieder 
in  mehrere  bücher  zerfielen.  Es  ist  demnach  evident,  daß  buch 
und  stück  nicht  zusammenfielen,  vielmehr  in  derselben 
rolle  mehrere  stücke  vereint  waren.  Dabei  ist  auch  zu  beachten, 
daß  der  alexandrinischen  zeit  die  Vereinigung  mehrerer  Schriften 
in  eine  rolle  nicht  unbekannt  war ,  vgl.  Galen.  XVI,  p.  5.  Es 
gab  also  kein  „machtwort"  des  Kallimachos,  welches  unmittelbar 
bewirkte,  daß  seit  dieser  zeit  die  papierfabriken  des  Nildeltas  sich 
geradezu  angewiesen  sahen,  keine  buchrolle  über  200  Seiten  her- 
zustellen. 

3)  Ein  normal  ex  empl  ar  ist  weder  vonden  Alex- 
andrinern für  die  ältere  litteratur  geschaffen, 
noch  hat  es  später  existiert,  wie  Birt  p.  82  glaubt.  In 
späterer  zeit  ist  man  allerdings  immer  auf  die  textrecensionen 
der  Alexandriner  zurückgegangen ,  aber  nicht  aus  dem  gründe, 
weil  sie  ein  normalexemplar  waren  in  dem  sinne,  wie  Birt  meint, 
sondern    weil    die    exemplare    dieser    recension  den  reinsten  text 


364  62.  Buchwesen.  Nr.  7. 

boten,  da  den  redactoren  derselben  bei  der  ävÖQ&woig  das  reichste 
material  (vgl.  oben)  zu  geböte  gestanden  hatte. 

Die  auseinandersetzungen  Birts  über  die  normalexe  m- 
p  1  a  r  e  bilden  einen  so  hervorragenden  punkt  seiner  ganzen  auf- 
fassung,  daß  es  sich  verlohnt,  auf  diese  hypothese  ausführlicher 
einzugehen.  Seit  Kitschis  epochemachender  abhandlung  ist  wie- 
derholt über  die  stichometrie  gehandelt.  Birt  bringt  in  seiner 
besprechung  dieser  frage  kein  neues  material,  er  stützt  sich  we- 
sentlich auf  Charles  Graux'  abhandlung  (Nouvelles  recherches 
sur  la  stichometrie  in  Eevue  phil.  II,  Paris  1878),  aber  die  sti- 
chometrische  frage  ist  durchaus  noch  nicht  vollständig  klar  ge- 
legt und  eine  erneute  durchforschung  dieses  gebietes  wäre  sicher 
von  nutzen  gewesen.  Denn  wenn  Curt  Wachsmuth  die  sticho- 
metrie auf  mittelalterliche  handschriften  zurückführen  und  Blaß 
die  beim  Demosthenes  überlieferten  crr/pt  mit  erfolg  als  sinn- 
zeilen  erweisen  konnte,  so  mußte  hieraus  hervorgehen,  daß  die 
wissenschaftliche  grundlage,  auf  welche  die  Untersuchungen  über 
stichometrie  basierten ,  keine  feste  und  über  allen  zweifei  erha- 
bene war.  Für  eine  erneuerte  Untersuchung  dieser  frage  wird 
es  dringend  nothwendig  sein,  die  herkulanischen  texte  genau 
zu  collationieren.  Denn  jene  anerkannt  schlechten  editionen  der 
Italiener  können  nicht  stichhaltig  sein,  und  so  lange  der  text 
derselben  nicht  genau  festgestellt  ist,  werden  alle  conjekturen, 
welche  etwa  hier  gemacht  werden,  in  der  luft  schweben.  —  In 
eine  neue  phase  sind  die  stichometrischen  Untersuchungen  ohne 
zweifei  durch  Diels'  kleinen  aufsatz  in  Hermes  XVII,  1882, 
p.  377 — 384  gekommen.  Er  hat  erwiesen,  daß  die  gti'xoi  nicht 
nach  buchstaben,  sondern  nach  silben  gemessen  wurden,  ferner 
hat  er  zwei  arten  der  ati^oi  praecisiert.  Die  übrigen  von  die- 
sen abweichenden  faßt  er  in  eine  dritte  classe  zusammen.  Aber 
in  dieser  sind  die  Gtlfni  doch  auch  nicht  gleich ,  sondern  ver- 
schieden. Es  scheint  mir  außerdem  nicht  ohne  bedeutung,  daß 
Galenos  V,  p.  655  ed.  Kühn,  eine  stelle,  die  Birt  p.  216  nicht 
in  beifall  erweckender  weise  behandelt  hat,  die  sat],  welche  er 
als  maß  annimmt,  an  beiden  stellen  als  i^dftszQa  und  die  ari^oi 
als  rjQcomoi  bezeichnet.  Dieser  zusatz  kann  doch  unmöglich  ein 
müßiger  sein  •,  er  wäre  es ,  wenn  zu  Galenos'  zeiten  ein  jeder 
unter  azi%og  einen  solchen  von  bestimmter  ausdehnung  verstan- 
den hätte.     Dieser   zusatz  IjQouxvg  macht  es  aber    evident,   daß 


Nr.  7.  62.  Buchwesen.  365 

es  damals  schon  eine  verschiedenartige  Stichenrechnung  gab. 
Andere  Stichenrechnungen  waren  vorhanden ,  wie  die  Subskrip- 
tionen unter  den  Plutarchischen  viten  beweisen ,  welche  Birt  p. 
203  durch  conjektur  zu  beseitigen  sucht.  Ein  grund  muß  al- 
lerdings vorhanden  gewesen  sein,  weshalb  die  schreiber  des  al- 
terthums  die  zeilen  nie  bis  ans  ende  in  gleicher  weise  ausfüllten. 
Auch  die  außerattischen  inschriften  zeigen  eine  derartige  Schreib- 
weise. Nicht  ohne  nutzen  wird  es  für  die  stichometrische  frage 
sein  auch  die  papyrusurkunden  herbeizuziehen.  Birt  hat  die- 
selben allerdings  p.  275  in  den  kreis  seiner  Untersuchung  hin- 
eingezogen ,  aber  nicht  ausgebeutet.  Lehrreich  wären  in  dieser 
beziehung  diejenigen  Urkunden  gewesen,  welche  wir  in  verschie- 
denen abschritten  besitzen.  Hierher  gehört  namentlich  Notices 
extraits  XVII,  2,  nr.  18,  welche  ebenfalls  in  Leyden  ist.  Das 
beste  exemplar  aber  besitzt  die  Ambrosiana  in  Mailand,  welches 
in  Deutschland  wenig  bekannt  zu  sein  pflegt ,  trotzdem  es  von 
Ceriani  in  Rendiconti  del  r.  istituto  Lombardo,  serie  II,  vol.  IX, 
fasc.  XV  veröffentlicht  ist. 

Alsdann  möchte  ich  fragen ,  ob  die  stichometrie  wirklich 
von  großer  bedeutung  ist,  wie  man  zu  glauben  scheint.  Im  al- 
terthum  hat  man  sich  nicht  so  viel  um  die  üti/oi  gekümmert, 
denn  es  kann  nicht  zufällig  sein ,  daß  so  wenig  nach  oti%oi  ci- 
tiert  wird  (Birt  p.  175).  Wenn  eine  derartige  rechnung  wirk- 
lich allgemein  gültig  gewesen  wäre ,  so  hätten  die  scholiasten 
und  interpretatoren  sicher  mehr,  als  es  geschieht,  diese  hülfe 
benutzt. 

Nicht  anders  steht  es  mit  den  normalexemplaren ,  welche 
nach  Birt  in  den  bibliotheken  existiert  haben  sollen.  Es  ist 
doch  bemerkenswerth,  daß  nur  einer  der  uns  erhaltenen  papyri 
sich  für  Birt  p.  216  als  normalexemplar  erweist,  und  auch  die- 
ser ist  kein  normalexemplar  im  Birtschen  sinne ,  denn  er  hat 
nicht  die  von  Birt  angenommene  normalzeile  zu  36  buchstaben, 
wie  durch  rechnung  leicht  zu  ersehen  ist.  Dann  muß  es  doch 
wieder  auffallend  sein ,  daß  die  Evdt^ov  ti'fvi] ,  sicher  eine  sehr 
alte  handschrift,  im  texte  des  verso  die  normalzeile  nicht  hat, 
wohl  aber  auf  dem  averso  Birt  p.  279.  Bei  diesen  Untersuchun- 
gen hat  Birt  eine  stelle  des  Kastor  nicht  gewürdigt,  in  welcher 
es  (Rhet.  graec.  III,  721,  ed.  Walz)  heißt:  zoltov  rbr  löyov 
(Demosth.  nqo^  t>jv  imßToXtjv)  azi^ofxsv  xazu  y.w\ov  xuiaazr/auvTES 


366  62.  Buchwesen.  Nr.   7. 

slg  trjv  noouzt]7a  rcav  aälmv  xaru  rbv  ägi&fior  tov  iyxeC- 
(isvov  iv  toig  a  q%u  10  i  g  ß  iß  X  i  o  ig  mg  ifiirgtjasv  avtog  6 
/Jrjfxoa&ivqg  tov  l8lov  Xoyov.  Die  im  druck  gekennzeichneten 
worte  können  doch  nur  beweisen,  daß  die  zahl  der  oti^oi  in 
den  alten  Codices  angegeben  war,  sie  bezeugen  aber  nicht,  daß 
die  <XQ%aia  ßißXia  in  ati^oi  geschrieben  waren.  Hätte  Kastor 
dies  bezeichnen  wollen,  so  hätte  er  sich  anders  ausgedrückt,  und 
seine  reconstruktion  wäre  nicht  nöthig  gewesen.  Es  ist  also 
klar,  daß  es  zur  zeit  des  Kastor  selbst  keine  normalexemplare,  wie 
sie  Birt  annimmt,  gab. 

Ueber  den  zweck  der  stichometrie  hat  Birt  p.  206  ff.  ganz 
richtig  geurtheilt,  sie  hatte  wohl  dieselbe  bedeutung,  wie  unsere 
heutige  bogenzählung  und  konnte  auch  dann  noch  als  maß  die- 
nen, als  sie  nicht  mehr  innegehalten  wurde. 

Daß  das  format  zu  den  verschiedenen  zeiten  nicht  gleich 
war,  zeigen  Ovids  worte,  der  in  den  Tristien  von  seinen  Amores 
rühmt,  daß  sie  auch  in  einer  zierlichen  miniaturausgabe  ver- 
breitet würden.  In  späterer  zeit  unterlag  das  format  in  gleicher 
weise  der  mode  vgl.  Gardtbausen  Griechische  paläographie  p.  63. 

Eine  technische  frage  scheint  mir  Birt  nicht  scharf  genug 
gefaßt  zu  haben.  Er  nimmt  an,  daß  die  rolle  bis  zu  20  blätter 
(nach  Plinius,  conjektur)  von  den  papierfabriken  verkauft  wurden. 
Doch  scheint  mir  dies  aus  Martials  Worten  VII,  85  gefolgert  zu 
sein,  dem  es  schwer  fällt  seine  rolle  zu  füllen.  Die  sache 
scheint  vielmehr,  wenn  man  Martianus  Capeila  Nupt.  phil.  II, 
2 1 9  ff.  liest ,  sich  so  zu  verhalten ,  daß  die  rollen  von  den  pa- 
pierfabriken in  einer  gewissen  minimallänge  fabriciert  wurden 
und  in  den  handel  gingen,  daß  nur  an  einem  ende,  welches  den 
anfang  bilden  sollte ,  der  umbilicus  befestigt  war.  Der  Schrift- 
steller resp.  der  abschreiber  konnte  nun  die  rolle  beliebig  ver- 
längern, indem  er  einen  bogen  nach  dem  andern  anklebte  und 
zuletzt  am  ende  den  umbilicus  befestigte.  Daß  durch  ankleben 
sehr  häufig  die  rollen  verlängert  wurden ,  läßt  sich  durch  viele 
beispiele  aus  den  Schriftstellern  z.  b.  Apocal.   18,  5  erhärten. 

Den  begriff  der  aellg  hat  wohl  Birt  nicht  präcis  genug  ge- 
faßt. P.  159  sagt  er:  „ein  raummaß  ist  die  seite  (soll  wohl 
heißen  die  columne)  asXlg  pagina",  aber  aus  seinen  notierungen 
über  papyri  des  Berliner  museums  p.  259  ff.  geht  hervor,  daß 
er  unter  aeVig  den  bogen  versteht,  durch  dessen  anklebung  die 


Nr.   7.  62.  Buchwesen.  367 

rolle  verlängert  wurde.  (Daher  die  xoXh'j/Accza  zav  asl.i'dcov  vgl. 
Gardthausen,  Griech.  paläographie  p.  63  u.).  Jedem,  der  sich 
mit  den  griechischen  papyri  beschäftigt  hat,  ist  es  bekannt, 
daß  blatt  und  columne  nicht  zusammenfallen ,  vielmehr  dieselbe 
columne  auf  zwei  aneinandergeklebten  blättern  stehen  kann. 

Birt  hat  sich  nicht  die  frage  vorgelegt ,  ob  die  Schreibung 
in  columnen  zu  allen  zeiten  üblich  gewesen  sei.  Nach  verglei- 
chung  der  altern  ägyptischen  papyri  glaube  ich  annehmen  zu 
können,  daß  man  auch  ohne  columneneintheilung  schrieb.  Dies 
scheint  mir  der  umstand  zu  beweisen,  daß  wir  von  Sueton  erfahren, 
daß  in  des  Naevius  bellum  Punicum  die  verse  continenti  scriptura 
d.  h.  ohne  absatz  geschrieben  wurden.  Ein  rest  dieser  Schreib- 
weise hat  sich  in  den  Urkunden  erhalten.  Hierbei  möchte  ich 
auch  darauf  aufmerksam  machen,  daß  die  lyrischen  versmaße 
nicht  in  der  weise  geschrieben  wurden ,  wie  wir  sie  absetzen. 
Bei  Horaz  wurde  ursprünglich  nur  abgesetzt,  wenn  das  systema 
zu  ende  war.  Denn  wie  hätte  es  sonst  geschehen  können  ,  daß 
jene  ode  III,  12:  Miserarum  est  neque  amori  etc.  mit  so  ver- 
schiedenartigem absatz  überliefert  wurde,  während  das  ende  des 
systema  in  allen  gleich  ist.  Hierdurch  scheinen  mir  auch  die 
stichosangaben  bei  Sophokles  (vgl.  Birt  p.  193),  welche  mit  un- 
serer verszählung  nicht  übereinstimmen,  ihre  erklärung  zu  finden. 
Die  conjekturen,  welche  Birt  zur  beseitigung  der  angeblichen 
differenz  gemacht,  werden  durch  die  von  mir  gegebene  deutung 
überflüssig. 

Eine  andere  frage ,  welche  Birt  nicht  eingehend  genug  be- 
handelt hat,  ist  folgende:  wann  ist  der  codex  zuerst  in 
gebrauch  gekommen?  Birt  kommt  allerdings  auf  diese 
frage  zu  sprechen,  aber  gleich  die  Überschrift  des  betreffenden 
abschnittes:  „das  pergament"  veranlaßt  mich  zwei  irrthümer  zu 
berichtigen.  Birt  trägt  sich  fortwährend  mit  der  falschen  Vor- 
stellung, der  papyrus  sei  theurer  gewesen,  als  das  pergament. 
Nirgends  giebt  es  einen  beleg  dafür,  und  wenn  er  auf  die  preise 
beider  (p.  83  ff.)  näher  eingegangen  wäre,  so  würde  er  gefunden 
haben,  daß  das  gegentheil  der  fall  ist.  Vielleicht  ist  dieser  irr- 
thum  veranlaßt  durch  eine  Hieronymusstelle  Ep.  LXXXII  Vall.: 
legi,  inquam,  legi  Originem  et  si  in  legendo  crimen  est,  fateor.  Et 
nostrum  marsupium  Alexandrinae  chartae  ev  acuerunt.  Dies 
darf  doch  nicht  dahin  erklärt  werden,  daß  der  papyrus  so  hoch 


368  62.  Buchwesen.  Nr.  7. 

im  preise  stand ,  sondern  ist  vielmehr  so  aufzufassen ,  daß  die 
werke  des  Origines  als  solche  gleich  viel  auf  welchem  material 
sie  geschrieben  waren ,  einen  guten  preis  hatten.  Der  zweite 
irrthum  Birts  ist  der ,  daß  er  unter  codex  fast  immer  eine  per- 
gamenthandschrift  versteht.  Giebt  es  denn  keine  papyruscodices? 
Birt  zählt  allerdings  p.  120  einige  auf,  aber  diese  aufzählung 
ist  nicht  vollständig.  Es  fehlt  einmal  das  älteste  beispiel ,  auf 
das  ich  sogleich  zu  sprechen  komme,  und  das  Birt  auch  andern- 
orts in  anderer  Verbindung  p.  218  anführt.  Ferner  muß  es  auf 
selbiger  seite  in  anmerk.  9  nicht  heißen :  „hierher  gehört  auch 
der  Mailänder  Iosephus  auf  charta",  sondern  „der  Mailänder 
ßufinus  auf  charta".  Zu  diesen  beispielen  mußte  noch  der  cod. 
lat.  nr.  44  der  Münchener  Staatsbibliothek  hinzugefügt  werden. 
Ueber  ihn  vgl.  Philologus  XLIII ,  1884,  p.  108.  Er  gehört 
in  das  zehnte  Jahrhundert.  Gerade  durch  dies  beispiel  wird  er- 
kenntlich ,  wie  lange  sich  der  papyruscodex  noch  erhalten  hat. 
Daß  auf  unsere  zeit  so  wenig  exemplare  derartiger  handschriften 
überkommen  sind ,  hat  seinen  grund  darin ,  daß  der  papyrus 
nicht  den  zähen  widerstand  leistete,  sondern  leicht  schlecht  wurde. 
Ferner  hat  Birt  übersehen :  homilienfragmente  des  8.  oder  9. 
Jahrhunderts  im  königl.  archiv  zu  Florenz ,  sehr  schlecht  veröf- 
fentlicht von  Zannoni  im  codice  diplomatico  Toscano  I,  1,  p. 
113 — 127  und  homilienfragmente  des  papyrus  Lambruschini  (Flo- 
renz) vgl.  unten  p.  374. 

Daß  aber  papyrus  häufig  in  codexform  gebraucht  wurde, 
konnte  Birt  einmal  aus  jener  von  ihm  p.  9  7  f.  behandelten 
Ulpianstelle  (Corp.  iur.  civ.  1.  52  pr.  de  legat.  et  fide  III)  er- 
fahren ,  in  der  Codices  chartacei  genannt  werden ,  dann  aber 
auch  aus  einer  stelle  eines  briefes  des  Hieronymus  an  Lucilius 
(ed.  Migne  nr.  71,  p.  671a),  welcher  in  das  jähr  398  gehört. 
Birt  hat  diese  stelle  nicht  angeführt.  Die  worte  lauten :  opus- 
cula  mea  quae  non  sine  merito,  sed  bonitate  tua  desiderare  te  dicis 
ad  describendum  Jiominibus  tuis  dedi  et  descripta  vidi  in  charta- 
ceis  codicibus.  Durch  diese  worte  wird  auch  eine  andere 
behauptung  Birts  p.  112,  daß  des  Hieronymus  Schriften  auf 
rollen  berechnet  waren,  widerlegt.  Denn  wenn  dies  wirklich 
der  fall  gewesen  wäre,  so  hätte  Hieronymus  ohne  zweifei  dahin 
gewirkt,  daß  die  exemplare  für  Lucilius  auch  in  dieser  form  ab- 
geschrieben wurden. 


Nr.  7.  62.  Buchwesen.  369 

Das  durchdringen  des  codexformates  glaubt  Birt  nun  an 
folgende  notiz  anknüpfen  zu  können.  P.  100  :  „sobald  wir  das 
vierte  Jahrhundert  betreten,  stoßen  wir  auf  jene  viel  citierte  nach- 
richt  über  die  bibliothek  des  Pamphilus  in  Caesarea :  die  p  a- 
pyrusrollen  dieser  bibliothek  waren  zum  theil  schadhaft  ge- 
worden ;  zwei  priester ,  Acacius  und  Euzoius ,  unternahmen  es 
sie  auf  membrane  zu  erneuern.  Dieses  umschreiben  einer 
ganzen  buchsammlung  scheint  so  bedeutsam  — ,  daß  wir  dies 
ereignis  typisch  zu  fassen  geneigt  sein  könnten  und  nach  ihm 
das  Jahrhundert  des  sieges  des  christenthums  als  die  zeit  anse- 
tzen, in  welcher  der  codex  in  buchform  durchdrang".  Woraus 
geht  es  nun  aber  hervor ,  daß  die  bibliothek  des  Origines  auf 
rollen  geschrieben  war?  Hieronymus  sagt  ep.  141:  Pamphilus 
—  tunc  maxime  Originis  libros  impensius  prosecutus  Caesariensi 
ecclesiae  dedicavit :  quam  ex  parte  corruptam  Acacius  dehinc  et  Eu- 
zoius eiusdem  ecclesiae  sacerdotes  in  membranis  instaurare  conati  sunt 
und  Hieronymus  de  vir.  illustr.  IV2,  p.  126  Mart. :  corruptam 
bibliothecam  Originis  et  Pamphili  in  membranis  instaurare  conatus  est. 
Es  kann  nun  durch  nichts  bewiesen  werden ,  daß  libri  in  der 
zeit  des  Hieronymus  rollen  bedeutet  habe ,  ja  des  Hieronymus 
worte  im  commentar  zu  Ecclesiast.  12,  13  und  in  der  einleitung 
zum  buch  Hiob  :  libros  in  membranis  purpureis  auro  argentoque  de- 
scriptos  — :  onera  magis  exarata  quam  Codices  müssen  eine  derar- 
tige Übersetzung  widerlegen.  Die  von  Birt  vorgeschlagene  deu- 
tung  dieser  stelle  kann  also  nicht  unbedingt  zugegeben  werden, 
vielmehr  hat  folgende  erklärung  dieselbe  berechtigung.  Als 
grund  der  Umschreibung  der  bibliothek  auf  membrane  wird  die 
leichte  Zerbrechlichkeit  und  mangelhafte  haltbarkeit  angegeben 
(facilis  senectus  papyri  scripta  corrumpat).  Es  kann  demnach  keine 
Widerlegung  folgender  deutung  jener  notiz  unternommen  werden : 
die  bibliothek  des  Origines  habe  papyruscodices  umfaßt,  und  da 
diese  schadhaft  geworden,  habe  man  alles  auf  pergament  umge- 
schrieben. Ich  will  hier  keineswegs  behaupten,  daß  die  biblio- 
thek nur  aus  papyruscodices  bestanden  habe,  sondern  nur  als  un- 
zweifelhaft hinstellen ,  daß  wir  sehr  wohl  berechtigt  sind ,  das 
codexformat  schon  für  exemplare  der  erstem  gestalt  der  biblio- 
thek in  anspruch  zu  nehmen.  Demnach  ergibt  sich,  daß  unmög- 
lich auf  diese  notiz  die  meinung  sich  stützen  kann,  daß  gerade 
in  dieser  zeit  die  codexform  allgemeine  geltung  und  Verbreitung 


370  62.  Buchwesen.  Nr.  7. 

gefunden  habe.  Den  Zeitpunkt  nun  zu  ermitteln ,  in  dem  der 
codex  allgemeinere  Verbreitung  gefunden  habe,  ist  höchst  schwierig. 
"Wir  können  nur  das  aussagen,  wann  er  eine  Unmöglichkeit  ge- 
wesen ist,  d.  i.  in  der  zeit,  als  sich  jene  ausdrücke  wie  volvere, 
volumen  u.  a.  bildeten ,  für  deren  Verständnis  die  Voraussetzung 
des  gebrauches  der  rolle  unumgänglich  nothwendig  ist.  Nun 
hat  sich  unter  den  papyrusfunden  aus  Fayyüm,  die  vom  Berliner 
museum  erworben  sind,  ein  bogen  aus  einem  Aristotelescodex 
gefunden.  Das  fragment  enthält  ein  stück  der  'A&ijvaicov  noXi- 
rsia  und-  geht  im  Berliner  museum  unter  pap.  graec.  nr.  163. 
Nachdem  sich  schon  Blaß  (Hermes  XV,  1880,  p.  366  ff.)  mit 
dem  texte,  beschäftigt  hatte,  habe  ich  denselben  behufs  einer 
sich  daran  knüpfenden  historischen  Untersuchung  nochmals  genau 
geprüft  und  kritisch  eingehend  behandelt :  Papyrum  Berolinensem 
nr.  163  musei  Aegyptiaci  commentario  critico  adiecto  edidit  H. 
L.  Gothae,  F.  A.  Perthes  1883.  Ich  habe  mich  auf  p.  7  bei 
der  datierung  der  handschrift  an  Charles  Graux'  urtheil  ange- 
schlossen, der  die  handschrift  zwischen  die  Ilias  Bankesiana  und 
den  Hypereides  setzt,  jedenfalls  sei  sie  nicht  später  als  das 
zweite  nachchristliche  Jahrhundert  zu  setzen.  Wenn  ich  nun  ge- 
stehen muß,  daß  die  argumente,  welche  Blaß  (Hermes  X,  1875, 
p.  24)  für  die  datierung  der  Hypereideshandschrift  in  das  jähr 
150  n.  Chr.  vorgebracht  hat,  keine  zwingenden  sind,  und  die 
schrift  aus  diesen  gründen  allein  sicher  nicht  der  mitte  des  zwei- 
ten Jahrhunderts  zuzuweisen  ist,  so  sind  doch  genügend  andere 
argumente  vorhanden,  welche  es  zur  evidenz  bringen,  daß  diese 
Aristoteleshandschrift  unzweifelhaft  in  die  mitte 
des  zweiten  Jahrhunderts  gehört.  Schon  der  charakter 
und  duktus  der  buchstaben,  wenn  man  diese  allgemeinen  ausdrücke 
gebrauchen  wollte,  weist  auf  das  hohe  alter  hin.  Die  schrift 
ist  durchaus  sorgfältig,  und  viele  buchstabenformen  zeigen  eine 
nicht  zu  verkennende  ähnlichkeit  mit  den  voluminibüs  Hercula- 
nensibus.  Daß  die  handschrift  aber  jünger  als  diese  ist,  geht 
hervor:  1)  aus  der  in  einzelnen  fällen  z.  b.  bei  «  und  i  einge- 
tretenen ligatur  der  buchstaben;  2)  aus  der  form  des  «,  welche 
die  in  einem  zuge  geschriebene ,  schnell  ausführbar  ist.  Für 
das  hohe  alter  spricht  die  alte  form  des  dreistrichigen  S  in  fr 
IIb  z.  13,  welche  sich  in  der  handschrift  nur  an  dieser  stellt 
findet,  während  sonst  die  fünfstrichige,  unten  geschwungene  fori 


Nr.  7.  62.  Buchwesen.  371 

gebraucht  wird.  Birt  selbst  erwähnt  diese  handschrift  p.  218 
bei  der  erörterung  über  die  normalzeile.  Er  will  in  dieser  hand- 
schrift ebenfalls  die  normalzeile  finden ,  ja  allem  anschein  nach 
gilt  ihm  der  codex  als  ein  normalexemplar.  Wenn  nun  Birt 
an  der  betreffenden  stelle  nichts  gegen  das  alter  der  handschrift 
einzuwenden2)  bat,  so  giebt  er  damit  zu,  daß  bereits  um  150 
n.  Cbr.  normalexemplare  auch  in  codexform  existieren  konnten. 
Wenn  somit  gegen  die  oben  gegebene  datierung  dieser  hand- 
schrift sich  nichts  einwenden  läßt ,  so  geht  daraus  folgendes 
hervor : 

1)  bereits  im  zweiten  Jahrhundert  n.  Chr.  war  das  codex- 
format  üblich  ; 

2)  Birt  ist  nicht  im  recht,  wenn  er  das  eindringen  des  co- 
dexformates  mit  der  Verbreitung  der  christlichen  Schriften  in  Ver- 
bindung setzt. 

Mit  der  ersten  these  soll  nun  keineswegs  gesagt  sein,  daß 
das  codexformat  das  damals  allein  übliche  gewesen  sei,  sondern 
wir  müssen  uns  die  sache  vielmehr  so  denken,  daß  lange  zeit 
neben  einander  rolle  und  codex  bestanden,  der  letztere  erst  dann 
der  allgemein  übliche  Vertreter  wurde ,  als  der  papyrus  mehr 
und  mehr  durch  das  pergament  verdrängt  wurde.  Jener  codex 
des  Aristoteles  ist  nun  keineswegs  ein  einsamer  zeuge  vergan- 
gener zeiten ,  sondern  es  läßt  sich  die  existenz  von  Codices  für 
diese  und  noch  frühere  zeiten  nachweisen.  Selbst  wenn  das  an- 
gedeutete der  fall  wäre,  müßten  wir  erwägen,  daß  der  papyrus 
leicht  vergänglich  war,  und  nur  durch  diesen  oder  jenen  glück- 
lichen zufall  uns  etwas  aufbewahrt  ist.  Jene  schon  oben  ange- 
führte Ulpianstelle  darf  keineswegs  so  ausgelegt  werden ,  daß 
damals  die  Codices  noch  wenig  üblich  waren  und  als  solche  nicht 
als  libri  bezeichnet  werden  konnten.  Liber  bedeutet  damals  eben 
schlechtweg  ein  litteraturdenkmal ,  meistens  wohl  wurden  rollen 
darunter  verstanden,  doch  war  der  eigentliche  begriff  schon  ver- 
loren gegangen.     Es  ist  nun  eine  juristische  tüfftelei,  wennUlpian 

2)  Man  darf  durchaus  nicht  einwenden ,  daß  die  sonstigen  in 
Fayyüm  gefundenen  handschriften  viel  jünger  sind.  Ich  führe  z.  b. 
an,  daß  die  von  U.  Wilken  in  den  Berliner  sitzungsber.  1883,  p.  897  ff. 
veröffentlichten  Urkunden  der  römischen  kaiserzeit  (Commodus)  ange- 
hören, aber  es  sind  noch  ältere  stücke  aus  der  zeit  Domitians  vor- 
handen. Ueberhaupt  sind  die  funde  noch  nicht  eingehend  genug  un- 
tersucht vgl.  Philologus  XLIII,   1884,  p.  106  ff. 


372  62.  Buchwesen.  Nr.  7. 

den  angegebenen  fall  setzt,  jemand  habe  schlechtweg  seine  Ubri 
vermacht  und  die  bibliothek  habe  zum  theil  aus  rollen,  zum  theil 
aus  Codices  bestanden.  Nun  sei  es  zweifelhaft,  ob  unter  die  Ubri 
auch  die  Codices  zu  begreifen  seien.  Im  gewöhnlichen  leben 
machte  man  damals  keinen  unterschied  zwischen  Ubri  und  Codices. 
Das  ist  eine  juristische  hypothese ,  wie  sie  sich  häufig  finden 
und  aus  den  Schriften  des  Cn.  Flavius  bekannt  sind.  Ulpian 
entscheidet  jene  Streitfrage  durch  die  autorität  des  Gaius  Cassius : 
Et  Gaius  Cassius  scribit  deberi  et  membranas  libris  legatis:  conse- 
guenter  igitur  cetera  quoque  debebuntur  si  non  adversetur  voluntas 
testatoris.  Aus  dem  vergleich  mit  den  weiter  folgenden  Worten 
dieser  digestenstelle,  wo  abermals  des  Gaius  Cassius  entscheidung 
in  selbiger  angelegenheit  citiert  wird,  geht  hervor,  daß  die  rechts- 
frage  bei  Cassius  folgendermaßen  stand:  A  hat  an  B  testamen- 
tarisch seine  Ubri  vermacht.  Es  finden  sich  nun  im  nachlaß  so- 
wohl auf  papyrus ,  als  auf  membrane  geschriebene  exemplare 3). 
Nun  entsteht  die  frage,  ob  unter  die  Ubri  auch  die  membranen 
einzubegreifen  sind.  Cassius  bejaht  die  frage,  da  ja  die  auf 
membrane  geschriebenen  exemplare  auch  litteraturdenkmäler 
(Ubri)  repräsentierten 4).  Anders  steht  die  juristische  frage  bei 
Ulpian.  Auch  hier  ein  Vermächtnis  in  gleicher  weise,  nur  fin- 
den sich  iriür-  nachlaß  Codices  sowohl  auf  membrane  als  auf  pa- 
pyrus 5) ,  und  es  entsteht  die  frage ,  ob  die  Codices  auch  unter 
die  Ubri  neben  den  vorhandenen  rollen  (volumina)  zu  begreifen 
sind.  Ulpian  bejaht  die  frage  durch  Schluß  nach  analogie  der 
entscheidung  des  Gaius  Cassius. 

Lange  vor  der  zeit  des  Ulpian  waren  aber  Codices  schon 
in  gebrauch.  Aus  der  zeit  des  Augustus  wird  ein  Anakreon- 
codex  erwähnt  Anth.  Pal.  IX,  239  (Krinagoras).  Vergebens 
sträubt  sich  Birt  p.  89  gegen  eine  derartige  auffassung  dieser 
stelle.  Aber  es  steht  zweifellos  fest,  daß  rtv^og  hier  codex  be- 
deutet ,  doch  ist  damit  noch  nicht  gesagt ,  daß  diese  handschrift 

3)  Ich  gebrauche  absichtlich  diesen  unbestimmten  ausdruck.  Denn 
aus  Cassius  worten  läßt  sich  kein  schluß  ziehen,  ob  die  bibliothek  nur 
rollen,  oder  Codices  und  rollen  umfaßte. 

4)  Cassius  lebte  im  ersten  Jahrhundert  n.  Chr.  Man  darf  aus 
der  stelle  keineswegs  folgern,  daß  in  der  zeit  desselben  das  codexfor- 
mat  noch  nicht  üblich  gewesen  sei ,  oder  daß  etwa  damals  die  mem- 
brane nur  zu  Codices  verwendet  wurde. 

5)  Die  übrigen  ausdrücke  sind  der  juristischen  genauigkeit  wegen 
hinzugefügt. 


Nr.  7.  62.  Buchwesen.  373 

mit  den  pugillares  membranei  bei  Martial  in  gleiche  linie  zu  setzen 
ist.  Worin  liegt  denn  auch  hier  der  beweis,  daß  dieser  rsi^og 
ein  pergamentcodex  gewesen  sein  muß?  Vielmehr  widerstreitet 
nichts  der  annähme,  daß  wir  uns  einen  papyruscodex  unter  die- 
sem ztvxnt,-  zu  denken  haben.  Denn  daß  tsv^o^  allgemein  „co- 
dex" ohne  beziehung  auf  das  material  bedeutet  hat,  steht  zwei- 
fellos fest,  und  jene  gewaltsame  emendation  der  interpretamenta 
der  handschrift  306  von  Montpellier,  welche  Birt  p.  16  f.  vor- 
genommen hat,  wird  keineswegs  allgemeinen  anklang  rinden. 

Daß  aber  das  codexformat  in  noch  früheren  zeiten  üblich 
war ,  beweist  eine  stelle 6)  eines  Aristeasbriefes  an  Philokrates : 
xaduj*,  dpeyvcoa&t]  zu  iei>x>j  (ed.  M.  Schmidt  in  Merx'  Archiv  für 
erforschung  des  alten  testaments  I,  p.  67),  deren  pseudonymer 
Verfasser  ohne  zweifei  dem  zweiten  Jahrhundert  v.  Chr.  angehört, 
vgl.  Freudenthal,  Hellenistische  Studien  I,  112.   124  f. 

Die  sache  stellt  sich  demnach  folgendermaßen:  schon  früh 
war  das  codexformat  bekannt.  Es  kam  ohne  zweifei  aus  Ae- 
gypten.  Hier  war  das  falten  des  papyrus  zum  codexformat 
schon  lange  bekannt  gewesen ,  und  wir  haben  alte  beispiele 
hierfür,  vgl.  Chabas,  melanges  e'gyptologiques  comprenant  onze 
dissertations  sur  differents  sujets.  Chalons  -  sur  -  Saöne  et  Paris 
1862  Leemans  Monumenta  Aegyptiaca  Leidensia  nr.  343. 
345.  369.  Es  mag  sein,  daß,  wie  Birt  annimmt,  die  wachs- 
tafel  das  vorbild  zum  codexformat  abgegeben  habe.  Dies  schon 
frühzeitig  vereinzelt  übliche  format  konnte  sich  aber  nicht  gleich 
geltung  in  der  litteratur  verschaffen.  Den  Eömern  mag  es  bis 
zur  zeit  des  allgemeinen  bekanntwerdens  der  griechischen  litte- 
ratur unbekannt  geblieben  sein.  Vereinzelt  treten  zuerst  Codices 
auf,  sie  werden  immer  zahlreicher,  bis  das  definitive  durchdrin- 
gen der  membranen  dem  codexformat  allgemein  übliche  geltung 
verschafft.  Aus  welchen  gründen  man  von  der  rolle  abwich, 
kann  nicht  ermittelt  werden.  Vermuthungen  darüber  anzustellen, 
hieße  mehr  wissen  zu  wollen  als  möglich  ist.  Für  den  Übergang 
von  der  rolle  zum  codex  war  noch  ein  anderes  von  Wichtigkeit, 
was  Birt  nicht  in  erwägung  gezogen  hat.  Jedenfalls  wurden 
die  ersten  Codices  nicht  in   der  weise  geschrieben,    wie  sie  jetzt 

6)  Ueber  das  citat  bei  Birt  p.  107,  4:  Ioseph.  adv.  Ap.  I,  8  hat 
sich  schon  Rohde  a.a.O.  p.  1549  ausgesprochen.  Das  citat  muß  ohne 
zweifei  Ioseph.  Ant.  XII,  2,  10  heißen. 

Philol.  Anz.  XIV.  26 


374  62.  Buchwesen.  Nr.  7. 

allgemein  vorliegen.,  sondern  das  rollenwesen  machte  sich  in  der 
weise  geltend,  daß  auch  hier  zuerst  in  columnen  geschrieben  wurde. 
So  hat  der  Sinaiticus  vier  columnen ,  eine  große  anzahl  anderer 
derartiger  handschriften  führt  Wattenbach  Schriftwesen  2,  p.  148  ff. 
an.  Auch  im  papyruseodex  erhielt  sich  die  Schreibweise.  Be- 
weis dafür  ist  der  papyrus  Lambruschini  vgl.  collezione  cFopuscoli 
scientifici  e  letterari  XVII,  p.  65 — 102,  Firenze  1813.  Diese 
handschrift  war  bis  vor  einiger  zeit  in  Florenz ,  ist  aber  jetzt 
nicht  mehr  aufzufinden. 

Ein  anderer  punkt,  in  dem  ich  Birts  auffassung  nicht  zu 
der  meinigen  machen  kann,  ist  die  auseinandersetzung  über  das 
aufkommen  des  pergaments  bez.  die  pergamenische  bib- 
liothek.  Birt  verwirft  p.  50  ff.  den  bericht ,  daß  die  benutzung 
der  pergamentes  als  Schreibmaterial  in  Pergamum  in  folge  des 
Verbotes  der  papyrusausfuhr,  welches  Ptolemaeus  erließ,  wieder 
in  aufnähme  gekommen  sei.  ■  Wenn  nun  in  der  that  in  dem 
Varronischen  berichte  bei  Plinius  Nat.  hist.  XIII,  68  ff.  ohne 
zweifei  die  nachricht  falsch  ist,  daß  in  Alexandria  der  papyrus 
erfunden  sei,  so  kann  doch  einerseits  die  frage  entstehen,  ob 
Plinius  nicht  die  worte  Varros  falsch  verstanden  hat ,  anderer- 
seits ist  es  doch  nicht  unbedingt  nothwendig,  daß  die  zweite 
notiz  über  Pergamum  darum  falsch  sein  muß,  weil  die  erste  als 
unrichtig  erwiesen  werden  kann.  Doch  würde  eine  derartige 
argumentation  nichts  fruchten ,  wenn  sich  in  der  that  nicht  er- 
weisen ließe,  daß  in  Pergamum  membranhandschriften  vorhanden 
waren.  Galenos  erzählt  nämlich  XVIII,  2,  p.  630  ed.  Kühn.: 
a  ds  ovxeri  ro  ßtpXi'ov ,  alV  oi  (ASTaygaq'Ovtsg ,  m  SToiftcog  slg 
oaeg  at  avtot  ßovi-rj&äai  duds^arro  txov  nosgßvtFgmv  YQa~ 
(pft£,  tjdt]  aot  dietfAi  .  rtvsg  ufp  yag  xai  navv  naXatöiv  ßtßlimt'  artvgsh' 
ianovdaauv  n  o  6  r  q  i  «z  o  ö  t  co  v  sräv  yF.ygu/xfihit,  rd  pisv  $.%ovitg 
iv  roig  ßtßlioig,  tu  8f  fv  roig  g/x  £?»(«.',  tu  ds  Fi  dtaqogoii;  qulv- 
gwg  (Cobet  dicpdf'gmg ,  Marquardt  SiySegotig  qulvguig)  co  g  nsg 
r  «  nag'  r)(jtli<  er  U t  g y <i /*  rp.  Diese  stelle,  welche  durch  Birt 
und  seine  Vorgänger  noch  lange  nicht  vollständig  kritisch  auf- 
geklärt 7)  ist,  beweist  aber  ohne  zweifei  auf  das  deutlichste,  daß 
in  Pergamum  membrane  verwandt  wurde. 

7)  Die  worte  rh  lifv  t/ovTsg  —  qü.vQaig  können  ohne  zweifei  in 
der  vorliegenden  form  von  Galenos  nicht  geschrieben  sein.  Das  zeigt 
sich  deutlich,  wenn  wir  fragen  was  unter  den  ßißlia,  den  ^«(»r«*  und 


Nr.   7.  62.  Buchwesen.  375 

In  Pergamum  ist  das  pergament  nun  keineswegs  erfunden 
—  man  kannte  es  ja  schon  im  Orient  und  gebrauchte  es  dort  — , 
sondern  wie  Birt  ganz  richtig  andeutet,  nahm  man  zur  zeit  des 
Attalus  nur  eine  technische  Verbesserung  vor.  Zur  allgemeinen 
geltung  ist  die  membrane  aber  zur  römischen  zeit  nicht  gekom- 
men, sie  wurde  wohl  vereinzelt  verwandt,  aber,  wie  Birt  bemerkt, 
hauptsächlich  zu  brouillons.  Dies  geschah  aber  keineswegs  aus 
dem  gründe ,  weil  die  membrane  billiger  war ,  als  der  papyrus, 
sondern  weil  sie  mit  der  wachstafel  dieselbe  eigenschaft  theilte, 
daß  das  aufgeschriebene  wieder  ausgelöscht  werden  konnte  und 
somit  ein  mehrmaliger  gebrauch  desselben  Stückes  möglich  war. 
Die  membrane  wurde  zuerst  auch  als  rolle8)  verwandt,  dann 
wurde  sie  wohl  zuerst  die  brücke,  über  welche  das  codexformat 
sich  eingang  verschaffte.  Sie  wurde  überall  da  gewählt,  wo  es 
auf  eine  größtmögliche  haltbarkeit  ankam.  Deshalb  sind  die 
classiker ,  welche  am  häufigsten  gelesen  wurden  bei  Martial  Ep. 
XIV,  184  f.  auf  membrane  geschrieben,  ebenso  das  lesebuch  der 
schüler ,  aber  zu  briefen  wird ,  wie  Birt  mit  recht  hervorhebt, 
membrane  nie  benutzt,  da  diese  nur  dem  augenblicklichen  zweck 
dienten.  Aus  gleichem  gründe  verbreitet  die  kirche  ihre  Schrif- 
ten auf  pergament.  Die  exemplare ,  welche  dem  tagtäglichen 
gebrauch  dienten,  mußten  haltbar  sein,  so  daß  nicht  fortwährend 
es  nöthig  wurde,  neue  abschritten  anzufertigen.  Der  papyrus 
wurde  der  membrane  da    vorgezogen,    wo   es    auf   eine  nicht  zu 

den  dupftegwai  qikvgai  zu  verstehen  sei.  Das  letztere  ist  am  ersten 
zu  erklären.  Hier  war  pergament  als  stofF  genommen,  aber  über  das 
format,  ob  rolle  oder  codex,  läßt  sich  nichts  sagen.  Die  /agjai  er- 
klärt Birt  p.504  als  ,,schedae  ohne  die  obligate  rollenform",  aber  auf 
einzelnen  blättern  wird  man  schwerlich  ganze  werke  aufbewahren. 
Ebenso  wenig  befriedigt  Rohdes  erklärung  a.  a.  o.  p.  1547,  der  dar- 
unter papyrus -Codices  verstehen  will.  Der  letztern  vermuthuug  wi- 
derstreiten Ulpians  worte  a.  a.  o.:  in  usu  plerique  libros  Chartas  appel- 
lant.  Es  wären  nach  dem  damals  gültigen  Sprachgebrauch  also  rollen 
zu  verstehen.  Was  soll  aber  dann  lv  rote  ßißliotg  bezeichnen?  Es 
erscheint  überflüssig.  Dem  ist  vielleicht  in  folgender  weise  abzuhelfen. 
Die  stelle  ist  kritisch  so  zu  reconstruieren  ,  daß  der  allgemeine  aus- 
druck  voransteht  und  durch  die  folgende  zweitheilung  seine  erklärung 
erhält.  Es  wäre  also  etwa  zu  lesen  :  i/ovtis  lv  rolg  ßißkioig  tc<  /jtt>  iv 
ioiq  xägtats,  t«  di  lv  (fKp&egivaie  (ftkvqcng.  Hierbei  würde  auch  i/ovitg 
ein  besseres  Verständnis  bekommen. 

8)  Vgl.  Birt  p.  121.  Martianus  Capeila  nupt.  phil.  II,  136  kann 
ebenso  gut  pergamentrollen  im  äuge  haben.  Dem  widerstreitet  durch- 
aus nichts  vgl.  p.  150.  Das  jüngste  beispiel  ist  eine  pergamentrolle 
aus  dem  sechsten  Jahrhundert,  welche  Wessely  in  den  Wiener  studien 
1882,  p.  214  ff.  veröffentlicht  hat. 

26* 


376  62.  Buchwesen.  Nr.  7. 

theuere  publikation  von  Schriften  ankam ,  von  denen  man  aber 
annehmen  konnte,  daß  sie  nicht  zu  stark  benutzt  wurden.  Lehr- 
reich sind  in  dieser  beziehung  die  Fayyümer  funde,  welche  aus 
einer  zeit  stammen,  in  der  papyrus  und  membrane  nebeneinander 
benutzt  wurden.  Die  amulette,  welche  sich  hier  in  großer  an- 
zahl  gefunden  haben,  sind  durchweg  auf  pergament  geschrieben. 
Es  sind  dies  kleine  stücke,  auf  denen  in  bestimmter  formel  die 
namen  von  heiligen  aufgeschrieben  sind.  Die  bibel  wurde  meist 
auf  pergament  verbreitet,  der  papyrus  findet  sich  hier  selten 
angewandt 9).  Aus  gleichen  gründen  sind  ohne  zweifei  die  quit- 
tungen ,  welche  man  lange  aufbewahren  wollte ,  auf  pergament 
geschrieben.  Ueber  das  eindringen  des  pergamentes  wird  sich 
ohne  zweifei  nach  genauerer  durchforschung  der  Fayyümer  funde 
ein  genaueres  urtheil  abgeben  lassen. 

So  nehmen  wir  denn  abschied  von  Birt's  arbeit  in  der 
Überzeugung  ihr  mancherlei  belehrung  zu  verdanken.  Es  ist 
nicht  zu  leugnen,  daß  der  Verfasser  mit  großem  fleiße  und  großer 
liebe  dieses  thema  bearbeitet  hat.  Er  hat  viele  fragen  in  ein 
neues  licht  gestellt.  Wenn  auch  viele  seiner  behauptungen  zum 
Widerspruch  herausfordern,  und  ich  nur  wenige  fragen  eingehen- 
der, das  meiste  nur  aphoristisch  behandeln  konnte,  um  nicht  zu 
sehr  den  einer  recension  zugemessenen  räum  zu  überschreiten, 
so  hat  Birt  doch  das  verdienst ,  auf  ein  noch  nicht  genügend 
ausgebeutetes  forschungsgebiet  aufmerksam  gemacht  und  ge- 
zeigt zu  haben,  wie  nothwendig  in  vielen  fällen  zur  richti- 
gen beurtheilung  der  antiken  litteratur  die  kenntnis  der  äu- 
ßern form  ist.  Recensent  hat  das  buch  vielfach  bei  sei- 
nen papyrusstudien  und  der  durchforschung  der  Fayyümer 
funde  in  Berlin  benutzt  und  verdankt  ihm  vielfach  aufklärung 
und  belehrung,  aber  es  ist  ihm  vorgekommen,  als  ob  Birt  zu 
viel  nach  den  Schriftstellern  gearbeitet  hat  und  nicht  in  er- 
ster linie  von  den  gegebenen  resten  der  antiken  litteratur  aus- 
ging.    So    drängt   sich  z.  b.  unwillkürlich  die    vermuthung  auf, 

9)  Zu  den  von  Birt  p.  106  citierten  beispielen  von  papyri  des  bi- 
beltextes  können  die  von  Wessely  in  den  Wiener  Studien  1882,  p. 
198  ff.  veröffentlichten  fragmente  aus  den  evangelien  hinzugefügt  wer- 
den. In  den  Fayyümer  funden  sind  die  texte  des  neuen  testamentes 
immer  auf  pergament  geschrieben.  Unter  andern  liegt  mir  ein  papyrus- 
fragment  der  Septuaginta  in  großer  unciale  vor.  Im  Berliner  museum 
(ägypt.  abtheilung)  liegt  es  in  der  mappe  154b.  Es  ist  ein  bruchsttick 
aus  dem  vierten  capitel  der  genesis.  —  Vgl.  Wessely  a.  a.  o.  p.  2002. 


Nr.  7.  63.  Aischylos.  377 

daß  Birt  die  volwmina  Herculanensia  nur  aus  der  ungenauen  edi- 
tion,  nicht  aus  eigener  anschauung  kennt.  Von  großem  nutzen 
wäre  ferner  gewesen ,  wenn  Birt  die  Fayyümer  funde  studiert 
hätte.  Allerdings  sind  dieselben  der  litterarischen  weit  eben 
kurz  vor  der  beendigung  des  werkes  bekannt  geworden ,  aber 
da  Birt  bereits  künde  von  ihnen  hatte  (p.  120),  mußte  er  sich 
über  dieselben  genauer  orientieren.  Die  bedeutenden  schätze, 
welche  aus  Fayyüm  nach  Europa  gekommen  sind ,  liegen  auch 
heute  noch  zum  größten  theil  ungehoben.  In  Wien  hat  man 
schon  aus  der  Graf'schen  Sammlung,  welche  neuerdings  der  erz- 
herzog  Rainer  erworben  und  der  direktion  des  oesterreichischen 
museums  überwiesen  hat,  verschiedenes  veröffentlicht.  Von  den 
Berliner  erwerbungen  ist  ebenfalls  manches  bekannt  geworden 
(Philol.  XLIII,  1884,  p.  109  f.),  aber  der  aufgäbe  des  ein- 
zelnen und  den  mittein  der  privaten  wird  eine  vollkommene  und 
allen  ansprächen  genügende  publikation  nicht  möglich  sein.  Es 
kommt  eben  immer  mehr  das  dringende  bedürfnis  der  Sammlung 
aller  griechischen  papyri  zum  durchbrucb.  Wenn  schon  im 
jähre  1842  Ad.  Schmidt,  Griechische  papyrusurkunden  p.  3  f. 
einen  gesammtüberblick  über  dies  gebiet  erschwert  sah,  um  wie- 
viel mehr  ist  es  heute  der  fall,  wo  es  sehr  leicht  begegnen  kann, 
daß  der  gelehrte  forscher  dies  oder  jenes ,  was  von  Wichtigkeit 
ist ,  übersieht.  Die  immer  zahlreicher  werdenden  alten  hand- 
schriften  sollten  in  ihren  resten  zusammengefaßt  werden,  um  so 
durch  anschauung  ein  bild  vom  antiken  buchwesen  zu  geben. 

Hugo  Landwehr. 

63.  Quaestiones  de  trilogia  Aeschylea.  Scripsit  Ioannes 
Wetzel.  Programme  du  College  royal  francais.  Berlin  1883. 
Inprimerie  J.  F.  Starke.     27  p.     4. 

Es  werden  zunächst  die  belegstellen  für  die  bezeichnung 
„trilogie  und  tetralogie"  zusammengestellt  und  es  wird  darauf 
hingewiesen,  daß  dieselben  keine  beweisende  kraft  für  den  in- 
neren Zusammenhang  der  tragischen  trilogieen  und  tetralogieen 
haben.  Aus  dem  umstände ,  daß  Aristarch  das  satyrspiel  ab- 
löste, ist  kein  rückschluß  auf  den  inneren  Zusammenhang  der 
übrig  bleibenden  trilogie  gestattet.  Dazu  wird  bemerkt  (p.  6): 
Certe,  seiunxit  Aristarchus  fabulas  satyricas  a  tragoediis,  sed  cur  id 
fecerit  nescimus.    Sin  autem  coniectura  periclitanda  est,  eam  non  im- 


378  63.  Aischylos.  Nr.   7. 

probabilem  existimo  ideo  eum  sie  statuisse  quod  genus  satyricum  om- 
nino  non  cum  tragoediis  sociandum  esse  arbitraretur.  Neque  aliud 
scholiastes  dicit,  cum  scripsit;  j4qC(Stmq%o<;  xal  AnoXXcöuoc  tqiXo- 
yiav  ItyovGi  ^cogie  tööv  GarvQi/.mv.  Welckers  folgerung  aus  der 
notiz  des  Suidas  von  einem  stücke  TgtXnyia  des  zu  Euripides 
zeit  lebenden  Nikomachos,  daß  der  ausdruck  „trilogie"  schon 
früh  in  gemeinem  gebrauche  gewesen  sei ,  wird  durch  den  hin- 
weis  auf  die  Unsicherheit  der  Überlieferung  zurückgewiesen.  Auch 
hatte,  wie  p.  6  bemerkt  wird,  Aristoteles  schwerlich  in  seiner 
Poetik  diesen  terminus  unbenutzt  gelassen  ,  wenn  er  ihn  schon 
vorgefunden  hätte.  Gegen  Heimsöth ,  welcher  (im  Bonner  pro- 
gramm  De  tragoediae  graecae  trilogiis  commentatio  1869)  das 
schweigen  des  Aristoteles  daraus  erklärt,  daß  er  die  tragödie 
darstellen  wollte,  wie  sie  war  fttsI  l'ujf«  trjv  cpvqir,  wird  bemerkt 
daß,  als  Aeschylus  die  Orestie  aufführte,  diese  bedingung  zutraf. 
Doch  scheint  es  uns,  daß  Heimsöth  damit  nur  sagen  wollte,  daß 
Aristoteles ,  selbst  wenn  der  ausdruck  trilogie  im  Welckerschen 
sinne  zu  seiner  zeit  gebräuchlich  gewesen  wäre,  keine  veranlas- 
sung hatte,  denselben  zu  brauchen,  da  ihn  für  den  gang  seiner 
Untersuchung  diese  kunstform  nicht  interessierte. 

Nachdem  darauf  in  aller  kürze  auf  den  inneren  Zusammen- 
hang der  stücke  der  Orestie  hingewiesen  ist,  wird  dargelegt,  was 
sich  aus  den  „Sieben  gegen  Theben"  für  den  inhalt  des  Laios 
und  Oedipus  schließen  läßt  (p.  10-14).  Etwas  neues  wird 
man  nach  Schneidewins  und  Kruses  gründlichen  erörterungen 
nicht  erwarten. 

Hinsichtlich  der  Lykurgie  ist  Wetzel  geneigt  der  Hermann- 
schen  reproduetion  den  vorzug  vor  der  Welckerschen  zu  geben. 
Für  die  Perser  wird  die  unhaltbarkeit  der  Welckerschen  hypo- 
these  mit  schon  bekannten  gründen  nachgewiesen.  Wir  ver- 
missen dabei  den  hinweis  auf  den  aufsatz  von  Ernst  von  Leutsch 
über  den  Glaukos  in  Ersch  und  Grubers  Encyclopädie  sect.  I.  bd. 
LXIX,  p.  193,  sowie  die  recension  der  Einleitung  zu  den  Per- 
sern von  Ludwig  Schiller  von  demselben  gelehrten  im  Philolol. 
anzeiger,  heft  2,  1869,  nr.  49.  In  beziehung  auf  die  trilo- 
gische  composition  des  Prometheus  tritt  Wetzel  Westphal  bei. 
Für  die  Schutzflehenden  steht  so  viel  fest,  daß  sie  anfangsstücl 
waren  und  daß  die  drei  stücke  der  trilogie  in  engem  zusammen- 
hange standen. 


Nr.   7.  64.  Sophokles.  379 

Schließlich  verzichtet  der  Verfasser  darauf,  die  übrigen 
stücke  nach  trilogieen  zu  ordnen,  bekennt  sich  aber  zu  der  an- 
sieht, daß  Aeschylus  immer  drei  stücke  zugleich  aufgeführt  hat 
und  daß  die  trilogische  composition  im  engeren  sinne ,  wonach 
sie  dem  inhalte  nach  zusammenhängende  stücke  begreift ,  keine 
besondere  kunstform  war,  sondern  durch  die  natur  des  mythus 
herbeigeführt  wurde.  Diese  herleitung  der  trilogischen  compo- 
sition erscheint  uns  aber  gar  zu  äußerlich.  Daß  ein  für  die 
trilogische  composition  so  geeigneter  mythus  wie  die  Oedipussage 
auch  in  vereinzelten ,  künstlerisch  abgerundeten  stücken  behan- 
delt werden  konnte,  hat  Sophocles  gezeigt;  sollte  es  dem  Ae- 
schylus nicht  möglich  gewesen  sein ,  einen  mythenstoff  wie  den 
der  Orestie  ebenso  zu  behandeln,  wenn  er  es  gewollt  hätte,  und 
nicht  an  der  großartigen  trilogischen  composition  inneres  Wohl- 
gefallen gehabt  hätte?  — t — . 


64.  Petrus  N.  Papageorgios,  beitrage  zur  erklärung 
und  kritik  des  Sophokles.  Pars  prima.  Diss.  von  Jena  1883. 
40  p.      8. 

Der  verf.  rechtfertigt  sich  im  vorwort,  daß  er  besseren  ab- 
handlungen  diese  schwächere  leistung  folgen  lasse ;  wir  erfahren, 
daß  sie  nicht  eigentlich  folgt,  sondern  in  einer  früheren  zeit 
entstanden  ist.  In  der  that  würden  wir  von  dem  talente  des 
verf.  keine  so  hohe  meinung  haben ,  wenn  wir  es  aus  der  vor- 
liegenden schritt  zuerst  kennen  gelernt  hätten.  Immerhin  aber 
kann  man  gegen  die  Veröffentlichung  derselben  nichts  einwenden, 
da  doch  einige  bemerkungen  darin  beachtung  verdienen.  So  ist 
in  fragm.  516  N  die  änderung  von  Xußovaa  in  Irj&ovaa  durch 
den  hinweis  auf'Ant.  532  wohl  begründet.  Ebenso  ist  die  hier- 
nach mitgetheilte  Verbesserung  von  prof.  Kontos  zu  Fragm.  916 
d.  i.  Bekk.  Anecd.  p.  439,  10  anoqtavm  as  (für  unoqatäaai)  • 
kig  zit  qiavsQOv  xataoTtjaw  (für  xaiaa7?/oai)  wohl  richtig.  Die 
änderung  ovdsi?  ?qcüt'  ig  tovö'  scpaipar  mqieXmv  0.  K.  436  kann  auch 
manchem  gefallen,  weil  damit  die  Schwierigkeit  der  stelle  beseitigt 
scheint ;  aber  es  fragt  sich  doch,  ob  auch  der  poetische  stil  die 
änderung  erlaubt.  Passend  könnte  man  ferner  niaziv  öijxiav  in 
Oed.  Kol.  1632  für  niaziv  ag^aiav  finden-,  allein  ögniav  dürfte  zu 
viel  sagen  und  andere  emendationen  otQ&ftCar,  ugxiav  liegen  der 
überlieferten  lesart  jedenfalls  näher,  wie  sie  auch  dem  sinne  besser 


380  64.  Sophokles.  Nr.  7. 

entsprechen.  In  Oed.  Kol.  9  will  der  verf.,  um  die  Überliefe- 
rung zu  halten,  die  worte  so  construieren  :  aiijaor  [ie  xafy'Sovaov 
&axotoiv,  ei  Tita  (paxav)  ßXt'netg  -ats.  Dabei  ist  ihm  entgangen, 
daß  wenn  däxotaiv  für  &dxcp  stünde,  es  dann  auch  si  nvag  ßls- 
neig  heißen  müßte.  Wenn  Papageorg  in  Fragm.  83  all'  oga 
fit]  XQsTaaov  r\  xai  8vaaeßovvia  tmv  ivavrimv  xoctTsiv  /}  %Q-qorov 
airbv  ovra  roäv  nelag  xXvsiv  schreiben  will,  so  hat  er  den  durch 
avrov  angezeigten  gegensatz  nicht  gehörig  beachtet,  welcher  in 
Verbindung  mit  avrov  das  gegentheil  von  rmv  irarrimv  xgareiv 
oder  wenn  avröv  und  xmv  nsXag  sich  gegenüberstehen  sollen, 
einen  dem  xXvsiv  synonymen  ausdruck  fordert.  Er  citiert  die 
bemerkung  von  Cobet  über  diese  stelle-,  die  bemerkungen  von 
Gomperz  und  Hartel  scheinen  ihm  unbekannt  geblieben  zu  sein. 
Gegen  die  emendation  Cobets  ,  die  auch  von  Dindorf  gebilligt 
wird,  rj  tovq  ösovg  atßovra  rwr  neXag  xXveiv ,  läßt  sich  vor  al- 
lem die  geradlinige  und  steife  form  geltend  machen.  Dem  poe- 
tischen stil  entspricht  es  nur,  den  gegensatz  zu  dvoufßn vvra  durch 
den  infinitiv,  den  zu  y-oardv  durch  das  particip  zu  geben,  also 
X««  bvßGpßovvru  rwv  tvavrimv  xgarsiv  tj  8o7)Xov  avrov  ortet  rovg 
&eovg  Ofßziv.  Will  man  aber  den  ausdruck  rmv  nz'Xag  xXveiv 
als  augenscheinlich  vom  dichter  herrührend  nicht  fallen  lassen, 
während  avröv  als  unnöthig  erscheint,  dann  könnte  man  §  rü>v 
rttlag  xXvovra  rovg  &sovg  oeßetv  als  die  ursprüngliche  form  be- 
trachten. Es  ist  aber  mit  recht  von  Hartel  hervorgehoben  wor- 
den, daß  bei  der  beachtung  und  richtigen  betonung  von  xai  vor 
dvaßfßovvra  die  Überlieferung  als  gut  befunden  wird. 

Die  übrigen  conjeeturen  und  exegetischen  bemerkungen  zu 
Sophokles  sind  von  geringerem  belang;  geradezu  verwerflich  ist 
der  versuch,  den  infinitiv  dxovsiv  Ant.  64  von  iwosh  abhängig  zu 
machen:  sngira  8\  ovvsx  ao%o[iEad'  ix  xQEiaonvwv ,  xa)  xavr 
axnvsiv  xri. ,  „als  unterthanen  sollen  wir  bereit  sein,  uns  den 
befehlen  Kreons  zu  fügen".  Schon  der  begriff  von  swoth,  der 
sich  nicht  für  passive  resignation,  sondern  nur  für  entschlossene 
initiative  eignet  (vgl.  die  vom  verf.  angeführten  beispiele  Ant. 
664,  Oed.  Tyr.  330),  widerspricht  einer  solchen  auffassung. 

Wecklein. 

65.     Alphonse  Willems,  noteset  corrections  sur  l'Hippo- 
lyte  d'Euripide.  Bruxelles,G.  A.  van Trigt, eMiteur.  1883.  74p. 


Nr.   7.  65.   Euripides.  381 

gr.  8.  (Extrait  du  tome  XXXVI  des  Mömoires  couronnds  et 
autres  Memoires  publi^s  par  l'Acad.  royale  de  Belgique  1883).   3  fr. 

Diese  unreife  arbeit  enthält  kaum  irgend  einen  punkt,  wel- 
cher besondere  beachtung  verdient ,  wenn  auch  der  verf.  mit 
großer  prätention  auftritt  und  die  Oberflächlichkeit  seiner  be- 
hauptungen  durch  einen  schein  von  gelehrsamkeit,  durch  hoch- 
weise maximen  und  tapfere  seitenhiebe  zu  verdecken  sucht.  Die 
Professoren  Eoersch  und  Wagener ,  welche  im  auftrag  der  aka- 
demie  die  eingereichte  abhandlung  prüften ,  haben  jedenfalls 
sehr  nachsichtig  geurtheilt,  wenn  sie  über  das  ganze  der  arbeit 
sich  günstig  aussprachen ;  die  gegenbemerkungen  derselben, 
welche  größtentheils  sehr  richtig  sind,  haben  den  verf.  von  der 
Unrichtigkeit  seiner  annahmen  nicht  zu  überzeugen  vermocht;  in 
dem  bewußtsein,  das  stück  gründlicher  studiert  zu  haben,  glaubt 
er  seine  rezensenten  eines  besseren  belehren  zu  können ;  diese 
haben  auf  eine  replik  verzichtet  und  konnten  es  ohne  gefahr  thun. 

Uebrigens  haben  die  genannten  rezensenten  nicht  immer  die 
schlagendsten  gegengründe  gebracht.  In  v.  33  will  der  verf.  ov 
v6(tt£ev  für  mvofia^tv  lesen.  Rörsch  verlangt  den  nachweis,  daß 
dsä  für  rewQ  &säe  gesagt  sein  könne,  und  erwartet  statt  des 
perf.  IdgTö&at  das  futurum.  Der  verf.  sucht  diese  bedenken  zu 
entkräften.  Aber  es  genügt  ol  rnm^ev  als  fehlerhaft  zu  bezeich- 
nen. Nach  des  verf.  ansieht  freilich  ist  der  wegfall  des  sylla- 
bischen  augments  nach  einem  mit  einem  langen  vocal  oder  diph- 
thongen  endigenden  wort  bei  den  Attikern  regel ;  der  unterschied 
zwischen  ov  vöfti&v  und  t|  ob  'xgdttjaa  (Soph.  Ai.  1337)  ist 
ihm  unbekannt.  Ueberhaupt  muß  man  oft  über  die  mangel- 
haften grammatischen  kenntnisse ,  die  sonderbaren  erklärungen 
und  die  parallelen,  mit  denen  ganz  verschiedene  dinge  belegt 
werden,  staunen.  Die  worte  igöia'  (omr  txdrjknv  in  v.  32  be- 
deuten dem  verf.  montrant  ainsi  qu'elle  itait  amoureuse,  ng'iv  aap 
qiD.av  «arapvaai  (fgsvmv  364  f.  kann  heißen:  avant  que  ton  amie 
n'ait  accompli  son  dessein,  to  yag  nag  rj/bih  nado^  nngov  dviex- 
nfgatov  (QX^rai  ßiov ,  wie  in  678  geschrieben  wird,  erhält  die 
erklärung :  la  souffrance  vient  ä  nous  apportant  (nogov  soll  wie 
qpf ooij ,  KOfii^nv  stehen!)  une  vie  intolerable  oder  le  malheur  qui 
m'accable  me  rend  la  vie  intolerable;  evQtjpin  7rta8£  avf/cpogüg  716 
wird  mit  x«x<mj>  ftijxog  gerechtfertigt!  Bei  der  änderung  von 
1034  f.   iamcpQovfjae  ft    ov%  ey.ovaa,  acöcpgoYeg  t/fieh'  d    sxnirtg  ov 


382  65.  Euripides.  Nr.   7. 

xaXeög  s^gcofjs&a  wird  die  falsche  Stellung  von  81  mit  der  be- 
merkung  entschuldigt:  la  particule  ös  apres  rjfisig  est  a  sa  place, 
car  c'est  sur  tjfis?g  que  porte  Vantiihese.  Die  Stellung  von  coure 
in  dem  „verbesserten"  v.  407  piaqua  naaiv  oj<jt\  oXouo  naynä- 
ttmg  wird  mit  <tXf-'xz<a>Q  mars  Ag.  1656,  xogaxtq  wäre  Suppl.  732 
belegt,  aber  was  soll  oaozs  selbst  bedeuten?  In  491  f.  möchte 
der  verf.  ixXX  un'  dvdgng  (für  tlXiu  lavdgdg}  mg  rd^og  Stiazsov 
tov  svdvv  ihmovTag  djjqj  aov  löyov  schreiben.  Einmal  vermißt 
man  ungern  den  artikel  rot*  vor  ävSoog.  Zweitens  steht  dnö 
in  der  angeführten  parallelstelle  an1  dvögog  oia&ä  tov  Soph. 
O.  T.  43  in  ganz  anderem  sinne.  Drittens  zeigt  die  bedeutung 
von  sv&v.g ,  die  dem  verf.  nicht  klar  zu  sein  scheint,  daß  top 
svdvv  Xöyoi  nicht  zu  Siiazt'or  {il  faut  savoir  d'Hippolyte  son  veri- 
table  sentiment  ä  son  egard),  sondern  zu  s^sinövrag  gehört,  wie  es 
auch  die  Stellung  erfordert  („indem  man  deine  gefühle  ihm  gerade 
heraus  offenbart").  Man  setzte  früher  die  interpunktion  nach 
tavSgcg:  c'etait,  comme  on  Va  du,  preter  a  la  nourrice  un  mot  h 
la  fois  brutal  et  maladroit.  Auch  fehlte  die  Verbindung  der  sätze. 
Nauck  und  Weil  haben  tdifdgcg  cog  rd^og  Suarsov  verbunden. 
Mit  recht  bemerkt  der  verf,  daß  rdrSgog  nicht  r«  cttSgog,  son- 
dern nur  to v  ardoog  bedeuten  könne.  Der  genitiv  aber  kann  nur 
von  d.uar£ov  abhängig  sein  (s.  v.  a.  ttsq}  tov  ävdgoc).  Die  un- 
gewöhnliche construction  dient  offenbar  einer  Zweideutigkeit  des 
ausdrucks :  die  amme  setzt  nach  tatSgög  etwas  ab,  so  daß  tdv- 
Sgog  zunächst  dem  löymv  t-ia^ijunroar  gegenübersteht;  auf  einen 
solchen  gegensatz  weist  auch  die  Stellung  und  der  sinn  der 
worte  oi>  Xöywv  sva^tjfiovcov  8sl  as  hin.  Die  amme  sagt  also: 
„nicht  der  schönen  worte  bedarf  es,  sondern  des  mannes  —  sinn 
muß  man  erfahren".  Das  äußerliche  und  oberflächliche  seiner 
grammatischen  auffassung  verräth  der  verf.  besonders  mit  der 
stark  betonten  beobachtung,  daß  ydg  in  der  Verbindung  ov8s 
ydg  nicht  „denn",  sondern  „ja,  selbst"  bedeute.  Eine  ganze 
reihe  von  stellen  wird  zum  beweise  vorgeführt,  aber  an  keiner 
der  angeführten  stellen  heißt  ovds  ydg  etwas  anderes  als  es  hei- 
ßen kann  „denn  auch  nicht,  denn  selbst  nicht". 

Die  änderungen  des  verf.  machen  den  ausdruck  entweder 
matt  und  salopp  wie  469  f.  stg  8s  ti]v  tv%ijv  ntaovaa  zfjvS'  ov 
aäg  uv  sxi>sioai  doxstg  oder  unnütz  und  überflüssig  wie  149 
%Foaop8'  oder  abstrus  wie   200   läßst'  ig  nfystg ,   467  ff.  ov8'    sk- 


Nr.  7  66.  Strabcm.  383 

■sovmv  am.,  xalwi;  cexQißmaai  nr,  was  bedeuten  soll  „iL  ne  fau- 
drait  pas  que  les  gens  cherchassent  trop  ä  pinetrer  ta  conduite.  II 
ne  faut  pas  meme  que  le  toit  que  couvre  ta  maison  connaisse  ta  vie 
trop  exactement" .  Die  wände  wohl  haben  ohren  ,  das  dach  aber 
für  gewöhnlich  nicht.  Womit  läßt  sich  das  epitheton  ögofidg 
für  die  Danaiden  rechtfertigen,  wenn  550  ögopaöa  davattf  onrng 
7s  Bä-A^av  geschrieben   wird  ? 

Doch  es  lohnt  sich  nicht  der  mühe,  die  irrthümer  alle  ein- 
zeln zu  erörtern.  Wechlein. 

66.  Le  fonti  di  Strabone  nella  descrizione  della  Campania. 
Memoria  di  Gr.  Bei  och.  Roma.  Reale  Accademia  dei  Lincei. 
1882.     4.     p.  22. 

67.  Quibus  auctoribus  Strabo  in  libr.  III  conscribendo 
usus  sit,  quaeritur.  Pars  prior.  Scr.  Ric.  Zimmermann. 
Dissert.  Hai.  Halis   1883.     8.     p.   38. 

Wir  stellen  diese  beiden  arbeiten  zusammen,  nicht  nur  weil 
sie  beide  Untersuchungen  der  Strabonischen  quellen  enthalten, 
sondern  auch  weil  die  ergebnisse  beider  sich  gegenseitig  ergän- 
zen und  in  gewisser  weise  bestätigen  Wie  nämlich  die  eine 
für  die  beschreibung  Campaniens,  so  liefert  die  andere  für  die 
beschreibung  Iberiens  den  nachweis ,  daß  die  dabei  vorkommen- 
den angaben  über  die  küsten  fast  ausschließlich  aus  dem  werke 
des  Artemidoros  von  Ephesos  entlehnt  sind.  In  diesem  ergeb- 
niß  liegt  aber  zugleich  die  hohe  bedeutung  dieser  beiden  ar- 
beiten für  die  erforschung  der  Strabonischen  quellen  überhaupt, 
indem  dadurch  die  schon  öfters  ausgesprochene  vermuthung,  daß 
Artemidoros  von  Ephesos  so  ziemlich  die  einzige  quelle  Strabon's 
für  die  küstenbeschreibungen  gewesen  sei,  eine  neue  bestätigung 
erhält.  Für  Campanien  ,  dessen  beschreibung  freilich  nur  einen 
sehr  kleinen  theil  des  großen  Werkes  ausmacht  (bd.  5,  4,  3  — 
ende),  hat  dies  Beloch  in  klarer,  nur  hier  und  da  etwas  zu  sehr 
ins  einzelne  gehender  ausführung  dargethan.  Allerdings  wird 
man  über  manche  aufstellungen  mit  ihm  rechten  können.  So 
geht  er  gewiß  zu  weit,  wenn  er  auch  diejenigen  angaben,  welche 
unter  des  Antiochos  oder  des  Polybios  namen  angeführt  werden 
(p.  242  C),  als  aus  Artemidoros  herübergenommen  ansieht.  Denn 
die  direkte  benutzung  dieser  beiden  autoren  durch  Strabon  steht 
außer  zweifei ;  vgl.  für  Antiochos  Hunrath,  Die  quellen  Strabon's 


384  67.  Strabon.  Nr.  7. 

im  6.  buch-,  p.  39.  Ebenso  wird  man  anstand  nehmen  mit 
Beloch  an  zwei  stellen  statt  des  dem  Strabon  sehr  wohl  bekannten 
Polybios  den  von  ihm  nirgends  erwähnten  oder  benutzten  Silenos 
als  gemeinsamen  gewährsmann  des  Strabon  und  des  Polybios 
anzusetzen.  Endlich  darf  ja  nicht  bezweifelt  werden,  daß  auch 
Plinius  das  werk  des  Artemidoros  ziemlich  ausgiebig  verwerthet 
hat ,  wenn  jedoch  Beloch  auch  bei  Pomponius  Mela  reichliche 
spuren  desselben  findet,  so  ist  seine  behauptung  so  unzureichend 
begründet,  daß  man  mit  einigem  recht  auf  dieselbe  die  kritik 
anwenden  kann,  welche  er  selbst  p.  9  gegen  einen  aufsatz  von 
Hansen  in  Fleckeisens  Jahrbüchern  1878,  p.  508  ff.  richtet,  daß 
nämlich  notwendiger  weise  jeder  periplus  dieselben  städte  in 
derselben  Ordnung  aufführen  muß.  Beloch  würde  vermuthlich 
diese  irrthümer  vermieden  haben,  wenn  er  seine  Untersuchungen 
nicht  auf  einen  zu  engen  kreis  beschränkt  hätte. 

Mit  verständniß  und  umsieht  hat  Zimmermann  seine  aufgäbe 
behandelt  und  besonders  den  antheil  des  Artemidoros  in  durch- 
aus überzeugender  weise  nachgewiesen.  Vielleicht  hätte  er  an 
einzelnen  stellen,  wie  p.  12  und  17  dies  ergebniß  noch  bestimm- 
ter hinstellen  können ,  als  er  es  gethan  hat.  Die  übrigen  ge- 
währsmänner  Strabons  für  diese  partien  finden  eine  mehr  bei- 
läufige erwähnung.  Völlig  zutreffend  ist  p.  31  die  bemerkung 
über  die  anführungen  aus  Eratosthenes,  und  dasselbe  war  p.  15 
über  Timosthenes  zu  sagen,  dessen  ntgtoSoi;  von  Strabon  nir- 
gends direkt  ausgeschrieben  worden  ist.  Dagegen  dürfte  die  an- 
nähme, daß  3,  4,  9  von  Strabon  Caesar's  gedieht  Iter  zu  gründe 
gelegt  sei,  schwerlich  beifall  finden.  Entgegen  steht  weniger 
die  immerhin  auch  nicht  außer  acht  zu  lassende  thatsache ,  daß 
Strabon  sich  den  römischen  autoren  gegenüber  überhaupt  sehr 
ablehnend  verhält,  als  namentlich  der  umstand,  daß  wir  über 
den  inhalt  jenes  gedichtes  ja  lediglich  auf  vermuthungen  ange- 
wiesen sind.  Unter  diesen  umständen  ist  trotz  der  vom  Ver- 
fasser dagegen  geltend  gemachten  bedenken  die  autorschaft  des 
Asinius  Pollio  immer  noch  das  wahrscheinlichere.  Weniger  ge- 
wagt, aber  auch  nicht  unbedenklich  ist  die  p.  10  vorgetragene 
vermuthung,  daß  die  stellen,  an  denen  von  Brutus  Gallaecus  die 
rede  ist,  dem  Polybios  entnommen  sind.  Denn  zunächst  ist  es 
zweifelhaft,  ob  Polybios,  in  dessen  hauptwerk  dieser  krieg  nicht 
mehr  behandelt  sein  konnte,  in  der  besonderen  schrift  über  den 


Nr.  7.  68.  Demosthenes.  385 

Numantinischen  krieg  jene  expedition  eingehender  behandelt 
hatte,  wie  Zimmermann  annimmt,  sodann  aber  auch,  ob  Strabon 
diese  kleinere  schrift  des  Polybios  überhaupt  gekannt  und  be- 
nutzt hat.  Ich  halte  es  nach  dem  Zusammenhang  cap.  3,  1  und 
4  vielmehr  für  wahrscheinlich,  daß  diese  notizen  dem  historischen 
werke  des  Poseidonios  entlehnt  sind,  welchem  Strabon  so  viel 
verdankt  und  aus  dem  vermuthlich  auch  cap.  2,  3 — 5  geschöpft 
sind.  —  Möge  der  fleißigen  arbeit  bald  die  pars  posterior  folgen. 

±1— 

68.  Ioannes  Ernestus  Kirchner,  De  litis  instru- 
mentis  quae  exstant  in  Demosthenis  quae  fertur  in  Lacritum  et 
priore  adversus  Stephanum  orationibus.  Dissert.  Halis  Saxonum 
typis  Hendeliis  MDCCCLXXXIII.     8      40  p. 

Ais  Johann  Gustav  Droysen  in  der  Zeitschrift  für  alter- 
thumswissenschaft  1839,  p.  537  ff.  durch  den  beweis  der  unecht- 
heit  der  Urkunden  in  Demosthenes'  rede  vom  kränze  den  ersten 
ernstlichen  angriff  auf  die  in  die  attischen  redner  eingelegten 
Urkunden  machte,  sprach  er  sich  doch  zugleich  zum  schütze  der 
übrigen  dahin  aus,  daß  ursprünglich  jede  rede  mit  ihren  aktenstü- 
cken  ediert  worden  ist  und  demnach  die  beilagen  erst  in  späteren 
abschriften  weggelassen  oder ,  wie  in  der  kranzrede,  durch  ge- 
fälschte wieder  ersetzt  worden  sind.  Diesen  Standpunkt  nimmt 
auch  der  Verfasser  obiger  dissertation  ein.  Indem  er  mit  Droysen 
und  der  mehrzahl  der  neuern  gelehrten  an  der  unechtheit  der 
Urkunden  in  der  kranzrede  festhält,  glaubt  er  dagegen  mit  Wach- 
holtz ,  De  litis  instrumentis  in  Demosthenis  quae  fertur  oratione 
in  Macartatum,  Kiliae  1878  die  der  Makartatea  für  echt  halten 
zu  müssen  und  unternimmt  es  die  einlagen  der  rede  gegen  La- 
kritos  und  der  ersten  gegen  Stephanos  gegen  die  angriffe  von 
Westermann  (in  den  Abhandlungen  der  sächsischen  gesellschaft 
der  Wissenschaften,  philol.-histor.  cl.  I,  1850,  p.  81  ff.)  zu  verthei- 
digen.  Es  wäre  zu  wünschen  gewesen,  daß  sich  der  junge  ge- 
lehrte gegen  den  verdienten  Westermann  hier  und  da  maßvoller 
■  gezeigt  und  urtheile,  wie  temere,  ineptissime,  absurdissima  sententia, 
vermieden  hätte1),  zumal  da  es  doch  zweifelhaft  sein  dürfte,  ober 

1)  Nicht  immer  hat  Kirchner  bei  Westermann  aufmerksam  ge- 
lesen. P.  22:  West,  ne  illud  qaiden:  negare  videtur  arbitrum  Tisia?)i  pri- 
vatum esse  potuisse.  Dagegen  West.  p.  109:  ,,Oder  hielt  der  Ver- 
fasser der  Urkunde  den  Schiedsrichter  für  einen  compromissarischen? 


386  68.  Demosth en es.  Nr.  7. 

seinen  versuch  unternommen  haben  würde ,  wenn  nicht  männer 
wie  Kirchhoff  und  U.  Köhler  durch  ihre  funde  die  erste  bresche 
gelegt  hätten.  Uebrigens  bekenne  ich ,  daß  mir  durch  die  ret- 
tung  dieses  und  jenes  gesetzes  oder  dekretes  die  frage  noch 
lange  nicht  entschieden  zu  sein  scheint,  da  der  interpolator  zu 
einer  derartigen  einlage  gute  quellen  benutzt  haben  kann.  An- 
ders steht  es  mit  den  Zeugnissen  namentlich  in  privatreden. 
Läßt  es  sich  von  einem  solchen  nachweisen,  daß  es  unzweifelhaft 
echt  ist  und  in  seiner  fassung  aus  der  rede  selbst  nicht  hat 
entlehnt  werden  können ,  so  erhöht  sich  dadurch  zugleich  der 
werth  der  übrigen  einlagen  einer  rede.  Ein  solcher  nachweis 
ist  aber  Kirchner  in  vorliegender  dissertation  nicht  gelungen. 
Denn  identifikationen ,  wie  des  'Sifquivoc;  Meiexle'ovg  ^^ugvi-vg 
mit  einem  inschriftlich  wiederholt  überlieferten  Hrscparot;  '  /4%Kgrev$ 
u.  a.  m.,  die  Westermannn  dem  verf.  selbst  an  die  hand  gegeben 
hat,  sind  ebensowenig  beweiskräftig,  als  wenn  wir  einen  „Adolf  Müller 
aus  Berlin"  mit  einem  inschriftlich  gesicherten  „Müller  aus  Berlin" 
identificieren  wollten.  Ein  einziger  name  kann  als  eine  glückliche, 
übrigens  von  Kumanudis  gemachte,  entdeckung  bezeichnet  werden, 
die,  wie  es  scheint,  die  ganze  abhandlung  veranlaßt  hat :  der  in 
dem  zeugnis  adv.  Steph.  §19  aufgeführte  KTjCfianqüv  Kecpali'oavog 
' 4(pi8veM6t;  wird  in  seinem  vollen  namen  bestätigt  durch  CIA. 
II,  1,  114  C  6.  Und  doch  könnte  man,  wenn  man  im  übrigen 
Ursache  hätte  die  Zeugnisse  jener  rede  zu  verwerfen,  diese  Über- 
einstimmung dadurch  erklären,  daß  sich  der  Verfasser  des  Zeug- 
nisses mit  recht  oder  unrecht  denjenigen  Kephisophon  als  depo- 
sitar  gedacht  hat ,  der  in  jener  zeit  als  feldherr  eine  nicht  un- 
bedeutende rolle  gespielt  zu  haben  scheint,  und  dessen  vollen 
namen  die  alten  ebenso  leicht  in  ihren  quellen  finden  konnten, 
wie  wir. 

Da  die  einlagen  meist  mit  den  auf  sie  bezüglichen  worten 
des  redners  ziemlich  übereinstimmen  —  dies  ist  ganz  besonders 
in  der  rede  adv.  Steph.  I  der  fall  —  so    bleiben    natürlich  nur 

Ebenso  p.  23,  n.  4:  Falso  West.  Stephanum  reum,  Apollodorum  accu- 
satorem  esse  contendit.  Selbstverständlich  entlehnt  Westermann  diese 
bezeichnung  von  dem  parteiverhältnis  des  processes,  für  welchen  die 
45.  rede  geschrieben  ist.  Dagegen  irrt  der  verf. ,  wenn  er  seinerseits 
den  Apollodoros  zum  angeklagten  macht,  da  derjenige,  welcher  die 
nccQnyQaqr,  einlegt,  also  in  diesem  falle  Phormio,  in  dem  Verhältnis  des 
angeklagten  verbleibt. 


Nr.  7.  68.  Demosthenes.  387 

wenig  angriffspunkte  für  den  bekämpfer  ihrer  echtheit ;  wenn 
nun  aber  gar  ihre  vertheidiger  von  jedem  selbständigen  zusatz 
eines  aktenstückes,  ja  von  einem  Widerspruch  zwischen  rede  und 
Urkunde  auf  die  echtheit  derselben  schließen ,  da  ein  falscher 
unmöglich  auf  einen  solchen  einfall  hätte  kommen  können ,  so 
machen  sie  sich  ihre  aufgäbe  mindestens  sehr  leicht.  Auch  für 
Kirchner  bleibt  dieses  vertheidigungsmittel  die  letzte  Zuflucht ; 
ob  dadurch  aber  alle  bedenken  mit  einem  schlage  beseitigt  sind, 
mögen  einige  beispiele  zeigen. 

Ich  finde,  daß  Kirchner  die  Urkunden  zu  wenig  in  dem 
Zusammenhang  der  rede  behandelt  hat ;  es  wäre  dann  manche 
frage  gründlicher  erwogen  worden.  Die  rede  adv.  Lacritum  ist 
gegen  einen  schüler  des  Isokrates  gerichtet ,  dessen  brüder  Ar- 
temon  und  Apollodoros 2)  dem  Sprecher  ein  auf  die  fracht  eines 
schiffes  aufgenommenes  darlehn  nicht  ausgezahlt  haben.  Artemon 
ist  inzwischen  gestorben ;  es  ergiebt  sich  aber  aus  dem  ganzen 
Zusammenhang  der  rede,  daß  der  Sprecher,  da  er  von  Apollo- 
doros sein  geld  nicht  hat  erhalten  können,  weil  dieser  wahrschein- 
lich ganz  verarmt  war,  sich  nunmehr  an  Lakritos  als  angeblichen 
erben  seines  bruders  hält,  um  so  mehr,  da  dieser  das  darlehn 
ermittelt  haben  soll.  Es  ist  klar,  daß  der  Sprecher  guten  grund 
hat,  von  Apollodoros,  der  doch  zunächst  zahlungspflichtig  wäre, 
möglichst  zu  schweigen  und  dem  verstorbenen  Artemon  die  haupt- 
rolle  in  dem  geschäfte  zuzuertheilen.  Dies  geschieht  denn  auch, 
wie  Westermann  p.  89  richtig  gesehen  hat.  In  offenbarem  Wi- 
derspruch mit  dieser  tendenz  stehen  die  Zeugnisse ,  die ,  wie  es 
fast  scheinen  möchte ,  aus  einem  vom  Sprecher  gegen  Apollodor 
angestrengten  proceß  erhalten  sein  könnten;  denn  Apollodoros 
wird  in  ihnen  allein  als  der  erlediger  des  geschäftes  erwähnt 
§  20.  33.  34-,  ja  das  erste  zeugnis  in  §  34  geht  soweit,  den 
Apollodor  als  den  angeklagten  zu  bezeichnen ,  ein  so  starker 
irrthum ,  daß  man  zu  einer  emendation ,  wie  zov  adtlyov  tov 
qpf  iyovrrtQ,  sich  versucht  fühlte.  Diesen  widersprach  hat  Kirchner 
nicht  zu  lösen  vermocht;  denn  wenn  er  behauptet,  Artemon  sei 
auf  der  reise  gestorben ,  so  ergiebt  sich  aus  §  28  und  §  52  f. 
das  gegentheil ;  auch  §36  kann  mit  ädeXyog  avzov  nach  obigem 

2)  Daß  sie  brüder  sind,  hat  Kirchner  mit  recht  gegen  Blaß,  A. 
B.  III,  1,  p.  502  a.  4  aufrecht  erhalten;  nicht  unmöglich,  daß  §  7 
zw  roiiTov  (<<?ii.ifw  interpoliert  ist.  Die  übrigen  gründe  von  Blaß  erle- 
digen sich   durch  obige  darstellung. 


388  68.  Demosthenes.  Nr.  7. 

nur  Artemon  verstanden  werden ;  wenn  er  aber  weiter  die  weg- 
lassung von  Artemons  namen  motiviert,  quod  nomen  Artemonis, 
cum  mortuus  esset,  afferre  nihil  interesset,  so  ist  damit  der  Sachver- 
halt geradezu  auf  den  köpf  gestellt.  Ein  Widerspruch  bleibt 
mithin  zwischen  rede  und  Zeugnissen  bestehen ;  sollen  wir  nun 
mit  Kirchner  die  Zeugnisse  eben  dieses  Widerspruchs  wegen  für 
echt  halten,  weil  ein  falscher  denselben  gewiß  vermieden  haben 
würde? 

Wenn  übrigens  Kirchner  behauptet,  der  inhalt  der  Zeug- 
nisse §  33  f.  stimme  genau  mit  den  worten  des  redners  überein, 
so  kann  ich  ihm  auch  darin  nicht  beistimmen.  Das  erste  Zeug- 
nis bezeichnet  der  redner  mit  den  worten:  zqv  'AnnXXmn'Sov  oti 
' jävjinaTQOli  i\v  !>  davtsiaag  sn)  7c3  nXoicp,  lovroig  8'  ovS'  otiovv 
7tQoarjY.il  rJjg  tavayiag.  Die  letzten  worte  —  gewiß  nur  ein  Zu- 
satz des  redners  —  veranlaßten  den  falscher  noch  von  dem 
Schiffbruch  zu  erzählen  und  hinzuzufügen,  I'ti  rj  tavg  x  *  r //  8is- 
cpdügrj  etc. ,  was  nicht  einmal  genau  ist.  Kirchner  führt  als 
hauptbeweis  für  die  echtheit  des  Zeugnisses  an,  daß  es  nicht  An- 
tipater  selbst,  sondern  ein  Apollonides  ablegt,  worauf  ein  falscher 
nicht  gekommen  sein  würde,  hat  also  obiges  ttjv  'AnoXlouifiov 
gar  nicht  gelesen!  Ebensowenig  das  nachfolgende  rt]t>  'innlov; 
denn  da  Hippias  in  den  Zeugnissen  mit  vollem  namen  angeführt 
wird,  hätte  er  p.  8  nicht  behaupten  können :  simplicia  et  nuda  non 
posita  sunt  nomina  nisi  eorum  quorum  in  orationis  ipsius  contextu  mentio 
fit.  Das  zeugnis  des  Erasikles  §  34  wird  dadurch  verdächtig, 
daß  es  nur  die  80  Ktgü^ia  wein  erwähnt,  weil  auch  der  redner 
oben  nur  von  ihnen  spricht.  Aus  §  32  lernen  wir  aber,  daß 
auch  eine  Quantität  pökelfleisch  für  rechnung  eines  landwirths 
mitgeführt  wurde-,  an  dieselbe  adresse  scheint  auch  — die  worte 
sind  allerdings  nicht  ganz  deutlich  —  der  wein  bestimmt  ge- 
wesen zu  sein.  Das  zeugnis  des  Hippias  holt  nach ,  was  das 
vorige  versäumt  hat ;  nach  ihm  soll  Apollodoros  das  pökelfleisch 
verladen  haben ;  demnach  müßten  wir  §32  zu  naQsxofAiXero:  vn* 
' Anolko8(önnv  ergänzen,  was  kaum  angeht-,  dazu  sind  noch  an- 
dere waaren  angeführt,  welche  Kirchner  durch  den  ausdruck 
oiXX1  atta  in  §  31  schützt,  indem  er  übersieht,  daß  derselbe  aus 
der  vom  redner  durch  die  Zeugnisse  bekämpften  ausrede  des 
Lakritos  entlehnt  ist.  Man  erkennt,  wie  auch  ein  falscher  durch 
gleiche  versehen  zu  seinem    texte    gelangen    konnte.     Es  scheint 


Nr.  7.  68.  Demosthenes.  389 

übrigens,  daß  das  dritte  zeugnis  von  anderer  hand  herrührt,  als 
das  erste  und  zweite  ,  wie  ich  überhaupt  der  ansieht  bin ,  daß 
die  einlagen  einer  rede  nicht  immer  einen  Verfasser  haben: 
dadurch  erklärt  sich  auch  am  einfachsten,  warum  in  derselben 
rede  die  Zeugnisse  bald  mit  bald  ohne  namen  ausgefertigt  sind. 
So  scheint  auch  das  zweite  zeugnis  §  14  von  anderer  hand  zu 
sein  als  das  erste;  denn  in  jenem  fehlt  der  name  des  Nausikrates ; 
da  derselbe  §  8  nicht  namentlich  bezeichnet  ist,  so  könnte  er 
als  stiller  theilnehmer  des  geschäftes  gelten,  und  wir  würden 
seinen  namen  im  ersten  zeugnis  für  erfunden  erklären,  wenn  wir 
grund  hätten  den  text  der  avryyucprj  zu  verdächtigen.  Doch 
zunächst  noch  ein  wort  von  den  iafiag-ivgiat  §  20  und  §  34. 
Ich  stehe  nicht  an  sie  für  reine  Spielereien  zu  erklären.  Wenn 
Kirchner  gegen  die  richtigen  bemerkungen  von  Westermann 
p.  85  einwendet,  daß  in  beiden  fällen  die  sauaoTVQia  durch  die 
vorhergehenden  Zeugnisse  bestätigt  werde,  so  vergißt  er,  daß 
nicht  der  inhalt  einer  iy.uuQivtjia  durch  andere  zeugen  zu  be- 
stätigen ist  —  denn  gab  es  solche,  so  war  das  nothzeugnis  von 
abwesenden  überhaupt  überflüssig  —  sondern  die  authenticität 
derselben  (zu  Isai.  III,  20  und  Aesch.  II,  19  kommt  noch  [Dem.] 
XL  VI,  7 :  oi  (xut)rvQi]aai'te^  ttjv  enixoozvuiav)  —  denn  ohne  eine 
solche  bestätigung  war  jede  Fxuanzvoiu  werthlos ,  da  sie  ja  von 
dem  interessenten  selbst  fingiert  sein  konnte.  Uebrigens  weist 
§  20  die  ankündigung:  rt)v  ^.aoxvqlav  twv  avfinXsovtcov  auf  ein 
gemeinsames  zeugnis  hin ;  ebenso  lautet  §  33  die  ankündigung 
des  redners  bestimmt  genug. 

Wenn  demnach  die  Zeugnisse  der  rede  gegen  Lacritus  auch 
durch  Kirchners  vertheidigung  nach  meiner  meinung  nicht  ge- 
rettet sind,  so  bleibt  dagegen  die  einlage  der  nvyyguqtj  bis  jetzt 
unangefochten ,  doch  nicht  weil  Kirchner  sie  vertheidigt  hat  — 
denn  was  dieser  zu  ihrer  bestätigung  anführt,  würde  leicht  hin- 
fällig ,  wenn  sich  sonst  ein  wesentliches  bedenken  gegen  die  Ur- 
kunde (§  24  dgyvfjioi  dönißov  gegen  ivrsXsg  in  der  Urkunde 
genügt  nicht)  erheben  würde.  Kirchner  selbst  bezweifelt,  daß 
sie  uns  vollständig  erhalten  sei  •,  ich  würde,  wenn  anders  sie  echt 
ist,  mit  Böckh  (Staatsh.  I,  p.  193)  darin  übereinstimmen,  daß  sie 
nachlässig  abgefaßt  ist,  nicht  zum  vortheil  der  gläubiger.  Der 
räum  verstattet  nicht,  auf  die  Urkunde  näher  einzugehen;  nur 
eins:  der  ausdruck  tovg  ntovat  yoaqthias  Big  Titi>  avyyQuqriv 
Philol.  Anz.  XIV.  27 


390  68.  Demosthenes.  Nr.   7. 

wird  auch  durch  Böckh  nicht  genügend  erklärt-,  statt  dessen  ver- 
langt man:  „die  an  erster  stelle  im  vertrag  aufgeführten 
sinsen".  Auf  solche  einzelheiten  geht  Kirchner  nirgends  ein, 
wie  dies  auch  die  summarische  behandlung  des  in  §  51  einge- 
legten gesetzes  zeigt.  Bekanntlich  knüpft  sich  an  dasselbe  die 
controverse ,  ob  dieses  gesetz  nur  für  getreideeinfuhr  oder  auch 
für  den  handel  mit  andern  waaren  geltung  gehabt  hat ;  Böckh 
namentlich  hat  das  letztere  behauptet ,  insbesondere  auf  grund 
der  fassung:  sie  vavv  rjtn;  dv  fxrj  piXkrj  a~E,ttv  altov  ' AQi\va^s.  und 
des  auffälligen  ausdrucks  aal  taXXa  td  yeygafxfisfa  neg)  ixdotov 
av7cöv.  Ich  glaube  nicht,  daß  Böckh  recht  hat,  da  sich  seine 
beweisführung  eben  nur  auf  diese  höchst  unklaren  worte  stützt. 
Diese  wichtige  frage  hat  Kirchner  gänzlich  unberührt  gelassen, 
dafür  zu  einzelnen  ausdrücken  nach  parallelen  gesucht ,  als  ob 
ein  falscher  mit  der  form  der  attischen  gesetzgebung  nicht  hätte 
vertraut  sein  können.  Seine  ansieht  über  die  einlage  geht  da- 
hin ,  daß  uns  der  zweite  theil  des  gesetzes  erhalten  sei ,  der  al- 
lein für  den  Zusammenhang  der  rede  nöthig  sei;  die  worte  ralla 
tu  yeyQUfjinsva.  mg)  ixdotov  altwv  gehörten  dem  redner,  der 
den  Schreiber  unterbricht,  um  ihn  —  zum  weiterlesen  aufzufor- 
dern (adhortatio  oratoris  inserta)!  —  weiter  sei  eine  lücke  an- 
zunehmen: an  dieser  stelle  sei  die  strafe  für  das  im  ersten  theil 
des  gesetzes  verbotene  vergehen  (Gnqyijaai  dlloas  not  rj  '  A&ipafy) 
angegeben  gewesen;  daran  schließe  sich  dann:  sdv  8s  tig  s'xöw, 
wobei  das  folgende  nagd  ravta  ganz  unverständlich  wird. 

Man  sieht  daraus,  wie  verzweifelt  die  Überlieferung  sein 
muß.  Ich  glaube  allerdings,  daß  sich  fragmente  des  fraglichen 
gesetzes  erhalten  haben,  aber  in  der  desperatesten  fassung;  am 
auffälligsten  ist,  daß  in  der  einlage  gerade  die  stelle  fehlt,  auf 
welche  die  worte  des  redners  vor  und  nach  dem  vorlesen  des 
gesetzes  am  meisten  hindeuten:  die  höhe  der  strafe  wird  nicht 
angegeben,  sondern  betreffs  derselben  auf  den  ersten  theil  des 
gesetzes  verwiesen,  der  mithin  zur  Vorlesung  hätte  kommen  müssen. 

In  der  Or.  adv.  Steph.  I  schließen  sich  die  meisten  einlagen 
fast  wörtlich  an  den  text  der  rede  an.  Zu  dem  zeugnis  §  8 
ist  außerdem  Or.  adv.  Steph.  II,  §  5  zu  vergleichen,  worauf  Kirchner 
hätte  aufmerksam  machen  sollen.  Selbständig  ist  die  einlage 
allein  in  den  namen.  Westermann  hat  darauf  aufmerksam  ge- 
macht,   daß    der    diaitet  Tisias    nicht   ein  Acharner    sein  könne, 


Nr.  7.  68.  Demosthenes.  391 

da  nach  §  17  die  Verhandlung  vor  ihm  in  der  azod  nowi).?] 
war ,  die  diaiteten  der  Acharner  aber  nach  [Dem.]  XL VII,  12 
in  der  Heliaia  verhandelten.  Was  Kirchner  dagegen  einwendet, 
ist  nicht  von  bedeutung ;  verkehrt  ist  die  interpretation  der  stelle 
bei  Harpokr.  s.  v.  diuizt]za(,  in  welcher  die  richter  den  diaiteten 
gegenübergestellt  werden.  Das  einzige,  was  sich  gegen  Wester- 
mann einwenden  läßt,  ist,  daß  die  diaiteten  einer  phyle  viel- 
leicht nicht  der  pbyle,  für  die  sie  recht  sprachen,  angehört  zu  haben 
brauchten.  Nicht  wörtlich  belegt  sind  die  worte :  zo  ygafi^azslov 
b  iveßttXszo  (poQfjiicüv  eig  zov  s%lvov ;  dafür  heißt  es  XL  VI,  §5: 
td  iv  zq>  yga^xazticp  a  nageiftEzo  ffroQfiicov  (vgl.  §  3  und  §  28 
zd  iv  tm  ygafA/iazsicp  yiyQapifjisva).  In  der  tzqoxXtjgis  kann  auch 
der  ausdruck  der  einlage  nicht  gebraucht  worden  sein,  da  erst, 
nachdem  das  Schiedsgericht  erfolglos  gewesen  war ,  die  beige- 
brachten dokumente  vom  diaiteten  im  i^lvog  verschlossen  wurden  • 
wir  müßten  also  annehmen  ,  daß  die  zeugen  den  ausdruck  nach 
der  späteren  Sachlage  verändert  hätten 

Es  sind  kleinigkeiten,  die  bei  beurtheilung  dieser  wichtigen 
frage  oft  in  betracht  kommen ,  aber  doch  nicht  bedeutungslos. 
In  dem  Pachtvertrag  §  31  legt  Kirchner  auf  den  infin.  aor. 
7Qa7is£tTEvoai  werth  gegenüber  ZQane&zsveiv  §  32  und  §  34  und 
vergleicht  damit  den  gebrauch  des  inf.  aor.  in  anderen  Urkunden. 
Aber  bei  unoööa&ai ,  ixöovvai  handelt  es  sich  um  eine  einzelne 
handlung  ,  bei  zgan^izsvsiv  um  eine  dauernde  beschäftigung  — 
derartige  verba  auf  svsiv  erhalten  im  aorist  eine  ingressive 
bedeutung  — ,  und  §  34  wird  die  stelle,  wie  aus  dem  yiyganzai 
folgt,  wörtlich  citiert.  Wenn  im  text  xcogig,  ^n  der  einlage  dvav 
steht ,  so  verräth  sich  auch  hierin  der  falscher ,  der  gern  den 
synonymen  ausdruck  seiner  vorläge  gebraucht.  Daß  der  vertrag 
nicht  vollständig  sein  kann,  sondern  eben  nur  das  enthält,  was 
aus  den  worten  des  redners  entlehnt  werden  konnte,  giebt  Kirchner 
selbst  zu.  Diese  einlage  halte  ich  ebenso  für  unecht,  wie  das 
fragment  des  testaments  §  28 ,  in  welchem  die  eingangsformel 
„Ttide  8ie&szo  llaaiwv  ' slxaQisvg",  die  doch  wahrhaftig  die  echt- 
heit  nicht  beweisen  kann ,  vor  eine  aus  dem  Zusammenhang  ge- 
rissene stelle  des  testaments  gesetzt  ist.  Das  gleiche  urtheil 
habe  ich  über  die  von  Suidas  citierte  äpziygacp^  §  46 :  die 
klagschrift  ist  unvollständig ;  die  angäbe  des  zl\nri\i.a  steht  an 
falscher  stelle.     Um    mich   jedoch  nicht    selbst  dem  Vorwurf  der 

27* 


392  68.  Demosthenes.  Nr.  7. 

Oberflächlichkeit  auszusetzen,  verzichte  ich  auf  weitere  andeutun- 
gen,  die  ich  hier  doch  nicht  ausführen  kann.  Nur  noch  ein 
wort  über  das  Zeugnis  §  55.  Dasselbe  steht  in  einem  Zusam- 
menhang ,  dessen  aufklärung  man  von  dem  eingelegten  Zeugnis 
erwartet;  die  vorhandene  einlage  macht  das  räthsel  nur  unlös- 
barer. Kirchner  hat  sich  große  mühe  gegeben  dasselbe  zu  lösen: 
Deinias  habe  sich  geweigert,  gegen  seinen  verwandten  Stephanos 
aufzutreten;  dagegen  habe  er  ein  Zeugnis  gegen  die  für  die 
äcpsoig  röiv  iyxltj/jitttoav  eintretenden  zeugen  eingereicht  —  und 
mit  diesem  begnüge  sich  hier  Apollodoros;  aber  er  wird  wohl 
niemanden  überzeugen  können,  daß  mit  dieser  erklärung  die 
worte  oti  raiza  ält]d7/  liym  einen  sinn  erhalten  und  die  worte 
ovds  lulrftii  fiagrvosiv  iOiXsiv  vara  tovtov  sich  ungezwungen 
und  befriedigend  derselben  fügen.  Was  übrigens  das  zeugnis 
an  und  für  sich  d.  h.  vom  Zusammenhang  gelöst  betrifft ,  so 
müßte  Deinias,  wenn  er  das  XXXVI,  17  benutzte  zeugnis  ent- 
kräften wollte,  bezeugen,  daß  er  den  dort  bezeugten  Schiedsspruch 
nicht  gefällt  habe ;  er  erhöhte  aber  den  werth  seines  gegenzeugnisses 
nicht  dadurch ,  daß  er  in  so  feierlicher  weise  seine  nahe  Ver- 
wandtschaft mit  dem  manne ,  zu  dessen  gunsten  er  es  ablegte, 
versicherte.  Somit  bliebe  als  einziges  beweismittel  für  die  echt- 
heit  dieser  einlage  der  mangel  an  jedem  anhält,  wie  ein  falscher 
auf  diese  fassung  des  Zeugnisses  habe  kommen  können,  und  ich 
glaube  aus  diesen  und  andern  gründen  §  56  vor  den  worten 
aX)a  fiijv  ort  z«t?'  äXtj&ij  Ityoo  eine  lücke  annehmen  zu  müssen. 
Uebrigens  lese  ich  §  56  ol%  Ofxoiög  je  oder  avofiotog  ys  (vgl. 
Lys.  XIII,  58.  27),  da  weder  die  ironie  noch  die  frage  mir  hier 
passend  erscheinen  will;  der  satz  aXV  ov%  nvioa)  Zzsqxivog  etc. 
schließt  sich  adversativ  an  den  relativsatz  an. 

Im  allgemeinen  läßt  sich  also  nicht  behaupten,  daß  die  vor- 
liegende dissertation  die  frage  nach  den  in  die  attischen  reden 
eingelegten  Urkunden  besonders  gefördert  hat ;  nur  diejenigen, 
welche  die  Urheber  einer  fälschung  für  ununterrichtete,  bequeme 
leute  halten,  die  unmöglich  ein  buch  aufgeschlagen  haben  kön- 
nen, sich  vielmehr  stets  mit  dem  nächstliegenden  texte  begnüg 
haben  würden,  werden  einige  nachweise,  namentlich  aber  die  in- 
schriftliche bestätigung  des  Kriq-mo^äv  Kecjiah'ojvot,-  'Aqudvaio,. 
für  unumstößliche  beweise  erachten ,  durch  welche  die  ärgster 
Widersprüche  weggeräumt  werden.  Konrad  Seeliger. 


Nr.  7.  69.  Plautus.  393 

69.  T.  Macci  Plauti  comoediae.  Recensuit  instrumento  cri- 
tico  et  prolegomenis  auxit  Frid.  Ritschelius  sociis  operae 
adsumptis  G.  Loewe,  Gr.  Götz,  Fr.  Schoell.  Tomi  II,  fasc. 
V:  Poenulus.  Lips.  in  aedibus  B.  G.  Teubneri  1884.  8.  XXVI 
und   176  p.      5  mk. 

Aus  der  praefatio  sind  folgende  punkte  von  besonderem  in- 
teresse:  von  Ritschl's  thätigkeit  lag  den  herausgebern  ein  voll- 
ständig fertiger  text  und  kritischer  apparat  bis  v.  760  vor; 
wenn  dieselben  auch  auf  einem  viel  conservativeren  Standpunkt 
sich  befinden  ,  so  haben  sie  doch ,  wie  billig ,  die  resultate  der 
arbeit  Ritschl's  gewissenhaft  mitgetheilt.  In  dem  Ambrosianus 
ist  der  größte  theil  des  Stückes  erhalten,  diese  sehr  ansehnlichen 
Überreste  sind  erst  jetzt  in  folge  der  bewunderungswürdigen  Sorg- 
falt und  geschicklichkeit,  womit  Löwe  die  handschrift  verglichen 
hat,  nutzbar  gemacht:  mit  den  nunmehr  vorliegenden  mitthei- 
lungen  können  die  spärlichen  notizen  in  Geppert's  ausgäbe  gar 
nicht  in  vergleich  gestellt  werden.  Der  umstand,  daß  Turnebus 
seiner  guten  handschriftlichen  quelle  bezüglich  des  Poenulus  ver- 
hältnißmäßig  auffallend  oft  erwähnung  thut,  beinahe  ebenso  häu- 
fig, wie  bezüglich  aller  anderen  stücke  zusammengenommen,  hat 
die  herausgeber  veranlaßt,  eingehendere  nachforschungen  über 
diese  angaben  anzustellen.  Wir  erfahren,  daß  Turnebus,  als  er 
seine  Adversaria  schrieb,  sich  nicht  mehr  im  besitz  der  handschrift 
befand ,  ferner  daß  dieselbe  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  nicht 
alle  stücke  umfaßte,  sondern  am  anfang,  in  der  mitte  und  wohl 
auch  am  ende  lückenhaft  war.  Ueber  die  Punica  im  Poenulus 
ist  eine  erörterung  Gildemeisters  mitgetheilt,  in  welcher  es  heißt 
p.  XVI :  qui  Punica  scripsit,  singula  verba  transtulit,  eorum  ordinis 
apud  Semitas  legitirni  ratione  non  habita  sed  latinam  consuetudinem 
ubique  secidus,  unde  factum  est  ut  praemitteretur  accusativus ,  a  no- 
mine suo  disiungeretur  genetivus,  sententiae  verbis  finirentur,  inverte- 
rentur  vocabula.  Quod  vix  fieri  potuit,  nisi  Plautus  interprete  usus 
est,  qui  Punicam  linguam  in  quotidianum  et  forensem  usum  didi- 
cerat,  at  vocibus  iuste  struendis  impar  erat.  Mit  rücksicht  auf  das 
unbestreitbare  Sprachtalent  des  dichters,  auf  seine  thatkraft  und 
energie,  wie  wir  sie  aus  den  dürftigen  notizen  über  seine  lebens- 
schicksale  doch  klar  erkennen,  ferner  in  anbetracht  der  thatsache, 
daß  seine  poetische  Wirksamkeit  in  die  zeit  der  engsten  berüh- 
rung  Roms  mit  Karthago  fällt,  sind  wir  zu  der  annähme  berech- 


394  69.  Plautus.  Nr.  7. 

tigt,  daß  die  von  Gildemeister  charakterisirte  oberflächliche  kennt- 
niß  der  punischen  spräche  Plautus  selbst  sich  sehr  wohl  ange- 
eignet haben  mag  und  er  eines  halbkundigen  dolmetschers  somit 
nicht  bedurfte. 

Der  text  des  dichters  ist  mit  umsieht  und  großer  Zurück- 
haltung von  den  herausgebern  constituirt  worden,  conjekturen, 
auch  eigene,  sind  nur  in  den  notwendigsten  fällen  aufgenommen. 
Namentlich  ist  fast  allen  vermuthungen ,  welche  größere  oder 
kleinere  zusätze  späterer  Überarbeitung  betreffen,  kein  einfluß 
auf  die  fassung  des  textes  selbst  verstattet  worden,  sondern  die 
darauf  bezüglichen  bemerkungen  sind  in  den  kritischen  apparat 
verwiesen.  So  stehen  auch  die  fassungen  des  Schlusses  im  texte 
friedlich  nebeneinander ,  in  der  anmerkung  wird  ganz  objektiv 
über  die  verschiedenen  meinungen  bericht  erstattet,  und  auch 
der  ansieht  von  Götz  selbst  ist  in  der  art  der  erwähnung  kei- 
nerlei vorzug  eingeräumt.  Daß  gegen  die  echtheit  der  ersten 
fassung,  welche  von  der  mehrzahl  der  forscher  für  die  plauti- 
nische  gehalten  wird ,  gewichtige  metrische  bedenken  sprechen, 
ist  bereits  mehrfach  erwähnt  worden.  Auch  die  stellen,  welche 
Götz  in  den  Act.  soc.  phil.  Lips.  vol.  VI  als  dittographien  aus- 
scheidet, z.  b.  330 — 408,  sind  nur  in  dem  kritischen  apparat 
als  solche  bezeichnet.  Ebensowenig  ist  in  dem  texte  selbst  der 
von  Götz  in  Ind.  lect.  univ.  Ienens.  1883  motivirten  Versetzung  des 
vierten  aktes  vor  den  zweiten  folge  gegeben  worden.  Wir  sind  je- 
doch den  herausgebern  zu  großem  danke  verpflichtet,  daß  wir  durch 
ihre  vollständige  beherrschung  und  umsichtige  verwerthung  des 
gesammten  materials  nunmehr  für  ein  weiteres  stück  eine  durch- 
aus zuverlässige  grundlage  der  forschung  erhalten  haben.  Als 
schwacher  ausdruck  des  dankes  seien  zum  Schlüsse  einige  bemer- 
kungen über  ein  paar  stellen  angefügt. 

V.  230  f.  numguam  Lavando  et  fricando  seimus  facere  metam. 
facere  metam  ist  conjektur  Ritschl's  für  faceren  niam  B,  facere  en 
iam  cod.  Turneb.  Abgesehen  davon,  daß  der  metaphorische  ge- 
brauch von  meta ,  so  viel  wir  sehen ,  erst  in  der  Ciceronischen 
zeit  nachweisbar  ist,  halten  wir  die  redensart  facere  metam  über- 
haupt für  unlateinisch  statt  ponere  metam,  es  wird  wohl  nichts 
übrig  bleiben,  als  mit  Acidalius  facere  pausam  oder  mit  Lambin 
facere  finem  zu  schreiben.  Zu  den  worten  v.  330  ff.  primum  prima 
salva  sis:  Et  seeunda  tu  seeundo  salve  in  pretio:  tertia  Salve  extra 


Nr.  7.  69.  Plautus.  395 

pretium  bemerken  die  herausgeber :  recte  (Handius)  primam  An- 
terastylin,  quae  praeibat,  interpretatus  (est),  secundam  ancillam, 
tertiam  ipsam  Adelphasium ,  sie  halten  nämlich  den  ausdruck 
salve  extra  pretium  für  zweideutig,  er  kann  jedoch  in  dem 
Zusammenhang  gar  nicht  zweideutig  sein,  da  secundo  in  pretio 
hinter  primum  steht ;  es  ist  demnach  eine  gradatio  nach  unten 
hin  und  Agemastokles  kann  deshalb  mit  den  worten  nicht  ge- 
meint haben,  daß  die  angeredete  über  jedes  pretium  erhaben 
sei ,  sondern  daß  sie  kein  pretium  für  ihn  besitze :  er  m  u  ß  also 
mit  diesen  worten  die  magd  angeredet  haben,  welche  dann 
tum  pol  ego  et  oleum  et  operam  perdidi  entgegnet.  V.  496  haben 
die  handschriften,  auch  A,  malam  crucem  ibo  potius,  GL  schreiben 
mit  Göller  in  malam  crucem;  der  bloße  akkusativ  kann  den  her- 
ausgebern  nicht  anstößig  gewesen  sein  ,  da  sie  799  utinam  hinc 
abierit  malam  crucem,  wo  Göller  wieder  ändert,  unangetastet  ge- 
lassen haben,  sie  müssen  wohl  durch  das  (v.  495)  vorhergehende 
is  in  malam  crucem  zu  der  änderung  veranlaßt  worden  sein.  Je- 
doch ist  an  dem  Wechsel  des  ausdrucks  oder  der  construktion 
bei  Plautus  kein  anstoß  zu  nehmen ,  näher  darauf  einzugehen 
würde  hier  zu  weit  führen,  ich-  begnüge  mich,  auf  vers  581  hin- 
zuweisen, wo  tragoedi  neben  comici  steht,  vgl.  außerdem  Bacch. 
352  f.  ita  feci,  ut  auri  quantum  v  eilet  sumer  et ,  Quantum  autem 
lubeat  reddere,  ut  reddat  patri  und  Pseud.  647  tu  epistulam 
hanc  a  me  accipe  atque  Uli  dato;  v.  625  wird  die  bedenkliche 
messung  Hstlc  ist  thensaurus  vermieden,  wenn  man  isiic  est  then- 
saurus  liest,  wie  auch  680  illic  est  ad  istas  vorzuziehen  ist; 
v.  742  hätte  die  neigung,  die  handschriftlichen  lesarten  möglichst 
zu  wahren,  nicht  zu  der  billigung  von  foras  egredier  führen  dür- 
fen, was  aus  doppeltem  gründe  bedenklich  ist,  vgl.  Langen,  Bei- 
träge zur  kritik  des  Plautus,  p.  83 :  mit  Brix  zu  Men.  754  muß 
foras  egrediri  geschrieben  werden  ;  v.  747  setze  ich  hinter  creduam 
komma,  749  hinter  portendier  doppelpunkt  und  schreibe  750  ita 
statt  is ;  v.  828  ist  mit  den  worten  praepeditus  latere  forti  ferreo 
vielleicht  ein  eiserner  klotz  gemeint ,  welcher  den  sklaven  am 
fliehen  hindern  soll,  die  lateres  aurei  und  argentei  wenigstens  sind 
ja  bekannt;  v.  988  liegt  ein,  wie  uns  scheint,  mit  recht  von 
Luchs  für  zulässig  erklärter  hiatus  vor:  plurimi  ad  illum  modum, 
ähnlich  wie  etwa  hl  ad  illum  modum ,  da  hier  die  n  o  t  h  w  e  n- 
dige  Verkürzung  eines  solchen  vokales  eintritt,  welcher  unter 


396  70.  Plautus.  Nr.  7. 

andern  umständen  in  trochäischen ,  iambischen ,  kretischen ,  bac- 
cheischen  versen  nie  als  kürze  erscheint;  v.  1020  ut  hortum  fo- 
diat  atque  ut  frumentum  metat  ist  in  dem  Zusammenhang  unsinnig; 
vorhergeht  palas  vendundas  sibi  ait  et  mergas  datas,  ad  messim 
credo  nisi  quid  tu  aliud  sapis ;  wenn  die  instrumente  dem  k  a  u  f- 
mann  Hanno  zum  verkauf  übergeben  worden  sind,  so  hat 
er  sie  doch  nicht  bekommen,  um  sie  selbst  als  landmann  zu 
gebrauchen,  der  vers  1020  kann  deßhalb  auch  nicht  aus 
einer  Überarbeitung  des  Stückes  herrühren,  wie  Hasper  meint, 
sondern  ist  eine  einfältige  Interpolation  zu  pala  und  merga. 

70.  Augusti  Luchs,  commentationes  prosodiacae  Plau- 
tinae  I.     Erlangen  1883.     4.     23  p. 

In  dieser  bei  gelegenheit  des  prorektoratswechsels  an  der 
Universität  Erlangen  erschienenen  akademischen  abhandlung  be- 
handelt Luchs  in  gründlicher  und  methodischer  forschung  zu- 
nächst die  prosodie  der  pron.  demonstrativa  hie  illic  istic ;  daß  in 
illic  und  istic  die  letzte  silbe  immer  kurz  erscheint,  ist  selbstver- 
ständlich, daß  hie  bei  Plautus  ebenfalls  nur  als  kürze  gebraucht 
wird,  zeigt  Luchs  in  überzeugender  weise.  Die  neutra  dagegen 
hoc  illuc  istuc  haben  die  schlußsilbe  immer  lang,  wie  dies  richtig 
schon  früher  Spengel  und  Seyffert  behauptet  haben ,  Luchs  gibt 
dafür  den  endgültigen  beweis.  In  dem  zweiten  theile  spricht 
der  Verfasser  über  die  Verwendung  der  mit  pron.  pers.  poss. 
relat.  verbundenen  partikel  quidem  [mequidem,  tuquidem,  egoquidem, 
meaquidem,  meaequidem  etc.)  in  iambischen  und  trochäischen  ver- 
sen. Diese  formen  werden  als  ein  wort  angesehen  und  wie  kre- 
tische oder  daetylische  Wörter  behandelt,  der  ictus  steht  dem- 
nach auf  dem  i,  (der  kurzen  paenultima)  in  quidem  mit  denselben 
einschränkungen,  welche  wir  auch  bei  anderen  daetylischen  wort- 
formen beobachtet  finden.  Das  höchst  sorgfältig  begründete  re- 
sultat  ist  unanfechtbar ,  nur  bezüglich  einiger  einzelheiten  kann 
man  zweifelhaft  sein,  so  würde  ich  Capt.  III,  4,  15  statt  des 
vorgeschlagenen  istic  homo  lieber  iste  homo  lesen,  auch  Cure. 
IV,  3,  15  nee  mihi  quidem  libirtus  ullust.  fäcis  sapiintius  ist  der 
proceleusmaticus  fäcis  sapi  immerhin  bedenklich  und  Luchs  selbst 
gesteht,  daß  er  ihm  nicht  recht  gefalle ;  mir  will  auch  das  nee 
beim  beginn  des  gedankens  nicht  einleuchten  und  scheint  fol- 
gende fassung  in  rücksicht  auf  die  Verbindung  mit  dem  vorher- 


Nr.  7.  71.  Ovidius.  397 

gehenden  gedanken  nothwendig :  mihi  quidem  UbSrtm  nullus  fat. 
facis  sapientius:  „von  was  für  einem  einäugigen  freigelassenen, 
von  was  für  einem  Summanus  träumst  du  mir:  ich  habe  keinen 
freigelassenen". 

71.  P.  Ovidii  Nasonis  Ibis  ex  novis  codicibus  edidit 
scholia  vetera  commentarium  cum  prolegomenis  appendice  indice 
addidit  E.  Ellis  collegii  trinitatis  apud  Oxonienses  socius.  Ox- 
onii  e  typographeo  Clarendoniano  prostant  apud  T.  0.  Weigel. 
Lipsiae  MDCCCLXXXI     8.     LXIII,  204  p.     7  mk. 

Wie  es  von  Ellis  nicht  anders  zu  erwarten  ist,  zeigt  auch 
dies  buch  eine  seltene  belesenheit  und  gelehrsamkeit ,  zu  deren 
anwendung  der  gründliche  erklärer  des  Catull  nirgends  ein  dank- 
bareres feld  finden  konnte  als  in  der  deutung  der  historiae  caecae 
und  der  ambages ,  in  welche  Ovid  „oblitus  moris  iudiciique  sui" 
seine  nachahmung  des  dunkeln  Callimachus  eingehüllt  hat.  Zuvor 
aber  hat  er  sich  um  neue  handschriftliche  mittel  bemüht :  wäh- 
rend Merkels  epochemachende  kritische  gestaltung  des  textes 
vom  jähre  1837  im  wesentlichen  auf  der  Wiener  handschrift  885 
saec.  XII  oder  XIII  (nach  einer  collation  von  M.  Haupt)  be- 
ruhte, und  Eiese  sich  in  seiner  Tauchnitzer  ausgäbe  mit  einer 
ertraglosen  nachvergleichung  eines  bereits  Merkel  bekannten,  aber 
von  ihm  als  „interpolationis  haud  immunis"  bezeichneten  codex 
Francofurtensis  begnügt  hatte ,  ist  es  Ellis  gelungen  noch  vier 
handschriften  aufzuspüren ,  welche  zum  theil  den  Vindobonensis 
an  alter,  sämmtlich  nach  seiner  meinung  an  werth  übertreffen, 
einen  Galeanus  (jetzt  in  Cambridge) ,  geschrieben  um  das  jähr 
1180,  einen  Turonensis,  geschrieben  um  1200,  einen  Philippicus 
saec.  XIII  vel  XIV  und  einen  Parisinus  n.  7994  saec.  XIII. 
Von  allen  vier  hat  er  genaue  kollationen  angefertigt  und  nach 
ihnen  den  text  recensiert,  indem  er  dem  Galeanus  die  erste,  dem 
Turonensis  die  zweite  stelle  zuwies ,  außerdem  sich  aber  von 
Merkels  Vindobonensis  eine  neue  kollation  verschafft  und  eine 
anzahl  anderer  handschriften  (Vaticanus  n.  1602  saec.  XIV,  Mu- 
tinensis  saec.  XV,  Holkhamicus  saec.  XIII,  Parmensis  saec.  XV, 
Francofurtensis  u.  a.)  selbst  verglichen;  endlich  hat  er  die  Flo- 
rilegienlitteratur  gewissenhaft  durchmustert,  die  manchen  vers  in 
besserer  Überlieferung  gewahrt  haben  als  die  vollständigen  hand- 
schriften (z.  b.  v.   109   calidus  für  clarus) ,    namentlich  aber  thut 


398  71.  Ovidius.  Nr.   7. 

er  sich  auf  die  entdeckung  eines  Repertorium  vocdbulorum  exqui- 
sitorum  des  Conradus  de  Mure  aus  dem  jähre  1273  viel  zu  gute, 
eines  mythologischen  lexikons  mit  Verzeichnung  der  stellen  ,  an 
welchen  die  mythen  erzählt  sind,  besonders  aus  unserem  gedichte. 
Die  von  Ellis  erregte  erwartung  jedoch,  daß  dasselbe  für  den 
text  viel  abwerfe ,  wird  getäuscht ;  denn  vergleicht  man  an  den 
14  stellen,  welche  Ellis  p.  Lill  zum  beweise  dafür,  daß  Conrad 
sehr  gute  handschriften  benutzt  habe,  aufzählt,  mit  dem  Merkei- 
schen texte  vom  jähre  1867,  so  findet  man  nur  in  drei  versen 
differenzen:  v.  281  hat  Ellis  aus  jenem  repertorium  die  form 
redemi  für  redimi  aufgenommen ,  v.  5 1 5  die  lesart  stuto  vor  der 
handschriftlichen  trunco  bevorzugt,  um  daraus  durch  eine  sehr 
fragliche  konjektur  sunto  zu  machen  ,  und  v.  463  im  gegensatz 
zu  Konrads  lesart  eignem  nach  der  editio  prineeps;  Lymesius  ge- 
schrieben, während  Merkel  grade  Cygneius  liest,  wie  dies  auch  die 
handschriften  [ligneius  GHM,  lignetus  V,  lignesius  PT)  in  leichter 
Verderbnis  bieten.  Also  bleibt  von  den  lesarten  jener  autorität 
nur  eine  änderung  der  Orthographie  und  jenes  zweifelhafte  stuto 
übrig.  Auch  sonst  hat  die  heranziehung  des  so  reichen  und  ge- 
rühmten handschriftlichen  materials  dem  texte  scheinbar  nur  ge- 
ringen nutzen  gebracht:  man  muß  bis  v.  96  lesen,  ehe  man  eine 
abweichung  von  dem  Teubnerschen  texte  bemerkt  {seit  se  nach 
HPTX  für  Merkels  durch  G  und  F  bezeugtes  se  seit);  zahl- 
reicher und  wichtiger  sind  die  änderungen  in  dem  übrigen  ge- 
dichte :  immerhin  aber  wird  gesagt  werden  dürfen,  daß  das  ver- 
dienst von  Ellis  weniger  in  der  gestaltung  des  textes  als  in  der 
sicheren  fundamentierung  des  von  Merkel  gegebenen  besteht x). 
Vielleicht  wird  ein  nachfolger  noch  manche  lesart  der  neuen 
handschriften  in  den  text  setzen ,  da  Ellis  in  der  verwerthung 
derselben  wie  auch  in  der  aufnähme  eigener  konjekturen,  welche 
meist  nur  in  dem  kritischen  apparat  ihren  platz  erhalten  haben 
(zu  v.  225.  352.  398.  591.  607.  615.  621),  äußerst  vorsichtig 
gewesen  ist.  Z.  b.  erfahren  wir  von  ihm,  daß  das  distichon : 
Quam  dolor  hie  umquam  spatio  evanescere  possit, 
leniat  aut  odium  tempus  et  hora  meum, 
welches  die  früheren  ausgaben  hinter  v.  40  und  132  einschoben, 

1)  Das  von  Riese  v.  31  vermuthete  et  findet  nun  im  P  eine  ge- 
wisse bestätigung.  Die  priorität  seines  vanescere  in  v.  41  gebührt 
übrigens  Heinsius. 


Nr.  7.  71.  Ovidius.  399 

Merkel  und  nach  ihm  Riese  an  der  zweiten  stelle  tilgten,  an  der 
ersten  in  G  (also  nach  Ellis  der  besten  autorität)  P  und  Vat. 
fehlt  (während  es  in  F  vor  v.  39  eingeschoben  ist).  Ellis  be- 
merkt auch  richtig ,  daß  es  hier  leicht  entbehrt  werden  könne, 
kaum  aber  hinter  v.  132:  warum  hat  er  da  nicht  dort  es  gestri- 
chen, anstatt  es  an  beiden  orten  wieder  im  texte  zu  belassen? 
Ueberhaupt  wird  die  interpolation  auf  dem  verführerischen  boden 
unseres  gedichtes  mehr  ihr  spiel  getrieben  haben ,  als  dies  bis 
jetzt  gewöhnlich  geglaubt  wird ;  ich  will  nur  auf  einen  fall  hin- 
weisen:  Ovid  nennt  im  ersten  theil  v.  175 — 182  in  je  einem 
distichon  die  quälen  des  Sisyphus ,  der  Danaiden,  des  Tantalus 
und  des  Tityus,  um  v.  191 — 194  dieselben  seinem  gegner  im  in- 
ferno  anzuwünschen,  v.  191  f.  die  des  Sisyphus,  v.  193  die  des 
Tantalus,  194  die  des  Tityus.  Warum  fehlen  hier  die  Danaiden? 
man  könnte  an  eine  lücke  in  der  zweiten  reihe  denken,  noch 
probabler  jedoch  erscheint  es  mir  in  der  ersten  eine  interpola- 
tion zu  vermuthen ;  weniger  weil  den  gleichen  versausgang  Be- 
lides  undas  Ovid  auch  in  den  Metamorphosen  IV,  463  ange- 
wandt hat,  als  weil  die  mehrzahl  der  bestraften  hier  nicht  recht 
passen  will,  und  die  Danaiden  v.  355  f.  wiederkehren;  denn  eine 
Wiederholung  eines  mythus  kommt  sonst  nur  innerhalb  des 
zweiten  theils  (von  v.   251   an)  vor;  s.  Ellis  p.  XL VII. 

Nirgends  aber  hat  kritik  und  exegese  so  hand  in  hand  zu 
gehn  wie  beim  Ibis ,  und  so  hat  sich  Ellis  seine  aufgäbe  gewiß 
richtig  gestellt,  wenn  er  mit  der  kritischen  recension  einen  exe- 
getischen kommentar  (p.  105 — 170)  verbunden  hat.  Kritik  und 
exegese  stützen  und  ergänzen  sich  gegenseitig.  Einige  ausfüh- 
rungen  hat  er  in  den  excursus  p.  171  —  188  hinzugefügt,  die 
erklärung  selbst  strebt  nach  kürze  und  knappheit  und  setzt  nun 
auch  einen  philologen ,  der  nicht  wochen  auf  das  Studium  des 
eines  Ovid  nicht  würdigen  gedichts  zu  verwenden  hat ,  in  den 
stand ,  dasselbe  in  kurzer  zeit  wenn  auch  nicht  mit  genuß ,  so 
doch  mit  Verständnis  durchzulesen ;  was  bis  jetzt  nicht  möglich 
war.  Ich  will  nicht  daran  mäkeln,  daß  einige  anmerkungen  das- 
selbe etwas  zu  sehr  erleichtern :  im  allgemeinen  wird  jeder  leser 
ihm  für  die  geschickte  Zusammenstellung  des  materials  ebenso 
dankbar  sein  wie  die  gelehrsamkeit  anstaunen ,  mit  welcher  der 
herausgeber  auch  entlegene  gebiete  der  litteratur  beherrscht  und 
für  seinen  zweck  auszunutzen  weiß. 


400  71.  Ovidius.  Nr.  7. 

Einen  weiteren  vorzug  besitzt  die  ausgäbe  durch  eine  Ver- 
vollständigung der  scholien.  Ellis  hat  nicht  allein  die  beiden 
ausgaben  von  Merkel  und  Salvagny  (1661,  welche  man  immer 
noch  nicht  entbehren  konnte ,  s.  E.  Ehwald ,  De  scholiasta ,  qui 
est  ad  Ovidii  Ibin,  commentatio,  Gothaer  progr.  1876,  p.  3)  er- 
setzt, sondern  auch  aus  den  von  ihm  zum  ersten  mal  herangezo- 
genen handschriften  des  gedichts  reiche  neue  ausbeute  für  die 
scholien  gewonnen  und  die  vielfach  abweichenden  fassungen  der- 
selben übersichtlich  neben  einander  gestellt  (p.  43 — 104).  Ein 
kapitel  der  Prolegomena  p.  LVI — LXVIII  behandelt  ihren  litte- 
rargeschichtlichen  werth ,  im  wesentlichen  anschluß  an  Ehwalds 
Untersuchung.  Daß  ihr  kern  einen  falscher  von  dem  schlage 
des  Fulgentius  de  abstrusis  sermonibus  zum  Verfasser  hat,  war  bald 
erkannt  worden;  so  unverschämt  hatte  derselbe  sein  wesen  ge- 
trieben, verse  klassischer  dichter  mit  ganz  unglaublichen  proso- 
den  aufgetischt  und  mythen  mit  der  größten  willkür  ersonnen. 
Freilich  mag  unter  diesen  wüst  von  lug  und  trug  auch  manches 
echte  körnchen  gekommen  sein ,  und  Ellis  ist  geneigt  dies  und 
jenes  citat  anzuerkennen,  z.  b.  ein  lateinisches  distichon  aus  des 
Kallimachus  Ibis  zu  v.  315,  welches  die  einzige  ausdrückliche  an- 
führung  daraus  sein  würde.  Mit  recht  erklärt  sich  indes  0- 
Schneider  (Callimachea  vol.  II,  p.  280  seq.)  gegen  seine  echtheit, 
und  so  wird  man  auch  hier  an  dem  in  der  epigraphik  allgemein 
anerkannten  satze  festhalten  müssen,  daß  den  angaben  eines  Ver- 
fassers, welchem  überhaupt  fälschung  nachgewiesen  ist,  nur  dann 
zu  glauben  ist,  wenn  dieselben  auch  anderweit  bezeugt  sind,  sonst 
aber  nicht.  Das  citat  aus  Kallimachus  zu  v.  331  wird  also 
durch  den  scholiasten  zur  Ilias  XXII,  397  gestützt,  die  anderen 
aber  (zu  v.  352.  379.  451  und  501,  s.  Schneider  a.  a.  o.  p. 
281  seq.)  werden  kaum  ihre  stelle  unter  seinen  fragmenten  be- 
haupten können,  zumal  auch  ihr  inhalt  zum  theil  höchst  bedenk- 
lich ist.  Auf  diesem  gebiet  ist  der  detailarbeit  noch  viel  räum 
gelassen,  in  der  emendation  des  einzelnen,  besonders  der  namen, 
welche  oft  in  einer  solchen  weise  entstellt  sind  ,  daß  man  dies 
nicht  allein  auf  rechnung  der  abschreiber  setzen  kann ,  und  in 
der  prüfung  der  hier  berichteten  mythen,  welche  namentlich  nach 
abschluß  des  ßoscherschen  lexikons  erfolgreich  wird  vorgenommen 
werden  können.  Die  zeit  der  fälschung  verlegt  Ellis  in  die 
jähre  376 — 541,  ohne  jedoch  diese  Untersuchung  mit  der  höchst 


Nr.  7.  71.  Ovidius.  401 

wichtigen  allgemeineren  über  den  Ursprung  solcher  schwindelli- 
teratur  (s.  iu  erster  linie  Dungers  vorzügliches  programm  Dictys- 
Septimius  und  Geizer,  Julius  Afrikanus  I,  p.  229 — 238  ff. )  in 
Zusammenhang  zu  setzen. 

