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Full text of "Philologus"

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US” 


B sur 





PHILOLOGUS., | 





ZEITSCHRIFT - 
FoR 355. 


‘ DAS KLASSISCHE ALTERTHUM. 


HERAUSGEGEBEN 
VON 


ERNST VON LEUTS CH. 


Sechsunddreissigster Band. 


———— en e À — 
GOETTINGEN, 
VERLAG DER DIETERICHSCHEN BUCHHANDLUNG. 


MDCCCLX XVII. 


Inhalt des sechsunddreissigsten bandes. 


Pag. 
Die neuern arbeiten auf dem gebiete der homerischen syntax. 
Jahresbericht. Erster artikel. Modi und coniunctionen. 
Von C. Cape. ©. . . 2 2 .. . . . . . . 671 
Homerische etymologien Von A. Goebel. . . . . 31 


Beiträge zur homerischen syntax. I. 0, or, ore, ott. Von 
C Cappalle. . . . . . 4. . . . . . . . . . 193 
Zu Hom. ll. Y, 47. 49. 51. Von Ernst von Leutsch . 72. 82. 110 
Hom, N. 4 462. Von C. Kurtz. . . . . . . . . 502 
Zu Pindaros. Von R. Rauchenstein . . . . . . . . 64 
Soph. Elect. 137. Von Ernst von Leutsch . . . . . . 31 
Soph. Antig. 124. Von E. A. L. Ahrens . . . 444 

Beiträge zur erklärung des Euripides. (Eur. Bacch. 441. 
Iphig. Aul. 1 sqq.).° Von C. Schliack . . . . . . . 348 
Zu Euripides Hippolytos. Von Th, Barthold . . . 165. 346. 
414, 365. 718 
Eur. Phoen. 60. Von Ernst von Leutsch . . . . . . 63 
Zu den Fröschen des Aristophanes. Von N. Wecklein . . 221 

Das epirrhema in den Wolken des Aristophanes. Von E. Wey- 
and. . . . . ss + + 73 


Zu Theokritos. Von H. L. Ahrens . . . . . . .:. 210 


Zur erklärung und kritik des Thukydides, Von R. Rauchenstein. 233 
Xenoph. Anab. 1, 1, 8. VI, 2, 13. Von W. Vollbrecht . . 349 
Xenoph. Anab. V, 3, 9. Von E. Rosenberg. . . . . . 232 


IV Inhalt. 


Pag. 
Die griechischen historiker der spätern zeit. Jahresbericht. 
I. Dionysios von Halikarnass. Erster abschnitt. (Schluss folgt). 


Von C. Jacoby . . . . . . . . . . . . 129. 528 
Plut. Vit. Cicer. 9. Von E. Kurtz . . . . . . . . 507 
Zu Platons Politeia. Von Liebhold . . . . . + 716 


Zum Timaeus des Platon (p. 31 B sqq. 53 € "m Von 
N. Weclen . . . . . . . . . . . . . . . 168 


Ueber eine fälschlich dem Aristoteles oder dem Joannes Mau- 
ropus zugeschriebene physiognomik. Von R. Förster . . 172 


Zu Plutarch. Moralia (de Fort. c. 2, p. 223 Teubn., Consol. 
ad Apoll. 10, p. 244 T). Von H. Köstin. . . 164. 670 


Zum text des Sextus Empiricus. Von E. Pappenheim. . . 415 


Demosthenes staatsreden. I. II. Crortietumg iid Von 
A. Weidner . . . . M . . + 246 


Kritische beiträge zu Demetrius egi founvetas Von C. 
Hammer. . . . . . © 6 © © © + 355 


Plaut. Amphit. I, 1, 50. II, 2, 6. Von H. Köstlin . . . 358 
Plaut. Pers, 65. Von O. Seyffert . . . . . . . . « 284 
Die anapüsten im Stichus des Plautus. Von Th. Buchholtz. 720 


Verg. Georg. Il, 5. IV, 333. II, 96. *Von Ernst von 
Leutsch . . . . . . «+ « « 220.327. X28 


Zu Ovids Heroiden. Von C. Schenkl . . . . 174 


Zu Ovid. Metam. III, 3. 27. 93. HI, 296. HI, 44. XV, 746. 
Von C. Hartung. . . . . . . . . 268. 362. 427. 487 


Kritisches und eregerisehes zu Ovids fasten. I. II. Von 

G. Nick. . . . . 0.5 . 428 
Zu Phaedrus (Fab. I, 15, 20). Von A. Weidner. . . . 626 
Zu Statius. (Silv. V, 3, 231. III, 3, 98. I, 3, 38. II, 1, 171. 

179. II, 6, 48. 58. HI, 5, 46). Von H. Kóstlin . . . 176 
Kritische bemerkungen zu Martialis. Von H. Kistlin . . 269 
Zu Commodianus. Von E. Ludwig. . . . . . . . . 285 


Inhalt. 


Liv. XXX, 37, 4. XXX, 31. 30. 29. XX XI, 11. XX XIV, 
26, 3. XXXIV, 3, 6. 63, 2. 1,41. Von A. Weidner . 
209. 245. 345. 
Liv. XXXVI, 34. Von Fr. Mezger 
Tac. German. 15. Von C. Hartung 


Ammianus beziehungen zu seinen vorbildern, Cicero, Sallu- 
stius, Livius, Tacitus. Von H. Wirz . 


Commentationes Cornificianae, Scr. P. Langen. (Continua- 
buntur . . . . . . . . . . . 445. 


Tacit. Dial. de caussis corr. elog. 6. 7. 10. Von M. Ober- 
berger . . . . . . . . . . . + . 561. 636. 


Zu den kyprischen inschriften. Von H. L. Ahrens 
Palaeograpbisches und unpalaeographisches. Von Ed. Wolfflin 


Kleon und Aristophanes Babylonier. Von H. Schrader . 


Die quellen für die nachrichten der alten historiker über die 
Diadochenkümpfe bis zum tode des Eumenes und der Ofym- 
pias. Von H. Kallenberg. (Schluss folgt) . 305. 488. 


Die neuern bearbeitungen der geschichte Griechenlands unter 
römischer herrschaft. Von G. Hertzberg . 


Miscellen zur kritik einiger quellenschriftsteller der spütern 
rômischen kaiserzeit. 1. Zur kritik des Eusebius und La- 
ctantius. (1. Ueber die abfassungszeit des buches de mor- 
tibus persecutorum. 2. Zur kritik der berichte des Euse- 
bius und Lactantius über Maximin's II. verhältniss zu den 
Christen in den jahren 311—313. 3. Zur kritik der von 
den beiden christlichen autoren entworfenen characteristik 
des kaisers Maximin II. 4. Zu Lactant. de m. pers. 50). — 
IL Zu Capit. Gord. tr. 34. — HI, Zur kritik der pro- 


385 


637 


328 





VI Inhalt, 


vinzialeintheilung Diocletians vom j. 297, des Zosimus (IL, 
14) und des Anon. Valesii nr. 8. Von Franz Görres. 


Die tribut-comitien. Von H. Genz . . . . . . . 


Die geographie der provinz Lusitanien bei Plinius. Von 
D. Detlefsen  . . . . . re ew tw ew tl 


Auszüge aus schriften und berichten der gelehrten gesell- 


schaften so wie aus zeitschriften . . . 185. 363. 569. 


597 


111 


723 


Verzeichniss der excerpirten zeitschriften. 


Berichte über die verhandlungen der königl. sächsischen ge- 
sellschaft der wissensch. zu Leipzig . 


Bulletin de la societé des antiquaires en France 
Jahrbücher des vereins von alterthumsfreunden im Rheinlande 
Memoires de la société nationale des antiquaires en France . 


Mittheilungen des historischen vereins für Steiermark . 


Revue archéologique. . . . . . . . . . 372, 569. 
Revue critique d'histoire et de literature . . . 185. 384. 


Sitzungsberichte der historisch-philologischen classe der königl. 
bayer. academie der wiss. zu München . 


Sitzungsberichte der kaiserl. acad. der wiss. zu Wien. 

Verhandlungen des historischen vereins für Niederbayern . 

Verslagen en Mededeelingen der kon. acad. van wetenschappen 

Zeitschrift des vereins für hessische geschichte und landes- 
kunde . 

Zeitschrift des historischen vereins für Schwaben und Neu- 
burg. . . 2 2 4.4 . nee 


729 
364 
729 


729 


Die übrigen indices für bd. XXXVI erscheinen - in 


bd. XXXVII. 


1. ABHANDLUNGEN. 





I. 
Zu den kyprisehen inschriften. 
(Nachtrag zu Philol, XXXV p. 1f.). 


Herr Isaac fl. Hall zu Beirut in Syrien hat in dem Jour- 
nal of the American Oriental Society Vol. X. 1875. p. 204 f. die 
kyprischen Inschriften der in das Metropolitan Museum of Art zu 
New-York gekommenen Cesnola’schen sammlung. in sorgfältigen 
lithographien *) auf acht tafeln mit commentar veröffentlicht und 
die freundlichkeit gehabt mir ein exemplar seiner arbeit zukommen 
zu lassen, dem nachträglieh noch einige werthvolle bemerkungen 
zu den von mir früher behandelten inschriften gefolgt sind. Schon 
im März 1875 hatte ich solche auch von Deecke erhalten sammt 
copien einiger ‘inschriften, grösstentheils nach strassburger gips- 
abgüssen. Einiges beachtungswerthe lieferte ferner ein artikel von 
Siegismand in dem jüngsten bande der studien von Curtius p. 97 f., 
der schwanengesang des vielversprechenden jungen gelehrten, der 
durch ein klagenswerthes geschick, gerade als er kaum den ‚boden 
betreten hatte, der die gegenstände seiner wissbegierde barg, seinem 
fors¢hungseifer zum opfer fiel. Ueber die vereinzelte veröffenth- 
chung einiger kyprischer urkunden durch Birch und Schmidt s. unten. 
Das aus diesen quellen zusammengeflossene material hatte mir 


1) Hinsichtlich taf. VIII, wo nr.31—37, ist angegeben: which has 
been photolithographed from pencil rubbings and tracings on the stone. 


Philologus. XXXVI. bd. 1. 1 


2 0 Zu den kyprischen inschriften. 


erbeblich genug geschienen, um einen nachtrag zu meiner arbeit 
über die kyprischen inschriften zu rechtfertigen, und ich hatte einen 
solchen fast schon abgeschlossen, als ich durch die ausgezeichnete 
gefälligkeit Deecke’s, dem ich zufällig meine absicht mitgetheilt 
hatte, noch andere hülfsquellen erhielt, nämlich sechs vom Metro- 
politan Museum of Art zu New-York schon vor Hall’s arbeit ver- 
öffentlichte photographien kyprischer inschriften aus der Cesnola’- 
schen sammlung (Hall nr. 1. 9. 13. 24. 27. 29) mit den ganzen 
stein- und sculpturresten; ferner einige papierabklatsche, wahr- 
scheinlich nach den berliner gipsen; endlich eine anzahl werthvoller 
mittheilungen über edirte und nicht-edirte inschriften. Ich habe es 
geboten erachtet auch dieses nachträglich zugekommene material, 
dem sich durch gefällige mittheilung meines freundes Wieseler zu 
Göttingen auch noch die arbeit von Doell „die sammlung Cesnola“ 
in den Mémoires de l’Academie de Sct. Petersbourg. Vile. Série 
T. XIX Nr. 4. 1873 zugesellt hat, durch umarbeitung meines 
aufsatzes zu verwerthen. In diesem habe ich aus den erhaltenen 
privaten mittheilungen ausser den factischen angaben selbstverständ- 
lich fast durchaus nur dasjenige erwähnt, dem ich zustimmen konnte, 
Aber auch hinsichtlich der gedruckten arbeit von Hall bin ich, 
um eine unfruchtbare polemik zu vermeiden, wesentlich demselben 
principe gefolgt. Zuerst stelle ich zusammen, was sich aus den 
obigen quellen für die schon von mir behandelten inschriften neues 
. ergibt, und lasse dann in anschluss an jene sammlung fünf weitere 
inschriften folgen. m 

I. Bronzetafel von Idalion. Hall bestätigt auf grund 
eigener sorgfültiger prüfung die grosse zuverlüssigkeit des facsimile 
von Luynes. Nur in z. 3 sei zwischen to.se. und i.ta.i. der divisor 
ausgelassen. In z. 3. 4 billigt Deecke mein ixsuau£vog mit sei- 
ner erklärung, nur dass er vorzieht ixuaufvog zu lesen, welche 
gefüligere form (auf ein ix-u5 zurückzuführen) ich verschmäht 
hatte, um nicht gegen die von Deecke-Siegismund aufgestellten 
und von mir gebilligten leseregeln zu verstossen. Weshalb ich sie 
aber jetzt annehmen zu dürfen glaube, soll unten zu nr. XII dar- 
gelegt werden. In z. 27 ziehe ich jetzt vor pe.re.ta.li.o.ne. mit 
Deecke -Siegismund eg’ HóaAv» (statt meines nig) zu lesen, da 
sich in nr. XXIV ein kyprisches eoi finden wird. 

IL Bilinguis von Idalion. Ein neues sorgfältiges 


Zu den kyprischen inschriften.- 8 


facsimile dieser inschrift hat Euting in dem werke „sechs phöni- 
zische inschriften. Strassburg. 1875“ geliefert, das mir leider nicht 
zugänglich geworden ist. Deecke hat ausserdem auch den strass- 
burger gipsabdruck benutzt, Hall aber den stein selbst im briti- 
schen museum einer genauen untersuchung unterzogen. Dieser 
schreibt mir nun, er habe (was auch Siegismund p. 99 berichtet) 
zu anfang der inschrift vor pa.si.le.vo.se. noch ve.tei. = péres er- 
kennbar gefunden; bei Euting findet sich nach Siegismund’s an- 
gabe wenigstens noch ein deutliches i. Auf Hall’s angabe ist aber 
um so mehr werth zu legen, weil er mehr als irgend ein anderer 
die gelegenheit gehabt und benutzt hat kyprische inschriften in 
den originalen zu studiren. Siegismund hat nun geurtheilt, jenes 
ptu spreche nicht entschieden für meine annahme, dass vorn das 
jahr des oberpriesters ausgefallen sei. Das scheint mir aber doch 
recht stark der fall zu sein. Denn wenn das pére zu dem folgen- 
den PaosAnrosg gehören sollte, würde dazwischen die durch den 
phönizischen text gesicherte jahreszahl III I fehlen, und somit passt 
dasselbe nur zu meiner auffassung, die übrigens Hall bei seiner 
entdeckung noch nicht gekannt hat. Man hat also jetzt nach der 
analogie von ,,s° tot sAoxumgwv Fére I, 1 zu anfang ergänzend 
zu schreiben ,,5 105 tod déive] Lére, BamAñFos x.1.). — Das 
zweifelhafte zeichen zwischen ka. und tali.o.ne. erklärt Hall mit 
grösster bestimmtheit für te, wofür es auch von Schmidt genommen 
war, und bei Euting ist es nach Deecke dem te. viel ähnlicher 
als dem e.; auch hat nach Hall das te. in dem von ihm vorn ge- 
fundenen ve.te.i. ganz dieselbe von der gewöhnlichen etwas abwei- 
chende gestalt. Man wird hiernach nicht umhin können die lesung 
ka.e.ta.li.o.ne. — xà 'HóaA(w» aufzugeben. Dann weiss ich aber 
keinen andern rath als xa °HdaMwy zu lesen und xdze für eine 
kyprische form des epischen xaé re zu nehmen, Dieses enthält, da 
xaf und ze (= skr. k’a, lat. que) desselben ursprunges sind (s. 
Curtius grundz. nr. 27), in wahrheit eine verdopplung der copula- 
tiven partikel und bildet somit einen kräftigeren ausdruck für das 
und, am richtigsten etwa durch und auch wiederzugeben. Analog 
ist das lateinische atque, in dem at für eine ältere form von et zu 
nebmen ist?) In formaler hinsicht entspricht noch genauer quoque, 


2) Als solche zeigt sich at besonders deutlich in aiquf, das genau 
1 * 


4 Za den kyprischen inechriften, 


weil gleichfalls durch verdopplung entstanden, hat aber durch 
die enklitische verwendung eine abweichende richtung genommen. 
Das wesen des epischen xaí re wird noch deutlicher, wenn man 
erkennt, dass xoí sammt re (= skr. k'a, lat. que) mittelst einer 
alten aphüresis aus skr. ka unus (= lat. aequus) geworden sind *). 
Wie leicht aus dem begriffe ein eine partikel der vereinigung und 
verbindung hervorgehen konnte, liegt am tage. Zunächst lässt sich 
xoi dem lat. «nà gleichstellen und somit xaf ze mit et una ver- 
gleichen, indem die enklitische form sich früher zum schlichten 
copulativen gebrauche abgeschwächt hat. An sich kann nun dieses 
xaí te recht wol auch zur verknüpfung zweier nomina dienen, und 
wenn die epische sprache es in dieser anwendung nicht zeigt, ist 
das doch kein genügender grund dieselbe deswegen auch dem ei- 
genthümlich entwickelten kyprischen dialekte abzusprechen, der 
übrigens in diesem xaze = xat te wieder eine nähere beziehung 
zu dem epischen dialekte erkennen lässt. Man hat sogar grund 
zu vermuthen, dass das gewöhnliche kyprische xs = xo; gerade 
aus jenem xare = zat te geworden sei, nämlich durch dieselbe 
apokope wie în neque für nec und dann verwandlung des v in © 
nach der neigung des kyprischen dialektes. Es ist derselbe her- 
gang wie bei dem übergange von woosl, orl in 006, kypr. zóc*). 
Die verstärkte form xag = x«re hätte dann meistens die einfache 
xa verdrängt. Jedenfalls scheint in dem gebrauche der form xaze 
etwas alterthümliches zu liegen, vgl. unten zu z. 4. Die elision 
«di "Hdedlwy, wobei der consonant der durch die elision getrof- 
fenen silbe mit dem folgenden anfangsvocale în ein silbenzeichen 


® 
dem gleichbedeutenden griechischen xaizos entspricht mit qu = + 
wie in quis und que. 

8) Dieselbe aphäresis dürfte in den indefiniten sx, quis mit ihrer 
sippe zu erkennen sein. Man vergleiche das deutsche einer im 
sinne von #ç und einst, einmal im sinne von nore; ferner die 
griechiachen von der wurzel sam, du stammenden indefinita, während 

jeselbe in sis (aus év-c für éu-c) und lat. sem-e/ den begriff der ein- 
heit zeigt. Es ist dann aber anzunehmen, dass auch die deutschen 
indefinita wer, wo u.s. w. mit den fragwörtern nur scheinbar gleich- 
lautend sind und auch ihrerseits auf ig. aikva zurückgehen. 

4) Wegen der verwandlung des auslautenden 7 in ce vergleiche 
man besonders noch das neutrum des part. perf. act., wie edos von 
St. eldor. Dass in «dts das r aus ursprünglichem kv geworden ist, hat 
der verwandlung ebenso wenig hinderlich sein können als bei tes, 


wofür kyprisch oss. 


Zu dea kyprischen inschriften. 5 


summmengexogen ist (ka.te.ta.li.o.ne.) hat ihre analogien in a.po.vo.i, 
I, 3 — dg’ oi, peretalio.ne. I, 27 == neg Hdalsox (wie ich 
jetzt zu lesen vorsiebe) uad pa.ta.ko.ra.sha.tose, XXIL 2 = mia 
dxoga7Nrog (s. unt.). ° 

In s. 2 hat Hall, wie auch Siegismuad erwähnt, zu enfang 
vor me.na.ne. noch das zeichen ko. gefunden, was zu der Deecke- 
Siegismund’schen von mir gebilligten ergänzung ?7cye]uerîv sebr 
gut stimmt. Bei Euting ist dann ne.vo.sa.ta.ta.se. nach Deecke 
(der meiner erklärung durchaus zustimmt) vollkommen sicher. Ebenso 
ist in z. 3 durch Buting's facsimile a.po.i.vo.i. gesichert, Es folgt 
aber in demselben vor r&g (nach dem divisor) eine lücke mit resteu 
eines zeicheis, das Deeeke nicht zu deuten weiss und geneigt ist 
aaf einen fehler des steinmetzen zurückzuführen; ich weiss keine 
bessere erklärung und denke mir, dass der steinmetz das falache 
zeichen alsbald selbst getilgt hat. Zu anfang ven z. 4 ist bei 
Euting das pe. ganz klar, davor aber noch der rest eines zeichens, 
das nach Deecke recht gut e. gewesen sein kann; Mall erklärt 
aus anschauung des steines das e. für ,ploin enough. Dica passt 
sowohl zu dem é]sévys von Deecke-Siegiamund als zu meinem {]zédvxs. 
Des letzte zeichen der vorletzten gruppe hat nach Deecke hei Ku- 
ting eine solche gestalt, dass es auch recht gut ein i. sein kann 
satt des von mir anerkaanten ji., dessen zeichen übrigens auch 
Brandis nr. AO bietet. Danach würde mein zUyaj (das Deecke 
Vorher für „jedenfalls richtig“ erklärt hatte) der gewähn- 
lichen form zóyó, wieder weichen können. Jedoch mag ich das 
selbe noch nicht ganz aufgeben, da sich jetzt auch in sedia eine 
vereinzelte alterthümliche form dieser inschrift gefunden bat. End- 
lich in der letzten gruppe ist das zeichen za. und damit meine le 
mug dja®üs durch Eutings facsimile (s. Siegism. 99), durch den 
strassburger gipsabdruck nach Deecke und durch Halls zeugnise 
vollkommen festgestellt. 

HI, Das e. in e.tana. ist nach Deécke’s ansicht nur ein 
Khembares, durch einen zufälligen riss aus a. geworden. In die. 
wm falle muss mein künstlicheres *Hrcva dem '49dva wieder 
weichen, | 

IV. Nach Siegismund p. 107 bietet eine durch Euting erhal- 
tene galvanoplastische copie statt ‘ka.te.te.i. deutlich ka.te.te.ke. sss 
saréSyxe, was mir sehr willkommen ist, da man dadurch die be- 


6 Zu den kyprischen inschriften. 


denkliche form &9n los wird und auch das schwierige i., dessen 
von mir vorgebrachte erklärung als des kyprischen pronomens iy 
doch nur ein nothbehelf war. Die inschrift bildet übrigens einen 
iambischen frimeter: “Auto xarédnxe tas Jud. tas Todylas. 

VI. Nach Deecke hat der strassburger gipsabdruck statt 
ka.ma.le.ko.se. vollkommen deutlich ka.ma.la.ko.se, Es wird kein 
bedenken haben meine auffassung des namens als des semitischen 
Amalek auch für ein l'aucAaxog oder Tüualxoc festzuhalten. Mein 
Zwrta wird gleich dem yoavLousvov I, 18 von Siegismund aus- 
drücklich gebilligt, wie auch Deecke meine entdeckung des zei- 
chens zo. für plausibel erklärt. 

VII, bei Hall Pl. VII, nr. 29, liegt mir auch in photographie 
vor und in einer copie von Deecke nach dem strassburger gipsab- 
drucke. In z. 1 ist das dritte zeichen bei Schmidt ein gewöhnli- 
ches o. und wird auch von Hall so gelesen, hat aber auf seiner 
tafel und in den andern quellen an der rechten seite des unteren 
winkels noch einen dritten kleineren winkel. Danach wage ich 
hier das noch fehlende zeichen für jo. zu erkennen, das aus dem 
o. differenziirt ist, und tijo.se. = 44j0ç statt 450ç zu lesen, vgl. 
unten zu nr. XI. In z. 2 habe ich als erstes zeichen mit Schmidt 
ko. anerkannt, und so auch Deecke, wobei ein neben dem zeichen 
stehender strich nach Schmidt von mir für zufällig, von Deecke 
aber für den divisor genommen ist. Beiden auffassungen wider- 
streben die -darstellungen der Hall’schen tafel und der photographie, 
und der letzteren steht insbesondere entgegen, dass der sichere 
divisor in z. 3 die gestalt eines punktes hat. Richtiger wird da- 
her Hall jenen strich für einen bestandtheil des ersten zeichens ge- 
nommen und in diesem ein no. anerkannt haben. Das folgende 
zeichen ist nach allen obigen quellen nicht ein i., das Schmidt ge- 
setzt hat, sondern ein a. Somit hat die zweite zeile no.a.i.sa. 
Denn das schwache se., das Deecke’s copie am schlusse noch zeigt, 
wird durch die photographie und Hall’s tafel durchaus nicht be- 
stätigt. Deecke und Hall erkennen ein afca. Ich weiss dies wort 
aber nicht zu verwerthen und kann nicht glauben, dass diese zeile 
sich unmittelbar an die erste anschliesst, obgleich Hall brieflich 
mit grosser bestimmtheit versichert, dass die inschrift vollständig 
sei. Aber nach der photographie des steines, der an der linken 
seite ganz scharf abgeschnitten ist, scheint es doch sehr denkbar, 


=" uum = e gn m 


Zu den kyprischen inschriften. 7 


dass die erste und die dritte zeile sich noch auf einem angrenzen- 
den steine fortgesetzt haben, während die zweite von anfang an 
ganz kurz gewesen ist. Auch die dritte zeile, an der die neuen 
quellen nichts ändern, bleibt dunkel; Schmidt's auffassung des Ez; 
als tes wird durch den wegfall des {ox noch problematischer. 
Uebrigens ist diese inschrift nach Deecke die am tiefsten und 
schärfsten eingehauene, wofür auch die photographie zeugt. 

VII. Das erste zeichen, bei Schmidt nr. 7 ein e., hat nach 
Deecke’s copie in dem strassburger gipsabdrucke dieselbe gestalt 
wie das vorletzte zeichen der dritten zeile, wo Schmidt ein ge- 
wöhnliches ne. bietet, von dem jenes sich auch nur durch die starke 
krimmung der beiden nebenstriche unterscheidet. Das dritte zei- 
chen der ersten zeile, bei Schmidt i., hat bei Deecke eine erheblich 
verschiedene gestalt und ist von demselben in der vermuthungsweise 
vorgeschlagenen lesung (0)vf9yxe (statt Schmidt's Ëres) für ke. ge- 
nommen, obgleich auch von dessen bekannter gestalt sehr abwei- 
chend und leichter für ein a. zu halten. Jedoch wird jenes Er 
wenigstens sehr zweifelhaft. 

XI. Hall PI. II or. 9, auch in photographie, in einem papier- 
abklatsche, in der kleinen abbildung bei Doell T. XJ nr. 2 mit 
grösserer copie p. 49 nr. 767 und in einer copie von Deecke 
sach dem strassburger gipsabguss mir zur hand. Das zweite von 
Schmidt wie ein sigel dargestellte zeichen ist von Deecke und 
Hall richtig als je. erkannt, dessen gestalt es auch schon bei Bran- 
dis nr. 13 zeigt. Der von Schmidt über dem mi. angege- 
bene punkt erscheint bei Doell p. 49 als ein strich, der aber in 
den andern quellen gar nicht oder kaum zu erkennen und jeden- 
falls ohne bedeutung ist. Somit lautet der name 4jatdeps mit 
abfall des auslautenden ç, s. vorbem. 15. Man hat hier nun einen 
weiteren beleg für den wandel des inlautenden £ in j, gleichwie 
in dem vorher von mir in nr. VII anerkannten Aıjoc und in 4f 
ur, XXI, 3 (s. unt.), vgl. vorbem. 11. Der auffallende diphthong 
& statt ss oder ; erklärt sich daraus, dass der dativ, der den er- 
sten theil dieses namens bildet (vorbem. 8), im sanskrit div-& lau- 
tt, dem & aber im griechischen am genauesten und ursprünglich- 
sten as entspricht. Das erste zeichen der letzten zeile erscheint in 
allen quellen ganz deutlich als u., und Deecke hat darin sehr gut 
die von mir zu I, 5 nachgewiesene mit imi synonyme kyprische 


8 Zu den kyprischew inschriften. 


pritposition 6 erkamt, sodass è 670 mit dew sonst im diesen im 
schriften erscheinenden ^; zuy&s und 7: zuya gleichsteht, Maa 
vergleiehe u. a. den gebrauch von és? in Hesiod. Th. 540. 555 
dodln ént téyyn, wo auch &v und oùy sinngemüss sem würden. 
Dasselbe ö wird sich als präfix auch in nr. XXIV wiederfinden. 
Uebrigens stammt diese inschrift von Gelgoi, vgl. Doell p. 5. 7. 

XII. Hafl PI VI nr. 24, auch in photographie und in einer 
copie von Deecke nach dem strassburger gipsabguss. Meine auf- 
fassung des zweiten zeichens als po. und lesung ” Eywdog war früher 
von Deecke gebilligt, wie denn seine copie auch das po. recht deutlich 
erkennen lässt. Jetzt aber hält er nach der photographie jenes zeichen 
für ein sicheres ko., wie auch Hall es aufgefasst hat, dessen facsimile, 
das er excellent nennt, mit der photographie vollkommen stimmt. 
Jedoch ist die verschiedenheit des zeichens von dem po. der Idali- 
schen bronze, das gleich in den ersten beiden zeilen fünfmal vor- 
kommt, so versehwindeud gering, dass ich dabei bleiben muss die 
deutung als po. für vollkommen zulässig zu halten®). In 2.2 wird 
ta., das ich mit Schmidt in to. gebessert habe, durch alle obige 
quellen und auch durch Halls ausdrückliches zeugniss geschützt. 
Allerdings wäre es, wie auch Hall zugibt, nicht undenkbar, dass 
der steinmetz ein versehen gemacht habe; jedoch glaube ich jetzt 
auch unter beibehaltung des ta. eine glaubliche erklärung der 
gruppe ta.pite.ki.si.o.i. vorlegen zu können. Ich lese nämlich 
TAgıdeyolas, d.i. 1 ‘Augidetto, worin ein beiname des 
bogenschützen Apollo zu erkennen ist, vgl. Hesych. dupsdsSlosg 
18008: toig rd» rokorwv, dia 10 txartgay yzeiga Evaoyeiv ty 
19 vokeót». AMoyvAos TrAtpe. Freilich ist hierbei anzunelmen, 
dass die dem attischen dialekte angehörige art der krasis, wo das 
zweite wort mit a anlautet, auch dem kyprischen dialekte nicht 
fremd gewesen sei, wogegen aber auch kein entscheidender grand 


b) Auch Brandis nr. 8. 11 hat das seichen für dasjenige genom- 
men, das er fälschlich als go. gedeutet hat, während es in allen an- 
dern in nr. 8 zusammengestellten beispielen ohne zweifel vielmehr 
po. ist, nämlich: I, 1 pi.lo.ku.po.ro.ne., 2. sa.ta.si.ku.pu.ro.se., 2. 11. 
to.no.na.si.ku.po.ro.ne., II, 3. a.po.i.vo.i., XXII, 4. po.le.po.o. (s. unt.). 
Die von Brandis aufgeführten stücke der inschriften eind von mir 
früher mit unrecht zu sehr vernachlässigt. Denn so wenig brauchbar 
auch grossentheils die deutung der zeichen ist, so sind diese doch 
selbst mit vieler sorgfalt wiedergegeben, soweit es der typendruck 
erlaubt, und bieten manches belehrende. 


Zu dex kyprischen inschrifteo. 9 


spticit 5); ferner dass gegen die von Deecke-Siegismmd aufgestell- 
tea und von mir anerkannten regem und gegen die analogie von 
eke.so.si, I, 31 = #y000s, d.i. Eos, der erste consenant des 
complexes È oder vielmehr 70 nicht das silbenzeichen mit dem vor- 
hergehenden vocale erhalten habe, sondern das mit dem folgenden, 
wie auch Schmidt — deyotos gelesen hat. Es wird sich aber jetzt 
in nr. XXIV ein zweites ganz sicheres beispiel der art finden, 
nämlich e.u.ka.sa.me.uo.se. = sdyocueros. Da aber die gewühn- 
liche griechische schrift für die verbindung einer gutturale mit 
nichfolgendem o sogar das einfache zeichen des doppelconsonanten 
§ verwandte”), so ist es deutlich, dass der gutturale laut sich mit 
dem folgenden 6 sehr eng verband und dadurch auch in nähere 
beziehung zu dem folgenden vocale trat, und begreiflich, dass er 
in der kyfrischen schrift durch dus mit diesem versehene silben- 
zeichen bezeichnet werden konnte. Das verschiedene verfahren in 
ekeso.si. und -— te.ki.si.o.i., e.u.ka.sa.me.no.se. wird auf eine et- 
was verschiedene aussprache zurückgeführt werden dürfen, nach 
der die beiden elemente entweder schärfer gesondert oder inniger 
verschmolzen waren. Schon im vorbem. 2 habe ich darauf hinge- 
wiesen, dass die kyprische schrift beachtungswerthe winke über die 
feinere aussprache hinsichtlich der silbentheilung gebe. Ein solcher 
liegt such in dem i.ki.ma.me.no.se. I, 3. 4, das ich früher nach 
den anerkannten leseregeln, weil hier muta c. liq., ixsuauevog gele- 
sen babe, während ich jetzt (s. oben) lxwaué£ros vorziehe. Unter 
den liquiden ist nämlich 4 diejenige, welche sich am schwerfällig- 
sten mit einer vorhergehenden muta verbindet, wie schon daraus 
erbellt, dass solche verbindungen anlautend im griechischen nur 
spärlich, ion lateinischen gar nicht vorkommen. Dadurch wird es 
begreiflich, dass im inlaute die muta von der liquida schärfer ge- 
sondert blieb und sich mehr der ersteu silbe anschloss, in der ky- 
prischen schrift aber deshalb das zeichen mit dem vocale derselben 
erhalten konnte. Die behandlung des von mir (vorbem. 2 anm. 6) 

6) Vereinzelte beispiele dieser art von krasis aus dem nicht-atti- 
schen gebrauche sind 7’Ayaıoi = toi ’Ayasoi in dem epigramme eines 
weihgeschenkes der Achtier zu Olympia Paus. V, 25, 10 und das von 
Boeckh C. I. nr. 29 auf einem andern weihgeschenke hergestellte 
T Apysios = 108 ' Ápytios. 


7) Ueber den älteren gebrauch von yo für È s. Kirchhoff | gesch. 
d. griech. alphab. p.89 mit den nachträgen von Robert Archäol. zeit. 
XXXIII p. 160. 


10 Zu den kyprischen inschriften; 


noch zweifelhaft gelassenen u» ergibt sich jetzt aus me.ma.na.me.no.i, 
== weuvauéros XXIII, wo also das 4 den folgenden vocal erhal- 
ten hat nach dem bei muta c. liq. gewöhnlichen verfahren, Eine 
andere abweichung aber von den aufgestellten regeln enthält 
ka.ra.si.ti. XXII, 1 = ocor, da hier das c den folgenden vocal 
angenommen bat, wäbrend sonst überall in den inlautenden verbin- 
dungen von c mit einem nachfolgenden consonanten jenes den vor- 
hergehenden vocal erhält, und zwar selbst, wo der complex erst 
durch das augment oder durch zusammensetzung inlautend gewor- 
den ist?). Ueberall sind die inlautenden consonantenverbindungen 
in drei klassen zu theilen: 1) solche, die sich nothwendig zwischen 
die beiden silben vertheilen, 2) solche, die ganz der zweiten silbe 
zufallen, 3) solche, bei denen das eine oder das andere zulässig er- 
scheint. Bei der ersten klasse benutzte die kyprische schrift für 
den ersten consonanten den vorhergehenden vocal, bei der zweiten 
den folgenden, während bei der dritten ein schwanken zwischen 
beiden eintreten konnte. Die scheidung der drei klassen kann zu 
grossem theile nur auf grund der beobachteten praxis erfolgen. — 
In z. 3 wird das zeichen za. und damit mein aladas von allen 
quellen bestätigt. 

XIII, Hall Pl. VI nr. 23 und in copie von Deecke nach dem 
strassburger gipsabguss, auch bei Doell p. 50 nr. 69 (ohne litho- 
graphisches bild) als von Golgoi stammend, vgl. p. 5. 7. In z. 2 
hat Hall’s tafel als vorletztes zeichen statt des te. bei Schmidt und 
Deecke, das auch Hall anerkennt, in wahrheit ein plumpes, aber 
doch unverkennbares i, und auch Doell hat, wie ich hinterher ge- 
war geworden bin, das zeichen i. gegeben. Danach ist nunmehr 
zu lesen ,,dvéInxe tie Io) || vi "nA v (statt dvéIyxe 1006), 
vergl. XI as 9:0 10 74nAovs bvéFyxe, 1,27 10° Isdv rdv "Aduvar. 
Das absolute zods war auch an sich nicht sehr glaublich. 

XIV. In z. 2 hat der stein nach Hall’s mittheilung statt des 
von Schmidt gegebenen ta.a.po.pa.ne. vielmehr to.a.po.lo.ni., also zd 
"nii, so dass sich Blau's besserung a.po.lo.ni. bestätigt und 


8) Die regel ist beobachtet in »sfooriras II, 3 ’Aosoropero 6 
"Apiorayópav XVII, "Apsoroxé Fur XXIV, uio99y I, 4. 5. 15, ivalalo- 
utva I, 26; ferner nach dem augmente in xetéoracs II, 2. X. XII. 
XVIII, xarsoxeufFacs XIX, 3 und in dem zusammengesetzten énsorurec 
XXII, 8; endlich vor enklitischen wörtchen in sacde I, 28. 29. 30, 
000€ I, 30, cic xs I, 29, sac ye I, 29, xdg nas I, 4, wis nus XXIII. 


Zu den kyprischen inschriften, 11 


mein nothbehelf der lesung in wegfall kommt. In z.3 ist ma.ke,ri.o, 
= Maynelw von mir nur in folge eines mir jetzt unerklärlichen 
versehens gesetzt. Schmidt hat ganz richtig das auch durch Hall 
bestätigte zeichen ki., also Mayvgtw. Danach ist dieses vermeint- . 
liche beispiel des kyprischen wechsels zwischen 1 und & in der 
bemerkung zu I, 1 p. 35 zu tilgen. 

XXI, jetzt mir auch in einem guten papierabklatsche zur 
band. Auch hätte ich bei dieser inschrift die mittheilungen von 
Brandis nicht vernachlässigen sollen, der dieselbe stückweise voll- 
ständig wiedergibt °. Hr. Hall berichtet mir aus eigener ansicht 
des steines, dass Schmidt’s facsimile in mehreren beziehungen feh- 
lerhaft sei. Jedoch stimmt die von ihm mitgetheilte lateinische 
umschreibung in der auffassung aller einzelneu zeichen durchaus 
mit der meinigen, nur mit ausnahme des fünften in z. 2, das nach 
seiner versicherung nicht u., sondern i. ist. Und allerdings bietet 
statt des mangelhaften und zweideutigen zeichens bei Schmidt, das 
ich für u. nehmen konnte, der papierabklatsch ein möglichst voll- 
sändiges und deutliches i, und auch Brandis hat ein solches. 
Ausserdem bemerkt aber Hall, die zeilen der inschrift seien durch 
wagerechte linien geschieden, die einzelnen gruppen durch loth- 
rechte. Diese angabe wird durch den papierabklatsch vollkommen 
bestätigt, hinsichtlich der divisoren auch durch die mittheilungen 
von Brandis, in denen durchaus die durch die divisoren gesonderten 
gruppen den angaben von Hall und dem papierabklatsch entspre- 
chend erscheinen. Nur der von Hall in z. 1 nach emi. angege- 
bene divisor findet weder durch den papierabklatsch noch durch 
Brandis eine bestätigung, und es ist mir wahrscheinlich, dass der 
ktste lothrechte strich des mi. von Hall bei flüchtiger ansicht für 
den divisor genommen ist. Ausser jenem i. in z. 2 glaube ich 
jetzt noch an zwei stellen in z. 3 von meiner früheren auffassung 
der zeichen abgehen zu müssen. Das zweite zeichen ist hier näm- 


9) Nämlich unter richtiger deutung der von Brandis gegebenen 
zeichen: z. 1. ku.po.ro.ko.ra.ti.vo.se. nr. 3. 10. 28, e.mi.o.la.o. nr. 20.34; 
12. o.te. nr. 13, o.mo.ipo.sise. nr. 41, o.na.si.ti.mo.se. nr. 20. 84; 
3.3. ti ji.o.ni.ta.se. nr. 33, ti.pa.se. nr. 32b, e.mi. nr. 84. 48. Die in- 
schrift ist hier durch br. M. Lang * oder br. M.* bezeichnet, nur bei 
o.te. nr. 13 irrthümlich durch br. M. 4 (welches Sigel sonst meine 
nr. XII bezeichnet, die kein o.te. hat) und bei ti.pa.se. nr. 82b durch 
br. M. 21 (?) 


12 Za den kyprischen inschriften. 


lich auf Schmidt’s tafel allerdings ein sicheres i. (wie denn Schmidt 
p. 45 zuowvidag gelesen hat) und auch von Hall in dieser bedeu- 
tung anerkannt; aber Brandis bietet vielmehr das zeichen ji., und 
dieses ist auch auf dem papierabklatsche zu erkennen, wo die ver- 
schiedenheit von dem i. besonders klar hervortritt, wenn man das 
sichere i. in z. 2 vergleicht. Weitere empfehlung des ji. wird 
sich unten finden. Ferner halte ich das vierte zeichen der zeile 
jetzt für ke., obgleich ich es früher mit Brandis, Schmidt und Hall 
als ni. anerkannt hatte. Denn diese auffassung des plumpen zei- 
chens der Schmidt’schen tafel erscheint allerdings auf den ersten 
blick als die natürlichste; aber dem papierabklatsch fehlt der bei 
Schmidt erscheinende horizontale unterstrich, und so kann ohne 
schwierigkeit ein im untern theile nicht ganz vollständiges ke. er- 
kannt werden, was ich jetzt vorziehe, weil ich mit dem ni. an 
jeder deutung der gruppe verzweifeln musste. Somit lese ich jetzt 
die inschrift folgendermassen: | 

1. ku.po.ro.ko.ra.ti.vo.se. | e.mi.o.la.o. 

2. o.te. | o.mo.i.po.si.se. | o.na.si.ti.mo.se. 

3. ti.ji.so.ke.ta.se. | ti.pa.se. | e.mi. 
Ich halte die ansicht fest, dass die inschrift aus hexametern bestehe, 
deren erste hülften auf einem andern steine verloren gegaugen 
sind, obgleich hr. Hall erklärt, die inschrift erscheine ihm als voll- 
ständig, ohne jedoch seine gründe für diese ansicht anzugeben. 
Aber einerseits dürfte ohne die annahme der unvollständigkeit 
schwerlich ein zusammenbängender sinn herausgebracht werden; 
anderseits scheint mir der hexametrische rhythmus in den erhalte- 
nen stücken kaum verkannt werden zu können, wie auch die poe- 
tische fassung in dem opo? moots Orucluuoc, wo eine andere le- 
sung gar nicht möglich sein dürfte. Ich schliesse ferner auch jetzt 
aus dem doppelten e.mi. z. 1. 3 == qu, dass hier ein dvadnua, 
wie nicht selten, redend eingeführt ist, und zwar wegen des opo 
noose "Ovactipog ein von einer frau in gemeinschaft mit ihrem 
gatten Onasitimos geweihtes. Wenn ich aber früher aus s. 1 ent- 
nommen habe, dass dieses redende avaynua eine bildsäule der 
Aphrodite gewesen sei, so bin ich jetzt zu einer veränderten auf- 
fassung besonders durch die dritte zeile veranlasst, mit der ich 
früher gar nichts anzufangen gewusst hatte. Da ich hier näwlich 
für die vor dem schliessenden e.mi, — jul stebende gruppe ti.pa.se. 


Za den kyprischen inschriften. 13 


keine andere möglichkeit einer deutung finde als dipas schlauge 
(t uat.), so schliesse ich, dass das avaInwa in dem bilde einer 
schlange bestanden hat. Ein solches findet sich unter den von 
Gelgoi herstammenden reliefs der Cesnola'schen sammlung bei Doell 
t XI nr. 7 mit einer leider sehr zerstörten kyprischen inschrift, 
ven Doell p. 51 nr. 775 als „eine sich emporringelnde Uraeus- 
schlange* beschrieben, von Hall, der Pl. III nr. 11 die inschrift 
gegeben hat, als a larged coiled serpent, some of whose scalas are 
sil visible. The serpent has a crest much like that of a peacock. 
Dieses aus dem tempel von Golgoi stammende schlangenbild war 
danach ein gv Pyua für Aphrodite, und man darf somit für das 
m der vorliegenden imschrift vermuthete schlangenbild ein gleiches 
annehmen, Deshalb fasse ich jetzt in z. 1 ko.ra.ti. vase. = xwoa 
4Fog nicht, wie früher, als neminativ, sondern als dativ mit man- 
geladem ¢ (vorbem. 8). Die ganze iuschrift übersetze ich aber 
jet folgendermassen in griechische schrift unter zufügung von er- 
gimungen, die ohne weitergehende ansprüche auf richtigkeit nur 
dazu dienen sollen den sinn und den rhythmus der erhaltenen stücke 
verdeutlichen. 