Die  sich  bei  dem  gedichte  aufdrängenden  litterargeschicht- 
lichen  fragen,  denen  sich  Ellis  natürlich  nicht  entzogen  hat,  sind 
besonders  zwei,  nach  der  person  des  gegners,  auf  den  Ovid  diese 
flut  von  Verwünschungen  ergossen  hat,  und  nach  dem  Verhältnis 
zu  dem  original  des  Kallimachus.  Leider  sind  nur  die  unter- 
lagen zu  ihrer  beantwortung  sehr  dürftig.  Ovid  hat  sich  hin- 
sichtlich seines  früheren,  aus  Afrika  gebürtigen  freundes,  der 
durch  scharfe  reden  über  den  verbannten  seinen  zorn  geweckt, 
in  so  allgemeinen  redensarten  bewegt  (s  Ellis  p.  XX),  daß  alle 
vermuthungen,  selbst  wenn  stellen  aus  den  Tristien  und  den  Poe- 
tischen briefen  zu  hülfe  genommen  werden,  selbst  nicht  eine  ge- 
wisse Wahrscheinlichkeit  beanspruchen  können.  Ellis  hat  sich 
auch  hiermit  viel  mühe  gegeben ;  nach  abweisung  von  Hygin 
und  Cassius  Severus  räth  er  auf  den  aus  Seneca  bekannten 
Rabies  genannten  reduer  T.  Labienus  oder  auf  den  astrologen 
Thrasyllus ,  scheint  aber  selbst  diesen  hypothesen  nicht  viel 
werth  beizulegen  ,  und  sie  schweben  in  der  that  völlig  in  der 
luft.  Was  den  zweiten  punkt  anbetrifft,  so  erklärt  sich  Ellis 
mit  recht  gegen  die  völlig  irrthümliche  behauptung  0.  Schnei- 
ders (Callim.  II,  p.  273  seqq.),  daß  des  Kallimachus  Ibis  nur  ein 
epigramm  „fortasse  solito  maius"  und  demnach  Ovids  dichtung 
durchaus  sein  eigenthum  gewesen  sei.  Noch  glücklicher  hatte 
dieselbe  jedoch  schon  sieben  jähre  vorher  A.  Riese  in  Fleckeisens 
Jahrbüchern  (CIX,  p.  377  —  381,  welcher  aufsatz  Ellis  entgangen 
ist)  zurückgewiesen  und  namentlich  gezeigt,  was  auch  Ellis  nicht 
hinlänglich  beachtet  hat,  daß  unter  exiguus  libellus ,  wie  Ovid 
sein  original  nennt,  er  nicht,  wie  Schneider  behauptete,  ein  klei- 
nes einzelnes  gedieht  gemeint  hat ,  sondern  daß  dies  wort  bei 
ihm  ein  gedieht  b  u  c  h  bedeutet;  s.  jetzt  Birt  Antikes  buchwesen 
p.  23  ff.  Unmöglich  ist  es  ja  nicht,  daß  die  reihen  von  strafen, 
welche  Ovid  über  seinen  gegner  herabbeschwört  und  welche 
Ellis  p.  XLIV — XLVIII  übersichtlich  gruppiert,  eigenen  Samm- 
lungen oder  noch  eher  Zusammenstellungen  gelehrter,  vielleicht 
mit  ihm  befreundeter  antiquare  (man  denkt  vor  allen  an  Hygin) 
entstammen,  aber  mit  gleichem  recht  kann  man  ihren  grundstock 


402  72.  Archaeologie.  Nr.  7. 

(also  abgesehn  von  den  römischen  mythen)  auf  Kallimachus  zurück- 
führen.    Ganz  richtig  spricht  sich  Ellis  hierüber  schwankend  aus. 

Damit  ist  über  den  hauptinhalt  der  neun  kapitel  der  Pro- 
legomena  kurz  berichtet;  der  Vollständigkeit  halber  erwähne  ich 
noch,  daß  das  siebente  kapitel  die  sehr  seltenen  bezüge  auf  das  i 
gedieht  bei  späteren  verzeichnet,  zu  denen  ich  nichts  hinzuzu- 
fügen wüßte,  c.  VI  „De  tralatis  ex  Aegypto"  nachweisen  soll,  daß 
Ovid  entweder  einen  Aegyptier  angegriffen  oder  wenigstens  viele  \ 
ägyptische  brauche  berührt  habe,  nicht  mit  glück,  wie  dies  auch 
Zingerle  in  der  Philologischen  rundschau  1882,  sp.  1101  be- 
merkt hat ,  endlich  cap.  III  „De  significatione  Ibidos"  unter  be- 
nutzung  sogar  ägyptischer  litteratur  die  vermuthuug  begründen 
soll:  Callimachum  per  ibin  potissimum  significasse  Apollonium,  quod, 
ut  Apollonius ,  circa  Naucratin  versaretur ,  et  haberet  quae  in  Apol- 
lonii  gestibus  habituque  morderentur ,  et  eundem  tamquam  falsum 
quendam  Hermen  sive  Hermae  famulum  repraesentaret ;  indes  wird 
man  sich  bei  dem  mangel  an  Zeugnissen  über  des  Kallimachus 
werk  mit  der  aufstellung  begnügen  müssen,  daß  er  sich  nicht 
an  die  ägyptische  anschauung  über  den  dort  hoch  verehrten  ] 
vogel  gehalten  habe ;  unter  den  übrigen  fabeleien  der  alten  über 
ihn  findet  sich  nur  eine,  welche  mit  der  tendenz  des  dichters 
in  einige  beziehung  gesetzt  werden  könnte,  daß  nämlich  der  ba- 
silisk  aus  einem  ibiseie  hervorkomme,  welches  von  dem  gifte 
aller  vom  ibis  verzehrten  schlangen  entstehe  (Brehm  thierleben2 
VI,  p.   331). 

Gedruckt  ist  das  buch  sehr  sorgfältig;  ich  bemerke  von 
fehlem  im  texte  nur  commitam  in  v.  45  ,  von  anderen  versehen 
z.  b.  die  Schreibungen  Behrens ,  Reyfferscheid ,  Mettus  Sufetius 
(p.  XL VII  und   117).  Hermann  Peter. 

72.  Die  entwicklung  des  naturgefühls  bei  den  Eömern. 
Von  Alfred  Biese.  Kiel,  Lipsius  und  Tischer  1884.  8.  VI, 
210  p.  —     4  mk. 

Diese  schrift  bildet  den  zweiten  theil  des  Werkes  „Die  ent- 
wicklung des  naturgefühls  bei  den  Griechen  und  Eömern",  deren 
ersten  die  Griechen  behandelnden  theil  ich  vor  einiger  zeit 
(bd.  XIII,  1,  [1883],  p.  53  f.)  in  dieser  Zeitschrift  besprochen 
habe.  Ich  schloß  meinen  damaligen  bericht  mit  den  Worten, 
daß    ich    der    fortsetzung    und    den  fortsetzungen  mit  vergnügen 


Nr.  7.  72.  Archaeologie.  403 

entgegensehen  werde;  und  ich  bin  dem  verf.  dankbar,  daß  er 
mir  dieses  vergnügen  so  bald  verschafft  hat.  Das  naturgefühl 
der  Eömer  ist  hier  ebenso  eingehend  und  ebenso  einsichtig  be- 
handelt, wie  dort  das  naturgefühl  der  Griechen.  In  reicher, 
aber  edler  spräche ,  wie  sie  dem  gegenstände  angemessen  ist, 
entrollt  der  Verfasser  uns  ein  flüchtiges  bild  der  römischen  Lite- 
ratur, das  an  Wahrheit  und  anschaulichkeit  nicht  dadurch  ver- 
liert, daß  es,  durchaus  einseitig,  nur  vom  Standpunkte  des  be- 
obachters  der  naturempfindung  aus  aufgenommen  ist;  und  das 
naturgefühl,  wie  es  in  den  römischen  dichtem  und  prosai- 
kern  zu  tage  tritt ,  ist  noch  nirgends  so  erschöpfend  untersucht 
worden,  wie  in  dieser  schrift.  Ich  selbst  hatte  es ,  worauf  auch 
Biese  sich  beruft,  in  meiner  arbeit  über  den  landschaftlichen  na- 
tursinn der  Griechen  und  Römer,  nur  weit  summarischer,  behan- 
delt, als  dasjenige  der  Griechen.  Biese  kommt  zu  dem  resultate, 
daß  die  römische  dichtung,  besonders  die  elegie ,  nicht  nur  eine 
lücke  der  griechischen  literatur  ausfülle,  so  daß  uns  durch  sie 
erst  das  völlig  empfindsame  des  naturgefühls  der  hellenistischen 
zeit  recht  deutlich  werde  ,  sondern  daß  sie  auch  auf  dieser  von 
den  Alexandrinern  gewiesenen  bahn  manchen  bedeutsamen  schritt 
nach  dem  modernen  hin  fortschreitend  gethan  habe ;  und  in  der 
anmerkung  fügt  er  in  bezug  auf  meine  bemerkung:  „daß  die 
Römer  .  .  .  weiter  gegangen  seien  als  die  Alexandriner,  konnten 
wir  nicht  behaupten"  die  äußerung  hinzu :  „es  sollte  mich  freuen, 
wenn   Woermann  nunmehr  seine  ansieht  modificierte". 

Ich  glaube,  daß  wir  uns  leicht  darüber  einigen  werden. 
Ich  hatte  in  meiner  Untersuchung  immer  das  ziel  der  landschafts- 
malerei  im  äuge  und  wollte  sagen,  daß  ich  in  der  römischen  li- 
teratur keine  elemente  gefunden  hätte,  die  auf  eine  größere  be- 
gabung  der  Römer  als  der  hellenistischen  Griechen  für  diesen 
kunstzweig  hätte  schließen  lassen ;  und  in  der  that  glaube  ich 
in  meinem  größeren  werke  über  die  landschaft  in  der  kunst  der 
alten  Völker  dargethan  zu  haben ,  daß  der  interessanteste  theil 
der  erhaltenen  antiken  landschaftsmalerei  hellenistischen ,  nicht 
römischen  Ursprungs  sei :  insbesondere  ist  dies  meine  ansieht  in 
bezug  auf  die  Odysseelandschaften  vom  Esquilin.  Ich  kann  mich 
daher  auch  nicht  damit  einverstanden  erklären,  daß  Biese  (p.  123) 
gerade  sie  als  Illustrationen  des  speeifisch  römischen  natur- 
gefühls herbeizieht.      Daß   die  freude  am  landleben,   ursprünglich 


404  73.  Miscellanea.  Nr.  8. 

ökonomischer  natur,  später  natürlich  immer  bewußter  ästhetisch 
und  empfindsam  werdend ,  sich  in  der  späteren  römischen  lite- 
ratur  weit  anschaulicher  wiederspiegelt,  als  in  der  griechischen, 
habe  ich  sicher  nicht  geläugnet ;  die  aus  dem  römischen  villen- 
dasein  entspringende  specifisch  römische  landschaftsmalerei ,  die 
sich  vor  allen  dingen  in  den  garten-  und  Villendarstellungen  des 
Ladias  (oder  wie  die  richtige  lesart  dieses  namens  sonst  lauten 
möge)  ausspricht,  bezeichnet  als  solche  aber  keineswegs  einen 
fortschritt  in  der  landschaftsmalerei  überhaupt;  und  wer  weiß, 
wenn  uns  von  den  griechischen  elegikern,  deren  nachahmer  die 
römischen  waren ,  nur  halb ,  ja  nur  ein  viertel  so  viel  erhalten 
wäre,  wie  von  den  letzteren,  ob  Biese  dann  noch  in  diesen  ge- 
rade in  bezug  auf  den  landschaftlichen  natursinn  einen  fortschritt 
zu  modernerer  auffassung  über  jene  hinaus  erkennen  würde ! 

Daß  aber  im  laufe  der  Jahrhunderte  bis  zu  Ausonius'  Mosella 
das  empfindungsieben  des  einzelnen  sich  überhaupt  immer  sub- 
jektiver und  moderner  gestaltete ,  auch  in  bezug  auf  des  men- 
schen Stellung  zur  natur  im  allgemeinen ,  gebe  ich  Biese  gern 
zu,  ohne  jedoch  einen  eigentlich  römischen  zug  in  dieser  ent- 
wicklung  zu  sehen. 

In  der  auswahl  der  charakteristischsten  stellen  aus  den  rö- 
mischen dichtem  und  prosaikern  hat  Biese  wieder  eine  glück- 
liche hand  bewiesen.  Unsere  kenntniß  der  ganzen  in  rede  ste- 
henden seite  des  römischen  culturlebens  ist  durch  seine  schrift 
entschieden  gefördert  worden ;  und  somit  bleibt  mir  nichts  an- 
ders übrig,  als  dem  Verfasser  eine  glückliche  fortsetzung  seiner 
Studien  in  bezug  auf's  mittelalter  und  die  neuzeit  zu  wünschen ! 

Karl    Woermann. 

73.  Lodovicus  Traube,  Varia  libamenta  critica.  Monacii, 
typgr.  acad.  F.  Straub  MDCCCLXXXIII      39  p.     8.  Diss.  Monac. 

In  diesem  fein  ausgestatteten,  aber  von  manchen  druckfeh- 
lern  entstellten  schriftchen,  das  die  widmung  „Nadinae  Heibig  s." 
trägt,  werden  unter  den  Überschriften  in  poetas ,  in  historicos,  in 
rhetores,  in  philosophos,  in  grammaticos  siebenzehn  stellen  zu  Ca- 
tullus,  Rutilius  Namatianus,  Curtius,  Florus,  Ammianus,  den  beiden 
Seneca,  Tacitus,  "Asconius  und  Aquila  Romanus  kritisch  und  einige 
andere  exegetisch  behandelt,  natürlich  mit  ungleichem  erfolge. 
Tacitus  ,  der  unter  die  philosophen  eingereiht  ist ,  weil  von  ihm 


Nr.  7.  Bibliographie.  405 

nur  stellen  aus  dem  dialog  zur  besprechung  kommen,  wird  viel- 
leicht am  geschicktesten  emendiert.  Die  vorschlage  Traubes  mö- 
gen als  proben  mitgetheilt  werden:  cap.  28  non  reconditas,  Ma- 
terne,  causas  requiris  nee  .  .  .  ignotas,  set  <aper>  iam  si  mihi 
partes  adsignatis;  cap.  10  ceteris  \ali arum]  artium  studiis.  Daß 
die  letztere  vermuthung  von  Steuding  im  realschulprogramm  von 
Würzen  1878,  p.  9  vorweggenommen  war,  hat  Traube  nachträg- 
lich noch  ersehen.  Dagegen  ist  ihm  entgangen ,  daß  sein  Vor- 
schlag zu  Curtius  IX,  2,  29  hoc  unum  p  etiturus  sum  schon  in 
der  Mnemosyne  neue  serie  IV,  71  gedruckt  steht,  ebenso  seine 
Verbesserung  zu  den  Suasorien  des  Seneca  1,  14  non  excusavit 
militem,  sed  di<centem  fin>xit  (oder  induxit)  bereits  in  den 
Jahrbüchern  für  philologie  CXXV,  280.  Der  letzte  theil  von 
Traubes  schrift  sucht  die  quelle  von  Macrobius  Sat.  I,  17 — 23 
zu  ermitteln.  Mit  G.  Wissowa,  dessen  abhandlung  De  Macrobii 
Saturnaliorum  fontibus  (Breslau  1880)  eifrig  bekämpft  wird, 
stimmt  Traube  in  der  annähme  indirecter  benutzung  des  Iam- 
blichos  überein ,  denkt  aber  nicht  an  dessen  schrift  tzsq)  &ewi>r 
sondern  an  die  7i£o)  ayaXjxdtco\ <■ ;  auch  nimmt  er  einen  anderen 
vermittelnden  autor  an  als  Wissowa  und  führt  auf  Porphyrios 
als  quelle  des  Iamblichos  hin.  Wie  die  übrigen  libamenta  so  ist 
auch  diese  letzte  materie  adhibita  ingenii  cura  et  facultate  verar- 
beitet, aber  der  sapor  ist  hier  recht  bitter  geworden.  Insectatio 
ipsa  moderata  sit!  Das  ist  ein  beachtenswertes  monitum  des 
Seneca,  —  dessen  weitere  worte  wir  Traube  auch  zur  emenda- 
tion  empfehlen ;  denn  wir  erwarten  von  ihm  nach  diesen  primi- 
tiae  noch  manche  libamenta  ingenuae  artis  criticae, 

Bibliographie. 

Die  bibliothek  des  kürzlich  verstorbenen  professor  K.  Bur- 
sian  ist  von  der  buchhandlung  Kirchhoff  u.  Wigand  angekauft: 
ein  katalog  derselben  in  drei  abtheilungen  ist  erschienen. 

Am  30.  märz  verstarb  in  London  der  bekannte  verlags- 
buchhändler  Nicolaus  Trübner,  über  dessen  leben  Allg.  ztg.  beil. 
nr.   103  berichtet. 

Von  dr.  E.  Steffenhagen  und  dr.  A.  Wetzel  sind  erschienen: 
,,die  klosterbibliothek  zu  Bordesholm  und  die  Gottorfer  bibliothek. 
Drei  bibliographische  Untersuchungen",  Kiel,  welche  durch  die  Über- 
siedlung der  Kieler  universitäts-bibliothek  am  25.  april  d.  j.  in  das 
neue  bibliotheksgebäude  veranlaßt  sind.  Die  genannten  bibliothe- 
ken  bilden  die  grundlage  der  jetzigen  Kieler  bibliothek,  sind  aber 

Philol.  Anz.  XIV.  ^ 


406  Bibliographie.  Nr.  7. 

nicht  mehr  vollständig  in  ihr  enthalten :  wie  dies  zugegangen, 
wird  in  der  genannten  schrift  ausgeführt-,  weiteres  s.  im  RAnz. 
nr.   116.   119. 

Das  baierische  cultusministerium  hat  in  einem  erlaß  den 
gymnasien  anempfohlen,  das  werk  Bursians:  Geschichte  der  clas- 
sischen  philologie  in  Deutschland ,  für  ihre  bibliotheken  anzu- 
schaffen. Es  würde  den  lehranstalten  gewiß  angenehm  gewesen 
sein ,  wenn  das  ministerium  gleich  exemplare  des  buches  ihnen 
zugeschickt  hätte.     Vrgl.  Allg.  ztg.   beil.   2  zu  nr.  83. 

Ueber  das  vom  jüngst  verstorbenen  buchdrucker  und  buch- 
händler  Carl  Christian  Philipp  Tauchnitz  der  Stadt  Leipzig  ge- 
machte vermächtniß  berichtet  Allg.  ztg.   beil.  zu  nr.   124. 

Die  mittheilungen  der  Verlagsbuchhandlung  B.  G.  Teubner  in 
Leipzig,  1884,  nr.  2  kündigen  folgende  werke  an:  Sextus  Iu- 
lius  Africanus  und  die  byzantinische  Chronologie,  von  H.  Geher, 
bd.  II,  abth.  1:  die  nachfolger  des  Iulius  Africanus;  —  H. 
Blümner,  technologie  und  terminologie  der  gewerbe  und  künste 
bei  Griechen  und  Römern,  bd.  III;  —  Joh.  Neumann,  Strabons 
und  Artemidors  erdkunde  von  Africa ;  —  Sophoclis  tragoediae  ex 
recens.  G.  Dindorfii.    Ed.  sexta,  correctior,  quam  curavit  S.  Mekler; 

—  Fr.  Fröhlich,  die  bedeutung  des  zweiten  punischen  krieges 
für  die  entwicklung  des  römischen  heerwesens;  —  M.  Tullii  Ci- 
ceronis  Epistolae  ad  M.  Brutum.  Mit  kritischem  apparat  und 
erklärenden  anmerkungen  herausgegeben  von  L.  Gurlitt  und  O. 
E.  Schmidt. 

Im  verlag  von  Ernst  Huhn  in  Kassel  wird  nächstens  er- 
scheinen: Die  brüder  Grimm.  Von  dr.  Albert  Duncker.  Preis 
broschirt  3  mark,  elegant  gebunden  4  mark.  Mit  einem  holz- 
schnitt  „das  Grimm-haus  zu  Kassel". 

Im  verlag  von  C.  Gerold's  söhn  in  Wien  wird  erscheinen : 
Tensaurus  Italograecus.  Ausführliches  historisch-kritisches  Wör- 
terbuch der  griechischen  lehn-  und  fremdwörter  im  lateinischen 
von  dr.   G.  A.  E.  A.  Saalfeld. 

Verzeichniß  empfehlenswerther  kartenwerke  für  lehranstalten 
aus  dem  verlag  von  Dietrich  Reimer  (Reimer  und  Höfer)  in  Berlin. 

Besprochen  wird  im  RAnz.  nr.  87  der  catalog  des  bücher- 
lagers  von  L.  Eosenthai  in  München;  —  ferner  nr.  95.  112 
M.    Koch     und    Reimer   in    Königsberg     in    Pr.    catalog    nr.    45 ; 

—  in  nr.  108  K.  F.  Köhlers  Antiquarium  in  Leipzig  nr. 
400,  besonders  römische  geschichte ;  —  in  nr.  130  Star- 
gardt  in  Berlin  bücherverzeichniß  nr.  146;  —  nr.  131  Ferd. 
Raabe  nachfolger  E.  Heinrich  in  Königsberg  in  Pr.  verzeichniß 
nr.  66.  67,  auch  die  nachgelassene  bibliothek  des  prof.  Wiske- 
mann  in  Hersfeld  enthaltend;  nr.  66  verzeichnet  griechische  und 
lateinische  Schriftsteller  nebst  erläuterungsschriften,  nr.  67  Neu- 
griechen und  Neulateiner,  Sprachwissenschaft,  mythologie,  alter- 
thümer  u.  s.  w. 


Nr.   7.  Bibliographie.  407 

Cataloge  von  antiquaren:  Maier  und  Müller,  antiquariat  in. 
Berlin,  catalog  nr.  7G  ;  —  Georgio  Grieb  e  C.  zu  Mailand,  catalog 
nr.  6  :  Filologia  classica ;  Antiquarischer  katalog  nr.  78  von  Ru- 
dolph Merkel  in  Erlangen,  sehr  zu  beachten. 

Verzeichniß  der  wichtigeren  Publikationen  auf  dem  gebiete  der  alter- 

thumswissenschaft.     1884.     V. 

Deutschland.     Oesterreich.     Schweiz. 

456.  Benussi,  B. ,  l'Istria  sino  ad  Augusto.  Studi.  Trieste  1883. 
8.     XIV,  353  p.     8  mk. 

457.  Bilderatlas,  culturhistorischer.  I.  Alterthum  bearb.  von  Th. 
Schreiber.  100  tafeln  und  erklär,  text  Leipzig,  Seemann  1884.  fol. 
ä  lief.  1  mk. 

458.  Caesaris ,  C.  Iulii,  commentarii  de  bello  Gallico.  Für  den 
schulgebr.  erkl.  von  Rud.  Menge.  2.  bdch.  Buch  IV — VI.  (Ausgabe 
A.  B.)     Gotha,  Perthes  1884.     8.     VI,  p.  121—239.     ä  1  mk.  30  pf. 

459.  Ciceronis ,  M.  Tullii ,  Tusculanarum  disputationum  ad  M. 
Brutum  libri  V  erklärt  von  G.  Tischer.  1.  bd.  Buch  I.  II.  8.  aufl. 
Besorgt  von  G.  Sorof.     Berlin,  Weidmann  1884.     8.     1  mk.  50  pf. 

460.  Cornelii  Nepofis  vitae.  Scholarum  in  usum  emendav.  Andr. 
Weidner.     Leipzig,  Freitag  1884.     8.     IV,  104  p.     60  pf. 

461.  Demosthenes  ausgew.  reden.  Erkl.  von  J.  Sörgel.  2  bdch. 
(Ausgabe  A  u.  B.)     Gotha,  Perthes  1884.     8.     1  mk.  80  pf. 

462.  Deppe,  A.,  die  Teutoburg.  Heidelberg,  Weiß  1884.  8.  VIII, 
72  p.     2  mk. 

463.  Flach,  Hans,  Württemberg  und  die  philologie.  2.  veränd. 
aufl.     Stuttgart,  Metzler  1884.     8.     60  pf. 

464.  Frigell,  Andr.,  prolegomena  in  T.  Livii  librum  XXII.  Gotha, 
Perthes  1883.     8.     64  p.     1  mk.  20  pf. 

465.  Launitz,  Ed.  von  der,  Wandtafeln  zur  veranschaulichung  an- 
tiken lebens  und  antiker  kunst.  Fortgesetzt  von  A.  Trendelenburg. 
Taf.  XXIII:  Olympia  nach  den  resultaten  der  deutschen  forschung  dar- 
gestellt von  Rieh.  Bohn.  Mit  text  in  gr.  8.  Kassel ,  Fischer,  fol. 
12  p.  16  ink.  —  XXV.  Homer.  XXVI.  Thucydides.  XXVII.  Cicero. 
Mit  text  in  gr.  8.     Ebda  1884.     Imp.-fol.     6  mk. 

466.  Lexicon,  ausführl.,  der  griech.  u.  röm.  mythologie.  Im  ver- 
ein mit  .  .  .  unter  mitredaction  von  Th.  Schreiber  hrsg.  von  W.  H. 
Röscher.  Mit  zahlreichen  abbildungen.  Leipzig,  Teubner  1884.  8. 
In  17-20  lieff.  ä  2  mk. 

467.  Zivi,  T. ,  ab  urbe  condita  liber  XXIII.  Für  den  schulgebr. 
erkl.  v.  Gottl.  EngelhaaJ.  Ausgabe  A  u.  B.  Gotha,  Perthes  1884.  8. 
92  p.     1  mk.  20  pf. 

468.  Müller,  Lucian,  Luciliana.  Ueber  einige  beitrage  zur  litte- 
ratur  des  Lucilius.     Berlin,  Calvary  1884.     8.     24  p. 

469.  Natorp  Paul,  forschungen  zur  geschichte  des  erkenntniß- 
problems  im  alterthum.  Protagoras  Demokrit  Epikur  und  die  skepsis. 
Berlin,  Hertz  1884.     8.     VIII,  315  p.     7  mk. 

470.  Nitzsch ,  Friedr. ,  Luther  und  Aristoteles.  Festschrift  zum 
400jähr.  geburtstage  M.  Luthers.  Kiel,  Univ.  -  buchh.  1883.  4.  III, 
51  p.     1  mk.  20  pf. 

471.  Platoys  ausgewählte  dialoge.  Erklärt  von  C.  Schmelzer. 
7.  bd.:  der  staat.  1.  abth.  Berlin,  Weidmann  1884.  8.  203  p. 
2  mk.  10  pf. 

472.  Richter,  Rieh.,  nekrolog  auf  Conr.  Bursian  in  München. 
Berlin,  Calvary  1884.     8.     13  p.     1  mk.  20  pf. 

473.  Saalfeld,  Günth.  Alex.  A.  E.,  die  lautgesetze  der  griechischen 
lehnwörter    im    lateinischen ,     nebst    hauptkriterien    der    entlehnung. 

28* 


408  Bibliographie.  Nr.  7. 

Sprachwissenschaftliche  Untersuchung.     Leipzig,  C.  F.  Winter  1884.    8. 
XI,  131  p.     2  mk. 

474.  Schiller,  Herrn.,  nekrolog  auf  Wilh.  Clemm  in  Gießen. 
Berlin,  Calvary  1884.     8.     1  mk.  20. 

475.  Stobaeus,  loa.,  Anthologium  recc.  Curt  Wachsmuth  et  Otto 
Sense.  Vol.  I  et  II.  Libri  duo  priores  qui  inscribi  solent  eclogae 
physicae  et  ethicae  rec.  Curt  Wachsmuth.  Berlin,  Weidmann  1884. 
8.     XL,  502,  332  p.     18  mk. 

476.     Taciti,  C.  Cornelii,  Annales  erkl.  von   W.  Pßtzner.     2.  bdch. 
Buch  III-VI.     Gotha,  Perthes  1884.    8.     1  mk.  50  pf. 

477.  Thkuydides  erkl.  von  J.  Classen.  7.  bd.  Buch  7.  2.  aufl. 
Berlin,  Weidmann  1884.     8.     VI,  177  p.     1  mk.  80  pf. 

478.  Xenophon's  Anabasis.  Für  den  schulgebr.  erklärt  von  R. 
Hansen.     3.  bdch.     Gotha,  Perthes  1884.     8.     1  mk.  20  pf. 

Niederlande. 

479.  Josephus,  Flavius,  Joodsche  oudheden  of  historie  der  joden 
naar  het  oorspronkelijk  Griecksch  overzien  op  zeer  vele  pladsen  verbe- 
terd  door  Sigebert  Haverkamp.  Naar  het  tegenwoordige  spraakge- 
bruik  uitgegeven  van  J.  A.  Oerth  van  Wijk.  Opgeluistert  med  kunst- 
platen  naar  Jan  en  Kasper  Luiken.  Leiden ,  Sijthoff.  20  aflever. 
a  0,25  fi. 

480.  Noordewier,  H.  J.  Nassau,  Demosthenica  in  usum  scholarum. 
Leiden,  Brill  1884.     8.    IV,  169  p.     1,20  f. 

England. 

481.  Cesnola,  A.  P.  di,  Salaminia  (Cyprus).  The  history  treasures 
and  antiquities  of  Salamis  in  the  Island  of  Cyprus.  With  introduc- 
tion  by  Samuel  Birch.     2  ed.  London,  Whiting  1884.   8.   310  p.   21  sh. 

482.  Ciceronis,  de  officiis  libri  tres.  By  H.  A.  Holden.  With 
engl,  commentary.     5.  ed.     Cambridge  1884.     8.     9  sh. 

483.  Cotterill,  J.  M. ,  Modern  criticism  and  Clements  epistles  to 
virgins  (first  printed  1752)  or  their  greek  Version  newly  discovered 
in  Antiochus  Palaesthinnsis.  With  Appendix  containing  newly  found 
versions  of  fragments  attributed  to  Melito.  Edinburgh,  Clark  1884. 
8.     126  p.     5  sh. 

Vereinigte  Staaten  von  Nordamerika. 
284.     Jackson,  G.  A.,  The  Post  Nicene  Latin  fathers.     New  York 
1884.     8.    23  p.    3  sh. 

485.  Toy,  C.  H.,  Quotations  in  the  New  Testament.  New  York 
1884.    8.     18  sh. 

Belgien. 

486.  Sallustii  Crispi,  C. ,  de  coniuratione  Catilinae  über.  Texte 
revue  et  annotee  par  P.  Thomas.    Mons  Manceaux  1884.     12.     117  p. 

Frankreich. 

487.  JBeau,  Gabriel,  la  Grece  poetique :  Anacreon,  Sappho,  Bion, 
Moschus,  Theocrite.  (Traductions  en  vers).  Paris,  Marpon  et  Flam- 
marion 1884.     18.     24  p.     3  fr.  50  c. 

488.  Cagnat,  R.,  Explorations  epigraphiques  et  archeologiques  en 
Tunisie.  Fase.  2.  160  p.  carte  planches  12  — 19.  Paris,  Thorin  1884. 
8.  7  fr.  50  c.  (Extr.  des  Archives  des  miss.  scientif.  et  litterares. 
3.  ser.  t.  11). 

489.  Caesaris,  C.  Julii,  commentarii  de  bello  Gallico.  Nouvelle 
edition  avec  des  notes  .  .  .  .  en  fran9ais  precede'e  d'une  notice  .  .  . 
par  Gidel.     Paris,  Belin  1884.     12.     XII,  268  p. 

490. libri  VIT  cum  libro  VIII  A.  Hirti.     Edition  nouv. 


Nr.   7.  Kleine  philologische  zeitung.  409 

avec  des  notes  un  appendice  sur  1'armee  romaine  une  etude  sur  la 
langue  de  Cesar  et  un  index  geographique  par  Constans  et  Denis, 
Paris,  Delagrave  1884.     18.    XII,  363  p. 

491.  Choisy,  A.,  Etudes  epigraphiques  sur  l'architecture  grecque. 
4  etude:  Un  devis  de  travaux  publics  ä  Livadie.  Paris  1884.  4.  67  p. 
et  planche.     (1-4.  VIII,  243  p.). 

492.  Des  Nouhes,  Arthur,  Etude  sur  l'bistoire  romaine.  Rennes, 
Palme   1884.     12.     101  p. 

493.  Huit,  C,  le  Gorgias,  commentaire  grammatical  et  litteraire 
des  chapitres  37  —  83  precedee  d'une  etude  sur  le  style  de  Piaton  et 
suivi  d'un  appendice  sur  les  mythes  de  ce  philosophe.  Paris,  Lahure 
1884.     8.     94  p.     (Extr.  de  la  Revue  de  l'instr.  publ.). 

494.  Jurten  de  la  Graviere,  les  campagnes  d'Alexandre.  Epilogue 
V:  le  demembrement  de  l'empire.  Paris,  Plön  Nourrit  et  Co.  1884. 
12.     XII,  265  p. 

495.  Pottier,  Edmond,  de  la  place,  que  doit  occuper  l'archeologie 
dans  1'eDseignement  de  l'art.     Lecon  d'ouverture.     Paris  1884.   8.  25  p. 

496.  Vigie,  Etude,  sur  les  impöts  indirects  romains.  Les  douanes 
dans  l'empire  romain.  Paris,  Thorin  1884.  4.  180  p.  (Extr.  du 
Bulletin  de  la  societe  languedocienne  de  geographie.     Dec.  1882 — 83). 

Italien. 

497.  Bertolini,  Fr.,  la  critica  nella  storia  aetica  Prolusione.  Bo- 
logna, Treves  1883.     16.     40  p.     1  1. 

498.  Gallo ,  Andrea ,  le  antiche  spogliazioni  di  Sicilia,  sunti  sto- 
rici.     Catania  1883.     8.     16  p.     0,50  1. 

499.  Inama,  Vig. ,  letteratura  greca.  Milano,  Hoepli  1884.  16. 
214  p.     1,50  lire. 

500.  Urbini,  Giulio,  Properziana.     Perugia  1884.     16.     40  p. 

501.  Vullo  Guzzardella,  G.  sull',  antica  cittä  che  esistette  nel  sito 
dell'  odierna  Butera.     Palermo  1883.     8.     19  p. 

Beilage   B :    Academica  und  dissertationen. 
Basel.     502.     Plt'iß ,  Theodor ,    der  reiz  erzählender  dichtung  in 
der  Aeneide  Vergils.     Basel  1882.     4.     22  p. 

503.  Schulin ,  F. ,  das  griechische  testament  verglichen  mit  dem 
römischen.     Basel  1882.     4.     60  p. 

504.  Barth,  Fritz,  Tertullians  auffassung  des  apostels  Paulus  und 
seines  Verhältnisses  zu  den  uraposteln.     (Sep.-abdr.).     1881.     8. 

505.  Scheffler,  Ludw.  von,  über  die  persönlichkeit  des  periegeten 
Pausanias.     Freiburg  i.  Br.  1880.     8.     44  p. 

Straßburg.  506.  Doermer,  Guil. ,  de  Graecorum  sacrificis 
qui  Uoonoiol  dicuntur.     Argentorati  1883.     8.     75  p. 

507.  Hoffmann,  Otto  Adalb.,  de  imperatoris  Titi  temporibus  recte 
definiendis.     Marburgi  1883.     8.     34  p. 

508.  Ruete,  Edm. ,  die  correspondenz  Cicero's  in  den  jähren  44 
und  43.     Marburg  1883.     8.     122  p. 

509.  Scherer,  Petrus,  de  particulae  »quando«  apud  vetustissimos 
scriptores  latinos  vi  et  usu.     Argentorati  1883.     8.     48  p. 

Kleine  philologische  zeitung. 

Unter  der  Überschrift:  „eine  lücke  in  dem  orthographischen 
einigungswerke"  werden  in  der  Allg.  ztg.  beil.  zu  nr.  78  einige 
in  dieser  angelegenheit  bisher  übersehene  Schwierigkeiten  erörtert. 

London,     In  Lincoln  ward  ein  römischer  altar  ausgegraben, 


410  Kleine  philologische  zeitixng.  Nr.  7. 

und  zwar  vollständig  erhalten:  die  inschrift  darauf  lautet:  Pa- 
reis  deabus  et  numinibus  Augiusti)  C.  Antistius  Frontinus  curator  ter. 
ar(am)  d(e)  s(uo)  d(at).  Auf  der  einen  seite  ist  in  basrelief  eine 
vase  für  libationen ,  auf  der  andern  seite  eine  patera  eingemei- 
ßelt. Nur  drei  den  Parzen  geweihte  altäre  sind  bis  jetzt  in 
England  aufgefunden ,  zwei  davon  in  Carlisle  und  einer  in  Sil- 
loth ,  zwei  von  diesen  inschriften  führen  die  inschrift :  matribus 
Parcis.      Allg.   ztg.  nr.    79. 

Eine  gedächtnißrede  auf  K,  Müllenhof  von  A.  Schönbach 
ist  abgedruckt  in  Allg.  ztg,  beil.   1  zu  nr.  79.  80.  81. 

Auä  Vorarlberg,  18.  märz.  (Bloßlegung  einer  römischen 
villa).  Unseres  wissens  hat  ihr  blatt  noch  keine  nachricht  über 
eine  in  Vorarlberg  gemachte  bedeutende  archäologische  ent- 
deckung,  nämlich  die  bloßlegung  eines  gebäudes,  das  archäologen 
nach  der  architektur  und  den  Wohnungsverzierungen  für  eine 
römische  villa  halten,  zwischen  Brederis  und  Altenstadt,  gebracht. 
Nebstbei  wurden  terrasigillatageschirre ,  bronzespangen  und  eine 
kaisermünze  (entweder  von  Claudius  I  oder  II  herrührend)  ent- 
deckt. Die  nachforschungen  leitet  der  von  der  leitung  der  Bre- 
genzer  ausgrabungen  rühmlichst  bekannte  dr.  Samuel  Jenny. 
Dies  ist  nun  die  zweite  in  Vorarlberg  bekannt  gewordene  rö- 
mische niederlassung ,  was  der  entdeckung  einen  besonderen 
werth  verleiht,  denn  die  „heidenmauer"  bei  Höfis ,  wo  man  die 
Mansio  Clunia  suchen  wollte ,  ist  nachrömischen  Ursprungs.  — 
Augsb.  allg.  ztg.   1884,  no.  81. 

Ein  aufsatz  :  „Pädagogische  ideale  und  proteste"  in  Allg.  ztg. 
nr.  34  bespricht  sehr  anerkennend  das  buch  von  dr.  L.  Wiese,  dem 
langjährigen  leiter  des  höhern  Unterrichtswesens  in  Preußen, 
welches  derselbe  unter  dem  titel  „Pädagogische  ideale  und  pro- 
teste ,  ein  votum  von  dr.  L.  Wiese",  8.  Berlin  hat  erscheinen 
lassen  :  es  wird  in  dem  aufsatz  die  einrichtung  der  einjährigen 
freiwilligen  und  ihr  verderblicher  einfluß  auf  die  gymnasien  her- 
vorgehoben. Das  buch  enthält  nach  diesem  aufsatz  zu  urtheilen 
sehr  viel  beachtenswerthes  und  gar  mancher  wird  wünschen, 
daß  der  Verfasser  diese  seine  trefflichen  ideen  während  seiner 
amtsführung  zur  ausführung  gebracht  hätte. 

Ueber  den  verein  deutscher  lehrer  in  England  berichtet 
kurz  Allg.  ztg.  nr.  85  :  genaueres  s.  oben  nr.   6,  p.  352  f. 

In  Allg.  ztg.  beil.  zu  nr.  86  bespricht  dr.  Winter  die  von 
Thouret  herausgegebene  geschichte  der  römischen  republik  von 
K.  W.  Nitzsch:  es  wird  das  buch  auch  in  diesem  Anzeiger  be- 
sprochen werden. 

Eine  beachtenswerthe  besprechung  der  städtenamen  von  R. 
Kleinpaul  findet  sich  in  Allg.  ztg.  beil.  zu  nr.  82.  88  ,  nr.  91 
beil.  zu  nr.  95. 

Karten  von  Mykenai  und  Tiryns,  herausgegeben  von  haupt- 
mann  Steffen   werden  in  Allg.  ztg.   beil.   1   zu   nr.   89   ausführlich 


Nr.   7.  Kleine  philologische  zeitung.  411 

besprochen  und  gebührend   gelobt :    eine  gründliche   besprechuug 
derselben  erscheint  nächstens  in  diesen  blättern. 

Adolph  Böttiger  beschreibt  in  Allg.  ztg.  beil.  1  zu  nr.  96 
eine  griechische  hochzeit,  der  er  beigewohnt :  wir  erwähnen  die- 
selbe hier,  weil  sie  zeigt ,  wie  gar  manche  sitten  der  altgriechi- 
schen zeit  jetzt  noch  fortdauern  und  freilich  mit  mancher  abän- 
derung  sich  erhalten  haben :  so  der  gebrauch  des  sesam  (Arist. 
Av.  157),  die  benutzung  der  musik,  die  art  des  tanzes  u.  s.  w. : 
daneben  auch  hübsche  beschreibung  der  landschaft  in  Elis. 

Das  programm  des  gymnasiums  von  Salzwedel  für  1884 
enthält  eine  abhandlung  von  K.  Brandt  de  auctoribus  quos  in 
componendis  Georgicon  libris,  adumbraverit  Vergilius,  ferner  deutsche 
Übersetzungen  aus  classikern  von  director  dr.  Legerlotz :  über  die 
des  näheren  berichtet  RAnz.   nr.   94. 

Tiryns.  Dr.  Schliemann's  brief,  in  welchem  er  seine  neuesten 
großartigen  entdeckungen  auf  der  akropolis  von  Tiryns  in  Ar- 
golis  mittheilt,  datirt  vomll.april.  Der  brief  vom  „Athenäum" 
mitgetheilt,  lautet:  dreimal  hoch  Pallas  Athene,  wahrhaftig, 
es  ist  mir  hier  wunderbar  geglückt.  Ich  habe  einen  immensen 
palast  ans  licht  gebracht,  mit  unzähligen  säulen ,  der  die  ganze 
obere  akropolis  von  Tiryns  einnimmt  und  dessen  fußboden  und 
sämmtliche  wände  wohl  erhalten  sind.  Von  allerhöchstem  in- 
teresse  sind  die  Wandmalereien ,  die  mein  architekt  und  mitar- 
beiter  dr.  Dörpfeld  jetzt  in  denselben  färben  kopirt.  Von  be- 
sonderem interesse  sind  auch  die  maiereien  auf  den  vasen  mit 
ihren  höchst  primitiven  darstellungen  von  menschen  und  thieren. 
Der  plan  des  wunderbaren  prähistorischen  palastes  läßt  sich  mit 
der  größten  genauigkeit  herstellen.  Er  wird  das  höchste  er- 
staunen erregen,  denn  ähnliches  ist  nie  zu  tage  gekommen.  Das 
gefundene  kapital  ist  von  der  ältesten  je  entdeckten  dorischen 
Ordnung.  Nation,  ztg.  nr.  257  beil.  1 :  vrgl.  nr.  278 ,  RAnz. 
nr.   100,   Allg.  ztg.   nr.   119:   s.   ob.  hft.   6,  p.   351. 

Das  buch  von  J.  Conrad,  ,,das  Universitätsstudium  in  Deutsch- 
land während  der  letzten  fünfzig  jähre,  statistische  Untersuchun- 
gen mit  besonderer  berücksichtigung  Preußens,  Jena",  wird  be- 
sprochen in  Allg.  ztg.  beil.  zu  nr.   102. 

Die  terracotten  der  Sammlung  Saburow  sind  in  der  Eremi- 
tage zu  Petersburg  kürzlich  aufgestellt.  Allg.  ztg.  beil.  zu  102: 
vrgl.   ob.  hft.   6,  p.  351. 

Kairo,  20.  april.  (Aufgefundene  todtenstadt).  Professor 
Maspero  hat,  auf  der  rückreise  von  seiner  jährlichen  inspections- 
reise  in  Oberägypten  begriffen,  in  Ekhmin  (dem  altägyptischen 
Khemnis  und  Panopolis  der  Griechen)  halbwegs  zwischen  Assiut 
und  Theben  eine  bisher  unbekannte  und  unberührte  todtenstadt 
von  ungeheurer  ausdehnung  entdeckt.  Soweit  bisher  festgestellt 
werden  konnte,  rührt  dieselbe  aus  der  ptolemäischen  periode  her; 
es  dürfte  sich  zeigen,    daß  einige  theile  der  nekropole  von  weit 


412  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.   7. 

höherem  alter  sind.  Fünf  große  katakomben  wurden  bereits 
geöffnet  und  enthielten  120  mumien  in  ganz  vortrefflich  erhal- 
tenem zustande.  Binnen  drei  stunden  fand  prof.  Maspero  100 
ähnliche  grabstätten ;  die  ganz  unberührt  waren ,  auf  und  man 
hat  es  hier  offenbar  mit  einer  geradezu  unerschöpflichen  fund- 
grube  zu  thun.  Die  todtenstadt  von  Ekhmin  enthält,  einer  ober- 
flächlichen Schätzung  nach,  mindestens  6000  mumien;  von  diesen 
dürften  nur  etwa  20  proc.  ein  historisches  oder  archäologisches 
interesse  besitzen ;  aber  die  ernte  an  papyrusrollen ,  schmuckge- 
genständen  und  anderen  schätzen  wird  bestimmt  in  der  geschichte 
der  ägyptischen  funde  unerreicht  dastehen,  und  eine  unermeß- 
liche ausbeute  geben.     Allg.  ztg.   1884,  nr.  115. 

Die  feste,  welche  man  in  Pompeji  in  altrömischem  stile  auf- 
zuführen gedenkt,  werden  kurz  besprochen  in  Allg.  ztg.  nr.  105. 
nr.    118. 

Das  dreihundertjährige  Jubiläum  der  Universität  Edinburg 
wird  beschrieben  in  Allg.  atg.  nr.  107.  109.  121.  123.  Beil. 
zu  nr.  127. 

Rom,  26.  april.  (Festsitzung  des  kaiserlich  deutschen  ar- 
chäologischen instituts).  Das  deutsche  archäologische  institut 
schloß  gestern  mit  der  üblichen  festsitzung ,  zur  erinnerung  an 
die  gründung  Roms ,  die  reihe  seiner  winterlichen  Zusammen- 
künfte. Professor  Jordan  aus  Königsberg  hatte  es  übernommen, 
die  wichtigen  entdeckungen ,  welche  in  den  letzten  monaten  auf 
dem  forum  stattgefunden,  zunächst  diejenige  des  Vestalenhauses, 
zu  besprechen.  Er  wies  darauf  hin,  wie  der  cult  der  Vesta  zu- 
sammen mit  demjenigen  der  Laren  und  Penaten  an  der  heiligen 
Straße  vereinigt,  einem  System  religiöser  anschauungen  angehöre, 
das  untrennbar  sei  von  der  ersten  entwickelung  der  römischen 
königszeit :  eine  betrachtung  der  neu  entdeckten  gebäude  führe 
demnach  ganz  natürlich  zurück  in  die  zeit  der  gründung  der 
ewigen  stadt,  so  sehr  auch  die  jetzt  aufgefundenen  dem  alter 
und  der  entstehung  nach  von  letzterer  entfernt  liegen.  Ueber 
den  namen  derselben  (atrium  Vestae)  sei  kein  zweifei  bei  den 
gelehrten,  welche  darüber  geschrieben,  wohl  aber  sei  nach  seiner 
ansieht  die  zeit,  welcher  das  aufgedeckte  gebäude  angehöre,  bis- 
her mit  unrecht  für  diejenige  des  Septimius  Severus  und  der 
Iulia  Domna  erklärt  worden.  Er  habe  bei  seinen  eigenen  Un- 
tersuchungen sich  bald  überzeugt ,  daß  mit  dieser  annähme  sich 
unmöglich  die  inschrift  einer  anstoßenden  kapelle  vereinigen 
lasse,  welche  nicht  jünger  als  Hadrian  sein  könne ,  und  um  die 
richtigkeit  seiner  ansieht  festzustellen ,  die  vorhandenen  mauern 
einer  genauen  durchforschung  unterzogen,  um,  womöglich,  ziegel- 
stempel  an  ihnen  aufzufinden.  Dies  sei  in  ausgiebigem  maße 
gelungen.  An  den  verschiedensten  stellen  der  mauern  seien 
Stempel  aus  Ziegeleien  entdeckt  worden ,  die  nach  angäbe  dr. 
Dressel's,    welcher   diese  monumente  für  das  corpus  inscriptionum 


Nr.   7.  Kleine  philologische  zeitung.  413 

Latinarum  bearbeitet,  die  ältesten  in  den  jähren  59 — 95,  spätere 
von  111 — 123  und  von  110 — 122  in  betrieb  waren.  Andere 
Stempel  obne  datum  gehören  sämmtlich  der  Hadrianischen  zeit 
an ,  und  es  könne  daher  keinem  zweifei  unterliegen ,  daß  das 
haus  der  Vestalen  in  die  regierung  Hadrians  zu  setzen  sei. 
Damit  stimme  vollkommen  die  oben  erwähnte  inschrift  der  an- 
stoßenden capelle.  Spätere  ausbesserungen  lassen  sich  an  dem 
schlechteren  mauerwerk  leicht  erkennen.  Ohne  die  einzelnen 
theile  des  hauses  näher  zu  untersuchen,  verweilte  der  vortra- 
gende länger  bei  einem  großen  kreise  von  ziegelstempeln  mit 
strahlenförmig  davon  auslaufenden  mauern ,  welche  ihm  in  mit- 
ten des  peristyls  einen  garten  einzufassen  scheinen ,  übrigens 
durch  einen  ziegelstempel  als  nachdiocletianisch  bestimmt.  An 
diesen  schließt  sich  ein  Wasserbehälter,  wie  er  in  der  that  nicht 
fehlen  konnte.  Jordan  äußerte  die  vermuthung,  der  neubau  des 
hauses  der  Vestalen  und  der  anstoßenden  gebäude  der  heiligen 
Straße  in  Hadrianischer  zeit  möge  wohl  im  Zusammenhang  stehen 
mit  dem  prachtbau  des  tempels  der  Venus  und  Roma,  und  schloß 
mit  dem  wünsche ,  es  möge  nun  auch  baldigst  die  kirche  S. 
Maria  liberatrice  niedergerissen  und  die  alte  Regia  dort  zu  tage 
gefördert  werden.  —  Allg.  ztg.   nr.   120. 

Kairo,  2.  mai.  Der  Engländer  Petrie  hat  in  einem  von 
Mariette  niemals  besuchten  orte  die  statte  der  langgesuchten  ne- 
kropolis  von  San  (Zoan)  erkannt.  —  Petrie  erstattet  auch  be- 
richt  über  die  ausgrabung  einer  kleinen  capelle  oder  eines 
schreins,  ptolemäischen  datums,  welche  sechs  Stelen,  zwei  sphinxe 
mit  menschenköpfen,  eine  königs-statuette  und  verschiedene  un- 
bedeutendere gegenstände  birgt.  Die  capelle  ist  kreuzförmig 
und  das  obere  ende  derselben  nimmt  eine  mit  inschriften  be- 
deckte tafel  ein,  welche  Ptolemäus  Philadelphus  und  seine  Schwe- 
ster, die  königin  Arsinoe  in  anbetung  vor  Khen,  Neith  und 
Buto  begriffen  darstellt.  Der  obere  theil  dieser  tafel  war  ur- 
sprünglich vergoldet.  Die  sphinxe  befinden  sich  in  situ  an  je- 
der seite  der  tafel.  Die  übrigen  stelen  schmücken  die  wände 
der  zwei  sei  tennischen ,  und  umfassen  1)  eine  zweite  tafel  von 
prächtiger  griechisch  -  ägyptischer  arbeit ,  welche  Ptolemäus  und 
Arsinoe,  mit  scepter  und  kröne  versehen,  sich  gegenüberstehend, 
darstellt;  2)  die  tafel  eines  königs ,  der  Khen,  Horus,  Isis  und 
Buto  anbetet;  3)  den  leichenstein  eines  privatindividuums  (wahr- 
scheinlich des  griinders  der  capelle)  mit  einer  inschrift,  und  4) 
und  5)  zwei  votivtafeln  zu  ehren  des  stiers  Apis.  Diese  gegen- 
stände sind  alle  perfect  ;  aber  die  königsstatuette ,  welche  eine 
höhe  von  22  fuß  hat,  ist  in  alten  zeiten  entzweigebrochen  und 
wieder  zusammengefügt  worden.  Augsb.  allg.  ztg.  1884,  beil. 
zu  nr.    126. 

Ueber  das  von  dr.  Karl  Kehrbach  in  das  leben  gerufene 
unternehmen  ,    unter  dem  titel  \Monumenta  Germaniae  paedagogica 


414  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.   7. 

,,die  für  die  behandlung  der  geschichte  und  das  wesen  der  pä- 
dagogik  im  mittelalter  nöthigen  quellen  herauszugeben",  berichtet 
Horawitz  in  Allg.  ztg.  beil.   zu  nr.    110. 

Einen  rückblick  auf  Heidelberg  am  Vorabend  der  fünften 
säcularfeier  der  Universität  von  Georg  Weber  giebt  beil.  zu  Allg. 
ztg.  nr.   20.   23.   25.    112.   119.   122. 

Einige  mittheilungen  über  das  russische  philologische  In- 
stitut zu  Leipzig  giebt  Allg.   ztg.  beil.   zu  nr.    119. 

Wien,  2.  mai.  Weiteren  mittheilungen  in  der  Augsb.  allg. 
ztg.  für  1884  nr.  126  über  die  papyrus  der  Sammlung  des  erz- 
herzog  Rainer  entnehmen  wir  folgendes.  Ein  vierfaches  sprach- 
und  schriftgebiet  repräsentiren  die  hieroglyphischen,  hieratischen, 
demotischen  und  koptischen  papyri.  Besonders  hervorzuheben 
sind  ein  bald  3000  jabre  alter  hieratischer  brief,  ein  funeräres 
tableau  mit  der  wohlerhaltenen  darstellung  des  verstorbenen 
Amasis  und  hieroglyphischen  legenden  und  ein  demotischer  pa- 
pyrus mathematischen  inhalts.  Unter  den  zahlreichen,  aus  der 
zweiten  hälfte  des  ersten  Jahrtausends  unserer  Zeitrechnung  stam- 
menden koptischen  stücken  sind  von  großer  Wichtigkeit  für  die 
Wissenschaft  mehrere  stücke  auf  papyrus  der  bisher  nur  in  spär- 
lichen fragmenten  vorhandenen  bibelübersetzung  in  mittelaegyp- 
tischer  mundart,  dann  ein  pergamentblatt  aus  einer  alten  octav- 
ausgabe  des  buches  Ruth  in  sahidischer  mundart ,  endlich  eine 
reihe  wohlerhaltener  contracte ,  welche  ein  formales  und  sprach- 
liches analogon  in  den  demotischen  Urkunden  der  Ptolemäerzeit 
finden  und  werthvolle  beitrage  liefern  zu  der  die  fachmänner 
lebhaft  beschäftigenden  frage  nach  der  einwirkung  des  römischen 
rechts  auf  das  aegyptische.  Bei  der  weiteren  durchforschung 
der  griechischen  papyrus  durch  dr.  K.  Wessely  wurden  neuer- 
dings bedeutende  funde  von  literarischen  Schriftstücken  gemacht. 
Ein  besonderes  interesse  erregen  die,  eine  noch  unbekannte  po- 
lemische rede  gegen  Isocrates  (4.  Jahrhundert  v.  Chr.)  enthal- 
tenden reste  einer  papyrusrolle;  es  ist  dies  ein  denkmal  schön- 
ster alexandrinischer  kalligraphie  auf  papyrus.  Von  der  im  er- 
sten berichte  erwähnten  handschrift  des  Thucydides  fand  sich 
ein  neues  stück  aus  dem  IX(?)  buche,  gleichfalls  mit  scholien 
und  bemerkenswerthen  lesarten.  Auch  von  einer  Homerhand- 
schrift (XI.  buch  der  Ilias)  und  einer  paraphrase  desselben  dich- 
ters  (zum  IV.  buche  der  Ilias)  fanden  sich  Überreste,  wenn  auch 
von  einem  geringeren  umfange.  Als  eine  ganz  neue  entdeckung 
können  die  bruchstücke  einer  ästhetischen  abhandlung  auf  ei- 
nem aus  dem  zweiten  Jahrhundert  n.  Chr.  stammenden  papyrus 
angesehen  werden ,  ebenso  eine  ganz  im  style  des  Aristoteles 
gehaltene  philosophische  dissertation.  Noch  wären  zu  erwähnen 
die  fragmente  von  trimetern  eines  dramatikers,  von  patristischen 
werken  (wie  Kyrillos),  dann  eine  metanoia,  diese  sogar  aus  dem 
vierten  Jahrhundert  —  wohl  eines  der  ältesten,  wenn  nicht  das 


Nr.   7.  Kleine  philologische  zeitung.  415 

älteste  christliche  Schriftdenkmal !  Eine  aufzählung  der  hoch- 
wichtigen stücke  auf  papyrus  und  pergament  aus  dem  alten 
und  neuen  testament  (4  bis  6  Jahrhundert),  darunter  Genesis, 
Iesaias ,  Psalmen  und  Evangelien  ,  von  welchen  letzteren  eines 
griechisch  mit  gegenüberstehender  koptischer  Übersetzung,  würde 
zu  weit  führen.  Unter  der  großen  zahl  officieller  und  privater 
Urkunden  ragen  besonders  hervor  die  datirten  aus  dem  zweiten 
und  dritten  Jahrhundert  n.  Chr.,  durch  welche  eine  menge  der 
wichtigsten  thatsachen  auf  historischem  und  archäologischem  ge- 
biete festgestellt  werden ,  so  die  datierung  nach  priesterjahren 
und  doppeldatirungen  nach  macedonischen  und  ägyptischen  mo- 
naten.  Die  erzherzogliche  Sammlung  bietet  aber  auch  in  vielen 
vorzüglich  erhaltenen  exemplaren  eine  fast  ununterbrochene  reihe 
von  Urkunden  der  römischen  und  byzantinischen  kaiser ,  unter 
denen  besonders  vertreten  sind:  Trajan ,  Antoninus  Pius,  L. 
Verus,  Marc  Aurel,  Septimius  Severus,  Geta,  Caracalla,  Severus 
Alexander  (und  dessen  mitkaiser  Antoninus  und  gemahlin  Se- 
vera),  Maximus,  dessen  gegner  Gordian,  Decius,  Valerianus,  Gal- 
lienus  ,  Numerian  ,  Diocletian  ,  Maximian  ,  Galerius  ,  Constantius, 
Constantin  der  große,  Iustinian,  Theodosius  und  so  fort  bis  He- 
raclius.  Die  zahl  der  lateinischen  papyrus  aus  dem  vierten  und 
fünften  Jahrhundert  n.  Chr.  ist  nunmehr  auf  zehn  gestiegen, 
worunter  auch  vollständig  erhaltene  prachtstücke ,  so  eines  von 
30:23  centimeter  und  eines  von  40:29  centimeter ,  dessen  an- 
dere größere  hälfte   aber  noch  zu  entrollen  ist. 

Aus  dem  Jahrbuch  der  königl.  preußischen  kunstsammlungen 
bd.  V,  hft.  2  theilen  wir  nach  BAnz.  nr.  106  folgendes  mit: 
die  abtheilung  der  antiken  Skulpturen  hat  im  quartal  Oktober 
bis  dezember  1883  einen  höchst  ansehnlichen  Zuwachs  erhalten, 
indem  die  königliche  akademie  der  Wissenschaften  die  sämmt- 
lichen  originale  und  formen  den  königlichen  museen  überwies, 
welche  von  der  im  auftrage  der  akademie  von  Humann,  Puch- 
stein  und  von  Luschan  im  sommer  1883  ausgeführten  expedi- 
tion  nach  dem  Nem-rud-dagh  in  Kurdistan  heimgebracht  waren. 
Eine  besondere  bewilligung  aus  dem  dispositionsfond  Sr.  majestät 
des  königs  hatte  die  mittel  für  diese  Unternehmung  gewährt.  In 
bezug  auf  die  monumentale  ausstattung  des  grabmals  Antiochus  I. 
von  Commagene  auf  dem  Nemrud-dagh  kann  auf  den  grundle- 
genden bericht  von  Puchstein  in  dem  Sitzungsbericht  der  könig- 
lichen akademie  der  Wissenschaften  vom  11.  januar  1883.  sowie 
auf  ein  referat  über  einen  Vortrag  desselben  in  der  Philologi- 
schen Wochenschrift  1883,  1.  dezember,  verwiesen  werden.  In 
die  abtheilung  gelangten  vom  Nemrud-dagh  außer  geringfügigen 
originalproben,  welche  indessen  material  und  technik  zu  zeigen 
immerhin  genügen,  die  abgüsse  der  reliefplatten  des  Xerxes,  des 
Antiochos  mit  Helios,  des  Antiochos  mit  Herakles  und  des  ko- 
lossalen löwen.   —      Andere  erwerbungen  machten  die  reisenden 


416  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.    7. 

in  Mar'asch  und  in  einem  kleinen  orte  Saktsche-gözü,  welcher 
etwa  eine  tagereise  weiter  südlich  gelegen  ist.  Aus  Mar'asch 
kamen  in  die  abtheilung  außer  einigen  originalproben  die  ab- 
giisse  von  vier  reliefs  und  einem  löwen,  zum  theil  mit  inschriften, 
aus  Saktsche-gözü  aber  ein  sehr  wohl  erhaltenes  Originalrelief, 
1,18  m  hoch  und  etwa  2,70  m  lang,  aus  drei  platten  bestehend, 
eine  löwenjagd  in  assyrisirendem  style  darstellend.  Hiermit  ist 
der  anfang  einer  Sammlung  von  Skulpturen  aus  der  nordsyrischen 
region,  auf  welche  durch  wissenschaftliche  hypothesen  neuerlich 
allgemeiner  die  aufmerksamkeit  gelenkt  ist,  in  höchst  erfreulicher 
weise  gemacht.  —  Sonst  sind  in  diesem  quartal  nur  zwei  kleine 
abgüsse  erworben,  der  „Ajax  Messe"  genannte  köpf  (nr.  172  des 
katalogs  von  1865)  in  der  Eremitage  zu  St.  Petersburg,  der  in 
seinen  nicht  ergänzten  theilen  hellenistischer  art  verwandt,  aber 
vielleicht  doch  modernen  Ursprungs  ist ,  und  der  abguß  eines 
ephebenkopfes  römischer  herkunft  im  Berliner  Privatbesitze.  — 
In  der  Werkstatt  war  man  vornehmlich  mit  den  erwerbungen 
aus  Kurdistan  und  Nordsyrien  beschäftigt,  außerdem  gelangte 
eine  höchst  merkwürdig  aus  zahlreichen  splittern  wieder  zusam- 
mengesetzte göttin  aus  der  pergamenischen  Gigantomachie  zur 
aufstellung.  —  Die  terrakottensammlung  im  Aquarium  wurde  durch 
zwei  werthvolle  gegenstände  bereichert,  eine  relieftafel  mit  Charon, 
Hermes  und  einem  mädchen  und  die  Statuette  einer  komödien- 
figur,  welche  einen  vorwärts  eilenden  krieger  mit  maske  darstellt. 
Beide  stücke  stammen  aus  Klein-Asien.  —  In  das  vasenkabinet 
kam  eine  amphora  mit  schwarzfiguriger  darstellung  von  zwei  rin- 
gerpaaren,  nach  dem  testament  des  lieutenant  Max  Schütz  als 
geschenk  desselben  dem  museum  überwiesen.  Erworben  wurde 
eine  kanne  mit  schwarzen  figuren  aus  Athen.  Ein  krieger  kämpft 
über  einem  am  boden  liegenden  todten  mit  einer  amazone.  Eine 
anzahl  von  vasenscherben  altertümlichen  styles  aus  Thessalien 
ist  als  geschenk  durch  dr.  Lolling  der  Sammlung  zugeführt.  — 
An  bronzen  erwarb  die  Sammlung  einen  sessel  mit  getriebenem 
relief,  einen  tisch,  zwei  gefäße,  welche  als  graburnen  gedient 
haben.  Dazu  gehört  eine  anzahl  einzelner  gegenstände,  ringe, 
knöpfe,  nadeln,  schmuck  aus  glasfluß  und  bernstein,  perlen  aus 
weißlicher  masse,  und  Überreste  von  thongefäßen.  —  Dieser 
grabfund  aus  Chiusi  wird  im  miscellaneensaale  ausgestellt  wer- 
den. —  Für  die  Sammlung  geschnittener  steine  ist  ein  cameo 
(gefunden  in  Hannover)  erworben  worden ,  mit  zwei  weiblichen 
profilköpfen.  Ferner  sind  abgüsse  der  in  der  Breslauer  univer- 
sitätssammlung ,  sowie  im  königlichen  museum  zu  Kopenhagen 
befindlichen  exemplare  der  gattung  der  sogenannten  inselsteine 
erworben  worden.  —  Von  den  bei  der  zweiten  expedition  nach 
Nemrud-dagh  gemachten  erwerbungen  sind  fünf  siegelsteine  nord- 
syrischen fundorts  der  Sammlung  überwiesen  worden.  —  Unter 
den  vom  Münzkabinet  angekauften  münzen  befindet  sich  der  gold- 


Nr.   7.  Kleine  philologische  zeitung.  417 

stater  des  T.  Quinctius  Fiamininus  ,  des  macedonischen  Siegers. 
Die  münze  ist  denen  der  macedonischen  könige  ähnlich ;  sie  hat 
das  bildniß  und  den  namen  des  Fiamininus,  und  auf  der  kehr- 
seite  die  Nike  der  stater  Alexanders  des  großen.  Demnach  ist 
sie  wohl  in  Macedonien  ,  nicht  in  Griechenland ,  dem  römischen 
feldherrn  zu  ehren  geprägt.  Dies  vollkommen  erhaltene  exem- 
plar  ist  das  dritte  bekannte,  nur  die  öffentlichen  Sammlungen  in 
Paris  und  in  Athen  besitzen  je  eins.  —  Tetradrachmen  des  thra- 
cischen  königs  Mostis  und  der  Arsinoe,  der  gemahlin  des  Ptole- 
maeus  Philadelphus ,  zeichnen  sich  durch  Schönheit  und  Selten- 
heit aus.  Ein  tetradrachmon  Alexanders  des  großen  zeigt  zum 
ersten  mal  den  Zeus  mit  einer  Nike  statt  des  adlers  auf  der 
hand.  —  Unter  einer  anzahl  kleinasiatischer  münzen ,  die  uns 
aus  Smyrna  zukamen,  befinden  sich  einige  werthvolle ;  aus  Paris 
gelangte  eine  münze  der  lykaonischen  Stadt  Ilistra  in  die  Samm- 
lung, einer  stadt,  welche  erst  seit  ganz  kurzer  zeit  in  die  reihe 
der  prägstätten  getreten  ist.  —  Von  römischen  münzen  waren 
willkommene  bereicherungen :  aurei  des  Brutus,  M.Antonius,  der 
kaiserin  Iulia  Domna.  200  kaiser-asses  aus  der  berühmten  Samm- 
lung des  englischen  kapitän  Sandes ,  von  welcher  wir  schon 
früher  beträchtliche  abtheilungen  erworben  haben ,  vervollstän- 
digten unsere  reihen  in  erwünschter  weise ,  indem  es  möglich 
wird ,  eine  anzahl  unvollkommener  exemplare  auszumerzen.  — 
Auch  einige  sogenannte  contorniaten  wurden  erworben,  von  de- 
nen einer  die  gruppe  des  Farnesischen  stiers,  leider  nicht  voll- 
kommen erhalten,  zeigt. 

Rom.  Am  rechten  ufer  des  flusses  Aniene,  etwa  ein  kilo- 
meter  jenseit  der  Stadtmauer  von  Rom ,  wo  im  auftrage  des  Un- 
terrichtsministeriums von  dem  archäologen  abbate  Allodi  ausgra- 
bungen  vorgenommen  werden,  wurde  bei  der  sogenannten  clau- 
sura  die  außerordentlich  schöne  statue  eines  jungen  athleten  ge- 
funden. Die  reinheit  der  linien  und  die  behandlung  weisen 
auf  griechischen  Ursprung  hin.  Die  figur  ist  aus  parischem  mar- 
mor ;  leider  ist  der  köpf  verstümmelt ,  ebenso  wie  die  arme. 
Der  junge  mann  ist  im  momente  des  kampfes  dargestellt;  mit 
dem  linken  knie  berührt  er  eine  wellenförmige  —  offenbar  den 
sand  darstellende  —  platte.  Die  Verhältnisse  der  glieder  über- 
steigen die  menschliche  große.  Aufrecht  stehend  dürfte  der 
junge  athlet  etwa  zwei  meter  hoch  sein.  Außerdem  fand  man 
an  derselben  stelle  einen  prachtvollen  jungen  frauenkopf  aus 
marmor  mit  geschlossenen  äugen  und  halbgeöffnetem  munde ,  in 
welchem  man  zwei  herrliche  reihen  von  zahnen  erblickt.  Der 
rest  des  frauenkörpers  wurde  noch  nicht  entdeckt.  Nach  dem 
köpfe  zu  urtheilen,  dürfte  sich  derselbe  in  liegender  Stellung  be- 
finden.    Nationalztg.  nr.   272,  beil.  nr.    1. 

Ein  verzeichniß  derjenigen  höheren  lehranstalten ,  welche 
zur  ausstellung  von  Zeugnissen  über  die  befähigung  für  den  ein- 


418  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.  7. 

jährig -freiwilligen  militärdienst  berechtigt  sind,  ist  im  EAnz. 
nr.   108  enthalten. 

Ueber  die  schrift  von  dr,  H.  Grotefend :  „Arminius  war  rö- 
mischer bürger  und  hat  im  römischen  beere  gedient"  giebt  nä- 
heres R Anzeig.  nr.   119. 

Der  Ostasien-reisende  Guimet  aus  Lyon  hat  der  Stadt  Paris 
seine  großartigen ,  die  asiatischen  religionen  betreffenden  Samm- 
lungen unter  gewissen  bedingungen  geschenkt,  über  welche  Allg. 
ztg.   beil.  zu  nr.   119   berichtet. 

Die  37ste  Versammlung  deutscher  philologen  und  Schul- 
männer wird  in  Dessau  vom   1. — 4.  october  d.  j.  stattfinden. 

Das  comite  zur  errichtung  eines  national-denkmals  für  die 
brüder  Jacob  und  Wilhelm  Grimm  (s.  oben  hft.  6,  p.  347,  hft.  4, 
p.  249)  hat  folgenden  aufruf  erlassen:  „Am  4.  Januar  1885  und 
am  24.  februar  1886  werden  hundert  jähre  verflossen  sein,  seit  Jacob 
und  Wilhelm  Grimm  in  Hanau  das  licht  der  weit  erblickten.  — 
Die  bürger  Hanau's  ,  stolz  darauf ,  daß  zwei  der  berühmtesten 
gelehrten  und  besten  söhne  unserer  nation  in  den  mauern  ihrer 
Stadt  geboren  sind,  haben  mit  opferbereiter  begeisterung  den 
durch  das  herannahen  dieser  tage  angeregten  gedanken  aufge- 
nommen ,  dem  edlen  brüderpaare  ia  seiner  Vaterstadt  ein  seiner 
würdiges  denkmal  aus  erz  zu  errichten.  —  Aber  nicht  nur  die 
Vaterstadt,  nicht  nur  das  hessische  heimathland  sind  zur  aus- 
führung  des  werkes  berufen:  die  ganze  nation  hat  das  recht, 
wie  die  pflicht ,  das  andenken  der  unvergeßlichen  männer  dan- 
kend zu  ehren.  —  Die  brüder  Grimm  haben  die  deutsche  alter- 
thums-wissenschaft  begründet  und  die  schätze  der  Vergangenheit 
für  das  leben  der  gegenwart  zurückgewonnen.  An  „Grimm's 
märchen"  erbauen  sich  tausende  von  deutschen  kinderherzen. 
In  unsere  spräche  sind  die  beiden  forscher  tiefer  eingedrungen 
als  irgend  jemand  und  haben  aus  ihrem  unergründlichen  schachte 
schätze  zu  tage  gefördert,  deren  reichthum  unser  volk  staunend 
in  dem  unvergleichlichen  werke  erkennt,  das  ihren  namen  trägt 
und  allein  genügen  würde,  ihnen  die  Unsterblichkeit  zu  sichern. 
—  Ihr  gewissenhafter  ernst,  ihr  prunkloses  wesen,  ihre  geistige 
tiefe  und  ihr  reiches  gemüth  vereinigten  die  edelsten  züge  der 
deutschen  art  zu  einem  ewig  denkwürdigen  bilde  brüderlicher 
eintracht  und  volkstümlicher  Wissenschaft.  —  Sie  haben  das 
Vaterland  mit  der  reinsten  hingebung  geliebt  und  durch  ihr 
mannhaftes  eintreten  für  ihre  Überzeugung  die  vaterländische  ge- 
sinnung  in  weiten  kreisen  geweckt  und  befestigt.  —  An  alle 
Deutschen  im  reiche  und  außerhalb  desselben  bis  zu  den  fern- 
sten gestaden  der  neuen  weit  ergeht  daher  der  ruf,  herz  und  hand 
zu  öffnen,  da  es  gilt  die  männer  zu  ehren,  welche  unserem  volke 
erst  ein  klares  bewußtsein  vom  werthe  seiner  muttersprache,  die- 
ser unversiegbaren  quelle  seiner  volkskraft  und  sichersten  grund- 
lage  seiner  nationalen  Zusammengehörigkeit,  gegeben  haben".  — 


Nr.   7.  Auszüge  ans  Zeitschriften.  419 

Die  Sammlungen  machen  erfreuliche  fortschritte ,  s.  Allg.  ztg. 
nr.  128;  auch  das  ministerium  für  geistliche  angelegenheiteu 
u.s.w.  hat  einen  beitrag  gesandt  und  wenn  nöthig  weitere  Unter- 
stützung in  aussieht  gestellt,  ReichsAnz.  nr.  109,  vrgl.  Allg. 
ztg.  beil.  1  zu  nr.  130.  —  [Die  redaction  des  Philologischen 
anzeigers  wird  gern  an  sie  eingesandte  beitrage  nach  Hanau 
befördern]. 


Auszüge  aus  zeitschrifteil. 

Literarisches  centralblutt  für  Deutschland.  Hersg.  u.  verantwortl. 
redacteur  prof.  dr.  F.  Zarticke,  1884,  nr.  5  :  Leonhard,  Rob.,  de  codi- 
eibus  Tibullianis  capita  tria.  München  1883,  Ackermann.  65  p.  8. 
1  mk.  40  pf.  A.  R(iese).  —  Kukula ,  Rice,  de  tribus  pseudo-cronia- 
norum  scholiorum  recensionibus.  Wien  1883,  Konegen.  49  p.  8.  1  mk. 
A.  R(iese).  —  Detto,  W.  A.,  Horaz  und  seine  zeit.  Ein  beitrag  zur 
belebung  und  ergänzung  der  altclass.  Studien  auf  höheren  lehranstalten. 
Mit  abbildungen.  Berlin  1883,  Gaertner.  IX,  198  p.  8.  3  mk.  — 
Cruindmeli  sive  Fulchurii  ars  metrica.  Beitrag  zur  geschichte  der 
karol.  gelehrsamkeit  .  .  .  hrsg.  von  Joh.  Ruemer.  Wien  1883,  Holder. 
VIII,  52  p.  8.  1  mk.  80  pf.  A.  R(iese).  —  Q.  Horatius  Flaccus, 
öden  und  epoden  für  den  schulgebrauch  erkl.  von  dr.  Emil  Rosenbery. 
Gotha  1883,  Perthes.     IV,  223  p.     8.     2  mk.  25  pf.     A.  R(iese).  — 

No.  6.  Etruskische  forschunyen  und  studien  hersgeg.  von  dr.  W. 
Deecke.  Stuttgart  1883,  Heitz.  4.  heft.  Bugge,  S.,  beitrage  zur  er- 
iorschung  der  etruskischen  spräche.  1.  Sammlung.  XIII,  265  p.  12mk. 
5.  heft.  Deecke,  W.,  die  etruskischen  bilinguen.  VIII,  163  p.  6  mk. 
Pa(uli).  —  Payxaßijs  Kk,  P.  6  *«#■'  "OfiijQov  olxiay.og  ßiog.  Leipzig 
1883,  Drugulin.     XVI,  224  p.     8.     5  mk.      G.   M(eye)r. 

No.  7.  Th.  Bcrgk,  kleine  philolog.  Schriften  hrsg.  v.  Rud.  Pepp- 
müller.  1.  bd.:  zur  römischen  litteratur.  Mit  Bergk's  bildniß.  Halle 
a.  S.  1884,  Waisenhaus.  XXXIII.  718  p.  8.  10  mk.  -  Martin,  Alb., 
les  scolies  du  manuscrit  d'Aristophane  ä  Ravenne.  Etüde  et  collation. 
Paris  1882,  Thorin.  XXVIII,  223  p.  8.  (Bibl.  de  l'ec.  des  bautes 
etudes  fasc.  27).  (A.  v.  Bamber)g.  —  Servii  grammatici  qui  feruntur 
in  Vergilii  Aeneidos  libros  VI — VIII  commentarii.  Rec.  Geo.  Thilo. 
Leipzig  1883,  Teubner.     8.     306  p.     10  mk.     A.  R{iese). 

No.  8.  Schneider,  J. ,  die  alten  heer-  und  handelswege  der  Ger- 
manen. Römer  und  Franken  im  deutschen  reiche.  Nach  örtlichen 
Untersuchungen  dargestellt.     2.  heft.     Düsseldorf  1883.  8.  15  p.   60  pf. 

—  Dierks ,    Herrn.,    de  tragicorum    histrionum    habitu   scaenico   apud 
Graecos.     Göttingen  1883,  Calvör.     51  p.     8.     1  mk.  20  pf. 

Nr.  9.  Willems,  P. ,  le  senat  de  la  republique  romaine.  Tome  II 
les  attributions  du  senat.     Löwen  1883,  Peeters.     784  p.     8.    F.  R{ühl.) 

—  Müller,  Lucian ,    Quintus  Ennius.     Eine  einleitung  in   das    Studium 
der  römischen  poesie.  St.  Petersburg  1884,  Ricker.  IX,  313  p.  8mk.  Aq. 

No.  10.  Unger,  Georg  Friedr.,  Kyaxares  und  Astyages.  München, 
Franz  1882.  4.  85  p.  2  mk.  50  p.  (Aus  abh.  der  bayer.  akad.).  — 
Mehlis,  C,  studien  zur  ältesten  geschichte  der  Rheinlande.  Mit  1  tafel 
und  10  Zeichnungen.  7  abth.  hrsg.  von  der  Pollichia.  Leipzig  1883, 
Duncker  u.  Humblot.  V,  42  p.  1  mk.  20  pf.  —  Bursian,  Conr.,  ge- 
schichte der  klassischen  philologie  in  Deutschland  von  den  anfangen 
bis  zur  gegenwart.  München,  Oldenbourg  1883.  8.  VIII,  1271  p. 
14  mk.  50  pf.  (Geschichte  der  wissensch.  in  Deutschland  neuerer  zeit. 
19.  bd.).    -H-n.    —     Ribbeck,  Otto,  Kolax.     Eine  ethologische  studie. 


420  Literatur.  Nr.  7. 

Leipzig  1883,  Hirzel.  113  p.  4.  (Abhandl.  der  sächs.  gesellsch.  der 
wiss.  phil.  hist.  cl.  bd.  IX,  1).  — iw.  —  Crusius,  Otto,  analecta  critica 
ad  paroemiographos  Graecos.  Accedunt  excerpta  ex  Demone  ntgi  ncc- 
QoijunJUf  grammatici  incerti  fragmentum  paroerniographicum.  Leipzig, 
Teubner  1883.  8.  176  p.  4  mk.  K.  V.  —  Adamy ,  Rud. ,  einfüh- 
rung  in  die  antike  kunstgeschichte.  Mit  123  illustr.  Hannover,  Hel- 
wing  1884.     8.     V,   194  p.     3  mk.     Sch[reibe)r. 

No.  11.  Aristotelis  quae  feruntur  Magna  Moralia  recogn.  Franc. 
Susemihl.  Leipzig,  Teubner  1883.  8.  XIX,  126  p.  1  mk.  20  pf. 
B(laß).  —  Schramm,  Rob.,  hülfstafeln  für  Chronologie.  Wien,  Gerolds 
söhn  1883.  4.  72  p.  4  mk.  80  pf.  —  Baedeker,  Karl,  Griechen- 
land handbuch  für  reisende  etc.  Leipzig,  Baedeker  1883.  8.  CXXII, 
371  p.     16.     7  mk.  50  pf.      Schr{eibe)r. 

Nr.  12.  J  i  c?  cc  %  r,  xwv  cJwcfix«  änoarölcov  ix  tov  IsQoaoXvfimxov  #«- 
QoyQcufov  vvv  nQtoTov  ixdi&o/nsvij  ....  vnb  cptkoftiov  Bgvsvviov. 
'Ev  KwvciaviivovnöXsi,  1883.  8.  Q/uO-'  et  75  p.  8.  A.  H(arnack).  — 
Schwartz,  F.  L.  W.,  prähistorisch-anthropologische  studien.  Mytholo- 
gisches und  kulturhistorisches.  Berlin  ,  Hertz  1884.  8.  VIII,  520  p 
12  mk.  —  Flach ,  Io. ,  biographi  Graeci  qui  ab  Hesychio  pendent. 
Berlin,  Calvary  u.  co.  1883.  8.  X,  150  p.  4  mk.  50  pf.  B{laß).  — 
Poetae  latini  aevi  Carolini  ed.  E.  Dümmler.  II.  Berlin,  Weidmann 
1883.     4.     480  p.     12  mk.     (Monumenta  Germ,  historica).     Eb{er)t. 

No.  13.  Penka ,  Karl,  Origines  Ariacae.  Linguistisch  -  chronolo- 
gische Untersuchungen  zur  ältesten  geschichte  der  arischen  Völker  und 
sprachen.  Teschen,  Prochaska  1883.  8.  IX,  214  p.  7  mk.  K(irch- 
ho)ff.  —  K.  Lehrs,  de  Aristarchi  studiis  Homericis.  Ed.  III.  Leipzig, 
Hirzel  1883.  8.  X,  505  p.  Cl(emrn).  —  Samwer,  Karl,  geschichte  des 
älteren  römischen  münzwesens  bis  ca.  200  n.  Chr.  (554  d.  stadt).  Aus 
den  hinterlassenen  papieren  hrsg.  v.  M.  Bahrfcldt.  Mit  1  tafel  und 
1  karte.     Wien,  Berlin  1883,  Kühl  in  comm.     215  p.     8.     7  mk.    W.P. 


Literatur  1883, 
(dem  Philologus  und  PhAnzeiger  zugesandt). 

Opitz,  Theod.,  In  Iulio  Floro  spicilegium  criticum.  Dresdae,  Teub- 
ner 1884.     8.     24  p.     4. 

Paucker ,  C.,  Supplementum  lexicorum  Latinorum.  Fascic.  IV. 
Berlin  1884,  Calvary.     8. 

Horatius  Flaccus,  Q.,  rec.  atque  interpretatus  est  Io.  Caspar  Orel- 
lius.  Ed.  minorem  textum  .  .  .  cur.  Gull.  Hirschfelder.  Vol.  II:  Sa- 
tirae,  Epistulae,  Ars  poetica.     Berlin  1884,  Calvary.     8. 

Schiller,  Hermann,  geschichte  der  römischen  kaiserzeit.  Erster 
band:  2.  abtheilung:  von  der  regierung  Vespasians  bis  zur  erhebung 
Diokletians.     Gotha,  Perthes  1883.     8.     p.  497—980.     9  mk. 

Luchs,  Aug.,  Commentationes  prosodiacae  PJautinae  I.  Erlangen, 
Deichert  1883.     4.     23  p. 

Lange,  Lud.,  de  sacrosanctae  potestatis  tribuniciae  natura  eiusque 
origine  commentatio.     Lipsiae  1883.     4.     43  p. 

Margoliouth,  David  S. ,  Studia  scenica.  Part  I,  section  1:  Intro- 
ductory  study  on  the  text  of  the  greek  dramas.  The  text  of  Sophocles 
Trachiniae  1-300.     London  1883.    8.     44  p. 

Ciceronis,  M.  Tullii,  orationes  selectae  scholai'um  in  usuni  ed. 
Herrn.  Nohl.  Vol.  I:  Oratio  pro  S.  ex.  Roscio  Amerino.  Lipsiae, 
Freytag  1884.     VIII,  40  p. 

Sittl,  Karl,  geschichte  der  griechischen  literatur  bis  auf  Alexander 
den  großen.     Theil  I.     Münden,  Ackermann  1884.     8.     357  -p. 


Nr.  8.  9.  September.  August  1884. 

Philologischer  Anzeiger. 

Herausgegeben  als    ergänzung   des   Philologus 


von 


Ernst  von  Leutscli. 


74.  Beiträge  zu  Hesiodos.  Von  dr.  Alois  Rzach.  Se- 
paratabdruck aus  den  „Wiener  Studien",  band  V,  heft  II.  Wien 
1883.     8.     30  p. 

Der  auf  dem  gebiet  der  Hesiodforschung  wohl  bewährte 
Verfasser  veröffentlicht  im  ersten  theile  seiner  tüchtigen ,  metho- 
dischen arbeit  eine  neue  collation  des  von  E.  Abel  in  Budapest 
verglichenen,  bisher  fast  unbeachteten  cod.  Ambrosianus  G  222 
inf.,  jedoch  nur  für  die  Werke  und  tage  :  die  abweichungen  der 
Aspis  hatte  Abel  selbst  bereits  in  einer  ungarischen  Zeitschrift 
für  philologie  mitgetheilt.  Da  die  aus  dem  13.  Jahrhundert 
stammende  handschrift  für  letzteres  gedieht  von  besonderer  be- 
deutung  ist ,  so  erörtert  Ezach  an  der  band  derselben  auf  acht 
Seiten  von  neuem  das  verhältniß,  in  welchem  die  einzelnen  Co- 
dices der  Aspis  zu  einander  stehen ,  und  erweist ,  daß  der  im 
13.  Jahrhundert  geschriebene  Laur.  XXXII,  16  (M)  und  jener 
Ambrosianus,  den  er  A  nennt,  „die  hervorragendsten  Vertreter 
zweier  verschiedener  handschriftenfamilien  repräsentieren" :  an 
dieselben  schließt  sich  einerseits  der  cod.  Laur.  2823,  2  (S)  und 
andererseits  die  handschriftenreihe  H  (Harl.  5724,  saec.  XIV), 
F  (Laur.  XXXI,  32,  saec.  XV)  und  p  (Med.  Dorvillii)  an. 
Zwischen  den  bezeichneten  gruppen  erhält  dann  das  paar  VC 
(Ven.  IX,  6,  saec.  XIV  und  Par.  2708,  saec.  XV)  seinen  platz, 
während  v  (Ven.  464,  saec.  XIV)  nur  geringen  werth  bean- 
spruchen darf:  denn  Demetrius  Triclinius  hat  theils  durch  ei- 
gene conjekturen,  theils  durch  Verschmelzung  der  Überlieferungen 
beider  handschriften  den  text  dieser  handschrift  sich  erst  ge- 
schaffen. Indem  Rzach  nun  einen  ursprünglichen  codex  „Q  und 
Philol.  Anz.  XIV.  29 


422  74.  Hesiodos.  Nr.  8. 

für  die  einzelnen  gruppen  je    eine   Zwischenstufe   der   Überliefe- 
rung ansetzt,  ergiebt  sich  folgendes  stemma: 


V        c 

Für  die  Werke  und  tage  begnügt  sich  der  verf.  mit  der 
mittheilung  der  collation,  ohne  auf  das  verhältniß  von  A  zu  den 
übrigen  handschriften  einzugehen:  er  beschränkt  sich  hier  auf 
anführung  der  augenfälligen  thatsache,  daß  A  mit  Par.  1310 
(1  bei  Köchly)  nahe  verwandt  sei,  und  fordert,  wie  schon  Abel, 
mit  recht,  daß  A  von  nun  an  im  kritischen  apparat  der  Erga 
die  stelle  von  1  vertrete.  Von  den  45  besonderheiten  der  les- 
art,  die  A,  von  1  abgesehen,  ganz  allein  hat,  finden  sich  17, 
wenn  ich  richtig  gezählt  habe ,  auch  in  1 ;  es  sind  darunter  so 
charakteristische ,  daß  sie  sich  nur  aus  der  benutzung  derselben 
quelle  erklären  *) :  daß  sich  daneben  an  ein  paar  stellen  in  1 
richtige  lesarten  finden ,  welche  der  anderen  handschriftenklasse 
angehören,  wo  A  einen  fehler  hat  (405  :  n?j  statt  n7j,  325  Qsia 
de  statt  gstcc  re,  458  dt)  statt  Öe ,  589  ßißlivoQ  statt  ßvßlivog) 
beweist  nur,  daß  1  nicht  direkt  aus  A  abgeschrieben  ist2),  was 
Rzach  (p.  1)  noch  unentschieden  läßt.  An  der  richtigkeit  einer 
Variante  kann  ich  einen  leisen  zweifei  nicht  unterdrücken.  Hat 
A  575  wirklich  y.aQq>ei  ?  Da  (i  und  einige  andere  handschriften 
mit  Tzetzes  xriyqirj  lesen,  so  möchte  ich  vermuthen ,  daß  in  A 
beide  lesarten  vereinigt  sind ,  also  dort  entweder  nÜQCpti  oder 
aäcprj  steht.  Die  stellen,  wo  M  und  A  übereinstimmen  —  es  sind 
circa  40  stellen  —  enthalten  meist  nur  die  gewöhnlichen  fehler : 
beachtenswert!»  ist  iy^mgiov  344  statt  des  allerdings  viel  bezeich- 

1)  So  326  RvsQtos  tüj  navQov  d'  Inl  statt  Uvi^i,  rw,  navQov  de  t 
ini ,  373,  die  umnetrische,  aber  verständlichere  Stellung  fxr,  de  tf* 
yvvi]  nvyoaiokog  vöov  i^ctnctiäTü)  für  /ur;  di  yvvfj  fff  vüop  nvyoarökog  iga- 
nccrdiWj  492  das  glossem  Itv/.öv  statt  nohöv ,  dann  Schreibfehler  wie 
ritQoinÖTtjs  statt  -7i6t?]tos  (777),  zugesetzte  oder  fortgelassene  partikeln 
(de-ri:  541.  554.  724.  821),  der  comparativ  o/vgiüngos  429  statt  des 
Superlativs  -jatog  u.  s.  w. 

2)  Darauf  weist  auch  284  hin :  ytvsi)  (AtTvnto&i  tekemrcu,  wo  A  Isi' 
ntrat,  und  1  ItmrjTai  hat,  zugleich  freilich  auch  ein  beweis,  wie  nahe 
sich  beide  handschriften  doch  wieder  berühren. 


Nr.  8.  74.  Hesiodos.  423 

nenderen  syxcopiop ,  x«xo??/r'  töe  740,  und  559  t  apiav,  wo  M 
röfiiov,  fj.  toj  fAiov,  BQV  ta/Aiav  haben,  wo  an  der  psilosis  also 
ebensowenig  zu  zweifeln  ist,  als  Gll  an  dem  doriseben  uno- 
öqinev  (M:  anodge/tetv),  von  dem  gleich  noch  die  rede  sein 
wird,  v.  169  und  v.  370 — 72  fehlen  auch  in  A.  Bei  dissensus 
zwischen  M  und  A  hat  man  sich  fast  durchweg  für  M  zu  ent- 
scheiden ;  also  auch  der  neuen  handschrift  gegenüber  bewahrt 
M  seine  vortrefflichkeit.  Hervorheben  will  ich  aus  diesem  übri- 
gens sehr  bedeutenden  dissensus,  daß  sich  v.  282  wie  in  B  (1. 
man.)  ß  (1),  so  auch  in  A  inl  o  q  x  o  v  findet,  was  Usener  be- 
kanntlich durch  coojektur  einführen  wollte,  357  xuv  [xe'yu  ge- 
lesen wird,  was  ich  für  das  richtige  halte,  693  tu  de  qoorta, 
das  also  doch  statt  xctl  cpoqzCu  beachtung  verdient.  Nicht  un- 
erwähnt soll  ferner  bleiben,  daß  v.  244,  welcher  nebst  dem  fol- 
genden verse  im  citate  bei  Aeschines  gegen  Ktesiphon  ausgelassen 
ist,  in  A  erst  am  rande  eine  stelle  gefunden  hat.  Auf  das  sonst 
hervorzuhebende  hat  der  verf.  selbst  durch  den  druck  gebührend 
hingewiesen. 

Im  zweiten  theil  seiner  schrift  giebt  Ezach  eine  große  an- 
zahl  von  bemerkungen  „zur  textkritik".  Von  den  20  stellen  der 
Erga ,  welche  er  hier  bespricht ,  stehen  7  stellen  mit  der  neuen 
vergleichung  von  A  in  näherem  oder  fernerem  Zusammenhang : 
am  wichtigsten  ist,  daß  sich  476  a'iQbiifAbfov  mit  äolischer  psilosis 
jetzt  auch  in  einem  codex  gefunden  hat,  daß  611  Göttlings  vermu- 
thung,  die  Variante  anoögmei*  solle  wohl  den  dorischen  infmitiv  ano- 
dqe'ne  v  (vgl.  Bergk,  P.  L.  II4,  p.  143)  vertreten,  glänzend  bestätigt 
wird,  und  endlich  647  xul  Xi/a6i>  uttqnnt,  also  mit  anzunehmender  sy- 
nizese,  am  schluß  des  verses  steht  3J.  Die  lesarten  ßut,ovte<j  sntaoi 
186,  izot>  199  und  ßöag  452  waren  schon  anderweit  beglaubigt :  ich 
bemerke,  daß  ich  auch  im  Sangallensis  so  gefunden  habe,  und  füge 
außerdem  hier  gleich  hinzu,  daß  derselbe  codex  das  von  den  heraus- 
gebern  für  xvgaat  eingesetzte  xvqaui  691,  wie  es  scheint  als  ein- 
zige handschrift,  wirklich  bietet.  Gleichwohl  halte  ich  nvg-aai 
(vgl.  xv(j-tü)),  wie  Rzach,  für  allein  berechtigt.  Auch  v.  785  hat 
derselbe  gelehrte  recht,  wenn  er  nach  der  handschriftlich  am 
besten    bezeugten   lesart    y.ovq\}  zt  ytitaQui    (so  auch  A)  „xovqy 

3)  Ich  berichtige  hier  ein  kleines  versehen  Rzachs.  Der  Turi- 
censis  hat  auch  nach  der  vod  mir  im  sommer  1881  vorgenommenen 
collation,  wie  Koechly  richtig  angibt,  in  maryine  die  Var.  yq.  ttnqnia 
koi/udy,  nicht  li/uvv;  er  begegnet  sich  hier  mit  Lenneps  Par.  V. 

29* 


424  74.  Hesiodus.  Nr.  8. 

ye  yeVficri^ai"  vorschlägt;  allein  zur  begründung  dieser  vermu- 
thung  wäre  statt  auf  v.  794  besser  auf  788  verwiesen  worden, 
wo  von  diesem  selbigen  tage,  welcher  für  die  geburt  der  mäd- 
chen  nicht  taugen  soll,  gesagt  wird :  'Ea&Xrj  d'  ävdgoyövog  ■  q>  i- 
Xsoi  öi  hs  {qiiXni  de  ze)  xegtofxa  ßd^siv  .  .  . 

Von  den  beiden  stellen,  welche  durch  anwendung  inschrift- 
licher funde  gebessert  werden  sollen ,  hat  meines  erachtens  nur 
Op.  198  gewonnen:  durch  aufnähme  von  cpägsoai  (statt  q>aghaai) 
xalvxpa [i- s  v  a  %QÖa  xalöv  (nachKaibelEpigr.gr.  1110)  kommt  die 
länge  von  qtägog  zu  ihrem  rechte-,  andrerseits  ist  klar,  wie  leicht  der 
ungewöhnliche  dual,  auch  abgesehen  von  ngoXm  6  vz1  dv&gwnovg 
199 ,  durch  das  gewöhnliche  xalvxpa/iivco  verdrängt  werden 
konnte. 

Diejenigen  in  der  schrift  enthaltenen  correkturen,  welche 
sich  auf  feststellung  des  dialektes  beziehen,  —  es  gehören  hiezu 
auch  fast  alle  zur  theogonie  beigebrachten  bemerkungen  —  ha- 
ben beinahe  sämmtlich  den  beifall  des  referenten.  Für  Op.  248 
kann  ich  hinzufügen  ,  daß  die  vulgäre  form  ßaailslg  statt  ßaar 
Xyeg  sich  auch  im  Turicensis  über  der  zeile  angedeutet  findet, 
wo  deutlich  die  silbe  ttg  zu  lesen  ist4).  Ueberhaupt  enthält  gerade 
diese  handschrift  sehr  viele  lesarten  beider  handschriftenklassen. 
Op.  443  entscheide  ich  mich  für  die  form  "Og  igyov  (xsIszkv 
Ideidf  x  a'vXavC  ilavvoi  (Rzach  auch  av  avlax?  slavvoi),  weil 
der  cod.  B  l&eiav  »'  avlax1  wirklich  bietet.  Die  Verlängerung 
des  versanfangenden  og  wäre  selbst  möglich,  wenn  egyov  nicht 
mit  p  anlautete,  wie  durch  X  236:  "Og  ezhjg  und  Q  154:  "Og  a|ee 
(Bekker  vermuthet  hier  freilich  "Og  pul-si)  zur  genüge  bewiesen  wird. 

Von  p.  21— -26  behandelt  der  verf.  stellen  aus  der  Aspis, 
für  welche  der  neue  codex  reiche  ausbeute  bietet.  Neu  bestä- 
tigt werden  von  ihm  zunächst  die  auch  anderweit  sicher  ge- 
stellten, neuerdings  bevorzugten  lesarten  zavvoqivgov  'Hlsxzgvm- 
vog  35,  zä  aqiiv  nolv  cpiXzega  &oir?]g  114,  (xögqsvoio  (statt  piog- 
cpvoio)  134,  äs&lq>  305,  sowie  die  auch  vom  homerischen  Sprach- 
gebrauch und  versbau  geforderten  formen  uazov  59  und  nagd 
317  (statt  des  apokopierten  nag)  in  der  thesis  vor  einfacher 
consonanz5).     Daß  v.  72  f. :  zig  xsv  ixeirov  "EzXi]  &t>t]zdg  idov  xaz- 

4)  Dial.  p.  407  wollte  Rzach  nach  Hermann  mit  cod.  Vit.  'Y/uiis 
cT,  w  /SßtftAijfff,  i  n  ii  q>Qu£ea&s  schreiben. 

5)  Auch  ixkoviovzo  hat  A  in  demselben  verse  bestätigt. 


Nr.  8.  74.  Hesiodos.  425 

svavziov  oQfx)]&tjvai,;  der  (in  MEEF  und  A  im  plur.  befindliche)  g  e- 
n  e  t  i  v  den  Vorzug  verdient,  halte  ich  insbesondere  mit  rücksicht 
auf  den  Sprachgebrauch  von  OQptrj&^vai  (J335,  7V559,  ^488,  <Z> 
595),  ebenfalls  für  wahrscheinlich,  das  in  bedeutung  „gegen 
jemand  anstürmen"  keinen  dativ  zuläßt.  V.  54  verlangt  Rzach 
nunmehr:  Tbv  8"1  aga  'IqiixXtju  Sogvaaoqi  (so  auch  A)  ' A^i- 
qtizgvojvi  anstatt  Avzäg  '/cpixlrja  ).aoaaöq>:  eher  dürfte  sich  Tbv 
8"  a  v  z'  'IcptxlTjo.  empfehlen,  denn  das  digamma  ist  vor  Wörtern 
von  demselben  stamme  auch  sonst  verletzt :  so  X  805 :  Typ  8l: 
pBt''  'Iq>t[t48siav  und  im  Scutum  selbst  111:  Ovo''  'IqtatXeidtjv  8si- 
Si^szat.  Bei  behandlung  von  v.  155:  'Ev  ö'  ouaSög  zs  qiößog 
t"1  avdooxiaaii]  zs  SeSi'jsi  geht  Rzach  insofern  von  einem  irrthum 
aus,  als  „die  homerische  redensart  va^lvai  zs  [*u%ai  r'  av8go- 
xzaaiai  ztu  ,  worauf  sich  Hermann  bei  vertheidigung  der  lesart 
von  M:  yövog  z  äiSgoxzaßi'tj  zs  bezogen  haben  soll,  doch  mehr 
als  dies,  daß  es  eine  genaue  parallelstelle  ist,  Ä612:  '  Tapii- 
val  zs  (id-Xai  7S  (pövot  r'  ar8goy.zaaCai  zs.  Darum  ist  es  denn 
auch  nicht  richtig ,  wenn  Rzach  dann  weiter  sagt :  „hier  (bei 
Homer)  haben  wir  drei  synonyma  vor  uns  vGpivai,  nü%ai  und 
ävögoxTaaiai,  wogegen  in  dem  hesiodeischen  verse  ganz  offenbar 
eine  Steigerung  der  begriffe  vom  &6gvßog  bis  zur  avdgoxraait] 
beabsichtigt  wird".  'Ta/ulvai  ze  ti(*xai  'ls  stehen  einander  ebenso 
parallel  wie  cpövoi  t'  av Sgoxzaotai  zs :  alternierend  entsprechen 
sich  die  begriffe  Theog.  228 :  '  Tö/xivag  zs  <Pövovg  zs  Mu%ag  r' 
j4v8goy.zuaiag  zs ,  für  sich  steht  jeder  begriff  Q  548.  Also  un- 
möglich ist  yövog  auch  bei  Hesiod  nicht,  wenngleich  der  paral- 
lelismus  des  folgenden  verses:  'Ev  <5'  "Egig,  iv  8s  KvSoiubg  i&v- 
veov,  sp  Ö'  oXotj  KfjQ,  wo  wort  für  wort  unserem  verse  entspricht, 
die  von  Rzach  vertheidigte  lesart  des  Ambrosianus  entschieden 
begünstigt.  KvSotfibg  ist  gn'C«,  cpößov  xgvosvzog  szalgrj  (/,  2), 
und  so  nimmt  der  dichter  von  2  218:  uzag  Tgäsaaiv  iv  aa- 
nszov  agas  nvöoiftop  dies  wort  ganz  in  demselben  sinne  wie  bei- 
spielsweise der  dichter  von  N  362:  'Idofxsvsvg  Tgtäsaai  [iszd).- 
Hsvog  iv  cpößov  a>gas  das  gewöhnlichere  qößog  faßt. 

V.  149  fordert  Rzach :  EfstXir\,  r\  gu  vöov  zs  nai  ix  ygbvctg 
sllszo  qxoTwv  gegen  Flach,  der  ai'ivzo  einsetzte,  die  Wiederher- 
stellung des  auch  von  A  gebotenen  sllszo.  Mit  vollem  rechte : 
denn  hier  können  nur  Z,  311  und  T  137,  nicht  aber  d  531 
E  155,   worauf  Flach  verwies,  in  betracht  kommen,     Dort  und 


426  74.  Hesiodos.  Nr.  8. 

bei  Hesiod  bandelt  sicbs  um  betbörung  und  Verblendung  des 
gesunden  sinnes ,  an  den  letzteren  stellen  bingegen  um  be- 
raubung  des  lebens ,  und  für  letzteren  begriff  ist  aivvro  pas- 
send. Ob  freilich  aus  M  ivl  %£qo)v  i^ovtsg  188  und  292 
herzustellen  ist,  halte  ich  nach  den  beobacbtungen  von  La 
Koche  Zeitschrift  für  österreichische  gymnasien  1876,  p.  413  ff. 
für  sehr  zweifelhaft:  wenigstens  ist  die  Überlieferung  bei  Ho- 
mer vor  consonantischem  anlaut  im  4.  fuße  durchaus  für  iv 
und  nicht  ivi ,  namentlich  steht  überall  iv  xsqgi  und  iv  #£»(>/; 
so  auch  J£  551  :  Hf/oav  6%?[ac  Sne/rdtrag  iv  %sqgiv  'i^oi'Tsg^  worauf 
Scutum  292  zurückgeht. 

Wenn  Rzach  p.  15  Op.  353  f.: 

7ov  q>iXs6vra  qiiXetv  xal  7^>  tiqociÖvti  ngoanvai* 
xal  d6[*sr,  og  xsv  öw,  xa)  fit]  So'jmsj',  og  xsv  fjtr/  dcp 
wegen  der  reminiscenz  an  unsere  stelle ,  welche  Epigr.  gramm. 
65  Kaibel :  Kai  to  8ixaioGvv[7]t  re  cfilo\v  te  (plXoiai  ngoaetvai 
enthalten  soll,  ngoashai  mit  Ruhnken  für  nagsivat  nimmt,  so 
kann  der  umstand ,  daß  ein  epigramm  aus  dem  4.  Jahrhundert 
das  wort  wirklich  so  gebraucht  hat  —  gleichviel,  ob  dabei  die 
Hesiodstelle  vorschwebte  oder  nicht  —  für  den  Zusammenhang 
des  dichters  und  seine  eigene  auffassung  billigerweise  gar  nicht 
in  betracht  kommen,  und  Schömanns  bedenken  (comm.  crit.  p.  38) 
TtQnaeh'ui  könne  —  natürlich  im  älteren  griechisch  —  nicht 
mit  nagslrai  adesse  alicui  identisch  sein,  wird  dadurch  eigent- 
lich nicht  widerlegt.  Ich  nehme  an ,  daß  Rzach  tjqogzTvcu  von 
slfil  ableiten  will :  dann  verlangt  aber  die  gleichheit  des  ausdrucks 
nach  wie  vor,  daß  auch  das  voraufgehende  participium  von  dem- 
selben verbum  herkommt,  und  die  änderung  von  ngoosövri  wäre 
unabweisbar:  selbst  wenn  man  ngoaiorri  so  ohne  weiteren  zusatz 
mit  Rzach  im  sinne  von  „freundlich  an  jemand  herantreten" 
auffassen  könnte,  bliebe  jene  forderung  bestehen.  Die  inconcin- 
nität  mit  v.  354  sucht  Rzach  durch  Streichung  dieses  verses  zu 
beseitigen  :  was  wird  denn  eigentlich  durch  dies  immerhin  radi- 
kale mittel  gewonnen?  nicht  nur  die  in  v.  354,  sondern  auch 
die  im  folgenden  verse  enthaltene  parallele  gnome : 
Scotij  fisv  7i g  üdojxsr,  adcÖTy  5'  ovtig  edmxFV 
verlangt  denselben  gegensatz ,  den  Hartel  (Zeitschrift  für  österr. 
gymnasien  XXVII,  629)  bei  der  vorgeschlagenen  auffassung 
vermißte,  und  Rzach  wird  kaum  lust  haben,  auch  diesen  wieder 


Nr.  8.  74.  Hesioclos.  427 

mit  den  folgenden  versen  durch  ein ,  wenn  auch  lockeres  band 
verknüpften  vers  zu  opfern.  Ob  v.  354  übrigens  vom  dichter 
herrührt  oder  von  diesem  schon  vorgefunden  ist,  ist  meiner  mei- 
nung  nach  ziemlich  gleichgültig :  die  ganze  partie  enthält  die 
ethische  anschauung  des  griechischen  oder  sagen  wir  lieber  des 
volkes  überhaupt,  wie  ich  sie  am  entschiedensten  bei  Theognis 
ausgesprochen  gefunden  habe,  wenn  er  sagt  (869  ff.): 

Bf  [*ot   snetra   niaoi  fisyag   ovgavog   svgvg  vnsg&sv 
£«Ax«0£,   Kr&QC07io3i>  8a(fAU  ^afiatysiscov, 

sl  y.rj  iyo)  rolaiv  ph'  ixcagxeöoo  oi  fis  tptXevoiv, 
toTg  i%&goig  dvi't]  xa)  (xiya  nr\yC  eaofiai. 
Es  kann  also  wohl  kaum  zweifelhaft  sein,  wie  der  dichter,  welchem 
wir  die  Verkettung  jener  verse  bei  Hesiod  verdanken,  v.  353 
aufgefaßt  hat,  insbesondere,  daß  er  das  schließende  verbum  von 
Hf/i  abgeleitet  hat,  und  daran  ist  unter  allen  umständen  festzu- 
halten ,  gleichviel  ob  ngoaslvai ,  ngoaTvai  oder  TzgoaT/xfv  gelesen 
werden  muß ,  eine  frage ,  auf  welche  ich  hier  übrigens  nicht 
weiter  eingehen  will. 

Theog.  982:  Prjgvovm,  top  xzeive  ßhj  'HgaulrjEirj  verlangt 
Rzach  jetzt  (p.  12)  mit  rücksicht  auf  schol.  Monac.  rrjgvovtjv, 
wie  dort  als  Variante  angeführt  wird :  aber  ich  glaube,  daß  der 
cod.  Emm. ,  der  rqgvovrj  bietet,  uns  nicht  nur  einen  fingerzeig 
für  die  ursprüngliche  Schreibung,  sondern  diese  selbst  bietet. 
Auch  Hermann  wollte  ja  so  lesen  und  verwies  auf  r  136:  '  AlV 
'Odvarj  no&sovaa  .  .  .,  wo  La  Roche  Porsons  besserung,  welcher 
dort  die  handschriftliche  autorität  fehlt,  freilich  wieder  verdrängt 
hat,  jedoch  nicht  ohne  durchblicken  zu  lassen,  daß  sie  auch  ihm 
gefallen  hat.  z/384:  "£#-#'  alt1  ayysUrjv  snl  TvÖij  arellav 
\Aia.ioi  und  0  339:  Myniarjj  <5'  sie  Tlovlv8(i(iag ,  wo  gute 
handschriftliche  gewähr  —  in  J  sogar  der  Ven.  A  —  hin- 
zukommt ,  hat  er  die  contrahierten  formen  gleich  Bekker  aufge- 
nommen und  würde  dasselbe  jetzt  wahrscheinlich  auch  t  136  thun. 
Die  alten  grammatiker  schwankten  in  diesem  falle  ebenso  wie  die 
neueren.  Dies  schwanken  zeigen  die  lesarten  0  339  ganz  deutlich, 
wo  zwei  handschriften  ^iijxiaztjr,  der  Cant.  ftqxiorjjv  und  C  \ir\- 
atr?  (v  add.  2  man.)  hat.  Ich  kann  mich  unter  diesen  umstän- 
den nicht  entschließen  rygvovqv  einzusetzen ,  es  sei  denn  ,  daß 
man  beispielsweise  auch  ngofirjöra  Theog.  510  und  'Enifx^dea 
511    als  „ionismen"  verdrängen  und    durch  einen   „äolismus"   er- 


428  74.  Hesiodos.  Nr.  8. 

setzen  wollte,  wie  denn  Fick  die  homerische  Odyssee  in  ihrer 
ursprünglichen  sprachform  t  136  fragt:  „oder  ,08ügtjv?u  (Sein 
text  bietet:  ' AlXa  noGiv  no&ioiaa  cpilov). 

Bei  dem  durch  Fulgentius  überlieferten  fragmente  188  K., 
an  dessen  hesiodeischem  Ursprünge  Ezach  (p.  28)  übrigens  mit 
recht  zweifelt  —  es  scheint  vielmehr  von  einem  alexandrinischen 
dichter,  Unger  meinte  von  Euphorion,  zu  stammen  —  ist  richtig 
von  E.  Ungers  herstellung  (Philol.  IV,  723  f.)  ausgegangen. 
Dieser  hat  den  verworrenen  lateinischen  buchstaben  scharfsinnig 
die  griechischen  worte  entlockt: 

Tlgoitog  GTacpvhämv 
sv  XaxTt'CoiASvoov  al/xoGTayseGGi  Soogoigip. 
Da  die  spuren  der  handschriften  (Leid,  et  Bodl.  ap.  Gaisf.  se- 
morum,  Bern,  semoru,  Goth.  aiuaticc  dP(a*bOG)  aber  vielmehr 
darauf  hinweisen,  daß  der  zweite  theil  des  zu  erwartenden  com- 
positums  mit  g  anfing,  so  schlug  Ezach  statt  alfxoöTayieaai  al- 
poggayisGGi  vor.  Noch  näher  aber  liegt  den  überlieferten  zügen 
aifiOQ  q  äv  t  o  ig i.  Ai{xan  ö'  iggdSuTai  toT^oi  sagt  Homer  v  354 
und  M  431  f.:  nvgyoi  ...  aifACtvi  qxarttv  'Eggaöaio:  im  übrigen 
vergl.  man  namentlich  Pind.  Pyth.  V,  134(98):  ueyaläv  ö'  age- 
täv  |  ÖQOGq)  jAal&aHa  |  q  ai>&  sl g av  und  Aesch.  Ag.  1343  f.: 
KattCfvamv  6%eTap  aipiatog  Gcpayi'jv  BäXXei  ft'  ige/Aty  \puxddi  qpot- 
viag  Sqogov. 

Das  verderbte  Fragm.  96,  7:  ügaroi  ö1  iazia  &&gguv  vscog 
nrsga  novronögoto  sucht  Ezach  (p.  28)  durch  die  correktur  Igii 
s&£t>  vqog  7TTSQa  770vzo7toqoio  in  Ordnung  zu  bringen,  und  ich 
gestehe,  daß  dies  auch  mir  einmal  eingefallen  ist.  Aber  es  hat 
immer  etwas  mißliches,  vereinzelte  formen  für  einen  bestimmten 
zweck  zu  bilden,  und  ich  möchte  mich  daher  trotz  der  analogie 
von  s8ov  nicht  zur  aufnähme  von  'i&sv  entschließen.  Daß  Ezach 
von  Op.  628: 

sixÖGfimg   GtoliGag  rqbg  msga  novtonugoio 
ausgegangen  ist,  halte  ich  für  richtig,  jene  andere  stelle  ist  da- 
nach gebildet:    aber  ich  denke,    sie  lautete  derselben  ursprüng- 
lich noch  ähnlicher,  nämlich: 

TzgcoTOi  ö'  8  gi 6 X  ig av  v  t] 6  g  nzega  n ovt o  nö go  10. 
Der  kühne  tropus  veranlaßte  die  erklärung  Igtici,    die  von  ihrer 
stelle    über    der    zeile    in    den    text    drang    und  sGtoliGav  ver- 
drängte.    Um  ein  verbum  zu  haben  und  dem  metrum  nothdürftig  zu 


Nr.  8.  75.  Sophokles.  4-29 

genügen,  fügte  man  die  mißbildung  Oscaav  ein,  deren  doppeltes 
a  an  so  mancher  anderen  Verdoppelung  —  allerdings  fälschlich 
angenommene   —  analogieen  zu  haben  schien. 

Ich  schließe  hier  gleich  die  behandlung  eines  anderen  ver- 
ses  aus  den  fragmenten  an,  bei  Göttling-  Flach  nr.  217.  Der 
scholiast  zu  Piatos  Phädrus  p.  260  C  führt  die  Worte  an: 

et  8s   xuza   onslgaig,   nana  xsv   dfirjauio  —   xul   näXiv  ' 

hg   8s   xaxd   anstgst,   üsqisi  nana   x/jSsa   naiaiv. 
Aus   den    von   Rose    im  Hermes  (bd.  V,  354  ff.)    veröffentlichten 
excerpten    eines  Oxforder  commentars   zur    ethik  des  Aristoteles 
erfahren   wir   aber    von    einem    hesiodischen  verse  aus  den  sgya 
[isyuta,  welcher  dort  so  citirt  wird: 

Ei  xuxd  zig  anst'gai,  xaxd   xe'gSsd  x'  d^tjasisv. 
Meiner  ansieht  nach  sind  nun  in  dem    letzteren  verse  zwei  ver- 
schiedene   gnomen    durch  einander  geflossen ,    die   uns  der  scho- 
liast des  Plato  noch  deutlich  erkennen   läßt.     Die    form  der  er- 
sten sentenz  schloß  sich  an  Op.  721  an  (vgl.  Alcäus  fr.  83  Bergk) : 

et  8s  xaxov  sinrjg,  zd%a  x'   avzbg  jasi^ov  uxovaaig 
und  lautete  also  wohl : 

et  8s  xaxd  anslgijg,    zd^a  'Aai   tf^x«  *    dfxi]asiag ; 
in  der  zweiten  sentenz,  welche  von  der  ersten  insofern  verschie- 
den ist,  daß  sie  auch  den  kindern  des  übelthäters  Unglück  ver- 
heißt, ist  zu  lesen : 

og  8s  xaxä  a7isiQfj,  dsgisl  xaxd  xsg8sa  naiatv. 
Der  schluß  der  schrift  (p.  26 — 30)  enthält  eine  art  von 
epikrisis  der  zuletzt  von  Kinkel  herausgegebenen  hesiodeischen 
fragmente:  auch  die  hier  vorgetragenen  bemerkungen  haben 
meistenteils  große  probabilität.  Daß  fr.  172,2  statt  ngmzov  [xsv 
6V  s l  g  86ftov  eiaacptxTjai,  "EgSsiv  Isgd  xaXd  &solg  aisiysvszrjGtv6) 
vielmehr  6z'  a  v  86/jiov  elöacpixtjai  zu  schreiben  ist ,  hätte  Ezach 
auch  durch  den  epischen  Sprachgebrauch  von  eiaacptxsa&at  be- 
legen können,  das  stets  den  bloßen  aecusativ  des  zieles  bei  sich 
hat.  Vgl.  ju  84:  xollov  ansog  slaucpixoizo  und  besonders  T  336  : 
Mi]  xal  vnsg  [xoigap  8dfiov"Ai8og  slaacpixtjai. 

6)  Erga  336:  Kad  dvva^iiv  d'  fgdeiv  leg'  cc&avcfroiffi  &tolßu'. 

Rudolf  Peppmüller. 

75.  J.  Gilbert,  Meletemata  Sophoclea.  Diss,  inaug. 
Lipsiensis.     Dresdae  1883,  Teubner.     38  p.      8. 


430  75.  Sophokles.  Nr.  8. 

Die  arbeit  enthält  emendationsvorschläge  zu  stellen  aus  allen 
tragödien  (die  Elektra  ausgenommen) ,  als  anhang  im  anschluß 
an  Oed.  Col.  966  auch  zu  einer  stelle  aus  Piatons  Symposion. 
Sie  zeigt  selbständiges  nachdenken  und  macht  hie  und  da  auf 
Schwierigkeiten  aufmerksam ,  die  bisher  übersehen  sind.  Schon 
darin  liegt  ein  verdienst ,  wenn  man  auch  die  emendationen, 
durch  welche  die  Schwierigkeiten  beseitigt  werden  sollen ,  nicht 
billigen  will.  So  mag  immerhin  Aias  1196  hoivov  "Agrj  bisher 
noch  nicht  in  einer  allen  völlig  genügenden  weise  erklärt  sein; 
die  vorgeschlagene,  viel  zu  gewaltsame  emendation  aber  7iqk>toq 
statt  xoiiöi',  die  freilich  dem  sinne  nach  gar  nichts  zu  wünschen 
übrig  läßt,  wird  noch  viel  weniger  allgemeine  Zustimmung  finden. 
Dagegen  ist  die  erklärung  von  noitov  Aias  1217  (als  zu  Iva 
zu  beziehen)  beachtenswerth  und  die  dazu  aus  der  Odyssee  (a 
424)  citierte  stelle  treffend  herangezogen.  Auch  Gilberts  Vor- 
schlag, die  verzweifelte  stelle  in  der  Antigone  351  Innov  s£ezai 
dadurch  zu  heilen,  daß  man  liest  innov  icpt&iai  a[Aqiiloq)ov  oder, 
wozu  er  sich  durch  unnöthige  skrupel  bewogen  noch  mehr  neigt, 
innov  iq,i&70  Ta/jqiClofpov,  mag  ich  um  so  weniger  ganz  ablehnen, 
als  ich  selber  wiederholt  an  diese  möglichkeit  (d.  h.  den  ersteren 
von  den  beiden  vorschlagen)  gedacht  habe,  nur  daß  es  mir  nach 
der  Überlieferung  noch  näher  zu  liegen  scheint  dve^szai  zu 
schreiben.  Dagegen  sehe  ich  in  Antig.  525  xmovg  gar  keine 
Schwierigkeit  und  trotz  Nauck  und  M.  Schmidt  gar  keine  nöthi- 
gung  zu  einer  änderung.  Beziehungslos  ist  xelvovg  durchaus 
nicht  ;  es  bekommt  klaren ,  deutlichen  sinn  durch  das  voraufge- 
hende Harro.  Es  sind  die  todten,  die  jenseitigen,  für  die  Anti- 
gone eben  so  energisch  eintritt,  wie  Kreon  für  die  lebenden,  für 
die  irdischen  Verhältnisse.  Etwas  ganz  ähnliches  sagt  Kreon 
777  mit  den  worten:  "j4idi]v,  ov  ftovov  oeßet  &?<5v.  Sehr  bedenk- 
lich ist  es  auch ,  mit  Gilbert  aus  v.  754  durch  konjektur  das 
ulatxov  entfernen  zu  wollen.  Bisher  hat  auch  niemand  daran 
anstoß  genommen ,  und  was  Gilbert ,  um  seine  vermuthung  zu 
begründen,  hinzufügt,  ist  höchstens  darzuthun  geeignet,  daß  auch 
das  von  ihm  vorgeschlagene  in  den  Zusammenhang  der  rede  paßt, 
nicht  aber  geeignet,  das  überlieferte  als  korruptel  zu  verdächtigen. 

In  v.  888  ist  zwar  das  zvftßsvsiv  ungewöhnlich;  aber  ich 
halte  es  doch  für  kritisch  sicherer  den  intransitiven  gebrauch 
hier  anzunehmen,  als  mit  beibehaltixng  des  überlieferten  %Qij  (statt 


Nr.  8.  76.  Sophokles.  431 

der  leisen  änderung  %q\i)  im  vorangehenden  verse  den  vers  sel- 
ber zu  schreiben,  wie  Gilbert  vorschlägt: 

Sit'  ovv  roiavTiq  £,ä>Gav  v/jtrsiv  s  v  arty^. 
Mir  ist  vpirelv  ganz  unwahrscheinlich  in  diesem  zusammenhange, 
und  auch  metrisch  ist  der  neu  gewonnene  vers  nicht  ohne  an- 
stoß.  Im  0.  R.  122  f.  bezweifelt  Gilbert  die  richtigkeit  des  ?.?]- 
aräq  und  rtv,  und  seine  bedenken  sind  ja  auch  nicht  ohne 
grund ;  nur  schafft  sein  heilungsversuch  XjiataTg  und  tiv"1  die 
Schwierigkeit  gar  nicht  fort ;  denn  das  ov  paä  Qco/jrj  ist  in  Ver- 
bindung mit  Xtjatalg  nicht  viel  leichter  zu  verstehen,  als  in  der 
grammatisch  zwar  etwas  näheren,  aber  dem  sinne  nach  nicht 
mehr  befremdenden  Verbindung  mit  X^tsrag.  In  Trach.  137 
könnte  ich  mich  wohl  mit  der  Schreibung  iv  llnimv  einverstan- 
den erklären,  wenn  sie  nur  nicht  die  änderung  tdrö'1  (statt  r«j') 
nach  sich  zöge,  die  ich  nicht  billigen  kann.  Trach.  564  scheint 
mir  die  vorgeschlagene  lesung  unnöthig;  das  überlieferte  ist  voll- 
kommen verständlich ;  oder,  wenn  denn  doch  geändert  werden 
soll,  so  ist  der  Vorschlag  von  Nauck  oder  von  Cobet  vorzuziehen. 
Dagegen  scheint  mir  Trach.  1202  Gilberts  konjektur  sg  t'  dsi 
statt  nauel  sehr  annehmbar,  wenn  auch  nicht  unbedingt  nöthig ; 
ebenso  sein  Vorschlag  Phil.  1103  y.dv  (Aoftdep  zu  lesen  statt  xal 
fiöxdoo.  In  den  aus  Oed.  Col.  behandelten  stellen  kann  ich  dem 
verf.  in  seinen  kritischen  bedenken  nicht  folgen ;  ich  meine,  daß 
die  Überlieferung  sehr  wohl  erklärt  werden  kann  und  bereits  ge- 
nügend erklärt  ist;  doch  verdient  das,  was  Gilbert  bei  v.  966 
über  den  gebrauch  von  ctvtöv  für  qiavTov  auseinandersetzt,  ge- 
wiß beachtung.  Frans  Kern. 

76.  Emil  Müller,  beitrage  zur  erklärung  und  kritik  des 
königs  Oedipus  des  Sophokles.  I.  u.  II.  beigäbe  zu  den  Jah- 
resber.  der  Fürstenschule  zu  Grimma  über  die  Schuljahre  1882/3 
und  1883/4.     71   p.     4. 

Wer  den  anfang  dieser  abhandlung  liest,  wird  eine  ausführ- 
liche ,  allseitige ,  das  ganze  stück  und  alle  momente  der  hand- 
lung  berücksichtigende  erörterung  über  den  charakter  des  haupt- 
helden  erwarten  und  ist  einigermaßen  enttäuscht,  wenn  er  sieht, 
wie  die  ganze  ausführung  in  der  bekannten  königsrede  216  ff. 
stecken  bleibt  Der  verf.  scheute  sich  wohl,  ex  professo  das  alte, 
vielbehandelte  thema  wieder  zum  gegenstände  einer  abhandlung 


432  76.  Sophokles.  Nr.  8. 

zu  machen.  Er  hatte  aber  keinen  grund  sich  zu  scheuen,  da 
eine  so  eindringliche  und  so  zu  sagen  energische  erörterung  der 
frage  immer  am  platze  ist.  Vielleicht  nirgends  dürfte  so  ein- 
leuchtend dargethan  sein,  daß  die  Umstellung  der  v.  246 — 251 
nach  272  den  schluß  der  rede  bedeutend  schädigt  und  zusam- 
mengehöriges gewaltsam  auseinanderreißt.  Ich  finde  hierin  das 
bemerkenswerteste  resultat  der  abhandlung,  da  ich  dem  nach- 
weise, daß  mit  ibv  ardga  rovtov  236  der  hehler  des  mordes 
gemeint  sei,  meine  Zustimmung  versagen  muß.  Es  verdient  zwar 
vieles  von  dem,  was  der  verf.  vorbringt,  beachtung  und  manches 
ist  geeignet  denjenigen,  welcher  anderer  ansieht  ist,  stutzig  zu 
machen.  Aber  was  will  das  alles  heißen  der  ausdrücklichen 
angäbe  des  dichters  gegenüber,  welche  in  mg  fiiäanajog  iov8' 
ri(x\v  ovtog  241  vorliegt?  Die  erklärung  „da  dieses  —  nemlich 
das  hehlen  des  mörders  —  befleckung  für  uns  ist"  thut  den 
Worten  gewalt  an  und  der  zusatz  äg  ro  I7v&ixvv  &sov  (xavtslov 
Qicpyvev  agricog  s/xoi  weist  so  deutlich  als  nur  immer  möglich 
auf  ntctapa  %c6gag ,  ciog  Te&Qa(,i(itivov  %&ovl  iv  t^j8}  iXavvsiv  97 
zurück,  wo  doch  wahrhaftig  nicht  von  dem  hehler,  sondern  von 
dem  mörder  die  rede  ist.  Wenn  man  aber  unter  zovtov  tov 
av8ga  den  mörder  verstehen  muß,  dann  bleibt  die  in  tolade  251 
liegende  Schwierigkeit,  welche  der  verf.  anerkennt,  und  so  hat 
niemand  mehr  als  er  dargethan,  daß  die  athetese  der  v.  246 — 
251,  welche  er  abwenden  will,  zu  recht  besteht  und  den  einzigen 
ausweg  aus  dem  wirrsal  bietet.  Bei  236 — 243  hat  der  dichter 
offenbar  die  absieht,  den  Oedipus  sich  selbst  verfluchen  zu  lassen, 
und  da  die  stelle  in  Plat.  Legg.  IX,  874  A  auf  eine  sitte  hin- 
weist, den  unbekannten  mörder  zu  verfluchen  und  ihm  das  be- 
treten der  tempel  und  des  ganzen  landes  zu  verbieten ,  so  ent- 
hielt diese  sitte  motivierung  genug,  um  jenen  fluch  anzubringen, 
so  daß  man  alle  bedenklichkeiten,  welche  der  verf.  dagegen  vor- 
bringt, ruhig  bei  seite  lassen  kann.  Ganz  ähnlich  verhält  es 
sich  mit  der  Volksversammlung,  welche  man  nach  der  darlegung 
des  verf.  dem  v.  144  entsprechend  annehmen,  zugleich  mit  der 
chor  auftreten,  nach  schluß  der  rede  des  Oedipus  275  ohne  der 
chor  abtreten  lassen  soll.  Mit  144  will  der  dichter  weiter  nichts 
als  das  auftreten  des  chors  motivieren ;  mehr  darf  man  nicht 
dahinter  suchen;  die  masse  von  Statisten  werden  wir  ohnedies 
gern  entbehren.  N.   Wechlein. 


Nr.  8.  77.  Aristophanes.  433 

77.  Les  scolies  du  manuscrit  d'Aristophane  ä  Eavenne.  Etüde 
etcollationparM.  Albert  Martin.  Paris,  Thorin  1882.  8.  XXVIII, 
223  p.     (Biblioth.  des  ^coles  fran<j.  d'Athenes  et  de  Eome  fasc.  27. 

Eine  neue  ausgäbe  der  Aristophanes-scbolien  ist  ein  allseitig 
empfundenes  bedürfnis.  Die  bisherigen  ausgaben  bieten  ein  wü- 
stes Sammelsurium ,  in  welchem  man  sich  nur  mit  großer  mühe 
zurechtfinden  kann.  Der  künftige  herausgeber  wird  sich  nicht 
damit  begnügen  dürfen  bei  den  einzelnen  scholien  anzugeben, 
in  welchen  handschriften  sie  sich  finden,  er  wird  vor  allem  eine 
durchgreifende  trennung  alter  und  byzantinischer  scholien  vor- 
nehmen und  die  sinnlose  contamination  sehr  werthvoller  scholien 
und  ganz  unbrauchbarer  notizen,  die  bisher  in  den  ausgaben  ge- 
herrscht hat,  vollständig  beseitigen  müssen.  Durch  die  ausschei- 
dung  vieler  für  die  erklärung  des  dichters  sowohl  als  in  gramma- 
tischer und  antiquarischer  beziehung  werthlosen  und  entbehrli- 
chen notizen  und  glossen  wird  das  scholien-corpus  in  sehr  zweck- 
mäßiger weise  entlastet  werden.  Die  nothwendigen  Vorbedin- 
gungen für  diese  arbeit  sind  aber  eine  sorgfältige  prüfuug  der 
wichtigsten  handschriften  und  ihre  classificierung.  Die  schrift 
von  A.  Martin  darf  in  gewissem  sinne  als  eine  solche  Vorarbeit 
bezeichnet  werden,  da  sie  uns  eine  genaue  kenntnis  der  scholien 
des  Eavennas  vermitteln  will.  Es  muß  bald  von  vorn  herein 
bemerkt  werden ,  daß  der  aufgewandte  Heiß  zwar  alle  anerken- 
nung  verdient ,  daß  die  arbeit  aber  durchaus  nicht  die  großen 
resultate  geliefert  hat,  die  der  Verfasser  sich  vielleicht  von  ihr 
versprochen  hatte.  Denn  erstens  hatte  bereits  Dindorf  eine  voll- 
ständige und  im  allgemeinen  ziemlich  sorgfältige  collation  des 
Eavennas,  sodann  aber  hat  diese  handschrift,  wie  jeder  kenner 
der  Aristophanes-scbolien  weiß,  bei  weitem  nicht  denselben  werth 
für  die  scholien  wie  für  den  text  des  dichters:  der  Venetus  und 
andere  handschriften  sind  vollständiger  und  zeigen  vielfach  eine 
bessere  Überlieferung  als  der  Eavennas. 

In  der  vorrede  gibt  Martin  zuerst  eine  kurze  geschichte  des 
Eavennas.  Die  handschrift  kam  wahrscheinlich  unter  der  regie- 
rung  des  herzogs  Federico  di  Montefeltro  (f  1482)  nach  Urbino 
und  verschwand  von  da  um  das  jähr  1503,  nach  Eavenna  ge- 
langte sie  nach  1698.  Es  folgt  eine  genaue  beschreibung  der 
handschrift.  Martin  unterscheidet  zwei  hände :  von  der  einen 
(R1)  sind  der  ganze  text  und  die  schoben  der  fünf  ersten  stücke 


434  77.  Aristophanes.  Nr.  8. 

(Plutos  Wolken  Frösche  Vögel  Frieden),  von  der  andern  (E2) 
die  scholien  der  sechs  übrigen  stücke  geschrieben.  (A.  v.  Velsen 
unterschied  ebenfalls  zwei  hände,  meinte  aber,  der  eine  Schreiber 
habe  nur  den  text,  der  andere  sämmtliche  scholien  geschrieben). 
Der  erste  Schreiber  copierte  seine  vorläge  sorgfältig,  nur  aus 
rücksicht  auf  den  räum  und  auf  eleganz  kürzte  er  einzelne  scho- 
lien oder  ließ  sie  ganz  weg,  der  andere  that  beides  in  größerem 
umfange  und  aus  reiner  nachlässigkeit. 

Die  ergebnisse  der  collation  werden  in  der  weise  mitgetheilt, 
daß  genau  der  inhalt  eines  jeden  blattes  der  handschrift  und 
bei  jedem  scholion  anfang  und  ende  und  Varianten  angegeben 
werden.  Die  Sorgfalt  ist  etwas  gar  zu  weit  getrieben.  Nicht 
nur  werden  marginal-scholien  und  interlinear-glossen  genau  un- 
terschieden, sondern  es  wird  auch  bei  jedem  scholion  gewissen- 
haft bemerkt,  ob  es  sich  am  inneren  oder  äußeren,  am  oberen 
oder  unteren  rand  befindet.  Eine  derartige  angäbe  ist  ganz 
überflüssig;  denn  auf  die  stelle  eines  scholions  kommt  gar  nichts 
an,  der  vorhandene  räum  wurde  ganz  unterschiedslos  und  will- 
kürlich von  den  Schreibern  verwendet.  Die  ausbeute  der  nach- 
vergleichung  ist,  wie  schon  oben  angedeutet  wurde,  im  allge- 
meinen keine  sehr  bedeutende.  Im  einzelnen  werden  zahlreiche 
kleine  versehen  in  den  ausgaben  von  Dindorf  und  Duebner  be- 
richtigt, mehrere  von  ihnen  als  im  Eavennas  fehlend  bezeichnete 
scholien  sind  nach  Martin  in  ihm  vorhanden,  und  umgekehrt 
stellt  sich  heraus,  daß  einzelne  scholien,  bei  denen  Dindorf  und 
Duebner  nichts  bemerken ,  im  Ravennas  fehlen :  hier  und  da 
wird  eine  von  den  früheren  herausgebern  übersehene  lesart  an- 
geführt, die  beachtung  verdient.  Einiges  möge  hier  platz  finden. 
Schob  Plut.  103.  139.  150.  644.  677  fehlen  in  E.  Plut.  159 
hat  Pt  den  größten  theil  des  scholions  ntQinhiovai.  Plut.  1197 
hat  E  die  worte  'i&og  —  r^qntafxiicov.  Nub.  1 :  die  nagsTiiyQaqi/j 
steht  auch  in  E  (wie  in  0)  am  anfange  des  Stückes.  Schob 
Nub.  98  steht  in  R  (übereinstimmend  mit  V).  Nub.  102  hat  E 
auch  das  scholion  zovg  aXa^ovag:  Idiag —  icaai.  Nub.  223  hat 
E  das  erste  scholion  avu  tov  co  •dvriiz  —  avdgänmv.  Nub.  303 
fehlen  in  E  nur  die  worte  entl  t%ovai  —  oixei6z?jTa.  Schob  Ean. 
175  Inäyax1  IfAEig  und  216  ano  —  Isqov  stehen  in  E.  Schob 
Pac.  1014  lo^tvofxirug  hat  auch  E.  Schob  Lys.  786  [xqnoze  — 
(naQ)iöJOQtl  fehlt    nicht    in  E.     Schob  Vesp.  20    (ygicpot)   findet 


Nr.  8.  78.   Geopanica,  435 

sich  größtenteils  auch  in  R.  Zu  Vesp.  578  haben  die  übrigen 
handschriften  und  bisherigen  ausgaben  ein  unverständliches  scho- 
lion :  R  hat,  wie  wir  nun  erfahren,  nur  die  worte  xa)  yag  ol 
ogqiavo}  iSoxipä^orio.  Diese  kurze,  aber  in  antiquarischer  be- 
ziehung,  wie  mir  scheint,  nicht  unwichtige  notiz  findet  ihre  er- 
klärung  durch  lex.  rhet.  Bekk.  235,  13  Soni/xä^cvTai  8s  xca  ol 
g(f>'  tjXtxi'ag  oocpatoi,  ei  dvvavrai  tu  tiutqwu  naoa  rcö/>  tnitgönav 
tf.no'kafißävsiv.  Thesm.  272  ix  a  o  gp  ?]  g  Mtlavinniji  Evgmidov  R 
(sx  ztjg  vulgo).  Thesm.  750  sioo&aaiv  .  .  .  qitjnh'  ein  Dindorf  und 
Duebner :  Martin  glaubte  statt  des  a  über  dem  n  ein  l  mit  ei- 
nem o  zu  erkennen  und  vermuthet  den  namen  Elno).iq.  Ekkl. 
302  hat  R  ...  co;,1  8td  rijv  svziXetav  rov  [aiö&ov  8ixä£siv  (*?] 
&uövT(ov  QwjJ  fehlt  bei  Dindorf  und  Duebner). 

Leopold  Colin. 

78.  UntersuchuDgen  über  die  quellen ,  den  Verfasser  und 
die  abfassungszeit  der  Geoponica  von  dr.  Wilh.  Gemoll 
in  den  Berliner  Studien  für  classische  philologie  und  archäologie 
herausgegeben  von  Ferd.  Ascherson.  1.  halbband.  Berlin 
1883,   Calvary  u.  co.     8.     VIII,  280  p.     8  mk. 

Für  die  lange  vernachlässigten  Geoponica  scheint  in  der 
neuesten  zeit  ein  regeres  interesse  erwacht  zu  sein:  H.  Beckh 
hat  für  die  BibliotTieca  Teubneriana  eine  neue  kritische  ausgäbe 
derselben  angekündigt  und  aus  dem  vorliegenden  werke  erfahren 
wir,  daß  auch  gymnasialdirektor  Treu  in  Ohlau  seit  jähren  einen 
umfassenden  kritischen  apparat  gesammelt  und  also  wohl  auch 
eine  neue  ausgäbe  vorbereitet  hat.  Angesichts  dieser  erfreulichen 
aussiebten  könnte  es  zweifelhaft  sein,  ob  eine  Untersuchung  über 
die  quellen  jenes  Sammelwerkes  über  die  landwirthschaft  nicht 
als  verfrüht  zu  bezeichnen  sei,  wenn  nicht  Gemoll  durch  die  li- 
beralität  Treus  in  der  läge  gewesen  wäre ,  des  letzteren  kolla- 
tionen  für  seine  zwecke  auszunützen.  Der  gang  der  äußerst 
sorgfältig  geführten  Untersuchung  ist  folgender:  in  cap.  I  wer- 
den alle  herrenlosen  kapitel,  d.  h.  alle  diejenigen,  für  welche  in 
der  Überschrift  kein  Verfasser  genannt  ist,  welche  also  vom 
Sammler  selbst  herzurühren  scheinen,  einer  prüfung  unterzogen. 
Hier  ist  besonders  der  nachweis ,  daß  eine  reihe  von  capp.  des 
11.  buches  (,,verwaudlungsgeschichtenu),  nämlich  4,  10,  15,  17, 
22,  24,  29,    aus  den  progymnasmatikern  fast   wörtlich   entlehnt 


436  78,  Geoponica.  Nr.  8. 

sind,  neu  und  interessant-,  auch  der  behauptung,  daß  für  viele 
kapp,  des  8.  buches  ein  arzt  als  quelle  zu  statuiren  sei,  muß 
man  beistimmen.  Es  bleiben  zwar  noch  eine  anzahl  von  kapp, 
übrig,  für  welche  es  dem  Verfasser  nicht  gelungen  ist,  die  quelle 
nachzuweisen;  aber  seine  behauptung,  daß  auch  diese  entlehnt 
sind,  hat  große  Wahrscheinlichkeit  für  sich.  —  In  kap,  II  wer- 
den die  indirekten,  d.  h.  im  Zusammenhang  der  kapitel  erwähnten 
und  namentlich  angeführten  quellen  der  Geoponica  gemustert. 
Hier  wird  nachzuweisen  versucht ,  daß  alle  diese  stellen ,  von 
denen  keine  in  der  syrischen  Übersetzung  der  Geoponica  sich 
findet,  ihr  dasein  dem  Sammler  verdanken,  nicht  dem  Schrift- 
steller, welchem  die  betreffenden  kapp,  durch  die  Überschrift  zu- 
ertheilt  werden.  Kef.  ist  hiemit  einverstanden,  soweit  sich  die 
quellen,  aus  denen  der  sammler  geschöpft  hat,  nachweisen  lassen, 
dagegen  hat  er  sich  von  der  richtigkeit  der  behauptung,  Geop.  I, 
14,  §3,  XII,  16  u.  a.  seien  fälschungen,  nicht  überzeugen  können. 
Warum  soll  Nestor  aus  Larandeus,  von  dem  Suidas  sagt,  er 
habe  eine  'IXtag  XsinoyQÜmjiaToq,  METa/.ioQ(p(6aeig  nal  aXXa  (Var. 
noXla)  geschrieben,  nicht  der  Verfasser  des  in  den  Geoponica 
erwähnten  '  AX8%ixr]itog  (heilgarten,  hortulus  sanitatis)  und  der 
Havanna  sein?  Diesen  Alexikepos  hat  der  sammler,  wie  er 
XII,  16,  1  selbst  sagt,  früher,  d.  h.  vor  der  redaktion  der  Geo- 
ponica, interpretirt.  Denn  daß  die  worte  ngarjv  sqixijvsvcov  .  .  . 
ovriyQaxpa  nicht  auf  den  in  der  Überschrift  genannten  Varro,  son- 
dern auf  den  sammler  der  Geoponica  Cassianus  Bassus  Schola- 
sticus  sich  beziehen ,  leuchtet  ein.  Sie  beweisen  zugleich ,  daß 
der  sammler  wie  auch  Gemoll  p.  257  betont,  kein  praktischer 
landwirth,  sondern  ein  gelehrter,  ein  byzantinischer  grammatiker 
war.  —  Im  III.  kap.  werden  diejenigen  autoren,  die  in  den  ka- 
pitelüberschriften,  nicht  im  proömium  als  gewährsmänner  genannt 
sind ,  behandelt.  Es  sind  dies  Apsyrtus ,  Aratus ,  Aristoteles, 
Cassianus,  Dionysius,  Hierocles,  Hippokrates,  Oppianus,  Pelago- 
nius,  Ptolemäus,  Pythagoras,  Theomnestus,  Xenophon.  Das  re- 
sultat  der  für  die  einzelnen  autoren  angestellten  Untersuchung 
ist  folgendes.  Von  den  9  kapp. ,  welche  dem  Apsyrtus  zuge- 
schrieben werden,  sind  nur  zwei  XVI,  6  und  9  für  ihn  zu  retten ; 
die  Übereinstimmung  der  syrischen  Übersetzung  und  der  Scri- 
ptores  rei  rust.  beweist,  daß  die  übrigen  kapp,  dem  Anatolius 
gehören.     Was  dem  Aratus  zugeschrieben  wird,  ist  den  Arafc 


Nr.  8.  78.  Geoponica.  437 

scholien  entnommen.  Aristoteles  ist  nicht  direkt  benutzt, 
sondern  der  sammler  hat  wahrscheinlich  aus  einem  paradoxo- 
graphen  geschöpft.  Was  dem  Cassianus ,  Dionysius ,  Hierocles, 
Hippokrates,  Pythagoras  und  Xenophon  zugeschrieben  wird ,  ist 
eine  fälschung.  Ref.  gibt  zu ,  daß  die  meisten  der  genannten 
autoren  nicht  direkt  benutzt  sind ,  sondern  aus  Anatolius  vom 
sammler  herübergenommen  sind ;  hiebei  mag  mancher  irrthum 
mituntergelaufen  sein  bei  der  offenbar  etwas  oberflächlichen  und 
flüchtigen  arbeitsweise  des  Sammlers  ;  daß  er  aber  seine  eigenen 
einfalle  mit  fremden  namen  ausstaffirt  unter  das  publicum  bringen 
wollte,  davon  hat  sich  ref.  nicht  überzeugen  können.  Gewiß  ist 
Geoponica  V,  5  nicht  vom  sammler ,  sondern  von  Florentinus, 
der  eine  villa  in  Maratoyma  hatte ;  im  Gudianus  (vielleicht  auch 
in  andern  codd.)  fehlt  ja  die  Überschrift  Kaaaiuvov,  sie  verdankt 
eben  einem  irrthum  der  abschreiber  ihre  entstehung.  —  Das 
umfangreichste  und  wichtigste  kapitel  ist  das  vierte,  in  welchem 
die  direkten  d.h.  im  argumentum  des  1.  buches  genannten  quel- 
len: Africanus,  Anatolius,  Berytius,  Vindanionius,  Apulejus,  Da- 
mogeron,  Democritus,  Didymus,  Diophanes,  Florentinus  ,  Fronto, 
Leontinus,  Pamphilus  ,  Paxamus,  Quintilii ,  Sotion  ,  Tarentinus, 
Yarro ,  Zoroastres  untersucht  werden.  Auch  hier  wird  gezeigt, 
daß  der  sammler  aus  den  genannten  autoren  nicht  direkt ,  son- 
dern aus  einem  Corpus  georgicorum  geschöpft  habe ,  in  welchem 
diese  bereits  excerpirt  waren.  Eine  solche  awuycoyrj  yewQyixav 
'mttijdtvftdroov  aber  hat  nach  Photius  cod.  163  Vindonius  Ana- 
tolius aus  Berytus  verfaßt,  den  der  sammler  selbst  als  gewährs- 
mann  nennt ;  doch  ist  er ,  wie  Gemoll  meint ,  bemüht ,  seine 
benutzung  des  Anatolius  möglichst  zu  verdecken,  indem  er  drei 
schriftsteiler  aus  einem  macht.  Ref.  dagegen  schließt  sich  an 
Bahr  in  Ersch  und  Gruber  s.  v.  Geoponica  an ,  welcher  für 
diese  Spaltung  eines  namens  in  drei  den  irrthum  oder  die 
nachlässigkeit  der  abschreiber  verantwortlich  macht.  Diese  ver- 
muthung  wird  durch  die  von  Gemoll  selbst  mitgetheilte  lesart 
der  handschriften ,  welche  alle  mit  ausnähme  der  Wiener ,  aus 
der  die  editio  princeps  stammt ,  die  betreffende  stelle  des  prooe- 
mium  in  folgender  gestalt  überliefern :  xal  ovtiduvicoriov  xal  ava- 
roKov  xal  ßiigvTtov  xal  Sioqiuvovg  xal  J.sovtiov  xal  ragatThov. 
bestätigt;  man  streiche  einfach  xal  vor  avatoXiov  und  ßygvriov. 
Anatolius  also  ist  der  gewährsmann  ,  den  der  sammler  am  mei- 
Philol.  Anz.  XIV-  30 


438  79.  Plautus.  Nr.    8. 

sten  benutzte,  und  die  gemeinsame  quelle  der  Geoponica,  Syr. 
vers. ,  Palladius  und  Hippiatr. ;  aus  der  Übereinstimmung  der- 
selben läßt  sich  mit  ziemlicher  Sicherheit  das  werk  des  Anatolius 
herstellen.  In  diesem  im  ganzen  gelungenen  nachweis  liegt  ent- 
schieden das  hauptverdienst  der  vorliegenden  arbeit.  Im  einzel- 
nen wird  man  zwar  den  aufstellungen  Gemolls  nicht  immer  bei- 
pflichten können;  es  läßt  sich  eben  bei  quellenuntersuchungen 
eine  überzeugende  gewißheit  bei  der  läge  der  dinge  nur  selten 
erzielen;  doch  wird  man  nicht  leugnen,  daß  er  „die  formel, 
aus  den  Geoponica  den  Anatolius  herauszuschälen ,  gefunden 
habe".  Dieser  Anatolius  aber  ist,  wie  p.  220 — 223  gezeigt  wird, 
identisch  mit  dem  freunde  Iulians,  der  364  als  mag.  offic.  starb, 
(Ammian  XXV,  8,  14).  —  In  den  abschnitten  B  und  C  wird 
noch  kurz,  aber  gründlich  über  den  Verfasser  und  die  abfassungs- 
zeit  der  Geoponica  gehandelt.  Ueber  den  ersteren  ist  weiter 
nichts  zu  ermitteln  als  daß  er  Cassianus  Bassus  Scholasticus 
hieß ;  die  abfassungszeit  wird  bestimmt  durch  die  Untersuchung, 
welcher  von  den  arabischen  Schriftstellern  über  die  landwirth- 
schaft  die  Geoponica  zuerst  benutzt  hat:  Rhazes  (f  923)  kannte 
sie  noch  nicht,  Hedjadj  (1073)  benutzte  sie,  also  ist  der  kaiser, 
dem  sie  gewidmet  sind,  Constantinus  V  Porphyrogennetus  und 
sie  sind  in  den  jähren  944 — 959  verfaßt.  Dies  sind  ungefähr 
die  ergebnisse  der  vorliegenden  Untersuchung.  Der  nachweis, 
daß  den  kern  der  Geoponica  das  werk  des  Anatolius  bildet,  ist 
nach  des  ref.  Überzeugung  entschieden  gelungen;  dagegen  wird 
eine  annähernd  sichere  bestimmung  des  eigenthums  der  einzelnen 
autoren,  sowohl  der  schon  von  Anatolius  als  der  erst  von  Cas- 
sianus Bassus  benutzten ,  erst  dann  möglich  sein ,  wenn  ein  di- 
plomatisch gesicherter  text ,  wie  er  von  verschiedenen  seiten  in 
aussieht  gestellt  ist,  vorliegen  wird.  Gg.  Helmreich. 

79.  T.  Macci  Plauti  comoediae.  Recensuit  et  enarravit 
Iohannes  Ludovicus  Ussing.  Voluminis  quarti  pars  seeunda 
Pseudolum  et  Poenulum  continens.  Hauniae  MDCCCLXXXIII, 
Gyldendal.     VIII,   362  p.     8  mk. 

Während  sich  Ussing  für  das  erste  der  in  diesem  neuen 
bände  seiner  Plautusausgabe  enthaltenen  beiden  stücken  wieder 
auf  das  vorhandene  kritische  material  beschränken  zu  können 
geglaubt  hat,  hat  er  für  das  zweite  den  Vetus  (B)  und  den  De- 


Nr.  8.  79.  Plautus.  439 

curtatus  (C)  selbst  verglichen  und  den  Ambrosianus  (A)  wenig- 
stens stellenweise  eingesehen.  Welchen  grad  von  Zuverlässig- 
keit den  kollationen  der  beiden  erstgenannten  handschrifteQ  bei- 
zumessen ist,  vermag  ref.  nicht  zu  beurtheilen  l)  •  jedenfalls  aber 
erscheint  die  richtigkeit  und  genauigkeit  der  angaben  Ussings 
vielfach  höchst  zweifelhaft.  So  hat  844  auch  B  nach  dem  über- 
einstimmenden zeugnis  von  Pareüs  und  Schwarzmann  das  offen- 
bar falsche  hie  nicht;  967  und  1039  fehlen  haec  und  enim  wohl 
auch  in  C  sowie  in  A;  871  steht  istae  sicherlich  in  keiner  der 
handschriften,  andrerseits  scheinen  BC  1289  aut  vor  qui  zu  ge- 
ben; 1133  hat  B  (wie  C)  nach  Pareus ,  Schwarzmann  und  Stu- 
demund  illa  et  (nicht  Uli  et),  1187  und  1227  nach  den  beiden 
ersteren  die  dem  richtigen  näher  liegenden  lesarten  Mebus  (nicht 
Me  hiis)  und  in  iurs  (nicht  in  curs);  365  scheint  B  für  A  ver- 
druckt zu  sein.  Woher  stammt  591  Ussings  lesart  At  ego  pol 
eum,  wo  man  bisher  ganz  dem  Plautinischen  Sprachgebrauch  ent- 
sprechend At  pol  ego  eum  las?  Von  dem  wenigen,  was  Ussing 
aus  eigener  anschauung  aus  A  beibringt,  ist  am  bemerkenswer- 
thesten  die  lesart  advenimus  637;  wenn  er  aber  den  vers  folgen- 
dermaßen gestaltet :  Quia  nos  honoris  tui  causa  huc  advenimus ,  so 
übersieht  er,  daß  A  nach  Geppert  das  aus  BC  aufgenommene 
huc  nicht  hat  und  vielmehr  zu  schreiben  sein  wird  ad  te  adve- 
nimus. Leider  ist  dies  nicht  die  einzige  stelle ,  wo  Ussing  von 
Ritschi,  Geppert,  Studemund  oder  Löwe  mitgetheilte  lesarten 
dieser  handschrift  übersehen  hat.  So  hat  dieselbe,  um  von  den 
sehr  zahlreichen  fällen  nur  noch  einige  zu  erwähnen,  nach  Gep- 
pert 349  bloß  Acherunte  (ohne  ab),  nach  Bitschi  361  quid  agis 
ohne  eho  (das  nach  Pareus  auch  in  B  fehlt)  und  854  tu  (wie  BC 
und  Non.),  nach  Studemund  927  Remoror,  1048  patritus  (nicht  pater 
tuus,  so  vielmehr  Bund  nicht patruns),  11 44 hose.  1352  führt  Geppert 
als  lesart  des  A  das  von  Turnebus  vermuthete  haud  verbum  qui- 
dem  an,  welches,  irre  ich  nicht,  auch  Studemund  bestätigt  hat ; 
Ussing  giebt  an :  in  A  legerunt  „adver...  .  quidem.  975  spricht 
er  von  einem  temer arium  supplementum  Turnebi:  Facies  quidem 
edepol  \Punicast:  guggast  homo\;  es  handelt  sich  aber  bekanntlich 
nicht  um  eine  vermuthung  des  Turnebus,  sondern  um  eine  lesart 

1)  Geschrieben  im  Okt.  v.  J.,  also  vor  dem  erscheinen  der  aus- 
gäbe des  Poenulus  von  Goetz  und  Löwe ,  durch  welche  die  oben  ge- 
machten ausstellungen  volle  bestätigung  erhalten  haben. 

30* 


440  79.  Plautus.  Nr.  8. 

seines  leider  verlorenen  vorzüglichen  codex,  die  ja  nach  Ritschi  und 
Geppert  auch  durch  A  bestätigt  wird.  Auch  im  Pseudolus  hat 
sich  Ussing  eine  reihe  von  ungenauigkeiten  zu  schulden  kommen 
lassen.  So  fehlt  52  die  lesart  der  Palatiner  vendidit  voluptas 
mea;  220  soll  ego  erst  von  Ritschi  hinzugefügt  sein,  während  es 
nach  dessen  ausdrücklicher  angäbe  in  allen  handschriften  steht; 
281  setzt  Ussing  Quid  minas  argenti  tibi  in  den  text ,  ohne  die 
unanstößige  lesart  der  handschriften  tibi  m.  a.  zu  erwähnen ;  918 
läßt  auch  A  nach  Ritschi  iam  aus  und  hat  nach  Studemund 
istud  und  quor  (vgl.  Kellerhof  de  colloc.  verb.  Plaut,  p.  29); 
1253  haben  CD  nicht,  wie  man  aus  Ussings  angäbe  entnehmen 
muß,  bloß  magnis  munditiis,  sondern  ebenfalls  noch  digni  ah  wie 
B,  der  übrigens  munditiis,  nicht  manditiis  hat:  daß  A  nach  Stu- 
demund magnis  munditiis  dis  dignis  giebt ,  bleibt  unerwähnt ;  zu 
1325  heißt  es  betreffs  des  in  den  Pall.  überlieferten,  von  Ussing 
einfach  gestrichenen  hie :  num  in  A  fuerit  ignoratur,  während  Löwe 
p.  174  angiebt,  daß  A  die  vermuthung  des  Acidalius  hier  be- 
stätigt. Diese  belege  werden  zur  genüge  erweisen,  daß  auch 
dieser  band  wie  seine  Vorgänger  weit  davon  entfernt  ist,  als  grund- 
lage  für  kritische  Studien  dienen  zu  können.  Mit  ähnlicher  Sorg- 
losigkeit geht  Ussing  zu  werke,  wo  es  zwischen  den  lesarten  der 
handschriften  zu  entscheiden  gilt ;  nur  zu  oft  läßt  sich  ein  sorg- 
fältiges abwägen  vermissen.  Pseud.  367  wird  die  personenab- 
theilung  des  A ,  welche  Kießling  ausreichend  begründet  hat, 
einfach  mit  einem  inter  „impure"  et  „leno"  A  spatium  personae 
habet,  male  abgefertigt;  1302  legt  sich  Ussing  nicht  einmal  die 
frage  vor,  was  in  der  von  Löwe  ermittelten  lesart  derselben 
handschrift  ingredere  stecken  mag  :  offenbar  ist  damit  ingrediri  ge- 
meint, und  dies  steht  vielleicht  auch  wirklich  in  der  handschrift, 
wenigstens  bezeichnet  Löwe  selbst  das  vorletzte  E  als  unsicher  2). 
Poen.  645  bietet  A  Nunc  hunc,  die  Pall.  Hunc  nunc:  letzteren 
folgt  Ussing,  das  erstere  ist  aber  sicher  das  richtige,  da  Plautus 
nunc  mit  Vorliebe  dem  pron.  hie  voranstellt,  zumal  im  satzanfang 
vgl.  insbesondere  Amph.  881.  Men.  853.  Most.  783.  Poen.  III, 
5,  27.  Dagegen  entspricht  1226,  wo  Ussing  mit  A  Nunc  ego 
pol  schreibt,  das  nunc  pol  ego  der  Pal.  allein  dem  Plautinischen 

2)  Ps.  1304  (1301 R.)  scheint  auch  Ussing  das  sie  sines  imon  der  hand- 
schriften des  Nonius  für  ein  Verderbnis  aus  sie  sine  modo  zu  halten; 
ich  erkenne  darin  vielmehr  sie  sine,  Simo  und  halte  dies  für  eine  sehr 
beachtenswerthe  Variante. 


Nr.  8.  79.  Plautus.  441 

Sprachgebrauch.      781   schreibt  er   mit  C  Priusquam  obtorto  collo', 
aber  B  hat  Priusquam  hinc,    und    dies    ist   unzweifelhaft    richtig, 
da  Plautus  prius  in  dieser  Verbindung  nur  in  der  dihärese  jamb. 
tetrameter  und  kretischer  verse    sowie  am  versschluß  betont.   — 
Ist  es  auch   anzuerkennen,    daß  Ussing    vielfach    mit  unzweifel- 
haftem   rechte  auf  die    Überlieferung  zurückgegangen  ist,    so  ist 
doch  andrerseits  die  zahl  der    unnöthigen ,   ja   leichtfertigen  än- 
derungen  bei  ihm  eine  recht  beträchtliche.     Wenn  er  z.  b.  Poen. 
299   Aurum,  id  fortuna  invenitur  und  1066   Pater  tuus,  is  erat  än- 
dern zu  müssen    glaubt,    so  übersieht    er,    daß    auch    sonst   bei 
Plautus  ein  subst.  in  unmittelbarer  folge  durch  das  pron.  is  auf- 
genommen   wird   cf.  Gas.  prol.   Filius,    is  autern.     Ba.   945   Nostro 
seni  huic  stolido,    ei    profecto.      Most.    592    Immo    faenus,    id    volo, 
Merc.   211   forma  eximia  midierem,    Eam  me  emisse  ancillam  matri, 
wo  mit  Lomann  wohl  unnöthig  geändert  wird  Meae  me  ss.,  auch 
Amph.  255   Sed  proelium,  id  t andern  diremit  gehört  wohl  hierher; 
gleicher  art  sind  Cure.  480 — 2  Sub  veteribus,  ibi  —  Pone  aedem 
Castoris,  ibi  —  In   Tusco  vico,  ibi.   —    Poen.  396  schreibt  er  für 
Itaque  iam    Ita  ego    iam  „  sensu    iubente ";   itaque    steht    aber    hier 
wie  200,  wo  er  es  sinnwidrig  mit  et  sie  erklärt,  und  anderwärts 
bei  Plautus  für  ita.   —      473  viscum    legioni    dedi   Fundasque:    eo 
praesternebant   folia   farferi:    Ussing  hält  eo,   da  es  die  bedeutung 
von  „eo  consilio"  hier  nicht  haben  könne,  für  korrupt  und  schreibt 
dafür  ei,  welches  zu  viscum  gehören  soll ;  eo  bedeutet  aber  offen- 
bar einfach  „darauf"  und  bezieht  sich  auf  fundas.  —     482  Eos 
(sc.  globos)    in    volantes   iussi   funditarier:    so  Ussing   für  Ego  illos 
volantis  ss.,    weil   funditare    pro    obiecto    postulat    id  quod  funditur, 
non  id  quod   petitur;    aber    warum    soll   funditare    aliquem    nicht 
ebenso  gut  gesagt   werden  können  als  fundere  aliquem?  —    Be- 
treffs   des   facere  frugem    Poen.   891  ,     wofür  Ussing    noch    immer 
frugi  schreibt,  genügt  es  auf  Kettners  auseinandersetzung  Herrn. 
VT,  175    zu   verweisen.  —     Poen.   1297   estne   illaec   mea    amica 
Anterastilist   Et  east   certo:    Ussing,  welcher  aus  A  ohne  angäbe 
der  quelle  .   .   est  anführt,    schreibt  Est  ea  certo    mit   der  bemer- 
kung  „et"  hie  locum  non  habet;  doch  wohl  ebenso  gut  als  Ad.  78 
und  atque  Stich.   582.  Truc.  I,   2,   23 ,    überdies  steht  est  meines 
wissens  in  solchen  Wendungen    nie    voran.     Wer  wagte   es  wohl 
außer   Ussing  Pseud.   345    das   allerdings    singulare ,    aber    doch 
nicht  unerklärbare  valde  in  quanti?    zu  ändern?     Von    den  sehr 


442  80.  Gellius.  Nr.  8. 

zahlreichen  athetesen,  welche  Ussing  in  beiden  stücken  vorgenom- 
men hat  —  im  Pseud.  allein  hat  er  etwa  50  neue  verse  ein- 
geklammert —  werden  wohl  nur  die  wenigsten  die  billigung 
besonnener  kritiker  finden ;  ganz  besondere  rüge  verdient  es,  daß 
mehrfach  noch  nicht  geheilte  verse  für  unecht  erklärt  werden 
wie  Poen.  728.  1072.  1105.  1229.  —  Eine  fülle  von  ausstel- 
lungen  wären  wieder  in  prosodischer  und  metrischer  beziehung 
zu  machen ;  es  möge  der  hinweis  genügen  auf  den  merkwürdigen 
vers  Pseud.  183  E6  vos  vostros  pdntices  madefdcitis,  quom  ego  sim 
siccus,  wozu  Ussing  bemerkt:  versus  systema  claudens  pro  ultima 
dipodia  simplicem  trochaeum  habet 3) ,  den  Schluß  des  trochäischen 
septenars  Poen.  279  tetigeris.  Nihil  illuc  quidem  est  und  den  auf 
einen  trochäus  ausgehenden  senar  Poen.  951  quai  mihi  subrüptae 
sunt,  wo  C  ganz  richtig  quae  subr.  sunt  mihi  giebt.  Uebrigens 
war  hier  zu  erwähnen,  daß  bereits  Wex  die  beiden  verse  951 
und  952b  verschmolzen  hat ;  auch  sonst  hat  Ussing  vermuthungen, 
in  denen  er  mit  anderen  zusammengetroffen  ist,  einfach  auf  sei- 
nen namen  geschrieben,  wie  Pseud.  167  accelerate  (Ritschi),  170 
oblitus  fui  (Spengel),  945  memore  (Bergk),  Poen.  359  cur  tibi  haec 
irata  sit  (Becher),  1127  annon  (Geppert)  u.  a.  —  Der  großen 
menge  offenbar  verfehlter  vermuthungen  steht  nur  eine  recht  ge- 
ringe zahl  von  solchen  gegenüber,  die  erwähnenswerth  oder  rich- 
tig sind.  Als  vorzügliche  emendationen  hebe  ich  hervor  Pseud. 
1324  Quid,  hoc  auferen  (auferre  non)  und  Poen.  140  Em  (Et) 
nunc  pereo  amore.  —  Der  kommentar  zu  den  beiden  stücken  ist 
ebenso  ungründlich  und  oberflächlich  wie  zu  den  früheren; 
nur  selten  findet  sich  eine  wirklich  selbständige  und  gute  bemer- 
kung.  Was  für  erklärungen  Ussing  seinen  lesern  zu  geben  wagt, 
dafür  ein  beleg;  Poen.  317  wird  zu  dem  ausdruck  nocturna  ora 
bemerkt :  nocturna,  turpia ;  nox  enim  atra  est.  O.  Seyffert. 

80.  A.  Gellii  Noctium  Atticarum  libri  XX  ex  recensione 
et  cum  apparatu  critico  Martini  Hertz,  vol.  I,  Berol.  1883, 
VIII,  448  p. 

Endlich  sind  wir  im  besitz  wenigstens  der  ersten  hälfte  die- 
ser seit  30  jähren  verheißenen  und  sehnlichst  erwarteten  kriti- 
schen ausgäbe.     Dafür  hat  sich  aber    auch  an  der  so  lange  zu- 

3)  Sollte  die  stelle  mit  leichter  änderung  nicht  so  zu  schreiben  sein  : 
Eo  vSs  vostrfum]  os  panticesque  adeo  madefdctatis  ss.  f 


Nr.   8.  80.   Gellius.  443 

rückgehaltenen  arbeit  das  alte  wort  bewährt :  „was  lange  währt, 
wird  gut",  und  werden  wir  reichlich  für  das  lange  harren  durch 
die  gediegenheit  und  reichhaltigkeit  des  werkes *)  entschädigt, 
das  nun  zu  bequemer  benutzung  uns  in  die  band  gegeben  ist. 
Bei  ruhiger  erwägung  wird  man  auch  begreifen,  warum  der  ge- 
lehrte verf.  sich  nicht  hat  entschließen  mögen,  seiner  1853  er- 
schienenen textausgabe  die  gleich  bei  dem  erscheinen  in  aussieht 
gestellte  größere  kritische  ausgäbe  so  bald  nachfolgen  zu  lassen, 
wie  dies  wohl  ursprünglich  von  ihm  geplant  war.  Untersu- 
chungen der  verschiedensten  art ,  lexikalisch-syntaktische ,  metri- 
sche, orthoepische,  juristisch-antiquarische,  wie  solche  über  citir- 
methode,  quellenbenutzung  des  Gellius  und  dessen  Verhältnis  zu 
Apuleius,  Nonius  u.  a.,  waren  durch  das  erscheinen  der  textaus- 
gabe angeregt  worden  oder  wieder  in  fluß  gekommen.  Auch  auf 
dem  gebiete  der  conjekturalkritik ,  welches  lange  ziemlich  brach 
gelegen  hatte,  war  um  diese  zeit  und  ganz  wesentlich  durch  die 
von  der  textausgabe  ausgegangene  anregung  ein  neues  leben  er- 
wacht. Ich  erinnere  nur  an  das,  was  Fleckeisen,  M.  Haupt, 
Th.  Bergk,  Mercklin,  Kretschmer  und  nach  ihnen  Cobet,  Madvig, 
C.  F.  W.  Müller  u.  a.  zur  Verbesserung  des  textes  beigetragen 
haben.  Vor  allem  aber  hat  ja  Hertz  selbst  in  dem  menschenalter, 
welches  seit  dem  erscheinen  seines  Teubner'schen  textes  verflos- 
sen ist,  nach  den  verschiedensten  seiten  hin  durch  zahlreiche  ein- 
zelarbeiten wie  nicht  minder  durch  seine  auseinandersetzungen 
mit  wohl-  und  übelwollenden  forschem  auf  demselben  gebiete 
die  erklärung  und  kritik  seines  autors  erheblich  gefördert.  Im 
verlaufe  der  jähre  und  nach  mancherlei  versuchen  hat  Hertz 
aber  auch  erst  die  rechte  form  für  die  größere  ausgäbe  gefunden. 
Die  Verschmelzung  eines  grammatisch-erklärenden  und  kritischen 
commentars,  wie  solche  der  Breslauer  lektionskatalog  von  1868 
probeweise  vorführte,  erwies  sich  als  unpraktisch ;  der  im  katalog 
von  1877  aber  an  der  praefatio  gemachte  versuch,  gleichzeitig 
zwei  völlig  von  einander  geschiedene  commentare  der  bezeich- 
neten art  zu  bieten,  hat  in  ihm  jedenfalls  das  bedenken  wachge- 
rufen ,  ob  nicht  bei  solcher  art  der  bearbeitung  das  erscheinen 
des  werkes  in  unabsehbare    ferne    werde    hinausgerückt   werden. 

1)  Alle  anzeigen ,  welche  dem  ref.  zu  geeichte  gekommen  sind, 
stimmen  in  dieser  anerkennung  überein.  S.  besonders  die  besprechung 
von  0.  Seyffert  in  no.  6  der  Berliner  Wochenschrift  für  klassische 
Philologie  von  1884. 


444  80.  Gellius.  Nr.  8 

So  tritt  denn  erst  im  lektionskatalog  von  1883  die  beschränkung 
und  form  der  anordnung  auf,  welche  Hertz  für  sein  werk  nun 
endgültig  gewählt  hat. 

Nun  zu  diesem  werke  selbst.  Die  mittkeilungen ,  welche 
dasselbe  nicht  nur  über  die  lesarten  der  optimi,  sondern  auch 
über  die  der  handschriften  untergeordneter  bedeutung  bietet,  las- 
sen wie  an  Übersichtlichkeit,  so  an  genauigkeit  und  umsichtiger 
berücksichtigung  aller  nebenmomente  (als  da  sind  rasuren,  ditto- 
graphien,  lücken,  korrekturen  durch  spätere  hände)  wohl  kaum 
etwas  zu  wünschen  übrig.  Die  verlässigkeit  der  collationen  kann 
ja  freilich  ref.  nicht  controliren ,  sondern  vorläufig  nur  gläubig 
voraussetzen.  Einen  besonderen  werth  erhält  die  ausgäbe  aber 
dadurch,  daß  mit  einer  im  hohen  grade  dankenswerthen  Vollstän- 
digkeit die  beitrage  von  drei  Jahrhunderten  zur  textkritik  des 
Gellius  in  ihr  verzeichnet  sind.  Die  ausgaben  vor  1585  finden 
ja  meist  nur  summarisch  berücksichtigung,  umso  eingehender  die 
von  Carrio,  die  der  beiden  Gronov,  die  handschriftlichen  mitthei- 
lungen  von  Casp.  Scioppius  und  A.  W.  Cramer ;  alles  aber,  was 
seit  der  armseligen  ausgäbe  von  A.  Lion  zur  feststellung  und 
Verbesserung  des  textes  beigetragen  worden  ist,  ist  mit  einer 
Vollständigkeit  von  Hertz  vermerkt  worden,  daß  kaum  etwas  er- 
hebliches übersehen  sein  dürfte.  Es  wird  dadurch  das  werk  zu 
einer  wahren  fundgrube,  werthvoll  ganz  besonders  auch  für  alle 
diejenigen ,  welche ,  ohne  mit  dem  autor  sich  eingehend  befaßt 
zu  haben,  eine  gründliche  auskunft  über  den  stand  der  textkri- 
tischen arbeit  im  einzelnen  zu  erhalten  wünschen.  Und  dank 
einer  sehr  ausgedehnten  und  dabei  äußerst  einfachen  Zeichen- 
setzung ist  das  alles  auf  beschränktestem  räum  und  ohne  beein- 
trächtigung  der  Übersichtlichkeit  erreicht  worden;  die  zeüenzahl 
des  commentars  übersteigt  nur  unerheblich  die  des  textes. 

Bei  einer  vergleichung  des  textes  der  kritischen  ausgäbe 
mit  dem  von  1853  tritt  uns  auf  den  ersten  blick  entgegen,  daß 
wir  es  hier  in  einem  ganz  andern  maße  wie  dort  mit  einer  wirk- 
lichen recensio  zu  thun  haben.  Nur  ganz  selten  stößt  man  hier 
auf  kreuzchen,  Sternchen,  eckige  oder  runde  klammern,  wie  der- 
gleichen in  so  erheblicher  zahl  zum  Unbehagen  des  lesers  in  dem 
früheren  texte  sich  fanden.  Hertz  ist  ja  bekanntlich  vielfach 
deshalb  angegriffen  worden,  daß  er  auf  die  herstellung  eines  les- 
baren   textes    damals   zu  wenig  bedacht  gewesen  sei;    auch  ref. 


Nr.  8.  80.  Gellius.  445 

ist  seiner  zeit  so  ehrlich  gewesen  zu  bekennen,  daß  nach  seiner 
meinung  manche  Zweifelsfrage  von  Hertz  getrost  in  die  adnotatio 
critica  hätte  verwiesen  werden  können.  Jedenfalls  aber  hat  die 
von  Hertz  damals  beliebte  peinliche  akribie,  man  darf  auch  hin- 
zufügen:  geübte  resignation  den  vortheil  gehabt,  daß  nicht  in 
der  Zwischenzeit  bis  zum  erscheinen  der  kritischen  ausgäbe  zahl- 
reiche textkritische  fragen  schlankweg  als  abgeschlossen  behan- 
delt worden  sind,  welche  in  der  that  noch  offene  waren,  wie  den 
anderen,  daß  den  neigungen  gewisser  gelehrten,  autoren  der  ver- 
schiedensten Zeitalter  nach  bestimmten  grammatischen  Schablonen 
auszukorrigieren,  hier  durch  die  beschaffenheit  des  textes  einiger- 
maßen ein  dämm  entgegengesetzt  war.  Aber  Hertz  hat  nicht 
nur  bei  der  neuen  textbearbeitung  sich  mit  mancher  emendation 
frisch  herausgewagt ,  mit  der  er  seiner  zeit  noch  schüchtern  zu- 
rückgehalten hatte.  Er  ist  mittlerweile  auch  auf  manchen  neuen 
gedanken  gekommen  durch  weitere  eigne  forschung  wie  durch 
die  beitrage  anderer.  Wie  gern  und  willig  er  das  gute  ange- 
nommen hat ,  von  welcher  seite  es  auch  kommen  mochte ,  das 
beweist  u,  a.  die  thatsache ,  daß  er  zahlreiche  vorschlage  von 
Madvig  in  den  text  aufgenommen  hat,  so  verletzend  für  ihn  auch 
die  form  sein  mußte,  in  welcher  die  adversaria  critica  des  großen 
dänischen  gelehrten  sie  vorgebracht  hatten.  Seite  für  seite  fin- 
den sich  abweichungen  des  neuen  textes  vom  früheren,  welche 
der  überwiegenden  mehrzahl  nach  als  Verbesserungen  angesehen 
werden  müssen.  So  liest  Hertz  jetzt ,  um  nur  einiges  heraus- 
zugreifen: praef.  11  converrebant ,  ebendas.  15  ecquid;  I,  3,  29 
derectum,  5,  1  hinc  ei,  6,  6  civitatem  ohne  nachfolgendes  autem, 
6,  8  is  demum,  7,  17  ratione  dictum  certa;  II,  2,  7  sede,  dum 
inspicimus,  6,  3  detestatione  execrationeque,  12,  2  requirentes,  15,  7 
et  parern,  20,  6  grumum  statuere,  29,  19  bonis;  111,2,  10  agendum, 
cum  post,  7,  21  annali  tertio,  13,  2  e  populo,  16,  8  et  tamquam 
adverse ;  IV,  2,  5  aeque,  11,  1  dvtmvrog  idtazov;  V,  13,  5  ae- 
quo, •  VI,  3,  25  utile  is  esset,  3,  35  poena  esse  dignos.  In  der 
mehrzahl  der  fälle  sind  einfach  M  a  d  v  i  g '  s  vorschlage  angenommen 
oder  die  lesarten  wenigstens  denselben  angepaßt  worden.  Das 
störende  percontando ,  scribendo  hat  praef.  19  seinen  platz  einige 
Zeilen  vorher  zwischen  lectitando  und  commentando  gefunden, 
ohne  zweifei  mit  recht.  Verschwunden  sind  nicht  wohl  zu  haltende 
sprachliche    gebilde    des    alten   textes   wie  I,  4,  8    delectitare  = 


446  80.  Gellius.  Nr.   8. 

lectitare  II,  5  lemm.  designate ,  IV,  18,  3  inspectabilis.  Daß  bei 
dem  komiker  Caecilius  III,  16,  4  insolet  =  solet  nicht  beanstan- 
det worden  ist,  wird  nur  zu  billigen  sein,  da  insolesco  ein  gang- 
bares wort  war  und  bei  insolet  füglich  an  eine  consuetudo  inve- 
terata  gedacht  werden  kann.  Dagegen  nehme  ich  an  indecet  = 
decet  VI,  12,  2  nach  wie  vor  anstoß,  da  ich  mir  hier  bei  der 
präposition  nichts  zu  denken  weiß  ,  außerdem  indecet  im  sinne 
von  non  decet  ausdrücklich  bezeugt  ist  (Plin.  epp.  III,  1,  2). 
In  einigen  fällen  beharrt  Hertz  auf  seiner  früheren  ansieht,  in 
denen  mir  ein  nachgeben  einleuchtender  gewesen  sein  würde. 
So  halte  ich  z.  b.  für  das  richtige:  praef.  3  ex  auditionibus ,  I, 
6,  6  simplicitatis  (jedenfalls  weiß  ich  mit  sedulitatis  nichts  anzu- 
fangen, wenn  es  nicht  etwa  häuslichkeit  bedeuten  soll) ;  II, 
21,  8  vetere2),  ebendas.  9  videbatur;  III,  3,  4  de  Ulis,  4,  1  ne- 
gue  Candida  mit  Streichung  von  non;  VI,  13,  2  quam  supra  dixi. 
—  I,  4,  1  war  ich  schon  vor  Madvig  auf  subtiliore  gekommen 
und  halte  dies  noch  jetzt  für  das  rechte,  indem  ich  zugleich  noch 
ista  in  is  ändere.  Die  handschriften  haben  bekanntlich  ista  uti- 
liore.  Keines  der  beiden  worte  ist  im  Zusammenhang  recht  zu- 
treffend. Das  bekannte  auf  einen  eigennamen  zurückweisende 
is  belegt  Gorges  (de  quibusdam  sermonis  Gelliani  proprietatibus 
p.  65)  mit  19  stellen  aus  Gellius.  Bei  delectabili  denke  ich  an 
stellen  wie  V,  15,  9  argutae  delectabilisque  desidiae;  die  minutien 
der  Wissenschaft  erschienen  eben  leuten  von  dem  geschmacke 
des  Gellius  als  das  ergötzlichste  an  ihr.  Multa  würde  sich  dann 
als  betontes  adjeetiv  gleichermaßen  auf  doctrina,  cura  und  me- 
moria beziehen. 

Doch  das  sind  ja  alles  nur  unbedeutende  einzelheiten ;  zu- 
dem kommt  ja  bei  einer  kritischen  ausgäbe,  welche  schwerlich 
jemand  zum  zwecke  einer  fortlaufenden  leetüre  benutzen  wird, 
recht  wenig  darauf  an,  ob  eine  lesart  im  texte  oder  unter  dem- 
selben im  commentar  steht.  Etwas  belangreicher  ist  eine  andere 
einwendung,  die  ref.  bescheidentlich  erheben  möchte3).  Hertz 
geht  nach  des  ref.  erachten  in  seiner  gewissenhaften  fiirsorge,  auch 
kein  tüpfeichen  von  Gellianischer  eigenart  zu  verwischen ,    inso- 

2)  certo  würde  ja  noch  näher  an  cetera  herankommen.  Aber  ist 
man  nach  XVIII,  14,  1  berechtigt  certum  vocabulum  =  terminus  terhnicus 
zu  fassen? 

3)  In  ähnlichem  sinne  hat  ref.  sich  schon  seiner  zeit  in  den 
Jahrbüchern  für  philologie  1875,  p.  568  ausgesprochen. 


Nr.  8.  80.  Gellius.  447 

fern  wohl  etwas  zu  weit,  als  er  im  text  desselben  (nota  bene, 
wo  der  autor  nicht  citirt!)  vereinzelte  alterthümliche  flexions- 
formen  festhält ,  welche  die  handschriften  zufällig  bieten  ,  auch 
wenn  der  sonstige  gebrauch  des  Gellius  nur  die  vulgären  for- 
men aufweist.  Gewiß,  Gellius  war  ein  begeisterter  Verehrer  der 
veteres  und  schützte,  wenn  es  darauf  ankam,  jeden  buchstaben 
in  deren  schritten  vor  den  angriffen  unberechtigter  neuerer. 
Aber  er  hatte  doch  auch  geschmack  und  historischen  sinn  ge- 
nug ,  um  die  Zeitalter  zu  unterscheiden  ;  man  lese  nur  die  be- 
herzigenswerthen  worte  ,  welche  er  I,  10  und  XI,  7  über  die 
geschmacklose  nachäfferei  der  alten  in  der  alltäglichen  rede  aus- 
spricht. Wenn  Hertz  daher  III,  9  lemm.  stius  für  istius,  XX,  6 
lemm.  siet  für  sit,  IV,  12,  2  und  zumal  XIII,  23,  8  quis  für 
das  simple  relativum  gui  liest  oder  eine  konstruktion  wie  nemo 
fecerimus  =  neuter  nostrum  fecerit  IV,  1  ,  5  festhält  u.  drgl.  m., 
so  ist  er  wohl  der  Überlieferung  gegenüber  allzu  conservativ. 
Etwas  anderes  ist  es  doch  wohl ,  einzelne  veraltete  ausdrucks- 
weisen aus  einer  gewissen  liebhaberei  völlig  dem  eigenen  sprach- 
gebrauche einzuverleiben ,  wie  dies  Gellius  thatsächlich  gethan 
hat,  als  irgend  welches  wort  tagtäglichen  gebrauches  im  Wider- 
spruch nicht  nur  mit  dem  allgemeinen ,  sondern  auch  mit  dem 
eignen  sonstigen  usus  plötzlich  einmal  im  gewande  einer  ganz 
veralteten  flexion  vorzuführen.  Daß  die  neue  ausgäbe  manches 
dieser  art  beseitigt  hat,  wie  z.  b.  II,  12,  1  den  vermeintlichen 
alten  dativ  alterutra(e)  parte,  sei  bereitwilligst  anerkannt.  Es  hätte 
aber  wohl  noch  das  eine  oder  andere  sonst  weichen  mögen,  so 
z.  b.  statim  tempere,  praef.  18.  Von  zeitig  ist  noch  ein  weiter 
schritt  zu  vorzeitig,  von  da  wiederum  zu  dem  entschieden 
tadelnden  voreilig;  was  beweist  aber  der  komparativ  temperius, 
auf  welchen  u.  u.  sich  die  Vindiciae  alt.  p.  26  berufen,  für  den 
positiv  tempori  oder  tempere?  Mir  ist  in  jeder  rücksicht  temere 
das  einleuchtende ;  vgl.  u.  a.  VII,  6  lemm.  temere  .  .  repreliensum. 
Zu  einer  Streichung  von  statim  sehe  ich  keine  veranlassung, 
gleichviel  ob  man  statim  temere  als  asyndeton  bimembre  wie  repente 
subito  u.  drgl.  oder  im  sinne  eines  griechischen  sv&v£  TiQonezmg 
als  zwei  von  einander  unabhängige  adverbien  auffassen  will. 

Wie  vorsichtig  man  aber  sein  muß,  daß  man  einem  so  pein- 
lich gewissenhaften  und  vielbelesenen  gelehrten  nicht  mit  unrecht 
widerspricht,  dafür  ein  beleg.     IV.  6  lemm.  bot  die  textausgabe  : 


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verba  veteris  senatus  consulti  sita.  Madvig  schlug  für  sita  mit 
Lion  und  Mommsen  das  äußerst  naheliegende  posita  vor.  Hertz 
hat  diese  konjektur  nicht  aufgenommen,  sondern  lieber  sita  als 
dittographie  der  letzten  silbe  des  vorangehenden  wortes  gestrichen. 
Wohl  mit  recht,  wenn  man  genauer  zusieht.  Ponere  einfach  = 
scribere  hat  Gellius  häufig,  so  u.a.  auch  in  den  lemmatis  zu  1, 1 1 , 
XVII,  5,  XX,  9  und  11  ,  aber  nirgends  in  jenen4),  abgesehen 
von  dem  unächten  zu  XIX,  11,  braucht  es  Gellius  in  dem  sinn 
von  Ubro  suo  adscribere ,  sondern  in  dieser  bedeutung  vielmehr 
notare,  referre,  addere ,  adponere,  adscribere  und  adspergere  und 
zwar  von  den  angeführten  Wörtern  nur  das  erstgenannte  im  ein- 
gange eines  lemma,  die  anderen  nur  im  weiteren  verlaufe  eines 
solchen.  Andrerseits  finden  sich  in  den  lemmatis  zur  angäbe 
des  inhalts  nicht  selten  nominative  ohne  prädikate,  insbesondere 
so  verba  mit  folgendem  relativsatz  I,  6,  IX,  13,  XIII,  15,  XIII, 
26,  XV,  19.  Alles  dies  ist  offenbar  dazu  angethan,  die  von  Hertz 
getroffene  entscheidung  als  die  angemessene  erscheinen  zulassen. 

Zum  schluße  noch  ein  paar  anspruchslose  bemerkungen  zu 
einzelnen  stellen,  von  denen  die  eine  oder  andere  hoffentlich  we- 
nigstens in  so  weit  von  dem  gelehrten  herausgeber  des  Gellius 
beachtlich  gefunden  werden  wird,  daß  sie  von  ihm  in  erwägung 
gezogen  wird. 

Im  lemma  zu  X,  2 1  fehlt  wohl  nur  durch  ein  versehen  uti  vor 
vitarit;  vgl.  X,  21,  2  uti  vitaverat.  —  In  dem  zu  X,  14  will 
mir  quali  sprach-  und  verborum  ordine  sinnwidrig  erscheinen.  Man 
erwartet  doch  offenbar  ein  qua  vi  oder  qua  ratione  (wie  I,  16, 
II,  3,  II,  14  lemm.  u.  aw.).  Abzuwarten  ist,  wie  Hertz  sich 
seiner  zeit  zu  der  frage  stellen  wird.  —  Ist  I,  9,  1  nicht  viel- 
mehr das  gangbare  wort  familiae  als  glosse  zu  successionis  anzu- 
sehen wie  umgekehrt?  —  I,  9,  3  bin  ich  geneigt  zu  schreiben 
entweder  mit  Vossius  einfach  idoneus  fuerat  oder  idoneusque  visus 
erat.  —  I,  10,  2.  Nicht  überzeugt  durch  Vindic.  alt.  p.  30, 
halte  ich  für  quod  ein  si,  quod  oder  quodsi  nöthig ;  da  uteris  vor- 
aufgeht und  scire  folgt,  so  konnte  an  beiden  stellen  ein  si  leicht 
ausfallen.  —  I,  22,  5.  Ist  nicht  potius  vielmehr  am  platze  nach 
defuisse?  Ich  fasse  den  ganzen  satz  im  restriktiven  sinne  = 
ita  quidem,  ut  modice  Tiaec  adhibeantur.  —  III,  2,  10  ist  mir  post 
meridiem  sole  magno  agunt  minder  einleuchtend  gewesen  als  post 
4)  Im  texte  des  werkes  öfters  so,  z.  b.  VI,  3,  49. 


Nr.  8.  80.  Gellius.  449 

meridialem  solem  agunt,  was  Hertz  in  der  anmerkung  beiläufig 
vorschlägt.  —  IV,  1,  1  spielte  sich  vor  dem  philosophen  Favo- 
rinus  mit  seiner  Schulweisheit  ein  quispiam  grammaticae  rei  di- 
tior auf,  wie  es  bei  Hertz  heißt.  Die  besten  handschriften  ha- 
ben ditior  oder  dicior,  doch  sind  in  V  und  R  buchstaben  von  di- 
tior zum  folgenden  worte  gezogen.  Hertz  sucht  das  frostige  di- 
tior c.  gen.  durch  Stat.  Theb.  3,  481  ditior  ille  animi  zu  schützen. 
Augenscheinlich  ist  mit  dieser  parallele  nicht  viel  gewonnen. 
Zudem  ist  der  besprochene  mann ,  der  die  scholica  nugalia  vor- 
trägt ,  nicht  irgend  ein  beliebiger  dilettant,  —  in  diesem  falle 
würde  man  ein  halblobendes  doctior,  peritior,  scitior  u.  dgl.  ver- 
stehen, —  sondern  nach  dem  lemma  ein  grammaticus ,  nach  §  4 
ein  magister  von  beruf,  aber  einer  von  der  untüchtigen  sorte. 
Was  soll  da  der  wenn  auch  limitirte  lobspruch  ?  Ich  lese  mit 
den  codd.  deter.  einfach  doctor,  indem  ich  auf  XI,  13,  1  disci- 
plinae  rhetoricae  doctor ;  XIII  ,22,  1  rhetoricae  disciplinae  doctor 
verweise.  —  IV,  8,  4  haben  die  optimi  und  Hertz  mit  ihnen  in 
temporibus  rei  difficillimis.  Ich  weiß  rei  durch  keine  parallelstelle 
zu  stützen  ,  lese  daher  mit  den  alten  herausgebern  reip(ublicae). 
Legt  man  werth  darauf,  daß  die  geringeren  handschriften  für 
rei  ein  sinnloses  e  oder  ne  oder  nee  haben,  so  könnte  man  auch 
an  ein  das  adjektiv  bekräftigendes  sane  denken.  —  IV,  20,  1 
läßt  sich  bei  castigatissima  diseiplina  ja  wohl  etwas  denken ,  ob- 
schon  das  adjektiv  ohne  zweifei  weniger  gut  zu  diseiplina  paßt, 
als  etwa  zu  vita,  mores,  homines  oder  z.  b.  auch  zu  luxuria,  mit 
welchem  worte  Augustin  den  comparativ  des  wortes  verbindet. 
Sehr  beachtlich  ist  jedenfalls  castissima,  was  der  Par.  bietet.  — 

V,  16,  5  herrscht  in  den  handschriften  augenscheinlich  eine  con- 
fusion.  Unter  rückbeziehung  auf  15,  9  möchte  ich  mit  Gronov 
am  liebsten  lesen  sed  haec 5)  quoqae  non  diutius  muginandum.  Zu 
quoque  non  vgl.  u.  a.  die  oben  berührte  Varrostelle  I,  22,  5.  — 

VI,  3,  39  empfiehlt  sich,  meine  ich,  das  komma  nach  ut  qui 
maxime  zu  setzen.  —  Ebendas.  47  ist  mir  die  präposition  bei 
ex  summa  ope  nititur  bedenklich.  In  der  zeile  darauf  folgt  ex  re- 
publica,  nach  Gronov  fehlte  die  präposition  in  einem  seiner  Vos- 
siani,  IV,  8,  4  aber  liest  man  summa  ope  adnixust.     Gellius  hat 

5)  Auch  H.  Hagen  (Jahresbericht  über  Gellius  1873,  p.  1414) 
findet  Ate,  was  Hertz  festhält,  nicht  recht  verständlich,  indem  er  sich  für 
haec,  beziehungsweise  hice  (?)  ausspricht. 


450  81.  Cicero.  Nr.  8. 

meines  wissens  nirgends  sonst  etwas  ganz  analoges.  Bei  Apu- 
lejus  findet  sich  ja  zweimal  ex  summis  viribus,  dreimal  ex  summo 
studio  (vgl.  Kretschmann,  de  latinitate  Apulei  p.  124),  wie  ex 
amore  u,  drgl.  ja  schon  bei  Plautus ,  aber  diese  substantiva  be- 
zeichnen doch  alle  körperliche  oder  geistige  vermögen,  bezie- 
hungsweise Stimmungen  des  handelnden,  als  deren  ausfluß  die 
handlung  aufgefaßt  werden  kann;  insofern  besteht  zwischen 
ihnen  und  summa  ope  noch  ein  unterschied.  —  In  dem  VII, 
2,  15  angeführten  citate  aus  Cic.  de  fato  liest  Hertz :  Chrysippus 
aestuans  laboransque,  quonam  explicatu  explicet  et  fato  .  .  fieri  et 
esse  .  .  .  intricatur  hoc  modo.  Das  von  Hertz  eingesetzte  explicatu 
wird  sicher  wenig  beifall  finden.  Klar  ist,  daß  ein  Substantiv 
hier  einzuschieben  ist.  Die  alten  ausgaben  setzen  pacto  ein. 
Der  einfachste  ausweg  war  doch  wohl  der,  welchen  Hertz  in 
seiner  textausgabe  eingeschlagen  hatte,  die  bei  intricatur  entbehr- 
lichen worte  hoc  modo  nach  quonam  einzuschalten. 

Das  meiste  von  dem,  was  ref.  zumal  gegen  ende  seiner  an- 
zeige vorgebracht  hat,  waren  mehr  bescheidene  anfragen  an  den 
verf.  als  ausstellungen.  Das  wenige,  was  er  überhaupt  an  dem 
trefflichen  buche  auszusetzen  hatte,  steht  jedenfalls  in  keinem 
verhältniß  zu  der  fülle  von  dankenswerther  belehrung  und  an- 
regung ,  welche  dasselbe  bietet.  Es  kann  daher  ref.  seine  an- 
spruchslosen auslassungen  nicht  schließen,  ohne  zuvor  dem  verf. 
für  die  kostbare  gäbe ,  welche  er  in  diesem  ersten  bände  der 
philologischen  weit  bescheert  hat,  für  seinen  bescheidenen  theil 
herzlichst  gedankt  und  dem  wünsche  ausdruck  geliehen  zu  ha- 
ben, daß  der  abschließende  zweite  band  in  recht  kurzer  frist 
dem  ersten  nachfolgen  möge.  Th.    Vogel. 

81.  Ciceros  rede  für  Sex.  Eoscius  aus  Ameria.  Mit  den 
Testimonia  veterum  und  dem  Scholiasta  Gronovianus  herausge- 
geben und  erklärt  von  dr.  Gustav  Landgraf,  königl.  stu- 
dienlehrer  am  gymnasium  in  Schweinfurt.  I.  hälfte :  text  mit 
den  Testimonia  veterum  und  dem  Scholiasta  Gronovianus.  Er- 
langen, A.  Deichert  1882.     (gr.  8.     2  bl.,  117  p.     2  mk.). 

Es  ist  keine  kritische  ausgäbe  in  gewöhnlichem  sinne,  welche 
wir  hier  zu  besprechen  haben,  sondern  der  erste  theil  einer  be- 
arbeitung,  deren  Schwerpunkt  in  dem  erklärenden  kommentar 
liegt.     So    begnügt   sich    denn    der  herausgeber  mit  einer  allge- 


Nr.  8.  81.  Cicero.  451 

meinen  Charakteristik  des  handschriftlichen  Verhältnisses ,  ver- 
zichtet auf  eine  vollständige  angäbe  der  lesarten  der  einzelnen 
Codices  und  beschränkt  sich  auf  einen  „kritischen  anhang"  (p.  85 
— 117),  der  die  ansichten  der  neueren  kritiker  über  diejenigen 
stellen  der  rede,  welche  anlaß  zu  verschiedener  beurtheilung 
boten,  zum  theil  mit  angäbe  der  gründe  in  den  eigenen  worten 
ihrer  Vertreter  vorlegt ;  es  sind  dort  u.  a.  die  abweichungen  der 
hauptsächlichsten  neueren  ausgaben  verzeichnet.  Dieser  anhang 
also  steht  hinter  dem  text :  unter  dem  text  finden  wir  einmal 
die  Testimonia  veterum,  sodann  den  sogenannten  Scholiasta  Grono- 
vianus  mit  kritischen  und  erklärenden  bemerkungen.  Auch  hier 
sind  die  lesarten  der  einzigen  handschrift  nur  mit  auswahl  ge- 
geben, ganz  abgesehen  davon,  daß  eine  neue  vergleichung  vom 
herausgeber  nach  Mommsens  ausspruch  über  die  Sorgfalt  der  frü- 
heren vergleicher  für  überflüssig  gehalten  worden  ist.  Das  ist 
zu  bedauern ;  denn  wenn  den  unterzeichneten  schon  früher  ge- 
legentliche einsieht  in  den  cod.  Voss.  138  (152)  über  das  nicht- 
zutreffende  dieser  Voraussetzung  belehrt  hatte,  so  kann  nunmehr 
leicht  jedermann  sich  aus  Stangls  trefflicher  arbeit  davon  über- 
zeugen. Häufig  vermißt  man  hier  außerdem ,  und  zwar  nicht 
bloß  bei  kleinigkeiten ,  den  namen  des  Urhebers  der  emendation 
(z.  b.  Schütz  zu  §  5 ,  1 ;  56,  3;  152,  1;  Graevius  zu  90,  4; 
111  z.  5;  J.  Fr.  Gronov  zu  37  z.  2  ;  50  z.  4 ;  cap.  20, 55  z.  4 ; 
Orelli  132,  5  manupretia ;  bei  demselben  sind  schon  verbessert  die 
lemmata  48,  4;  56,  2  u.  dgl.  m.  5  über  49,  4  s.u.;  warum  heißt 
es  zu  §  8,  1  „recuset  habe  ich  emendiert  .  ."  und  folgt  dann 
ein  citat  aus  meinen  Lect.  Tüll. ,  statt  einfach  zu  sagen  ,,r.  hat 
E.  emendiert"?  Aehnlich  p.  93  zu  §  24  d.  rede.  Die  anord- 
nung  der  scholien  nebst  den  bemerkungen  dazu  gleich  unter 
dem  schriftstellertext  mag  angebracht  sein,  wenn  sich  ein  unmit- 
telbar bei  der  lektüre  zu  verwerthender  inhalt  derselben  mit  ei- 
ner hinreichend  guten  erhaltung  verbindet ,  wie  z.  b.  bei  den 
alten  kommentaren  zu  Aeschylus  und  Sophocles ;  aber  dieser 
schob  Gron.  bietet  für  das  Verständnis  und  die  textkritik  nur 
ganz  geringe  beitrage ,  und  die  art  seiner  abfassung  wie  Über- 
lieferung macht  zahlreiche  bemerkungen  erforderlich  ;  berücksich- 
tigt man  hierzu  noch  die  höchst  ungleichmäßige  ausdehnung  der 
scholien,  so  wird  man  es  für  zweckmäßiger  erachten ,  wenn  die- 
selben   für    sich    zusammenhängend    hinter  dem  texte  abgedruckt 


452  81.  Cicero.  J*r.  8. 

wären.  Dann  hätten  sich  auch  die  seiten-  und  Zeilenzahlen 
Orellis,  nach  denen  citiert  zu  werden  pflegt,  bequem  anbringen 
lassen.  Jetzt  muß  man  z.  b.  bei  der  lektüre  von  Stangl's  ab- 
handlung  mit  viel  mühe  und  Zeitverlust  jedes  citat  erst  bei  Orelli 
aufsuchen  und  dann  übertragen.  Und  doch  hätte  sich  auch  bei 
der  einmal  beliebten  anordnung  neben  dem  lemma  in  klammer 
jedesmal  die  Orellische  Zählung  anbringen  lassen.  Jedenfalls 
mußte  ferner  wenigstens  an  den  durch  konjektur  geänderten  stellen 
im  Cicerotext  unter  demselben  in  knappster  form  die  hand- 
schriftliche lesung  ausnahmslos  angegeben  werden,  wenn  auch 
ohne  nennung  des  verbesserers.  Der  ersatz,  welchen  der  her- 
ausgeber  hie  und  da  im  Cicero  —  aber  auch  im  scholientext  — 
angewandt  hat,  die  emendationen  durch  gesperrten  druck  hervor- 
zuheben, ist  an  sich  verwerflich,  obendrein  ohne  alle  konsequenz 
gehandhabt  und  wegen  der  Vieldeutigkeit  des  mittels  den  leser 
oft  irreführend.  Wie  schwer  es  bei  dem  eingeschlagenen  wege 
ist,  die  handschriftliche  Überlieferung  aufzufinden,  zeige  das  eine 
beispiel  §  112:  hier  muß  man  p.  109  eine  halbe  seite  anmer- 
kunglesen, um  besten  falles  errathen  zu  können,  daß  nicht  leve 
sondern  grave  in  den  handschriften  steht ;  wer  nicht  so  schon  be- 
scheid  weiß,  kann  einer  anderen  ausgäbe  kaum  entrathen.  Das 
aber  ist  bei  dem  zwecke  der  ausgäbe  und  ihrer  breiten  grund- 
lage  ein  fehler.  Auch  der  ausdruck  in  den  bemerkungen  hätte 
vielfach  kürzer  gefaßt  und  stilistisch  mehr  gefeilt  werden  dürfen 
vgl.  z.  b.  p.  20  (4)  „man  versteht  sonst  jene  grammatische  figur 
darunter,  wenn  ein  kasus  statt  des  andern  steht";  p.  40,  1 
„mich  hat  ihm  zu  folgen  der  umstand  bestimmt,  weil  die  worte  . . 
sein  sollen"  u.  a.  m.  Also  für  die  bequemlichkeit  und  das  be- 
hagen des  lesers  ist  nicht  hinreichend  gesorgt :  inhaltlich  dageger 
findet  sich  im  kritischen  anhang  mancherlei  anregendes  vorgetrs 
gen  oder  zusammengestellt ;  die  textesrecension  selbst  ist  mit  vic 
fleiß,  gründlichkeit  und  besonnenheit  durchgeführt,  so  daß  sie 
auch  C.  F.  W.  Müller  gegenüber  im  ganzen  einen  fortschritt 
bezeichnet ;  die  scholien  sind  an  einer  reihe  von  stellen  scharf- 
sinnig verbessert,  unterschiedliche  male  allerdings  auch  unnöthig 
oder  unrichtig  geändert;  öfter  wird  daselbst  die  handschriftliche 
lesart  gegen  vorschlage  anderer  aus  dem  gebrauch  der  vulgär- 
sprache  mit  erfolg  geschützt  (zu  den  gelungenen  vertheidigungen 
rechne  ich  freilich  nicht  die  von  sui  vor  Sulla  §  4,  p.  21  (8),  wo 


Nr.  8.  81.  Cicero.  453 

meinerseits  keine  „verkennungssünde"  begangen  ist).  Eigene  kon- 
jekturen  des  herausgebers  zum  Cicerotext  habe  ich  folgende  an- 
gemerkt :  §  1 1  sanguini  remedium  esse  sperant  futuram,  fast  über- 
einstimmend mit  einer  vermuthung  meines  vaters,  wobei  aber  so- 
wohl die  Stellung  von  esse  als  die  unterbliebene  assimilation  des 
geschlechtes  auffällt;  22  si  aliquid  non  animadvertat  in  den  an- 
fang  des  satzes  nach  neque  enim  virum  gestellt  (nicht  in  den  text 
aufgenommen);  24  hinter  emptio  ist  falsa  eingeschoben;  27  Ne- 
potis  <.sororem,  Baliarici^filiam,  ein  Vorschlag  der  schon  von  Ga- 
ratoni ,  nur  mit  umgekehrter  Stellung  der  glieder  aber  bereits 
von  Hotman  und  (in  disjunktiver  form)  von  Jo.  Passerat  ge- 
macht und  von  Lambin  gebilligt  ist;  120  cum  de  hoc  quaeritur 
wird  nach  cod.  G  gestrichen;  125  haec  <4ibenter>  audientur  (nur 
inderanm.);  130  <impie>  imprudente.  Schlagend  ist  keine  der- 
selben. Im  kommentar  p.  186  vermuthet  Landgraf  jetzt  26  pe- 
tulantius  statt  licentius.  An  fremden  Verbesserungsversuchen  von 
einigem  belang  aus  neuerer  zeit  lassen  sich  etwa  noch  folgende 
nachtragen:  §  8  constituerant  M.  Bonnet  (1872);  13  nihil  illa  re- 
liquerunt  und  33  a  me  für  tarnen  Weidner ;  derselbe  [quo  p.  R. — 
interemptus  est]  ,  wie  schon  E.  F.  Eberhard;  70  [dum  ea  verum 
potita  est]  und  75  erumpit  Weidner;  100  primam  Bonnet;  141 
spectata  K  Schenkl ;  hierzu  würden  noch  die  von  Nohl  in  seiner 
textausgabe  später  veröffentlichten  konjekturen  treten1).  §  57  haben 
Benecke  und  Bau  vor  mir  sine  suspicione  getilgt  (p.  100),  während  an- 
drerseits der  als  der  neueste  und  einfachste  bezeichnete  Vorschlag  64 
tarn  esse  suspiciosum  quam  neutrum  sensisse  von  mir  schon  1862  im 
Emendationum  specimen  vorgetragen,  später  aber  als  nicht  zutref- 
fend wieder  verworfen  worden  ist.  §47  p.  99  haben  GM  nostram, 
nicht  nostrum,  und  p.  96.  97  ist  statt  Backe  zu  lesen  Bake.  — 
Ich  füge  einige  bemerkungen  zu  den  scholien  hinzu.  Zu  §  2 
(425,  22  Or.):  Antiptosis  wird  sich  als  substantivum  zu  avtini- 
mav  „ausfall"  halten  lassen.  —  Zu  4  E.  (426,  5):  hinter  pe- 
tiverunt  müssen  punkte  stehen  im  sinne  von  „u.s.w."  wie  zu  39 
p.  36  (428,  38).  —    Zu  7:    das  zeichen  8)  gehört   hinter  Illius 

1)  §  55,  90,  91,  106,  112,  wo  Weidtier  et  in  famae  periculum  vor- 
zog; 120,  126,  129,154.  —  Die  obige  recension  war  niedergeschrieben 
bevor  ref.  den  eben  eingetroffenen  kommentar  bis  zu  den  „Nachträgen" 
durchgesehen  hatte.  Dort  sind  einige  der  hier  berührten  punkte  er- 
ledigt. Diese  schuld  wird  dadurch  einigermaßen  gesühnt,  Saß  Land- 
graf die  Addenda  des  ref.  unberücksichtigt  gelassen  und  so  eine  reihe 
von  konjekturen  anderen  zugeschrieben  hat.     (Bei  d.  korr.  zugesetzt). 

Philol.  Anz.  XIV.  31 


454  81.  Cicero.  Nr.  8. 

statt  hinter  postulatio,  und  das  nach  dem  letzteren  wort  stehende 
komma  ist  zu  tilgen.  —  9  (427,  4)  quantus  insit  timort  —  cap. 
5,  11  (3)  item  in  lemma  gehört  wohl  zur  bemerkung  des  erklä- 
rers und  bezieht  sich  auf  das  vorausgehende  ad  virtutem  principii 
pertinet.  —  18  ex  facultate:  eum  non  potuisse  schrieb  ich  bereits  im 
nachtrag  zu  den  lect.  Tüll. —  43(429,  17)  duos  hinter  pro  poena 
ist  nicht  zusatz  von  Orelli,  wie  Landgraf  meint,  sondern  steht  in  der 
handschrift ;  ich  hatte  eben  dafür  Erucius  vermuthet,  auch  an  actor 
(im  sinne  von  accusator  Seh.  49  n.  A.  oder  adversarius  Seh.  47.  48.  80 
i.  A.)  gedacht,  den  gebrauch  dieses  wortes  bei  dem  scholiasten  aber 
nicht  nachzuweisen  vermocht.  —  Zu  49  (430,  19)  wird  als  Über- 
lieferung angegeben  sed  tarnen  ars  est,  in  sua  quisque  arte  melior 
illo,  qui  est  imperitus,  in  meliore  parte  est  positus  und  dazu  be- 
merkt „diesen  satz  habe  ich  .  .  lesbarer  gemacht" :  jedoch  die 
handschrift  hat  ganz  richtig  cum  peritus  in,  wie  auch  Landgraf 
schreibt ;  est  aber  habe  ich  bereits  zum  folgenden  anstatt  zum 
vorhergehenden  gezogen;  so  gehört  Landgraf  also  nur  die  Ver- 
änderung von  parte  in  arte  und  die  tilgung  von  positus:  beides 
aber  scheint  mir  unrichtig.  Gleich  darauf  hat  Landgraf  den 
satz  nam  ideo  —  fuit  (430,  31)  hinter  possessio  est  gestellt:  dem 
jedoch  steht  schon  die  Wiederholung  von  argumentum  entgegen. 
Es  ist  vielmehr  nur  die  interpunetion  ein  wenig  zu  ändern.  An 
den  zweigliedrigen  satz  causa  totius  periculi  agrorum  possessio  est, 
argumentum  falsi  criminis  eultura:  reiht  sich  mit  nam  die  zweiglie- 
drige begründung  nam  ideo  aecusatur  Roscius,  quia  dives  fuit; 
id  est  inventum  ar gumentum  criminis ,  quoniam  agros  coluit.  In 
dem  scholion  zuvor  hat  der  kommentar  die  worte  Ciceros  et  ar- 
tificium  obliviscatur  et  Studium  deponat  fälschlich  auf  Chrysogonus 
(ipse  430,  25)  statt  auf  Sex.  Eoscius  bezogen.  Dem  scheint 
freilich  das  folgende  nam  zu  widersprechen ,  welches  richtigen 
sinn  nur  bei  der  auffassung  desinat  Roscius  exsequi  curam  co- 
lendorum  agrorum  giebt.  Indes  scheint  der  scholiast  gedacht  zu 
haben :  Chrysogonus  mag  selbst  mit  dem  ackerbau  aufhören : 
denn  Roscius  wird  ihm  die  geraubten  äcker  nicht  wieder  zu 
entreißen  versuchen.  —  50  (431,  3)  hatte  ich  palmä  abstersit 
geschrieben.  59  (432,  6)  gehört  ein  kolon  zwischen  publicam  und 
ceterum.  —  78  (433,  11)  hunc  locum  Cicero  differt ,  ut  contra 
Roscios  respondeat:  Landgraf  schreibt  contra  Erucium,  unnöthig, 
wenn    man  ut  —  als    ausführung    von   hunc    locum   faßt :    Cicero 


Nr.  8.  82.  Cicero.  455 

schiebt  die  erwiderung  gegen  die  Roscier  bis  nach  der  Zurecht- 
weisung des  Erucius  auf.  —  89  (433,  37)  caesos  nach  laeum 
ist  neues  lemma.  —  90  (6)  (434,  5)  Vitium  ist  wohl  dittogra- 
phie  zu  quis  enim  oder  quis  ibi ;  daß  übrigens  Schütz  non  hinter 
den  letzteren  worten  einschiebt ,  hätte  erwähnt  werden  dürfen. 
Anm.  3b  lies  Briseidam.  —  91  (434,  10)  ist  vor  qui  debebant  — 
vielleicht  i.  e.  ausgefallen,  wie  scholion  93.  —  109  (435,  1) 
modo  ita  ad  Capitonem  redit  et  omnia  repetit :  ich  weiß  nicht  wes- 
halb Landgraf  meine  conjectur  modo  iterum,  die  mir  nothwendig 
scheint,  unerwähnt  läßt.  —  111  (6)  (435,  11)  verlangt  der  sinn 
duo  socii  sunt:  si  alteri  alter  fraudem  fecerit  (oder  e  duobus  sociis). 
115  (435,  19)  tantidem\  id  est,  nulla:  kann  hier  nullä  in  adver- 
biellem  sinne  wirklich  für  nihili  stehen?  —  117  (435,21)  osten- 
dit  vitam  turpissimam  C'apitonis,  modo  quia  et  apud  quem  praemium 
invenitur  .  .  ipsum  potuisse  occidere  Roscium :  für  modo  quia  et 
schlage  ich  vor  zu  lesen  videlicet.  —  118  (435,  23.  24):  die 
Verwechselung  der  beiden  Roscier  ist  dem  scholiasten  vollkommen 
zuzutrauen;  vgl.  zu  49.  —  132  (436,  23)  hinter  possessiones  ist 
wahrscheinlich  et  ausgefallen.  Um  Halms  deridebat  (436,  14; 
p.  76  anm.  3)  richtig  zu  würdigen  muß  man  erwägen  daß  nicht 
derivat  sondern  deribat  Überlieferung  und  vulgata  ist.  Die  Ver- 
besserung in  Veientana  hat  Richter  und  vor  ihm  ein  gelehrter 
um  den  anfang  des  vorigen  Jahrhunderts  (Crenius  ?)  in  dem  von  mir 
benutzten  exemplar  der  Graevius'schen  ausgäbe  gemacht.  —  136 
(436,34)  quum  maxime  voluerimj  id  est,  bello  civilit  —  137(437,2) 
verum  longe  aliter  ist  lemma,  wie  schon  inquit  zeigt.  Im  folgen- 
den möchte  ich  statt  malum  schreiben  multum  <abest>  (oder  viel- 
leicht geradezu  est  aliter?).  —  152  (437,  7)  das  ganze  scholion 
hat  Landgraf  umgestaltet ;  ich  glaube  noch  daß  die  einfache  an- 
der ung  dicit  agi  (für  handschriftliches  ut)  hoc  iudicio  (Lect.  Tüll, 
p.  18)  genügt;  tantum  quia  bedeutet  dann  „bloß  aus  dem  gründe, 
weil".  Ein  lückenzeichen  hat  übrigens  Orelli  nicht  vor  dicit  ge- 
setzt, sondern  ein  f  als  zeichen  der  Verderbnis.  —  Die  ausstat- 
tung  des  buches  ist  vortrefflich,  der  druck  im  ganzen  korrekt. 

A.  Eberhard. 

82.  Ciceros  rede  für  Sex.  Roscius  aus  Ameria.  Für  den  schul- 
gebrauch erklärt  von  dr.  G.  Landgraf,  studienlehrer  am  gymna- 
sium  in  Schweinfurt    Gotha,  Fr.  A.  Perthes  1882.  gr.  8.  IV,  104  p. 

31* 


456  82.  Cicero.  Nr.  8. 

Diese  ausgäbe  bildet  einen  theil  (A  2)  der  neuen  Sammlung 
von  Schulausgaben  alter    klassiker,    die  Bibliotheca  Gothana  ge- 
nannt wird,  und  der  herausgeber  hebt  in  dem  vorwort  ausdrück- 
lich hervor  daß  sie  „im  strengeren  sinn  eine  Schulausgabe"  sein 
wolle  „als  es  die  von  Halm  und  selbst    die  von  Eichter  -  Fleck- 
eisen sind".     Aber  dazu  stimmen    bemerkungen    nicht ,    wie    die 
zu  94  de  caedibus  commemorare  „diese   seltenere  konstruktion  von 
commemorare  fehlt    bei  Caesar ,    während    sie    sich    bei  Cicero  in 
den  reden  (viermal)   und    briefen  findet"  (wo  man  nur  noch  die 
erwähnung  von  memorare  de    in  der  dichterstelle  de  fin.   2  §   15 
und  bei  Sallust  —  s.  Dietsch  zu  lug.   25,   4  —  vermißt);  ähn- 
lich steht  es  mit  den  anmerkungen  über  inopia  20,  contribulis  47 , 
animum  inducere  ut   53,  eo  perspicuo  86,  munitare   140,  mihi  crede 
98,  dedita  opera   104  E. ,    auscultare  icouter   104,    se  und  eum   6, 
und  vielen  ähnlichen ,    namentlich   solchen ,    welche  sich  auf  die 
vergleichung    des    Sprachgebrauchs    der    reden   mit  dem  anderer 
Schriften  und    von  den  reden  wieder  der    früheren  mit  den  spä- 
teren  beziehen   oder    hindeutungen    auf    die  redeweise  z.  b.  des 
Livius    enthalten ,    wie   5,11     „Livius    braucht   mortales   gern  in 
schlachtberichten" :    warum    wird    nicht    hinzugesetzt  daß  Caesar 
das  wort  gar  nicht  hat,   Sallust  häufig  und  geradezu  für  homines 
(Dietsch  zu  Catil.   1,   5.  Fabri  zu  2,   8)?     Nicht  als  ob  ich  dem 
herausgeber  damit  einen  Vorwurf  machen    wollte:    ich    halte    im 
gegentheil   den  eingeschlagenen  weg  durchaus  für  den  richtigen, 
meine  nur  daß  für  Landgraf  kein  grund  vorliegt    zwischen  sich 
und    anderen    herausgebern   eine    Scheidewand  zu  ziehen.     Seine 
bearbeitung   hat   vor    vielen   anderen    Schulausgaben  den  großen 
vorzug ,  daß  sie  auf  selbständigen ,    tüchtigen  Sprachstudien  von 
weiterer  ausdehnung  beruht ;    die    auswahl  ist   mit  verständigem 
takte  getroffen,  so  daß  ich   eine  wirklich  überflüssige  bemerkung 
gefunden  zu  haben  mich  nicht  erinnere ;  die  fassung  hätte  ich  al- 
lerdings   manchmal    anders    gewünscht    (vgl.  z.  b.    18    esset) ;    in 
den  Übersetzungen  ist  das  zulässige  maß  nicht  überschritten;   der 
hinweis  auf  gleichklänge,  formein  der  schrift-  und  der  Umgangs- 
sprache ,    klassische    Wendungen    für    neulateinische    denen    man 
häufig    begegnet   und    andere  dergleichen    stilistische  dinge  ver- 
dienen alles  lob.     Dagegen  wird  der  herausgeber  gut  thun  in  einer 
neuen  aufläge,  die  nicht  lange  auf  sich  warten  lassen  wird,  dem 
logischen    elemente    sowohl    was    gestaltung    und    fortschritt    der 


Nr.   8.  82.  Cicero.  457 

gedanken  als  die  erklärung  von  Spracherscheinungen  betrifft  grö- 
ßeren räum  zu  gewähren ;  z.  b.  §  2  E.  stehen  die  beiden  be- 
dingungssätze  nicht  auf  gleicher  stufe :  der  zweite ,  speziellere 
bildet  mit  seinem  nachsatz  den  nachsatz  zum  ersten  allgemeinen; 
at  enim  16,  45  ist  durch  den  vergleich  mit  ilXla  yaö  für  den 
sekundaner  nicht  erläutert;  und  wie  soll  er  sich  die  fatale  figur 
iv  diu  övoh'  (9.  149)  verständlich  machen?  Auch  werden  dem 
angehenden  lateiner  etwas  reichlichere  winke  über  eigenthüm- 
lichkeiten  der  lateinischen  Wortstellung  (signifikantes  und  pathe- 
tisches wort,  vorantritt  des  verbs  zum  ersatz  der  konjunktion, 
anaphora  und  chiasmus ,  pronominalparataxe  u.  dgl.  m.) ,  für 
welche  gerade  diese  rede  manche  beispiele  enthält,  recht  nützlich 
sein,  wie  jeder  zu  würdigen  weiß  der  lateinische  aufsätze  korri- 
giert hat.  Ich  gehe  zu  einigen  einzelheiten  über.  §  8  verdiente 
das  seltenere  ut  .  .  ne  nach  der  (formellen)  negation  eine  be- 
merkung ;  desgleichen  9  Ms  de  rebus  tantis  vgl.  38 ;  10  et  nach 
der  negation  „sondern";  26  id  ita  futurum  ;  33  hie  locus  est  ut. 
§15  mußte  es  heißen:  Cicero  beginnt  die  narratio  gern  mit  dem 
nominativ  der  hauptperson.  Auch  sind  nur  die  eingänge 
der  narratio  in  der  Rosciana  und  Caeliana  ähnlich ,  nicht  die 
dieser  reden  überhaupt. —  17  „siegbekränzt"  ist  ein  ungebräuch- 
liches wort.  —  18  iudicatote:  der  ausdruck  „coniunetivus 
permissivus"  soll  wohl  auf  die  deutsche  Übersetzung  oder  die 
gleiche  bedeutung  gehen ,  ist  aber  für  den  schüler  mindestens 
leicht  mißzuverstehen.  —  20  ad  Chrysogonum :  die  Wiederholung 
derselben  präposition  in  etwas  anderem  sinne  ist  acht  lateinisch 
und  namentlich  auch  ciceronianisch.  —  23  etiam  bei  nondum  ist 
keineswegs  pleonastisch.  —  27  E.  fide,  diligentia',  eine  häufige 
Verbindung.  —  29  atque  adeo  ist  nicht  bloß  mit  ac  potius  son- 
dern auch  mit  seu  potius  gleichbedeutend.  —  30  E.  101  E.  Daß 
profecto  nur  subjektiv  versichert,  ist  durchaus  richtig:  aber  weder 
der  ausdruck  „profecto  ist  nie  Versicherungspartikel"  trifft  zu,  noch 
stimmt  hiermit  die  unmittelbar  darauf  folgende  empfehlung  der 
Übertragung  „sicherlich"  und  die  warnung  vor  „wahrlich".  —  33 
insaniunt ,  insanissimum  ist  ein  seltener  fall  der  parataxe  mit 
figura  etymologica,  s.  Wiehert  Stillehre  1,  503.  —  37  quo  male- 
ficio  nach  nefarium  facinus ,  zur  dlv.  Caec.  41.  —  44  factum  cri- 
minaris  bedurfte  einer  begrifflichen  erklärung ,  aus  der  sich  die 
construetion  ergiebt.   —    17,48  nisi  me  fallit  animus  bot  günstige 


458  83.  Cicero.  Nr.  8. 

gelegenheit  vor  ni  fallor  zu  warnen.  —  53  patrem  esse  sese  ob- 
livisceretur,  alles  vatergefühl  verleugnete.  —  59  credo  .  .  quae- 
sisse  statt  quaesivit,  zur  E.  f.  Archias  10.  —  62  iam  prope,  zu 
Catil.  3  §  2.  —  74  indidem:  daß  et  ipsos  in  guter  spräche  ge- 
mieden wurde,  mußte  gesagt  werden ;  der  ausdruck  „schulmäßig" 
führt  irre.  —  82  ne  aut  .  .  aut  ne,  zur  Pomp.  49.  div.  Caec. 
72  E.  —  117  fraude  et  perfidia  fefellit,  alliteration.  —  123  in- 
vitus  ac  necessario  facio,  vgl.  Verr.  3  §  96  inviti  raroque  u.  ä.  — 
124  über  ita  se  res  habet  war  auch  in  der  Schulausgabe  eine  be- 
merkung  nicht  unangemessen.  —  132  die  unrichtige  bezeich- 
nung  der  landschaft  als  Bruttium  oder  Bruttia  hat  Landgraf 
selbst  in  der  größeren  ausgäbe  verbessert  (p.  369).  —  141  ne- 
que  hoc  indigne  fero  .  .  :  id  queror:  zur  div.  Caec.  23  g.  E. 
Verr.  3  §  17  de  prov.  cons.  8  m.—  142  communicatam :  bei 
der  anmerkung  fehlt  die  hauptsache,  die  erläuterung  des  dativs 
sibi  (cum  illo).  —  Die  einleitung  enthält  in  bündiger  fassung 
(p.  1 — 6)  alles  für  das  allgemeine  Verständnis  wesentliche.  Der 
text  ist ,  so  viel  ich  sehe ,  derselbe  wie  in  der  großen  ausgäbe ; 
eigene  conjecturen  des  herausgebers  sind  11.  24.  (27.)  120.  130 
aufgenommen.  Die  ausstattung  ist  anständig,  der  druck  für  das 
äuge  angenehm,  aber  nicht  frei  von  versehen.  Möge  neben  die- 
sem kommentare  der  vortreffliche  ausführlichere  (Erlangen  1884) 
von  den  lehrern  fleißig  gebraucht  werden.  A.  Eberhard. 

83.  H.  Kubner,  De  Oratoris  Tulliani  codice Laurentiano 
disseruit  collatumque  protulit.     Speier  1882.     8.     Progr.     67  p. 

Der  verf.  giebt  aus  den  einschlägigen  katalogen  nähere 
auskunft  über  zwölf  in  Florenz  aufbewahrte  Cicero-handschriften, 
welche  den  Orator  vollständig  enthalten  und  alle  nebst  einem 
lückenhaften  auf  einen  codex  Laudensis  zurückgehen.  Dies 
glaubt  Maaß  aus  der  partiellen,  für  den  verf.  vorgenommenen 
vergleichung  der  manuscripte ,  von  welcher  in  bezug  auf  zwei 
besonders  wichtige  stellen  p.  64  —  67  mitgetheilt  sind,  schließen 
zu  können.  Sämmtliche  Codices  haben,  soweit  dies  die  gegebene 
auslese  der  Varianten  erkennen  läßt,  nach  des  ref  ansieht  für 
die  kritik  sehr  geringe  bedeutung.  Beachtung  dagegen  verdient 
eine  andere  handschrift  des  Orator,  welche  sich  ebenfalls  in  Flo- 
renz befindet  und,  nachdem  ihr  werth  schon  von  Orelli  erkannt 
war,  vom  verf.  zum  gegenstände  einer  eingehenden  betrachtung 


Nr.   8.  83.  Cicero.  459 

gemacht   ist.     Vitelli  (Universitätsprofessor  in  Florenz)    verdankt 
der  verf.  die  sorgfältige  kollation  derselben,    wie  sie  p.  37 — 64 
abgedruckt  ist.     Diese  handscbrift    enthält  eine  große  lücke  von 
§   191 — 231   und  ist  von  §  100  bis  zum  Schlüsse  nach  dem  ka- 
taloge  von  einer  hand  des  XIII  Jahrhunderts  geschrieben,  wäh- 
rend  der  anfang    dem  XV.  Jahrhundert  angehört.     Nachdem  die 
hauptsächlichsten  kompendien  und  sonstigen    eigenthümlichkeiten 
in  der  Schreibweise  des  älteren  theiles,  welcher  zunächst  behan- 
delt wird,  angegeben  sind,  folgt  eine  aufzählung  und  Würdigung 
der  übrigen  zum    orator    verglichenen  Codices,    welche    gleichfalls 
lückenhaft  sind ,    nämlich  des  Abrincensis  (A) ,  Gudianus  2  (G), 
Erlangensis  39   (E),  vetus  (codex  Caroli)  Stephani  (St),  während 
der  Pithoeanus  und  zwei  Palatini,  welche  Lambin  benutzte,  nicht 
in  betracht  gezogen  werden,  weil  ihre  lesarten  in  einer  nur  ge- 
ringen   anzahl    bekannt  sind.     A  ist    der    älteste    und    zugleich 
beste  codex ,    welchem  die  drei  andern   in  der  angegebenen  rei- 
henfolge,  obgleich  sie  aus  derselben  quelle  geflossen  sind,  nach- 
stehen.    Der  Laurentianus  (L)  enthält,    wie    seine    vergleichung 
mit  ihnen  zeigt,  eine  menge  fehler,  welche  dort  nicht  vorkommen. 
Ebenso    sind    häufiger   buchstaben  oder    Wörter  ausgelassen ,    an- 
drerseits solche  hinzugefügt.      Zur  veranschaulichung  der  entstel- 
lungen   werden    die    den    paragraphen  112,  113,  163   und  164 
entnommenen  lesarten  von  L1  denen  von  A  G  E  gegenübergestellt, 
woraus  sich  ergiebt,  daß  L1  sehr  fehlerhaft  ist.    Indes  hat  L1  an 
einigen  stellen  in  Übereinstimmung  mit  der  einen  oder  mit  zweien 
von  jenen  drei  das  richtige    bewahrt ,    an    anderen    allein.     Das 
letztere  ist  der  fall  §112   qui  ea  docere  videamur,   141   existimator, 
165  ex  natura  ipsa,   128   ad  naturas,  ebenda  benivolentiam  und  164 
qua  in  ternpestate.     Aber  in   betreff    der  letzten  zwei  stellen  hegt 
Rubner  zweifei  und  zwar  mit  recht,    zumal  für  qua  in  ternpestate 
in  L  quam  tepestate  steht.     Ref.    kann    nur    die   zu   den  §§  141 
165  und   128  (ad  naturas)  vorgebrachten  lesarten,  welche  durch 
anderweitige    Überlieferung    schon    festgestellt    sind,    für    richtig 
halten.     Offenbar  stammt  L1  aus   einer  handschrift ,    welche  feh- 
lerhafter war  als  A  und  G ,    ist    auch    nachlässiger    geschrieben 
als  E,    enthält  jedoch    nicht  soviele    interpolationen  und  zusätze 
wie  E ,    wogegen  sich  E  durch    eine    anzahl  guter  lesarten  aus- 
zeichnet.    Ohne  zweifei  hat  Orelli   recht ,    wenn    er    das   bespro- 
chene fragment  dem   14.  oder   15.  Jahrhundert  zuweist. 


460  83.  Cicero.  Nr.  8. 

Dieses  stark  entstellte  exemplar  hat  ein  korrektor  gründlich, 
aber  nicht  ohne  eine  gewisse  Unsicherheit  durchkorrigiert,  indem 
er  viele  fehler  beseitigte,  manche  aus  nachlässigkeit  stehen  ließ, 
dagegen  andere  fälschlich  hineinbrachte,  welche  sich  entweder 
in  den  Codices  integri  nicht  finden  oder  auch  von  ihnen,  obschon 
selten  von  allen,   in  einer  ziemlich  großen  zahl  überliefert  sind. 

Nachdem  hierauf  der  verf.  gezeigt  hat,  daß  man  früher  die 
Codices  mutili  unterschätzt  und  sie  erst  neuerdings  mehr  zur  fest- 
stellung  des  textes  herangezogen  habe,  führt  er  diejenigen  stellen 
aus  ihnen  an ,  wo  diese  den  integri  gegenüber  den  vorzug  ver- 
dienen,  nämlich  §  105  quoniam ,  117  in  species,  ebenda  Quando 
autem  id  faciat  aut  quomodo,  131  est  faciendum  etiam,  148  tarn 
durum  se,  155  hanc  consuetudo  licentiam,  120  nolo  ignoret,  141 
dubitabit,  162  reperienda ,  173  quid?  ipsi,  ebenda  longitudinum  et 
brevitatum,  190  inquirente,  232  compositi  —  dissolvas,  233  aliquam 
sententiam  eamque,   235  reperiam  ipse,   236  spectari  aut  audiri. 

Zweifellos  richtig  sind  die  lesarten  von  105,  117  (in  species) 
120,  162,  173,  jedoch  muß  mit  Piderit  an  letzter  stelle  quid  ipsi 
—  moventurf  geschrieben  werden,  190,  232,  233,  235  und  236, 
wie  wir  mit  ausnähme  von  reperiam  ipse  schon  in  den  ausgaben 
lesen,  dagegen  muß  ich  die  anderen,  welche  durch  nachlässiges 
schreiben  entstanden  zu  sein  scheinen,  für  unrichtig  halten.  Im 
übrigen  stimmen ,  wie  der  verf.  fortfährt ,  die  Codices  mutili  mit 
einem  oder  mehreren  der  integri  in  der  Überlieferung  des  rich- 
tigen überein,  so  daß  Meyer  und  Orelli  jenen  einen  zu  geringen 
werth  beigelegt  haben,  wenn  sie  kaum  wagten,  etwas  aus  ihnen 
zu  entnehmen,  Man  soll  hingegen,  wo  die  verschiedenen  lesarten 
einer  stelle  in  beiden  handschriften-klassen  möglich  erscheinen, 
nicht  seine  Zuflucht  zu  den  integri  nehmen ,  sondern  den  Zusam- 
menhang und  ciceronianischen  Sprachgebrauch  berücksichtigen. 
Die  bisherige  unzulängliche  Würdigung  der  mutili  ist  deshalb 
weniger  zu  tadeln,  weil  das  handschriftliche  material  erst  vor 
kurzem  mehr  bekannt  geworden  ist  und  infolge  davon  jene  einen 
höhern  werth  erhalten  haben.  Stellen,  an  welchen  der  verf. 
diesen,  unter  denen  dann  L1  meist  durch  den  korrektor  entstellt 
ist,  den  Vorzug  giebt,  sind  §  131  taedeat,  was  die  mutili  unter 
den  formen  tedeat,  redeat,  rideat  überliefern,  statt  satietate  afficia- 
tur,  wie  die  integri  und  L2  fälschlich  lesen,  dann  120  cum  supe- 
rioribus  für  cum  superiorum,  138  dicat  für  dicit.     Gleichen  werth 


Nr.   8  83.   Cicero.  461 

haben  die  formen  §  164  componantur  —  finiantur  —  et  finiantur 
in  den  mutili  und  componentur  —  finientur  —  sed  finiuntur  in  den 
integri.  Wieder  besser  sind  die  lesarten  der  mutili  §  144  nes- 
cio  cur  non  docendo  etiam  aliquid  aliquando  possis  meliores  facere 
für  nescio  cur  cum  docendo  cet. ,  146  me  didicisse  quod  probarem 
(nach  den  spuren  der  Überlieferung)  für  me  didicissef  Quid  erat 
cur  probarem ,  ebenda  cum  abfuissem  domo  für  cum  et  afuissem, 
148  profecto  maximis  rebus  forensibus  nostris  et  externis  inclusae  et 
domesticae  litterae  statt  profecto  forensibus  nostris  rebus  etiam  dome- 
sticae  litterae,   235   reformidavisse  für  formidavisse. 

In  bezug  auf  drei  paragraphen ,  nämlich  144,  146  {cum 
domo  abfuissem)  und  235  stimme  ich  dem  verf.  bei,  sonst  ziehe 
ich  die  Überlieferung  der  integri  vor.  Es  folgen  stellen,  an  wel- 
chen es  sich  nicht  entscheiden  läßt ,  welche  handschriften-klasse 
die  bessere  lesart  bietet.  §  149  haben  nämlich  die  mutili:  ut 
fiat  quasi  structura  quaedam  nee  tarnen  fiat ,  die  integri:  Est  enim 
quasi  structura  quaedam  nee  id  tarnen  fiet.  Es  stehen  sich  ferner 
gegenüber  die  Schreibweisen  §162  videbamur  und  volebamus,  150 
incondite  positis  und  inconditis ,  ebenda  formulam  und  hanc  viam, 
ebenda  nee  —  efficiet  und  ne  —  efficiat,  112  impensius  und  infen- 
sius,  189  est  id  vehementer  vitiosum  und  quod  vehementer  est  vitio- 
sum,  234  8i  quem  —  sequatur  und  si  quos  —  sequantur.  Abge- 
sehen von  impensius,  was  dem  infensius  vorzuziehen  ist,  halte  ich 
alle  lesarten  der  mutili  für  verderbt.  An  vier  andern  stellen, 
wo  ein  theil  der  mutili  mit  einem  theile  der  integri  übereinstimmt, 
entscheidet  sich  Rubner  ebenfalls  nicht.  Ich  möchte  für  richtig 
halten  §  116  involutae  statt  involuta ,  126  appellati  sunt  eo  quod 
für  sunt  appellati  quod,  128  duo  sunt  quae  bene  traetata  für  duae 
res  sunt  enim  quae  bene  traetatae ,  174  et  haec  et  illa  für  et  haec 
et  alia.  Das  resultat  aus  dem  früheren  lautet.  Der  ältere  theil 
des  Laurentianus  enthält  eine  noch  größere  anzehl  von  entstel- 
lungen  als  der  Erlangensis ,  aber  nicht  so  viele  interpolationen 
und  zusätze  und  wurde  im  15.  Jahrhundert  durch  einen  kor- 
rektor  von  sehr  vielen  fehlem  befreit.  Indes  blieben  hier  und 
da  versehen  stehen,  während  neue  fehler  hineinkorrigiert  wurden. 
Vielleicht  hat  der  korrekter  nach  zwei  oder  mehreren  exemplaren 
verbessert ,  welche  offenbar  den  übrigen  Codices  integri :  Einsied  - 
lenßis,  Vitebergensis,  Dresdensis,  2  Guelferbytani  an  werth  gleich- 
standen.    Diese    stammen    aus  einem  Laudensis  und  dürfen  den 


462  83.  Cicero.  Nr.  8. 

mutili  nicht  in  der  bisherigen  weise  vorgezogen  werden.  Nach 
vergleichung  der  beiden  handschriften-klassen  müssen  wir  schlie- 
ßen, daß  in  sehr  früher  zeit  zwei  nicht  wesentlich  verschiedene 
archetypi  existierten,  von  denen  der  eine  das  original  der  mutili, 
der  andere  das  der  integri  gewesen  ist.  Daher  müssen  wir,  wo 
die  lesarten  der  integri  und  mutili  wegen  ihrer  Verschiedenheit 
zweifei  rege  machen,  die  entscheidung  nach  dem  zusammenhange 
und  dem  sprachgebrauche  Ciceros  treffen.  Damit  ist  über  die 
mutili,  wie  schon  aus  meinen  obigen  bemerkungen  hervorgeht, 
ein  viel  zu  günstiges  urtheil  ausgesprochen. 

Dann  sucht  der  verf.  durch  vergleichung  der  lesarten  von  den 
§§  116,.  117,  141,  142,  233  und  234  aus  dem  Laur.  2,  Einsiedl., 
Viteb.  und  Dresdensis  zu  beweisen,  daß  der  letztere  den  übrigen  an 
werth  gleichkomme,  der  Einsiedl.  aber  von  Orelli  den  andern  zu  sehr 
vorgezogen  sei.  Es  folgt  nach  einer  sorgfältigen  darlegung  der 
Schreibweise  des  Jüngern  theiles  von  L,  welcher  §  1 — 100  enthält,  die 
anführung  der  dort  vorgefundenen  fehler.  Diese  sind  fast  die- 
selben wie  in  den  übrigen  manuscripten,  von  denen  einige  durch 
die  Überlieferung  der  mutili  verbessert  werden.  Als  solche  Ver- 
besserungen sind  zu  verzeichnen  §  94  et  haec  —  decet,  95  ex- 
plicabuntur  —  dicentur ,  98  extimescet ,  100  animo.  Nam  manu. 
Nur  zwei  unbedeutende  versehen  finden  sich,  welche  der  behan- 
delten handschrift  eigenthümlich  sind ,  §  72  Et  sine  für  etsi  sine 
und  §  85  continuatione  für  continuationem.  Zu  diesen  muß  ich 
gegen  des  verf.'s  ansieht  §  79  aderit  für  aberit  hinzurechnen,  so 
daß  die  auf  die  richtigkeit  von  aderit  gegründete  konjektur  ßub- 
ners :  unum  aderit,  quod  —  ornatum,  aberit  illud  suave  et  affluens 
hinfällig  wird.  Einige  fehler  hat  ferner  diese  handschrift  mit 
der  einen  oder  mehreren  andern  gemeinschaftlich,  über  andere 
lesarten  läßt  sich  in  betreff  der  richtigkeit  streiten.  Besonders 
wichtig  ist  L  wegen  der  folgenden  stellen,  welche  ihm  allein  an- 
gehören, §  15  dicit,  23  qui  vim  aecommodarit ,  25  adipate,  SO  et 
qui,  47  emanant,  51  Charmadam,  68  voluptati  —  habeat,  80  inu- 
sitatum  —  inusitata.  Denn  hier  finden  wir,  wenn  wir  von  §  Gi 
absehen ,  die  bestätigung  für  dasjenige ,  was  wir  schon  in  der 
ausgaben  lesen.  Durch  voluptati  aber  wird  die  vortreffliche  kon- 
jektur Madvigs  nonnulli  eorum  voluptati  gesichert,  während  dei 
konjunktiv  habeat  statt  des  indikativs  nach  des  ref.  meinung 
zwar  möglich,  jedoch  nicht  nöthig  erscheint.     Sonst  bietet  L  mit 


Nr.  8.  84.  Römische  alterthümer.  463 

einem  der  übrigen  Codices  das  richtige,  wie  §  20  limati,  26  in- 
cendens,  36  alios  —  alios,  69  oratoris  für  orationis,  70  et  in  poe- 
matis,  89  ex  tempore  oder  mit  zwei  respektive  mehreren,  wie  §11 
cum  (antiquam),  20  levi,  51  et  quid  et,  83  ceteroquin.  Aus  dem 
gesagten  geht  hervor,  daß  die  behandelte  handschrift  von  großer 
bedeutung  ist,  was  durch  die  aufführung  der  erwähnenswerthen 
lesarten  von  §  65 — 70  aus  L  neben  denen  der  übrigen  vergli- 
chenen manuscripte  zur  evidenz  erhoben  wird.  Daher  müssen 
wir  gestehen ,  daß  dieser  theil  der  handschrift  alle  bisher  ver- 
glichenen Codices  an  werth  übertrifft  und  dem  archetypus  Lau- 
densis  am  nächsten  steht.  Die  handschrift  aber,  nach  welcher 
der  korrektor  den  altern  theil  änderte ,  zeichnete  sich  vor  den 
übrigen  nicht  aus.  Deshalb  stammen  beide  theile  weder  von 
demselben  Schreiber  noch  aus  demselben  originale.  Ob  der 
Schreiber  des  ersten  theiles,  dessen  vorläge  vielleicht  noch  in  ei- 
ner italienischen  bibliothek  verborgen  liegt ,  den  zweiten ,  nach- 
dem schon  die  korrektur  vorgenommen  war,  gefunden  hat,  bleibt 
dahingestellt. 

Von  den  wenigen  druckfehlern,  welche  mir  in  der  mit  gro- 
ßer Sorgfalt  und  gewiß  nicht  ohne  viele  mühe  angefertigten  ar- 
beit aufgefallen  sind,  erwähne  ich  folgende.  P.  14  z.  9  v.  u. 
fehlt  §  164;  p.  16  z.  1  v.u.  ist  Venetis  für  Venetianis  zu  lesen, 
p.  23  z.  3  v.  o  possis  melius,  p.  44  z.  10  v.  o.  clamoribus];  au- 
ßerdem sind  die  Varianten  p.  56  z.  16  v.  o.  loquebamur  und  p. 
67  z.  6  v.  u.  träctata  oratio,  weil  sie  sich  vom  texte  bei  Orelli- 
Baiter  nicht  unterscheiden,  ohne  zweifei  verdruckt. 

Heinrich  Deiter. 

84.  L.  Lange,  de  sacrosanctae  potestatis  tribuniciae  na- 
tura eiusque  origine  commentatio.  Lipsiae  1883.  43  S.  Edel- 
mann, typogr.  acad. 

In  diesem  Leipziger  Universitätsprogramm  zur  preisverthei- 
lung  von  1883  hat  sich  L.  Lange  die  aufgäbe  gestellt,  seine 
auffassung  von  dem  Ursprung  des  römischen  volkstribunats  ei- 
nerseits gegen  Mommsen,  andrerseits  gegen  den  ref.  zu  verthei- 
digen.  In  den  „Römischen  alterthümern"  l3  p  590  f.  ist  das  tri- 
bunat  von  Lange  rechtlich  dadurch  begründet,  daß  die  auf  dem 
heiligen  berge  verabredeten  bedingungen  „legalisiert  wurden  durch 
die  unter    den    vorliegenden    umständen    allein    mögliche  Völker- 


464  84.   Römische  alterthümer.  Nr.   8. 

rechtliche  form  eines  unter  der  mitwirkung  von  bevollmächtigten 
fetialen  geschlossenen  födus" ;  Mommsen  dagegen  begründet  es 
Staatsrecht  22,  276  und  sonst  auf  die  durch  eidliche  Verpflich- 
tung bestärkte  politische  Selbsthilfe  der  plebs,  ref.  aber  hatte  in 
Fleckeisens  Jahrbüchern  1876,  p.  139 — 150  („die  lex  sacrata  und 
das  sacrosanctum")  die  ansieht  aufgestellt,  die  lex  sacrata,  durch 
welche  das  volkstribunat  in  die  römische  Staatsverfassung  einge- 
führt worden,  sei  ein  konsulargesetz  gewesen  ,  die  leges  sacratae 
überhaupt  als  anerkannte  gesetze  nie  einseitige  Standesbeschlüsse 
der  plebs,  sondern  allgemeine  Staatsgesetze,  die  nur  mit  der  be- 
sonderen form  der  beschwörung  durch  die  magistratur  unter  ge- 
wissen religiösen  ceremonien  (schwur  bei  Iupiter  Lapis)  und  mit 
der  form  der  Sanktion,  durch  welche  der  zuwiderhandelnde  un- 
gestraft getödtet  werden  durfte,  ausgestattet  seien.  Wie  ref. 
a.  a.  o.,  so  untersucht  auch  Lange  zuerst  die  aus  dem  alterthum 
überlieferten  begriffsbestimmungen  und  stimmt  mit  ref.  darin 
überein,  daß  die  von  Cicero  pro  Balb.  14,  33  gegebene  lehre 
über  das  sacrosanctum  zu  gründe  zu  legen,  daß  dieselbe  im  einklang 
sei  mit  Liv.  3,  55,  4:  (consules)  cum  plebem  hinc  provocatione  hinc 
tribunicio  auxilio  satis  firmassent,  ipsis  quoque  tribunis,  ut  sacrosaneti 
viderentur,  cuius  rei  prope  iam  memoria  aboleverat,  relatis  quibusdam 
ex  magno  intervallo  caerimoniis  renovarunt,  et  cum  religione  inviolatos 
eos  tum  lege  etiam  fecerunt  sanciendo ,  ut  qui  tribunis  pl. ,  aedilibus, 
iudieibus  decemviris  noeuisset,  eius  caput  Iovi  sacrum  esset  etc.,  daß 
dagegen  die  auslegungen  der  iuris  interpretes,  welche  Livius  der 
eben  citierten  stelle  anschließt  und  von  welchen  die  eine  die- 
selbe ansieht  wie  Mommsen  giebt,  tribunos  vetere  iure  iurando  ple- 
bis,  cum  primum  eam  potestatem  creavit,  sacrosanetos  esse,  abzuweisen 
seien.  Jene  ciceronische  stelle  ist  nun  aber,  wie  allgemein  zu- 
gegeben wird,  in  ihrem  Wortlaut  verdorben,  sie  muß  also,  wenn 
man  sich  auf  sie  stützen  will,  hergestellt  werden.  Nach  abwei- 
sung  der  verschiedenen  sonstigen  emendationen  liest  nun  Lange : 
sanetiones  sacrandae  sunt  aut  obtestatione  et  consecratione  legis  aut 
gener e  ipso  poenae ,  cum  caput  eius ,  qui  contra  fecerit ,  consecratur 
(überliefert :  sacrandae  sunt  aut  genere  ipso  aut  obtestatione  et  conse- 
cratione legis  aut  poenae).  Gegen  den  Vorschlag  des  ref. :  aut  ge- 
nere ipso  aut  obtestatione  legis  aut  consecratione  poenae  wendet  Lange 
ein,  daß  genus  ipsum  ohne  genetiv  unverständlich  sei  und  daß 
man  nicht  sagen  könne  consecratio  poenae.     Ich  konnte  mich  nun 


Nr.  8.  84.  Römische  alterthümer.  465 

nicht  überzeugen ,  daß  genus  ipsum  sich  nicht  leicht  auf  gesetze 
sakraler  natur  deuten  ließe  und  man  poenam  consecrare  =  eine 
strafe  zu  einer  poena  sacra  machen"  nicht  ebenso  gut  sagen 
könnte  wie  Vergil  Aen.  12,  140  f.  sagt:  honorem  sacrare  =  ho- 
norem sacrum  reddere;  aber  doch  machte  mir  die  Lange'sche  kor- 
rektur,  welche  das  genus  ipsum  so  gut  und  so  einfach  unterbringt, 
so  viel  eindruck,  daß  ich  in  meiner  Rom.  staatsverf.  I,  p.  1111  anm.2 
geneigt  war,  sie  an  die  stelle  der  meinigen  zu  setzen ;  allein  bei 
näherer  erwägung  muß  ich  doch  wieder  auf  die  meinige  zurück- 
kommen. Abgesehen  davon,  ob  man  sagen  kann:  sanctiones  sa- 
crandae  sunt  consecratione  legis,  so  fragt  ja  Cicero  nachher:  (foe- 
dus  Gaditanum)  utrum  capitis  consecratione  an  obtestatione  legis  sa- 
crosanctum  esse  confirmas  t  Da  kann  doch  nicht  wohl  in  der  stelle, 
auf  welche  sich  diese  doppelfrage  bezieht ,  der  ausdruck  conse- 
cratio  in  demselben  glied  wie  obtestatio  gestanden  haben.  In- 
dessen hinsichtlich  des  sinns  der  beiden  glieder  stimmen  beide 
emendationen  überein ,  und  so  ist  wichtiger  die  frage ,  wie  die 
gegenüberstellung  von  aut  —  aut  zu  verstehen  sei.  Ich  faßte 
sowohl  die  beschwörung  als  die  formel  der  sanctio  als  von  an- 
fang  an  zum  begriff  der  lex  sacrata  gehörig  und  nahm  an,  nicht 
sowohl ,  wie  Lange  mich  verstand  ,  daß  Cicero  sich  geirrt ,  son- 
dern daß  er,  vom  Standpunkt  der  späteren  zeit  ausgehend  ,  die 
lehre  aufstellte,  daß  das  eine  oder  das  andere  genüge.  Lange 
dagegen  unterscheidet  zwei  arten  sanctiones,  eine  mit  der  form 
der  beschwörung  und  eine  mit  der  consecratio  capitis;  zur  letz- 
teren klasse  rechnet  er  die  lex  Valeria  vom  jähre  248  d.  st. 
gegen  das  königthum,  das  provokationsgesetz  vom  jähre  305  und 
das  gesetz  desselben  jahrs  über  die  tribunicische  gewalt,  zur  er- 
steren  gesetze  über  bündnisse ,  kolonien  u.  a.  Allein  die  oben 
angeführte  frage  Ciceros  mit  utrum  —  an  hält  ja  bei  einem  foe- 
dus  beide  formen  für  möglich,  und  bei  dem  tribunatsgesetz  von 
305  sind  nach  Liv.  3,  55,  4  beide  vereinigt  gewesen.  Was 
aber  nun  die  hauptfrage  betrifft,  welcher  natur  die  lex  sacrata 
über  das  volkstribunat  gewesen,  so  bleibt  Lange  dabei,  daß  sie 
als  ein  bündnißakt  zu  fassen  sei ,  und  zwar  definiert  er  dies 
näher  als  ein  foedus  synoecismi  (p.  53).  Eine  entscheidung  hier- 
über jedoch  hängt  von  fragen  allgemeinerer  art  ab.  Die  Über- 
lieferung zeigt,  daß  alle  drei  ansichten,  die  vom  bündniß ,  die 
vom  einseitigen  schwur    der  plebs    und    die  von    einem  akte  der 


466  84.  Eömische  alterthümer.  Nr.  8. 

Staatsgesetzgebung  schon  im  alterthum  vertreten  waren.  Dies 
hat  nach  meiner  ansieht  s  einen  grund  darin ,  daß  man  positives 
darüber  nicht  wußte,  dagegen  sab,  daß  die  form  des  sacrosanetum 
bei  allen  den  genannten  drei  arten  von  akten  vorkam ,  und  so 
wählte  nun  der  eine  diese,  der  andere  jene  form  zur  definierung 
des  Ursprungs  des  tribunats.  Für  uns  neuere  handelt  es  sich 
darum ,  zu  sehen ,  welche  von  den  auffassungen  des  alterthums 
Unterstützung  in  dem,  was  die  sonstige  Überlieferung  brauch- 
bares bietet,  finde  und  was  den  allgemeinen  geschichtlichen  be- 
dingungen  entspreche.  Auf  beiderlei  wegen  komme  ich  zu  dem 
ergebniß ,  daß  die  lex  sacrata  von  260  wie  die  von  305  in  der 
form  des  konsulargesetzes  zu  stände  gekommen  sei,  der  einzigen, 
welche  die  einheit  des  Staats  und  die  autorität  der  regierung 
wahrte  und  zugleich  die  beste  garantie  für  die  plebs  war.  Dabei 
sage  ich  aber  nicht,  wie  Lange  p.  16,  28  f.  mich  versteht,  ple- 
bliscite  hätten  überhaupt  nicht  die  form  von  leges  sacratae  haben 
oder  gesetze  über  bündnisse  hätten  nicht  plebiscite  sein  können, 
sondern  ich  schließe  plebiscite  nur  aus  für  die  zeit  in  welcher 
und  so  weit  als  sie  nicht  die  geltung  von  leges  publicae  hatten. 
Von  nebenfragen  erwähne  ich  folgendes:  p.  26  anm.  76  in 
1.  col.  Iul.  Gen.  cap.  66  (Ephem.  epigr.  III,  p.  93)  hält  Lange 
sacrosanetius  für  ein  versehen  statt  sacrosanetum  ius ;  p.  18  anm. 
44  liest  er  bei  Fest.  p.  318  statt  lege  tribunicia  prima  lege  tri- 
buni  Icili;  p.  26  f.  wird  von  der  lex  Icilia  de  Aventino  die  aus- 
dehnung  des  provokationsrechts  und  der  tribunicischen  hilfe  über 
das  pomerium  hinaus  bis  zum  ersten  meilenstein  abgeleitet ;  p.  7  f. 
wird  die  vermuthung  ausgesprochen,  Livius  habe  das  dritte  buch 
und  damit  die  stelle  über  das  gesetz  von  305  um  die  zeit  ge- 
schrieben, in  welcher  es  sich  für  August  um  die  definierung 
der  tribunicischen  gewalt  handelte  (731  der  stadt),  und  die  von 
ihm  angeführten  iuris  interpretes  hätten  hiemit  zu  thun  gehabt; 
speciell  weist  er  auf  C.  Trebatius  Testa  hin.  Jene  zuerst  an- 
geführte konjektur  nun  wird  gewiß  beifall  finden,  die  zweite  ist 
problematisch,  den  gegenständ  der  dritten  vermuthung  möchte 
ich  wenigstens  auf  andere  weise  erklären,  und  auch  gegen  die 
beziehung  der  auseinandersetzung  bei  Liv.  3,  55  auf  eine  zeit- 
frage hege  ich  bei  aller  anerkennung  der  scharfsinnigen  bemer- 
kung  ernstliche  bedenken.  Livius  war  ein  vorsichtiger  mann 
und  fühlte  schwerlich    das  bedürfniß,    sich  mit  seiner  geschieht- 


Nr.  8.  85.  Photographie.  467 

Schreibung  in  brennende  fragen  der  augusteischen  politik  zu 
mischen ;  wie  andere  antiquarisch  -juristische  diskussionen  (vgl. 
9,  5),  wird  er  auch  diese  in  seinen  quellen  gefunden  haben.  — 
Die  hier  angeführten  punkte  zeigen  aber,  daß  die  abhandlung 
neben  der,  wie  sich  bei  Lange  von  selbst  versteht,  gründlichsten 
erörterung  der  hauptfrage  auch  anderweitige  belehrung  mannig- 
facher art  enthält.  E.  Herzog. 


85.  Aug.  Eisenloh r,  die  anwendung  der  Photographie 
für  mouumente  und  papyrusrollen.  Tire*  du  vol.  II  des  travaux 
de  la  6e  Session  du  congres  international  des  Orientalistes  ä 
Leide.     Leide,  E.  J.  Brill  1884.      13  p.     gr.  8. 

Wenn  V.  Gardthausen  im  siebenten  kapitel  seiner  griechi- 
schen palaeographie  unter  dem  titel :  „angewandte  palaeographie" 
glaubte,  den  mittein  und  methoden  der  reproduction  von  hand- 
schriften  seine  aufmerksamkeit  widmen  zu  müssen,  so  geht  dar- 
aus hervor ,  wie  wichtig  die  kenntniß  der  technischen  verfahren 
für  den  palaeographen  ist.  Bei  dem  studieren  der  schritt  und 
des  Charakters  derselben  müssen  wir  danach  trachten,  uns  copien 
zu  verschaffen,  welche  wir  auch  später  noch  betrachten  können, 
um  vergleiche  u.  a.  mit  andern  schritten  anzustellen.  Die  epi- 
graphik  besitzt  in  dem  mechanisch  hergestellten  papierabklatsch 
ein  solches  hilfsmittel,  für  den  palaeographen  giebt  es  nur  die 
Photographie.  Auf  dem  gebiete  der  letztern  sind  in  neuerer 
zeit  große  technische  fortschritte  gemacht,  namentlich  ist  die  so- 
genannte photolithographie  sehr  ausgebildet.  Die  aufgäbe  der 
vorliegenden  dankenswerthen  schrift,  ursprünglich  ein  auf  dem 
orientalistencongreß  in  Leiden  gehaltener  Vortrag,  ist  nun,  den 
forscher  mit  den  verschiedenen  methoden  bekannt  zu  machen. 
Eisenlohr  empfiehlt  ein  namentlich  in  England  angewandtes  ver- 
fahren mit  trockenen  platten ,  welche  nach  den  recepten  von 
Obernetter  in  München  bereitet  sind.  Die  genaue  Instruction 
für  die  handhabung  und  behandlung  dieser  platten  wird  eine 
willkommene  gäbe  sein  nicht  nur  für  die  aegyptologen ,  deren 
interesse  die  schrift  zunächst  dienen  soll,  sondern  auch  für  den 
palaeographen.  Es  wird  fast  zur  naturnothwendigkeit,  daß  der- 
jenige, welcher  palaeographischen  Studien  obliegt,  auch  im  stände 
ist,  photographische  aufnahmen  zu  machen.  Die  von  Eisenlohr 
empfohlenen    platten   können    auf  der   reise    mitgeführt    werden, 


468  Bibliographie.  Nr.  8. 

ohne  daß  vor  dem  gebrauch  eine  nochmalige  chemische  behand- 
lung  nothwendig  wäre. 

Das  photographische  verfahren  krankt  gegenwärtig  noch  an 
einzelnen  mangeln,  doch  sind  dieselben  nicht  so  bedeutend,  daß 
die  beseitigung  derselben  nicht  zu  erhoffen  wäre.  Daß  die  auf 
diesem  wege  hergestellten  facsimilia  nicht  immer  unsern  erwartungen 
entsprechen,  liegt  nicht  allein  in  dem  technischen  verfahren  als 
in  der  natur  der  papyri  selbst.  Einerseits  wirkt  es  nämlich 
schädlich,  daß  der  papyrus  keine  glatte,  sondern  eine  rauhe, 
von  pflanzenfasern  durchzogene  Oberfläche  bietet,  andererseits 
wirkt  die  färbe  der  tinte  nicht  immer  günstig  und  gleichmäßig 
auf  das  negativ.  Hätten  nämlich  die  alten  mit  einer  schwarzen 
und  nicht  mit  einer  rothbraunen  tinte  geschrieben,  so  würden 
in  unseren  photolithographischen  drucken  auch  die  schwächsten 
schriftzüge  hervortreten.  Ein  von  mir  eingeschlagenes  verfahren 
möge  hier  angeführt  werden.  Hat  die  rothbraune  tinte  auf  die 
platte  nur  schwach  eingewirkt,  und  will  man  die  schrift  deut- 
licher erzielen,  so  lasse  man  sich  von  der  chemisch  zum  photo- 
graphischen druck  präparirten  platte  einen  möglichst  hellen  ab- 
zug  anfertigen.  In  diesem  zieht  man  nun  an  der  hand  des  ori- 
ginales alle  schriftzüge  genau  mit  chinesischer  tusche  nach  und 
nimmt  nun  eine  nochmalige  photographische  aufnähme  vor.  Als- 
dann ergiebt  sich  ein  vorzügliches  und  getreues  bild  der  hand- 
schrift.  Willkürlichkeiten  können  hierbei  durchaus  nicht  ein- 
treten, da  nur  die  hand  des  schriftverständigen,  nicht  die  eines 
unkundigen  lithographen  helfend  eingreift. 

Hugo  Landwehr. 


Bibliographie. 

Die  mittheilungen  der  Verlagsbuchhandlung  von  B.  G.  Teub- 
ner  in  Leipzig  nr.  3  berichten  über  folgende  neu  erscheinende 
werke:  Aristotelis  Ars  rhetorica  c.  adnotatione  critica  ed.  Ad. 
Roerner;  —  Piatonis  Opera  omnia  recensuit  et  commentariis  in- 
struxit  Gr.  Stallbaum,  vol.  VI,  5.  2  Piatonis  Meno  et  Euthyphro, 
ine.  scr.  Theages,  Erastae,  Hipparchus,  rec.  .  .  .  R.  Fritzsche  ;  — 
Euripides  Iphigenia  in  Aulis,  erklärt  von  II.  Stadtmüller;  —  J. 
Beloch,  die  attische  politik  seit  Pericles;  —  T.  M.  Plauti  co- 
moediae,  rec.  ...Fr.  Ritschelius,  T.  1,  P.  1  Trinummus,  ed.  III, 
besorgt  von  Fr.  Scholl,  T.  III  fasc.  5  Bacchides,  ed.  II,  besorgt 
von  Götz;  fasc.  II  Captivi,  ed.  IT,  von  Fr.  Scholl;  —    Lexicon 


Nr.   9.  Bibliographie.  469 

Caesarianum  von  R.  Menge  uud  S.  Preuß ,  was  in  liefer  ungen 
erscheinen  wird. 

Es  kündigen  an  Hachette  et  Cie  zu  Paris:  Paleographie  des 
Classiques  Latins  collection  de  fac-similes  des  principaux  manu- 
scrits  de  Piaute,  Terence,  Varron,  Cicdron ,  Cesar,  Cornelius 
Ne'pos,  Lucrece,  Catulle,  Salluste,  Virgile,  Horace,  Tibulle,  Pro- 
perce,  Ovide,  Tite-Live,  Justin,  Phedre,  Seneque,  Quinte -Curce, 
Perse ,  Lucain ,  Pline  l'ancien,  Valerius  Flaccus,  Stace,  Martial, 
Quintilien ,  Juvenal,  Tacite  ,  Pline  le  jeune  ,  Suetone,  etc.,  pu- 
blice par  Emile  Chatelain.  —  Die  erste  lieferung  enthält  Piaute, 
Terence,  Varron,  Catulle. 

Unter  dem  titel :  „Kölner  thorburgen  und  befestigungen" 
giebt  der  architekten-  und  ingenieurverein  für  Niederrhein  und 
Westphalen  ein  werk  heraus ,  das  auch  die  römischen  befesti- 
gungen berücksichtigt :  ein  ausführlicher  bericht  ist  ausgegeben, 
bestellungen  auf  dasselbe  sind  an  den  baumeister  Wiethase  zu 
richten  :  preis  20  mk. 

Der  verstorbene  buchhändler  Chr.  Karl  Tauchnitz  hat  sein 
auf  vier  millionen  mark  angeschlagenes  vermögen  der  stadt 
Leipzig  vermacht,   s.  Allg.  ztg.   nr.   183. 

Die  cataloge  der  antiquare  Kirchhoffund.  Wigand  n.  706 — 8, 
werden  besprochen  im  RAns.  nr.  142;  —  Joseph  Baer  u.  comp, 
nr.  144,  besonders  lateinische  spräche,  in  RAnz.  nr.  143;  — 
Lehmann  u.  Lutz  in  Frankfurt  a  M.  nr.  47  in  RAnz.  nr.  145. 
148;    —    von  Brockhaus  Antiquariat  in  RAnz.   n.    160. 

Der  antiquarische  lager-catalog  LH  von  Max  Colin  u.  söhn 
in  Bonn  enthält  Arnold  Schäfer  s  bibliothek  mit  beigesetzten  preisen. 

Cataloge  der  antiquare:  antiquarischer  catalog  der  Ed.  Goetz1- 
schen  buch  -  und  antiquariatshandlung  ( A.  Winkler;  in  Berlin  ; 
antiquarischer  catalog  nr.  78  von  Rudolph  Merkel  in  Erlangen : 
beide  enthalten  nur  classische  philologie. 

Verzeichniß  der  wichtigeren  Publikationen  auf  dem  gebiete  der  alter- 
thuiuswissenschaft  1884.     VI. 

Deutschland.     Oesterreich.     Schweiz. 

510.  Abhandlungen,  Straßburger,  zur  philosophie.  Eduard  Zeller 
zu  seinein  siebenzigsten  geburtstage.  Freiburg  im  Brsgau,  Mohr  1884. 
8.    222  p.     7  mk. 

(Inhalt:  I.  E.  Heiiz,  der  philosoph  Damascius ,  p.  1 — 24.  IL  H. 
Holtzmann,  die  gütergemeinschaft  der  apostelgeschichte ,  p.  25 — 60 
u.  s.  w.). 

511.  Acta  seminarii  philologici  Erlangensis  ed.  Iwan  Müller  et 
Aug.  Luchs.     Vol.  III.     Erlangen,    Deichert  1884.     8.     478  p.     8  mk. 

Inhalt:  E.  Stroebel,  Ciceronis  de  oratore  librorum  Codices  mutilos 
antiquiores  examinavit ,  p  1  —  73.  —  C.  Zink,  adnotationes  in  De- 
mosthenis  orationeni  in  Cononem,  p.  74 — 102. —  L.  Bauer,  das  ver- 
hältniß  der  Punica  des  C.  Silius  Italicus  zur  dritten  dekade  des  Li- 
vius,  p.  103—160.  —  C  Burkhard,  observationes  criticae  ad  Pane- 
gyricos  Latinos,  p.  161  — 187.  —  A.  Luchs,  Emendationes  Livianae. 
p.  188.  —  E.Popp,  Ciceronis  de  officiis  librorum  Codices  Bernensem 

Philol.  Anz.  XIV.  32 


470  Bibliographie.  Nr.  9. 

104  eique  cognatos  examinavit,  p.  245  —  298,  —  A.  Roschatt,  über 
den  gebrauch  der  parenthesen  in  Ciceros  reden  und  rhetorischen 
Schriften,  p.  184 — 244.  —  G.  Brunco  ,  de  dictis  VII  sapientium  a 
Demetrio  Phalereo  collectis  disputavit ,  p.  299—397.  —  C.  Wun- 
derer, de  Polyb.  hist.  XII,  12b,  2,  p.  398.  —  J.  Haussleiter,  de  ver- 
sionibus  pastoris  Herrnae  latinis  quaerere  instituit,  p.  399  —  477. 

512.  Aristotelis  de  anima  libri  III.  Recogn.  Guil.  Biehl.  Leip- 
zig, Teubner  1884,     8.     VI,  136  p.     1  mk.  20  pf. 

513.  —  Ethica  Eudernia.  Eudemi  Rhodii  ethica.  Adiecto  de  vir- 
tutibus  et  vitiis  libello  recogn.  Franc.  Susemihl.  Leipzig,  Teubner 
1884.     8.     XXXVII,   199  p.     1  mk,  80  pf. 

514.  Asbach,  J.,  nekrolog  f.  Arnold  Schaefer.  Berlin,  Calvary  u. 
co.  1884.     8.     (Aus  Biogr.  jahrb.  f.  alterthumskunde). 

515.  Basiner,  Ose,  de  bello  civili  Caesariano.  Quaestiones  Cae- 
sarianae.     Pars  I.     Diss.     Dorpati  1883.     8.      VI,  78   p.     1  mk.  60  pf. 

516.  Bruns,  Jvo.,  Lucrez-studien.  Freiburg  i.  Br.  1884.   8.    2  mk. 

517.  Caesar,  C.  Iulius,  belli  gallici  libri  VII  cum  A.  Hirtii  libro 
oetavo.  In  usum  scholarum  iterum  rec.  adiec.  Galliam  antiquam  ta- 
bula descriptam  Bernh.  Dinter.  Leipzig,  Teubner  1884.  8.  XVI, 
253  p.     75  pf. 

518.  Carter,  Paul,  das  alterthum  u.  der  Patriotismus.  Rede  .  .  . 
Berlin,  Grote  1883.     8.     20  p.     50  pf. 

519.  Christ,  Wilh.,  Homer  und  die  Homeriden.  München,  Franz 
1884.     4.     90  p.     2  mk.  70  pf.     (Aus  Abhandl.  der  bayer.  akad.). 

520.  Cireronis,  M.  Tullii,  scripta  quae  manserunt  omnia  recogn. 
C.  F.  W.  Müller.  Pars  I:  Opera  rhetorica  rec.  Guil,  Friedrich. 
Vol.  I  continens  libros  ad  C.  Herennium  et  de  inventione.  Memorabilia 
vitae  Ciceronis  per  annos  digesta  praescripta  sunt.  Leipzig,  Teubner 
1884.     8.     CXXV,  236  p.     1  mk.  35  pf. 

521.  —  — ,  libri  qui  ad  rempublicam  et  ad  philosophiam  spec- 
tant  scholarum  in  usum  edidit  Theod.  Schicke.  Vol.  IX:  Cato  Maior 
de  senectute.  Laelius  de  amicitia.  Leipzig,  Freytag  1884.  8.  VIII, 
60  p.     50  pf. 

522.  Cohn,  Arthur,  quibus  ex  fontibus  S.  Aurelii  Victoris  et  libri 
de  Caesaribus  et  epitomes  XI  capita  priora  fluxerint.  Quaestio  histo- 
rica.  Accedunt  varias  lectiones  codicis  Bodleiani  adhuc  ignoti.  Berlin, 
Ad.  J.  Cohn  1884.     8.     106  p.     2  mk.  80  pf. 

523.  Denkmäler  des  klassischen  alterthums  zur  erläuterung  des 
lebens  der  Griechen  und  Römer  in  religion ,  kunst  und  litteratur. 
Lexikalisch  bearb.  von  B.  Arnold,  H.  Blümner,  W.  Deecke  etc.  und 
dem  hrsg.  A.  Baumeister.  Mit  etwa  1400  abbildungen ,  karten  etc. 
München,  Oldenbourg  1884.     4.     ä  liefg.  1  mk.     (I.  liefg.  VIII,  48  p.). 

524.  Euclidis  opera  omnia.  Ed.  /.  L.  Heiberg  et  H.  Menge. 
(Vol.  II)  Elementa.  Ed.  et  latine  interpretatus  est  J.  L.  Heiberg. 
Vol.  II:  Libros  V— IX  continens.  Leipzig,  Teubner  1884.  8.  XXII, 
437  p.     5  mk.  50  pf. 

525.  Eyssenhardt,  Eranc. ,  mittheilungen  aus  der  stadtbibliothek 
in  Hamburg.  1 :  Damascius.  Analecta  Hispanica.  Hamburg  1884. 
8.     48  p.     1  mk. 

526.  Foerster,  Rieh.,  analekten  zu  den  darstelluugen  des  raubes 
und  der  rückkehr  der  Persephone.  2  taff.  (p.  631  — 736).  Goettingen, 
Dieterich  1884.     8.     (Aus  Philologus  suppl.-bd.  IV,  heft  6). 

527.  Frerichs,  Herrn.,  de  Aeschyli  supplicum  choro.  Duderstadt 
1883.     8.     83  p,     Diss. 

528.  Fröhlich,  Franz,    einige  erweiterungen  meiner  programtnar- 


Nr.    9.  Bibliographie.  471 

beit  von  1882  über  die  gardetruppen  der  römischen  republik.     Aarau, 
Sauerländer  1884.     4.     12  p.     (Progr.). 

529.  Fuchs ,  Carl ,  geschickte  des  kaiaers  L.  Septimius  Severus. 
Wien,  Konegen  1884.     8.     IX,  124  p.     3  mk. 

530.  Galeni  Pergameni,  Claudii  scripta  minora.  Recc.  loa.  Mar- 
quardt ,  Iw.  Mueller ,  Geo.  Helmreich.  Vol.  I  .  .  Ex  rec.  loa.  Mar- 
quardt.     Leipzig,  Teubner  1884.     8.     LXVI,  129  p.     2  mk.  20  pf. 

531.  Goetz  ,  Gust. ,  nekrolog  auf  Gustav  Loewe ,  weiland  custos 
an  der  Göttinger  bibliothek.  Berlin,  Calvary  u.  co.  1884.  8.  17  p. 
1  mk.  20  pf. 

532.  Hardy,  E.,  der  begriff  der  physis  in  der  griechischen  phi- 
losophie.     1.  theil.     Berlin,    Weidmann  1884.     8.     VI,  229  p.     6  mk. 

533.  Hecht,  Max  ,  zur  homerischen  Semasiologie.  Vertheidigung 
meiner  Quaestiones  homericae  gegen  gytnn.-dir.  Kammer  und  erwei- 
terung  derselben.     Königsberg,    Nürenberger  1884.     8.     29  p.     50  pf. 