1. sdegov pova]kómpo zuge Accdg fue “Oldw 

2. orage Xide] wide, Ópoi mócw °Ovactrepog. 

$. avra d’ Vapgog] Aji cwxnras dupes que 
az 1 ist Fowouxdwew als dativ zu fassen; ich habe diesen 
beinamen der Aphrodite erfinden zu dürfen geglaubt, der einerseits 
mit feckrodsg, Aqvolsrulg als beinamen der Pallas zu vergleichen 
ist, anderseits mit den kyprischen personennamen ‚Szaafxurgog, 
"Omatixunges. Im ausgange des verses habe ich nicht mehr, wie 
früher, gewagt e.mi.o.la.o. als gu "IoAdw zu deuten, so dass der 
comonant der von der elision getroffenen silbe trotz der interpunc- 
tes mit dem folgenden anfangsvocale in ein silbemzeichen zusam- 
mengefasst wäre, sondern habe $4» "OA vorgezogen, welche 
teilung unbedingt nothwendig sein würde, wenn der von Hal 
baeugte divisor nach emi. richtig sein sollte. Der name 'OAaog 
liat sich aus dem patronymisch gebildeten ’OAuidag entnehmen, 
wie Paus. X, 7, 8 ein Thebaner genannt ist, welohen namen frei- 
lich Meineke ohne ausreichenden grund nach Keil's vorschlag in 
‘biatéag ‚geändert hat, wogegen er den namen des Eleers 'OAldag 
Pass Vi, 15, 2, der früher probabel in ‘Odaldag gebessert war, 


14 Zu den kyprischen inschriften. 


beibehalten hat. Vielleicht könnte auch ein weiblicher name *Ohaw 
anerkannt werden, wobei dann die folgende ergänzung angemessen 
zu modificiren wäre. Der hiatus in jus 'OAdw findet in der in- 
terpunetion entschuldigung, die freilich in einem guten hexameter 
au dieser stelle nicht statthaft wire. Es zeigen aber die wenigen 
metrischen inschriften kyprischer schrift überall wenig empfindlich- 
keit gegen den hiatus, vgl. vs. 2 und nr. XXII vs. 2. 3. 

In z. 2 ist der ergänzte name X210 a natürlich nur aus me- 
trischen rücksichten gewählt. Das jetzt hergestellte oy 07 ist viel 
besser als mein früheres ouwov, da es als kyprische form für 6uoù 
genau den in vorbem. 8 besprochenen kyprischen locativen auf -os 
entspricht. In 'Ovac(zep oc habe ich jetzt vorgezogen die me- 
trische production der ersten silbe nicht durch die schrift zu be- 
zeichnen. Wegen der verkürzung der zweiten silbe, da ° Ova otzsuos 
als die gewöhnliche aussprache anzuerkennen ist, erinnere ich ausser 
dem gesagten an die grossen freiheiten, die man sich in versen, 
besonders der inschriften, bei eigennamen erlaubt hat, um dieselben 
dem rhythmus anzupassen. 

In der ergänzung von z. 3 ist T’zswog kyprische form für 
Zyupog. Mein defi statt #fi rechtfertigt sich durch das in 
vorbem. 11 und oben zu nr. XI bemerkte, Wenn hier die form 
mit j neben 4spog z. 1 erscheint, wie auf der bronze von Idalion 
Hdadınjs, Teonjsjav neben PacdnFos, Kennfec, so gibt das eine 
gute bestätigung meiner annalıme, dass der übergang des r in j 
durch das nachfolgende « begünstigt sei. Das durch die anerken- 
nung des zeichens ke. gewonnene neue wort owxnzas ist auf 
Gwxeîv = Îoyvew zurückzuführen und hat also gleich dem stamm- 
worte owxog den sinn von jegvgóc. Zu dipas vergleiche man 
Hesych. difav: og Kong — dipatov: spew Koïÿre (wo 
Salmasius und Meursius der reihenfolge entsprechend dipay oder 
nach der angabe von M. Schmidt digav: 10v), Artemid. t. I p. 164 
Reiff. „ony de xoà dipas xo) dido als benennungen von schlan- 
gen. Die form dipdg (Gen. — ados) findet auch eine bestätigung 
durch Hesych. dvgpadever: deitas, wo èEesdettas zu bessern; 
denn das eiAsio9us kommt besonders den schlangen zu. Die an- 
dere (kretische) form dipa oder difa gehört der ersten declination 
an, Es wird aber der ausdruck mit skr. dabh, dambh täuschen 
zusammenhängen, nämlich auf die altgefeierte schlangenlist bezüg- 


Zu den metrischen inschriften, 15 


lich, woher auch xévados, das im bekannten gebrauche einen ver- 
schmitzten menschen bezeichnet und als sikeliotische benennuug des 
fuchses bezeugt ist, bei Hesychius auch durch ôges erklärt ist. Da 
die wörter auf — ac, G. — «dos zwar in der regel weiblich, 
aber doch, insoweit sie ursprünglich adjectivisch, in wahrheit com- 
munia sind, wird es kein bedenken haben ein 6 dsgag anzuerken- 
pen, und man wird nicht nöthig haben die verbindung owxntas 
digac mit zuyn owıne u. dgl. zu vergleichen. 


XXII. Hall Pl. IV nr. 13. 
1. kaire.te, | ka.ra.si.ti. | -+.na.she, | ka.po.ti. | ve.po.me.ka. | 


me.po.te.ve.i.se.se. 

2. te.o.ise. | po.-]-.-]-.-]-.na.to.ise. | e.re.ra.me.na | pa.ta.ko,- 
ra.sha.to.se. | | 

3. o.vo.ka.re.ti. | e.pi.si.ta.te.se. | a.to.ro.po. | te.o.i. | a.le.tu.- 
ka.ke.re. | 

4. te.o.i. | ku.me.re.na.i.pa.ta. | ta.a.to.ro.po.i. | po.ro.po. | o.i.- 
ka.i.re.-]-. 

1. Xalgste Todo pavaë xa Dun. pére péya, pj more 
Feíane 


2. Hsois zmo(» xà 9)varoig tospaptra, nad dxdgalNrog 

3. (d pò xoionu imorates à Jourw Ou) chew xa Kip. 

4. Geus xvpkovar nadia ta d'Iquirwi nQóno. d galpere. 
Diese inschrift war schon von Brandis mehrfach benutzt, seltener 
von Schmidt. Doell hat sie t. XI nr. 3 in einer kleinen litho- 
graphie und p. 48 nr. 764 in grüsserer copie als von Golgoi 
stammend , vgl. p. 5. 7. Deecke hat mir früher eine abschrift 
nach dem strassburger gipsabdrucke zukommen lassen und jetzt 
auch die photographie. Nach Hall sind alle zeichen der inschrift 
vollkommen lesbar bis auf zwei der zweiten zeile, was aber jeden- 
falls etwas zu viel gesagt ist. Die photographie lässt deutlich 
erkennen, dass besonders die üusserste linke seite ziemlich schlecht 
erbalten ist. Auch hat Hall trotz seines günstigen urtheiles über 
die lesbarkeit nur sehr weniges in glaublicher weise gedeutet, und 
auch Deecke hat eben nicht mehr erfolg gehabt. Schmidt p. 8 
und Deecke haben hexametrisches versmass anerkannt, wogegen 
Hall The inscription is clearly not in hexameters (though the first 
pert of the first line appears to be an elegiac pentameter). Es 


16 Za dem kyprischen inschriften. 


ist aber Deecke auch im seiner jüngsten mittheilung bei der frü- 
heren auffassung geblieben; nur sei das yaigere zu anfang und zu 
ende nicht mitsurechnes. Das richtige wird sich bei der bespre- 
chang der einzelnen zeilen herausstellen. 

Z. 1. Das erste wort, von Brandis noch kainide. gelesen 
(ar. 1. 16.), ist jetzt allgemein als yalosre erkannt. Wenn das 
folgende wort karasiti von mir als Joccn gedentet ist (Xoacu 
Hall, Koacz Deecke mit fragezeichen), se streitet dies allerdings 
gegen den sonst allgemein bei der verbindung eines o mit nach- 
folgendem consonanten im inlaute herrschenden brauch der kypri- 
schen schrift, der für jene lesuug vielmehr karasati. verlangen 
würde; jedoch ist oben zu nr. XII die zulässigkeit einer abwei- 
chung ven der zegel besprochen. Das appellatire zpaszıs bedeu- 
tet im bekannten gebrauche viebfutter. Aber für die zu grunde 
liegende wurzel you ist mehrfach die bedeutung 2092, bezeugt, 
namentlich bei dem von Kallimachos gebrauchten Zygae (Et M. 
219, 29—237, 45—239, 33 u. a.), in Galen. Lex. Hippecr. p. 546 
szoluyoam:moäugaye, Hesych. yoalyesy:icticw und gerade 
auch in den kyprischen glossen Hesych. yea: gaye’ Kyxgsos 
und xaygüc: xarapayac® Zaluuinos (cod. zaypazxza: za- 
pvydç” Zalugoof) Dansch kann es keiu bedenken haben das 
7oaërsç dieser kyprischen inschrift für gleichbedeutend mit Aowosc 
zu nehmen. Wie aber bei Homer häufig fowois und wocsg zu- 
sunmengestelli sind, so hier yedeuc mit music, das sich zu »óGi 
ganz chesso verhält wie Jung in der amphiktyanischen inschrift 
C. L ar. 1688 1. 26 zu dea. De der kyprische dialekt 5 ver 
è sonst in € wandelt, künnte man vielleicht toG erwarten; aber 
men vergleiche gdmc and auc, die iu der hemerischea sprache 
gleichfalls das alte s bewahrt haben Speise und trank sind 
hier aber persenificirt. Des auf Joncı folgende zeichen ist von 
Deecke sehr richtig als va. ergänzt und von Hall, obwol auf sei- 
mer tafel cheuso wenig erkennbar als in der photographie, still- 
schweigend se gelesen. Wegen der verbindung des danach von 
beiden erkannten re«vat eder nach meiner schreibumg ceva/h mit 
einem weiblichen werte vgl. Aesch. fr. 355 Z7. deasowa w pen, 
duaylpew ópé avet. Remerkenswertà ist hier und = 3 (wahr- 
scheinlich auch x. 2) die form zu stait des gewöhnlichen kypri- 
schen xdg == wes vor consenaniea (hier jetzt auch ven Deacke 


Za den kyprischen inschriften. 17 


anerkannt); während sie bisjetzt nur vor einem vocale gefunden’ 
war, s. vorbem. 15, wo übrigens jetzt nach dem vorher zu Il, 1 
bemerkten das beispiel xa Hdallwr in wegfall kommt. Vor einem 
consenanten wird sich xd ausserdem noch in nr. XXIII finden und 
ist oben auch in xute = xufre II, 1 nachgewiesen. Die länge 
des vocales ist hier und z. 3 zu erkennen. Sehr merkwürdig ist 
das zu dem nomen pézog und dem aorist Femeiv (aus Fe-Fn-eiv) 
gebörige prüsens pénw, dem skr. vak'- mi entsprechend, nur: mit 
schwacher flexion !°). Die formel -érw uéya „ich sage grosses“. 
hat den sinn „ich verlange etwas grosses.“ In der letzten gruppe 
ist das zeichen i. auf der Hall’schen tafel etwas und in der photo- 
graphie sehr unvollständig. Hall bat uf moze relons gelesen. 
(Deecke jetzt uéya poy mor! &Feiong), aber sehr zweifelnd und. 
mit unzulissiger auffassung des Felonç als eines zu Fidei» gehö- 
rigen ersten aoristes. Eine brauchbarere erklärung kann erst un- 
ter zuziehung der folgenden zeile gegeben werden. Der gebrauch 
des singulars, obgleich die anrede an zwei gerichtet ist, hat ge- 
mügende analogien, s. Kühner Ausf. gramm. II, 75. Diese zeile 
bildet nun nach meiner lesung nicht einen hexameter, sondern ei- 
nen heptameter dactylicus catalecticus, von den alten metrikern als 
versus Siesichorius bezeichnet. Wenn Deecke jetzt in dieser zeile - 
nach abzug des yafgere einen hexameter findet, so läuft das auf 
dasselbe hinaus. | 

Z. 2. Das leicht erkennbare Jeoîc haben schon Deecke und 
Hall. Das zweite zeichen der folgenden gruppe ist in Deecke's 
copie und bei Doell ein zweifelloses ro. und auch von Hall für 
ein solches genommen, aber durch das bild seiner tafel in dieser 
bedeutung keinesweges gesichert. Denn da nur das kreuz des 
zeichens deutlich erscheint, kann dieses erhaltene stück - sehr gut 
auch auf ein i. zurückgeführt werden. Hall’s angabe, das fehlende 
stück des ro. ergebe sich aus the remnants of a red color which 
formerly filled the characters (and perhaps covered the surface of 

10) Das präsens #50, auf das die grammatiker den aorist einsiv 
surückführen, ist in wirklichem gebrauche bisher nur aus Nikander 


nachgewiesen, nämlich nova Ther. 508. 738, Al. 429, wo man es für 
eine grammatische erfindung genommen hat, nach Lobeck wahrschein- 
lich aus événw entnommen (das übrigens mit sinsiv keine formale ge- 
meinschaft hat), s. Buttmann a. gramm. II, 165. Auf die angabe 
unter den Tiwooas xarè nölsıs Bekk. Anecd. p. 1096 ,,dmgusic Ener 
dna ist wenig zu geben. 


Philologus. XXXVI. bd. 1. | 2 


48 Zu den kyprischen inschriften. 


the stone) scheint dem wenig im wege zu stehen. Die photogra- 
phie lässt in wabrheit gar nichts erkennen. Da ich nun mit dem 
ro. nichts glaubliches zu finden weiss, habe ich ein i. anerkannt. 
Das enklitische zo, = ov entspricht dann vollkommen dem dot 
= ouov nr, XXI, 2, s. oben. Wegen des vor demselben stehen- 
den divisors vergleiche man den vor dem enklitischen or = 1 
I, 10. 23. Die beiden folgenden zerstörten zeichen sind von 
Deecke durch die ergänzende lesung (49a) vaross als ata. her- 
‘ gestellt Ich habe vielmehr ka.ta. vermuthet, um (xa 9)vazois 
zu lesen; über xa = xai s. vorher. Das folgende e.re.ra.me.na. 
ist von Deecke, freilich nur sehr zweifelnd, für épepauére als 
perfect von équouas genommen. Da die form ganz gesetzmässig 
gebildet ist, trage ich kein bedenken mir jene auffassung mit gró- 
sserer zuversicht anzueignen, Nunmehr ist auf das refoyg in z. 1 
zurückzukommen. Zur vergleichung bietet sich zunächst e¥onz as: 
navonzaı Hesych., wo Schmidt's vermuthung Toynras sehr wenig 
wahrscheinlichkeit hat. Beide aoristische formen scheinen mir auf 
die alte indogermanische wurzel vi mit der grundbedeutung flech- 
ten, binden zurückzugehen, von der sich auch im griechischen 
manche derivate finden, s. Fick vgl. wb. 190, Curtius grundz. nr. 
592 — 594, deren aufführungen noch erheblich vermehrt werden 
können. Aus dem sinnlichen begriffe binden geht leicht die be- 
deutung hemmen hervor, wie z. b. bei dem lateinischen impedire 
und Od. d, 380. 469 Zdnoe xedevdov (vgl n, 272). Wie natür- 
lich aber auch der begriff des zove» damit zusammenhängt, lässt 
schon die stelle Od. e, 383 deutlich erkennen ,,7 706 zwv GAdwy 
dvetuuwv xatéônce xedevdovs, || ravcacda: d’ixfAevcer wo also 
das xatadjous zugleich ein zavcas ist. Wenn man also hiernach 
das Fefonç der inschrift im sinne von zavong versteht, ergibt sich 
der sinn: „das von göttern und menschen begehrte 
(speise und trank) lass niemals ausgehen.“ In der letzten 
gruppe ist das drittletzte zeichen zweifelhafter. Brandis nr. 23. 
27. 32b. bietet ein gewöhnliches sa. (pa.ta.ko.ra.sa.to.se.), und auch 
Deecke hat so gelesen, wührend seine copie jenes zeichen zwar 
verdunkelt, aber doch noch erkennbar zeigt. Dagegen Doell hat 
nur einen sehr uubedeutenden zeichenrest und Hall's tafel ein be- 
schüdigtes von dem sa. sehr verschiedenes zeichen, das Hall für 
ein i. genommen hat, ohne dass sich die zulüssigkeit dieser deu- 





Zu den kyprischen irschriften, 19 


tung begreifen liesse. Vielmehr gleicht das bild der tafel' am 
meisten demjenigen zeichen, das ich als sha. aufgefasst habe (vor- 
bem. 13 p. 25), indem ein bei jenem hinzutretender kleiner strich 
licht für einen zufälligen riss gehalten werden kann. Dieses ur- 
tbeil, das sich mir schon vor der kenntniss der photographie auf- 
gedrängt hatte, hat in dieser eine treffliche bestätigung gefunden, 
da sie gerade zwar nur in schwachen zügen, aber doch deutlich 
ds bild des sha. (einem lateinischen Y gleichend) ohne jenen über- 
fissigen strich zeigt. Somit habe ich nun pa.ta.ko.ra.sha.to.se, 
anerkannt, und lese dies sos” axoga7Nrogs, indem ich àxóga7Nrog 
für eine kyprische form statt &xogeorog nehme. Dieselbe ist zu- 
nichst auf ein prüsens xoga(w zu beziehen, das am einfachsten für 
ein denominativ von xogog genommen wird, wie z. b. yooratw von 
1r. In den ersten aoristen der verba auf -Lw habe ich statt 
des gewöhnlichen 6, wofür die ältere sprache und die aeolis oo, 
die doris zu grossem theile &, für den kyprischen dialekt den 
dickeren zischlaut 7A, sh in anspruch genommen (vorbem. 13). Da 
aber die verbalen nomina sich häufig an den ersten aorist an- 
schliessen, so erklärt sich aus einem xog& Mas auch ein xopa 706, 
gerade wie ein dorisches povorxtag (Diall. Il, 92) aus povottas, 
sänlich für wowoss-tac. Uebrigens habe ich vorgezogen getrennt 
nat’ dxogalNzog (= mare’ dxopecros) zu schreiben wie nave” 
was Soph. El. 301, zv! didges Aj. 911, nicht mozdxogalNzog 
wie Hesych. 8a 920 0xs0g: à nüvroder oxsav ovx Eywr. Das 
wort gehört aber zu dem satze der folgenden zeile. Uebrigens 
Welt diese zweite zeile einen richtigen heroischen hexameter dar. 

Z. 3. In pò erkenne ich eine andere form der von mir ent- 
deckten mit 2? synonymen kyprischen prüposition 6 (s. zu I, 5 
md oben zu XI), nämlich beides aus va. geworden, das sich durch 
»läresis aus skr. ava erklürt!!) In meinem xéoyx kann man 
vielleicht an dem ionischen 7 anstoss nehmen; das wort scheint 
der der epischen sprache entnommen zu sein. In der folgenden 
gruppe episi.ta.te,se, hat statt des te, Deecke's copie i, Brandis 
der a, (su.pi.si,ta.a.se. nr. 31a), wie auch Doell, während Schmidt 


11) Hiernach dürfte eigentlich richtiger d zu schreiben sein, weil 

vocal v in seiner alten kyprischen aussprache als u. schwerlich 
*hon die neigung gehabt hat im anlaute einen unorganischen spiritus 
“per anzunehmen, vgl. Diall I, 169. II, 126. | 


2? 


30 Zu. den kyprischen inechelfieà 


in seinem ?mec(s)uxc p. 61 des zeichen ganz. ignarint hat, Aber 
auf Hal¥s tafel ist dus te. ganz zweifellos und auch im der pho- 
tegraphie noch genügend sicher, Jedoch Hell's lesung dmazuung 
ist nicht bloss des dialektes und des versmassen wegen unbramch- 
bar, songera auch weil em weiblehes wort zu verlangen iat, wie 
sich alshald ergeben wird. Ein solches aber in eines dialektäschen 
form ordres stet Emsozcitig au erkennen haben gerade: jetat. die 
ausgrabungen von Olympia ermöglicht, da die gefundene gnéssere 
insehrift ellschen dialektes (Archäol. zeit, bd. XXXII p. 184) ia 
2. 16. ein noteg == eds bietet (mit dem elischen Q für des aus- 
leutende c), bei dem Kirchhoff noch zweifelhaft lässt, ob es viel- 
leicht nur ein schreibfehler für 0A sei; aber das kypriache 
dmorases und das elische noteg stützen sich jetzt gegenseitig. 
Bus folgende GrSou rw hat Hal? richtig, und auch Deecke wird 
jetzt se lesen 1?) Die nächste gruppe teo.i. ist von Hal eof, 
von Deeeke deg gelesen, und ebenso die erste der letztem zeile, 
Burch. die von mir erkanntan verbalformen Mero wad: xomépous 
wird aber kler, dass an beiden stellen ein nem. singularis als subject 
zu verlangen ist, Ein solcher kann aber nur durch die lesung Seeds 
gewonnen werden, d.i, Fee) mit der älteren schreibang, über welche 
lob im ache, f. vwgb sprachw. bd, It p. 81 gehandult habe, Ea 
ist dies cine weibliehe form zu Jeoc, wie Bow, Kvgsllw zu 
Boios » Kéowioc und senst bei eigennamen, aber auch dvi guai. 
popu su GeFewnos, Mipog, und von Sex ursprünglich nieht. we- 
sentlich verschieden, s, ebd p. 88 fi — Jedoch ist das wort im 
sinne von Sec zwar in z 3. breuehbas, weib die gemeinte gettheit 
durch drisrarss d'Fewrr genügend bezeichnet scheinen kena, aber 
nicht in z, 4, we nothweadig dprienige. beguiff verlangt wird, 


12), Das von mir mit Hall fix po. genommene seichen, des in 
dieser Inschrift siebenmal erscheint, war früher von Deecke, dori 
für pe. gehalten. Jetzt hat derselbe gleichfalls meistens po. aner- 
kanab, nämlich dseimal im s. 1 und in dvdgdny. z. 4, die dentung 
als pe, dagegen in s. 2 und dem zweiten falle von z. 4 festgehalten 
und über den obi gen fall in z. 8 sich nicht ausgesprochen. Eine 
zweißßohe- bedentung des zeichens, das in allen sieben. füllen dasselbe 
ist, muss unglaublich scheinen. Dasselbe ist auch von Brandis nr. 8. 
22. 36. in beiden füllen von z. 4 durch das sicher po. bedeutende 
sichen (vgl. anm. 4). wiedergegeben, wie auch in dem ersten dersel- 
ben. von Schmidt p. 39. Es findet. sich. aber dieselbe gestalt. das. po., 
von der gewöhnlichen durch die verkürzung des rechten flügels ver-. 
schieden, jetzt auch in nr. XXV nach Deecke'k copie, 


Zu Sen kyprischeh inschriften. 21 


mí dem des männliche Sec bei Homer wad später nicht einen 
einselata bestimmten gott hezeichntt, sondern mit monotheistischem 
suklenge das wen divinità im éllgemeinéh, ven meige Jar 
oder aueh dem schlichten Moîpa, Æ#iot nitht sthr verschieden In 
diesem sinne findet sich nun Sed nies aber ein Sew dieses siumes, 
ia welcher form dann dem höchsten göttliches waltéa ein weibli- 
cher charakter beigelegt ist wie in Moign, Mica, "Ardyun, Bi- 
nuop:m, Ierpouéry, ist um: so begreiflicher, weil die alterthüm- 
lichen weiblichen bildungen auf -@ (-@) vorzugsweise für eigen- 
namen dienen, und zwar mehrfach neben äppellätiven der ersten 
declinatien, e. ebd. p. 88. Es trägt aber auch Sedg in jenem 
gebrauche unverkennbar fast den charakter eines eigénuamens und 
kömte nach der modernen sitte nicht übel mit grossem anfangs- 
buchstaben geschrieben werden wie Dewé, Dieu, dad englische Gud 
wd gerade auch Ordç als beteichnungen des einigen &ottes Hier 
sich habe ich @ewis schreiben zu dürfen geglaubt, indem ich darin 
kurzgesagt eine höchst merkwürdige kyprisolie beneanuig der 
Moipa anetkenbe. Zu dem ganzen hatze bietet sich in Soph. Ant, 
1345 Im} xpurt mos ndtpos dvosdpiotes eidflaro eitie so über 
reschende parallele, dass man in dem ausdrüeké det inköhrift mit 
wehrschemlichkeit eine machahmang der sophbkleiicheà stelle wird 
erkennen dürfen. Sehr ähnlich ist auch Soph. Ged. Tyr. 867 16» 0” È 
mastro xpüt' ivjAmO^ 4 rvyn, und es liegt diesen metaphori- 
ikea susirücken unverkennbar der vergleich des greachickes mit 
ttem reissendes thiere zu gruède. Dasu pensé hier auch das epi- 
theton desoa7iirog s= auögeswog, vgl Aesch Ag. 1462 airieds 
me; dsogéorov, 750. Anopeorovr oibur, lut. im Et Leid, 1422 
E. Gaisf, dxfpteror &eurav. Die drei letzten zéiehen der zeile 
erscheinen in Deecke’s copie, ohne von diesem gedeutet zu sein, als 
irre, nir das ro. mit einem puncte inhebdll dès kopfes; bei 
Dell als ka.i.re. Hall hat ka.ke.re. anerkannt, und zwar sind ka. 
ud re nach den bildern der tafel und auch der photographie 
weifelles, während das ke. auf Halls tafel des obersten stückes 
Mi dem dritten seitenstriche eruiaügelt uud ih der photographie 
deselbe gestalt nur sehr schwach zeigt, Jedoeh scheint Halls 
“fssung vollkommene zustitimung zu verdiéhén, In meinem xd 
me («ig schon Hall) ist xd = xel wie in z. 1, 470 abet heben 
tn von Alkman fr. 49 Bgk. gebrauchten xdg gleich dem Pinda- 


22 Za den kyprischen inschriften. 


rischen K7osc durch den epischen gebrauch gerechtfertigt, vgl. 
Diall. II, 140. Die Kye ist mit der Gew = Moïoa in ähnlicher 
weise zusammengestellt wie Hesiod. Th. 217 Moigas und Ke: 
als kinder der Nv& In dieser zeile liegt nun wieder ein dakty- 
lischer heptameter vor wie in z. 1. 

Z. 3. Ueber ©ew ist schon gesprochen. Dass das zweite 
wort xvuégvas als dialektische form für xofeov& zu lesen sei, war 
mir gleich nach dem empfange der Deecke’schen copie klar gewe- 
sen, indem mir das als äolisch bezeugte xvueovijms = xvf- (Diall, 
I, 45) einfiel In seiner jüngsten zuschrift hat auch Deecke be- 
merkt, xupegvas gehöre sicher zu xußsovuw, ohne sich jedoch an 
jenes xupeoyjzng zu erinnern, aber unter vergleichung von roéus30ç 
= re06Pwdos, woher der kyprische ort Tosusous benannt war. 
Wegen der äolischen flexion des wortes vgl. das zu I, 1 p. 34 
bemerkte. Die folgenden worte sind schon von Hall und Deecke 
richtig za(»)ra ra &(»)Fewrw gelesen. Beachtungswerth ist die 
nicht durch die schrift ausgedrückte krasis in za &'Igurus. Be- 
sondere schwierigkeit macht das folgende wort. Brandis nr. 8. 22, 
Doell und Deecke’s abschrift haben hier die zeichen po.le.po.; aber 
Halls tafel zeigt deutlich als das mittlere zeichen ein ro. (dem le, 
allerdings sehr ähnlich), das Hall auch aufs entschiedenste bezeugt, 
obgleich auch die photographie für le. zu sprechen scheine. Ich 
weiss nun po.ro.po. nur 70070 zu lesen und erkenne darin ein | 
mit zovg zusammengesetztes adverbium, aus zoozod durch abfall — 
der auslautenden muta ganz regelrecht geworden und mit 7500 
z000g, 790 7005» wesentlich synonym. Wie nun Phot. Suid. 
LBachm. 7000 d@v:10 nagatuydy, olov dimore, so ist za d'Foui- 
nus etwa soviel als z& àvJquztQ magaruydyın oder magdvia 15). 


13) Es liegt die vermuthung nahe, dass die lateinische präposition 
prope mit dem kyprischen noönw gleiches ursprunges sei, nämlich 
aus pro-ped geworden. Denn einerseits entwickelt sich der ausdruck 
vor den füssen leicht in den allgemeineren begriff der nähe; an- 
derseits sind die vorgebrachten erklärungen von pro-pe aus einer zu- 
sammensetzung zweier präpositionen bei Pott Et. f. I, 509 oder durch 
anfügung eines enklitischen -pe an pro bei Corssen Ausspr. II, 846 
nichts weniger als überzeugend. Man kann auch daran denken pro- 
pediem nicht, wie jetzt geschieht als prope- diem zu fassen, sondern 
aus proped-iam zu erklären, so dass hier nur prope in seiner alten form 
mit zugefügtem tam = dy auf die zeit angewandt ist wie öfters 
proxime. 


Zu den kyprischen inschriften. 23 


Zu dem gedanken der stelle vergleiche man Aesch. Prom. 515, wo 
die Moïgus als avayxyc olaxoorgopos bezeichnet werden, und an- 
derseits aus dem christlichen Cyrillus (Thesaur. V, 1759. A) „o 
rav Shey Fedg xal ofovet zw Tür aGvdownirur olaxociQógoc'* 
nebst vielen ähnlichen äusserungeu über die gottheit, besonders bei 
Philo (Thesaur. VI, 1038. A. B.), während bei den älteren Zeus 
nicht selten als der steuermann gedacht ist. In der letzten gruppe 
ist das schliessende yafgere von Hall gewiss richtig gelesen (wie 
ah schon Brandis nr. 1. 16 die vier zeichen ka.i.re.te. bietet), 
obgleich das letzte zeichen auf seiner tafel und in der photographie, 
wie auch bei Doell, unkenntlich ist und Schmidt p. 8 nur yaïge 
gibt; in Deecke’s copie ist nur das re. richtig. Die dem imperativ 
verangehenden zeichen o.i. können nicht wol etwas anderes dar- 
stellen als eine kyprische form der interjection @, die sich mehr- 
fich vor imperativen und gerade besonders vor yaige, yalpere fin- 
det, wahrscheinlich richtiger, wie zum theil geschehen ist, @ zu 


schreiben. Eine ältere form dieser interjection @ ergibt sich aus 
der vergleichung der drei überlieferten formen oor, wor, ofuos 
und aus dem äolischen was, das von Apollonius de adv. p. 538, 2 
schwerlich mit recht durch contraction aus wasat erklärt wird 
ud vielmehr aus d) und ul zusammengesetzt ist. Dieser letzte 
vers ist ein iambischer trimeter. 

Auch wenn ich in meinen deutungen mehrfach fehlgegangen 
sein sollte, bleibt der iambische rhythmus der letzten zeile ebenso 
unverkennbar wie der daktylische der drei ersten. Um so weniger 
wird man daran denken dürfen, dass die beideu heptameter nur 
missrathene hexameter seien, sondern wird ein wunderliches metri- 
“les gemengsel anzuerkennen haben. Ziemlich seltsam ist auch 
der inhalt der inschrift. Diese erhält einige erläuterung durch das 
relief, zu dem sie gehört. Doell, dessen lithographisches bild we- 
gen seiner kleinheit nur wenig deutlich ist, beschreibt dasselbe 
felgendermassen: „In der mitte sitzt auf einem sessel mit hoher 
fckenlehne, nach rechts gewendet, ein mit ober- und untergewand 
Wkledeter bärtiger mann (Zeus?) Mit der linken hält er ein 
lages skeptron (?) und in der herabgesenkten rechten einen nicht 
völlig deutlichen gegenstand, wahrscheinlich einen donnerkeil. An 
jer seite des sitzenden mannes steht, dem beschauer zugekehrt, 
dee bekleidete kleinere figur mit nicht zu bestimmenden attribu- 


24 Zu den kyprischen inschriften. 


ten“. Zuversichtlicher spricht sich Hall aus: „Above, near the center, 
is a sitting figure, 6 inches high, on a throne, with scepter and 
thunderbolt; Zeus to all appearance. Above the back of the throne 
is a broken, winged figure, probably the eagle, but somewhat suggestive 
of a sphinx. To the left, behind the throne is a standing figure, 
A inches high; to the right another standing figure, 6 inches high, 
with indications of another, where the stone is worn and broken“. 
Die New-Yorker photographie lässt erkennen, dass jene beschrei- 
bungen unvollständig und zum theil auch unrichtig siud. Um aus 
derselben ein richtiges urtheil zu gewinneu, habe ich auch bei der 
reichen. archäologischen erfahrung meines freundes Wieseler bei- 
stand gesucht. Wir sind nun dahin einig geworden, dass die 
mittlere figur, die auf den ersten blick Zeus mit scepter und don- 
perkeil oder blitz zu sein scheint, wegen der nebenfiguren nicht so 
aufgefasst werden könne. Das skeptron wird allerdings anzuer- 
kennen sein; aber durch den vermeintlichen donnerkeil ist Wieseler 
auch an einen gegenstand erinnert, der auf assyrischen und persi- 
schen monumenten in der linken, namentlich des königs, vorkom- 
me, und bei dem er hie und da an ein eigenthiimlich zierlich zu- 
sammengelegtes schweisstuch oder nasentuch gedacht habe. Dies 
stimmte ganz mit einem von mir eingeholten unbefangenen weibli- 
chen urtheile, das in jenem gegenstande zeug sehen wollte. Je- 
denfalls wird die figur nicht Zeus, sondern einen menschlichen üve£ 
vorstellen. Denn die beiden figuren neben dem throne lassen sich 
sehr deutlich als diener eines solchen erkennen, besonders die klei- 
nere zur linken (vom beschauer aus), die einen bogen umgehängt 
hat und mit der rechten einen gegenstand hält, den Wieseler für 
den köcher nimmt. Derselbe sieht in dieser figur den waffenträger 
des königs, der sich auch sonst auf orientalischen monumenten 
finde; in der figur zur rechten, die keine besonderen kennzeichen 
hat, erkennt er wegen der grösseren gestalt einen höherstehenden 
begleiter des kénigs. Wie die geflügelte figur oberhalb des thro- 
nes (von Doell gar nicht beachtet) von Hall für einen adler hat 
gehalten werden können, ist schwer zu begreifen; dagegen ist die 
ähnlichkeit mit einer Sphinx allerdings in die augen fallend und 
auch von Wieseler anerkannt. Durch z. 3 bin ich aber auf die 
vermuthung igebracht, dass diese figur in wahrheit eine X7g dar- 
stelle. Die verwandtschaft der Keren mit der Sphinx liegt deut- 








Zu den kyprischen inschriften. 25 


lich darin ausgesprochen, wenn Aeschylus Sept. 776 die Sphinx 
geradezu eine Äng nennt: ócov 107° Oldinovr zloy | av digrratdy- 
doav | xo! äpslorra ywoas. Es sind aber auch die Keren gleich 
der Sphinx geflügelt gedacht, Apoll. Rh. 4, 1665 (megì rücay 
$£Q« divevovoa:), und so ist auch die Ker des langhinstreckenden 
todes in einem tischbein’schen vasengemälde (K. O. Müller u. Wie- 
seler Denkm. d. alt. Kunst II t. 70 nr. 881) mit flügeln darge- 
stellt, während sonst ohne alles thierische. Dieses tritt dagegen 
sehr hervor in der beschreibung der Ker auf dem kasten des Ky- 
pselos bei Pausan. V, 19, 6: tov JloAvrelxous dé Onodey Eornxev 
Odovrng 1e Éyouou ovdiv Nuegwilpovs Inglov, xat oí xol rüw 
zugwv eloîv émxupmeic of ovuyec” Enlyoauua dé 22° adig) slvat 
gnos Kijoa. . Auch diese raubthierähnlichkeit theilt die Ker mit 
der Sphinx; man vergleiche insbesondere deren bezeichnung als 
tay yauıyııyvuya mag3évoy Soph. Oed. Tyr. 1198. Wieseler meint 
nun freilich, die figur des reliefs könne dennoch nicht für eine Ker 
genommen werden, weil in den schilderungen und darstellungen der 
Keren diese doch immer im "ganzen noch die menschliche gestalt 
behielten. Aber ich sehe nicht ein, weshalb nicht in Kypros, wo 
wegen der engen berührungen mit dem semitischen und ägyptischen 
so vieles eigenartige erscheint, die darstellung der Ker zu einer 
noch stärkeren übereinstimmung mit der Sphinx hinsichtlich des 
thierischen der gestalt gekommen sein könnte. Es drängt sich mir 
sogar die vermuthung auf, dass die auf kyprischen grabmonumen- 
ten mehrfach erscheinenden löwen (Doell nr. 778. 779. 784 und 
auf dem zu der inschrift nr. X XIII, s. unt., gehörenden relief) für 
symbole der Keren zu halten sind. Kurz ich bleibe dabei die 
fragliche figur für die Ker zu nehmen, welche sich anschickt auf 
das haupt des königs zu springen. Ich erkenne aber in der pho- 
tographie auch noch oberhalb des scepters einen kopf mit raub- 
thierübnlichem ausdrucke gleich dem jener vermuthlichen Ker (un- 
abhángig von mir haben ibn auch andere weibliche augen gefun- 
den) und vermuthe darin die andeutung einer zweiten Ker, die dem 
könige bereits auf den nacken gesprungen ist. Wieseler schreibt 
freilich, er sehe hier nichts oder doch nicht zur genüge; vielleicht 
hat er gerade ungünstiges licht gehabt. Ueber den von Hall er- 
wähnten rest einer figur lässt sich verschiedenes vermuthen. 


26 Zu den kyprischen inschriften, 


XXIIL Grabschrift von Golgoi, Hall, Pl. VIII nr. 31. 


e.ko. | e.u.a.ke.re.to.ke.re.te,se. |ka.-|ywd Eöuygeroxgking xà Mems 
me.ne.se.ta.sa, | a. +-. +. si.ke.ne.-|[xar£o]raco "(ub — xo)owvgros 
to.i. | me.ma.na.me.no.i. |e.u.ve.re.-lueuvauévos euFepysolus, Tas 
ke.si.a.se. | ta.sa.pa.i, | e.u.po.te. | [vas ev more Ergele. 

e.ve.re.ze. ‘ 

Diese inschrift war von Hall auch schon PI. IV ur. 16 nach 
einer copie von Cesnola gegeben. Ganz übereinstimmend ist die- 
selbe, gleichfalls nach einer Cesnola’schen copie, von S. Birch in 
den Transactions of the Society of Biblical Archeology Vol.IVP.1 
(1875) p. 22 veröffentlicht, aber in natürlicher grösse und farbe 
und unter beigabe einer photographie des ganzen grabmonumentes. 
Jene copie Cesnola’s ist auch von Schmidt benutzt und war mir 
von Deecke in abschrift mitgetheilt Nach ausdrücklichem zeug- 
nisse und zufolge der lithographie bildet die inschrift nur eine ein- 
zige zeile. Ihre erste hälfte ist schleohter erhalten und deshalb in 
den Cesnola’schen copien sehr mangelhaft wiedergegeben, sodass 
hier nur Halls zuverlässigeres photolithographisches facsimile zu 
grunde zu legen ist. EE 

Die erste kleinere gruppe ist von Hall richtig #yw gelesen, 
der dann Evayosrw als den genetiv des vaternamens anerkennt. 
Da aber dieser in einer prosaischen inschrift dem eigenen namen 
nicht voranstehen würde, und da der von Hall in der lateinischen 
umschreibung nach to. gesetzte divisor weder in nr. 31 noch in 
den älteren copien zu finden ist, so habe ich einen namen Eva- 
yoeroxp£rng angenommen, der freilich etwas auffallender klingt, 
aber doch regelrecht gebildet ist. Ueber evcygetog =. edalgeros 
s. Diall. I, 74? wegen des zweiten theiles vergleiche man das 
äolische xo£rog = xoutos Diall. I, 75 und das arkadische Tiuo- 
»g£ınsg ebd. 233. Auch eine kleine kyprische inschrift von Abydos 
in Aegypten, welche Deecke mir aus einem briefe von Brugsch 
mitgetheilt hat, lässt nach seiner wahrscheinlichen deutung .. . xpé- 
ins Salaufvıog erkennen. Dagegen haben nr. IX. XXVI freilich 
Sracixeatng (wie auch eine Paphierin Sracsxpatea bei Rangabé 
II, 1022), nr. IV vielleicht ZZ«'xou(rnç). In der folgenden gruppe 
ka.me.ne.se.ta,sa. lassen die drei letzten zeichen unter rücksicht auf 
die bedeutung der inschrift und das beginnende 2y@ mit einiger 


Zu den kyprischen inschriften. 27 


sicherheit ein xaréoruou erwarten, vgl. ka.te.se.ta.se. = xaréorads 
1. X. XII. XVII. Aber es erscheint doch unmöglich den zei» 
chen me.ne. (me.ni. nach Cesnola) das einzige te. zu substituiren, 
Ich vermuthe deshalb, dass der steinmetz nach ka.me.ne.se. die 
nächstfolgenden zeichen ka.te.se. wegen des wiederkehrenden se, 
durch ein erklärliches versehen überschlagen hat, und lese dem- 
nach xa Mévnc [xaréo|rucu 4). Dadurch wird nun der name eines 
zweiten stifters gewonnen, der wegen des nachfolgenden plurals 
peuvapévos verlangt werden musste; über xd = xal s. oben zu 
XXII, 1. Wegen des nur auf das erste subject bezogenen ver- 
bums vgl. Kühner II, 71. In der nächsten gruppe ist als zweites 
zeichen der lücke von Hall richtig ka. ergünzt, wonach dann aber 
nieht mit ihm (xa)ofyynros, sondern (xa)owvjro zu lesen ist, 
Vorher ist der name diesés bruders, dem das denkmal gesetzt ist, 
zu erwarten. Diesen schafft meine ergänzung '4f(uv). Der name 
’Awöc, schon in nr. IV gefunden, folgt der abwandlung von diovvs. 
Aus dem folgenden hat schon Schmidt p. 57 — u(a)vausvor (sic), 
p. 27. 29 evreoyeotac, Deecke uvauevos ev reoyeotac, Hall, nach- 
dem sich auch das vorhergehende me. gefunden hat, ueuvane£vos 
evceoyeotac. Dass hier nach xaréoracu wieder durch den plural 
die mehrheit der subjecte anerkannt wird, darf nicht befremden. 
Das nächste ist von Hall und Deecke gleichmüssig gelesen zug mx 
«6 sore. Das allerletzte zeichen aber hat Hall irrig für no. ge- 
nommen, von dem es wesentlich verschieden ist. Sehr gut hat 
dagegen Deecke, wie auch Siegismund zustimmend berichtet, in 
demselben das noch fehlende zeichen für ze. erkannt, das sich von 
dem za. nur durch den mangel der beiden oberen strichelchen un- 
terscheidet, und dadurch ZfFosbe gewonnen. 


XXIV. Von Kurion, Hall. Pl. VIII nr. 32. 


. &ri.si.to.ko.-]-.-]-.pa.to.si.ri. | 1. * Agıoroxo(Fwv) Tlarootoi 
. u.e.u.ka.sa.me.no.se.pe.ri.pa. 
. i.-+-.to.i.pe.re.se.u.ta.i.u.ne,te. 
. ke.+.-++. 


Diese auf der basis einer statue gefundene inschrift war be- 


‘2. VevyOauevos megh na- 
3. (dt) zws Ileposvis vvéFn- 
4, xe . + 


mw 09 Nov 





14) Oder es sind auch vor se.ta.sa. die zeichen se.ka.te. ausgelas- 
sen, also xa Mivn[s xaté] crac. 