534.  Hilgenfeld,  Adolf,  Evangeliorum  seeundum  Hebraeos,  seeun- 
dum  Petrum ,  seeundum  Aegyptios,  Matthiae  traditionum ,  Petri  et 
Pauli  praedicationis  et  actuum,  Petri  apocalypseos,  didascaliae  aposto- 
lorum  antiquioris  quae  supersunt  addita  Doctrina  XU  apostolorum  et 
libello  qui  appellatur  „Duae  viae"  vel  .Judicium  Petri"  coli.  disp. 
emend.  et  auet.  iterum  ed.  et  adnot.  illustr.  Ed.  II  aueta  et  emend. 
(Nov.  Testamentum  extra  canouem  reeeptum.  fasc.  IV).  Leipzig, 
Weigel  1884.     8.     129  p.     4  mk. 

535.  Homers  Odyssee  erkl.  von  J.  H.  Faesi.  1.  bd.  Ges.  1  —  6. 
8.  aufl.  besorgt  von  Gust.  Hinrichs.  Berlin,  Weidmann  1884.  8.  IV, 
234  p.     1  mk.  80  pf. 

536.  Institutionum  graeca  paraphrasis  Theophilo  Antecessori  vulgo 
tributa  ad  fidem  libr.  mss.  rec.  prolegg.  nott.  crit.  instruxit  E.  C. 
Ferrini.  Accedit  epistula  C.  F.  Zachuriae  a  Lingenthal.  Pars  I. 
Libros  I  et  II  et  prolegomena  continens.  Berlin,  Calvary  u.  co.  1884. 
8.  XXIII,  256  p.  6  mk. ,  andere  ausgäbe  cum  versione  latina.  ibid. 
eod.  12  mk. 

537.  Kaiser,  Paul,  de  fontibus  Vellei  Paterculi.  Berlin,  Mayer 
u.  Müller  1884.     8.     47  p.     1   mk 

538.  Keseberg,  Aug.,  Quaestiones  Plautinae  et  Terentianae  ad 
religionem  speetantes.  Lipsiae,  (Köln,  Neubner)  1884.  8.  60  p. 
1  mk.  20  pf. 

539.  Kleinpaul,  Rud. ,  Neapel  und  seine  Umgebung  geschildert. 
Mit  ca.  150  illustr.  6.  — 15.  (schluß-)heft.  Leipzig,  Schmidt  u.  Gün- 
ther 1884.     fol.     VIII,  183  p.     ä   1  mk. 

540.  Lehre  der  XII  apostel  nach  der  ausgäbe  des  metropoliten 
Philotheos  Bryennios.  Mit  beifügung  des  urtextes  nebst  einleitung 
und  noten  ins  deutsche  übertragen  von  Aug.  Wünsche.  Leipzig,  O. 
Schulze  1884.     8.     34  p.     1  mk. 

541.  Maurer,  Theod.,  und  noch  einmal  die  Cäsarbrücke.  Zu- 
gleich wider  cliquen -recensententhum.  2.  nachtrag  zu  seinen  Cruces 
philologicae.     Mainz,  Diemer  1884.     8.     24  p.     60  pf. 

542.  Merguet,  H. ,  lexikon  zu  den  reden  des  Cicero  mit  angäbe 
sämmtlicher  stellen.  4.  bd.  19. — 30.  liefg.  (schluß).  Jena,  Fischer 
1884.     8.     III,  p.  649  —  1065.     Complet  189  mk. 

543.  Mettauer ,  Thomas,  Solon  als  dichter.  Muri,  Keller  1884. 
8.     p.  23—29  des  progr.  der  bezirksschule  zu  Muri. 

544.  Meyer,  Wilh.,  über  die  beobachtuog  des  wortaccentes  in 
der  altlateinischen  poesie.  München,  Franz  1884.  4.  120  p.  3  mk. 
60  pf.     (Aus:  Abhandl.  der  bayer.  akad.  der  wiss.). 

545.  —  Ed.,    geschichte  des  alterthums.     Bd.  I:    Geschichte  des 

32* 


472  Bibliographie.  Nr.   9. 

Orient«  bis  zur  begründung   des  Perserreichs.     Stuttgart,    Cotta   1884. 
8.     XIX,  647  p.     12  mk. 

546.  Müller,  Karl  Otfried,  geschiente  der  griechischen  litteratur 
bis  auf  das  Zeitalter  Alexanders.  Fortgesetzt  von  Emil  Heitz.  2.  bd. 
2.  hälfte.     Stuttgart,  Heitz   1884.     8.     VI,  462  p.     6  mk. 

547.  Münzer,  Joh. ,  ein  philosoph  auf  dem  throne  [Marc  Aurel]. 
Vortrag.     Wien,  (Rospini)   1884.     8.     10  p.     60  pf. 

548.  Oberdick,  Joh.,  kritische  studien.  Gesammelte  abhandlungen 
und  recensionen  nebst  einleitung.  1.  bändchen.  Münster,  Coppenrath 
1884.     8.     VI,  91  p.     1  mk.  60  pf. 

549.  Ostermayer,  Frd.,  de  historia  fabulari  in  comoediis  Plautinis. 
Gryphiswaldae,  (Jena,  Pohle)  1884.     8.     64  p.     Diss. 

550.  Ovidii  Nasonis ,  P.,  carmina  in  exilio  composita.  Tristium 
libri.  Ibis.  Epistulae  ex  Ponto.  Halieutica.  Rec.  Otto  Güthllng.  Ac- 
cedunt  carminum  deperditorum  fragmenta.  Leipzig,  Freytag  1884. 
8.     XLIV,  215  p.     1  mk*.  40  pf. 

551.  Plato's  ausgewählte  dialoge.  Erkl.  v.  C.  Schmelzer.  Bd.  7: 
der  staat.     2.  abth.     Berlin,  Weidmann  1884.     8.     260  p.     2mk.70pf. 

552.  Praetorius,  Ernst,  de  legibus  Platonicis  a  Philippo  Opuntio 
retraetatis.     Bonn  1884.     8.     46  p.     1  mk. 

553.  Reuter,  Carl,  die  Römer  im  Mattiakerland.  Mit  2  taff.  von 
oberbaurath  Hoffmann.  Wiesbaden,  Niedner  1884.  8.  III,  50  p. 
2  mk.  40  pf. 

554.  Sammlung  der  griechischen  dialektinschriften  von  F.  Bechtel 
etc.  hrsg.  von  H.  Collitz.  3.  hft:  die  boeotischen  inschriften  hrsg.  v. 
Rieh.  Meister.  Göttingen,  Vandenhoeck  u.  Ruprecht  1884.  8.  p.  145 
—309.     5  mk. 

555.  Sammlung  Sabouroff ,  die  Kunstdenkmäler  aus  Griechen- 
land. Hersg.  von  Adf.  Furtwängler.  6.  liefg.  10  taff.  16  bl.  text. 
Berlin,  Asher  u.  co.     In  mappe.     fol.     1884.     25  mk. 

556.  Schmid,  Geo.,  Euripidea,  de  Ione.  Leipzig,  Fues  1884.  8. 
50  p.     1   mk.  20  pf. 

557.  Schünemann,  Otto,  de  cohortibus  Romanorum  auxiliariis. 
Pars  II:  addenda  ad  Hassencampii  Dissertat.  Gottingensem  a  1869. 
Halis  1883.     8.     58  p.     Diss.     1  mk.  60  pf. 

558.  Susemihl ,  Franc,  de  carminis  Lucretiani  prooemio  et  de 
vitis  Tisiae,  Lysiae,  Isocratis,  Piatonis,  Antisthenis,  Alcidamantis,  Gor- 
giae  quaestiones  epicriticae.  Gryphiswaldiae,  (Berlin,  Calvary  u.  co.) 
1884.     4.     1  mk.  60  pf. 

559.  Testamentnm  novum  Grace  ad  antiquissimos  festes  denuo 
rec.  apparatum  criticum  apposuit  Constantinus  Tischendorf.  Ed.  VUI 
critica  maior.  Vol.  IV,  pars  I.  Prolegomena  scripsit  Caspar  Renatus 
Gregory  additis  curis  f  Ezrae  Abbot.  Pars  I.  Leipzig,  Hinrichs  1884. 
8.     VI,  440  p.     10  mk. 

560.  Tacitus,  Cornelius  erkl.  von  Karl  Nipperdey.  1.  bd.:  Ab 
excessu  divi  Augusti  I— VI.  8.  verb.  aufl.  besorgt  von  Geo.  Andresen. 
Berlin,  Weidmann  1884.     8.     418  p.     3  mk. 

561.  Thurm,  Em.  Alfr.,  de  Romanorum  legatis  reipublicae  liberae 
temporibus  ad  exteras  nationes  missis.  Diss.  Leipzig,  (Fock)  1883. 
8.     150  p.     2  mk. 

562.  Tzenos ,  Panagiotis,  7«  'AvaxoiovuZa  yXwßßixuüg  QaallofAtvtt 
ntnow  iTjg  iwp  doxi/uwv  awrj&eiccg  nni%ov6iv.  Diss.  Jena,  Pohle  1884. 
8.     42  p.     1  mk. 

563.  Voigt,  Moriz,  die  XII  tafeln  geschichte  und  system  des 
civil-  und  criminnlrecritfi  wie  -processes  der  XII  tafeln  nebst  deren 
fragmenten.  Bd.  1.  Leipzig,  Liebeskind  1884.  8.  XII,  859  p.  16.  40  mk. 


Nr.   9.  Bibliographie.  473 

564.  Waller,  Paul  Reinh.,  de  Aetna  poemate  quaestiones  criticae. 
Berlin,  Calvar'j  1884.     8.     107  p,     4  mk. 

Skandinavien. 

565.  Bugge,  F.  W.,  „Apostlernes  Gjerninger".  Indledet  oversat 
og  forklaret.  '  F0rste  hefte.  Christiania,  Th.  Steen  1884.  8.  272  p. 
3  kr.  30  »re. 

566.  Centerwall,  J.,  Julianus  affällingen.  En  bild  fran  den  döende 
antiken.     Stockholm,  C.  E.  Fritze  1884.     8.     236  p.     3  kr.  50  öre. 

567.  Dietrichson,  L.,  Antinoos.  Eine  kunst-archaeologische  Unter- 
suchung. Universitätsprogr.  für  das  erste  semester  1884.  Mit  titel- 
bild  u.  18  taff.     XIV,  357  p.     8.     Kristiania,  Aschehoug  1884.  8.    6  kr. 

568.  Schwerin,  H.  H.  von,  Herodot's  framställning  af  Europa's 
geografi.     Lund,  Gleerup  1884.     8.     207  p.     1  kart.     2  kr.  50  öre. 

Niederlande. 

569.  Dacbert,  H.,  Seneque  et  la  niort  d'Agrippine.  Etüde  histo- 
rique.     Leiden,  Brill  1884.     8.     236  p.     3  fl. 

England. 

570.  Eadie ,  J. ,  a  commentary  on  the  greek  text  of  the  Epistle 
of  Paul  to  the  Philippians.  Ed.  by  W.  Young.  Edinburgh ,  Clark 
1884.     8.     320  p.     10  sh.  6  d. 

Prankreich. 

571.  Anacreon,  Ödes  d',  et  poesies  de  Sappho  traduites  en  vers 
par  Prospcr  Yvurem  avec  le  texte  grec  en  regard.  Paris,  impr.  La- 
hure  1884.     8.     243  p. 

572.  Dubois,  Marcel,  de  Co  insula.  Nancy  et  Paris.  Berger -Le- 
vrault  et  Cie   1884.     8.     73  p.     3  cartes.     (These  de  Paris). 

573.  Dumeril,  A.,  Apollonius  de  Tyane  et  l'etat  de  paganisme 
dans  les  prerniers  siecles  de  l'ere  chretienne.  Bordeaux  1884.  8. 
37  p.     (Extr.  des  Annales  de  la  faculte  des  lettres  de  Bordeaux  1883). 

574.  Dunan,  Charles,  Zenonis  Eleatici  argumenta.  Nantes  1884. 
8.    39  p. 

575.  Feuüleret,  H.,  les  Romains  en  Afrique.  Les  Guerres  puni- 
ques.  3.  ed  revue.     Limoges,  Ardant  et  Cie  1884.     8.     244  p. 

576.  Gellius,  Aulus.  Oeuvres  completes  d'Aulu-Gelle.  Traduc- 
tion  francaise  de  MM.  de  Chaumont  Flambart  et  Buisson.  Nouv.  ed. 
revue  avec  le  plus  grand  soin  par  Charpentier  et  Blanchet.  2  vols. 
T.  I.  VIII,  475  p.  t.  2.  515p.  Paris,  Garnier  freres  1884.  8.  (Bib- 
liotheque  latine-francaise). 

577.  Gilles,  J.,  les  voies  romaines  et  massiliennes  dans  le  depar- 
tement  de  Bouches-du-Khöne.  Avignon,  Seguin  et  Paris,  Thorin  1884. 
8.     336  p.  et  carte.     7  fr.  50  c. 

578.  Lami,  Stanislas ,  Dictionnaire  des  sculpteurs  de  l'antiquite 
jusqu'au  VIe  siecle  de  notre  ere.  Paris,  Didier  1884.  18.  VIII, 
149  p.     4  frcs. 

579.  Miyne,  J.  P.,  Patrologiae  cursus  completus  ....  Series  la- 
tine  .  .  .  t.  25.  S.  Eusebius  Hieronymus.  Tomus  V.  Paris,  Garnier 
freres  1884.     8.     812  p.  ä  2  colonnes. 

580.  Flaute,  Comedies  de,  traduction  nouvelle  en  vers  par  R. 
Grille,     t.  3.     Angers,  Lachfese  et  Dolbeau  1884.     18.     651  p. 

581.  Schoemann,  G.  F.,  Antiquite's  greeques  traduites  de  l'alle- 
mand  par  C    Galuski.     T.  1.     Paris,  Picard  1884.     8.     VII,  654  p.j 

582.  Tannery,  Paul,  Etudes  he'roniennes:  —  la  Stereometrie  de 
Heron  d'Alexandrie.  18.  Bordeaux  1884.  8.  (Extr.  des  Memoires 
de  la  societe  des  sciences  physiques  et  naturelles  de  Bordeaux,  t.  V. 
2  serie.     3  cahier). 


474  Bibliographie.  Nr.   9. 

583.  Tissot ,  Charles,  recherches  sur  la  campagne  de  Cesar  en 
Afrique.  Paris  1884.  4.  61p.  3  pl.  (Memoires  de  l'ac.  des  inscrip- 
tions  et  belies  lettres). 

584.  Vivien  de  Saint  -  Martin ,  Atlas  universel  de  geographie 
ancienne  moderne  et  du  inoyen  äge  construit  d'apres  les  sources  ori- 
ginales et  les  documents  actuels,  voyages,  memoires,  travaux  geodesi- 
ques,  cartes  particulieres  et  officielles  avec  un  texte  analytique.  En- 
viron  110  cartes  gravees  sur  cuivres  par  nos  meilleurs  artistes  sous 
la  directum  de  E.  A.  Collin  et  Delaune.  Paris,  Bachette  et  co,  1884. 
fol.     30  —  40  livraisons  a  6  frcs. 

Italien. 

585.  Bonghi ,  Ruggero,  Storia  di  Roma.     Vol.  I.     I  re  e  la  rep 
publica  sino  all'  anno  283  di  Roma.     Milano,  Treves  1884.     8.     XVII, 
602  p.     10  lire. 

586.  Brini,  E. ,  il  diritto  della  vita  in  Roma  antica:  Discorso 
inaugurale.  Macerata  1884.  4.  15  p.  (Annuario  scolastico  della 
Universita  di  Macerata  anno  1883 — 84). 

587.  Cavallari,  S.,  A.  Holm  e  C.  Cavallari,  Topografia  archeo- 
logica  di  Siracusa  eseguita  per  ordine  del  Ministero  della  P.  I  Pa- 
lermo 1884.     fol.     417  p.     3  tavv.  e  Atlas  di  XV  tav.     80  lire. 

588.  Cesari ,    P. ,    Storia    dello   musica    antica.     Milano,  Ricordi 

1883.  8.     74  p.     3  lire. 

589.  Cozza-Luci,  G  ,  della  Geografia  di  Strabone  frammenti  sco- 
perti  in  membrane  palimpseste.  In  :  gli  Studi  in  Italia  periodico  di- 
dattico  scientifico  e  letterario  Anno  VII  1884.     Vol.  I,  fasc.  1.     Roma 

1884.  8. 

590.  Galassi,  L. ,  la  sapienza  presso  gli  antichi  e  presso  i  ino- 
derni  discorso.  Roma  1884.  8.  (Annuario  scolastico  1883/84  della 
r.  Univ.  degli  studii  de  Roma).     Roma,  Civelli  1884.     8.     242  p. 

591.  Scolii  alle  orazioni  di  Gregorio  Nazianzeno  estratti  dal  cod. 
Laur.  IV,  13  e  pubblicati  da  Viüoriv  Puntoni.  Torino,  Loescher  1884. 
90  p.     8. 

592.  Soldo,  la  Germania  di  Tacito  a  noi.  —  Commemorazione  di 
Giuseppe  Parini.  Discorsi  nel  Liceo  Volta.  Zürich  e  Como,  Meyer 
u.  Zeller  1884.     8.     47  p. 

593.  Stampini,  Ettore ,  de  Iuvenalis  vita  controversia.  Augustae 
Taurin.    Loescher  1883.     8.     18  p.     1  1. 

594.  Valletti,  F..  la  girmastica  in  Grecia.  Studii  storici  in  pre- 
faz.  di  E.  Latino.     Palermo  1882.     8.     con  16  incis.  illustr. 

Spanien. 

595.  Antologia  griega  colecciön  de  antiguos  poetas  griegos  for- 
mada  por  Angel  Lasso  de  la  Vega.  Traduccion  en  verso  de  sus  obras 
por  el  mismo.  Madrid  1884.  8.  229  p.  2  r.  (Biblioteea  universal 
vol.  92.). 

Griechenland. 

596.  ,Ayct9ovixov,   *A%.   o   "Aquog  näyog  xctl  oi  ir/ticu.      Msq, 
'AHvtjßiv  1883.     8. 

597.  Bäcrj,  Unvoidwog  (Sp.  Vassis),  Codicis  Ciceroniani  Biblio- 
thecae  Laurentianae  ab  Hieronymo  Lagomarsino  n  32  desiguati  in 
primo  de  oratore  libro  nova  collatio  ad.  adnotationes  subiecit.  Athe- 
nis  AvdQtas  KoQOfArjka?  (Carl  Beck)  1884.     8.  ^55  p. 

598.  Kaßßccdin,  II.,  larogia  lyg  ekkijvixrrf  xa\konxfn*<;  tevxog  d. 
'd9^vtjdtp  1883.     8. 

599.  KttffTQWjukvov,  Ilavay.  T. ,  7«  ^ptjjUfln  twv  'Afbjvwv.  'A&rj- 
v*)oi,v  1883.     8. 


Nr.   9.  Kleine   philologische  zeitung.  475 

600.  II  unny  toygy  Co  v ,  llergov  N..  iniy.Qißiq  tqs  2nvgiö'wi'og  TT, 
Jäjungov  ixdcatwg  zov  Mi/ctrjk  'Axo/uipcctov.  'A^ytjaiu ,  C.  Beck  1883. 
S.     176  p. 

Beilage  B.     Dissertationen  und  acadeinica. 
Berlin.     601.     Curüus,  Ernst,  Athen  und  PJleusis.     Berlin  1884. 
4.     16  p. 

602.  Kirchhoff,  Adolf,  rede  (über  die  entwickelung  des  philolo- 
gischen Studiums  seit  Luther).     Berlin  1883.     4.     24  p. 

603.  (Yahlen,  Joh. ,  Quaestiones  criticae  de  Iuvenalis  satiris). 
Berlin  1883.     4.     Index  lectt.  aestiv.     30  p. 

604.  (—  — ,  Adnotationes  in  Eunuchuni  Terentii.)  Berlin  1883. 
4      Index  lectt.  hibb.     11  p. 

605.  Baek,  Fricl. ,  de  Graecorutn  caerimoniis  in  quibus  homines 
deorum  vice  fungebantur.     Berolini  1883.     8.     38  p. 

606.  Cauer,  Frid.,  de  fabulis  Graecis  ad  Romam  conditam  per- 
tinentibus.     Berlin   1884.     8.     32  p. 

607.  Luebke ,  Hermann,  Observationes  criticae  in  historiam  ve- 
teris  Graecorum  comoediae.     ib.  1883.     8.     59  p. 

608.  Mayer,  Maxim.,  de  Euripidis  mythopoeia  capita  duo.  ibid. 
1883.     8.     83  p. 

609.  Molm,  Alois  de,  de  ara  apud  Graecos.     ibid.  1884.  8.  73  p. 

610.  Schulze,  Paul,  Quae  ratio  intercedat  inter  Lucianum  et  co- 
micos  Graecorum  poetas.     Berlin  1883.     8.     48  p. 

611.  Weise,  Paul,  de  Bacchidum  Plautinae  retractatione  quae 
fertur.     ibid.  1883.     8      62  p 

612.  Wernicke,  Conrad,  de  Pausaniae  periegetae  studiis  Hero- 
doteis.     ibid.  1884.     8.     29  p. 


Kleine  philologische  zeitung. 

Ueber  die  ausgrabungen  in  Tiryns,  welche  im  mai  d.  j. 
der  erbprinz  von  Meiningen  in  begleitung  des  dr.  Schliemann 
besucht  hat,  theilt  einiges  mit  die  Allg.  ztg.  nr.  132:  vergl. 
ob.  nr.   6,  p.   411. 

Der  oben  hft.  7,  p.  414  erwähnte  rückblick  auf  Heidel- 
berg schließt  in  der  Allg.  ztg.  mit  nr.   132    beil.  zu  nr.    136. 

Der  ob.  hft.  7,  p.  412  erwähnte  bericht  über  die  300jäh- 
rige  Jubelfeier  der  Universität  zu  Edinburg  in  der  Allg.  ztg. 
schließt  mit  beil.  zu  nr.    133.   134. 

Die  ob.  hft.  7,  p.  412  erwähnten  feste  zu  Pompeji  haben 
wirklich  am  10.  mai  ihren  anfang  genommen:  bericht  über  sie 
erstattet  Allg.  ztg.  beil.  zu  nr.  138:  der  ertrag  ist  für  Ischia 
bestimmt. 

Ueber  eine  in  Untervintel  im  Pusterthale  entdeckte  muth- 
maßlich  römische  grabstätte  berichtet  Allg.   ztg.  beil.    zu  nr.  144. 

Hanau,  28.  mai.  (Römische  ausgrabungen).  Die  schon 
länger  im  gange  befindlichen  ausgrabungen  der  römischen  nie- 
derlassung  zu  Großkrotzenburg  haben  kürzlich  mancherlei  neues 
ergeben.  So  wurde  in  der  nähe  der  Ziegelei  zu  den  beiden 
früher  gefundenen  öfen  jetzt  ein  dritter  gefügt.  Ferner  dicht 
am  castell    an    sechs    stellen  der  limes  nachgewiesen,    und  zwar 


476  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.  9. 

konnte  die  existenz  des  grabens  vorzugsweise  deshalb  beobachtet 
werden,  weil  derselbe  mit  den  überbleibsein  der  ehemaligen  Zie- 
gelei ausgefüllt  ist.  In  einiger  entfernung  von  dem  castell  ist 
dies  nicht  mehr  der  fall ,  und  da  die  füllung  des  grabens  nicht 
von  dem  gewachsenen  boden  unterschieden  werden  kann,  läßt 
sich  das  grabenprofil  durch  querschnitte  nicht  mehr  wahrnehmen. 
—  Allg.  ztg.  beil.  zu  nr.   151. 

Das  100jährige  bestehen  der  erziehungsanstalt  zu  Schne- 
pfenthal wurde  daselbst  am  3 — 5.  juni  festlich  begangen :  über 
diese  feier  berichtet  Allg.  ztg.  nr.   152.   161. 

(Abusina  =  Eining)  Seit  kurzem  sind  die  ausgrabungen 
an  der  römischen  lagerstadt  zu  Eining  durch  den  dortigen  pfarr- 
herrn  Schreiner  wieder  aufgenommen.  Nachdem  durch  die  re- 
gierung  und  die  kammern  ansehnliche  geldmittel  zur  Verfügung 
stehen ,  schritt  der  genannte  mit  beginn  des  frühjahrs  zu  den 
sicherungs-  und  conservirungs- arbeiten,  denn  schutzmaßregeln 
wider  böse  hände  und  Witterung  hatten  sich  längst  als  die  not- 
wendigsten dinge  dringend  fühlbar  gemacht,  waren  aber  bisher 
wegen  mangel  an  fonds  nicht  ausführbar  gewesen.  An  der  schon 
länger  beachteten  großen  villa ,  dem  amtsgebäude  oder  casino, 
zu  fußen  des  castrums  wurde  weiter  in  die  tiefe  gegraben  und 
das  mauerwerk  vier  meter  unter  die  jetzige  Oberfläche  des  bo- 
dens  hinabreichend  gefunden ;  ferner  zeigten  sich  die  spuren  ei- 
nes zweiten  großen  gebäudes,  innerhalb  des  hauptgebäudes  jene 
von  vier  monumenten.  Außer  den  technisch  interessanten  an- 
lagen (feuerungen,  badelocalen  mit  ganz  erhaltenen  wänden  und 
mit  theilweise  conservirten  böden  aus  Solnhofener  platten ,  diese 
an  mehreren  stellen  doppelt  übereinander,  d.  h.  eine  neue  feue- 
rung  auf  einer  eingeebneten  schutt-  und  brandschichte)  kamen 
ganze  reihen  von  fundgegenständen  ans  tageslicht:  ein  frauen- 
skelet  mit  krug,  glasurne  und  thränenfläschchen,  als  begräbniß- 
beigaben  ,  mit  haarnadeln ,  glasperlen  und  armreif  als  schmuck ; 
zwei  monumentüberreste :  ein  frauenkopf  mit  hübscher  frisur ;  ein 
denkstein  zu  ehren  der  Dea  Fortuna  Augusta  Faustina  mit  vier- 
zeiliger  inschrift;  ferner  an  waffen :  lanzen,  pfeile,  schildbuckel, 
münzen  der  kaiser  Commodus,  Antoninus,  Gallienus,  Aurelianus, 
Claudius  •,  endlich  ringe ,  fibeln ,  nadeln,  stifte,  löffelchen,  Werk- 
zeuge und  geräthe  aller  art,  geschirre  mit  und  ohne  Stempel  der 
fabrikanten ,  ziegel  mit  dem  zeichen  der  III.  italischen  legion 
und  der  Cohors  Prima  Flavia  Canathenorum  u.  s.  w.  Wir  freuen 
uns  darauf ,  im  herbst  einen  eingehenden  bericht  über  den  ver- 
lauf der  diesjährigen  arbeiten  liefern  zu  können.  —  Allg.  ztg. 
beil.  2  zu  nr.   155. 

Durch  das  Archäologische  institut  in  Rom  wurde  nach  des- 
sen Jahresbericht  untersucht  die  Maremmen-gegend,  ferner  theile 
von  Pompeji,  durch  das  institut  in  Athen  die  insel  Samos  be- 
reist, Pergamon  besucht,  ausgrabungen  am  Artemision  auf  Nord- 


Nr.   9.  Kleine   philologische  zeitung.  477 

Euböa  veranlaßt.  Daneben  werden  bedeutende  druckwerke  vor- 
bereitet, so  die  von  Gerhard  begonnenen  etruskischen  Spiegel  von 
Klügmann  und  Körte,  die  Sammlung  der  römischen  Sarkophage, 
die  antiken  terracotten ,  die  Sammlung  griechischer  grab  -  reliefs, 
endlich  die  attischen  karten. 

Ueber  weitere  Schicksale  der  bibliothek  des  lord  Ashburnham 
theilt  interessantes  mit  Allg    ztg.  nr.   150. 

Die  nr.  5  des  Jahrg.  32  (1884)  des  Correspondenzblattes 
des  gesammtvereins  der  deutschen  geschichts-  und  alterthums- 
vereine  (unter  redaction  von  E.  Wörner)  enthält  einen  aufsatz 
von  dr.  Lotz  über  römische  Straßen  und  siedelungen  in  Frank- 
furts (a.  M.)  umgegend  und  zwar  zunächst  über  die  bei  Bergen 
vorgenommenen  ausgrabungen ;  ferner  nr.  6  von  demselben  über 
die  bei  dem  sogenannten  Kuhhornshof  in  Frankfurt  a.  M.,  in 
nr.  7  von  J.  Keller  über  ein  neu  aufgefundenes  römisches  mili- 
tairdiplom  (befindlich  in  Mainz);  von  R.  Suchier  über  die  münzen 
von  Bergen  bei  Frankfurt  a.  M. ,  von  E.  Bötticher  über  die  so- 
genannten glasburgen  am  Rhein,  welche  mit  den  funden  in  His- 
sarlik  (Troja)  in  Verbindung  gebracht  werden,  was  dem  Verfasser 
gelegenheit  gegeben  ,  seine  ansichten  über  Schliemann's  ausgra- 
bungen in  Hissarlik  weiter  zu  entwickeln,  s.  PhAnz.  nr.  3,  p.  1G5. 

Trachten,  haus-,  feld-  und  kriegsgeräthschaften  der  Völker 
alter  und  neuer  zeit  von  Fr.  Hottenroth,  bd.  I,  mit  120  tafeln 
und  holzschnitten,  Stuttgart,  Weise,  wird  in  RAnzeig.  nr.  137 
kurz  und  lobend  besprochen. 

Wien,  9.  juni.  (Papyrus  erzherzog  Rainer).  Tn  unserem 
letzten  berichte  über  den  fortgang  der  papyrusarbeiten  im  k.  k. 
Oesterreichischen  museum  und  deren  wichtigste  ergebnisse  waren 
zehn  in  dieser  Urkundensammlung  vertretene  sprachen  constatirt 
worden.  Nunmehr  ist  eine  über  200  stück  (darunter  180  per- 
gamente)  enthaltene  elfte  gruppe  hinzuzufügen,  deren  documente, 
soweit  nach  den  cursivischen  zügen  zu  urtheilen  ist,  derselben 
sprach-  und  schriftgruppe ,  wie  die  bisher  noch  unentzifferten 
meroitisch-äthiopischen  steininschriften  angehören.  Die  zahl  der 
hebräischen  papyrus ,  welche  die  bis  jetzt  ältesten  in  der  qua- 
dratschrift  geschriebenen  documente  repräsentiren,  ist  auf  24  ge- 
stiegen. Unter  den  neuerdings  gefundenen  resten  griechischer 
Schriftsteller  erregen  besonderes  interesse  die  in  schönster  alexan- 
drinischer  kalligraphie  geschriebenen  stücke  von  Uiasrollen ,  in 
denen  sich  größere  theile  des  IL  und  bruchstücke  aus  dem  I., 
IV.,  VLTI  und  XVII.  gesange  —  im  ganzen  181  verse  —  vor- 
finden. Ferner  fanden  sich  zwei  zusammengehörige  fragmente 
eines  nicht  erhaltenen  epos ,  aus  denen  noch  so  viel  zu  ersehen 
ist,  daß  es  sich  um  die  sage  von  Phineus  handelt,  dann  ein 
tractat  astronomischen  inhalts,  eine  genealogische  abhandlung  und 
von  der  in  unserem  letzteren  berichte  erwähnten  ästhetischen 
abhandlung  neue   stücke  ,    sowie  ein   drittes  zu  den  früheren  ge- 


478  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.   9. 

höriges  Thukydides-fragment.  Unter  den  theologischen  texten 
sind  hervorzuheben  das  fragment  einer  papyrus-rolle,  welche  das 
evangelium  Matthäi  enthielt  und  wohl  in  das  dritte  Jahrhundert 
zu  setzen  ist ,  und  ein  act ,  welcher  eine  Christenverfolgung  be- 
trifft. Endlich  sind  neue  Urkunden  aus  der  zeit  des  Marc  Aurel, 
Hadrian  und  Trajan  hinzugekommen.  Das  bisher  älteste  datirte 
griechische  stück  des  Faijümer-fundes  liegt  in  der  erzherzoglichen 
Sammlung  in  einer  wohlerhaltenen  Urkunde  aus  der  regierungs- 
zeit  Domitians  vom  jähre  94  nach  Christo  vor.  —  Sodann  wird 
noch  ausführlicher  über  einen  aus  dem  30.  jähr  der  Hedschra, 
d.  i.  650  n.  Chr.  stammenden  arabischen  papyrus  berichtet.  — 
Allg.   ztg.  beil.  zu  nr.   163. 

Eine  sehr  beachtenswerthe  besprechung  der  etruskischen  for- 
schungen  von  W.  Deeche  und  Pauli  in  neuester  zeit  findet  sich 
von   Gustav  Meyer  in    Allg.  ztg.   beil.  zu  nr.    164. 

Die  schrift  von  A.  Trendelenburg,  die  Laokoongruppe  und 
der  Gigantenfries ,  Gärtner ,  Berlin,  wird  ausführlich  besprochen 
in  EAnz.   nr.    144.      Allg.  ztg.   beil.  zu  nr.    147. 

Ueber  den  so  erfreulichen  fortgang  der  Sammlungen  für  das 
Grimm  -  denkmal  in  Hanau  berichten  EAnzeig.  nr.  148.  Allg. 
•ztg.  nr.   143. 

Der  philologische  verein  und  das  philologische  seminar  zu 
München  feierten  am  17.  juni  den  einhundertjährigen  geburts- 
tag  von  Friedrich  Thiersch  auf  erhebende  weise.  Näheres  s.  in 
Allg.  ztg.  nr  169;  dazu  vrgl  ebendas.  beil.  II  zu  nr.  154, 
beil.  II  zu  nr.    165. 

Die  neunte  aufläge  der  kunstgeschichte  von  W.  Lüblce  wird 
mit  besonderer  rücksicht  auf  die  die  neuesten  entdeckungen  betref- 
fenden zusätze  und  erweiterungen  besprochen  im  KAnz.  nr.  151. 

Eine  anzeige  von  K.  Busse's  wichtigem  buche :  „die  biblische 
Urgeschichte"  (Gießen  1883)  bringt  von  C.  H.  Cornill  die  Allg. 
ztg.   beil.  zu  nr.   161. 

Die  abhandlung  von  A.  C.  Bradley  (professor  in  Liverpool) : 
die  Staatslehre  des  Aristoteles,  übersetzt  von  J.  Imelmann,  Berlin, 
Gärtner,  wird  im  RAnzeig.  nr.    175   besprochen   und  empfohlen. 

Archäologisches  aus  Athen.  Schliemann  ist  nach  abschluß  der 
ausgrabungen,  welche  er  in  Tiryns  unter  aufsieht  des  „Ephoros 
der  alterthümer",  D.  Philios ,  und  unter  mitwirkung  des  archi- 
tekten  Dörpfeldt  unternommen  hatte,  nach  Athen  zurückgekehrt. 
Der  wichtigste  fund  ist  das  uralte  haus ,  dessen  bau  mit  dem 
des  hauses  in  der  Odyssee  durchaus  übereinstimmt.  Die  mauern 
desselben,  die  sich  an  vielen  stellen  einen  meter  über  dem  boden 
erheben ,  bestehen  aus  gewöhnlichem  kalkstein  und  lehm ,  der 
wohl  durch  einfluß  von  feuer  die  festigkeit  von  ziegeln  erlangt 
hat,  während  die  steine  sich  in  kalk  auflösten.  An  der  außen- 
seite  der  mauern  war  an  einigen  stellen  ein  kalküberzug  er- 
halten, auf  dem  sich  reste  von  Wandmalereien  fanden.     Dieselben 


Nr.    9.  Kleine  philologische  zeitung.  479 

wurden  sorgfältig  abgelöst  und  nach  Athen  geschafft.  Die  mei- 
sten enthalten  Ornamente ,  die  mit  den  mykenäiscken  und  den 
in  Spata  und  Menidhi  gefundenen  die  größte  ähnlichkeit  be- 
sitzen. Besonders  merkwürdig  ist  ein  stück  mit  der  leider  nicht 
ganz  unversehrten  darstellung  eines  stieres,  der  einen  reiter 
trägt;  doch  ist  von  letzterem  nur  der  Schenkel  völlig  deutlich 
zu  erkennen  ;  der  reiter  hält  den  nach  vorn  auf  den  rücken  ge- 
wandten schweif  des  stieres.  Das  von  Schliemann  nur  halb- 
vollendete werk  beabsichtigt  die  griechische  regierung  demnächst 
fortzusetzen ;  die  ausgrabungen  werden  zu  ende  geführt  und  die 
noch  mit  erdmassen  bedeckten  mauern  völlig  freigelegt  werden. 
Auf  anordnung  des  Unterrichtsministers ,  D.  S.  Vulpiotis ,  wird 
die  reinigung  der  akropolis  energisch  betrieben  ;  gleichzeitig  werden 
die  da  und  dort  zerstreuten  sculpturen  gesammelt  und  in  dem  in 
der  nähe  des  parthenon  gelegenen  museum  aufgestellt  werden; 
schon  sind  sämmtliche  bisher  in  den  propyläen  angehäuften  mo- 
numente  und  die  zu  anderen  gebäuden  gehörigen  steine  wegge- 
bracht worden,  so  daß  die  propyläen  sich  endlich  frei  und  würde- 
voll repräsentiren.  An  den  innenwänden  derselben  wurden 
spuren  entdeckt,  welche  auf  eine  fortlaufende  reihe  von  bänken 
hinweisen.  Auch  der  zur  akropolis  führende  aufgang  und  das 
theater  des  Herodes  wurden  gereinigt.  —  In  dieser  woche  soll 
der  nordwestliche,  gegen  die  propyläen  neigende  theil  der  tür- 
kischen mauer  niedergelegt  werden.  Dörpfeldt  wurde  damit  be- 
traut ,  zahlreiche  säulen  der  propyläen  und  des  erechtheion  zu 
stützen ;  desgleichen  wurde  ihm  die  leitung  sämmtlicher  archi- 
tektonischen arbeiten  übertragen ,  welche  auf  der  akropolis  in 
angriff  genommen  werden.  Man  denkt  auch  an  die  gründung 
eines  geräumigen  museums  am  südabhange  der  akropolis  zwischen 
dem  asklepieion  und  dem  modernen  holzthore  der  akropolis.  In 
diesem  museum  werden  die  im  asklepieion  gefundenen  gegen- 
stände niedergelegt  werden ,  sowie  sämmtliche  auf  der  akropolis 
gefundenen  inschriften  und  sculpturen,  mit  ausnähme  der  thon-, 
erz-,  bein-,  glas-  und  holzobjecte  ,  sowie  der  statuen  und  reliefe 
des  parthenon  und  erechtheion,  welche  in  ihrem  gegenwärtigen 
aufbewahrungsorte ,  d.  h.  im  parthenon-museum ,  verbleiben.  — 
Allg.   ztg.  beil.  zu  nr.   170. 

Mainz,  im  juni.  Zu  den  interessantesten  fundstücken 
aus  der  Römerzeit  gehören  die  militairdiplome,  welche  nicht 
gerade  häufig  vorkommen,  wie  man  schon  daraus  ersieht,  daß 
das  Mainzer  museum  bis  jetzt  nur  ein  bruchstück  eines  solchen 
besaß.  Diese  documente  bestehen  aus  zwei  durch  metallringlein 
verbundenen  bronzetäfelcheu ,  und  wurde  ein  solches  neuerdings 
den  Sammlungen  des  Vereins  zu  erforschung  der  rheinischen  ge- 
schichte  und  alterthümer  in  Mainz  einverleibt.  Durch  verglei- 
chung  der  namen  der  zeugen  mit  denjenigen  der  zeugen  auf 
anderen  diplomen  ergiebt  sich,  daß  das  neu  aufgefundene  unge- 


480  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.   9. 

fähr  in  das  jähr  90  zu  setzen  ist.  Der  besitzer  desselben  hieß 
Mucapor  und  gehörte  derselbe  dem  heere  der  Germania  superior 
an.   —  Allg.  ztg.   beil.   zu  nr.    170. 

In  Augsburg  veranstaltete  ausgrabungen  haben  abgesehen 
von  einigen  römischen  münzen,  tief  liegendes  altes  Straßenpflaster 
zu  tage  gefördert ,  über  dessen  Ursprung  bestimmtes  sich  noch 
nicht  hat  ausmachen  lassen.   —   Allg.   ztg.   beil.  II  zu  nr.   176. 

Dessau.  Zu  der  XXXVII.  Versammlung  deutscher  philologen 
und  Schulmänner,  welche  von  Mittwoch  1.  bis  Sonnabend  4.  Oktober  d.  j. 
in  Dessau  stattfinden  wird,  ladet  das  präsidium,  schulrath  dr. 
G.  Krüger  in  Dessau  und  gymnasialdirector  G.  Stier  in  Zerbst 
alle  fach-  und  berufsgenossen  durch  ein  ausführliches  im  juli 
d.  j.  versandtes  programm  ein:  aus  demselben  erwähnen  wir, 
daß  für  die  einzelnen  Sektionen  die  vorbereitenden  ge- 
schäfte  übernommen  haben :  1.  für  die  philologische  (kri- 
tisch-exegetische) professor  dr.  Dittenberger  in  Halle  ;  für  die  a  r- 
chäologische  hofrath  professor  dr.  Gaedechens  in  Jena;  3.  für 
die  orientalische  professor  dr.  Wellhausen  in  Halle;  4.  für 
die  germanisch -romanische  geh.  hofrath  professor  dr. 
Zarncke  in  Leipzig;  5.  für  die  neusprachliche  professor  dr. 
Lambeck  in  Köthen  ;  6.  für  die  mathematisch-naturwis- 
senschaftliche professor  dr.  Buchbinder  in  Schulpforta ;  7. 
für  die  pädagogische  oberschulrath  Rümelin  in  Dessau:  daß 
ferner  für  die  allgemeinen  Sitzungen  folgende  vortrage 
angemeldet  sind:  1.  Professor  dr.  von  Brunn  in  München:  „Me- 
dusa". 2.  Professor  dr.  Conze  in  Berlin:  „Ueber  den  stand  der 
Pergamenischen  arbeiten".  3.  Professor  dr.  Gerlach  in  Dessau : 
,,Das  Dessauer  philanthropin  in  seiner  bedeutung  für  die  re- 
formbestrebungen  der  gegenwart".  4.  Professor  dr.  Gosche  in 
Halle:  „Gedächtnisrede  auf  Richard  Lepsin s" ;  für  die  philo- 
logische Sektion:  dr.  phil.  Hanssen  in  Leipzig :  „Ueber  die  so- 
genannten ky kuschen  versfüße". 

K.  L.  von  Urlichs.  Vor  nicht  gar  langer  zeit  konnten  wir 
zu  unserer  genugthuung  an  dieser  stelle  (PhAnzeig.  XI,  10, 
p.  530)  der  Verdienste  gedenken ,  welche  professor  und  hofrath 
Karl  Ludwig  von  Urlichs  sich  als  gelehrter  und  lehrer  erworben 
und  zugleich  von  der  anerkennung ,  die ,  wie  es  sich  gebührt, 
ihm  dafür  zu  theil  geworden  ,  wenn  auch  nur  kurz  berichten. 
Jetzt  muß  zu  unserer  freude  dasselbe  geschehen:  denn  am  2. 
august  war  dem  ausgezeichneten  manne  vergönnt,  die  feier  sei- 
nes 50jährigen  doctor-jubiläums  zu  begehen,  eines  festtags,  welchen 
seine  zahlreichen  freunde  und  schüler  nicht  vorübergehen  ließen, 
ohne  von  ihrer  pietät  und  Verehrung  gegen  den  hochverdienten 
alterthumsforscher  zeugniß  abzulegen.  Von  den  dem  Jubilar 
dargebrachten  huldigungen  heben  wir  die  ihm  im  auftrage  des 
akademischen  Senates ,  ferner  der  philosophischen  facultät  zu 
Würzburg    überreichten    lateinischen    glückwunschadressen ,    das 


Nr.   9.  Kleine  philologische  zeitung.  481 

seine  erneuerung  in  classischer  form  begründende  doctordiplom 
seitens  der  philosophischen  facultät  zu  Bonn  sowie  das  beglück- 
wünschungsschreiben  hervor,  welches  die  philosophische  facultät 
der  Universität  Breslau  dem  gefeierten  gelehrten  übersandte;  der 
abt  und  convict  des  Benediktinerklosters  zu  St.  Stephan  in  Augs- 
burg sowie  die  mitglieder  des  Würzburger  philologischen  Semi- 
nars ließen  gleichfalls  prächtig  ausgestattete  lateinische  adressen, 
die  philologisch  -  historische  gesellschaft  zu  Würzburg,  welcher 
Urlichs  grade  in  diesem  jähre  präsidirt ,  eine  Sammlung  ihrer 
bisherigen  wissenschaftlichen  publicationen  überreichen.  Das  hu- 
manistische gymnasium  zu  Würzburg  widmete  dem  Jubilar  die 
von  dem  studienlehrer  Weber  verfaßte  festschrift  „Leben  und 
wirken  des  bildhauers  Dill  Riemenschneider".  Die  zahlreichen 
in  die  praxis  hinausgetretenen  Urlichsschüler,  die  ihrer  mehrheit 
nach  in  Bayern,  in  erheblicher  anzahl  aber  auch  in  den  übrigen 
Staaten  des  reiches  als  gymnasial-  und  Universitätslehrer  thätig 
sind,  brachten  ihrem  lehrer  eine  gemeinsame  huldigung  dar,  in- 
dem sie  durch  eine  deputation  eine  poetische  widmung ,  sowie 
eine  von  einem  lorbeerkranze  umrahmte  büste  der  Aphrodite 
von  carrarischem  marmor  überreichen  ließen ,  die  letztere  die 
künstlerisch  ausgeführte  nachbildung  des  anmuthvollen  antiken 
Aphroditekopfes ,  welcher  vor  wenigen  monaten  am  fuße  der 
akropolis  in  Athen  gefunden  wurde.  Aus  dem  kreise  seiner 
schüler  erhielt  der  Jubilar  außerdem  eine  festschrift  aus  dem 
gebiete  der  indischen  philologie  von  Seiten  dr.  Führer's ,  pro- 
fessors  des  sanskrit  in  Bombay,  sowie  Ad.  Eußner's  und  N. 
Weckleins  im  druck  begriffene  ausgaben  des  Sallustius  und  Ae- 
schylus  dedicirt.  Neben  diesen  glänzenden  äußerungen  der  liebe 
und  Verehrung  müssen  wir  die  das  gleiche  bezeugenden  zahl- 
reichen glückwunschschreiben  und  telegramme  der  freunde  von 
nah  und  fern  erwähnen,  deren  betrachtuug  unwillkürlich  veran- 
laßt, den  lebensgang  des  gefeierten  gelehrten  und  seine  bedeu- 
tendsten wissenschaftlichen  leistungen  hier  freilich  nur  in  gebotener 
kürze  zu  skizzieren.  Ludwig  v.  Urlichs  ist  am  9.  nov.  1813  zu 
Aachen  geboren,  wo  er  auch  seine  gymnasial-studien  machte ;  1829 
— 1834  studierte  er  auf  der  Universität  zu  Bonn,  habilitirte  sich 
nach  längerem  aufenthalte  in  Rom  1840  an  derselben  Univer- 
sität und  wurde  daselbst  1844  zum  außerordentlichen  professor 
der  philologie  ernannt.  Im  jähre  1847  folgte  er  als  nachfolger 
Otto  Jahn's  einem  rufe  an  die  Universität  Greifswald,  von  wo  er 
im  jähre  1855  nach  Würzburg  übersiedelte.  Seine  litterarische 
thätigkeit  eröffnete  die  als  inaugural  -  dissertation  eingereichte 
Sammlung  der  fragmente  des  Achaeus  (1834),  an  welche  sich 
beitrage  zur  archäologie  und  topographie  der  Stadt  Rom  an- 
schlössen ;  zum  theil  in  den  publicationen  des  archäologischen 
instituts  veröffentlicht,  traten  Urlich's  topographische  forschungen 
in   scharfen    Widerspruch    gegen    die    aufstellungen  Becker's  (Be- 


482  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.   9. 

Schreibung  Roms.  Ein  auszug  aus  der  beschreibung  der  Stadt 
Rom  von  Ernst  Platner  und  Urlichs  1845,  Römische  topographie 
in  Leipzig  1845)  und  fanden  ihren  abschluß  in  dem  Codex  urbis 
Romae  topographicus  (1871).  Aus  einer  eingehenden  beschäfti- 
gung  mit  der  Naturalis  historia  des  Plinius  gingen  höchst  werthvolle 
beitrage  für  das  verständniß  dieses  schwierigen  Schriftstellers 
hervor,  zunächst  die  Vindiciae  Plinianae  (I.  II,  1853 — 66),  eine 
echt  philologische  leistung  bedeutendster  art,  vorzugsweise  auf 
die  reinigung  des  textes  gerichtet;  dann  die  Untersuchung 
über  die  quellenregister  zu  den  letzten  büchern  des  Plinius 
(1878)  sowie  die  Chrestomathia  Pliniana  (1857);  das  interesse 
für  die  Schriften  des  Tacitus  bekundete  sich  in  der  vortrefflichen 
ausgäbe  des  Agricola  (1875),  sowie  in  den  Commentationes  de 
vita  et  honoribus  Agricolae  (1868)  und  de  vita  et  honoribus 
Taciti  (1879).  Eine  lange  reihe  von  philologischen  abhandlun- 
gen  ist  in  den  verschiedenen  deutschen  Zeitschriften,  namentlich 
in  der  von  Urlichs  mit  Stark,  v.  Jan  und  v.  Bäumlein  gemeinsam 
redigirten  „Eos"  (Jahrgang  I.  II,  1864.  1866)  publicirt  worden. 
Von  den  äußerst  zahlreichen  abhandlungen  und  Schriften  kunst- 
archäologischen «dnhaltes,  welche  zum  theile  in  den  Veröffentli- 
chungen des  archäologischen  instituts,  theils  als  Universitäts-pro- 
gramme und  als  jährliche  festprogramme  zur  Stiftungsfeier  des 
Wagner'schen  kunstinstituts  zu  Würzburg  und  endlich  auch  als 
selbstständige  schritten  erschienen ,  heben  wir  hervor :  Skopas 
leben  und  werke  (1863),  Die  glyptothek  in  München  (1867), 
Ueber  die  gruppe  des  Pasquino  (1867),  Die  anfange  der  grie- 
chischen künstlergeschichte  (1871  —  72),  Die  maierei  in  Rom  vor 
Caesar  (1876),  Ueber  den  olympischen  tempel  und  seine  bild- 
werke  (1877),  Griechische  statuen  im  republikanischen  Rom  (1880), 
Das  hölzerne  pferd  (1881);  diese  von  umfassendster  gelehrsam- 
keit  zeugenden  Schriften  verdanken  ihre  überraschenden  und  si- 
chern resultate  vorzugsweise  der  in  ihnen  befolgten  trefflichen 
auf  Vereinigung  philologischen  und  kunstarchäologischen  Studiums 
beruhenden  methode,  einer  Vereinigung,  die  zum  unverkennbaren 
nachtheil  der  Wissenschaft  unter  den  archäologen  neueren  ge- 
präges  mehr  und  mehr  zu  schwinden  beginnt:  möge  der  blick 
auf  das  wirken  des  hier  gefeierten  auch  dazu  dienen,  das  ar- 
chäologische Studium  bei  uns  auf  der  richtigen  bahn  zu  erhalten. 
Aber  so  zahlreich  und  bedeutend  diese  leistungen  auch  sind, 
noch  auf  anderen  gebieten  zeigt  unser  Jubilar  seine  meisterschaft. 
Der  römischen  und  griechischen  geschichte  sind  die  beiden  scharf- 
sinnigen epigraphischen  Studien :  Die  schlacht  am  berge  Grau- 
pius  (1882)  und  Pergamenische  inschriften  (1883)  zu  gute  ge- 
kommen. Auch  als  forscher  auf  dem  gebiete  der  deutschen 
litteratur  hat  Urlichs  sich  einen  namen  zu  machen  gewußt;  wir 
verdanken  ihm  die  erstmalige  herausgäbe  und  bearbeitung  des 
schriftstellerischen  nachlasses  von  Schiller's  gattin  (Charlotte  von 


Nr.   9.  Auszüge  aus  Zeitschriften.  483 

Schiller  und  ihre  freunde.  3  bde  (1860 — 1865),  die  herausgäbe 
von  Goethe's  briefen  an  Johanna  Fahimer  (1875)  und  der  „Briefe 
an  Schiller"  (1878)  sowie  werthvolle  aufsätze  zur  Goethe  -  for- 
sch ung  in  Geiger's  Goethejahrbuch  (bd.  1  ff.  1880  ff.).  Daneben 
hat  Urlichs  als  akademischer  lehrer  äußerst  anregend  und  er- 
folgreich gewirkt,  und  muß  insonderheit  für  Würzburg  seine  be- 
rufung  als  der  ausgangspunkt  eines  neuen  und  nachhaltigen  auf- 
schwunges  der  philologischen  und  archäologischen  Studien  gelten; 
das  aesthetisch- archäologische  kunstinstitut  zu  Würzburg,  dessen 
conservator  v.  Urlichs  war,  hat  seiner  initiative  neben  manchen 
andern  werth vollen  erwerbungen  namentlich  den  ankauf  der 
kostbaren  Feoli'schen  vasensammlung  zu  danken.  Mit  recht  hat 
die  Bonner  philosophische  facultät  der  ebenso  vielseitigen  wie 
tiefgehenden  wissenschaftlichen  thätigkeit  des  noch  heute  in  un- 
ermüdeter  geistesfrische  wirkenden  gelehrten  ihre  volle  und  ganze 
anerkennung  in  folgenden  schönen  Worten  des  oben  erwähnten 
erneuten  doctordiploms  ausgesprochen :  studiorum  veteris  Graeciae 
atque  Italiae  cum  insigni  decore  veterano,  qui  ad  hunc  usque  diem 
antiquitatis  thesauros  studiosis  iuvenibus  recludens  tanquam  aliquis 
Musarum  sacerdos  sanctam  illam  Promethei  scintillam ,  qua  ipse  ab 
initio  aetatis  incaluit,  in  illorum  pectora  transfudit  et  ad  vivas  flam- 
mas  excitavit,  qui  siugulari  ingenii  felicitate  per  totum  studiorum  suo- 
rum  cursum  hoc  semper  quasi  proprium  sibi  tenuit,  ut  cum  summa 
doctrinae  copia  et  operoso  eruditionis  apparatu  iudicii  elegantissimi 
et  limatissimi  decus  coniungeret,  qui  fructuosissimo  consortio  artis  an- 
tiquae  operum  et  scriptorum  antiquorum  interpretationem  consociavit. 
Hoffend  in  nr.  12  noch  einiges  nachtragen  zu  können,  schließen 
wir  jetzt  mit  dem  wünsche,  daß  der  jugendfrische  „Nestor  unter 
den  archäologen"  der  akademischen  Wirksamkeit  und  der  alter- 
thumsforschung  noch  lange  hinaus  erhalten  bleiben  möge ! 


Auszöge  aus  Zeitschriften. 

Deidsche  litteraturzeitung  hrsg.  von  Max  Roediyer,  1883,  nr.  49: 
Delectus  inscriptionum  Graecarurn  propter  dialectum  meinorabiliun). 
Iterum  composuit  Paulus  Cauer.  Leipzig,  Hivzel  1883.  8.  XVI, 
365  p.  7  nik.  F.  Blaß.  —  Seh.  Dehner,  Hadriaui  reliquiae.  Part  I. 
Diss.  Bonn  1883.  8.  46  p.  Otto  Secck.  —  Otto  Benndorf,  griechische 
und  sicilische  vasenbilder.  IV.  (schluß-)lief.  Berlin,  Guttentag  1883. 
fol.     p.  99— 102.     tat'.  36-61.     50  mk.      Georg   Treu. 

No.  50.  Äri&tophanis  Thesroophoriazusae  rec.  Ad  v.  Weisen.  Leip- 
zig,  Tenbner  1883.  8.  88  p.  2  mk.  Aristophanis  Pax  Annotatione 
critica  commentario  exegetico  et  scholiis  graecis  instr.  Frd.  M.  H. 
Blaydes.  (Comoediae  V).  Halle,  Waisenhaus  1883.  8.  XVI,  330  p. 
6  mk.  —  Chr.  Clasen  ,  historisch-kritische  Untersuchungen  über  Ti- 
maios  von  Tauromenion.  Kiel,  Lipsius  u.  Tischer  1883.  8.  98  p. 
2  mk.  40  pf.     Holm. 

No.  51.  Aristofelis  quae  fernntur  Magna  Moralia  recogn.  Franc. 
Susemihl.  Leipzig,  Teubner  1883.  8.  XIX,  126  p.  1  mk.  20  pf.  E. 
Hettz.  —   Aug.  Mommsen,   Chronologie.     Untersuchungen  über  das  ca- 


484  Auszüge  aus   Zeitschriften.  Nr.  9. 

lenderwesen  der  Griechen  insonderheit  der  Athener.  Leipzig,  Teubner 
1883.     8.     VIII,  532  p.     14  mk.      W.  Soltau. 

No.  52.  Alcimi  Ecdidii  Aviti  Viennensis  episcopi  opera  quae  su- 
persunt  rec.  Rud.  Peiper  (Monumenta  Germaniae  historica.  Auetor. 
antiq.  vol.  VI,  2).  Berlin,  Weidmann  1883.  4.  LXXVI,  376  p.  12  mk. 
/.  Huemer.  —  Carl  Lud.  Roth,  römische  geschiente  nach  den  quellen. 
In  2.  neu  bearb.  aufl.  hrsg.  v.  Ad.  Westermayer.  1.  theil:  von  der 
gründung  der  stadt  bis  zur  Stiftung  des  ersten  triumvirats.  Mit  15 
Originalabbild.  Nördling,  Beck  1884.  8.  XII,  388  p.  5,  20  p.  F.  J. 
Brockmann,  System  der  Chronologie  etc.  Stuttgart,  Encken  1883.  8. 
VII,  102  p.  3  mk.  Matzat.  —  August  Mau ,  geschichte  der  dekora- 
tiven Wandmalerei  in  Pompeji.  Berlin,  Reimer  1882.  8.  XII,  462  p. 
Tafelmappe  21   färb.  9  lichtdrucktafeln,     fol.     54  pf.     C.  Robert. 

1884.  No  1  :  J.  Rendel  Harris,  New  Testament  Autographs. 
Baltimore  1882.  8.  54  p.  50  cts.  (Suppl.  to  the  American  Journal 
of  philol.  Vol.  III,  no.  12).  —  Joh.  Müller,  der  stil  des  älteren  Pli- 
nius.  Innsbruck ,  Wagner  1883.  8.  XI,  158  p.  4  mk.  Urlichs.  — 
H.  Jordan,  Marsyas  auf  dem  forum  in  Rom.  Berlin,  Weidmann  1883. 
8.  30  p.  1  mk.  60  pf.  —  A.  Fränkel,  die  quellen  der  Alexander- 
historiker. Ein  beitrag  zur  griech.  litteraturgeschichte  und  quellen- 
kunde.  Breslau,  Kern  1883.  8.  VIII,  471  p.  12  mk.  Adolf  Bauer. 
—  E.  Lbwy,  Untersuchungen  zur  griechischen  künstlergeschichte. 
Wien,  Gerolds  söhn  1883.  8.  117  p.  (Abhandl.  des  archäol.  -  epi- 
graph.  seminars  der  univ.  Wien.  IV).  Fr.  v.  Duhn.  —  Maxim.  Marie, 
Histoire  des  sciences  mathematiques  et  physiques.  Tomel:  de  Thaies 
a  Diophante.  Tome  II:  De  Diophante  a  Viete.  Paris,  Gauthier- Vil- 
lars 1883.     IV,  283,  315  p.     12  fres.     M.   Curtze. 

No.  2.  Aug.  Gott/r.  Engelbrecht,  Studia  Terentiana.  Wien,  Ge- 
rolds söhn  1883.     8.     90  p.     3  mk.     F.  Leo. 

No.  3.  M .  Erdmann ,  zur  künde  der  hellenistischen  städtegrün- 
dungen.     Straßburg  i.  E.,  Heitz  1883.     4.     30  p.     R.  Bohn. 

No.  4.  D.  Magni  Ausonii  opuscula  rec.  C.  Schenkt.  (Monumenta 
Germaniae  historica  Auct.  -antiq.  V.,  II).  Berlin,  Weidmann  1883. 
4.  LXIV  und  302  p.  10  mk.  F.  Seiler.  —  G.  F.  Hertzberg,  ge- 
schichte des  röm.  kaiserreichs.  Mit  illustrat.  (Oncken's  allgem.  ge- 
schichte in  einzeldarstellungen.  II.  haupt-abh.  1.  bd.).  Berlin,  Grote 
1881.  892  p.  8.  18  mk.  und  H.  Schiller,  geschichte  der  römischen 
kaiserzeit.  1.  bd.,  1.  abth.:  von  Caesar's  tode  bis  zur  erhebung  Ve- 
spasians.     Gotha,  F.  A.  Perthes  1883.  VIII,  980  p.  18  mk.   Otto  Seeck. 

No.  5.  Th.  Bergk,  griechische  litteraturgeschichte.  II.  bd.  Aus 
dem  nachlasse  hrsg.  v.  Gustav  Hinrichs.  Berlin,  Weidmann  1883.  8. 
XI,  544  p.     8  mk.     F.  Blaß. 

No.  6.  David  S.  Margoliouth,  Studia  scenica.  Part  I,  sect.  6: 
Introductory  study  on  the  text  of  the  greek  drama's  The  text  of 
Sophocles  Trachiniae  1  —  300.  London,  Macmillan  und  co.  1883.  8. 
44  p.  —  Joh.  Gilbert,  Meletemata  Sophoclea.  Leipzig  1883.  8.  38  p. 
Diss.     A.  E.  Schönbach. 

No.  7.  Edu.  Ruete,  die  correspondenz  Cicero's  in  den  jähren  44 
und  43.  Marburg,  Elwert  1883.  8.  122  p.  2  mk.  40  pf.  (Straßb. 
Diss.).  A.  Holm.  —  Commentationes  philologae  lenenses  edd.  Semi- 
narii  philol.  Ienensis  professores.  Vol.  II.  Leipzig,  Teubner  1883.  8. 
327  p.     6  mk.      W.  Dittenberger. 

No.  8.  Sammlung  der  griechischen  dialektinschriften  von  F. 
Bechtel,  A.  Bezzenberger,  F.  Blaß,  W.  Deecke ,  A.  Fick,  G.  Hinrichs, 
R.  Meister  hr9g.  v.  H.  Collitz.  Goettingen,  Peppmüller  1883.  8.  I: 
Die  griechisch-kyprischen  inschriften  in  epichorischer  schrift  v.  Wilh. 
Deecke.   Text  u.  Umschreibung  mit  einer  schrii'ttafel.  80  p.  2mk.  50  pf. 


Nr     9  Auszüge  aus  Zeitschriften.  485 

IL  Die  äolischen  inschrif'ten  von  Fritz  Bechtel.  (Anhang  die  gedichte 
der  Balbilla  von  H.  Collitz).  Die  thessalischen  inschriften  von  Aug. 
Fick.  p.  81  — 143.  2  mk.  W.  Ditte.nberger.  —  Fr.  Hallet,  quaestio- 
nes  Propertianae.  Göttingen,  Calvör  1833.  8.  Diss.  K.  Schenk!,.  — 
J.  A.  Hiid,  la  legende  d'Enee  avant  Virgile.  Paris,  Leroux  1883.  8. 
95  p.  H.  Dunger.  —  Karl  Wilh.  Nitzsch ,  geschiente  der  römischen 
republik,  l.bd.:  bis  zum  ende  des  Hannibalischen  krieges.  Mit  einer 
einleitung:  überblick  über  die  geschichte  der  geschichtsschreibung  bis 
auf'Niebuhr  und  einen  anhang:  zur  römischen  annalistik.  Nach  hinter- 
lassenen  papieren  zu  Vorlesungen  hrsg  von  Georg  Thouret.  Leipzig, 
Duncker  u.  Humblot  1884.  X,  203  p.  8.  4  mk."  H.  Nissen.  —  Ad. 
Michaelis,  ancient  marbles  in  Great  Britain  described.  Translated 
from  the  German  by  C.  A.  M.  Fenne  11  edited  for  the  Syndics  of  the 
univ.  preß.  Cambridge,  Univ.  preß  1882.  XXVI,  834  p.  8.  42  mk. 
No.  9.  Leo  Heyer,  vergleichende  grammatik  der  griechischen  u. 
lateinischen  spräche.  1.  bd.  2.  hälfte  2.  aufl.  Berlin  ,  Weidmann 
1884.  p.  641-1270.  8.  9  mk.  Joh.  Schmidt.  —  L.  Preller,  römi- 
sche mythologie.     3.  aufl.  von  H.  Jordan.     2.  bd.     Berlin,  Weidmann 

1882.  1883.     8.     XII,  455  u.  XI,  490  p.     10  mk.     Aug.    Reifer  scheid. 

—  Du  Cunge,  Glossarium  mediae  et  infimae  latinitatis  dig.  G.  A.  L. 
Henschel.  Edit.  nova  aueta  pluribus  verbis  aliorum  seriptorum  a  Leo- 
pold Favre.  Tomel.  Niort,  Favre  1883.  4.  LXXV,802p.  33,60  mk. 
Karl  Zentner. 

No.  10.  Günther  Alexander  E  A  Saalfeld,  der  Hellenismus  in 
Latium.  Culturgeschichtliche  beitrage  zur  beurtheilung  des  klassischen 
alterthums  an  der  hand  der  Sprachwissenschaft.     Wolfenbüttel,  Zwißler 

1883.  8.  VII,  281  p.  8.  6  mk.  Blümner.  —  Friedr.  Hultsch,  grie- 
chische und  römische  metrologie.  2  bearb.  Berlin,  Weidmann  1882. 
8.  XII,  745  p.  8  mk.  Leop.  Löwenherz.  —  Victor  Duruy,  Histoire 
des  Romains  depuis  les  temps  les  plus  recules  jusqu'ä  l'invasion  des  barba- 
res. Nouvelle  ed.  revue  augmentee  et  enrichie  d'environ  3000  gravu- 
res  dessinees  d'apres  l'antiqne  et  100  cartes  et  plans  t.5.  Hadrian,  Antonin, 
Marc  Aurele  et  la  societe  romaine  dans  le  haut  empire.  Paris,  Ha- 
chette  1883.  4.  814  p.  25  fres.  Bormann.  —  Moritz  Voigt,  die  XII 
tafeln  geschichte  und  System  des  civil-  und  criminalrecbts  wie  -pro- 
zesses  der  XII  tafeln  nebst  deren  fragmenten.  Bd.  I:  geschichte  und 
allgemeine  juristische  lehrbegriffe  der  XII  tafeln  nebst  deren  frag- 
menten. Bd.  II  :  das  civil-  und  criminalrecht  der  XII  tafeln.  Leip- 
zig, Liebeskind   1883.     8.     XII.  859,  X,  845  p.     30  mk.     Burckhard. 

No.  11.  J.  Schrammen,  über  die  bedeutung  der  formen  des  ver- 
bum.  Heiligenstadt,  Delion  1884.  8.  143  p.  2  mk.  Martin  Schanz. 
-  Ioannes  Iiherg  ,  Studia  Pseudippocratea.  Leipzig  1883.  8.  63  p. 
Dies.  Lw  Müller.  —  Walter  Gilbert,  ad  Martialem  quaestiones  criti- 
cae.  Dresden,  königl.  gymn.  progr.  1883.  4.  26  p.  K.  Schenk!.  — 
Herrn.  Dierks,  de  tragic.orum  histrionum  habitu  scaenico  apud  Graecos. 
Göttingen,    Calvör  1883.     8.     51  p.     1   mk.    20  pf.     B.  Büchse?ischütz. 

—  Scnpturae  Graecae  speeimina  in  usum  scholarum  colleg.  et  explic. 
Gull.  Watienhach.  Libri  cui  inscriptnm  erat:  „Schrifttafeln  zur  ge- 
schichte der  griechischen  schrift"  editio  altera.  Berlin,  Gi'ote  1883. 
fol.      17  p.  text  u.  30  taff.     4  mk.      W.  Diüenherger. 

No.  12.  Aug  Blau,  de  Aristarchi  diseipulis.  Jena,  Cohen  1883. 
8.  78  p.  1  mk.  20  p.  G.  Hinrichs  --  Max  Müller,  das  Jagdwesen 
der  alten  Römer  und  Griechen  etc.  München  1883.  8.  104  p.  B. 
Büchsenschiitz.  —  L  Hing  berichtet  in  den  mittbeilungen  über  Schlie- 
manns  ausgrabungen  auf  dem  Marathoni«chen  schlachtfelde. 

No.  13.  Alexandrini  Aristotelis  analyticorum  priorum  librum  I. 
commentarium  ed.  Maxim.   Wallies.     Berlin  ,    Reimer  1883.     8.     XXII, 

Philol.  Anz.  XIV.  33 


486  Auszüge  aus  Zeitschriften.  Nr.   9. 

426  p.  14  mk.  E.  Heitz.  —  Jebb,  R.  C,  die  reden  des  Thukydides. 
Autor,  übers,  von  J.  Imelmann.  Berlin,  Weber  1883.  65  p.  8.  1,60  mk. 
A.  Reifer  scheid.  —  Joh.  Em.  Kirchner,  de  litis  instrumentis  quae 
extant  in  Demosthenis  quae  fertur  in  Lacritum  et  priore  adversus 
Stephanuin  orationibus.     Halle,  Diss.  1883.     8.     42  p.  Karl  Reinhardt. 

No.  14.  Carl  Pauli,  altitalische  studien.  2.  heft  mit  5  tafeln. 
Hannover,  Hahn  1883.  8.  148  p.  8  mk.  H.  Jordan.  —  Xenophontis 
institutio  Cyri  rec.  et  praef.  est  Arn.  Eng.  Ed.  maior.  Leipzig, 
Teubner  1882.     8.     C,  344  p.     1  mk.  50  pf.     K.  Einehe. 

No.  15.  Max  Jahns,  Caesars  Commentarien  und  ihre  litterarische 
und  kriegswissenschaftliche  folgewirkung.  Berlin,  Mittler  u.  s.  1883. 
8.  44  p.  80  pf.  W.  Dittenberger.  —  Washietl,  Joh.  Andr.,  de  simi- 
litudinibus  imaginibusque  Ovidianis.  Wien,  Gerolds  söhn  1883.  8.  VI, 
193  p.  6  mk.  F.  Leo.  —  Numismatisches  Litteraturblatt  hrsg.  von 
M.  Bahrfeldt.  Bd.  I.  II.  Stade  1880— 83.  VI,  206  p.  3mk.  Bannenberg. 

Literarisches  centralblatt  für  Deutschland.  Herausgeber  und  ver- 
antwortlicher redacteur  prof.  dr.  F.  Zarncke,  1884,  no.  14.  Schum, 
Wilh. ,  Exempla  codicum  Amplonianorum  Erfurtensium  saeculi  IX 
—XV.  Mit  55  abbildungen  auf  24  bl.  Berlin,  Weidmann  1883. 
fol.  28  p.  20  mk.  W.  A(rndt).  —  Porphyrii  quaestionum  Home- 
ricarum  ad  Iliadem  pertinentium  reliquias.  Collegit  dispos.  edidit 
Herrn.  Schrader.  Fase.  II.  Lipsiae  1882,  Teubner.  p.  183—496. 
8.  10  mk.  Gr.  —  Hohinger ,  C.  v. ,  über  die  parepigraphae  des 
Aristophanes.  Eine  scholienstudie.  Wien ,  Mayer  1883.  8.  61  p. 
(A.  von  Eamber)g.  —  Warton,  Edw.  Ross,  etyma  graeca.  An  etymo- 
logical  lexicon  of  classical  greek.  London,  Rivingtons  1882.  8.  XVI, 
167  p.  *.  e.  —  Xenophontis  institutio  Cyri.  Rec.  et  praef.  Arnoldus 
Hug.  Leipzig,  Teubner  1883.  8.  XCX,  344  p.  1  mk.  50  pf.  B{laß). 
Marx,  Ant. ,  hülfsbüchlein  für  die  ausspräche  der  lateinischen  vocale 
in  positionslangen  silben.  Mit  einem  vorwort  v.  Fr.  Bücheier.  Berlin 
1883,  Weidmann.     XII,  80  p.     2  mk.  40  pf      Cl. 

No.  15.  Lenel,  Otto,  das  edictum  perpetuum.  Ein  versuch  zu 
dessen  Wiederherstellung.  Leipzig,  Tauchnitz  1883.  8.  XXIV,  455  p. 
16  mk.    K. 

No.  16.  Sophokles  the  plays  and  fragments  with  critical  notes 
commentary  and  translation  in  english  prose  by  R.  C.  Jebb.  Part  I: 
The  Oedipus  Tyrannus.  Cambridge,  University  Preß  1883.  8.  XCVIII, 
327  p.     15  mk.    H.  St. 

Rheinisches  museum ,  XXXIX.  bd.  2.  heft:  Ueber  entelechie  und 
endelechie.  Von  R.  Hirzel,  p.  169.  —  Ueber  die  syrischen  kriege  der 
ersten  Ptolemaier  und  den  bruderkrieg  des  Seleukos  Kallinikos  und 
Antiochos  Hierax.  Von  F.Koepp,  p.209.  —  Zur  textkritik  der  scho- 
liasten  ciceronischer  reden  I.  Von  Th.  Stangl,  p.  231.  —  Zur  finanz- 
geschichte  Athens  (schluß).  Von  F.  Beloch ,  p.  239.  —  Zu  den  be- 
richten des  Polybius  und  Livius  über  die  Schlacht  am  trasimenischen 
see.  Von  G.  Faltin,  p.  260.  —  Coniectanea.  Scripsit  F.  Buecheler, 
p.  274.  —  Exegetisch-kritische  anmerkungen  zu  den  fragmenten  des 
Antigonos  von  Karystos.  Von  U.  Koehler,  p.  293.  —  —  Miscellen: 
Der  tod  des  Kratinos.  Von  Th.  Zielinski,  p.  301.  —  Zu  Thucydides 
und  Diodor  und  Herodian.  Von  J.  W.  Stahl,  p.  307.  —  Zur  frage 
über  die  glaubwürdigkeit  der  in  den  Demosthenischen  reden  einge- 
legten Urkunden.  Von  J.  E.  Kirchner,  p.  309.  —  Zu  Musonius  und 
Sotion.  Von  H.  Heylbnt,  p.  310.  —  Zu  den  Aristoteles-commentaren. 
Von  demselben,  p.  312.  —  Ueber  die  Überlieferung  von  Ovid's  libellus 
de  medicamine  faciei.  Von  M.  Schanz,  p.  313.  —  Glossa.  Scripsit 
O.  R.,  p.  315.  —  Oskische  inschrift.  Von  F.  B.,  p.  315.  —  Der  gol- 
dene fisch  von  Vettersfelde.     Von   V.   Gardthausen,  p.  317. 


Nr.   9.  Literatur.  487 

Literatur  1884, 

(dem  Philologus  und  PhAnzeiger  zugesandt). 

Müller,  Herrn.  Friedr.,  dispositionell  zu  den  drei  ersten  enneaden 
des  Plotinos.     Bremen,  Heinsius  1884.     8.     102  p. 

P.  Ovidii  Nasonis  Fasti  schol.  in  usum  ed.  Otto  Güthling.  Lipsiae 
1884.     8.     XXIV,  141  p. 

Tacitus,  die  historien  des.  Erstes  und  zweites  buch  für  d.  schul- 
gebrauch erkl.  von  Ignaz  Prammer.     Wien  1883,  A.  Holder. 

Jebb,  R.  C,  die  reden  des  Thukydides.  Autorisierte  Übersetzung 
von  J  lmelmann.     Berlin,  W.  Weber  1883.     8.     64  p. 

Hirzel,  Rud.,  Untersuchungen  zu  Cicero's  philosophischen  Schriften. 
III.  tbeil :  Academica  priora  Tusculanae  disputationes.  Leipzig,  S. 
Hirzel  1883.     8.     576  p. 

Müller,  Lucian,  Quintus  Ennius.  Eine  einleitung  in  das  studium 
der  römischen  poesie.     St.  Petersburg,  C.  Ricker  1884.     8.     IX,  313  p. 

Bergk,  Theod.,  fünf  abhandlungen  zur  geschiebte  der  grieebischen 
Philosophie  und  astronomie  hrsg.  von  Oust.  Hinrichs.  Leipzig,  Fues 
(R.  Reisland)  1883.     8.     VI,  189  p. 

Zeller,  Eduard,  grundriß  der  geschichte  der  griechischen  philoso- 
phie.     Leipzig,  Fues  (Reisland)  1883.     8.     X,  316  p. 

Cruindmeli  sive  Fulcharii  ars  metrica.  Beitrag  zur  geschichte 
der  karoling  gelehrsamkeit,  hrsg.  v.  J.  Huemer.  Wien  1883,  Holder. 
8.     VIII,  52  p. 

Bergk,  Theod.,  kleine  philologische  schritten  hrsg.  von  Rud.  Pepp- 
müller.  Bd.  1 :  zur  römischen  litteratur.  Mit  Bergk's  bildniß.  Halle 
a.  S.,  Waisenhaus  1884.     8.     XXXII,  819  p. 

Avian's  fabeln  ins  deutsche  übers,  im  metrum  des  Originals  von 
V.  Raben.     23  p.    Progr. 

Ranke,  Leop.  von,  Weltgeschichte.  Vierter  theil:  das  kaiserthum 
in  Constantinopel  und  der  Ursprung  romanisch  -  germanischer  könig- 
reiche.  Abth.  I— II.  Erste  bis  dritte  aufl.  Leipzig,  Duncker  u.  Hum- 
blot  1883.     8.     445,  368  p.     20  mk. 

Furtivängler,  A.,  der  goldfund  von  Vettersfelde.  43.  programm 
zum  Winckelmannsfeste.  Mit  drei  tafeln.  Berlin  1883,  G.  Reimer.  4.  52  p. 

Hoffmann ,  Emanuel ,  studien  auf  dem  gebiete  der  lateinischen 
syntax.     Wien,  Konegen  1884.     8.     134  p. 

U  anay  ;ai  gy  »oj,  /Z.  N. ,  tnixotatg  ir/g  2nvoi,o*.  fl.  Aä/ungov  ixdö- 
Cfwg  iov  Mi/tiql.  'Axofj.i.vttiov .     ,A&rtvrj<si,v    1883.      8.      176   p. 

Sophocles  the  plays  aDd  fragments  with  critical  notes  commen- 
tary  and  translation  in  english  prose  by  R.  C.  Jebb.  Parti:  the  Oe- 
dipus  Tyrannus.     Cambridge,   University  Press  1883.     8.     XII,  327  p. 

Chroniron  P avium  rec.  et  praef.  est  Joh.  Flach.  Accedunt  Ap- 
pendix chronicorum  reliquias  continens  et  marmoris  speeimen  partim 
ex  Seldeni  apographo  partim  ex  Maassii  ectypo  descriptum.  Tubingae, 
Fr.  Fues  1884.     8.     XVII,  44  p.     2  taff.     2  mk.  40  pf. 

Bursian,  Conrad,  geschichte  der  classischen  philologie  in  Deutsch- 
land.    München,  Oldenbourg  1883.     8. 

Transaclions  of  the  Cambridge  philological  Society.  Vol.  II  for 
1881-1882  edited  by  J.  P.  Postgate.     London,  Trübner  1883.     8. 

Loeschke,  G.,  de  Pausaniae  descriptione  urbis  Athenarum  quaestio- 
nes.     Dorpat  1883.     4.     26  p. 

Siebeck,  Herrn.,  geschichte  der  psychologie.  Erster  theil.  Abth. 
II:  die  psychologie  von  Aristoteles  bis  zu  Thomas  von  Aquino.  Gotha, 
Perthes  1884.     8.     231  p. 

Meyer,  Wilh.,  über  die  beobachtung  des  wortaccentes  in  der  alt- 
lateinischen poesie.     München,  akademie  1884.     4.     119  p. 


488 


Literatur. 


Nr.   9. 


Schiller,  Hermann,  nekrolog  auf  Willi.  Clemm.  Berlin,  Calvary 
u.  co.  1884.     8. 

Richter,  Rieh.,  nekrolog  für  Conrad  Bursian.  Berlin,  Calvary  u. 
co.  1884.     8. 

Christ,  W. ,  zur  Chronologie  des  altgriechischen  epos.  (Separat- 
abdr.  aus  den  Münchner  sitzungsber.).     München   1884.     8.     60  p. 

Lübbert,  Ed.,  Prolusio  in  Pindari  locuru  de  Ludis  Pythiis  Sicyoniis. 
Bonn  1884.     4.     22  p. 

Gaumitz,  Herrn.,  zu  den  Bobienser  Ciceroscholien.  Dresden  1884 
4.     30  p. 

Cohn,  Leop.,  Untersuchungen  über  die  quellen  der  Platoscholien. 
Leipzig,  Teubner  1884.     8.     (p.  771—864). 

Tuciti ,  P.  Cornelii,  opera  qnae  supersunt  ad  fideoi  codicurn  Me- 
diceorum ab  Io.  Georg.  Bauer o  denuo  excussorum  ceterorumque  op- 
tiraorum  librorum  rec.  atque  interpretatus  est  Io.  Casp.  Orellius. 
Vol.  II.  Germania  dialogus  de  claris  oratoribus.  Agricola  Historiae. 
Editionem  alteram  enraverunt,  H.  Schweizer- Sidler ,  G.  Andresen ,  C. 
Meiser.  Fascic.  IV.  Historiarum  liber  I  ed.  C.  Meiser.  Berolini, 
Calvary  u.  söhn  1884.     8. 

Cornelii  Nepotis  vitae  scholarum  in  usum  rec.  et  emendavit  An- 
dreas   Weidner.     Lipsiae,  Frey  tag  1884.     8. 

Schröder,  Herrn.,  Quaestionum  Peripateticaruni  particula.  Ham- 
bnrg  1884.     4.     (Jubiläumsschrift).     11  p.     4. 

Evers ,  E.,  das  emporkommen  der  persischen  macht  unter  Cyrns 
(nach  den  neuentdeckten  inschriften).  Berlin ,  Gaertner  1884.  4. 
(Progr.  d.  Königsstädt.  realgymn.). 

Det/efsen,  D.,  Untersuchungen  zu  den  geographischen  büchern  des 
Plinius.     I:   die  Weltkarte  des  M.  Agrippa.     Glückstadt  1884.  4.    17  p. 

Großmann,  W. ,  de  particulis  ne  .  .  .  quidem.  Particula  I.  Al- 
lenstein  1884.     4.     28  p.  u.  tabelle. 

Benicken,  H.  K.,  die  litteratur  zum  sechsten  liede  vom  zorne  des 
Achilleus  im  sechsten  und  siebenten  buche  der  homerischen  Ilias 
Theil  II.     Rastenburg  1884.     4.     22  p. 

Kallenberg ,  H. ,  Commentatio  critica  in  Herodotum.  Berlin, 
Gaertner  1884.     4.     28  p 

Madvig,  J.  N.,  syntax  der  griechischen  spräche  besonders  der  at- 
tischen sprachform.     2.  verb.  aufl.     Braunschweig  1884.     4. 

Roh  de ,  Dietericus,  Adiectivum  quo  ordine  apud  Caesarem  et  in 
Ciceronis  orationibus  coniunetum  sit  cum  substantivo.  Hamburg  1884. 
4.     18  p. 

Bruncke,  Herrn.,  die  rangordnung  der  centurionen.  Wolfenbüttel 
1884.     4.     29  p. 

Ioannes  Stobaeus,  Anthologii  libri  duo  priores  qui  inscribi  solent 
eclogae  physicae  et  ethicae,  rec.  Curtius  Wachsmuth.  Volumen  I.  II. 
Berolini,  Weidmann  1884.     8.     XL,  502  p.     332  p. 

Saalfeld,  Günther  Alexander  E.  A. ,  die  lautgesetze  der  griechi- 
schen lehnwörter  im  lateinischen  nebst  hauptkriterien  der  entlehnung. 
Leipzig,  Winter  1884.     8.     131  p. 

Gizycki,  Paul  von,  einleitende  bemerkungen  zu  einer  Untersuchung 
über  den  werth  der  naturphilosophie  des  Epiknr.     Berlin  1884.  4.  26  p. 

Bachmann,  Ottomar,  lexici  Aristophanei  speeimen  composuit. 
Frankfurt  a.  d.  0.  1884.     4.     18  p. 

Meyer,  F.,  de  personificationis  quae  dicitur  usu  Taciteo.  Goet- 
tingen  1884.    4.     29  p. 

Caesar,  J.,  Additamentura  disputationis  de  Aristide  Quintiliano. 
Marburg  1884.     4.     V  p. 


Nr.  10.  11.  Oktober.  November  1884. 

Philologischer  Anzeiger. 

Herausgegeben  als    erganzung   des  Philologus 


von 

Ernst  von  Leutseh. 


86.  Leo  Meyer,  vergleichende  grammatik  der  griechi- 
schen und  lateinischen  spräche.  Erster  band.  Erste  hälfte.  2.  aufl. 
Berlin,  Weidmannsche  buchh    1882.     8.     VI,   640  p.     9  mk. 

Zwischen  dem  erscheinen  der  ersten  aufläge  des  1.  bandes 
von  Leo  Meyers  vergleichender  grammatik  und  dem  der  ersten 
hälfte  desselben  bandes  in  zweiter  aufläge  liegen  volle  einund- 
zwanzig jähre,  jähre,  die  in  der  entwickelung  der  Sprachwissen- 
schaft von  der  weitgehendsten  bedeutung  gewesen  sind.  Unwill- 
kürlich drängt  sich  da  die  frage  auf:  hat  es  der  Verfasser  ver- 
standen ,  nicht  nur  die  mannichfachen  mängel  der  ersten  aufläge 
zu  beseitigen,  sondern  auch  die  zweite  aufläge  dem  gegenwärtigen 
stände  der  Sprachwissenschaft  entsprechend  zu  gestalten?  Ich 
fühle  mich  außer  stände,  diese  frage  in  bejahendem  sinne  zu  be- 
antworten. Es  läßt  sich  zwar  nicht  leugnen,  daß  die  zweite  aufläge 
gegen  die  erste ,  wie  sie  an  äußerem  umfange  zugenommen  — 
316  seiten  lautlehre  der  früheren  gegen  571  der  jetzigen  — , 
so  auch  in  der  darstellung  des  Stoffes  manche  Veränderungen 
und  Verbesserungen  aufzuweisen  hat ,  aber  trotz  alledem  ist  der 
grundton  derselbe  geblieben.  Es  läßt  sich  aber  derselbe  in  be- 
zug  auf  die  lautlehre  —  denn  die  wenigen  seiten,  die  in 
dieser  ersten  hälfte  bereits  den  „Wörtern"  gewidmet  sind,  mögen 
späterer  besprechung  vorbehalten  bleiben  —  als  mangel  an  echt 
wissenschaftlicher  darstellung  charakterisieren.  Denn  von  der  Verbin- 
dung der  Sprachwissenschaft  mit  der  lautphysiologie,  die  für  die  er- 
kenntnis  des  wesens  der  laute  selbst  sowie  für  die  aufstellung  der 
lautgesetze  geradezu  unentbehrlich  ist,  tritt  in  dem  ganzen  werke 
so  gut  wie  nichts  entgegen,  sondern  es  enthält  in  der  hauptsache 
Piniol.  Anz.  XIV.  34 


490  86.  Grammatik.  Nr.   10. 

nur  eine  rein  äusserliche ,  trockene  statistische ,  weder  gut  ge- 
ordnete, noch  vollständige  aufzählung  der  lauterscheinungen  bei- 
der sprachen.  Daher  scheint  mir  Leo  Meyers  werk  weder  ein 
geeignetes  nachschlagebuch  für  den  gelehrten  zu  sein  —  schon 
der  mangel  fast  aller  citate  ist  höchst  störend  — ,  noch  auch 
passend  den  jünger  der  Sprachwissenschaft  in  dieselbe  einzuführen 
und  anzuleiten  und  zu  selbständigen  Studien  anzuregen. 

Ein  hauptmangel  des  Werkes  scheint  mir  ferner  darin  zu 
liegen ,  daß  Leo  Meyer  zur  rekonstruktion  des  graeco-italischen 
lautbestandes  —  wenig  glücklich  sagt  er  meist  des  „griechisch- 
lateinischen" —  italischerseits  zu  ausschließlich  das  latein,  und 
zwar  nicht  einmal  das  altlatein,  verwendet.  Es  wird  ja  das  latein 
immer  die  hauptquelle  für  unsere  kenntnis  des  italischen  bleiben, 
aber  die  ihm  verwandten  sprachen ,  insbesondere  umbrisch  und 
oskisch,  hätten  in  viel  ausgiebigerer  weise  nutzbar  gemacht  wer- 
den können  als  es  geschehen  ist.  In  dieser  beziehung  trifft  der 
Vorwurf,  den  Schweizer -Siedler  in  seiner  recension  der  ersten 
aufläge  (Kuhns  Zeitschrift  XI,  71)  erhoben,  auch  jetzt  noch  in 
fast  gleichem  umfang  zu.  Auch  das  keltische,  dessen  engere 
Verwandtschaft  mit  dem  italischen  Leo  Meyer  p.  23  selbst  her- 
vorhebt, hätte  vielfach  nutzbringend  herangezogen  werden  können. 

Auch  der  Vorwurf  läßt  sich  dem  Verfasser  nicht  ersparen, 
daß  er  die  einschlagende  literatur  nicht  ausgiebig  genug  benutzt 
hat.  So  manches  werk  und  so  manche  abhandlung,  die  in  den 
letzten  zwanzig  jähren  erschienen  sind  und  in  beziehung  zu  dem 
behandelten  Stoffe  stehen,  sind  ihm  entgangen  oder  absichtlich  von 
ihm  ignoriert  worden.  Namentlich  scheint  dies  mir  der  fall  zu 
sein  mit  fast  allen  Leipziger  publikationen. 

Soweit  im  allgemeinen.  Gehen  wir  nun  das  einzelne  schritt 
für  schritt  durch. 

Mancherlei  erweiterungen  hat  die  einleitung  erfahren,  in 
welcher  der  Verfasser  eine  kurzgedrängte  Übersicht  über  die  in- 
dogermanischen stamme ,  deren  sprachen  und  die  wissenschaft- 
liche bearbeitung  der  letzteren  giebt.  Auffällig  dürftig  ist  das 
über  das  armenische  und  seine  Stellung  zu  den  übrigen  indoger- 
manischen sprachen  gesagte.  Hübschmann's  forschungen  hätten 
hier  ehrende  anerkennung  verdient.  Freilich  noch  auffälliger  ist 
es,  daß  bei  der  besprechung  des  griechischen  der  name  desje- 
nigen forschers  nicht  genannt  wird,  der  doch  vor  allen  übrigen 


Nr.   10.  86.  Grammatik.  491 

diese  spräche  aus  der  einseitigen  betrachtungs-  und  behandlungs- 
weise  der  klassischen  philologie  heraus  in  das  licht  der  verglei- 
chenden Sprachwissenschaft  gerückt  hat.  Wenn  es  der  Verfasser 
für  angezeigt  hielt,  die  für  andre  spezielle  gebiete  so  bedeutsamen 
namen  Diez ,  Zeuß ,  Miklosich  u.  a.  rühmend  zu  erwähnen ,  so 
durfte  er  für  das  griechische  den  namen  Curtius  nicht  mit  still- 
schweigen übergehen.  Ob  durch  ein  derartiges  absichtliches  ig- 
noriren  —  als  etwas  anderes  kann  man  es  ja  nicht  auffassen  — 
Leo  Meyer  sich  selbst  oder  Curtius  mehr  bloß  gestellt  hat,  kann 
füglich  jedem  urtheilsfähigen  anheimgestellt  bleiben.  Ein  etwas 
gütigeres  geschick  als  Curtius  ist  Corssen  zu  theil  geworden : 
zwar  wird  in  der  einleitung  auch  nur  seine  programmabhand- 
lung  de  Volscorum  lingua  erwähnt ,  aber  im  laufe  seines  werkes 
kann  Leo  Meyer  doch  nicht  umhin,  allerdings  ohne  nennung  des 
titeis,  öfter  Corssens  hauptwerk  „über  ausspräche,  vokalismus  etc." 
zu  citieren.  Ebenso  ist  es  eine  entschiedene  lücke,  daß  Verfasser 
nirgends  das  bedürfnis  gefühlt  hat ,  sich  mit  den  „analogisten" 
oder  Junggrammatikern"  auseinander  zu  setzen.  Mag  er  über 
deren  ansichten  und  leistungen  denken  wie  er  will,  durch  bloßes 
ignorieren  schafft  er  sie  nicht  aus  der  weit. 

Aus  der  darstellung  der  konsonanten,  mit  denen  verf. 
die  lautlehre  beginnt ,  sei  folgendes  hervorgehoben :  wie  jetzt 
allgemein,  so  nimmt  auch  verf.  ein  doppeltes  k  für  die  Ursprache 
an ,  und  um  dies  gleich  hier  zu  erwähnen  ,  ebenso  im  anschluß 
an  Ascoli  gegen  Fick  ein  doppeltes  g,  sicherlich  mit  recht.  Er- 
wähnung hätte  es  bei  der  darstellung  des  &-lautes  verdient,  daß 
das  umbrische  auch  eine  assibilirung  desselben  kennt ,  ohne  je- 
doch darin  mit  den  arischen  und  letto-slavischen  sprachen  über- 
einzustimmen. —  Bei  der  erweichung  von  k  zu  g  im  anlaut 
(p.  40)  hätte  bemerkt  werden  sollen,  daß  dieselbe  im  griechischen 
lediglich  auf  konsonantengruppen  beschränkt  ist.  —  Höchst 
zweifelhaft  ist  mir  der  p.  53  für  das  dorische  angenommene 
lautwandel  von  i  in  a  in  den  Wörtern  aä^tQnv  und  aütsg.  Am 
wahrscheinlichsten  bleibt  mir  immer  noch  Curtius  auffassung  die- 
ser adverbien  als  Zusammensetzungen  mit  pronominalstamm  sa, 
trotz  Ascolis  bedenken.  Beiläufig  sei  bemerkt ,  daß  demgemäß 
attisches  TtjfiSQOv  sich  umgekehrt  zu  ionischem  cw^Mt^oj,  dorischem 
oufAeQov  etc.  verhält  wie  dorisches  toi,  juo  zu  attischem  ol,  ai. 
Ascoli  gegenüber  (Kuhns  Zeitschrift  XVII,  406),  der  bezweifelt, 

34* 


492  86.  Grammatik.  Nr.   10. 

daß  in  irgend  einem  griechischen  worte  ro ,  bezüglich  an  als 
reines  thema  für  die  komposition  verwendet  worden  sei,  möge 
auf  die  pronominalen  Zusammensetzungen  rtjXixog,  ntjliytog,  rjlixog, 
hingewiesen  sein,  deren  letzter  bestandtheil  von  i]li£,  tjXmia  doch 
unmöglich  getrennt  werden  kann.  —  Für  das  graeco  -  italische 
nimmt  Verfasser  meiner  ansieht  nach  mit  recht  weiche  aspiraten 
an,  ohne  dies  jedoch  näher  zu  begründen.  Da  Fick  überall  in 
seinem  graeco-italischen  wörterbuche  %  q>  &  schreibt,  also  harte 
aspiraten  anzunehmen  scheint ,  wäre  ein  wort  der  begründung 
und  auseinandersetzung  am  platze  gewesen.  —  Bei  dem  Über- 
gang von  o  in  spiritus  lenis  (p  107)  hätte  bemerkt  werden 
können ,  daß  die  Ursache  dazu  nicht  bloß  in  einer  aspirata  der 
nächsten  silbe ,  sondern  häufig  in  einer  entfernter  stehenden  zu 
suchen  ist,  so  vergleiche  man  sdeülov  und  tdaepoe  mit  edga. 
Ebenso  steht  es  z.  b.  noch  mit  u\o%og,  uHolovdog ,  ozotjog  etc. 
—  Trotz  Corssen  Beiträge  405  hält  Verfasser  auch  jetzt  noch 
die  entstehung  von  r  aus  n  in  germen,  Carmen  für  nicht  ganz 
unwahrscheinlich.  Schwerlich  wird  ihm  darin  jemand  folgen 
wollen.  —  Zu  dem  p.  137  behandelten  Wechsel  von  ß  und  ^ 
hätte  aus  Roschers  abhandlung  in  Curtius  Studien  III,  127 
schätzbares  material  gewonnen  werden  können.  —  Einen  ausfall 
von  (i.  sieht  Verfasser  in  infinitiven  wie  arJjrai  im  Verhältnis  zu 
arrjfiarai,  was  mir  für  das  griechische  als  lautlich  unmöglich  er- 
scheint. —  Bei  der  darstellung  des  j,  die  ich  übrigens  für  eine 
der  im  allgemeinen  gelungeneren  partien  halten  möchte ,  wird 
wieder  die  alte ,  schwerlich  haltbare  ansieht  der  entstehung  von 
m  in  verben  wie  xalinrco  aus  nj  vorgetragen.  Noch  weniger 
hätte  Ahrens  ansieht  der  entstehung  von  fiy  in  verben  wie  Ts'fiico 
aus  uj  wiederholt  werden  sollen. 

Bei  der  darstellung  der  vocale  ist  mir  nicht  klar  geworden, 
welcher  ansieht  von  den  indogermanischen  grundvokalen  verf. 
folgt.  Nimmt  er  mit  den  Junggrammatikern  eine  schon  in  die 
indogermanische  urzeit  zurückgehende  differenzierung  des  A-lautes 
nach  e  und  o  hin  an ,  oder  hält  er  mit  Curtius  und  Fick  diese 
Spaltung  für  etwas ,  was  sich  erst  allmählich  auf  europäischem 
boden  vollzieht?  Als  das  relativ  beste  aus  der  lehre  von  den 
einfachen  vokalen  möchte  ich  das  über  „das  ursprüngliche  iil  vorge- 
tragene bezeichnen.  Dagegen  ist  höchst  mangelhaft  die  ganze 
darstellung  der  diphthongen.     Hier  wäre  es  haupterfordernis  ge- 


Nr.    10.  86.  Grammatik.  493 

wesen,  dieselben  nach  der  art  ihrer  entstehung  zu  scheiden.  So 
ist  jedoch  nicht  einmal  ordentlich  unterschieden  zwischen  diph- 
thongen  mit  kurzem  und  solchen  mit  langem  ersten  vokal.  Denn 
unmittelbar  neben  dem  dorischen  dativ  ardla  steht  der  attische 
nom.  plur.  (fvijkui  (p.  296).  —  Bei  der  vokaltilgung  ist  p.  334 
für  formen  wie  ftspsfisv  abfall  von  ui  angenommen,  was  nicht  so 
unbedingt  sich  behaupten  läßt.  —  Nicht  in  den  sinn  will  mir 
der  ausfall  eines  t  in  bilduugen  wie  näzotj ,  qotjTQr/  (p.  339). 
Man  vergleiche  mit  letzterem  sanskritisches  bhrätra-m.  —  Der 
p  338  behandelte  abfall  auslautender  Stammvokale  wie  in 
ixäT£(j-ftf,  (fiXtätog  etc.  ist  wohl  begründet  in  der  abneigung 
gegen  häufung  kurzer  silben. 

Von  p.  342  an  werden  die  anlautenden  konsonantenverbin- 
dungen  besprochen.  Zweckmäßig  wäre  es  wohl  gewesen  mit 
den  lautgruppen  sie,  sp,  st  auch  gleich  die  verwandten  Tes,  ps,  M, 
pt,  qd  zu  behandeln ,  da  sich  dieselben  nicht  gut  von  einander 
trennen  lassen.  Uebrigens  ist  mir  auch  aus  Leo  Meyers  darstel- 
lung  dieser  anlautsgruppen  klar  geworden,  wie  recht  G.  Meyer 
hat,  wenn  er  in  seiner  griechischen  grammatik  erklärt,  daß  feste 
gesetze  für  die  erscheinungsformen  derselben  im  griechischen 
sich  nicht  finden  lassen.  —  Zu  p  349  sei  bemerkt,  daß  der 
rein  orthographische  Charakter  der  Verbindung  ad  ,  den  Meister 
Dialekte  I,  130  trefflich  nachweist,  vom  verf.  völlig  verkannt  ist. 

In  bezug  auf  die  inlautsgruppen ,  die  von  p.  377  an  be- 
handelt werden,  ist  zu  rügen,  daß  dieselben  gar  nicht  ihrem  Ur- 
sprünge nach  geschieden  sind.  So  ist  xx  in  Xüxxog  und  nixxog 
(dial.  für  fAi&Qof)  und  nn  in  innog,  xänneasv,  repperi,  weil  auf 
assimilation  beruhend ,  doch  ganz  verschieden  von  solchen  — 
etwa  onomatopoetischen?  —  xx  und  nn  ,  wie  es  in  xo'xxw?,  xi'x- 
xußog,  nunnog  etc.  vorliegt.  —  Aehnlicher  art  ist  wohl  die  von 
Fick,  Personennamen  p.  LIX,  erörterte  konsonantenverdoppelung 
in  griechischen  und  deutschen  kosenamen.  Für  das  lateinische 
hätte  hier  auch  Pauli's  gediegener  aufsatz  „Die  doppelte  tenuis 
im  lateinischen"  im  18.  bände  von  Kuhns  Zeitschrift  nutzbar 
gemacht  werden  sollen.  —  Ebenso  unzureichend  ist  das  von 
Leo  Meyer  über  die  lautverbindungen  *-f ,  nep,  t&  gesagte.  — 
Zu  p.  381  konnte  bei  xüßßaler  die  gut  beglaubigte  lesart  x«^- 
ßa)et>  wie  auch  kttfißdi  für  xaßßü±  (Pindar.  Nem.  6,  58)  mit  er- 
wähnt werden.     Diese    entwickelung    des    nasals   vor  dem  labial 


494  86    Grammatik.  Nr.    10. 

verdiente  überhaupt  einmal  eine  eingebende  Untersuchung.  Ei- 
niges material ,  das  aber  sehr  der  erweiterung  fähig  ist ,  habe 
ich  in  meiner  schrift  „Erscheinungen  der  dissimilation"  p.  12 
zusammengestellt.  —  Bei  erwähnung  der  seltenen  lautgruppe  oy 
(p.  401)  ist  das  allerdings  ganz  vereinzelt  vorkommende  liayü- 
qiov  übersehen,  während  wiederum  verf.  das  von  mir  bei  be- 
handlung  dieser  lautgruppe  übergangene  späte  verbum  altnysiv 
beibringt.  Es  giebt  übrigens  dasselbe  in  hinblick  auf  die  glossen 
bei  Hesychius  dXhaf  inctXilxpai  und  dXirsiv  "  nXsiqmv  eine  neue 
bestätigung  der  von  mir  im  anschluß  an  Johannes  Schmidt  auf- 
gestellten behauptung,  daß  oy  aus  ny.  erweicht  ist  unter  dem  ein- 
fluß  eines  vorausgegangenen  nasals.  —  Die  p.  406  für  das  Vor- 
handensein der  lautgruppe  va  citierte  form  nscpuvaai  beweist 
nichts ,  da  sie  gar  nicht  nachweisbar  ist.  Ueberhaupt  ist  der 
ganze  abschnitt  über  konsonantenverbindungen  mit  nasal  bei 
dem  verf.  besonders  mangelhaft ,  weil  er  sich  zu  wenig  die  ei- 
gentliche natur  der  nasale,  namentlich  ihr  Verhältnis  zu  den  vo- 
kalen, klar  macht.  Hierdurch  ist  es  auch  gekommen,  daß  er  zu 
der  längst  überwundenen  ansieht  wieder  zurückkehrt,  daß  in  for- 
men wie  787svxu7ct<  „«  geradezu  der  ersatz  für  den  alten  nasal" 
zu  sein  scheine. 

Manches  beachtenswerthe  bietet  der  abschnitt  „einwirkung 
ferner  stehender  consonanten  auf  einander"  (p.  516  ff.).  Doch 
sei  dazu  folgendes  bemerkt.  Daß  yXäyos  aus  uläyng  entstanden 
sei,  ist  wegen  yälu  nicht  glaublich.  Sollten  ylv^og  und  dulcis 
wirklich  auf  eine  urform  mit  anlautendem  d  zurückgehen ,  so 
würde  dieselbe  wohl  als  dluhu  (Fick  II3,  132  dulhv)  anzusetzen 
sein.  Dann  würde  sich  der  Übergang  von  d  zu  y  nicht  sowohl 
durch  das  h  der  zweiten  silbe  erklären,  als  vielmehr  durch  ein- 
wirkung des  nachfolgenden  l.  Es  würde  also  dann  derselbe 
lautwandel  vorliegen,  den  Osthoff  im  lateinischen  suffix  clo  aus 
tlo  etc.  annimmt.  —  Um  den  Wechsel  der  aspiraten  zu  veran- 
schaulichen (p.  520)  paßt  xnoäv  —  ai&oov  nicht  recht,  da  es 
unbestritten  fremdwort  ist.  Auch  xev&co  ist  schwerlich  mit  recht 
dorthin  gestellt.  —  Den  unechten  spiritus  asper  in  foui  (wurzel 
as)  aus  rj  '(xai  zu  entwickeln,  halte  ich  für  undenkbar.  Vielmehr 
hat  7]  gleich  dem  v  eine  gewisse  inhärierende  neigung  zur  starken 
aspiration,  man  vergleiche  fjyFOfiai  in  seinem  Verhältnis  zu  atga- 
tijyög  und  «703.     Bei  tjfiai  mag  außerdem  noch    anklang  an  s^co 


Nr.    10.  86.   Grammatik.  495 

von  wurzel  sad  mit  eingewirkt  haben.  —  Die  lehre  von  der 
kontraktion  ist  insofern  höchst  mangelhaft  dargestellt,  als  auf  die 
verschiedenen  gestaltungen  in  den  einzelnen  dialekten,  abgesehen 
vom  homerischen,  fast  gar  keine  rücksicht  genommen  ist.  —  Als 
dissimilationsbeispiel  von  vokalen  konnte  neben  qiitvg  von  wurzel 
bhu  auch  \pi&voo+   von  wurzel  spu  angeführt  werden. 

Soweit  in  bezug  auf  die  Lautlehre.  Noch  einige  bemerkun- 
gen  etymologischer  art  seien  hinzugefügt. 

P.  51  werden  griechisches  Xnroig  und  lateinisches  latro  mit 
einander  verglichen.  Ist  aber  letzteres  nicht  lehnwort  aus  er- 
sterem?  Umgekehrt  ist  das  p.  61  angeführte  erst  spät  vorkom- 
mende yäßn  nichts  weiter  als  lehnwort  aus  lateinischem  faba.  — 
P.  54  wird  suppeditare  als  Weiterbildung  von  suppetere  aufgefaßt 
mit  erweichung  von  t  zu  d.  Denkbar  wäre  es  ja  an  und  für 
sich ,  daß  ein  regelrechtes  iterativum  suppetitare  durch  Volksety- 
mologie an  pes  angelehnt  worden  wäre  und  so  die  lautgestaltung 
suppeditare  erhalten  hätte.  Doch  der  von  Corssen  (Beiträge  96) 
gegebene  hinweis  auf  das  simplex  pedare  macht  diese  ganze  com- 
bination  hinfällig  und  beweist ,  daß  wir  es  hier  mit  einem  ganz 
regelrecht  gebildeten  frequentativum  zu  thun  haben.  —  Anspre- 
chend ist  p.  55  die  Zusammenstellung  von  ye'ycopa  mit  yiyiomxco 
im  sinne  von  „ich  bin  erkenntlich,  vernehmlich".  —  Bedenklich 
ist  mir  dagegen  die  p.  57  aufgestellte  vergleichung  von  ayvvpn 
\mdvagus. —  P.  61  konnte  neben  lateinischem  betere  griechisches 
üftcpta-ßijTstr ,  vielleicht  auch  t,rjTslr  angeführt  werden.  —  Eine 
lateinische  form  daerima  (p.  65)  hat  wohl  nie  existiert ,  sondern 
nur  dacruma,  lacruma,  lacrima.  Ebendaselbst  hätte  der  Übergang 
von  d  zur  noch  durch  mehr  beispiele,  namentlich  auch  umbrische 
belegt  werden  können.  —  P.  66  wird  die  kombination  9sog  = 
dem,  die  man  doch  für  überwunden  halten  sollte,  von  neuem 
wiederholt.  Daß,  wie  p.  106  und  sonst  mehrfach  behauptet 
wird,  lateinisch  soror  und  griechisch  o«p  sich  entsprechen  sollen, 
will  mir  der  bedeutung  wegen  nicht  in  den  sinn.  Höchst  zwei- 
felhaft ist  mir  auch  aus  lautlichen  bedenken  die  Zusammenstel- 
lung von  rjimr  (für  tjatmv)  und  ora.  —  Originell,  aber  schwer- 
lich richtig  ist  die  p.  133  gegebene  vergleichung  von  ntyaoov 
und  deutschem  „gemach".  —  P.  180  wird  mgu  auf  Fwou  zu- 
rückgeführt. Mir  scheint  dagegen  Curtius  vergleich  mit  altbak- 
trisch  yäre,  althochdeutsch  jär  das  richtige  zu  treffen.  —  P.  254 


496  86.  Grammatik.  Nr.   10. 

wird  das  suffix  von  alludanög  mit  dem  von  propinquus  vergli- 
chen. Doch  wie  erklärt  sich  8?  Lautet  etwa  die  graeco- ita- 
lische form  des  Suffixes  jariko  ?  —  Sind  worte  wie  8ai>xo$,  ßav- 
xaXig,  xavxaltg  (p.  310)  und  ßtjovxog  (p.  319)  wirklich  zwei- 
fellos griechisch?  —  P.  329  wird  die  schon  in  der  ersten  auf- 
läge aufgestellte  vergleichung  von  griechisch  rtaaov  und  lateinisch 
secius  wiederholt,  der  auch  Fick  zustimmt.  Da  jedoch  setius  die 
unbestritten  bessere  Schreibung  ist,  und  eine  form  seetius  auch 
existiert  zu  haben  scheint,  so  ist  eine  unmittelbare  vergleichung 
ausgeschlossen,  höchstens  ließe  sich  Wurzelgemeinschaft  annehmen. 
Doch  bedarf  diese  ganze  frage  nochmaliger  Untersuchung ,  da 
auch  Corssens  aufstellungen  nicht  recht  befriedigen.  Vielleicht 
hat  verf.  insofern  recht,  als  er  setius  und  das  synonyme  secus 
ganz  von  einander  trennen  will,  indem  er  letzteres  (p.  351)  zu 
griechisch  etiäg  (ursprüngl.  sve  -  has)  stellt.  Es  begegnen  sich 
dann  hier  die  bedeutungen  „fern"  und  „anders"  wie  in  sanskri- 
tisch apa,  apara,  griechisch  «770  und  yne^ontveiv.  —  Beachtens- 
werth  ist  die  p.  350  gegebene  Zusammenstellung  von  §~tg  mit 
altirisch  sron  ,,nase".  —  Die  p.  407  aufgestellte  gleichsetzung 
von  lateinisch  insula  mit  griechisch  'ivitXog  ist  für  den  ersten 
augenblick  bestechend.  Aber  sie  scheitert  daran,  daß  lateinisch 
sal,  abgesehen  von  dichterstellen,  wo,  wie  bei  Vergil,  offenbar 
anlehnung  an  griechische  Vorbilder  stattfindet,  nicht  wie  grie- 
chisch alg  die  bedeutung  von  „meer"  hat.  —  Die  p.  490  gege- 
bene zurückführung  von  na&fxa  auf  wurzel  an  ist  beachtenswerth 
und  hat  lautlich  und  begrifflich  ebensoviel  für  sich  wie  die  zu- 
rückführung auf  wurzel  av.  —  Mit  recht  ist  p.  524  bemerkt, 
daß  der  dissimilationstrieb  zuweilen  lautschützend  wirkt,  so  in 
lateinisch  miser  neben  tnaereo. 

Höchst  störend  und  die  benutzung  des  buches  erschwerend 
ist  die  geringe  Übersichtlichkeit,  die  bei  der  massenhaftigkeit 
des  gebotenen  materials  doppelt  wünschenswerth  gewesen  wäre. 
Ebenso  verdient  einen  entschiedenen  tadel  die  letzte  redactioü 
des  werkes.  Denn  es  ist  unglaublich,  wie  viele  störende  Wieder- 
holungen man  mit  in  kauf  nehmen  muß.  Nur  einige  der  stärk- 
sten stellen  dieser  art  seien  hervorgehoben.  So  ist  p.  72  über 
haurire  genau  dasselbe  gesagt,  was  schon  p.  67  steht.  —  P.  120 
hätte  für  den  ursprünglichen  anlaut  sn  ein  hinweis  auf  p.  100 
genügt.  —     Auf  p.  311  wird    zu    urere  zweimal  die  parenthese 


Nr.   10.  87.   Lexicographie.  497 

„wohl  aus  eusere"  hinzugefügt.  —  P.  365  wird  xXm&it  zweimal 
für  ein  und  dieselbe  sache  angeführt ,  nur  durch  den  Zwischen- 
raum von  zwei  Zeilen  getrennt.  —  Auf  p.  549  wird  über  tiqiv 
zweimal  in  einer  sich  geradezu  widersprechenden  weise  gehan- 
delt. —  Doch  genug  dieser  art  von  ausstellungen,  die  sich  ohne 
mühe  vermehren  ließen.  Constantin  Angermann. 

87.  Supplementum  lexicorum  latinorum  scripsit  C.  P  aucker, 
fasc.  I — IV  (abactio  —  inebriatio).  Berolini  1883 — 1884,  apud 
S.  Calvary  eiusque  socium.      8.      12  mk. 

Wie  die  vorausgeschickte  notiz  des  Verlegers  angibt ,  soll 
das  werk  die  resultate  der  gesammten  literarischen  thätigkeit  des 
Verfassers  enthalten  und ,  durch  beträchtliche  zusätze  vermehrt, 
die  von  demselben  in  mehr  als  20  größeren  und  kleineren  Schriften 
zerstreut  gegebenen  beitrage  zur  lateinischen  lexikographie  um- 
fassen. Ein  derartiges  zusammenfassendes  werk  war  in  der  that 
dringend  geboten.  Da  die  zum  theil  höchst  werthvollen  berei- 
cherungen  des  lateinischen  Wörterbuchs,  die  der  emsige  Verfasser 
seit  einer  reihe  von  jähren  hatte  erscheinen  lassen,  in  Zeitschriften 
und  einer  großen  anzahl  mit  allen  möglichen  titeln  versehener 
werke  sich  zerstreut  finden ,  so  ist  dadurch  die  Übersicht  unge- 
mein erschwert,  zumal  ein  einzelnes  wort  oft  mehrmals  an  ganz 
verschiedenen  stellen  behandelt  ist.  Dazu  kommt ,  daß  manche 
der  Pauckerschen  arbeiten  auf  dem  wege  des  buchhandels  oft 
nur  schwer  zu  erreichen  ist.  Leider  ist  es  aber  Paucker  nicht 
vergönnt  gewesen ,  dies  zusammenfassende  werk  seinerseits  zum 
abschluß  zu  bringen.  Er  starb  am  7.  august  1883  nach  fertig  - 
stellung  des  dritten  heftes.  Doch  wird,  wie  der  Verleger  mit- 
theilt, der  druck  der  noch  übrigen  lieferungen  von  berufener 
hand  revidiert  werden. 

Durch  die  arbeiten  Pauckers  sind  bekanntlich  in  erster 
linie  eine  reihe  bisher  ziemlich  unbeachteter  spätlateinischer  au- 
toren  für  die  zwecke  des  lateinischen  Wörterbuchs  ausgebeutet 
worden ;  einzelne  Schriftsteller ,  wie  z.  b.  Hieronymus ,  sind  mit 
einer  gewissen  Vorliebe  behandelt.  Unser  Supplementum  enthält 
also  eine  stattliche  anzahl  von  Wörtern ,  die  bis  jetzt  noch  in 
sämmtlichen  lateinischen  lexicis  fehlen,  auch  in  der  neuesten  auf- 
läge von  Georges'  Wörterbuch,  wenngleich  in  letzterem  von  den 
Pauckerschen    forschungen   soviel    aufgenommen    ist   als  sich  mit 


498  87.  Lexicographie.  Nr.    10. 

dem  begriff  eines  Handwörterbuches  vereinigen  läßt.  Andere 
artikel  des  supplementum  geben  neue  belege  zu  bisher  schon  be- 
kannten ,  aber  seltenen  oder  in  anderer  bedeutung  nachgewie- 
senen Wörtern.  So  wird  denn  diese  zusammenfassende  darle- 
gung  der  resultate  von  Pauckers  thätigkeit  berufen  sein  in  emi- 
nenter weise  mitzuwirken  bei  der  Herstellung  des  eben  in  so 
großartiger  weise  geplanten  Thesaurus  Unguae  latinae.  Freilich 
so  weite  grenzen  sich  letzterer  gesteckt  hat,  wird  er  nicht  alles 
verwenden  dürfen,  was  ihm  das  supplementum  bietet.  Denn  hier 
sind  auch  entschieden  mittelalterliche  Schriften  ausgezogen ,  wie 
z.  b.  der  libellus  de  Constantino  magno  (ed.  Heydenreich)  wohl 
nicht  vor  das   12.  Jahrhundert  zu  setzen  ist. 

In  der  regel  sind  die  einzelnen  artikel  ohne  jede  weitere 
zuthat  mit  mehr  oder  weniger  genauer  Stellenangabe  angeführt. 
Daß  letztere  bei  einzelnen  Wörtern  ganz  weggefallen  und  dafür 
eine  Verweisung  auf  die  früher  erschienenen  Pauckerschen 
Schriften,  die  meletemata,  subindenda  und  wie  sie  alle  heißen  mö- 
gen, eingetreten  ist,  kann  nicht  gebilligt  werden.  Von  seiner 
gewöhnlichen  rein  registrierenden  art  weicht  der  Verfasser  einige 
male  ab,  um  im  anschluß  an  ein  einzelnes  wort  Sammlungen  zu 
geben ,  wie  sie  ihm  gerade  zur  hand  sind.  So  erhalten  wir  zu 
crudaster  p.  154  f.  ein  vollständiges  Verzeichnis  der  mit  -aster 
und  -astrum  gebildeten  Wörter,  zu  famidus  p.  276  ff.  ein  register 
von  188  adjektiven  auf  idus.  Deciformis  p.  164  gibt  veranlas- 
sung zur  aufzählung  der  composita  mit  -formis ,  wie  sich  ande- 
rerseits an  flammipotens  p  288  ein  register  nicht  nur  der  mit  potens, 
sondern  überhaupt  mit  participium  präsentis  gebildeten  Wörter 
anreiht.  Dienen  die  eben  erwähnten  Sammlungen  der  wortbil- 
dungslehre,  so  kommen  andere  wie  aspargo  =  aspergo  p.  128  f. 
der  lautlehre  zu  gut ,  wieder  andere  der  formenlehre ,  wie  die 
p.  239  gegebenen  belege  für  den  vulgären  übertritt  aus  der 
dritten  deklination  in  die  leichter  zu  handhabende  erste  (ephe- 
merida  =  ephemeris).  Auch  die  syntax  geht  nicht  leer  aus  I 
man  sehe  nur  die  zahlreichen  beispiele  für  die  Verwendung  von 
alteruter  als  reciprocum  p.  23  oder  die  Zusammenstellung  der  in 
passivem  sinn  verwandten  particip.  praes.  p.  254  (amantissimm 
=  amatissimus).  Nach  einer  andern  seite  hin  nützlich  ist  die 
anführung  der  bei  Arnobius  wieder  auftretenden  verba  Lucretiana 
p.  261   (im  anschluß  an  exos)}    wieder   nach    einer    anderen  das 


Nr.    10  88.   Epigraphik.  499 

vollständige  Verzeichnis  der  von  De  Vit  bereits  aufgenommenen, 
bei  Georges  dagegen  noch  fehlenden  artikel  (p.   168  ff.). 

Bei  der  großen  fülle  des  neuen,  das  hier  geboten  wird,  will 
es  selbstverständlich  wenig  heißen,  wenn  sich  zu  dem  einen  oder 
anderen  artikel,  zu  der  und  jener  konstruktion  oder  Wortbedeu- 
tung noch  weitere  belege  fügen  lassen.  Ich  unterlasse  dies 
darum  an  diesem  ort  und  bemerke  nur  noch  ,  daß  es  nunmehr 
sache  anderer  sein  wird ,  das  von  Paucker  mit  so  vielem  fleiß 
gelieferte  material  für  die  geschichte  der  lateinischen  spräche  zu 
verwerthen.  Die  Schlüsse,  die  sich  hier  ziehen  lassen,  sind  ebenso 
mannigfaltig  als  interessant  Schon  eine  flüchtige  durchsieht 
zeigt  uns,  daß  eine  ganze  anzahl  der  aufgeführten  Wörter  zuerst 
bei  Afrikanern  auftritt.  Weiter  weist  z.  b.  die  Umschrei- 
bung des  konjunktivs  durch  debere  p.  161  bei  Gregor  dem  großen 
(Ep.  1,  44  praeeipimus ,  ut  debeant  aeeipi  =  aeeipiantur)  auf  die 
auflösung  der  lateinischen  formen  im  Übergang  zum  romanischen. 
Wer  harpagare  außer  mit  Plautus  nur  noch  mit  einer  stelle  bei 
Victor  von  Vita  belegt  findet,  zieht  sofort  einen  Schluß  auf  das 
stetige  fortleben  des  wortes  in  der  römischen  Volkssprache ;  denn 
von  einem  bewußten  archaisieren  kann  selbstverständlich  bei 
dem  afrikanischen  kirchenhistoriker  keine  rede  sein.  In  flectura 
p.  289  habe  ich  selber  zu  nectura  und  plectura  (vgl.  Wölfflins 
Archiv  I,  p.    68  ff.)  das  längst  gesuchte  analogon  gefunden. 

Ph.   Thielmann. 

88.  Chronicon  Parium  recensuit  et  praefatus  est  Io- 
annes  Flach.  Accedunt  appendix  chronicorum  reliquias  con- 
tinens  et  marmoris  speeimen  partim  ex  Seldeni  apographo,  partim 
ex  Maassii  ectypo  descriptum.  Tubingae ,  Fr.  Fues  1884.  8. 
XVn  und  44  p.     2  mk.   40  pf. 

89.  E.  Dopp,  quaestiones  de  marmore  Pario.  Diss.  inaug. 
Eostochiensis.     Vratislaviae,  Köbner   1883.      8.      63   p. 

Nicht  ohne  grund  sind  beide  schritten  hier  zusammengestellt. 
Denn  es  soll  damit  angedeutet  werden,  daß  am  zweckmäßigsten 
beide  arbeiten  eine  einzige  gebildet  hätten.  Eine  neue  bearbei- 
tung  der  parischen  marmorchronik  war  nicht  nur  im  interesse 
der  Wissenschaft  geboten ,  sondern  es  fehlte  bis  jetzt  an  einer 
leicht  zugänglichen  ausgäbe  dieses  für  den  philologen  und  hi- 
ßtoriker   gleich    wichtigen    werkes.     Aber   eine    genaue  und  tief 


500  88.  Epigraphik.  Nr.    10. 

eindringende  erörterung  der  hierher  gehörigen  Streitfragen  war 
nicht  minder  erforderlich.  Eine  solche  zu  unternehmen  war  nach 
der  dissertation  Dopps  nicht  schwierig,  und  Flach  hat  nicht  gut 
daran  gethan,  einfach  die  resultate  Dopps  zu  recipieren.  Denn 
in  den  Untersuchungen  des  letztern,  welche  allerdings  mit  Sorg- 
falt angestellt  sind ,  ist  nicht  alles  zum  ahschluß  gebracht.  So 
hat  Dopp  die  frage  nach  dem  zweck  des  monuments  nur  ge- 
streift. Er  verwirft  die  landläufige  ansieht,  daß  dasselbe  schul- 
zwecken gedient  habe,  aber  er  bringt  keine  andere  ansprechen- 
dere vermuthung  vor.  Gerade  der  zweck ,  welchem  das  monu- 
ment  gedient  hat,  ist  nicht  ohne  Wichtigkeit  für  die  beurtheilung 
desselben.  Denn  wenn  es  in  der  that  für  schulzwecke  verfaßt 
war ,  so  müssen  auf  demselben  die  allgemein  anerkannten  und 
zur  zeit  der  abfassung  gültigen  chronologischen  ansätze  gegeben 
sein.  Es  werden  die  wissenschaftlichen  controversen ,  deren  es 
damals  sicherlich  auch  schon  viele  gab  ,  bei  seite  gelassen  sein. 
Daß  man  nun  für  schulzwecke  derartige  monumente  gebrauchte, 
scheint  seit  dem  bekanntwerden  einer  ähnlichen  geschichtstabelle 
aus  der  römischen  zeit  16  n.  Chr.  (Henzen  im  Rhein,  mus.  n.  f. 
IX,  161 — 178)  nicht  zweifelhaft  zu  sein.  Die  neuste  behand- 
lung  dieser  inschrift  in  Jahn  -  Michaelis  Bilderchroniken  scheint 
Flach  übersehen  zu  haben. 

In  längerer  auseinandersetzung  hat  Dopp  erwiesen ,  daß 
Phanias  von  Eresos,  wie  Böckh  im  C.  I.  Gr  II,  p.  405  annahm, 
nicht  die  quelle  der  marmorchronik  ist.  Flach  hat  ohne  zweifei 
mit  recht  diese  ansieht  adoptiert,  aber  ohne  den  quellen  der 
chronik  weiter  nachzugehen.  In  der  weise,  wie  Dopp  die  quel- 
lenuntersuchung  vorgenommen  hat,  wird  nicht  weiter  zu  kommen 
sein.  Nicht  der  übereinstimmende  Wortlaut,  sondern  das  gleiche 
chronologische  System  ist  entscheidend.  In  den  sogenannten 
grundjahren  stimmt  die  chronik  weder  mit  Eusebius ,  noch  mit 
Eratosthenes,  noch  mit  andern,  wie  Flach  p.  VIII  ff.  gezeigt  hat. 
Wenn  er  hier  von  einem  chronicon  Velleii  redet,  so  ist  das  falsch 
und  kann  leicht  zu  irrthümern  verleiten.  Das  auf  p.  44  zusam- 
mengestellte ist  ein  von  Flach  gemachter  auszug  aus  den  histo- 
riae  des  Velleius.  Das  in  dem  appendix  von  Flach  p.  39  ff. 
vereinigte  ist  in  seiner  unvollständigkeit  ganz  zwecklos.  Es 
hätte  nur  das  schwer  zugängliche  chronicon  Romanum  wiederge- 
geben werden  sollen. 


Nr.   10.  88.  Epigraphik.  501 

Die  chronologischen  Studien  theilt  Dopp  p.  1 1  ff.  richtig  in 
vier  epochen.  Africanus ,  auf  dem  Eusebius  und  unsere  ganze 
heutige  rechnung  fußt,  gehört  der  vierten  an,  aber  die  marmor- 
chronik  stammt  aus  der  zweiten  ,  d.  i.  alexandrinischen  periode. 
Daß  die  letztere  nun  aber  nicht  die  aristotelische  lehre  bietet, 
hat  Dopp  mit  recht  betont.  Zu  bedauern  ist  es,  daß  der  letzte 
theil  der  chronik  nicht  erhalten  ist.  Aus  der  erwähnung ,  resp. 
nichterwähnung  der  dem  Chronisten  zeitgenössischen  gelehrten  hätte 
sich  vielleicht  ein  schluß  ergeben,  wie  der  Verfasser  sich  zu  sei- 
nen Zeitgenossen  gestellt  hat.  Bei  der  anfertigung  seines  werkes 
wird  er  nicht  viele  quellen  herbeigezogen  haben ,  sondern  sich 
nach  art  der  mittelalterlichen  geschichtsschreiber  an  qine  aus- 
schließlich gehalten  haben. 

Die  epochezahl  der  marmorchronik  ist  vielfach  ein  gegen- 
ständ der  Untersuchung  gewesen,  aber  alle  aufstellungen  erschie- 
nen wenig  befriedigend.  Böckhs  annahmen  von  vier  verschie- 
denen ansätzen  (A.  B.  C.  D)  schien  mir  bei  einer  berührung 
dieser  frage  (Philol.  suppl.-bd.  V,  1,  p.  111)  doch  nicht  möglich, 
und  ich  stützte  mich  ausschließlich  auf  Ideler  (Chronologie  I,  382). 
Nun  bin  ich  eines  besseren  belehrt.  Daß  die  chronik  in  zwei 
theile  betreffs  der  epochezahl  zu  zerlegen  ist ,  war  schon  früher 
bekannt.  Aber  Alfred  v.  Gutschmids  weitergehende  ansieht  bei 
Flach  p.  XVI,  2  wird  jedem  richtig  erscheinen.  Derselbe  sagt: 
Ol.  129,  1  cui  Eusebii  chronicon  Latinum  Zenonis  mortem  assignat, 
non  genuinae  olympiadis  nota  est,  quemaclmodum  Rohdius  reliquique, 
qui  ab  eo  pendent,  opinati  sunt,  sed  pseudolympiadis  Hieronymianae, 
nee  annus  1753  Äbrdhami,  qui  ei  respondet,  annus  est  olympiadicus 
264  j 3,  sed  263  j 2.  Expressum  vero  eiusmodi  testimonium  magis  apud 
me  valet  quam  virorum  doctorum  calculi  quantumvis  speciosi,  quorum 
elementa  utrum  annum  vertentem  exeludant  an  includant,  satis  certe 
sciri  nequit ;  ut  hoc  si  factum  est,  ratio  constabit,  etiamsi  intervallum 
32  annovum  inter  mortem  Zenonis  et  Cleanthis  rede  restitutum  est. 
Iam  si  annus  263/2  est  Arrhenidis ,  Diogneto  relinquitur  264/3. 
Itaque  marmoris  auetor  in  priore  chronici  parte  annum,  in  quem  de- 
sinit,  includit ,  in  posteriore  exeludit.  Auch  Dopp  ist  der  ansieht, 
daß  die  chronik  in  zwei  partien  zerfalle ,  für  die  eine  verschie- 
dene epochezahl  anzunehmen  sei.  Er  setzt  das  archontat  des 
Diognetus  263/2  v.  Chr.  Die  chronik  sei  verfaßt  in  den  jäh- 
ren 264/3 — 263/2.     Daraus   sei  die  verschiedene    epochezahl  zu 


502  89.  Epigraphik.  Nr.   10. 

erklären.  Die  dem  entgegenstehenden  angaben  der  ep.  35.  38. 
41.  55  hat  er  rectificiert  und  gezeigt,  daß  auch  an  diesen  stel- 
len dieselbe  epochezahl ,  wie  in  den  ihnen  vorhergehenden  epo- 
chen  zu  gründe  gelegt  sei.  Betreffs  der  behandlang  der  ep.  38 
kann  ich  Dopp  nicht  in  allen  punkten  beistimmen.  Er  will  als 
epochezahl  lesen:  HfJH/t[JJ^\IJI,  während  Boeckh  nach  Henri 
Dodwell,  was  Flach  p.  19  zu  bemerken  unterlassen  hat, 
HHH/1[r]l/l  xiu&  Changier  HHHJ[4]I1  lesen.  Wenn  ich  auch 
dieser  conjectur  beistimme ,  so  bin  ich  doch  der  ansieht ,  daß 
Dopp  nicht  mit  besonderm  glück  zur  begründung  die  scholien 
des  Pindar ,  sowie  Paus.  X,  7,  3  herbeigezogen  hat.  Es  liegt 
eben  bei  diesen  eine  andere  tradition,  wie  in  der  marmorchronik, 
vor.  Der  sechsjährige  Zwischenraum ,  von  welchem  die  scholia- 
sten  A  und  B  (Pindar  ed.  Boeckh  II,  1,  p.  298)  berichten,  ist 
durch  diese  conjectur  auch  nicht  geschaffen,  vielmehr  unmöglich. 
In  das  System  der  marmorchronik  paßt  auch  nicht  die  zehnjäh- 
rige dauer  des  heiligen  krieges  hinein ;  aber  diese  ist  nicht  nach 
analogie  des  spätem  dritten  heiligen  krieges  gebildet,  vgl.  Phi- 
lolog.  suppl.-bd.  V,  p.  108,  13.  Ob  nun  Dopp  mit  recht  für 
die  richtigkeit  seiner  conjectur  anführt,  daß  der  neubeginn  der 
pythischen  spiele  in  d  a  s  jähr  falle,  in  welchem  Thaies  die  son- 
nenfinsterniß  voraussagte,  und  daß  diese  nach  Hansen  in  ol.«48,  3 
gehöre,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden. 

Ueber  Dopps  Untersuchungen  hinaus  bietet  die  ausgäbe  von 
Flach  wenig  neues.  Als  gute  empfehlung  für  dieselben  können 
die  höchst  werthvollen  notizen  gelten ,  welche  A.  v.  Gutschmid 
dieser  arbeit  hat  zu  theil  werden  lassen.  Sie  erwecken  das  be-' 
dauern,  daß  der  bedeutende  Chronologe  nicht  selbst  diese  aus- 
gäbe veranstaltet  hat.  Alsdann  wären  auch  wohl  nicht  angaben 
unterblieben,  welche  wir  bei  Flach  vermissen.  Daß  über  die 
form  der  buchstaben  keine  angaben  gemacht  sind ,  muß  um  so 
mehr  befremden ,  da  die  beiden  hinzugefügten  tafeln  einen  ver- 
schiedenen schriftcharakter  zeigen.  Dies  beruht  darauf,  daß  bei 
tafel  1,  wo  das  original  nicht  mehr  zugänglich  ist,  Seldens  aus- 
gäbe ,  bei  tafel  2  dagegen  Dopps  abschrift  benutzt  ist.  Nun 
hat  der  erstere  den  Charakter  der  buchstaben  mit  typen  nur  an- 
nähernd wiedergeben  können,  der  letztere  dagegen  hat  nach  ei- 
nem ihm  vorliegenden  papierab klatsch  die  buchstabenformen 
abzuzeichnen  gesucht.     Es    fehlen    ferner  genauere  maßangaben. 


Nr.   10.  90.  Hesiodos.  503 

Die  auf  tafel  2  stehende  notiz  ist  für  den  ein  buch  mit  sieben 
siegeln,  welcher  dazu  nicht  Dopp  p.  2  vergleicht.  Namentlich 
die  kenntniß  der  große  und  breite  der  buchstaben  ist  nicht  un- 
wichtig für  die  ergänzung.  Nicht  ohne  nutzen  wäre  es  außer- 
dem gewesen,  die  glaubwürdigkeit  der  angaben  Seldens  und  an- 
derer ,  die  den  stein  gesehen ,  zu  prüfen ,  und  damit  wäre  erst 
die  kritische  grundlage  gegeben.  Heute  ist  nur  noch  z.  46  —  91 
erhalten ,  und  auch  hier  ist  jetzt  noch  bedeutend  weniger  als 
früher  zu  lesen. 

Flachs  ausgäbe  hat  die  arbeiten  seiner  Vorgänger  nicht 
überflüssig  gemacht,  vielmehr  wird  man  nach  wie  vor  gezwungen 
sein,  auf  grundlage  der  arbeiten  Boeckhs  und  Müllers  zu  ar- 
beiten. Der  werth  der  unter  den  text  des  marmors  gesetzten 
adnotationes,  in  denen  mit  ziemlicher  Vollständigkeit  alles  zusam- 
mengestellt wird ,  was  an  conjecturen  zur  besserung  des  textes 
geleistet  ist,  steigt  dadurch,  daß  in  denselben  sich  viele  bemer- 
kuugen  A.  v.  Gutschmid's  finden. 

Hugo  Landwehr. 


90.  Die  zusätze  zu  dem  probmium  der  Hesiodischen  Theo- 
gonie  (vers  36  — 115).  Von  dr.  G.  Ellger,  Oberlehrer.  Pro- 
gramm des  Sophien  -  gymnasiums.  Ostern  1883.  Berlin  1883, 
R.  Gärtners  Verlagsbuchhandlung.      4.      20  p. 

Ausgehend  von  seiner  dissertation  (Berlin  1871),  nach  wel- 
cher v.  1 — 4,  9 — 10,  22 — 24,  26 — 35  das  echte,  hesiodeische 
proömium  der  Theogonie  bilden  sollen,  macht  Ellger  nunmehr  den 
übrigen  theil  des  proömiums  zum  gegenstände  eingehender  be- 
sprechung.  Man  wird  dieser  Untersuchung  besonnenheit  und 
methode  nicht  absprechen ,  selbst  wenn  man  den  resultaten  der- 
selben, wie  das  bei  dem  ref.  der  fall  ist,  nicht  in  allen  stücken 
beistimmt. 

Daß  zunächst  v.  36 — 74  zu  dem  zwecke  eingeschoben  sind, 
um  den  musen  ihrem  wünsche  gemäß  ein  ausführlicheres  loblied 
zu  widmen ,  als  ihnen  bisher  zu  theil  geworden  war ,  ist  eine 
auch  von  mir  getheilte  ansieht.  Nicht  minder  bin  ich  mit  Ellger 
darüber  einverstanden ,  daß  v.  63 — 67  nicht  von  demselben 
dichter  herrühren,  welcher  v.  36  —  74  gedichtet  hat:  auch  der 
übergangsvers  v.  63   verräth   die  betreffende  partie  als  einschiebsei, 


504  90.  Hesiodos.  Nr.   10. 

und  es  wäre  wohl  möglich,  daß  vor  der  einschiebung  der  frag- 
lichen verse  der  anfang  von  68  anders  als  jetzt  (etwa  ev&ev 
i'aav)  gelautet  hätte.  Was  dann  aber  die  übrigen  vom  verf.  in 
diesem  stücke  angenommenen  interpolationen  anbetrifft,  so  ist 
nach  meiner  meinung  nur  v.  48  mit  Sicherheit  auszuscheiden, 
während  sich  v.  46  vertheidigen  läßt.  Die  vom  verf.  (p.  5) 
über  die  disposition  von  44—52  ausgesprochene  ansieht  ist  die 
einzig  richtige :  avrig  50  entspricht  dem  ngärov  44  geradeso 
wie  im  hymnus  auf  den  Delischen  Apollo  v.  158  ff.  Dagegen 
ist  über  v.  58.  59  anders  zu  urtheilen:  die  formelhaften  verse 
passen  r  152  f .  =  w  141  f.:  aQg  zglstsg  (xiv  k'Xq&ov  «you  y.cu 
snsi&ov  Affftioig'  AW  öts  riigaror  qX&sv  srog  xal  snr\Xvdov 
(üqui  Mtjvmv  qidivovrav ,  mg}  Ö'  ^fiura  nöXX'  iTsXs'a&i],  Kai  tnis 
drj  .  .  .  sehr  gut  zusammen,  weniger  gut  x  469  f.:  ' A)X  ots 
di]  q  sviavtog  sqp,  nsgl  61  stganov  mgai.  Mijvtäv  cp&ivövtmv  .  .  . 
Hier,  sowie  co  142,  fehlt  der  zweite  vers  in  den  besten  hand- 
schriften  und  ist  darum  von  La  Eoche  ausgeschieden  worden : 
so  gebe  ich  denn  diesen  vers ,  der  gerade  am  meisten  dazu 
beiträgt,  daß  man  den  eindruck  bekommt,  als  sei  „ein  volles  jähr" 
gemeint,  was,  wie  der  vert.  sagt,  „dem  naturgesetz  widerspreche", 
auch  in  der  Theogonie  gern  preis,  nicht  aber  v.  58.  Verf.  faßt 
offenbar  die  bedeutung  von  ivutvtv,^  zu  eng.  Ganz  dasselbe 
„naturgesetz"  würde  auch  X  248  f.  verletzt  sein ,  wo  Poseidon 
der  Tyro  verspricht,  „nachdem  er  die  werke  der  liebe  vollen- 
det": Xaigs  ,  yvvai,  qnXörijri  '  n  eQ  i  n  X  o  ja  sv  o  v  ö'  sviavrov 
T  i  <;  £  t  g  ay  X  a  a    r  £y.v  « . 

Was  dann  weiter  die  verse  75 — 79  betrifft,  so  hat  der 
verf.  meines  erachtens  den  beweis  nicht  erbracht,  daß  die  partie 
von  demjenigen  herrühren  müsse ,  der  die  einschiebung  von  v. 
53  —  74  vorgenommen  habe.  Mir  ist  immer  das  wahrscheinlichste 
gewesen,  daß  der  rhapsode,  der  v.  36 — 74  —  etwa  mit  benu- 
tzung  älterer  hymnenpoesie  —  hieher  gesetzt  hat,  mit  hinzufü- 
gung einer  gewöhnlichen  übergangsformel,  wie  sie  beispielsweise 
v.  104  (=  Hymnus  X,  5)  enthält,  unmittelbar  zur  hesiodeischen 
Theogonie  überleiten  wollte.  Unter  gesang  und  tanz  ziehen  die 
musen  ein  in  das  haus  ihres  vaters,  der  nach  bezwingung  des 
Kronos  gewaltig  im  himmel  herrscht  und  den  anderen  olympi- 
schen göttern  die  ehren  zugetheilt  hat,  die  sie  besitzen.  Eben 
das  legte  nach  der  anschauung  jener  verse  die  Theogonie  dar,  wie 


Nr.  10.  90.  Hesiodos.  505 

die  jetzt  bestehende  Ordnung  der  dinge  allmählich  entstanden 
sei :  nach  mancherlei  Wechsel  und  wandel  kommt  Zeus  zur  un- 
bestrittenen Weltherrschaft ,  mit  hinweis  auf  dessen  Ordnungen 
dieser  dichter,  dem  grundsatze  huldigend  a  Iove  principium,  sein 
proömium  abschließen  wollte.  So  erweist  sich  auch  die  conjektur 
i(.ti3uoi).evtv  statt  e/.tßu6ilei>ei  71  (Ellger  p.  8)  als  überflüssig. 
Ganz  hinfällig  ist  die  höchst  eigenthümliche  argumentation  Ell- 
gers ,  der  wir  auf  p.  9  begegnen  ,  wonach  v.  74 ,  statt  auf  alle 
götter,  nur  auf  die  Musen  gehen  soll,  deren  zug  zu  ihrem  vater 
,,nur  dann  einen  sinn"  haben  soll,  „wenn  sie  reiche  gaben  von 
ihm  erhoffen  durften"  !  In  der  spräche  dieser  partie  ist  gerade 
zuletzt  eine  bewußte  anlehnung  an  die  Theogonie  nicht  zu  ver- 
kennen; man  vergl.  mit  v.  72  v.  504  (707  =  854),  mit  v.  73 
v.  437,  mit  v.   74  v.   885. 

Im  folgenden  hat  der  compositor  die  namen  der  Musen 
wahrscheinlich  vorgefunden:  wenn  er  sie  anbrachte,  so  meinte 
er  damit  ganz  im  hesiodeischen  charakter  (Haiodetog  y.ar  öro[j.a 
%atjux7fi{>)  zu  handeln.  Sein  füllstück  (75 — 80)  bestimmte  er 
dazu,  um  dem  Musenhymnus,  der  von  v.  81  an  folgt,  einen 
anschluß  zu  verschaffen 1).  Diesen  wieder  selbst  aus  zwei ,  ur- 
sprünglich nicht  mit  einander  verbundenen  theilen  bestehenden 
lobgesang  auf  die  Musen  (vgl.  Ellger  p.  15)  hat  dieser  sänger, 
scheint  mir,  in  der  absieht  angefügt,  um  das  lob  der  Musen  nach 
anderer  seite  zu  ergänzen:  war  früher,  außer  ihrer  geburt,  haupt- 
sächlich von  ihren  beziehungen  zu  den  göttern  gesprochen  wor- 
den, so  ist  jetzt  von  ihrem  verhältniß  zu  den  menschen  die  rede. 
Der  erste  theil  dieses  neuen  lobliedes  zeigt  eine  edle ,  warme 
spräche,  die,  wie  auch  verf.  p.  13  richtig  bemerkt,  an  Homer 
geschult  ist.  Insbesondere  finden  wir  eine  stelle  des  achten 
buches  der  Odyssee  benutzt  (tf  173  ff.).  Aber  noch  eine  andere 
reminiscenz  aus  diesem  gedichte  ist  nachweisbar.  Denn  ö  ö' 
daqaXtcog  uyogticor  Alxpü  xe  y.ai  fisya  reixog  sniazuusiiog  uz- 
inavasr  (86  f.)  klingt  nicht  nur  an  jene  stelle  der  Odyssee 
an,  wo  Penelope  die  abschiedsworte  ihres  gemahls  bei  seinem 
auszuge  nach  Troja  berichtet:  Ku)  yag  Toäüg  qaai  fxu^rjidg 
iftftBPtti   xrÖgag   .   .   .  Jln7imv   r'  (oxvnöüwi'  irtißtjTOgag ,    oi  xs  z  ä- 

1)  Ellger  legt  36  —  80  mit  ausnähme  der  erwähnten  interpolatio- 
nen  einem  Verfasser  bei  und  meint  (p.  15),  daß  81  —  93  „von  anfang 
an  bestimmt  gewesen  seien  den  text  von  80  fortzusetzen". 

Philol.    Anz.  XIV.  35 


506  90.  Hesiodos.  Nr.   10. 

%  i  o  i  u  "Exgivav  juey«  vsixog  ofxouov  nolsuow,  sondern  die 
vereinzelte,  wenn  auch  wohl  erklärbare  Verbindung  des  xs  mit 
dem  gnomischen  aorist 2) ,  das  wir  an  beiden  stellen  in  ganz 
demselben  Zusammenhang  finden ,  beweist,  weit  entfernt  „beden- 
ken zu  erregen"  (Ellger  p.  13),  vielmehr  geradezu  die  abhän- 
gigkeit  der  einen  stelle  von  der  anderen.  Eben  deshalb  habe 
ich  kein  bedenken  getragen  v.  87  das  verderbte  zs  aus  jener 
stelle  der  Odyssee  zu  berichtigen  und  freue  mich  Rzachs  billi- 
gung  gefunden  zu  haben.  Was  Ellger  dagegen  vorbringt,  spricht, 
wie  eben  bemerkt,  eher  für  mich:  denn  die  von  Nauck  a  264 
vorgenommene  Verwandlung  von  Ixqivölv  zu  xylveiav  kann  doch 
kaum  jemanden  für  sich  einnehmen.  Wer  in  aller  weit  würde 
einen  so  klaren  optativ  je  mit  dem  indicativ  vertauscht  haben ! 
Am  wenigsten  kann  ich  Ellgers  nhpä  ye  billigen.  Daß  der 
hauptton  nicht  auf  alxpu,  sondern  auf  dem  verbum  xarinavas. 
liegt,  will  ich  gar  nicht  hervorheben:  wohl  aber,  daß  alipd  y'i 
gar  keine  epische  Verbindung  ist,  während  doch  gerade  wörtchen 
wie  ys  und  xs  sich  gern  zu  festen  Verbindungen  mit  anderen 
Wörtern  vereinigen.  Wie  oft  läßt  sich  z.  b.  alipd  xe  und  alipd 
xs  xai  am  anfange  des  hexameters  und  sonst  nachweisen!3). 

Daß  die  abfassung  von  v.  81 — 93  durch  v.  80  veran- 
laßt sei  (Ellger  p.  15),  kann  ich  dem  verf.  gleichfalls  nicht  zu- 
geben :  Hiller  (Deutsche  litteratur-zeitung  1883  nr.  38,  p.  1318  f.) 
hat  ganz  recht,  wenn  er  meint,  daß  v.  81—93  einem  hymnus 
auf  die  Musen  entlehnt  seien.  Dies  stück  lag  dem  compositor 
vor ,  und  er  fand  eben  keinen  besseren  Übergang ,  um  es  anzu- 
bringen, als  v.  80,  —  einen  vers,  durch  welchen  er  lediglich 
die  enge  Zusammengehörigkeit  der  Muse  mit  den  königen  be- 
zeichnen wollte4),  nicht  aber,  daß  die  Muse  „die  könige  auf  ih- 
ren Unternehmungen  begleite,  dieselben  kennen  lerne  und 
von  ihnen  singen  könne"  (Ellger  p.  8).  Unglücklich  ist  weiterhin 
auch  der  gedanke  Ellgers,    daß  der  von  ihm  mit  recht  von  81 


2)  Aehnlich  und  instruktiv  für  den  bedeutungsübergang  ist  J 
420  f. :  Jhvov  cf'  k'ßga^t  %cdxog  inl  ßiq&eßaty  ävaxTog  'OQvvpivov .  vnö 
xtv  Tc<kctai(fQOpd  ntg  deog  tltev  „da  hat  wohl  auch  den  muthigen  furcht 
ergriffen". 

3)  Vgl.  Op.  45,  N  486,  P  159,  162,  /u  326,  v  147,  o  317,  q  315, 
540,  (T  385;  n  624,  |  131. 

4)  "H  yag  xai  ß ccciUvgiv  a/u''  ctldoioiaw  onqdti  entspricht  ganz  dem 
Schillerschen  worte  :  „drum  soll  der  sänger  mit  dem  könig  gehen". 


Nr.   10.  90.  Hesiodos.  507 

— 93  getrennte  folgende  abschnitt  94 — 103  von  seinem  Verfasser 
hinzugedichtet  sei,  um  gegen  den  vorhergehenden  abschnitt  „aus- 
drücklich Verwahrung  einzulegen".  Auch  dieser  zweite  theil 
handelt  von  den  „gaben  der  Musen"  und  schließt  darum  auch 
ähnlich  wie  der  erste  theil  (s.  93  und  103).  Es  ist  wiederum 
nur  ungeschicktheit,  daß  die  dioysvsig  ßaaiXtjsg  und  die  aoidoi, 
die  lieblinge  der  Musen  und  des  Apollo,  einander  so  schroff  ge- 
genüber gestellt  werden.  Der  zweck  der  gegenüberstellung  ist 
doch  nur ,  einen  Übergang  zu  gewinnen  zu  dem  theile ,  welcher 
die  Wirkungen  des  gesanges  preist5).  Ein  „agon"  (p.  17)  liegt 
dem  compositor  fern  und  würde  sich  für  ein  proömium  auch 
durchaus  nicht  schicken. 

Daß  der  Schluß  (wenigstens  von  v.  106  an)  nicht  zum  ur- 
sprünglichen proömium  der  Theogonie  gehört,  halte  ich  nach  Ell- 
gers ausführungen  für  ausgemacht,  auch  ist  die  ausstoßung  von 
109  und  110  gerechtfertigt  Ich  finde  in  diesem  Schlüsse  ver- 
schiedene versuche  zum  eigentlichen  anfange  überzugehen. 

Die  frage,  ob  Ellger  in  seiner  dissertation  das  echte, 
hesiodeische  proömium  im  einzelnen  richtig  bestimmt  habe,  fällt 
außerhalb  der  grenzen  dieser  anzeige.  Möglich  wäre,  daß  der 
dichter  der  Theogonie,  ebenso  wie  der  dichter  der  "Egya,  sein 
gedieht  ohne  vorgesang  begonnen  hätte ,  und  dies  um  so  mehr, 
wenn  beide  dichter  identisch  sind.  Aber  wer  den  eingang  für 
einen  theil  des  ursprünglichen ,  wenn  auch  immerhin  nicht  ei- 
gentlich von  Hesiod  verfaßten  proömiums  hält,  weil  hier  gerade 
die  helikonischen  Musen  gefeiert  werden,  auf  welche  in  v.  2 
in  form  der  sogenannten  homerischen  epexegese  noch  einmal 
ausdrücklich  hingewiesen  wird,  der  wird  hierin  doch  wohl  auch 
eine  wohlerwogene  absieht  des  Verfassers  finden  müssen.  Ich 
meine  also,  daß  wir  in  den  anfangsversen  ein  produkt  der  he- 
siodeischen  dichterschule  vor  uns  haben,  und  finde  es  darum 
nur  natürlich ,  wenn  auch  das  haupt  der  schule  ausdrücklich 
erwähnt  wurde.  Im  sechsten  Jahrhundert ,  über  welches  kein 
theil  des  proömiums  hinausweist  (Ellger  p.  20),  haben  wir  si- 
chere beispiele ,  daß  schriftsteiler  ihr  eigenthumsrecht  dadurch 
zu  wahren  suchen ,  daß  sie  ihren  namen  an  die  spitze  setzen. 
Denn  Hecataeus  begann  sein  geschichtswerk    nach  Demetr.    izegl 

5)  Ob  v.  97  gen  noi&rj  (vergl.  Scut.  396  und  die  lesart  Xriyovßai 
7'  ccoi&rjs  Theog.  48)  statt  atldy  zu  lesen  ist,  lasse  ich  dahin  gestellt. 

35* 


508  90.  Hesiodos.  Nr.   10. 

SQfirjtei'ag  2  und  12  mit  den  worten :  'Exatmog  Mrtrjaiog  a>Ös  \iv- 
öehai.  Die  ausdrückliche  erwähnung  Hesiods  könnte  in  ähn- 
licher absieht  erfolgt  sein.  Für  die  stammelnde  anrede  der  „be- 
redten" musen  will  ich  darum  nicht  eintreten :  im  gegentheil 
die  nennung  der  Mniaai  'Olvfimäbsg  25  —  der  vers  ist  von 
Ellger  gestrichen  ■ —  macht  diesen  theil  des  proömiums  verdäch- 
tig, sowie  sie  vielleicht  einen  fingerzeig  giebt ,  wer  die  interpo- 
lation  von  v.  24 — 29  veranlaßt  hat:  aber  nicht  nur  1 — 4,  son- 
dern auch  22.  23  und  30 — 34  möchte  ich  halten,  wenngleich 
die  letzte  partie  eine  theilweise  erweiterung  und  Veränderung 
erfahren  haben  könnte.  Für  mein  gefühl  würde  das  ursprüng- 
liche proömium ,  in  dem  ganz  in  hesiodeischer  weise  bestimmte, 
wiederholt  gebrauchte  ausdrücke  in  deutlicher  beziehung  zu  ein- 
ander stehen,  etwa  folgendermaßen  gelautet  haben: 
1      Movßdeov  'EX  tu  co  v  lä  8  tu  v   aQ%äiAsd''   dslbstv, 

aid'  'EXixwvog  e%ovoiv   ogog  fiiya   re  ■<£(*.&  sä*   ts 
xai  is  71SQI   xgrjvt]i>   lostdia   noaa'  aaaXoiaip 
OQ^svinai  xat  ßcofict'  igia&svsog  Kgovitavog . 
22      al  vv   nod'  'HaioSov   xalrjv   sÖida^av   uoidrjv 

agvag  noinu.ivovd'   'EX  in  ä  v  o  g  vito   £ «  0  so  to  . 
30     xai  ol  OXTJ7TTQ0V  sÖov  ddqtvTjg  igi&tjXsog  ö£ov 
33      nui  s  nsXotd'1  Vftvsiv  fxandgcov  yivog   aisv  sovrwv, 
GCfüg   6'  avrdg    ngärov   ts   xat   vazatov   aisv  aeidetv. 
104     i<tiosTS,  7s'xva  dtäg,  dozs  ö'  l^sgösaaav  aotätjv. 
xXtCers   d'  d&aidimv   isgbv  yivog   als*   sovrmv 
115      s|  agxVG*   xcc'   si'^zad'  oti   n  g  w  r  o  v  ysrsi'   avzäv . 
"Hroi  (xsv   ngcätiara  Xdog  yivs'i ',  avtdg   snsna 
rai'   svgioztgvog   .   .    . 
Doch  das  läßt  sich  natürlich  nicht  bis  ins  einzelne  mit  noth- 
wendigkeit  erweisen ,   und   ich   muß   auf   die  weitere  ausführung 
meiner    ansieht    hier    schon    um    des    raumes    willen  verzichten. 
Nur  für  die  spräche  möchte  ich  noch  hinzufügen,  daß  unter  den 
von    Ellger    aufgeführten    besonderheiten    das    „<<tf«£    sigtj/iivop" 
(Ellger  p.  9)  \i  sdsnva  a  54  6)  sich  in  beiden  homerischen  hym- 
nen  auf  Aphrodite  findet  (IV,  292  und  X,  4);    das    zweite  mal 
folgt    hier    die   formel  dog  ö'  ifxsgosaaar  doidrjv.     Daß  auch  %ai- 

6)  KvMtjvris  (ttdeovm  steht  Hynm.  III,  2  und  XVIII,  2,  Jwdwvys 
/utdsmv  n  234  in  dem  gebete  des  Achilleus;  vgl.  Zsv  netreg,  "ldq&sv 
fltdiuiv. 


Nr.   10.  91.  Xenophon.  509 

gere .  tinva  ding,  sowie  ug%ou  äsiden1  (Theog.  1)  dort  öfters 
nachweisbar  ist ,  versteht  sich  von  selbst.  Für  afinavpa  und 
fisguijoäoji  55  verweise  ich  auf  Theognis  1325:  Msg^rtgag  ö"' 
einunave  xaxug ,  dessen  spräche  mit  der  hesiodeischen  ja  über- 
haupt manchen  berührungspunkt  hat.  Dieser  dichter  scheint 
das  proömium  also  schon  in  ähnlicher  gestalt  vorgefunden  zu 
haben,  wie   die  überlieferte  ist.  Rudolf  Peppmiiller. 

91.  Xenophons  Griechische  geschichte.  Für  den  schulge- 
brauch erklärt  von  dr.  B.  Büchsenschütz.  Erstes  heft  (buch 
I— IV).  Fünfte  aufläge.  Leipzig,  B.  Gr.  Teubner  1884.  8.  211p. 
1   mk.   50  pf. 

Daß  schon  eine  fünfte  aufläge  dieser  ausgäbe  nothwendig 
geworden  ist,  zeigt,  wie  weit  auf  den  deutschen  gymnasien  die 
lektüre  dieses  werks  des  Xenophon  verbreitet  ist,  dessen  darstel- 
lung  es  kaum  geeignet  macht,  etwa  gerade  in  erster  linie  für  die 
schullektüre  berücksichtigt  zu  werden.  Die  eigenschaften  der  Büch- 
senschütz'schen  ausgäbe  sind  aus  den  früheren  auflagen  hinläng- 
lich bekannt.  Der  herausgeber  hat  die  neuere  einschlägliche 
litteratur  für  die  neue  aufläge  verwerthet.  In  dieser  ausgäbe 
wie  in  allen  übrigen  der  Hellenika  berührt  die  Unsicherheit  über 
die  lesarten  der  Codices  peinlich.  Eine  ausgäbe  der  Hellenika 
mit  möglichst  vollständigem  und  auf  durchgehends  neuen  ver- 
gleichungen  beruhenden  kritischen  apparat  ist  ein  dringendes 
bedürfniß  und  unschwer  herstellbar.  Einen  beachtenswerthen 
anfang  dazu  hat  0.  Riemann  gemacht  in  dem  Bulletin  de  Cor- 
respondance  Hellenique  (zweiter  Jahrgang)  1878,  p.  133  — 161 
und  p.  317 — 319,  wo  er  die  lesarten  des  Parisinus  317  und  des 
besseren  Ambrosianus  A  4  ordinis  inferioris  aus  dem  14.  Jahrhun- 
dert sorgfältig  mittheilt:  auf  p.  152  bis  161  giebt  Riemann  als 
probe  den  text  des  ersten  kapitels  des  I.  buches  nebst  den  ihm 
bekannt  gewordenen  Varianten  der  (größtentheils  noch  nicht  ge- 
nau genug  verglichenen)  handschriften ;  leider  ist  dieser  text 
Riemanns  durch  mehrere  versehen  entstellt  (so  steht  1,  14  dvuyxrj 
statt  avdyxTj;  1,16  ^Ens)  statt  'Enuöy;  1,18  (in  den  anmerkun- 
gen)  dyovreg  statt  ayovrsg\  1,  22  xai  dettäiijp  statt  xul  tijv  8e- 
xäxqv;  1,33  unariag  statt  oirag  dnairag.  Ich  selbst  habe  den 
genannten  codex  Ambrosianus  im  juli  1865  für  das  erste  buch 
der    Hellenika    mit    der    von    Ludwig   Dindorf   1850    in    Leipzig 


510  92.  Tkeophaues.  Nr.   10. 

besorgten  ausgäbe  collationirt.  Der  text  ist  von  einer  leicht 
lesbaren  hand  vor  der  mitte  des  vierzehnten  Jahrhunderts  ge- 
schrieben und  von  einer  jüngeren  hand  an  wenigen  stellen  cor- 
rigirt.  Alles  orthographische  ist  ziemlich  constant  durchgeführt: 
so  wird  das  enklitikon  ts  mit  einem  gravis  geschrieben,  so  oft 
ein  paroxytonon  vorhergeht.  Wie  genau  Eiemann  collationirt 
hat,  ergiebt  sich  aus  der  Winzigkeit  folgender  nachtrage,  die  ich 
zu  dem  ersten  buche  zu  machen  habe.  Der  Ambrosianus  schreibt : 
I,  1,  2  ol]  ol;  1>  20  TZQOiHÖwrjaovi  1,  26  t/]  tj;  1,  28  zu  an- 
fang  ol  3' ;  ol  5'  ovx  irpaaav ;  7/]  n;  1,  29  rjßovXovro ;  1,  34 
diatavzai  2,  1  svßdtag;  2,  14  ol  3'  eig;  2,  19  roü]  rar ;  3,19 
ötttreu'7-';  4,  14  dixai  shai ;  4,16  savrcp  (so);  4,  18  aviov  oder 
avzov  unsicher-,  5,  21  ntjrug  snza ,  aber  zur  bezeichnung  der 
Wortumstellung  sind  von  erster  hand  die  buchstaben  «  und  ß 
entsprechend  darüber  geschrieben;  6,  5  «Ho?  7<$,';  7,  16  qp/Äou 
tä  ö';  7,  29  in  n%tiv  scheint  et  aus  correctur;  7,  34  putaravia. 

W.  Studemund. 

92.  C.  Franklin  Arnold,  Untersuchungen  über  Theo- 
phanes  von  Mytilene  und  Posidonius  von  Apamea.  Leipzig 
1882.     8.     72  p.     2  mk. 

Der  Verfasser  hat  sich  die  aufgäbe  gestellt,  die  quellen  von 
Appians  Mithridatika  zu  erforschen :  er  unterzieht  zu  diesem 
zwecke  die  berichte  Appians  und  der  übrigen  geschichtschreiber 
der  mithridatischen  kriege  einer  gründlichen  analyse  und  liefert 
einen  werthvollen  beitrag  zur  kenntnis  der  griechisch-römischen 
geschichtschreibung  jener  zeit.  Die  arbeit  läßt  sorgfältiges  Stu- 
dium und  eine  gewisse  Sicherheit  in  methodischer  behandlung 
quellenkritischer  fragen  erkennen. 

Als  quelle  Appians  für  die  mithridatischen  kriege  war  zu- 
letzt von  R.  Jordan  (De  fönt.  App.  in  bell.  Mithr.  enarr.,  Gröttingen 
1872)  Livius  angenommen  worden.  Dieses  resultat  war  gewon- 
nen durch  eine  vergleichung  der  berichte  Appian's  mit  den  dürf- 
tigen nachrichten  des  Eutrop  und  Orosius  und  der  Periochae.  Mit 
recht  wendet  sich  Arnold  gegen  Jordan's  annähme ;  denn  es  liegt 
auf  der  hand ,  daß  eine  Übereinstimmung  mit  den  genannten 
quellen,  die  ja  nur  die  nackten  thatsachen  enthalten,  nichts  be- 
weist. Andererseits  finden  sich  bei  Appian  auch  abweichungen 
von  dem  bericht  des  Livius,    die    ohne  zweifei    eine  direkte  be- 


Nr.  10.  92.  Theophanes.  511 

nutzung  des  Livius  ausschließen.  Ueberdies  hat  der  nachweis 
einer  benutzung  des  Livius  keinen  werth,  wenn  wir  nicht  zu- 
gleich die  quellen  des  letzteren  erfahren.  Wenn  aber  Livius 
griechische  quellen  benutzt  hat ,  so  liegt  es  näher  die  Überein- 
stimmung des  Appian  auf  benutzung  derselben  griechischen  au- 
toren  zurückzuführen.  Ersteres  ist  nun  in  der  that  an  sich  wahr- 
scheinlich, da  Livius  gewöhnlich,  wo  es  sich  um  griechisch-orien- 
talische Verhältnisse  handelte  ,  griechische  Schriftsteller  zu  rathe 
zog.  Und  einzelne  spuren  in  der  Livianischen  darstellung,  so- 
weit wir  sie  kennen,  weisen  darauf  hin,  daß  Livius  das  werk  ei- 
nes Griechen  benutzte,  der  für  philologisch  -  antiquarische  Unter- 
suchungen eine  gewisse  Vorliebe  hatte.  Dasselbe  interesue  für 
gelehrte  digressionen  zeigt  sich  in  der  erzählung  des  dritten 
mithridatischen  krieges  bei  Appian,  nicht  aber  in  der  geschichte 
des  ersten  krieges.  Es  finden  sich  auch  einzelne  Widersprüche 
zwischen  den  ersten  und  den  späteren  partien  der  Mithridatika. 
Demnach  hat  Appian  für  die  geschichte  der  Mithridatischen 
kriege  nicht  blos  eine  quelle  benutzt.  Arnold  weist  nun  im 
ersten  theil  seiner  abhandlung  unter  vergleichung  von  Strabo 
und  Plutarch  (Pompeius  und  Lucullus)  nach,  daß  Appian  den 
dritten  Mithridatischen  krieg  und  zwar  nicht  nur  die  feldzüge 
des  Pompeius  sondern  auch  die  des  Lucullus  nach  Theopha- 
nes von "Mytilene,  dem  freunde  und  begleiter  des  Pompeius, 
erzählt.  Plutarch  benutzt  im  leben  des  Pompeius  (für  den  mi- 
thridatischen krieg),  wie  auch  schon  H.  Peter  angenommen  hatte, 
den  Theophanes  als  hauptquelle,  im  Lucullus  als  nebenquelle 
(hauptquelle  im  leben  des  Lucullus  sind  die  historien  des  Sal- 
lust).  Livius  hat  in  folge  seiner  Vorliebe  für  Pompeius  eben- 
falls häufig  dessen  günstling  zu  rathe  gezogen,  aber  sich  haupt- 
sächlich an  Sallust  gehalten,  soweit  dessen  werk  reichte. 

Weit  größere  Schwierigkeiten  bietet  die  Untersuchung  der 
quellen  des  ersten  (und  zweiten)  mithridatischen  krieges  bei  Ap- 
pian. Arnold  untersucht  zunächst  die  parallelen  abschnitte  in 
der  geschichte  der  Bürgerkriege.  Es  handelt  sich  dabei  um 
Appian.  BCiv.  I,  55 — 106.  Von  lateinischen  autoren  (Sisenna, 
Sulla's  commentarien,  Sallust,  Livius),  die  in  betracht  kommen, 
ist  keiner  benutzt.  Alles  weist  darauf  hin,  daß  Appian  einen 
griechischen  schriftsteiler  vor  sich  gehabt  hat.  Aus  einigen  nach- 
richten  und  Widersprüchen  kann  man    schließen ,    daß  nicht  der 


512  92.  Theophanes.  Nr.   10. 

ganze  bericht  aus  einer  quelle  geflossen  ist.  Cap.  84 — 90 
scheinen  aus  anderer  quelle  zu  sein  als  alles  vorhergehende  und 
folgende,  aus  derselben  quelle  sind  vielleicht  cap.  98 — 107,  in 
cap.  97  scheint  Appian  selbst  die  benutzung  zweier  quellen  an- 
zudeuten. Als  hauptquelle  aber  für  den  ganzen  abschnitt  er- 
gibt sich  der  Rhodier  Posidonius.  Mehrfach  zeigt  sich  Über- 
einstimmung mit  den  fragmenten  des  Diodor,  der  den  Posidonius 
ausschreibt;  die  erzählung  der  ereignisse  des  Jahres  87  (cap.  64 
—  74)  berührt  sich  mit  Plutarch  (Mar.  41-45),  der  mehrmals 
Posidonius  citiert.  (Auch  H.  Peter  führte  diesen  abschnitt  auf 
Posidonius  zurück).  Der  bericht  ist  dem  Cn.  Pompeius  Strabo 
und  Cn.  Pompeius  Magnus  (mit  welchem  Posidonius  sehr  befreundet 
war)  sehr  günstig,  während  der  charakter  des  Marius  in  ungün- 
stigem lichte  erscheint.  Dieselbe  quelle  nun ,  welche  Appian 
seiner  erzählung  der  dem  ersten  Mithridatischen  kriege  parallel 
laufenden  italischen  ereignisse  zu  gründe  legte,  ist  von  ihm  auch 
für  die  griechisch  -  orientalischen  angelegenheiten  dieser  zeit  be- 
nutzt worden.  Die  geschichte  dieses  krieges  gehört  zu  den  be- 
sten partien  des  Appian'schen  werkes.  Die  asiatischen  Verhält- 
nisse sind  mit  Vorliebe  behandelt  und  die  Vorgänge  in  Rhodus 
und  Asien  mit  großer  anschaulichkeit  geschildert.  Ganz  beson- 
ders tritt  die  ausführliche  Schilderung  des  kampfes  der  Rhodier 
mit  Mithridates  hervor  (Mithridatika  24 — 27),  in  welcher  manche 
einzelheiten  auf  einen  mit  den  örtlichkeiten  genau  bekannten 
Verfasser  hindeuten.  Posidonius  war  augenzeuge  der  von  ihm 
geschilderten  ereignisse.  Den  sorgfältigen  historiker  und  wür- 
digen fortsetzer  des  Polybianischen  werkes  erkennt  man  auch 
aus  der  benutzung  diplomatischer  aktenstücke  wie  des  briefes  des 
Mithridates  an  die  Chier  (App.  Mithr.  47).  Posidonius  ist  aber 
auch  hier  nicht  die  einzige  quelle  des  Appian.  Es  finden  sich 
bei  ihm  einige  dem  Posidonius  fremde  nachrichten ,  darunter 
solche  die  auf  Sulla's  commentarien  zurückgehen.  Letztere  sind 
von  Posidonius  nicht  benutzt  worden.  Um  eine  genauere  Schei- 
dung zwischen  den  aus  Posidonius  und  den  aus  anderen  quellen 
stammenden  nachrichten  vornehmen  zu  können ,  untersucht  Ar- 
nold Plutarch's  biographie  des  Sulla.  H.  Peter  war  der  mei- 
nung,  daß  Plutarch  hauptsächlich  Sulla's  memoiren  ausschrieb 
und  daneben  nur  Livius  benutzte.  Arnold  weist  dagegen  nach, 
daß  zu  den  benutzten  quellen  auch  Posidonius  gehört,  trotzdem 


Nr.    10.  92.  Theophanes.  513 

er  in  dieser  biographie  nicht  ein  einziges  mal  citiert  wird.  Ar- 
nold kommt  zu  dem  resultat,  daß  Plutarch  im  Sulla  neben  des- 
sen commentarien  den  Posidouius  durch  vermittelung  von  Strabo's 
ffaofivtjfiuTa  iazooixd  (oder  direkt?)  benutzt  hat;  außerdem  ist 
Livius  herangezogen.  Aus  der  vergleichung  mit  Plutarch  ergibt 
sich  nun,  daß  Appian  Mithr.  28 — 41  zwei  Schriften  neben  ein- 
ander gebrauchte ,  von  denen  die  eine  das  werk  des  Posidonius 
war,  und  daß  die  Appian'schen  berichte  über  die  schlachten  bei 
Chaeronea  (cap.  42  —  45)  und  Orchomenos  und  die  folgenden  er- 
eignisse  (cap.  49  —  53)  auf  Sulla's  memoiren  und  andere  römische 
quellen  zurückzuführen  sind.  Uebereinstimmung  mit  der  Livia- 
nischen  Überlieferung  zeigt  Appian  sowohl  in  den  aus  Posido- 
nius stammenden  als  in  den  auf  römische  quellen  zurückgehenden 
partieen.  Arnold  vermuthet,  daß  die  römischen  berichte,  die  aus 
Sulla's  commentarien  und  zum  theil  vielleicht  aus  dem  annalisten 
Claudius  Quadrigarius  stammen,  dem  Appian  durch  Livius  ver- 
mittelt sind.  —  Ueber  den  Zeitpunkt,  bis  zu  welchem  das  ge- 
schichtswerk  des  Posidonius  reichte,  herrscht  streit.  Nach  Heeren 
umfaßte  es  die  zeit  von  146 — 63  v.Chr.  C.Müller  vermuthete, 
daß  die  fortsetzung  des  Polybianischen  werkes  mit  dem  jähre  96 
abschloß  und  daß  die  geschichte  des  Pompeius  von  Posidonius 
in  einem  besonderen  werke  behandelt  war.  Toepelmann  setzte 
als  endpünkt  das  jähr  67,  Scheppig  das  jähr  86.  Auf  grund 
der  von  ihm  gewonnenen  resultate  nimmt  Arnold  an,  daß  Posi- 
donius sein  werk  mit  der  dictatur  des  Sulla  abschloß  (82  v.  Chr.). 
Die  hier  kurz  skizzierten  ausführungen  des  Verfassers  dürfen 
im  allgemeinen  auf  Zustimmung  rechnen.  Ueber  einzelne  schwie- 
rige punkte  kann  man  anderer  ansieht  sein.  Daß  nicht  in  allen 
dingen  gleiche  evideuz  und  Sicherheit  erzielt  werden  konnte,  ist 
bei  den  großen  Schwierigkeiten,  welche  gerade  Appian  der  quel- 
lenforschung  bietet ,  vollkommen  begreiflich.  Auf  sehr  unsiche- 
rem boden  bewegt  sich  die  ganze  auseinandersetzung  über  die 
quellen,  welche  Theophanes  für  die  dinge,  die  er  nicht  aus  au- 
topsie  kannte,  etwa  benutzt  haben  könnte  (p.  92 — 99).  Den 
problematischen  charakter  der  vermuthung ,  daß  Appian  in  ei- 
nigen nicht  aus  Posidonius  stammenden  partien  des  BCiv.  I 
und  der  Mithridatika  das  geschichtswerk  des  königs  Iuba  seiner 
erzählung  zu  gründe  legte  ,  hat  der  Verfasser  selbst  empfunden 
(p.   102.   109.   124.   146j.     Die  beuutzung  Iuba's  in  den  Libyka 


514  93.   Appianos.  Nr.   10. 

1—66  (p.  102)  ist  durchaus  keine  bewiesene  thatsache.  Sehr 
wenig  begründet  scheint  mir  die  annähme ,  daß  Plutarch  Livia- 
nische  nachrichten  im  leben  des  Sulla  und  Appian  ebensolche 
in  den  Mithridatika  durch  vermittelung  von  Strabo  erhalten 
habe  (p.  126.  146).  Daß  Strabo  den  Livius  benutzt  hat,  wird 
durch  die  stelle  des  Iosephus  Ant.  lud.  XIV  4,  3  nicht  be- 
wiesen (.  .  .  (xuQtVQOvai  ndvrsg  ol  rag  xura  TlofAnffiov  noä&ig 
avaygaipavTsC)  iv  olg  xat  Sroüßmv  xai  Nmolaog  xal  ngog  zovtoig 
Titog  Alßtog  6  r7]g  'Poofial'xijg  iaxootag  a.vyyQctcpavg).  Es  ist  sogar 
fraglich,  ob  nicht  Strabo  seine  vnonv}]fxnia  i<iTooixä  vor  der 
herausgäbe  der  betreffenden  partien  des  Livius  schrieb.  Daß 
Appian  den  Livius  direkt  benutzte ,  will  ich  damit  nicht  be- 
haupten. Bei  Plutarch  scheint  mir  eine  unmittelbare  benutzung 
des  Livius  nicht  ausgeschlossen.  —  P.  85  zeile  5  muß  es  wohl 
(statt  Plutarch)  Strabo  heißen.     P.  113  zeile  1  lies  88  (statt  87). 

Leopold  Cohn. 

93.  Appiani  Historia  Eomana  edidit  Ludovicus  Men- 
delssohn. Vol.  I.  II.  Lipsiae  in  aedibus  B.  G.  Teubneri.  1879. 
1881.     8.     XXVIII.   564  p.  u.  VI,   565—1220  p.     9  mk. 

Mendelssohn  hat  mit  seiner  ausgäbe  des  Appian  einem  drin- 
genden bedürfnis  abgeholfen  ;  denn  die  Bekker'sche  textausgabe 
war  vergriffen ,  der  kritische  apparat  seit  Schweighäuser  nicht 
mehr  untersucht.  Die  sorgfältige  vergleichung  des  handschrift- 
lichen materials  hat  den  herausgeber  zu  folgenden  resultaten 
geführt : 

Für  Prooem. ,  Celt.  ep. ,  Hisp. ,  Han. ,  Punica  ist  Vat.  Gr. 
141  (V)  maßgebend.  Die  in  V  befindliche  lücke  stammt  nicht 
aus  dem  archetypus ,  sondern  ist  in  V  selbst  durch  ausfallen 
eines  blattes  entstanden;  alle  handschriften ,  .welche  diese  lücke 
enthalten,  gehen  also  auf  V  zurück. 

Vat.  Gr.  134:  Prooem.,  Illyr.,  Syr. ,  Mithr. ,  Bell.  civ.  (V) 
verdient  den  vorzug  vor  A.  Die  nachlässige  collation  Spalletti's 
hat  Schweighäuser  verhindert  zu  dem  gleichen  ergebnis  zu  ge- 
langen. —  Candidus  hat  bei  seiner  Übersetzung  des  Appian 
zwar  mehrere  handschriften  zur  hand  gehabt,  aber  nur  eine  und 
zwar  nach  der  reihenfolge  der  bücher  mit  0  verwandte,  für  Celt. 
ep.  eine  aus  der  classe  i  benutzt.  —  Letztere  classe  hat  für 
die  textkritik  die  geringste  bedeutung. 


Nr.    10.  93.   Appianos.  515 

Trotz  der  sorgfältigsten  handschriftlichen  vergleichung  bleibt 
der  emendation  ein  weites  fehl.  Bei  dem  insolens  und  fere  per- 
versum  dicendi  genus  des  Schriftstellers  will  Mendelssohn  für  die 
von  Nauck  gemachten  wie  für  die  eigenen  conjekturen  in  die- 
ser hinsieht  die  volle  Verantwortung  nicht  übernehmen.  Men- 
delssohn hat  —  mit  einer  ausnähme,  wovon  später  —  nur 
wenige  änderungeu  im  text  vorgenommen;  desto  zahlreichere 
vorschlage  finden  wir  unter  dem  text.  Wo  es  sich  darum  han- 
delt eine  stelle  lesbar  zu  machen ,  werden  wir  häufig  dem  her- 
ausgeber  beistimmen  müssen  ;  seine  Verbesserungen  verdienen 
durch  ihre  einfachheit  den  Vorzug  vor  denen  anderer;  an  man- 
chen stellen  freilich  glauben  wir  mit  der  handschriftlichen  Über- 
lieferung zurecht  kommen  zu  können  ,  wenn  auch  der  Verbesse- 
rungsvorschlag durchaus  angemessen  ist. 

Wenn  nun  auch  Mendelssohn  seinen  conjekturen  in  sprach- 
licher hinsieht  kein  besonderes  gewicht  beigelegt  wissen  will,  so 
dürfte  doch  die  bloße ,  nicht  unbeträchtliche  anzahl  derselben 
ein  näheres  eingehen  darauf  rechtfertigen.  Denn  durch  ein  con- 
sequentes  ändern  der  überlieferten  lesart  nach  den  allgemeinen 
regeln  der  grammatik  werden  sprachliche  eigenthümlichkeiten  des 
Schriftstellers  verwischt,  so  z.  b.  (N.)  av&oänoiv  statt  ardoäv  im 
gegensatz  zu  Osoi^  241,  7  - —  vgl.  dagegen  avrjg  818,  15- 
828,  2Q  —  oder  Mendelssohn  setzt,  wenn  nach  einem  Substantiv 
mit  artikel  ein  partieip  mit  näheren  bestimmungen  folgt,  (z.  b. 
381,  3;  1094,  10)  an  diesen  und  noch  24  anderen  stellen  nach 
dem  Substantiv  den  artikel  ein;  ebenso  m<j  vor  einem  partieip, 
das  den  grund  angibt  (z.  b.  384,  27;  1127,22  und  noch  7mal); 
—  oder  den  artikel  vor  irsgog,  wo  es  allerdings  „die  anderen" 
resp.  „der  andere"  bedeutet  (424,  2;  680,  2;  728,  2;  769,25; 
1169,1;  472,  27);  oder  den  artikel  nach  ode  331,  1  ;  1133,  15 
vgl.  686,  9;  904,  12;  oder  er  setzt  den  artikel  ein,  wenn  von 
zwei  durch  y.ui  (796,  22)  oder  re  —  ■/.«.)  (856,  9)  verbundenen 
Substantiven  von  gleichem  geschlecht  oder  auch  von  verschiede- 
nem (787,15;  1073,  21  ;  1096,  16)  das  zweite  des  artikels  ent- 
behrt —  oder  er  ergänzt  den  possessiven  artikel  bei  Wörtern  wie 
lxfitrtQ  (547,  19),  vibg  (968,  18),  denüncov  (584,  7)  8tonö- 
r/jg  (1032,  16)  —  oder  Mendelssohn  will  eine  zu  zwei  durch 
X«)  (1021,  14)  oder  rt  -  x«J  (980,  3,  6;  vgl.  1011,  22)  ver- 
bundeneu   Substantiven    gehörige    präposition    beim  zweiten  sub- 


516  93.   Appianos.  Nr.   10. 

stantiv  wiederholt  haben ;  oder  auch  bei  einem  durch  rot,'  ange- 
fügten attribut  (vgl.  624,  3  und  824,  5  mit  381,  26).  Wir 
sollen  statt  rgnjQBrixng  lesen  Tgirjgixog  10,  12;  282,  16;  309,5; 
1140,  24.  (Daß  man  hier  einhält  thun  muß,  dazu  ermuthigt 
Mendelssohn's  eigne  bemerkung  zu  1131,3).  Ferner  ist  ig  statt 
sni  angefochten  312,  22;  452,  15;  670,  9;  691,  9;  802,  21; 
die  sechs  stellen,  an  denen  zu  einem  mit  i  v.  gebildeten  compo- 
situm eine  Ortsbestimmung  mit  d  n  6  tritt  (580,  5;  595,  19;  724, 
18;  768,  11;  962,  8;  1045,13  umgekehrt  1156,  8)  sprechen  im 
gegentheil  für  beibehaltung  der  Überlieferung.  —  8ia  tov  iti% 
%ovg  184,  27  dürfte  zu  halten  sein  durch  Apostelgeschichte  9, 
25.  —  Es  heißt  nicht  nach  Her.  I,  22;  II,  29  ig  <ib>  äfgdj 
tor  nanov  659,  5,  sondern  der  artikel  fehlt  bei  Appian  in  dieser 
redensart  immer:  347,22;  1056,6;  vgl.  noch  907,  1;  693,23; 
908,   1;  987,   12;  321,   6. 

Die  größte  masse  der  conjekturen  in  sprachlicher  hinsieht 
bezieht  sich  auf  den  gebrauch  der  tempora.  Hier  zeigt  sich 
nun  —  ganz  abgesehen  von  der  sichern  handschriftlichen  Über- 
lieferung — ,  daß  durch  eingehen  auf  die  individualität  des  Schrift- 
stellers, das  vorkommen  der  angezweifelten  sprachlichen  erschei- 
nungen  auch  bei  Schriftstellern  der  besten  zeit,  den  hinweis  auf 
den  allgemeinen  Sprachgebrauch ,  auch  entsprechende  interpreta- 
tion  die  meisten  der  vermeintlichen  Schwierigkeiten  sich  heben 
lassen,  ohne  daß  man  zu  dem  hilfsmittel  der  emendation  ge- 
zwungen ist. 

Mendelssohn  wünschte  statt  des  imperfects  von  (STgatons- 
8 sie iv  und  dessen  compositis  an  folgenden  stellen  den  aorist 
154,  11;  159,  15;  301,  18;  614,18;  730,3;  608,  4,  649,20; 
630,  20;  613,  23;  er  hätte  es  dann  gerade  so  auch  633,  15; 
614,5;  981,10  anfechten  können.  Bedenkt  man  aber,  daß  das 
imperfect  den  begriff  des  vorgehenden ,  sich  entfaltenden  hat 
(Krüger  53,  2),  der  aorist  das  faktum  einfach  berichtet,  so  wird 
man  im  vergleich  mit  anderen  stellen ,  wo  der  aorist  überliefert 
ist  (749,  26;  630,  19;  751,  1;  1025,  12),  keinen  anstoß  neh- 
men. Der  schrift  st  eller  sieht  eben  an  solchen  stel- 
len —  und  das  ist  ihm  eigen  thüml  ich  —  im  geist 
die  einzelnen  dinge  sich  vollziehen,  während  er  an 
anderen    und    zwar    seltener    die    nackte  thatsache 


Nr.   10.  93.  Appianos.  517 

berichtet.     Beweis  dafür  ist  das  häufige  vorkommen  von  verbis 
der  bewegung  im  imperfect. 

Aehnlich  verhält  es  sich  mit  dem  imperfect  von  qo  s  v  y  e  i  v 
und  compositis  ,  wo  Mendelssohn  an  22  stellen  den  aorist  ent- 
weder in  oder  unter  den  text  setzt.  110,  10;  388,  21;  389, 
9;  394,  17;  407,8;  477,  1;  503,  21;  117,  18;  355,  26;  487, 
10,  545,  10;  563,  7;  602,  6;  625,  6;  648,23;  655,  24;  701, 
6;  834,  21;  952,  16;  1000,  3;  1024,  6.  Stellen  wie  923,  6; 
1133,  18;  1151,  1;  1162,  4;  1163,  7  hätten  dann  auch  noch 
beanstandet  werden  müssen;  freilich  ist  bei  diesen  formen  ein 
irrthum  des  Schreibers  nicht  ausgeschlossen.  —  Sollte  man  aber 
bei  stellen  wie  407,  8  tÖte  d>>  x«J  o  l/tirioiog  eqievyav  aftezu- 
ß  t  o  b  7i  7  i  (Mendelssohn  eqvyev)  oder  625,  6  co^  ds  b  Nlüyiog 
ateßöijae  . .  n  q  o  z  q  o  n  d  d  Tjv  o  JTaXaTrjg  h'cpsvyev  y|a>  diu  Ovqcov 
nicht  annehmen,  daß  dem  Schriftsteller  mehr  der  fliehende  als 
der  zur  flucht  sich  wendende  vorgeschwebt  habe?  —  vgl.  auch 
Xen.  an.  6,  3,  27  bei  Krüger  53,  2.  —  Sollte  man  nicht  auch 
bei  den  übrigen  zahlreichen  stellen  dieser  art  vor  der  änderung 
eineri  von  der  jedesmaligen  anschauungsweise  des  Schriftstellers 
ausgehenden  erklärungsversuch  wagen?  —  Interessant  ist  hier 
der  vergleich  des  imperfects  hsnime  195,  17 ;  748,24;  777,13; 
787,  14;  924,  6;  1022,  17  (zumal  letzteres)  mit  irsnsas  Thuc. 
3,  28,  24;   6,  25,  2. 

447,  22;  418,  7;  419,  9,  18;  453,  13;  627,  11,  688,  10 
will  Mendelssohn  statt  des  imperfects  r\  q  %  e  den  aorist  Jjq<;e  :  er 
gelangte  zur  herrschaft.  Ich  denke ,  dem  Schriftsteller  schwebt 
hier  nicht  das  eintreten  des  zustandes,  sondern  der  zustand  selbst 
nach  seinem  eingetretensein  vor  und  bin  mit  dem  imperfect  zu- 
frieden. Dann  bedarfs  aber  auch  keiner  änderung  aus  dem  im- 
perfect in  den  aorist  bei  xa7etjni<  486,  7;  &nel%&  640,  18;  ivo- 
ott  729,  23;  J,xQt  373,  11  ist  wie  irixa  1170,  4  nach  Krüger 
53,   2,   8   zu  erklären. 

anilvsv  173,25  wird  gehalten  durch  994,11;  1061,19; 
1168,  24;  j^sriUtf  499,  26;  640,  1;  718,  4;  775,  19 
durch  das  gleiche  imperfect  1100,  22;  1103,  1,  4;  1112,  21  ; 
1117,  20;  1118,  11;  1120,  3;  1125,  18;  1128,  7;  1137,  16; 
1171,   20;   1127,   7   lygaqie. 

Umgekehrt  verlangt  Mendelssohn  wiederholt  das  imperfect, 
wo  der  aorist  überliefert  ist.     Gehen  wir  aus  von  1165,  13 — 18, 


518  93.  Appianos.  Nr.   10. 

wo  eine  merkwürdige  mischung  von  Schilderung  und  historischem 
bericht  sich  findet,  so  darf  man  wohl  auch  an  diesen  stellen  die 
anschauung  des  Schriftstellers  geltend  machen,  der 
einfach  berichtet  (411,  18  dießaXov-,  414,  17  ixsl^evas  V 
vgl.  idt'wh  ibid.  20;  479,  3;  635,  11  diüwev;  491,  8  hal<uU 
(mit  0)  ebenso  659,  13).  Von  demselben  Standpunkt  aus  wird 
Appian  435,  25:  437,  16;  437,  18;  554,  3  eßaaiXevas  und 
436,  1  iaaTQeinsvas  geschrieben  haben,  falls  man  hier  nicht  den 
aorist  durch  deutsches  plusquamperfect  übersetzen  will.  Gewis- 
sermaßen das  resultat  der  vorangegangenen  dar  Stel- 
lung ziehend  steht  mit  recht  der  aorist  zusammenfassend : 
i^ilinEv  562,  7;  g&Xinov  639,  27;  ov  disXinep  770,  21;  aniXi- 
ns.v  751,  8  V;  der  aorist  inXsovaatv  704,  14  bezeichnet  das 
eintreten  des  zustandes  (wurde  übermäßig). 

Weiter  wünscht  Mendelssohn  nicht  selten  plusquamperfect 
statt  imperfect.  —  Ob  wir  ändern  sollen  mit  rücksicht  auf  Thuc. 
2,  31,  1  TTaQi-axsvü&vTo ;  6,  44,  4  sXeyov;  7,  36,  1  ^wilsjov? 
Allerdings  werden  wir  die  imperfecte  182,  11  (vgl.  dagegen 
633,12  das  particip  aiQovfitrot),  220,16;  288,6;  223,23;  389, 
23;  567,  23;  776,  11;  819,  19  durchs  plusquamperfect  über- 
setzen. Man  übersetze  aber  beispielsweise  819,  19  mit  dem 
deutschen  imperfect.  —  Wir  denken  dabei  gar  nicht  an  das 
thatsächliche  Zeitverhältnis;  sollen  wir  so  etwas  bei  Appian  für 
unmöglich  halten? 

rjvcü)[Xsi  122,  15;  f^p/Jro  553,  10;  679,  20;  (Aitatopiä^sTo 
569,15;  vntxQVTZTeio  136,6;  iargazeviTo  967,19;  iaTQUTsvni'TO 
1170,17  dürften  als  imperfecte  mit  dem  begriff  der  dauer  (oder 
Wiederholung);  s^mitttsv  161,  27  (vgl.  164,  10  dianintovatj^) ; 
STciaaeTO  401,  23;  duxsto  507,  11;  iXvsto  733,  18;  lylyvejo 
814,16  als  imperfect  mit  dem  begriff  des  vor(sich)gehenden  auf- 
zufassen sein  (Krüger  53,  2);  co^üto  680,  11  ist  nach  Krüger 
53,  1,  4,  ijaaäro  1031  ,  14  nach  Krüger  53,  1,  3  zu  halten. 
Wollte  man  hier  wirklich  anstoß  nehmen,  dann  könnte  ebenso 
gut  8iEidßat,oi'  675,  16;  avvfywQsi  957,26;  ijq%si'  1006,1;  idi]- 
(tajwysi  1102,  19;  irQsq,oi7o,  ili'fiisvov  1185,  12  angefochten 
werden. 

Für  gewagt  halte  ich  mit  rücksicht  auf  den  all- 
gemeinen Sprachgebrauch  (Krüger  53,  6,  1),  dem  auch 
Appian  folgt  (z.  b.    632,11   xatia^\   660,5  vntJHOvaai>;  941,21 


Nr.  10.  93.  Appianos.  519 

i\p/]<jiaar70  ;  968,  17  xaTenlovztour  ;  1151,  15  atTia^ov]  1157,26 
tjfAihjauv),  da  wo  der  aorist  überliefert  ist,  bloß  um  der  ähnlich- 
keit  der  form  willen  das  plusquamperfect  zu  verlangen  (ijo&tTo 
620,  8;  vniaxszo  888,19;  vnia%oino  920,15;  vniaxero  732,  18 
nach  AV),  vgl.  noch  Siiqivyov  1054,  12  und  1057,  16  dtenttytv- 
yeour  in  gleichem  sinn. 

Viele  participia  praesentis  scheinen  Mendelssohn  zweifelhaft ; 
er  möchte  dafür  particip.  aorist.  —  Gewiß  wünschen  auch  wir 
es  196,2;  371,6;  419,15;  505,14;  527,10;  654,4;  836,20. 
[Warum  läßt  aber  dann  Mendelssohn  triov/i'Cmv  931,  25  unan- 
gefochten?] Wollen  wir  bei  der  übereinstimmenden 
Überlieferung  nicht  lieber  annehmen,  daß  Appian 
hie  und  da  in  der  darstell ung  der  Zeitverhältnisse 
etwas  lässig  sei?  so  auch  193,  11;  784,  9;  vgl.  799,  14; 
503,  21;  531,  5;  614,  22  und  615,  1  (warum  sollen  gerade 
hier  in  kurzer  aufeinanderfolge  die  participia  falsch  überliefert 
sein?)  und  653,  9  (641,  6)  steht  das  participium  praesentis  ohne 
bemerkung !  Einem  imperfect  mit  der  bedeutung  des  währen- 
den oder  des  vorgehenden  entsprechen  die  von  Mendelssohn  an- 
gefochtenen participia  praesentis  a.  :  338,  16;  348,  12;  441,  15; 
660,  25;  568,  1;  1000,  8  (man  kann  sich  ja  hier  die  abzie- 
hende abtheilung  in  beliebiger  ferne  denken)  b.  164,10;  607, 
17  (im  einreißen  begriffen  war)  ebenso  522,  7  (vgl.  976,4  avll. 
und  22  \u(A.ß.)  475,  1  ;  722,  2.  Die  gleichzeitigkeit  des  parti- 
cipium praesentis  mit  dem  verbum  finitum  ist  zu  betonen:  615,  18; 
258,   1;  271,  20. 

voääv  217,  7  ist  unter  hinweis  auf  ivoasi  729,  23  zu  er- 
klären. 

Einem  imperfect  der  Wiederholung  entsprechen  die  participia 
praesentis  287,  8;  805,  13  (welche  aus  dem  kriegsdienste  ent- 
lassen wurden),  681,  19  mit  rücksicht  auf  1120,  17  xai  bis  18 
inoöy/taOui. 

Schließlich  dürften  sich  Mendelssohn's  bedenken  durch  In- 
terpretation an  folgenden  stellen  beseitigen  lassen. 

519,  22  (sei  es,  daß  er  (wirklich)  mit  einem  an- 
schlag  umging  oder  auf  die  vermuthung  gerathen  war,  daß...) 
819,  24  (welche  nunmehr  Staatseigentum  werde),  ähnlich 
705,  18  nach  AV;  849,  25;  951,  23  xgvmovoa  (verbergend  = 
verborgen  haltend  vgl.   136,   6    vnexQvnteio) ;  152,  19  tzzaiotttg 


520  93.  Appianos.  Nr.   10. 

nach  analogie  von  t'jttm^tfoi  Unglück  habend;  483,  1  xqu- 
7<ät>  in  seiner  gewalt  habend;  575j  11  ßi'a  xa7s%opTes  durch 
gewalt  innehabend;  730,  5  ayätv  durch  das  imperfect  ^ts- 
CTQutonedevs  bedingt. 

Die  von  Mendelssohn  angefochtenen  participia  aoristi  222,  5; 
276,  6;  560,  19  (Va)  bedeuten  thatsächlich  dem  verbum  finitum 
vorangegangenes.  —  Zu  erklären  ist  540,  8  vTToXaßnvTsg,  nach 
Krüger  53,  5,  1  „zur  annähme  gelangt",  791,  25  vnowivd(A-Evm 
nach  Krüger  53,  6,  8;  552,  18  qvyövrog  nachdem  er  sich  zur 
flucht  gewendet  hatte;  616,  8  diußdvri  ist  (ggC.)  richtig  nach 
dem  zusammenhange.  —  Das  auffallende  6  IIe.gydftov  8vvanrsvaag 
435,  10  ist  als  eine  kurze  orientierende  bemerkung  vom  Stand- 
punkte des  Schriftstellers  aus  aufzufassen ;  (Philetairos  —  er  war 
beherrscher  von  Pergamos  — ). 

Wir  finden  23  stellen ,  an  welchen  Mendelssohn  partici- 
pium  futuri  statt  participium  praesentis  haben  möchte ,  zwei 
(594,  2;  604,  4,  vgl.  690,  22),  an  welchen  er  es  in  den  text 
setzt.  Nun  lesen  wir  643,  7  Ylo{mi\iGq  t?)v  bnoxpiav  8  i  a  1  v  o  (a  e- 
vog  r/Xüe;  862,  20  o  8i  ^ivrmviog  rcv  cpoßov  avräv  um  tv\v 
vnöioiuv  skXvcov  iipijtyiöaro '  1128,  7  rrjr  onövoiav  o  Kaiaag 
ixlvcov  insaxsXls  jtj  tioXei.  —  Es  wäre  doch  ein  auffal- 
lendes zusammentreffen,  wenn  gerade  an  diesen 
einander  so  ähnlichen  stellen  die  handschrift liehe 
Überlieferung  übereinstimmend  unrichtig  wäre. 

Der  hinweis  aufC.  690,22;  774,  10  kann  mich  nicht  über- 
zeugen. —  C  übersetzt  hier  und  anderwärts  nach  ähnlichen 
grundsätzen  wie  diejenigen  sind,  nach  welchen  Mendelssohn  zu 
ändern  vorschlägt. 

An  ein  participium  futuri  zu  denken  ist  nicht  nothwendig 
913,  4  (ßntjdäv  als  ein  hilfe  bringender),  der  art  sind  auch  die 
partieip.  praes.  131,  1;  604,  4;  690,  22;  615,  22;  774,  10; 
957,  2;   1008,  12,  16;  1065,   14;  1114,  11. 

Anderwärts  schwebt  —  ein  neuer  beleg  für  die  an- 
schauungsweise  Appian's  —  dem  schriftsteiler  das  be- 
vorstehende als  bereits  geschehend  vor,  so  tovg  xoo- 
Xvortag  137,12  —  ähnlich  594,2;  722,16;  898,4  —  bei  räv 
yiy'vofxsvmv  378,  21  ist  durch  den  Zusammenhang  die  beziehung 
auf  die  zukunft  schon  hinreichend  angedeutet.  —  Wirklich  eine 
beabsichtigte    handlung     bezeichnen     die    partieipe    (tetufWQipüv 


Nr.  10.  93.  Appianos.  521 

968,  2;  443,  6  eanuivog;  1003,  17  neQiaä&'voa  (nach  Krüger 
53,  2,  2  zu  erklären).  —  Auffallend  ist  nur  avzixadiGtävrog 
1122,  9. 

Mit  ausnähme  von  438,  7,  wo  der  infinitiv  futuri  aller- 
dings wünschenswerth  wäre  (doch  vgl.  (4.siafiOQcpmv  968,  2  etc. 
im  vorigen  absatz),  läßt  sich  nach  Krüger  53,  1,  10  das  prae- 
sens wohl  rechtfertigen,  insofern  eben  nur  der  inhalt  des  verbs, 
nicht  die  zeit  in  betracht  kommt  208,  14;  1072,  18;  342,  6; 
389,  23;  498,  22;   1168,  3. 

426,1 5 ;  499,20  kann  man  erklären  ohne  an  ein  futur  zu  denken. 

Der  an  sich  mit  dem  Sprachgebrauch  nicht  in  Widerspruch 
stehende  — sicher  überlieferte —  infinitiv  praesentis  nach  pteWsiv 
wird  besonders  durch  die  formen  nlüi  168,  10  (vgl.  übrigens 
1142,  7;  985,  22)  und  SianUlv  997,15,  wo  kaum  ein  irrthum 
des  Schreibers  anzunehmen  ist ,  gehalten ;  man  wird  also  auch 
1152,  7;  799,  5;  815,  14;  48,  6;  163,  5,  824,  23  bei  der 
handschriftlichen  Überlieferung  bleiben  müssen  ;  und  selbst  den  in- 
finitiv aor.  583,  22  und  1122,  24  wage  ich  zu  halten;  die  Si- 
cherheit der  Überlieferung  auch  noch  betonen  beim  infinitiv  aoristi 
244,11;  245,23;  1156,12;  356,15;  375,15;  701,16;  158,4; 
363,  11. 

Auch  für  das  participium  perfecti  findet  sich  das  parti- 
cipium  praesentis  (yu/joviiiirj  584,3;  aiooiiitn,!  633,12,  vgl.  je- 
doch uvuioni<ntv<>v  800,  8),  wo  eine  erklärung  nicht  zu  finden  ist. 
—  An  //rrcoMfrod,'  764,  25  und  ritrcapthov  976,  4  dürfte  mit 
rücksicht  auf  Krüger  53,  1,  3  kein  anstoß  zu  nehmen  sein.  — 
Die  participia  praesentis  von  atoinslta&ai  805,  14;  983,  20, 
(wohl  auch   823,  21)  vertreten  imperfecte. 

Bei  Appian  findet  sich  eaviov  etc.  als  indirek- 
tes reflexiv  äußerst  selten,  sehr  häufig  natürlich 
das  eigentliche  in  d  i  r  ect  e  reflexiv  o  I,  a  q  ä  v  etc.,  dane- 
ben an  zahlreichen  (c.  10  0)  stellen  avrnv  eins  etc., 
was  Mendelssohn  mit  wenigen  —  jedenfalls  nicht 
beabsichtigten  —  ausnahmen  666,  7,  8;  1146,  19; 
entweder  in  oder  unter  dem  text  ins  reflexiv  av- 
roi"  etc  ändert,  wiewohl  auch  sonst  Schwankungen  des  ac- 
cents  bei  diesem  pronomen  in  den  handschriften  nur  verein- 
zelt vorkommen.  —  Nun  finden  sich  für  das  eigentliche  re- 
flexiv die  formen  iavzov  etc.  4 — 5  mal,  bis  einmal  die  form  av- 
Philol.  Anz.  XIV.  36 


522  94.  Protagoras.  Nr.   10. 

roll  etc.  vorkommt.  Warum  sollen  nun  (nach  Mendelssohns  vor- 
schlagen) die  formen  avzov  etc.  gerade  als  indirektes  reflexiv  so 
bedeutend  überwiegen?  —  Es  ist  auch  nicht  gegen  den  allge- 
meinen Sprachgebrauch  avzov  eins  etc.  zu  setzen ,  wo  man  das 
indirekte  reflexiv  erwartet.  (Krüger  51,  2,  5).  —  Somit  wird 
die  behau  ptung,  daß  Appian  unter  außerachtlas- 
sung  der  beziehung  auf  das  subjekt  an  diesen  stel- 
len nur  von  seinem  Standpunkt  aus  referiere,  nicht 
zu  gewagt  sein.  Z.  b.  483,  16  vpfitaai;  5'  av  zivatj  avzm 
(Mendelssohns  text  avzcp)  8u\  t/)j>  rjzzav  fni&rjaso&ai  überzeugt, 
daß  manche  ihn  wegen  seiner  niederlage  angreifen  würden.  — 
Appian  läßt  also  nicht  den  Mithridates  reflektieren,  sondern  spricht 
über  ihn  als  einen  reflektierenden. 

Möge  es  mir  gelungen  sein  auf  einige  von  den  vielen  durch 
Mendelssohn  in  bezug  auf  den  Sprachgebrauch  Appians  ange- 
regten fragen   eine  befriedigende  antwort  gegeben  zu  haben. 

Loesch. 

94.  Wilhelm  Halbfaß,  die  berichte  des  Piaton  und 
Aristoteles  über  Protagoras  mit  besonderer  berücksichtigung  sei- 
ner erkenntnistheorie.  Leipzig,  Teubner  1882.  gr.  8  p.  153 
—  210.  (Abdruck  aus  dem  13.  supplementbande  der  Jahrbücher 
für  classische  philologie).      1   mk.   80   pf. 

Der  verf.  bemüht  sich  um  den  nachweis,  daß  der  bekannte 
Satz  des  Protagoras:  tzuvtcoi>  ^gy^azaiv  /Airgov  ai&yconoL;  —  zu 
übersetzen  sei:  aller  dinge  maß  ist  der  mensch  als  solcher 
(im  generellen,  nicht  im  individuellen  sinne).  Eine  betrachtung 
des  historischen  Zusammenhanges  und  eine  genaue  Zergliederung 
der  darstellung  des  Piaton  und  Aristoteles  soll  es  wahrschein- 
lich machen ,  daß  die  „extrem  individualistische"  auslegung, 
welche  diese  dem  protagoreischen  satze  gegeben  haben ,  nicht 
im  sinne  des  Protagoras  sei,  und  von  hier  aus  auch  eine  berich- 
tigte bestimmung  des  von  Protagoras  in  der  praktischen  philo- 
sophie  eingenommenen  Standpunktes  ermöglichen.  Nur  die  sub- 
jective  Wirklichkeit  aller  Vorstellungen  habe  Protagoras  behaupten, 
einen  objectiven  werth  aber  nur  den  normalen  aiadrjösig  xai 
xaza.  zavzaq  ör'|«t  zuschreiben  wollen.  Vergleicht  man  den  beginn 
dieser  Untersuchung  mit  dem ,  was  Peipers  p.  44  —  49  seiner 
„Erkenntnistheorie  Piatos"  auseinandersetzt,  so  kann  es  den  an- 


Nr.    10.  94.   Protagoras.  523 

schein  gewinnen ,  als  wenn  sich  der  verf.  ganz  an  Peipers  an- 
schlösse und  nur  eine  ausführlichere  begründung  für  dessen  an- 
sieht geben  wollte.  Liest  man  aber  nach  der  vorliegenden 
schrift,  was  Peipers  p.  290  ff.  auseinandersetzt,  so  überzeugt  man 
sich  ,  daß  die  ansieht  desselben  vielmehr  in  principiellem  ge- 
gensatze  zu  der  hier  verfochtenen  steht.  Denn  Peipers  leugnet 
ja  nicht,  daß  nach  Protagoras  allen  menschlichen  auffassungen 
nicht  nur  „subjeetive  Wirklichkeit"  sondern  auch  subjeetive 
gültigkeit,  den  dissentirenden  urtheilen  gleiche  berechtigung 
zukommen  müsse ,  er  spricht  nur  dem  Protagoras  die  ausdrück- 
liche annähme  ab,  daß  die  auffassungen  der  menschen  that- 
sächlich  unbegrenzt  verschiedene  seien.  Darum  bezweifelt 
Peipers  auch  nur,  daß  der  zusatz :  cog  oia  (isv  exaara  ifxol 
q/aiveraig  roiavza  fisv  eativ  i/xoC  xtl.  ein  wörtliches  citat  sei, 
obwohl  auch  für  ihn ,  wie  es  mir  wenigstens  scheinen  will, 
dieser  zweifei  nicht  eigentlich  motiviert  ist,  und  ohne  daß  es  ihm 
gelungen  wäre ,  seinen  zweifei  ausreichend  zu  begründen.  Zu 
einem  weit  radicaleren  verfahren  sieht  sich  jedoch  der  verf.  ge- 
nöthigt :  er  spricht  nicht  nur  jenen  satz  dem  Protagoras  ab  und 
erklärt  ihn  für  eine  bloße  erläuterung  Piatons  —  womit  es  sich 
doch  übrigens  nicht  recht  zu  reimen  scheint,  daß  Piaton  den 
terminus  Boxsip,  durch  den  das  quirtoOai  in  späteren  anführungen 
ersetzt  wird,  nicht  richtig  aufgefaßt  haben  soll  (p.  187)  — , 
sondern  er  zweifelt  auch  die  authenticität  des  ersten  Zusatzes : 
iwv  fxev  optooi  rot,'  tan,  räv  de  ixij  ovtcov ,  oog  ovk  satt  an  und 
leugnet  entschieden,  daß  Protagoras  selber  seinen  satz  irgend 
wie  auf  heraklitische  annahmen  gestützt ,  und  daß  schon  Prota- 
goras den  ,,correlativismus"  gelehrt  habe.  So  bleibt  denn  dem 
verf.  schließlich  als  das  einzig  authentische  bruchstück  einer  pro- 
tagoreischen  erkenntnistheorie  nichts  anderes  übrig  als  die  vier 
worte:   advTmv  %Qt]uaTmv  [A£tqov   avOgconog. 

Bei  aller  anerkennung  der  gelehrsamkeit  und  des  Scharf- 
sinnes, welche  der  verf.  auf  die  vertheidigung  seiner  these  ver- 
wandt hat,  kann  ich  doch  nicht  finden,  daß  es  ihm  gelungen 
sei ,  dieselbe  irgendwie  wahrscheinlich  zu  machen ;  die  Überzeu- 
gungskraft seiner  ausführuugen  scheint  mir  übrigens  gerade  da- 
durch erheblich  geschmälert  zu  werden,  daß  neben  manchen  ar- 
gumenten,  die  zwar  keineswegs  entscheidend  sind,  aber  immerhin 
einige  beachtung  verdienen,  auch  viele  ganz  hinfällige  nicht  ver- 

36* 


524  95.  Paroemiographen  Nr.   10. 

schmäht  sind.  Der  räum  gestattet  mir  hier  nicht  eine  darlegung 
des  gedankenganges  und  eine  ins  einzelne  gehende  kritik;  nur 
daran  sei  erinnert,  daß  das  ganze  unternehmen  aussichtslos  oder 
vielmehr  unmöglich  gewesen  wäre,  wenn  abgesehen  von  anderen 
quellen  Sextus  Empiricus  die  gebührende  Schätzung  gefunden 
hätte.  Gelegentlich  freilich  (p.  163  oben),  wo  es  seinem  zwecke 
förderlich  erscheint,  verschmäht  es  der  verf.  doch  wieder  nicht, 
sich  auf  Sextus  Empiricus  zu  berufen.  H.  v.  Kleist. 

95.  Otto  Crusius,  Analecta  critica  ad  paroemiographos 
graecos.     Lipsiae,  Teubner   1883.      8.      174  p.      4  mk. 

Die  in  der  anzeige  der  Warnkroß'schen  schritt  (Philol.  anz. 
XIII,  316  ff.)  ausgesprochene  erwartung ,  daß  das  Studium  der 
parömiographen,  das  so  lange  darniederlag,  nunmehr  wieder  in 
fluß  kommen  werde ,  hat  sich  rasch  erfüllt.  Der  arbeit  von 
Warnkroß  folgte  die  schritt  von  H.  Jungblut  auf  dem  fuße  (s. 
Philol.  anz.  XIII,  322).  Und  nun  liegt  uns  wieder  eine  auf 
gründlichen  Studien  und  umfassenden  kenntnissen  beruhende  sorg- 
fältige und  ergebnisreiche  arbeit  vor.  In  vielen  punkten  die 
von  Warnkroß  und  Jungblut  begonnenen  Untersuchungen  er- 
gänzend ,  berichtigend  und  weiterführend ,  entwirft  Crusius  ein 
zusammenfassendes  bild  von  dem  zustand  der  Überlieferung,  von 
der  entstehung  und  dem  Zusammenhang  der  verschiedenen  par- 
ömien  -  Sammlungen,  die  unter  dem  namen  des  Zenobios  überlie- 
fert oder  mit  dem  werke  des  Zenobios  irgendwie  verbunden  sind. 
Wenn  wir  die  großen  Schwierigkeiten  in  betracht  ziehen,  denen 
die  forschung  auf  diesem  gebiet  in  folge  des  vollständigen  man- 
gels an  kritischen  ausgaben  und  der  weitschichtigkeit  des  überall 
zerstreuten  materials  auf  schritt  und  tritt  begegnet,  so  können 
wir  nicht  umhin  dem  Verfasser  unsern  lebhaften  dank  auszu- 
sprechen, daß  er  trotzdem  diese  aufgäbe  unternommen  und  in 
so  glücklicher  weise  gelöst  hat.  Crusius  beherrscht  die  parömio- 
graphische  litteratur  wie  vielleicht  kein  anderer,  und  diese  Sach- 
kenntnis befähigt  ihn  den  gegenständ  in  einer  geradezu  muster- 
haften weise  zu  behandeln.  Allerdings  sind  nicht  alle  resultate 
von  derselben  evidenz  und  die  beweise  für  die  ausgesproche- 
nen vermuthungen  nicht  alle  von  gleicher  Überzeugungskraft;  über 
manche  punkte  wird  man  gut  thun  das  urtheil  vorläufig  zurückzu- 
halten.    Aber  das  ist  unter  den    angegebenen  umständen  natür- 


Nr.    10.  95.  Paroemiographen.  525 

lieh,  und  der  Verfasser  ist  selbst  oft  genug  in  der  läge  gewisse 
dinge  als  zur  zeit  offene  und  einer  genaueren  Untersuchung  be- 
dürftige fragen  zu  erklären,  weil  das  zu  ihrer  entscheidung  nö- 
thige  material  noch  nicht  herbeigeschafft  ist.  Die  bearbeitung 
der  parömiographen  befindet  sich  eben  noch  in  den  anfangen. 
Crusius'  arbeit  gibt  den  künftigen  forschern  eine  tüchtige  grund- 
lage  und  leitende   gesichtspunkte. 

Im  ersten  capitel  gibt  der  Verfasser  eine  Übersicht  über  die 
handschriften  des  Zenobios.  Der  bisher  in  unverantwortlicher 
weise  vernachlässigte  Laurentianus  (L),  der  für  die  ergänzung 
des  wahrscheinlich  durch  ausfall  eines  quatemio  lückenhaften 
Athous  (M)  ungemein  wichtig  ist,  wird  hier  zuerst  vollständig 
verwerthet.  (Crusius  konnte  Jungblut's  collation  benutzen).  M 
enthält  in  seinem  jetzigen  zustande  vier  sprichwörter-sammlungen. 
Aus  der  vergleichung  von  L  ergibt  sich ,  daß  der  archetypus 
von  ML  fünf  Sammlungen  enthielt :  in  M  ist  nicht  nur  der  größte 
theil  der  dritten  und  der  anfang  der  vierten  Sammlung  ausge- 
fallen, sondern  auch  eine  fünfte  Sammlung,  die  im  archetypus 
zwischen  der  dritten  und  der  vierten  stand  ;  M  IV  ist  also  fortan 
als  V  zu  bezeichnen.  M  hat  die  richtige  reihenfolge  der  Samm- 
lungen bewahrt,  in  L  ist  sie  verändert  und  durch  die  gramma- 
tischen excerpte  auseiuandergerissen.  Die  Sammlungen  I — III 
gehören  zusammen  und  bilden  ein  ganzes,  sie  enthalten  das  werk 
des  Zenobios  in  seiner  ursprünglichen  (nicht-alphabetischen)  ge- 
stalt.  Andere  form  zeigen  die  parömien  der  Sammlung  V  (= 
M  IV) :  sie  sind  alphabetisch  geordnet ,  im  inhalt  zum  theil  mit 
Zenobios  verwandt.  Ganz  verschieden  ist  Sammlung  IV  (die 
in  M  ausgefallen  ist) :  die  einzelnen  Sprichwörter  finden  sich 
zwar  in  den  vulgären  Zenobios-handschriften,  die  Sammlung  rührt 
aber  jedenfalls  von  einem  andern  autor  her  als  I — III.  Nach 
eingehender  analyse  derselben  stellt  Crusius  die  vermuthung  auf, 
daß  wir  es  hier  mit  der  sogenannten  Plutarchischen  Sammlung 
alexandrinischer  Sprichwörter  zu  thun  haben ,  für  welche  frü- 
her die  erste  Sammlung  des  L  (=  M  III)  gehalten  wurde :  die 
Unterschrift  in  L  niovriio^ov  naQui^ün  at<i  'A'kttuvÖQEi^  £%ya>v7o 
bezog  sich  ursprünglich ,  meint  Crusius ,  nicht  auf  die  vor- 
angehende Sammlung  (III),  sondern  auf  die  folgende  (IV). 
Mit  dieser  durchaus  einleuchtenden  annähme  ist  die  controverse 
über    den    Ursprung    der    sogenannten  Plutarchischen    Sammlung 


526  95.  Paroemiographen.  Nr.   10. 

(s.  Philol.  anz.  XIII,  320)  endgiltig  beseitigt.  Es  bleibt  nur 
noch  zu  untersuchen ,  ob  Plutarcb  wirklich  der  Verfasser  dieser 
Sammlung  (IV)  ist  oder  ob  ihm  diese  schrift  über  parömien 
fälschlich  beigelegt  wurde.  —  Der  Überlieferung  in  ML  stehen 
gegenüber  die  vulgärhandschriften  des  Zenobios,  die  alle  aus 
einem  alphabetisch  angelegten  archetypus  stammen  und  wiederum 
in  zwei  classen  zerfallen ,  von  denen  die  eine  durch  den  Pari- 
sinus 3070b  (P)  und  den  Harleianus  (H),  die  andere  durch  den 
Bodleianus  (B)  Vaticanus  (V)  und  Parisinus  1773  (A)  gebildet 
wird.  Aus  einer  dem  Bodleianus  ähnlichen  handschrift  sind 
nach  Crusius  die  sogenannten  Diogenian-handschriften  geflossen. 
Er  nimmt  mit  Jungblut  an ,  daß  die  unter  Diogenians  namen 
gehende  Sammlung  nur  durch  ein  misverständnis  dem  Diogenian 
beigelegt  worden  sei.  Mir  .  scheint  Jungblut's  annähme  noch 
nicht  außer  allem  zweifei.  Der  name  des  Diogenian  in  dem  ein- 
leitenden traetat  (dioyevturov  tzeqI  nttQOifxmv}  läßt  sich  nicht 
wegschaffen :  die  von  Crusius  (p.  25)  versuchte  erklärung  genügt 
nicht.  Die  sache  verdient  eine  nochmalige  prüfung ,  wozu  vor 
allem  eine  Untersuchung  der  Diogenian-handschriften  nöthig  ist. 
—  Eine  weitere  benutzung  des  durch  Ch.  Grraux  bekannt  ge- 
wordenen Escurialensis  (2  —  I  —  20),  der  eine  aus  zwei  ex- 
emplaren  des  Zenobios  und  aus  Suidas  compilierte  farrago  von 
ca.  1200  parömien  enthält,  ist  durch  Crusius'  bemerkungen  über 
denselben  fast  entbehrlich  geworden.  Crusius  hat  entdeckt,  daß 
die  Sammlung  bereits  gedruckt  vorliegt:  eine  Aldina  vom  jähre 
1505  enthält  u.  a.  die  vollständige  Sammlung  des  Escurialensis, 
aus  welchem  Graux  nur  einige  proben  gegeben  hatte. 

In  den  beiden  anderen  capiteln  geht  der  Verfasser  genauer 
auf  den  inhalt  der  beiden  recensionen  des  Zenobios  ein.  Er 
handelt  zuerst  über  den  zustand  der  Überlieferung  im  Miller'schen 
Zenobios  und  wendet  sich  hier  mit  recht  gegen  Warnkroß,  der 
unter  verkennung  der  thatsächlichen  Verhältnisse  die  Athos-hand- 
schrift  zu  sehr  überschätzte,  während  Jungblut  ihren  werth  im 
allgemeinen  auf  das  richtige  maß  zurückführte  (vgl.  auch  meine 
Untersuchungen  über  die  quellen  der  Plato  -  scholien  in  Fleckei- 
sen's  Jahrbuch,  suppl.  XIII,  843  ff.).  Crusius  zeigt  an  einer  reihe 
von  beispielen ,  daß  M  vielfach  eine  durch  Verkürzung ,  auslas- 
sung,  willkürliche  änderung  und  interpolation  entstandene  schlech- 
tere Überlieferung  aufweist    als    die  vulgata ,    daß    namentlich   P 


Nr.   10.  95.  Paroemiographen.  527 

an  vielen  stellen  das  ursprüngliche  reiner  und.  vollständiger  be- 
wahrt hat  als  M.  Diese  ausführungen  enthalten  zugleich  viele 
beitrage  zur  kritik  und  exegese  der  parömien  im  einzelnen  und 
eine  fülle  von  lehrreichen  und  interessanten  bemerkungeu  über 
die  beziekungen  der  Sprichwörter  zur  litteratur,  insbesondere  zur 
komödie.  —  Von  besonderer  Wichtigkeit  ist  aber  der  folgende 
abschnitt  über  die  anordnung  der  Sprichwörter  in  M.  Die  Un- 
ordnung und  regellosigkeit  in  der  aufeinanderfolge  der  parömien 
(in  I — III)  ist  nur  eine  scheinbare,  bei  genauerem  zusehen  er- 
kennt man  eine  gewisse  Ordnung  theils  nach  formellen  theils 
nach  sachlichen  gesichtspunkten.  Hier  und  da  findet  man  eine 
reihe  von  Sprichwörtern  zusammengestellt,  die  entweder  in  ihrem 
inhalt  eine  gewisse  Verwandtschaft  zeigen  oder  in  der  form  der 
erklärung  einander  gleichen.  Diese  art  der  anordnung  findet 
sich  hauptsächlich  in  Sammlung  I.  Sehr  scharfsinnig  und  von 
großer  bedeutung  sind  Crusius'  beobachtungen  über  die  Samm- 
lungen II  und  III  Die  ersten  28  Sprichwörter  der  zweiten  Samm- 
lung zeigen  in  stil,  inhalt  und  erklärung  eine  auffallende  Über- 
einstimmung :  sie  sind  mythisch-historischen  inhalts  und  beziehen 
sich  meist  auf  attische  mythen  und  einrichtungen.  An  fünf 
stellen  wird  Demon  genannt,  der  außer  einer  Atthis  eine  schrift 
ntiH  naQoiftimv  verfaßte:  Crusius  folgert  demgemäß,  daß  wir  in 
dem  anfang  des  zweiten  buches  des  Zenobios  ein  excerpt  aus 
Demon ,  also  einem  der  ältesten  parömiographen ,  haben.  Eine 
zusammenhängende  reihe  bilden  ferner  II,  45  —  65,  eine  Zusam- 
menstellung von  (hauptsächlich  tragischen)  versen  und  verstheilen, 
die  von  komikern  parodiert  und  darnach  sprichwörtlich  gebraucht 
wurden  (45 — 58),  und  von  dialektischen  Sprichwörtern,  xard 
y\<»T7uv  eiQTipeva  (59  —  65).  Crusius  vermuthet  nicht  ohne  grund 
als  Verfasser  dieser,  wie  es  scheint,  allerdings  stark  verkürzten 
gattung  von  parömien  den  grammatiker  Aristophanes  von 
Byzanz.  In  Sammlung  III  sind,  wie  bereits  F.  Scholl  bemerkt 
hatte,  die  parömien  nach  den  einzelnen  Schriftstellern  und  klassen 
von  Schriftstellern  geordnet ,  aus  denen  sie  entlehnt  sind.  Der 
bei  weitem  größere  theil  derselben  ist,  wie  Crusius  im  einzelnen 
nachweist,  aus  philosophen  und  historikern  (hauptsächlich  aus 
Aristoteles  und  den  peripatetikern  und  späteren  geschichtsschrei- 
bern  wie  Duris),  der  rest  aus  dichtem  (besonders  der  sicilischen 
und    attischen    komödie)    ausgezogen.      An    diese    beobachtungen 


528  95.   Paroemiographen.  Nr.   10. 

knüpft  dann  Crusius  seine  Schlüsse  über  die  entstehung  und  die 
ursprüngliche  form  des  Zenobianischen  werkes.  Es  war  in  der 
weise  angelegt,  daß  in  die  erste  und  zweite  Sammlung  haupt- 
sächlich excerpte  aus  den  werken  der  älteren  parömiographen 
aufgenommen  wurden,  in  die  dritte  Sammlung  dagegen  excerpte 
aus  Schriftstellern,  bei  welchen  Sprichwörter  beiläufig  erwähnt 
und  erklärt  waren,  und  dichterstellen,  die  sprichwörtlich  gebraucht 
wurden.  Diese  dritte  Sammlung ,  in  der  sich  der  emsige  fleiß 
eines  grammatikers  documentiert ,  der  bei  den  verschiedensten 
Schriftstellern  parömien  aufsucht,  glaubt  Crusius  unbedenklich  auf 
Didymos  zurückführen  zu  können.  Aber  auch  in  der  ersten 
und  zweiten  Sammlung  finden  sich  genug  spuren  der  gelehrsam- 
keit  dieses  grammatikers ,  daß  man  ihn  auch  in  diesen  als  eine 
hauptquelle  des  Zenobios  ansehen  darf,  und  der  titel  des  parö- 
mien-werkes  des  Didymos  ngh „•  mvg  ntgi  nugoi/niojv  avneTu^örat; 
läßt  darauf  schließen,  daß  Didymos  die  von  früheren  parömio- 
graphen gesammelten  parömien  in  sein  werk  aufnahm  und  er- 
läuterte. Crusius  ist  deshalb  geneigt,  den  antheil  des  Lukillos 
Tarrhaios  an  dem  werke  des  Zenobios  gering  anzuschlagen, 
er  erklärt  sich  mit  Jungblut  gegen  Warnkroß'  annähme,  daß 
Zenobios  das  werk  des  Didymos  nicht  direkt,  sondern  durch  ver- 
mittelung  des  Tarrhaios  benutzte.  In  der  that  scheint  Warn- 
kroß mit  dieser  aufstellung  über  das  ziel  hinausgeschossen  zu 
haben :  das  werk  des  Zenobios  war  nach  der  einfachen  erklärung 
des  titeis  {ßnnofii]  7cüp  Taggatov  xat  JtbvfAOv)  ein  auszug  aus 
den  werken  des  Didymos  und  des  Tarrhaios.  Jungblut  und 
Crusius  scheinen  mir  nun  aber  in  das  andere  extrem  zu  verfallen, 
indem  sie  den  größten  theil  des  Zenobios  auf  Didymos  zurück- 
führen und  das  eigenthum  des  Tarrhaios  auf  ein  minimum  re- 
ducieren  wollen.  Daß  Stephanos  von  Byzanz  und  der  Plato-scho- 
liast,  welche  Tarrhaios  citieren ,  aus  Zenobios  geschöpft  haben, 
glaube  ich  nicht.  Jungblut's  ausführungen  über  Stephanos 
s.  v.  ^mdcßvt]  (/iwdeovalov  %aXxiov)  und  Schol.  Plat.  ßep. 
337  üagdario^  yeXmg  (p-  30  ff.)  haben  mich  nicht  davon  über- 
zeugt, daß  diese  stellen  nicht  ganz  aus  Tarrhaios  sein  können. 
Bei  der  erklärung  des  Sprichwortes  dwdtai'ulav  xakxiov  geben 
die  worte  des  Tarrhaios  am  Schlüsse  nur  eine  bestätigung  des- 
sen ,  was  Polemo  berichtete  ,  der  Verfasser  fügt  aus  eigener  an- 
schauung  hinzu,  wie  sich  die  sache  zu  seiner  zeit  verhielt.    Auf 


Nr.    10.  95.    Paroeniiographen.  529 

dieselbe  weise  läßt  sich  bei  dem  Sprichworte  Zay8avio^  yulcog 
die  ähnlichkeit  der  worte  des  Tarrhaios  (im  Schol.  Plat )  mit 
denen  des  Silen  (bei  Phot.)  erklären:  Tarrhaios  erzählt,  daß 
er  von  eingeborenen  in  Sardinien  dasselbe  gehört  habe ,  was 
Silen  berichtete  (der  scholiast  hat  die  worte  des  Silen  ausgelas- 
sen); er  verwirft  aber  diese  erklärung  (ovim  81  2uü8<irt(i<;  ov 
Xiyotio,  nu)  ov  2txü8üvtog)  und  schließt  sich  der  gewöhnlichen 
an  (nrJ7ioTe  ovv  xr?..:  diese  worte  stehen  durchaus  in  keinem  ge- 
gensatz  zu  der  bemerkung  des  Tarrhaios).  Nehmen  wir  an, 
daß  Photios  aus  Pausanias  und  dieser  aus  Didyrnos  '),  der  Plato- 
scholiast  und  Zenobios  aber  aus  Tarrhaios  geschöpft  haben ,  so 
ist  alles  in  bester  Ordnung.  Im  übrigen  will  ich  Crusius  gern 
zugestehen ,  daß  das  Verhältnis  des  Tarrhaios  zu  Didymos  zu 
den  noch  unaufgeklärten  fragen  gehört  und  einer  besonderen 
Untersuchung   bedarf. 

Die  andere  recension,  die  durch  PBVA  repräsentierte  vul- 
gata,  ergänzt  den  Miller'schen  Zenobios  vielfach  durch  größere 
Vollständigkeit  und  bessere  Überlieferung  innerhalb  der  einzelnen 
parömien.  Aber  nicht  alles ,  was  in  diesen  handschriften  sich 
findet,  darf  als  zenobianisch  angesehen  werden.  Der  größte 
theil  derjenigen  parömien,  die  im  Miller'schen  Zenobios  nicht 
enthalten  sind,  stammt  aus  andern  quellen.  Daß  der  diaskeuast, 
auf  welchen  der  archetypus  der  vulgärhandschriften  zurückzu- 
führen ist,  neben  dem  werke  des  Zenobios  noch  andere  quellen 
benutzte,  ergiebt  sich  schon  daraus,  daß  vielfach  dasselbe  Sprich- 
wort an  zwei  verschiedenen  stellen  erklärt  wird.  Als  nicht-ze- 
nobianisch  und  interpoliert  müssen  z.  b.  solche  parömien  gelten, 
die  sich  auf  thierfabeln  beziehen  und  aus  aesopischen  fabeln 
stammen ,  und  solche  die  aus  Lukian  entlehnt  sind.  Die  inter- 
polierten parömien  bilden  innerhalb  der  einzelnen  buchstaben 
fortlaufende  reihen,  die  sich  den  in  M  enthaltenen  echt  zenobia- 
nischen  gegenüber  deutlich  abheben.  Es  fragt  sich  nun ,  woher 
diese  interpolierten  reihen  stammen.  Für  diese  frage  ist  nach 
Crusius  ein  schon  früher  von  M.  Schmidt  bemerkter  umstand 
von  großer  bedeutuug.  M.  Schmidt  wies  darauf  hin ,  daß  na- 
mentlich   im    Bodleianus    und    in    den    Diogenian  -  handschriften 

1)  Aus  derselben  quelle  wie  der  artikel  des  Photios  d.  h.  aus 
Didymos  ist  auch  Schol.  V  zu  Odyss.  «P  302  (=  Eust.  p.  1893,  6) 
geflossen. 


530  95.  Paroemiographen.  Nr.    10. 

sprichwörter-reihen,  in  denen  die  beobachtung  der  alphabetischen 
reihenfolge  sich  auf  die  zwei  ersten  buchstaben  erstreckt,  mit 
solchen  abwechseln,  in  denen  diese  regel  vollständig  vernachläs- 
sigt ist.  Crusius  erweitert  nun  diese  beobachtung  dahin,  daß  die 
zuerst  genannten  reihen  fast  durchweg  nur  solche  Sprichwörter 
enthalten ,  die  im  Miller'schen  Zenobios  fehlen ,  die  Sprichwörter 
der  anderen  classe  dagegen  sämmtlich  auch  in  M  vorkommen. 
Dies  wird  im  einzelnen  am  Bodleianus  nachgewiesen  und  es  er- 
gibt sich  turbata  illa  agmina  Zenobian  a  esse,  accuratius 
disposita  non  inveniri  in  Athoo ,  sed  complecti  omnia  fere  prover- 
bia  aliis  de  causis  suspecta  (p.  109).  Aus  dem  charakter  der 
parömien  schließt  Crusius,  daß  dies  alphabetisch  angelegte  werk, 
aus  welchem  der  interpolator  schöpfte,  von  einem  Sophisten  oder 
rhetor  in  der  zeit  nach  Lukian  verfaßt  ist.  Nun  ist  aber  die 
fünfte  Sammlung  in  M  L  in  derselben  weise  alphabetisch  ange- 
legt und  die  parömien  zeigen  denselben  sophistischen  charakter 
und  haben  dieselbe  reihenfolge  wie  die  entsprechenden  in  P  B 
Diog. :  Crusius  schließt  also  mit  recht :  Zenobius  volgatus  interpo- 
latus  est  ex  conlectione  aliqua  Mülerianae  V  plane  gemella  (p.  113). 
Ob  Crusius  die  zeit  der  entstehung  dieser  Sammlung  richtig  be- 
stimmt hat,  möchte  ich  bezweifeln.  Die  ansieht  von  M.  Schmidt 
und  Warnkroß,  daß  die  Zenobios  -  handschriften  (besonders  B) 
aus  Diogenian  interpoliert  seien,  läßt  sich  aufs  beste  mit  dem  er- 
gebnis  von  Crusius'  Untersuchungen  verbinden ,  wenn  wir  als 
Verfasser  der  alphabetischen  Sammlung,  von  der  in  MLV  bruch- 
stücke  erhalten  sind,  Diogenian  annehmen  (s.  Fleckeisens  Jahrbuch, 
suppl.  XIII,  839  anm.).  —  Da  auch  die  parömien  der  vierten  Samm- 
lung in  M  L  (Plutarch)  in  den  vulgärhandschrif'ten  des  Zenobios 
vorkommen,  so  benutzte  also  der  grammatiker  ,  auf  den  der  ar- 
chetypus  der  vulgata  zurückzuführen  ist,  alle  fünf  Sammlungen 
des  archetypus  von  M  L.  Im  Bodleianus  ist  außerdem  eine 
zweite  alphabetische  reihe  bemerkbar ,  noch  sorgfältiger  als  die 
erste  (mit  drei  bis  vier  buchstaben):  in  dieser  findet  man  jedoch 
nicht  eigentliche  parömien,  sondern  meist  HSsig ,  in  denen  z.  b. 
gerichtsausdrücke  und  andere  auf  Athen  bezügliche  dinge  er- 
klärt werden.  Alle  diese  glossen  sind  offenbar  aus  einem  lexikon 
interpoliert,  wie  man  auch  daraus  ersehen  kann,  daß  die  meisten 
dieser  ausdrücke  bei  Photios  vorkommen  und  in  derselben  weise 
erklärt  werden.  —     In  zwei  appendices  sind  die  vom  Verfasser 


Nr.    10.  96.  Iulius  Caesar.  531 

aus  Denion  abgeleiteten  und  die  auf  Aristophanes  von  Byzanz 
zurückgeführten  parömien  der  zweiten  Sammlung  zusammenge- 
stellt und  besprochen. 

Vorstehende  skizze  hat  hauptsächlich  den  zweck,  dem  leser 
eine  Vorstellung  zu  geben  von  dem  reichen  inhalt  des  buches  und 
der  menge  wichtiger  fragen,  die  in  demselben  behandelt  und  ange- 
regt werden.  Noch  bleibt  genug  auf  diesem  gebiet  zu  thun 
übrig.  Eine  kritische  ausgäbe  der  parömiographen  ist  dringend 
nöthig.  Es  muß  das  Verhältnis  der  secundären  hülfsmittel  un- 
seres Corpus  Paroemiographorum  zu  den  primär-quellen  genauer 
untersucht  und  festgestellt ,  das  parömiographische  material ,  das 
in  den  einzelnen  scholien  -  Sammlungen  und  Wörterbüchern  ent- 
halten ist ,  zusammengebracht  und  verglichen  werden  u.  s.  w. 
Möge  es  dem  Verfasser  vergönnt  sein,  uns  bald  mit  einer  neuen 
frucht  seiner  parömiographischen  Studien  zu  erfreuen,  und  möge 
sein   beispiel  viele  nachahmung  finden. 

Die  ausstattung  ist  gut,  der  druck  correct.  P.  95  anm.  ist 
Cr  am.   An.  Oxon.  (statt  Bekkeri  anecd.)  zu  lesen. 

Leopold  Colin. 


96.  August  Schleußinger,  Studie  zu  Cäsars  Rhein- 
brücke. Separatabdruck  aus  den  blättern  für  bayrisches  gym- 
nasialschulwesen.  München  ,  J.  Lindauer'sche  buchhandlung 
(Schöpping).      1884.     40   p.      8. 

Seitdem  für  die  erläuterung  des  Cäsar'schen  brückenbaus 
die  techniker  den  philologen  zu  hülfe  gekommen  sind,  werden 
nicht  mehr  aufsätze ,  sondern  bücher  darüber  geschrieben.  Es 
handelt  sich  eben  nun  nicht  mehr  allein  um  die  construction, 
sondern   auch  um   die  art  und   die  mittel  der  herstellung. 

Dem  obersten  von  Cohausen  gebührt  das  verdienst,  zuerst 
mit  einer  arbeit  von  diesem  bereich  hervorgetreten  zu  sein-,  sein 
buch  ist  bei  Teubner  1867  unter  dem  titel  Cäsars  Rheinbrücken 
erschienen. 

Zu  völlig  abweichenden  Vorstellungen  gelangt  ein  anderer 
techniker,  der  baurath  Rheinhard  (söhn),  in  seiner  technisch-kri- 
tischen Studie  Cäsars  Rheinbrücke  1883,  deren  ergebnisse  in  die 
neueste  illustrirte  ausgäbe  der  commentarien  seines  vaters ,  des 
professors  Rheinhard ,  aufgenommen  worden  sind.  Dieser  weist 
zu  anfang  und  nebenbei  die  abenteuerliche  vermuthung  Maurers 


532  96.  Iulius  Caesar.  Nr.   10. 

in  Cruces  philologicae  zurück ,  „der  die  tigna  sesquipedalia  mit 
der  schmalen  seite  gegen  den  ström  stellen ,  sie  hintereinander, 
nicht  quer,  sondern  in  der  richtung  des  Stroms  anbringen  will". 
Im  übrigen  entfernt  sich  seine  auffassung,  und  zwar  beinahe  in 
allen   punkten,  von  Cohausens   bauweise. 

Schleußinger  seinerseits  wendet  sich  nun  wieder  gegen 
Rheinhards  aufstellungen ,  im  allgemeinen  zu  den  ansichten  des 
obersten  zurückkehrend.  So  rügt  er  in  der  darstellung  des  bau- 
raths  zuerst  die  annähme,  daß  die  pfahlpaare  eingerammt  worden 
seien  •  er  meint  auf  Cohausens  autorität  hin ,  es  sei  hinreichend 
gewesen ,  sie  einfach  durch  Schlägel  in  den  kies  und  schlämm 
des  flusses  einzusenken,  und  zur  Unterstützung  dieser  meinung  führt 
er  auch  den  metaphrasten  an,  welcher  fistucis  durch  acpigan  Tia)v 
wiedergiebt :  als  ob  ein  sich  im  übersetzen  in's  griechische  üben- 
der franzose  (s.  Philol.  XII,  p.  147),  der  im  stände  ist  VI,  15 
gratiam  (so  viel  wie  einfluß,  ansehen  und  synonym  mit  dem  dar- 
auf folgenden  potentiam)  durch  nvnQmfiav  zu  übertragen,  weil 
ihm  das  französische  la  gräce  in  der  bedeutung  von  la  biensiance 
einfällt,  für  die  Interpretation  mehr  glauben  verdiente  als  für 
die  kritik.  Handelte  es  sich  hier  um  latten  von  zwanzig  fuß 
länge  und  zehn  fuß  schwere ,  würde  ein  schlägel  sich  wirksam 
erwiesen  haben ;  bei  diesen  anderthalb  fuß  starken  doppelpfählen, 
welche  etwa  eine  länge  von  dreißig  fuß  und  folglich  ein  gewicht 
von  mindestens  sechzig  centnern  hatten,  würde  ein  Werkzeug  der 
art  nichts  anderes  gewesen  sein  als  die  fliege  der  fabel  auf  dem 
wagen  des  fuhrmanns. 

Wenn  auch  nicht  in  seinem  buche ,  so  doch  in  der  seiner 
zeit  von  dem  Verfasser  gefälligst  mir  zur  einsieht  verstatteten 
metallographirten  copie  seiner  denkschrift  für  den  kaiser  Napo- 
leon III.  hat  der  oberst  von  Cohausen  das  wirkliche  feste  ein- 
rammen der  pfahlpaare  für  durchaus  zulässig,  ja  eher  für  nöthig 
erklärt.  Ich  führe  diese  stelle  hier  an,  weil  sie  zugleich,  wenn 
auch  nicht  die  einzige ,  doch  eine  sehr  leicht  ausführbare  art 
des  einrammens  angiebt.  „Sollte"  —  so  heißt  es  da  —  „das 
eintreiben  aus  freier  hand  bei  der  schwere  der  pfähle  zu  schwach 
erscheinen ,  so  könnte  man  sich  unter  den  fistucis  zwei  ramm- 
klotze  denken,  welche  an  Stangen,  die  an  den  pfählen  selbst  be- 
festigt waren,  auf-  und  abliefen  und  diese  in  schräger  richtung 
trafen,  also  etwa  so :" 


Nr.    10.  96.  Iulius  Caesar.  583 


Wahrscheinlich  hat  der  oberst  diese  stelle  und  diese  Zeich- 
nung, welche  ich  ihm  zu  ehren  wie  zur  förderung  der  sache 
glaube  der  Vergessenheit  entreißen  zu  müssen ,  im  buche  nur 
weggelassen ,  weil  sie  seiner  liebliugsidee ,  dem  weidenverband, 
eintrag  zu  thun  schien.  Hätte  Schleußinger  sie  gekannt,  würde 
er  sich  gegen  das  einrammen  nicht  so  absprechend  geäußert 
haben. 

Uebrigens  giebt  es  noch  andere  gründe,  aus  welchen  ein 
bloßes  leichtes  antreiben  vermittelst  des  hammers  hier  ganz  aus- 
geschlossen erscheinen  muß.  „Die  leute  stehen  dabei  auf  den 
holmenden",  sagt  Cohausen,  ich  citire  wieder  aus  der  denkschrift, 
„und  schlagen  abwechselnd  auf  den  rechten  und  auf  den  linken 
pfähl ,  was"  —  dies  ist  zusatz  des  buches  —  „die  elasticität 
ihrer  Verbindung  sehr  wohl  gestattet".  Aber  wie?  wenn  diese 
elastische  vei'bindung  durch  weidenbänder  nicht  angewendet 
worden  war?  die,  wenn  auch  jetzt  bei  den  flößen  auf  dem  Rhein 
üblich ,  damals  schwerlich  schon  im  gebrauch  war ,  wenn  auch 
auf  diesem  fluß  floßholz  zur  Versendung  gekommen  sein  sollte, 
wie  man  aus  dem  vierten  buch  Strabo's  entnehmen  will.  Es  ist 
ein  großer  irrthum,  wenn  man  glaubt,  daß  der  weidenverband, 
so  urwüchsig  er  uns  auch  erscheinen  mag,  das  alte  befestigungs- 
mittel  ist.  Odysseus  bohrt  in  die  stamme,  welche  sein  floß  bil- 
den sollen,  löcher  und  befestigt  sie  durch  (hölzerne  oder  metal- 
lene) bolzen  und  klammern  an  einander,  Od.  V,   248  : 

yöpcfniötv   8'   uqu   T)]vys   xai  uo/aoi  (yaiv  apygev, 
und  wenn  ihm  auch  weiden  in    menge    zu    geböte    stehen,    256, 
mit  denen   er  ringsherum   eine  schutzwehr  gegen  die   wellen  auf- 
führt,   von  weidenbändern  zur  weiteren  Verstärkung  des  zusam- 
menhaltens    der    balken    ist   nicht  die  rede.      War  aber  die  ver- 


534  96.  Iulius  Caesar.  Nr.   10. 

bindung  der  balkenpaare  bei  der  Rheinbrücke  eine  feste ,  so 
wurde  sie  durcb  das  abwechselnde  schlagen  bald  auf  den  einen 
pfähl  rechts ,  bald  auf  den  andern  pfähl  links ,  auch  bei  ganz 
geringer  Wirksamkeit  desselben,  erschüttert,  geschwächt  oder  wohl 
gar  auseinandergerissen ;  dies  abwechselnde  schlagen  ist  eben 
nur  denkbar  und  ausführbar  mit  den  Cohausenschen  weidenbän- 
dern;  da  Schleußinger  diese  aufgiebt,  muß  er  unbedingt  auch 
das  abwechselnde  hämmern  fallen  lassen ;  es  bleibt  nichts  übrig 
als  das  rammen  mit  zwei  gleitenden  rammböcken,  mögen  sie  nun 
in  der  von  Cohausen  angegebenen  oder  in  anderer  weise  in  an- 
wendung  gebracht  worden  sein. 

Und  hier  liegt  nun  außerdem  ein  handgreiflicher  Widerspruch 
des  technikers  vor,  der  seinen  nachsprechern  entgangen  zu  sein 
scheint.  „Um  den  schlägel  zu  gebrauchen",  so  schreibt  der 
oberst,  „sollen  die  leute  auf  den  holmenden  (oder  holmköpfen) 
stehen".  Aber  der  holm  —  daß  er  darunter  nicht  etwa  die 
junctura ,  sondern  die  trabs  bipedalis ,  die  von  einem  pfahlpaar 
zum  andern  reichte ,  verstand ,  zeigt  die  mir  vorliegende  Zeich- 
nung der  denkschrift,  welche  in  das  buch  nicht  übergegangen 
ist,  hier  auch  nicht  reproducirt  zu  werden  braucht  —  der  holm 
also  wurde  doch  erst  aufgelegt,  nachdem  die  pfahlpaare  einge- 
trieben waren ;  wie  hätten  demnach  die  leute  zum  eintreiben  auf 
seinen  enden  stehen  können?  denn  wäre  er  vor  dem  antreiben 
durch  die  schlägel  aufgelegt  worden,  so  hätten ,  da  er  ungefähr 
fünfzig  centner  schwer  war ,  durch  diese  last  die  beiden  pfahl- 
paare unfehlbar  gegen  einander  gedrückt  werden  müssen ;  ich 
begreife  sogar  nicht ,  wie  das  nicht  hätte  erfolgen  sollen ,  wenn 
sie  überhaupt  nur  mäßig  angetrieben  waren.  —  Oder  um  es 
noch  auf  andere  weise  zu  zeigen.  Schleußinger  selbst  macht 
die  sehr  richtige  bemerkung  (p.  14):  „das  stetige  vorrücken  und 
fertigstellen  der  brückenbahn  wird  von  Cäsar  genau  nach  der 
historischen  Ordnung  geschildert".  Nun  wurden  aber,  nach  der 
reihenfolge  der  satztheile  dieses  paragraphen,  die  pfahlpaare  fest- 
geschlagen und  eingetrieben,  ehe  diese  querbalken  eingelassen 
wurden,  zum  festschlagen  konnten  die  leute  daher  nicht  auf  den 
holmendeu  stehen.  Folglich  hätte  für  sie  zu  diesem  zweck  auf 
verbundenen  kähnen  oder  auf  einem  floß  ein  gerüst  errichtet 
werden  müssen.  Mehr  mühe  und  zeit  kostete  es  aber  auch  nicht, 
auf  diesen  unterlagen  eine  rammvorrichtung  herzustellen. 


Nr.   10.  90.  Iulius  Caesar.  535 

Auch  auf  den  Wasserdruck  rechnet,  wiederum  den  andeu- 
tungen  Cohausens  folgend,  Schleußinger,  um  ein  mäßiges  antrei- 
ben der  pfähle  für  hinreichend  zu  ihrem  festen  stand  auf  dem 
flußboden  zu  halten.  Sicherlich  drückt  der  in  spitzem  winkel 
gegen  das  obere  pfahlpaar  gerichtete  ström  es  hinunter,  aber 
eben  so  drückt  er ,  in  stumpfem  winkel  gegen  das  untere  ge- 
richtet, dieses  in  die  höhe  (man  kann  sich  durch  ein  paar  stäbe, 
die  man  in  der  vorgeschriebenen  richtung  in  ein  fließendes  was- 
ser  stellt,  leicht  davon  überzeugen)-,  waren  beide  paare  einmal 
gegeneinander  festgehalten  durch  den  querbalken  (oder  holm) 
und  die  fibulae,  so  hoben  diese  entgegengesetzten  Wirkungen  ein- 
ander auf,  drängten  sogar  zum  stärkeren  halt  die  doppelpfähle 
in  der  einen  oder  der  andern  richtung  gegen  die  fibulae;  noch 
nicht  fest  an  einander  gefesselt  —  und  die  anbringung  des 
holms  und  der  fibulae  nahm  doch  mehr  als  ein  paar  stunden, 
vielleicht  einen  ganzen  tag  in  anspruch  —  wurden  nothwendiger 
weise  die  oberen  pfählpaare ,  wenn  sie  eben  nicht  eingerammt 
waren,  stromabwärts  hinuntergedrückt,  die  unteren  in  derselben 
richtung  iu  die  höhe  gehoben.  Verhindert  konnte  das  nur  wer- 
den durch  festes  einrammen. 

Endlich  hätten  —  die  allergünstigsten  umstände,  z.  b.  ganz 
ruhiges  wasser  und  wetter  vorausgesetzt  —  die  pfahlpaare,  auch 
ohne  eingerammt  zu  sein ,  ganz  bestimmt  wenigstens  nach  ein- 
lassung  der  querbalken  und  Verfestigungen  derselben  durch  die 
fibulae,  so  gehalten  werden  können,  daß  sie  nicht  stromabwärts 
oder  stromaufwärts  fielen  ;  aber  nichts  hinderte  sie,  wenn  sie 
eben  nicht  fest  im  flußgrunde  steckten,  so  lange  die  brücke  noch 
nicht  durch  die  balken,  die  latten  und  den  rasen  quer  über  den 
Rhein  hin  bedeckt  war ,  in  der  richtung  auf  das  eine  oder  das 
andere  ufer  hin  umzukippen.  Wenn  die  heut  zu  tage  zu  gerüsten  oder 
zu  brücken  benutzten  bocke  in  dieser  weise  nicht  leicht  umsin- 
ken können,  so  kommt  es  daher,  daß  sie  nach  dem  untern  ende 
zu  seitwärts  stark  divergiren ,  was  bei  Cäsars  pfahlpaaren ,  die 
in  ihrer  ganzen  ausdehnung  überall  zwei  fuß  eutfernung  von 
einander   hatten,   nicht  der  fall  war. 

Wie  tief  die  pfähle  eingerammt  wurden,  darüber  fehlt  jede 
angäbe,  also  auch  jede  Schätzung  ;  wie  es  einem  erfahrenen  bau- 
meister,  nach  den  obigen  auseinandersetzungen,  nicht  eingefallen 
sein   könnte ,    sie  bloß  in   den  schlämm  zu  senken  ,    lag  anderer- 


536  96.  Iulius  Caesar.  Nr.   10. 

seits  auch  wieder  kein  grund  vor  und  verbot  es  die  Schwierig- 
keit wie  die  kürze  der  zeit,  sie  ailzutief  einzutreiben;  es  ist 
müßig,  hypothesen  aufzustellen  über  dinge  ,  für  die  keine  daten 
zu  irgend  welcher  berechnung  vorliegen. 

Von  demselben  werth  —  oder  vielmehr  unwerth  —  ist  die 
von  Bheinhard  und  von  Schleußinger  aufgeworfene  frage,  ob  die 
brücke  aus  nadel-  oder  eichenholz  hergerichtet  worden  sei ,  so 
wie  die  vermuthung  Cohausens,  daß  auch  wohl  schon  bereit  lie- 
gendes floßholz  dazu  hätte  benutzt  werden  können ,  endlich  die 
Untersuchung,  die  Rheinhard  darüber  anstellt,  ob  nicht  auch  der 
praefectus  fabrum  bei  dem  brückenplan  seinen  antbeil  gehabt 
habe,  während  Schleußinger  dagegen  versichert,  daß  Cäsar  selbst, 
als  pontifex  maximus,  ein  vollendeter  ingenieur  habe  sein  müssen. 
Alles  das  erwähne  ich  nur  der  curiosität  wegen.  Daß  überhaupt 
solche  fragen  aufgeworfen  werden ,  welche  eine  beantwortung 
nicht  erhalten  können ,  beweist  eher  ein  abschweifen  von  der 
sache  als  ein  eingehen  auf  dieselbe.  Cäsar  mußte  das  holz  ge- 
brauchen, das  ihm  gerade  zu  geböte  stand,  und  giebt  die  brücke 
als  sein  werk  an  (instüuit),  dessen  entwurf,  weil  eben  so  eigen- 
tümlich ,  er  sicherlich  nicht  aus  den  Sitzungen  der  priester 
mitbrachte. 

Einen  irrthum  Rheinhards  findet  Schleußinger  ferner  darin, 
daß  er  ,,die  Verbindung  der  tigna  sesquipedalia  vermittelst  eines 
querholms"  stattfinden  läßt.  Gesagt  wird  allerdings  nicht,  daß 
mehr  als  eine  solche  junctura  vorhanden  gewesen  sei;  Cohausen 
nimmt  zwei ,  die  eine  oben ,  die  andere  nach  unten  zu  an  ,  wie 
man  aus  der  oben  gegebenen  Zeichnung  sieht.  Mit  einem  ein- 
zigen solchen  bindebalken  würde  beim  transport  vom  ufer  auf 
die  rnachinationes  und  von  diesen  hinunter  in's  wasser  die  zusam- 
menfügung sich  wohl  nicht  hinreichend  sicher  erwiesen  haben. 
Wenn  man  bedenkt,  wie  peinlich  Cäsar  bei  dem  brückenbau  auf 
die  festigkeit  aller  theile ,  sowohl  während  der  arbeiten  als  bei 
der  Vollendung  derselben,  bedacht  genommen  hat,  wird  man  sich 
gegen  die  richtigkeit  dieser  annähme  Cohausens  nicht  verschließen. 

Mit  der  anläge  der  defensores ,  wie  sie  bei  Rheinhard  auf- 
treten ,  ist  Schleußinger  —  und  das  mit  vollem  recht  —  gar 
nicht  zufrieden.  Die  Zeichnung  zeigt  nicht  einen  pfähl,  son- 
dern einen  Strauß  von  dreien,  welcher  durch  drei  um  sie  herum- 
gelegte   stäbe    zusammengehalten  ,     gleichsam    umwunden    wird. 


Nr.   10.  96.  Iulius  Caesar.  537 

Wie  unterhalb  der  brücke  ein  pfähl  als  stütze  diente,  so  ober- 
halb je  einer  zur  abwehr  der  gegen  dieselbe  etwa  losgelassenen 
baumstämme  oder  schiffe  (naves,  nicht  trabes,  wie  Rud.  Schneider 
in  der  Berliner  philologischen  Wochenschrift  1884,  nr.  7  corri- 
giren  möchte  ,  denn  das  hieße  voraussetzen  ,  daß  die  barbaren, 
um  baumstämme  gegen  seine  brücke  zu  schicken,  sich  erst  die 
mühe  geben  könnten,  sie  regelrecht  zu  behauen).  Ganz  richtig 
macht  ferner  Schleußinger  gegen  Rheinhard  wieder  aufmerksam 
—  denn  es  ist  früher  schon  öfter  geschehen  —  ,  daß  auch  die 
defensores  nicht  senkrecht ,  sondern  schräg  aufgestellt  waren. 
Nur  hätte  er  nicht  schreiben  sollen  (p.  15),  daß  item  (hinter 
aliae)  die  worte  umfasse :  eodem  modo  quo  priora  illa  statuerat, 
machinationibus  primum  immissa  in  flumen,  deinde  defixa  fistucisque 
non  directe,  sed  prone  ac  fastigate  adacta;  das  adverbium  item. 
weist  einfach  auf  das  kurz  vorhergehende  oblique  zurück ,  alles 
übrige  liegt  in  dem  verbum  agebantur.  Mit  Cohausen  nimmt  er 
an,  daß  diese  schrägen  defensores  mit  der  brücke  verbunden  ge- 
wesen seien.  Zu  diesem  zweck  muß  er  mediocri  spatio,  das  zu 
dem  vorangegangenen  cum  omni  opere  conjunctae  im  gegensatz 
steht ,  als  gleichbedeutend  damit  ansehen ;  er  erklärt  es  nicht, 
wie,  so  viel  ich  weiß ,  jeder  andere  es  auffaßt  „in  mäßiger  ent- 
fernung"  (von  der  brücke),  sondern  „im  zusammenhange  mit  ihr". 
Er  bringt  zum  angeblichen  beweis  für  diese  seine  absonderliche 
erklärung  andre  stellen  Cäsars  bei,  in  denen  er  eine  gleiche  be- 
deutung  zu  erkennen  glaubt;  ja,  er  sagt  (p.  14),  ganz  unglaub- 
lich für  denjenigen,  der  es  nicht  vor  äugen  hat:  „das  wort  spa- 
tium  die  strecke  ohne  verbalen  zusatz  (wie  interjecto  etc.)  wird 
entschieden  als  etwas  zusammengehöriges,  verbindendes  betrachtet, 
z.  b.  BCiv.  II,  15  ubi  spatium  inter  muros  postulare  videbatur  = 
der  terrainabschnitt".  Aber  durch  diese  worte  wird  doch  nicht 
gesagt ,  daß  die  von  Trebonius  errichteten  mauern  einander  be- 
rührten oder  zusammenhingen  —  es  wäre  dann  ja  auch  eine 
einzige  doppelt  so  starke  gewesen  — ,  sondern  daß  sie,  wie  es 
der  zweck  derselben  auch  erforderte,  einen  Zwischenraum  zwischen 
sich  ließen.  Aber  um  etwas  zu  zeigen ,  was  er  sich  einmal  in 
den  köpf  gesetzt  hat ,  kommt  es  dem  Verfasser  der  broschüre 
nicht  darauf  an,  das,  was  als  „von  einander  entfernt"  beschrieben 
wird,  für  „nicht  von  einander  entfernt"  zu  erklären.  Auch  hier 
liegt  wieder  ein  fall  vor,  wie  leider  so  oft,  daß  bei  einer  einmal 
Philol.  Anz.  XIV.  37 


538  96.   Iulius  Caesar.  Nr.   10. 

vorgefaßten  meinung  auch  das  dem  Wortlaut  des  Schriftstellers 
ganz  entgegengesetzte  in  ihn  hinein  interpretirt  werden  kann. 

Mit  vollem  vorbedacht  hat  Cäsar  diese  defensores  vom  brü- 
ckenkörper  getrennt.  Mit  ihm  verbunden  ,  hätten  sie  zwar  den 
widerstand  gegen  die  auf  ihn  anprallenden  massen  etwas  ver- 
stärkt ;  gleichwohl  würden  diese  ihren  stoß  immer  auf  die  brücke 
selbst  ausgeübt  haben,  wenn  die  defensores  mit  ihr  im  Zusammen- 
hang standen.  Von  ihr  getrennt  (ähnlich  wie  die  eisbrecher  in 
unsern  großen  Aussen),  hielten  sie  allein  den  ganzen  stoß  aus, 
und  wenn  dann  auch  durch  ihre  Zwischenräume  hindurch 
die  baumstämme  oder  die  belasteten  schiffe  ihren  weg  fanden, 
konnte ,  bei  der  geringen  entfernung ,  der  ström  sie  erst  von 
neuem  allmählich  wieder  in  langsame  bewegung  versetzen ,  so 
daß  ihr  anprall  gegen  die  brücke  selbst  alsdann  nur  schwach 
und  unschädlich  war.  Das  sagt  ausdrücklich  Cäsar  für  den,  der 
sich  den  Vorgang  klar  vor  äugen  stellt,  mit  den  worten :  ut  — 
earum  verum  vis  minueretur  neu  ponti  nocerent ;  der  brücke  selbst 
konnten  die  massen  nicht  mehr  schaden,  weil  ihr  stoß  schon  ge- 
schwächt war ,  auch  wenn  sie  die  defensores  etwas  schädigen 
sollten.  Wären  diese  mit  dem  brückenbau  verbunden  gewesen, 
würde  er  gesagt  haben :  quo  firmius  —  contra  earum  verum  vim 
pons  resisteret. 

Man  wird  fragen,  warum  Cäsar  diese  pfähle  nicht  senkrecht, 
sondern  schräg  einrammen  ließ. 

Einmal ,  weil  die  für  die  schräge  eintreibung  hergestellten 
rammvorrichtungen  mit  nicht  frei  herabfallendem  ,  sondern  glei- 
tendem bock  bereits  vorhanden  waren  und  sofort  ohne  jede  sonst 
zeit  raubende  änderung  verwendet  werden  konnten. 

Dann  aber,  weil  die  defensores  schräg  gegen  den  ström 
geneigt,  (nicht  in  schräger  richtung  stromabwärts;  das  hat,  wie 
ich  aus  der  Berliner  philologischen  Wochenschrift  1884,  nr.  7 
sehe,  Maurer  Cruces  phüologicae  Mainz  1882  richtig  bemerkt) 
eine  noch  größere  Widerstandskraft  besaßen ,  als  wenn  sie  senk- 
recht eingerammt  gewesen  wären. 

Ich  habe  oben  schon  eine  probe  von  der  interpretationsweise 
Schleußingers  gegeben ;  ich  halte  es  im  interesse  der  sache  für 
geboten,  noch  ein  paar  andere  hinzuzufügen. 

Es  ist  allerdings  nichts  dagegen  einzuwenden ,  der  gründ- 
lichkeit  wegen  vielmehr  ganz  gerechtfertigt,  daß  man  bei  einem 


Nr.   10.  96.  Iulins  Caesar.  539 

wort,  welches  verschiedene  bedeutungen  haben  kann  und  an  ei- 
ner stelle  von  einzelnen  auch  verschieden  aufgefaßt  wird ,  wie 
hier  insuper,  genau  untersucht ,  was  Cäsar  gemeint  hat ;  aber  es 
ist  schwer  begreiflich ,  wie  man  von  seinen  eignen  grundsätzen 
der  erklärung  so  sehr  abweichen  kann,  wie  Schleußinger  es  mit 
diesem  wort  thut.  Nach  seinem  eigenen  aussprach  folgt  die  be- 
schreibung  Cäsars  dem  verlauf  und  der  aufeinanderfolge  der 
bauarbeiten ;  hier ,  um  sich  insuper  zu  deuten ,  läßt  er  die  bipe- 
dales  trabes  auf  „die  äußeren  fibulae"  legen,  welche  doch  der 
von  ihm  selbst  aufgestellten  richtschnur  der  auslegung  zufolge 
erst  später  angebracht  wurden;  und  das  ist  keinesweges  gleich- 
gültig ,  weil  es  vorweg  in  ganz  oberflächlicher  weise  über  die 
hauptfrage,  die  natur  der  fibula,  entscheidet ;  er  schwankt  dabei 
auch  noch  zwischen  der  Übersetzung  „von  oben"  und  „oben 
darauf'1.  Warum  folgte  er  hier  nicht  Cohausen,  der  p.  37  ganz 
richtig  übersetzt  „von  oben  eingelassene  balken".  Diese  balken 
hätten  nämlich  auch  von  der  seite  her  in  die  lücke  der  pfahl- 
paare eingeschoben  werden  können ;  Cäsar  ließ  sie,  nachdem  sie 
durch  die  machinationes  auf  beiden  seiten  in  die  höhe  gebracht 
waren,  über  je  einen  pfähl  der  beiden  zusammengekoppelten  pi- 
lotenpaare  hin  wegheben  und  so  von  oben  her  in  die  läge  zwi- 
schen beide  pfähle  auf  die  junctura  (nicht  auf  die  fibula)  auflegen. 
Vorangestellt  ist  insuper  völlig  naturgemäß  nach  der  reihenfolge 
der  Operationen ,  und  zugleich  betont  es  so  den  gedachten  ge- 
geusatz  „von  oben  her,  nicht  etwa  von  der  seite"  und  steht  auch 
deshalb,  was  Schleußinger  undeutlich  geblieben  war,  den  zu  ihm 
gehörigen  satztheilen   voran. 

Außer  einer  ganz  ähnlichen  probe  seiner  erklärungskunst 
giebt  er  an  einer  andern  stelle  auch  ein  specimen  seines  kritischen 
Vermögens.  Ueber  den  satz :  quantum  eorum  tignorum  junctura 
distabat  schreibt  er  p.  11:  „es  läßt  sich  nicht  leugnen,  daß  dessen 
beziehung  sehr  schwer  zu  entscheiden  ist.  Auf  bipedalibus  kann 
er  sich  nicht  wohl  beziehen ,  da  ohnehin  der  durchmesser  der 
trabs  bekannt  ist".  So  kommt  er,  allerdings  erst  nach  langem 
schwanken,  darauf,  ihn  mit  binis  utrimque  fibulis  zu  verbinden, 
auf  eine  ganz  abstruse  weise,  die  hier  nicht  angegeben  zu  wer- 
den braucht,  denn  p.  32  verwirft  er  selbst  diese  beziehung  als 
„hart",  und  durch  Menge  (Philologische  rundschau  IV,  nr.  3, 
p.   82)   bekehrt,   glaubt  er,    daß   diese  worte  nicht  eine  horizon- 

37* 


540  96.  Iuliua  Caesar.  Nr.   10. 

tale ,  sondern  eine  vertikale  distanz  angeben.  Er  vermißt  in 
dem  satze ,  wie  er  in  den  handschriften  steht,  zwei  punkte, 
welche  die  entfernung  bestimmen  •,  so  nimmt  er  als  den  ersten 
die  junctura  an ,  die  er  p.  12,  wie  Maxa  (Zeitschrift  für  öster- 
reichisches gymnasialwesen  1880,  p.  491)  mit  einer  der  äußern 
fibulae  für  identisch  hält  (p.  35  aber  wieder  von  ihr  unterscheidet), 
und  um  einen  zweiten  entfernungspunkt  zu  gewinnen,  versetzt 
er  ab  extrema  parte  aus  der  stelle,  an  welcher  es  sich  in  unsern 
texten  befindet ,  vor  das  verbum  distabat  (also :  quantum  eorum 
tignorum  junctura  ab  extrema  parte  distabat),  die  vorhin  verworfene 
beziehung  von  quantum  auf  bipedalibus  wieder  aufnehmend ;  und 
so  werden  wir  belehrt,  daß  der  Zwischenraum  zwischen  der 
junctura,  auf  der  die  trabs  bipedalis  ruht,  und  dem  äußersten 
ende  des  pfahlpaars  zwei  fuß  beträgt.  Was  dieser  umstand  — 
—  wenn  er  überhaupt  möglich  gewesen  wäre  —  zur  Sicherheit 
des  baues  beigetragen  hätte,  ist  nicht  erdenkbar ;  und  wie  dann, 
wenn  der  zwei  fuß  starke  balken  genau  bis  an  das  ende  des 
pfahlpaares  reichte ,  oben  noch  eine  fibula  irgend  welcher  art 
hätte  angebracht  oder  die  belegung  der  brückenjoche  mit  balken, 
latten  und  rasen  vorgenommen  werden  können,  nicht  ersichtlich, 
auch  nicht  in  Schleußingers  eigner  Zeichnung,  nach  welcher  die 
vertikale  entfernung  die  er  angegeben  haben  will ,  nicht  zwei 
fuß  (d.  h.  die  dicke  des  querbalkens) ,  wie  es  nach  seiner  auf- 
fassung  sein  müßte ,  sondern  nach  mäßiger  Schätzung  fünf  fuß 
beträgt.  Ueber  diesen  irrthum,  in  den  er  sich  durch  Menge  in 
der  Übereilung  und  in  der  hast  der  Umarbeitung  seines  schrift- 
chens hat  verleiten  lassen  ,  kann  seine  abbildung  ihn  besser  be- 
lehren, als  alle  worte  es  vermöchten.  Wenn  er  ferner  die  junc- 
tura und  die  fibula  für  identisch  hält  und  trotzdem  auf  der  äu- 
ßern seite  noch  eine  zweite  fibula  anbringt,  so  rechtfertigt  er  al- 
lerdings damit  Cäsars  ausdruck  binis;  da  er  aber  auf  der  innen- 
seite  nur  eine  fibula  anlegt,  hätte  Cäsar  für  diese  seite  singulis 
sagen  müssen.  Ueberall  sonst  über  die  Schreibweise  des  römi- 
schen Schriftstellers ,  besonders  über  die  klarheit  derselben  des 
lobes  voll,  entschuldigt  er  die  kühnheit  seiner  conjectur  mit  ei- 
ner anführung  aus  Gantier  (La  conqu^te  de  la  Belgique  par  J. 
Cesar,  Bruxelles  1882,  p.  XX),  der  die  erzählung  mancher  er- 
eignisse  für  ganz  unverständlich  erklärt.  Ob  bei  diesem  äußerst 
bedenklichen    schwanken    in    seinen    ansichten    und  erklärungen 


Nr.    10.  96.  Iulius  Caesar.  541 

der  Verfasser  wirklich  leistet,  was  er  verspricht,  nämlich  daß  er 
auch  den  weniger  begabten  unter  seinen  Schülern  die  construc- 
tion  der  brücke  vollständig  deutlich  macht ,  und  zwar  ganz  be- 
sonders durch  die  Versetzung  der  worte  ab  extrema  parte,  möchte 
ich  bezweifeln.  Ein  tertianer  muß  freilich  noch  zu  allem  stille 
halten. 

Fingen  nicht  solche  und  ähnliche  und  dabei  so  folgenschwere 
irrthümer  zu  grassiren  an,  würde  ich  es  für  überflüssig  und  auch 
unter  meiner  würde  halten,  einen  so  einfachen  satz  zu  erläutern. 
Wenn  Schleußinger  in  dem  satz  quantum  eorum  tignorum  iunctura 
distabat  zwei  punkte  vermißt,  welche  die  entfernung  angeben, 
so  übersieht  er,  daß  tignorum  iunctura,  der  verbindungsbalken 
der  pfähle ,  der  querriegel ,  weil  doch  ursprünglich  abstractum, 
zugleich  so  viel  ist  wie  tigna  iuncta.  Ganz  in  derselben  weise 
sagt  Vergil,  Aen.  XII,  274: 

teritur  qua  sutilis  alvo 
Balteus  et  laterum  iuncturas  fibula  mordet-, 
laterum  iuncturae  sind  latera  iuncta  baltei  oder  orae  iunctae  bdltei, 
die  übereinand ergeschlagenen  ränder  oder  enden  des  degengurts, 
welche  durch  die  fibula  zusammengeheftet  und  festgehalten  wurden. 
Auch  im  deutschen  :  so  weit  nämlich  stand  die  zusammenkoppe- 
lung  der  pfähle  auseinander  ist  ganz  dasselbe  wie :  so  weit  wa- 
ren die  zusammengekoppelten  pfähle  von  einander  entfernt. 
Trabes  bipedales  aber  sind  trabes  duorum  (oder  binorum)  pedum ; 
natürlich  darf  darauf  nicht  qui  oder  quos  in  beziehung  auf  das 
nur  gedachte  pedes  folgen,  aber  wohl  quantum,  das,  als  neutrum, 
die  Vertretung  eines  Substantivs  ganz  ausschließt  Unnöthig 
endlich  wird  dieser  satz  demjenigen  nicht  erscheinen ,  welcher 
die  genauigkeit  der  beschreibungsweise  Cäsars  in  solchen  dingen 
berücksichtigt ;  VII,  72  sagt  er :  Fossam  pedum  XX  directis  la- 
teribus  duxit ,  ut  eius  fossae  solurn  tantundem  pateret,  quantum  sum- 
mae  fossae  labra  distarent;  und  doch  weiß  selbst  ein  kind,  auch 
ehe  es  noch  mathematischen  Unterricht  bekommen  hat,  daß  ein 
graben  mit  senkrechten  wänden  unten  im  gründe  dieselbe  breite 
haben  muß  wie  an  den  oberen  rändern.  Und  hier  beim  brücken- 
bau  war  der  nebensatz  noch  wichtiger  als  dort  bei  der  graben- 
ziehung ;  es  wurde  damit  gesagt  —  und  das  war  für  die  festig- 
keit  des  baus  von  großer  bedeutung  —  daß  der  querbalken 
(trab8  bipedalis)  genau  die  lücke   zwischen   den  pfahlpaaren  aus- 


542  96.  Iuliua  Caesar.  Nr.   10. 

füllte  und  sich  auf's  engste  an  ihre  seiten  anschloß,  so  daß  an 
ein  hin-  und  herschieben  desselben  unter  keinen  umständen  zu 
denken  war. 