28 Zu den kyprischen inschriften. 


reits in Monatsber. d. berl. acad. 1874 p. 689 f. von M. Schmidt 
nach einer mittheilung von Cesnola in umschreibung der einzelnen 
zeichen durch griechische buchstaben veröffentlicht, aber mit er- 
heblichen abweichungen von dem zuverlässigeren Hall’schen texte. 
Jedoch auch in diesem ist die lesung der inschrift, die nach dem 
zeugnisse Hall's und seiner tafel much worn and broken ist, mehr- 
fach sehr unsicher, besonders in der ersten zeile. Schwierigkeit 
entsteht auch dadurch, dass hier zum theil ganz ungewöhnliche 
formen der zeichen erscheinen. Namentlich scheint dasjenige zei- 
chen, das in z. 1 als zweites und letztes, in z. 2 als vorletztes 
vorkommt, an allen drei stellen von Ball richtig für ri. genommen 
zu sein, obgleich von dessen gewöhnlicher gestalt ganz ubweichend 
und fast ganz dem sa. gleich (wofür es auch an den beiden ersten 
stellen von Schmidt genommen ist), nämlich nur with a dot above 
the angles and a branch upward to the left from the. top of the 
right branch, welcher haken sich aber auch bei dem sa. in x z 
findet, 

Das sechste zeichen in z. 1 nearly obliteruted hat Hall für 
ro. genommen, Wäre das richtig, so würde ® Ægsoroxpiür zu lesen 
sein nach analogie von ekixgwv, “Eguoxomy, wobei- jedoch die 
contraction aus -xo&wv für den kyprischen dialekt sehr auffällig 
wäre. Aber das verdunkelte bild der tafel scheint viel eher auf 
ein vo. als auf ro. zurückgeführt werden zu können, und ich lese 
deshalb ' Agıozoxö(Fuv) nach analogie des von Priscian bezeugten 
Aapoxépur, vgl. Curtius grundz. nr. 64. Als siebentes und ach- 
tes zeichen gibt Halls umschreibung ne. ?*., während die tafel nur 
ein einziges ganz verdunkeltes zeigt, in dem allerdings ne..tu ver- 
muthen ist. Die letzte. gruppe pa.to.si.ri. (das si. ist nicht ganz 
sicher, aber doch am wahrscheinlichsten von Hall so gedeutet) hat 
Hall Za(v)doofgı gelesen, indem er es für den dativ eines von 
Osiris abgeleiteten götternamens nimmt.‘ Ich lese vielmehr Juro- 
cigs und erkenne darin den: bekannten ägyptischen personennamen 
Ilstöosgig, und zwar im genetiv zur bezeichnung des vaters, näm- 
lich mit der bei fremden namen sehr gewöhnlichen art der bildung, 
die im genetiv nur das -g des nom. abwirft; zunächst lässt sich 
der jüdische name Aevig, g. devi vergleichen. Als ein aus 
Aegypten stammender kyprischer name ist iu nr. IV auch "pic 
gefunden. 


Zu den kyprischen inschriften, 29 


-— 


In a. 2 ist, das zweite zeichen von Schmidt für ne. gehalten, 
und Siegismund p. 101 ist auch nach benutzung des Hall'schen 
facsimile dabei geblieben. Aber Schmidt’s . . uvevÉcperos und 
Siegismund’s vvevédpuevos sind mir unverständlich. Das präfix 
könnte doch nichts anderes sein als die in z. 3 erscheinende form 
9»- der prüposition dra, während das seltene avevysodus nur in 
der hier nicht brauchbaren bedeutung preces revocare bekannt ist. 
Auch ist das fragliche zeiehen ven dem sicheren ne. in z. 3 er- 
heblich verschieden. Richtiger wird daher Hall dasselbe für e. ge-. 
nommen haben, dessen gestalt ja in sehr mannigfaltiger weise 
variirt. Dann ist aber in vevycapevog die von mir entdeckte mit 
ixi synonyme kyprische präposition v (s. zu 1,5 und oben zu XI) 
zu erkennen; dweuys09as im sinne von vovere ist bekannt. Ueber 
e.uka.sa.me.no.se. = £uyoansvog ist schon oben zu nr. XII ge- 
spuochen. In sz. 3 ist das zweite zeichen so gründlich verwittert, 
dass Hall zwischen: te., se. und ta. hat schwanken können. Man 
kasa mit gleichem rechte auch ti. vermuthen und gewinnt dann 
den ausdruck vevyocueroc negi wasdt (Hall ü &vEapevoc megs nasdw), 
womit zu vergleichen Callimach. AP, VI, 148 

To pe Kavwnlıa Kalitoceoy slxoos uva 

miovasor a Kostlou Avyror F9yxe Few, 
evEaptva: megi wasdog “Antiludos* 
Ueber. die construction von zwQL hei ähnlichen verben mit dem ge- 
netiv oder dativ ohne unterschied des begriffes vgl. Bernbardy 
W.synt. 262, Kühner LI, 426.427. Aus dem folgenden to.i.pe.re.se.- 
uni. hat Hall ae @gscsuüre als namen des sohnes entnommen, 
Aber den menschlichen eigeunamen findet sich in diesen. kyprischen. 
ingehriften niemala deg artikel vorgesetzt, dagegen aebn negelmässig: 
den namen der gütter, und dass rj. [lepceurg zu lesen und für. 
einen gottesnamen zu nehmen sei, wird vollkommen sicher darch. 
zwei ganz in der nähe gefundene von Schmidt aus einem briefe 
van Cesnola mitgetheilte inschriften einer als weihgeschenk aufge- 
stellten statuette, von denen dia erste Annoraong Ieocewtn zuyıv. 
lautet, die andere verstümmelte zu anfang Anuo(yaons) und zu 
ende Zeoosvin eèyir bietet. Danach hat auch schon Schmidt 
richtig Hegoevrg,, ohne sich über diesen namen weiter auszuspre- 
chez. Es wird aber unter demselben. nur der zu Kurion. verehrte, 
Apollen (s. Enget Kypr. I; 119) verstanden werden können, ohne 


80 Zu den kyprischen inschriften. 


dass ich über diesen namen eine auskunft zu geben wüsste. Be- 
merkenswerth ist endlich dvédyxe statt des gewöhnlichen kypri- 
schen dvé9nxe 25). Zu vergleichen ist das in den inschriften man- 
nichfach erscheinende kyprische v statt des gemeingriechischen o; 
der wechsel begreift sich leichter durch die kyprische aussprache 
des v (vorb. 4), die dieses dem o näher stellt. 


XXV. Auf armbándern aus Kurion. 


e.te.va.to.ro, | to.pa.po.pa.si.le.vo.se. |’Ererd’dgw zw Nayw Boo poc. 

Die inschrift ist in griechischer schrift schon von Siegismund 
p. 102 nach einer copie von Cesnola mitgetheilt. Eine abschrift 
des kyprischen textes hat mir Deecke nach einer von Siegismund 
erbaltenen copie zukommen lassen. Beide machen darauf aufmerk- 
sam, dass die inscbrift, die ihrem inhalte zufolge ursprünglich aus 
Paphos stammt und auch gleich den andern paphischen rechtslüufig 
ist, mehrere ihrer deutungen von eigentbümlichen paphischen zei- 
chen sehr schön bestätigt, nämlich va., to. ro., le. Der name 
°E:favdoog ist sonst aus Attika bekannt. 


XXVI. Von Soloi. 
1. o.20.lo.+.pa.si.le.n.se.|se.ta.si.… | 1. 6 Zolw(r) Pacidevs Srac- 
ka.ra.te.se. | sa.ta.si.ja.u. xoatng Zracljau 


2. ta.a.+-.na,|-. | a.ne.te.ke. | i-| 2. zà "“M(Fa)va(s) dvédmxs. F- 
tu.ka.i. TUXGb. 





Von Deecke mir aus einem briefe Siegismund's mitgetheilt, 
der die inschrift von Dr. Schrüder in Constantinopel erhalten hatte. 
Dieselbe hat als bilinguis neben dem kyprischen texte einen ent- 
sprechenden griechischen, den aber Siegismund nicht heigefügt hat. 
Dieser macht aufmerksam, dass hier wahrscheinlich die váter der 
in der anderen inschrift von Soloi aufgeführten (IX. 6 FavalN 
Srucljug Ztaoıxgareog) zu erkennen seien. Jedoch könnten es um- 
gekehrt auch die söhne sein. Auffallend ist arédyxe statt des ge- 
wühnlichen kyprischen ôvédyxs. Die gemachten ergänzungen lie- 
gen auf der hand, 


_ 15) Schmidt hat freilich das erste zeichen des wortes, indem er 
einen oberhalb befindlichen von Hall offenbar für zufällig gehaltenen 
strich als einen bestandtheil desselben betrachtet, für ein o. von 
ganz ungewöhnlicher gestalt genommen, was aber wenig für sich hat. 





Zu den kyprischen inschriften. 31 


Die übrigen inschriften, welche mir bei Hall oder sonst vor- 
liegen, sind entweder zu mangelhaft überliefert oder zu unbedeu- 
tend, als dass ihre besprechung in den plan meiner arbeit gepasst 
hätte. 

Hannover. H. L. Ahrens, 


Soph. Elect. 137: 
dA’ oùros roy y' tE° Alda 
mayxolvov Aurüç marke” vor os ove yooss T: 
haben die schlussworte alle erklärer beschäftigt, die unklarheit in 
hurüg hat aber so viel ich weiss erst Nauck z. st. gefühlt: denn 
man mag wie Heyne zu Verg. Aen. VI excurs, IX hier an den 
Acherusischen see, oder mit I. H. Voss zu Verg. Georg. IV, 467 fig. 
an den Kokytos denken, so passt das hier nicht, da diese namen 
nur theile der unterwelt bezeichnen, Eur. Alcest. 443. Avist. Ran, 
136 u. s, w., hier aber die ganze unterwelt bezeichnet sein muss. 
Was Nauck aber an die stelle von Asuvag setzen will, Asw£vos, macht 
zu viele änderungen nöhtig und ist auch, da das innere des Hades 
hier besonders hervorgehoben sein muss, nicht scharf genug: das, 
was hier der sinn verlangt, dürfte «ofrag sein, durch das hier der 
Hades deshalb passend umschrieben wird, da in ihm dem den Hades 
von seiner mildesten seite auffassenden ein trost zugleich für Elek- 
tra liegt: die ausdrucksweise ist sophokleisch, vgl. Soph. Oed. Col. 
1706 xofray d° Eye | végdev evoxtacrov alév: auch Soph. Autig. 
804 zo» napxolrur oF cow Jalauor, ib. 810 aida pw’ o 
xüyxofrag Aldus Cwoay ayes: dabei übersehe man nicht die alli- 
teration in zzayxoívov xolıog. Aber wie kommt denn duras hier- 
her? Es ist gerade so entstanden wie 0oxw vs. 47 und vieles 
andre in der Elektra, durch interpolation, denn dass ögxw einer 
solchen seine entstehung verdankt, wird schon dadarch unumstöss- 
lich bewiesen, dass infr. 660 fig. von diesem eide auch nicht der 
geringste gebrauch gemacht wird, während sonst alles, was der 
prolog ausführt oder berührt, im folgenden weiter ausgeführt und 
beautzt wird. Ueberhaupt musste hier die eben bezeichnete erzüh- 
lung des pädagogen genan vorbereitet sein. 
Ernst von Leutsch. 


II. 
Homerische etymologien. 


"Ado. 
Es ist eine eigenthümliche, um nicht zu sagen ominöse that- 
sache, dass gleich das erste wort, welches die Homer-würterbücher 
aufzuführen haben, noch immer ein etymologisches rüthsel, und, wie 


sich zeigen wird, auch der grundbedeutung nach, noch immer nicht 
erkannt ist. | 


Aus pam, atm, woraus einige das vb. «&w herleiten woll- 

ten, kann wohl afar-aw, aber nicht daw, drow gebildet wer- 
den. Auch widerstreitet dieser schon lautlich unhaltbaren etymolo. 
gie die übereinstimmende ansicht der alten Griechen, dass umge- 
kehrt Groin, dry aus daw entstamme. Kein geringerer als Homer 
selbst hat diese etymologie zuerst vorgetragen, und zwar, wie wir 
sehen werden, mit vollem fug und recht, z. b. T 91 = 129 “4mm, 
7 névras dira. Vel. T 136, © 236, o 301f, I 116. 
“ Da nun "Gr ursprünglich &pam (vv —) lautete, wie Pindar 
Pyth. II, 52, III, 42 beweist, so steht-auch daw für draw. Und 
wenn Leo Meyer gr. Il, 325 im Homer überall &-am statt ary 
bergestellt wissen will, so kann wiederherstellung des digamma, 
vielleicht mit noch grösserem rechte, für die formen von daw ge- 
fordert werden, indem dadurch ein unangenehmer hiatus beseitigt 
werden würde. 

Die formen, in denen dw bei Homer vorkommt, sind folgende: 

a) dam (v— —) T 91. 129. b) duce, ducer (— vv) 
aor. mit augment y 296. 297. c) dacag (vvv) aor. ind. ohne 
augment © 237. d) aaouy oder &acca» (— — v) aor. ind. mit 





Homerische etymologien. 83 


augment x 68. e) dasaum (—vu—) mit augment 7 116. 119, 
T 137. f) daooıo oder &docaro (— —vv) mit augment A340. 
g) dieselbe form ohne augment (v— vv) I 537. h) &oazo 
(— vv), aus dacaro (vvvv), gerade so zusammengezogen wie 
am aus pom, T 95. i) daodny (v — —) ohne augment d 509. 
k) édo9n (v——) 11685, T113, d 503. 1) daodels (v — — 
g 301. 

Hiernach werden wir ein doppeltes präsens aF-dw und &r-aLw 
anzusetzen haben. Denn es waltet unter den aufgeführten formen 
rücksichtlich ihrer bildung ganz dasselbe verhältniss ob, wie zwi- 
schen den homerischen formen aus ovzaw und ovzalw: einerseits 
ovrnoe, oùrndels etc., andrerseits ovrace, oùruoræ, oùraouévos ete. 
oder wie zwischen den formen von eivaw und eivalw: einerseits 
eurer, turn Sivas etc., andrerseits evvacdels, sUracIn, euvacor etc.; 
nur dass aaxw, wie dco, für n lang a aufweisen musste. Und so 
bestehen neben einander entsprechende formen von dyarzaw und 


> , 2 7» 2 7 > . > " » , 
dyanatw, — anaw:analw, — vrac : Areal, — Guuaw: 
aupalw, — ww : Bralw, — slivpaw: sidupalw, — meld: 


sata, — nsocmi: real u. dgl. m. Vgl. Curtius Gr. et. p. 612. 

So wenig man nun daraus, dass bei Homer z. b. die prüsentia 
ovid und evvaw selbst nicht vorkommen, sondern nur evȇto 
und ovzalw, wird folgern können, dass er jene prüsentia trotz 
oùrnce, &uvrot etc. nicht gekannt habe: ebenso wenig darf umgekehrt 
aus dem fehlen des prüsens &-uêu gefolgert werden, dass zu Ho- 
mers zeit ein &r&Llw noch nicht bestanden habe. Mit noch grö- 
sserem rechte, als die Homer-lexicographen wegen ovrnoe, evynoe etc. 
auch die prüsentia ovrdw, evvaw ... neben ovzalw, ebvabuw ... 
aufführen, hätten sie neben &&w auch aaCw aufführen sollen. Denn 
mit ausnahme der einzigen form aras, die auf &a&w weiset, haben 
alle übrigen &alw, &r-alw zur voraussetzung. Der grund, wes- 
halb man &--étw neben &r-aw nicht aufführen wollte, ist ver- 
mutblich der, dass man collision mit dem bei Aristoteles erhalte- 
nen zeitwort ädtw fürchtete. Aber ganz irriger weise hat man das 
aristotelische <e4w und das homerische caw als himmelweit ver- 
schieden angesehen. Beide haben einen und denselben grundbegriff; 
beide sind denominative, die lautlich gerade so neben einander 
stehen, wie evyaw und euvalw, Gviaw und aveclw xrA., über deren 
bildung Curtius a. a. 0. gründlich gehandelt hat. 


Philologus. XXXVI. bd. 1. 3 


$4 Homerische etyinologien. 


Wie fiio, -abw (von fla) = gewalt machen, anthun, dvd, 


-&bm (&vta) = überdruss machen; mesgaw, -alw (mega) = ver- 
such machen; eövaw, -clw (eg) = ‚bett machen, betten; melaw, 
: ale (von *zo néXas nähe, wozu adverb méAag) = annäherung 


machen, nähern: so ergibt sich aus dem nomen zó &fF-og (älter 
«F-as), vielleicht mit einer verlorenen nebenform 7 &F-n, das de- 
nominativ dr-dw und &F-aêw ursprünglich = wind machen. Das 
substantiv zó &F-og ist bei Hesych erhalten. Wie nun avy neben 
10 avdog, vy} neben zo evyog, An9n neben rà 47906, Xyg neben 
10 yog, vaxn neben 10 vaxog, varın neben 10 vamog xıA. steht, so 
kann auch ein % @r-n neben zo &p-os bestanden haben. Dafür 
spricht die glosse bei Hesychius «fu (d.i. 4p-a, &r-n) = fon. 
Denn bauchen und rufen sind ganz nah verwandte begriffe, wie 
denn avew rufen, di-r7) geschrei u. a. d. von Curtius nr. 587 mit 
recht zur w. &p hauchen gezogen werden; also &F-n ursp. = 
&p-og. Indessen brauchen wir für dp-dw nicht nothwendigerweise 
ein femininum &f-n; denn so gut von zó xg«&zog das verb xgazéw, 
futur xgatjow, von to GAyoc: @Ayéw mit part. aoristi GAy/jcac, von 
10 Japufos: Fapféw, To xijdoc: xndéw, TÔ uicog : uico x1À. ent- 
stehen, so kann auch aus to &--0ç, alt d.-ag, ein d--dw her- 
vorgehen. | 

Dass die grundbedeutung von @F-@w nicht „schaden“ sei, 
hätten logische denker längst aus der einen stelle d 503 ersehen 
sollen. Dort heisst es von Aïas: — 


xa) vu xt» Èxqpuye xoa xai ÈxFouevds neg Avr, 
& un Uneoplarov Enog Exßale xoà wey’ d oÀ ny. 


Das hiesse bei der gangbaren auffassung von &&w: Und nun wäre 
Aias nicht geschädigt worden, wenn er nicht . . . . gewaltig ge- 


schädigt worden würe!! Denn die schädigung des Aias bestand 
darin, ‘dass er der todesgöttin verfiel. 
Der sinn der stelle ist aber offenbar ein anderer — „wenn 


Aias nicht in seiner grossen verblendung (uéy’ d&c9y) ein über- 
müthiges wort ausgestossen hätte . . .“ 

Wörter mit dem begriffe hauchen entwickeln durchweg auch 
die begriffe duften, dunsten, rauchen, und „hauch“ wird = 
duft, dunst, rauch, nebel. Hierzu einige belege. 


Aus w.xax hauchen: x@x-0ç hauch, xaxvw hauchen, xax-»0ç 





Homerische etymologien. 85 


dampf, rauch, im übertragenen sinne — blauer dunst d.i. trug 
(Plato), xazvíag rauchig, xoóz-Qog dung (bgr. dunsten). 

Aus skr. w. dhw hauchen = w. Ju: skr. dhü-ma rauch, abd. 
fuom duft, dunst, dampf, goth. daunis dunst, 9v-og räucherwerk, 
Jv-ua weihrauch, Justo) räuchern u.s.w.— Aus wf. dhup (= 
9v-|-s) : skr. dhüpa rauch, zügyog statt Foros qualm neben 1v9-wyv 
sturmwind, zvgw dampfen u.s. w. Im übertragenen sinne wird 
tepog = dünkel, weiterhin = blédsinn; rupow dampf machen = 
umnebeln, bethören; zerupwpévog = thor, narr; rvgo- yéQwv 
(Aristophanes) ist „ein kindischer geistesschwacher alter, dessen ver- 
stand durch hohes alter -verdunkelt, gleichsam in rauch und dunst 
gehüllt ist“; zup-Adg umnebelt = blind, weiterhin = blödsinnig 
u.dgl.; zupedu»oç (Aristophanes) ist ein „umdunsteter, umnebelter 
— blödsinniger mensch“. Wie unsere deutschen wörter dumm, taub, 
betiuben u.s. w. auf die gleiche wurzel zurückweisen, ist u. a. aus 
Fick wb. Ill, 150 bekannt. Wegen der übertragung der grund- 
begriffe möge man auch noch vergleichen engl. dim nebelig = 
blödsinnig , dim-ness = dummheit; mist duft, to mist umnebeln; 
dump geistesabwesenheit u.v.a. Zu w. dp gehört d-ng (&--10) 
keuch, luft, aber auch = nebel, dunst (dunkel); fede nebelig, 
änmerig, dunkel; Geofa = öywiyan (Hesych.); Guru hauch, duft, 
aber auch = rauch; delloç rasend (Hesychius). 

Und so wäre nichts einfacher, als dass @--dw und dr-aLlw 
neben dem grundbegriffe athmen, welchen letzteres wort bei Ari- 
stoteles hat, auch den bgr. dunsten, nebeln oder mit einem object 
als transitiv den begriff umdunsten, benebeln, bethören, 
verblenden entwickelt hätte. 

In der that sind das die begriffe, welche ausnahmslos 
bei genauerem zusehen für @F-aw wenigstens bei Homer gefordert 
werden. | 

Ueberall steht das wort von einer umnebelung des geistes, 
der in folge dessen die klare erkenntniss von dem, was gerecht, heil- 
sam und gut ist, einbüsst. — Wie sehr dieses d 503 zutrifft, ha- 
ben wir bereits gesehen. Aus dem hierzu vorhin bemerkten er- 
klärt sich auch d 509: zo dé rQíqoc Zumeoe movi, 

19 5° dias 10 ngwıov Eyebouevos n£y! don. 
Zum öfteren steht gofvac, goeoív, Juuw ausdrücklich dabei: 
9 297. 301, I 537, A 340; aber auch, wo solches nicht der 


3* 


36 Homerische etymologien. 


fall ist, findet gleichwohl nur bezugnahme auf den geist statt. 
Eine besonders lehrreiche stelle ist 9 295 ff. : 

olvoc xa Kévtavgoy, ayaxiviòv Evevrlwva, 

Gao’ Evi peydow ueyadvuov HtQ30o, 

és Aantdas 909 * o d’ ensi pyokvas aacey olivo, 

pavvópevog xax' Egete douov xara. ITugi36oio. 

newas d° &yoc side, dièx moodigov dì Fveale 

Yxov avaltavies, an’ ovata vhs yoixg 

Sivas + aufOurrec" 6 08 poscèr [oiv aactels 

fiev 7» aınv Oyéov dsctpoovi Fung. 
Es steht nichts im wege, die resp. ausdrücke wörtlich zu über- 
setzen: „Der wein umnebelte (bethörte) auch den Eurytion.“ — 
„Nachdem er seinen geist mit wein umnebelt hatte, da richtete er 
in seiner raserei (uusvonevos) böses an. — „In seinem geiste 
umnebelt, schied er dahin, seine umnebelung (bethörung, seine 
trunkenheit) tragend im umnebelten herzen“ d.i. mit sich in die 
unterwelt führend, — eine ungleich drastischere auffassung, als 
wenn man den Eurytion lebend wegziehen lässt, „die folgen seiner 
thorheit tragend, duldend“ Dass Eurytion den untergang gefun- 
den, wie Damm-Duncan, Minckwitz u. a. annehmen, darf aus v. 304 
gefolgert werden. In diesem falle aber wäre es sonderbar voh 
einem sterbenden noch zusätzlich zu sagen „tragend (= erduldend) 
die folgen seiner thorheit mit (im) thörichtem herzen“. Dass &77 
nie und nirgends „strafe‘“ bedeutet, wie einige erklürer hier über- 
setzen, werden wir später sehen. Wer aus den einleitungsworten 
vs. 294 f. olvog 6s tomes usdindic, core xo) addoug Plantes, 
0g ay uw xavdor Ein, und aloına nivn folgern wollte, dá» sei 
— Ads: der könnte bei solcher logik auch folgern, zgwesy 
sei — dà», oder aus den schlussworten v. 304 of d° att mow1w 
xaxov sugeto olvoBagelwy auch folgern, olivo ßagelw» heisse, 
trotz x0x09 sugezo, „mit wein geschädigt“. Allerdings erfolgt 
durch stechen und verwunden schädigung, wie auch umnebelung 
des verstandes oder bethürung insgemein von „schaden“ begleitet 
ist; aber darum ist „stechen“ (der wein sticht dich) nicht == 
schaden ; ebenso wenig auch benebeln — schaden. Solche be- 
griffsverflachung kann das dichterverständniss nur schädigen. 

I 537. Oeneus hatte allen übrigen göttern hekatomben dar- 
gebracht, nur nicht der Artemis, „sei es, dass er es vergessen oder 





Homerische etymologien. 37 


nicht beachtet hatte“; denn er war in seinem gemüthe umdunstet, 
verblendet, bethört: dxouro de uéya Jung. — Der gleiche aus- 
druck findet sich A 340: Agastrophos hatte, weil er im geiste 
umnebelt, verblendet war, nicht darauf bedacht genommen, seine 
rosse in der nähe zu lassen, um entrinnen zu können. 

Dass das auo9%vas in einer beraubung der klaren erkenntniss 
bestehe, sagt T' 137 der dichter mit nackten worten, indem er 
den Agamemnon sprechen lässt: | 

aaa’ énsi dacdpyy xai peu posvag ?&£iero Zeug, 

d.i „aber da ich verblendet war, und Zeus mir den verstand weg- 
genommen“ etc. — Die worte beziehen sich auf die verblendung, 
worin Agamemnon den besten der Achäer gekrünkt und von sei- 
nem zorne sich batte hinreissen lassen. Von derselben sache steht 
1 116 und 119 daccuny, an letzterer stelle in der verbindung 
al Pm aucaunr poecì Asvyalénos mdynoag — 
Ganz allgemein steht unser wort 7° 91 und 129 in der verbindung 
"dig, 9 Raving aura. 
Desto bezeichnender aber ist die stelle 77 685: 

Dorgoxkog 3” Innowı xai Avrouédovre xsAsvOag 

Toc ag xol Auxlous perexlade, xoà wer’ caddy 

v5ziog' eb dè Eros IlnAmadao quluëer, 

it? dv untspuys Kioa xaxyv pédavog Favatoso. 

GAA” abel te 405 xQeloowy voog 96 meg avdowr, 

0g o$ xal wre Fvpuòv Evi oryPecow Avizer. 
Achilles hatte seinem freunde ausdrücklich befohlen, er solle, nach- 
dem er die Troer von den schiffen vertrieben habe, zurückkommen ; 
er solle nicht, berauscht von kampfeswuth und vom worte der 
Treer, gegen Ilion vorgehen, vs. 86 — 96. Patroclus aber in 
seiner gewaltigen verblendung, und gewissermaassen vom sieges- 
rausche umnebelt, achtete nicht der weisungen des Achill, sondern 
verfolgte, nachdem er Sarpedon erlegt, die Troer und Lycier wei- 
ter. Zeus selber, dessen sohn (Sarpedon) jener erschlagen, fachte 
sine wuth an, damit ihn sein schicksal ereile, Die worte xai 
ity’ adodn yynvoc sind explicativ zu fassen: „und zwar liess er 
gewaltig sich verblenden der thor“! 

Selbst Zeus liess einstmals sich verblenden, bethéren T 95 
(rai yag di vu more Zeig acuro): es war damals, als Here ihn 
mit ränken betrog, an jenem tage, wo Alkmene den Herakles ge- 


38 Homerische etymologien. 


bären sollte, als Here Zeus zu dem verhängnissvollen eide verlei- 
tete (vs. 106 ff). „Zeus merkte nicht die truglist und schwur 
den gewaltigen schwur“; Enea dé molÀov Gac3n (v. 113) d.i. 
„so liess er sich denn gewaltig bethören.“ Die übersetzung mit 
„schädigen“ würde den abgeschmacktesten unsinn ergeben: Zeus 
kann ja doch nicht geschädigt werden. 

Wie hier die verblendung, bethörung darin besteht, dass Zeus 
die truglist nicht durchschaute (v. 112 Zeus d’oùz: doloygoouvn» 
&vönoev), und wie hier der bgr. „bethört werden“ nahe an den 
begr. „berückt, betrogen werden“ heranstreift, so auch © 237, 
wo Agamemnon ausruft : 

Zev nateo, 7 da nv NÒn vasquevéwr Baordywy 

'zid’ ürg dacag xal pw weya xüdog annveac; 
Es ist derselbe gedanke, den Agamemnon bereits B 111 ausge- 
sprochen hatte: 

& ylAoı, nowes Aavuoi, Feganortec “Agnos, 

Zeug pe péya Koovlöns arn èveédnoe Bageln, 

oyéthigg, Oc moìv puév pos bnéoyeto xa) xattvevoev 

"Duov éxnégoarvr’ svielgeov Arovsecdas, 

vu» dè xaxny Anaınv fovdevoaro, xal ue xedeves 

dvoxAta “Aoyos ixtodas, inc) nolvy Wisoa Aaoy. 
Es war eitel dunst, eitel blendwerk, was Zeus dem Agamemnon 
vorgespiegelt hatte, Wie die ausfübrenden verse (0g zgiv.. 
VméGyez0 . . . ., vv dì xaxhy GHA THY fovàescaro) deutlich 
genug besagen, dreht sich der gedanke hier nicht um den begriff 
„verderben“, wie man irriger weise az deutet, sondern um den 
trug, der dem Agamemnon gespielt ist. Will man für B 111 
nicht die übersetzung „Zeus hat mich in unheilvolles blendwerk 
verstrickt“, indem er also mich betrogen etc.: so mag man ge- 
radezu die übersetzung trug, täuschung wählen. Denn trug ist — 
dunst, „blauer dunst*, in welchem sinne Plato Rep. IX, p. 581 C 
auch xunvoç gebraucht hat. 

Demnach wird auch © 237 zu übersetzen sein: „Hast du, 
vater Zeus, mit solchem blendwerk schon einen der könige ge- 
blendet“? d.i. mit solchem truge betrogen. 

Die letzte stelle von aa» bei Homer ist x 68: 

000009 1’ Eragol TE xuxoi, 1006 TOiol te Umvoc 


oy£ihvog. 


Homerische etymologien. 39 


So spricht Odysseus zu Aeolus, als ibm die gefährten während 
seines schlafes den windschlauch geöffnet hatten: „betrogen haben 
mich die schlimmen gefährten und dazu der frevle schlaf.“ 

Im homerischen hymnus auf Demeter v. 246 correspondirt der 
madruck xoj daddy uéya Supe dem ausdrucke dygpadinow 
v. 243. In ihrem unverstande, in ihrer grossen geistesverblendung 
vereitelte Metaneira die wohlwollenden absichten der göttin. — 
Im v. 256 desselben hymnus stehen in bezug auf vs. 246 die be- 
technenden verse: 

raides avdownoı, apeadmoves ov ayadoio 
alcuv Èreggopévov rmooyvupevas OVTE xoxoio* 
xai GU yùo Apoudindi TENS vixeosov Gdodns. 
Enes commentars bedürfen diese worte nicht: von eigenem unver- 
stande wurdest du unheilbar umnebelt, bethört, geblendet. 

Endlich möge noch einen platz finden Hesiod. Op. 281: 

0c dé xe pugruglyow Exwv Enloguov duoccas 

wevcetus, dy dà dixnv BAdwoc vijxectov dac9 gp, 

tov dé 1° &pavgorfQr yeven péronsode Alsınyaı. 
Der schaden, der aus meineid und rechtsverdrehung erwüchst, wird 
im nachsatze angegeben, kann also im vordersatze nicht auch eine 
stelle haben. Der gedanke: ,,wer, das recht beeintrüchtigend, un- 
heilbar geschädigt ist, der hat grossen schaden davon“ wäre un- 
logisch und barer unsinn. Es ist daher zu übersetzen „wer in 
unbeilvoller verblendung das recht verdreht“, der etc. 


“Arn 
oder ursprünglich &ra-ım (vv —) entstammt, wie bereits gesagt, 


von dFa- w. Es ist gebildet, wie può -m (w. pu), Plao-ın, 
oxdo-n, xol-ın, dal-ty etc. oder wie Zus-toc, 200-705 ete. 

So vielfachen untersuchungen und besprechungen, die man im 
Homer-lexicon von Ebeling verzeichnet findet, das wort &ın (— —) 
auch unterzogen worden ist, so war doch noch keine völlige klar- 
legung weder der etymologie, noch weniger der grundbedeutung 
gewonnen worden. Durch die voraufgehende untersuchung über 
&p-d-w dürfte solche angebahnt sein. 

Hat &--d-w die vorgetragene bedeutung, so ist @-«-rm, zu- 
sammengezogen °&-ın = benebelung, umdunstung , verblendung, 
bethörung,, geistesverwirrung. Und dieser begriff ist derjenige, 


40 Homerische etymologien. 


welcher an sämmtlichen homerischen stellen nicht bloss der ent- 
sprechende, sondern förmlich der geforderte ist. Dagegen sind die 
angeblichen bedeutungen „schaden, verderben, unheil, frevel, unglück, 
strafe aus den Homer -wörterbüchern zu streichen. 

Bevor wir die homerischen stellen durchgehen, mögen die 
beiden pindarischen stellen, in denen noch die älteste form gewalrt 
ist, besprochen werden. 

Pind. Pyth, 11,52 erläutern die worte GAAc vs vfiois elo @Fatray 
vreocpavov das voraufgehende, und das wort &Fazay entspricht 
dem ausdrucke uawopévass pgaotv im verse 49. Die übersetzung 
von Tycho Mommsen durch „untergang“ ergibt logischen unsina ; 
und nur die übersetzung: ‚aber der übermuth trieb Ixion zu über- 
gewaltiger verblendung^ passt zu dem voraufgehenden, wie zu dem 
folgenden: zdya dì madudy 2osxdr’ dvng|isatgerov Ee moy 9 ov. 
Erst mit diesen worten werden die folgen seiner verblendung, in 
die ihn der übermuth trieb, angegeben. Selbst einem lyriker darf 
man keine solche gedankenverbindung zutrauen, wie diese: „Allein 
der übermuth trieb dem Ixion in gewaltiges verderben; bald aber 
erlitt er die verdiente strafe und trug auserlesene qual davon.‘ 
Verblendung, geistesbethörung , hervorgegangen aus übermuth, war 
es, was den Ixion zu frevelndem angriffe auf Juno verleitet hatte. 

Die stelle Pind. Pyth. III, 42: | 

Èoge tosaviav peydhay àpétav 
xaAAszÉnAov Apa Koguividos, 
übersetzt Tycho Memmsen freilich folgendermaassen: ,,Solcher thor- 
heit frevel, den grässlichen, barg jener schleierumwallten Koronis 
gemüth“. Genauer aber trifft den sinn die übersetzung: „Von 
derartiger gewaltiger verblendung, bethörung war der Koronis sinn 
umfangen“. Denn das in diesen und in den folgenden worten über 
Koronis gesagte soll nur den unmittelbar voraufgehenden allge- 
meinen satz (vs. 38 ff.) exemplificiren: 
tots dè pÜülor iy avdewrrosci patardtatoy, 
doris aldyuywy Emyuesa rmartalve TE n0060, 
petapuvin Ingevam Exgavross sAnlooy. 
Doch wenden wir uns zu Homer. 

Die Ate als göttin „berührt nicht den erdboden, sondern fährt 
längs die häupter der menschen,“ T 93. Warum längs die häup- 
ter? Sie umnebelt, gleichsam wie der nebel, kopf und geist 


Homerische etymologien. 41 


uad raubt die klare erkenntniss, den hellen geistesblick, — Ueberall 
ist ziel oder sitz des wirkens von azm der geist, auch wo der zu- 
Wi gotG/, Sun etc. fehlt. Daher 77 805 zo» d’ am peévas 
da, — o 233 dry... of Ent posoì Ipuev... Eowus, — 
T88 goeci» Eufaloy amv, — 9 301 ò dì posoiv now 
aasdss etc. Die angedeutete wirkung der arm gibt der dichter 
La T 136 vernehmlich genug an: 

où duvduny Aska9£09? "Arne, 7 nodrov atom: 

a” ens? davauım sal peu poévas èEEXero Zeus. 

Ate besuchte vormals ‚auch den Olymp und den sternenreichen 
bimmel“; aber seit sie den göttervater selbst einmal umnebelt hatte, 
so dass er, die truglist der Here nicht durchschauend, den thörich- 
ten eid bezüglich Alkmene’s niederkunft mit Iphikles und Herakles 
schwur und dadurch letzteren dem ersteren unterthänig machte: da 
ward sie vom Zeus beim kopfe erfasst und aus dem himmel ge- 
worfen, um nie wieder hineinzutreten. T 95 ff, 126 ff. Also 
ach die seligen götter konnte Ate befallen; aber ,unheil*, „un- 
glück“, ,frevel, „verderben“ etc. (was alles &zg soll bedeuten 
linen!) liegt den „seligen göttern“ doch fern. Ate ist zufolge 
1505 ff. kräftig und schnellfüssig, eilt den bittgöttinnen weit 
wrens, über die ganze erde hin die menschen schädigend. Sie 
schädigt sie eben dadurch, dass sie dieselben umnebelt, bethört, zu 
müberlegten handlungen verleitet. Ate ist nach T' 91 die tochter 
des Zeus. Von Zeus geht daher vorzugsweise verblendung, bethö- 
"mg der menschen aus Z 356, T 270, © 287, B 111, I 18, 
T 88. 95. 136. Aber auch die im nebel einherschreitende Erin- 
ws (Nepopoisss “Eosvuc) sendet solche 7' 88, o 233, ebenso die 
Moira T 88, wie nicht minder die liebesgöttin d 261; vgl. Z 356, 
228, 4 223. Aphrodite war es, die, nach eigenem geständnisse 
der Helena, über diese die verblendung verhängt hatte, wie auch 
ier Paris (a. a. 0.). 

Wenn es von Aphrodite heisst, dass sie die menschen bethöre, 
verblende: so bedarf solches keiner psychologischen rechtfertigung. 
Wie es aber zu verstehen ist, dass von Zeus, von der schicksals- 
gettin, von der Erinnys verblendung der menschen ausgehe, das ist 
ws IT 685 — 691 zu erschliessen: Patroclus liess sich bethören, 
den weisungen des Achilles zuwider, die Troer bis an die stadt 
ran zu verfolgen; „hätte er die weisung des Peliden beachtet, 


42 Homerische etymologien. 


so wäre er der schlimmen Kere des schwarzen todes entronnen. 
Aber immerdar ist des Zeus verstand mächtiger, als der der men- 
schen; Zeus regte in des Patroclus’ brust kampfeswuth an“ Und 
das war die bethörung. Damit Patroclus dem ihm zugedachten 
schicksale verfalle, musste Zeus seinen sinn so umnebeln, verblen- 
den, dass er der mahnungen des Achilles uneingedenk war. Wenn 
sonach Zeus verblendung verhängt, so geschieht es, um dem 
schicksale die wege zu bereiten: Quem Deus vult perdere, dementat. 

Am häufigsten kommt &rn von der verblendung vor, welcher 
Agamemnon verfallen war, so dass er den besten der Achäer ent- 
ehrte 4 412, 1115 (vgl. 505ff.), 17274, T 884. 129, 136. 270. 

Ivo dì xoi Aroelôns ebovxostwv * Ayautuvwv 

nv Gr, OT &gıorov Aya oùdèr Erucer. A412 — 17274. 
Dass diese #77 des Agamemnon in nichts anderem bestand als in 
verblendung und bethörung, lässt Homer den betroffenen selbst 
sagen T' 137 in dem explicativen zusatze nat uev potvag EEE- 
Aero Zeug, desgleichen T' 88: 

GÀÀà Zeug xui Moo xal feoopoîris "Egi, 

oli: pov ely àyooz; poeciv ÉuBaloy üygıov arny. 

Von „schuld“ u. dgl. liegt an keiner der aufgeführten stellen auch 
nur eine andeutung vor; überall nur hinweis auf die umnebelung, 
umdunstung, verblendung von kopf und geist. Dass aus solcher 
verblendung „schaden“ erwüchst (7 507 fA«mzovo! dvO9Qumovg), ist 
so natürlich, als selbstverständlich, und eine sache für sich; aber 
darum ist &rn selbst nicht = schaden, 

Von einer anderen dry, welcher gerade Agamemnon verfallen 
war, und die in trügerischen vorspiegelungen seitens des Zeus, in 
eitlem blendwerk bestand, P 111 ff., 7 18 ff, © 236 ff, ist bereits 
unter caw ausführlich rede gewesen. 

Ebendaselbst sahen wir auch, wie az g 302 von der umne- 
belung des geistes mit wein, welche sogar wahnsinn zur folge 
hatte, gebraucht wird. 

Besonders lehrreich ist die stelle 77 805: 

tov d° arn poévag elle, AVF d? End yuldına yvia, 

om dì rag» 

Apollo war nämlich, in dichten nebelschleier gehüllt, dem Patro- 
clus entgegengetreten und hatte ihn mit starker hand auf den rü- 
cken und die breiten schultern geschlagen, so dass seine augen ein 





Homerische etymelegien. 43 
schwindelwirbel ergriff (ozespedivnIer dé of 000: va. 792), batte ibm 
den heim vom haupte geschleudert, die lanze gebrochen, den brust- 
panzer gelöst. Da nun erfasste umuebelung, umnachtung, verwir- 
rung, betäubung den geist des belden (zó» J cry gofrac elle) und 
betäubt stand er da. — Es liegt auf der hand, dass hier mit kei- 
nem der in den lexiken aufgeführten begriffe „verderben“, „un- 
glück“ etc. oder gar „schuld“ auszukommen ist. 

K 391 sagt Dolon: 

noljolv u’ ètnos naçgèx voor Fyayer Exigo, 

indem er auf die vorspiegelungen von prächtigen geschenken, welche 
er nach glücklicher ausführung der späherschaft haben solle, hin- 
weist. Wir werden den sinn der stelle nur treffeu durch die 
übersetzung: mit mancherlei bleudwerk, mit manchen vorspiegelun- 
gen hat Hektor meinen sinn irre geführt. — Diese stelle erinnert 
lebhaft an jene vorspiegelungen, mit denen Zeus den Agamemnon 
irre geführt hatte, B 111 ff, I 18 ff, O 236 ff. 

Die stelle » 371, welche man gerade zum beweise, dass «arm 
„verderben“ bedeute, glaubt geltend machen zu solleu, beweist bei 
genauerer prüfung die völlige haltlosigkeit dieser aufstellung : 
Odysseus, aus seinem festen schlafe erwachend und bemerkend, dass 
während desselben seine gefährten von den heiligen rindern ge- 
schlachtet hatten, hricht ın den ruf aus: 

Ze matso 70 GAdos puxages Jeoi aïe dovızs, 

7 pe pad’ clg ary xousnoute sf vnvo, 

of d° Eragos péya Foyov Zumioarıo plroviss. 
Man deutet insgemein: „zum verderben habt ihr mich in erbar- 
mungslosen schlummer eingewiegt.^ Trotzdem die scholiasten, von 
der unterstellung ausgehend, «zn sei — flafy, den ausdruck sis 
amy durch ini ary, iw) PAußn erklären, so wird man sich doch 
im ganzen Homer vergebens nach einem belege für diesen gebrauch 
vom sic (sig ar) umsehen. El Grny kann nicht wohl etwas an- 
deres bezeichnen als das ziel bzhw. die richtung, wohin das 
zosugjoare erfolgte, und y72fi unvo nicht wohl etwas anderes, als 
das mittel, wodurch das eg amy xospay statthatte. Der sinn 
ist daher nur folgender: Ihr bettetet mich durch erbarmungslo- 
sen schlaf im betäubung, in geistesblindheit, so dass ich nicht be- 
merken konnte, was unterdessen meine geführten ausführten. Diese, 


44 Homerische etymologien. 


meinen zustand der betäubung benutzend, haben nun den frevel 
begangen, die heiligen rinder zu schlachten. 
Endlich erübrigt noch die merkwürdige stelle 2 480: 
we d° dt’ ande’ atm muxsvi dan, Sor” bi maton 
pura xoraxıelvas GAAwy Eälxero diuov, 
avdoos 2 dqpresov, Fauffos 0” Eyes sloopowvrag, 
ws “Agdeve FauPnoev. . 
Die erklirer haben sich hier, weil ihnen die grundbedeutung von 
am nicht klar war, mit der deutung von vs. 480 förmlich abge- 
quält. Einigen ist hier czy = „finstere blutschuld“, anderen = 
„sündenschuld sammt ihren folgen“; anderen = „das besinnung- 
raubend, herzbethörend wirkende gewissen“; Faesi versteht es 
„weniger von der inneren moralischen verschuldung, als von dem 
äusseren nachtheil derselben, sofern sie wegen der zu fürchtenden 
blutrache den mörder nöthigt, sein vaterland zu verlassen.“ An- 
dere wiederum deuten „eine frevelthat aus unbesonnenheit began- 
gen.“ Düntzer weist auf seine erklärung zu I, 512 hin, woselbst 
er bemerkt: &n „unglück (© 237, K 391, 2 480), das den ver- 
‘stockten sünder ergreift, damit er jene in folge der verblendung 
begangene schuld büsse.“ | 
Es ist merkwürdig, wie die erklärer, ordentlich wider willen, 
gezwungen sind, an die eingangs gegebene grundvorstellung her- 
anzustreifen („herzbethörend“, „unbesonnenheit“, ,,verblendung“). 
Bezüglich des gleichnisses bemerkt Düntzer mit vollem rechte: 
„Den vergleichungspunkt bildet das staunen über eine ungeahnte 
ergreifende erscheinung*. Worin aber liegt hier das ergreifende 
der erscheinung ? Offenbar in dem ausdrucke der verstórtheit des 
plötzlich eintretenden. In folge des mordes nämlich hat dichte 
(vx) geistesumnebelung, geistesumnachtung , verstörtbeit den 
mann erfasst: Gry svxsvi) Auße. Mit dieser verstörtheit, die sich 
in -seinem gesichte und in seinem ganzen wesen offenbart, behaftet, 
tritt der flüchtige ein; und sein anblick setzt alle in banges stau- 
nen. — Alse auch hier der etymologisch gefundene grundbegriff. 
Es würde zu weit führen, wollten wir des einzelnen nach- 
weisen, wie auch bei den tragikern und andern schriftstellern der 
begriff „verblendung“, „bethörung“ u.dgl. zumeist gerade der entspre- 
chendste ist. Da es aber etwas ganz gewöhnliches ist, dass ein 
wort in weiterer verwendung auch das bezeichnet, was die folge 


des im grundbegriffe ausgedrückten ist, so ist es erklärlich, dass 
ary bei späteren schriftstellern auch im sinne von „unbeil“ u. dgl. 
vorkommen kann. 
Az- £o 

it von arg gebildet, wie gar-£w von yar-ı, ansl-£w von 
ezul-7, dwr-éw von Gur-n, yoaiGu-£o von yoalcp-n und zahlrei- 
chen andern worten. Wie nun guwréw — stimme haben u.s. w. 
so ist ax-f == verblendung haben — verblendet, bethört sein. 

In der einzigen homerischen stelle, welche “aréw bietet, ist 
dieser begriff so sehr ein gegebener, dass auch diejenigen lexico- 
graphea und erklärer, welche az als „verderben“, „unglück“, 
„schuld“ u. dgl. irrthümlicherweise auffassen, das particip azéwy 
Y 331 gleichwohl ausnahmslos durch „verblendet“, „bethört“ wie- 
dergeben. 

Wie aber dieser begriff aus dem begriff „verderben“ zu ver- 
nitteln sei, ist unerfindbar. Ebenso wenig begreift man, wie Leo 
Meyer Gr. IL, 25 den begriff ,tollkühn aus dem begriff „ver- 
derben“ entwickeln will. 

Im allgemeinen wird &zforra als v v — v gemessen, aber mit 
unrecht: aus >@z7 kann nur ’%r-£w entstehen; es ist daher co mit- 
tels synizese als eine silbe zu lesen: 

Aivela, dc 0° de Sei» dréovra xsdeves 

avila Ihelwvos ünegIunoso pdysdas i 
Gleicher synizese unterliegt z. b. auch dskmifovmg H 310, particip 
tpagréwy Q 438, Jeotow 5 251 im versanfange. Zahlreiche an- 
dere beispiele von synizesen aus Homer bringt nach andern Wein- 
kauff Homerisches handbuch p. 131 ff. 

Wenn der scholiast zu Y 331 auch ar(0w Y 166 als uw- 
calvo erklärt und mit dzfw auf dasselbe etymon zurückführt, so 
kana ihm darin ebenso wenig beigestimmt werden, als Döderlein, wenn 
t in seinem Glossar nr. 248 arulonas von am ableiten will. 
Dem 'á-zí( c» „unbekümmert“ hängt, wie jetzt allgemein ange- 
kommen wird, mit r{w zusammen; ’«-zuLm aber, dessen stamm 
any ist (aruydets), hängt, wie wir ein anderes mal erweisen 
werden, mit ozuy-siy zusammen. Die grundbedeutung von azuCesw 
(€ prothet. +- orvy), wie von orvy-eîv ist „scheuen“, woraus sich 
einerseits der begriff „sich scheuen, sich fürchten“ u.s.w., andrer- 
sta der bgr. „sich entsetzen* u.s.w. von selbst ergibt. 


A6 Homerische etymologien. 


*Aaaros 


als epitheton von adePiog 9 91, y 5 wird v — v v, als epitheton 
von Crwyóg vdwe aber v — — v gemessen. Es ist daher der 
zweifel berechtigt, ob hier dasselbe wort vorliege. Kaum über 
ein zweites homerisches wort ist so viel widersprechendes und un- 
haltbares vorgebracht worden, wie über acdatoc. 

Von vorne herein sind alle diejenigen etymologien zu verwer- 
fen, welche im ersten d ein alpha privativum voraussetzen. 
Denn es ist kein einziges unzweifelhaftes beispiel aufzutreiben, 
wo d privativum vor wirklich vocalisch-anlautenden stimmen 
bei Homer erschiene, desto mehr beispiele aber für die regel, dass das 
negative präfix vor vocalischen stümmen ay lautet: av-audıs, 
av-aluuv, av-alisog, &v-aÀxig, dv-eluwy, Gy-txi06, av-EOTLOG, 
&»-5xs0106, Gv-nxouoréw, Gv-iuedxtog, dv-Mvvoros, aY-NYwWE, àv- 
. 100205, &v-sdowrl, av-oleFQ0c, dv-ovtatos, Av-WICTOG, Gr-wvvpos 
xí. Es braucht kaum bemerkt zu werden, dass bildungen wie 
á-pexjc, G-Ferxéhos, G-péxwv, ü-psÀmíjg und andre bildungen 
von digammatisch anlautenden stimmen dieser regel keinen ein- 
trag thun. 

Nach dem gesagten ist daher, um das begriffliche ausser acht 
zu lassen, schon aus lautlichen gründen die erklärung „un-ver- 
letzlich aus d privativum + &F-dw, wie nicht minder die deutung 
„unerfreulich“ aus & privativnm und skrw. av, völlig unhaltbar. 
Damit fallen denn auch die anderen, zum theil durch die wunder- 
lichsten: begriffsverrenkungen aus d privativum und GF-c« mit der 
vermeintlichen bedeutung „schädigen“ gewonnenen deutungen, wie 
„unschuldig“, „untadelig“, „unwiderruflich“, „unvermeidlich“, „un- 
umstösslich entscheidend“ u.s. w. 

_ An der altüberlieferten herleitung aus &--aw festhaltend, aber 
den gefundenen richtigen grundbegriff anlegend, gewinnen wir 
aus Gpu-tos und ‚präfix à intensivum oder copulativum d-« Fa-ros = 
ganz bethört, thöricht, thorheitsvoll, oder wenn man will, verrückt, 
toll. Das ergübe für 4c94og à«oroc gerade den sinnentsprechendsten 
begriff. Aus &F&-w bildet sich *&pà-10ç, gerade wie épa-r0ç aus 
èoed-w, wie * ovra—zog in &v — ovia- og von oùraw und dgl, m. 
Wie nun zb. 2g&-205 die erste silbe in &)-5Qa-zog lüngt u. den 
accent zurückziehen muss, so wird aus 'á&-zóg in der zusammen- 


Homerische etymologien. AT 


setzung mit dem intensiven präfixe @ ganz regelrecht d-dpäzos, 
Denn craw längt sein anlauts-alpha nicht zu 7, sondern zu &, wie 
aus "Grace p 296. 297, a paca» T 137 etc. zu ersehen ist. 

, Eine zweite gleichberechtigte ableitung wäre die direct von 
àpàrn ausgehende: à copulativum 4- d py zu einem zusammengesetz- 
ten adjectiv formirt, muss d-&carog werden; vgl. eu-Lwvos : Cairn, 
TUROWOG : xOuN, eU-|00606 : poggi u.s.w. Wegen der lüngung 
vergleicht sich eö-jvewog : avsuog, av-wAeFgos : GAsdoov «ri. Die 
grundbedeutung wäre dann: sehr bethérungsvoll = thöricht, ver- 
rückt etc. 

Wie sehr die längung des stammhaften anlautsvocals in zu- 
sammensetzungen regel ist, darf als bekannt vorausgesetzt werden: 
öysı-nyös, 00-nyôs xti. (0yw), Suunyegeïr, öu-nycons x1. 
(ayelqw), sU-nxnc, ve-Nang, noo-nxnc xi. (W. ax, dan), — ày- 
120105 (üx£opos), &v-nxooç, Èn-nx00g xrÀ. (axovw), — av-nleyne, 
än-mheyñs xrÀ. (GÀÉyu) — av-mAsınıog, de-mupis xtd. (dkelpu), 
— En-npoifos, èE-nuosBos x13. (apelBw), — av-nueixıoc, tan- 
guoAyog xil. (Gj£Ayo), — Gv-iyvros, iv-rnvvroc x11. (Grüw) — 
@r- 00705, tU - jgorog xrÀ. (GQ0w), — xorvA -rouros xi. (dovm) 
U.S. W. U.S. W. 

Darnach kann es keine regelrechtere bildung geben, als 
wir für &-&pa-rog (v — v v) aufgestellt haben. 

Welcher begriff aber entspräche dem wahren gedanken des 
freiers Antinoos g 91 mehr, denn die bezeichnung des bogenwett- 
kampfs als eines verrückten? Dazu passen auch die folgenden 
worte: où yaQ ölw 

Öndiws 1óds 10&0v ÉüEooy Èvravvecdas. 
Und wenn Odysseus, sich zu Antinoos richtend, sagt: 

oùroc piv On GEFAOG Auurog Exreılleoras 
so wäre nun dieser „verrückte kampf“ beendet, — und wenn er 
dann fortfährt: „Jetzt aber werde ich auf ein anderes ziel losge- 
hen“, und dann gegen Antinous selbst seinen pfeil richtet: so ist 
für jeden, der augen zu sehen hat, ersichtlich, dass Odysseus mit 
bitterer ironie die eigenem worte des Antinous wieder gebraucht. 
Uud diese ironie wird gerade bei unserer | auffessung zum schnei- 
dendsten sarkasmus. 

Aber was machen wir mit 5 271? 

&ygts vuv pos OpocGov AAUTOY Stvyd¢ vdwe. 





48 Homerische etymologien. 


Wie oben bemerkt, steht die messung (à-G10») der identificirung 
‘mit a-@arog entgegen. 

Erwägt man das wesen der Styx, die bedeutung des namens 
Zruë, der mit Ozuy-eiv, orvy—-egog xtÀ. offenbar eines ursprungs 
ist: so ist man fast gezwungen, in &aaro» ein epitheton zu suchen, 
welches mit dem im alten hymnus auf Demeter vs. 259 vorkom- 
menden awellıxıov übereinstimmt, zumal es sich auch hier um einee 
schwurformel handelt: 

Terzo yao Few dexos, A petdsxtowv Zruyds vdwe. 
Da wir aber Sonne’ ableitung (Ztschr. f. vgl. spr. 1864 p. 420 f£.) 
aus d privativum u. skrw. av „erfreuen“ nicht annehmen können, 
einmal weil die wurzel av im sinne von „erfreuen“ im griechischen 
nicht lebendig geworden ist, sodann weil die negative zusammen- 
setzung mindestens d »-Grc roc lauten müsste: so werden wir uns 
nach einer anderen etymologie umsehen müssen. 

Erstlich könnte man denken an abstammung aus «on „ekel“ 
bzhw. dodw „ekel, überdruss haben“ und aus zusammensetzung mit 
d copulativum, Regelrecht würde daraus hervorgehen à05-10g = 
a&on-goc (Hippocrates) „ekelhaft“. Nach dem oben entwickelten ge- 
setze würde in der zusammensetzung die erste silbe des stammes 
gelängt werden können oder müssen (vgl. è0a-705 und ev-7oa- 
toc); dann ergübe sich mit präfix à cop. &-707-t0g = recht 
ekelhaft, widerwärtig. Mit wegfall von o zwischen zwei vocalen 
ergäbe sich als dorische gestalt des wortes d-ó(c)&-rog. Der 
wegfall von sigma könnte im hinblicke auf die wurzel von den, 
nämlich &-w, &-peras sättigen um so leichter vor sich gehen, 
Die „dorische“ oder vielmehr altlautige wortgestalt mit ursprüng- 
lichem A in solenner schwur-formel oder in feierlichem gebete 
dürfte nichts so auffälliges haben: gibt es doch bei Homer so viel 
andere formen älteren gepräges „dorisch - äolischer“ vocalisation, 
ohne dass dafür ein so wichtiger grund wie hier vorlüge. 

Hierdach also wäre d&rog synonym mit dwslluxtog, OruyEgog 
und — gar widerlich, widerwürtig (ekelhaft). Diese etymologie 
würde allerdings @@@ros und déd:og ziemlich weit aus einander 
bringen. 

Eine zweite ableitungsweise würe folgende. Wie die deno- 
minative arıualw und &rsuatw (v. &-ziuoç) neben sich die gleich- 
bedeutigen adjectiva verb. arfuacios und äzéunroçg haben, wie 


Homerische etymologien. 49 


a-xalgadrog oder a-melousoc „unversucht“ neben a -xelg dros, 
axsigmog zu den gleichwerthigen denominativen nesçutw und ze- 
qw gehören: so würde a Fä-rog (aFn-r05) von aram neben 
aFa-sog (für a paosos) von aralm sich nach dem oben unter 
apaw und aralw gesagten als gleichberechtigt aufstellen lassen. 
Devon mit präfix & copulativum und längung des stammanlauts 
d-dFaros neben &-darog. Aber die bedeutung? Aus der ersten 
grundvorstellung „umdunsten“ etc. ergäbe sich mit leichtigkeit der 
begriffe sehr umdunstet, umnebelt = dumpfig oder auch = dämmerig. 
dister, Dann entspräche daparor Stvyog tdwe den geläufigen 
beseichnungen der unterwelt Tugtagog yegdess © 13, Loyog 
7teótsc O 191, © 56, W 51, 257. 155. Vgl. two Logo eù- 
querte Hymn. Cer. 482, olxla eugwWevro vom Hades Y 65, eis 
fidem dopov zugwWevra x 512, y 922; xar’ etowerra xélsvda 
vom wege in die unterwelt w 10. 

Des epitheton der unterwelt n’eoo«s stammt bekanntlich von 
aye, dp-:p, und dieses von w. cc, woraus, wie wir sehen, auch 
d--aw hervorging. Sonach wären d-drazrog und fegósig einer 
urwurze. Wir hätten also gewonnen aus @--dw mit dem ver- 
stirkenden prüfix d == ca, sa, begrifflich — con: 

1) d-é -d-rog umnebelt, bethört, thöricht, verrückt, als pas- 
sendes epitheton zu dem bogenwettkampfe, der dem Antinous als 
ein „verrückter“ gilt; vgl. deAAóg (von Gp-eAÀa bzhw. w. dp) 
= pasvopevoc Hesych. 

2) è-d Fü-10ç umnebelt — dumpfig, finster = #egoess, als 
epitheton des styxwassers. 

Es bedarf nicht der bemerkung, dass letztere ableitung den 
vorzug vor der aus dodw verdient. 

Wenn Apollonius Rhodius arg. II, 77 (x@oros) @@aros als 
gegensatz von yegefwy hat — an kraft unverletzbar: so darf sol- 
ches in der auffassung des homerischen @earos nicht beirren, 
da wir unter daw gesehen haben, wie in späterer zeit dieses 
verbum aus dem grundbegriffe bethören auch in den begriff schädi- 


gen übergegangen ist. 


* droc 5 


welches vorzugsweise in verbindung mit #oléuoso als beiwort des 
Ares vorkommt, wird gewöhnlich als eine zusammenziehung aus 


Philologus. XXXVI. bd. 1. 4 


50 Homerische etymologien. 


d-a-tog bzhw. als eine bildung aus d privativum und aw sättigen 
aufgefasst und durch „unersättlich“ übersetzt. 

Die form aazog (vvv) steht freilich bei Hesiod Theog. 714 
Tuns 1° Ga rog noA£moso, welcher beiwörtliche ausdruck sich 
offenbar mit dem in Scut. Herc. 59 “ony dro» noA£woso voll- 
ständig deckt. Aber daraus zu folgern, dass azog eine zusam- 
menziehung aus «azog iu dem vorausgesetzten sinne wäre, ginge 
nur dann an, wenn es feststände, dass &arog aus d priv. und aw 
sättigen gebildet wäre. 

Diese voraussetzung aber muss aus folgenden gründen als un- 
statthaft aufgegeben werden : 

1) dw sättigen, identisch mit skr. av-ami sättigen (Christ 
Griech. lautl. p. 265, Fick Wörterb. I, 24 etc.) weist überall nur 
langes « auf, weshalb &-z0g gesüttigt mit kurzem d eine un- 
mögliche bildung ist. Kurzes à für &-« sättigen könnte man nur 
dann gewinnen, wena man den infinitiv ’d-uevas D 70 als zu- 
sammenziehung aus ’«-£uevos fassen dürfte. Allein mit recht fas- 
sen alle wissenschaftlichen grammatiker ’&-uevos als eine binde- 
vocallose bildung, wie fora-ueras, Ed-usvor, 19-uevas, Dé-pevas, 
Öö-wevas xiÀ. Und selbst kurzes « für das präsens aw ange- 
nommen, so könnte doch, da in den weiteren formationen von dw 
überall langes « erscheint (coat x14.) das adj. verb. nur '&-róg 
(mit langem «) lauten. 

2) Vorfügung von & privativum statt dy- auch bei rein vo- 
calisch anlautenden stimmen muss als unzulässig und unerhört für 
die sprache des Homer gelten: „unersättlich“ hätte nur @v-@ros 
lauten kónnen. 

8) Gesetzt aber auch, aus *&-w hätte '&-róg entstehen kön- 
men, gesetzt ferner, es hätte sich daraus die zusammensetzung 
&-@-70g bilden lassen, so wäre es doch eine förmliche unerhörtheit, 
dass mit schwund des bedeutungsvollen prüfixes d = @y eine zu- 
sammenziehung in &roç erfolgt sein sollte. 

Mit recht hat daher Sonne Ztschr. f. sprvgl. 1864, p. 421 
eine andere ableitung und deutung von azog vorschlagen zu müs- 
sen geglanbt. Er bringt das wort mit skr. av sich erfreuen in 
verbindung und deutet &z06 æoléuoso = „sich am kampfe erfreuend*, 

Gegen diese etymologie erheben sich aber auch gewichtige 
bedenken. 


Homerische etymologien. 51 


1) W. av im sinne von „sich erfreuen“ ist im griechischen 
nicht zur lebeusvollen geltung gelangt. 

2) Gesetzt aber auch, es gäbe im griechischen ein zeitwort 
cw — „sich erfreuen“, so müsste das adj. verbale davon °@-705 lau- 
tes, wogegen &-rog eine regelwidrige accentuation wäre. 

Wir werden uns also wohl nach einer anderen etymologie 
umsehen müssen. 

Die w. ag wehen hat als nebenform w. ca mit umspringung 
der laute. Curtius nr. 587. 

Aus w. ga bildet sich Fa-r6ç, wie aus w. ua das adj. verbale 
pa-zo¢ in aÿso-ua-10ç u.s, w. Zusammensetzung mit dem ver- 
stärkenden prüfix d = sa ergibt a-pa~tog, &-a-106 (vvv), 
satürlich mit zurückziehung des accents, wie in &-7oa-tog aus 
lga-zoc. 

In begrifflicher hinsicht entwickelt sich aus dem grundbegriffe 
»bsnchen, athmen'* mit leichtigkeit der begriff „schnauben“ (ein ver- 
stärktes hauchen). So bedeutet auch xy£w öfters „schnauben“, zb. 
N 385, besonders in der häufigen verbindung pévea nvelorteg 
muthschnaubend B 536, I° 8 u.ö. Nach etwas schnauben aber 
ist — trachten nach etwas, lat. av-ere (w. av = w. va), = an- 
haare, aspirare etc. 

Demnach ist Hes. Theog. 714 &Fazos molfuoso so einfach 
wie natürlich — avidus belli. Dieses &aros konnte, weil das 
prafix d keinen gegensätzlichen begriff wie @ privativum == dy 
esthilt, sondern nur den begriff von ra-zog verstärkt, recht wohl 
die zusammenziehung in drog erfahren. 

Wir hätten also Grog noAfuoso = avidus belli. So heisst 
Âres E 388. 863, Z 203, N 746, Achilles 4746. Hector heisst 
X 218 payns arog — pugnae avidus; Odysseus y 293 déiwr 
droç = fraudis, doli avidus, oder A 430 dodwy &ros ndE nóvoio 
= doli avidus atque laboris. 

Dass Scigoog zov bei Quintus Smyrn. I, 217 nichts mit 
Gros zu schaffen hat, ist von Buttmann Lex. I, 233 richtig er- 
kanet, und überzeugend nachgewiesen worden, dass sich dieser 
ausdruck mit dem homerischen Jæpcoç «rov (D 395 deckt. 

Unrichtig dagegen erklürt Buttmann ebendas. das bei Apollo- 
nias Arg. I, 459 vorkommende &aros (— v v). Dieses wort soll 
»Yerderblich* bedeuten. Sehen wir zu. Die stelle lautet: 


A? 


\ 


52 Homerische etymologien. 


perésesta, 0” œuo#Badis œAAnlosos 

uodetr9” old ze modà véos nagd das xal otro 

tegmvug Égiowvras, St” &arog Ufo aneln. 
Im ganzen zusammenhenge der stelle wird nirgends der begriff 
„verderblich“ erwarte. Dagegen wäre „blähend“, ,schwellend* 
ein so natürliches epitheton zu übermuth; ist doch übermuth nichts 
anderes, als „aufgeblasenheit“; und blüht doch der übermuth auf, 
herz und adern schwellend. Sämmtliche wurzeln aber, welche 
„wehen“, ,,blasen bedeuten, stellen in abgeleiteten wörtern auch 
den bgr. blähen, schwellen, aufblasen dar. Wir fassen daher das 
epitheton als lautlich identisch mit dem oben besprochenen &farog 
in Hesiods Theogonie 714, nur mit der angegebenen, aus der 
grundbedeutung der w. fa == dr so naturgemüss sich ergebenden 
bedeutungs-modification. Wie so oft, ist auch hier epische längung 
des anlautenden vocals erfolgt, die hier wegen des digamma sogar 
weit berechtigter erscheint, als die epischen längungen der an- 


lautssilbe in ’@-Iavaros, "Gogog von "oo, "dvegas, “amovées? as 
xt. Also &atog vBess = schwellender übermuth. 

Gerade au unserer stelle, wo von zechenden jungen leuten 
rede ist, die sonst bei gelagen so leicht von schwellendem über- 
muthe erfasst und dann zu ungehörigkeiten hingerissen werden, 
dürfte man sich vergebens nach einem passenderen epitheton zu 
veus umsehen. 

Wenn dagegen Argon. II, 989 den Amazonen, welche auf 
krieg und blutige thaten sánnen, üßgss orovoecca, und III, 583 
von Aeetes den Argonauten, denen Aeetes dort verderben und unter- 
gang androht, dAsyeswn vois nachgesagt wird, so erklärt sich das 
ganz einfach aus dem zusammenhange, berechtigt aber nicht, das 
in so verschiedenartiger umgebung stehende & azoc üßgıg I, 459 
der wfgig crovóscoa Il, 989 oder der dleyesy (fgg HMI, 583 
gleichzustellen. — Gegen diese gleichstellung sprechen ausserdem 
auch noch die etymologischen bildungsgesetze. Mag auch daw 
in späterer zeit im sinne von schädigen gebraucht werden, so 
könnte daraus wohl ein d&-róg (oxytonon), aber kein &@-roc 
(proparoxytonon) hervorgehen. 


"Amos 
findet sich nur @ 394 in den worten des Ares au Athene: 


/ 


Homerische etymologien. 53 


ler avr’, @ xuvapuia, Fsovs Fgids Évrelauvess 

Faoecogs AÄnrov Eyovoa, péyas dé ce Fvpòs dvgxev ; 
Verleitet durch die stelle , 381: 

aviag Fd gcoc évémreucesy psy a daluur, 
wellten einige der alten erklürer auf jegliche weise den begriff 
pira herausbringen, sowohl für adj. &yroç als für das gleich zu 
besprechende alyjzog. Aber wie?! Herodian geht nach schol. zu 
Z 410 auf stuf zurück und etymologisirt folgendermassen : êr6r, 
Gytoy, algrov!! Andere leiten den begriff gross aus aia erde her, 
Buttmann aus ayapas, als könnte anzog für Gygzog stehen; ver- 
sünftiger wenigstens ist die begrifisvermitteluug bei Apollonius 
Sophista: 10 yag gvowWmervo» uéya yiyvetas, womit die herlei- 
tung aus w. de wehen, blasen (blähen) gelehrt wird. Aber der 
begriff géya ist zu matt und zu wenig charakteristisch. 

Aus w. dF leitete das wort auch der altgriechische erklärer 
Proteas (Scbol. Z 410) ab, desgl. Eustathins u. a., und gar mit 
dem begriff wounuéroy = stürmisch. 

In der that wäre damit ein völlig zutreffendes und charakteri- 
stisches epitheton zu Dagoos an unserer stelle gewonnen worden. 
Es stände auch nichts im wege den verstärkten begriff rasend 
mit tadelnder nebenbeziehung aufzustellen. Denn wehen, stürmen, 
rasen sind nahverwandte begriffe: daher zu w. dp: digg auch = 
stürmen: diyu dé op Evi pos Juuds digo D 383, dp-elda 
sturm, windsturm; @#4206 — 4uasyopuevog (Hesych.); daher von 
W. Fu, skr. dhu wehen; Ju-slla == @F-e42a, Ju-v-ù = stür- 
men, J'ulw = rasen x14. 

Demnach @yr0s statt d-n-10s von dem mittels E aus der w. 
dr erweiterten stamme @Fe, woher auch @r-n-wi, df-5-17ç wehen 
= wind u. a. wó. und &-5y-rog = delldg == posvopevos = 
rasend: „was treibst du, hundsfliege, mit rasendem (muthe) fre- 
velmnthe die gótter zum streite zusammen ?“ 

Hiernach können wohl andere deutungsversuche, wie &nzog = 
duos mit dem unhaltbaren begriffe „unersättlich“ einfach auf sich 
beruhen bleiben. 

Îi-n-t06 
verhält sich, wie bereits von den alten erkannt war, zu &-n-rog, wie 
al-s-10ç : d-8-106, wie ai-el : @-s(. Auch dieses wort kommt 
nur einmal Z 410 vor, wo es von Hephästos heisst: 


54 Homerische etymologien. 


7, xal Gn” axuodtroto nEAwoe alnzov avéorn. 
Auch hier will man durchaus den begriff u£ra herausbringen, viel- 
leicht, weil im bomerischen hymnus auf Apollo 401 zu lesen ist: 
xai xéito wéAWE ply a te deer Te. 

Allein hier, wo Apollo, in einen delphin verwandelt, „da- 
liegt, ein ungethüm gross und furchtbar“, ist pweya durchaus an 
seinem platze, während 2 410 der begriff u£ya ganz unmotivirt 
sein würde, ) 

Es ist schon vollauf genug, den Hephästos als ein „ungethüm‘“ 
zu bezeichnen; zu einer verstärkung noch durch péya liegt kei- 
nerlei anlass vor; auch würde solche bezeichnung mit den sonsti- 
gen homerischen darstellungen des gottes sich nicht im entfernte- 
sten vertragen. Wohl aber bedarf der eigenthümlich gewühlte 
ausdruck zéAcQ, den unser dichter sonst nur noch vom Kyklopen 
s 428 und von der Skylla gebraucht » 87, einer erliuterung, in 
wiefern nämlich der gott als xélwo erscheint. 

Einige der alten wollten alnzog von aîeroç adler ableiten, 
und zwar mit dem begriff ,krummfüssig*, weil die adler yauwwyuyeg 
seien!! "Vgl. die scholien zur stelle. — Wir können diese etymo- 
logie ebenso gut, wie die aus #706 (eli) oder aus ala == yaîa 
xiÀ. auf sich beruhen lassen. Desto grössere aufmerksamkeit ver- 
dient die erklärung von Apion bei Apollonius (Lex. p. 17) mwevoror, 
zvgGóOe. Hesychius bietet nur die glosse alytoy mwevorixóv 7 
muowdec. 

Den Hephistos als „schnaubendes ungeheuer“ vorführen 
zu wollen, weil er bei der arbeit keucht und schnaubt, solche ge- 
schmacklosigkeit mit dem epitheton ornans (?!) werden wir dem 
Homer doch wohl nicht zutrauen dürfen. 

Desto angemessener muss der begriff feuerig, glühend er- 
scheinen: Hephästos erhebt sich hinter seinem ambos weg und legt 
seine blasebülge, gvoacg #upos, fort. Im widerscheine der feuer- 
esse und der glübenden metallmassen, die der gott am ambos bear- 
beitete und im ofen schmelzen liess, musste er, zumal der meer- 
göttin Thetis an unserer stelle, als glübendes, feueriges un- 
gethüm vorkommen, vollends in dem kleiderlosen arbeiteraufzuge 
in welchem er hier vorgeführt wird. Vgl. vs. 413 ff. 

Aber wie ist der begriff feurig aus w. dp zu vermitteln? 
Dem sprachgeiste gilt feuer und flamme als sichtbarer hauch- 


Homerische etymologien. 55 


Daher von w. d neben deruoç" r0 weuuo auch œerwa—paé# 
(Hesych.); daher @ 366 zeige d’ &ürun (reds), + 389: 

mavru dé of Blépag’ dupi xal Opovas eS ccv dérpi, 
simlich die gluth des brennenden pfahls. 

Demnach ® 355 svoíg zepousvos nokuurroc "Hopalororo = 
„durch die lohe des feuers“; im hymnus auf Merkur 114 haben 
wir gist picay fisica nvoos, bei Euripides Froad. 832 YolnE 
xvgóg m»aa. 

JIí-Q feuer entstammt aus w. spu blasen. — ZJéug£ hauch 
bedeutet bei Sophocles frgm. 319 geradezu feuer. — Dor-Iw 
bedeutet 1) wehen, blasen, 2) brennen; — skr. pavana ist = 
1) wind, hauch, 2) feuer; — fön (wind) steht neben goth. fón, 
fena feuer. — Aus w. an (dv) wehen entstammt skr. an-ila-s = 
Gy-s-wog, aber auch an-ala-s feuer. — Aus zugow (w. Ju) ent- 
stammt zvguc, tupwy heftiger wind, aber auch zvgedu» fackel, 
Im-rvpi = Enıxajj (Hes), Èm-rvpiica = éns-nvgscicay (Hes.). 
— Lat. fla-re, fla-men, flag-ro, flamma etc. hängen wurzelhaft zu- 
sammen; und was dergleichen analogien noch mehr sind. 

Demnach dürfen wir nicht länger anstand nehmen, «lnzog mit 
den alten, als von w. áp bzhw. stamm dre gebildet, für = nv- 
ewdns feurig, glühend aufzufassen. Einigen der alten er- 
klärer schien dieser begriff so sehr geheischt, dass sie, ausser 
stande, denselben aas w. d zu vermitteln, sogar vor der ablei- 
tung aus al9w nicht zurückschreckten. Vgl. Schol zu Z 410. 

Wenn Buttmann Lexil. einen stamm at — *4FQ = ayapas 
annimmt, und hiervon aòpros, alvog u.a. w. ableitet, so kann ihm 
hierin heut zu tage niemand mehr folgen. Dagegen wird er darin 
reeht haben, dass er aïyroç und alvóg für verwandt erklärt. Nur 
ist sowohl die lautliche, als die begriffliche vermittelung 
eine wesentlich andere, als er voraussetzt. 

Alvos 
geht u. e. ebenso gut, wie roc und alytog auf w. dr zurück, 
und ist zusammengezogen aus Gr-»»óg, das selbst gebildet wäre 
wie zwx-&vóc neben zox-vog aus stamm wx. 

In lautlicher hinsicht sprechen für diese bildung u. a. folgende 
analogien : 

z05»7 sühne stammt nach Pott W. I, 1107, Curtius n. 373 
aus w. pu reinigen, wovon pu-rus pu-tus etc., steht also für 


58 Homerische etymologien. 


anderswo gezeigt werden soll, auf eine wurzel zurück, die sich 
begrifflich mit w. àp, w. 9v deckt, und ist nahe verwandt 
mit goth. saivala = wuyy, mit cevw xrA., hat aber mit scaevus, 
oxasög, wie man neuerdings glauben machen wollte (vgl. Vanicek, 
Lat. wt.), auch nicht das mindeste zu schaffen. 

Im deutschen fehlt es leider an einem worte, welches so, wie 
lat. saevus, nicht bloss der grundbedeutung des griechischen 
alvóg entspricht, sondern] auch in der weiteren! anwendung sich überall 
mit aivog deckt. Es bleibt deber, für die übersetzung nichts an- 
deres übrig, als — je nach dem sinne der stelle — eine jener 
bedeutungen zu wählen, die das lat. saevus durchläuft: wütbig, 
graus, grausig, heftig u. s. w. 

Nach dieser erürterung brauchen wir wohl nicht mehr die 
anderweitigen etymologien des wortes, wie aus der interjection af 
oder aus dswog u.8. w. in ihrer unhaltbarkeit zu beleuchten. 

Eine zusammensetzung mit alvog ist ohne zweifel das éigen- 
thümliche wort 

alvy-ag-£-156, 

welches nur in der form aivagéry als vocativ 17 31 vorkommt. 
Schon im alterthum war man über das wort uneins. Einige uah- 
men dasselbe als nominativ alvagéry; andere wollten af, &gerng 
lesen und letzteres wort als genetiv zum folgenden beziehen. Apol- 
lonius Lex. Hom. p. 14 erklärt: ài xax@ r)» Ger» xexınulvoc, 
ebenso Hesychius. Der scholiast zur stelle deutet: zig alvo» zQoj- 
peve tf Ggeın, Eig 046990», ovx sig Gwmolur. Eine andere alte 
erklärung lautet: 2x3 xaxq@ my ageınv Éywr, wieder eine andere 
éupalyes tov oyetdsalorra. 

Zusammensetzung aus alvog und &ger in einer der angege- 
benen bedeutungen ist eine so unerhérte wortbildung, dass selbst 
Damm, welcher doch sonst auch vor den abenteuerlichsten ablei- 
tungen nicht zurückschreckt, sie als eine wunderliche zu bezeich- 
nen nicht umhin kann. 

Sehen wir uns den zusammenhang an, ob denn der begriff 
„zum unheil tapferer“ gefordert oder auch nur brauchbar sei. 

»0 Achilles, sohn des Peleus“, sagt Patroclus, „du bei wei- 
tem bester der Achäer, werde nicht unwillig auf mich; ist doch 
so schweres leid über die Achäer hereingestürmt. Denn die- 
jenigen sammt und sonders, die sonst die edelsten waren, liegen 


. Homerische etymologien. 57 


x 87, v 273. Daran reiht sich die verbindung mit xa patog 
K 312, 399, & 457, uogog 2 465, xaxov p 275, zedwog 
H 215, A 117, Y 44, welcher letzteren verbindung zur seite 
gestellt werden kann aivws detdw, deldosxa x13. K 38. 93, N 
481, T 23, X 454, 2 358, C 168, c 80. 

Es erübrigen jetzt nur noch wenige verbindungen für das 
adj. aivog, nämlich mit zvgög pévos P 565, mit wélwea 
x 219, mit Aoyoc d 441: 

ta xsv alvorarog Adyos Endezo* reige yaQ alwüg 
gpaxdwy dAvosoegéuy OAowzurog dun — 
ferner mit 0vesg0g 7 568 von dem grausigen traume der Penelope 
(va. 536 f); vexa deg E 886, endlich in der verdächtigen stelle 
© 474/6 orelves dy aivorarw. 

Mit dem vocativ alyoraz wird 4 552, 4 25, © 462, 
= 330, 77 440, X 361 der Kronide, mit alvortm © 423 
Athene angeredet. 

Ueberlegt man sich diese gebrauchsübersicht, und sieht man 
sich nach einem’ worte um, welches überall dem griechischen 
worte congruent wäre bzhw. all die gleichen verbindungen ein- 
gehen könnte, so bietet sich das lateinische saevus dar. 

Sogar den uiy7ow vexddecoww E 886 kann man aus Virgil 
funera saeva, dem aîvòv orsigor z 568 aus Tibull saeva somnia 
gegeniiberstellen. Virgil hat saevus als beiwort zu horror (700- 
pos avög H 215 ö.), Properz zu fletus (vgl. alròv &yos) ge- 
braucht. Nennt Homer x 219 wölfe und löwen ulv& zmAwgo, 
so hat Lucrez saevus als beiwort zu leo, aper, Tibull zu lupus, 
Virgil zu leaena. Wird bei Homer Zeus als aivézare, Athene 
ds ulvoraın angeredet, so ist bei Virgil Juno als saeva gezeich- 
net. Ja, das advb. saeve erscheint selbst bei prosaikern, zb. Sueton, 
in dem sinne von „heftig“ — aiyws. Wollten wir auch noch das 
subst. saevitia heranziehen, so liesse sich Sallust's saevitia. temporis 
(Memis) recht wohl dem alvozarog )»«vióg im hymn. Cer. 305, 
wo von einem unfruchtbaren jahre rede ist, vergleichen. 

Die grundbedeutung aber des lat. saevus (vgl. saevire) ist 
withig, stürmiscb, tobend. Wie leicht sich der bgr. stürmen, 
Wüthen u.s.w. aus dem begriffe wehen, blasen ergibt, zeigen die oben 
besprochenen wörter Fusdda, Ovvo, Ivlw, zeigt Juris — pounds, 
dos = uasvonevos u.s. W. — Ja, lat. saevus selbst geht, wie 


50 Homerische etymologien. 


&-a-tog bzhw. als eine bildung aus à privativum und &w sättigen 
aufgefasst und durch ‚„unersättlich“ übersetzt. 

Die form «azos (vvv) steht freilich bei Hesiod Theog. 714 
Tuns v) autos noA£woso, welcher beiwörtliche ausdruck sich 
offenbar mit dem in Scut. Herc. 59 * don» á vov» rodépuoto voll- 
ständig deckt. Aber daraus zu folgern, dass dzog eine zusam- 
menziehung aus «azos in dem vorausgesetzten sinne wäre, ginge 
nur dann an, wenn es feststände, dass Gatog aus d priv. und aw 
sättigen gebildet wäre. 

Diese voraussetzung aber muss aus folgenden gründen als un- 
statthaft aufgegeben werden: 

1) aw sättigen, identisch mit skr, av-ami sättigen (Christ 
Griech. leutl. p. 265, Fick Wörterb. I, 24 etc.) weist überall nur 
langes a auf, weshalb &-z05 gesättigt mit kurzem à eine un- 
mögliche bildung ist. Kurzes d für &-w sättigen könnte man nur 
dann gewinnen, wenn man den infinitiv °@-uevas @ 70 als zu- 
sammenziehung aus ’«-£wevas fassen dürfte. Allein mit recht fas- 
sen alle wissenschaftlichen grammatiker ’&-ueras als eine binde- 
vocallose bildung, wie fera-pevas, E£d-uevos, Td-pevos, IE-uevar, 
Öd-weras x14. Und selbst kurzes a für das prüsens &o ange- 
nommen, so könnte doch, da in den weiteren formationen von aw 
überall langes & erscheint (dca, xi.) das adj. verb. nur '&-zóc 
(mit langem «) lauten. 

2) Vorfügung von & privativum statt dy- auch bei rein vo- 
calisch anlautenden stümmen muss als unzulässig und unerhórt für 
die sprache des Homer gelten: „unersättlich“ hätte nur &y-@ros 
lauten kónnen. 

3) Gesetzt aber auch, aus *é-w hätte 'a-róg entstehen kön- 
men, gesetzt ferner, es hütte sich daraus die zusammensetzung 
&-G-10g bilden lassen, so wäre es doch eine fürmliche unerhörtheit, 
dass mit schwund des bedeutungsvollen prüfixes d = dy eine zu- 
sammenziehung in «zog erfolgt sein sollte. 

Mit recht hat daher Sonne Ztschr. f. sprvgl. 1864, p. 421 
eine andere ableitung und deutung von dzoc vorschlagen zu müs- 
sen geglaubt. Er bringt das wort mit skr. au sich erfreuen in 
verbindung und deutet «706 moléuoso = „sich am kampfe erfreuend“, 

Gegen diese etymologie erheben sich aber auch gewichtige 
bedenken. 





Homerische etymologien. 51 


1) W. av im sinne von „sich erfreuen“ ist im griechischen 
nicht zur lebensvollen geltung gelangt. 

2) Gesetzt aber auch, es gäbe im griechischen ein zeitwort 
fw = „sich erfreuen“, so müsste das adj. verbale davon °&@-105 lau- 
ten, wogegen d-zog eine regelwidrige accentuation wäre. 

Wir werden uns also wohl nach einer anderen etymologie 
umsehen müssen, 

Die w. ag wehen hat als nebenform w. r« mit umspringung 
der laute. Curtius or, 587. 

Aus w. ga bildet sich Fa-10ç, wie eus w. ua das adj. verbale 
pé-rog in aùro-ua-t0ç u.s. W. Zusammensetzung mit dem ver- 
stárkenden práfix d = sa ergibt a-pa~tog, @-a-rog (vu v), 
natürlich mit zurückziehung des accents, wie in eÿ-#fou-70ç aus 
lga-zoc. 

In begrifflicher hinsicht entwickelt sich aus dem grundbegriffe 
„hauchen, athmen‘ mit leichtigkeit der begriff ,,schnauben (ein ver- 
stirktes hauchen) So bedeutet auch ztvíw öfters „schnauben“, zb. 
N 385, besonders in der häufigen verbindung pérea nvelorreg 
muthschnaubend B 536, I° 8 u.ö. Nach etwas schnauben aber 
ist — trachten nach etwas, lat. av-ere (w. av = w. va), = an- 
helare, aspirare etc. 

Demnach ist Hes. Theog. 714 &Fazos zoA£uovo so einfach 
wie natürlich — avidus belli. Dieses &aros konnte, weil das 
präfix d keinen gegensätzlichen begriff wie @ privativum == dy 
enthält, sondern nur den begriff von Fa-toç verstärkt, recht wohl 
die zusammenziehung in drog erfahren. 

Wir hätten also Grog moAfuoso = avidus belli. So heisst 
Ares E 388. 863, Z 203, N 746, Achilles 4746. Hector heisst 
X 218 poyns drog = pugnae avidus; Odysseus » 293 óóAw» 
dros = fraudis, doli avidus, oder A 430 doAwr drog 7d? nóvowo 
= dol avidus atque laboris. 

Dass Sdgoog &&ror bei Quintus Smyrn. I, 217 nichts mit 
dios zu schaffen hat, ist von Buttmann Lex. I, 233 richtig er- 
kannt, und überzeugend nachgewiesen worden, dass sich dieser 
ausdruck mit dem homerischen Saæocos anrow ® 395 deckt. 

Unrichtig dagegen erklärt Buttmann ebendas. das bei Apollo- 
nius Arg. I, 459 vorkommende &aros (— v v). Dieses wort soll 
„verderblich“ bedeuten. Sehen wir zu. Die stelle lautet: 


A? 





60 Homerische etymologien. 


leicht die form alvagéry für aivagérns erzeugen. Uebrigens ist 
es bekannt, dass ag-s-ın selbst ebenfalls aus w. ag entstammt. 

Angesichts der so regelrechten zusammensetzung mit aivdc, 
wie alvo-nads grauses erduldend = (zx) alive maduy bzhw. 
nacywy 6 201, airo-puogos von grausem geschicke (seiend) 4 53, 
w 169, X 487, dürfte dem Homer um so weniger eine so regel- 
widrige bildung, wie die gewöhnliche deutung ini xux@. 
rjv aQet}y xextneéve voraussetzt, zuzuschreiben sein. 

"vog 

lob u. s. w. schliesst sich lautlich so nahe an aivoc an, dass 
es schwerlich von verschiedener wurzel entstammen wird. 

Es ist synonym mit 70 xAéogc, und wie sich dieses begriff- 
lich zu w. xAv hören gesellt, so «i-vog ganz ungezwungen zu 
atw hören, welches zeitwort selbst für &F-sw steht und eine 
erweiterte form von dw, ar-w ist, wie #0%w von Éc9-w. Hin- 
sichtlich des suffixes vergleichen sich zahlreiche andere substantiv- 
bildungen in vos, yn, vov: ol-vog, 3oi-v0s, Fo0-vos, 100-v06, di-vos, 
Öx-vog, xUx-vos, téx-vov, Otéo-vov, may-vn, Téy-vn, xM-vn, yai-vn 
u. v. a. Vgl. Leo Meyer Vgl. gr. Il, 189 ff. 