Schleußinger  empfiehlt  allen  lehrern ,  welche  Cäsars  com- 
mentarien  zu  erklären  haben,  das  buch  von  Cohausen.  Gleich- 
wohl entnimmt  er  aus  demselben  nichts  als  das  leichte  antreiben 
der  pfähle  mit  dem  schlägel  und  die  Verbindung  der  defensores 
mit  dem  brückenkörper ;  in  allem  andern  weicht  er  durchaus 
von  ihm  ab,  namentlich  in  dem,  was  Cohausen  nicht  nur  in  sei- 
nem buch  und  früher  in  seiner  deukschrift,  sondern  auch  in  sei- 
nen sonstigen  an  mich  gerichteten  mittheilungen  immer  als  die 
hauptsache  bei  seinem  entwurf  des  brückenbaus  betrachtete :  in 
der  anwendung  der  ,,weidenbänder".  Auf  ihre  benutzung  ist 
des  obersten  ganze  anläge  geplant,  mit  ihnen  allein  besteht  sie, 
ohne  sie  muß  sie  fallen.  Nur  die  elasticität  derselben  erlaubte 
das  eintreiben  der  pfahlpaare  durch  abwechselndes  schlagen  erst 
auf  den  einen,  dann  auf  den  andern  pfähl.  Maxa  (a.  a.  o.) 
hielt  die  weidenbandverfestigung  1880  noch  für  ausführbar;  des 
technikers  Eheinhard  bemerkungen ,  nach  denen  erst  eine  wo- 
chenlange einweichung  derselben  nöthig  ist,  um  sie  brauchbar 
zu  machen,  werden  wohl  dazu  führen,  sie  allgemein  und  für  im- 
mer aufzugeben.  Schleußinger  wenigstens ,  trotz  seiner  Vorliebe 
für  Cohausen  und  seiner  bekämpfung  Eheinhards ,  entscheidet 
sich  schon  für  holz,  eisen   und  hanf. 

Die  weidenbänder  waren  Cohausens  vorgefaßte  idee;  er 
hatte  diese  art  der  Verfestigung  an  den  floßhölzern  auf  dem  Ehein 
bemerkt,  ferner  in  den  von  Lindenschmit  zusammengestellten  und 
beschriebenen  rheinischen  antiquitäten  nur  steinwerkzeuge  ange- 
troffen ;  sonst  würde  er  nicht  auf  den  einfall  gerathen  sein,  eine 
brücke  ohne  jede  Verwendung  des  eisens  herstellen  zu  sollen. 

Es  ist  für  die  auslegung  der  commentarien  ein  unglück  ge- 
wesen, daß  die  techniker  irgend  eine  von  ihnen  für  leicht  aus- 
führbar gehaltene  verfestigungsweise,  die  sie  sich  einmal  in  den 
köpf  gesetzt  hatten,  wie  Cohausen  die  weidenbänder,  Napoleon  III. 
die  von  einem  zum  andern  pfahlpaar  reichenden  über  kreuz  ge- 
legten latten,  Eheinhard  den  unverrückbaren  dreieckverband, 
durchaus  in  die  stelle  des  römischen  Schriftstellers  haben  hinein 
interpretiren  wollen ,  ein  anderes  Unglück ,  daß  die  philologen 
dieser  angeblichen  einsieht  der  bauverständigen  rechnung  tragen 


Nr.    10.  96.  Iulius  Caesar.  543 

zu  müssen  geglaubt  haben.  Die  ingenieure  sagen  nämlich  ganz 
einfach :  „so  würden  wir  es  unter  den  umständen  angegriffen 
haben,  folglich  kann  Cäsar  es  auch  nicht  anders  gemacht  haben". 

Was  für  einen  ingenieurobersten,  der  bei  seinem  armeecorps 
von  20000  mann  über  500  pioniere  verfügt,  als  nicht  ausführbar 
erscheinen  muß,  konnte  ein  eben  so  starkes  römisches  heer,  des- 
sen jeder  soldat  pionierdienste  leistete,  mit  leichtigkeit  zu  stände 
bringen.  Es  ist  vollständig  undenkbar,  daß  unsere  Soldaten, 
weil  nicht  darauf  eingeübt ,  nach  einem  angestrengten  Tages- 
märsche ,  in  wenigen  stunden ,  wie  die  legionäre ,  ein  befestigtes 
lager  nach  römischer  art  aufzuwerfen  befähigt  sein  sollten,  oder 
daß  ein  paar  tausend  mann  bei  uns  in  einer  nacht,  wie  es  BGall. 
V,  40  erzählt  wird,  120  holzthürme  auf  einen  wall  aufsetzen 
könnten.  Die  philologen  thun  daher  sehr  unrecht  daran,  wenn 
sie  sich  von  den  Ingenieuren  und  technikern ,  welche  lediglich 
die  jetzigen  Verhältnisse  zu  gründe  legen  ,  übertriebene  Vorstel- 
lungen von  den  Schwierigkeiten  oder  gar  von  der  unausführbar- 
keit  des  von  Cäsar  so,  wie  er  ihn  beschreibt,  in  zehn  tagen  her- 
gestellten brückenbaus  einreden  lassen. 

Die  sachverständigen,  von  denen  wir  über  Cäsars  brücken- 
bau  uns  haben  belehren  lassen ,  scheinen  es  gar  nicht  einmal 
der  mühe  für  werth  gehalten  zu  haben,  sich  deutlich  zu  machen, 
was  der  Römer  unter  fibula  verstand ,  oder  sich  eines  oder  das 
andere  der  vielen  exemplare  dieses  geräths,  welche  in  den  mu- 
seen  vorhanden  sind  und  noch  fast  täglich,  besonders  in  Frank- 
reich und  in  der  Schweiz,  aus  alten  gräbern  hervorgezogen  wer- 
den, anzusehen. 

Aus  der  oben  absichtlich  auch  zu  diesem  zwecke  ausgehobenen 
stelle  Vergils  kann  man  sehen ,  wie  die  fibula  zur  anwendung 
kam.  Dort  hatten  die  übereinander  gelegten  enden  (latera)  des 
schwertriemens  entsprechende  Öffnungen  —  bindlöcher,  würde 
man  jetzt  sagen  —  durch  welche  die  fibula  durchgesteckt  wurde. 
,, Durchstecker"  übersetzt  der  oberst  von  Cohausen  deshalb  fibulae 
ganz  richtig,  wenn  auch  mit  einem  wenig  üblichen  wort.  Durch 
die  weidenbänder  hindurchgehend,  fanden  seine  fibulae  wenig- 
stens eine  ihrem  wesen  entsprechende  Verwendung.  Ohne  die 
wiedenbänder  sind  sie  nicht  mehr  fibulae,  sondern  kurze  an  die 
brückenpfähle  angenagelte  lattenenden ,  und  Cäsar  hätte  statt 
fibulis  müssen  asserculia  sagen. 


544  96.  Iulius  Caesar.  Nr.  10. 

Wo  Vitruv  von  fibulis  und  von  fibulatio  tignorum  spricht, 
X,  2.  3.  12-,  I,  5,  hat  er  immer  den  von  ihm  als  bekannt  vor- 
ausgesetzten nagelverband  im  äuge ,  einen  verband ,  der  durch 
balken  oder  gar  mauern  quer  hindurch  geht. 

Seltsamer  weise  stellt  man  einerseits  das  römische  kriegs- 
wesen  so  hoch,  und  andererseits  beschränkt  man  es  auf  die  ro- 
hesten  hülfsmittel,  wie  sie  eben  nur  auch  den  ungebildetsten 
barbaren  zur  Verfügung  standen. 

Wie  ?  die  Kömer  sollten  bei  ihren  heeren  nicht  so  viel  eisen 
mitgeführt,  oder  in  diesen  gegenden  Galliens  nicht  so  viel  ge- 
funden haben,  als  zu  diesem  brückenbau  nöthig  war?  Wenn 
die  römischen  Soldaten,  in  jenem  jähre  acht  legionen ,  also  min- 
destens 20000  mann ,  die  verschossenen  pila  durch  andere  er- 
setzen konnten  oder  die  verbogenen  ausbessern  mußten,  werden 
sie  doch  dazu  eisen  genug  und  auch  die  fabrikationsmittel  bei 
ihrem  train  gehabt  haben.  In  jeder  nacht  {noctu  —  ad  proximi 
diei  oppugnationem)  wurden  in  Cicero's  von  den  Eburonen  und 
Nerviern  eingeschlossenem  lager  durch  seine  eine  legion  große 
mengen  von  mauerwurfspießen  hergestellt  (V,  40  magnus  mura- 
lium  pilorum  numerus  instituitur),  und  Cäsar  hätte  bei  freier  Ver- 
bindung mit  der  umgegend  durch  acht  legionen  nicht  ein  paar- 
hundert eiserner  bolzen  sollen  anfertigen  lassen  können?  In 
ganz  kurzer  zeit  (celeriter)  läßt  er  (III,  9)  eine  ganze  flotte  von 
kriegsschiffen  auf  der  Loire  bauen  - —  vielleicht  zweihundert,  denn 
so  viele  werden  doch  wohl  den  220  fahrzeugen  der  Veneter 
entgegenzustellen  gewesen  sein  - — ,  und  dazu  mußten  doch 
massen  von  eisen  angewendet  und  bearbeitet  werden.  Und  wenn 
bei  den  Venetern  das  eisen  so  häufig  war,  daß  sie  die  fußdicken 
querbalken  mit  daumenstarken  eisernen  nageln  an  den  Schiffs- 
körper befestigten  und  statt  der  ankertaue  sich  den  luxus  ei- 
serner ketten  verstatten  konnten  (III,  13),  wird  auch  die  Ehein- 
gegend,  die  seit  alten  zeiten  eine  hauptverkehrsader  gewesen  ist, 
an  diesem  metall  keinen  mangel  gehabt,  werden  die  Ubier,  falls 
es  beim  beere  nicht  gleich  in  hinreichender  menge  sollte  vor- 
handen gewesen  sein ,  es  sicherlich  haben  liefern  können.  Zur 
anfertigung  von  400  etwa  vier,  höchstens  fünf  fuß  langen  bolzen 
reichte  übrigens  schon  das  eisen  aus,  welches  für  die  doppelte 
zahl  von  pilumspitzen  erforderlich  war.  Schon  Odysseus  befand 
sich  im  besitz  von  bohrern  (Od.  V,  246  r^gsTga),  mit  denen  er 


Nr.    10.  96.  Iulius  Caesar  545 

die  großen  baumstämme  (dtvögsa  /xaxQa)  zu  durchbohren  im 
Stande  war  (zfTgrjVsv  d'aga  nüvra),  die  doch  gewiß  dieselbe 
stärke  hatten,  wie  die,  welche  Cäsar  verwendete,  und  schlug 
durch  je  zwei  die  nägel  [yöfiqiove),  die  gerade  ebenso  lang  ge- 
wesen sein  müssen  wie  die  fibulae  der  Rheinbrücke ;  und  man 
glaubt  wirklich ,  daß ,  was  der  Grieche  des  heroischen  Zeitalters 
mit  eigner  band  verrichtete ,  Cäsar  in  der  größten  blüthe  der 
römischen  heereseinrichtung  durch  seine  Soldaten  nicht  habe  aus- 
führen lassen  können? 

Ich  bin  noch  immer  fest  überzeugt ,  und  jetzt  mehr  als  je, 
daß  die  durch  bohrlöcher  des  querbalkens  eingetriebenen  bolzen  nicht 
nur  volkommen  der  beschreibung  und  dem  Wortlaut  der  commentarien 
entsprechen ,  sondern  auch  am  einfachsten  und  leichtesten  zum 
zweck  geführt  haben.  War  einmal  die  entfernung  zweier  ein- 
gerammter pfahlpaare  von  einander  über  der  iunctura  gemessen, 
ließen  sich  die  bohrlöcher  mit  gar  nicht  allzulangen  bohrern, 
und  das,  noch  ehe  die  zwei  fuß  starken  balken  eingelassen  wur- 
den ,  in  ihnen  am  lande  herrichten.  Und  zwar  wurde  der  ab- 
stand der  innern  von  den  äußern  bohrlöchern  knapp  genommen; 
um  die  fibula  einzuschlagen  ,  so  daß  sie  sich  auf's  engste  an 
die  pfahlpaare  anlegte ,  schälte  man  an  diesen  so  viel  von  der 
rinde  oder  dem  holz  ab,  als  nöthig  war,  um  die  fibula  an  ihnen 
vorbeizubringen. 

In  der  Zeitschrift  für  österreichisches  gymnasialwesen  hat 
Maxa  1880  p.  486  flg.  wieder  einmal  eine  Widerlegung  der  von  mir 
Philol.  X,  732  flg.  gegebenen  anbringung  der  fibulae  versucht. 
Er  sagt:  ,, demnach  bezieht  Heller  utrimque  (d.h.  auf  der  innen- 
und  außenseite  der  tigna)  auf  die  tigna,  ab  extrema  parte  hingegen 
(d.  h.  am  oberen  und  unteren  ende  der  trabe)  auf  die  trabs,  was 
entschieden  abzuweisen  ist". 

Wo  steht  in  meinem  satze,  daß  ab  extrema  parte  am  oberen 
und  am  unteren  ende  der  trabs  heißen  solle?  Sogar  dies  wort 
trabs  kommt   in   demselben  gar  nicht  vor. 

Wenn  man  seine  eignen  Schriften  mit  so  geringem  verständ- 
niß  gelesen  sieht,  wundert  man  sich  nicht  mehr ,  daß  Cäsar  so 
sehr  mißverstanden  wird. 

Was  er  auf  lateinisch  nicht  aufgefaßt  hat  —  und  vielleicht 
mit  ihm  auch  andere  nicht  —  ,  will  ich  versuchen ,  auf  deutsch 
begreiflicher  zu  machen. 


546  96.  Iulius  Caesar.  Nr.    10. 

Haec  utraque  —  d.  h.  beide  balkenpaare,  sowohl  die  oberen 
als  die  gegenüberstehenden  unteren  —  wurden  binis  fibulis  — 
d.  h.  durch  je  zwei  bolzen  —  utrimque  —  sowohl  auf  der  in- 
nern  als  auf  der  äußeren  seite  der  tigna  —  und  zwar  ab  extrema 
parte  —  nämlich  an  den  kanten  der  tigna  vorbei  und  nicht  etwa 
durch  die  tigna  hindurchgehend  —  distinebantur  —  auseinander- 
gehalten. Zu  ab  extrema  parte  hat  man  sich  natürlich  bei  Cäsar, 
wie  bei  meiner  erklärung  im  Philologus ,  ipsorum  hinzuzudenken 
—  oder  meinetwegen ,  obgleich  es  weniger  deutlich  sein  würde, 
sua,  mit  beziehung  auf  das  subject  haec  utraque.  Und  das  zeigt 
ganz  klar  die  von  mir  hinzugefügte  Zeichnung. 

Ich  gebe  dort  auch  den  grund  an ,  warum  der  römische 
Schriftsteller  diese  worte  für  nöthig  gehalten  hat:  quod  (alias) 
eiusmodi  fibulae  per  media  tigna  trabemque  intermediam  adigi  sole- 
bant,  d.  h.  wenn  sonst  zwei  balken  durch  bolzen  oder  nägel  an 
einander  befestigt  und  zusammengehalten  werden  sollen ,  pflegt 
man  diese,  und  pflegte  man  auch  bei  den  Römern  sie  durch 
beide  hindurchzuschlagen,  und  der  leser  der  commentarien  hätte 
sich  demnach  vorstellen  müssen,  daß  Cäsar  dies  verfahren  auch 
bei  seinem  brückenbau  angewendet  hätte.  Um  den  gegensatz 
zu  der  üblichen  anwendung  hervorzuheben,  setzt  er  hinzu:  ab 
extrema  parte;  was  sonst  geschah,  that  er  hier  nicht:  die  bolzen 
gingen  nicht  durch  die  tigna,  sondern  an  ihren  kanten  vorbei, 
am  äußersten  rand  der  pfahlpaare  entlang,  sich  auf  das  engste 
an  sie  anschließend.  Bei  jeder  andern  sonst  noch  vorgeschla- 
genen art  der  fibulae  ist  dieser  zusatz  nicht  bloß  überflüssig, 
sondern  vom  übel ;  weil  bei  ihnen  eine  andere  als  diese  anbrin- 
gung  nicht  erdenklich  sein  würde,  müßte  er  unverständlich  und 
störend  sein. 

Daß  die  fibiäa  durch  die  trabs  ging,  brauchte  nicht  erst 
gesagt  zu  werden;  es  liegt  eben  im  wesen  der  fibula,  daß  sie 
durch   etwas  hindu  rch  geht. 

Hier  kann  nun  freilich  von  technischer  seite  die  scheinbar 
wohlbegründete  einwendung  gegen  meine  anordnung  der  fibulae 
erhoben  werden,  daß  je  eine  fibula  auf  der  außenseite  unten  und 
je  eine  auf  der  innenseite  oben ,  wie  sie  Göler  und  Cohausen, 
jeder  nach  seiner  weise,  anbringen,  den  dienst  der  auseinander- 
sperrung  und  der  zusammenhaltung  der  pfahlpaare  gleichfalls 
schon  leisten.     Aber  Cäsar,  der,  wie  ich  oben  bereits  bemerkte, 


Nr.    10.  96.  Iulius  Caesar.  547 

durchaus  die  Überzeugung  beibringen  will,  bei  dem  brückenbau 
die  größtmögliche  voraussieht  und  Vorsorge  angewendet  zu  ha- 
ben, —  so  sagt  er  ac  nihüo  secius  sublicae  et  ad  inferiorem  partem 
fluminis  oblique  agebantur  etc. ,  d.  h.  trotzdem  daß  eine  vollstän- 
dige Sicherheit  schon  erreicht  war ,  wurden  nichtsdestoweniger 
unterhalb  und  oberhalb  noch  Strebepfeiler  zum  halten  und  schutz- 
pfähle zur  abwehr  eingerammt  —  berechnete  auch  den  fall,  daß 
die  eine  oder  die  andere  fibula  brechen  oder  versagen  könnte, 
und  ließ  sich  deshalb  von  dem  grundsatz  leiten:  doppelt  hält 
besser.  Unsre  techniker  sollten  sich  nach  ihm  richten.  Am 
19.  mai  1884  stürzten  in  folge  eines  bolzenbruchs  sämmtliche 
bocke  einer  pionierbrücke  bei  Schöneberg  in  der  nähe  von 
Berlin  zusammen  und  begruben  eine  große  anzahl  von  Soldaten 
unter  ihren  trümmern  (siehe  Vossische  zeitung  nr.  234,  20.  mai, 
abendausgabe).  Was  bei  einer  Übung  eines  unsrer  eisenbahn- 
bataillons ,  beim  überbrücken  eines  grabens  oder  einer  schlucht, 
vorgekommen  ist ,  dem  durfte  und  wollte  Cäsar  seine  Soldaten 
beim  Übergang  über  den  Ehein ,  noch  dazu  in  gegenwart  der 
barbaren,  nicht  aussetzen.  Derselben  vorsieht  ist  die  fibulabe- 
festiguug  überhaupt  zuzuschreiben ,  welche  Schleußinger  im  fall 
des  einrammens  der  pfähle  für  unnöthig  hält.  Als  ob  nicht 
selbst  stark  eingerammte  pfahlbrücken  oder  auch  massiv  aus 
quadersteinen  aufgeführte  brückenpfeiler  von  den  fluthen  umge- 
rissen und  fortgespült  werden  könnten  ;  man  denke  an  die  ei- 
senbahnbrücke über  den  Tay  (1882),  an  den  einsturz  eines  bo- 
gens  der  Elbbrücke  im  jähre    1845. 

Die  arbeit  Schleußingers  hat  die  erklärung  des  Cäsar'schen 
brückenbaus  um  nichts  gefördert ,  wohl  aber  eine  menge  von 
irrthümern  zu  tage  gebracht,  denen  ich  entgegentreten  zu  müssen 
geglaubt  habe,  um  die  sache ,  so  weit  sie  bis  jetzt  schon  aufge- 
hellt worden  war ,  nicht  wieder  verdunkelt  und  unklar  werden 
zu  lassen. 

Die  Franzosen  klagen  häufig  selbst  bei  gründlichen  und 
werthvollen  deutschen  büchern  über  den  mangel  an  Übersicht- 
lichkeit und  anordnung.  Schleußingers  broschüre  läßt  sich  als 
ein  beispiel  anführen ,  daß  eine  solche  beschwerde  wenigstens 
bisweilen  sehr  gerechtfertigt  ist.  Eine  entschuldigung  dafür  kann 
er  nur  theilweise  in  dem  umstand  beibringen ,  daß  er  während 
des    drucks    derselben    noch    einige    dieselbe    sache    behandelnde 


548  97.  Griechische  philosophie.  Nr    10. 

und  eben  erschienene  oder  doch  ihm  eben  bekannt  gewordene 
aufsätze  hat  verwerthen  wollen ;  er  ist  dabei  so  weit  gekommen, 
wie  ich  oben  schon  an  einigen  fällen  gezeigt  habe,  mehrmals 
gegen  ende  der  abhandlung  das  ganz  und  gar  zurückzunehmen, 
was  er  am  anfang  geäußert  hatte ,  sogar  in  einer  anmerkung 
unter  dem  text  bereits  auf  diesen  später  erfolgenden  widerruf 
aufmerksam  zu  machen.  Dadurch  entsteht  eine  Verworrenheit 
der  schlimmsten  und  peinlichsten  art;  wenn  jemand  data  opera 
alle  dinge  ,  um  die  es  sich  hier  handelt,  und  einige  noch ,  um 
die  es  sich  nicht  handelt,  hätte  verwickeln  und  durcheinander 
bringen  wollen ,  er  hätte  es  nicht  erfolgreicher  leisten  können. 
Auch  zeigt  sich  wohl  bei  ihm  recht  sichtlich  das  bestreben,  ge- 
gen die  übrigen  schriftsteiler,  welche  den  brückenbau  zum  gegen- 
ständ ihrer  Untersuchung  gemacht  haben  —  immer  mit  ausnähme 
Rheinhards  —  selbst  wenn  er  ihnen  widei'sprechen  zu  müssen 
glaubt,  wenigstens  in  dem  einen  oder  dem  andern  punkte  sich 
beifällig  und  anerkennend  zu  äußern.  Ich  bezweifle  jedoch,  daß 
er  sich  dadurch  ihre  Zustimmung  wird  erworben  haben.  Es 
allen  recht  machen  wollen,  ist  der  sicherste  weg,  es  keinem  recht 
zu  machen.  Wenn  es  sich  auch  für's  leben  nicht  empfehlen 
sollte,  —  in  der  Wissenschaft  darf  man  nicht  aus  irgend  welchen 
rücksichten  nachgiebig,  man  muß  gerecht  sein  nach  allen  Seiten, 
wie  gegen  personen,  so  gegen  sachen. 

Heinrich  Justus  Heller. 


97.  Natorp,  P.,  forschungen  zur  geschichte  des  erkennt- 
nisproblems  im  alterthum.  Protagoras  ,  Demokrit ,  Epikur  und 
die  Skepsis.     Berlin,  W.  Hertz   1884.      8.     VIII,  315  p.     7  mk. 

Die  historischen  Studien  des  verf.,  schon  von  jeher  auf  die 
entwicklung  der  wissenschaftlichen  theorie  der  erfahrung  ge- 
richtet ,  haben  ihn  von  forschungen  zu  der  philosophie  von 
Keppler ,  Galilei ,  Gassendi ,  Bayle  und  Leibniz  rückwärts  zu 
denjenigen  gedanken- Strömungen  geführt,  in  denen  wir  schon 
bei  den  Griechen  den  skeptisch  und  empiristisch  gerichte- 
ten gegensatz  zu  der  xnetaphysik  vor  uns  haben.  Die  vor- 
liegenden Untersuchungen  bezwecken  hauptsächlich  aufhellungen 
über  die  geschichte  des  empirismus  im  alterthum  besonders  in 
seinem  Verhältnisse  zur  skepsis.  Sie  geben  in  dieser  richtung 
sehr  beachtenswerthe   beitrage  zur  näheren  erkenntniß  eines  ge- 


Nr.   10.  97.  Griechische  philosophie.  549 

hietes,  welches  in  der  tbat  neuer  und  eingehenderer  erforschung 
immer  noch  in   hohem   maße   bedürftig   ist. 

Die  erste  abhandlung ,  Protagoras ,  bestätigt  einer  neuer- 
dings aufgestellten  hypotbese  gegenüber  die  glaubwürdigkeit  des- 
jenigen was  man  aus  Plato's  Theätet  über  den  sinn  der  lehre  des 
Sophisten  zu  entnebmen  sich  bisher  für  berechtigt  hielt.  Es  wird 
hierbei  dem  verf.  zuzugeben  sein ,  daß  die  ausgeführte  empfin- 
dungstbeorie  der  xopxpOTtooi  (Theaet.  p.  156  C  f.)  nicht  mehr 
dem  Protagoras  selbst  angehört ,  sondern  eine  consequenz  der- 
selben darstellt.  Unter  dieser  Voraussetzung  aber  dürfte  man 
meines  erachtens  nicht  eben  fehlgehen,  wenn  man  darin  die  em- 
pfinduugslehre  der  damaligen  Herakliteer  erblickt ,  wie  sie  sich 
von  Kratylos  aus  mochte  gestaltet  haben  (vgl.  a.  180  B).  Dafür 
spricht  der  umstand ,  daß  hier  von  der  annähme  irgend  einer 
art  von  Substanzen  überhaupt  abgesehen  wird  und  nur  noch 
zwei  arten  von  gegenbewegung  in  betracht  kommen:  das  ein- 
zelding ist  nichts  anderes  als  eine  u&yoiofjia  solcher  bewegungen 
(157  B).  Das  ganze  erscheint  wie  eine  erkenntniß-theoretische 
ausführung  des  kratyleischen  satzes,  daß  man  auch  nicht  einmal 
in  denselben  fluß  steigen  könne.  Von  den  beiden  berichten  des 
Sextus  Empiricus  über  Protagoras,  welche  Natorp  heranzieht, 
ohne  im  gründe  viel  daraus  machen  zu  können,  möchte  ich  den 
Pyrrh.  hyp.  I,  216  f.  gegebenen  für  nichts  anderes  halten  als 
für  eine  aus  der  erwähnten  platonischen  partie  selbst  erst  in 
späterer  terminologie  zurechtgemachten  auszug.  Sextus  glaubte 
eben  dort,  wie  nach  ihm  noch  viele  andere,  die  theorie  des  Pro- 
tagoras selbst  vor  sich  zu  haben.  Auf  die  anlehnung  an  Plato 
deutet  besonders,  was  bei  Sextus  (21 7)  über  die  ngoa&iasti;  (im 
gegensatze  zu  den  unoqoQt'jöetg)  gesagt  ist,  eine  Verdichtung  des- 
jenigen was  Plato  a.  a  o.  mit  ausdrücken  wie  ngoanißtiv  u.  dgl. 
(153  E  f.,  156  f.)  durchführt.  Auf  die  kenntuiß  der  original- 
schriften  seiner  autoreu  scheint  Sextus ,  wie  sich  gelegentlich 
auch  bei  den  Untersuchungen  des  verf.  (p.  259  f.)  herausstellt, 
nicht  besonders  gehalten   zu  haben. 

Die  zweite  abhandlung,  Aenesidem,  ist  eine  Umarbeitung 
der  im  Rhein.  Mus.  XXXVIII,  28  ff.  bereits  gedruckten.  Das 
hauptergebniß  derselben,  daß  Aenesidem  in  der  that  trotz  seiner 
skepsis  sich  in  gewisser  weise  zu  einem  dogmatischen  Systeme, 
nämlich    der  philosophie   Heraklits  zu  bekennen  vermochte,    hat 


550  97.  Griechische  philosophie.  Nr.   10. 

neuerdings  durch  die  Untersuchungen  von  R.  Hirzel  eine  selb- 
ständige bestätigung  erhalten.  Dabei  ist  freilich  nicht  zu  über- 
sehen, daß  Aenesidem  das  heraklitische  erkenntnißprincip  des  xot- 
mU"  Ä-oyot',  welches  sehr  ernsthaft  metaphysisch  gemeint  war,  mehr 
im  sinne  einer  populären  komm;  yrm^tj  umdeutete,  sowie  außerdem, 
daß  die  Verbindung  von  metaphysik  und  skepsis  nichts  neues 
sondern  bei  den  griechischen  philosophen  ursprünglich  das  her- 
gebrachte war.  Erst  durch  die  platonische  erkenntnißlehre  wird 
das  skeptische  verhalten  principiell  als  das  unphilosophische  ver- 
worfen. Deswegen  eben  ist  die  spätere  skepsis  zugleich  die 
wiederaufnähme  des  vorplatonischen  Standpunktes,  nur  daß  der- 
selbe jetzt,  in  folge  der  historischen  entwicklung  in  geschärfter 
Zuspitzung  gegen  diejenige  art  von  metaphysik  sich  richtet, 
welche  mittlerweile  mit  Plato  auf  den  plan  getreten  war.  Des- 
wegen tritt  in  der  reaction  der  ursprünglich  vorplatonischen 
Strömung  gegen  den  platonismus  das  metaphysische  moment  ge- 
gen das  skeptische  in  den  hintergrund,  ohne  deswegen,  wie  sich 
eben  bei  Aenesidem  zeigt,  ganz  zu  verschwinden. 

In  der  folgenden  Untersuchung :  „die  erfahrungslehre  der 
Skeptiker  und  ihr  Ursprung"  handelt  es  sich  um  die  nicht  bloß 
für  die  erkenntniß  des  Charakters  der  antiken  skepsis  und  ihres 
Verhältnisses  zu  anderen  philosophischen  richtungen  des  alter- 
thums  bedeutenden,  sondern  namentlich  auch  im  hinblick  auf 
verwandte  moderne  anschauungen  interessirenden  sätze  ,  welche 
die  erfahrungslehre  der  Skeptiker,  ihren  begriff  der  csijvei'axyi^  ent- 
halten, und  welche  von  Sextus  bei  gelegenheit  seiner  kritik  der 
stoischen  und  epikureischen  lehre  vom  or^itim  in  knappster  for- 
mulirung  überliefert  sind.  Das  hauptresultat  geht  dahin ,  daß 
alles  was  Sextus  über  diese  frage ,  welche  im  wesentlichen  auf 
die  antike  theorie  der  induction  hinauskommt,  heranbringt,  nichts 
anderes  ist,  als  die  erkenntnißtheorie,  welche  die  empiriker  und 
mediciner  ihrer  fachwissenschaftlichen  methode  zu  gründe  legten. 
So  entsteht  die  frage,  ob  in  betreff  der  theorie  der  arjfxsimatc 
die  Skeptiker  von  den  empirikern  oder  diese  von  jenen  oder 
beide  gemeinschaftlich  von  einer  älteren  Überlieferung  gelernt 
haben.  Der  verf.  entscheidet  sich ,  wie  mir  scheint  mit  recht, 
für  das  letztere.  Er  zeigt,  daß  die  wesentlichen  merkmale  jener 
theorie  des  erfahrungswissens  schon  bei  Plato  (polemisch)  berück- 
sichtigt werden  und  ist  geneigt,    die    grundzüge  der  lehre  vom 


Nr.    10.  97.  Griechische  philosophie.  551 

inductionsschlusse  auf  Protagoras  zurückzuführen.  Er  versucht 
auch  diese  ansieht  aus  Plato's  Schriften  wahrscheinlich  zu  machen, 
ohne  indeß  zu  verkennen,  daß  Plato  den  zu  gründe  liegenden  em- 
pirie-begriff  als  gemeingut  aller  Sophisten  vorfand.  Diese  letztere 
thatsache  dürfte  nun  allerdings  für  die  aufhellung  der  Sache  mehr 
und  anderes  bedeuten  als  der  verf.  daraus  gemacht  hat.  Man  darf 
doch  wohl  den  unterschied  nicht  unterschätzen ,  welcher  besteht 
zwischen  einer  „unreflectirten"  handhabung  des  induetiven  Ver- 
fahrens und  dem  auftreten  einer  mit  bewußter  reflexion  ausge- 
prägten theorie  der  induetion.  Bei  den  sophistischen  Zeitgenossen 
des  Sokrates  und  Plato  ist  jedenfalls  nur  das  erstere  anzuerken- 
nen -,  bei  Plato  selbst,  vor  dessen  methodischem  blicke  sich  (Rep. 
VII,  516  C)  die  gemeinsamen  grundzüge  jenes  naturwüchsigen 
inducirens  herausstellen,  haben  wir  den  Übergang  zu  dem 
zweiten.  Diesen  Übergang  bezeichnet  die  platonische  speculation 
auch  insofern,  als  das  selbstbewußte  auftreten  der  induetion  als 
theorie  erst  bedeutung  und  gestalt  gewinnen  konnte  angesichts 
der  bedürfnisse,  welche  eine  so  hervorragende  aphoristische  phi- 
losophie und  methode ,  wie  die  platonische ,  unbefriedigt  ließ. 
Die  ,, grundzüge  der  empiristischen  theorie",  welche  Plato,  wie 
Natorp  zeigt,  vorfand  ,  enthielten  allerdings  auch  die  grundzüge 
der  induetion,  und  zwar  zu  dem  zwecke,  aus  vorliegenden  daten 
das  ui-l/.or  zu  bestimmen.  Dies  ergiebt  sich  namentlich  auch 
aus  Isokrates  ctr.  sopkist,  wo  ausdrücklich  zwei  richtungen  inner- 
halb der  sophistik  unterschieden  werden :  eine  welche  vorgiebt 
zli  izXtj&Hav  ^ijTtii  ,  und  zwar,  wie  es  gleich  darauf  heißt,  im 
sinne  des  tu  itt'uottu  tiijoyiyiaictxni  (kap.  2),  und  eine  andere 
(kap.  5),  welche  nolirmovg  löyov*  verspreche.  Jene  erstere  war 
allem  anscheine  nach  eben  die  richtung  auf  empirismus.  Eine 
theoretische  doctrin  aber  im  sinne  des  späteren  empirismus  ist 
daraus  jedenfalls  erst  in  folge  des  auftretens  des  platonismus  ge- 
worden. Der  eigentliche  begrüuder  aber  der  lehre  vom  arnitior 
in  diesem  induetiv  -  empiristischen  sinne  ist  Aristoteles,  bei 
dem  dieser  ausclruck  seine  bestimmte  stelle  in  der  logik  und 
erkenntnißlehre  findet  und  sich  namentlich  durch  den  gebrauch, 
der  in  der  schrift  von  der  rhetorik  von  ihm  gemacht  wird,  deut- 
lich genug  als  der  unmittelbare  vorlauter  der  späteren  theorie 
kennzeichnet. 

Die  vierte  abhandlung   (,,Demokrit"j,  führt  an   der  hand   von 


552  97.  Griechische  philosophie.  Nr.  10. 

Theophrast  und  Sextus  die  sache  des  Demokrit  in  der  erkenntniß- 
theorie  gegen  Aristoteles,  der  ihn  ungerechtfertigter  weise  zum  sen- 
sualisten  mache.  Den  realitätsunterschied  der  qualitäten  habe  De- 
mokrit nicht,  wie  später  Locke  in  seiner  Unterscheidung  von  primären 
und  secundären  qualitäten ,  auf  irgend  einen  Vorzug  einer  art 
sinnlicher  Wahrnehmung,  etwa  des  zugleich  sieht-  und  tastbaren, 
vor  den  übrigen  begründet ,  sondern  darauf  „daß  die  ausschlie- 
ßende Voraussetzung  der  „ersten"  besebaffenheiten  als  wahr  und 
wirklich  ihm  allein  geeignet  scheint,  sein  und  Veränderung  der 
dinge  mit  den  erscheinungen  einstimmig  zu  erklären".  Er  be- 
gründete sonach  den  unterschied  rational,  nicht  sensual,  und  alle 
sinnlichen  beschaffenheiten  wurden  ihm  so  ohne  unterschied  sub- 
jeetive  zustände  der  Wahrnehmung,  während  Epikur  sich  von 
Demokrit  durch  die  annähme  unterscheidet,  daß  das  wahrgenom- 
mene als  solches  auch  objeetiv  räumlich  an  sich  vorhanden  ist 
(p.  183  f).  Diese  ansieht  hat  der  verf.  an  einer  eingehenden 
analyse  des  betreffenden  abschnittes  bei  Theophr.  de  sensu  et  sens. 
entwickelt.  Mir  selbst  scheint  jedoch  eben  diese  theophrastische 
darstellung  der  demokritischen  erkenntnißlehre  nicht  zu  gunsten 
eines  so  durchsichtigen  rationalismus  zu  sprechen ,  wie  ihn  der 
verf.  in  derselben  findet.  Qualitäten  wie  schwer  und  leicht, 
rauh  und  glatt,  heißt  es  dort  (Doxogr.  Gr.  p.  516  f.),  haben  nach 
Demokrit  qvnu,  d.  h.  sie  beruhen  auf  große  und  dichtigkeit  der 
atome  selbst.  Jedes  einzelne  derselben  gv  exaatot  (516,  26)  kann 
von  anderen  einzelnen  sich  durch  gestalt  unterscheiden,  hat  aber 
außerdem  sein  bestimmtes  gewicht  (öTa^/jn^)  nach  der  große. 
Beim  zusammen  verschiedener  beruht  leichtigkeit  und  schwere 
auf  größerem  oder  geringerem  Vorhandensein  des  leeren.  (So 
stellt  auch  Aristot.  de  coel.  IV,  2.  (308b  f.)  die  sache  im  sinne 
Demokrit's  dar ,  nämlich  mit  bezugnahme  auf  den  unterschied 
zwischen  dem  als  einzelnes  genommenen  atom  und  dem  aus  meh- 
reren atomen  zusammengesetzten  dinge).  Jene  kommen  daher  dem 
dinge  an  sich  (den  atomen  selbst)  zu ;  in  ihnen  empfinden  wir 
in  der  aiadijoig  die  cpvan,  selbst.  Bei  den  anderen  dagegen 
(z.  b.  geschmack)  wird  nicht  diese  selbst  sondern  der  durch  sie 
in  uns  hervorgerufene  zustand  gefühlt  (517,  8  f.) ,  und  zwar  ei- 
nerseits in  o  b  j  e  c  t  i  v  e  r  bedingtheit,  sofern  dabei  die  eine  oder 
die  andere  art  von  atomen  (platte,  runde  u.  dgl.)  in  dem  dinge 
vorwiegt  (517,12  und   519,   1  f.),  andrerseits  in  subjeetiver, 


Nr.   10.  97.  Griechische  philosophie.  553 

je  nach  der  subjectiven  Städsaig  in  bezng  auf  befinden,  alter 
u.s.w.  Bei  jenen  („primären")  qualitäten  wird  die  qivaig  selbst 
zum  nüdo* ,  bei  diesen  („secundären")  lediglich  ihre  subjective 
Wirkung.  War  nun  dies  die  ansieht  Demokrit's,  so  konnte  Theo- 
phrast  mit  recht  von  ihm  sagen,  sowohl,  er  mache  navia  nü&ri 
zqg  aia&tjasms,  als  auch  (517,  7)  tcöt  äXXoov  aiadijrmv  ouderog  tivo.i 
tpiaiv\  zugleich  aber  muß  anerkannt  werden,  daß  er  (gegen  p. 
184  des  verf.) ,  den  unterschied  zwischen  primären  und  secun- 
dären qualitäten  nicht  „rational",  sondern  auf  sensuale  thatsachen 
gestützt  behauptete.  Daß  übrigens  Demokrit  auch  so  den  frag- 
lichen unterschied  der  qualitäten  nicht  durchweg  klar  festhielt, 
zeigt  nicht  nur  die  kritik  Theophrast's,  sondern  auch  die  demo- 
kritische theorie  des  Sehens  als  einer  abspiegelung  an  sich  realer 
qualitäten  im  äuge.  Der  letzte  theil  dieser  abhandlung  des  verf. 
enthält  eine,  wie  ich  glaube,  wohlbegründete  erörterung  über 
die  beziehungen  auf  Demokrit ,  welche  in  Plato's  Schriften  vor- 
liegen mögen. 

Die  fünfte  abhandlung:  „Epikur  und  die  epikureische  schule" 
behandelt  zunächst  das  verhältniß  Epikur's  zu  Demokrit.  Zufolge 
seiner  auffassung  der  demokritischen  erkenntnißlehre  muß  der  Ver- 
fasser in  bezug  auf  die  ansieht  von  der  realität  der  sensibilien  einen 
entschiedenen  gegensatz  zwischen  der  epikureischen  und  demokriti- 
schen theorie  behaupten.  Ich  vermag  meinerseits  in  den  betref- 
fenden ansichten  Epikurs  nichts  anderes  zu  erkennen  als  eine 
ausführung  derjenigen  theorie  ,  in  welcher  Demokrit  die  auffas- 
sung der  (gesichts-)empfindung  als  sfxqiaait;  mit  hilfe  seiner  theorie 
der  t'idoolii  oder  Öttxt).u  zu  begründen  suchte.  Gegen  dasjenige 
was  daneben  in  der  demokritischen  erkenntnißtheorie  an  anti- 
sensualistischen  bestandtheilen  sich  vorfand,  haben  wohl  erst  die 
schüler  Epikur's  (s.  p.  216  des  verf.)  ihre  kritik  zu  richten  un- 
ternommen. Von  besonderem  interesse  ist  in  dem  zweiten  theile 
dieser  abhandlung  die  analyse  der  schrift  des  Philodemos  f7t(p< 
eijfieitov,  an  der  die  art  und  weise  gezeigt  wird,  in  welcher  zwi- 
schen epikureern  und  Stoikern  sich  der  meinungsaustausch  über 
die  grundlagen  einer  theorie  der  induetion  bewegte. 

Die  tendenz  des  ganzen  buches  geht  augenscheinlich  dahin, 

die    bedeutung    Aenesidem's  nicht    bloß   als    Skeptiker ,    sondern 

als  theoretiker  des  empirismus,  ja  wo  möglich  als  Vorläufer  des 

modernen    kriticismus    in    das  gehörige  licht  zu  setzen.     Diesem 

Piniol.  Anz.  XIV.  38 


554  98.  Römische  Chronologie.  Nr.   10. 

zwecke  entspricht  noch  besonders  die  letzte  der  vorliegenden  Un- 
tersuchungen (VT):  „die  skepsis  Aenesidem's  im  verhältniß  zu 
Demokrit  und  Epikur'.  Sie  versucht  die  einheitliche  grundan- 
sicht,  von  der  bei  Sextus  die  darstellung  der  demokritischen  und 
epikureischen  erkenntnißlehre  getragen  ist,  auf  Aenesidem  zu- 
rückzuführen. Namentlich  soll  das  wesentliche  in  der  erörterung 
adv.  Log.  II,  56 — 66  demselben  angehören.  Daß  es  der  mühe 
werth  ist,  die  gestalt  des  Urhebers  der  zehn  tropen  einmal  unter 
den  gesichtspunkt  der  erwähnten  fragestellung  zu  bringen,  geht 
aus  den  Untersuchungen  und  erhebungen  des  verf.  überall  zur 
genüge  hervor.  Ob  aber  Aenesidem  in  der  that  ein  Vorläufer 
der  kantischen  philosophie  und  nicht  vielmehr  der  eines  Hume 
u.  a.  gewesen  ist,  kann  an  dieser  stelle  nicht  discutirt  werden. 

JH.  Siebeck. 


98.  Heinrich  Matzat,  römische  Chronologie,  l.band: 
grundlegende  Untersuchungen.  2.  band:  römische  Zeittafeln  von 
506  —  219  v.  Chr.  Berlin,  Weidmannsche  buchhandlung  1883, 
1884.     8.     XII,  254  p.     VIII,   524  p.      16  mk. 

Der  erste  band  dieses  Werkes  handelt  zu  anfang  vom  römi- 
schen vor -julianischen  decem  viralen  kalender  Der  verf.  nimmt 
außer  dem  schaltmonat  noch  den  von  Macrobius  bezeugten  Schalt- 
tag an ,  durch  dessen  in  bestimmten  perioden  eintretende  einfü- 
gung  das  ominöse  zusammentreffen  der  nundinae  mit  dem  Jahres- 
anfänge verhindert  werden  sollte.  Nach  bestimmung  des  ersten 
Cäsarischen  Schaltjahres  auf  710  Varr.  (44  v.  Chr )  wird  die 
läge  der  nundinae  festgesetzt  und  demnach  der  gang  des  regel- 
mäßigen alten  kalenders  von  den  decemvirn  bis  zur  lex  Acilia 
(191  v.  Chr.)  festgestellt  und  auf  einer  tabelle  die  zeit  vom  rö- 
mischen kalenderjahr315  (440  v.Chr.)  bis  504  (191/90  v.  Chr.) 
mit  der  julianischen  Zeitrechnung  ausgeglichen.  Es  folgt  die 
darstellung  des  kalenders  zur  zeit  der  willkür  (191 — 46  v.  Chr.) 
und  der  ersten  zeit  der  julianischen  Schaltung  bis  zu  deren  völ- 
liger durchführung  durch  Augustus.  Cap.  2  beschäftigt  sich 
mit  der  bestimmung  des  ersten  festen  punctes  der  älteren  römi- 
schen geschichte,  d.  i.  der  eroberung  Roms  durch  die  Gallier. 
Matzat  bestimmt  deren  zeit  nach  Polybios'  und  Diodors  zeugniß 
auf  387  v.  Chr. ,  das  jähr  des  antalkidischen  friedens.  Damit 
wird    sodann    die    Übersicht    der    gallischen    kriege    bei  Polybios 


Nr.   10.  98.  Römische  Chronologie.  555 

(II,  18  ff.)  in  einklang  gebracht.  Cap.  3  behandelt  der  verf. 
die  römische  magistratsliste  bis  zu  diesem  jähre  hinauf.  Die 
fünfjährige  auarchie  Polyb's,  sowie  die  einjährige  Diodors  werden 
verworfen,  dagegen  die  dreijährige  des  Fabius  für  die  echte 
Überlieferung  erklärt.  Die  alsdann  fehlenden  zwei  jähre  läßt 
Matzat  durch  Interregnen  ausgefüllt  sein ,  wobei  er  eine  theorie 
über  die  dauer  der  Interregnen  entwirft  und  anwendet.  Das 
vierte  capitel  verfolgt  die  consulatsliste  bis  zu  den  decemvirn 
hinauf.  Nach  Diodor ,  dessen  fasten  überhaupt  von  Matzat  be- 
sonders hoch  geschätzt  werden,  werden  die  consuln  von  331 — 
335  (423  —  419  v.  Chr.)  gestrichen  und  das  zweite  decemvirats- 
jahr  304  varron.  mit  443  v.  Chr.  gleich  gesetzt.  Das  fünfte  ca- 
pitel verfolgt  die  consularfasten  bis  zum  anfang  der  republik 
zurück.  Dazu  construiert  der  verf.  den  vordecemviralen  kalen- 
der,  der  bereits  ein  sonnenjahr  mit  Schaltung  gab  und  auf  eine 
lex  Pinaria  (vom  jähre  282  varron.)  zurückgeführt  wird.  Vor 
diesem  hatten  die  Kömer  nach  Matzat  ein  mondjahr ,  das  aus 
zwölf  mondumläufen  bestand.  Durch  eine  combination  verschie- 
dener notizen  glaubt  Matzat  zu  ermitteln,  daß  zu  anfang  unserer 
consulatsreihe  vier  paar  consuln  einzuschalten  sind ;  dadurch 
fallt  ihm  das  erste  jähr  der  republik  auf  506  v.  Chr.  Er 
kommt  hierbei  auf  den  gebrauch  der  nageleinschlagung  zu 
sprechen,  durch  die  eigentlich  und  ursprünglich  ein  Zeitraum  von 
50  mondjahren  bezeichnet  werden  sollte.  Weder  bei  diesem 
noch  bei  dem  vorigen  capitel  fehlen  der  neuen  Chronologie  die 
bestätigenden  Synchronismen  aus  der  griechischen  Überlieferung. 
Cap.  6  handelt  von  der  römischen  quelle  des  so  wichtigen  Diodor, 
der  weder  aus  Cn.  Flavius,  dem  berühmten  aedilen,  noch  aus  Fa- 
bius Pictor,  noch  aus  Calpurnius  Piso  geschöpft  hat,  sondern 
aus  Cincius  Alimentus.  Man  findet  in  diesem  capitel  auch  eine 
erörterung  über  die  karthagischen  vertrage.  Zum  Schluß  entwi- 
ckelt cap.  7  die  Ursprünge  der  vulgären  römischen  Zeitrechnung. 
Polybios  hat  dazu  beigetragen,  indem  er  die  erhöhung  der  drei 
jähre  der  anarchie  auf  fünf  bewirkte ;  dann  der  bearbeiter  und 
herausgeber  der  annales  maximi  P.  Scaevola,  endlich  der  von  Atticus 
und  Tarutius  angeregte  Varro.  Erst  dieser  letzten  bearbeitung 
verdanken  die  dictatorenjahre  ihren  Ursprung.  Hier  und  früher 
spielen  die  saecula  und  ihre  verschiedene  berechnung  eine  be- 
deutende rolle. 

38* 


556  98.  Römische  Chronologie.  Nr.   10. 

Der  zweite  band  veranschaulicht  mit  seinen  Zeittafeln  die 
neue  Zeitrechnung.  Zugleich  soll  derselbe  eine  vollständige 
Sammlung  der  altern  römischen  Überlieferung  geben,  besonders 
aus  Polybios  und  Diodor;  sogar  der  erste  punische  krieg  ist  in 
extenso  nach  ihnen  abgedruckt.  Ein  anhang  enthält  eine  erwie- 
derung  gegen  einen  recensenten ,  deren  sinn  auf  den  satz  hin- 
auskommt, daß  leute,  die  nichts  von  der  sache  verstehen,  am  be- 
sten thäten,  wenn  sie  stilleschwiegen ;  einen  satz,  dessen  Wahrheit 
unbestreitbar  ist,  dessen  anwendung  aber  davon  abhängig  ist, 
was  man  unter  sachkenntniß  versteht.  Der  zweite  band  ist  im 
wesentlichen  nur  als  beilage  zum  ersten  zu  betrachten  und  die 
beurtheilung  des  ganzen  muß  sich  an  den  ersten  halten. 

Wir  erhalten  in  ihm  eine  neue  Chronologie,  deren  abweichung 
von  der  gewöhnlichen  sich  in  den  drei  puncten  ausdrückt,  daß 
das  jähr  des  Gallierbrandes  auf  387  v.  Chr.,  das  erste  decemvi- 
ratsjahr  auf  444,  das  erste  jähr  der  republik  auf  506  v.  Chr. 
kommt.  Matzat  macht  den  versuch ,  der  schon  manche  beschäf- 
tigt hat,  die  fehler  der  römischen  Chronologie  genau  zu  bestim- 
men und  es  fehlt  ihm  dazu  nicht  an  Scharfsinn.  Beachtenswerth, 
wenn  auch  nicht  einwandsfrei,  ist  gleich  zuerst  seine  bestimmung 
des  ersten  julianischen  Schaltjahres  auf  44  v.  Chr.  Besonderes 
lob  verdient  das  bestreben,  den  autoren,  die  man  als  die  zuver- 
lässigsten erkannt  hat,  dem  Polybios  und  Diodor  zu  folgen.  Un- 
zweifelhaft richtig  ist  (nach  dem  Vorgänge  anderer)  das  jähr  387 
v.  Chr.  (ol.  98,  2)  als  das  von  den  Griechen  gleichzeitig  über- 
lieferte und  daher  wahre  datum  des  Gallierbrandes  bezeichnet 1), 
nicht  das  von  Dionys  gegebene  jähr  ol.  98,  1  388  v.  Chr.,  das 
von  Mommsen  bevorzugt  ist.  Selbst  der  so  verwegenen  einfüh- 
rung  vier  neuer  consulate  zu  anfang  unserer  liste  kann  man 
eine  gute  seite  abgewinnen,  wenn  man  sie  als  einen  versuch  be- 
trachtet, einer  als  gut  erkannten  quelle,  dem  Diodor,  völlig  ge- 
recht zu  werden.  Hervorzuheben  ist  ferner,  was  über  die  data 
der  karthagischen  handelsverträge  gesagt  ist  und  ohne  zweifei 
richtig  die  bestimmung  des  letzten  unter  ihnen  auf  ol.  124,  4 
(281/80   v.  Chr.)  nach  Polybios2),    wenn  auch  in  der  erklärung 

1)  Das  auf  eben  dieses  jähr  führende  datum  der  griechischen  von 
Henzen  zuerst  herausgegebenen  chronik  ist  dem  verf.  nicht  bekannt. 

2)  Wobei  dem  verf.  entgangen  ist,  daß  diese  bestimmung  bereits 
von  mir  (Hermes  XIII,  407,  anmerk.  1)  gegeben  ist. 


Nr.   10.  98.  Römische   Chronologie.  557 

desselben  ein  erhebliches  mißverständniß  vorkommt.  Erwägung 
verdient  ferner  der  Vorschlag,  die  von  Diodor  übergangenen 
fünf  magistratscollegien  von  331 — 335  varron.  als  doubletten 
zu  streichen ,  wenn  auch  die  begründung  nicht  genügend  ist. 
Aber  mit  diesen  und  andern  einzelheiten,  die  sich  im  ersten  oder 
im  zweiten  bände  finden,  ist  auch  das  gute,  das  man  von  dem 
werke  sagen  könnte,  erschöpft.  Denn  im  übrigen  sind  die  haupt- 
sätze  des  verf.  so  mangelhaft  fundamentirt  und  sind  durch 
solche  willkür  gewonnen  ,  daß  ihnen  kein  werth  zukommt.  Die 
restitution  des  decemviralen  kalenders ,  worin  die  hauptarbeit 
besteht,  ruht  auf  der  sehr  unwahrscheinlichen  Voraussetzung, 
daß  von  den  decemvirn  bis  zum  jähre  191  alles  glatt  nach  der 
festen  regel  verlaufen  sei.  Die  mit  den  griechischen  kalendern 
gemachten  erfahrungen,  die  um  so  eher  auf  das  römische  gebiet 
übertragen  werden  können ,  als  der  römische  kalender  ein  grie- 
chischer ist,  haben  auf  den  verf.  keinen  einfluß  gehabt.  Man 
findet  auch  nicht  den  geringsten  zweifei  geäußert,  ob  denn  wirk- 
lich die  decemvirn  diesen  kalender  eingeführt  haben  ,  was  zwar 
überliefert  ist,  aber  bei  der  natur  dieser  römischen  Überliefe- 
rungen nicht  als  sicher  gelten  kann.  Der  von  Macrobius  in 
einer  widerspruchsvollen  notiz  gebotene  Schalttag  hat  wahrschein- 
lich nie  existirt.  Wenn  das  zusammentreffen  der  nundinae  mit 
dem  neujahr  für  ominös  galt 3) ,  so  beweist  das  durchaus  nicht, 
daß  kalendarische  mittel  dagegen  ergriffen  seien;  es  ist  ja  wie- 
derholt eingetreten  und  kann  noch  öfter  eingetreten  sein ,  als 
wir  wissen.  Ganz  ohne  grund  überträgt  ferner  Matzat  das  von 
Macrobius  vom  neujahr  bezeugte  auf  den  antrittstag  der  con- 
suln.  Ja,  dieser  Schalttag  geht  hier  sogar  in  das  vordecemvirale 
jähr  hinüber;  denn  die  decemvirn  wären  nach  Matzat  (p.  230)  zu 
aufgeklärt  für  eine  solche  einrichtung  gewesen.  Bei  der  con- 
struction  des  kalenders  hat  er  sich ,  was  entscheidend  ist ,  um 
die  überlieferten  Zeitbestimmungen  außer  den  finsternissen  nicht 
gekümmert;  z.  b.  die  Schlacht  bei  Cannä  (2.  august  538  varron.) 
müßte  nach  seinen  tabellen  anfang  märz  216  v.  Chr.  stattge- 
funden haben  ,  während  sie  in  Wahrheit  etwa  im  juni  oder  juli 
geschlagen  wurde  und  ähnlich  steht's  mit  andern  sichern  Zeitbe- 
stimmungen.    Ganz    imaginär  ist    das    vordecemvirale   Jahr,    das 

3)  Selbstverständlich  nur  dann,  wenn  irgend  ein  öffentliches  Un- 
glück passirte  und  man  omina  suchte  und  fand. 


558  98.  Römische  Chronologie.  Nr.   10. 

nach  einer  sehr  freien  interpretation  einer  varronischen  stelle  auf 
eine  lex  Pinaria  zurückgeführt  wird ,  und  erst  recht  das  vorpi- 
narische  mondjahr.  Kurz ,  diese  restitution  des  alten  römischen 
kalenders  ist  nichts  als  eine  scharfsinnige  Spielerei.  Man  mag 
bedauern,  daß  der  erfinderische  verf.  nicht  pontifex  maximus  in 
Rom  war :  als  darstellung  des  römischen  kalenders  kann  sein 
versuch  nicht  gelten. 

Das  bestreben  des  verf. ,  den  besten  quellen  zu  folgen  und 
nur  ihnen,  ist  jedes  lobes  werth ;  auch  im  zweiten  bände,  in  den 
Zeittafeln,  finden  sich  davon  proben.  Aber  er  ist  nicht  im  stände 
diese  quellen  richtig  zu  verstehen;  er  folgt  ihnen  nur,  wo  es 
ihm  paßt.  Statt  seine  ansichten  aus  den  guten  quellen  zu  ent- 
wickeln ,  drängt  er  ihnen  die  seinigen  auf.  Er  nimmt  die  an- 
gaben auch  der  besten  quellen  nicht  als  Überlieferung,  sondern  als 
das  ergebniß  einer  berechnung,  wobei  dann  die  von  den  alten  au- 
toren  abweichende  Zählung  der  neuen  Chronologen  dennoch  als  quel- 
lenmäßig erscheinen  kann.  So  ist  Polybios  zwar  der  beste  autor, 
aber  seine  fünf  anarchiejahre  werden  dennoch  aus  der  älteren 
Chronologie  entfernt ;  Diodor  hat  eine  sehr  alte  Chronologie,  aber 
die  fünf  consulate  nach  dem  gallischen  brande  werden  ihm  ohne 
umstände  entrissen.  Hingegen  sind  die  jüngeren  quellen,  Livius 
und  Dionys,  über  die  sich  Matzat  mehrmals  mit  mitleidiger  Ver- 
achtung äußert,  nicht  zu  schlecht,  wenn  es  ihm  in  den  kram 
paßt.  Die  censorische  notiz  bei  Dionys  I,  74 ,  in  der  von  an- 
dern handgreiflichen  anachronismen  abgesehen  die  aera  der  Ver- 
treibung der  könige  vorkommt,  ist  ihm  eine  alte  Urkunde  vom  jähr 
des  datum  und  dient  in  dieser  Voraussetzung  bei  der  ergänzung 
der  vier  neuen  consulate  zu  anfang  der  republik4).  Die  ganze 
erörterung  über  interregnen  und  wechselnde  amtsanfänge  nährt 
sich  von  schlechten  quellen,  besonders  von  Livius.     Dieser  um- 

4)  Wasp.  244  f.  in  folgender  weise  geschieht.  Diesenotiz,  die  auf  das 
jähr  vor  der  gallischen  katastrophe,  also  nach  Matzat  auf  388  v.  Chr. 
geht,  bezeichnet  dieses  jähr  als  das  119.  nach  der  Vertreibung  der  kö- 
nige. Da  sie  gleichzeitig  ist,  gibt  sie  die  älteste  Chronologie,  die 
nach  Matzat  bei  Diodor  noch  erhalten  ist  und  in  der  vor  der  galli- 
schen katastrophe  vier  consulate  weniger  sind,  als  in  der  späteren. 
Um  aber  die  zahl  von  119  oder  vielmehr  118  jähren  voll  zu  machen, 
braucht  man  doch  wieder  vier  consulate,  die  nun  aus  dem  reichhalti- 
gen register  der  consuln  der  ersten  jähre  der  republik  entnommen 
werden.  Daß  in  jener  notiz  nach  der  gemeinen  Chronologie  gerechnet 
werde,  wie  es  wirklich  der  fall  ist,  wird  von  Matzat  auch  nicht  als 
möglichkeit  erwähnt. 


Nr.    10.  98.  Römische  Chronologie.  559 

stand  jedoch  macht    den  verf.  an    der    Sicherheit  seiner  resultate 
nicht  im  mindesten  irre. 

Wohl  das  oberflächlichste  und  zugleich  willkürlichste  ist 
was  der  verf.  bei  der  behandlung  der  neuerdings  viel  bespro- 
chenen stelle  Polybs  über  die  Gallierkriege  geleistet  hat.  Er 
nimmt  da  folgende  manipulation  vor:  die  Polyb.  II,  18,  9  über- 
lieferte zahl  TQiaxal8exa  ändert  er  in  sxxaldsxa]  er  rechnet  fer- 
ner den  krieg,  in  dem  die  schlacht  am  vadimonischen  see  statt- 
fand, dreijährig  5),  während  bei  Polybios  nur  zwei  jähre  bezeich- 
net sind,  rechnet  auch  den  vorhergehenden  krieg  und  einen  frü- 
heren, den  dritten  der  ganzen  reihe  (18,  §  7),  zweijährig,  ob- 
wohl bei  Polybios  davon  nichts  zu  lesen  ist.  Denn ,  so  meint 
unser  autor  (p.  98),  Polybios  habe  gar  nicht  beabsichtigt,  ein 
jähr  für  jähr  aufzählendes  chronologisches  system  zu  geben,  son- 
dern gebe  nur  die  Intervallen  zwischen  den  einzelnen  Gallier- 
kriegen ,  nicht  die  dauer  dieser  kriege  selbst  Bei  dieser  be- 
hauptung,  die  eine  Widerlegung  nicht  verdient,  und  bei  der  dar- 
aus gezogenen  anwendung  ist  nur  zu  verwundern,  weshalb  unser 
autor  dann  der  Polybiosstelle  überhaupt  noch  bedeutung  bei- 
mißt, da  sie  ja,  wenn  sie  so  lockerer  auslegung  fähig  ist,  jedem 
beliebigen  chronologischen  system  dienen  kann.  Bekanntlich  ist 
es  streitig ,  ob  bei  den  vom  Schriftsteller  gebrauchten  Ordinal- 
zahlen (ha  Tniaxoazqi  u.  dgl.)  beide  endpuncte  der  rechnung 
mitgezählt  seien ,  wie  Mommsen  meint ,  oder  nur  einer ,  wie  ich 
vorgeschlagen  habe.  Für  unsern  autor ,  der  es  sich  nicht  hat 
verdrießen  lassen,  uns  den  alten  brei  der  Interregnen  wiederum 
aufzutischen,  existiert  diese  frage  nicht,  und  sie  ist  doch  für  das 
verständniß  dieser  fundamentalen  stelle  allein  entscheidend.  Das 
problem  wird  nicht  einmal  erwähnt,  geschweige  denn,  daß  der 
versuch  gemacht  wäre,  dasselbe  mit  hülfe  des  vorhandenen  ma- 
teriales  zu  lösen ,  die  verwandten  chronographischen  aufzeich- 
nungen,  vor  allem  die  bei  Polybios  selbst  vorhandene  Übersicht 
der  achäischen  geschichte ,  zu  vergleichen  und  den  Sprachge- 
brauch ,  der  in  diesen  dingen  gilt ,  festzustellen.  Statt  dessen 
die  erwähnte  behandlung ,  bei  der  dem  Polybios  durch  emenda- 
tion  drei  jähre  zugelegt  werden  und  durch  interpretation  noch 
drei  jähre.  Es  ist  ferner  bei  dieser  stelle  von  interesse,  beson- 
ders für  Matzat,  nach  welchen  jähren  Polybios  rechnet.     In  einer 

5)  Worin  ibrn  Mommsen  vorangegangen  ist. 


560  98.  Kömische  Chronologie.  Nr.   10. 

anmerkung  (p.  86)  hat  sich  der  reformator  der  römischen  Chro- 
nologie damit  abgefunden  :  nach  Nissen,  sagt  er,  seien  es  olym- 
piadenjahre,  die  von  herbst  zu  herbst  liefen.  Damit  ist  die 
Sache  abgethan ;  kein  gedanke ,  daß  er  selbst  die  frage  zu  un- 
tersuchen und  sich  davon  zu  überzeugen  die  pflicht  hatte ,  wie 
begründet  oder  unbegründet  diese  annähme  sei.  Ist  es  ihm 
nie  in  den  sinn  gekommen,  was  für  sonderbare  olympiadenjahre 
das  doch  sein  müssen,  die  von  herbst  zu  herbst  laufen?  hat  er 
sich  nie  den  schluß  von  Polybios  III  angesehen?  hat  er  nie  be- 
dacht, wie  wunderlich  es  ist,  daß  Polybios  die  gesammte  rö- 
mische Überlieferung  von  anfang  an  sollte  in  seine  pseudolym- 
piaden  umgesetzt  haben?6). 

Ebensowenig  hat  der  nächstwichtige  autor ,  Diodor ,  eine 
auch  nur  annähernd  genügende  behandlung  erfahren.  Es  fehlt 
jeder  versuch ,  ihn  richtig  zu  verstehen  und  sich  seine  art  klar 
zu  machen,  um  eine  norm  für  eine  benutzung  zu  gewinnen: 
nicht  einmal  eine  ordentliche  Übersicht  seiner  Chronologie  wird 
uns  gegeben.  Wir  erhalten  nur  die  nichtssagende  hypothese, 
oder  besser  den  einfall ,  daß  Diodor  den  Cincius  benutzt  habe, 
wodurch  erreicht  ist,  daß  Diodor  nunmehr  ungefähr  bei  allen 
annalisten  herumgegangen  ist  und  der  tanz  von  neuem  beginnen 
kann.  Wer  grundlegende  Untersuchungen  für  einen  theil  der 
antiken  Chronologie  schreiben  will,  muß  vor  allen  dingen  die  anti- 
ken Chronographen  richtig  zu  verstehen  bemüht  sein,  muß  besonders 
dasjenige  kennen  und  seinem  leser  mittheilen,  was  man  die  chro- 
nographische praxis  der  alten  nennen  kann ;  er  darf  nicht ,  wie 
Matzat  es  gethan  hat ,  sich  in  diesen  wahrhaft  grundlegenden 
dingen  auf  die  gelegenheitsmeinungen  anderer  verlassen.  Auch 
sonst  fehlt  es  unserem  verf.  an  einsieht  in  litterarischen  dingen, 
wie  u.  a.  die  vermuthuug  zeigt,  daß  Cn.  Flavius  nicht  nur  con- 
sularfasten  herausgegeben  habe ,  was  nicht  bezeugt  ist ,  sondern 
auch  eine  art  Selbstbiographie,  aus  der  die  von  ihm  umlaufenden 
aneedoten  genommen  seien  (p.  277.  317) 

Die  zur  bestätigung  der  neuen  Chronologie  herbeigeholten 
griechischen  Synchronismen  würden  von  großem  werthe  sein, 
wenn   sie    nicht    entweder    bedeutungslos    wären  oder  auf  einem 

6)  Nissen's  annähme  betrifft  nur  die  eigentliche  geschichtserzäb- 
lung  bei  Polybios ;  erst  Mommsen  ,  dem  Matzat  auch  hier  gefolgt  ist, 
bat  ihr  rückwirkende  kraft  verliehen. 


Nr.    10.  98.  Römische  Chronologie.  561 

irrthura  beruhten.  Nach  Matzat  ist  varron.  331  =  420  v.  Chr. 
Nun  erwähnt  Livius  IV,  37  unter  dem  jähre  331  varr.  die  besetzung 
Capua's  durch  die  Campaner,  Diodor  XII,  76  meldet  vom  jähre 
421/20  v.  Chr.  die  eroberung  Kyme's  durch  die  Campaner  und 
dasselbe  Livius  IV,  44  unter  dem  jähre  334  varron.  Diese  bei- 
den ereignisse ,  die  eroberung  von  Capua  und  die  von  Kyme 
sind  nach  Matzat  p.  211  identisch,  so  daß  Livius  IV,  37  die 
römische ,  Diodor  und  Liv.  IV,  44  die  griechische  datirung  ge- 
ben, der  römische  bericht  hat  den  Vorgang  von  der  landseite,  der 
griechische  von  der  seeseite  angesehen.  Man  möchte  wohl  er- 
fahren, von  welcher  seite  aus  denn  die  besetzung  Capua's  angesehen 
ist,  die  Diodor  XII,  31  unter  Ol.  85,  3  (438  v.  Chr.)  erzählt;  vielleicht 
von  der  luftseite  aus  ?  Matzat  kennt  diese  stelle  nicht.  Der  p.  212 
(nach  Niebuhr)  angeführte  Synchronismus  der  athenischen  pest 
mit  einer  von  Livius  aus  Korn  berichteten,  hat  gar  keinen  werth, 
da  wir  aus  Thukydides  wissen ,  daß  auch  in  Hellas  diese  pest 
nicht  allgemein  war,  sondern  nur  die  volkreichen  orte  betraf,  wobei 
ich  die  frage  nach  der  echtheit  dieser  und  anderer  livianischen 
pestilenzen  unerörtert  lassen  will.  Gleichen  werth  hat  die  p.  260 
versuchte  combination  der  von  Thukydides  (I,  112)  gemeldeten 
hungersnoth  in  Cypern ,  von  der  man  vermuthet  hat ,  daß  sie 
in  den  griechischen  gegenden  allgemeiner  verbreitet  war,  mit 
der  von  Liv.  III,  31  erwähnten  römischen,  um  so  die  gleichung 
von  varron.  298  mit  450  v.  Chr.  zu  bestätigen.  Den  preis  ver- 
dient aber  der  gleich  darnach  gemachte  versuch ,  den  kometen 
von  467  v.  Chr. ,  mit  den  prodigiösen  früh  -  und  fehlgeburten 
in  Verbindung  zu  bringen,  die  Dionys  IX,  40  (unter  dem  jähre 
282  varr.)  berichtet.  Matzat  meint,  daß  die  römischen  matronen 
aus  schreck  vor  dem  furchtbaren  kometen  von  dem  erwähnten 
unglück  betroffen  seien.  Es  kostet  einige  mühe ,  ihn  ernsthaft 
zu  nehmen. 

Meister  ist  unser  Chronologe  in  allerlei  chronologischen  ta- 
schenspielerkünsten  und  kniffen.  Dazu  gehören  die  saecula ,  die 
bald  zu  100  sonnenjahren ,  bald  zu  100  mondjahren  gerechnet 
sein  sollen');    anderswo    werden    die  olympiadenjahre  in  die  rö- 

7)  So  ist  die  von  Matzat  als  Polybianisch  ermittelte  zeit  der  kö- 
nigsherrschaft ,  242  jähre,  gerade  2*/g  rnondsaecula.  Wie  bedeutsam! 
Auch  die  zahl  2%  ist,  wie  man  ergänzend  hinzufügen  kann,  gewiß 
nicht  ohne  bedeutung;  denn  ist  nicht  21/2  die  hälfte  von  5?  und  ist 
nicht  2x5  =  10?  und  10  x  10  =  100?  und  so  weiter  in  saecula  sae- 
culorum. 


562  99.  Römische  geschiehte.  Nr.    10. 

mische  Chronologie  eingeführt ;  auch  die  unsinnige  Unterscheidung 
des  gründungsjahres  der  Stadt  Rom  von  dem  ersten  jähre  der- 
selben,  die  z.  b.  p.  150  vorkommt,  gehört  dazu.  Das  sind  so 
kleine  mittelchen ,  die  der  willkür  des  autors  zur  hülfe  kommen. 
Vielleicht  macht  es  in  unserer  jubiläumslustigen  zeit  eindruck, 
daß  nach  Matzats  ansieht  (p.  254)  schon  die  ganz  alten  Römer 
das  50jährige  bestehen  ihrer  republik  mit  einer  kalenderreform 
feierten.  Was  wird  man  schließlich  zu  einem  Chronologen  sagen,  der 
(p.  282)  Mommsen  tadelt,  daß  er  das  jähr  des  Übergangs  des 
Xerxes  nach  Hellas  bei  Polybios  III,  21  gleich  ol.  75,  1  (480/79 
v.  Chr.)  gesetzt  habe,  während  es  in  Wahrheit  ol.  74,  4  sei  (481/80). 
Das  sieht  zwar  sehr  correct  aus  ;  leider  kennt  aber  Matzat  nicht  den 
kanon  des  Eratosthenes  und  andere  stellen,  aus  denen  hervorgeht, 
daß  ))  S^qhw  dnißaaic  der  technische  ausdruck  für  ol.  75,  1  ist. 
Das  angeführte  möge  genügen,  um  zu  zeigen,  daß  dem  Ver- 
fasser zum  historischen  Chronologen  fast  alles  fehlt.  Auch  seine 
richtigen  gedanken,  die  er  hat,  sind  durch  seine  maßlose  Will- 
kür unbrauchbar  und  unfruchtbar  gemacht.  Das  werk  macht 
den  eindruck  einer  dilettantenarbeit ;  man  findet  darin  die  Will- 
kür, den  mangel  an  Selbstkritik,  die  kühnheit,  mit  der  ver- 
muthung  auf  vermuthung  gethürmt  wird ,  und  das  Selbstgefühl, 
wie  sie  dilettanten  eigen  zu  sein  pflegen.  Ueber  das  von  an- 
dern bereitete  material  gehen  die  kenntnisse  des  verf.  nirgendswo 
hinaus  und  ich  muß  bekennen,  daß  mir  kaum  je  ein  buch  vor- 
gekommen ist ,  das  bei  solchen  prätensionen  so  wenig  leistete, 
wie  Matzats  römische  Chronologie. 

Benedictus  Niese. 

99.  Ernst  Herzog,  geschiehte  und  system  der  römischen 
Staatsverfassung.  Erster  band  :  königszeit  und  republik.  Leipzig, 
Teubner  1884.     8.     LXIII,   1188  p.    —     15  mk. 

Ohne  die  grenzen  einer  kompendiarischen  fassung  zu  über- 
schreiten will  der  Verfasser  eine  darstellung  der  römischen  Staats- 
verfassung geben ,  welche  nicht  nur  überall  die  eigene  ansieht 
soweit  klarstellt  und  begründet,  um  ein  urtheil  zu  ermöglichen, 
sondern  auch  auf  diesem  gebiete  anregen ,  neues  interesse  er- 
wecken und  zu  weiteren  Studien  veranlassen  möchte  —  ohne 
zweifei  eine  aufgäbe ,  die  ihren  großen  reiz  und  ihre  volle  be- 
rech tigung  noch  lange  bewahren  wird.     Vorauf  geht  eine  einlei- 


Nr.   10.  99.  Römische  geschichte.  563 

tung,  welche  die  wege  und  ergebnisse  der  römischen  geschichts- 
forschung  seit  Niebuhr ,  insbesondere  die  entwicklung  der  ver- 
fassungsgeschichte  und  des  Staatsrechts  behandelt ,  und  daran 
schließt  sich  die  bezeichnung  des  methodischen  Standpunkts  des 
autors,  welcher  wohl  demjenigen  Mommsens  am  nächsten  kommt, 
aber  ihn  in  mannigfacher  hinsieht  nicht  bloß  modificirt,  sondern 
auch  mäßigt.  Die  beiden  natürlich  sehr  ungleichen  haupttheile 
des  vorliegenden  bandes  umfassen  die  königszeit  und  die  zeit 
der  republik  (bis  zu  Cäsars  zweiter  dietatur),  während  die  kai- 
serzeit  dem  zweiten  bände  noch  vorbehalten  ist  Jeder  haupt- 
theil  zerlegt  sich  in  zwei  abschnitte,  indem  zuerst  die  geschichte, 
sodann  das  System  der  Verfassung  zu  methodisch  verschiedener 
behandlung  kommt. 

Ob  die  gewählte  art  der  anordnung  den  zweck  des  verf. 
am  besten  erreicht  hat,  diese  frage,  die  er  selbst  stellt,  kann 
nach  der  lektüre  des  buchs  auch  ich  nur  mit  einigem  zweifei 
beantworten,  der  sich  um  so  mehr  geltend  macht,  als  selbst  die  sehr 
klare  und  anziehende  darstellung  ein  gewisses  gefühl  mangelnder 
befriedigung  im  leser  nicht  ganz  zu  überwinden  vermag.  Dieses 
gefühl  entspringt  aber  allein  aus  der  vielfachen  Zerreißung  des 
Stoffs,  welche  zunächst  als  folge  der  trennung  von  geschichte 
und  System  erscheint,  durch  die  nicht  allein  das  buch  in  zwei 
verschiedenartige  hälften  zerfällt,  sondern  auch  besser  zusammen- 
stehendes oft  an  verschiedener  stelle  erscheint.  Am  meisten 
leidet  die  ältere  periode.  In  dem  dunkel  der  königszeit ,  wo 
vieles  zweifelhaft  bleibt  und,  wie  der  Verfasser  richtig  sagt,  sich 
manches  leicht  dem  einen  so  dem  andern  anders  darstellt ,  hat 
gewiß  auch  das  bild,  welches  dem  Verfasser  vorschwebt,  das 
vollste  recht  auf  genaue  betrachtung  und  in  den  gedanken  einge- 
hende nachprüfung  der  fachgenossen  ;  aber  die  vielfach  controver- 
sen  und  auch  mit  großer  vorsieht  gegebenen  meinungen  müssen  so 
häufig  ihre  weitere  begründung  und  ausführung  an  anderer 
stelle  erhalten ,  daß  man  beim  lesen  ,  wenn  ich  so  sagen  darf, 
für  keine  derselben  recht  warm  wird ,  daß  man  erst  bei  nach- 
träglicher erwägung  der  gesammten  auffassung  dem  autor  ge- 
recht wird.  Die  konsequenz  des  plans  hat  wohl  zu  weit  geführt. 
Aber  auch  abgesehen  von  dieser  durchgehenden  trennung  ist 
in  dem  letzten  hauptabschnitt ,  der  das  gesammte  system  der 
republikanischen  Verfassung  zur  darstellung  bringt,  durch  anschluß 


564  99.  Römische  geschichte.  Nr.   10. 

an  Mommsens  art  der  behandlung  des  Staatsrechts  dem  erwähnten 
zweck  des  buchs  einigermaßen  schaden  geschehen.  Was  für  Momm- 
sens werk  möglicherweise  indifferent  ist,  weil  wer  es  studiert,  mit 
Überwindung  der  form  auf  die  sache  sehen  und  aus  allen  details 
das  ganze  erfassen  mag ,  das  ist  bei  dem  zweck  einführen  und 
anregen  zu  wollen ,  den  der  Verfasser  verfolgt,  nicht  ohne  be- 
deutung.  Wenn  auch  die  von  Mommsen  angebahnte  und  auch 
hier  verlangte  und  versuchte  erfassung  und  aufstellung  des  Sy- 
stems gerade  im  römischen  Staatsrecht  ihre  volle  berechtigung 
hat,  so  möchte  ich  doch  fragen ,  ob  auf  einem  rechtsgebiete,  wo 
im  thatsachlichen  so  vieles  streitig  ist  und  aus  dürftiger  Über- 
lieferung geschöpft  werden  muß,  der  weg  der  darstellung  vom 
allgemeinen  zum  besonderen  als  der  zweckmäßigste  gelten  kann, 
und  ob  es  nicht  möglich  ist,  aus  den  einzelnen  erscheinungen 
heraus,  die  so  vielfach  erst  erwiesen  und  begründet  werden  müs- 
sen, zu  den  umfassenderen  begriffen  aufzusteigen,  um  so  zuletzt 
auch  mit  juristischer  strenge  das  ganze  rechtssystem  zu  rekon- 
struiren.  Am  wenigsten  wird  durch  die  vom  Verfasser  beliebte 
anordnung  der  umfangreiche  abschnitt  (p.  118 — 569)  geschädigt, 
der  die  geschichte  der  republikanischen  Verfassung  erzählt.  Daß 
dieser  historische  theil ,  der  am  Schluß  der  einzelnen  perioden 
selbst  die  auswärtigen  Verhältnisse  übersichtlich  bespricht  und 
nicht  nur  die  politischen  motive  der  verfassungs  -  einrichtungen 
und  änderungen,  sondern  auch  die  personen  der  maßgebenden 
Staatsmänner  in  treffender  weise  kennzeichnet,  dem  systematischen 
theil  ganz  verschiedenartig  gegenübersteht,  hebe  ich  nicht  weiter 
mäkelnd  hervor :  vielmehr  möchte  ich  betonen,  wie  sehr  es  dem 
Verfasser  in  der  geschichtlichen  darstellung  gelungen  ist  seinen 
gediegenen  ansichten  über  Sachen  und  menschen  die  kraft  des 
gewinnenden  und  überzeugenden  zu  geben ,  wie  sich  dem  leser 
die  empfindung  aufdrängt ,  daß  bei  sorgfältigem  forschen  und 
gründlichem  denken  eine  praktische  auffassung  der  dinge,  mäßi- 
gung  im  urtheil  und  einfachheit  in  der  form  auf  historischem 
gebiete  die  gesundesten  und  reifsten  fruchte  zeitigt. 

Was  den  materiellen  inhalt  des  buchs  anlangt,  so  ist  es 
nicht  möglich  den  eigenartigen  ansichten  des  Verfassers  in  einer 
kurzen  besprechung  im  einzelnen  gerecht  zu  werden;  im  allge- 
meinen aber  ist  seine  gesammte  auffassung  eine  neue  bestätigung, 
daß  auf  diesem  schwierigen  und  wichtigen  felde    bei   aller  man- 


Nr.   10.  99.  Römische  geschiente.  565 

gelhaftigkeit  der  Überlieferung  gewisse  grundanschauungen,  welche 
die  forschung  erst  geschaffen  hat,  mehr  und  mehr  zum  gemein- 
gut  werden  und  daß  auch  in  andern  punkten  die  verschiedenen 
auffassungen  sich  einander  nähern.  Es  scheint  als  ob  der  autor 
wie  in  der  methode,  so  in  den  ansichten  vielfach  von  Mommsens 
Standpunkt  einmal  ausgegangen  ist ,  sei  es  daß  er  von  diesem 
überzeugt  oder  zu  gleichem  resultat  gekommen  war ;  und  so  hat 
er  an  der  auffassung  von  den  arten  der  comitien  (wegen  der 
curien  und  curienversammlung  läßt  er  manches  unbestimmt),  von 
der  entstehung  und  dem  ursprünglichen  wesen  der  bezirkstribus, 
von  der  lex  curiata  und  der  patrum  auctoritas,  von  collegialität 
und  intercession  mit  recht  festgehalten.  Anderweitig  aber  hat 
er  sich  in  wesentlichen  punkten  getrennt ,  überhaupt  eine  Über- 
spannung des  Systems  vermieden  und  durch  berücksichtigung 
der  historisch- politischen  umstände  und  einflüsse  eine  mittlere 
Stellung  und  festere  stütze  gewonnen.  Mit  Mommsen  vom  wesen 
der  magistratur  den  ausgang  nehmend ,  die  auch  er  mit  dem 
königthum  principiell  gleichartig  als  einheitliche  vollgewalt  er- 
kennt ,  sucht  er  doch  ihr  Verhältnis  zu  senat  und  volk  für  die 
republikanische  zeit  anderweitig  so  zu  bestimmen,  daß  er  magi- 
stratur und  senat  als  regierung  hinstellt,  der  gegenüber  die  Ver- 
sammlung des  nicht  als  souverän  zu  betrachtenden  volks  erst 
allmählich  größere  rechte  gewinne.  Für  das  gegenseitige  Ver- 
hältnis von  magistrat  und  senat  macht  er  die  ursprüngliche 
rechtsstellung  der  patres  geltend,  insofern  sie  die  auspicien  durch 
geburt  besaßen,  welche  auf  den  könig  oder  den  magistrat  durch 
die  form  des  Interregnums  übergingen.  Und  so  gelingt  es  ihm 
zugleich  königthum  und  magistratur  in  ihrem  gemeinsamen  wesen 
und  in  ihrer  continuität  zu  erhalten ,  indem  er  der  anschauung 
von  einem  erblichen  oder  quasi-erblichen  königthum,  resp.  der 
lehre  vom  ernennungsrecht  und  der  cooptation  des  nachfolgers 
entgegentritt,  von  vorn  herein  die  bestellung  des  rex  als  lebens- 
länglichen gebieter  durch  das  zu  diesem  zweck  gleich  ursprüng- 
lich geschaffene  Interregnum  annimmt,  in  dem  königthum  der  Tar- 
buinier  einen  versuch  erkennt  eine  dynastische  monarchie  zu 
gründen,  und  nach  Vertreibung  des  königs  auf  verfassungsmäßigem 
wege  und  durch  die  gesetzgebung  unter  leituug  der  zwischen- 
könige  den  Übergang  zur  republikanischen  magistratur  herstellen 
läßt.      Diese    continuität    und    systematische    fortentwickluug    be- 


566  99.  Römische  geschichte.  Nr.   10. 

hauptet  er  auch  fernerhin  möglichst  weit  den  irregularitäten  ge- 
genüber,   welche    die  plebs  in  die  Verfassung  brachte;    denn  er 
stellt,  wie  schon  in  seiner  abhandlung  „über  die  glaubwürdigkeit 
der  bis  zum  jähre  387  der  Stadt  überlieferten  gesetze",    die  be- 
hauptung  auf,    daß    die  rechte  der  plebejischen  tribut -  comitien 
durch  centuriat-gesetze  festgesetzt  worden  seien,  und  ferner,  daß 
die  volkstribunen  den  Charakter    der    magistrate    weder  von  an- 
fang  gehabt,  noch  später  jemals  ganz  gewonnen  hätten.     Deßhalb 
behandelt    er   im    systematischen   theil    die    letzteren    auch  nicht 
unter  der  magistratur,  sondern  im  abschnitt  von  den   volksrech- 
ten, indem  er  sie  als  Volksvertreter,  nämlich  Schützer  der  inter- 
essen    der    plebs   und    später    der    volksgemeinde  gegenüber  der 
regierung    angesehen    wissen   will.     Im    übrigen  werden  die  all- 
gemeinen   rechtsverhältnisse    der    magistratur    und    die  einzelnen 
magistrate  sehr  übersichtlich   und    gründlich    besprochen ,    wobei 
einzelnes,  z.  b.  die  Untersuchung  über  die  lex  Villia,  die  darstellung 
der  censur ,    die  gruppirung  der  neben  dem  certus  ordo  vorkom- 
menden amtsstellungen,  besonders  beachtenswerth  erscheint.    Für 
die  republikanische  zeit  wird   der  senat   vor  und  nach  dem  ovi- 
nischen   gesetze   getrennt  behandelt  und    zwar  so ,    daß    für  die 
frühere  zeit  in  anschluß  an  die  gestaltung  unter  dem  königthum 
das  Verhältnis  des  patricischen  theils  zum  gesammtsenat  und  die 
Stellung  der  plebejischen  Senatoren ,    für    die    spätere  zeit  neben 
der  feststellung  der  liste    die    umfassende  geschäftsthätigkeit  der 
leitenden    behörde    den    kernpunkt   der    erörterung    bildet.     Die 
vom  volke  handelnden  abschnitte  geben  die  gliederung  der  bür- 
gerschaft    in    den   verschiedenen    perioden ,    die  Verhältnisse  der 
minderberechtigten ,    die    einwirkung    der    censur ,    die    aus    den 
censuszahlen  sich  etwa  ergebenden  Schlüsse  in  ausführlicher  weise, 
in  kürze  dagegen  die    Verhältnisse   der  Latiner  und  Peregrinen, 
da  im  ganzen   die  italischen    bundesgenossen    und  die  provinzen 
als  der  Staatsverwaltung  angehörend  oder   unter  die  auswärtigen 
beziehungen  fallend  weniger  in  betracht  gezogen  sind.     Weiter- 
hin werden  alsdann  die  volksrechte  besprochen  und  zwar  zuerst 
die  von  den  magistraten    geleiteten    comitien ,    zuletzt   wie    oben 
erwähnt  das  volkstribunat  und  die  plebejische  Volksversammlung. 
Vom  historischen  theil  auch  nur  in   so  flüchtiger  weise  den 
inhalt  angeben  zu  wollen  kann  mir  nicht    beikommen :    er   wird 
auch  ohne  weiteren  hinweis    auf   seinen    reichen    gedankengehalt 


Nr.   10.  Bibliographie.  567 

die  anziehungskraft  des  buches  erhöhen ;  vielleicht  wird  er  auch 
in  anderen  den  wünsch  nach  mehr  von  dieser  art  und  die  frage 
entstehen  lassen ,  ob  nicht  eine  geschichte  der  römischen  Staats- 
verfassung möglich  gewesen  wäre,  die  mit  aufnähme  des  im  sy- 
stematischen theil  enthaltenen  ,  vielleicht  mit  noch  etwas  ausgie- 
bigerer behandlung  des  historischen  ein  mehr  einheitlich  geschlos- 
senes, ebenso  einleuchtendes  als  vollständiges  bild  gegeben  und 
dem  ausgesprochenen  zweck  des  Verfassers  noch  mehr  entsprochen 
hätte.  Hermann  Genz. 


Bibliographie. 

Es  ist  erschienen :  Bibliotheca  philologica ,  oder  geordnete 
Übersicht  aller  auf  dem  gebiete  der  classischen  alterthumswis- 
senschaft  wie  der  altern  und  neuern  Sprachwissenschaft  in  Deutch- 
land  und  dem  ausländ  neu  erschienenen  bücher.  Herausgegeben 
von  dr.  ph.  Gustav  Kossinna.  Secbsundcl reißigster  Jahrgang,  2. 
heft,  juli  bis  december  1883.  (Mit  einem  alphabetischen  register). 
8.     Verlag  von  Vandenhoeck  u.   Ruprecht  in  Göttingen. 

Probenummern  sind  versandt  von  der  dritten  aufläge  von 
Weisseres  bilder-atlas  zur  Weltgeschichte,  in  50  lieferungen  zu 
50   pf.     Verlag  von  Paul  Neff  in  Stuttgart. 

Mittheilungen  der  Verlagsbuchhandlung  B.  G.  Teubner  in 
Leipzig,  1884,  nr.  4,  erste  abtheilung :  Inschriften  griechischer 
bildhauer  mit  facsimiles,  herausgegeben  von  Emanuel  Löwy ;  mit 
Unterstützung  der  kaiserlichen  akademie  der  Wissenschaften  zu 
Wien:  es  soll  Gr.  Hirschfeld's  1871  erschienene  tituli  statuariorum 
cett.  ersetzt  werden;  —  Eusebii  canonum  epitome  ex  Dionysii 
Telmaharentis  chronico  petita ,  verterunt  notisque  illustrarunt  C. 
Siegfried  et  C.  Geizer;  —  Die  gliederung  der  altattischen  ko- 
mödie  von  Th.  ZielinsJcy ;  —  Aeschyli  tragoediae.  Edidit  H.  Weil 
(Bibliotheca  Teubneriana). 

Angezeigt  sind  im  RAnz.  nr.  204  katalog  nr.  13  von  R. 
Steffenhagen  in  Merseburg,  —  von  Kirchhoff  und  Wigand  in  Leip- 
zig nr.  710  in  nr.  232;  —  von  Franch  und  Weigert  in  Breslau 
nr.   187  in  nr.   234. 

Eingesandt  sind  antiquariatscatalog  nr.  58  von  Wilhelm  Ja- 
cobsohn  in  Breslau,  auch  die  bibliothek  des  Oberlehrers  dr.  Storch- 
Reichenbach  enthaltend.  —  Catalog  nr.  81  des  antiquarischen 
bücher] agers  von  Joseph  Joloiuicz  in  Posen  ;  —  von  W.  Koch  und 
Reimer  in  Königsberg  in  Pr.  catalog  nr.  6,  7  classische  philo- 
logie  und  orientalia,  nr.  8  geschichte,  kriegswissenschaft  u.  s.  w., 
nr.  9  literaturgeschichte ,  kunst,  auch  neuere  sprachen  enthal- 
tend. 


568  Bibliographie.  Nr.  11- 


Verzeichniß  der  wichtigeren  publikation  en  auf  dem  gebiete  der  alter- 

thumswissenschaft  1884.     VII. 

Beilage  A.     Schulschriften  und  programme. 

613.  Aken,  0.,  de  figurae  dno  xoivov  usu  apud  Catullum  Tibullum 
Propertium.  Pars  I.  Schwerin  Gy.  10  p.  Teubner.  Progr.  1884. 
No.  593. 

614.  Althaus,  Carl,  Coniectanea  in  aliquot  locos  Baccharum  Eu- 
ripidis.     Spandau,  gymn.     22  p.     (No.  86). 

615.  Amrhein  ,  W. ,  de  pleonasmo  Herodoteo.  Pars  I.  Hameln, 
gymn.     24  p.     (No.  280). 

616.  Arndt,  — .,  Horatius  sitne  imitatus  Menippum.  Harburg, 
realgymn.     10  p.     (No.  300). 

617.  Bachmann,  Ottomar,  Lexici  Aristophanei  specimen.  Frank- 
furt a.  O,  Friedrichsgymn.     18  p.     (No.  73). 

618.  Baenitz,  M. ,  über  die  Zusammensetzung  von  Ilias  r  bis  J 
1—219.     Rogasen.     13  p.     (No.  145). 

619.  Baranek,  —.,  a)  zu  einigen  stellen  der  Orestie.  b)  Eine  pa- 
rallele zwischen  dem  ITgo/jti^tvg  diß/uwTtjg  und  Horat.  c.  III,  24.  Glei- 
witz,  kath.  gymn.     12  p.     (No.  165). 

620.  Beckmann,  Hartwig,  Timaeus  von  Tauromenium.  Wandsbek, 
gymn.     20  p.     (No.  263). 

621.  Beneke ,  Friedr. ,  beitrage  zur  metrik  der  Alexandriner. 
Theil  U.     Berlin.     (Progr.  des  städt.  gymn.  zu  Bochum).  44  p.    (No.319). 

622.  Benicken,  Hans  Karl,  die  litteratur  zum  6.  liede  vom  zorne 
des  Achilleus  im  6.  u.  7.  buche  der  Homerischen  Ilias.  Theil  IL  Ra- 
stenburg.    22  p.     (No.  15). 

623.  Biedenwey ,  Wilh.,  Plutarchs  quellen  in  den  lebensbeschreib. 
des  Dion  und  Timoleon.  Leipzig.  (Progr.  d.  realgymn.  Dortmund). 
36  p.     No.  338. 

624.  Boltzenthal,  Rudolf,  de  Graeci  sermonis  proprietatibus  quae 
in  Ciceronis  epistulis  inveniuntur.  —  O.  Tschiersch  et  W.  Benlz,  Fru- 
stula  lexilogica  I.  II  (zu  Papinius  Statius  und  Boetius  comra.  in  Ari- 
stotel.  rifgl  iQfArjvtiag).     Cüstrin.      12  p.      (No.   70). 

625.  Brandt,  Karl,  de  auctoribus  quos  in  componendis  Georgicae 
libris  adumbraverit  Vergilius.  —  Gustav  Legerlotz ,  metrische  Über- 
setzungen aus  antiken  und  modernen  dichtem.  Salzwedel.  22  p. 
(No.  214). 

626.  Brieger,  Adolf,  die  urbewegung  der  atome  und  die  weltent- 
stehung  bei  Leukipp  und  Demokrit.  Halle  a.  S.,  stadtgymn.  28  p. 
(No.  216). 

627.  Blinkmeier,  — .,  der  tragiker  Phrynichos.  Burg.  21  p.  (No.  209). 

628.  Brüll,  Heinr.,  entwicklungsgang  der  griechischen  philosophie. 
Für  das  Verständnis  der  oberen  gymnasialklassen  dargestellt.  2. folge: 
Plato  n.  Aristoteles.     Düren.     13  p.     (No.  396). 

629.  Bruncke,  Herrn.,  die  rangordnung  der  centurionen.  Wolfen- 
büttel.    20  p.     (No.  633). 

630.  Buchwald,  Otto,  metrische  Übersetzung  ausgewählter  epoden 
des  Horaz.     Fürstenwalde.     8  p.     (No.  76). 

631.  Buning ,  G. ,  über  die  tragische  furcht  in  der  poetik  des 
Aristoteles.     Coesfeld.     18  p.     (No.  322). 

632.  Dahms ,  R. ,  philologische  studien  zur  Wortbedeutung  bei 
Homer.     Berlin,  Askan.  gymn.     28  p.     (No.  60). 

633.  Decker,  Aug  ,  beitrage  zum  vergleich  der  Aeneide  Vergib 
mit  der  von  Veldeke.     Treptow  a.  R.     14  p.     (No.  130). 


Nr.   11.  Bibliographie.  569 

634.  Detlef sen,  Detlef,  Untersuchungen  zu  den  geographischen 
büchern  des  Plinius.  1.  Die  weitkarte  des  M.  Agrippa.  Glückstadt. 
17  p.     (No.  254). 

635.  Draheim,  Jon.,  de  Homeri  verborum  collocatione.  Berlin, 
Wilhelnisgymn.     p.  V-X.     (No.  57). 

636.  Eitner ,  Gustav,  Q.  Sulpicius  Maximus.  Ein  elfjähriger 
dichter.     Leipzig.     (Progr.  d.  gyrnu.  Aug.  zu  Goerlitz).     20  p.     (No.  168). 

637.  jEWz,  Heinr. ,  über  den  periplus  des  Hanno.  Marienburg. 
48  p.     (No.  35). 

638.  Evers,  E. ,  das  emporkommen  der  persischen  macht  unter 
Cyrus  (üach  den  neuentdeckten  inschriften).  Berlin,  Königsstädt.  re- 
algymn.     40  p.     (No    90). 

639.  Funk,  A.,  auf  Homer  bezügliches.    Friedland.  11p.   (No.  601). 

640.  Gaumitz,  Herrn.,  zu  den  Bobienser  Ciceroscholien.  Dresden, 
Vizthumsches  gymn.     30  p.     (No.  489). 

641.  Gemoll,  Guil. ,  Nepualii  fragmentum  niol  ztZv  xaiü  uvunä- 
9(tav  xal  GVfinüfrtrictv  et  Demoeriti  ntyl  av^Tia^tuuy  xai  ctvnna9tnxiy  rec. 
adnott    et  proll.  adiecit.     Striegau.     22  p.     (No.  190). 

642.  Genies,  Chr.,  de  translationibus  quae  dicuntur  Terentianis. 
Leer.     20  p.     (No.  301). 

643.  Gizycki,  Paul  von,  einleitende  hemerkungen  zu  einer  Unter- 
suchung über  den  werth  der  naturphilosophie  des  Epikur.  Berlin, 
Stadt,  progymn.     26  p.     (No.  65). 

644.  Graeber,  Gustav,  Untersuchungen  über  Ovids  briefe  aus  der 
Verbannung.     Theil  II.     Elberfeld.     14  p.     (No.  398). 

645.  Grosse,  — .,  über  Isokrates  Trapezitikos.  Arnstadt.  18  p. 
(No.  651). 

646.  Großmann,  W.,  de  particulis  ne  .  .  .  quidem.  Allenstein. 
26  p.     2  tabulae.     (No.  1). 

647.  Haag,  Geor<j,  Praemissa  expositione  eius  consilii  quod  Ari- 
stophanes  in  Thesmophoriazusis  secutus  est  de  locis  quibusdam  eius- 
dem  fabulae  deque  Andromeda  Euripidia  agitur.  Stettin,  Stadtgymn. 
16  p.     (No.  126). 

648.  Haake ,  Aug.,  beitrag  zur  historiographie  Diodors.  Hagen. 
6  p.     (Nr.  339). 

649.  Hache  ,  Rieh.  ,  de  partieipio  Thucydidio.  Extrema  pars. 
Löbau,  Wp.     11  p.     (No.  34). 

650.  Härtung,  C,  bemerkungen  zu  den  griechischen  Bukolikern- 
Theil  I:    die  strophische  responsion.     Sprottau.     8.     38  p.     (No.  203). 

651.  Heidtmunn,  G. ,  beitrag  zur  emendation  der  Aeneis.  Wesel. 
6  p.     (No.  422). 

652.  Heimreich,  Christ.,  kritische  beitrage  zur  Würdigung  der 
alten  Sophokles-scholien.     Ploen.     19  p.     (No.  259). 

653.  Hilger ,  A.,  über  die  Acharner  des  Aristophanes.  Danzig, 
realgymn    zu  St.  Petri  u.  Pauli.     9  p.     (No.  44). 

654.  Horcher,  Fr.,  de  verborum  ordine  lingnae  latinae  usitato 
comm.     P.  ni.     Rndolstadt,     16  p.     (No.  650). 

655.  HoersUn ,  von,  beitrage  zur  elementaren  darstellung  der 
lehre  vom  verbum  infinitum  im  lateinischen.  Gandersheim.  16  p. 
(No.  630). 

656.  Hoffmann,  Victor,  über  den  gebrauch  der  partikel  uiv  bei 
Herodot.     Schneidemühl.     11  p.     (N.  146). 

657.  Horowitz,  J. ,  über  Plato's  Theaetet  und  seine  bedeutung 
und  Stellung  innerhalb  der  platonischen  lehre  und  seine  abfassungs- 
zeit.     Thorn.     28  p.     (No   42). 

658.  Kallenherg,  H.,  Commentatio  critica  in  Herodotum.  Berlin, 
Friedrichs- Werdersches  gymn.     28  p.     (No.  53). 

Piniol.  Anz.  XIV.  39 


570  Bibliographie.  Nr.   11. 

659.  Kampe,  Friedr.,  die  histspiele  des  Terentius  und  ihre  grie- 
chischen originale.     Halberstadt,  Domgymn.     19  p.     (No.  212). 

660.  Kehr,  Ulric. ,  Quaestionum  magicarum  specimen.  Haders- 
leben.    19  p.     (No.  255). 

661.  Keil ,  Albert,  über  den  platonischen  dialog  Parmenides. 
Stolp.     30  p.     (No.  128). 

662.  Kinzel ,  Karl,  zwei  recensionen  der  Vita  Alexandri  Magni 
interprete  Leone  archipresbytero  Neapolitano.  Berlin,  z.  Grauen  kio- 
ster.     33  p.     (No.  51). 

663.  Kipper,  Jul. ,  die  satireu  des  Q.  Horatins  Flaccus  ins 
Deutsche  übers.     1.  häli'te.     Rostock,  gymn.     24  p.     (No.  592). 

664.  Kitt,    - .,  de  translationibus  Taciteis.  Conitz.  32  p.  (No.  33). 

665.  Klasen ,  Josef,  quam  rationem  Terentius  in  contaminatis 
quae  dicuntur  fabulis  coniponendis  secntus  esse  videatur.  Pars  I: 
quae  Adelphos  complectitur.     Eheine.     21  p.     (No.  333). 

666.  Klinkenberg,  Joseph,  Euripideai.  Aachen  gyni.   28  p.  No.  382. 

667.  Klotz,  R.,  Studia  Aeschylea.  Leipzig,  königl.  gymn  36  p. 
(No.  493). 

667a.  Krick,  J.,  Racine's  verhältniß  zu  Euripides.  Aachen,  real- 
gymn.     55  p.     (No.  424). 

668.  Kurschat,  Alexander,  unedirte  Horaz-scholien  des  cod.  Paris. 
Lat.  7975  (o)  zum  vierten  buch  der  öden ,  den  epoden ,  dem  Carmen 
saeculare  und  dem   ersten  buch  der   satiren.     Tilsit.     59  p.     (No.   17). 

669.  Labahn,  — .,  Observationes  criticae  in  Hesiodum.  Schwetz. 
10  p.     (No.  39). 

670.  Leckelt,  über  des  Arnobius  schrift  adversus  nationes.  Ihr 
dogmatischer  lehrgehalt.     Neisse.     19  p.     (No.  201). 

671.  Lehmann,  Adolph,  de  verborum  compositorum  quae  apud 
Sallustium  Caesarem  Livium  Tacitum  leguntur  cum  dativo  structura 
commentatio.     Pars  I.     Leobschütz.     17  p.     (No.  175). 

672.  Lilie,  C,  coniunctivischer  bedingungssatz  bei  indicativischem 
hauptsatz  im  lateinischen.     Berlin,   Huinboldtgymn.      17  p.     (No.  61). 

673.  Lücke ,  O. ,  Goethe  und  Homer.  Nordhausen.  (Progr.  der 
klosterschule  Ilfeld).     51  p.  (No    286)._ 

674.  Luthe,  Werner,  über  begriff  und  aufgäbe  der  metaphysik 
des  Aristoteles.     Düsseldorf,  gymn.     15  p.     (No.  397). 

675.  Maenß ,  Rieh.,  die  präpositionen  bei  Sophokles.  Theil  H. 
Neuhai vensleben.     24  p.     (No.  221). 

676.  Magdeburg ,  —.,  über  die  bilder  und  gleichnisse  bei  Euri- 
pides.    Theil  II.     Danzig,  städt.  gymn.      16  p.     (No.  29). 

677.  Menge,  Rud. ,  u.  Sigm.  Preuß ,  Specimen  lexici  Caesariani, 
Vorbemerkungen  von  Rud.  Menge.     Eisenach.     32  p.     (No.  613). 

678.  Meyer,  Friedr.,  de  personificationis  quae  dicitur  usu  Taciteo. 
Goettingen.     29  p.     (No.  279). 

679.  Monse,  Hugo,  zu  Catull.  Waldenburg  in  Schi    15  p.  (No.  191). 

680.  Müller,  Emil.,  beitrage  zur  erklärimg  und  kritik  des  königs 
Oedipus  des  Sophokles.     I  u.  II.     Grimma.     71  p.     (No.  492). 

681.  Mutzbauer,  Carl,  der  homerische  gebrauch  der  partikel  fitv 
I.  Einleitung  und  aus  kapitel  I:  xai  /uiv  und  «Top  /uev.  Köln,  Friedr.- 
Wilh.-gymn.     23  p.     (No.  392). 

682.  Neuhaus,  Otto,  die  quellen  des  Trogus  Pompeius  in  der 
Persischen  geschichte.  Theil  II.  Osterode,  Ostpr.  (Progr.  von  Ho- 
henstein).     26  p.     (No.  5). 

683.  Niemeyer,  Carl  Aug.  Ed.,  über  die  gleichnisse  bei  Quintus 
Smyrnaeus.     Theil  IL     Zwickau.     20  p.     (No.  500). 

684.  Opitz,  Tbeod.,  In  Iulio  Floro  spicilegium  criticum.  Dresden, 
Neustadt.     24  p.     (No.  490). 


Nr.   11.  Bibliographie.  571 

685.  Otto,  — .,  die  versunistellungen  bei  Properz.  Theil  I.  Groß- 
Glogau,  kathol.-gyrnn.     25  p.     Nr.  167. 

686.  Polster,  Lud.,  Quaestionuin  Statianarum.  Particula  III. 
Ostrowo.     14  p.     (No.   142). 

687.  Raths,  geschichtliches  über  den  streit  zwischen  den  anhän- 
gern  der  altklassischen  litteratur  u.  der  modernen  bis  zum  12  jahrb. 
einschließlich.     II.  theil.     Bonn.     (Progr.  v.  St.  Wendel).     (No.  421). 

688.  Rebhan,  Hugo,  das  1.  kap.  des  1.  buches  der  Aristotelischen 
Metaphysik.     Lauenburg  a.  d.  Elbe.     16  p.     (No.  269). 

689.  Regel,  Georg,  Terenz  im  verhältniß  zu  seinen  griechischen 
originalen.     Wetzlar.     16  p.     (No.  423). 

690.  Reiter,  Hugo,  Observationes  criticae  in  M.  Terentii  Varronis 
de  lingua  latina  libros.     Braunsberg.     10  p.     (No.  3). 

691.  Roediger,  Rieb.,  griechisches  sigma  und  jota  in  Wechselbe- 
ziehung.    Berlin,  Luisenstädt.  gyrnn.     19  p.     (No.  58). 

692.  Rohde ,  Dietericus ,  adiectivum  quo  ordine  apud  Caesarem 
et  inCiceronis  orationibus  coniunetum  sit  cum  substantivo.  Hamburg, 
gelehrtenschule  des  Iohanneums.     18  p.     (No.  661). 

693.  Ruppel,  — . ,  de  comitiorum  tributorum  et  conciliorum  ple- 
bis  discrimine.     Wiesbaden,  realgymn.     18  p.     (No.  376). 

694.  Sander,  Jul. ,  bemerkungen  zu  Xenophons  berichten  über 
lehre  und  leben  des  Sokrates.  Magdeburg,  kloster  Unser  lieben  frauen. 
44  p.     (No.  217) 

695.  — ,  Paul,  zur  XIX.  rede  des  Demosthenes.  Stralsund.  13  p. 
(No.  129). 

696.  Schaefers,  über  ein  fragment  aus  dem  commentar  des  Por- 
phyrius  zu  Piatons  Timaeus.     I.     Sigmaringen.     (Progr.  v.  Hedingen). 

20  p.     (No.  403). 

697.  Schaeffvr,  — .,  über  den  gebrauch  des  aecusativs  bei  Herodot. 
Groß-Strehlitz.     18  p.     (No.  189). 

698.  Schauenburg,  Ed.,  Übertragungen  aus  lat.  dichtem.  Crefeld, 
realgymn.     38  p.     (No.  430). 

699.  Schilling,  G.,  über  die  tmesis  bei  Sophokles.  Oppeln.  15  p. 
(No.   182). 

700.  Schirlitz,  C. ,  de  Piatonis  Parmenide.  Neustettin.  25  p. 
(No.  121). 

701.  Schirmer,   Adolf,  über  die  quellen  des  Polyaen.     Altenburg. 

21  p.     (No.  626). 

702.  Schlüter,  Jos.,  de  Caecilii  Statu  fabularum  fragmentis.  An- 
dernach.    22  p.     (No.  383). 

703.  Schmeisser,  G.,  beitrage  zur  kenntniß  der  technik  der  etrus- 
kischen  haruspices  Landsberg  a.  W.  (Progr.  von  Schwerin  a.  W.). 
9  p.     (No.  148). 

704.  Schmülling,  Theod.,  der  phoenizische  handel  in  den  griechi- 
schen gewässern.     Münster,  realgymn.     30  p.     (No.  342). 

705.  Schneider ,  Georg,  de  aliquot  libris  Diodori  Siculi  manu- 
scriptis.     Berlin,  Joachimsthalsches  gyrnn.     24  p.     (No.  52). 

706  Schoenbom,  E.,  zur  erklärung  von  Piatons  Charmides.  Pleß. 
14  p.     (No.  184). 

707.  Schreyer,  Herrn.,  Goethe  und  Homer.  Theil  I:  bis  zur  reise 
nach  Italien.     Naumburg  a.  S.     (Pforta  landesschule).     44  p.    (No.  223). 

708  Seelisch,  Rieh.,  einleitung  in  Xenophons  anabasis  im  letzten 
Vierteljahre  des  untertertia-cursus.     Erfurt.     10  p.     (No.  211). 

709.  Sieche,  Ernst,  de  Niso  et  Scylla  in  aves  mutatis.  Berlin 
Friedrichsgymn.      18  p.     (No.  56). 

710.  Stender ,  Jul.,  zur  geschichte  des  griechischen  perfects. 
Theil  II.     (M.  Gladbach).     Leipzig.     24  p.     (No.  410). 

39* 


572  Bibliographie.  Nr.  11. 

711.  Süsser,  Theod.,  über  die  katharsis  in  der  poetik  des  Ari- 
stoteles.    Norden.     23  p.     290  p. 

712.  Textor,  zur  dramatischen  technik  des  Aristopbanes.  Stettin, 
könig-Wilhelmsgyinn.     31  p.     (No.   127). 

713.  Treu.  Max.,  zur  geschiehte  der  Überlieferung  von  Plutarchs 
moralia.     III.     Breslau,  Friedrichsgymn.     8.     42  p.     (No.    157). 

714.  Triemel,  Ludw.,  geschiehte  der  älteren  Quinctier  bis  zu  den 
Samnitenkriegen  283  -  405  a.  u.  c.     Kreuznach.     8      44  p.     (No.  406). 

715.  Ulrich,  Friedr.,  über  die  composita  bei  Plautus.  Halle  a.  S., 
latein.  hauptschule.     28  p.     (No.  213). 

716.  Urtel,  Friedr.,  über  den  homerischen  gebrauch  des  optativs 
der  abhängigen  rede.     Weimar.     16  p.     (No.  616). 

717.  Vierke,  — .,  de  ^  particulae  cum  imlicativo  couiunetae  usu 
antiquiore.     Pars  II.     Aeschylum  continens.     Schleiz.    23  p.    (No.  649). 

718.  Vogels,  J.,  Scholia  in  Ciceronis  Aratea  aliaque  ad  astrono- 
miam  pertinentia  e  cod.  Musei  Britani  Harleiano  647.  Pars  I.  Cre- 
feld.     25  p.     (No.  394). 

719.  Volkmann,  Rieh.,  über  Homer  als  dichter  des  epischen  cy- 
clus  und  die  angeblichen  Homeridenschulen  des  alterthums.  Jauer. 
24  p.     (No.  170). 

720.  Wenck,  — . ,  zur  indogermanischen  kasusbildung.  Borna. 
29  p.     (No.  503). 

721.  Wilke,  W. ,  über  die  niang  in  den  briefen  des  neuen  testa- 
ments.     Lauban.     17  p.     (No.  174). 

722  Winicker ,  Fritz,  stand  der  Lykurgischen  frage.  Graudenz. 
22  p.     (No.  32). 

723.  Wulff,  J. ,  der  lateinische  Unterricht  in  quarta  im  zusam- 
menhange mit  den  Perthes'schen  reformvorschlägen.  Frankfurt  a.  M., 
musterschule.     20  p.     (No.  368). 

723a.  Zawudski,  die  an  zahl  der  areopagiten  in  Aeschylus  Eu- 
meniden.     Ruhrort.     7  p.     (No.  439). 

724.  Zeitschel,  — .,  de  Thucydidis  inventione  cum  usu  oratorum 
congruente      Nordhausen      13  p.     (No.  242). 

725.  Zimmermann ,  Aug.,  beitrage  zur  lateinischen  grammatik. 
II.  Ist  die  partikel  quom  ursprünglich  nur  zeitpartikel  gewesen  ? 
Pohlau,  königl.  Mariengymn.     15  p.     (No    144). 

Beilage  B.     Dissertationen  und  academica. 

Amsterdam.  726.  Reijnders,  Hendr.  Ioann.,  de  vita  Phrynichi 
praetoris  Atheniensis.     Amstelodami  1883.     8.     94  p. 

727.  Sicking,  Lud.  Joseph.,  Annotationes  ad  Antiatticistam.  ib. 
eod.     132  p. 

Kopenhagen.  728.  Kinch ,  C.  F.,  Quaestiones  Curtianae  cri- 
ticae.     Hauniae  1883.     8.     108  p. 

Leiden.  729.  Ca/and,  W.,  de  nummis  M.  Antonii  III  viri  vi- 
tam  et  res  gestas  illustrantibus  commentatio.    Lugduni  Batav.  1883.    8. 

730.  Kuiper,  K.,    commentatio  de  vita  Niciae.     Zwolle  1880.     8. 

731.  Renaler,  R.  T.  F.,  Tirocinia  critica  in  Dionysii  Halicarnas- 
sensis  antiqnitates  Romanas.     Lugd.  Bat.   1878. 

Leipzig.  732.  Lange,  Ludw  ,  de  pristina  libelli  de  republica 
Atheniensium  forma  restituenda  commentatio,  pars  prior.  Lipsiae  1883. 
4.    32  p. 

733.  Ribbeck,  Otto,  Emendationum  Mercatoris  Plautinae  spicile- 
gium.     Lipsiae  1883.     4.     32  p. 

734.  Schmidt,  Woldem.  Gottlob,  der  bericht  der  apostelgeschichte 
über  Stephanus.     Leipzig  1882.     4.     34  p. 


Nr.    11.  Bibliographie.  573 

735.  Buchhold,  Ludw. ,  de  parornoeoseos  (adlitterationis)  apud 
veteres  Romanorum  poetas  usu.     Lipsiae  1883.     8.     111p. 

736.  Crusms,  Otto,  Analecta  critica  ad  Paroemiographos  Graecos. 
Leipzig  1883.  S.  44  p.  (Vollständig  erschienen  bei  Teubner.  Leip- 
zig 1883.     8). 

737.  Enderlein,  Oscar,  de  M.  Antonio  oratore.     ib.  1882.   8.  16  p. 

738.  Erdetiberger,  Gust.  Ed.,  de  vocalibus  in  altera  compositarum 
vocum  Latinarum  parte  attenuatis.     ib.  1883.     8.     61  p. 

739.  Freyer ,  Theod. ,  Quaestiones  de  scholiorum  Aeschineorum 
fontibus  cum  epimetro  de  Aelii  Dionysii  et  Pausaniae  Atticistarum 
formulis    oi  nakaioi,  Tiaou    rolg    nakraolg ,     xaui  rovg    nakaiovg.      Lipsiae 

1882.  8.     (p.  237-  392  der  Leipziger  studien  für  Philologie  V). 

740.  Frye,  Guil.,  de  Heraclidae  Milesii  studiis  Homericis  com- 
mentatio  philol.    ib.  1883.     8. 

741.  Galle,  P.  L.,  de  Isocratis  oratione  Trapezitica.  Dresden  1883. 
8.     38  p. 

742.  Giesing ,  Friedericus,  de  scboliis  Platonicis  quaestiones  se- 
lectae.  Pars  prior:  De  Aeli  Dionysi  et  Pausaniae  Atticistarum  in 
scboliis  fragmentis.     Lipsiae  1883.     8.     74  p. 

743.  Gilbert,  Job.,  Meletemata  Sophoclea.    Dresden  1883.  8.  30  p. 

744.  Hildebrandt,  F.  R.,  de  itineribus  Herodoti  Europaeis  et  Afri- 
canis.     Lipsiae  1883     8.     67  p. 

745.  Hillmann,  Frid.,  de  arte  critica  in  Orphei  Argonauticis 
factitanda  capita  duo.     Ibid.  1883.     8.     74  p. 

746.  Koch,  L.  G.,  de  principe  iuventutis.     Lips.  1883.     8.     77  p. 

747.  Kroker,  Ernst,  gleichnamige  griechische  künstler.  Ein  bei- 
trag  zur  antiken  künstlergeschichte.     Leipzig  1883.     8.     49  p. 

748.  Krnmbhok,  Paul,  de  Asiae  minoris  satrapis  Persicis.     ibid. 

1883.  8.     94  p. 

749.  Tlberg,  Hugo,  Studia  Pseudippocratea.     ib.  1883.     8.     63  p. 

750.  Matthias  Theod.,  de  Apollonii  Dyscoli  epirrhematici  et  syn- 
desmici  forma  genuina.     ib.   1883.     8.     28  p. 

751.  Opitz,  Rice. ,  de  argumentorum  metricorum  latinorum  arte 
et  origine.     ib.  1883.     8.     p.  193 — 243  der  Leipziger  studien  VI. 

752.  Ritters,  Herrn.,  de  conformationum  usu  Aeschyleo.  ib.  1882. 
8.     63  p. 

753.  Scheffler,  Carl,  de  rebus  Teiorum.     ib.  1882.     8.     100  p. 

754.  Schmitt,  Henr.  Lud. ,  Quaestiones  chronologicae  ad  Thucy- 
didem  pertinentes.     ib.  1882.     8.     105  p. 

755.  Schroetter,  Rob. ,  Quas  formas  nominum  themata  sigmatica 
in  vocabulis  compositis  graecis  induant.     Coethen  1883.     8.     95  p. 

756.  Schulze,  Martin,  die  schrift  des  Claudius  Mamertus  Presby- 
ters zu  Vienne  über  das  wesen  der  seele  (de  statu  animae).     Dresden 

1883.  8.     85  p. 

757.  Wagner,  Rice,  Quaestiones  de  epigrammatis  Graecis  ex  la- 
pidibus  collectis  grammaticae.     Lipsiae  1883.     8.     127  p. 

Münster.  758.  Bastgen,  Peter,  De  Demosthenis  Midiana.  Mün- 
ster 1884.     8.     56  p. 

759.  Cueppers,  Franc.  Joseph.,  de  oetavo  Tbucydidis  libro  non 
perpolito.     ib.  1884.     67  p. 

760.  Faßbaender,  Franc,  de  optativo  futuri.  Lipsiae  1884.  8.  60  p. 

761.  Jonas,  Jos.,  de  Solone  Atbeniensi.     Münster  1884.     8.     76  p. 

762.  Martini,  Aug.,  Quaestiones  criticae  de  rebus  ad  historiam 
Aureliani  pertinentibus  institutae.     Pars  I :  de  bello  Palmyreno.     ibid. 

1884.  35  p. 

763.  Müller,  Renardus,  de  rebus  inde  a  Caesaris  nece  usque  ad 
funue  Romae  gestis.    ib.  1884.    8.     80  p. 


574  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.   11. 

764.  Wulff,  Albert,  Quaestiones  in  Xenophontis  de  republica  La- 
cedaemoniorum  libello  institutae.     ib.  1884.     8.     64  p. 

Würzburg.  765.  Hoppichler,  Oscar  Philipp,  de  Theone  Her- 
mogene  Aphthonioqueprogynmasmaturo  sci'iptoribus.  Virceburgi  1884. 
8.    52  p. 

766.  Schubert,  Robert  Julius,  Quos  Cicero  in  libro  I  et  II  de  re 
publica  auctores  secutus  esse  videatur.     Lipsiae  1883.     8.     52  p. 

767.  Sophoulis,  Themistokles  P. ,  Hades  in  der  antiken  kunst. 
Würzburg  1884.     8.     39  p. 

768.  Straub,  Joh. ,  de  tropis  et  figuris  quae  inveniuntur  in  ora- 
tionibus  Demosthenis  et  Ciceronis.     Virceburgi  1883.     8.     147  p. 

769.  Sturm,  Jo.  Bapt.,  Quae  ratio  inter  tertiam  T.  Livii  decadem 
et  L.  Coeli  Antipatri  historias  intercedat.     Virceburgi  1883.     8.     54  p. 

Zürich.  770.  Meyer,  Wilb.,  die  Schicksale  des  lateinischen  neu- 
trums  im  romanischen.     Halle  a.  S.  1883.     8.     176  p. 


Kleine  philologische  zeitung. 

Grimm-denkmal.  Ueber  beitrage  aus  der  Schweiz,  Holland, 
über  die  thätigkeit  für  das  denkmal  in  Berlin ,  Marburg ,  Kiel, 
in  Hamburg ,  Oldenburg  u.  s.  w.  berichtet  Allg.  ztg.  beil.  zu 
nr.   184  und  nr.   195. 

Ein  kurzer  nekrolog  auf  K.  R.  Lepsius  steht  Allg.  ztg. 
nr.   194. 

Unter  der  aufschrift  „aus  der  zeit  könig  Ludwigs  I"  wer- 
den von  G  Böhm  mittheilungen  in  Allg.  ztg.  beil.  zu  nr.  196. 
197  aus  des  arcbitekten  Gärtner  nachlaß  gemacht,  welche  sich 
auf  dessen  aufenthalt  in  Athen  1835  beziehen  und  eine  menge 
interessanter  details  über  den  damaligen  zustand  Athens  und 
Gärtners  Wirksamkeit  daselbst  enthalten;  dann  in  beil.  zn  nr.  206. 
207  wird  Pompeji  besprochen:  an  beiden  orten  begleitete  Gärtner 
den  könig  Ludwig  I. 

Athen,  13.  juli.  Die  auf  kosten  der  hiesigen  archäologi- 
schen gesellschaft  vorgenommenen  ausgrabungen  in  Epidaurus 
waren  von  glücklichem  erfolge  begleitet.  Es  sind  bis  jetzt  außer 
dem  theater ,  das  vollständig  freigelegt  ist  und  seine  ehemalige 
pracht  ahnen  läßt,  vier  gebäude  zu  tage  gekommen  :  der  tempel 
des  Asklepios ,  das  abaton ,  der  tholos  des  Polyklet  und  ein  vor 
drei  tagen  aufgedecktes  gebäude.  Aber  auch  wichtige  denk- 
mäler  der  plastik  sind  gefunden ;  von  diesen  sind  nach  Athen 
gebracht:  1)  eine  Nike,  die,  wie  aus  einigen  spuren  am  köpfe, 
zwischen  den  flügeln  und  an  der  basis  ersichtlich  ist,  einem 
giebel  angehörte.  Das  motiv  ist  dem  der  Nike  des  Päonios 
verwandt.  Der  prachtvolle  köpf  ist  abgebrochen,  paßt  aber  ge- 
nau zum  rümpfe;  er  hat  übrigens  durch  corrosion  gelitten.  Der 
Nike  fehlt  die  rechte  hand ,  der  linke  arm  und  der  eine  flügel. 
2)  Eine  zweite  Nike,  etwas  größer  als  die  vorige  (höhe  ca.  1  m), 
in  zwei  großen  stücken;  der  abgebrochene  köpf  ist  stark  beschä- 
digt, doch  kann  über  ßeine  Zugehörigkeit  kein  zweifei  bestehen. 


Nr.   11.  Kleine  philologische  zeitung.  575 

Das  werk,  wie  das  vorige  der  blüthezeit  angehörig,  hat  durch 
den  einfluß  der  feuchtigkeit  bedeutend  gelitten  ;  es  wurde  näm- 
lich nur  ein  meter  unter  der  erdoberfläche  gefunden,  während 
das  andere  zwei  meter  tief  lag.  3)  Der  torso  eines  Jünglings, 
0,55  m  hoch;  es  fehlen  der  köpf,  die  beine  von  den  knien  ab, 
und  die  bände.  4)  Ein  torso  ähnlicher  art;  die  hände  fehlen 
wie  bei  dem  vorigen-,  dagegen  wurde  der  zugehörige  köpf  ge- 
funden, dem  ein  großer  t.heil  des  gesichts  mangelt.  Höhe  (köpf 
mit  inbegriffen)  0,65  m.  Beide  torso  sind  treffliche  kunstwerke 
mit  wunderbarer  Weichheit  und  Zartheit  der  behandlung.  Einige 
körpertheile ,  wie  die  hände ,  waren  mit  eisernen  nageln  einge- 
zapft, deren  verrostung  den  umgebenden  marmor  sprengte;  es 
fanden  sich  noch  vier  (0,02  m  lange;  armfragmente  der  einen 
statue,  die  auf  solche  weise  durch  den  zapfen  gesprengt  waren. 
5)  Eine  wohlerhaltene  Statuette  des  Asklepios ,  aus  römischer 
zeit,  0,70  m  hoch,  das  einzige  bild  des  gottes ,  das  bisher  in 
Epidauros  gefunden  worden  ist.  Bemerkenswert!!  scheint  noch 
eine  jüngst  gefundene  weihinschrift ;  sie  enthält  einen  staavsbeschluß 
(festgesandtschaft  betreffend; ,  welcher  dem  Stifter  bei  der  incu- 
bation  geoffenbart  worden  war.  —  Die  von  dem  cultusminister 
Vulpiotis  angeordneten  reinigungsarbeiten  auf  der  akropolis  neh- 
men ihren  rüstigen  fortgang.  Die  türkische  mauer  bei  den  pro- 
pyläen  ist  niedergelegt,  so  daß  jetzt  die  akropolis,  von  der  Stadt 
aus  gesehen,  einen  ungewohnten  und  schöneren  anblick  gewährt. 
Nunmehr  werden  auch  die  cisternen  beseitigt;  hierbei  fand  sich 
ein  fundament  aus  porös ,  auf  dem ,  wie  sich  verrnuthen  läßt, 
eine  die  äußere  nordseite  der  pinakothek  verdeckende  halle  er- 
baut war.  Bei  diesen  arbeiten  fand  man  auch  zahlreiche  in- 
schriften,  von  denen  wir  eine  erwähnen.  Sie  ist  auf  einer  cy- 
linderförmigen  (der  der  Athena  Hygieia  ähnlichen)  basis  einge- 
graben und  lautet : 

top  Srjfjov  T(jüv  ^luxidailuoi>t'tov 
iiioiuc  ei'txa 

[Evßo  fyvlog  inoirjße. 
Dazu  noch  die  bemerkung,  daß  der  cultusminister  gedenkt  sich 
im  laufe  dieser  woche  nach  Tiryns  und  Mykene  zu  begeben, 
um  dortselbst  die  fortführung  der  von  Schliemann  nicht  zu 
ende  gebrachten  ausgrabungen  zu  regeln.  —  Allg.  zeitung 
no.   207. 

„Aus  dem  Morgenlande,  von  L.  Steub"  sind  überschrieben 
eine  reihe  artikel  in  der  Allgemeinen  zeitung,  welche  vieles  auch 
dem  philologen  wichtige  enthalten:  freilich  nr.  201  ,,im  Aegäi- 
schen  meere"  (no.  XI)  bringt  uns  nichts:  es  ist  nebel  und  der 
scheint  bewirkt  zu  haben ,  daß  das  einzig  greifbare  in  dieser 
nummer  das  ist,  daß  eines  morgens  Verfasser  warm  gefrühstückt 
und  an  einem  andern  sehr  früh  dicht  beim  Peiraieus  den  caffee 


576  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.   11. 

hat  dampfen  sehen.  Aber  in  nr.  XII— XIV,  Allg.  ztg.  nr.  208. 
215.222,  „in  Athen",  scheint  die  sonne :  Athen  hatte  verf.  schon 
1836,  also  bald  nach  Vertreibung  der  Türken  (1833)  besucht 
und  blickt  daher  oft  auf  diese  zeit  zurück,  so  daß  seine  beschrei- 
bung  ab  und  an  auf  das  von  Gärtner  in  den  oben  angeführten 
artikeln  erzählte  kommt  und  dieses  ergänzt  und  bestätigt :  das- 
selbe gilt  auch  von  dem  etwas  weiter  unten  von  E.  Curtius  an- 
zuführenden. Der  erste  eindruck  war  freilich  für  den  erwarteten 
fortschritt  kein  eben  günstiger.  Im  Peiraieus  angelangt  ging 
Steub  mit  begleitern  „ins  Hotel  d'  Athenes".  Der  Oberkellner 
empfing  uns  mit  einem  vorhemdchen ,  das  in  diesem  jähre  noch 
nicht  gewaschen  war,  in  der  stube  blieb  mir,  als  ich  den  rock 
aufhängen  wollte,  der  hölzerne  nagel  in  der  hand,  am  schranke 
fand  sich  der  Schlüssel  nicht  und  als  er  herbeigekommen,  machte 
er  nicht  auf".  Doch  in  Athen  selbst  wird  es  anders :  an  stelle 
des  verwüsteten  dorfähnlichen  ortes  steht  eine  blühende ,  volk- 
reiche Stadt ,  voll  von  hübschen  häusern ,  unter  ihnen  als  das 
schönste  das  Schliemanns,  bei  dem  unser  wanderer  zu  tisch  ge- 
sessen und  zwar  zugleich  mit  dessen  schöner  frau,  der  tochter 
Athenais  und  dem  söhne  Agamemnon.  Breit  und  luftig  sind  die 
Straßen,  dabei  auch  freie  platze,  und  überall  wein-,  und  bier-, 
und  caffeehäuser  :  aber  trotzdem  werden  die  Griechen  als  sehr  mäßig 
geschildert :  während  an  einem  ersten  ostertage  die  fröhlichen  Mün- 
chener 25000  mark  im  freien  zu  lassen  pflegen,  „dürften  die 
vielen  tausend  Athener  an  diesem  tage  ihrer  genußsucht  kaum 
25  drachmen  geopfert  haben".  Es  werden  dann  notizen  über 
manche  gebrauche,  eben  so  auch  über  die  kücbe  gegeben:  diese  ist 
klagt  der  verf. ,  ganz  türkisch  geworden  und  vieles  daher  was 
wir  lieben  aus  ihr  ganz  verbannt,  z.  b.  austern.  Beachtenswerth 
aber  ist  und  bildet  namentlich  im  gegensatz  zu  Italien  die  Sorg- 
falt, welche  auf  eine  „genießbare"  Umgebung  gewandt  wird:  man 
findet  überall  orte,  wo  man  gemüthlich  des  lebens  sich  freuen 
kann.  Aber  bei  diesem  heitern  leben  wird  doch  auch  die  ern- 
stere seite  nicht  vergessen:  vereine  aller  art  bestehen  zur  för- 
derung  der  Wissenschaft,  so  daß  man  durch  diese  Schilderungen 
nur  einen  vortheilhaften  begriff  von  den  Neugriechen  erhält.  Es 
wendet  sich  von  Athen  der  verf.  nach  Zante,  nr.  XV,  nr.  229,  kommt 
nr.  XVI  nach  Corfu,  nr.  236,  beil.  zu  237,  wo  aber  außer  der  be- 
schreibung  eines  nationaltanzes  wenig  von  der  insel  die  rede  ist, 
indem  die  Schriften  des  dort  wohnenden  AI.  von  Warsberg, 
„Odysseische  landschaften ,  Homerische  landschaften"  besprochen 
werden:  die  letztern  auf  Lykien  sich  beziehenden  nur  kurz  und 
um  Benndorfs  so  äußerst  wichtige  und  überraschende  aufschlüsse 
über  alte  kunst  gebende  lykische  reisen  und  forschungen  her- 
vorzuheben ,  die  erstem  ausführlich  und  in  eigenthümlich  ironi- 
scher weise :  so  werden  die  tiefsinnigen  Wendungen  dieses  tou- 
risten   —   wie    „nur    die  natur  ist  groß",    „es    gibt   immer   noch 


Nr.    11.  Kleine  philologische  zeitung.  577 

nichts  heilbringenderes  als  eine  ruhige  Unwissenheit"  —  zum 
malen  auf  pfeifenköpfen  empfohlen.  No.  XVII,  in  nr.  243  ent- 
hält die  rückkehr  oder  den  Schluß:  dies  alles,  um  auf  diese 
Schilderungen  aufmerksam  zu  machen. 