Das einfache stammzeitwort von dí», nämlich aw, hat Hesy- 
chius bewahrt: dere: Gxovoars. Dass hier keine andere wurzel 
vorliegt, als wir in wey’ Exves, 10 &-06° nveuua u. a. wö. ha- 
ben, ist von vorne herein anzunehmen. Es gilt nur die begriffs- 
vermittelung zu finden. Und da bietet sich ein doppelter weg. 

Curtius bemerkt unter n. 587: ,,Aus der grundvorstellung 
des hauchens entwickelt sich die des rufens‘, und zieht daher 
gewiss mit recht ave» rufen, dUcas, nebst ait; geschrei, aurew, 
ì-w-1 für i-ep-j stimme, schall zur w. àp hauchen, Nun sind 
aber tönen und hören reciproke begriffe: dxovw höre, &xo7 
gerücht, dxovr geräusch I] 634; xAdw höre, xAfos ruf, xAurög, 
ahd, hut, nhd. laut. Vgl. lat. vos. 

Ebenso könnte allenfalls auch umgekehrt der begriff hören 
aus tónen, gleichsam als angetönt sein, hervorgehen. Der andere 
weg wäre folgender: alle wurzeln und stämme, welche den grund- 
begriff hauchen haben, bedeuten auch duften, riechen, wittern, 
aus welch’ letzterem begriffe sich der begriff spüren, merken er- 
gibt: air; und mysèua = witterung des wildes; éd-ua-osas 
und do-ud-ouas = riechen, wittern, spüren; laf ol-facio (von 


Homerische etymologien. 61 


ol-eo duften) — wahrnehmen; die englischen zeitwörter smoke, smell, 
scent — 1) hauchen, dampfen, riechen, 2) wittern, spüren; — 
«tc9w hauchen 77 468, Y 403 kann von alo9-av-ouuı merke 
um so weniger getrennt werden, als alc9avoua: bei Xenophon 
Cyn. HI, 3, Memor. III, 11, 8 auch noch vom geruche (wittern) 
gebraucht wird; und &iw merke, höre c 11 u. è. ist gewiss nicht 
bloss lautlich identisch mit atw hauche O 252. 

Doch, wie dem auch sei, al-vos: dit = xAÉ-oc : xAs-u. 

Wie sich an das einfache «tw unser a?»og anlehnt, so an 
das compositum éx-alw — Es -avvog = alvog. Aber was ist das 
adjectiv Êr-œv0ç? 


- 


’En-awvog, 
das vielumstrittene beiwort der Proserpina, galt Lobeck Path. I, 354 
für eine so unerklärliche bildung, dass er meinte, man müsse, über 
dasselbe Apollo selber befragen. 

Gewöhnlich fasst man &rawog als verstärkung von alvog = 
sehr furchtbar. 

Allein 1) gibt es kein bloss verstärkendes präfix int 
ohne präpositionelle beziehung ; 2) erscheint der angegebene 
begriff nirgends im zusammenhange als ein entsprechender; 3) ja, 
die stelle x 534 — À 46: 


inwkaodnı Bà Feoîocw, 

IpItum v' Alby xoi navi Hegoepovely | 
verbietet sichtlich den begriff „sehr furchtbar“, „überaus grausig“. 
Denn die symmetrie erfordert hier, dem epitheton des gatten, 
dem igJiue entsprechend, für die gattin ein synonymes bei- 
wort Neben dem hebenden beiworte igpJiuog hat ein ab- 
schreckendes epitheton wie „grausig“ u. dgl. sein würde, 
entschieden keinen platz. 

Vermuthlich in würdigung des letzteren umstandes hat man 
bereits im alterthum neben der deutung ézígofog, dawn auch an- 
dere erklärungen aufgebracht: jy av mg imos» magastnousto 
oder 7» o9 x ay rig imago»: Gvripoacis © 1Q0zoc. Beide 
deutungen zeichnen sich durch abgeschmacktheit aus, kommen aber 
mit einer anderen antiken etymologie éasyog = majweróg auf 
dasselbe etymon ó Enasvoc hinaus. 

Wie indessen aus 6 éEnasvog ein adjectiv éxasvd¢ entstehen 


62 Homerische etymologien. 


könne, ist ebenso unerfindlich, als wie ên-aœsreroç hätte zu êx-«r0ç 
werden können. 

Buttmann erachtet sich angesichts der bildungsschwierigkeiten 
für berechtigt, xaè èx° olv] Legoepovety = „und dazu ‘die 
grause Persephone’ zu ändern. Abgesehen von allen sonstigen 
bedenken, so ist mit dem begriffe „grausig“ dem tpFsuog gegen- 
über, sowie in anbetracht der sonstigen bezeichnungen unserer 
göttin, gar nichts anzufangen. 

Ein begrifflich überaus passendes und lautlich regelrecht ge- 
bildetes beiwort ézasvdég gewinnen wir aber mit leichter mühe, 
wenn wir vom zeitworte êx-œlw ausgehen. Ist das compo- 
situm auch erst von Pindar und Aeschylus ab nachweisbar, so 
ist doch aiw auch bei Homer ging und gebe. Znatw eigentlich 
— auf etwas hören, ist weiterhin einfach = hören, wie im-xAvo, 
n-cxovw. Von in-afw direct gebildet, würde êmasroç mit 
ént-xdutog, xAvrog gleichbedeutig sein. 

Ableitungen direct aus zusammensetzungen mit &ri, wenn 
, auch mit anderen suffixen, sind etwas ganz gewöhnliches: zb. &m- 
&xr0g, direct von émsefxw, weshalb auch oxyton und nicht pro- 
paroxyton, 2r-nuoıßog (daher auch nicht proparox.), dns-zeonng, 
En-apolfios, En-agwyds (dnapnyw: ub. oxyt.), En-apıng, En-aodn 
besprechung, 2mıßrzwe (Empalvw), ém-yvaun-tog (Emiyvaunın, 
nicht proparox.), &rı-yoaß-Inv, àn(-An90c x14., — lauter bildungen 
aus zusammensetzuugen mit präposition #76! Die simplicia 
elxrög, atic, Pirwo, adv. A7Iog xrÀ. sind gar nicht einmal im 
gebrauche! Auch gibt es kein adj. verbale xao-10ç zu xalvupas 
(st. xad), wohl aber nom. pr. “Ens-xasm neben 2mxaífvrvua, Y 35. 
Wenn man letzteres wort mit ,sehr ausgezeichnet sein* erklürt 
hat, so ist man sehr irre gegangen: émxalwouas entspricht dem 
lat. ad-cendor, und èm-xéxacras ist = accensus est (stamm cand, 
cand-eo), im übertragenen sinne = er erstrahlte. 

Ueber suffix vos (in èx-as-voc), welches gleichbedeutig ist 
mit suffix zog, genügt es auf Leo Meyer Vrgl. gr. Il, 187 ff. zu ver- 
weisen. 

Genug én-ai-vog:énatw = xlu-10ç: xÀv-w, und bedeutet 
inclitus. 

Jetzt aber haben wir für Persephone eine zubenennung gefun- 
den = xÀvr; = indita, welche nicht bloss dem epitheton ihres 


Homerische etymologien. 63 


Li 
n 


gatten ipJuos adäquat ist, sondern auch dem geiste und sinne der 
dichtung rechnung trägt. 

Die sonst für diese göttin üblichen beiwörter sind bei Ho- 
mer ayavn: v213.226.635, ayvn: » 386, dioç Fvyamo » 217. 
Das erstere (&yavoc) ist zumeist ehrendes beiwort der könige und 
helden, &y»] auch beiwort der Artemis; keines derselben weiset auf 
»graus' hin. 

Noch weniger, als dem Homer selbst, erscheint den verfas- 
sera der s. g. bomerischen hymnen Persephone als eine ,,grausige“ : 
ihnen ist sie eidei xvdon (—xAv1), megexadAyc, evdimis xoven, 
zoon Anuytegos üyvri, Pa9utwvos Fvyamoe, yAuxeoov Fddoc, xa- 
AvzWms xovon, meglgQuv; mais rayvopuoos (vgl. Schulze, Hom. 
epitheta 1851); — kurz nirgends ein hervorkehren der „grausig- 
keit“, wohl aber des graden gegentheils! 

Mit diesen anderweitigen beiwürtern der „überaus schönen“ 
gôttin stimmt ausnehmend éxasv7 in der gefundenen bedeutung (= 
xlvrij, xudon), synonym mit ayavr) erlaucht u. a. 

Nun ist auch die begriffssymmetrie gewonnen, sowohl für x 
534 = À 46 

ig96pq v "Mig xai Ènasvi Ileoospovein, 
wie für Hesiod Theog. 768 — 774: 
IpTtuou v^ Mídio xa) Eixasvig Hegoepovetne. 
Magdeburg. Anton Goebel. 


Eurip. Phoeniss. 60 


v nari” avathag Oldinovg nasnuura wollte Volckenaer heraus- 
werfen, weil isioc saltem articulo temporis, de quo Iocasta loquitur, 
so Oedipus nicht genannt werden könne: er will also sagen, dass 
dieser gedanke durch das vorhergehende nicht motivirt sei, Und 
obgleich nach Brunck und Porson kein herausgeber ihm zustimmt, 
hat ibn doch keiner widerlegt — dann vs. 43, wie Apitz wollte, 
kann man hierzu nicht verwenden —: es kann ïhn auch keiner 
widerlegen, da was er sagt ein factum ist. Und doch darf man 
den in jeder hinsicht schönen vers nicht herauswerfen, man muss ihn 
also an die stelle von vs. 61 setzen, so dass die verse sich folgen: 

paswr dè rà po Marga PL LANZ yd uy 

elc uud” aotov desvòv Zußullsı povov 

o narı’ avaride Oldizovs nudiuara 

zQvonAuzoss xri., 
bei dem anfang der schilderung der unglückszeit tritt der Inkaste 


gleich das ganze unglück des dulders vor augen. 
Ernst von Leutsch. 


IM. 


Zu Pindar. 


So viel auch seit den um den grossen dichter hochverdienten 
G. Hermann, Böckh und Dissen durch viele gelehrte und in neue- 
rer zeit durch die ausgaben von Bergk und Tycho Mommsen ge- 
than worden ist, so bleibt doch noch manches zu thun übrig. Das 
beweisen die beitrige zur erklärung Pindars von August Wiske- 
mann im Marburger gymuasialprogramm von 1876, wo Wiskemann 
etwa dreissig schwierige stellen eingehend behandelt und manches 
beifallswürdige resultat bringt, während anderes kaum zustimmung 
wird erhalten können. 

OI. I, 106 ff.: 

| eds enxtroomog èuv 1aicı uideras 

Eywy tolto xádog, "Iégwv, | wegluvarory. 

Wiskemann findet in der auf den scholiasten sich stützenden 
erklärung Böckhs und Dissens: deus patronus conatibus tuis prospicit, 
habens hanc curam, h. e, studiose prospicit, eine fade wiederholung 
desselben gedankens, und um sie zu vermeiden verbindet er zovro 
x&dog Éyu» mit treater pegluvarciw: „in allem, was du unternimmst, 
waltet der gott über dir‘. Ich glaube der wiederholung schon 
längst abgeholfen zu haben durch meinen von Bergk in den text 
aufgenommenen vorschlag x¥gog statt der überlieferten x7d05 und 
xüdos „er, der die gewalt oder entscheidung hat, ist besorgt für 
deine bestrebungen.* 

Ol. II, 53—56 6 uà» nAovrog dgetais dedasdalutvos, péos 
1d» te xal Ty | xasgov, — Erpruuor | avdeè gfyyog* sì dé pw 
Eyov ng older to uéllor. Treffend emendirt Wiskemann, wie 
aber, was Wiskemann erst später bemerkte, schon Bôckb gethan 


Pindaros. 65 


hatte, el y£ piv. Eyww zig eidev to p£lloy, indem er den bedin- 
gungssatz zum vorigen zieht. 

v.95 ff. Pindar sagt, er könnte mit vollem recht den Theron - 
weiter loben, GAA” aivov dtf xogoc 

où dixu Gurariopevos, GAA pdeywy bn’ avdewv, 

10 dadayigas JéAcv xQupov 1e Heuer ÉcAdy xadois Èoyoss. 
Hier will Wiskemann den xogog vom übermuth eifersüchtiger männer 
verstehen, aber am natürlichsten ist es doch der überdruss, der wider- 
wille, der gegen das lob sich erhebt. und die feinde reizt mit ver- 
leumden die verdienste zu verdecken. Weiter nimmt derselbe das 
seltsame ró vor AcAayjoos in schutz und ebenso das von fast allen 
kandschriften gebotene xuxoïç #0y0:s und erklärt: „nicht genug, 
dass die unsinnigen mit worten seinen namen schänden wollen, son- 
dern sie suchen auch durch übelthaten die wohlthaten (ZoAwy) in 
dunkelheit zu begraben“. Aber xuxoïc ègyoss ist unmöglich, denn 
nicht durch schlechte handlungen, sondern durch verleumden wirken 
se, undeben deswegen vermuthete ich xuzadad7joas. 

Ol IV, 10. Davos yàg xci | ügéuv, 0c, Aula oreparw- 
Je. Früher wollte ich auch zag’ wie Bergk statt yao, damit 
(fur davon abhünge, dann aber Zxovr” (nämlich xWuor), so dass 
o¢ auf Psaumis geht. Allein richtig zieht Wiskemann dyéwy in deu 
relativsatz, so dass es von éAa/q abhängt, wie Ol. V 3 anıvag dwea, 
OL VII 80 zw» (a£93Auv) dy9eos u. a. Somit ist der sinn: denn 
& kommt der festzug der Psaumis, welcher mit dem oelzweig 
wegen seines wagensieges bekränzt. 

OL VIN 8. dvezus dì ng0g zagw evosBlag avdewv Mraïs. 
‘Hier bat wohl Wiskemann mit seiner emendation Zvzeras das richtige 
getroffen. „Zeus kommt auf das wobigefallen der frömmigkeit hin 
(Qk, wegen des wohlgefallens, welches die frömmigkeit erregt) 
den bitten der flehenden~entgegen.“ Oder einfach zoóg gag wie 
tog mit dem genetiv. 

v. 88 (dgdxovres) nugyor EcaMopevos rosi, où duo pir 
zunerov, | avg d^ Grubopére wvyag Bador, | elg 0 Ecogouce floa- 
ax. Die wortform xuwsıov ist anstóssig, weil xazésetoy heissen 
müsste xanmeroy. Aber statt der langen verlangt das metrum hier 
eine kurze sylbe. Wiskemann schreibt darum ja £rov, nämlich 
fa mit bezug auf die von sterblichen händen gebauten theile der 
meer, Ich versuchte durch umstellung zu helfen xaxmetoy of duo 

Philologus. XXXVI. bd. 1. 5 


66 Pindarus. 


ptr, adds 7’ ärvbouéru, also re statt dé, wie auchBergk vermu- 
thete, weil dem u£» entsprechend erst slg d’ écogouce folgt. Für 
Bao» hat man Alnov und PAußer vorgeschlagen. Wiskemann will 
Favov. Da aber BadAey auch fallen lassen bedeutet, so ergiebt 
sich daraus doch auch: sie verloren ihr leben (wvyds). _ 

v. 45. apa mowtorg üoËerue xal Tegidrog. Troia wird 
eingenommen werden von der ersten generation und wieder von 
der dritten. Weil nun @o&eras wird beherrscht werden (wiewohl 
es auch bei Herod. VII 159 passivisch vorkommt) nicht passt, so 
ist vorgeschlagen worden ör&eras von Bergk, aykeras von Ahrens. 
Wiskemann will zgagetas, es wird (nämlich die eroberung) voll- 
bracht werden; denn da in den handschriften ngwrososy steht, so 
sei «y eben aus # entstanden. Ich bringe nun meine vor vielen 
jahren an den rand geschriebene conjectur ol&eıns vor, es wird 
sich öffnen oder geöffnet werden. 

v. 58. àgfu ta/rav yapıy, | av 0° Ener’ dvÓQU» payer. 
Mit recht versteht Wiskemann yage von der freude des. Melesias 
über die siege seiner schüler und schreibt darum uay&v statt paar. 
So hatte schon Christ vorgeschlagen. 

Ol. X 5. pedsyaques tuvos | votégwy apyal Adywy | 1£AAeras 
xai nıoröv Ooxiov ueyakaıs agetats. : Für zélAeras xal schreibt 
Wiskemann z£&Adsr’ alei, damit sich der numerus des verbs nach dem 
prädicats-substantiv Ogxsov richte. Aber schon Bergk und Momm- 
. gen huben nach einer guten handschrift agya statt dgyut geschrieben. 

Ol. XI 7 ff. 6 u£AÀw» yodvoc | épgóv xaraloyure Badd rotog. | 
opws dà Avcaı duvaròs dEetav impougdv toxog (einige codd. ye 
10206) wrdpür, vor yipor éliccouérar | Ira xipa xaraxivocee 
ófov | wa 1e xosvov Anyov | pur rloomev dc gag. Da bau 
durchaus ein verbum verlangt, von welchem es abhängt, so hatte 
ich schon längst statt des unnützen dvdo@v vorgeschlagen à9ou, 
also ye zóxog' dose viv y. #4. onu. Wiskemann will jetzt 
GJodue, das sich wegen des folg. zfoouey zu empfehlen scheint. 
Allein dadurch geht vv» verloren, das doch wegen der jetzigen ab- 
tragung gegenüber der alten schuld erforderlich ist. Ich bleibe 
also bei meinem vörschlag. 

v. 60 ff. rlo dz morulmor | Elays orlpavov | — Gyumor dv 
dokn 9é£usvoc, eUyos toy xadeAwv; Wiskemann schreibt gewaltsam 
dvdelEac te péros, eUgoc v' toy nadelwr: 1) „tapfer kümpfend 


. Pindaros. 67 


und 2) dafür auch mit dem siege gekrönt.“ Aber ze nach evyoc 
ist schon darum unzulässig, weil es von dem metrum der übrigen 
epoden —v—— vv — abweichend die zweite sylbe von setyoc 
zur lange macht. Ist etwas zu ändern, so könnte man statt y dota 
schreiben fydofor und das komma nach evyog setzen; indem er den 
kampfesruhm in hohe geltung gebracht, da er ihn durch die that 
gewonnen. | 
Pyth. I 67. al de zomuras Aptva mag’ üdwe | ulour. 
Richtig versteht W. unter aloav die dorische staatsverfassung und 
sitte und will aie? didos ravıay statt ads? dè tosavray. Ich ziehe 
Mommsens ale dì dóg zavıav vor; nur hatte ich schon längst 
ale dì dòs tolay vermuthet, was ich für richtig halte. 
Pyth. XI 54 ff.: 

Evratos d’ aup’ agetaig. réraua:: pJovegol d’ duuvorzas 

am eb 115 &xgov luv aovys te vepopevos aivay vfQw 

&népvyev* pélavos av’ ècyansày 

xadifova Ouvarov Oygcts, yhuxvtare yeved 

evuwrvuoy xrtüvoy xgarícra» ydQ moQWY. 
Wiskemann verzichtet die schwierigkeiten dieser verzweifelten stelle 
zu lósen, versucht aber licht über einige dunkle punkte zu bringen. 
So glaubt er in den worten pFovego’ d’ auvrorr dra wolle Pin- 
dar sagen dass er selbst kein @Sovsgos sei und schreibt pFovegot 
d áwvvr ate als parenthese, das nur heissen kann ,,die neider 
werden durch ihre verblendung vernichtet*, und nichts führt darauf, 
dass Pindar sich gegen den vorwurf, er sei gJoveQog, verwahre. 
Aus dem vorausgehenden wird deutlich wer neider habe, nümlich 
die zugasvos, deren loos er nicht preist, sondern v. 53 yéuqeras. 
Im gegensatz preist er das glück des mittlern standes, zà uéca 
v. 52, und um die allgemein erreichbaren vorzüge (£vrai &geral) 
ist er bemüht. Damit werden von selbst die neider abgewehrt 
(Gpvvorras). Da Wiskemann are aus ende des v. 54 hinaufzieht, so 
entsteht im anfang v. 55 eine lücke, die er mit cj d° wy oder ei 
yao ausfüllt, Aber schon Hermann und Thiersch haben geholfen 
mit tay el ng, nämlich Evváv ageray, „und wenn jemand von diesen 
vorzügen einen hóhepunkt (&xgoy) erreicht hat und ruhig sein 
leben (ai&r mit recht Wiskemann nach Hartung und Leop. 
Schmidt) verwendet und übermuth fern hält, so wird er einen schó- 
nern tod haben und seinem geschlechte einen guten nachruhm, das 


5* 


68 Pindaros, 


erfreulichste besitzthum, hinterlassen. Annehmlich schreibt Wiskemann 
söyaular statt süuyuuoy, da evgnplay mehrfach in den scholien 
gelesen wird. Eine besondere schwierigkeit macht aber ueAuvog, 
denn was soll ‚einen schönern tod als den schwarzen“? da er ja 
allen das irdische licht nimmt. Wenn u£luyog nicht durch die hand- 
schriften so gut beglaubigt wäre, so könnte man fsdrov av’ Zoyandy 
vermuthen. Auch könnte man meinen im gegensatz zu pflavoc 
werde ein künftiges seliges leben im jenseits angedeutet, da, wie 
Bernhardy Gr. lit. g. I 525 bemerkt, solche vorstellungen dem 
Pindar sei es aus mysterien oder aus pythagorischen lehren nicht 
fremd waren. Aber auch für die interpretation gilt als regel was 
Pindar Isth. VII 13 sagt zo dè n00 modoc d&ossor del oxoneiv 
zoüue, und dieses nähere folgt hier in den worten yAuxvidig — 
nogwy. Im gegensatz zu dem schönen nachruhm verdienter män- 
ner könnte dann der tod solcher die nichts gethan haben zur er- 
haltung ihres andenkens ein u£laç genannt werden. 

Nem. IH 44— 46. Aus dem scholion leitet Wiskemann fol- 
gende verbesserungsvorschläge her: v. 44 yegol ze Popa statt yego? 
Jopuva, v. 45 Toov Gvéuois auf &xovra bezogen statt toa 7° arfuorg, 
v. 46 xaregyaleto statt #moaocer govov, da sich beim scholiasten, der 
xzarsıgyalero giebt, keine spur von govoy findet; alle drei annehm- 
lich, nur wird dann v. 46 payac oder uayuy statt payà erforderlich. 

Nem. IV 90. 6 cóg deloeras, noi. Da für 0065 eine länge 
und ein prüteritum erfordert wird, schreibt Wiskemann 6 006 9ay- 
caro, ai, „ihn sah Euphanes mit freuden und bewunderung*. An- 
ders als früher möchte ich, falls die angenommene voraussetzung, 
Euphanes habe des Kallikles sieg besungen, richtig ist, mit weglas- 
sung des 6 jetzt vorschlagen od¢ z/uaoer rose, mui. 

Nem. VII 3f. ov quoc, où eluwar Opaxévreg edpgdvay | 
zeàv ddelpeav Eléyouer dylaóyvioy “Hfav. Wiskemann verdient 
zustimmung , wenn er quoc vom tageslicht und ufAnıvay sVpgorav 
von der existenz der seelen vor der geburt im dunkel des Hades 
versteht, somit ov -où nicht als oùre-oùre auffasst, sondern fer, bei 
gdog denkt und erklärt: „ohne dich giebt es (für uns menschen) 
kein tageslicht (und) nicht würden wir, das dunkel des schatten- 
reichs schauend, zur jugend heranblühen.* Die worte pélasvay 
deaxévres sügQóvav wären dann als parenthetische folgerung aus 
où gaoç Fons in kommata einzuschliessen. 


Pindaros. 69 


v. 14. gyoss dé xadoig Écomigor loauev Evi où 190nQ. 
Meinen nur für den fall dass ys cv» zQomo nicht zulässig wäre 
gemachten vorschlag êv y” èv zgdnm verwirft Wiskemann und will 
dafür dr9opufeorov „nach dem tode fortdaurend“, zwar sinngemüss, 
uber gewaltsam. Aber warum soll cv» nicht bedeuten „mit hülfes‘4 

v. 22. ine yeudacl of morava te pagava ceuvov Eneorl m. 
Wiskemann setzt ye für re und erklärt etwas gezwungen: „der durch 
die lügen ibm beflügelten kunst haftet ein ceuvdy an“, weil of auf 
Homer bezüglich sich an zoz«v« anlehne. Ich sehe mich nicht 
veranlasst von meiner Philol. XIII p. 428 gegebenen erklärung ab- 
zugehen: „denn ob ihm (dem Odysseus) schwebt durch die erdich- 
tungen und durch (Homers) beflügelte kunst etwas ehrwürdiges.“ 

v. 30f. dda xowor yag foyers | xup’ “Aida, néoe d’ ado- 
xqgrov Ev xoi doxfovra. Wiskemann schreibt zís statt z£oe „spühlt 
fort“ oder verschlingt, und fasst &doxzzoy als activ. Aber was ist 
bier 2»? Ich ziehe meine Philol. a.a.o. gegebene conjectur vor und 
schreibe dc st. jp und fasse ddoxnzov ebenfalls activ: „die welle 
fällt auf den nicht vermuthenden und auf den vermuthenden.“ 

v. 31 ff. npa dé ylyveros | by eds cBoow udite (dafür 
Christ richtiger av£y) Aoyov tePvaxdtwy | Boadéwr, roi maga 
péyur Ougpudòv tbQvxoAnov | uolor x9ovoc: èv Ilv9(ows di dant- 
des; | xeiras, Ilosauou nodv INeoswrcAeuog mii nouder. Dieser 
schon in alter zeit verdorbenen stelle ist trotz der vielen versuche 
mit sicherheit nicht geholfen. Wiskemann interpungirt nach 1:9va- 
sozuv und schreibt dann fo«90wv» yag péta und dann podwy und 
iv Hv3[(oicf ye dantdors, indem er annimmt, Neoptolemos sei mit 
vielen geführten nach Delphi gekommen und stützt sich dabei 
auf die worte 00750 uvrdr wWiecev ztoÀAQv per &ÀÀwv in der Androm, 
v. 1151 des Euripides, der aber einer ganz andern tradition folgt, 
und unter soAAG» sind nicht geführten des Neoptolem, sondern 
solche zu verstehen, die zu seiner ermordung hehülflich waren. Und 
überhaupt sind fo«200, nicht geführten, sondern mitkämpfer, hier 
also an die kampfgenossen vor Troia zu denken, Da diese nicht 
mehr lebten, (mit Bergk interpungire ich nämlich vor re9yax07wy) 
kam er (jo0à4:v nach den handschriften), der als soho des jungen 
Achill unter den mitkämpfern der jüngste noch am leben war, nach 
Delphi, um dem gotte v. 41 die axgodtrsa von Troia darzubrin- 
gen, liegt aber nun (dé nicht in ye oder ze zu ändern) à» /7v- 


70 Pindarus. 


How danédoug. So glaube ich die vielversuchte stelle verstehen 
zu sollen. 

Nem. VIII 40. ov&sını d° agera, yiwoaîs ségoass wc die 
déivdesov acces. Unnöthig nimmt Wiskemann an &oce als zu kühn 
anstoss und will déydge’ ày cices. Aber &008 ist nicht kühner als 
unser „emporschiesst“ von der jungen baumpflanze. 

v. 48. yalgw dé meocpogor | à» uiv Egyw xoumor tele, Enaoi- 
daîs d’ avie vwduroy xat us xcpaov Fixey. An dv uév nimmt 
wie einst Hartung auch Wiskemann ‘anstoss und will zQocgóQo. 
Ich bleibe bei meiner auffassung Philol. XIII, 434. 

Isth. I 15. avla x’ Gddorglass où yegod vwpdoavi® 296 | 
n Kaorogelw 7 ’IoAdov évaguoëus psy vuvo. Wiskemann will der 
umschreibung der scholien folgend ywudoaris 9640. Aber auf vw- 
pdoavın weist doch deutlich ui» im folgenden verse. 

v. 18. & v dédlocs Hyov nislorwv dyuivuv. Treffend 
verändert Wiskemann 9fyoy in ufytv, da piyvvadas £v rove heisst 
etwas erreichen, Er citirt Ol. I 90 à» aiuazovolos péusxtas. 
Aber noch deutlicher ist Isth. II 29 naides i» mais Euyder. 
93004 nicht von de9Aog sondern von aePiov, also „sie ver- 
langten preise der meisten kämpfe,“ womit zugleich die meinung, 
es seien hier adePAos und dydveg verwechselt, dahinfällt. 

v. 41. eb ó' doerà xarazsııaı müco» ögydy. Hier sind viele 
vorschläge gemacht worden. Wiskemann will si d° ageıu xard- 
xezas naa” èv Foyors. Ich bleibe bei meiner im bald erscheinen- 
den zweiten heft des Philol. XXXV, p. 256 mitgetheilten con- 
jectur, die am überlieferten sehr wenig ändert. 

Isth. 111 29 ff. dvogéase O^ Zayazascıv | ofxoder orddasosy 
amovS “Hoaxislais, | xai meer uaxooréour onevdesy ügerur. 
Wiskemann vermuthet scharfsinnig xauayuroy dGxgoréqur. Aber 
das vorausgehende von den säulen des Herakles führt doch auf die 
idee der entfernung ; also sie haben das entfernteste erreicht, über 
welches man nicht hinaus kann. Das spricht für die vulgata. 

v. 63 ff. roduc yàg slxuc | Fuuor Zgußgsusrav Inca Asdvımv 
&v move, | uijmv d° dAuinné. Sehr beachtenswerth und wahrschein- 
lich, weil Pindar hier nur vom isthmischen siege rede und darum 
dy nove, nicht iy roro:g sage, ist die von Wiskemann an der hand 
eines scholion vorgeschlagene änderung zóAu« (d. i. érodua) yug, 
elxws | Fvpor Zgsßgepkiu Ev Frou Morris, | bv nóvo, pus d° 


Pindaros. 71 


dawang. „Denn er hielt wacker aus im schweren kampfe, au 
muth gleich dem brüllenden löwen auf der jagd, an list aber ein 
fuchs.* 

Isth. V 35 f. &AA' Aluxtduv xal£wr | ig ndcov xvggot na»- 
tw» dawvutror. An dieser vielversuchten stelle ist es schwer zu 
entscheiden. Warum aber zrévrwu» dowvpuévov unmöglich sei, wie 
Wiskemann glaubt und durum avıwv duwvpévov schreibt, vermag 
ich nicht einzusehen. Denn gerade dass Herakles, als er den Te- 
lamon zur theilaahme an der fahrt nach Troia einlud, ihn traf 
als alle (nüml. Telamons angehörige und freunde) zu einem fest- 
mable bei Telamon versammelt waren, dient zur verherrlichung der 
scene, was weniger der fall wäre mit duwvutrov, wenn Telamon 
allein die mahlzeit hielte. 

v. 47 ff. roy pèv aognxtoy pudy, woreg ıdde dégua pe viv 
neperdavirus | 959006, ov — Ev Neutu' | Fvpòs J’ Enéodw. . Dass 
tov u£v zu ändern sei, bemerkt richtig Wiskemann. Man könnte 
vermuthen z@ (nämlich dem erwünschten knaben) dog &ognxrov 
qvár. Aber im gegensatz zu Suuoçs Ó' Entodw empfiehlt sich 
Wiskemann's nv ui» Gognxtov guar, wie schon Metzger vorschlug. 

v. 57 ff. Dvdexidg yàg 7AJov, & Moîca, 1auíac | Hv9£c 
te xwuwv Evdupéver te> 10v Moysluy ngónov | elojotves weve’ dv 
Bouxéozoss. Hier widerspricht yag dem metrum, da eine länge 
verlangt wird; dem iibergang zur gegenwart angemessen schlage 
dafür yuy vor. 

Im folgenden thut Wiskemann recht, weun er nach anleitung 
des schol. zdv "Agyslwv rQ0zov wie Mommsen zum vorigen zieht 
und nach zgózo» interpungirt. Wenn er aber statt des unsichern 
navi” oder wav vorschlügt d' wy, weil sich das subj. zu elgyoeras 
von selbst verstehe, so ist d’ wy dem sinne nach allerdings pas- 
send, aber nicht weniger Mommsens ng d’, das sich auf den schol. 
und zum theil auf hdsch. stützt. 

Ist. VII 1. KAed»ógo rw GUxig te. Hier will Wiskemann 
«Axe wre. Meine meinung mit dem vorschlag &Asxeg adie habe 
ich jüngst im Philol. XXXV, p. 260 ausgesprochen. 

v. 7 ff. Wiskemann schreibt werd rovov „trotz des kummers“ 
statt wera movov. Aber im folg. sagt ja gerade Pindar, dass der 
gott den kummer abgewendet habe. Also passt „auch nach dem 
kummer“ besser. Ueber das folgende will ich nicht wiederholen was 


72 Pindaros. 


ich Philol. a. a. o. auseinandergesetzt habe. Nur ist anzuführen, 
dass Wiskemann v. 13 del ye goovetv noére yogua will. Er 
findet nämlich im scholion keine spur für «gssov, dieses habe leicht 
aus del entstehen können, und für npéxs spreche des scholiasten 
7:00075xt&, mit dem er ebenfalls Isth. IV 16 zso&e, umschreibe. Aber 
die vulgate befriedigt völlig. 

Aarau. | Rudolf Rauchenstein. 


Hom. I. Y, 47: 


Ä Avrào nel ped? opulov "ONumos Ghedov avdouiy , 
digro à Eo xgaTeoN Aaocodos, ade d 3j» — 
0:40 Ori piv maga tu gQ0» ógviri» relyeos big 
50 Glor én’ dxrdwy Pgidovmuv uaxgòr cute — 

ave à ong étéqwder, docu»; daldarmi isos, 

div xar ‚Exgorasng 701206 Towsoce xedevwy, 

dore mag Siders Feliv ini Kaddexohoivy: 
diese schon von den alten wegen der in ihr enthaltenen topogra- 
phischen notizen vielfach besprochene stelle (s. Aristarch, Demetrios 
von Skepsis u. a. in Schol. Ven. zu vs. 58, deren bemerkungen 
Heyne und Spitzner sorgsam erläutern, Strab. XII, 1, 35, p. 597 
Cas.) wird auch von den neuern und jetzt wieder seit Schliemann 
ohne ihre sprachlichen schwierigkeiten zu beseitigen (s. Steitz in 
N. Jabrb. CXI, hft. 4, p. 245) ohne weiteres benutzt: es mag das 
daher kommen, dass auch die erklärer, wie Fäsi, Düntzer, La Roche 
Uu. 8. W. sie stiefmütterlich behandeln. Zunüchst bemerken die Scholien 
zu 48 ave d' “Adi ungenau Ju 6 dé ovvdscpog 7010005 Eauv: 
denn dé nach ave bezeichnet nach homerischem brauch den nachsatz, 
s. Nägelsb. anmerk. z. Ilias p. 262 aufl. 1. Aber was Damm Lex. 
Hom. s. avw hier findet, a parte Graecorum clamabatur cum ra- 
tione, a parte Troianorum ex mera bellica ferocia, und Döderlein 
weiter ausspinnt, davon ist hier keine andeutung: die art der beiden 
götter wird bier angedeutet: vgl. Il. E, 859. Nun der schrei der 
Athene: wie ist vs. 49.50 zu fassen? Zunächst denkt man an um- 
sprung aus particip in indicativ, wie I. Bekker Hom. bl. II, p. 20 sagt, 
vgl. Hentze z. periodenbild. im Hom. (Götting. 1868) p. 25: aber 
von diesen fällen unterscheidet sich der unsre dadurch, dass in ihnen 
der an stelle des particips stehende indicativ einen vom verbum finitum 
des hauptsatzes verschiedenen sinn hat, kein synonymum des letztern 
ist, da ohne das die rede schleppend würde — man denke sich hier 
dürovoa —; dazu kommt, dass bei dieser fassung , wo drücu zu 
ave zu ziehen, der doch wohl beabsichtigte parallelismus mit ave d’ 
"adque xsi. verloren geht. Weiteres s. unten p. 82. 


Ernst. von Leutsch. 


IV. 
Veber das epirrhema in den Wolken des Aristophanes. 


Die Wolken beklagen sich in der gleichnamigen komödie des 
Aristophanes v. 575 W cogururos — 579 tngovpuer Vus (ed. 
Bergk 1867), dass die Athener ihnen allein von allen göttern 
keine opfer brächten, obgleich sie doch nach dem nutzen und schutz, 
den sie der stadt gewährten, am meisten anspruch darauf hätten. 
Sie charakterisiren ihre verdienste um Athen v. 579 jv yàg — 
586 KA£wy in doppelter weise: zuerst (v. 579 fg.) geben sie im 
allgemeinen an, bei welcher gelegenheit (7v yag 7745 EEodoy pun 
devi Evy vi) und in welcher art (7 Poovr@per 7 waxa Comer) 
sie ihre bestrebungen für Athen bethätigten; dann begründen sie 
diese behauptung durch berufung auf einen bestimmten fall 
(581 eiza — 586 Kigwy). Hierbei beziehen sie sich auf die 
wahl Kleons zum strategen und erinnern, wie sie damals in ge- 
waltigen zoro gebracht (v. 582 fg. rag ÓqQUg Gvvüyoutv xanoı- 
vue des) durch donner, blitz und himmelserscheinungen der 
seltensten art (v. 583 Boovry — 586 Eyaoxev tiv) davon abge- 
rathen hätten. 

Wir betonen bei dieser erklärung der stelle das verhältniss 
des allgemeinen zum besonderen, also den engen zusammenhang, 
‘der zwischen den versen 579 fg. und 581 — 586 besteht !). 


1) Anders hat hierüber Teuffel (Philol. VII. p. 349) geurtheilt, 
der die v. 579 fg. auf eine bestimmte, allerdings nicht näher von ihm 
bezeichnete thatsache bezieht, so dass die wolken von v. 581 (esa) 
an einen zweiten beweis für ihre freundliche gesinnung gegen Athen 


vorbrichten. So lässt er denn auch das kleine gedicht zu verschie- 


74 Aristophanes Wolken. 


Welche strategie Kleons ist nun mit den worten: toy Seotow 
ày99óv Bugcodéyny Magyluydva jvly’ nesiode crournyov (v. 581 fg.) 
gemeint? Kleon ist nach geschichtlichen zeugnissen zweimal stratege 
gewesen: erstens in dem feldzuge gegen Pylos. (Ol. 88. 4), zwei- 
tens in dem gegen Thracien (Ol. 89. 3); eine dritte strategie 
Kleons im jahre des archon Isarchos (Ol. 89. 2), dem aufführungs- 
jahre der Wolken, während der er jedoch allein in der stadt 
thätig gewesen sei, hat Bücheler (Jahns Jahrbücher u. s. w. 83. 
p. 660) unter berücksichtigung der sonstigen politischen stellung 
Kleons nach dem pylischen zuge aus unserer stelle gefolgert. Al- 
lein nach unserer auffassung verbieten die worte: qv yàg f us 
&Eodog underì Evy vò an eine strategenwahl Kleons zur übernahme 
der geschäfte in der stadt zu denken; der chor sagt ja, wie er 
vor jedem aberwitzigen feldzuge (nv yàg 7 rss EEodos) 
durch donner und unwetter warne, so hatte er auch damals aus 
allen kräften abgerathen, als sie den gott verdammten gerber, den 
Paphlagonier, zum feldherren wählten; er kann hiernach die Athener 
doch auch wohl] nur von einem feldzuge haben abhalten wollen, 
der ihm unter Kleons leitung aberwitzig erschien. — Noch weniger 
kann allerdings mit der in rede stehenden stelle Kleons strategie 
im feldzuge gegen Pylos. gemeint sein; diese expedition war zwei 
jahre vor aufführung der wolken, gleichgültig ob durch Kleons 
verdienst oder glück, in kurzer zeit überraschend glänzend beendet ; 
der zorn der wolken über Kleons wahl wäre in diesem falle ebenso 
unverständlich wie ihr rath (v. 590 fgg.); durch diesen hinweis 
auf eine der zukunft angehörende besserung des fehlers, den die 
Athener durch Kleons wahl gemacht hätten, zeigen sie ja ganz 
deutlich, dass von einer unternehmung die rede ist, welche damals, 
als sie den rath gaben, überhaupt noch nicht vollständig für Athen 
abgeschlossen war. Es bleibt also nur übrig, von den drei frag- 
lichen strategien Kleons die in dem unter dem archontale des 


denen zeiten verfasst sein, indem er v. 575—580 den aufgeführten 
Wolken, v. 581— 594, ihrer überarbeitung zuweist. Aber das prono- 
men indefinitum, die präsentia Pooyrduer paxdlouey, die verbindung 
durch 7— 9, endlich die conjunction 57» mit dem conjunctiv präsentis 
beweisen zweifellos für die allgemeinheit der v. 579 fg.; söra knüpft 
hieran das besondere der v. 581—586; diese bedeutung wird dem 
worte durch den ganzen sinn der stelle aufgezwungen, und so sagt 
auch Ernesti: elze possis vertere verbi exempli causa, worin ihm 
Th. Kock zu v. 581 (ed. 1862) wobl richtig gefolgt ist. 


Aristophanes Wolken. 75 


Ameinias (Ol. 89. 3) unternommenen thracischen kriege zur er- 
klärung unserer stelle anzuziehen. 

Diese auf der grundlage der erklärung von v. 575 — 586 
gewonnene ansicht finden wir durch die schlussverse des gedichtes 
bestätigt. Aber, sagen die wolken nach beendigung ihrer vorwürfe 
v. 587 fgg., ihr wählet ibn dennoch; denn man sagt übelberathen- 
beit wohne dieser stadt bei, die götter wendeten aber das, worin 
ihr auch fehlen mögt, zum besseren. Wie aber auch dies nutzen 
bringen wird, werden wir zeigen. Wenn ihr den räuber Kleon 
der bestechung und des unterschleifs überführt und seinen nacken 
in den block legt, dann wird sich euch wieder nach alter art, 
wenn ihr auch einen fehler machtet, die sache der stadt zum bes- 
seren wenden. ° 

Auch in diesem abschnitte unterscheiden wir wie in dem ersten 
zwei theile: einmal die allgemeine schilderung des geschicks der 
stadt Athen, wobei mit anspielung auf die sage vom kampfe des 
Poseidon mit der Athene um den besitz Attikas ‘des geschenkes der 
stadtgöttin gegenüber der von Poseidon verhängten strafe (s. schol. 
zu v. 587 ed. Dibner Paris 1855) gedacht wird (v. 587 gaoi 
yàg — 589 rçëxew); zweitens wird hierfür der beweis beigebracht, 
wie ihn die durch Kleons wahl herbeigeführte gegenwärtige lage 
der stadt bietet, wenn die Athener den rath des chores zu befolgen 
sich entschliessen (v. 590 we dà — 594 ovvoloerus). — Es kommt 
uns vor allem auf das verstündniss des comparativs ro ffÉAuor 
(v. 589 u. 594) an. Der angestellte vergleich scheint zwar klar 
zu sein: das PéAzsoy ist gesagt mit bezug auf die folgen, von denen 
die Athener zugleich mit der ausführung ihrer thórichten beschlüsse 
ubne die göttliche einwirkung nöthig betroffen werden müssten; 
aber dies P£Auoy kann nun an und für sich ein doppeltes sein:. 
denn einmal ist schon die erhaltung des alten zustandes, der ver 
den durch ihre duofovAla den Athenern eingegebenen unternehmun- 
gen bestand, gegenüber den unmittelbar mit der dwaflovA(a nöthig 
verbundenen folgen ein ffAriov; sodann aber verdient die trotz der 
athenischen dvofovAu, allein durch die göttliche gnade herbeige- 
führte erreichung der angestrebten zwecke erst recht jenen folgen 
der duofovAMa gegenüber ein f£irnsoy zu heissen; denn nicht dass 
Athene die von Poseidon verhängte duofovila nur unwirksam 
machte, wie Wolff will (bei Droysen: Des Aristophanes werke 


76 Aristophanes Wolken, 


übersetzt 1869. 1. p. 209 zu v. 590) konnte als ein rechtes äqui- 
valent gegen die strafe Poseidons gelten, — dann wäre Athen bei 
der allgemeinheit der in v. 587 — 589 ausgesprochenen ansicht ja 
immer auf seinem alten standpunkte stehen geblieben — sondern 
dass die Athener ihre zwecke trotz der dazu gewählten thörichten 
mittel doch erreichten. An unserer stelle kann aber die bedeutung 
des Péinor um so weniger zweifelhaft sein, weil der dichter bei 
der anwendung der sage auf den speciell vorliegenden fall mit dem 
Euvoices (v. 590) seine erklärung selbst klar giebt: Wie den Athe- 
nern auch dies (die thörichte wahl Kleons) nützen wird, wollen 
die wolken beweisen, nicht wie die Athener auch diesmal nur den 
unglücklichen folgen ihrer dvoßovAl« entgehen konnten; sie hätten 
Statt Zvuvoloss im letzteren falle doch wohl deu betreffenden aus- 
druck gebrauchen müssen. So haben denn auch schon die alten 
erklärer unsere stelle richtig verstanden (schol. zu v. 587: — 
yaot — mv — Adnrür napaoyeiv dwesav to zuxwg Povdsvdèv 
anoxdivas nai 46) und Teuffel leitet (a. a. o. p. 350) die note 
bei Suidas: ‘4Ivalwv dvoßovila Ent rv zug’ lAnídag 2% ruyour- 
twy mit unrecht aus einer falschen erklärung unserer stelle her. — 
Es soll also den Athenern nach dem versprechen der wolken aus 
der wahl Kleous ein wirklicher, positiver nutzen erwachsen (v. 590); 
aber sie knüpfen ihre verheissung noch an eiue bedingung: Wenn 
ihr, sagen sie, den räuber Kleon der bestechung und des nnter- 
schleifs überführt und dann seinen nacken in den block legt, so 
wird sich euch trotz eures fehlers nach alter art die sache der 
stadt zum besseren wenden (v. 591 fgg.). Man hat diese stelle 
meist wörtlich fassen wollen und gefragt, wo Kleon den Athenern 
anlass zur verwirklichung dieses rathes gegebeu haben könne; 
denn das sieht man, dass hier, wo alles wirklich ist, sowohl die 
walıl Kleons uls der das ganze gedicht durchdringende zorn des 
dichters und seine befürchtungen und wünsche für das wohl der 
stadt — dass also hier von einem ,,frommen wunsche‘“, Kleon 
möge der .bestechung überführt und demgemäss bestraft werden 
(Hermann Müller-Strübing: Aristophanes und die historische kritik 
Leipzig 1873 p.125 fg.) füglich nicht die rede sein kann. Konnte 
Aristophanes den Atheuern nach den vorwürfen über Kleons wahl 
keinen praktisch durchführbaren rath geben, so that er am besten, 
wenn er überhaupt schwieg. Trotzdem aber wird es kaum mög- 


Aristophanes Wolken. 77 


lich sein, eine wörtliche erklärung der stelle zu geben; wo sollte 
sich Kleon jener verbrechen schuldig gemacht haben? Etwa in 
Athen vor dem auszuge? Gewiss nicht; denn bei so allgemeiner 
bekanntschaft mit diesen verbrechen, wie sie die erwähnung im . 
theater voraussetzt, wäre er bei der grossen zahl seiner feinde : 
und neider auch ohne aufforderung des dichters einer ygagy dwewy 
nicht entgangen, ihm dann aber statt der befehlshaberstelle in Thra- 
cien der tod oder wenigstens atimie mit zehnfacher rückerstattung 
der veruntreuten summen sicher gewesen. Oder in Thracien, etwa 
bei der eroberung von Toronae? (vgl. Thucyd. V. 3). An und 
für sich wäre dies ja nicht undenkbar, aber Thucydides schweigt 
darüber, er der sich, auch wenn Kleon durch seinen bald folgen- 
den tod vor Amphipolis der verurtheilung entgangen wäre, gewiss 
die gelegenheit nicht hätte nehmen lassen, sein ungünstiges urtheil 
über den mann durch erwähnung eines so schweren verdachtes zu 
erhärten. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir es mit kei- 
nem geschichtsschreiber zu thun haben; Aristophanes war ein dich- 
ter und zwar eiu komischer dichter, der, soll er als zeuge für 
thatsachen gelten, vorsichtig benutzt und gewissermassen erst sei- 
ner individualität als komiker entkleidet sein will; er war ein 
mann, der grade dem Kleon gegenüber um das zuviel in der 
schärfe seiner geschosse nicht peinlich besorgt war, der über ihn 
sagte, was seinem jedesmaligen zwecke diente, und litt, was dar- 
anf folgte; wenigstens sehen wir nicht, wie Kleon, wenn Aristo- 
phanes in seinen angriffen gegen ihn nicht irgendwie das gesetz- 
mässige mass überschritten hätte, so wie es die Acharner (v.377 fgg. 
u. 502) und Wespen (v. 1284 fgg.) andeuten, gegen den dichter 
vorgehen konnte. Unserer meinung nach ist der sinn von v. 591 fg. 
allein gegeben durch den dem dwewwr fAó»reg xal xAomüg und 
gwonre zu grunde liegenden gedanken: „ruft den Kleon zurück“; 
dieser rath, dessen verwirklichung die dvoßovAl« der Athener ja 
sofort aufhob, individualisirt sich bei dem dichter seinem todfeinde 
gegenüber zu dem ausfalle von v.591 fg., und der dichter machte 
wohl um so weniger grade von dieser formulirung des rathes ab- 
stehen wollen, weil es ihm darauf ankam, recht dringend zu sein 
(ruft ihn auf jeden grund bin zurück) und eine ähnliche verwen- 
dung des mannes für die zukunft als unmöglich hinzustellen. So 
haben denn die v. 587—594 unserer ansicht nach den sinn: Aber 


78 Aristophanes Wolken. 


ihr wähltet den Kleon trotz unserer warnung; das ist aber kein 
wunder, denn (yàg v. 587) man sagt, übelberathenheit wohne die- 
ser stadt bei, die götter liessen euch aber aus allen euren fehlern 
(&rz' &» öneig Haucgrnt’ v. 589) positiven nutzen erwach- 
sen (wi 70 féduov roéner v. 589); wie aber auch diese wahl 
Kleons (zovro v. 590) euch diesen nutzen bringen wird (£vrofoe), 
wollen wir leicht zeigen; wenn ihr den Kleon auf jeden grund 
hin aus Thracien zurückruft und für immer unschädlich macht (7» — 
avytva v. 591 fg.), so wird sich euch wiederum nach alter art die 
sache der stadt zum besseren wenden (v. 593 fg.). 

Also Kleon soll aus Thracien zurückberufen werden, und dies 
soll den Athenern mehr nützen als sie bloss vor unglück für die 
zukunft schützen; sie sollen aus seiner wahl durch seine 
amtsentsetzung wirklichen vortheil ernten. Es klingt 
dies paradox, lässt sich aber doch durch das blosse denken ohne 
zuziehung der historischen verhältnisse auflösen, falls Kleon vor 
verfassung dieses gedichtes in Thracien für Athen erfolge errungen 
hatte; denn dann ist der dauernde besitz dieser erfolge der 
positive nutzen, den der dichter ihnen zusichert, aber nur in 
dem falle, wenn sie die oberleitung des krieges in die hand eines 
tüchtigen mannes legten, der es verstand, das gewonnene zu er- 
halten. Nun bestätigen aber die geschichtlichen verhältnisse diese 
erklärung ; denn nach Thucydides V. 3 und 6 hatte Kleon im an- 
fange der thracischen expedition glück. Er hatte Toronae auf der 
halbinsel Sithonia genommen, da Brasidas dem bedrängten orte nicht 
hatte zur hülfe kommen können, und gegen siebenhundert gefan- 
gene nach Athen geschickt; kurz darauf war ihm auch die tha- 
sische colonie Galepsus in die hände gefallen. Aber die Athener 
achteten den rath der wolken nicht, und so folgte denn dem an- 
fänglichen, von gott gesandten glück unglück. Kleon blieb an der 
spitze der thracischen unternehmungen, aber auf die eroberung von 
Toronae und Galepsus folgte bald die schlacht von Amphipolis, wo 
er selbst auf der flucht umkam, und die Athener mit sechshundert 
mann verlust besiegt wurden (Thuc. V. 10 fg.). 

Uns dient diese leichtigkeit mit der sich unser epirrhema auf 
die thracischen verhältnisse deuten lässt, zum beweise, dass wir 
oben die worte v. 581 sira — 582 orgarnydy richtig auf die 
thracische strategie Kleons bezogen haben. Dann ist unser gedicht 


Aristophanes Wolken. 79 


aber nach der eroberung von Toronae und vor der schlacht von 
Amphipolis verfasst, wahrscheinlich unmittelbar nach der ankunft 
jener siebenhundert bei der eroberung von Toronae gemachten ge- 
fangenen in Athen (Thuc. V, 3), wo es der dichter gerathen fand, 
dem neu aufleuchtenden glückssterne Kleons aufs neue entgegenzu- 
treten. Dann muss es aber aus den aufgeführten Wolken ausge- 
schieden und ebenso wie die eigentliche parabase (v. 518 — 562) 
und der streit der beiden Aoyos (v. 889 — 1104), stellen, die ganz 
zweifellos?) der überarbeitung ängehören, den sogenannten zweiten 
Wolken zuertheilt werden. 

Aber lier tritt uns eine gewichtige autorität entgegen, kein 
geringerer als der berühmte alexaudrinische bibliothekar Eratosthe- 
nes, der, wie wir wissen, auch grade über die komödie eingehende 
studien gemacht hat. Seine ansicht über unsere stelle ergiebt sich 
aus dem scholiasten zu v. 552; hiernach war Callimachus über 
die zuverlässigkeit der didascalien in zweifel gerathen, weil nach 
ihnen der Marikas des Eupolis drei jahre spüter aufgeführt sei als 
die Wolken, während er doch ausdrücklich in den Wolken (v. 553) 
erwähnt würde. Eratosthenes löst diesen zweifel seines vorgängers 
in der verwaltung der alexandrinischen museumsbibliothek ganz 
richtig durch verweisung auf den unterschied zwischen den aufge- 


2) Man ist bisher fast ganz allgemein dem verfasser der hyp. VI. 
(ed. Bergk. 1867 p. 109) gefolgt, der auch die schlussscene des uns 
überkommenen stückes der überarbeitung zuweist; man hat aus der 
überlegtheit, mit der der verfasser seine angaben macht, die überar- 
beitung in eine das ganze stück betreffende correctur (Bergk a. a. o.: 
xa9ólov uér ustsoynuduores) und in eine völlige neugestaltung einzel- 
ner partien (rà de öloaysgoüs x. 7. A.) theilt, besonders aber aus der 
leichten verständlichkeit, die seine angaben über die eigentliche pa- 
rabase und den kampf der beiden Adyos für uns haben, geschlossen, 
dass man es mit einem auf guten quellen fussenden gewährsmann zu 
thun habe. Diese zuverlässigkeit ist kürzlich von Fr. Ritter (Philol. 
XXXIV. III: Ueber die Wolken des Aristophanes p. 453 fgg.) ange- 
griffen worden. Ist es nun auch nicht glaublich, dass da weder Cal- 
limachus noch wahrscheinlich auch Eratosthenes ein exemplar der 
aufgeführten Wolken in händen hatten, die nachrichten unseres ver- 
fassers auf autopsie der ersten Wolken beruhen, so haben wir 
in ihm doch gewiss einen mann, der mit offenen augen zu lesen ver- 
stand und nichts gemein hat mit scribenten, wie die verfasser der 
von Ritter angezogenen scholien sind; denn auch in der schlussscene 
ist nicht alles so glatt und klar, wie Ritter meint, im gegentheil 
konnte auch sie dem aufmerksamen leser anhalt zu einem schlusse 
‘anf umarbeitung bieten cf. Verf.: De Nubibus Aristophanis. Gryphis- 
waldiae 1871 p: 37 fgg. 


80 Aristophanes Wolken. 


fübrten und überarbeiteten Wolken: in den ersteren sei von Mari- 
kas nicht die rede gewesen, in der späteren überarbeitung aber 
habe seine erwähnung nichts auffallendes. Darauf tadelt er den 
Callimachus wegen dieses zweifels mit den worten: zug d’ ov 
ovveidev on xoi tv rj Magıza mogorsselevinze Kituv, dv di roig 
Nepéus Myerar „elra tov Heoicıw &4I00v Pugcodéymp." — Calli- 
machus hätte also nach der ansicht des Eratosthenes den unter- — 
schied zwischen dem aufgeführten und überarbeiteten stücke schon 
‘ aus der zeitverschiedenheit erkennen sollen, die sich für die abfas- 
sung der v. 581 und 553 aus der vergleichung des todesjahres 
Kleons (Ol. 89. 3 spätsommer) und der aufführungszeit des Mari- 
kas (01.90. 1) ergab. Da er nun die parabase, in der der v. 553 
steht, richtig dem überarbeiteten stücke zuertheilt, so folgt aus dem 
gegensatze, in den er v. 553 zu 581 setzt, so wie aus dem gan- 
zen zusammenhange der stelle, dass seiner ansicht nach v. 581 
und mit ihm doch wohl das ganze epirrhema in den aufgeführten 
Wolken stand. Hätte nun Eratosthenes noch ein exemplar des auf- 
geführten stückes vor sich gehabt und danach seine angaben dar- 
über gemacht, so müssten wir ihm unbedenklich folgen und mit 
einreihung des epirrhemas in das aufgeführte stück die beziehung 
unserer stelle auf die thracische strategie aufgeben. Aber es ist 
von uns (a. a. o. p. 16 fgg.) und kürzlich von Fr. Ritter (a. a. o. 
p. 448 fg.) wahrscheinlich gemacht, dass Eratosthenes ebensowenig 
wie sein älterer amtsgenosse Callimachus oder wir die aufgeführ- 
ten Wolken hat einsehen können, wie es ja sonst sehr auffallend 
wäre, warum er in seiner polemik gegen Callimachus statt seiner 
räsonnements nicht einfach auf das vorliegende exemplar hingewie- 
sen hätte. Stand Eratosthenes aber sonach der vorliegenden frage 
mit keinen anderen hülfsmitteln gegenüber als wir, so war er von 
vornherein auch nicht mehr als wir vor der möglichkeit eines irr- 
thumes geschützt, in den er hier, wie wir nach dem vorstehenden 
dreist behaupten, verfallen ist. 

Wenn so des Eratosthenes meinung gegen die aufgestellte an- 
sicht nicht zeugen kann, so fügen wir zum schlusse noch ein ar- 
gument dafür an, welches sich auf das verhältniss des Aristophanes 
zu Kleon bezieht, wie es sich zur abfassungszeit der ersten Wolken 
wahrscheinlich gestaltet hatte. Haben die v. 575 — 594 wirklich 
in der aufgeführten komödie gestanden, so zeigen sie uns den 


Aristophanes Wolken. " 


dichter ums jahr 423 noch ebenso feindlich gesinnt gegen den all- 
mächtigen Kleon wie ihn die Ritter das jahr zuvor erscheinen las- 
sen; biermit scheint aber der wirkliche thatbestand nicht ganz zu 
stimmen. Es ist wahr, Aristophanes. war von den zeiten der Ba- 
bylonier bis zum tode Kleons sein todfeind, ja er lässt dem manne 
noch im grabe keine ruhe, denn auch im Frieden (v.752 fg.) wer- 
den die hürer noch durch eine charakteristik , wie sie nur der bit- 
terste bass zeichnen konnte, an ihn erinnert, Aber dies verhältniss 
ist wenigstens üusserlich nicht immer dasselbe geblieben, 
das beweisen uns Wespen 1284 fgg.; Aristophanes, so sagt uns 
die stelle, habe seinen groll gegen Kleon in folge eines angriffes 
gegen ihn bekümpft, so dass es einigen geschienen, er sei ausge- 
sóhut; aber er habe nur ein wenig geschwünzelt, weil er gesehen, 
dass er von seinen alten genossen im stiche gelassen sei, jetzt 
aber habe der pfahl seinen rebstock betrogen. Aristophanes hatte 
also während irgend einer zeit nicht nur alle directen angriffe ge- 
gen Kleon zurückgehalten sondern ihm, wie das to re psxgor 
ixeJ5xica (v. 1290) beweist, sogar ein wenig zu munde geredet. 
la welche zeit fällt nun dieser mSyxiouoct Die beantwortung 
dieser frage ist abhüngig von dér: Wodurch hatte Aristophanes 
den in den Wespen bezeichneten angriff Kleons auf sich gezogen! 

Wir wissen aus den Acharnern (v. 377 fgg. u. v. 502), dass 
Kleon dem dichter seine angriffe in den Babyloniern nicht unge- 
straft hatte hingehen lassen, aber dadurch hatte er so wenig eine 
schonung seiner person erreicht, dass Aristophanes eben in dem 
sticke des nächsten jahres, wo Kleon doch auch sonst nicht ge- 
schont wird, die absicht ausspricht, ibn zur genugthuung der ritter 
noch einmal ordentlich zu bearbeiten (Ach. v. 301); dies verspre- 
chen hat er denn ja auch in den Rittern, der comödie des jahres 
424, redlich eingelöst. Wir erkennen hieraus, dass diese auf die 
Babylonier folgende strafe nicht die in der Wespenstelle angedeu- 
tete ist, wie denn auch von vornherein die lange zwischenzeit zwi- 
schen Babyloniern und Wespen, selbst wenn die Ritter nicht da- 
zwischen lügen, einen solchen bezug schwer machen würde; es 
bleibt also nur übrig die Rittercomódie selbst als den anlass zu 
Kleons rache zu deuten, zumal da es nach der analogie der Baby- 
lenier höchst unwahrscheinlich ist, dass Kleon die viel intensiver 
und dichter fallenden hiebe, die ihm die Ritter versetzten, sich habe 

Philologus. XXXVI. bd. 1. 6 


82. Aristophanes Wolken: 


rubig gefallen lassen. Ist dieser bezug aber richtig, so folgt aus 
Wesp. v. 1284, dass Aristophanes nach jener strafe, die also nicht 
lange nach der aufführung der Ritter gefallen sein kunn, bis zur 
verfassungszeit der Wespen sich jedes directen angriffes gegen 
Kleon enthalten habe. Nun ist aber unser epirrhema die einzige 
stelle, die diesem ergebnisse widerspräche, so dass es auch von 
diesem gesichtspunkte aus als ein nur der zweiten überar- 
beitung angehörendes stück anzusehen ist; entfernen wir es aber 
aus der aufgeführten comödie, so hindern uns die reste der Wolken 
allerdings nicht, sie mit Droysen (a. a. o. zu Wesp. v. 1309) und 
Müller-Strübing (a. a. o. p. 609 anm.) als eine frucht des com- 
promisses zwischen Aristophanes und Kleon anzusehen und darauf 
Wesp. 1290 zu beziehen. 

Ist es der vorstehenden darstellung gelungen, zu erweisen, 
dass das epirrhema der uns überkommenen Wolken ebenso wenig 
wie die eigentliche parabase und der streit der beiden Aoyoı dem 
aufgeführten stücke angehört, so ist sie befähigt, einmal das auTixo 
am schlusse der hyp. VI zu bestätigen, wodurch der verfasser an- 
zeigt, dass er in den drei angeführten stücken nur beispiele 
von gänzlicher überarbeitung geben will, zweitens Ritters ansicht 
zu widerlegen, der (a. a. o. p. 455) sagt: „Daraus ergibt sich, 
dass ausser diesen zwei neu eingeflochtenen partien“ (d. i. eigent- 
lich parabase und streitscene der beiden Aoyos) „in dem gesammten 
übrigen drama auch nicht eine stelle überarbeitet worden ist.“ 
Wir meinen im gegentheil, dass sich noch mehr partien ergeben 
würden, die mit fast derselben sicherheit wie das epirrhema aus 
dem aufgeführten stück auszuscheiden sind; doch mag dies einer 
späteren untersuchung vorbehalten bleiben. 

Gartz a. 0. P. Weyland. 


Hom. Il. #, 49. 


Die ob. p. 72 genannte andre auffassung giebt Déderlein z. st., 
nämlich vs. 49 nnd 50 sind als parenthese zu fassen: dann ist 
01400 in vs. 50, dures in vs. 49 zu suppliren und die beiden verse 
werden ähnlicher den v. 51. 52, wo xedevwy in vs. 52 zu suppliren 
ist. Dafür dass ein di@ péoov esyndetisch sich anknüpft, s. Hom. 
Il. 4, 454 mit Nägelsb., Hom. Il. N, 775 figg. mit Döderlein: so 
tritt auch die örtlichkeit scharf hervor. Weiter s. unten p. 110. 

Ernst von Leutsch. 


V. 


Die Tribut - Comitien. 


Die frage nach ursprung und wesen der römischen bezirks- 
tribus muss in der hauptsache als entschieden angesehen werden. 
Die eintheilung des Servius Tullius gehört noch nicht hierher). 
Erst einige jahre nach dem sturz des künigthums wurden 20 oder 
21 bezirks-tribus eingerichtet?). Hundert jahre später?) und dann 
öfters *) erfuhr diese zahl eine vermehrung, bis im jahre 241°) 
die zabl von 35 tribus erreicht ward, bei welcher es fortan ver- 
blieb ). Was das wesen der einrichtung anbetrifft, so handelt es 
sich für uns hier hauptsüchlich um die frage, ob die gesammte 
bürgerschaft, insbesondere ob auch die patricier schon von anfang 
an den tribus angehörten. Dass dies überhaupt von neueren ge- 
lehrten bezweifelt wurde"), hatte seinen grund in der identificirung 
der bezirks-tribus und der stimmabtheilungen in den tribut-comitien, 
zweier verschiedener dinge. Seitdem erwiesen ist, dass die bezirks- 
tribus, welche die bevölkerung nach örtlichen districten eintheilten ©), 
der gesammten staatsverwaltung, der beaufsichtigung der bürger- 
schaft in jeder hinsicht, der besteuerung, der aushebung u. s. w. 
dienten?), wozu denn auch kam, dass nach ihnen die in tribut- 


1) Liv. I, 43, 18. Vgl. Servianische centurien-verfassung. Pro- 
gramm des gymn. Sorau. Ostern 1874. 

2) Liv. II, 21, 7. 

9) Liv. VI, 5, 8. 

4) Liv. VII, 15, 12; VIII, 17, 11; IX, 20, 6; X, 9, 14. 

5) Liv. Epit. XIX. 

6) Cic. Verr. II, 1, 5, 14. 

7) Niebuhr R. G. p. 439 ff. u. s. w. und andere sonst. 

8) d»vÀai zonsxai bei Dion. IV, 14: ez regionibus et locis bei Gell. 


'9) Mommsen, die römischen tribus. 
6 è 


84 | Die tribut - comitien. 


comitien stimmende menge sich schied, so kann nicht mehr bezwei- 
felt werden, mag man auch über die stimmberechtigung in jenen 
comitien verschieden denken, dass die bezirks-tribus die gesammte 
bürgerschaft, patricier, clienten, plebejer, von anfang an einschlos- 
sen und eintheilten. 


I. Entstehung. 


Wenn Servius Tullius schon eine solche vereinigung und organisa- 
tion der ganzen bürgerschaft erreicht hätte, wonach eben er wie 
seine vorgänger vergeblich getrachtet hatten, so würde dieselbe in 
der hand des starken königthums zur wirklichen verschmelzung 
und versöhnung der bevölkerung wahrscheinlich gradewegs geführt 
haben; unter dem regimente des patricischen senats genügte sie 
nicht: sie konnte jene spaltung und jene kämpfe nicht hindern, 
welche die tradition mit der sogenannten secessio in montem sacrum 
beginnen lässt. Es handelt sich für uns um das nächste resultat 
dieser revolution, die ohne zweifel historische thatsache ist. Es 
war nach der überlieferung in bestimmten satzungen niedergelegt, 
die leges sacratae genannt werden. 

Was haben wir zunächst in formeller hinsicht unter diesen 
leges zu verstehen * Dass sie regelmässige staatsgesetze gewesen 
wären, die ja in centuriat-comitien hätten beschlossen werden müs- 
sen, ist gegen die allgemeine anschauung der alten !) und gegen 
die besondere überlieferung von jenen vorgängen. Dionysius weit- 
läufige erzählung, wie zwischen patriciern und plebejern als zwei 
verschiedenen völkern unter zuziehung der fetialen ein bund ge- 
schlossen sei!!), ist natürlich verkehrt. Zuverlässig ist das eine, 
was allgemein angenommen wurde, dass die menge diese gesetze 
beschlossen und beschworen hat, nicht populus iussit, sondern plebs 
iurata sciit!?). Damit ist ein eigenwilliger, nicht ein gesetzli- 
cher act bezeichnet. Man hat geglaubt dabei stehen bleiben zu 
müssen, nimmt also dann eine einseitige nur durch schwur ge- 
sicherte ausmachung des einen theils an 12). Doch die tradition 


10) Hervorhebung des schwurs; »oug xai 00x® Dion. VI, 89; &x 
youou xai ögxov Appian. b. civ. 208 Auch Liv. III, 55 setzt das 
vetus iusiurandum plebis der lex entgegen. 

11) Dion. VI, 89. Auch Liv. IV, 6, 7 foedere icto. 

12) Fest. p. 818. Liv. II, 83, 13. III, 55, 10. 

13) Mommsen, R. Staaterecht II, 1, p. 262, anm. 2 u. p. 275. 


Die tribut - comitien. 85 


spricht eben so zuverlässig von einer verständigung der streiten- 
den, von einem nachgeben der regierenden partei, und wenn jene 
bestimmungen auch durch das beiwort sacratue als abnorm bezeich- 
net werden, so heissen sie doch auch leges und werden für solche 
genommen. In diesem nun, wie in allen späteren hämpfen der bei- 
den stände ist es nach der überlieferung der senat (resp. die paires), 
welcher die sache der patricier und zugleich des staates gegen 
die plebes führt. Inwiefern konnte nun der senat die patricier 
vertreten, resp. durch seine anerkennung jenes plebiscits die be- 
folgung desselben durch die patricier verbürgen Die antwort ist, 
dass zu dieser zeit aller wahrscheinlichkeit 14) nach der senat noch 
ganz aus patriciern besteht und dass die patricischen senatoren, 
die patres, als die vertreter der patricischen geschlechter überhaupt 
stets gegolten haben. Inwiefern ist zweitens der senat im stande, 
jenen beschluss der römischen staatsverfassung einzufügen, der ja 
nicht auf dem wege der regelmässigen gesetzgebung entstanden 
war! Die antwort lautet, jedes gesetz, sei es ein beschluss der 
centurien oder eurien, bedurfte zu seiner gültigkeit der patrum 
auctoritas!5), das heisst der bestätigung der patricischen senato- 
ren!) als der vertreter der patricischen geschlechter oder der alten 
bürgerschaft. Diese hatten nach prüfung des vorganges in gesetz- 
lieber und religiöser hinsicht ein gesetz als rechtes gesetz anzuer- 
kennen. Wenn sie nun einen beschluss der plebes, in welchen sich 
zugleich die patricische bürgerschaft eben durch ihre einwilligung 
fügte, als rechtes gesetz oder ihm gleichgeltend mit genehmigung 
der götter anerkannten, wer wollte dann bestreiten, da das ja ihre 
sache war danach zu sehen und zu entscheiden, dass es rechtes 
gesetz sei und ihm gleich gelten müsse? Hiernach müssen wir in 
einklang mit der richtig verstandenen tradition 17) die leges sacratae 
vom heiligen berge ansehen als eigenwillige, aber beschworne be- 
schlisse der plebs, welche durch ertheilung der patrum auctoritas 
legitimirt wurden. 

14) Die plebejischen senatoren müssten in den ständischen käm- 
pfen eine rolle spielen, wenn die überlieferung solche dächte. Liv. 

‚12 erste erwähnung. Frühere angaben sind unsicher. 
15) Liv. VI, 41, 10. Cic. de domo 14, 38. 


16) Dieser punkt wird im folgenden als erwiesen angesehen. Vgl. 
ommsen, röm. forsch. p. 218—249. Genaueres bei einer anderen 


ge eit. 
17) Vgl. noch Dion. VI, 90. 


86 Die tribut- comitien, 


Der inbalt dieser leges betraf bekanntlich die einsetzung ple- 
bejischer beamten. Es waren zwei tribuni plebis!9), deren zahl 
sogleich oder bald auf fünf, dann auf zehn gebracht wurde, und 
zwei aediles. Die volkstribunen, aber nicht die volksädilen (welche 
diese eigenschaft erst spüter und in anderer art!?) erhalten zu 
baben scheinen), erhielten durch den schwur der plebs sacrosancta 
potestas 2°), wodurch sie während ihrer amtsführung und auch nach- 
her für dieselbe in religióser weise (nicht bei strafe des strafge- 
setzes) sicher gestellt und straflos gemacht wurden. Die amtliche 
befugniss der tribunen beschrünkte sich im anfange, d. h. nach 
den bestimmungen der lex sacrata, ohne zweifel auf das ius auxilii 1), 
auf den schutz der einzelnen bürger gegen die amtsgewalt der 
magistrate, besonders aber nicht allein zur sicherung des provoca- 
tionsrechts, Sie konnten eben nur ihre eigne sicherheit (zd &0v40y) 
anderen mittheilen und sie durch deckung mit ihrem leibe zeitweise 
schützen. irgendwelche positive machtbefugniss, irgendwelcher 
geschüftskreis war ihnen durch die gesetze nicht zuerkannt ?2). 
Damit ist der inhalt der leges sacratae vom heiligen berge im we- 
sentlichen bezeichnet. 

Nicht aber ist durch jene gesetze den volkstribunen das ius 
cum plebe agendi verliehen, nichts enthielten sie, weder indirect 
durch jenes recht der tribunen noch direct, über besondere con- 
tionen der plebs, nichts über gründung und einrichtung eines neuen 
comitiatus, Wenn nun trotzdem contionen der plebs und tribut- 
comitien seit diesem augenblicke existiren, wie ist darüber zu ur- 
theilen? Wir müssen annehmen, dass sie zuvörderst der gesetzli- 
chen berechtigung durchaus entbehrten. 

Was zunächst das ius cum plebe agendi anlangt, so scheint 
der von anderer seite angeführte grund entscheidend, dass Sulla 
den tribunen jenes recht nehmen konnte?) War dies inhalt der 
leges sacratae, also geschworenes recht, so konnte es durch die 
gesetzgebung nicht abgeschafft werden, wie denn auch keine be- 


18) Becker II, 2 p. 263 ff. p. 292 ff. 

19) Liv. III, 55, 7—10. 

20) Mommsen R. St. II, 1. p.275. 

21) Liv. II, 33 u. 35; III, 9. Dion. VI, 87; VII, 17. Cic. rep. II, 
33 u. 8. w. 

22) Mommsen, R. St. II, 1, p. 261. 

23) Liv. Epit. LXXXIX. Cic. leg. III, 9. 


Die tribut - comitien. 87 


stimmung der leges sacratae jemals vom gesetzlichen standpunkte 
oder ungerächt angefochten worden ist. Wir wissen aber, dass 
die versammlungen der plebejer anfangs systematisch von den pa- 
triciern gestört 24), dass sie später erst durch gesetzliche oder ge- 
setzesgleiche bestimmungen geschützt wurden; woraus sich ergiebt, 
dass sie von vorne herein dieses schutzes entbehrten. Wegen der 
tribut-comitien lässt sich auch gar nicht sagen, was gesetzlich ihre 
aufgabe und competenz sein sollte und was sie anfangs gewesen wäre. 
Von allen rechten, welche sie später gesetzlich hatten, wissen wir, 
wann und unter welchen umständen sie sie erhielten. Wenn nun 
unsere überlieferung von der gesetzlichen einrichtung der tribut- 
comitien ganz schweigt, während sie doch von diesem augenblicke 
an wirklich bestehen, so wollen wir versuchen nichts zu supponi- 
ren, sondern wollen zusehen, wieweit wir mit dem, was überliefert 
ist, auskommen, 

Wir müssen annehmen, dass die versammlungen der plebs, 
welche seit der secessio stattfinden, keine gesetzliche berechtigung 
haben, sondern wiederholungen dessen sind, was aus dem heiligen 
berge selbst zum ersten mal versucht war. Die sache ist erklär- 
lich. Die menge hatte gesicherte, ausserhalb des gesetzes stehende 
ridelsfihrer; gelang es diesen sie gehörig zu reizen und aufzu- 
bieten, so gab es keine macht, die es hindern konnte. Gewalt 
hätte zum bürgerkriege geführt mit zweifelhaftem ausgange, da 
die plebs nach aller wahrscheinlichkeit 29) stärker war, als der 
Mtriciat sammt seiner clientel. Man musste gewähren lassen; man 
derfte aber auch nicht verachten, was die plebs beschloss, wenn 
ihre leidenschaft und energie erweckt war. Das machte die stets 
drohende gefahr einer neuen secession oder auswanderung, welche 
der gemässigten mehrzabl der patricier als das schlimmste, als der 
wtergang des vaterlandes erschien. Was einmal geschah, konnte 
unter den gegebenen anführern leichter wieder geschehen und hat 
sich wiederholt; in andern fällen hat es gedroht *°), Durch grosse 
opfer nur, welche die halsstarrigste aristokratie der welt allmählig 
bringen musste, ward es vermieden. 


24) Liv. II, 56 und sonst. Vgl. p. 89. 

25) Man beachte, eine wie grosse bedeutung ihr die tradition im 
heerwesen giebt. 

26) Liv. III, 50 f£.; Epit. XI. Liv. V, 50 ff. 


‘88 Die tribut- comitien. 


Ueber diese versammlungen nun ist bekannt, dass die tribunen 
in ihnen den vorsitz führten, und dass sie bald auf dem forum bald 
" an anderen orten gehalten wurden. Waren die beschlüsse auf dem 
heiligen berge wahrscheinlich nach centurien gefasst, denn als heer 
zog man aus, so musste man in der stadt eine nicht militürische 
und einfachere organisation zur beschlussfassung wäblen. Man 
nahm die einzig denkbare nach den tribus, und so entstanden die 
comitia tributa. Genau schloss sich die plebs in ihren eigenwilli- 
gen organisationen den einrichtungen des populus und der patricier 
an: die eigentbümlich-rómische indirecte abstimmungsmethode wurde 
beibehalten, ja gerade die patricischen comitia curiata als passend- 
stes muster gewählt, wofür der name tribus principium (wie curia 
principium) als bezeichnung der vorstimmabtheilung genügenden beweis 
giebt. Uebrigens mochten die tribunen erkennen, dass es werth hatte, 
der illegitimen versammlung einen schein der legitimität zu geben. 


II. Legitimirung. 

Indem wir die einzelnen überlieferten actionen der tribut- co- 
mitien aus der nächsten zeit überblicken, scheiden wir richterliche 
und gesetzgeberische beschlüsse. ^ Von jener art ist der erste fall» 
der des Coriolanus ?"). Es handelt sich um den ersten und ernst- 
haftesten augriff, der jemals gegen die leges sacratae gemacht wor- 
den, um gewaltthütige beseitigung des tribunats. Die plebs raffte 
sich zur selbsthülfe auf und constituirte sich nach den tribus zur 
richtenden versammlung. Von einem gesetzmüssigen gerichte kann 
nicht die rede sein. Denn der wortlaut der lex sacrata, wie wir 
ibn bei Dionysius haben?5), verfluchte denjenigen, welcher das 
gesetz verletzte, sprach seinen mürder von strafe frei, eben weil 
man kein richterliches verfahren gegen den verletzer einsetzte 
noch einsetzen konnte, Die patricier mussten der drohung nachgeben 
und den Coriolanus opfern. Es war der entscheidende sieg. Fortan 
werden processe vor den tribut-comitien üblich, Die fälle des Ap- 
pius Claudius und Kaeso Quinctius??) sind dem des Coriolanus 
ühnlich, denn auch hier ist verletzung der leges sacratae, offene 


feindseligkeit gegen die plebs der grund der anklage. Weiter 
27) Liv. II, 85. 


28) Dion. Hal. VI, 89. 
29) Liv. II, 52; III, 11 ff. 


Die tribut- comitien. 89 


aber massten sich die tribunen das recht an, gewesene beamte we- 
gen schädigung des volks durch schlechte amtsführung zur rechen- 
schaft zu ziehen. Ueberall stellt es Livius dabei so dar), als 
schreite die plebs, weil ihr ein vermeintes recht vorenthalten werde, 
zu repressalien Alle fälle sind usurpatorische acte?!) Aber die 
decemviral-gesetzgebung erkannte die gerichtsbarkeit der tribut- 
comitieu an; was sich daraus ergiebt, dass sie nur die capitalge- 
richtsbarkeit den centuriat-comitien vorbehielt °?). Den tribunen steht 
es fortan zu beamte und gewesene beamte wegen ihrer amtshand- 
lungen zu richten??), doch müssen auch sie nach der lex Valeria 
Horatia von 44995), ne quis ullum magistratum sine provocatione 
crearet, die provocation gestatten. Einen capitalfall haben sie dann 
vor den centuriat - comitien so zu führen, dass ihnen der patricische - 
magistrat, später der praetor urbanus, die comitien beruft°5). In 
andern fällen bringen sie die sache vor ihre tribut - comitien. Auch 
den volksüdilen ward in einem gewissen kreise eine gerichtsbarkeit 
und im falle der provocation das recht, die sache vor den tribut- 
comitien zu führen, zuerkaunt?9). 

Von gesetzgeberischen beschlüssen gehören besonders hierher 
eine sogenannte lex Icilia und die lex Publilia von 471. Die 
eimzige nachricht, welche wir über die erstere haben, bei Diony- 
sius*7), ist sehr unsicher. Es wird strafe verhängt gegen den, 
welcher die tribunen unterbricht, also die tribut-comitien stört, 
Alles käme darauf an, ob dieses plebiscit durch eine patrum auc- 
toritas staatlich anerkannt wurde. Ist der beschluss nicht auf 
diese weise legitimirt, so ist er einer von der art, wie sie in die- 
ser zeit ohne zweifel mehrfach gefasst wurden: man musste sehen, 
wer ihn beachtete; wer es nicht that, verstiess nicht gegen das 
staatsgesetz, da er staatsgesetz nicht war. Anders hingegen, wenn 
der beschluss legitimirt ward, wenn die tribunen und die plebs in- 
teressirt und energisch genug gewesen waren, die anerkennung 


30) Liv. II, 52; 54; III, 31. 
8 Vgl. Liv. II, 85. 

32) 8. die stellen bei Marq. II, 8, p. 151, anm. 609. 
33) Vgl. Mommsen R. St. I, p. 146. 

34) Liv. III. 55, 5. 

85) Liv. XXV, 8, 9; XLIII, 16, 11; Gell. VII, 9. 
36) Liv. X, 23, 13 u. s. w. 

37) Dion. Hal. VII, 17. 


90 Die tribut -comitien, 


der patres zu erzwingen, wie dies in so vielen fällen gelang. 
Dann hätten wir in dieser lex Icilia zugleich die anerkennung des 
ius contionem habendi und wenn man will des ius cum plebe agendi 
der volkstribunen. Zu welchem zweck? Ihre acte erhielten da- 
mit noch keine rechtsverbindliche kraft. Dass diese lex Icilia nun 
die gesetzliche anerkennung erhielt, muss immerhin als das wahr- 
scheinlichere gelten, da andernfalls schwerlich ihr andenken bewahrt 
worden wäre; über ihre zeit aber sind mit recht zweifel erboben 
worden. 

Von grösster bedeutung ist die lex Publilia. Nach der dar- 
stellung bei Livius ?5) dürfen wir sie für das erste sichere beispiel 
nach den leges sacratae vom heiligen berge annehmen, dass ein 
plebiscitum durch die patrum auctoritas auf dem allein möglichen 
und fortan üblichen wege als staatsgesetz anerkannt 59) und sanc- 
tionirt ward. Die übrigen wichtigen plebiscita dieser periode bis 
zum decemvirat, die lex Icilia de Aventino, die Terentilia 4°) sind 
von derselben art, als plebiscite an sich staatsrechtlich nichtig, aber 
‚in jedem speciellen fall durch die patrum auctoritas als gesetze 
anerkannt. Es scheint als sei auf alle diese gesetze wegen ihres 
unregelmässigen ursprungs und wegen der deutlichen analogie mit 
dem ersten falle auf dem heiligen berge der name der leges sacratae 
in einem weiteren sinne*!) übertragen worden, wenngleich die 
plebs diese spüteren gesetze nicht geschworen hatte. 

Aber noch wichtiger ist die lex Publilia in einer anderen be- 
ziehung, in der wir sie mit der lex Valeria Horatia zusammenhal- 
ten müssen. Der inhalt der ersteren, ut plebei magistratus tributis 
comitiis ferent, kommt hier insofern in betracht, als fortan durch 
gesetz die comitia tributa zu einer bestimmten staatlichen function, 
zur wahl staatlich anerkannter beamten, berufen und damit als ein 
zu recht bestehender comitiatus anerkannt sind. Noch ist es ein 
einzelner zweck, ein wahlact einmal im jahre. In dem verhültniss 
der plebiscita ist damit nichts geändert. Dies geschieht erst durch 
eine ler Valeria Horatia von 4194?) ut, quod tributim plebes 


88) Liv. II, 56, 2 ut plebei magistratus tributis comitiis fierent. 

39) Liv. II, 57, 4 App. Claudius klagt graviores leges accipi, quam 
in sacro monte acceptae sint. 

40) Liv. III, 31, 1; 82, 7. . 

41) Liv. III, 82, 7. Cic. pr. Tull. 47. 

42) Liv. III, 55, 3. 


Die tribut - comitien. 91 


iussisset, populum teneret. Auch bei dieser sehen wir vorerst vom 
weiteren inhalt ganz ab und halten nur das eine fest, dass die 
plebiscita hierdurch ein staatlich anerkanntes ding werden. Noch 
muss besonders hervorgehoben werden, dass dies gesetz selbst kein 
plebiscit, sondern eine regelmässige lex centuriata ist, dass also 
nicht durch einen nothbehelf, soudern auf ganz legale weise die 
plebiscita jetzt in das rümische staatswesen eingefügt werden und 
bestimmte competenz erhalten. So erfahren wir aus der überliefe- 
rung bestimmt genug, wie die tribut-comitien den gesetzlichen bo- 
den gewonnen haben, den wir ihnen weil jedes halts entbehrend 
vorher nicht vindiciren konnten. 

Wir müssen nun zunächst die frage nach der stellung der 
nicht-plebejer zu den tribut-comitien beantworten und dabei das 
rechtliche und factische verhältniss unterscheiden. Von einem ge- 
setzlichen rechtsverhältniss kann bis zu dem zeitpunkte nicht die 
rede sein, bis zu dem die tribut-comitien überhaupt gesetzlich nicht 
bestanden. Dass damals oder später die sache gesetzlich geordnet, 
über das stimmrecht in diesen comitien eine gesetzliche bestimmung 
getroffen worden sei, ist nirgends überliefert und muss bezweifelt 
werden. Etwas anders ist es, wenn wir nach dem natürtichen 
rechtsverhältniss, nach der rechts-idee der einrichtung fragen. 
Diese ist von den römischen juristen richtig gefasst und scharf be- 
zeichnet 49) Wir haben es mit einer reinen schöpfung der plebs 
zu thun, hervorgegangen aus deren sonderung, fortgebildet um 
die errungenschaften der secession zu sichern und auszubeuten, 
legitimirt um die beamten der plebs zu wühlen und weiter um be- 
schlüsse zu fassen, die nicht bescblüsse des gesammtvolkes sind. 
Den vorsitz führen die tribunen der plebs, die corporation heisst 
fort und fort plebs, ihre beschlüsse plebiscita in scharfem gegen- 
satze zu den populiscitis, ihr ausschliesslich steht der alte und 
streng officielle name concilium plebis zu, welcher eine geschlossene 
sonderversammlung bezeichnet. So schliesst die rechts-idee die 
nicht-plebejer aus. Wie stellt sich das verhältniss factisch? Wir 
müssen den standpunkt der patricier und clienten unterscheiden. 


43) Gaius I, 3 — plebiscitum est, quod plebs iubet atque constituit. 
— plebis autem appellatione sine patriciis ceteri cives. significantur : 
Laelius Felix bei Gell. XV, 27 is, qui non universum populum, sed 
partem aliquem adesse iubet, non comitia, sed concilium edicere debet. 
tribuni autem neque advocant patricios. 