Aug.  2.  L.  von  Urlichs  50jähriges  doctor-jubiläum.  Dies  ist 
besprochen  in  Neue  Würzb.  ztg.  nr.  212.  213;  Allg.  ztg.  nr.  212, 
beil.  zu  nr.  214:  dasselbe  haben  wir  oben  hft.  9,  p.  480  gethan  und 
dabei  auf  diese  stelle  als  eine  das  obige  ergänzende  verwiesen:  daher 
bemerken  wir  hier,  daß  es  auffallen  könnte,  daß  von  seiten  des  baye- 
rischen ministeriums  dem  Jubilar  kein  zeichen  der  theilnahme  gege- 
ben worden  :  aber  wie  wir  hören  ist  es  grundsatz  dieser  behörde,  an 
Jubiläen  und  dem  ähnlichen  sich  nicht  zu  betheiligen,  ein  grundsatz, 
der  gewiß  viel  für  sich  hat,  da  bei  dem  entgegengesetzten  verfah- 
ren es  oft  genug  vorkommen  mag,  daß  das  richtige  maaß  nicht  ge- 
troffen werde  oder  sonstige  unzuträglichkeiten  zu  tage  gefördert 
werden.  Darauf  lassen  wir  die  adresse  der  Breslauer  philoso- 
phischen facultät  folgen;  sie  lautet:  „Hochverehrter  herr  Jubilar! 
Zweimal  ist  es  Ihnen  im  laufe  der  letztverflossenen  jähre  vergönnt 
gewesen,  unter  lebhafter  theilnahme  von  nah  und  fern  wichtige 
merk-  und  gedenktage  zu  feiern.  An  dem  heutigen  tage  gesellt  sich 
ihnen  als  der  dritte  und  bedeutungsvollste  das  fest  Ihres  doctorjubi- 
läums  hinzu.  Wenn  andern  ersten  derselben  Ihr  gesammter  heimi- 
scher, an  dem  zweiten  Ihr  schöner  und  blühender  familienkreis  an 
erster  stelle  betheiligt  war,  der  heutige  gehört  der  Wissenschaft  und 
vorzugsweis  ihren  berufenen  Vertreterinnen  ,  den  academien  und 
Universitäten.  Auch  unsere,  auf  der  hiesigen  Universität  Ihnen 
zunächst  stehende  fakultät  macht  gern  von  dem  Vorrechte  ge- 
brauch, Sie  an  demselben  festlich  zu  begrüßen.  Ein  söhn  un- 
seres engeren  Vaterlandes,  auf  einer  ihrer  hochschulen  unter  eh- 
render anerkennung  mit  der  doctorwürde  begabt  und  dort,  an 
den  gesegneten  heimischen  ufern  des  Rheins ,  darauf  an  einer 
zweiten  preußischen  hochschule  am  gestade  der  Ostsee  mit  aus- 
gezeichnetem erfolge  lehrend  und  wirkend,  auch  den  geschicken 
unseres  Vaterlandes  mit  eingreifender  theilnahme  und  in  wich- 
tigen augenblickeu  nicht  ohne  bedeutungsvollen  einfluß  zuge- 
wandt, haben  Sie  sich  in  der  preußischen  heimath  auch  jetzt 
noch  dankbare  erinnerungen  bewahrt,  während  Sie  ehrenvolles 
ansehen  an  der  jetzigen  statte  Ihres  wirkens  sich  zu  erwerben 
und  dauernd  zu  wahren  gewußt  haben.  Aber  weit  über  Preußen 
und  Baiern,  weit  über  das  gesammte  Deutschland  hinaus  haben 
Sie  auf  dem  fehle  der  Wissenschaft  den  glänz  und  die  ehre  Ihres 
namens  verbreitet :  gleich  vertraut  mit  den  Schauplätzen  des 
classischen  alterthums  durch  längeren  aufenthalt  in  der  Jugend, 
durch  erneute  und  erweiterte  Umschau  in  höheren  jähren,  wie 
mit  den  werken  der  griechischen  und  der  römischen  kunst  und 
litteratur  haben  Sie  auf  einem  jeden  der  dadurch  angedeuteten 
wissenschaftlichen   gebiete    hervorragendes  geleistet.     Aber  auch 


578  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.    11. 

der  heimischen  litteratur  sind  Sie  nicht  nur  genießend  ,  sondern 
auch  forschend  und  durch  sorgfältige  Veröffentlichungen  bedeu- 
tender denkmäler  mehrend  und  fördernd  nahe  getreten.  So 
nehmen  Sie  heute  auch  von  uns  einen  dankbaren  grüß ,  einen 
aufrichtigen  glückwunsch  und  die  lebhaftesten  wünsche  für  wei- 
teres gedeihen  und  gelingen  in  unverminderter  frische  des  gei- 
stes  und  des  leibes  bis  zu  dem  fernsten  lebensziele  entgegen. 
Breslau,  den  2.  august  1884.  Die  philosophische  fakultät  der 
königl.  Universität  (mit  sämmtlichen  Unterschriften}".  —  Nach  un- 
serer meinung  bedarf  diese  schöne  zuschritt  nicht  bloß  für  fer- 
nerstehende einiger  erläuterung:  wir  gestatten  uns  daher  folgende 
bemerkungen.  Der  dritte  gedenktag  heißt  dies  Jubiläum ,  weil 
die  feier  der  fünfundzwanzigjährigen  Wirksamkeit  in  Würzburg 
(s.  oben  XI,  10,  p.  550)  und  die  der  silbernen  hochzeit  voran- 
gegangen: grade  dieser  dritte  veranlaßt  aber  das  ganze  leben 
des  gefeierten  sich  zu  vergegenwärtigen.  Was  Urlichs  der  al- 
terthumswissenschaft  gewesen  und  noch  ist,  ergiebt  die  Breslauer 
zuschritt  und  dasselbe  suchten  auch  wir  oben  in  kürze  zu  schil- 
dern, berührten  aber  damit  nur  eine  seite  der  thätigkeit  unseres 
Jubilars:  zur  zweiten,  der  politischen  wenden  wir  uns  jetzt.  Der 
deutsche  gelehrte  und  mehr  als  andere  der  philolog  zieht  mit 
gutem  gründe  sich  von  dem  geräusch  des  öffentlichen  lebens  und 
dem  davon  untrennbaren  streit  und  gezänk  der  parteien  gern 
zurück:  der  reiz  des  zu  behandelnden,  alle  kräfte  in  ansprach 
nehmenden  Stoffes,  die  stille  studierstube  besitzen  eine  anziehungs- 
kraft,  welche  selbst  die  freiheitskriege  gegen  Napoleon  I.  wenig 
zu  schwächen  vermochten  Als  aber  seit  den  dreißiger  jähren 
politische  ereignisse  eine  immer  wachsende  und  alle  kreise  der 
gesellschaft  mächtig  ergreifende  bewegung  in  Deutschland  her- 
vorriefen, konnte  dieser  gewalt  auch  die  gelehrtenwelt  sich  nicht 
entziehen  und  war  in  ihr  vorzugsweise  die  jüngere  generation 
der  meinung ,  den  pflichten  eines  Staatsbürgers  könne  man  nur 
genügen,  wenn  man  die  als  maßgebend  erkannten  ansichten  über 
Verfassung  und  staat  mit  rede  und  that  rücksichtslos  zur  geltung 
zu  bringen  bemüht  sei.  Nicht  wenig  förderte  diese  ansieht,  daß 
damals  in  Deutschland  bei  dem  noch  weniger  entwickelten  po- 
litischen leben  vielfach  auf  die  wenn  gleich  von  vielen  Seiten 
arg  verketzerten  Universitäten  als  Wegweiser  oder  leiter  in  den 
kämpfen  der  parteien  geblickt  ward  —  allerdings  ein  fehlgriff, 
weil  diese  corporationen  grade  die  von  der  regierung  am  meisten 
abhängigen  sind ;  denn  um  erfolge  im  politischen  leben  zu  er- 
ringen,  wird  Unabhängigkeit  und  darauf  gegründete  Selbststän- 
digkeit stets  ein  unumgänglich  nothwendiges  erforderniß  bleiben. 
Dies  ungefähr  die  läge,  als  Urlichs  sich  in  Bonn  habilitirte:  mit 
wissenschaftlicher  arbeit  vollauf  beschäftigt  berührte  sie  ihn  kaum  ; 
doch  zeigt  sich  das  streben,  neben  der  amtlichen  thätigkeit  über 
die  grenzen  der  Universität    hinaus  der    Wissenschaft  zu  nützen  : 


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daher  die  lebhafte  betheiligung  an  der  gründung  des  Vereins 
von  alterthumsfrennden  im  PJieinlande.  Aber  das  änderte  sich 
in  Greifswald  (1847)-,  denn  hier  sollte  er  die  verhängnißvollen 
stürme  des  jahrs  1848  erleben.  Obgleich  mit  den  dortigen  Ver- 
hältnissen kaum  bekannt,  ward  er,  dessen  reger  sinn  für  das 
rechte  und  wahre  auch  hier  sofort  erkannt  war,  von  den  con- 
servativen ,  denen  er  sich  angeschlossen ,  nach  dem  märz  des 
jahres  1848  in  deren  vorstand  gewählt,  bald  darauf  von  Greifs- 
wald in  die  zweite  kammer  des  am  26.  februar  1849  zusammen- 
getretenen landtags  und  als  diese  aufgelöst  in  die  auf  den  7.  au- 
gust  desselben  jahres  berufene  entsendet:  in  dieser  trat  er  durch 
seine  Wirksamkeit  so  hervor,  daß  ihn  Frankfurt  an  der  Oder 
zu  seinem  Vertreter  in  dem  freilich  nur  kurze  zeit  thätigen  par- 
lament  zu  Erfurt  (20.  märz  1850)  erkor.  Warum  aber  Urlichs 
sich  den  conservativen  anschloß,  erklärt  sich ,  erinnert  man  sich 
der  damaligen  gestaltung  der  kämpfe  um  die  Verfassung  Preu- 
ßens :  der  besonnene  patriot  und  somit  auch  der  gelehrte,  welcher 
seiner  pflicht  zu  genügen  entschlossen  war,  stellte  sich  auf  die 
seite  der  regierung ,  weil  diese  namentlich  durch  die  beachtung, 
welche  bei  ihr  die  beschlüsse  des  Frankfurter  parlaments  ge- 
funden, allein  im  stände  zu  sein  schien,  die  grundlagen  für  ein 
wohlgeordnetes  und  mächtiges  Preußen  zu  schaffen  Doch  sollte 
Urlichs  auf  dieser  bahn  nicht  bleiben  :  die  im  laufe  des  jahres 
1850  eintretenden  ereignisse,  der  tag  von  Ollmütz ,  29.  novem- 
ber  1850,  die  darauf  folgenden  conferenzen  in  Dresden  bewogen 
ihn  wie  gar  manche  andre  der  edelsten,  die  ehre  Preußens  hoch 
haltenden  patrioten  die  partei  der  conservativen  zu  verlassen 
und  der  nationalen  linken  sich  anzuschließen :  wie  vorher  so 
war  auch  jetzt  Urlichs  sowohl  in  den  ausschüssen  und  Versamm- 
lungen der  partei  als  auch  im  abgeordnetenhause  selbst  unab- 
lässig bemüht,  das  erreichbare  zu  finden  und  besonders  bei  den 
debatten  über  die  Stellung  und  rechte  des  herrenhauses  wie  bei 
denen  über  das  vereinsrecht  ward  sein  name  genannt.  Als  aber 
nach  dem  gesetzlichen  Schlüsse  dieses  landtages  neue  wählen 
ausgeschrieben  wurden,  erklärte  er  ein  mandat  nicht  wieder  an- 
nehmen zu  wollen:  ein  verfahren,  was  bei  den  erfolgen,  die  er 
gehabt,  auffallen  kann.  Allein  die  motive  lassen  sich  wohl  den- 
ken :  wer  gelegenheit  gehabt  hat  das  treiben  der  parteien  in 
und  um  den  landtag  zu  durchschauen,  erkennt,  daß  zu  gedeih- 
licher Wirksamkeit  in  dieser  sphäre  als  erstes  erforderniß  völlige 
Unabhängigkeit  gehört,  daß  als  zweites  das  aufgeben  jedes  an- 
deren amtes  gefordert  werden  muß :  denn  bei  der  mannichfal- 
tigkeit  und  bedeutung  der  dem  landtage  gestellten  aufgaben  wird 
von  dem  pflichtgetreuen  mitgliede  verlangt,  daß  es  seine  ganzen 
kräfte  ausschließlich  diesem  geschäfte  als  seinem  berufe  widme : 
somit  tritt  dann  an  den  philologen  die  frage,  ob  er  mehr  und 
besser  im  staatsieben  als    in    dem   des   gelehrten  dem   vaterlande 


580  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.  11. 

werde  nützen  können.  Nach  gewissenhafter  prüfung  dieser  frage 
wird  jeder,  der  den  bildungsgang  unserer  älteren  generation  hat 
durchmachen  müssen,  sich  für  die  rückkehr  in  das  gelehrtenleben 
entscheiden  und  das  staatsieben  oder  das  leben  in  dem  kämpfe 
der  parteien  den  dazu  vorbereiteten  und  dazu  gebildeten  über- 
lassen —  ansichten,  welche  wie  es  scheint  in  der  gegenwart 
mehr  und  mehr  an  räum  gewinnen  und  noch  mehr  in  der  folge, 
wenn,  wie  wir  hoffen,  der  Wohlstand  in  Deutschland  stetig  wächst, 
an  räum  gewinnen  werden  So  kehrte  dann  Urlichs  mit  dem 
bewußtsein  in  einer  wichtigen  und  schwierigen  zeit  seiner  pflicht 
treu  nachgekommen  zu  sein ,  in  die  stille  studierstube  und  zu 
dem  selbstgewählten  berufe  zurück.  Doch  sollte  die  verhältniß- 
mäßig  kurze  politische  laufbahn  in  Urlichs'  weiteres  leben  tief 
eingreifen.  Denn  als  1855  an  ihn  ein  ruf  nach  Würzburg  er- 
ging, glaubte  er  diesen  ablehnen  und  für  seine  Stellung  in  Preu- 
ßen, seinem  engern  vaterlande,  benutzen  zu  müssen:  allein  die 
deshalb  dem  ministerium  übermittelten  bescheidenen  wünsche 
schlug  der  minister  von  Eaumer  ohne  weiteres  ab  und  zwang  da- 
durch den  bittsteiler  den  ruf  anzunehmen.  Es  erscheint  dies  ver- 
fahren bei  den  ausgezeichneten  leistungen  des  gelehrten  uner- 
kläi-lich :  allein  die  bekannte  geschäftsleitung  des  genannten  mini- 
sters  erlaubt  die  annähme,  daß  die  gründe  seines  Verfahrens  ledig- 
lich in  der  nationalen  linken  zu  suchen  seien :  der  abfall  von  den 
conservativen  mußte  gestraft,  mußte  gerächt  werden:  der  tüchtige 
lehrer,  der  treffliche  gelehrte  galt  dagegen  nichts.  Es  sind 
solche  fälle  beachtenswerth ,  sie  sind  aber  auch  beklagenswerth 
und  niederschlagend :  man  denkt  sich  gar  zu  gern  die  oberste 
leitung  als  über  den  parteien  stehend,  die  den  werth  des  mannes 
nach  seinen  leistungen  im  ganzen  vorurtheilsfrei  prüft,  nicht  aber 
nach  dem  engherzigen  programme  einer  partei,  da  dies  nur  zur 
verkennung  des  wahren,  nur  zur  Schädigung  des  eigenen  landes 
führt ,  wie  unser  fall  nur  zu  deutlich  darthut.  Dies  über  die 
oben  erwähnte  zweite  seite :  daß  sie  und  das  mit  ihr  verbundene 
verdienst  unvergessen  und  dankbar  anerkannt  geblieben,  beweist 
die  Breslauer  Zuschrift,  dies  schöne  zeugniß  wahrhaft  collegia- 
lischer  gesinnung,  dem  Jubilar  ein  mehr  als  erfreuliches  blatt 
in  dem  glänze  des  heutigen  ehrentages :  daß  dieser  so  glänzend  sich 
gestalten  konnte,  dankt  der  Jubilar  seiner  neuen  heimath,  der  blü- 
henden Mainstadt,  in  welcher  die  Sorgfalt  der  regierung  ihm 
sich  einen  Wirkungskreis  zu  schaffen  ermöglichte,  in  dem  er  voll- 
auf gelegenheit  fand,  seine  ganze  kraft  zu  entfalten  und  sich  seine 
stelle  unter  den  ersten  philologen  der  gegenwart  zu  erringen: 
möge  es  gottes  gnade  gefallen,  daß  unserm  deutschen  vaterlande 
es  an  männern  und  gelehrten,  die  Ludwig  von  Urlichs  gleichen, 
niemals  fehlen  möge  !  —  E.  v.  L. 

„Erinnerungen  an   Emanuel  Geibel,    aufgezeichnet  von  Ernst 
Curtius"    bringt    die    Allg.  ztg.  beil.    zu  nr.  212.  213.  214:    die 


Nr.   11.  Kleine  philologische  zeitung.  581 

sehr  schön  geschriebene  Schilderung  wirft  blicke  auf  das  ganze 
leben  des  dichters,  verweilt  aber  vorzugsweise  bei  dessen  in  die 
jähre  1838.  1839.  1840  fallenden  aufenthalt  in  Athen  und 
Griechenland:  sie  berührt  daher  manches,  was  mit  den  oben 
erwähnten  mittheilungen  von  Gärtner  und  Steub  verglichen  wer- 
den  kann. 

Eine  notiz  über  die  kunstsammlungen  von  Thiers,  welche 
dieser  dem  Staate  vermacht  hat  und  die  auch  griechische  und 
römische  denkmäler  enthalten,  giebt  Allg    ztg.  no.   213. 

Eine  kurze  besprechung  der  von  G.  Thouret  herausgege- 
benen geschichte  der  römischen  republik  von  K.  W.  Nitzsch  ent- 
hält BAnzeig.  nr.  227. 

Von  der  am  3.  august  gehaltenen  rede  Kirchhofs  „über  den 
stand  des  erziehungs-  und  Unterrichtswesens  im  athenischen  Staat 
zur  zeit  der  demokratie  im  fünften  und  vierten  Jahrhundert 
a.   Chr."   giebt  einen  kurzen  auszug  Allg.  ztg    beil.  nr.   218. 

Von  der  am  4.  juli  stattgehabten  feier  des  fünfzigjährigen 
Jubiläums  der  Universität  Bern  giebt  Allg  ztg.  nr.  219  einen 
kurzen   bericht. 

Eine  kurze  notiz  über  Chrisfs  abhandlung  „Homer  oder  Ho- 
meriden"   bringt  Allg.  ztg.   beil.  zu  nr.   220. 

Tiryns.  In  der  sitzung  des  anthropologen  -  congresses  am 
5.  august  zu  Breslau  sprach  dr.  Schliemann  über  seine  ausgra- 
bungen  in  Tiryns  :  vrgl.  ob.  nr.  7,  p.  411  :  der  hauptinhalt  des  Vor- 
trags war  ungefähr  folgender:  In  der  südöstlichen  ecke  von  Ar- 
gos ,  nur  acht  Stadien  vom  golf  entfernt,  liegt  die  bürg  von 
Tiryns,  die  blüthezeit  und  geschichte  dieser  Stadt  gehören  ohne 
zweifei  einer  prähistorischen  zeit  an.  Schon  zu  Homers  zeit  war 
die  bürg  zerstört  und  lag  unter  schutt  begraben,  ein  Jahrhundert 
nach  Trojas  stürz  verlor  Tiryns  seine  Selbständigkeit;  die  be- 
wohner  wurden  gezwungen,  sich  in  Argos  niederzulassen;  My- 
kenä  ging  von  Tiryns  aus.  Dennoch  drückt  Homer  seine  be- 
wunderung  über  die  mauern  der  citadelle  aus.  Im  ganzen  al- 
terthum  hat  man  von  diesem  bau  als  einem  außerordentlichen 
Wunderwerke  gesprochen.  Pausauias  stellt  dasselbe  den  pyramiden 
Aegyptens  gleich :  nach  ihm  sind  die  mauern  von  Tiryns  von  Ky- 
klopen  gebaut  und  bestehen  aus  unbehauenen  steinen,  deren  je- 
der so  groß  ist,  daß  ein  gespann  von  zwei  maulthieren  nicht 
einmal  den  kleinsten  von  der  stelle  bewegen  könnte.  Die  Zwi- 
schenräume sind  mit  kleinen  steinen  ausgefüllt.  Die  steine  der 
ringmauern  sind  durchschnittlich  zwei  meter  lang  und  90  cen- 
timeter  breit,  die  höhe  der  Umfassungsmauer  muß  mindestens  15 
meter  betragen  haben  und  war  im  obern  theil  eben  so  dick. 
Nach  Strabo  ließ  könig  Proteus  von  Tiryns  die  Kyklopen  aus 
Lydien  kommen,  um  die  mauern  aufzurichten.  Von  diesen  müssen 
auch  viele  ähnliche  werke,  so  auch  die  mauern  von  Mykenä  und 
der  pallast  des  Odysseus  auf  Ithaka,  erbaut  worden  sein.     Auch 


582  Kleine  philologische  zeitung  Nr.  11. 

Pinclar  erwähnt  in  Tiryns  einen  kyklopischen  hofraum.  Dieses 
wirft  zunächst  ein  licht  auf  die  erste  statte  solcher  archi- 
tektur ,  und  man  könnte  statt  „Lydien"  auch  ,,Lykien"  lesen-, 
zweitens  aber  enthüllt  sich  der  ,,Kyklop"  als  Sammelname  für 
die  baumeister  selbst.  Die  Griechen  hellenisirten  dabei  nach 
ihrer  art  ein  kleinasiatisches  wort,  und  so  kam  der  ganz  un- 
passende „rundauge"  heraus ,  wie  ja  auch  die  ägyptische  „Py- 
ramide" nichts  mit  nt>Q  (feuer)  zu  schaffen  hat.  Da  Tiryns  nahe 
am  meere  und  in  einer  niederen  ebene  lag ,  so  macht  es  den 
eindruck ,  als  ob  es  noch  in  classischer  zeit  vom  meere  bespült 
worden  und  daß  der  dasselbe  jetzt  trennende  landstrich  ein  spä- 
terer Zuwachs  sei.  Dies  ist  jedoch  ein  irrthum ,  welcher  durch 
die  kyklopischen  Überreste  einer  uralten  stadt  in  der  nähe  von 
Tiryns  und  deren  jetziger  läge  am  meeresufer  bewiesen  wird. 
Allerdings  ist  der  hafen  jetzt  verseichtet  und  kaum  30  centi- 
meter  tief,  jedoch  kann  sich  der  alte  hafen  kaum  200  meter 
weiter  erstreckt  haben.  Der  mythos  von  der  geburt  des  Herkules 
in  Tiryns  und  der  ihm  von  Eurystheus  auferlegten  zwölf  arbeiten 
erklärt  sich  durch  seine  doppelte  natur  als  Sonnengott  und  als 
heros.  Es  war  natürlich ,  daß  ihn  die  fabel  in  den  mächtigen 
mauern  von  Tiryns  geboren  werden  ließ.  Jene  sumpfige,  nie- 
drige ebene  erzeugte  im  alterthum ,  wie  jetzt,  pestilenzialische 
fieber  und  konnte  nur  durch  fortwährende  menschenarbeit  und 
den  wohlthätigen  einfluß  der  sonne  bebauungsfähig  werden.  Die 
Zerstörung  von  Tiryns  ist  aber  in  eine  viel  frühere  zeit  hinauszu- 
rücken ,  als  gewöhnlich  angenommen  wird.  Zunächst  sprachen 
schon  die  kolossalen  massen  von  messern  und  pfeilspitzen  aus 
obsidian,  wie  sie  der  schuft  der  ruinen  von  Tiryns  barg,  ebenso 
der  primitive  character  der  thongefäße  und  die  gänzliche  ab- 
wesenheit  der  gelb ,  roth  oder  schwarz  lackirten  hellenischen 
terracotten  für  eine  weit  zurückliegende  cultur,  nicht  min- 
der aber  die  unter  assistenz  des  architekten  dr.  Dörpfeld  bloß- 
gelegten gebäudereste.  Den  eingang  des  ganzen  complexes  deckt 
ein  großer  thurm,  der,  noch  ziemlich  gut  erhalten ,  sich  etwa  7 
meter  über  die  äußere  Umfassungsmauer  erhebt.  Die  letztere 
hat  stellenweise  bis  15  meter  höhe  gehabt;  ihre  stärke  beträgt 
bald  7,50  meter,  bald  15  meter.  Das  material  sind  große 
blocke,  die  ohne  bindemittel  aufeinandergethürmt  sind-,  auf  dem 
unterbau  der  mauern  steht  dann  noch  eine  obermauer,  die  um 
8  meter  zurückgerückt  und  mit  längsgallerien  versehen  ist ;  theil- 
weise  haben  letztere  nach  außen  zu  eine  reihe  von  Öffnungen, 
wohl  um  den  vertheidigern  raschere  Zuflucht  zu  bieten.  Reste 
von  säulen  scheinen  anzudeuten,  daß  die  uutermauer  mit  einem 
dache  versehen  war.  An  der  nordostecke ,  neben  dem  großen 
thurme,  befand  sich  der  haupteingang  der  bürg;  eine  4  meter 
breite  rampe  führte  den  thurm  entlang,  und  zwar  von  norden 
her  auf  dessen  ost-  und  Südseite,    so    daß    beim  stürme    die  an- 


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greifer  den  vertheidigern  die  rechte,  nicht  durch  den  schild  ge- 
deckte seite  zuwendeten.  An  der  südwestecke  des  thurmes  stand 
ein  zweiflügeliges  thor,  von  dem  noch  die  angeln  in  den  pfeilern 
zu  erkennen  sind.  Das  thor  ähnelt  im  übrigen,  soweit  erhalten, 
dem  löwenthore  von  Mykenä.  Der  weg  erweitert  sich  dann  und 
leitet  zu  einem  propylaion-bau,  der  aus  vor-  und  hinterhalle  besteht. 
Beide  hallen  durchschreitend,  gelangt  man  auf  einen  hof,  gegen 
den  sich  linker  hand  zwei  zimmer  öffnen;  auf  diesem  hofe ,  im 
äußersten  süden  der  bürg,  ist  später  eine  kleine  byzantinische 
kirche  errichtet  worden ,  natürlich  aus  dem  material  des  alten 
baues,  weshalb  dessen  spuren  hier  verwischt  sind.  Von  dem  propy- 
laion  führt  nach  rechts  (nordj  ein  schmaler  (1,40  meter)  corridor 
direct  zu  den  inneren  räumen  des  palastes  ;  der  hauptweg  aber 
geht  in  der  richtung  nach  west  über  den  hof  und  leitet  zu  einem 
zweiten  kleineren  propylaion,  welches  man  schließlich  zur  rechten 
(nordj  hat  und  welches  den  zugang  zu  dem  haupthofe  vermit- 
telt. Dieser  haupthof  hat  ringsum  Säulenhallen,  an  der  südfront 
(am  kleinen  propylaionj  einen  altar ,  der  dem  von  Homer  be- 
schriebenen altar  im  hofe  des  Odysseus  entspricht,  und  ist  mit 
einem  mosaikartigen,  aus  kalkmörtel  und  kleinen  steinen  herge- 
stellten estrich  abgepflastert.  Aehnlich  ist  die  bedeckung  des 
fußbodens  in  allen  gemächern  des  palastes,  von  denen  nun  zu- 
nächst der  große  saal  folgt,  ein  räum,  9,40  meter  breit  und  12 
meter  lang,  mit  vier  im  quadrat  stehenden  säulen ,  welche  die 
decke  trugen  und  zwischen  denen  ein  kreisförmiger  ausschnitt 
von  drei  meter  durchmesser  im  fußboden  befindlich  ist.  Die  be- 
stimmung  dieses  kreises  ist  unbekannt;  vielleicht  daß  hier  der 
herd  stand ;  es  erinnert  das  vorkommen  an  den  entsprechenden 
kreis  im  tempel  a  von  Troja.  Der  estrich  des  saales  zeigt  im 
übrigen  eingeritzte,  quadratisch  sich  schneidende  linien  und  spu- 
ren rother  färbe.  Unter  den  kleineren  räumen,  welche  im  westen 
an  diesen  saal  stoßen,  ist  der  interessanteste  eine  badestube, 
ungefähr  vier  quadratmeter  groß ,  mit  einem  fußboden  ,  der  aus 
einer  einzigen,  67  centimeter  starken  kalksteinplatte  besteht. 
Ringsum  zeigt  die  platte  eingebohrte  löcher ,  welche  wohl  zur 
befestigung  einer  hölzerneu  wandbekleidung  dienten;  ferner  sind 
rinnen  in  dieselbe  gearbeitet,  die  ihren  abschluß  iu  einem  canale  fin- 
den. Die  bürg  enthält  sodanu  nordöstlich  von  dem  großen  hofe  noch 
einen  kleineren,  den  man  als  den  frauenhof  zu  bezeichnen  geneigt  ist, 
nebst  einem  complexe  kleinerer  Wohnräume,  die  nicht  mehr  sehr  deut- 
lich sind,  weil  augenscheinlich  umbauten  stattgefunden  haben.  Die 
ausführung  der  gebäudemauern  ist  derart,  daß  der  untere  theil  aus 
kalksteinen  in  lehmmörtel,  der  obere  aus  lehmsteinen  errichtet  ist. 
Die  wandbekleidung  bildet  lehmputz  und  über  diesem  ein  kalk- 
putz.  Aehnlich  sind  bekanntermaßen  auch  die  größeren  ge- 
bäude  von  Pergamos  hergestellt.  Die  ausschmückung  der  räume 
ist  eine  sehr   reiche.      Sehr  merkwürdig  erweist  sich   ein  fries,  in 


584  Kleine  philologische  zeitung.  Nr,  11. 

welchem  hunderte  von  kleinen ,  aus  blauem  glase  bestehenden 
steinchen  eingesetzt  sind.  Mehr  noch  als  die  sculptur,  ist  die 
maierei  zum  wandschmucke  in  anspruch  genommen ;  an  färben 
finden  sich  roth ,  gelb,  schwarz,  blau  und  weiß  vor;  die  Orna- 
mentik erinnert  vielfach  an  diejenige  des  thalamos  in  Orcho- 
menos.  Unter  den  sehr  rohen  figürlichen  darstellungen  sind  er- 
wähnenswerth  ein  wagenlenker,  ein  kriegerischer  zug,  eine  frauen- 
procession  und  ein  kuhidol.  Beachtenswerth  aber  ist,  daß  in 
nächster  nachbarschaft  von  Tiryns  und  Mykenä  das  Heraion, 
der  tempel  Hera's  gelegen,  daher  die  menge  von  kuhidolen,  die 
sich  unter  den  keramischen  objecten  an  beiden  orten  finden.  —  Der 
ganze  palast  ist  durch  feuer  zerstört,  besonders  stark  mitgenom- 
men wurden  dabei  die  mauern  neben  den  thüren,  weil  das  holz 
der  pfosten  und  thürflügel  dem  feuer  viele  nahrung  bot.  Die 
kalksteine  der  mauern  sind  zu  kalk  gebrannt ,  der  lehm  des 
mörtels  und  der  oberen  mauern  zu  terracotta.  Dieser  umstand, 
welcher  einer  späteren  bebauung  oder  beackerung  des  hügels 
großen  widerstand  bot,  hat  die  reste  vor  weiterer  Zerstörung  ge- 
schützt; 3000  jähre  lagen  sie  so  fast  unverändert,  ausgenom- 
men die  südspitze ,  auf  welcher  in  byzantinischer  zeit  die  er- 
wähnte kirche  errichtet  wurde.  Die  unteren  theile  der  bürg 
müssen  verschiedentlich  bewohnt  gewesen  sein ;  hier  fanden  sich 
auch  monochrome  glänzend  gelbe,  rothe  oder  schwarze  Scherben. 
Die  mittlere  terrasse  war  im  grundriß  nicht  mehr  zu  fixiren; 
offenbar  sind  die  dort  errichteten  gebäude  —  wohl  Wirtschafts- 
gebäude —  weniger  solid  construirt  gewesen ;  es  fanden  sich 
Schuttanhäufungen  bis  zu  sechs  meter.  Unterhalb  der  bürg  hat 
sich  Schliemann  darauf  beschränkt,  einen  längs-  und  einen  quer- 
graben bis  auf  den  felsboden  zu  treiben ,  welcher  letztere  übri- 
gens theilweise  zu  tage  tritt.  Die  größte  mächtigkeit  des  Schuttes 
beträgt  hier  3  meter.  —  Es  bleiben  nun  die  fragen  zu  erledigen, 
wo  das  volk  gewohnt,  wo  also  die  eigentliche  stadt  Tiryns  ge- 
legen habe,  und  wo  die  gräber  der  mythischen  könige  von  Ti- 
ryns zu  suchen  seien.  Was  die  erste  frage  betrifft ,  so  haben 
die  unterhalb  des  hügels  von  Tiryns  vielfältig  eingetriebenen 
schachte  allenthalben  genügende  Schuttanhäufungen  mit  topf- 
waaren  ergeben ,  so  daß  diese  Stadt  klar  zu  liegen  scheint ;  die 
Stadt  umschloß  eben  den  fuß  des  hügels.  Ein  negatives  resultat 
ergab  dagegen  die  suche  nach  den  königsgräbern.  In  und  nahe 
bei  Tiryns  fand  sich  nirgends  eine  andeutung;  wahrscheinlich 
sind  diese  gräber  in  Nauplia  zu  suchen ,  welches  eine  stunde 
entfernt  von  Tiryns  liegt.  Strabo  spricht  von  höhlen  mit  ky- 
klopischen  bauten,  kyklopischen  labyrinthen ,  welche  recht  wohl 
als  die  statten  der  königsgräber  betrachtet  werden  können;  al- 
lein diese  höhlen  können,  wenn  vorhanden,  nur  unter  den  Straßen 
von  Nauplia  liegen  und  entziehen  sich  demnach  vorderhand 
der  nachforschung.     Darnach   meint  Schliemann    sei  durch  diese 


Nr.  11.  Kleine  philologische  zeitung.  585 

seine  ausgrabungän  gewonnen  erstens  der  vollständige  plan  eines 
uralten  baues  großartigsten  stiles,  zweitens  Wandmalereien  aus 
dem  zweiten  Jahrtausend  vor  Christo  ,  endlich  eine  große  Samm- 
lung topfwaaren  als  sprechendster  zeuge  für  den  stand  jener 
alten  cultur.  —  Allg.  ztg.  heil,  zu  nr.  220  und  232.  Dazu 
fügen  wir  noch  beil.  zu  nr.  190,  wo  kurz  mitgetheilt  wird,  daß 
der  englische  architekt  James  Fergusson  den  ansichten  Schlie- 
mann's  über  Tiryns  in  allen  dingen  beistimme  und  aus  diesen  auch 
für  die  ausgrabungen  auf  Hissarlik  (Troja)  nutzen  zu  ziehen  suche. 
—  [Klar  sind  diese  berichte  nicht :  es  fehlen  die  plane  und 
Zeichnungen,  welche  Schliemann  vorgelegt  hat  und  die  wir  uns 
nicht  haben  verschaffen  können.    —   E.  v.  £.] 

Berlin.  Der  RAnzeig.  nr.  185  enthält  auszüge  aus  dem 
amtlichen  berichte  nr.  3  über  die  königlichen  kunstsammlungen, 
aus  dem  wir  entnehmen,  daß  das  Antiquarium  erhalten  hat  einen 
bronzehenkel  aus  Etrurien  in  gestalt  eines  rücklings  liegenden 
nackten  Jünglings  mit  der  rechten  unter  dem  köpf,  darunter  eine 
große  palmette;  ferner  zwei  bronzethiere  aus  Kappadocien,  ge- 
schenk  Ramsay's.  —  Fünf  vertieft  geschnittene  steine  aus  der 
gegend  von  Marasch  in  Nordsyrien ,  welche  zu  den  bei  der 
zweiten  expedition  nach  Nimruddagh  gemachten  funden  gehören. 
Geschenk  der  akademie  der  Wissenschaften.  —  Von  terrakotten 
wurde  eine  adler-  und  Ganymedesgruppe  aus  Myrina  erworben ; 
architektonische  und  figürliche  thonfragmente  aus  Lesbos ,  von 
Conze  und  Humann  daselbst  gefunden,  von  direktor  Conze  dem 
antiquarium  übergeben.  —  Die  aus  der  Sammlung  Sabouroff  er- 
worbenen 96  aus  Griechenland  stammenden  vasen  werden  zur 
aufstellung  vorbereitet.  Von  dem  vasenkatalog  liegt  der  erste 
band,  30  bogen   stark,  gedruckt  vor. 

Der  grundriß  der  geschichte  der  griechischen  philosophie 
von  E.  Zeller  wird   in  Allg.  ztg.  beil.  zu  nr.   221  besprochen. 

Papyrus  in  Wien.  Ueber  die  papyrus  der  Sammlung  des 
erzherzog  Rainer  (s.  ob.  hft.  nr.  7,  p.  414;  nr.  9,  p.  477)  ent- 
nehmen wir  einem  berichte  der  Allgemeinen  zeitung  nr.  223 
folgendes.  Die  weiter  geordneten  papyrus  erweisen  sich  in  er- 
ster linie  ergebnißreich  für  die  kenntniß  der  Chronologie  der  rö- 
mischen kaiserzeit.  Dieselbe  beruhte  bisher  hauptsächlich  auf 
den  datirungen  der  gleichzeitigen  münzen ;  nun  aber  hat  die 
weitere  durchforschung  der  papyrus  zu  dem  resultate  geführt, 
daß  wir  dieselben  als  eine  neue  quelle  der  Chronologie  der  rö- 
mischen kaiserzeit ,  welche  hand  in  hand  mit  den  münzen  geht, 
dieselben  an  genauerer  fassung  und  reichhaltigkeit  der  angaben 
jedoch  übertrifft  und  nothwendig  ergänzt,  betrachten  können, 
wofür  freilich  nur  das  einzig  dastehende  urkundenmaterial  der 
erzherzoglichen  Sammlung  die  möglichkeit  zu  bieten  im  stände 
ist.  So  findet  sich  denn  beispielsweise  als  ein  ganz  neues  histo- 
risches  factum   in    den    papyrus    der   nachweis  einer  gesammtre- 

Philol.  Anz.  XIV.  40 


586  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.   11. 

gierung  des  Marc  Aurel ,  Commodus  und  Aelius  Verus.  Durch 
zwei  stücke  wird  die  genaue  feststellung  der  länge  der  gesammt- 
regierung  des  Caracalla  und  Geta  nunmehr  ermöglicht.  Histo- 
risch wichtig  ist  unter  anderem  ein  papyrus  vom  jähre  213  n.  Chr., 
aus  welchem  in  Übereinstimmung  mit  den  arvalacten,  deren  rich- 
tigkeit  bisher  angezweifelt  wurde,  hervorgeht,  daß  Caracalla's 
titel  Germanicus  Maximus  schon  in  so  früher  zeit  verliehen  wurde. 
Neu  aufgefunden  wurden  mehrere  papyrus  von  Elagabal,  Maxi- 
mus und  Maximinus,  der  Otacilia  Severa,  des  Trebonianus  Gallus 
und  Volusianus,  ferner  der  cäsaren  Herennius  Etruskus  und  Ho- 
stilianus.  Ein  papyrus  aus  dem  jähr  260  ist  datirt  nach  Va- 
lerianus,  Gallienus  und  Saloninus.  Auffallend  ist  eine  datirung 
vom  jähre  241  ,  bei  welcher  Gordian  III.  nach  tribunicischen 
kaiserjahren  und  seinen  consulaten  rechnet  Eine  schöne  reihe 
von  Urkunden  liefert  den  nachweis ,  daß  diese  datirung  vom 
jähre  294  an  die  gebräuchlichere  und  in  den  darauf  folgenden 
Jahrhunderten  die  herrschende  wurde.  So  erscheint  denn  mit 
der  von  uns  früher  veröffentlichten  liste  der  kaisernamen  die 
kette  der  kaiserdatirungen  in  der  erzherzoglichen  papyrus-samm- 
lung  vom  jähre  93  n.Chr.  an  bis  Constantin  d.  gr.  geschlossen; 
denn  eine  sich  ergebende  lücke  von  nur  dreißig  jähren  (von  264 
bis  294)  wird  wohl  kaum  jemals  eine  ausfüllung  durch  papyrus- 
datirungen  erlangen,  da  die  Unsicherheit  der  lebens-  und  geld- 
verhältnisse  jener  periode  eine  allgemeine  Stockung  in  den  ge- 
schaffen herbeigeführt  hat.  Es  folgen  notizen  über  die  kopti- 
schen und  arabischen  papyrus ,  aus  letzteren  heben  wir  hervor, 
daß  sie  zeigen ,  wie  die  muhammedanischen  behörden  dem  grie- 
chischen als  amtssprache  bis  in  das  zweite  Jahrhundert  der 
Hedschra  hinein  den  weitesten  Spielraum  gestatteten. 

Ueber  das  archäologische  museum  in  Leipzig  theilt  ei- 
niges mit  Allg.  ztg.  nr.  224. 

Nach  einer  angäbe  in  Allg.  ztg.  nr.  225  erhielt  Sdbourow 
für  seine  nach  Petersburg,  Berlin,  London  verkauften  Sammlungen 
1800000  mark.     Vrgl.  ob.  hft.   5/6,  p.  391. 

Am  12.  august  feierte  man  in  Herbom  die  300jährige  ge- 
dächtnißfeier  der  gründung  der  dortigen  hochschule,  die  1817 
aufgehoben  ist,  vrgl.  Allg.  ztg.  nr.  227. 

Die  zeitungen  beschäftigen  sich  mit  einer  rede  des  professor 
Zeller  in  Berlin,  in  der  er  für  Zwischenprüfungen  der  Studenten 
während  des  Universitätsstudiums  und  für  die  Verbindung  wissen- 
schaftlicher Übungen  mit  den  vortragen  der  professoren  sprechen 
soll,  Allg.  ztg.  nr.  228.  Dergleichen  ist  schon  oft  vorgekommen, 
hat  aber  nie  zu  etwas  gedeihlichem  geführt. 

Unter  der  aufschrift  „Auf  dem  nubischen  Nil"  theilt  die 
Allg.  ztg.  beil.  zu  nr.  230.  232.  233.  234  eine  reisebeschrei- 
bung  von  A.  von  Warsberg  mit ,  welche  über  die  alterthümer 
Egyptens  mancherlei  beibringt,  was  beachtung  verdient. 


Nr.   11.  Auszüge  aus  Zeitschriften.  587 

Die  Allg.  ztg.  beginnt  in  beil.  zu  nr.  240  die  Turiner  aus- 
stellung  zu  schildern  und  beschreibt  daselbst  die  aufgestellte  ge- 
treue nachbildung   des  altrömischen  Vestatempels. 

Neueste  funde  von  professor  Lauth  in  Allg.  zeitg.  beil.  zu 
nr.  240.  241:  bezieht  sich  besonders  auf  assyrische  funde,  die 
zu  chronologischen  Untersuchungen  benutzt  werden. 

Bericht  über  die  general -Versammlung  der  Görres  -  gesell- 
schaft  in  Freiburg  i.  B.  am  20.  august  giebt  Allg.  ztg.  beil. 
zu  nr.   241. 

Auszüge  aus  zeitscbriften. 

Hermes,  bd.  XIX,  hft.  2.  K.  J,  Neumann,  die  fahrt  des  Patrokles 
auf  dem  kaspischen  meere  und  der  alte  lauf  des  Oxos,  p.  165.  —  O. 
SeecJc,  die  inschrift  des  Cacionius  Rufius  Albin  us,  p.  186.  —  G.  Wis- 
sowa,  über  die  Proklos-excerpte  im  codex  Venetus  A  derllias,  p.  198. 

—  Th.  Mommsen ,  die  consciüptionsordnung  der  römischen  kaiserzeit: 
V.  Die  Standquartiere  der  auxilien  im  verhältniß  zu  ihrer  heimath, 
p.  210.  —  VI.  Die  numeri,  p.  219.  —  Die  cunei,  p.  231.—  A.  Hübler, 
hat  Strabo  seine  geograpkie  in  Rom  verfaßt?  p.  235.  —  W.  Ditten- 
berger,  zur  griechischen  anthologie,  p.  242.  —  G.  Kaibel,  sententiarum 
liber  tertius,  p.  246.  —  E.  Maaß ,  die  Uiasscholien  des  codex  Lip- 
siensis,  p.  264.  —  U.  Wilcken,  aus  griechischen  papyrusurkunden :  I. 
zum  ägyptischen  münzwesen ,  p.  290.  —  IL  über  den  angeblichen 
bruchstrich,  p.  291.  —  III.  zur  indictionsrechnung,  p.  293.  —  C.  Ro- 
bert, der  bildhauer  Polykles  und  seine  sippe,  p.  300.  —  Miseellen: 
Th.  Mommsen,  die  keltischen  pagi,  p.  316.  —  O.  Richter,  zum  Clivus 
Capitolinus.  p.  322.  —   G.  Kaibel,  afrikanisches  epigramm,  p.  324. 

Neue  Jahrbücher  für  philologie.  und  padagogik  herausgegeben  von 
A.  Flecheisen,  bd.  CXXIX,  hft.  2:  14.  Anz.  v.  O.  Benudorf :  griechische 
und  sicilische  vasenbilder.  4  lieferungen  (Berlin  1869-83),  von  E. 
Petersen,  p.  81 — 93.  —  (3).  Pausanias  und  seine  ankläger,  von  J.  H. 
Ch.  Schubart,  p.  94  —  100.  —  15.  Zu  Aischines  rede  gegen  Ktesiphon, 
von  C.  Troost,  p.  101  —  107.  —  16.  Zur  Überlieferung  von  Ciceros 
briefen,  von  L.  Mendelssohn,  p.  108 — 110.  —  17.  Beiträge  zu  Poly- 
bios.  L,  von  Th.  Büttner  -Wobst ,  p.  111—122.  —  18.  Ueber  einige 
spuren  einer  peripbrastischen  conjugation  in  den  italischen  dialecten, 
von  H.  Baiser,  p.  123  —  128. —  19.  Statistisches  zu  Homeros  und  Ver- 
gilius,  von  M.  Schneideivin ,  p.  129  —  134.  —  20.  De  anno  natali  T. 
Lucretii  poetae,  von  J.  Woltjer,  p.  134  —  138.  —  21.  Horazische  com- 
position  (Carm.  I,  6),  von   Th.   Pliiß,  p.  139-144. 

Rheinisches  museum,  bd.  XXXIX,  hft.  3:  Beiträge  zur  griechischen 
litteraturgeschichte,  von  E.  Hiller,  p.  321.  —  Handschriftliches  zu 
Terenz,  von  K.  Dziatzko,  p.  339.  —  Ein  neuer  codex  der  grammatik 
des  Dositheus,  von  K.  Krumbacher,  p.  348.  —  Die  reihenfolge  der 
Eklogen  in  der  vulgata  des  Stobäischen  „Florilegium",  von  0.  Hetise, 
p.  359.  —  Altes  latein,  von  F.  Btiecheler,  p.  408.  —  Zur  textkritik 
der  scholiasten  ciceronischer  reden  (fortsetzung) ,  von  Th.  Stangl,  p. 
428.  —  Zur  geschichte  der  Aristotelischen  politik  im  mittelalter,  von 
G.  freiherr  von  Hertling,  p.  446.  —  Ueber  eine  angebliche  amnestie 
der  Athener,  von  </.  31.  Stahl,  p.  458.  —  Miseellen:  Zu  Piatons 
Protagoras,  von  J.  M.  Stahl,  p.  466.  —  Ein  germanischer  name  bei 
Strabo,  von  A.  Riese,  p.   466.  —   Zu  Polyän,  von  K.  K.  Müller,  p.  467. 

—  Zu  Proklos,  von  L.    Traube,  p.  467.  —     Die  ctnocf&iy^raa  iuiv  tma 
oqwp  des  Demetrios  in  der  Wiener  apophthegmen-sammlung,  von   C. 


588  Literatur.  Nr.   11. 

Wachsmuth,  p.  468.  —  Stichi  Plautinae  versus  Ambrosiani.  Scripsit 
F.  Leo,  p.  470.  —  Der  Wettstreit  des  Laberius  und  Syrus,  von  F. 
Hof  mann,  p.  471.  —  Phaedrus  doch  in  Persien  geboren.  Von  L. 
Schwede,  p.  476.  —  Zum  lateinischen  Iosephns,  von  L.  Traube,  p.477. 
—  Zur  Überlieferung  der  grarnmatik  des  Dioinedes,  von  Ä'.  Krumbacher, 
p.  478.  —  Zu  den  griechischen  königslisten,  von  G.  Busolt,  p.  478. 

Literatur  S§84, 
(dem  Philologus  und  PhAnzeiger  zugesandt). 

Schuster,  Max,  Quornodo  Plautus  Attica  exemplaria  transtulerit. 
Grypkiswaldis  1884.     8.     72  p. 

Luthe ,  Werner ,  begriff  und  aufgäbe  der  metaphysik  (co<fia)  des 
Aristoteles.     Leipzig,  Teubner  1884.     4.     15  p. 

Mutzbauer,  Carl,  der  homerische  gebrauch  der  partikel  /uh.  I. 
Einleitung  und  aus  capitel  I  v.ai  ptv  und  aictg  fiiv.  Köln  1884.  4. 
Progr.     23  p. 

Schleussinger,  August,  studie  zu  Caesar's  Rheinbrücke.  München, 
Itindauer  1884.     8.     40  p.     (Aus  blätter  f.  bayr.  gjmnasialw.). 

Ciceronis,  M.  Tullii,  libri  qui  ad  rem  publicam  et  ad  philosophiam 
spectant  scholarum  in  usum  edidit  Th.  Srhiche.  Vol.  IX:  Cato  maior 
de  senectute  Laelius  de  amicitia.  Lipsiae,  G.  Frey  tag  1884.  8.  VIII,  60  p. 

Ctaudii  Galeni ,  Pergameni  scripta  rninora  rec.  Io.  Marquardt, 
Iw.  Mueller,  Geo.  Helmreich.  Vol.  I:  mgl  ipvyjit;  naftwv  xul  d/^agti]- 
fxaT(m>  ntvl  Trtg  dgiarrig  didaßxaXlctg  mgl  tov  diet  iljs  Cfxixoäs  ß(faigag  yv/n- 
vctoiov  ngoTQiTiTiy.6s  ex  rec.  Io.  Marquardt.  Lipsiae,  Teubner  1884.  8. 
LXIV,  129  p. 

Aristotelis  Ethica  Eudemia  Eudemi  Rhodii  Ethica.  Adiecto  de 
virtutibus  et  vitiis  libello.  Recogn.  Franc.  Sasemihl.  Lipsiae,  Teub- 
ner 1884.     8.     XXXVII,  196  p. 

Brie g er ,  Adolf,  die  urbewegung  der  atome  und  die  weltentste- 
hung  bei  Leukipp  und  Demokrit.     Halle  a.  S.  1884.     4.     28  p. 

Graeber,  Gust.,  Untersuchungen  über  Ovids  briefe  aus  der  Verban- 
nung.    Theil  2.     Elberfeld  1884.     4.     14  p. 

Zimmermann,  August,  beitrage  zur  lateinischen  grarnmatik.  II. 
Ist  die  lateinische  partikel  quom  ursprünglich  nur  zeitpartikel  gewesen. 
Posen  1884.     4.     18  p. 

Hecht,  Max,  Qnaestiones  Homericae.  Diss.  Königsberg  1882. 
8.     29  p. 

—  — ,  zur  homerischen  Semasiologie.     Königsberg  1884.    8.    29  p. 

Harte!,,  Wilh.,  Analecta  (zu  Frontin).     Wien  1884.     8.     24  p. 

Menge,  Rud.  und  Preuß,  Siegm.,  Specimen  lexici  Caesariani.  Ei- 
senach 1884.    4.     31  p. 

Ovidi  Nasonis,  P.,  carmina  in  exilio  composita  Tristium  libri  Ibis 
Epistulae  ex  Ponto  Halieutica  rec.  Otto  Güthling.  Accedunt  carrni- 
num  deperditorum  fragmenta.     Lipsiae,  G.  Freytag  1884.  8.  XLIV,215p. 

Denkmäler  des  klassischen  alterthums  zur  erläuterung  des  lebens 
der  Griechen  und  Römer  in  religion ,  kunst  und  sitte.  Lexikalisch 
bearb.  von  B.  Arnold,  H.  Blümner,  W.  De  ecke ,  K.  von  Jan,  L.  Ju- 
lius, A.  Michhöfer,  A.  Müller,  0  Richter,  H.  von  Rohden ,  R.  Weil, 
F.  Wölfflin  und  vom  herausgeber  A.  Baumeister.  Mit  etwa  1400  ab- 
bilduugen ,  karten  und  tarbendrocken.  München  und  Leipzig,  R.  01- 
denbourg  1884.     4.     Heft  1  u.  2.     96  p. 

Lexikon,  ausführliches,  der  griechischen  und  römischen  mytho- 
logie  im  verein  mit  .  .  .  Unter  mitredaktion  von  Th.  Schreiber  hsg. 
von   W.  H.  Röscher.     Liefg.  1-3.     Leipzig,  Teubner  1884.     8.   544  p. 

Wolff,  Osw.,  de  Iophonte  poeta  tragico.     Misniae  1884.     8.    28  p. 


Nr.  12.  Oecember  1884. 

Philologischer  Anzeiger. 

Herausgegeben  als    ergänzung   des   Philologus 


Ernst  von  Leutsch. 


100.  Christian  Heimreich,  kritische  beitrage  zur 
Würdigung  der  alten  Sophoklesscholien.  Gymn.-  programm  von 
Ploen.     1884.     19  p.     4. 

Der  verf.  glaubt  der  geringschätzung  der  alten  Sophokles- 
scholien entgegentreten  zu  müssen.  Eigentlich  kann  man  nicht 
sagen,  daß  man  diese  dürftigen  reste  alter  gelehrsamkeit  nicht 
sorgsam  beachtet  habe;  aber  man  hat  weniger  in  ihnen  gefunden 
als  man  suchte,  und  der  hohen  meinung ,  welche  der  verf.  von 
ihnen  hegt,  wird  man  erst  dann  ihre  berechtigung  zugestehen, 
wenn  er  im  finden  glücklicher  gewesen  ist.  Wir  wollen  uns 
also  einige  seiner  neuen  entdeekungen  etwas  näher  anschauen 
Recht  überraschend  und  scharfsinnig  ist  die  ausführung  zu  Ai. 
829  f.  xai  pk  ttQOt;  fyßowv  tov  xaiontevdti^  nüoo<;  niqßä  xvaiv 
riQÖßXtjiog  oicopoig  d'  ekcog.  Nach  dem  scholion  xazayiXaazog, 
(fuoli1,  6  Aiag  fii]  zaiv  xvtmv  rj  zär  oioavmv  ttjv  uixi'av  vnoazeX- 
\6usrog ,  txXla  zr\v  &iuv  zäv  EXXrjttov  '  Qtjziop  oiv  ozt  lÖitüfta 
zmv  uvdQOsncüi'  70  /Arj  ßovltadui  zovg  8%dgovg  eraßgvpeadai  av- 
xoig i  xai  zovrov  fiömv  avnnoiovvzai  soll  sich  Aias  lächerlich 
machen,  weil  er  sich  nicht  vor  der  schmach  den  hunden  und 
vögeln  vorgeworfen  zu  werden ,  sondern  nur  davor  scheue ,  von 
den  feindseligen  Griechen  zuerst  erblickt  zu  werden.  Da  nun 
nach  unserem  texte  Aias  ausdrücklich  zu  Zeus  fleht,  er  möge 
ihn  vor  dem  Schicksal  bewahren,  eine  beute  der  hunde  und  vö- 
gel  zu  werden  ,  so  schließt  der  verf. ,  daß  die  alten  kommenta- 
toren,  sowohl  diejenigen,  welche  den  dichter  angriffen,  als  auch 
derjenige  der  ihn  vertheidigte,  vielleicht  Didymos,  den  v.  830 
nicht  in  ihrem  texte  vorgefunden  und  nur  xai  (xrj  ri^u^  fyß^mv 
Philol.  Anz.  XIV.  41 


590  T00.  Sophokles.  Nr.  12. 

rov  natOTtnv&m  näoog  gelesen  haben.  Die  beweisführung  scheint 
überzeugend  zu  sein.  Aber  doch  muß  man  stutzig  werden  und 
fragen :  warum  kamen  überhaupt  die  alten  erklärer ,  wenn  sie 
nichts  anderes  im  texte  hatten ,  auf  den  gedanken  von  hunden 
und  vögeln  ?  Alles  erklärt  sich  aus  einem  starken  mißverständ- 
nis  der  alten  grammatiker.  Sie  faßten  die  worte  so:  (dög)  xa), 
ju/)  noog  Eftdowp  rov  xaronrsv&iig  nctgog,  Qiq<&<x>  xval*  xzi.  Daß 
solcher  unsinn  den  scholiasten  nicht  fern  liegt,  geht  z.  b.  deut- 
lich aus  dem  schol.  zu  Aesch.  Cho.  773  hervor,  in  welchem 
gleichfalls  die  negation  falsch  bezogen  ist.  Die  absolut  klare 
stelle  TPO<b02.  xai  nag;  'O.Qf'aTtjg  i}n}g  oberen  döftmv.  XOP02. 
o'vnco  •  xaxog  ys  fxävrig  ctv  yvoi't]  tcxSs  machte  den  alten  erklä- 
rern Schwierigkeiten:  rovro  dxQißo7>g  ioti  fiävrecog  unm,  also  o'vnco 
xnxög.  Andere  erkannten  das  richtige  :  tivlg  art£,ovaiv  rig  ro  o'vnco, 
iv1  r> ,  o'vnco  iXnlg  ot%erai  86jacov  .  ravra  8s  xai  6  rv%cbp  (invrig 
ytonj.  Wir  wollten  mit  dieser  stelle  zeigen,  wie  vorsichtig  man 
bei  Schlüssen  aus  den  scholien  sein  muß.  Man  wird  am  sicher- 
sten gehen ,  wenn  man  zunächst  immer  annimmt ,  daß  die  scho- 
liasten die  gleiche  lesart  vor  sich  hatten  wie  wir.  Es  giebt  fälle, 
wo  in  den  scholien  eine  andere ,  eine  gute  lesart  versteckt  ist, 
aber  sie  sind  selten.  Ich  weiß  nicht,  ob  unter  denen,  welche 
der  verf.  gefunden  zu  haben  glaubt ,  mehrere  gewähr  haben. 
Derselbe  behandelt  in  ähnlicher  weise  Ant.  685  f.,  welche  stelle 
durch  die  änderung  von  (iij  in  8t)  den  entgegengesetzten  sinn 
erhält.  Da  zu  diesem  sinne  der  v.  687  nicht  stimmt,  so  wird 
dieser  beseitigt.  Wir  glauben  in  der  that ,  daß  „der  gramma- 
tiker, der  diesen  vers  interpolierte,  dem  verwandt  war,  der  den 
oben  besprochenen  vers  Ai.  830  hinzufügte",  nemlich  der  dichter 
selbst.  Schon  die  form  des  ausdrucks  oiV  av  dvv.aif£i]v  jmj/z' 
iniGTatiiitv  Xeysiv  paßt  allein  zu  dem  überlieferten  gedanken. 
Bei  der  änderung  von  jkjj  in  dlj  würde  ja  in  dem  wünsche  jua/t' 
iniaraifit]!'  Xsysiv  eine  förmliche  rohheit  gegen  den  vater  liegen. 
Aber  auch  die  ganze  Umgebung  der  stelle,  abgesehen  von  v.  687 
beweist,  daß  alles  in  bester  Ordnung  ist.  Es  würde  die  fein- 
heit,  welche  Aristoteles  rühmt,  daß  das  urtheil  über  Kreons  ver- 
fahren anderen  beigelegt  wird ,  zerstört,  wenn  der  söhn  sofort 
dem  vater  kurz  und  bündig  erklärte :  ,,du  hast  nicht  recht". 
Mehr  beachtung  verdient,  was  der  verf.  über  Oed.  Tyr.  928  sagt. 
Freilich  geschieht  Schneidewin  unrecht,  wenn  ihm  die  unsinnige 


Nr.    12.  101.  Stobaios.  591 

Verbindung  von  yvvij  ^>]t>]Q  ,  „weibmutter"  oder  „mutterweib", 
zugeschrieben  wird.  Der  umschreibende  ausdruck  für  gattiri, 
von  dem  Schneidewin  spricht,  ist  natürlich  pi]tT]Q  iwv  xsivov 
texvcov,  wie  ja  auch  die  worte  nichts  anderes  bedeuten  als  „diese 
frau  hier  ist  die  mutter  seiner  kinder".  Das  amphibolische  kann 
man,  wie  schon  Musgrave  hervorgehoben  hat,  finden,  wenn  man 
nach  yvirt  de  h>'jt>jo  t'jde  absetzt,  so  daß  sich  der  sinn  „diese  frau 
aber  ist  seine  mutter"  ergibt.  Freilich  müßte  man  sehr  zwei- 
feln, ob  der  dichter  dieses  beabsichtigt  hat.  Allerdings  aber 
wird  die  amphibolie  deutlicher,  wenn  aus  dem  scholion  zu  930 
7g  aufgenommen  wird:  jviij  Öt  loJtijü  9'  tjds ,  welche  form  der 
vers ,  wie  der  verf.  bemerkt,  auch  in  den  o%6\ia  tl±-  ztjv  'Eyfxo- 
yiiov^  tr/i?ji  des  Maximus  Planudes  hat.  Hiermit  dürfte  eine 
wirkliche  Verbesserung  gewonnen  und  der  abhandlung  ihr  werth 
gegeben  sein.   —  [Vgl.  Schrader in  Piniol.  XLIV,  1.    —  E.  v.  L.~] 

Wecklein. 

101.  Le  codex  Bruxellensis  du  florilege  de  Stobee  par  P. 
Thomas.  Gand ,  imprimerie  de  Eug.  Vanderhaegen  1876. 
44  p.  gr.  8.  (Extrait  de  la  Revue  de  l'Instruction  publique 
tome  XVIII.      6e  livraison). 

102.  De  Stobaei  florilegii  excerptis  Bruxellensibus  scripsit 
Otto  Hense.  Friburgi  i/B.  et  Tubingae  in  libraria  acad.  J. 
C.  B.  Mohrii  (P.  Siebeck )  1882.     36  p.     gr.   8. 

Während  die  handschriftliche  kritik  der  sogenannten  Eklogen 
des  Stobaeus  durch  Wachsmuths  Untersuchungen  auf  eine  feste 
grundlage  gestellt  ist ,  herrscht  in  bezug  auf  die  Überlieferung 
des  sogenannten  Florilegiums  noch  große  Unklarheit.  Zu  verwun- 
dern ist  dies  freilich  nicht,  da  eine  fruchtbringende  beschäfti- 
gung  mit  diesem  gegenstände  bisher  dadurch  erschwert  wurde, 
daß  das  den  ausgaben  von  Gaisford  und  Meineke  zu  gründe 
liegende  handschriftliche  material  durchaus  unzulänglich  erschei- 
nen mußte.  Um  so  freudiger  haben  wir  die  oben  bezeichneten 
Publikationen  zu  begrüßen,  durch  welche  wir  einen  näheren  ein- 
blick  in  die  beschaffenheit  des  Brüsseler  codex  gewinnen  ,  über 
dessen  Wichtigkeit  schon  seit  dem  erscheinen  des  büchleins  von 
Ch.  A.  Beving :  Remarques  criticjues  sur  quelques  passages  de 
l'Anthologie  de  Stobee,  Bruxelles  1833  kein  zweifei  herrschen 
konnte.     Die    dort    mitgetheilten    lesarten    sind    denn  auch  von 


592  101.  Stobaios.  Nr.  12. 

Meineke  mit  wenigen  ausnahmen  in  seine  ausgäbe  aufgenommen 
worden.  Da  dieselben  aber  nur  einen  geringen  brucbtbeil  der 
Varianten  dieser  handschrift  bildeten,  so  hat  sich  P.  Thomas  der 
mühe  unterzogen ,  die  sämmtlichen  abweichungen  des  von  ihm 
genau  verglichenen  codex,  welcher  leider  nur  die  ersten  47  ka- 
pitel  des  Florilegiums  umfaßt,  zu  veröffentlichen.  Hierbei  hat  er 
sich  für  verpflichtet  gehalten,  alle  Varianten  ohne  ausnähme,  auch 
die  offenbar  verderbten  und  verkehrten,  zu  verzeichnen,  und  wir 
wollen  mit  ihm  darüber  nicht  rechten.  Denn  wenn  sich  auch 
kaum  absehen  läßt,  welchen  nutzen  die  aufzählung  der  in  fast 
allen  hand  Schriften  wiederkehrenden  corruptelen  von  ganz  un- 
tergeordneter bedeutung,  wie  unölvrai,  tdsa  statt  si'dsa,  snnatal 
statt  sar/rtxai,  aysöfievoi  für  ayeöftevoi ,  tzqcczzs  u.  s.  w.  für  eine 
wissenschaftliche  textkritik  haben  sollen,  so  muß  doch  andrer- 
seits zugestanden  werden,  daß  ohne  die  genaueste  kenntnis  der 
gesammten  jedesmaligen  Überlieferung  sich  in  dieser  hinsieht 
schwer  eine  feste  grenze  ziehen  läßt.  Es  kommt  z.  b.  in  solchen 
abschnitten,  die  in  ionischem  oder  dorischem  dialekt  geschrieben 
sind ,  nicht  selten  auch  eine  scheinbar  unerhebliche  abweichung 
der  form  in  betracht,  wie  Br  (==  Bruxellensis)  1,  64,  p.  19,11 
Meineke  ngära  statt  agööta  und  1,  69,  p.  27,  7  xazzav  statt 
xara  zav  bietet.  Vgl.  auch  3,  79,  p.  89,  29  /heIsz?]  (so  Br  mit 
Diog.  Laert.  I,  99;  sonst  pekha)  tb  när.  Auch  kann  man  das 
überflüssige  und  werthlose  in  der  vorliegenden  Zusammenstellung 
immerhin  in  den  kauf  nehmen  angesichts  des  reichen  gewinns, 
den  der  text  des  Stobaeus  aus  derselben  zieht.  Nicht  allein  daß 
in  vielen  fällen  die  lesarten  des  cod.  A  und  in  den  bezüglichen  par- 
tien  auch  die  des  Florileg.  Laurentianum  sowie  conjekturen  neuerer, 
besonders  Meinekes,  eine  willkommene  bestätigung  finden,  auch 
die  zahl  der  völlig  neuen  lesarten,  die  reeipirt  zu  werden  ver- 
dienen, ist  keine  geringe.  Oefters  werden  auch  lücken  in  dem 
bisherigen  texte  ausgefüllt;  so  besonders  in  den  ano^d^y^aza 
zcöv  inza  aoqimv  (3,  79),  so  daß  es  nunmehr  an  der  zeit  sein 
dürfte,  mit  hülfe  dieses  neuen  materials  und  unter  heranziehung 
der  parallelen  Versionen  den  versuch  einer  Wiederherstellung  der 
ursprünglichen  gestalt  dieser  unter  dem  namen  des  Demetrius 
Phalereus  gehenden  Sammlung  zu  wagen.  Beiläufig  sei  hier  er- 
wähnt, daß  die  in  den  übrigen  handschriften ,  wie  es  scheint, 
fehlende    sentenz  1,  43,    von  der  Gaisford    vermuthet,    daß   sie 


Nr.   12.  101.   Stobaios.  593 

Gesner  zugleich  mit  1,  42  und  44  aus  Isokrates  übernommen 
habe,  sich  in  Br  findet,  sowie  daß  dieselbe  handschrift  auch 
den  schluß  der  langen  ekloge  aus  Teles  (5,  67)  I,  p.  127,  24 — 
128,  23  Meineke,  enthält,  den  Gaisford  aus  dem  cod.  A  hinzuge- 
fügt hat.  Wohl  zu  beachten  sind  ferner  die  Varianten  in  den- 
jenigen abschnitten ,  die  aus  noch  vorhandenen  werken  des  Eu- 
ripides,  Isokrates,  Piaton  u.  a.  gewonnen  sind,  und  von  denen 
manche  den  beweis  zu  liefern  scheinen,  daß  Stobaeus ,  der  ge- 
wisse schriftsteiler,  wie  Piaton,  Xenophon,  Plutarch,  meist  direkt 
excerpirte,  sich  in  der  wiedergäbe  seiner  quellen  doch  größerer 
genauigkeit  befleißigte,  als  man  bisher  geglaubt  hat;  vgl.  z.  b. 
die  lesarten  in  Br  zu  5,  55  (Piaton),  7,  74  (Xenophon),  44,  44 
(Piaton).  In  anderen  abschnitten  bietet  allerdings  Br.  vorwie- 
gend von  dem  text  der  quellenschriftsteller  abweichende  lesarten, 
und  man  wird  ja  in  den  weitaus  meisten  fällen  dieser  art  si- 
cherlich nicht  Br  zu  liebe  an  der  feststehenden  Überlieferung 
rütteln  dürfen.  Aber  damit  ist  die  möglichkeit  nicht  ausgeschlos- 
sen, daß  hier  und  da  Br  die  ursprüngliche  gestalt  des  stobäa- 
nischen  textes  wiedergiebt  und  zugleich  Stobaeus,  dem  manche 
autoren  gewiß  in  einer  besseren  recension  als  uns  vorlagen,  das 
richtige  aufbewahrt  hat.  So  hat  5,  30,  p.  142,  9  hinter  den 
worten:  ovst  eati  rovzoov  uvzo  xulov  ovSe'v  (==  Plato  Symposion 
p.  180  E)  Br  den  zusatz :  ovds  xaxöv ,  der  in  der  that  durch 
den  sinn  gefordert  zu  sein  scheint,  und  5,  65  I,  p.  119,  26  sq. 
(=  Isokr.  Demon.  21)  ist  wohl  aus  Br  y.al  aavzbv  a>g  at&Qconog 
sl  (statt  cor)  vnofiifAvt'jaxrjg  herzustellen.  Jedenfalls  werden  die 
künftigen  herausgeber  des  Isokrates,  Piaton  u.  a.  das  hier  ge- 
botene material  nicht  ungeprüft  lassen  dürfen.  Am  zahlreich- 
sten und  gewichtigsten  sind  die  Varianten  in  den  citaten  aus 
Epiktet,  s.  u.  a.  5,  75;  19,  15  und  namentlich  17,  20  (= 
Epict.  Enchir.  34),  wo  der  unterschied  so  stark  ist,  daß  man 
sich  versucht  fühlen  könnte,  eine  doppelte  recension  des  enchei- 
ridions  anzunehmen ;  doch  ist  es  gerathen,  bei  einem  schriftstei- 
ler ,  der  meines  wissens  seit  Schweighäuser  so  gut  wie  brach 
liegt,  mit  seinem  urtheile  zurückzuhalten. 

Leider  hat  das  Thomassche  verzeichniß  an  Übersichtlichkeit 
und  brauchbarkeit  dadurch  verloren,  daß  der  Verfasser  den  text 
der  Meinekeschen  ausgäbe  in  der  weise  zu  gründe  gelegt  hat, 
daß  den  lesarten  der  letzteren  die    Varianten  in  Br  ohne  irgend 


594  101.  Stobaios.  Nr.   12. 

einen  orientirenden  zusatz  gegenübergestellt  sind.  In  folge  die- 
ses Verfahrens  bietet  die  linke  columne  bald  die  vulgata  oder  die 
lesart  einer  handschrift  wie  des  cod.  A,  bald  eine  von  Meineke 
in  den  text  aufgenommene  conjektur,  während  rechts  in  buntem 
durcheinander  völlig  neue  lesarten  mit  solchen  wechseln,  die  die 
vulgata  repräsentiren  oder  in  einzelnen  handschriften  sich  vorfinden. 
So,  um  ein  beispiel  statt  vieler  anzuführen,  ist  1,  63,  p.  18,11 
das  äQidfjxionadai  in  Br  nichts  als  die  noch  von  Gaisford  re- 
cipirte  gewöhnliche  lesart,  wogegen  das  links  stehende  nvnxo- 
üfAtjauafttti  auf  einer  conjektur  Meinekes  beruht x).  Noch  weniger 
gerechtfertigt  erscheint  es,  wenn  auch  die  reihenfolge  der  Mei- 
nekeschen  ausgäbe  festgehalten  wird  ,  ohne  daß  man  über  die 
zahlreichen  und  oft  sehr  erheblichen  änderungen  derselben  in 
Br  außer  einigen  gelegentlichen  notizen  irgend  etwas  erfährt. 
Und  doch  ist  gerade  die  folge  der  sentenzen  in  den  verschie- 
denen handschriften  des  Stobaeus  für  die  kritik  der  Überliefe- 
rung von  allergrößter  bedeutung,  was  sich  unten  bei  bespre- 
chung  der  abhandlung  Henses  zeigen  wird,  der  auch  auf  eine  an- 
zahl  ganz  neuer  stücke  in  Br  hinweist,  welche  wir  bei  Thomas 
vermissen. 

Trotz  dieser  mängel  bleibt  die  allem  anschein  nach  sorg- 
fältige und  zuverlässige  collation  ein  höchst  werthvoller  beitrag 
zur  textkritik  des  Stobaeus ,  wie  dies  noch  deutlicher ,  als  aus 
unseren  obigen  bemerkungen,  aus  der  ebengenannten  Henseschen 
schrift  hervorgeht.  Ehe  wir  zu  der  letzteren  übergehen,  mögen 
noch  ein  paar  randglossen  zu  den  Varianten  von  Br  hier  ihren 
platz  finden.  1,  67,  p.  24, 18  ist  das  überlieferte  und  jetzt  auch 
durch  Br  bestätigte  [ttoadovin  statt  der  von  Meineke  aufgenomme- 
nen überflüssigen  und  unzutreffenden  vermuthung  Halms :  cpila- 
dovia  wiederherzustellen.  3,  79  p.  88,  6  ist  die  erste  hälfte  des 
in  Br  hinzugefügten  Spruches:  /aÜt^v  fttj  eXsyxs  aus  Diog.  Laert. 
I,  70  in:  fiavtturjr  (*%  e%ftuiQ8  zu  verbessern.  5,  55,  p.  119,22 
muß  man  aus  Isokrates  unter  beseitigung  des  punktes  nach  sv- 
nogijasig  herstellen:  ttj  8s  ogyrj  naoanltjalcog  sfflg  ngog  (ejjc  etg 
vulgo,  eftsig  ngog  Br)  tovg  ä/jaQTrttovTag.  5,  67,  p.  125,  7  schreibe: 
7oi>TGv   m&ei   ngnaatdg    (ngög  rä8s    vulgo,    TTgoardg  Br).      Ebenda 

1)  Zu  1,  64  hat  Thomas  anzugeben  vergessen,  daß  die  von  Mei- 
neke hinzugefügten  worte  p.  19,  3 — 5  (to  mtQysv  —  ißvxas)  ein  zusatz 
unsres  Br  sind  (vgl.  Beving  p.  4).  Auch  war  1,  64  p.  19,  27  xal  xaxa 
und  41,  8,    II,    p.  76,  28  napo  nvoe  in   eckige  klammern  zu  fassen. 


Nr.  12.  102.  Stobaios.  595 

p.  125,  8  sqq.  schreibe:  aW  mg  nqo^  tor  dtya  (pQuity  (evdia 
Kai  dieöT(iX(o,  i/H'/off  xal  rivieattiXui),  o'vtm  xal  ngog  ta  vnäq- 
%ovTa  '  evtiogia  x«i  didGzeiXov,  ünoQta  y.ai  avöTeO.oi .  6,  62,  p. 
157,23  schlägt  Beving  vor:  m^  uv  thonioraia  \;  mir  scheint 
richtiger:  tvonrözaroi  man.  18,31,  p.  295,29  ist  statt  der  le- 
suug  Meiuekes :  vyiahsn  ev^Jj  unter  theilweiser  Wiederherstellung 
der  vulgata  zu  schreiben  :  vyieitjv  av%rj  (Br:  vyieirqv  tfjoqit'jv  ex  corr.); 
vgl.   im  folgenden:   r/)j    8s   ruvrqg  (d.  i.   v]ieit]^)  öürafiiv.  — 

Was  Thomas  in  der  Vorbemerkung  zu  seiner  collation  ver- 
sprochen hat :  une  etude  critique  sur  le  rang  qu'il  (d.  i.  der  Brux- 
ellensis)  doit  occuper  et  sur  les  sources  dlov,  il  ernane,  führt  0. 
Hense ,  dem  Thomas  inzwischen  mit  großer  liberalität  seine 
auf  Br  bezüglichen  notizen  zur  Verfügung  gestellt  hat,  statt 
seiner  aus.  Derselbe  veröffentlicht  zunächst  die  von  Thomas 
verfaßte  genaue  beschreibung  des  codex ,  aus  der  ich  folgendes 
hervorhebe.  Wir  haben  es  mit  einer  papierhandschrift  in  quart 
(no.  11360  des  registers)  zu  thun,  die  byzantinischen  Ursprungs 
ist  und  wahrscheinlich  dem  zweiten  drittel  des  15.  Jahrhunderts 
angehört.  Sie  enthält  neben  auszügen  aus  anderen  Schriften  auf 
fol.  1 — 66  (am  Schluß  sind  drei  blätter  ausgerissen)  excerpte 
aus  Stobaeus  (denn  um  solche  handelt  es  sich  hier ,  nicht  um 
eine  vollständige  abschrift  irgend  eines  abschnittes  des  Stobaeus), 
welche  sich  über  das  dritte  buch  der  ursprünglichen  Sammlung 
oder  die  ersten  42  capitel  des  sogenannten  Florilegiums  erstrecken. 
Doch  sind  noch  auszüge  aus  den  capiteln  43 — 47,  die  bereits 
zum  vierten  buche  gehören ,  sowie  nachtrage  aus  früheren  bü- 
chern  und  zwar  von  derselben  hand  hinzugefügt  worden.  — 
Hense  weist  nun  weiterhin  nach,  daß  das,  was  Wachsmuth  „Stu- 
dien zu  den  griechischen  Florilegien"  p.  68  sq.  in  bezug  auf  das 
Florilegium  Laurentianum  ermittelt  bat,  dasselbe  sei  aus  einer 
den  ganzen  Stobaeus  enthaltenden  handschrift  abgeschrieben,  auf 
unsern  codex  keine  anwendung  findet ,  dessen  scbreiber  nur  die 
beiden  letzten  bücher  vor  äugen  gehabt  und  die  das  gesammt- 
werk  voraussetzende  einleitung  mit  ausnähme  eines  unbedeuten- 
den Zusatzes  offenbar  dem  Pbotius  entnommen  hat.  Man  darf 
ferner,  um  ein  richtiges  urtbeil  über  den  werth  von  Br  zu  ge- 
winnen, nicht  außer  acht  lassen,  daß  es  eine  abschrift  aus  ziem- 
lich später  zeit  ist ,  die  uns  vorliegt ,  und  daß  sich  daher 
die  wiederholt    vorkommenden    Umstellungen    von  capiteln  sowie 


5  96  102.  Stobaios.  Nr.   12. 

die  zahlreichen  Verstümmelungen ,  vertauschungen  und  auslas- 
sungen  der  lemmata  zum  größten  theil  auf  rechnung  der  ab- 
schreiber  setzen  lassen,  obwohl  nicht  selten  auch  das  unverkenn- 
bare bestreben  des  excerptors,  alle  unnützen  Wiederholungen  zu 
vermeiden ,  zur  Verkürzung  beziehungsweise  auslassung  solcher 
lemmata  geführt  hat.  Daß  jedoch  unsere  handschrift  trotz  ihrer 
jugend  aus  bester  quelle  stammt,  ergiebt  sich  aus  einer  verglei- 
chung  der  im  Laurentianus  (L  )  erhaltenen  kapitel  mit  den  ent- 
sprechenden von  Br,  wie  sie  Hense,  dem  die  sorgfältigen 
und  die  irrthümer  des  Sartius  berichtigenden  collationen  des 
Laurentianus  von  R.  Scholl  und  Wachsmuth  zu  geböte  gestanden 
haben ,  auf  grund  einer  tabellarischen  Übersicht  anstellt.  Die 
Übereinstimmung  in  bezug  auf  die  reihenfolge  der  Sentenzen,  die 
von  der  hergebrachten  erheblich  abweicht,  ist  augenfällig  und 
beweist  allein  schon  die  engste  Verwandtschaft  der  beiden  hand- 
schriften.  Ebenso  verhält  es  sich  mit  den  neuen,  der  vulgären 
Überlieferung  fremden  Sentenzen,  die  Br  aufbewahrt  hat,  und  von 
denen  keine  in  L  vermißt  wird ,  während  umgekehrt  freilich 
manche  in  L  sich  findende  eklogen  dieser  art  in  Br  fehlen, 
wie  dies  der  excerptorische  Charakter  des  letzteren  mit  sich  bringt. 
Es  ist  hiernach  kaum  zu  bezweifeln,  daß  die  Brüsseler  excerpte 
aus  einer  handschrift  stammen,  die  nur  wenig  jünger  ist  als  die 
noch  den  ungetheilten  Stobaeus  umfassende  und  nach  Diels  in 
das  10.  oder  11.  Jahrhundert  zu  setzende  vorläge  des  L.  Die  ver- 
muthung  aber,  auf  die  man  vielleicht  verfallen  könnte ,  es  gehe 
die  L  und  Br  gemeinsame  Ordnung  der  Sentenzen  auf  die  Will- 
kür eines  vorlaurentianischen  bearbeiters  oder  excerptors  zurück- 
erscheint ,  von  ihrer  künstlichkeit  und  den  sonstigen  dagegen 
sprechenden  gründen  abgesehen,  schon  deshalb  haltlos,  weil  auch 
der  Parisiensis  A  und  der  Escorialensis  (M)  vielfach  dieselbe 
reihenfolge  bieten.  Dies  weist  Hense,  der  den  Parisiensis  zum 
guten  theil  selbst  verglichen  und  vom  Escorialensis  wenigstens 
für  den  ersten  Gaisfordschen  band  eine  einst  für  W.  Dindorf 
angefertigte  (vgl.  Philologus  XVII,  p.  337),  die  Ordnung  der 
Eklogen  freilich  nicht  genau  bezeichnende  collation  benutzt  hat, 
an  mehreren  beispielen  treffend  nach.  Besonders  lehrreich  ist 
die  besprechung  der  schlußsentenzen  des  11.  capitels,  wo  die  in 
Br  durch  das  eintreten  einer  lücke  und  die  Verschiebung  der  lem- 
mata stark  veränderte  reihenfolge  glücklich  wieder  hergestellt  wird. 


Nr.   12.  102.  Stobaios.  597 

Das  ergebniß  der  bisherigen  Untersuchung  ist :  die  Excerpta 
Bruxellcnsia ,  obwohl  in  einer  sehr  jungen  handschrift ,  wo  nicht 
der  jüngsten  unter  den  stobäauischen  ,  enthalten ,  repräsentiren 
eine  dem  Laurentianus  an  alter  und  werth  sehr  nahestehende 
xmd  fast  durchweg  mit  ihm  übereinstimmende  Überlieferung,  die 
wiederum  mit  der  durch  A  und  M  vertretenen  handschriften- 
gruppe  in  enger  beziehung  steht.  Allerdings  finden  sich  auch 
manche  abweichungen  von  A,  doch  immer  nur  an  solchen  stellen, 
wo,  soweit  eine  vergleichung  möglich  ist,  auch  L  von  A  ab- 
weicht, wie  5,  75  und  11,  23.  Man  darf  daher  in  denjenigen 
partien ,  die  in  L  fehlen ,  von  vornherein  hoffen ,  daß  der  text 
von  Br  nicht  selten  selbst  den  des  Parisiensis  an  Zuverlässigkeit 
übertreffen  werde ;  eine  hoffnung,  in  der  wir  uns  nicht  getäuscht 
sehen.  In  der  that  hat,  wie  bereits  oben  erwähnt  worden  ist, 
an  zahlreichen  stellen,  von  denen  Hense  einige  hervorhebt,  Br  die 
richtige  lesart  überliefert,  wobei  jedoch  nicht  zu  vergessen  ist,  daß 
eine  so  junge  handschrift  natürlicherweise  auch  zu  den  älteren  cor- 
ruptelen  nicht  wenige  neue  hinzufügt  und  hier  und  dort  glossen  oder 
zusätze  enthält,  vor  denen  man  besonders  auf  der  hut  sein  muß. 
—  Noch  werthvoller  vielleicht  als  die  neuen  lesarten  sind  eine 
anzahl  ganz  neuer  eklogen,  die  ebenso  wie  die  nova  des  Lauren- 
tianus weit  mehr  als  bisher  (einiges  hat  schon  Meineke  aus  Be- 
ving  aufgenommen) ,  wenn  auch  nicht  ohne  sorgfältige  prüfung, 
zur  bereicherung  des  Stobaeus  herangezogen  werden  müssen. 
Hense  theilt  drei  solcher  stücke  mit ,  von  denen  das  erste ,  ein 
ziemlich  langes  excerpt  aus  der  an  Sopatros  gerichteten  schrift 
des  Iamblichos  ntoi  ageTTJt; ,  an  einigen  stellen  bereits  von  B. 
in  der  receusion  der  Henseschen  schrift  im  Litterarischen  cen- 
tralblatt  1883,  p.  487  verbessert  worden  ist.  Ich  füge  noch 
folgende  vorschlage  hinzu :  zeile  7  schreibe  srdcr/fiu  statt  iv  8ei- 
yita  und  zeile  16:  unn  <C?/)c  ymouc  8ia^>  rtjg  tjqooSov.  Die 
beiden  andern  Eklogen  sind  bisher  unbekannte  poetische  frag- 
mente ,  deren  eines  (aus  cap.  20)  kein  lemma  hat  und  mangel- 
haft überliefert  ist :  die  an  sich  annehmbaren  vermuthungen  von 
Gomperz  und  Hense  (p.  34  sq.)  entbehren  so  lange  der  festen 
grundlage,  als  der  sinn  und  Zusammenhang  des  allem  anscheine 
nach  eine  sentenz  aus  einem  tragiker  enthaltenden  bruchstücks 
nicht  nachgewiesen  ist.  Die  dritte  stelle  (cap.  39)  endlich  be- 
darf der  bessernden  hand  nicht ,    erregt  aber  sowohl  in  hinsieht 


598  103.  Griechische  Chronologie.  Nr.   12. 

ihres  lemmas  (' Agiaroqiävovg)  als  auch  ihres  stohäanischen  Ur- 
sprungs kritische  bedenken. 

Zum  schluß  bespricht  Hense  ein  sowohl  in  Br  wie  in  L  er- 
haltenes und  daher  unbedenklich  auf  Stobaeus  selbst  zurückzu- 
führendes dichterfragment  (Meineke  IV,  p.  180,  10),  das  wahr- 
scheinlich dem  Euripides  und  vielleicht  der  Antigone  dieses  dich- 
ters  angehört,  und  ergänzt  den  verstümmelten  anfang  mit  sicherer 
hand  folgendermaßen:   <;sw>s^oo  ■   ?o   yag  irgäyfi3  u.  s.  w. 

Die  textkritik  des  Florilegiums  ist  durch  die  scharfsinnigen 
und  umsichtigen  Untersuchungen  Henses  um  ein  gut  stück  ge- 
fördert und  für  die  von  dem  verf.  selbst  zu  erwartende  neue 
ausgäbe  der  boden  geebnet.  Viele  fragen  freilich  harren  noch 
ihrer  lösung.  Es  bedarf  der  näheren  aufklärung  über  die  be- 
schaffenheit  des  Escorialensis  und  sein  verhältniß  zum  Parisiensis 
A;  es  sind  die  quellen  der  Trincavellischen  und  Schowschen  aus- 
gäbe sowie  der  Gesnerschen  randbemerkungen  genauer  zu  unter- 
suchen ;  vor  allem  aber  ist  der  Vindobonensis  (S) ,  der  oft  im 
gegensatz  zu  L  und  Br  sich  der  vulgata  anschließt,  hier  und  da 
aber  auch  mit  jenen  übereinstimmt,  nach  seinem  werthe  und  seiner 
beziehung  zu  den  andern  handschriften  zu  prüfen.  Sicherlich  wird 
es  dem  verf.  gelingen,  auch  über  diese  punkte  licht  zu  verbreiten  2). 

Nachdem  dem  inhalt  der  vorliegenden  schrift  unbedingte 
anerkennung  gezollt  worden  ist,  darf  zum  schluß  nicht  verschwie- 
gen werden,  daß  die  lateinisch  geschriebene  abhandlung  an  ein- 
zelnen germanismen  leidet,  unter  denen  zwei  besonders  auffällig 
erscheinen.  Wir  lesen  p.  8:  id  serio  liodie  vix  quisquam  obti- 
nebit{\)  und  p.  5:  capita  inscribendi  genus,  quod  adhibetur  in  fol. 
59  —  paululum  differre  ab  eo,  quod  in  prioribus  regnat(l). 

2)  Die  oben  ausgesprochene  erwartung  hat  sich  zum  theil  bereits 
erfüllt.  Siehe  die  so  eben  erschienene  abhandlung  Henses  im  Rhein, 
mus.  39,  p.  359—407. 

jF.  Lortzing. 

103.  Chronologie.  Untersuchungen  über  das  kalenderwesen 
der  Griechen,  insonderheit  der  Athener.  Von  August  Momm- 
sen.     Leipzig,  Teubner  1883.     8.     532  p.  —  14  mk. 

Ein  dickes  buch  über  eine  materie  beschränkten  umfangs; 
es  hat  aber  die  bestimmung  in  den  ansichten  über  dieselbe  eine 
totale  Umwälzung  hervorzurufen    und    den  vor  Boeckhs    epoche 


Nr.   12.  103.  Griechische  Chronologie.  599 

machenden  arbeiten  herrschenden  stand  der  anschauung  wieder- 
herzustellen, um  ihn  in  origineller  weise  umzugestalten.  Noch 
Ideler  hatte  geglaubt,  Metous  19jähriger  Schaltkreis  sammt  der 
ganzen  einrichtung  seines  kalenders  sei  gleich  im  jähre  seines 
hervortretens  432  an  stelle  der  oktaeteris  vom  staat  angenommen 
und,  von  330  ab  in  der  von  Kallippos  ihm  gegebenen  gestalt, 
fortgeführt  worden  bis  zum  aufkommen  des  sonnenjahrs.  Da- 
mals spielten  die  namen  Meton  und  Kallippos  eine  große  rolle 
und  als  ein  hauptziel  der  chronologischen  forschung  galt  die 
ermittlung  ihrer  Systeme.  Dies  änderte  sich  mit  dem  aufschwung, 
welchen  die  Inschriftenkunde  nahm.  Je  mehr  attische  Urkunden 
auftauchten ,  desto  stärker  regten  sich  die  zweifei ;  sobald  die 
Zinsrechnungen  von  426  —  423  ihre  erklärung  gefunden  hatten, 
war  es  entschieden,  daß  wenigstens  in  diesen  jähren  Metons 
cyklus  und  kalender  noch  keine  öffentliche  geltung  besessen  hat. 
Schließlich  trat  Boeckh  mit  einem  entwurf  hervor ,  in  welchem 
der  fortbestand  des  alten  8jährigen  Schaltkreises  bis  330  ausge- 
sprochen und  auch  von  da  ab  nur  das  bestehen  des  19jährigen 
cyklus,  keineswegs  aber  die  anwendung  des  metonischen  kalen- 
ders anerkannt  war.  Auf  dem  von  ihm  gewiesenen  wege  sind 
andere  weitergegangen,  mit  mancherlei  abweichungen  theils  von 
ihm  theils  von  einander,  aber  mit  gleicher  abwendung  von  Meton 
und  Kallippos.  Dieser  richtung  war  August  Mommsen  schon 
1856  entgegengetreten;  ietzt  unternimmt  er  es  in  anderer  weise 
und  ungleich  größerem  apparat ,  für  Meton  und  Kallippos  giebt 
er  neue  entwürfe  und  gesteht  nur  so  viel  zu ,  daß  Metons  Sy- 
stem nicht  sofort  eingeführt  worden  sei;  von  422  habe  es  un- 
verändert bestanden  fast  bis  330  ;  nach  einer  kurzen  Übergangs- 
zeit habe  man  das  kallippiscke  angenommen. 

Der  grund  ,  warum  man  nicht  mehr  an  die  öffentliche  gel- 
tung des  metonischen  kalenders  glauben  will ,  liegt  in  dem  ur- 
kundlichen vorkommen  von  Schalttagen  und  in  der  eigenthüm- 
lichen  form ,  in  welcher  sie  auftreten.  Bei  Meton  gibt  es  keine 
Schalttage;  sie  werden  dadurch  unnöthig,  daß  er  mehr  regel- 
mäßig volle  (30tägige)  monate  aufstellt  als  hohle  (29tägige).  Der 
Schalttag  der  attischen  inschriften  erscheint  als  begleiter  eines  ge- 
wöhnlichen tages,  z.  b.  ßo/^pOMieoio^  nySnTj  lotafi&vov  nißnli^o^ ; 
heutzutage  würde  man  schreiben  boedromion  8b  ;  dadurch,  daß  im- 
mer ein  hohler  monat  den  Schalttag  bekommt,  formell  aber  doch  nur 


600  103.  Griechische  Chronologie.  Nr.   12. 

29  tage  desselben  gezählt  werden,  wird  nominell  die  abwechs- 
lung  voller  monate  mit  hohlen  unabänderlich  aufrechterhalten, 
materiell  aber  bei  jeder  tagschaltung  eine  dreizahl  30tägiger 
monate  neben  einander  erzielt,  welche  bei  Meton  nicht  vorkommt, 
während  umgekehrt  das  bei  diesem  an  die  stelle  der  tagschal- 
tung tretende  nebeneinander  von  bloß  zwei  30tägigen  monaten 
bei  jener  einrichtung  ausgeschlossen  ist.  So  sah  man  bisher 
dieses  unmetonische  vorkommen  von  Schalttagen  an.  Der  verf. 
findet  dadurch  das  bestehen  des  metonischen  Systems  nicht  aus- 
geschlossen, nur  vorübergehend,  obzwar  oft,  gestört  sei  es  wor- 
den durch  „archontenunfug"  und  jene  Schalttage  hätten  auch 
kein  mehr  von  tagen  hervorgebracht,  sondern  nur  den  ersatz  ge- 
liefert für  andere,  wegen  mißliebigkeit  ausgestoßene  kalendertage. 
Ein  fall  freilich,  in  welchem  ein  tag  ausgestoßen  und  dafür  bald 
nachher  (oder  auch  kurz  vorher)  ein  anderer  hinzugefügt  worden 
wäre ,  ist  von  ihm  nicht  nachgewiesen  worden ;  wir  haben  es 
mit  einer  bloßen  hypothese  zu  thun  und  da  dieselbe  die  grund- 
lage  des  ganzen  Systems  bildet,  welches  verf.  aufstellt,  so  steht 
zu  erwarten ,  daß  er  starke  beweggründe  solcher  ausmerzungen 
und  häufiges  vorkommen  derselben  aufzeige.  Diese  fundamen- 
tale frage  behandelt  er  jedoch  mit  einer  bei  der  großen  ausführ- 
lichkeit,  deren  er  sich  sonst  befleißigt,  auffallenden  kürze. 

„Die  ausschübe  wurden  an  die  hand  gegeben  zum  beispiel 
durch  einen  todesfall  oder  durch  ein  dogma".  Als  Panathenais 
die  tochter  des  Herodes  Attikos  starb,  beschlossen  die  Athener 
ihren  todestag  aus  dem  kalender  zu  streichen ;  das  geschah  aber 
mitte  des  zweiten  Jahrhunderts  nach  Christus,  da  Athen  eine 
römische  provinzialstadt  war  und  als  größtes  glück  die  erwei- 
sungen der  munificenz  großer  herren  ansah.  Auch  war  jene 
ehre  nur  auf  den  überlebenden  vater  berechnet,  dessen  erprobte 
freigebigkeit  dadurch  zu  neuen  spenden  angefeuert  werden  konnte, 
während  ihm  selbst  nach  seinem  tode  eine  solche  ehre  wahr- 
scheinlich nicht  widerfahren  ist.  Die  Schalttage  unsrer  inschriften 
datiren  aus  den  Jahrhunderten  vor  Christus  von  Alexanders  zeit 
an,  aus  einer  periode  in  welcher  eine  so  undemokratische  Ver- 
herrlichung nicht  su  erwarten  steht :  der  attische  demos  ehrte 
seine  großen  todten  durch  ein  psephisma ,  welches  die  tugenden 
und  Verdienste  des  mannes  aufzählte,  ihm  eine  förmliche  belo- 
bigung,    einen    platz    auf   dem  ehrenfriedhof ,    aufstellung    eines 


Nr.   12.  103.   Griechische  Chronologie.  601 

Standbildes  auf  dem  markt ,  seinem  jedesmaligen  ältesten  nach- 
kommen lebenslängliche  Speisung  im  prytaneion  zuerkannte  und 
zu  ewigem  gedächtniß  alles  dessen  niederschrift  auf  stein  anord- 
nete. Nur  ein  anachronistisches  versehen  ist  es ,  wenn  verf.  in 
daten  von  Urkunden ,  welche  aus  den  drei  letzten  Jahrhunderten 
vor  Chr.  herrühren  ,  die  ausmerzung  des  todestages  der  Pana- 
thenais  zu  erkennen  meint.  Superstition  als  Ursache  einer  tag- 
ausmerzung  ist  für  die  dtintnu  BorjdQdfiiaivog  bezeugt.  Dies  war 
aber  ein  fall  von  besonderer  schwere,  der  schwerlich  seines  glei- 
chen hatte ;  für  die  behandlung  von  kalendertagen  finsterer  be- 
deutung  hatte  man  eine  einrichtung  anderer  art :  sie  waren 
ar7o<j:oäds^,  kein  öffentliches  geschäft  wurde  an  ihnen  vorgenom- 
men. An  jenem  tage  des  boedromion  hatte  aber  der  götterkampf 
stattgefunden ,  in  welchem  Poseidon  von  Athena  gefällt  worden 
war-,  bei  gelegenheit  eines  Seekrieges  oder  eines  erdbebens  mag 
die  ausmerzung  desselben  angelobt  worden  sein,  um  Poseidon 
gnädig  zu  stimmen.  Das  vage  „zum  beispiel"  des  verf.  läßt 
vermuthen,  daß  außer  todeafall  und  superstition  ihm  weiter  kein 
sonderlich  nennenswerthes  motiv  zu  geböte  gestanden  habe;  er 
versucht  es  noch  mit  einer  vermuthung  umgekehrter  art :  mangel 
an  geschäftstagen  möge  öfters  zum  einschub  eines  kalendertages 
geführt  haben ,  welcher  dann  durch  ausmerzung  eines  anderen 
nachträglich  wieder  ausgeglichen  worden  sei.  Der  eintritt  eines 
solchen  mangels  ist  aber  nicht  wahrscheinlich :  fast  an  jedem 
tage  des  Jahres  konnten  öffentliche  geschäfte  vorgenommen  wer- 
den und  die  eigene  Sammlung  des  verf.  zeigt  sogar  eine  menge 
opfer-  und  festtage ,  an  welchen  das  volk  zu  beschluß  oder  ur- 
theil  zusammengetreten  ist.  Der  attische  demos  war  während 
seiner  glänzenden  tage  allzeit  bereit  für  den  Staat  zu  arbeiten, 
weil  er  dafür  bezahlt  wurde  ;  mit  dem  aufhören  seiner  herrlich- 
keit  und  des  soldes  hielt  die  abnähme  der  öffentlichen  geschäfte 
gleichen  schritt.  Aus  diesen  zeiten  aber  stammen  fast  alle  in- 
schriften  mit  Schalttagen,  wirklichen  sowohl  wie  angenommenen. 
Je  geringer  in  Wahrheit  die  zahl  der  kalendertage  ist,  von 
welchen  sich  eine  ausmerzung  annehmen  läßt  (wahrscheinlich 
ist  es  weiter  keiner  als  die  dtvn-oK.  BurjbQOfnävog)^  um  so  stär- 
ker wird  dem  verf.  das  bedürfniß  einer  recht  großen  zahl  von 
ausschaltungen  und  entsprechenden  eiuschiebuugen  durch  eine 
mit   seinem    System    verbundene    annähme  nahe    gelegt.     Er  sta- 


602  103.  Griechische  Chronologie.  Nr.  12. 

fuirt  nämlich,  daß  vom  vierten  Jahrhundert  ab  fortwährend  gleich- 
mäßige vertheilung  der  kalendertage  unter  die  prytanien  be- 
standen habe:  nämlich  bis  307  auf  jede  der  zehn  prytanien 
35 — 36  (im  Schaltjahr  38  —  40)  tage,  dann  auf  jede  der  12  pry- 
tanien ein  monat  (im  Schaltjahr  32  tage);  auch  die  zwei  Seme- 
ster seien  möglichst  gleichheitlich  vertheilt  gewesen.  Nur  ein 
theil  der  urkundlichen  datirungen  fügt  sich  dieser  regel ;  alle 
anderen  (und  deren  ist  eine  große  zahl),  für  welche  andere  eine 
ungleiche  piytanienvertheilung  annehmen ,  erklärt  er  mittelst 
seiner  hypothese  von  ausgemerzten  und  dann  durch  einschaltung 
wieder  ersetzten  kalendertagen.  Man  begreift ,  wie  er  dazu, 
kommt,  von  kalendarischer  mißwirthschaft ,  willkür  und  unfug 
der  behörden  zu  reden.  Nun  muß  er  aber  einräumen,  daß  in 
den  Urkunden  des  fünften  Jahrhunderts  die  gleichmäßige  pryta- 
nienvertheilung  nicht  constant  ist ,  dieselbe  war  also  keineswegs 
durch  das  herkommen  geboten ;  ferner  glauben  wir  nicht ,  daß 
40tägige  prytaniedauer  zu  den  fällen  gleichmäßiger  vertheilung 
gerechnet  werden  darf;  endlich  aber  kommt  zu  der  starken  un- 
wahrscheinlichkeit  der  ausmerzungstheorie  noch  der  umstand, 
daß  es  gewisse  fälle  gibt,  an  welchen  den  verf.  auch  dieses  kräf- 
tige mittel  im  stiebe  läßt.  Von  den  zwei  datirungen  aus  dem 
gemeinjahr  306/5  setzt  die  eine  den  durch  Schaltung  verdoppelten 
letzten  munichion  dem  29.  tag  der  X.  prytanie  gleich;  dies 
stimmt  zur  gleichmäßigkeitslehre  des  verf. ,  wenn  man  seiner 
theorie  entsprechend  dem  munichion  trotz  der  Schaltung  bloß  29 
tage  gibt.  Aber  drei  monate  früher  setzt  die  andere  inschrift 
den  letzten  gamelion  dem  prytanietag  VII,  27  gleich,  eine  ab- 
weichung  von  drei  tagen,  noch  dazu  in  dem  monat,  welcher  an 
der  grenze  der  zwei  semester  steht.  „Es  müssen  also  (in  der 
ersten  dekade  z.  b.)  drei  tage  gestrichen  sein,  die  nachgehends 
zu  ersetzen  waren.  Wie  die  Unordnung  entstanden,  ob  ein  fest- 
liches triduum  mitsammt  seinen  kalendertagen  aus  einer  früheren 
stelle  des  gamelion  nach  ultimo  gamelion  verlegt  worden  sei, 
läßt  sich  nicht  untersuchen".  Ob  das  selbstherrliche  volk  der 
Athener  sich  die  festfreude  dreier  tage  durch  einen  ukas  seiner 
ersten  diener,  wie  der  verf.  voraussetzt,  hätte  streichen  lassen, 
darf  billig  bezweifelt  werden ;  ganz  unbegreiflich  wäre  aber,  daß 
man  ohne  sinn  und  noth  mit  den  festen  auch  noch  die  kalender- 
tage selbst  abgestrichen  hätte.     Im  gemeinjahr  304/3  gelingt  es 


Nr.   12.  103.   Griechische   Chronologie.  603 

Mommsen  an  drei  Urkunden  ganz  leidlich  die  einander  stützenden 
hypothesen  durchzuführen ;  aber  die  vierte  mit  gamelion  22  = 
prytanie  VII,  29  zeigt  gar  eine  differenz  von  sieben  tagen. 
Hier  reicht  natürlich  die  erklärung  aus  abstrich  von  festtagen 
einer  früheren  dekade  des  monats  nicht  mehr  aus  und  der  verf. 
schreibt ,  ohne  sich  auf  weiteres  einzulassen :  „diese  gleichung 
scheint  auf  einer  im  gamelion  zugelassenen  Unordnung  zu  be- 
ruhen". Der  gamelion  wird  ihm  aber  noch  ein  drittes  mal  un- 
bequem :  im  Schaltjahr  279/8  glückt  es  wieder  mit  zwei  anderen 
datirungen,  die  dritte  jedoch  setzt  gamelion  28b  =  prytanie 
VII,  21,  eine  abweichung  von  acht,  nach  dem  verf.  von  sieben 
tagen,  über  welche  er  sich  ebenfalls  nur  kurz  ausläßt :  vermöge 
welcher  manipulation  die  seltsame  datengleichung  entstanden  ist, 
sei  schwer  zu  sagen. 

Eine  hypothese ,  welche  ihre  berechtigung  lediglich  in  der 
kraft  Schwierigkeiten  wegzuräumen  sucht,  dieser  aufgäbe  aber 
sich  nicht  gewachsen  zeigt,  schiebt  man  bei  seite  und  so  wird 
es  denn  auch  fernerhin  sein  bewenden  dabei  haben ,  daß  der 
kalender  Metons  nicht  eingeführt  worden  ist.  Denkbar  wäre 
indeß ,  daß  man  nur  die  form  desselben  abgelehnt,  aber  in  der 
Ordnung  der  354-,  355-  und  384tägigen  jähre,  nach  möglichkeit 
auch  im  Wechsel  der  hohlen  und  vollen  monate  ihn  zum  muster 
genommen  hätte.  Fragen  wir  also :  sind  die  neuen  entwürfe 
besser  als  die  bisher  aufgestellten,  besitzen  wir  in  ihnen  endlich 
das  wahre  system  Metons  und  Kallipps?  Die  antwort  lautet: 
nein,  sie  bezeichnen  sogar  einen  rückschritt  gegen  die  bisherigen 
aufstellungen.  Unrichtig  ist  schon  das  verfahren  bei  der  er- 
mittlung  der  hohlen  monate.  Meton  gab ,  wie  Geminos  cap.  6 
ausführt,  den  235  mondmonaten  seiner  19  jähre  zunächst  die 
fictive  summe  von  7050  tagen,  indem  er  von  lauter  vollen  mo- 
naten  ausgieng  (235.  30  =  7050).  Damit  hatte  er  110  tage 
mehr  angenommen  als  19  sonnenjahre  oder  235  monate  (von 
je  29  tagen  123 1±  stunden)  in  Wirklichkeit  lieferten:  denn  diese 
ergeben  nur  6940.  Durch  divisiou  der  ganzen  tagsumme  mit 
110  fand  er  nun  die  stellen,  an  welchen  durch  abstrich  je  eines 
tages  ein  hohler  monat  anzubringen  war ,  gewann  dadurch  die 
dem  mondlauf  am  besten  entsprechende  vertheilung  der  zwei 
monatsgattungen  und  man  erkennt,  daß  es  bei  ihm  keine  zu- 
satztage geben    konnte,    wohl  aber  (fictive)  ausmerztage,    ij(ii(jai 


604  103.   Griechische  Chronologie.  Nr.   12. 

i^aigiaifioi.  Jene  division  (7050:110=  64Vii)  ergab  rund  64 
und  so  mußte  denn  jeder  64.  tag  aus  der  fingirten  reihe  7050 
herausgenommen  und  der  vorläufig  volle  monat,  in  welchem 
derselbe  stand ,  in  einen  hohlen  verwandelt  werden.  Dies  ist 
der  von  Ideler  mit  gewohnter  klarheit  bloßgelegte  Vorgang:  bei 
Geminos  selbst  nämlich  finden  wir  betreffs  der  dividirten  summe 
und  daher  auch  des  quotienten  eine  entstellung  des  Sachverhalts, 
welche  Ideler  einem  abschreiber  schuldgibt;  nicht  ganz  ausge- 
schlossen, weil  Geminos  nachweislich  bloß  einen  Vorgänger  (ver- 
muthlich  Hipparchos)  compilirt  hat,  ist  die  möglichkeit,  daß  er 
selbst  den  fehler  gemacht  hat,  die  wirkliche,  bei  Meton  erst  am 
ende  der  Operation  zu  tage  kommende  summe  6940  statt  der 
fingirten  7050  als  die  durch  110  dividirte  und  daher  den  63. 
tag  statt  des  64.  als  ausmerztag  zu  bezeichnen.  Der  erweis  des 
fehlers  liegt  darin,  daß  1)  die  ganze  fiction ,  von  welcher  Ge- 
minos spricht,  die  ideale  summe  7050  ohne  zweck  von  ihm  ge- 
nannt wäre,  wenn  Meton  nicht  an  ihr  sondern  an  6940  die  aus- 
merzungen vorgenommen  hätte;  2)  weil  bei  Geminos  überhaupt 
nicht  von  einer  ausmerzung  die  rede  sein  könnte ,  wenn  Meton 
der  rechnung  gleich  die  wahre  summe  6940  zu  gründe  gelegt 
hätte:  bei  ihr  wird  ja  kein  tag  ausgemerzt,  sondern  nur  eine 
wähl  unter  den  vorhandenen  tagen  getroffen.  Dazu  kommt,  daß 
die  entstehung  jenes  fehlers  leicht  zu  erklären  ist.  Der  ausdruck 
did  §/  ijfAtgwv,  welchen  Geminos  anwendet,  ist  zweideutig,  er 
bedeutet  ebenso  wohl  jeden  64.  tag  wie  jeden  63.  tag,  die  ur- 
sprüngliche bedeutung  (dtaytu-ousvoav  |/  ijfxegmv)  ist  die  erstere, 
in  ihr  hatte  sein  Vorgänger  den  ausdruck  genommen ,  Geminos 
aber  oder  der  abschreiber  begieng  denselben  irrthum  wie  die 
pontifices,  welche  von  42  v.  Chr.  an  eine  generation  hindurch 
den  julianischen  Schalttag  alle  drei  jähre  einlegten,  weil  sie  den 
zweideutigen  ausdruck  des  vor  dem  eintreffen  des  ersten  Schalt- 
jahrs ermordeten  dictators  quarto  quoque  anno  falsch  verstanden  hatten. 
Unser  verf.,  hier  wie  sonst  öfters  für  einen  blendenden  ne- 
bengedanken  eingenommen,  greift  den  irrthum  des  Geminostextes 
auf  und  richtet  seine  tabellen  auf  die  regel  desselben  ein ,  ob- 
gleich gar  kein  vortheil  sondern  nur  eine  ganz  seltsame  Unter- 
scheidung von  zweierlei  ausmerztagen  dabei  herausspringt :  ,,es 
gibt  einen  tag,  der  ausmerzetag  genannt  aber  nicht  ausgemerzt 
wird ;    er  zeigt  bloß  an ,    in    welcher  gegend  zu   kürzen  sei  [als 


Nr.   12.  103.  Griechische  Chronologie.  605 

ob  dann  überhaupt  etwas  gekürzt  werden  könnte],  bleibt  aber 
selbst  im  kalender  stehen.  Dann  gibt  es  einen  tag,  der  in  den 
tricesimalschematen  [die  aber  nur  bei  der  vom  verf.  verworfenen 
64tägigen  regel  vorausgesetzt  werden]  getilgt  wird ;  dies  ist 
allemal  ein  dreißigster".  Weiter  findet  Mommsen  bei  seiner 
auffassung  eine  Schwierigkeit  darin ,  daß  man  oft  nicht  recht 
wisse,  welcher  von  zwei  monaten  der  als  hohl  zu  nehmende  sei ; 
er  müht  sich  nun  ab  ,  tabellen  für  ein  „approximatives"  verfah- 
ren anzulegen,  stellt  diesen  die  einfache  63-  und  64tägige  regel 
in  anderen  tabellen  an  die  seite ,  beweist  ausführlich,  daß  das 
approximative  verfahren  nicht  zum  ziel  führt  und  erschwert  mit 
alle  dem  ganz  ohne  noth  sich  die  arbeit  und  dem  leser  das  ver- 
ständniß :  denn  auch  bei  seinen  Voraussetzungen  hätte  er  dazu 
gelangen  müssen,  die  63tägige  regel  mit  allem  was  daran  hängt 
auf  sich  beruhen  zu  lassen.  Geminos  schreibt  ov  yivsrai  i%ai- 
QbaifMO^  tj  zgiaxag  diu  navxöii  ,  was  bei  der  63tägigen  regel  mit 
dem  verf.  übersetzt  werden  muß:  der  ,,30.  monatstag  wird  nie 
von  der  ausmerzung  betroffen",  bei  der  andern  aber :  ,,er  wird 
nicht  immer  von  ihr  betroffen".  Der  verf.  findet  aber  für  oh 
dtä  navjöii  im  sinne  von  „niemals"  trotz  alles  bemühens  keine 
belege ;    es    heißt    vielmehr    „nicht    immer",    vgl.    cap.   7    ov  8ia 

5  ..         t  e  i  >         v  \         t 

naviO^      SV       TUt^      fi(A(ül'VfAOig      fjfA?(JUt±      701l;      UVIOV^     01tlf.lUTlOfA.OVIi     Ij 

aeXf^rj  anojtXel  ulV  sv  dia(fiO(joig  ycazu  rtjv  atcofittXiav  zi]<;  xivrj- 
at «(,•  und  daraus  folgt  abermals  ,  daß  der  text  des  Geminos  an 
der  oben  erwähnten  stelle  den  wahren  sinn  wenigstens  seiner 
quelle  nicht  wiedergibt. 

Schlimmer  in  ihren  Wirkungen  ist  eine  zweite  neuerung, 
durch  welche  das  datum  vieler  monats-  und  Jahresanfänge  und 
die  vertheilung  der  zwei  monatsarten  alterirt  wird.  Der  verf. 
überrascht  uns  mit  der  entdeckung,  daß  Meton  nicht  im  jähr 
432  sondern  schon  433  seinen  cyklus  angefangen  hat.  Er  ge- 
steht zwar  zu,  daß  die  hier  einschlagende  stelle  Diodors  (XII,  36) 
auch  im  sinne  der  bisheiigen  annähme  (ol.  87,  1.  432  als  Me- 
tons  epockenjahr)  genommen  werden  könne;  aber  der  432  dem 
idealen  neujahr,  der  Sonnenwende  (27.  juni  bei  Meton),  nächst- 
gelegene neumondstag,   16.  Juli1)  hat  vermöge  des  maßes  seiner 

1)  Genauer  15./ 16.  juli,  vom  Sonnenuntergang  ab;  der  verf.  hul- 
digt dem  unpraktischen  herkommen,  für  die  kürzere  bezeichnung  den 
früheren  der  zwei  in  betracht  kommenden  julianischen  tage  (hier  15. 
juli)  zu  bevorzugen. 

Philol.  Anz.  XIV.  42 


606  103.  Griechische  Chronologie.  Nr.   12. 

entfernung  von  ihr  eine  läge,  welche  ihn  in  den  äugen  des  verf. 
wenig  würdig  macht,  an  der  spitze  eines  neuen  cyklischen  Sy- 
stems zu  stehen.  Anders  im  jähr  433,  wo  der  nächste  neumond 
auf  den  28.  juni  trifft  und  sich  ein  jahrepochentag  von  großer 
dignität  ergebe.  Man  weiß  nun  freilich  nicht ,  ob  Meton  in  der 
wähl  seines  anfangsjahres  freie  hand  gehabt  hat ,  das  von  der 
dignität  hergenommene  argument  entbehrt  also  von  vorn  herein 
auch  für  den,  welcher  einen  werth  darauf  legt,  des  sichern  an- 
halts ;  doch  immerhin ,  wenn  nur  verf.  es  mit  dem  neuen  satze 
nicht  so  gehalten  hätte  wie  mit  manchen  anderen :  die  vielen 
rein  hypothetischen  regeln  und  sätze ,  welche  in  dem  buche  ge- 
bildet werden,  treten  anfangs,  d.  h.  während  ihrer  entwicklung 
noch  als  das  auf,  was  sie  sind,  als  hypothesen;  aber  nachher 
werden  sie  oft  wie  erwiesene  thatsachen  behandelt  und  bald  eine 
gegnerische  ansieht  bald  ein  altes  zeugniß  auf  sie  hin  für  un- 
richtig erklärt.  Betrachten  wir  uns  nun  die  besondere  dignität 
des  bevorzugten  neumondes  von  433.  Man  wird  nach  dem  oben 
angeführten  meinen,  verf.  lasse  Meton  mit  dem  28.  juni  433  be- 
ginnen, ähnlich  wie  Kallippos  seine  periode  mit  dem  29.  juni 
330  anfängt;  aber  nein,  Meton  soll  den  27.  juli  432  gewählt 
haben,  den  anderen  der  zwei  neujahrstage  von  höchster  dignität: 
nach  dem  verf.  nämlich  bilden  der  29.  juni  und  der  27.  (oft  28.) 
juli  die  grenzen,  jenseit  deren  das  neujahr  nicht  fallen  darf,  und 
sind  daher  beide  von  hoher,  der  27.  juli  aber  von  der  höchsten 
dignität.  Ich  für  meinen  theil  würde,  wenn  durchaus  von  dig- 
nität die  rede  sein  soll,  einem  so  weit  von  der  Sonnenwende  ent- 
fernten tag  wie  dem  27.  juli  die  allergeringste  dignität  zu- 
schreiben, auch  ist  nicht  zwei  tage  nach  der  wende,  wie  verf.  ohne 
irgend  einen  inneren  grund  (über  den  äußeren  siehe  unten)  auf- 
stellt, sondern  im  wendentag  selbst  der  normale  (wenn  auch 
meist  wegen  des  mondganges  nicht  erreichbare)  und  allein  aus- 
zuzeichnende anfangstag  des  lunisolaren  Jahres  der  Athener  zu 
suchen,  weil  er  die  epoche  des  diesem  zu  gründe  liegenden  son- 
nenjahres  ist:  wie  denn  an  einer  anderen  stelle  (p.  221  bei 
Aristoteles)  verf.  selbst  den  ersten  hekatombaion  auf  den  sonnen- 
wendtag  fallen  läßt.  Der  neumond  des  27.  juli  433  war  aber 
der  zweite  neumond  nach  der  wende  Metons;  dieser  würde  also 
einen  fehler  begangen  haben ,  wenn  er  auf  ihn  den  ersten  he- 
katombaion gestellt  hätte.     Der  satz,  daß  dieser  27.  juli  gar  der 


Nr.   12.  108.  Griechische  Chronologie.  607 

allervornehmste  neujahrsterrnin  sein  soll,  ist  nur  eine  der  vielen  para- 
doxien,  welche  das  buch  aufweist;  über  seine  entstehung  siehe  unten. 
Bis  hieher  haben  wir  mit  verf.  vorausgesetzt,  daß  dem  Wort- 
laut des  diodorischen  Zeugnisses  nach  an  sich  das  jähr  433 
ebensogut  an  der  spitze  des  metonischen  cyklus  habe  stehen  kön- 
nen wie  das  jabr  432.  Besehen  wir  uns  aber  auch  dies  zeugniß. 
Der  verf.  glaubt  doch  ein  argument  gefunden  zu  haben,  welches 
gegen  beziehung  desselben  auf  432  zu  sprechen  scheint:  weil 
nämlich  von  Metons  Zeitrechnung  die  rede  sei,  so  müsse  doch 
auch  der  dort  als  anfangstag  des  metonischen  cyklus  genannte 
13.  skirophorion  86,  4  dem  kalender  Metons,  nicht  dem  städti- 
schen kalender  entnommen  sein;  eine  hindeutung  auf  diesen  sei 
zu  vermissen.  Heißt  das  nicht  vor  lauter  bäumen  keinen  wald 
sehen ,    wenn  Diodor  geschrieben   hat    wie    bei    ihm  zu    lesen  ist 

TQiaxuiötxäTriS ,  da  doch  Diodor  im  andern  fall  hätte  sehreiben 
müssen  ptrjvrg  x«?'  altnv  JZxiQncpoyiööi nq.  Und  mußte  nicht 
Meton,  wenn  er  seinen  cyklus  irgendwie  brauchbar  machen  wollte, 
das  verhältniß  seines  kalenders  zu  dem  städtischen  gleich  vor 
oder  bei  dem  ersten  datum,  das  er  aufstellte,  angeben?  Woher 
kannten  Pseudogeminos,  Hipparchos,  Ptolemaios  u.  a.  die  wahre 
zeit  seiner  jahrpunkte,  sternphasen,  wetteranzeigen  und  wie  hät- 
ten sie  es  angestellt,  die  data  derselben  auf  die  ihrigen  umzu- 
setzen? Gleichwohl  behauptet  aber  verf.  geradezu,  Meton  habe 
keinen  grund  gehabt,  in  der  Überschrift  zu  sagen,  welchem  tage 
der  attischen  oktaeteris  sein  anfangstag  entsprochen  habe.  Bisher 
hat  man  jenen  13  skirophorion  unter  beziehung  auf  das  jähr 
432  für  das  attische  datum  der  Sonnenwende  gehalten,  welche 
Meton  nach  sicherem  zeugniß  am  27.  juni  432  beobachtete,  als 
den  anfang  also  des  sonnenjahrs ,  welches  jener  neben  seinen 
lunisolaren  jähren  hergehen  ließ.  Der  verf.  muß  nun  seinen  eben 
erwähnten  theorien  gemäß  für  jenen  13.  skirophorion  86,  4,  der 
in  seinem  Meton  dem  29.  juni  432  entspricht,  ein  anderes  aus- 
gezeichnetes datum  als  das  der  Sonnenwende  suchen  und  zwar 
den  worten  Diodors  entsprechend  ein  Jahresanfangsdatum:  so 
verfällt  er  denn  auf  den  gedanken,  hierin  die  anfangsgrenze  des 
neujahrsgebietes  zu  suchen ,  vor  welchem  kein  neumond  des  he- 
katombaion  fallen  dürfe ;  was  aber  von  diesem  gedanken  zu 
halten,  haben  wir  schon  oben  gesehen. 

42* 


608  103.  Griechische  Chronologie.  Nr.   12. 

Durch  den  unrichtigen  anfang  des  metonischen  cyklus  mit 
86,  4.  433  wird  der  neue  entwurf  in  einer  beziehung  auch  für 
sämmtliche  spätere  jähre  unbrauchbar,  nämlich  in  bezug  auf  die 
vertheilung  der  hohlen  und  vollen  monate  und  ihre  reduction 
auf  moderne  datirung ;  es  fragt  sich  nun,  ob  derselbe  im  übrigen 
Metons  und  ob  er  Kallipps  aufstellungen  getroffen  hat,  d.  h.  ob 
das  von  ihm  aufgestellte  princip  der  neujabrsgrenzen,  nach  welchem 
sich  auch  die  vertheilung  der  gemein-  und  Schaltjahre  richtet, 
den  gedanken  jener  astronomen  wiedergiebt  Um  dieses  zu  er- 
mitteln ,  citirt  er  Piaton  Aristoteles  Aratos  Plutarchos  und  an- 
dere zeugen ,  welche  theils  wirklich  theils  nach  seiner  ansieht 
einen  attischen  jahranfang  vor  der  Sonnenwende  nicht  anerkennen. 
Meton  oder  Kallippos  wird  von  ihnen  nicht  citirt,  auch  ist  kein 
anzeichen  vorhanden,  daß  sie  einen  von  beiden  vor  äugen  ge- 
habt haben.  Durch  einen  sämmtliche  vorhandene  Zeugnisse  um- 
fassenden induetionsbeweis  soll  besonders  dargethan  werden,  daß 
niemand  einen  ersten  hekatombaion  kennt,  welcher  der  Sonnen- 
wende vorausgegangen  wäre.  Nun  schreibt  aber  Geminos  6  :  „man 
muß  mit  den  schaltmonaten  weder  so  lange  warten ,  bis  die  ab- 
weichung  vom  himmel  eine  monatliche  geworden  ist,  noch  dem 
Sonnenlauf  um  einen  ganzen  monat  vorauseilen".  Also  voraus- 
eilen darf  man,  nur  nicht  bis  zum  betrage  eines  ganzen  monats. 
Unter  ykt&v  dgöftog  haben  Ideler  und  Boeckh  den  anfang  des 
sonnenjahres  verstanden,  einen  der  vier  jahrpunkte,  d.  i.  der 
wenden  und  gleichen ,  welche  die  epochen  des  Sonnenlaufes  bil- 
den und  in  folge  davon,  daß  das  gebundene  d.  i.  an  den  Son- 
nenlauf geknüpfte  mondjahr  seinen  normalen  anfang  mit  einer 
dieser  vier  epochen  nimmt,  finden  wir  sämmtliche  griechische 
kalenderneujahre  auf  eine  gleiche  oder  auf  eine  wende  gestellt ; 
daß  Geminos  selbst  nicht  anders  gedacht  hat,  zeigt  sein  erstes 
capitel.  Der  verf.  ignorirt  nicht  bloß  diese  doch  eigentlich  selbst- 
verständliche erklärung,  er  citirt  sogar  die  stelle,  wo  Boeckh 
hievon  spricht  (mondeyklus  12)  für  seine  deutung,  welche  ganz 
anders  lautet :  Geminos  meine  die  Stellung,  welche  das  mondjahr 
am  anfang  des  cyklus  hatte  (z.  b.  den  27.  juli  433).  Seine  Vor- 
schrift ,  das  jähr  dürfe  bloß  nach  der  wende  anfangen ,  geht 
trotzdem  in  die  brüche:  Kallippos  begann  seine  periode  mit  29. 
juni  330  und  Meton  würde,  wenn  er  433  begonnen  hätte ,  zum 
ersten  cyklusneujahr  den  28.  juni  bekommen  haben ;    in    beiden 


Nr.   12.  103.  Griechische  Chronologie.  609 

cyklen  hätte  also  der  erste  hekatombaion  späterer  jähre  nach 
dieser  regel  doch  bis  auf  den  31.  resp.  30.  mai  zurückweichen 
dürfen.  Aristoteles  ferner,  welchen  verf.  für  sich  citirt ,  zeugt 
gegen  ihn:  hist,  anim.  V,  9,  6  behandelt  er  keqi  xov  'Exazofx- 
ßaiäua  und  neyi  iQ-onäg  als  gleichzeitig,  während  nach  der  regel 
des  verf.  die  wende  nur  in  den  skirophorion ,  nie  in  den  heka- 
tombaion fallen  darf.  Er  behauptet ,  Aristoteles  meine  den  frü- 
hesten Sonnenstand  des  hekatombaion,  worunter  hier  der  tag  der 
sonnwende  zu  verstehen  sei;  aber  Aristoteles  hat  nicht  negl  t\v 
vovfjtji'iav  rot  Exujo^ßaimmi,-  sondern  tieqi  tov  'EyatofAßaicövu 
geschrieben.  Plutarch  Sulla  14  setzt  den  ersten  anthesterion  dem 
ersten  märz  gleich  und  verf.  berechnet  daraus,  daß  ihm  der 
nächste  erste  hekatombaion  auf  26.,  27.  oder  28.  juli  gefallen 
sei-,  er  wählt  den  27.  (oft  28.)  juni  und  findet  hier  die  be- 
gründung  seiner  spätgrenzentheorie.  Plutarch  sagt  jedoch  nichts 
von  einer  spätgrenze  des  ersten  hekatombaion  und  auf  Plut. 
Caes.  37,  wo  der  posideon  dem  Januar  geglichen  wird,  ist  der 
verf.  gezwungen  einen  anderen  reim  zu  machen  Wenn  Mommsen 
auch  die  vielen  anderen  stellen  betrachtet  hätte,  an  welchen 
Plutarch  monatsgleichungen  anstellt,  so  würde  er  gefunden  haben, 
daß  zu  Plutarchs  zeit  der  attische  kalender  eine  ähnliche  Ver- 
spätung um  einen  monat  zeigt  wie  während  des  archidamischen 
krieges,  und  dasselbe  gilt  auch  von  dem  kalenderbildwerk  in 
Athen ,  welches  den  hekatombaion  durch  das  panathenaionschiff 
und  den  löwen  andeutet:  es  meint  nicht  einen  einzelnen  tag 
sondern,  wie  mit  all  seinen  andern  figuren ,  den  ganzen  monat: 
der  löwe  aber  ist  sonst  das  thierzeichen  des  metageitnion.  Nach 
all  diesem  wird  es  hier  ebenfalls  bei  der  ansieht  Idelers  und 
Boeckhs  sein  verbleiben  haben,  daß  der  erste  hekatombaion  auch 
auf  den  neumond  vor  der  wende  fallen  dürfte. 

Ueber  Metons  ansieht  in  dieser  sache  besitzen  wir  vorläufig 
nur  ein  zeugniß :  nach  Geminos  hat  Kallippos  die  Ordnung  der 
schaltmonate  ebenso  eingerichtet  wie  Meton;  mit  guten  gründen 
bezieht  verf.  dieses  opoime  auf  gleiche  behandlung  eines  und 
desselben  geschichtlichen  Jahres  (z.  b.  112,3.  330/29)  in  beiden 
cyklen,  nicht  auf  Übereinstimmung  der  gleiche  nummer  führen- 
den cyklusjahre  (112,3  war  bei  Meton  das  achte,  bei  Kallippos 
das  erste).  Wir  wissen,  daß  Kallipps  8.  anthesterion  124,  1 
dem  30.  Januar  283  entsprach ;  hieraus  folgt,  wie  es  scheint,  daß 


610  103.  Griechische  Chronologie.  Nr.  12. 

er  den  1.  hekatombaion  124,  2  auf  den  20.  juni  283,  also  der 
wende  voraus,  gestellt  hat.  Aber  den  25.  pyanepsion  124,  2 
setzte  er  dem  9.  november  283  gleich,  was  identität  jenes  1. 
hekatombaion  vielmehr  mit  20.  juli  283  zu  beweisen  scheint. 
Ideler  entscheidet  sich  für  den  20.  juni  und  erklärt  daher  die 
Schreibung  pyanepsion  für  ein  versehen  statt  maimakterion ; 
Mommsen  nimmt  (was  auch  ref.  früher  gethan  hat)  mit  Scaliger 
und  Em.  Müller  an ,  Kallippos  habe  den  schaltmonat  des  atti- 
schen jahres  nicht  wie  die  Athener  selbst  in  der  mitte  desselben 
sondern  am  ende  angebracht.  Dadurch  wird  eine  textänderung 
vermieden,  aber  die  Schwierigkeit  nicht  gehoben:  es  ist  uner- 
findlich, wie  Kallippos  auf  diesen  theoretisch  gleichgültigen, 
praktisch  aber  ganz  verkehrten  einfall  gekommen  sein  soll :  er 
würde  dadurch  seiner  periode  von  vorn  herein  jede  aussieht  auf 
einführung  abgeschnitten  und  auch  die  sonstige  benutzung  un- 
nöthiger  weise  erschwert  oder  irregeleitet  haben ;  war  er  mit  dem 
attischen  kalenderjahr  nicht  zufrieden,  so  konnte  er  wie  Diony- 
sios  ein  zodiakaljahr  bilden ;  zog  er  aber  den  bürgerlichen  ka- 
lender  vor,  so  mußte  er  ihn  mit  seiner  ganzen  einrichtung  über- 
tragen. Ein  neues,  Meton  selbst  betreffendes  zeugniß  gewinnt 
verf.  selbst  aus  Avienus  prognost.  49  mittelst  einer  ebenso  feinen 
wie  sachkundigen  exegese-,  trifft  diese  den  sinn  der  stelle,  so  hat 
Meton  den  neumond  vor  der  wende  bis  auf  sieben  tage  zurück 
als  kalenderneujahr  zugelassen.  Von  dieser  gegen  seine  lehre 
zeugenden  aussage  bemerkt  Mommsen  kurzweg ,  sie  entspreche 
dem  Standpunkt  Metons  nicht;  er  hat  aber  keinen  anderen  grund 
als  daß  sie  zu  seiner  theorie  nicht  paßt.  Besser  würde  er  ge- 
sagt haben,  seine  neue  erklärung  sei  wegen  des  imperfects,  wel- 
ches Avienus  anwendet,  nicht  über  jeden  zweifei  erhaben.  Es 
gibt  indeß  noch  eine  andere  erwägung :  wenn  Kallippos  den 
schaltmonat  um  ein  halbes  jähr  später  einstellte  als  Meton,  so 
daß  sieben  monate  eine  andere  stelle  erhielten,  wie  konnte  dann 
Geminos  sagen,  Kallippos  habe  die  einreihung  (««£<?)  der  schalt- 
monate  ebenso  behandelt  wie  Meton? 

Ziehen  wir  das  facit ,  so  sind  die  neuen  entwürfe  auch  in 
ansehung  ihrer  schaltordnung ,  welche  auf  jähr  II,  V,  VIII,  X, 
XIII,  XVI,  XVIII  vom  jähre  432  ab  je  13  monate  rechnet, 
schwerlich  als  metonisch  und  kallippisch  anzusehen.  Bleibt 
noch  zu  erwägen,  ob  diese  schaltfolge  nicht,  was  wichtiger  wäre, 


Nr.   12.  103.  Griechische  Chronologie.  611 

im  städtischen  kalender  bestanden  hat,  was  Mommsen  behauptet 
und  an  beispielen  nachzuweisen  unternimmt.  Er  hat  jedoch  fol- 
gende theils  gar  nicht  theils  unrichtig  behandelt:  1)  aus  Inscr. 
att.  I,  183  wissen  wir,  daß  ol.  91,  2  am  prytanietag  VIII,  20 
das  für  die  schiffe  nöthige  geld  ausgezahlt  wurde ,  welche  die 
von  Nikias  verlangten  Verstärkungen  und  geldsummen  (300  talente, 
angewiesen  schon  1 7  tage  vorherj  nach  Katane  bringen  sollten ; 
für  trieren  berechnet  sich  die  fahrt  dahin  auf  6  — 12  tage.  Ist 
91,  2  mit  Mommsen  als  Schaltjahr  zu  nehmen,  so  giengen  die 
schiffe,  ausfährt  am  selben  tage  angenommen,  am  21./24.  ela- 
phebolion  =  um  21./ 24.  april  ab  und  langten  um  anfang  mai, 
im  letzten  drittel  des  lenzes  414  an;  nehmen  wir  gemeinjahr  an, 
so  kamen  sie  um  6. ,15.  april.  Die  Sendung  war  geraume  zeit 
vorher  verlangt  worden,  um  im  ersten  drittel  des  frühlings  (upu. 
i)oi  Thuk.  VI,  74  und  88;  den  feldzug  gegen  Syrakus  eröffnen 
zu  können,  eine  Verzögerung  ist  nirgends  ersichtlich;  mit  früh- 
lings eintritt  (VI,  94  äfta  qgi  tvdvg  oLQiopitcp)  fuhr  Nikias  von 
Katane  an  die  küste  des  benachbarten  Megara  und  verwüstete 
die  äcker;  zurückgekehrt  machte  er  sofort  ^offenbar  weil  die  Sen- 
dung noch  nicht  eingetroffen  war;  eine  kurze  Unternehmung  in  das 
benachbarte  binnenland  und  als  er  von  ihr  wiederkam,  war  jene 
angelangt.  Dann  erzählt  Thukydides  noch  zwei  spätere ,  nicht 
unmittelbar  auf  einander  folgende  Vorgänge  des  frühlings.  Die 
ankunft  jener  Sendung  gehört  also  der  ersten  hälfte  des  april 
an  und  das  jähr  hatte  keinen  schaltmonat.  2)  in  der  rede  über 
die  Chersonesos ,  gehalten  341,  weist  Demosthenes  auf  den  ein- 
tritt der  hundstage  (21.  julij  als  nahe  bevorstehend  hin;  den 
stürz  des  tyrannen  von  Oreos  kennt  er  noch  nicht.  Dieser  ist 
im  skirophorion  109,  3.  341  erfolgt  (Schol.  Aischin.  III,  8),  in 
demselben  monat  (vor  dem  fall  des  tyrannen)  wird  die  rede  ge- 
halten sein  Bei  Mommsen  ist  109,  3  gemeinjahr  und  der  1. 
skirophorion  =  3.  juni ;  ungleich  passender  ist  der  1.  Juli,  um 
welchen  er  bei  Schaltjahr  fällt.  3)  bei  118,  3.  306/5  muß  verf. 
selbst  einräumen,  daß  die  inschriften  entgegen  seinem  cyklus 
ein  Schaltjahr  voraussetzen.  Er  sucht  mit  einer  vermuthung 
nachzuhelfen:  Athen,  durch  Demetrios  am  26.  thargelion  118,1. 
307  befreit,  habe  die  pbylen  Antigonis  und  Demetrias  durch 
welche  die  gesammtzahl  von  zehn  auf  zwölf  stieg ,  recht  bald 
ins  leben  rufen  wollen,  schon  in  der  mitte  von  118,  2  nach  ab- 


612  103.   Griechische  Chronologie.  Nr.    12. 

lauf  von  sieben  prytanien  die  neuen  eingeführt  und  ,  weil  jetzt 
für  sieben  prytanien  räum  geschaffen  werden  mußte,  einen  monat 
dem  nächsten  eigentlich  13monatlichen  jähre  118,  3  entzogen, 
welcher  dem  laufenden  zugeschlagen  worden  sei.  Wir  können 
diese  hypothese ,  weil  ihr  schöpfer  durch  das  zugeständniß ,  daß 
sie  bloß  ad  hoc  erdacht  ist,  derselben  jeden  selbständigen  werth 
abspricht,  um  so  mehr  auf  sich  beruhen  lassen,  als  sie  auch  die- 
sen bescheidenen  zweck  nicht  erreicht  :  Athen  ist  nicht  am  25. 
thargelion  oder  in  den  nächsten  tagen  sondern  erst  118,  2  be- 
freit worden,  frühestens  ende  hekatombaion,  s.  Philochoros  fr.  144 
und  Plut.  Dem.  10.  4)  von  den  auf  einander  folgenden  jähren 
des  Diotimos,  Isaios  und  Euthios  wird  das  erste  und  letzte  durch 
die  Urkunden  als  12monatlich  erwiesen,  das  mittlere  muß  also 
den  schaltmonat  gehabt  haben.  Die  Untersuchungen  über  diese 
sind  im  buch  gar  nicht  erwähnt  und  den  zwei  letzten  jähren 
falsche  monatszahl  zugewiesen.  Daß  jene  archonten  123,  2 — 4 
amtirt  haben ,  ist  vom  ref.  bewiesen  und  von  Wilamowitz  be- 
stätigt gefunden  worden  ;  der  schaltmonat  trifft  hienach  auf  123,3. 
286/5  und  nicht  wie   der  neue  entwurf  annimmt  auf  123,   2. 