92 Die tribut -comitien. 


Die patricier, welche die legitimität der neuen versammlungen be- 
stritten und nur gezwungen einräumten, mussten für ihre eigne 
person das stimmrecht verschmähen und konnten seiner entrathen, 
weil sie bei der abstimmung wegen ihrer geringen zahl doch nicht 
ins gewicht gefallen wären. Ebenso mussten die tribunen ihnen 
nicht blos das stimmrecht, sondern auch den zutritt versagen, da- 
mit sie nicht störten und beeinflussten. Anders steht es mit den 
clienten. Für sie mussten die patricier selbst, wenn denn einmal 
‚gestimmt ward, das stimmrecht beanspruchen, um einfluss zu üben. 
Und die tribunen konnten es nicht immer für klug halten, sie aus- 
zuschliessen, sondern mussten mehr danach trachten, sie von ihren 
patronen ab und zu der menge herüberzuziehen. Auch schwand 
die scharfe grenze zwischen plebejern und clienten mehr und mehr, 
so dass der ausschluss nicht mehr möglich war. Mit diesen aus 
der sache sich ergebenden erwägungen stimmt die überlieferung. 
An den stellen, an welchen von einem ausschluss der patricier die 
rede ist“), kann man nur zweifeln, ob sie vom stimmrecht, oder 
von dem zutritt ausgeschlossen werden sollen. Letzteres schliesst 
ersteres ein; und damit ist die sache entschieden, 

Die gelehrten, welche diese ansicht theilen, glauben grossen- 
theils 4°), dass seit dem decemvirat eine gesetzliche veränderung ein- 
getreten sei, dass damals die patricier das feblende stimmrecht er- 
hielten. Für diese annahme fehlt es an jedem beweise. Der ge- 
danke der plebs und der plebiscite, die erklärungen dieser begriffe 
bei den juristen gelten für die folgezeit erst recht. Aber sachlich 
wird manches anders. Indem die clientel durch das landrecht ibre 
staatsrechtliche bedeutung verliert, gehen die clienten in die plebs 
auf. Die zahl der patricischen geschlechter und geschlechtsange- 
hörigen wird immer geringer. Die stimmmenge des populus und 
der plebs sieht kaum verschieden aus, Die missachtung und ab- 
neigung gegen das concilium plebis bleibt bei den patriciern die 
alte. Bei der decemviralgesetzgebung wird dasselbe, ebenso wie 
das volkstribunat selbst zwar nicht beseitigt, aber soviel als mög- 
lich vergessen. Denn eine neue bedeutung erhält es erst durch 
das erzeugniss der nachfolgenden secessio, durch die lex Valeria 


44) Liv. II, 60, 5 und 56, 10. Dion. IX, 41. 


45) Niebuhr R.{G. I, p. 439 f.; Becker II, 1, p.176; Marquard II, 
9, p. 117; Peter Epoch. p. 41 f. u.s. w. 





Die tribut-comitien. 93 


Horatia über die plebiscita. So ist bei dem schweigen der über- 
lieferung nicht anzunebmen, dass in der sache etwas geändert 4°) 
und gesetzlich geordnet worden sei. 


III. Plebiscite. 


Um ferner zu erfahren, welche rechtliche wirkung und be- 
deutung die plebiscita im laufe der zeit erhielten, kommen wir zu 
dem inhalt dreier wichtiger und viel besprochener gesetze, welche 
durch die centurien ordnungsmässig beschlossen wurden. Das erste 
ist die schon erwähnte lex Valeria Horatia von 449, welche nach 
Liv. III, 55, 6 bestimmte, ut quod plebes tributim iussisset, popu- 
lsm teneret. Für den sinn dieser bestimmung lässt sich zunächst 
negativ feststellen, dass durch dieselbe die plebiscita den leges nicht 
gleichgestellt wurden. Denn dies geschah nach den besten zeug- 
nissen erst später, erst durch das dritte der hier zu besprechenden 
gesetze, die lex Hortensia, Auch widerspricht dem nicht nur der ver- 
lauf der geschichte, sondern auch die einfache erwägung, dass selbst, 
was der populus centuriatim beschloss, damals ein gesetz nicht 
war, sondern zu seiner gültigkeit der nachfolgenden patrum aucto- 
ritas bedurfte. Es kann also nur etwa an eine gleichstellung der 
plebiscita mit den populiscitis gedacht werden. Und dies war un- 
zweifelhaft absicht und meinung derer, die dieses gesetz errangen. 
Wie was der populus centuriatim beschloss den populus band, so 
sollte fortan auch was die plebes tributim beschloss den populus 
binden. Das populiscitum aber band nur, wenn es durch die pa- 
trum auctoritas gesetzeskraft erhielt; so bedurfte auch das plebi- 
scitum der sanction der patres, um gesetz zu werden. War es 
nun wirklich dem populiscitum gleichgestellt? Keineswegs, Denn 
wäbrend der entscheid der patres einem populiscitum 47) in gesetz- 
licher ordnung selbstverständlich zu erbringen war, und dabei nur 
die formelle seite, die gesetzlichkeit des zustandekommens zu prü- 
fen war; so standen die patres dem plebiscitum gegenüber voll- 
ständig frei da, sie konnten es auf den inhalt prüfen und danach 
acceptiren oder verwerfen, sie konnten es aber auch ganz ignoriren. 
So kommen wir auf unsern alten standpunkt zurück : die gesetz- 
lichen plebiscita nach der lex Valeriu Horatia, wie die ungesetzli- 


46) So Mommsen, R. F. p. 177 ff. 
47) Vgl. Mommsen, R. F. p. 240 ff. 





96 Die tribut-comitien. 


paires, nicht der vorsitzende magistratus gebunden werde. Der 
populus konnte für seine wahl gerichtlich nicht verantwortlich ge- 
macht werden, der vorsitzende war es nach dieser auslegung nicht. 
Also ward die patrum auctoritas für jene wahlen ertbeilt, die lex 
de imperio genehmigt. Die lex Publilia nun, welche an stelle des 
wortes populus die gesammtheit der einzelnen, omnes Quirites setzte, 
schloss solche erklärung aus und machte den vorsitzenden magistrat 
als privatperson verantwortlich. So mochte es kommen, dass von 
jetzt ab die legitimirten plebiscite gesetzeskraft behaupteten. 

Dagegen wird den einfachen plebiscitis auch ferner bis zur 
lex Hortensia von den patriciern, d.h. genau genommen von den 
berufenen auslegern der gesetze, den damals noch ganz patricischen 
pontifices, die gültigkeit bestritten, und das zustandekommen neuer 
plebiscita mit gesetzeskraft hat die früheren schwierigkeiten. Dies 
zeigen geschichte und inhalt°®) der lex Ogulnia von 300. Das 
neue legitimirte plebiscit erschliesst den plebejern den zutritt zu 
den beiden collegien der pontifices und augures, welche für gesetz- 
gebung und gesetzauslegung von so grosser bedeutung sind. Nicht 
der senat ist es, der hier widerstand leistet; vielmehr sind die ge- 
wiss schon recht zahlreichen plebejischen senatoren die hauptförde- 
rer des gesetzes. Nur die patricischen senatoren sind die wider- 
sacher, das heisst die patres verweigern die auctoritas. 

Wir kommen nun zur lex Hortensia von 286, zu jenem drit- 
ten und wichtigsten gesetze, welches die plebiscite den gesetzen 
gleich machte. Wie ward dies erreicht? Der wortlaut us ple- 
biscita universum populum tenerent®®) oder ut quod ea iussisset, 
omnes Quirites teneret 5°) oder ut co iure, quod plebes statuisset, 
omnes Quirites tenerentur 6!) scheint nur den inhalt der lex Valeria 
Horatia von 449 oder der lex Publilia von 339 za wiederholen. 
Man hat erkannt, dass dasjenige nicht ausgesprochen wird, was 
diesem letzten gesetze den andern fast gleichlautenden gegenüber 
die entscheidende bedeutung giebt. Seit Niebuhr herrscht die an- 
sicht, dass eine hemmende bestimmung beseitigt worden sei, und 
so lässt man wohl die lex de imperio, oder die senatus auctoritas, 


58) Liv. X, 6, 3 ff. 

59) Gajus Inst. I, § 3. 

60) Plin. H. N. XVI, 10, 37. 
61) Gell. NA. XV, 27. 


Die tribut - comitien. 95 


auctoritas gewiss. Diejenigen plebiscita dagegen, welche die pa- 
trum auctoritas nicht erhielten, wurden auch nicht gesetze. Von 
der art sind die beschlüsse °?), welche gegen den willen des senats 
einem imperator den triumph gewährten. Diese hatten faktischen 
erfolg. In andern fällen 5?) wird er gefehlt haben, und so sind 
die meisten vergessen. 

Aber auch die zum gesetz gemachten plebiscita wurden igno- 
rirt, wie dies die consulnwahlen 94) von 354, 353, 351, 349, 345 
und 343 beweisen, welche die licinischen gesetze verletzten. Dies 
führte zu den leges Publiliae von 339. Sie verfolgen verwandte 
zwecke. Das eine verschafft der plebs die eine censorenstelle, das 
andere ist gegen die paires auctores gerichtet, deren recht den 
centuriat-gesetzen gegenüber zur form gemacht wird °°) (ut legum, 
quae comitiis centuriatis ferrentur, ante initum suffragium patres 
auctores fierent), und endlich dasjenige, welches hierher besonders 
gehört, betrifft die plebiscita, scheint also mit den erwähnten vor- 
fällen in beziehung zu stehen und den plebejern das recht am con- 
sulat sichern zu sollen; welcher zweck auch erreicht ward 59). Es 
bestimmte nach Livius, ut plebiscita omnes Quirites tenerent. Eine 
blosse auffrischung der lex Valeria Horatia kann das nicht sein, 
denn ein gesetz wird dadurch nicht aufgefrischt, dass man es von 
neuem giebt, sondern einfach dadurch, dass man es anwendet. Der 
wortlaut beider ist nicht derselbe. Der ausdruck populus in der 
Valeria Horatia giebt, wenn man deuten will, der deutung rauın, 
dass der als populus bezeichnete politische factor, (z. b. die comitia 
centuriata) gemeint sei?"). So konnten die patricier interpretiren, 
dass durch ein plebiscitum , welches wie das licinische zum gesetz 
geworden war, zwar der populus, aber nicht der senatus, nicht die 


52) Liv. III, 63, 8; VII, 17, 9. 

53) Von der art ist vielleicht der fall Liv. VII, 42, 2. 

54) Liv. VII, 18, 10 u. s. w. 

55) Liv. VIII, 12, 14 — 16. 

56) Zwei vergebliche versuche veranstaltet App. Claudius Caecus 
(s. Liv. X, 15, 8 u. Cic. Brut. 14) contra legem, wie Cicero sagt. 

57) Dies konnten allerdings auch die plebejer in ihren vortheil 
wenden, denn darin würde liegen, dass niemals einem plebiscitum ein 
populiscitum irrogirt werden durfte, dass also ein plebiscit durch ein 
centuriatgesetz nicht aufgehoben werden konnte. Und diesen weg 
hat, soviel wir wissen, die patricische partei in den ständischen käm- 
pfen nie betreten. Es ist immerhin auffallend, dass zwei neben ein- 
anderstehende gesetzgebende versammlungen in eigentliche collision 
mit einander nie gebracht worden sind. 


98 Die tribut - comitien. 


durch die patrum auctoritas leges, wie die überlieferung sie in 
correcter weise stets nennt: Inst. I, 2, 2, 4: sed et plebiscita 
lege Hortensia lata non minus valere quam leges coeperunt. Das 
heisst nicht sowohl durch die lex Hortensia, als nach der lex Hor- 
tensia begannen auch die einfachen plebiscita wie die gesetze 
zu gelten. Gaius 9) definirt in der schon oben angeführten stelle 
die begriffe des plebiscitum und der plebs gegenüber den begriffen 
der lex und des populus und sagt: plebis autem appellatione sine 
patriciis celeri cives significantur, unde olim patricii dicebant ple- 
biscitis se non teneri, quia sine auctoritate eorum facta 
essent. donec lex Hortensia lata est, qua cautum est, ut —. 
Dass die patricier die wirkung der plebiscita auf sich selbst be- 
stritten hätten, weil sie nicht zur plebs gehörten, scheint nur eine 
eigne vermuthung des schriftstellers und ist ein irrthum, da die 
oben besprochenen, längst geltenden gesetze, besonders die Publiliu 
von 339, diesen einwand unbedingt ausschlossen. Welche geltung 
die plebiscita auch hatten, sie war für alle bürger dieselbe. Der 
nachfolgende grund aber für die meinung der patricier ist offenbar 
alte überlieferung. Ohne berücksichtigung der sachlage könnte 
man verstehen wollen, die patricier hätten bis zur Hortensia allen 
plebisciten anerkennung verweigert, weil sie alle ohne patrum 
auctoritas zu stande gekommen wären. Aber diese auffassung wäre 
irrig. Denn die Canuleja, die Ogulnia, die Publilia von 471, die 
Liciniae hatten nicht nur faktisch volle geltung, sondern waren 
auch von den patriciern selbst nach langen kämpfen angenommen 
und anerkannt worden. Nun geht aber allerdings aus jenen wor- 
ten hervor, dass die patricier zur gültigkeit eines gesetzbeschlusses, 
auch eines plebiscitum, die patrum auctoritas für nothwendig erach- 
teten. Und darin waren sie im recht, bis es geändert war. Also 
müssen einst jene von ihnen anerkannten plebiscita die patrum 
auctoritas erhalten haben. Dann waren sie nach patricischer an- 
schauung nicht mehr einfache plebiscita, sondern leges. Aber ein- 
fache plebiscita erklärten noch damals die patricier für ungültig, 
weil sie die patrum auctoritas nicht erlangt hätten. Es kam zur 
dritten secessio der niederen plebs wegen socialer noth- 
stinde®), Nicht jene alten legitimirten plebiscita, welche den 


64) Inst. I § 3. 
65) Liv. Epit. XI propter aes alienum. 


Die tribut - comitien. 99 


vornehmen plebejern die ehrenstellen sicherten, waren gefährdet. 
Die menge forderte die freiheit zu beschliessen, was sie wollte. 
Ein plebejischer dictator begütigte sie auf kosten der patricier mit 
befreiung der einfachen plebiscita von patricischer bevormundung 
und prätension. Genauer wissen wir nicht, wie durch die lex 
Hortensia dieser erfolg erreicht ward, ob etwa der ausdruck legibus 
exaequata sunt irgendwie aus der formel der lex entnommen ist. 
Wir müssen uns damit begnügen, dass fortan die plebiscita den 
leges gleich waren. 

Die frage nach der politischen bedeutung der plebiscita in den 
verschiedenen stadien ihrer entwicklung ist hier nur kurz zu be- 
rühren. Für die älteste zeit ist die gefährlichkeit der beschlüsse 
einer sonderversammlung nicht zu verkennen, welche die bürger- 
schaft spaltet. Sie wächst, jemehr sie gesetzlichen boden gewinnen, 
aber sie verschwindet, insofern seit der decemviral-gesetzgebung 
die clienten in die plebs aufgehen, und die stimmmenge der plebs 
von der des populus sich bald factisch nicht mehr unterscheidet. 
Aber eine andere gefahr entsteht. Wie war es möglich, dass die 
demokratischen tribut -comitien, seit dem augenblicke, wo sie das 
volle recht der gesetzgebung hatten, den staat nicht schnell zur 
demokratie umbildeten, zumal da vielleicht durch eben ihren einfluss 
nieht lange darauf (nach der wahrscheinlichsten ansicht) auch die 
centuriat-comitien nach der demokratischen seite hin reformirt wur- 
den? Wir erhalten die antwort, dass die regierende partei, jetzt 
die patricisch-plebejische nobilität, mehrfache mittel der beeinflussung 
gebrauchte. Das erste ist die beeinflussung der stimmenden selbst, 
die allerdings in diesen comitien schwerer war, als in den centuriat- 
comitien, weil man in letzteren die kraft auf die an kopfzalıl nicht 
so starken centurien der vberen classen concentriren konnte. Wie 
sehr sie bei beiden geübt wurde, beweisen besonders die leges ta- 
bellariae 5), welche den sturz der aristokratie einleiteten. Das 
zweite war die beeinflussung der vorsitzenden und durch die vor- 
sitzenden. Nicht nur einzelne tribunen werden durch die inter- 
cession der collegen gebändigt, sondern die ganze plebejische ma- 
gistratur tritt gewissermassen in den dienst des senates. Die ädi- 
lea durchaus, welche bald den curulischen ädilen näher stehen als 


65) Cic. de Leg. III, 35. 
7 * 





100 Die tribut - comitien. 


den tribunen. Aber auch die tribunen werden in der periode der 
herrschenden nobilität gleichsam in die beamtenreihe einrangirt 9"). 
Mit der staatlichen anerkennung, welche die plebejischen comitien 
erlangten, wurde ihnen drittens auch ein theil wenigstens jenes 
apparats6®) gewährt oder aufgedrängt, der scheinbar der sache 
weihe und nachdruck gab, in wahrheit eine handhabe war, um 
missliebiges zu verhindern; ich meine die auspicien. Besonders 
waren die ler Aelio und die lex Fufin9?) über die obnuntiation 
auch gegen die tribut - comitien gerichtet. Der wichtigste punkt 
aber ist das senatus consultum. Wenn wir auch daran festhalten 
müssen, dass dasselbe ein nothwendiger factor der gesetzgebung 
nicht gewesen ist, so ist doch ebenso gewiss, dass wie seit alter 
zeit allen rogationen, die an den populus gebracht wurden, ein se- 
natus consultum nach festem usus voranging, so während der herr- 
schaft der nobilität auch die volkstribunen regelmässig erst nach 
einem vorbeschluss des senats “°) ihre rogationen an die tribut - co- 
mitien brachten. In seltenen fällen ward es unterlassen”), Und 
wirklich verlor trotz der lex Hortensia das plebiscit an garantie, 
wenn der senat dawider war, weil derselbe einen weg fand, gleich- 
sam als ersatz der untergegangenen function der gesetzeswüchter, 
auf grund einiger allgemeinen gesetze (z.b. der Aelia, Fufia, Cae- 
cilia Didia) unliebsame plebiscita (so die rogationen des Drusus) 
durch decret zu beseitigen ??). Dagegen will die massregel des 
Saturninus schützen, der den gesammten senat zwang, sein gesetz 
binnen fünf tagen zu beschwören °°). Dasselbe ward bei der Gabinia 
und Manilia’*) wiederholt. Es ist dies indess nicht als eine neue 
einrichtung, sondern als ausnahmeverfahren für den gerade vorlie- 
genden fall zu betrachten 5); eine merkwürdige analogie mit dem 
verhältniss vor der lex Hortensia, wo auch für jeden besonderen 
fall zur gewährleistung der wirkung eines plebiscits die patrum 
auctoritas errungen werden musste. 


67) Vgl. Mommsen R. St. I, p. 453 f. 

68) Zonaras VII, 19. 

69) Cic. in Vat. 7, 18; in Pis. 4, 9 und sonst. 

70) S. die stellen bei Marq. II, 3, 118, anm. 464 — 466. 
71) Liv. XXI, 68; XXXIV, 1—8. Cat. mai. 4, 11. 

72) Cic. pro Corn. Asc. p. 67; de domo 15, 40; 16, 41. 
78) Appian. b. civ. I, 29. Plut. Mar. 29; Cat. min. 82. 
74) Cass. Dio XXXVIII, 20. 

75) Anders Peter epochen p. 110. 





Die tribut - comitien. 101 


Die plebiscita wurden durch die gesetze Sullas, welche das 
ius agendi der tribunen betrafen, faktisch beseitigt, durch die re- 
stauration des tribunats wieder ins leben gerufen. Gesetzlich ist 
an ihrer competenz seit der lex Hortensia nichts geändert. 


IV. Andere art. 


Wir haben mit dem, was bis jetzt über tribut-comitien gesagt 
ist, den umfang ihrer bedeutung nicht erschöpft; wir begegnen 
vielmehr noch einer form dieser versammlung, welche von der bis- 
her beschriebenen weitaus verschieden ist. Das nächste und deut- 
lichste kennzeichen dieser tribut-comitien ist dies, dass patricische 
magistrate, d. h. magistrate der gesammtgemeinde, des populus, ge- 
wöbnlich consuln und prätoren in ihnen den vorsitz führen. Die 
entstehung derselben ist fast noch mehr verdunkelt und der zeit 
nach ungewisser, als wir es bei den oben besprochenen fanden. 

Wir beginnen mit den acten, welche diesen tribut - comitien 
gesetzlich zustanden, und können ganz allgemein nennen die wahl 
der magistratus minores im weiteren sinne 79). 

Unter ihnen sind die quaestores 7) die ältesten. Wir wissen 
aber nicht, seit wann sie in tribut-comitien, ja überhaupt seit wann 
se gewählt wurden. Es stehen die nachrichten bei Plutarch 7°), 
der durch Valerius Poplicola quästoren für das ärar wählen lässt, 
tod bei Tacitus '?), der dasselbe erst 447 geschehen lässt, einander 
gegenüber. Beide nennen die namen der ersten quästoren, deren 
gkiche anfangsbuchstaben (Veturius Publius -Minucius Marcus; Va- 
krius Potitus - Mamilius Mamercus) verdächtig aussehen. Livius 
wd Dionysius wissen davon nichts. Wenn zu erweisen wäre, dass 
die quästoren bis 447 von den oberbeamten ernannt 8°) und nicht in 
ceaturiat-comitien gewählt wurden (andere scheinen mir nicht denk- 
bar) — für ersteres aber und gegen letzteres spricht ihre niedrige 
sellung den früher und später gegründeten ämtern gegenüber —, 
so wäre mit ziemlicher gewissheit anzunehmen, dass gleich 447 
ihre wahl den tribut-comitien übertragen ward. Diese älteste bis 


76) Gell. XIII, 15. Cic. leg. agr. II, 7, 17. 
77) Cie. ad fam. VII, 30; in Vat. 5, 11. 
78) Plut. Popl. 12. 

79) Tac. Ann. XI, 13. 

80) Mommsen R, St. II, 1, p. 492 ff. 


102 Die tribut - comitien. 


nahe an das decemvirat führende spur ist aber leider nicht ganz 
sicher. 

Als die nächsten der zeit nach und als die vornehmsten kom. 
men die acdiles curules in betracht. Auch sie wurden später in 
tribut-comitien unter vorsitz der consuln gewühlt?!), und es ist 
nicht erweislich, dass es je anders gewesen, sodass wir mit ziem- 
licher sicherheit auf das jahr 367 °?) geführt werden. Denn sicher 
besteht die neue verwendung der comitien bereits im jahre 362, 
da seitdem ®°) tribuni militum (anfangs sechs) vom volke gewählt 
werden. Der niedrige rang dieser blos militärischen beamten, im 
gegensatz zu dem der tribuni militum consulari potestate, die in 
centuriat-comitien gewählt wurden, beweist genug. Da für ibre wahl 
die neue einrichtung schwerlich geschaffen wurde, so dürfen wir 
auch auf das jahr der curulischen ädilen mit gewissheit zuriickgehen. 

Ausser den wahlen der magistratus minores stand auch rich- 
tende gewalt (iudicia) diesen tribut-comitien zu. Die curulischen 
ädilen besassen eine ähnliche jurisdiction, wie die plebejischen, und 
hatten im falle der provocation die sache vor den tribut - comitien 
zu führen. Dass sie eine versammlung hätten leihen müssen, wie 
die volkstribunen vom praetor urbanus die centuriat-comitien, davon 
wird nirgends berichtet. Dagegen lassen die worte des Messalla 
bei Gellius 5*) erkennen, dass auch magistratus minores in gewissen 
fällen (nur für die jurisdiction) das recht hatten comitien zu beru- 
fen, also vornehmlich die curulischen ädilen *). Die tribut-comitien, 
welche sie als patricische beamten halten, sind hiernach diejenigen, 
von denen hier die rede ist. Dies führt uns ebenfalls bis aufs 
jahr 367 zurück. Auch der pontifex maximus hatte jurisdiction 35) 
und zu dem zweck das recht tribut-comitien zu halten; ohne zwei- 
fel die hier in rede stehenden. | 

Endlich sind in den tribut-comitien unter vorsitz von consuln 
und prätoren gesetze beschlossen worden. Ganz sichere zeugnisse 
giebt es wenige und fast nur aus später zeit?") ^ Doch ist dies 


81) Liv. IX, 46, 11; XXV, 2, 7; Cic. ad Att. IV, 3. 

82) Liv. VI, 42 u. VII, 1. 

83) Liv. VII, 5, 9. 

84) Gell. XIII, 15. 

85) Vgl. Mommsen R. St. I, p. 146. 

86) Liv. XL, 42. 

87) Marg. R. A. II, 3, p. 128. Mommsen R. St. II, 1, p. 113. 


Die tribut - comitien. 103 


nicht zu verwundern, da die schriftsteller selten grund haben den 
vorsitzenden und die art der comitien zu bezeichnen, solche andeu- 
tungen also ganz zufällig sind. Man hat aber wohl mit recht an- 
genommen, dass die prätoren ihre rogationen immer an diese co- 
mitien zu bringen hatten. Ein besonders glücklicher zufall hat uns 
aber doch eine alte nachricht °°) erhalten, die ebenso sonderbar als 
sicher ist, Im jahre 357 hat der consul Cu. Manlius bei Sutrium 
im lager in tribut-comitien ein gesetz rogirt. Es ward durch pa- 
trum auctoritas anerkannt, wie ausdrücklich berichtet wird, und 
nur das abhalten von comitien fern von Rom (populum  sevocare) 
ward durch ein plebiscit für die zukunft verpónt. Dies sind die 
wichtigsten nachrichten, welche wir besitzen. 

Das wesen dieser einrichtung wird uns durch dasjenige mo- 
ment bezeichnet, welches zweifellos feststeht. Aus dem vorsitz der 
consuln, prütoren, aus der wahl der magistratus minores, sowie aus 
der sonstigen terminologie geht hervor, dass diese tribut- comitien 
ein comitiatus des populus 8°), der patricisch-plebejischen gesammt- 
gemeinde, und nicht der plebs sind, dass also der idee nach alle 
stimmfahigen bürger, auch die patricier in ihnen stimmrecht haben. 

Hiernach lassen sich die motive der neuerung wohl vermuthen. 
Das nächstliegende ist ohne zweifel die bequemlichkeit dieser co- 
mitien dem höchst schwerfälligen mechanismus der centuriat-comitien 
gegenüber. Letztere beschränkte man daher auf die wahlen der 
höchsten beamten, überhaupt auf die wichtigsten staatsacte, insofern 
sie immer die comitia gravissima blieben. Wo dagegen weniger 
auf die entscheidung ankam, bei der wahl aller magistratus minores, 
die ja dem befell der oberbeamten unterworfen waren, bei der 
nichtpeinlichen rechtspflege, bei unwichtigeren gesetzvorlagen °°), 
dienten die viel bequemeren 35 tribusabtheilungen, die comitia le- 
viora®!). Damit erreichte man ohne viel zu wagen den weiteren 
zweck der menge eine populäre versammlung zu bieten. Die haupt- 
sache aber war: durch schaffung einer analogen verfassung der 
gesammtgemeinde zog man auch die plebejischen comitien mehr 
und mehr in den ganzen schematismus des römischen staatswesens 


88) Liv. VII, 16, 7. 

89) Mommsens ansicht. Vgl. bes. R. F. p. 151 — 166. 
90) Mommsen, R. St. II, 1, p. 112. 

91) Cie. pr. Planc. 3, 7. 


104 Die tribut - comitien. 


hinein °°). Denn ein solches bestreben die abnormen erzeugnisse 
der inneren kämpfe dem ganzen harmonisch zu machen ‘zeigt sich 
ja, seitdem die plebejischen adelsgeschlechter sich mit den patricieru 
verständigt und an der herrschaft antheil erlanget haben, auf allen 
möglichen gebieten. 

Unklar aber bleiben uns die näheren umstände der entstehung. 
Wir wissen nichts von irgendwelchen gesetzesbestimmungen, welche 
diese art von tribut-comitien gründeten, und dieses schweigen un- 
serer überlieferung über eine so wichtige sache aus einer doch 
immerhin schon helleren zeit scheint mir so auffallend, dass ich die 
existenz eines solchen gründungsgesetzes nicht anzunehmen wage”), 
sondern geradezu bezweifle. Auch ist es ja evident, wie wenig 
schwierigkeiten nach römischem staatsrecht die einführung solcher 
neuerung hatte. Wenn schon die competenzen der curiat-comitien 
einst auf die centuriat-comitien übertragen worden waren, so konnte 
viel leichter an solchen competenzen den tribut-comitien antheil ge- 
geben werden, welche dieselbe bürgerschaft wie die centurien um- 
fassten, wenn man sie nur als einen comitiatus des populus, der 
gesammtgemeinde, anerkannte. Denn das war die hauptsache, dass 
der populus beschloss; die form, in der er beschloss, kam staats- 
rechtlich erst in zweiter reihe in betracht. Wenn nun zumal die 
form der tribut-comitien in viel bedenklicherer weise, als ooncilium 
plebis, schon existirte, so ergab sich ihre verwendung in der nor- 
maleren weise als comitiatus populi so zu sagen von selbst. Fak- 
tisch war die versammlung dieselbe; denn es ist natürlich ebenso- 
wenig ein gesetz gegeben, dass die wenigen patricier in tribut-co- 
mitien des populus stimmrecht haben sollten, als jemals ein gesetz 
gegeben worden ist, dass sie in den tribut-comitien der plebs kein 
stimmrecht haben sollten. Beides lag nur in der rechtsidee. Der 
faktor aber, in dessen hand es lag kraft seines uralten rechts 
solche neuerungen zu legitimiren, waren die gesetzeswächter d. h. 
die patres auctores. 

Das einzelne bestätigt diese anschauung. Um die wahl dieser 
oder jener magistratus minores den tribut-comitien zu übertragen, 
bedurfte es höchstens eines specialgesetzes, ja vielleicht nur eines 

92) Die schöpfung der curulischen ädilität neben der plebejischen 


hat durchaus denselben sinn. 
93) Ebenso oben p. 87. 





Die tribut - comitien. 105 


senatus consultum %). Diese tribut-comitien waren alsdann selbst- 
verständlich wegen der qualität der in ihnen erwählten beamten 
und des mit der sache beauftragten vorsitzenden comitien des po- 
pulus, wenn man auch, ebenso wie in den erhaltenen gesetzen über 
die plebejischen tribut-comitien, einfach von einer wahl tributim 
oder tributis comitiis sprechen mochte”). Auffallend ist die nach- 
richt bei Gellius NA. XIII, 15 minoribus creandis magistratibus tributis 
magistratus comitiis, sed iustius curiata datur lege. Diese nach- 
richt wird bezweifelt, insofern magistratus minores kein imperium 
haben. Aber es waren ohne zweifel in der lex curiata de imperio, 
welche beim amtsantritt der consul maior für sich und die collegen 
(prátoren eingeschlossen) rogierte, alle ordentlichen magistrate der 
gesammtgemeinde erwähnt °°), Ist dies richtig, so erfahren wir 
voa Gellius, dass die wahl in tribut-comitien nicht recht für voll 
galt, dass erst die ler curiata, mit der ja auch eine patrum aucto- 
rites verbunden war, nach strenger auffassung die beamten instal- 
lite Damit stimmt der ausdruck comitia iusta für die comitia 
centuriata 9"). 

Wie die gerichtsbarkeit der. plebejischen tribut- comitien und 
ädilen durch die schópfung der curulischen ädilität auf die tribut- 
comitien der gesgmmtgemeinde sich ausdehnte, ist einleuchtend. Ei- 
genthümlich aber ist der umstand, dass wenn es sich um rechtspre- 
chende comitien handelt, der terminus populus auch auf die plebe- 
jischen tribut-comitien, welche die aediles pl.°®), ja auch welche 
die tribuni plebis??) halten, übertragen ward, dass man immer sagt 
ad populum provocare, ad populum accusare (diem dicere), dass 
stets nur judicia populi genannt werden. Diese vermengung der 
begriffe, welche die nahe beziehung beider versammlungen zeigt, 


94) Liv. VI, 42, 14 factum senatus consultum, ut duoviros aediles 
ez patribus dictator populum rogaret. 

95) Liv. II, 56, 2; III, 55, 3. 

96) Vgl. Tac. Ann. XI, 18 die lex curiata a Bruto repetita, welche 
von den quaestores sprach. Ferner Cic. Phil. II, 20, 50. — Quaestor 
factus deinde sine senatus consulto , sine sorte, sine lege ad Caesarem 
cucurrists. Marq. II, 3, p. 188 anm. meint, in der lex de imperio des 
proconsul Caesar müsste von seinen quästoren die rede gewesen sein. 
Auf diese kommt es nicht an, sondern auf die lex der jahresconsuln, 
die Antonius nicht abgewartet hat. 

97) Cic. post red. in sen. 11, 27. 

98) Liv. XXV, 29; XXXIII, 42, 10. 

99) Liv. XLIII, 7, 8; 11, 9. (II, 54, 4; 61, 5). Val. Max. VI, 5, 2. 


106 Die tribut - comitien. 


widerspricht der annahme, dass besondere tribut-comitien des popu- 
lus durch ein gesetz constituirt worden seien. 

Was die gesetzgebung anlangt, so giebt uns der entwickelungs- 
gang der plebejischen tribut-comitien auch für die patricisch-plebe- 
jischen auskunft. Allerdings liegt es näher für letztere die ana- 
logie bei den übrigen versammlungen des populus, besonders bei 
den centuriat-comitien zu suchen; und ohne zweifel wurde von die- 
sen alles, was nicht auf ihren ursprünglich militärischen charakter 
bezug hat, auf jene übertragen. Wurden doch auch die wahlen 
der niederen magistrate und vielleicht nicht erst in spüterer zeit 
auf dem marsfelde gehalten!??) Besonders ging das, was dem. 
vorsitzenden anhaftete, auf die tribut- comitien über. Doch wird 
ausdrücklich erwühnt, dass für tribut-comitien die auspicien anders 
gehandhabt wurden, als für centuriat-comitien 19°), 

Wegen der patrum auctoritas möchte man geneigt sein, ohne 
weiteres Th. Mommsen !??) beizupflichten, dass eine solche sich den 
beschlüssen dieser comitien, als einer versammlung des volkes selbst- 
verständlich anschloss. Doch zwei ganz gewichtige zeugnisse, die 
durchaus formelfesten ausdrücke bei Livius und Cicero!99), welche 
nur von einer patrum auctoritas bei den centuriat- und curiat- co- 
mitien wissen, widersprechen dem bestimmt. — Mommsen führt für 
seine meinung die alte oben erwähnte nachricht von den comitien 
im lager bei Sutrium 1%) an, nach welcher die patres einem con- 
sularischen tributgesetz die auctoritas ertheilten. Die nachricht ist 
unanfechtbar, aber sie muss nach dem beurtheilt werden, was wir 
oben über das verhältniss der patrum auctoritas zu den plebisciten 
in jener periode erfahren haben. Wenn die comitia tributa nie- 
mals durch ein staatsgesetz als ein neuer comitiatus populi einge- 
setzt worden sind, so hatten die patres auch jedem ihrer beschlüsse 
gegenüber die volle freiheit, ob sie ihn als echtes populiscitum an- 
erkennen und durch ihre auctoritas verificiren wollten. Dann gilt 
auch für diese comitien dasselbe, was für die plebejischen, dass die 


100) Vgl. Liv. VII, 1, 2 gratia campestri; IX, 46, 11 forum et cam- 
pum corrupit, wo an centuriat-comitien wohl kaum gedacht wird. 
Cic. ad. Att. I, 1, 1. 

101) Cic. ad fam. VII, 30, 1. 

102) R. F. p. 157, 238 u. anm. 27. 

103) Liv. VI, 41, 10. Cic. de domo 14, 38. 

104) Liv. VII, 16, 7 


Die tribut - comitien. 107 


patrum auctoritas niemals als integrirendes stück zu ihrem apparate 
gehörte. Wir wissen nun, dass eine Lex Publilia von 339, welche 
sich nur auf die gesetzesbeschlüsse der centuriat- comitien bezog, 
die patrum auctoritas für diese zur blossen form machte, dass die 
lez Hortensia die patrum auctoritas für die plebiscita ganz besei- 
sigte, Beide gesetze betreffen die hier in rede stehende versamm- 
lung nicht, aber nach ihnen mochte es doch eine faktische unmög- 
lichkeit werden, den populiscitis der tribus die nachtrügliche patrum 
auctoritas aufzuzwingen. Auch bedurfte man ihrer nicht. Standen 
dech die patricischen magistrate ungleich mehr im dienste des se- 
nates als die volkstribunen, sodass die einholung eines senatus con- 
sultum so gut wie sicher und für den erfolg ganz unentbehrlich 
war. Endlich konnte man dieser form der versammlung, wenn 
man wollte, für die gesetzgebung auch ganz entrathen; ja wir 
wissen nicht einmal, wie viel oder wie wenig von derselben ge- 
brauch gemacht worden ist. Wenn also die patrum auctoritas zu 
deu tribut-comitien in dem verhältniss, wie zu den centuriat- und 
curiat-comitien niemals stand, wenn sie auch in der üblichen an- 
wendung nicht nur überflüssig, sondern fast unmüglich geworden 
war, so mag sie auch für die patricisch-plebejischen tribut-comitien 
ganz ausser brauch gekommen sein, so dass sie in der zeit des 
Cicero überhaupt nur noch für die comitia centuriata und curiata 
eingeholt ward. 

Indem wir kurz zusammenfassen, suchen wir den wirkungs- 
kreis der tribut-comitien in ihren verschiedenen formen und im 
verhältniss zu den andern comitien zu bezeichnen. Für die wah- 
len ist die scheidung klar. Wie die centuriat-comitien die wahl 
der consuln (decemvirn, consulartribunen), prätoren, censoren stets 
behaupteten, so verblieb den plebejischen tribut-comitien die der 
plebejischen magistrate, den tribut - comitien der gesammtgemeinde 
die aller übrigen ordentlichen und ausserordentlichen beamten, so- 
weit sie gewählt wurden. Auch die eigenthümlichen comitia sa- 
cerdotum 105), die nicht echte comitien sein wollen, in welchen un- 
ter vorsitz eines pontifex anfangs der pontifex maximus, dann 
auch andere sacerdotes von siebzehn erlosten tribus gewählt wurden, 
sind auf den comitiatus populi zurückzuführen. Für die volksge- 


105) Vgl. Marq. II, 8, p. 139. 


108 Die tribut - comitien. 


richte gilt die alte bestimmung der XII tafeln, welche den centu- 
riat-comitien die peinlichen sachen zuweist, so dass die andern den 
tribut-comitien blieben. Nur zum theil lässt sich dagegen in der 
gesetzgebung die grenze genau bestimmen. Die comitia curiata 
hatten allerdings ihren gesonderten geschäftskreis: die lex de im- 
perio (ausser für die censores) und die inneren angelegenheiten des 
patriciats. Aber die competenzen der centuriat- und tribut-comitien 
sind vielfach gemeinsam. Man kann zunächst nur sagen, dass die- 
jenigen dinge, welche in alter zeit, bevor es tribut-comitien gab, 
der gesetzgebung nothwendig unterlagen, wie die erklärung eines 
angriffskrieges, den centuriat-comitien auch ferner verblieben. 
Sonst haben sich die tribut-comitien überall antheil verschafft und 
vieles haben sie vor jenen voraus erlangt. So scheint es, als ob 
man jenes recht, welches für die patriciergemeinde die curien be- 
sassen, die aufnahme und den ausschluss von geineindeangehörigen, 
für die gesammtgemeinde den tribus überlassen zu haben 1%), Wir 
haben fälle in denen. prátoren, andere in denen tribunen den vorsitz 
führten. Besonders breiten die plebiscite ihren kreis aus, indem 
sie nicht nur das gebiet der centuriat-comitien, sondern auch des 
senats beeinträchtigen, über vertheilung der provinzen, gewährung 
der triumphe 17) u. s. w. ausserordentlicher weise befinden. Ja 
wirkliche schranken überwinden sie. So ward Cicero, den man 
vor centuriat-comitien nicht anklagte, zwar nicht in tribut-comitien 
gerichtet 105), aber durch ein plebiscit zur verbannung genöthigt. 
So werden ausserordentliche heerführer (cum imperio, pro consule, 
selbst pro dictatore) zwar nicht in tribut-comitien gewählt 109), aber 
es wird durch ein plebiscit eine provincia geschaffen und die per- 
son für dieselbe bezeichnet, welche dann durch die ler de imperio 
das commando erhält. So ist der wirkungskreis der plebiscita 
fast unbegrenzt. 

Zum schluss kommen wir zu der fast müssig erscheinenden 
frage, ob es richtiger ist mit Th. Mommsen von patricisch-plebeji- 
schen und plebejischen tribut- comitien als zwei gesonderten arten, 
oder nach alter weise von einer art tribut-comitien zu sprechen. 


106) Marq. II, 8, p. 177. 
107) Marq. II, 3, p. 168 f. 
108) So Marq. p. 153. 
109) So Marq. p. 170. 





Die tribut - comitien. 109 


Anzuerkennen ist, dass die tradition überall nur einfach tribut-co- 
mitien erwähnt. Die obige darstellung hat zu zeigen versucht, 
dass es besondere gesetze über die einrichtung und einführung von 
solchen comitien überhaupt nicht gegeben babe. Unsere erwägun- 
gen also, wie die alten es aufgefasst haben und wie wir es auf- 
fassen und bezeichnen müssen, können nur aus der sache fliessen. 
Nach der rechts-idee nun wie nach der geschichtlichen entwicklung 
sind die hauptbegriffe populus und plebs, denen gegenüber die co- 
mitial-formen erst in zweiter reihe bedeutung haben. Aber die 
entwicklung der römischen verfassung hat nach versöhnung der 
stände dahin geführt, dass die begriffe des populus und der plebs 
sich nicht nur vermischten, sondern absichtlich vermischt wurden. 
Zu diesem zwecke haben ganz besonders die patricisch-plebejischen 
tribut-comitien hingewirkt, die auch abgesehen von der eintheilungs- 
form den centuriat-comitien kaum näher stehen als den plebejischen 
tribut-comitien. Versetzen wir uns in die zeit unserer quellen- 
schriftsteller, so war die stimmmenge des populus und der plebs 
faktisch dieselbe. Der gewöhnliche sprachgebrauch vermengte die 
wörter so, dass plebs die menge im gegensatz zu den vornehmen, 
auch der plebejischen nobilitit, populus die stimmmeüge auch der 
plebejischen comitien bezeichnete. Selbst amtlich ward für die volks- 
gerichte der terminus populus auf die plebejischen comitien über- 
tragen, Die gesetzbeschliessenden corporationen unterschied man 
freilich als populus und plebs, überhaupt blieben diese begriffe den 
rechtsverständigen deutlich. Aber für den gewöhnlichen gebrauch 
ging auch der unterschied von lex und plebiscitum ganz verloren; 
man unterschied nach handgreiflicheren merkmalen leges consulares 
(praetoriae) und tribuniciae. Ebenso pflegte man nach den sicht- 
barsten kennzeichen nicht nur einfach von tribut-comitien gegen- 
über den centuriat- und curiat-comitien zu sprechen, sondern ge- 
wöhnte sich auch sie als eine hauptart anzusehen, welche bei ver- 
schiedenem vorsitz und bei verschiedenen acten einen verschiedenen 
charakter hatte !!°). Weil bei der untersuchung römischer verhält- 
nisse die zeit unserer quellenschriftsteller immer der ausgangspunkt 


110) Man vergleiche den bundessenat der vereinigten staaten, 
wenn er als gesetzgebende versammlung unter vorsitz des vice-präsi- 
denten tagt und wenn er sich. unter dem oberrichter als staatsge- 
richtshof constituirt. 


110 Die tribut -comitien. 


ist, so können auch wir, wie mir scheint, zweckmässig die tribut- 
comitien schlechtweg als hauptkategorie festhalten, müssen aber für 
die richtige würdigung des entwicklungsganges und des rechts- 
verhältnisses die patricisch-plebejischen und die plebejischen als un- 
terabtheilungen scharf unterscheiden. 

Hamm. Hermann Genz. 


Hom. IL Y, 51. 


Nach dem p. 72 und p. 92 gesagten gehe ich zu der be- 
schreibung des benehmens des Ares. Das paxgov dures der Athena ist 
hier zu einem epitheton erweitert, égeuv? — Toog, dann in xeAsvuw» 
wiederholt, dagegen aber wie bei Athena zwei orte als standpunct ge- 
nannt; schwierig erscheint nun «dots mag Siudevis 9sdv ent zallı- 
zoAuvn, wo gegen Aristarchs Dewy Herodikos Jéwr schrieb, dem au- 
sser la Roche die neuern beipflichten. Aber gegen Séwr spricht 
1) der parallelismus mit vs. 49. 50: von einer bewegung, wie sie 
Séwy enthält, ist da keine spur; Athena wechselt mit ihrer stel- 
lung, aber auf jeder stelle steht sie unbeweglich; 2) der sinn: wie 
der sturm aus einer richtung her saust, so auch die stimme des 
Ares: eben so geht die mahnung, der befehl von einer stelle aus: 
wie Ares gregarii militis more discurrens — Döderleins worte 
— die Trojaner zum kampfe aufmuntern könne, wie überhaupt 
der gregarius miles, der doch in reihe und glied steht, zum dis- 
currere komme, bleibt unerfindlich; 3) die sprache: denn éecy, 
was in der Ilias einen viel umfangsreichern gebrauch hat als in 
der Odyssee, erscheint in ihr nie mit zwei präpositionen verschiedener 
richtung, namentlich nicht das particip, und wo és» mit einer 
präposition steht, da bezeichnet diese die einfachsten verhältnisse, z. b. 
unt. 229; A) die grammatik: denn sollte Déwy hier stehen, müss- 
ten die präpositionen wenigstens den accusativ bei sich haben, z. b. 
Il. K, 54. Also Jéw» geht nicht; Dewy dagegen giebt keinen 
anstoss, da der ort dann Od» xadlixoZwwg heisst: so würde ich 
auch im texte schreiben, Qewy mit grossem anfangsbuchstaben, das 
andre mit kleinem; der ursprung des namens geht uns hier nichts 
an: ihn jedoch von vs. 152 mit einem scholiasten abzuleiten, wäre 
verkehrt: dagegen ist zu ‚bemerken, dass analoge | ortsnamen oft vor- 
kommen: so Jed» dyogu in Athen: Hesych. s. ayop«: Keoxwrwr 
“yoga in Ephesos, nott. ad Zenob. Provv. I, 5. IV, 30: Anunıgog 
zéuevos Hom. Il. B, 696 c. Scholl.: es steht also Ares auf dem am 
Simoeis gelegenen Götterschönhügel, ohne zweifel die beste stelle 
für sein thun. Endlich erhöht so auch der name an und für sich 
das interesse des höhrers. 