Staatliche  geltung  hat  also  die  von  Mommsen  aufgestellte 
schaltordnung  nicht  gehabt;  nur  eine  schwache  möglichkeit, 
keineswegs  Wahrscheinlichkeit,  besteht,  daß  Meton  und  Kallippos 
sie  angewandt  haben  und  so  wenigstens  einer  von  den  bestand- 
theilen  der  neuen  aufstellung  sich  retten  läßt  dessen  werth  frei- 
lich fast  nur  ein  literarhistorischer  sein  würde.  Das  von  den 
leitenden  gedanken  des  werkes  geltende  urtheil  überträgt  sich 
nothwendig  auch  auf  die  zahlreichen  ausführungen,  welche  neben 
jenen  hergehen,  so  weit  dieselben  (und  das  gilt  in  folge  der 
consequenz  mit  welcher  das  System  durchgeführt  ist  von  den 
meisten)  mit  ihnen  in  ursächlichem  Zusammenhang  stehen.  Auf 
ihre  besprechung  an  diesem  orte  verzichte  ich ,  nicht  bloß  des 
raumes  wegen.  Es  ist  peinlich  einem  verdienstvollen  gelehrten 
durchweg  widersprechen  zu  müssen ,  der  mit  glänzenden  gaben 
und  reichem  wissen ,  in  eminenter  weise  mit  mathematisch  -  tech- 
nischer fachkenutniß  ausgestattet ,  drei  Jahrzehnte  hindurch  lite- 
rarisch und  praktisch  für  die  alte  Chronologie  thätig,  dieser  dis- 
ciplin  ein  zweiter  Ideler  zu  werden  berufen  wäre  wie  kein  an- 
derer, der  aber  statt  einer  strengen,  der  exakten  angenäherten 
methode  ein  verfahren  einschlägt,  mittelst  dessen  es  möglich  wird, 


Nr.    12.  Bibliographie.  613 

nahezu  alles  aus  allem  zu  machen.  Nennen  wir  lieber,  was  in 
dem  anderen  beiwerk  und  der  einleitung  als  positive  leistung 
und  bleibender  gewinn  besonders  hervorzuheben  ist.  Der  epi- 
graphik  zu  gute  kommt  die  ergänzung  vieler  urkundenprae- 
skripte ,  wobei  für  eine  partie  auch  Köhler'sche  mittheilungen 
ihm  zu  statten  gekommen  sind  ;  eine  längere  stelle  des  Geminos 
ist  textkritisch,  der  die  tage  betreffende  abschnitt  der  hesiodischen 
„werke  und  tage"  exegetisch  behandelt.  Reiche  Sammlungen  be- 
lehren über  das  vorkommen  der  einzelnen  tag-  und  monatsdata 
bei  Schriftstellern  und  in  inschriften  ,  ebenso  der  prytanietage, 
beider  mit  angäbe  ihrer  öffentlichen  akte  ;  noch  werthvoller  ist  ein 
commentar  über  namen  und  bedeutung  der  dreißig  monatstage. 
Das  dunkle  ft?jia  ifjßdXJsiv  'Exarofjßaiwva  der  neuen  eleusini- 
schen  inscbrift  erfährt  endlich  einmal  eine  chronologisch  mög- 
liche, wenn  auch  sonst  nicht  ganz  zweifellose  erklärung  (p.  138), 
gegenüber  den  bisher  bekannten  deutungsversuchen,  welche  das 
wesen  der  oktaeteris  gründlich  verkennen.  Eine  wesentliche 
förderung  der  technischen  Chronologie  bilden  die  zum  theil  aut 
beobachtungen  und  berechnungen  hervorragender  astronomen 
beruhenden  auseinandersetzungen  über  die  für  attisches  neujahr 
in  betracht  kommenden  neumonde  von  432  bis  414  v.  Chr., 
über  die  pleiadenphasen  und  die  dauer  der  unsichtbarkeit  des 
mondes  in  Athen  während  der  letztvergangenen  Jahrzehnte  un- 
serer zeit;  die  kröne  gebührt  der  zuletztgenannten  Untersuchung, 
durch  welche  der  seit  Ideler  herrschenden  auffassung  der  vov- 
fjHjtia  ein  für  allemal   ein  ende  gemacht  wird. 

U. 

Bibliographie. 

Dr.  Schliemann's  werk :  „der  prähistorische  palast  der  kö- 
nige  von  Tiryns"  wird  in  London  bei  Murray  erscheinen  und 
mit  planen  und  Zeichnungen  von  Dörpfeld  und  andern  ausge- 
stattet sein,   wie  RAnz.   nr.   243  mittheilt. 

Von  J.  Springer  enthalten  die  Jahrb.  der  königl.  preuß. 
kunstsamml.  bd.  V,  hft.  4  einen  aufsatz  über  ein  von  dem  königl. 
museum  erworbenes  skizzenbuch  von  Märten  van  Heemskarek,  in 
dem  viele  alte  monumente  Italiens  genau  wie  sie  in  saec.  XVI 
enthalten  waren ,  abgezeichnet  sind  :  es  führt  dies  etwas  weiter 
aus  RAnzeig.   nr.   253. 

Ein  prospect  ist  ausgegeben   von :   „geschiente  des  römischen 


614  Bibliographie.  Nr.  12. 

kaiserreichs  von  der  schlacht  bei  Actium  und  der  eroberung 
Egyptens  bis  zu  dem  einbrucbe  der  barbaren  von  Victor  Duruy  .  . . 
Aus  dem  französischen  übertragen  von  prof.  dr.  Gustav  Hertz- 
berg.  Mit  ca.  2000  Illustrationen  in  holzschnitt  und  einer  an- 
zahl  tafeln  in  farbendruck".  Verlag  von  Heinrich  Schmidt  u. 
Carl  Günther.  Die  dem  prospect  einverleibten  illustratiouen  sind 
ausgezeichnet. 

Besprochen  sind  im  BAnzeig.  die  catalogevon:  Joseph  Baer 
u.  co.  in  Frankfurt  a.  M.  u.  Paris,  nr.  148.  149  über  musik, 
tanz,  kunst,  in  nr.  249.  —  O.  Harrassowitz  in  Leipzig,  nr.  104, 
Sprichwörter,  mythologie  u.  drgl.,  in  nr.  252.  ■ —  Kirchhoff  und 
Wigand  in  Leipzig,  nr.  713 — 715  Götbe-literatur,  kunstdenkmäler 
u.  drgl.,  in  nr.  237.  —  Lehmann  und  Lutz  in  Frankfurt  a.  M., 
nr.   32,  Curiosa,  in  nr.  251. 

Eingesandt  sind :  antiquarischer  catalog  von  Isaac  St.  Goar 
in  Frankfurt  a.  M.,  nr.  66  :  biographien,  memoiren,  briefwechsel: 
—  dessen  antiquarischer  anzeiger  nr.  67  :  die  revolutionen  des 
19.  Jahrhunderts;  —  Heinrich  Kerler  in  Ulm,  antiquarischer  ca- 
talog nr.  87,  griechische  und  lateinische  classiker:  —  desselben 
nr.  88:  vergleichende  Sprachwissenschaft,  orientalia;  —  K.  F. 
Koehlers  antiquarium  in  Leipzig,  nr.  407:  classische  philologie : 
sehr  reichhaltig. 

Verzeichniß  der  wichtigeren  publicationen  auf  dem  gebiete  der  alter- 

thumswissenschaft  1884.     VIII. 

Deutschland.     Oesterreich.     Schweiz. 

771.  Andronici  qui  fertur  libelli  nsQi  naftiüv  pars  I:  de  affectibus. 
Novis  codicibus  adhibitis  rec.  et  quaestiones  ad  stoicoruoi  doctrinam 
de  affectibus  pertinentes  adiecit  Xav.  Krevüner.  Heidelberg,  Winter 
1884.     8.     50  p.     1  mk.  60  pf. 

772.  Augusti,  res  gestae  Divi.  Ex  inonumentis  Ancyrano  et  Apol- 
loniensi  in  usum  scholarum  ed.  Th.  Momnisen.  Berlin,  Weidmann 
1884.     8.     39  p.     1  mk.  '20  pf. 

773.  Beloch,  Jul. ,  die  attische  politik  seit  Perikles.  Leipzig, 
Teubner  1884.     8.     IV,  369  p.     7  mk.  60  pf. 

774.  Basiliades,  Demetrius ,  dioQ&wnxä  (ig  td  aQxalct  th  tov  Jov- 
Avavov  o%6ha.     Diss.  Jena  1884.     8.     51  p.     2  mk. 

775.  Bergk,  Th. ,  griechische  litteraturgeschichte.  3.  bd.  Aus 
dem  nachlasse  hrsg.  v.  Oust.  Hinrichs.  Berlin,  Weidmann  1884.  8. 
XI,  620  p.     7  mk. 

776.  Bibliotheca  philologica  oder  geordnete  Übersicht  aller  auf 
dem  gebiete  der  class.  alterthumswissenschaft  etc.  in  Deutschland  und 
im  auslande  neu  erschienenen  bücher  hrsg.  v.  dr.  Oust.  Kossinna.  36. 
jahrg.  Heft  2.  Juli  —  dec.  1884.  (p.  201—393).  Göttingen,  Van- 
denhoeck  u.  Ruprecht    1884.     8.     2  mk. 

777.  Blümner,  Hugo,  technologie  und  terminologie  der  gewerbe 
und  künste  bei  Griechen  und  Römern.  3.  bd.  Mit  44  holzschn.  1 
taf.  in  lichtdr.     Leipzig,  Teubner  1883.     8.     VIII,  343  p.     10mk.80pf. 

778.  Bradley,  A.  C,  die  Staatslehre  des  Aristoteles.  Ein  essay. 
Autorisirte  Übersetzung  von  Imelmann.  Berlin ,  Gaertners  1884.  8. 
III,  83  p.     1  mk.  80  pf. 

779.  Brosow ,  Aug.,  quomodo  sit  Apollonius  sophista  ex  etymo- 


Nr.   12.  Bibliographie.  615 

logico    magno    explendus    atque    emendandus.      Koenigsberg,  (Beyer), 
Diss.  1884.     8.     51  p.     1  mk.  20  pf. 

780.  Buchholtz,  E.,  die  homerischen  reaüen.  3.  bd.:  die  religiöse 
und  sittliche  Weltanschauung  der  homerischen  Griechen.  1.  abth.:  die 
homerische  götterlehre.  Auf  grnnd  der  homerischen  dichtungen  dar- 
gestellt.    Leipzig,  Engelrnarm   1884.     8.     XU,  404  p.     6  mk. 

781.  Burckhardt,  Jacob,  der  cicerone.  Anleitung  zum  genuß  der 
kunstwerke  Italiens.  5.  aufl.  Unter  mitwirkung  verschiedener  fach- 
genossen bearb.  von  Wilh.  Bode.  2  thle  in  3  bdn.  Leipzig,  Seemann 
1884.     8.     XXV,  200,  LXXXV1,  864  p.     13  mk.  50  pf. 

782.  Caesaris ,  C.  Iulii ,  commentarii  de  bello  civili.  Für  den 
schulgebrauch  erklärt  von  A.  Daher entz.  5.  aufl.  besorgt  von  Gottl. 
Beruh.   Dinter.     Leipzig,  Teubner  1884.     8.     XII,  308  p.     2ruk.40pf. 

783.  Catull's  gedichte  hrsg.  u.  erklärt  von  Alex.  Riese.  Leipzig, 
Teubner  1884.     8.     XLIII,  288  p.     4  mk. 

784  Cicero,  M.  Tullius,  ausgewählte  briefe.  Erkl.  von  Fr.  Hof- 
mann. 1.  bdchn.  5.  aufl.  Berlin,  Weidmann  1884.  8.  IV,  255  p. 
2  mk.  40  pf. 

785.  Ciceronis,  M.  Tullii,  ad  M.  Brutum  orator.  Rec.  F.  Heer- 
deyen.     Leipzig,  Teubner  1884.     8.     XXXVIII,  86  p.     3  mk.  20  pf. 

786.  Cohausen,  A.  von,  der  römische  grenzwall  in  Deutschland. 
Militärische  und  technische  beschreibuns?  desselben.  Mit  52  foliotafeln 
Abbildgn.     Wiesbaden,  Kreidel  1884.     8.     VIII,  368  p.     24  mk. 

787.  Commentaria  in  Aristotelem  Graeca  edita  consilio  et  auctor. 
acad.  litt.  reg.  Boruss.  Vol.  XXIII,  p.  III.  Themistii  quae  fertur  in 
Aristotelis  Analyticorum  priorum  librum  I  paraphrasis  ed.  Max  Wal- 
lies. IV.  Anonymi  in  Aristotelis  sophisticos  elenchos  paraphrasis  ed. 
Mich.  Hay duck.     Berlin,  G.  Reimer  1884.     8. .   X,  164,  VI,  84  p.     9  mk. 

788.  Cornelii  Nejjotis  vitae.  In  usum  schob  rec.  et  verborum  in- 
dicem  addidit  Mich.  Gitlbauer.  Freiburg  i.  Br.  1884.  8.  192  p.    1  mk. 

789.  Dionysii  Thracis  ars  grammatica  qualem  exemplaria  vetu- 
stissima  exhibent  subscriptis  discrepantiis  et  testimoniis  quae  in  co- 
dicibus  recentioribus  scholiis  erotematis  apud  alios  scriptores  Inter- 
pretern Armenium  reperiuntur  ed.  Gust.  TJhlig.  Praemissa  sunt  pro- 
legomena :  Adalberti  Merxii  de  versione  Armeniaca  disputatio  atque 
Syrii  interpretis  lectiones.  Subiecta  sunt  supplementa  artis  Dionysia- 
nae  vetusta  indices  tabulae  photolithographicae  duae.  Leipzig,  Teub- 
ner 1884.     8.     C,  224  p.     1  mk.  60  pf. 

790.  Duncker ,  Max.,  geschichte  des  alterthums.  Neue  folge. 
1.  bd.  (Des  ganzen  werkes  8  bd.).  Leipzig,  Duncker  u.  Humblot  1884. 
8.     XI,  478  p.     9  mk. 

791.  Ehrlich,  Benno,  de  Tibulii  elocutione  quaestiones.  Diss. 
Halle  1883.     8.     40  p.     1  mk. 

792.  Essen,  Ernst,  beitrag  zur  lösung  der  aristotelischen  frage. 
Berlin   1884.     8.     164  p.     4  mk. 

793.  Euripides  Iphigenie  bei  den  Tauriern.  Zum  schulgebr.  mit 
erklär,  anmerk.  versehen  von  Wolfg.  Bauer.  2.  aufl.  durchges.  von 
N.    Wecklein.     München,  Lindauer  1*884.     8.     92  p. 

794  Forschungen  und  Studien;  etruskische  hrsg.  von  W  Deecke. 
Heft  6:  W.  Deecke,  die  etruskischen  beamten-  a.  priestertitel.  Stutt- 
gart, Heitz  1884.     8.     XII,  70  p.     4  mk. 

795.  Froehlich ,  Franz,  die  bedeutung  des  2.  punischen  krieges 
für  die  entwicklung  des  römischen  heerwesens.  Leipzig,  Teubner  1884. 
8.     72  p.     1  mk.  60  pf. 

796.  Froehner,  W. ,  kritische  analekten.  Göttingen,  Dieterich 
1884.     8.     96  p.     (Philologus  suppl.-bd.  V,  heft  1.) 


616  Bibliographie.  Nr.   12. 

797.  Gai  institutiones.  Ad  codicis  Veronensis  apographum  Stu- 
demundianurn  notis  curis  auctum.  Herum  edd.  Paulus  Krueger  et 
Guil.  Studemund  lnsunt  supplernenta  ad  codicis  Veronensis  apogra- 
phum a  Studemundo  composita.  Berlin,  Weidmann  1884.  8.  XXXIX, 
206  p  3  nik.  (Collectio  librorum  iuris  antejustiniani.  In  usum  schol. 
tom.  I). 

798.  Giilbauer,  Mich.,  die  Überreste  griechischer  tachygraphie  im 
codex  Vatic.  graecus  1809.  fasc.  2.  Mit  14  taff  Wien,  Gerold  1884. 
4.     18  p.     (Aus  Denkschriften  d.  k.  k.  akad.  d.  wiss.). 

799.  Glossae  nominum  ed.  Gustavus  Loeue.  Accedunt  eiusdem 
opuscula  glossographica  collecta  a  Georgio  Goetz,  Lipsiae ,  B.  G. 
Teubner  1884.     8.     XVIII,  264  p.     6  mk. 

800.  Gomperz,  Theod.,  über  ein  bisher  unbekanntes  griechisches 
schriftsystem  aus  der  mitte  des  4.  vorcliristl  jahrh.  Ein  beitrag  zur 
geschichte  der  kurzschrift  und  der  rationellen  alphabetik.  Wien,  Ge- 
rold 1884.  8.  59  p.  1  mk.  30  pf.  (Aus  Sitzungsber.  d.  kk.  akad. 
d.  wiss.). 

801.  Grundmann,  Herrn.  Rieh.,  quid  in  elocutione  Arriani  Hero- 
doto  debeatur.     Berlin,  Calvary  l*-84.     8.     88  p.     3  mk. 

802.  Haeser,  Heinr.,  grundriß  der  geschichte  der  medicin.  Jena, 
Fischer  1884.     8.     XIII,  418  p.     7  mk. 

803.  Harpf,  Ad.,  die  ethik  des  Protagoras  und  deren  zweifache 
moralbegründung  kritisch  untersucht.  Heidelberg ,  Weiß  1884.  8. 
72  p.     1  mk.  60  pf. 

804.  Heil,  Bernh.,  logographis  qui  dienntur  num  Herodotus  usus 
esse  videatur.     Diss.     Marburg  1884.     8.     61  p.     1  mk.  20  pf. 

805  Heibig,  Wolfg..  das  homerische  epos ,  aus  den  denkmälern 
erläutert.  Archaeologische  Untersuchungen.  Mit  2  taff.  u.  120  abbild. 
Leipzig,  Teubner  1884.     8.     VIII,  353  p.     11   mk.  20  pf. 

806.  Hermann,  Karl.  Friedr. ,  lehrbuch  der  griech.  antiquitäten. 
Unter  mitwirkung  von  H.  Droysen,  Arnold  Huy ,  A.  Müller,  Th. 
Thalheim  neu  hrsg.  von  Hugo  Blümner  u.  liilh.  Ddtenberger.  In  4 
bdn.  Bd.  2.  Abth.  1:  lehrbuch  der  griechischen  rechtsalterthümer  3. 
verm.  u.  verb.  aufl.  Nach  der  2.  von  K.  B.  stark  besorgten  aufläge 
umgearb.  u.  hrsg.  von  Th.  Thalheim.  Freiburg  i.  B. ,  Mohr  1884.  8. 
VII,  160  p.     4  mk. 

807.  Herodoti  historiarum  libri  IX.  Ed.  Henr.  Rud  Dietsch. 
Ed.  II.  Curavit  H.  KaUenberg.  Vol.  I.  Leipzig,  Teubner  1884.  8. 
XLII,  413  p      1  mk.  35  pf. 

808.  Herzog,  Aug.,  die  olympischen  göttervereine  in  der  griechi- 
schen kunst.  Archaeolog.  betrachtungen.  Habilitationsschrift.  Frei- 
burg i.  Br.     (Leipzig,  Teubner)  1884.     8.     46  p.     1  mk.  20  pf. 

809.  Hildebrand,  Hugo,  Aristoteles  Stellung  zum  determinismus 
und  indeterminismus.     Diss.     Leipzig,  (Fock)  1884.  8.  63  p.   1  mk.  50  pf. 

810.  Hinrichs,  Gust.,  dr.  Karl  Sittl  und  die  homerischen  äolismen. 
Berlin,  Weidmann  1884.     8.     97  p.     2  mk. 

811.  Hirschfeld,  Otto,  gallische  studien.  II.  Gallische  inschrift- 
fälschungen.  III.  Der  praefectus  vigilum  in  Nemausus  und  die  feuer- 
wehr  in  den  römischen  landstädten.  Wien,  Gerold  lb84.  8.  20,  21  p. 
1  mk.     (Aus  Sitzungsberichte  der  kk.  akademie  der  wiss.). 

812.  Homeri  Iliadis  carmina  seiuneta  discreta  emendata  prolego- 
menis  et  apparatu  critico  instrueta  ed.  Guil.  Christ.  Pars  II  (Finis). 
Leipzig,  Teubner  1884.     8.     p.  399—742.     8  mk. 

813. für  den  schulgebr.   erklärt  von  K.  F.  Ameis.     2.  bd. 

Heft  4.     Gesang  XXII  -  XXIV.     Bearb.  von  C.  Hentze.     Leipzig,  Teub- 
ner 1884.     8.     150  p.    1  mk.  50  pf. 


Nr.   12.  Bibliographie.  617 

814.  Imhnnf -Blumer ,  Fr.,  die  münzen  der  dynastie  von  Pergamon. 
Mit  4  pbot.-typ.  tafeln.  Berlin,  (Dümmler)  1884.  4.  40  p.  5  nik. 
(Aus   Abbandlungen  der  preuß.  akad.  der  wiss.). 

815.  Jordanes  Gothengeschichte.  Nebstauszügen  aus  seiner  Rö- 
mischen geschichte  übers,  von  dr.  Wilh.  Härtens.  Leipzig,  Duncker 
1884.  8.  VIII,  124  p.  1  mk.  80  pf.  (Geschichtsschreiber  der  deut- 
schen vorzeit.     2.  gesammtausg.  bd.  5). 

816.  Ins  Graeco-Romanum.  Pars  VII.  Epitomae  legum  tit.  XXIV 
et  sefjuentes  ed.  C  E.  Zachariae  von  Lingenthal.  Leipzig,  Schulze 
1884.     8.     VI,  213  p.     3  mk. 

817.  Karabacek,  J.,  katalog  der  Theodor  Graf'schen  funde  in  Ae- 
gypten  hrsg.  von  k.  k.  österr.  museuiu.  Wien,  Gerold  1883.  8.  56  p. 
1  mk.  20  pf. 

818.  KekuU,  Bernh.,  die  antiken  terrakotten.  Im  auftrag  des 
archaeol.  instituts  hrsg.  Bd.  2-:  die  terrakotten  von  Sicilien.  Mit  61 
taf.  gez.  u.  rad.  v.  Ludw.  Otto  u.  mit  vielen  abbildg.  im  text.  Stutt- 
gart, Speinann   1884.     fol.     XI,  87  p.     75  p. 

819.  Keller,  Rud.,  Stilicbo  oder  die  geschichte  des  weströmischen 
reicbs  von  395-  408.     Berlin,  Le  Coultre  1884.     8.     63  p.     1  mk.  50  pf. 

820.  Kerckhoß,  Paul,  duae  quaestiones  Papinianae.  Diss.  Berlin, 
Mayer  u.  Müller  1884      8.     61  p.     1  mk.  20  pf. 

821.  Krebs,  Franz,  die  präpositionsadverbien  in  der  späteren  hi- 
storischen graecitaet.  Theil  I.  München,  Lindauer  1884.  8.  61p.    3  mk. 

822.  Lagarde ,  Paul  de,  mittheilungen.  Göttingen,  Dieterich's 
sort.  1884.  8.  384  p.  10  mk.  (Darin  besonders:  die  Weisheiten  der 
handschrift  von    Amiata.     p.  241 — 380). 

823.  Landwehr,  Hugo,  forschungen  zur  älteren  attischen  geschichte. 
Göttingen,  Dieterich  1884.     8.     (Philologus  suppl.-bd.  V,  p.  97—196). 

824.  Lehre,  der  zwölf  apostel  nebst  Untersuchungen  zur  ältesten 
geschichte  der  kirchen Verfassung  und  des  kirchenrechts  von  Ad  Har- 
nach. Nebst  einem  anhang:  ein  übersehenes  fragment  der  Jida^^  in 
alter  lateinischer  Übersetzung.  Mitgeth.  von  Oscar  von  Gebhardt. 
Leipzig,  Hinrichs  1884.  8.  In  texte  und  Untersuchungen  zur  geschichte 
der  altchristlichen  litteratur.  Bd.  2.  Heft  1.  2.  Text  70  p.,  prole- 
gomena  p.  1 — 294).     10  mk. 

825.  Lepsius,  Rieh.,  die  längenmaaße  der  alten.  Berlin,  Hertz 
1884.     8.     III,  110  p.     3  mk. 

826.  Leist,  B.  W,  graeco-italische  rechtsgeschichte.  Jena,  Fischer 
1884.     8.     XVIII,  769  p.     16  mk. 

827.  Livi,  Titi  ,  ab  urbe  condita  über  XXI.  Für  den  schulge- 
brauch erkl.  von  Ed.  Wölfflin.  3.  aufl.  besorgt  von  Franz  Luter- 
bacher.     Leipzig,  Teubner  1884.     8.     IV,  136  p.     1  mk.  20  pf. 

828.  —  —  —  Für  den  schulgebr.  erkl.  v.  Karl  Tücking.  3. 
verb.  aufl      Paderborn,  Schöningh    1884.     8.     118  p.     1   mk    20  pf. 

829.  Ltidwich,  Arthur,  Aristarch's  homerische  textkritik  nach 
den  tragnienten  des  Didymus  dargestellt  und  beurtheilt.  Nebst  bei- 
lagen.     Theil  I.     Leipzig,   Teubner  1884.     8.     VIII,  635  p.     12  mk. 

630.  Marcks ,  Erich,  die  Überlieferung  des  bundesgenossenkriegs 
91_89  v.  Chr.  Histor.  dissertation.  Marburg,  Elwert  1884.  8.  VIII, 
92  p.     2  mk. 

831.  Hehlis,  C,  studien  zur  ältesten  geschichte  der  Rheinlande. 
Mit  der  archaeoloKischen  karte  der  Pfalz  und  der  nachbargebiete.  8. 
abtb.  hrsg.  vom  histor.  vereine  der  Pfalz.  Leipzig,  Duncker  u.  Hum- 
blot   1885°     8.     70  p      6  mk. 

832.  Heier,  M.  H.  E.  und  G.  Fr.  Sehoemann,  der  attische  prozeß. 
Vier  bücher.  Eine  gekrönte  preiaschrift ,  neu  bearb.  von  J.  H.  Lip- 
sius.     4.  liefg.     2.  hälfte  u.  5.  liefg.     Berlin,  Calvary  1884.     8.     (Bd.  I, 


618  Bibliographie.  Nr.   12. 

p.  469-628).     (Calvary's  philol.  u.  archaeol.  bibliothek  bd.  59,  2.  60). 
3  mk. 

833.  Merguet,  H. ,  lexikon  zu  den  Schriften  Caesar's  und  seiner 
fortsetzer  mit  angäbe  sämmtlicher  stellen.  Liefg.  1.  Jena,  Fischer 
1884.     8.     144  p.     8  mk. 

834.  Mayerhöfer,  Anton ,  die  brücken  im  alten  Rom  (vor  und 
nach  Konstantin).  Nebst  einem  an  hang  über  den  trümmer-  und  in- 
schriftenfund  bei  Ponte  Sisto  vom  jähre  1878.  Mit  1  karte.  2.  verm. 
aufl.     Erlangen,  Deichert  1884.     8.     XX,   117  p.     3  mk. 

835.  Meusel,  H.,  Lexicon  Caesarianum.  fasc.  1.  Berlin,  Weber 
1884.     8.     192  sp.     2  mk.  40  pf. 

836.  Müller,  Heinr.  Dietr.,  sprachgeschichtliche  studien.  Göttin- 
gen, Vandenhoeck  u.  Ruprecht  18e4.     8.     IV,  202  p.     4  mk.  40  pf. 

837.  Müller,  Max ,  Indien  in  seiner  weltgeschichtlichen  bedeu- 
tung.  Vorlesungen  gehalten  an  der  Universität  Cambridge.  Vom 
verf.  autorisirte  Übersetzung  von  C.  Cappeller.  Leipzig,  Engeiniann 
1884.     8.     XV,  335  p.     7  mk. 

838.  Naegelsbach,  Carl  Frdr.  v.,  homerische  theologie.  3.  aufl. 
bearb.  von  G.  Autenrieth.  Nürnberg,  Geiger  1884.  8.  XXXII,  482  p. 
8  mk.  50  pf. 

839.  Obricatis ,  Ric.  ,  de  per  praepositionis  latinae  et  cum  casu 
coniunctae  et  cum  verbis  nominibusque  compositae  usu  qualis  obti- 
nuerit  ante  Ciceronis  aetatem.  Diss.  Koenigsberg,  (Beyer)  1884.  8. 
60  p.     1  mk.  20  pf. 

840.  Opsimathes ,  G.  H.  ,  yvwfiui  sive  thesaurus  sententiarum  et 
apophthegmatum  ex  scriptoribus  Graecis  praecipue  poetis.  Leipzig, 
Weigel  1884.     8.     VIII,  368  p.     10  mk. 

841.  Osthof,  Herrn.,  zur  geschichte  des  perfects  im  indogerma- 
nischen ,  mit  besonderer  berücksichtigung  auf  griechisch  und  latei- 
nisch.    Straßburg,  Trübner  1884.     8.     IX,  653  p.     14  mk. 

842.  Ovidias  Nasonis,  P. ,  ex  iterata  R.  Merkelii  recognitione. 
Vol.  III:  Tristia  Ibis.  Ex  Ponto  libri.  Fasti.  Leipzig,  Teubner  1884. 
8.     XLI,  355  p.     1  mk. 

843.  Paucker,  Carl  von ,  vorarbeiten  zur  lateinischen  Sprachge- 
schichte. 3  Thle.  (1.  Materialien  zur  lateinischen  wörterbildungsge- 
schichte.  2.  Uebersicht  des  der  sog.  silbernen  latinität  eigenthümlichen 
Wortschatzes.  3.  Kleinere  studien.  Lexikalisches  und  syntaktisches). 
Berlin,  Calvary  1884.     8.     I,  VII,  143  p.,  II,  80,  III,  117  p.     15  mk. 

844.  Perrot,  Georges  u.  Charles  Chipiez,  geschichte  der  kunst  im 
alterthum  —  Aegypten  —  Assyrien  —  Persien  —  Kleinasien  —  Grie- 
chenland —  Etrurien  —  Rom.  —  Autoris.  deutsche  ausgäbe  bearb. 
von  Rieh.  Pietschmann.  Mit  einem  vorwort  von  G.  Ebers.  Leipzig, 
Brockhaus  1884.     8.     LXXX,  915  p.     36  mk. 

845.  Pßugk- Hartlung ,  Julius  v.,  Perikles  als  feldherr.  Stuttgart, 
Kohlhammer  1884.     8.     IX,  143  p.     2  mk.  60  pf. 

846.  Plato's  ausgewählte  Schriften.  Für  den  schulgebrauch  er- 
klärt. 6.  theil:  Phaedon.  Erkl.  von  M.  Wohlrab.  2.  aufl.  Leipzig, 
Teubner  1884.     8.     VI,  156  p.     1  mk.  50  pf. 

847.  — ,  Cratylus,  Theaetetus.  Post  Car.  Frid.  Hermannum  re- 
cogn.  Martin    Wohlrab.     Leipzig,  Teubner  1884.     8.     202  p.     90  pf. 

848.  —  ausgewählte  dialoge  erkl.  von  Herrn.  Sauppe.  2.  bdehn.: 
Protagoras.     4.  aufl.     Berlin,  Weidmann  1884.     8.     148p.    Irak. 20 pf. 

849.  —  —  Erkl.  von  C.  Schmelzer.  8.  bd. :  Charmides  Lysis. 
Bd.  9:  Laches  ion.     Berlin,  Weidmann  1884.  8.    90  p.  80  p.  lmk.90pf. 

850.  Plauti,  T.  Macci,  comoediae  rec.  instrnmento  critico  et  pro- 
legg.   auxit  Frid.    Ritschelius    soeiis    operae    adsumptis    Gust.   Loewe, 


Nr.   12.  Bibliographie.  619 

Gen.  Goeta,  Frdr.  Sehoell.     Tom.  I,  fasc.   1:  Trinummus.     Ed.  III:  Fr. 
Schoell  recogn.     Leipzig,  Teubner  1884.     8.     LXIV,  199  p.     5mk.  60pf. 

851.  —  — ,  ausgewählte  koruödien  für  den  schulgebr.  erkl.  von 
Jvl.  Brix.  2.  brich.:  Captivi.  4.  aufl.  Leipzig,  Teubner  1884.  8. 
VI,  156  p.     1  mk.  50  pf. 

852.  Plotini  Enneades  praemisso  Porphyrie  de  vita  Plotini  deque 
ordine  librorum  eius  libello  ed.  Ric.  Volkmann.  Leipzig,  Teubner 
1884.     8.     LVI,  526  p.     5  mk.  40  pf. 

853.  Plaß,  Theod.,  Vergil  und  die  epische  kunst.  Leipzig,  Teub- 
ner 1884.     8      367  p.     8  mk. 

854.  Prevß ,  Sigm. ,  vollständiges  lexikon  zu  den  pseudo-Caesa- 
rianischen  Schriftwerken.  Theil  I:  de  hello  Gallico  VIII  und  bell. 
Alexandr.  Th.  II:  bell.  Afr.  u.  Hisp.  Erlangen,  Deichert  1884.  8. 
433  p.     8  mk. 

855.  Raffay,  Rob.,  die  memoiren  der  kaiserin  Agrippina.  Wien, 
Hoelder  1884.     *8.     V,  91  p.     2  mk.  40  pf. 

856.  Reimers.  J.,  zur  entwicklung  des  dorischen  tempels.  Breslau, 
Weidmann  1884.     8.     44  p.     1  mk. 

857.  Reisig,  Carl,  Vorlesungen  über  lateinische  Sprachwissenschaft. 
Mit  den  anmerk.  von  Fnedr.  Hanse.  Neu  bearb.  von  J.  H.  Schmalz 
u.  G.  Landgraf.  4.  liefg.  Theil  III,  p.  1—96  Berlin,  Calvary  1884. 
8.     2  mk.     (Calvarys  pbilolog.  u.  archaeol.  bibliothek.     Bd.  52). 

858.  Reißtier,  E.,  Horaz,  Persius,  Juvenal  die  hauptvertreter  der 
römischen  satire.  Berlin,  Habel  1884.  8.  40  p.  80  pf.  (Virchow 
u.  v.   Holtzendorffs  Sammlung  wiss.  vortrage  no.  445). 

859.  Saalfeld,  Günther  Alexander  E.  A.,  feuer,  wind  und  rauch. 
Eine  culturhistorische  skizze.  Prag,  deutscher  verein  1884.  8.  20  p. 
20  pf.     (Sammlung  gemeinnütz.  vortrage  no.  95). 

860.  — . — ,  tensaurns  italograecus.  Ausfuhr],  historisch  -  kriti- 
sches Wörterbuch  der  griechischen  lehn-  u.  fremdwörter  im  lateini- 
schen.    Wien,  Gerold   1884.     8.     IV,  1184  sp. 

861.  Saloman,  Geskel,  über  die  plinthe  der  Venus  von  Milo.  Eine 
archäolog.  Untersuchung.     Stockholm   1884.     8.     41   p.     1  mk. 

862  Sammlung  Sabouroff,  die.  Kunstdenkmäler  aus  Griechen- 
land hrsg.  von  Ad.  Furtwängler.  7.  liefg.  10  taff.  16  p.  text.  — 
8.  liefg.  10  taff.  10  p.  text.  Berlin ,  Asher  1884.  fol.  In  mappe  a 
25  mk. 

863.  Scheffler,  Alb.,  de  Mercurio  puero.  Diss.  Königsberg,  (Beyer) 
1884.     8.     53  p.     1  mk.  20  pf. 

864.  Schmitz,  J.,  de  (fvoto)q  apud  Aristotelem  notione  eiusque  ad 
animam  ratione.     Diss.     Bonn,  Rhein,  antiquariat.  1884    8.  42  p.   1  mk. 

865.  Schleussinger,  Aug. ,  studie  zu  Caesars  Rheinbrücke.  Mün- 
chen, Lindauer  1884.     8.     40  p.     (Aus   Blätter  f.  bayer.  gymn.). 

866.  Schneider,  Gust.,  die  platonische  metaphysik  auf  grund  der 
im  Philebus  gegebenen  principien  in  ihren  wesentlichen  zügeu  dar- 
gestellt,    Leipzig,  Teubner  1884.     8.     XI,  172  p.     4  mk. 

867.  Schneiden- in,  Max,  die  homerische  naivetät.  Eine  ästhetisch- 
culturgeschichtliche  studie.  2.  aufl.  Hameln,  Brecht  1884.  8.  VII, 
156  p.     2  mk.  75  pf. 

868.  Sehoell,  Adolf,  gesammelte  aufsätze  zur  classischen  litteratur 
alter  und  neuer  zeit.     Berlin,  Hertz  1884.     8.     IX,  394  p.     7  mk. 

869.  Scholia  in  Pindari  Epinicia  ad  librorum  mss.  fidetn  ed.  Eu- 
genias  Abel.  Vol.  II:  Scholia  vetera  in  Pindari  Nemea  et  Isthmia 
continens  fasc    2.  3.     Berlin,    Calvary   1884.     8.     p.  161  —  524.     5  mk. 

870.  Schroeder,  L.  von,  Pythagoras  und  die  Inder.  Eine  Unter- 
suchung über  die  herkunft  und  die  abstammung  der  pythagoraeischen 
lehren.     Leipzig,  O.  Schulze   1884.     8.     93  p.     2  mk. 


620  Bibliographie.  Nr.   12. 

871.  Schweder,  E.,  beitrage  zur  kritik  der  chorographie  des  Au- 
gustus.  3.  theil:  über  die  „Chorographia",  die  römische  quelle  des 
Strabo  und  über  die  provinzialstatistik  in  der  geographie  des  Plinius. 
Kiel,  (univ.-buchh.)  1883.     8.     59  p.     2  mk. 

872.  Scriptores  historiae  Augustae  iterum  rec.  adparatumque 
criticum  addid.  Herrn.  Peter.  2  voll.  Leipzig,  Teubner  1884.  8. 
XLH,  299  p.     401  p.     7  mk.  50  pf. 

873.  Soltau,  Wilb.,  die  gültigkeit  der  plebiscite.  Berlin,  Cal- 
vary  1884.     8.     XII,  175  p.     7  mk. 

874.  Sophokles,  des,  Antigone,  griech.  u.  deutsch  hrsg.  vou  Aug. 
Boeckh.  Nebst  2  abhandlungen  über  diese  tragödie  im  ganzen  und 
über  einzelne  stellen  derselben.  Neue  verm.  ausg.  {Aug.  Boeckhs  ge- 
sammelte kleine  Schriften.  Suppl.).  Leipzig,  Teubner  1884.  8.  VIII, 
270  p.     4  mk.  40  pf. 

875.  Sophocles  erklärt  von  F.  W.  Schneideivin.  3.  bdchn.:  Oi- 
dipus  auf  Kolonos.  8.  aufl.  besorgt  von  A.  Nauck.  Berlin,  Weid- 
mann 1884.     8.     212  p.     1  mk.  50  pf. 

876.  Spiro,  Fr.,  de  Euripidis  Phoenissis.  Inest  tabula.  Berlin, 
Weidmann  1884.     8.     66  p.     2  mk. 

877.  Statius,  P.  Papinius.  Vol.  II:  Achilleis  et  Thebais.  Rec. 
Phil.  Kohlmann.  Fase.  II:  Thebais  cum  indice  nominum.  Leipzig, 
Teubner  1884.     8.     XVIII,  475  p.     4  mk.  80  pf. 

878.  Sternkopf,  Wilh.,  quaestiones  chronologicae  de  rebus  a  Ci- 
cerone inde  a  tradita  Cilicia  provincia  usque  ad  relictam  Italiam  ge- 
stis  deque  epistulis  intra  illud  tempus  datis  aeeeptisve.  Marburg, 
Elwert  1884.     8.     70  p.     1  mk.  20  pf. 

879.  Teichert,  Paul,  de  fontibus  Quintiliani  rhetoricis.  Königs- 
berg, (Beyer)  1884.     8.     58  p.     1  mk.  20  pf. 

880.  Terentii  Afri,  P. ,  comoediae  rec.  Carolus  Dziatzko.  Leip- 
zig, Tauchnitz  1884.     8.     XL,  296  p.     1  mk.  20  pf. 

881.  Tichelnmnn,  Lud.,  de  versibus  ionicis  a  minore  apud  poetas 
graecos  obviis.     Königsberg,  (Beyer)  1884.     8.     64  p.     1  mk.  20  pf. 

8b2.  Troeltsch,  freiherr  E.  v.,  fundstatistik  der  vorrömischen  me- 
tallzeit  im  Rheingebiete.  Mit  zahlr.  abbild.  u.  6  karten.  Stuttgart, 
Enke  1884.     4.     VI,  119  p.     15  mk. 

883.  Uh/e,  Paul,  quaestiones  de  orationum  Demostheni  falso  ad- 
dietarum  scriptoribus.  ParticulaI:  de  orat.  XXXV,  XXXXIII,  XXXXVI 
—  LL1I.  LIII.  L1X  scriptoribus.  Hagen,  Rissel  u.  co.  1884.  8.  120  p. 
2  mk.  40  pf. 

884.  Untersuchungen ,  philologische  hrsg.  von  A.  Kießling  und 
U.  v.  Wilamowitz-Moellendorff.  Heft  7 :  homerische  Untersuchungen  v. 
Vir.  v.  Wiiamowitz-Moellendorff.  Berlin,  Weidmann  1884.  8.  XI, 
426  p.     7  mk. 

885.  Weniger,  Ludw.,  der  gottesdienst  in  Olympia.  Berlin,  Habel 
1884.     8.     35  p.     75  pf.     (Virchow's  u.  Iloltzendorffs  sammig  no  443). 

886.  Wie  studiert  man  classische  philologie  und  geschichte  ?  Von 
einem  erfahrenen  fachgenossen.     Leipzig,  Roßberg  1884.  8.  32p.  60pf. 

887.  Wermcke,  Conr.,  de  Pausaniae  periegetae  studiis  Herodoteis. 
Berlin,  Weidmann  lb84.  8.  116  p.  2  mk.  (Als  dissertation  kürzer 
vgl.  no.  612). 

888.  Wiedemann,  A.,  ägyptische  geschichte.  Theil  II :  vom  tode 
Tutmes  III.  bis  auf  Alexander  den  großen.  Gotha,  Perthes  1884.  8. 
VII,  p.  385-765.     7  mk.     (Handbücher  der  alten  geschichte  I,  2). 

889.  Wiedenhqfer,  Franc.  ,  Antiphontis  esse  oratioriem  quam  edi- 
tiones  exhibent  primam.     Wieu,  (Konegen)  1884.     8.     29  p.     1  mk. 

890.  Wlassak,  Mor.,  kritische  Studien  zur  theorie  der  rechtsquellen 


Nr.   12.  Kleine  philologische  zeitung.  621 

im  Zeitalter  der  klassischen  Juristen.      Graz,  Leuschner  und  Lubensky 
1884.     8.     IX,  201   p.     4  mk. 

891.  Wolf,  Friedr.  Aug.,  prolegomena  ad  Hoinerum  sive  de  ope- 
rum  Honiericoruin  prisca  et  genuina  forma  variisque  mutationibus  et 
pvobabili  ratiooe  emendandi.  Vol  I.  Ed.  III  quam  curav.  Rud.Pepp- 
■müller.  Adiectae  sunt  epistolae  Wolfii  ad  deynium  scriptae.  Halle, 
Waisenhaus  1884.     8.     VIII,  307  p.     2  mk.  40  pf. 

892.  Wolff,  Oswald,  de  Iophonte  poeta  tragico.  Diss.  Misniae 
1884.     8.     28  p.     1   mk.   20  pf. 

893.  Xenophons  Auabasis  erkl.  von  C.  Rehdantz.  2.  bd.  Buch 
IV— VII.  5.  aufl.  besorgt  von  Otto  Rehdantz.  Berlin,  Weidmann  1884. 
8.     239  p.     1  mk.  80  pf. 

894.  Zehetmayer,  Seb.,  die  analog  vergleichende  etymologie  in  bei- 
spielen  erläutert.     Freising,  Datterer   1884.     8.     37  p.     1  mk. 

Kleine  philologische  zeitung. 

Inschriften  aus  England.  Oxford,  4.  aug.,  vor  einigen 
jahren  fand  man  in  Brougb,  dem  alten  Verterae(?;  der  Römer  einer 
militärstation  zwischen  dem  heutigen  York  und  Carlisle,  in  West- 
moreland  (England)  eine  alte  griechische  grabinschrift.  Der  stein, 
auf  welchem  die  inschrift  sich  befindet,  war  zum  bau  des  por- 
tals  der  alten  kirche  daselbst  benutzt  gewesen.  Er  ist  etwa  zwei 
fuß  lang  und  halb  so  breit,  und  enthält  die  inschrift  auf  einer 
seite.  Oben  ist  er  mit  zwei  quadraten  geziert ,  die  durch  quer- 
linien  in  je  acht  dreiecke  zerlegt  sind.  Auf  beiden  Seiten  be- 
findet sich  der  palmzweig,  der  auf  heidnischen  wie  christlichen 
denkmälern  der  römischen  kaiserzeit  vorkommt.  Zwischen  den 
palmzweigen  läuft  die  iuschrift  in  zwölf  zeilen,  die  fünf  hexa- 
meter  bilden  und  von  Sayce ,  Nicholson  und  Bradley  wie  folgt 
gelesen  sind : 

E\Qfi,uq\    K[o[Afiuyr}voq\ 
Kai  6t)(fiT]   iig   Idwv  zv/x ßoi[c~\   GxHp&h>T    vnb  (iolqi]g 
Eojiirjr   KofjfAuyrjiuv   k'nog   (poaGurio    zod'   odtizTjg  ' 
Xulqt   6v,   nut,   iiaq    bdov   xr\vnio   drt]ibv  ßto\v\   eonsg 
(tixv-ua  '   i'nTrjg  (?)  yao  fiegonwi'  ini   KtfifKQiwv  yrjv 
.   .  yuQ   .  .  6   neue  'EofjLqc,   .   . 
Ueber  die  ächtheit  und  das  hohe  alter  der  inschrift,  die  sich  of- 
fenbar auf  einen  griechischen  knaben,  namens  Hermes  aus  Kom- 
magene, bezieht,  der  in   Britannien  zur  zeit  der  römischen  herr- 
schaft  reiste,    unterwegs  starb  und   durch  dieses  griechische  epi- 
taph  geehrt  wurde,  ist  bisher  kein  zweifei  erhoben  worden.     Von 
Hicks,  dem   herausgeber  eines  haudbuches  historischer  griechischer 
inschriften,  wurde  angenommen,  der  grabstein  könne  als  ein  rein 
griechisches    denkmal    durch    einen  reisenden    von  Griechenland 
nach  England  gekommen  sein      Diese  annähme  ist  indessen  von 
dem  namhaften    inschriftenkenner  Isaac  Taylor  aus  dem  hinweis 
auf  die  art  der  entdeckung  (zugleich  mit  einer  altrömischen  stein- 
inschrift)  ,  sowie  auf  das  material ,    das  von  einem  benachbarten 
sandsteinbruch  herrührt,  genügend  widerlegt  worden.     Als  curio- 

Philol.  Anz.  XIV-  43 


622  Kleine  philologische  zeitung.  Nr.  12. 

sum  sei  noch  erwähnt ,  daß  Stephens  in  Kopenhagen  die  obige 
inschrift  in  dem  schlußbande  seines  Werkes  über  die  skandina- 
vischen runendenkmäler  auf  den  tod  einer  christlichen  martyrin 
aus  dem  norden  von  England ,  namens  „Cimokom"  zu  deuten 
versucht.   —   Allg.  ztg.  beil.   zu  no.   224. 

Durch  einen  brand  auf  dem  markt  in  Athen  wird  wahr- 
scheinlich die  archäologische  gesellschaft  daselbst  ein  terrain  für 
ausgrabungen  erhalten  ,  welche  einen  großen  erfolg  versprechen. 
Allg.  ztg.  nr.   244. 

Die  letzte  folge  von  Weber's  rückblick  auf  Heidelberg  (s. 
ob.  no.  7,  p.  414)  beginnt  in  Allg.  ztg.  beil.  zu  nr.  244:  dann 
beil.  zu  nr.  243.  251.  253.  254. 

Der  KAnzeig.  nr.  215  verzeichnet  den  inhalt  der  berichte 
der  akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin  nr.  XVIII — XXXIX 
d.  j.  1884,  aus  denen  wir  zu  nennen  haben:  Kirchhoff,  über  die 
von  Thukydides  benutzten  Urkunden,  von  Schröder,  neue  palmy- 
renische  Urkunde,  st.  XXI;  Curtius  Eleusinion  und  Pelasgikon, 
s.  23;  Conze,  grabstatue  von  Tarent,  st.  XXVII;  Büching,  über 
die  lagerungsverhältnisse  der  älteren  schichten  von  Attika ,  st. 
XXXIX. 

Ueber  neuerdings  gemachte  aufdeckungen  altrömischer  bäder 
in  der  vorstadt  St  Barbara  in  Trier  berichtet  das  Correspon- 
denzblatt  des  gesammtvereins  der  deutschen  geschichts-  und  al- 
terthumsvereine  1884,  bd.  2:  dieser  fund  gehört  zu  den  bedeu- 
tendsten, welche  auf  deutschem  boden  gemacht  worden  sind.  Die 
neu  aufgedeckten  prachtgebäude  sind  südöstlich  von  der  Stadt 
gelegen :  wahrscheinlich  sind  die  bäder  im  vierten  Jahrhundert 
erbaut  und  ihre  mauern  haben  bis  ins  16.  Jahrhundert  noch  bis 
zur  höhe  des  zweiten  Stockwerks  gestanden.  Dann  wurde  auch 
dieses  verschüttet  und  blieb  es  bis  zum  jähre  1877.  Es  waren 
freilich  zuweilen  versuche  zur  aufdeckung  der  ruinen  gemacht 
worden,  z.  b.  1845,  wo  an  dieser  statte  der  große  torso  einer 
kostbaren  amazonenstatue  gefunden  wurde,  aber  immer  ohne 
rechten  erfolg.  Erst  1877,  wo  die  stände  der  Rheinprovinz  die 
mittel  zur  aufdeckung  bewilligten  und  neuerdings  seit  1 882,  als 
der  kaiser  10,000  mark  zu  dem  gleichen  zweck  geschenkt,  wur- 
den die  arbeiten  unausgesetzt  und  nach  einheitlichem  plan  unter 
der  umsichtigen  leitung  des  dr.  Hettner  gefördert.  Das  gebäude, 
dessen  Stirnseite  eine  länge  von  172  m  hat,  ist  jetzt  in  den  sub- 
structionen  fast  in  allen  seinen  theilen  bloßgelegt  und  zeigt  neben 
einer  reihe  hintereinandergelegener  mittelräume  rechts  und  links 
eine  vollständig  symmetrische  anordnung  von  großen  und  kleinen 
sälen,  zimmern,  zellen,  treppen  und  unterirdischen  gangen,  deren 
bedeutung  als  warm-  und  kaltwasserbäder  (caldarien  und  frigi- 
darien),  wandel-  und  gesellschaftssäle ,  gelasse  und  gänge  für 
die  dienerschaft ,  Wasserabflüsse ,  heizvorrichtungen  u.  s.  w.  sich 
noch  deutlich  erkennen  läßt.     Der  fußbodenbelag  ist  noch  mehr 


Nr.   12.  Auszüge  aus  Zeitschriften.  623 

und  weniger  gut  erhalten  Die  kapitale,  säulenschäfte  und  basen, 
welche  gefunden  worden  sind,  geben  von  der  einstigen  pracht 
der  anläge  zeugniß.  Auch  an  statuarischem  schmuck  hat  es 
nicht  gefehlt.  Der  werthvollste  fund  war  der  schon  oben  er- 
wähnte torso  einer  amazone.  Ein  schon  früher  gefundener  männ- 
licher, verstümmelter  rümpf  aus  parischem  marmor  bildete  viel- 
leicht das  gegenstück  dazu.  Ferner  wurde  eine  menge  anderer 
statuarischer  bruchstücke  aus  marmor  und  muschelkalk,  viele 
geräthschaften  ,  wie  kämme,  haarnadeln,  Stecknadeln,  pfriemen, 
messergriffe.  würfel,  lämpchen,  fibeln,  finger-  und  armringe,  sal- 
bentöpfchen,  kännchen  und  fiäschchen  ,  auch  austernschalen  und 
andere  muscheln  aufgedeckt.  Beachtenswerth  ist  auch  der  Stempel 
eines  arztes,  welchen  derselbe  auf  die  von  ihm  bereitete  augen- 
salbe  zu  prägen  pflegte.  —  Ebendaselbst  bespricht  Jacob  Keller  zwei 
in  Mainz  gefundene  metallinschriften,  von  denen  die  eine  eine  votiv- 
tafel  für  die  göttin  Nemetona  ist,  die  er  genauer  erläutert ;  von  der 
andern  soll  später  gehandelt  werden.  —  Nach  RAnzeig.  nr.  248. 


Auszöge  aus  Zeitschriften. 

Deutsche  litter atur zeitung  herausgegeben  von  Max  Roediger,  1884, 
no.  16:  Herrn.  Ziemer,  vergleichende  syntax  der  indogerm.  conipara- 
tion.  Berlin,  Dümmler  1884.  8.  XII,  282  p.  5  mk.  G.  Mahlow.  — 
Berliner  Studien   für  klass.  philologie  hrsg.  v.  F.  Ascherson.     1.  hlbd. : 

1.  W.    Gemalt,    Untersuchungen  über   die  quellen  etc.  der  Geoponica; 

2.  E.  Kuhnert,  de  cura  statuarum  apud  Graecos.  Berlin  1883,  Calvary. 
VIII,  356  p.  8.  7  mk.  50  pf.  E  Maaß.  -  J.  Cortese,  de  M.  Poreii 
Catonis  vita  operibus  et  lingua.  Ed.  IL  Savone  1884.  8.  173  p. 
4  mk.  50  lire.  S.  Jordan.  —  Monumenta  tachygraphica  cod.  Par. 
lat.  2718  ed.  Guil.  Schmitz.  Fase.  II.  Hannover,  Hahn  1883.  8.  VII, 
31  p.  4.  10  mk.  Trattenbach  —  F.  Gregor ovius ,  der  kaiser  Ha- 
drian.  Stuttgart,  Cotta  1884.  8.  X,505p.  El,  Elebs.  —  L.  M. 
Mitchell,  a  history  of  ancient  sculpture.  London  Paul,  Trench  &  co. 
1883.  8.  XXXI,  766  p.  12.50  doli.  u.  Selections  from  ancient  scul- 
pture. A  Supplement  to  a  Historv  of  ancient  sculpture.  20  plates 
phototyp.  by  A.  Fritsch.  New  York,  Dodd  Mead  &  co.  1883. 
fol.  4  doli.  A.  Furtwlinqler.  —  Aristophanis  Ecclesiazusae  rec.  A. 
v.  Veiten.  Leipzig,  Teubner  1883.  8.  VIII,  96  p.  U.  v.  Wila- 
mowilz-MöUendorff.  —  T.  Macci  Plauti  Stichus  rec.  Fr.  Ritsche- 
lius.  Ed.  U  a  G.  Goetz  recogn.  Lpz.,  Teubner  1883.  8.  XVI,  111  p. 
3  mk.  60  pf.  A.  Spengel.  —  C.  Bursian,  geschickte  der  klassischen 
philologie  in  Deutschland.  München,  Oldenburg  1883.  8.  VIII, 
1271  p.  14  mk.  50  pf.  M.  Hertz.  —  Ph.  Weber,  entwicklung  der 
absichtssätze.  1.  abth.:  von  Homer  bis  zur  attischen  prosa.  Würz- 
burg, Stuber  1884.     8.     VII,  138  p.     3  mk.      W.  Dittenberger. 

No.  19.  W.  v.  Humboldt,  sprachphilosophische  werke  hrsg.  von 
H.  Steinthal.  1.  u.  2.  hälfte.  Berlin,  Dümmler  1883.  1884.  699  p. 
18  mk.  A.  Bezzenberger.  —  K.  P.  'Payxaßijs,  6  y.u&'  "Ofi^gov  olxtaxog 
ßio(.  Leipzig,  Drugulin  1683.  8.  XVI,  224  p.  5  mk.  J.Renner. — 
O.  Crusius,  Analecta  critica  ad  paroemiographos  Graecos.  Lpz.,  Teub- 
ner 1883.  8.  174  p.  E.  Maaß.  —  E.  Appel,  de  genere  neutro  in- 
tereunte  in  lingua  latina.     Erlangen,  Deichert  1883.     8.      121  p.     2  mk. 

43* 


624  Auszüge  aus  Zeitschriften.  Nr.   12. 

40  pf.  H.  Keil.  —  L.  Cantarelli,  l'imperatore  Maioriano.  Saggio  critico. 
Rom  1883.     8.     41  p.     J.  Schmidt. 

No.  20.  E.  Buchholtz,  die  homerischen  realien.  Bd.  II.  Oeffent- 
liches  und  privates  leben.  2.  abth.:  das  privatleben.  Lpz. ,  Engel- 
mann 1883.  8.  XII,  332  p.  5  mk.  J.  Renner.  —  A.frhr.v.  Wars- 
berg, homerische  landschaften-  Wien,  Graeser  1884.  8.  XII,  271  p. 
8.  8  mk.  O.  Benndorf.  —  B.  Kekule,  de  tribus  Pseudacronianorum 
scholiorum  fontibus.     "Wien,  Konegen  1883.     8.     49  p.     1  mk.    F.Leo. 

—  G.  Treu,  sollen  wir  unsere  statuen  bemalen?  Berlin,  Oppenheim 
1884.     8.     40  p.     1  mk.     R.  Kekule. 

No.  21.  Catulls  buch  der  lieder.  Deutsch  v.  R.  Westphal.  Lpz., 
Leuckart  1884.  8.  VIII.  167  p.  2  mk.  40  pf.  K.  Schenkt.  -  Iuve- 
nalis  et  Persii  fragmenta  Bobiensia  edita  a  G.  Goetz.  Jena  1884. 
Iod.  lect.  10  p.  F.  Leo.  —  G.  F.  Hertzberg,  griechische  geschichte. 
Halle  a.  S.,  Waisenhaus  1884.     8.     VIII,  695  p.     4  mk.  80  pf.     Holm. 

—  G.  A.  Oberziner,  i  Reti  in  relazione  cogli  antichi  abitatori  d'Italia. 
Rom,  Artero  1883.     8.     XI,  262  p.     10  mk.     Heibig. 

No.  22.  Flavius  Iosephus,  jüdische  alterthümer  übers,  v.  F.  Kaulen. 
2.  aufl.  Köln,  Bachern  1883.  8.  X,  696  p.  9  mk.  C.  Siegfried.  — 
Sylloge  inscriptionum  graecarum  ed.   Gull.   Dittenberger.     Lpz.,  Birzel 

1883.  VIII,  805  p.  8.  16  mk.  G.  Hinrichs.  —  Ä.  Biese,  die  ent- 
wicklung  des  naturgefühls  bei  den  Römern.     Kiel,  Lipsius  u.  Tischer 

1884.  8.  VI,  210  p.  4  mk.  J.  Renner.  —  O.  Gilbert,  geschichte 
u.  topographie  der  stadt  Rom  im  alterthum.  l.abth.  Leipzig,  Teub- 
ner  1883.     8.     368  p.     6  mk.     R.  Foerxter. 

No.  23.  JB.  Zeller,  grundriß  der  geschichte  der  griech.  philoso- 
phie.  Lpz.,  Fues  1883.  8.  X,  317  p.  4  mk.  40  pf.  E.  Heiiz.  — 
Chronicon  Parium  rec,  et  praefatus  est  J.  Flach.  Tübingen ,  Fues 
1884.  8.  XVII,  44  p.  2  mk.  40  pf.  A.  Schoene.  —  G.  Heep,  quae- 
stiones  Callimacheae  metricae.  Bonn.  Diss.  1884.  8.  44  p.  U.  v. 
Wilamoivitz-Müllend orff.  —  E.  Hoffmann,  studien  auf  dem  gebiete  der 
lateinischen  syntax.     Wien,  Konegen  1884.     8.     IV,  134  p.     3mk.60pf. 

No.  24.  M.  Hecht,  zur  homerischen  Semasiologie.  Königsberg 
1884.  8.  29  p.  G.  Hinrichs.  —  Rh.  Braun,  der  gebrauch  von  ovrog 
in  der  Ilias.     Marburg,  Elwert  1883.     8.     36  p.     75  pf.     M.  Schanz. 

No.  25.  E.  Pottier,  quam  ob  causam  Graeci  in  sepulcris  figlina 
sigilla  deposuerint.  Paris,  Thorin  1883.  8.  124  p.  C.  Robert.  — 
Ludw  Buchhold,  de  paromoeoseos  (adlitterationis)  apud  veteres  Ro- 
manorum poetas  usu.  Leipzig,  Lorentz  1883.  8.  110  p.  lmk.50pf. 
P.  Langen.  —  R.  Adamy,  architektonik  auf  histor.  u.  ästhet.  grund- 
lage.  Bd.  I,  abth.  4,  II,  1.  Hann.,  Helwing  1883.  1884.  8.  —  Bers., 
einführung  in  die  antike  kunstgeschichte.  Hannov.,  Helwing  1884.  8. 
194  p.     3  mk.     Fr.   Schneider. 

No.  26.  G.  Löschcke,  de  Pausaniae  descriptione  urbis  Athenarum 
quaestiones.  Dorpat  1883.  8.  26  p.  4.  Lolling.  —  A.  Marx,  hülfs- 
büchlein  für  die  ausspräche  der  lateinischen  vocale  in  positionslangen 
silben.  Mit  vorw.  von  Franz  Bücheier.  Berlin  ,  Weidmann  1883.  8. 
XII,  80  p.  2  mk.  40  pf.  H.  Keil.  —  H.  Malzut,  römische  Chrono- 
logie. Bd  IL  Berlin,  Weidmann  1884.  8.  VII,  424  p.  8  mk.  G. 
F.    Unger. 

No.  27.  Aeschyli  Agamemno.  Emend.  D.  S.  Margoliouth.  Lon- 
don, Macmillan  1884.  8.  72  p.  G.  Kaibel.  —  K.  Sittl,  geschichte 
der  griech.  litteratur  bis  auf  Alexander  d.  gr.  I.  theil.  München, 
Ackermann  1884.  8.  VI,  359  p.  4  mk.  80  pf.  —  Ph.  R.  de  la  Blun- 
chere,  de  rege  Iuba  regis  Iubae  filio.  Paris,  Thorin  1883.  8.  154  p. 
O.  Hirschfeld.  —  H.  Nissen,  italische  landeskunde.  1.  bd.  Berlin, 
Weidmann  1883.     8.     VIU,  566  p.     8  mk.     F.  v.  Duhn.  -    F.  Stud- 


Nr     12.  Auszüge  aus  Zeitschriften.  625 

niczka,  vermuthungen  zur  griechischen  kunstgeschichte.  Wien,  Kone- 
gen  1884.     8.     48.     3  mk.     C.  Robert. 

No.  29.  Sophocles  the  plays  and  fragments  with  critical  notes 
by  R.  C.  Jebb.  Part  I:  Oedipus  Tyrannus.  Cambridge  1883.  8. 
XLVIII,  327  p.  G.  Kaxbel.  —  A.  Nitzschner,  de  locis  Sallustianis  qui 
apud  scriptores  grammaticos  veteres  leguntur.  Hannover  1884.  8. 
103  p.  A.  Scheindler.  —  Leop.  Hervteux,  les  t'abulistes  latins.  Phedre 
et  ses  anciens  imitateurs.  T.  1.  II.  Paris,  Didot  1884.  8.  VI11,  729, 
851  p.  30  trcs.  E.  Voigt.  —  M.  Albert,  de  villes  Tiburtinis  prin- 
cipe Augusto.  Paris,  Thorin  1&83.  8,  92  p.  H.  Nissen.  —  G.  Per- 
rot et  Charles  Chtpiez,  histoire  de  l'art  dans  l'antiquite.  T.  II:  Chal- 
de'e  et  Assyrie.     Paris,  Hachette  1884.     8.     802  p.     30  frc.     Sehrader. 

No.  30  Scholia  in  Pindari  Epinicia  ed.  Eug.  Abel.  Fase.  I. 
Vol.  II.  Berlin,  Calvary  1883.  8.  160  p.  5  mk.  U.  v.  Wüamowitz- 
Möllendorff.  —  R  Schubert,  geschiebte  der  könige  von  Lydien.  Breslau, 
Koebner  1884.     8.     132  p.     3  mk.     A.  Bauer. 

No.  31.  R.  Hirzel,  Untersuchungen  zu  Cicero's  philosoph.  Schriften. 
Theil  111:  Academica  priora.  Tuscul.  disput.  Leipzig,  Hirzel  1883. 
8.  576  p.  12  mk.  E.  Wellmann.  —  J.  L.  Heiberg,  philolog.  Studien 
zu  griech.  mathematikern.  Lpz  ,  Teubner  18"4.  8.  1  mk.  —  Arcbi- 
medis  opera  omnia  cum  commentariis  Eutocii  ed.  J.  L  Heiberg.  Vol. 
III.  Leipz.,  TeubDer  1881.  LXXXIX,  525  p.  A.  Eberhard.  -  A. 
Darbert,  Seneque  et  la  mort  d'Agrippine.  Leyden,  Brill  1884.  8.  II, 
236  p.  J.  Pitw.  —  L.  Heuzey ,  les  figurines  antiques  de  terre  cuite 
du  Muse'e  de  Louvre.  Paris,  Morel  1883.  8.  31  p.  60  taff.  R. 
Kekule. 

No.  32.  Susemihl,  Franc,  de  carminis  Lucretiani  prooemio  et  de 
vitis  Tisiae  Lysiae  Isocratis  Piatonis  Antisthenis  Alcidamantis  Gorgiae 
quaestiones  epicriticae.  (Index  scholl.).  Berlin,  Calvary  u.  s.  1884. 
8.  XXII,  p.  1  mk.  60  pf.  E.  Manß.  —  Cornelii  Taciti  historia- 
rum  üb.  1,  ad  fidem  cod.  Med.  rec.  C.  Meiser.  Berlin,  Calvary  1884. 
8.  88  p.  /(/.  Trümmer.  —  31.  R.  de  In  Blanehere,  Terracine.  Paris, 
Thorin  1884!  8.  218  p.  10  frc.  H.  Nissen.  -  Olympia.  Nach  den 
resultaten  der  deutschen  ausgrabungen  dargest.  von  R.  Bohn.  Plan 
mit  text.  Berlin  u.  Cassel,  Th.  Fischer  1884.  8.  16  mk.  A.  Furt- 
toäng/er. 

No.  33.  D  Peipers,  Ontologia  Platonica.  Lpz.,  Teubner  1884.  8. 
XIV,  606  p.  14  mk.  Heitz.  —  Ioannis  Siobaei,  Antbologii  libri  duo 
priores  ed.  C.  Wachsmvth.  Vol.  I.  II.  Berlin,  Weidmann  1884.  8. 
XL'.  502,  332  p.     18  mk.     E.  Hiller. 

No.  34.  Historicorum  Romanorum  fragmenta  colleg.  disp.  rec. 
Herrn.  Peier.  Leipzig,  Teubner  1883.  8.  XXVIII,  428  p.  4  mk.  80  pf. 
O.  Seeck.  —  Anonymi  de  situ  orbis  libri  duo.  E  cd.  Leid,  nunc  pri- 
mum  ed.  Maximil.  Maniüus  Stuttgart,  Cotta  1884.  8.  XIV,  96  p. 
5  mk.     Rieh.  Foerster. 

No.  35.  J.  L.  Heiberg,  literargeschichtliche  Studien  über  Euklid. 
Leipzig,  Teubner  1882.  8.  IV,  224  p.  5  mk.  60  pf.  —  EucUdis  Ele- 
mente ed.  et  latine  interpretatus  est  J.  L.  Hriberg.  Vol.  I.  Lpz., 
Teubner  1883.  8.  X,  333  p.  A.  Eberhard.  —  W.  Meyer,  die  beob- 
achtung  des  wortaccents  in  deraltlat.  poesie.  München,  Franz  comm. 
1884.     4.     120  p.     F.  Leo. 

No.  36.  Hoyer,  Rud.,  de  Antiocho  Ascalonita.  Bonn  1883.  56  p. 
1  mk.  20  pf.  Ed.  Wellmann.  —  Mutzbauer,  Carl,  der  homerische  ge- 
brauch der  partikel  /utp.  I.  Köln  18^4.  4.  23  p.  G.  Hinrichs.  — 
H.  Mergnet,  lexikon  zu  d.  reden  des  Cicero.  Bd.  III.  IV.  Jena,  Fi- 
scher 1882.  1884.  4.  852,  1065  p  106  mk.  G.  Andresen.  —  R. 
Menge  et  <S.  Preuß,  Specimen  lexici  Caesariani.     Mit  Vorbemerkungen 


626  Auszüge  aus  Zeitschriften.  Nr.   12. 

von  R.  Menge.  Eisenach  1884.  4.  VIII,  16  p.  Ig.  Prammer.  — 
Jahrbuch  der  kunsthistor.  Sammlungen  des  (österr.)  kaiserhauses.  Bd. 
II.  Nebst  atlas.  Wien,  Holzhausen  1884.  238  p.  u.  CLXXXVIII  p. 
4.     120  p.      W.  v.  S. 

No.  37.  G.  A.  E.  A.  Saalfehl,  die  lautgesetze  der  griech.  lehn- 
wörter  im  lateinischen.  Leipz.,  Winter  1884.  8.  XI,  131  p.  2  mk. 
G.  Mahlow.  —  K.  O.  Müller,  gesch.  der  griech.  litteratur  hrsg.  v.  E. 
Müller.  Bd.  I.  II,  1.  4.  aufl.  bearb.  v.  Em.  Heitz.  Bd.  II,  2  fortges. 
v.  E.  Heitz.  Stuttgart,  Heitz  1882.  1884.  8.  XVI,  636,  212,  VI, 
462  p.  18  mk.  E.  Maaß.  —  Th.  Bergk ,  griechische  litteraturge- 
schichte.  Bd.  III  hrsg.  v.  G.  Hinrichs.  Berlin,  Weidmann  1884.  XII, 
620  p.  7  mk.  F.  Blaß.  —  Loewner,  H. ,  der  literar.  Charakter  des 
Agricola  von  Tacitus.  Eger  1884.  8.  14  p.  Ig.  Prammer.  —  Roh. 
Raffay ,  die  memoiren  der  kaiserin  Agrippina.  Wien,  Holder  1884. 
8.  91  p.  2  mk.  40  pf.  J.  Plew.  —  Joh.  Overbeck,  Pompei.  4.  im 
verein  mit  Aug.  Mau  durcbgearb.  u.  verm.  aufl.  Leipzig,  Engelmann 
1884.     8.    XVI,  676  p.     20  mk.     R.  Kekule. 

No  38.  L.  v.  Schroeder ,  Pythagoras  und  die  Inder.  Leipzig, 
Schulze  1884.  8.  93  p.  2  mk.  R.  Garbe.  —  S.  Natorp,  forschun- 
gen  zur  geschichte  des  erkenntnißproblems  im  alterthum.  Berlin, 
Hertz  1884.  8.  VIII,  315  p.  7  mk.  E.  Weümann.  —  E.  Maaß, 
Analecta  Eratosthenica.  Berlin,  Weidmann  1883.  8.  153  p.  3  mk. 
J.  Schmidt.  —  L.  Dietrichson,  Antinoos.  Christiania.  Aschehoug  1884. 
8.     XIII.  357  p.     7  mk.     Ad    Michaelis. 

No.  39.  R.  Dahms,  philologische  Studien  zur  Wortbedeutung  bei 
Homer.  Berlin ,  Gaertner  1884  4.  28  p.  1  mk.  G.  Hinrichs.  — 
Ausführliches  lexikon  der  griechischen  u.  römischen  mythologie  hrsg. 
v.  W.  H.  Röscher.  Liefg.  1—3.  Lpz.,  Teubner  1884.  8.  544  p.  6  mk. 
E.  Maaß. 

No.  40.  At>dct)(rj  tov  daiifixa  unoGjöldtv  Ixd.  vno  <t>  i,  ho  &eo  v 
B  qvsvp  iov.  Konstantinopel,  Butyra  1883.  8  q/*9-'  u.  75  p.  8.  Lip- 
sius.  —  Lehre  der  zwölf  apostel  nebst  Untersuchungen  von  Ad.  Har- 
nack.  Leipzig,  Hinrichs  1884.  8.  294  p.  10  mk.  H.  Eoltzmann.  — 
E.  Hardy,  der  begriff  der  physis  in  der  griechischen  philosophie.  I.th. 
Berlin,  Weidmann  1884.  8.  229  p.  6  mk.  E.  Zeller.  —  Denkmäler 
des  klass.  alterthums  hrsg.  v.  A.  Baumeister.  München ,  Oldenbourg 
1884.  8.  VIII,  96  p.  2  mk.  R.  Foerster.  -  O.  Lücke,  Göthe  und 
Homer.  Nordhausen  1884.  4.  51  p.  W.  Scherer.  —  A.  Furtwängler, 
der  goldfund  von  Vettersfelde.  Berlin,  G.  Reimer  1883.  4.  52  p. 
3  mk.     G.  Loeschke. 

No.  41.  JH.  Siebech,  geschichte  der  psychologie.  Theil  I,  abth.  2: 
die  psychologie  von  Aristoteles  bis  zu  Thomas  von  Aquino.  Gotha, 
Perthes  1884.  XI,  531  p.  8.  11  mk.  Fr.  Susemihl.  —  B.  Delbrück, 
einleitg.  in  das  Sprachstudium.  2  aufl.  Lpz. ,  Breitkopf  u.  Härtel 
1884.  8.  X,  146  p.  3  mk.  Joh.  Schmidt.  —  Charles  Graux,  notices 
bibliographiques  publ.  par  Ch.  Emile  Ruelle.  Paris,  Vieweg  1884.  8. 
XII,  360  p.  8  mk.  E.  Maaß.  —  Karl  Reuter,  die  Römer  im  Mattia- 
kerland.  Mit  2  taff.  Wiesbaden,  Niedner  1884.  8.  50p.  2mk.40pf. 
Bormann. 

No.  42.  Aristotelis  de  anima  libri  III  rec.  Guil.  Biehl.  Leipzig, 
Teubner  1884.  8.  VI,  136  p.  1  mk.  20  pf.  Fr.  Susemihl.  —  George 
Lafaye,  Histoire  du  culte  des  divinites  d'Alexandrie  Serapis  Isis  etc. 
hors  de  l'Egypte.     Paris,  Thorin  1884.     8.    342  p.    9  frcs.    O.  Puchstein. 

No.  43.  Dionysii  Thracis  ars  grammatica  ed.  Gustavus  Uhlig. 
Leipzig,  Teubner  1884.  8.  C,  224  p.  8  mk.  E.  Maaß.  —  Hugo 
Blümner ,   technologie   und    terminologie  der  gewerbe  und  künste  bei 


Nr.   12.  Auszüge  aus  Zeitschriften.  627 

Griechen  und  Römern.  Bd.  III.  Leipzig,  Teubner  1884.  8.  VIII, 
343  p.     10  mk.  80  pf.     G.  Hirschfeld. 

No.  44.  H.  Mensel,  Lexicon  Caesarianum,  fasc.  I.  Berlin,  Weber 
1884.  8.  191  p.  2  mk.  40  pf.  lg.  Prammer.  —  Sigm.  Preuß,  vollst. 
lexikon  zu  den  pseudocäsar.  Schriftwerken.  Theil  1:  Bell.  Gall.  VIII 
u.  Bell.  Alex.  Theil  II:  Bell.  Ah-,  u.  Hisp.  Erlangen,  Deichert  1884. 
8.  433  p.  8  mk.  Ig.  IJrammer.  —  C.  Fuchs,  geschichte  des  kaisers 
L.  Septimius  Severus.     Wien,   Konegen  1884.     8.     IX,  124  p.     3  mk. 

0.  Seeck. 

Literarisches  Centrulblatt  hrsg.  v.  F.  Zunicke  1884,  no.  17:  Voigt, 
M.,  die  XII  tafeln  geschichte  und  System.  Bd.  I.  IL  Leipz.,  Liebes- 
kind 1883.  8.  XII,  859,  X,  845  p.  30  mk.  L(e?iel).  —  Sammlung 
der  griech.  dialekt-insehriften  hsg.  v.  FL.  Colhtz.  Heft  1.  2.  Göttin- 
gen, Peppmüller  1883.     8.     142  p.     ä  2  mk. 

No.   18.  Schiller,  Herrn.,  geschichten  der  römischen  kaiserzeit.  Bd. 

1,  1.  Gotha,  Perthes  1883.  «.  VIII,  496  p.  8  mk.  A.  —  Müller, 
Emil,  beitrage  zur  erklärung  des  königs  Oedipus  des  Sophokles.  I.  IL 
Lpz.,  Teubner  1884.  4.  71  p.  H.  St.  —  Sallusti  de  bello  Iugur- 
thino  erkl.  v.  J.  H.  Schmäh.  Gotha,  Perthes  1883.  8.  IV,  137  p. 
1  mk.  20  pf.     A.   F(ußner). 

Nr.  19.  Jung,  J.,  leben  u .  sitten  d.  Römer  in  d.  kaiserzeit.  2.  abth. 
Lpz.,  Freytag  1883.  8.  IV,  200  p.  1  mk.  —  Herodiuni  ab  excessu 
divi  Marci  hbri  octo.  Ed.  L.  Mendelssohn.  Lpz.,  Teubner  1883.  8. 
XIX,  235  p.  6  mk.  80  pf.  B(laß).  —  Res  gestae  divi  Augusti  ed.  Th. 
Mammaen.  Accedunt  tabb.  XL  Berlin,  Weidmann  1883.  XCVH, 
223  p.  12  mk.  —  Nissen,  Heinr.,  italische  landeskunde.  bd.  I.  Berl., 
Weidmann  1883.     8.     VIII,  560  p.     8  mk.     Kirchhof.) 

No.  20.  Pfordten  ,  Herrn,  v.  d. ,  zur  geschichte  des  griechischen 
perfectums.  München,  Kaiser  1882.  8.  III,  64  p.  1  mk.  60  pf.  S.e.  — 
Cicero's  rede  f.  L.  Flaccus  Erkl.  von  A.  du  Mesnil.  Lpz.,  Teubner 
1883.     8.     VI,  255  p.     3  mk.  66  pf.     A.  E{ußner). 

No.  21.  Maaß,  E.,  Analecta  Eratosthenica.  Berlin,  Weidmann 
1883.  8.  153  p.  3  mk.  B(erge)r.  —  Overbech,  Job..,  Pompeji.  4., 
im  verein  mit  A.  Mau  durcbgearb.  aufl.  Lpz.,  Engelmann  1884.  8. 
XVI,  4,  676  p.     20  mk.      T.  Schreiber.) 

No.  22.  Jebb,  R.  C,  die  reden  des  Thukydides.  Uebers.  von  J. 
Imelmann.     Berl.,  Weber  1883.     8.     1H,  65  p.     1  mk.  60  pf.     B(laß). 

No.  23.  Weidner,  A. ,  kritische  beitrage  zur  erklärung  der  grie- 
chischen tragiker.     Darmstadt,    Winter   1883.     8.     67  p.     J.  Kvicala. 

—  A.  Gellü,  noctium  Atticarum  libri  XX  ex  rec.  et  cum  app.  critico 
Martini  Hertz.  Vol.  I.  Berlin,  Hertz  1883.  8.  VIII,  447  p.  10  mk. 
A.  F(ußner).  —  Kekule ,  R.,  zur  deutung  und  Zeitbestimmung  des 
Laokoon.  Mit  2  taff.  Stuttgart,  Spemann  1883.  8.  47  p.  4  mk. 
Sch{reibe)r. 

No.  24.  Heiberg,  J.  L. ,  philolog.  studien  zu  griech.  mathemati- 
kern.  IV.  Ueber  den  dialekt  des  Archimedes.  V.  Interpolationen  in 
den  schritten  des  Archimedes.     Lpz.,  Teubner  1884.     8.     35  p.     1  mk. 

—  PlutarcK's  Themistokles  für  quellenkritische  Übungen  commentiert 
v.  A.  Bauer.     Lpz.,  Teubner  1884.     8.     IV,   104  p.     2  mk. 

No.  25.  Saalfeld,  G.  A.  E.  A.,  haus  und  hol'  in  Rom  im  spiegel 
griech.  cultur.  Paderborn,  Schöningh  1884.  8.  V,  274  p.  4  mk.  — 
Schurz,  Guil.,  de  mutationibus  in  imperio  romano  ordinando  ab  Ha- 
driano  factis.  Bonn,  Strauß  1883.  8.  VI,  68  p.  2  mk.  —  Archi- 
medis  neoi  oxov/uivvjv  lib.  I,  graeca  restit.  J.  L.  Heiberg.  (Aus  Me- 
langes  Graux).     Paris,  Thorin  1884.     8. 

No.  26  Hertzberg,  Gust.  Frdr. ,  griechische  geschichte.  Halle, 
Waisenhaus  1884.     8.     VIII,  635  p.     4  mk.  80  pf.  —  Ziemer,  H.,  ver- 


628  Auszüge  aus  Zeitschriften.  Nr.   12. 

gleichende  syntax  der  indogermanischen  comparation.  Berlin,  Dümm- 
ler  1884.  8.  XII,  282  p.  5  mk.  B(ru)gm(an).  —  StadtmüUer,  Hugo, 
Eclogae  poetarum  Graecorum.  Lpz.,  Teubner  1883.  8.  XXIV,  434  p. 
2  mk.  70  pf. 

No.  27.  Saalfeld,  G.  A.  E.  A.,  die  lautgesetze  der  griech.  lehn- 
wörter.     Lpz.,  Winter  1884.     8.     XI,  131  p.     2  mk. 

No.  28.  Bergk,  Th.,  griech.  litteraturgeschichte.  2.  bd.  hrsg.  v. 
G.  Hinrichs.     Berl.,  Weidmann  1883.     8.  XI,  544  p.  6  mk.  E.  R{ohde). 

No.  29.  Trenddenburg,  Ad.,  die  Laokoongruppe  und  der  Gigan- 
tenfries des  pergamenischen  altars.  Vortrag.  Berlin  ,  Gaertner  1884. 
8.    .1  mk.  20  pf.     K.  L(ange.) 

No.  30.  Jeep,  L.,  quellenuntersuchungen  zu  den  griech.  kirchen- 
historikern.  Lpz.,  Teubner  1884.  8.  178  p.  —  Flach,  Hans,  ge- 
schichte  der  griech.  lyrik.  IL     Tübingen,  Fues  1884.     8.     XIII,  p.  359 

—  698.  6  mk.  20  pf.  —  Meyer,  L. ,  vergleichende  grammatik  der 
griechischen  und  lateinischen  spräche.  I.  bd.,  2.  hälfte,  2.  anfl.  Ber- 
lin, Weidmann  1884.     8.     VIII,  641-  1270  p.     9  mk.     B(rug)m{an). 

No.  31.  Schröder,  O.,  thier-  u.  pflanzengeographie  im  lichte  der 
Sprachforschung.     Berl.,  Habel   1884.     8.     32  p.     50  pf.     B{ru)gm(un). 

No.  32.  Gregorovius,  F.,  der  kaiser  Hadrian.  2.  aufl.  Stuttgart, 
Cotta  1884.  8.  X,  505  p.  10  mk.  -  Müller,  Joh.,  der  stil  des  äl- 
teren Plinius.  Innsbruck,  Wagner  1883.  8.  XI,  158  p.  4  mk.  A. 
E{ußner).  —  Hqffmann,  E.,  Studien  auf  dem  gebiete  der  latein.  syntax. 
Wien,  Konegen  1884.     8.     VII,  134  p.     3  mk.  60  pf. 

No.  33.  Schiller,  H.,  Geschichte  der  röm.  kaiserzeit.  Bd.  I.  Abth. 
2.  Gotha,  Perthes  1883.  8.  IV,  980  p.  9  mk.  Dittenberger,  Guil., 
sylloge  inscriptionum  graecarum,  fasc.  I.  IL  Leipzig,  Hirzel  1883.  8. 
805  p.  —  Stanql,  Thom. ,  der  sog.  Gronovscholiast  der  elfCiceron.  re- 
den. Lpz.,  Freytag  1884.  8.  III,  82  p.  2  mk.  40  pf.  -  Cicero's 
rede  für  S.  Roscius  aus  Ameria  hrsg.  v.  G.  Landgraf.  2.  hälfte.  Com- 
mentar.  Erlangen,  Deichert  1884.  8.  p.  119-427.  4  mk.  A.  E{ußner). 

—  Sybel,  L.  v.,  kritik  des  aegyptischen  Ornaments.  Archaeolog.  studie. 
Marburg,  Elwert  1883.     8.     1  mk.  20  pf. 

No.  34.  Kämpen,  Alb.  v. ,  orbis  terrarum  antiquus  in  scholarum 
usum  descriptus.  Gotha,  Perthes  1884.  8.  16  kart.  F.  R.  —  Ano- 
nymi de  situ  orbis  libri  duo.  E  cod.  Leid.  ed.  Max  Manitius.  Stutt- 
gart, Cotta  1884.     8.     XV,  97  p.     5  mk.     B{erge)r. 

No.  35.  I'ühlmann,  R.,  die  Übervölkerung  der  antiken  großstädte. 
Leipzig,  Eirzel  1884.  4.  VI,  169  p.  4  mk.  20  pf.  W.  R.  —  Christ, 
W.,  Homer  oder  Bomeriden.  München,  Franz  1884.  4.  90  p.  2mk.70pf. 
P.  C(auer).  —  Edon,  G.,  nouvelles  etudes  sur  le  chant  Lemural  les 
Freres  arvales  et  l'ecritnre  cursive  des  Latins.  Paris,  Belin  1884.  8. 
XVI,  232  p.     Aq. 

No.  36.  Wattenbach,  Wilh.,  scripturae  Graecae  specimina.  Ed.  IL 
Berlin,  Grote  1883.  fol.  III,  17  p.  30  taff.  W.  A.  -  T.  Macci 
Plauti  comoediae.  Fasc.  IV.  Sticbus  rec.  F.  Ritschi  ed.  II  a  G.  Goetz 
recogn.  Fasc.  V.  Poenulus  recc.  G.  Goetz  et  G.  Loewe.  Lpz.,  Teub- 
ner 1884.  8.  Ag.  —  Noväk ,  J.  v. ,  Piaton  und  die  rhetorik.  Lpz., 
Teubner  1883.     8.     99  p.     2  mk.  40  pf.      W(o)hlr{a)b. 

No.  37.  Aeschyli  Agamemno.  Em.  D.  S.  Margoliouth.  London, 
Macmillan  1884.  8.  V,  72  p.  H.  St.  —  Homeri  Iliadis  carmina 
seiuncta  discreta  emendata  prolegg.  et  appar.  critic.  instr.  Guil.  Christ. 
Pars  I.  Lpz.,  Teubner  1884.  8.  IV,  398  p.  8  mk.  P  C{auer).  — 
Poggi,  Vitt. ,  Appunti  di  epigraphia  etrusca.  Parte  I.  Genua  1884. 
8.     61  p.     Pa{uli). 

No.  38.  Datiert,  H. ,  Seneque  et  la  mort  d'Agrippine.  Leiden, 
Brill  1884.     8.     II,  236  p.     5  mk.  —  Sittl,  Karl,  geschichte  der  grie- 


Nr.    12.  Auszüge   aus  Zeitschriften.  629 

einsehen  litteratur  bis  auf  Alexander  d.  gr.  1.  thl.  München,  Acker- 
mann 1884.  8.  XVI,  357  p.  4  mk.  80  pf.  —  B.  Morosi,  Gius. ,  il 
significato  della  leggenda  della  guerra  troiana.  Parte  I.  Turin,  Lö- 
scher 1883.  8.  95  p.  —  Merguet,  H.,  lexikon  zu  den  reden  des  Ci- 
cero. Bd.  3.  4.  Jena,  Fischer  1882.  1884.  II,  852,  H,  1065  p. 
46  u.  60  mk.     A.  E{ußner). 

No.  39.  Demosthene  les  playdoyers  politiques.  Texte  grec  p.  p. 
H.  Weil.  Serie  I.  2.  ed.  Paris,  Hachette  1883.  8.  VIII,  569  p. 
B(laß).  —  Sammlung  der  griech.  dialektinschriften  hrsg.  v.  LI.  Collitz. 
Heft  III:  die  boeotischen  inschriften  von  Rieh.  Meister.  Göttingen, 
Peppmüller  1884.  8.  5  mk.  P.  C(auer).  —  Schliemnnn ,  EL ,  Troja. 
Mit  vorrede  von  A.  H.  Sayce.  Leipzig,  Brockhaus  1884.  8.  XLV, 
462  p.     30  mk.     F.  M. 

No.  40.  Fuchs,  Carl  ,  beitrage  zur  beschichte  des  kaisers  Septi- 
mius  Severus.  Wien,  Konegen  1884.  8.  IX,  124  p.  3  mk.  A.  — 
Weber.  Philipp,  entwicklungsgeschichte  der  absichtssätze.  1.  abth. 
Von  Homer  bis  zur  attischen  prosa.  Würzburg,  Stuber  1884.  8.  V, 
138  p.  3  mk.  R.  K.  —  Cohn,  Leop..  Untersuchungen  über  die  quel- 
len der  Plato-scholien.     Lpz  ,  Teubner  1884.     8.     92  p.     2  mk.  20  pf. 

—  Wohlrah. —  Schweder.  E..  beitrage  zur  kritik  der  chorographie  des 
Augustus.  Theil  3.  Kiel .  Schwers  1883.  8.  59  p.  B(erge)r.  — 
Lepsius,  R. .  die  längenmaße  der  alten.  Berlin,  Hertz  1884.  8.  III, 
110  p.     F.  H(ultsch). 

No.  41.  Wordsworth ,  Joh.,  old  latin  biblical  texts :  no.  1.  the 
gospel  aecording  to  St.  Matthew.  Oxford,  Clarendon  preß  1883.  4. 
XLHI.  79  p.  R.  —  Müller,  Carl  Otiried,  geschichte  der  griechischen 
litteratur  bis  auf  das  Zeitalter'  Alexanders  fortges.  v.  E.  Heitz.  Bd.  2. 
Hälfte  2.     Stuttgart,  Heitz  1884.     8.     VI,  462  p.     B(laß). 

No.  42.  LLarpf,  Adf. ,  die  ethik  des  Protagoras.  Heidelberg, 
Weiß  1884.  8.  72  p.  1  mk.  80  pf.  Wohlrah.  —  Eelhig,  W  ,  das  ho- 
merische epos  aus  den  denkmälern  erläutert.  Archäolog  Untersu- 
chungen. Leipzig,  Teubner  1884.  8.  VIII.  353  p.  11  mk.  20  pf. 
F  Dummler.  —  L)eecke,  W. ,  die  etruskischen  beamten-  u.  priester- 
titei.  Stuttgart,  Heitz  1884.  8.  XU,  70  p.  4  mk.  Fa(uä).  —  Ks- 
Qctjutvs,  Tl.,  noog  Sijxat  tig  to.  ow^ofitvu  iwv  »oyaiüiv  [xnoaXüywv  l|  Aq- 
fAtyixwv  mijusvujy      Constantinopel  1884.     27  p.     4.     F.   S(ultsch). 

No.  43.  Kaerst,  krit.  Untersuchungen  zur  gesch.  des  2.  Samniter- 
krieges.  Leipzig,  Teubner  18^4.  8.  45  p  1  mk.  20  pf.  —  Duticker, 
Max,  geschichte  des  alterthums.  N.  f.  Bd.  1.  Lpz.,  Duncker  u.  Hum- 
blot  1884.     8.     XI,  478  p.     E.  M{eyer). 

No.  44.  Toldo,  Luigi,  i  carmi  di  C.  Valerio  Catullo  tradotti  ed 
annotati.  Imola,  Galeati  1883.  8.  LXIX ,  351  p.  R.  Wg.  Aus- 
führl.  lexikon  der  griech.  u.  röm.  mythologie  hrsg.  v.  W.  H.  Röscher. 
lief.  1  —  3.     Leipzig,  Teubner  1884.     8.     544  p.  a  "lfg.  2  mk. 

No.  45.  Schröder,  L.  v. ,  Pythag>  ras  und  die  Inder.  Leipzig,  O. 
Schulze  1884.  8.  93  p.  2  mk.  —  Müller,  H.  D..  sprachgeschicht- 
liche Studien.  Göttingen,  Vandenhoeck  u.  Ruprecht  1884.  8.  IV, 
201  p.  4  mk.  40  pf.  B{rn)gm{cni).  —  Ludteich,  Arthur,  Aristarchs 
homerische  textkritik.  Th.  I.  Leipzig,  Teubner  1884.  8.  VIII,  635  p. 
12  mk  P.  C(auer).  —  Dionysü  Thrucis  ars  grammatica  ed.  G.  Uhlig. 
Leipzig.  Teubner  1884.     8.     LVI,  222  p.     8  mk.     B{/aß). 

Neue  Jahrbücher  für  philologie  und  pädagoc/tk  herausgegeben  von 
A.  Fleckeisen,  bd.  CXXIX,  hft.  3:  22.  Homerische  probleme,  von  F. 
Weck,  p.  145 — 153.  —  23.  Sparta  und  der  ionische  aufstand,  von  G. 
BusoU,  p.  154-  158.  —  24.  Zu  Sophokles  Elektra  1394  v.  G.  H.Müller. 

—  25.  Zu  Parmenides  v.  K.  J.  Liebhold.  —  26.  Zu  Isaios,  v.  K.  Lugebil, 
p.  161 — 167.  —   27.  Miscellen  zur  älteren  römischen  geschichte,  von  F. 


630  Literatur.  Nr.   12. 

Cauer,  p.  168—176.  —  28.  Die  eleganz  des  Terentius  im  gebrauch  des 
adjectivums,  von  P.Barth,  p.  177—182.  —  29.  Zu  Catullus  45,  8.  17 
von  K.  P.  Schulze,  p.  182—164.  —  Zu  Livius  v.  M.  Müller  u.  F.  Hei- 
denhain, p.  165 — 192.  —  31.  Nochmals  Ovidius  gedichte  aus  der  Ver- 
bannung und  die  Varusschlacht  von  Th.  Matthias,  p.  193.  —  32.  Zu 
Eutropius  v.  C.  Schröder,  p.  216.  —  33.  Berichtigung  zu  Th.  ßergk's 
beitrage  zur  röm.  Chronologie  von  G.  Henrichs,  p.  220. 

Hft.  4  u.  5 :  36.  Untersuchungen  zur  griechischen  geschichte.  I. 
die  Perser-expedition  nach  Delphoi,  von  H.  R.   Pomtow,  p.  225 — 263. 

—  37.  Zu  Thukydides,  von  K.  J.  Liebhold,  p.  263-264.  -  38.  Die 
i%(üTiQt,xoi  köyoi,  bei  Aristoteles  und  Eudemos,  von  F.  Susemihl,  p.  265 
—277.  —  39.  Zu  Lukianos,  von  J.  Sommerbrodt,  p.  277—282.  —  40. 
Zu  Plutarchos,  von  F.  L.  Lenlz,  p.  282-  284.  —  41.  Der  becher  des 
ziegenhirten    bei  Theokrit  (I,  27  ff.),    von  K.  Zacher,  p.  285—288.  — 

42.  Zu  Demosthenes  friedensrede  (§  24),   von  K.  J.  Liebhold,   p.  288. 

43.  Die  strophische  gliederung  in  den  stichischen  partien  des  Teren- 
tius, von  K.  Meißner,  p.  288-  330.  -  44.  Die  Chronologie  der  corre- 
spondenz  Ciceros  seit  Caesars  tode ,  von  O.  E.  Schmidt,  p.  331 — 350. 
45.  Wann  wurde  Apollon  zum  Sonnengott,  von  P.  Stengel,  p.  351  — 352. 

Rheinisches  museum ,  bd.  XXXIX ,  hft.  4 :  Ueber  die  anordnung 
der  figuren  im  ostgiebel  des  Zeustempels  zu  Olympia ,  (mit  einer 
tafel),  von  R.  Kekule ,  p.  481.  —  Zur  kritik  der  rhetorik  des  Ari- 
stoteles, von  A.  Römer,  p.  491.  —  Beiträge  zur  textkritik  des  Mar- 
tial ,  von  W.  Gilbert,  p.  411.  —  Die  reihenfolge  der  Eklogen  in 
der  vulgata  des  Stobäischen  „Florilegium"  (schluß),  von  O.  Hense, 
p.  521.  —  Oskische  helmaufschriit,  von  F.  Rücheier,  p.  558.  — 
Hesiod's    fityäkat,   'Holen,    bei    Pausanias,    von    A.    Kalkmann,    p.    561. 

—  Zur  textkritik  der  seboliasten  ciceronischer  reden,  (schluß),  von 
Th.  Stungl,  p.  566.  —  Ein  lehrgedicht  des  Plutarch ,  von  C.  Cru- 
sius,  p.  581.  —  Ueber  die  la/ulcu  und  das  archontenja.hr  des  Themi- 
stokles,  von  Th.  Bergk,  p.  607.  —  Miscellen:  Coniectanea.  Scripsit 
F.R.,  p.  620.  —  Die  Ioner  in  der  schlacht  bei  Salamis,  von  A.  Bauer, 
p.  624.  —  Reinesius  über  Timokles  den  teratologen,  von  O.  Crusius, 
p.  627.  Dialogus  de  or.  32,  von  O.  Ribbeck,  p.  629.  Zu  Apulems, 
von  L.  Traube,  p.  630.  —  Eine  Lucianhandschriit  in  der  bibliothek 
zu  Upsala,  von  J.  Sommerbrodt,  p.  630.  —  Zum  Horaz-commentar  des 
Scaurus,  von  K.  Zangemeister,  p.  634.  —  Zur  römischen  topographie 
(vita  Sept.  Severi  19),  von  demselben,  p.  635.  —  Zu  den  römischen 
itinerarien,  von  demselben,  p.  636.  —  Etruskisches,  von  W.  Deecke, 
p.  638. 


Literatur, 

(dem  Philologus  und  Ph Anzeiger  zugesandt.) 

Christ,  W. ,  Homer  oder  Homeriden.  München  1884.  4.  90  p. 
(Aus  abhandlungen  der  bayer.  acad.  der  wissensch.  I.  cl.  XVII.  bd. 
Abth.  1). 

Furipides  Medea  zum  schulgebrauche  mit  erklärenden  anmerkun- 
gen  versehen  von  Wolfgang  Bauer.  2.  aufl.  durchgesehen  von  N. 
Wecklein.     München  1883.     8.     82  p. 

Althaus,  Karl,  Coniectanea  in  aliquot  locos  Baccharum  Euripidis. 
Spandau   1884.     4.     Progr.     22  p. 

Schmidt,  Moriz,  zweiter  textkritischer  beitrag  zu  den  Trachinie- 
rinnen.     Aus  Melanges  Greco-romains.     Tome  V.     St.  Petersbourg  1884. 

Bloch ,  G. ,  de  decretis  funetorum  magistratuum  ornamentis.  De 
decreta  adlectione  in  ordines    funetorum   magistratuum  usque  ad  mu- 


Nr.    12.  Literatur.  631 

tatam  Diocletiani  temporibus  rem  publicain  accedit  appendix  epigra- 
phica.     Lutetiae  Paris.   1883.     8.     VIII,   178  p. 

—  les  origines  du  se"nat  romain.  Recherches  sur  la  foraiation 
et  la  dissolution  du  senat  patricien.     Paris,  Tborin  1883.     8.    VIII,  334  p. 

Bludau,  Aloisius,  de  fontibus  Frontini.  Brunsbergae  1883.  8. 
(Diss.  Regiorn.).     44  p. 

Raffay ,  Robert,  die  memoiren  der  kaiserin  Agrippina.  Wien, 
Hoelder  1884.     8.     91  p. 

Singer,  J.,  humanistische  bildung  und  der  klassische  Unterricht.  — 
Die  beiden  Elektren.  Zwei  streifzüge  in  die  gebiete  der  paedagogik 
und  der  philologischen  kritik.     Wien,  Konegen  1884.     8.   X,88p.    2  mk. 

Fuchs,  Carl ,  geschichte  des  kaisers  L.  Septimius  Severus.  Wien, 
Konegen   1884.     8.     VIII,  124  p. 

Jonas,  Jos.,  de  Solone  Atheniensi.  Monasterii  Guestph.  1884.  8. 
76  p.     Diss. 

Dohenntz,  0.,  die  erd-  u.  Völkerkunde  in  der  weltchronik  des 
Rudolf  von  Hohen-Ems.  §  7  :  quellen  u.  Urquellen  der  vorläge  Ru- 
dolfs.    (Aus  Zeitschr.  f.  deutsche  philologie.     Bd.  XIII). 

[Arislotelw  Ethica  Eudemia.  Eudemi  Rhodii  Ethica  adiecto  de  vir- 
tutibus  et  vitiis  libello  recogn.  Franc.  Susemthl.  Lipsiae ,  Teubuer 
1884.     8.     XXXVIII,  199  p.    ' 

Anstotelts  de  anima  libri  III.  recogn.  Guil  JBiehl.  Lipsiae,  Teub- 
uer 1884.     8.     VI,  136  p. 

Ovidius  Naso ,  P.,  ex  iterata  R.  Merkelii  recognitione.  Vol.  III. 
Tristia.  Ibis.  Ex  Ponto  libri.  Fasti.  Lipsiae,  Teubner  1884.  8. 
XL1I,  355  p. 

Euclidis  opera  omnia  ed  J.  L.  Heiberg  et  H.  Menge.  Euclidis 
Elementa  ed.  et  latine  interpretatus  est  J.  L.  Heiher g.  Vol.  II,  libr. 
V-IX  continens.     Lipsiae,  Teubner  1884.     8.     XXI,  438  p. 

Plotini  Enneades  praemisso  Porpbyriide  vita  Plotini  deque  ordine 
librorum  eius  libello  ed.  Ric.  Volkmann.  Vol.  IL  Lipsiae ,  Teubner 
1884.     8.     LVI,  526  p. 

Ciceronis,  M.  Tullii,  scripta  quae  manserunt  omnia,  recogn.  C.  F. 
W.  Müller.  Part.  I,  vol.  I,  recogn.  Gud.  Friedrich.  Lipsiae,  Teubner 
1884.     8.     CXXV,  236  p. 

Benicken,  Bans  Karl,  studien  und  forschuugen  auf  dem  gebiete 
der  homerischen  gedichte  und  ihrer  literatur.  Registerband.  Inns- 
bruck, Wagner  1884.    8.     p.  1314-1487. 

Weißenborn,  B. ,  die  irrationalen  quadratwurzeln  bei  Archimedes 
und  Beron.     Berlin,  Calvary   1883.     8.     52  p. 

Kekule ,  Reinhard,  über  die  anordnung  der  figuren  im  ostgiebel 
des  Zeustempels  zu  Olympia.  (Ausschnitt  aus  Rhein,  museum,  neue 
folge  XXXIX). 

Regell,  Paulus,  Auguralia,  (Aus  Commentationes  in  honorem  Au- 
gusti  Reifferscheidii). 

Müller,  Beinr.  Dietrich,  sprachgeschichtliche  studien.  Göttingen, 
Vandenhoeck  u.  Ruprecht  1884.     8.     IV,  201  p. 

Herzer,  Jakob,  metaphorische  studien  zu  griechischen  dichtem.  I. 
Zweibrücken   1884.     8.     47  p. 

Reitzenstein,  Ric,  de  scriptorum  rei  rusticae  qui  intercedunt  inter 
Catonem  et  Columellam  libris  deperditis. 

Castellarii,  C,  le  biblioteche  nell'  antichita  dei  tempi  piü  remoti 
alla  fine  dell'  impero  romano  d'occidente.    Bologna  1884.    8.  XIII,  60p. 

Jackson,  Benry,  Plato's  later  theory  of  ideas.  I.  B.  III.  (Aus 
Journal  of  philology). 

Prevß,  Siegmund  ,  vollständiges  lexikon  zu  den  Pseudo-Caesaria- 
nischen  Schriftwerken.     Erlangen,  Deichert  1884.     8.     433  p. 


Indices. 

I.    Index  der  beurtheilten  Schriften. 

p- 

Aeschyli,   'Ixirifeg  XoqipÖQot  edit   cur.  F.  A.  Paley.  Cambridge  1883. 

8.  279 

Appiani  historia  Romana  ed.  L.  Mendelssohn.  I.  II.     Leipzig  1879. 

1881.  8.  514 
Arnold,  C.  Fr.,  Untersuchungen  über  Theophanes  von  Mitylene  und 

Posidonius  von  Apamea.     Lpz.  1882.     8.  510 

Babrius  ed.  by    W.    G.  Rutherford.     London  1883.     8.  175 

Beloch,  J.,  le  fonti  di  Strabone  nella  descrizione  della  Campania. 

Rom   1882.     4.  383 

Be.rgk,  Th.,  fünf  abhandlungen  zur  gesch.  der  griech.  philosophie 

u.  astronomie  hrsg.  v.  G.  Hinrichs.     Leipzig  1883.     8.  190 

Biese,  A.,  die  entwicklung  des  naturgefühls  bei  den  Römern.  Kiel 

1884.     8.  402 

Birt,  Th.,  das  antike  buchwesen.     Berlin  1882.     8.  357 

Brieger,  A.,  Epikurs  brief  an  Herodot  §  68-83.  Halle  1882.  4.  15 
Catonis  de  agricultura  über,     Varronis  rerum  rusticarum  libri  III 

ex  rec.  H.  Keilii.     Vol  I,  fasc.   1.     Leipz.  1882.     8.  295 

Cicero  s  rede  für  S.  Roscius  aus  Ameria  erkl.  v.   G.  Landgraf.     I. 

Text,  Testimonia  veterum  u.  Scboliasta  Gronovianus.     Erlangen 

1882.  8.  Dasselbe  für  den  schulgebrauch.  Gotha  1882.  8.  450.455 
Chronicon  Pariuni  rec.  Jo.  Finch.  Tübingen  1884.  8.  499 
Clasen,  Chr.,  Untersuchungen  über  Timaios.  Kiel  1883.  8.  181 
Crusius,  0. ,    Analecta   critica  ad  paroemiographos  graecos.     Lpz. 

1883.  8.  524 
Delectus  inscriptionum  Graecarum  propter  dialectum  memorabilium. 

Iterum  compos.  P.    Cauer.     Lpz.  1883.     8.  253 

Devaux,  Paul,  Etudes  politiques  sur  l'histoireromaine.     Bruxelles 

1880.     8.  135 

Dittmeyer,  L.,  de  vetusta  Aristotelis  Rhetoricum  translatione.  Mün- 
chen 1783.  8.  12 
Dopp,  E.,  quaestiones  de  marmore  Pario.  Breslau  1883.  8.  499 
Dum,  G.,  entstehung  des  spartanischen  ephorats.    Innsbruck  1878. 

8.  129 

Dunbar    H.,  Concordance  to  the  Comedies  of  Aristophanes.     Oxford 

1883.     8.  288 

Eisenlohr,  Aug.,    anwendung  der  Photographie  für  monumente  u. 

papyrusrollen.     Leide  1884.     8.  467 

Ellger,  G.,  die  Zusätze  zum  prooemium  der  Hesiodischen  Theogonie. 

Berlin  1883.     4.  503 

Fick,  Aug.,  die  Odyssee  in  der  ursprüngl.  sprachform  hergestellt. 

Göttingen  1883.     8.  90 

Fokke,  A.,  rettungen  des  Alkibiade6  I.     Emden  1883.     8.  8 


Nr.   12.  I.  Index  der  beurtheilten  Schriften.  633 


Gellii  Noctium  Atticarum    libri  XX  ex  rec.  et   cum  app.  crit.  M. 

Hertzii.     Berlin   1883.     8.  442 

Gemoll,   W.  Untersuchungen  über  die  Geoponica.     Berlin  1883.    8.    435 
Gerher,   A.,  naturpersonification  in  poesie  u.  kunst  der  alten.     Lpz. 

1883.  144 

Gilbert,  J.,  Meletemata  Sophoclea.     Dresden  1883.     8.  429 

Gurlitt,   L.,  die  hriefe  Cicero's  an  Brutus.     Göttingen  1883.     8.       315 

Halbfaß,  Wilb.,  die  berichte  des  Piaton  und  Aristoteles  überPro- 
tagoras.     Leipzig  1882.     8.  522 

Heimreich,  Chr.,  krit.  beitrage  zur  würdignng  der  alten  Sophokles- 
scholien.     Ploen  1884.     4.  589 

Hense,  0.,  de  StoWaei  florilegii  excerptis  Bruxellensibus.  Freiburg 
u.  Tübingen   1882.     8.  591 

Hermann,  K.  F.,  lehrbuch  der  griech.  antiquitäten.  Neu  hrsg.  v. 
H.  Blümner  u.  W.  JDittenberyer.  Bd.  4:  lehrbuch  der  griech. 
privatalterthümer  umgearb.  und  hrsg.  von  H.  Blümner.  Frei- 
burg u.  Tübingen  1882.     8.  221 

Herzog,  Ernst,  geschiente  und  System  der  römischen  Staatsverfas- 
sung.    Bd.  I.     Leipzig  1884.     8.  562 

Hillmann,  Fr.,  de  arte  critica  in  Orphei  Argonauticis  factitanda. 
Lpz.  1883.     8.  270 

Hirzel,  Rud.,  Untersuchungen  zu  Cicero's  philosophischen  Schriften. 
Theil  II.     Leipzig.  1882.     8.  208 

Hoffmann ,  Em.,  studien  auf  dem  gebiete  der  lateinischen  syntax. 
Wien  1884.     8.  260 

Juehns,  Max,  Caesars  kommentarien  u.  ihre  historische  u.  kriegs- 
wissenschaftliche folgewirkung.     Berlin  1883.     8.  32 

Ilberg,  Job.,  studia  Pseudippocratea.     Leipzig   188o.     8.  16 

Keil,  H.,  de  libris  mss.  Catonis  de  agri  eultara.     Halae  1882.     4.  295 

Kinch,  C.  F.,  quaestiones  Curtianae.     Kopenhagen   1883.     8.  34 

Kirchner,  Jo.  E.,  de  litis  instrumentis  quae  extant  in  Demosthenis 
quae  fertur  in  Lacritum  et  priore  adversus  Stephanum  Oratio- 
nibns.     Halle   1883.     8.  385 

Kleinschmit ,  M. ,  de  Lucili  saturarum  genere  dicendi.  Marburg 
1883.     8.  292 

Kuhnert,  E.,  de  cura  statuarum.     Berlin  1883.     8.  141 

Lange,  L.,  de  sacrosanetae  potestatis  tribuniciae  natura.  Leipzig 
1883.     4.  463 

Leonhard,  Ph.,  de  codieibus  Tibullianis.     München  1882.     8.  24 

Luchs,  A.,  commentationesprnsodiacae  Plautinae.  Erlangen  1883.  4.  396. 

Maaß,  E.,  Analecta  Eratosthenica.     Berlin  1883.     8.  276 

Martin,  A.,  les  scolies  du  manuscrit  d'Aristophane  a  Ravenne. 
Paris  1882.     8.  433 

Marx,  F.,  studia  Luciliana.     Bonn  1882.     8.  292 

Matzat,   H.,  römische  Chronologie.     Bd   1.  2.     Berlin  1883. 1884.  8.  554 

Merrium,  A.  C. ,  the  greek  and  latin  inscriptions  on  the  Obelisk 
crab  in  the  Metropolitan-Museum.     New  York  1883.     8.  6 

Meyer,  L.,  vergleichende  grammatik  der  griech.  u.  latein.  spräche. 
2.  aufl.     t!d.  1.     Hälfte  1.     Berlin   1882.     8.  489 

Milchhof  er ,  A. ,  die  anfange  der  kunst  in  Griechenland.  Leipzig 
1883.'    8.  54 

Müller,  E.,  beitr.  zur  erklärung  des  königs  Oedipus  I.  II.  Grimma 
1883.  1884.     4.  431 

Mommsen,  A.,  Chronologie.  Untersuchungen  über  das  kalenderwesen 
der  Griechen.     Leipzig  1883.     8.  598 


634  I.  Index  der  beurtheilten  Schriften.  Nr.   12. 

P- 

Natorp,    F.,    forschungen    zur    geschichte   des  erkenntnißproblenis 

im  alterthum.     Berlin  1884.     8.  548 

Oberhummer,  Eug.,  Phoenizier  in  Akarnanien.  München  1882.  8.  51 
Orphei  Lithica.     Acced.   Hornigerem    de    lapidibus.     Rec.   E.  Abel. 

Berlin  1881.    8.  '  270 

Ovidii  Nasonis.  P.,  Ibis  ed.  R.   Ellis.     Oxford   1881.     8.  397 

Pappageorg,  P.  N.,  beitrage  zur  kritik  des  Sophokles  1.  Jena  1883.  8.  379 
Paucker,   C,    Supplementuni   lexicorum   Latinorum  1—4.     Berlin 

1883—84.     8.  497 

Plauti  comoediae.     T.  II,   fasc.  5.     Poenulus   edd.    G.   Götz  et  G. 

Loewe.     Leipz.  1884.     8.  393 

Plauti  comoediae  rec.  J.  L.  Ussing.  Vol.  IV,  2.  Kopenhagen  1883.  438 
Ranke,  L.  v.,  Weltgeschichte.  Bd.  2.  3.  Leipz.  1881.  83.  8.    Bd.  4. 

ib.  1883.  46.  330 

Rauchenstein,  H.,  der  feldzug  Caesars  gegen  die  Helvetier.     Zürich 

1882.     8.  307 

Rubner,    H.,    de    oratoris   Tnlliani    codice    Laurentiano.     Speier 

1882.     8.  458 

Ruete ,    E. ,    die  correspondenz  Cicero's  in  den  jähren  44  und  43. 

Marburg  1883.     8.  315 

Rumpel,  j.,  Lexicon  Pindaricum.     Leipzig  1883.     8.  98 

Saalfeld,  G.  A.,  der  hellenismus  in  Latium.  Wolfenbüttel  1883  8.  266 
Schaefer,  A.,  abriß  der  quellenkunde  der  griechischen  und  römi- 
schen geschichte.  Abth.  1.  3.  aufl.  Lpz.  8.  Abth.  2.  ib.  1881.  125 
Schiller,  H.,  geschichte  der  röm.  kaiserzeit.  I,  2.  Gotha  1883.  8.  235 
Schleussinger,  A.,  studie  zu  Caesars  Rheinbrücke.  München  1884.  8.  531 
Schmidt ,    0.  E. ,    zu    Cicero's   briefwechsel   mit    Brutus.      (Leipzig 

1884).     8.  315 

Schneider,  G.,  Piatos  auffassung  von  der  bestimmurig  des  menschen. 

Gera  1883.     4.  102 

Scholia  Hephaestionea  altera  ed.  a.   Guil.  Hoerschelmann.     Dorpat 

1882.  8.  205 
Sech,  F.,  de  Pompei  Trogi  sermone  1.  2.  Constanz  1881.  1882.  4.  312 
Stamm,  P.,  adnotationes  ad  M.  Tullii  de  divinatione  libros.    Roes- 

sel   1881.     4.  117 

Stroebel,    E. ,    de  Ciceronis  de  oratore  librorum  codieibus  mutilis. 

Erlangen   1883.     8.  41 

Sylloge  inscriptionum  Boeoticarum   comp.    Guil.  Larfeld.     Berlin, 

Reimer  1888.     8.  85 

Sylloge  inscriptionum  Graecarum  ed.   Guil.  Dittenberqer.     Leipzig 

1883.  8.  220 
Symbolae  Ioachimicae.     Festschrift  d.  kgl.  Joachimsthalschen  gymn. 

'2  bände.     Berlin  1880.     8.  149 

Szänto,   E.,  Untersuchungen  über  das  attische  bürgerrecht.     Wien 

1881.     8.  131 

Taylor,  J.,  the  aiphabet.     Vol.  1.  2.     London  1883.     8.  1 

Thomas,  P. ,    le  codex  Bruxellensis  de  florilege  de  Stobee.     Gand 

1876.     8.  591 

Thouret,  G.,  über  den  gallischen  brand.     Leipzig  1880.     8.  60 

Traube,  L.,  Varia  Hbanienta  critica.     München   1883.     8.  404 

JJhlig,  G.,  zur  Wiederherstellung  des  ältesten  occidentalischen  com- 

pendiurns  der  grammatik.  103 

Umbrica  interpretatus  est  F.   Bücheier.     Bonn  1883.     8.  173 

Unger,  G.  F.,  Kyaxares  und  Astyages.     München   1882.     4.  121 

Urlichs,  L.,  Pergamenische  inschrif'ten.     Würzburg  1883.     8.  88 

Wachsmuth,  C,  die   Wiener  apophthegmensammlung.  106 


Nr.   12. 


II.  Index  rerum. 


635 


Weck,  Ferd.,  beitrage  zur  erklärung  Homerischer  personennamen. 

Metz  1883.     4.  268 

Wentzel,  EL,  de  Juba  metrico  I.     Oppeln  1881.     4.  325 

Wetzet,  J. ,  de  trilogia  Aeschylea.     Berlin  1883.     4.  377 

Willems,    A.,    notes     et    corrections    sur    l'Hippolyte    d'Euripide. 

Bruxelles  1883.     8.  380 

Willems,  P.,  le  senat  de  la  republique  romaine.     T.  1.  2.     Louvain 

1878.  1883.     8.    _  62 

XenojyJinn's    griechische     geschichte     erkl.    v.    B.    Büchsenschütz. 

5.  Aufl.     Heft  1.     Leipzig  1884.     8.  509 

Zimmermann ,    R. ,    quibus  auctoribus  Strabo   in  libro  tertio  usus 

sit.  I.    Halle  1883.     8.  383 


II.     Index  rerum. 


Abusina  476 

Accentuation  in  den  griech.  dia- 

lekten  255 

AeDesidemus.  skepsis  549.  554 

Aeolismen,  die,  Homer's  92 

Aeschylus,  Trilogieen  378;  Choe- 
phoren    279;    Hiketiden    279; 
schoben,  handschriftliches 282; 
schoben,  kritik  286. 
Aetolischer    dialekt,    seine    Ver- 
breitung 256 
Afrikanisches  latein                      499 
Akarnanien  51 
Alcibiades  8 
alka  fjrjv ,  gebrauch,                     194 
Alphabet,    geschichte  des,  p.  1, 
griechisches    p.  2,     transcrip- 
tion  des  griechischen  a.  p.  255, 
•  armenisch -georgisches  p.  6. 
Altar,  römischer  in  Lincoln        409 
Anatolius  aus  Berytus                 437 
Anaxirnenes   in    den   Pseudippo- 

cratea  benutzt  18 

Antesignanen,  die,  Caesars  149 

Antipater  der  stoiker  211 

Apophthegmensammlung,    Wie- 
ner 106 
cmooiQvS-tjoTai  (-ijrai,)                      258 
Appian,  Mendelssohn'«   text  515; 

quellen  A.'s  511. 
Archaismen,  Cato's  299 

Archedemus,  stoiker  211 

aoiTrjv  105 

Aristarch  von  Samos  202 

Ariston,  stoiker  209 

Aristophanes ,   schoben    des  Ra- 

vennas  433 

Aristophanes  v.   Byzanz,    Sprich- 
wörter 527 


Aristoteles    rhetorik,     Überliefe- 
rung 12 
—  uaxiv,  iterativa  auf,                272 
Astyages,  datum  seines  Sturzes   121 
Athen,  ansgrabungen  in,             479 
Athletenstatue ,  bei  Rom  gefun- 
den                                             417 
auctoritas  patrum                            70 
B,  ß,  corinthisches  3 
Babrius   p.   175;    interpolationen 
p.  177;  kurze  Schlusssilben  im 
verse  p.  178. 
Berge,  personiflcirt                      148 
Bibliographie    p.    79.    158.    239. 
337.  407.  469.  568.  614. 


Bibracte 

Boethus 
Buchwesen, 
theiluDsc 


310 

211 


antikes  357  ff.    buch- 
358;     format      366; 
normalexemplare  363;    colum- 
nen    367 ;     gross-     und    klein- 
rollensystem  358. 
Bürgerrecht,  attisches,  131 

Cadmeische  schrift  3 

Caesar's     kommentarien ,      litte- 
ratur  33;  glaubwürdigkeit  307; 
rheinbrücke  531. 
Callimachus'  kleinrollensystem  361 
Callippus'  kalender  599 

Capena  246 

Cassianus  Bassus  438 

Castellani,   Sammlung,  in  Rom  250 
Cato  de  agricultura  295  ;    hand- 
schriftliche     grundlage      297 ; 
syntax  und  stil  298. 
Chronologie,  römische  554 

— ,  griechische  598  ff. 

Chrysippus  210 

Cicero  de  oratore,  verhältniss  der 


636 


II.  Index  rerum. 


Nr.   12. 


haDd8chriften41 ;  Orator,  hand- 
schriften  458;  philosophische 
Schriften ,  ihre  quellen  208. 
218;  briefe  ad  Atticum  ,  frag- 
mente  einer  handschrift  245 ; 
briefe  ad  Brutum  315,  ihre 
datirung  316  ff.,  ihre  spräche 
319,  ihre  unechtheit  323. 
Claudius',  des  kaisers,  Vergiftung 

50  anmerk. 
Cleanthes  209.  215 

Codex,  aufkommen  des,  367 

Concordanz  zum   Aristophanes  288 
Conradus'  de  Mure,  repertorium 

vocabulorum  exquisitorum  398 
Consonanten,  griechische  und  la- 
teinische, lautlehre  491  ;  con- 
sonantenverbindungen  493. 
Crivelli ,  Ladrisio  ,  seine  lateini- 
sche Übersetzung  der  Orpbi- 
schen  Argonautica  275 

Curtius     Rufus ,     bandschriften- 

frage  34 

Cypriotisches  aiphabet  4 

Cyrus'  sieg  über  Astyages  121 

Daedalus  59 

Daktylen,  die  kretischen  57 

Damigeron  de  lapidibus  275 

Demen,  grosse  der        134  anmerk. 
deminutio  capitis  150 

Democritus  552 

Demon,  paroemiograph  527 

Demosthenes  adv.  Lacritum  387; 

adv.  Stephanum  I  390. 
Dialekte,  griechische  253 

JictUSng  201 

Jifdaxai  i(ov  (Inoöiökuiv         164.  248 
Diodor,  quellen  151 

Diogenian,  paroemiograph  526 

Diognetus,  archontat  des  501 

Dionysius  Thrax  104 

Diskos  226 

Dokimasie  132 

Elision    nach    Arsis    des    dritten 

fusses  im  hexameter  274 

Empedocles    in    den    Pseudippo- 

cratea  benutzt  19 

Empirismus,  der,  im  alterthum   548 
Ephorat,  spartanisches  129 

Epictet,  citate  des,  bei  Stobaeus  593 
Epidaurus,  ausgrabungen  in       574 
Epikur,    brief    an    Herodot    15; 
Verhältnisse  zu  Demokrit  553. 
Eratosthenes  katasterismen  277; 

Erigone  278. 
Erde  persouificirt  146 

expedire  321 


expectare  dum  322 

Eusebius,  beurtheilung  des  332 
fibula  543 

fides  267 

Florilegien,  griechische  106 

Flüsse,  personificirt  147 

Frankfurt  a.  M.,  römische  alter- 

thümer  479 

Fremdwörter  im  latein  267 

Gallischer  braud  60 

Garunna  26 

Geld  in  Sparta  233 

Gellius,  ausgäbe  443 

Genetivus     gerundii     et    gerun- 

divi  265 

Gentes,  zahl  der  patricischen  69 
Geoponica  435  ;  ihre  quellen  436; 

ihre  zeit  438. 
Geryones  52 

Gigantenfries  in  Pergamon  3n0 
Grimm  -  denkmal  249.  347.  418 
Grosskrotzenburg,  römische  nie- 

derlassung  475 

Grossrollensystem  358 

Hannibal  138 

Hegesianax  279 

Heliocentrische  hypothese  im  al- 
terthum 203 
Hellenismus  in  Latium  266 
Herillus  209 
Hermes ,  der  knabe  aus  Conima- 

gene  614 

Hesiod,  handschriften  des,    421; 

prooemium  der  Theogonie      503 
Hippalektryonen  56 

Hippocrates  Pseudippocratea  17; 
ihr  Sprachgebrauch  22;  ihre 
Verfasser  22 ;  handschriftliche 
grundlage  der  schritt  tkqI  ag- 
Xaitjs  iqTQMtjis  23  anmerk. 

Historiographie,  griechisch-römi- 
sche 125 
Homer's  odyssee,  ihre  ursprüng- 
liche sprachform  90 
indecet                                            446 
Inschrift    der    bronzekrebse    am 

obelisk  zu  New-York  7 

Inschriften,  boeotische  85;    per- 
gamenische      88;     griechische 
dialekt-,  253. 
Institut,     deutsches    aixhäologi- 

sches  iu  Rom,  Sitzungen  246.412 
insula  ivalog  496 

interest  266 

interrex  75 

Iordanes'  Getica  334 

Iuba  der  metriker  325 


Nr.    12. 


II.  Index  rerum. 


G37 


Julian ,  kaieer,  von  Ranke  beur- 

theilt  331 

Kaisergeschicbte,  römische  (Nie- 
bahr und  Ranke)  50 
Kalender,  deceniviraler                557 
Katasterismen                                277 
Königsgeschichte,  römische         137 
Kunst,  anfange  der  griechischen 
54;  einüuss  der  kretischen  58. 
Länder,  ihre  personification        146 
Laokoongruppe                             350 
kcirpig,  latro                                     495 
Lehrer,  deutsche,  in  England    353 
Lex  Icilia  de  Aventino                466 
Lex  Maenia,  ihre  zeit                    76 
Löwe,    Gustav,     sein    tod    166; 
sein  Corpus  glossariorum    lati- 
norum                                            346 
Lucian's   Sprachgebrauch   betref- 
fend tva   w$  071  wg                         152 
Lucilius                                           292 
Lucillus  Tarrhaeus                       528 
Macrobius  Saturnalia,  quellen  405 
Marmor  Parium                               499 
/j.uSiTuv                                          260 
Meilensteine  ,    römische  ,    in  La- 
denburg                                         81 
Mensch,  der;  seine  darstellung  in 

der  altgriechischen  kunst        247 
Meton's  kalender  599  ff. 

Militärdiplom  in  Mainz  479 

Mithridatischer  krieg,  quellen  511 
Museum    in    Berlin ,     archäolog. 

erwerbungen  415.  585 

Naturgefühl  der  Römer  403 

Naturpersonification  144 

Nekropole  zu  Ekhmin  411 

Nekropole  von  San  (Zoan)         413 
Normalexemplare  363 

Nymphen  147 

Opus  est  266 

Orpheus  Argonautica    275;     Li- 

thica  270 

Ovidius  Ibis  397;  gefälscht        400 
Paläographie  335 

Panaetius  211 

Pantheon  244 

Papyri  von  ElFayyüm  348.417.585 
Parömiographen ,  literarischer 
Zusammenhang  der  griechi- 
schen 525 
Pergament  374 
Pergamon  347 
Personennamen  ,  griechische  268 
Personification,  ihr  begriff  144 
qavrackti  xaraktjmtxai  217 
Philippus  von  Opus                     200 

Philol.  Ans.  XIV. 


Philostrate,  familie  der  204 

Phratrien  135 

Plato's  gesetze,  ihre  textur,  197; 

ihre  buchtheilung  359  ;  Theae- 

tet,  abfassungszeit  191;  werth 

der  sprachlichen  kriterien  193. 

Plautus,    irrige  lesarten  bei  Us- 

sing  439 

Plebejer  im  römischen  senat        63 
Plutarch's  na^ui/uicn  526 

■nuirovfAtvot  257 

Politik,  geschichte  der  römi- 
schen 135 
Polybius,  beurtheiiung  des  189 
Pontius,  architekt  8 
Posidonius  211.  512 
Praesens  historicum  260 
Privatalterthümer,  griechische  221 
n(joijyfj.iva  209  ff. 
Prosodie  von  hie  illic  istic  396 
Protagoras,      erkenntnisstheorie 

522.  549 
Puchstein  in  Kurdistan  415 

Quellen,  ihre  personification      147 
Quod  utinam  322 

Refert  266 

Rheinbrücke  Caesar's,   construc- 

tion  der  531 

Rubrius  Barbarus,  P.  7 

Saburoff,  Sammlung    351.  411.  586 
Salamis  249 

Samos,  Wasserleitung  des  Eupa- 

linos  349 

Sarkophagfund  in  Bedburg        249 
Scholien  zum  Aristophanes  433; 

zum  Hephaestion  205 

Scholiasta  Gronovianus  des  Ci- 
cero 451 
otlig  366 
Senat,  der  römische  62 
Senatores  curules  et  pedarii  68 
Seneca  als  stoiker  212 
setius  rjoaov  496 
Sicilische  expedition  10 
Silene  147 
Skeptiker  550 
Solonische  Verfassung  150 
Sophocles,  zu  430  ff. ;  Königsrede 

im  Oedipus  rex  431 

soror  oag  495 

Speerschleife  225.  227 

Speerwurf  225.  227 

Sporos  278 

Staatsverfassung,  römische         563 
Städte,  personificirt  147 

Statuenschutz  142 

Stichometrie  364 

44 


638 


II.  Index   rerum. 


Nr.   12. 


Stobaeus  florilegium,  handschrif- 

ten  591;    ihr  verhältniss  595; 

seine    citate   593;    neue  eklo- 

gen  597. 

Stoiker,  geschiente  der  208 

Strabo  quellen  383;   war  quelle 

für  Livius?  514. 
Suffixe,  ihre  anwendung  zur  na- 

menbildung  269 

suppeditare  495 

Taphier,  die,  phönizisch  53 

Theo  von  Alexandrien,  Verfasser 

von  katasterismen  278 

Theophanes  von  Mitylene  511 

&eös  deus  495 

Tibullus,  handschriften  24 

Timaeus  181  ff.;  gegen  Polybius 
gerechtfertigt  182;  sein  Cha- 
rakter 183 ;  seine  italischen 
geschichten  185;  als  histori- 
ker  189. 
Tn>&ctQidcti  258 

Tiryns,  Schliemanns  ausgrabun- 

gen  351.  411.  581 

Tribunat,  das  römische  463 

Trier,  ausgrabungen  in,  615 

Trogus  Pompeius'  spräche  313 


Troja  ,  Schliemann's,  eine  feuer- 

nekropole  165 

Umbrica  173 

Urkunden  ,    die  ,    bei  Demosthe- 

nes  385 

ürlichs'  Jubiläum  480.  577 

Vasen    beim    dipylon    in    Athen 

gefunden  247 

Venusköpfchen    von     der    Akro- 

polis  248 

Vergil's  eklogen,  ihre  Chronolo- 
gie 153 
Vestalinnen,  haus  der                 412 
Vocale,  griechische                      492 
Vorarlberg,    römische  niederlas- 

sungen  in  410 

Wälder,  personificirt  148 

Wagen,  griechische  229 

Weltgeschichte  (Ranke's)   46.  330. 
Westmoreland,  griechische  grab- 

schrift  aus,  614 

Wiese,  L.  410 

Xenophon's  Hellenica    cod.  Am- 

bros.  509 

Zeno  209 

Zenobius  paroemiograph ,    hand- 
schriften 525 


III.     Index  locorum. 


Aeschylus  Choeph.  4 

282 

Aeschylus  Schob  Choeph.  798  288 

224 

282 

841                                288 

331 

283 

Hiket.  299                         286 

411 

283 

351                                286 

474 

283 

1045                             287 

711 

280 

Aristeas     ad    Philocr.    in    Merx' 

730 

284 

archiv  I,  p.  67                          373 

—  Hiket.  11 

281 

Aristoteles  Hist.  Anim.  V,  9,  6  609 

82 

280 

Aristoteles   Rhet.  1354a  12          14 

251 

282 

1355a  10                               14 

271 

282 

1356a  25                               14 

316 

282 

1356b  13                             14 

319 

282 

1359a  20                              14 

323 

284 

Athenaeus  III,  72  A                    361 

341 

284 

Babrius  70,  3                      179  anm. 

784 

280 

Caesar  B.  Gr.  IIT,  18,  6                118 

—  Schob  Choeph.  55 

286 

Castor  Rhet.  Gr.  III,  721  Walz  365 

126 

286 

Cato  r.  r.  1,  2                               305 

155 

286 

1,  4                                      305 

202 

288 

2,  2                                    306 

262 

287 

3,  5                                    306 

275 

287 

4                                         306 

279 

288 

5,  2                                    306 

699 

287 

8,  1                                    306 

Nr.    12. 


III.   Imlex   locorum. 


639 


Cato  r.  r.  30 

305  ; 

Gellius  N.  A.  X,  14 

448 

38,  4 

306  ! 

Geminos  6 

608 

52,  1 

301  ! 

Hephaestionea  scholia 

3, 

28 

206 

54,  1 

305  ' 

4,  15 

206 

61,  2 

306 

7,  15 

206 

156,  1 

301 

10,  19 

206 

157,  4 

306 

20,  13 

206 

Cicero  pro  Balbo   14,  33 

464 

Hesiod.  Op.  248 

424 

—  ad   Brutum  I.  2,   1          320. 

322 

353 

426 

I,  2,  5                        321. 

322, 

443 

424 

I,  5,  1 

321 

—  Scut.  54 

425 

I,  10,  1 

321 

149 

425 

I,  10,  2 

322 

155 

425 

I,  12,  1 

322 

—  Theog.  982 

427 

1,  18,  3 

322 

—  fragm.  96,  7  K. 

428 

II,  1,  1 

320 

182  K. 

428 

II,  5,  3 

320 

172,  2  K. 

429 

—  de  divin.  I,  12 

119 

217  G. 

429 

I,  65 

119 

Hieronym.    ad  Lucil. 

71 

(M 

igne 

II,  62 

120 

p.  671a) 

368 

—  de  orat.  11,  13.  57 

43 

Homer    11.  XVI,   150 

56 

II,  17,  72 

43 

—  Od.  III,  36-64 

95 

11,  28,  125 

44 

V,  121 

95 

II,  44,  177 

43 

XVIII,  328 

223 

II,  45,  190 

41 

Iamblichus    ntgi    dgirtjs 

in 

Sto- 

II,  55,  224 

43 

baeus  Bruxellensis 

bei 

Hense 

III,  46,  180 

44 

z.  7,  16 

597 

—  pro  Roscio  Amer.  4 

452 

Inscriptiones: 

43 

454 

C.  I.  A.  T,  59 

258 

49 

454 

Cauer  delectus2  no 

2 

258 

90.  91 

455 

no.  44 

259 

111 

455 

128,  15 

260 

—  —   117 

455 

Isocrates  Demon.  21 

593 

—  Verr.  II,  1,  26,  66 

265 

Iuba  frgm.  VI, 

327 

Ctesias  frgni.  66 

122 

VII 

328 

Diodor  XII,  36 

605 

XI 

329 

Diogenes  Laertius  X,  69 

17 

Iustinus  XXII,   4 

313 

X,  73 

17 

Livius  III,  55 

71 

X,  78 

17 

—  VIT,  34,  11 

265 

Epictetus  enchir.  34 

593 

Lysias  Xfll,  72 

132 

Euripides  Hippol.  33 

381 

Orpheus  Lithic.  ed.   i 

Vbel 

3 

271 

491 

382 

39 

271 

Galenus  t.  XVIII,  2,  p  630.  K 

374 

62 

271 

Gellius  N.  A.  praef.  18 

447 

77 

271 

I,  4,  1 

446 

108 

272 

I,  9,  1 

448 

113 

272 

I,  9,  3 

448 

114 

272 

I,  10,  2 

448 

171 

272 

I,  22,  5 

448 

178 

272 

in,  2,  10 

448 

249 

272 

IV,  1,  1 

449 

309 

273 

IV,  8,  4 

449 

448 

273 

IV,  20,  1 

449 

479 

273 

V,  16,  5 

449 

524 

273 

VI,  3,  39 

449 

563 

273 

VI,  3,  47 

449 

589 

273 

VII,  2,  15 

450 

, 632 

273 

640 


III.   Index  locorum 


Nr    12. 


Orpheus  Lithic.  ed.  Abel  665 

273 

Polybius  II,  18.  9 

559 

750 

273 

Sophocl.  Aiax4  Schol.  v. 

829 

589 

762.  763 

273 

—  Antig.  64 

380 

Ovid.  Ibis  175  ff. 

399 

351 

430 

Plato  Sympos.  180  E. 

593 

525 

430 

Plautus  Capt.  III,  4,  15 

396 

685 

590 

—  Curcul.  IV,  3,  15 

396 

888 

430 

—  Poenul.  230 

394 

—  Oed.  Col.  9 

380 

279 

442 

—  Oed.  R.  122 

431 

299 

441 

928  u.  schol. 

590 

. 330 

395 

frg.  83 

380 

396 

441 

Stobaeusfloril.  1,67, 

p.  24, 

18M 

.594 

473 

441 

3,  79  p.  88, 

6 

594 

482 

441 

5,  55  p.  119, 

22 

594 

496 

395 

5,  67  p.  125, 

7.  8 

594. 

595 

625 

395 

6,  62  p.  157, 

23 

595 

638 

439 

18,  31  p.  29c 

>,  29 

595 

680 

395 

Tacitus  Annal.  15, 

33 

265 

742 

395 

Thucyd.  VII,   15,  1] 

L  ff. 

10 

747  ff. 

395 

Tibullus  I,  1,  35 

31 

828 

395 

-  I,   1,  43 

29 

951 

442 

—  I,  4,  13 

32 

988 

395 

—  I,  4,  56 

29 

1020 

395 

—  IV,  1,  55 

25.  2» 

1066 

441 

—  IV,   1,  115 

24 

1297 

441 

—  IV,  13,  15 

29 

—  Pseud.  183 

442 

Vergil.  Aen.  I,  326 

154 

345 

441 

—  Buc.  I,  66 

154 

1304                         440 

anru. 

III,  84-91 

155 

Die  excerpierten  Zeitschriften. 

Deutsche  literaturzeitung  von  Rödiger   167.  483.  623. 

Hermes  354.  5^7. 

Literarisches  centralblatt  von  Zarncke  83.  251.  419.  486.  627. 

Neue  Jahrbücher  für  philologie  und  paedagogik  von  A.  Fleckeisen   171. 

354.  587.  629. 
Rheinisches  mnseum  von  Bücheier  und  Ribbeck  84.  355.  486.  587.  630. 


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