Ernst von Leutsch. 


VI. 


Die geographie der provinz Lusitanien bei Plinius. 
(N. H. IV, 113 — 118). 


Die beschreibung der lusitanischen provinz bei Plinius ist ein- 
facher und kürzer und bietet weniger schwierigkeiten, als die der 
beiden andern spanischen provinzen (vgl. Philol. 30, 265 — 310 
und 32, 600 — 668). Zwar übertraf Lusitanien Bätitica an grösse 
um ein weniges, indess war seine bedeutung eine weit geringere, 
wie schon die gesammtzahl von nur 45 populi gegenüber den 175 
bätischen civitates zur genüge beweist. Der betreffende text zer- 
legt sich ia folgende wenigen abschnitte : 

a. periplus der küste von der nordgrenze bis zum promun- 
lurium Magnum (113: A Durio — Eburobrittium); 

b. beschreibung dieses vorgebirges (113: Excurrit — 114 
permutatis) ; 

c. beschreibung der flüsse (115: Erratum — 116 additis); 

d. die gentes der provinz (116: Gentes — Lusitani); 

e. fortsetzung des periplus bis zur südgrenze (116: Oppida 
— Myrtilis); 

f. das summarium der provinz (117: Universa — XXXVI); 

g. die städte (117: Coloniae — 118 Tapori); 

h. grüssenverhältnisse Lusitaniens und ganz Spaniens (118: 
Lusitaniam — [xxvi]. 

Schon diese inhaltsangabe zeigt, dass Plinius in der beschrei- 
bung Lusitaniens ganz gleichartige mittheilungen macht, wie bei 
den andern spanischen proviuzen ; insbesondere ist auch hier das 
städteverzeichniss in g wieder alphabetisch geordnet. 





112 | Lusitanien. 


Die verháltnisse der textüberlieferung sind in diesem theile 
der N. H. folgende: aus der älteren handschriftenklasse hat codex 
A den text von $ 117 Norbensis an erhalten; aus ihm stammen 
wie mich eine genauere untersuchung belehrt hat, die meisten cor- 
recturen zweiter hand in E und F, und zwar wurden dieselben 
gemacht, als A noch nicht die lücken hatte, an denen er jetzt lei- 
det (s. Jenaer literaturg. 1874 n. 26, 395 ff.); also vertreten E? 
und F? in 2 113 — 117 den codex A, sind aber von da an mit 
ihm identisch. Aus R? wird in dieser ganzen partie keine lesart 
angeführt. Diesen quellen gegenüber steht die überlieferung der 
jüngeren handschriftenklasse, vertreten durch die erste hand von E 
und der unter einander näher verwandten R und D (aus dem codex 
F abgeschrieben ist, dessen lesarten erster hand ich daher nur dann 
anführe, wenn sie wichtig sind für die beurtheilung der correcturen 
von F?). Die übereinstimmende überlieferung dieser jüngeren hand- 
schriften bezeichne ich mit C. Hiernach gebe ich nach meiner 
ausgabe den text der einzelnen abschnitte mit den varianten. 

Absch. a. $ 113. A Durio Lusitania incipit. Turduli vete- 
res, Paesuri, flumen Vagia, oppidum Talabrica, oppidum et flumen 
Aeminium, oppida Coniumbrica, Collippo, Eburobrittium. 

incipit turdulli, E*. incipitur dulli, C. oppidum talabrica, 
E*F?, om. C. flumen minium, F?. flumine umenium, DF!, flu- 
men eumenium, ER. cinumbriga, C. collipo, E. eburobritcium, F*. 
eburobricium, F1 

Turduli veteres] Im vorhergehenden $ 112 am schluss der 
beschreibung der tarraconensischen provinz wurden die Turduli als 
eine gens Lusitaniens angeführt, die der Durius von den tarraco- 
nensischen Bracarern schied, und zwar, wie aus dem zusammen- 
hange hervorgeht, bei seinem ausfluss.  Indess muss es mit der 
bezeichnung veteres, der dem namen an unserer stelle angefügt ist, 
eine besondere bewandtniss haben. Auch Mela 3, 8 ed. Parthey 
kennt diesen beisatz. Unter den gentes Lusitaniens, die der abschnitt 
d 2 116 aufzählt, finden wir die Turduli ohne zusatz wieder. 
Verfolgen wir aber den ganzen periplus der lusitanischen küste, 
so ist nirgendwo eine angabe über die gentes oder regiones an der- 
selben gemacht, wie solche in der Tarraconensis überall vorkamen. 
Daraus darf wohl geschlossen werden, dass die Turduli veteres 
vielmehr, wie die gleich folgenden Paesuri, als eine civitas anzu- 


Lusitanien. | 113 


sehen sind, welche zu der grösseren gens der Turduli gehörte, die 
sich weiter an der küste hin erstreckt zu haben scheint, Damit 
stimmt Mela a. o., der nordwürts vom promunturium Magnum, 
dem jetzigen Cap Roca, nórdlich vom Tagus die küste als einen 
ingens flexus beschreibt, in eoque sunt Turduli veteres Turdulorum- 
que oppida. Welche und wie viele der von Plinius genannten 
städte zu den ihrigen zu rechnen sind, ist unklar. Wahrscheinlich 
aber gehüren hierher die 2 118 genannten Turduli qui Bardili et 
Tapori. Die angaben des Ptol. 2, 4 verbreiten darüber kein licht. 
Wir werden unten auf die gens zurückkommen. 

Paesuri] Die inschrift der brücke von Alcantara C.I.L. 11,760 
nennt unter den municipia provinciae Lusitaniae PAESVRES. Hüb- 
ner scheint unsere stelle übersehen zu haben, da er p. 96 zum 
vergleich die Paesici und Praesamarci (richtiger wohl Praestamarci) 
der Tarraconensis heranzieht. Mir scheint die obige identificirung 
einleuchtend. Die Paesuri gehórten, wie die Turduli veteres zu 
der klasse jener civitates, die zur zeit der plinianischen aufzeich- 
nung noch nicht zur städtischen gründung fortgeschritten waren, 
und deren wir auch in den nördlichen theilen der Tarraconensis 
so viele fanden (s. Phil. 32, 604. Plin. 4, 111 ff). 

Oppidum Talabrica] Beide worte sind uns nur durch die 
zweite hand von EF erhalten. Aus den iuschriften ist der name 
der stadt nicht zu belegen, ihre lage ist bestritten, indess wird sie 
ganz in derselben reilienfolge im Itin. Aut. p. 421 aufgeführt, au- 
werdem von App. de reb. hisp. 73 und wohl auch von Ptol. 2, 4 
genannt. 

Oppidum et flumen Aeminium] Die stadtgemeinde wird 118 
als stipendiarische, der fluss @ 115 wieder genannt; durch die al- 
phabetische namenfolge an der ersten stelle, sowie durch die insch, 
» 500. 2559 (vgl. Ephem. epig. 1 p. 183 f), vielleicht auch p. 954, 
it die schreibung - mit Ae gesichert; auch Ptol. 2, 4 schreibt 
Alutyıov. Ueber die lage s. Hübner p. 40. 

Coniumbrica] Die überlieferung der jüngeren bandschriften 
‘ giebt einstimmig cinumbriga ohne correctur aus A. Dem gegen- 
über steht die insch. n. 391: CONIMBRICA, n. 432: CONIVMBRIC 
(vielleicht nur schlecht gelesen), Phlegon Trall. de longaev. bei 
Müller hist. gr. 3 p. 609, 1: 70% Koviufesynota und das It, 


Philologus. XXXVI. bd. 1. 8 





114 Lrasitanten. 


Ant. p. 421, 4: Conembrica, se dass auch bei Plinius Conémbriga 
herzustellen sein wird. 

Collippo] Ebenso die insch. n. 839: COLLIPPONENSIVM, 
n. 840: COLLAP und nr. 353: COLLIPPONESI, 

Eburobrittium] Der name ist sonst nicht zu belegen, es ‘sei 
denn, dass er sich unter andern lusitanischen stüdtenamen wieder 
findet bei Phleg. Trall, a. 0.: Æoxxougioc, "7 fAovxxlov vide, médews 
Aißovooßrovyynolas. 

Abschnitt b und c werden besser in einem späteren aufsatz 
zur sprache kommen, der von den quellen handeln soll, die Plinius 
in der geographie Spaniens benutzt hat, 

Absch. d. Q 116: Gentes Celticae Turduli et circa Tagum 
Vettones, -ub Ana ad Sacrum Lusitani. 

gent, El, celtice, C. turdoli, F?. ei, DE’. wetones, E. 
ana] FÜR. aguna, EDF!. 

Wie Plinius in ‘der beschreibung der tarraconensischen pro- 
vinz am passenden stellen ihre gentes namhaft machte und offenbar 
deren vollständige aufzählung beabsichtigte (s. Phil. 32, 611 ff. 
659 'ff.), so stellt er im obigen abschuitt die gentes Lusitaniens &u- 
sammen. Trotz der übereinstimmung der allem, hier vorliegenden 
jüngeren handschriften wird ‘ohne zweifel mit der Defloratio des 
Robert Crikeladensis und der vulgate Celtici, nicht Celticue, zu lesen 
sein, Auch Ptol. 2, 4 nennt, ganz mit Plinius übereinstimmend, 
als die völker ‘Lusitaniens die Tovgdnrevol (welches nur eine an- 
dere namensform für Turduli ist; s. Strab. 3, 1, 6 p. 139, Ukert 
2, 1, 308), Aovostavot, Kedtxot und Ovérrovec, deren wohnsitze 
er jedoch ganz von Plinius abweichend ansetzt. Freilich sid die 
angaben des Plinius über die wohnsitze hier, wie euch mehrfach 
in der 'beschreibung der Tarraconensis, recht ungenügend. Wir 
zeigten sehon oben in absch. a, dass nach ihm Turduli südlich vom 
Durius wohnten, womit Mela übereinstimmte, Ein andrer theil des- 
selben stammes wohnte in Bätica (s. 3, 13) zwischen dem Batis 
und Anas im Sinnenlande, noch andre, wie es nach 3, 8 (vgl. 
Mela 8, 4) scheint, an der atlantisehen küste. Von der ursache 
ibrer trennung von einander handelt Strabo.3, 3, 5 p. 153. Bei 
Ptol. 2, 4 ‘werden die Tovgdyravol im südwesten Lusitaniens frepi 
T0 ‘Fegov @xocinfosor, das jetzige Cap S. Vicente angesetzt. 

Völlig waklar bleibt die lage der lwsitemischen Celtics bei 





Ptmius. dinen theil desselben stammes hatte er 3, 13 in Mica 
zwischen Bätis und Anas westlich von deu Turdulern längs der 
lusitanischen grenze angesetzt, auf welche unten Q 118 bezug ge- 
nommen wird, noch andre in der nordwestecke der Tarracomensis 
4, 111 (s. Phil. 82, 655 f); endlich werden 2 118 unter den 
stipendiarischen gemeinden Lusitaniens JMirobrioenses qui Celtici 
cognominantur angeführt; indess ist deren lage völlig unsicher. 

Der ansatz der eigentlichen Lusitaner ab Ana ad Sacrum 
stimmt mit keiner der sonstigen quellen. Sie werden allgemein 
midlich vom Tagus gelegt (Strab. 3, 3, 3 p. 152; vgl. Florus 
1, 33), nur dass Strab. 3, 1, 6 p. 139 in der beschreibung von 
Bitica die angabe macht, dass tw» .vouavo» tivéç aus ihrem 
stammlande jenseits des Tagus von den Römern an den Anas in 
die nähe der Celticer übersiedelt seien. Durch .conjectur ist der 
stelle des Plinius schwerlich sufzuhelfen, weangleich die überliefe- 
rung des namens Anas nicht unanfechtbar ist und die bezeichnung 
Socrum ohne den ausetz promunturium, der kurz vorher £ 115 
daneben steht, auffallt. 

Die lage der lusitanischen Vettones wird so angegeben, dass 
wir sie als unmittelbare nachbarn ihrer tarraconensischen stammes- 
genossen (3, 19. 4, 112) ansehen dürfen (s. Philol. 32, 662). 

Wir sahen (Philol. 32, 666 fT), dass die aushebung der 
suxiliartruppen in der Tarraconensis nach gentes erfolgte; diese 
enriehtung scheint in Lusitanien nicht getroffen zu sein; wenig- 
sieus habe ich in den inschriften vergebens nach cohorten und 
alen der Celtic; und Turduli gesucht. Es kommen vor alen der 
Hispari Vettones, durch welche bezeichnung vielleicht grade die 
der Tarraconensis angehórigen Vettonen von denen Lusitaniens 
vaterschieden werden.  Oefter werden jedoch cohortes Lusitanorum 
genannt, sei's dass damit die gens, seis dass die einwohner der ge- 
sammten provinz so bezeichnet sind. 

Absch. e. 116: Oppida a Tago memorabilia in ora Ol- 
sippo equarum e favonio vento conceptu nobile, Salacia cognominata 
Urbs Imperatoria, Merobrica, promunturium Sacrum et alterum 
Cuncus, oppida Ossonoba, Balsa, Myrtilis. 

in ola orisipo, R. e] .E?. et, C. .favonii, F°. vento] E!R. 
tain, E?DF!. wenti, FR. nobile] E?. nobili, E!. nobilis, DR. 
dacia, D, alatia, R. urbs] E?F*. urbe, DE!Fl urbem, R. 

8° 


116 Lusitanien. 


imperatoriam, R.  merobrica] E?, mesobriga, F*. sobrica, E!. 
esobrica DF!, erobrica, R.  promuntorium, E.  ceneus, DE.  or- 
sonoba, E. barta, R. myrti, DE. miri, R. 

Olisippo] s. absch. f. 

Salacia cognominata Urbs Imperatoria] Die inschriften bieten 
n. 82: MVNICIPI. SALACIEN. n. 518: SALACIENSIS, Guasco 
mus. Capit. 211: SALACIA. Plinius nennt die stadt noch 2 117 
unter den latinischen und 8,191; vom beinamen scheint sich sonst 
keine spur zu finden. Die lage ist unsicher; s. Hübner p. 7. 

Merobrica] So die überlieferung der ülteren handschriften- 
klasse; auch in R ist das schluss-m des vorhergehenden wortes zu 
erobrica zu ziehen und vermuthlich mit dem r im namen selbst erst 
vom corrector hinzugefügt, während die jüngeren handschriften 
sobrica und esobrica bieten. Am besten beglaubigt ist also Mero- 
brica. An einem orte, der etwa der lage der stadt entspricht, 
fand sich die leider unvollständige insch. n. 25 mit der bezeich- 
nung M.F.M...., die mit wahrscheinlichkeit als municipium Flavium 
Merobricense aufgelöst wird. Vielleicht ist dieselbe stadt nochmals 
% 118 unter den stipendiarischen erwähnt, wo wir darauf zurück- 
kommen. 

Ossonoba] Die am alten orte gefundene insch. n. 1 nennt die 
RES.P.OSSON(obensis); dazu kommt jetzt’ eine zweite in der 
Ephem. epig. II p. 233, auf der ein IIVIR..SSONOB erwähnt ist. 
Die stadt ist von der nicht weit entfernt an der bätischen küste 
gelegenen gleichnamigen, die den beinamen Aestuaria führte (s. 3,7 
und Phil. 30, 284) zu unterscheiden. Die lusitanische ist ohne 
zweifel im It. Ant. p. 426,2 und beim Ravenn. p. 306, 12 ed. Par- 
they gemeint; ihre entfernung von Salacia wird dort auf 95 milien 
angegeben, während im It, Ant. p. 418,6 noch ein drittes Ossonoba 
angeführt zu werden scheint in der entfernung von nur 16 milien 
von Salacia. 

Balsa, Myrtilis] s. zu diesem $ 117, zu jenem 2 118. 

Absch. f. Q 117: Universa provincia dividitur in conventus 
tres, Emeritensem, Pacensem, Scallabitanum, tota populorum. XLV, | 
in quibus coloniae sunt quinque, municipium civium Romanorum, 
Lati antiqui III, stipendiaria XXXVI. 

provintia DE. — ditur, E.  scalabitanum, C. XLVI, C. 
lati , E*F*, lauti, C. — antiqui] E®F*, antiqua, C. 


Lusitanien. 117 


Dies summarium giebt zunüchst, wie die der beiden andern 
spanischen provinzen, die eintheilung in juridische convente an. 
Wenn Plinius dieselbe seiner beschreibung Bäticas (s. Philol. 30, 
276 ff) und besonders deutlich der der Tarraconensis zu grunde 
legte, so begnügt er sich bei Lusitanien mit der summarischen an- 
gabe, ohne in der detailbeschreibung die eintheilung weiter durch- 
zuführen. Der grund dieser abweichung wird folgender sein, 
Bätica zählte in 4 conventen 175 städte, die Tarraconensis in 7 
conventen 179 gemeinden, Lusitanien dagegen in 3 conventen nur 
45. In den beiden ersteren provinzen wurde die übersichtlichkeit 
durch jene unterabtheilung wesentlich gefördert, hat doch der kar- 
thagische convent allein 65 gemeinden (3, 25), die cluniensische 
gar 69, die Plinius deshalb auch wieder zunächst in gentes zerlegt 
(3, 26 f.). Die geringe zahl der lusitanischen gemeinden wird 
ihm dagegen eine theilung nach conventen haben überflüssig er- 
scheinen lassen. 

Die einfacheren verhältnisse Lusitaniens bringen uns den vor- 
theil, dass Plinius in der, auch in den andern beiden provinzen be- 
folgten officiellen rangordnung alle den drei oberen klassen angehó- 
rigen städte namhaft macht; freie und föderirte gemeinden kommen 
in Lusitanien nicht vor. Unentschieden bleibt, ob die gesammtzahl 
der gemeinden, die als XLVI überliefert ist, in XLV, oder die als 
XXXVI überlieferte zabl der stipendiarischen gemeinden in XX XVII 
zu ändern ist. Ich habe die vulgate beibehalten. 

Ptol. 2, 4 nennt in der provinz Lusitanien 57 ortschaften, 
also 11 oder 12 mehr als Plinius; indess rechnet er die Vettonen, 
von denen er 11 gemeinden aufzühlt, insgesammi zu  Lusitanien, 
wührend bei Pl. 3, 19 ein theil derselben zur Tarraconensis ge- 
hért. Von ihren städten kommen zwar 4: Aayxla ‘Onnddva, 
Auyovorößgıya, Oxehov, Karagu bei PI. 4, 118 unter den lusita- 
nischen vor, während keine der übrigen in der Tarraconensis ge- 
sannt wird, indess dürfen wir doch wohl annehmen, dass einige 
derselben zu Plinius zeit dorthin gehörten, so dass der unbedeu- 
tende unterschied zwischen den angaben beider schriftsteller wohl 
anf die veränderungen zurückgeführt werden darf, welche die pro- 
vinz im laufe der zwischenzeit erlitten hat. Von diesen umgestal- 
tungen giebt eine vergleichung des textes bei Plinius und Ptole- 
mäus auch sonst zeugniss, Während bei jenem im ganzen sechs länd- 


118 Lositanien. 


liche gemeinden ($ 153: Turduli veteres, Paesuri, à 118: Celarni, 
Etbocori, Turduli qui Bardili et Tapori) erkenubar sind, finden 
sich deren keine mehr bei Ptolemüus; an stelle der Colarni und 
Elbocori treten die gleichnamigen städte HoAaevov und, “EABoxogts, 
die übrigen gemeinden sind vermuthlich durch anderweitige städte- 
namen ersetzt. Jedenfalls erkennen wir in Lusitanien, wie in der 
‘Farraconensis (s. Philol. 32, 608) ein fortschreiten von ländlichen 
zu städtischen gemeinden. 

Ueber die namen der convente s. den mächsten abschnitt. 

Absch. g. 2 117: Coloniae Augusta Emerita Anue fluvio. ad- 
posita, Metellinensis, Pucensis, Nerbensis Caesarina cognomine, con- 
tributa sunt in eam Castra Servilia, Castro. Caccilia, quinta est 
Scallabis quae Praesidium Julium vocatur. municipium civium Ro- 
monorum Olisippo, Felicitas Julia cognominatum. oppida veteris 
Lati Ebora, quod idem Liberalitas Julia, et Myriilis ue Salacia, 
quae diximus. @ 118: Stipendiariorum, quos nominare non pigeat, 
praeter iam dictos in Baeticae cognominibus Augustobricenses, Ae- 
minienses, Aranditani, Axabricenses, Balsenses, Caesarobricenses, 
Caperenses, Caurienses, Colarni, Cibilitani, Concordienses, Elbocori, 
Interamnienses, Laneienses, Mirobricenses qui Celtici cognominantur, 
Medubricenses qui Plumbers, Ocelenses, Turduli qui Bardilà et 
Tapori. 

emirita, E. ane, F?. ante, DF!R. antae, E. fhwia, E. 
metallinensis, EF. cessarina, A (so las ich mit Sillig, Hübner p. 81 
caesarina). cuessarina, E?, cacoarina, DE! cecarina, R. ea, C. 
seduilia, A (so ich mit Sillig, Hübner p. 82 dagegen servilia) ER. 
cecilia, A. gta, D?, q-nia, DI. sullabis, F?. que, D. prassidum, 
À. presidium, D. iulium] AE?. in iulium, €. vocatur — Iulia] 
om. Ri. munipium,D. olysipo, A. olisipo, C. felicitate. I. iulia, 
A. felicitate iulia, E°, veteres, DE!F!.  latii, A. lacii, F?. laci, 
DEF  mwyrtiles, DE. mirtilis, R. ae, DE. se, R. salatia, E. 

@ 118: beticae, E. . augueto brigensis, AE?. augustobrigenses, 
C.  aeminenses, AF?. aemienses, DF. emienses, ER. — eranditani, 
ER. acranditani, R.  taxabritenses, ADE. axabritenses, R. ces 
sarobrigenses, A. cuesarobrienses, E?. caesarrobrienses, DE. oa- 
perenses} AE?. cuerenses, DE‘. cerenes, R. Caurienses| courenses, 
A. caurenses, C. colarnici. libitani, AF?. colani cibilitani, R. 
et bocori, ADE. et bóconi, R. interansenses, AC.  laccienses, E!. 


Lusitauien. | 449 


mirobrigenses, AE*R.  mirobricntes, BE!. — medubrigenses, ADE. 
medubrienses, R. plumbarii, ER. blumbari, D!. onelenses} 4. 
ocelenses niente C. bardula, E!. barduli, DE*R, et} AE’, 
d$, €. iapori, A 

Es folgen zunächst die namen der fünf colonien. 

Augusta Emerita] häufig von schriftstellern und auf inschrif- 
tea genannt; s. Hübner p. 52. 

Metellinensis] Die handschriften geben zum, theil metallinensis, 
indess das It. Ant. p. 416, 2 Metellinum und der Rav. p. 315, 8 
Metilinon ; s. Urlichs vind. Plin, 88. Inschriften fanden sich zwar 
am entsprechenden oxte, jetzt Medelin (s. Hübner p. 72), indess 
nennt keine den namen, der anderweitig überall nicht erwähnt zu 
werden scheint. 

Pacensis] Der volle name PAX.IVLIA erscheint auf den in- 
schriften n. 47. 55; auch PACENSIS allein kommt öfter vor, 
», 21, 516. 517. 

Norbensis Caesarina cognomine] s. Hübner p. 81. Die inach. 
n 694 nennt die COL.NORB.CAESARIN, n, 813 u. a einen 
NORBENSIS; Ptol. 2, 4 schreibt Nafta Kec aw. 

contributa sunt in cam Castra Servilio, Castra Caecilia] s. 
Hübner p. 81 f. Von dem ersteren orte ist sonst nichts hekannt, 
deu zweiten findet man im It. Ant. p. 433, 4 als Castris Caecili 
und beim Rav. p. 319, 14 einfach Castris, während Ptel. 2, 4 
einen ort Kasxidfa Teu£llie nennt, imdess ziemlich entfernt von 
Norba ansetat. 

Scallabis quae Praesidium. Iulium vocatur] Die handschriften 
beider klassen geben hier die schreibung mit U, dagegen oben im 
summarium die jüngere (hier fehlt A noch) die mit einfanhem }. 
Die inach, n. 35 bietet COLONIA SCALABITANA, dagegen die 
bei Renier I. A. n. 936 — Henzen n. 7414a: SCALLARI. Auch 
im It. Ant. p. 420, d schwanken die handschriften, p. 421, 2 ist 
die mehrzahl für Scalabin; bei Ptol. 2, 4 liest man ZxoAafig xo- 
iw»(a. Der beiname ist anderweitig nicht bezeugt. 

Olisippo Felicitas Iulia eognominafum] An dieser stelle bieten 
beide handschriftenklassen die schreibung mit einfachem p, @ 113 
bur F?, freilich in der corruptel olimponense, und der excerptor 
Soliaus 23, 5, während die jüngere klasse doppeltes p hat; 2116 
findet sich nur in R und bei Solin. 23, 7 das einfache, in DE 


120 Lusitanien. 


das doppelte. Dagegen ist 8, 166. 9, 9. 37, 97 ein einfaches p 
durch alle handschriften überliefert, so dass letztere schreibung bei 
Plinius am besten beglaubigt ist. Die inschriften bestätigen sie 
durchaus, z. b. n. 124. 188. 327. 328. 4992. 4993, in welch 
letzteren beiden, wie auch in einer reihe von anderen, n. 176. 185. 
187, ebenfalls der beiname der stadt erscheint. 

Ebora quod idem Liberalitas Iulia] Den ersten namen geben 
die inschriften n, 110. 114. 115. 339, 505, der zweite scheint 
sonst nicht zu belegen. 

Myrtilis] Es war schon am schluss von $ 116 genannt, wo 
dem namen das schliessende s feblt, Nur eine insch. n. 15 er- 
wähnt des M(unicipium) MYRT . . .. Die form ohne s geben 
alle handschriften des Mela 3, 7 ed. Parthey, ebenso schreibt das 
It. Ant. p. 431, 6, wogegen der Rav. p. 306, 8 Mirtilin giebt 
und bei Ptol, 2, 5 Zovdla MyvguAlg gelesen wird. Danach wird 
doch die an unsrer stelle durch beide handschriftenklassen empfoh- 
lene form Myrtilis vorzuziehen sein. 

Salacia] s. absch. e. 

Es folgt die alphabetisch geordnete reihe der stipendiarischen 
städte, die mit folgenden, in den handschriften ohne variante über- 
lieferten, indess unklaren worten eingeleitet wird: Stipendiariorum, 
quos nominare non pigeat, praeter iam dictos in Baeticae cognomi- 
nibus Augustobricenses u.s. w. Der relativsatz enthält dieselbe 
entschuldigung, die Plinius in der beschreibung Bäticas 3, 7 -aus- 
sprach, dass er nicht alle namen nenne, sondern nur die digna me- 
moratu aut Latino sermone diciu facilia, wie er ja auch ähnliche 
wendungen in der beschreibung der Tarraconensis 3, 23 und 26— 
28 gebrauchte. Die folgenden worte enthalten eine grössere 
schwierigkeit. Stände da nur praeter jam dictos, so würde man 
das auf die im Periplus schon genannten städte beziehen müssen, 
wie es in gleicher beziehung beim beginn der detailbeschreibung 
der tarraconensischen convente 3, 23 heisst: nunc per singulos 
conventus reddentur insignia praeter supra dicta. Indess würde 
eine solche beziehung an unserer stelle den Plinius einer zwiefachen 
nachlässigkeit bezichtigen; denn im Periplus sind bereits genannt 
$113 Aeminium und 2117 Balsa, vielleicht auch 2116 Merobrica, 
die im folgenden verzeichniss wiederkehren. Ferner aber würden 
die folgenden worte in Baeticae cognominibus völlig unverständlich 





Lusitanien. 121 


bleiben. Ohne zweifel müssen dieselben mit den vorhergehenden 
unmittelbar verbunden werden und sich auf c. 3, 13 zurückbeziehen, 
wie auch längst erkannt ist. Dort heisst es nämlich in der be- 
schreibung Bäticas:  Celticos a Celtiberis ex Lusitania advenisse 
manifestum est sacris, lingua, oppidorum vocabulis, quae cognomini- 
bus in Baetica distinguntur. Seriae adicitur Fama Iulia, Nerto- 
brigae Concordia Iulia u. s. w.; d. h. doch wohl, dass unter den 
Celticern in Bätica (über welche s. Phil. 30, 276. 279) und in 
Lusitanien gleichnamige städte vorkommen, die dadurch von ein- 
ander unterschieden wurden, dass die bätischen besondere beinamen 
hatten; und eine gleiche bedeutung müssen dann die worte an un- 
serer stelle enthalten. Jedoch so können sie, wie sie überliefert 
sind, nicht wohl verstanden werden. Der scharfsichtige Pintian 
hat auch hier mit der leichten änderung in Baetica cognomines 
(dies adjectiv gebraucht Plinius auch 4,82. 6, 5 u. sonst), wie mir 
scheint, unzweifelhaft das richtige getroffen. Indess bleibt auch 
so noch eine schwierigkeit. Ich glaube in meinem aufsatze über 
Bätica (Philol. 30, 273) nachgewiesen zu baben, dass die dortigen 
municipien sich von den stipendiarischen städten dadurch unter- 
schieden, dass jenen in die römische bürgerschaft aufgenommenen, 
ein römischer beiname zukam, während diese nur ihren barbari- 
schen namen batten. Danach nahm ich die 3, 14 genannten ge- 
meinden von Seria bis zu den Callenses für die erstere klasse in 
anspruch. In der mitte dieser reihe nahm ich eine corruptel an, 
indem einerseits vor Contributa Iulia der barbarische stadtname 
fehlt, andrerseits Ugultuniacum keinen römischen beinamen hat. 
Auffallend ist es nun allerdings, dass alle von Plinius angeführten, 
den lusitanischen gleichnamigen städte in Bätica municipien, in 
Lusitanien stipendiarische gemeinden gewesen sein sollen, indess 
gründe, weshalb das nicht hätte der fall sein können, lassen sich 
nicht anführen. Wir werden daher die namen Seria, Nertobriga, 
Segida, Ugultuniacum oder Curiga, Lacimurga, Tereses (vielleicht 
richtiger Stereses), Callenses für stipendiarische gemeinden Lusita- 
viens in anspruch nehmen dürfen. Hübner, der p. 125 die stelle 
3, 13 bespricht, ist freilich der ansicht, dass Plinius einen irrthum 
begangen habe mit der erwähnung der Celtiberer in Lusitanien, 
das gebiet derselben habe nie bis dahin gereicht. Er meint daher, 
dass die den bätischen gleichnamigen städte nicht in Lusitanien zu 


322 Lusitssien. 


suchen seien, wie denn auch ein zweites Nertobriga in der Tarra- 
conensis bei Bilbilis gelegen habe, ein zweites Segida in Celtiberien. 
Hübner hat aber offenbar die stelle 4, 118 übersehen, die eine 
solche deutung unmöglich macht. Freilich stimmt die erwäbausg 
der Cekiberer in Lusitanien nicht genau mit den sonstigen anga- 
ben des Plinius, indess ist sie doch wohl erklärlich. Plieius giebt 
4, 118 auf einmal die stipendiarischen gemeinden ganz Lusitanieus, 
also die der Celticer wie der übrigen drei gentes der provinz. Auf 
alle zusammen muss sich also der 3, 13 gebrauchte ausdruck Cel- 
tiberi ex Lusitania beziehen, wie denn überhaupt der name der 
Celtiberer auch von andern sebriftstellern in verschiedenem umfang 
gebraucht wird (s. Ukert 2, 1, 305. 321). | 

Kurz, jene sieben namen müssen wir durchaus für stipendiarische 
gemeinden Lusitamiens in anspruch nehmer. Inschriftliche oder 
schriftstellerische zeugnisse lassen sich dafür indess leider nur in 
recht ungenügender weise beibringen. Auf die Tereses, falls der 
name so und nicht vielmehr Sfereses zu sehreiben ist (s. Philol. 
30, 301), könnte sich die in Salamanca gefundene insch. n. 871 
beziehen, die ein ortsadjectiv TER. bietet, das Hübner durch Tes- 
mensis auflösen will. Statt Seria habe ich schon früher (ebd. 300) 
vorgeschlagen Serpa zu lesen und darauf die beide» stellen im 
Kin. p. 426 und beim Ravenn. p. 306, 6 bezogen; vielleicht be- 
zeichnet die erstere das lusitanische, die zweite das bätische Serpa. 
Der dort angegebene, allerdings nicht ganz deutliche strassenzug 
von Esuri bis Pax Iulia giebt 13 milien von Ebora entfernt, also 
sicher noch in Lusitanien jenen ort an, während der beim Ravenn. 
genannte eher in Bätica zu suchen scheint. Für die übrigen na- 
men weiss ich nichts in Lusitanien vorzubringen; indess möge man 
bedenken, dass auch sonst zahlreiche orte der provinz nur durch je 
eine quelle beglaubigt sind, und dass insbesondere an inschriften 
von dort nur wenig bekannt ist. 

Hiernach gehen wir zu unserm verzeichniss über, in dem die 
alphabetische reihenfolge unbezweifelt ist. 

Augustobricenses] Nach den hdsch. ist die form Augustobri- 
genses vorzuziehn; dieselbe bietet auch die auf unsere stadt beziig- 
liche insch. n. 941: AVGVSTOBRIG., und ebenso wird n. 4892 
die gleichnamige stadt der Pelendonen im cluniensischen couvent 
geschrieben. Auf die unsere beziehen sich noch das Itin. p. 438,6 


Lasitanten, 123 


Ptol. 2, 4 und der Raven. p. 312, 12: Augustabria. Die lage 
des ortes ist nicht sicher; s. Hübner p. 113. | 

Aeminionses| Sillig sehrieb noch mit Barbarus Ammienses 
uad bezog den namen auf die gemeinde, in deren gebiet die 37,24 
genannten Ammaensia iuga lagen, deren stadt Ptolem. 2, 4, 8 
“Appala nennt, wie dean auch die insch. n.501 einen AMMAIEN- 
SiS und n. 158 vom j. 161 gar die MVNICIP(es) AMMAl(enses) 
bat. Auffallen muss es allerdings, dass Plinius dieser gemeinde 
gar nicht gedenkt, wenn unsere lesung Aeminienses richtig ist, 
zumal schon 2 113 (s. oben absch. a) letztere gemeinde vorkam; 
indess die handschriftliche überlieferung spricht mehr für den letz- 
tereu, als für den ersteren namen, 

Aranditani} Die inschriften schweigen; im Itin. p. 426, 3 findet 
sich Aranni nicht weit von Ossonoba im süden der provinz; der- 
selbe name lautet beim Ravenn. p. 306, 13 Arani, bei Ptol. 2, 4 
Adardkc. 

Azabricenses] In allen handschriften bis auf R, der axabritenses 
hat, findet sich taxabritenses, offenbar fulsch, wie die alphabetische 
folge zeigt. Der vorschlag Hübuers p. 96, das ¢ zum vorhergehenden 
namen zu ziehen und denselben Aranditanit zu schreiben, scheint 
mir verfehlt, da die bildung von ortsadjectiven durch die ableitungs- 
silbe -ifanus in Spanien durchaus die regelmässige und ebenso die 
endumg der ortsnamen auf i oder is eine ganz gewölnliche ist, die 
im wmeerm falle durch die belegstellen hinreichend gesichert ist, 
Das # scheint also einfach gestrichen werden zu müssen. Indess 
much der name Azabricenses ist nicht zu belegen. Mir scheint 
daher die aueh von Hübner p. 95 erwähnte lesung der vulgata 
Arebrigenses durchaus annehmbar. Dieser name kommt vor unter 
den auf der brücke von Alcantara n. 760 genannten municipien, 
auf der insch. n. 967, wie aueh bei Ptolem. 2, 4. 

Balsenses} Der name der stadt Balsa wurde schon im Peri- 
plus 2 116 erwähnt. Sie wird auch sonst oft genannt, und ihre 
lage ist bekaunt (s. Hübner p. 4 und 691). Die insch. n. 105 
mennt einen INCOLA.BALSENSIS, n. 4989 einen servus BALSEN- 
SIVM; vgl. n. 4990. 

Caesarobricenses| Die insch. n. 896 nennt einen CAESAROBRI- 
Cessis, ebenso n. 897. Die schreibung mit g ist nach cod. A 


124 Lusitanien. 


herzustellen. Bei schriftstellern scheint der name nicht vorzukom- 
men. Ueber die lage des ortes s. Hübner p. 112. 

Caperenses] So auch die insch. n. 806: CAPERENSIS (vgl. 
n. 810), n. 812: CAPERENSI, n. 813: CAPERAE, dagegen n. 
888: CAPAR und n, 884: CAPARESIS, Ueber diese schreibun- 
gen und die lage des ortes s. Hübner p. 100. 

Caurienses] In den handschriften fehlt das i, indess steht es 
überall in den inschriften, die den namen voll ausgeschrieben haben, 
n. 767, 768, 769, 802, in der brittischen inschrift C. I. L. VII, 
und bei Ptol. 2, 4: Kavosov. In Bütica ward b. 3, 11 die stadt 
Cauro genannt. 

Colarni] Der name erscheint auf der insch. der brücke von 
Alcantara n. 760 und bei Ptol. 2, 4, als KoAaQvo». 

Cibilitani] Dass die worttrennung iu AF?: colarnici. libitani 
falsch sei, geht aus der alphabetischen folge der namen hervor. 
Der name Cilibitani oder, wenn man mit Barbarus und der Vulgate 
den jüngeren handschriften folgt, Cibilitani lässt sich indess nicht 
anderweitig belegen. Damit zusammenstellen kann man aus der 
insch. n. A33 den ortsnamen COBEL, statt dessen eine andere ab- 
schrift C.BEL giebt. 

Concordienses] Inschriften fehlen. Ptol. 2, 4 nennt den ort 
Koyxopôla. 

Elbocori] So schrieb Harduin für das überlieferte et bocori, 
während Barbarus diese worte mit dem vorhergehenden namen 
durch das supplement Concordienses qui et Bocori verbunden hatte, 
ohne indess für letzteren namen einen weiteren beleg beibringen zu 
können. Die mit der alphabetischen folge übereinstimmende schrei- 
bung Elbocori findet sich bei Ptol. 2, 4 "EAfoxogí;; andere belege 
fehlen. 

Interamnienses] Aus der constanten überlieferung interansenses 
wird Interannienses herzustellen sein nach der schreibung aller 4 
inschriften, die den namen enthalten, n. 509, 510, 511 und dazu 
der der brücke von Alcantara n. 760; s. darüber Hübner zu n. 509. 

Loncienses] Die insch. der brücke von Alcantara n. 760 un- 
terscheidet die municipien der LANCIENSES. OPPIDANI und 
TRANSCVDANI; die ersteren werden auch n. 460: LANC. OPP. 
genannt und ebenso bei Ptol. 2, 4 Æayxiu Onnidaya. Ausserdem 
gab es bei den Asturern eine gemeinde der Lancienses (s. b. 3, 28). 


Lusitanien. 125 


Noch eine vierte gleichnamige führt die vulgate in unserm ver- 
zeichniss bei den Ocelenses an, indess, wie wir sehen werden, 
fälschlich. 

Mirobricenses qui Celtici cognominantur). Die überlieferung 
spricht für die schreibung Mirobrigenses. Oben 2 116 stellten wir 
einen namen Merobrica fest, der einer küstenstadt nördlich vom 
Cap. S. Vicente zukam. Ob beide mal derselbe ort gemeint sei, 
ist fraglich. Hübner setzt p. 107 die Mirobrigenses Celtici in den 
nördlichen theil Lusitaniens in die gegend von Ciudad Rodrigo an’ 
den Agueda, einen uebenfluss des Douro. Dort sind nämlich meh- 
rere terminalcippen vom j. 6 n. Ch. g. gefunden, von denen zwei, 
m. 857 u. 858 den, wie es scheint, zusammengesetzten namen MI- 
ROBRIG.VAL.V'T. und die n. 859 den namen MIROBR. enthalten, 
wozu noch mit wabrscheinlichkeit der nicht weit entfernt gefun- 
dene cippus n. 5033 mit dem vorn verstümmelten namen |ROBRI- 
GENSES kommt. Daneben scheint die ebenfalls dort befindliche 
insch. n. 863 aus der zeit des Septimius Severus den O(rdo) M(u- 
nicipii) V. zu nennen. Hübner erkennt, und wohl mit recht, in 
diesem V. den anfangsbuchstaben desselben namens, der in den er- 
sten beiden inschriften mit VT. bezeichnet wird. Von diesem 
Mirobriga ist deutlich zu unterscheiden das im gebiete der Turduler 
in Bätica, genannt b. 3, 14. Ptol. 2, 5, 6 nennt als städte der 
Celticer Miooßgıya und nicht weit entfernt Megtfgsya. Ander- 
weitige erwähnungen fehlen. Mit Hübner nun die erstere und die 
ven Plinius genannte stadt mit dem Mirobriga von Ciudad Rodrigo 
zu identificiren, scheint mir aus folgenden gründen sehr bedenklich, 
Zanächst giebt Plinius mit dem ausdruck Mirobrigenses qui Celtici 
cognominantur, wie vielfache ähnliche benennungen es beweisen, 
ohne zweifel an, dass der officielle und beständige name Mirobri- 
genses Celtici laute, nicht, dass die Mirobrigenses der gens der Cel- 
tici angehören, welches letztere 'thatsächlich allerdings auch der 
fell sein wird, indess nicht durch den beinamen selbst angegeben, 
sondern erst daraus zu folgern ist. Demnach scheidet der beiname 
Celtici diese Mirobrigenses von anderen, welche wir eben in den 
obigen inschriften angedeutet finden. Ferner können die Celticer 
schwerlich in der gegend von Ciudad Rodrigo wohnsitze gehabt 
haben; diese gegend ist viel wahrscheinlicher den Vettonen zuzu- 


126 Lasitenieu. 


theilen, die mit denen der tarraconensischen proving ein zusammen- 
bäagendes gebiet bewohnt zu haben scheinen (s. oben zu absch. d.) 

Medubricenses qui Plumbari] Die lrandschriften sind für die 
form Medubrigenses. Auf der brücke von Alcantara a. 760 sind 
MEIDVBRIGENSES genannt; auf der insch. n. 458 findet sich der 
personenname MEIDVBRI. Das Bell. alexandr. 48, 4 nennt als 
lusitanische stadt Medobrege, die eiawohner Medobregenses, die sich 
auf den mons .Herminius flüchten, den man für die Serra da 
Estrella hält (s. Ukert, 2, 1, 277. Dio Cass. 37,52. Suet. Caes. 54). 
Hübner p. 5 nimmt das von Ptol 2, 4 genannte Meplfgrya für 
dieselbe stadt. Vom beinamen Plumbari findet sich sonst keine spur. 

Ocslenses| So überliefert A den namen, die jüngeren band- 
schriften haben insgesammt ocelenses lancienses, aller wahrschein- 
liehkeit nach nur durch irrthiimliche wiederholung dieses kurz vor- 
her angeführten namens; dean solche doppelnamen werden in den 
apanischen provinzen vom Plinius stets in der form Ocelenses qui ei 
Lancienses angeführt, wie daher auch noch Sillig nach der vulgate 
schrieb Auffallend wäre dann auch der name der Lancienses an 
zweiter stelle, da wir oben Lancienses Oppidani und Transoudani 
genaunt sahen. Anschriften mit dem namen der Ooslenses fehlen, 
indess stellt Hübner vielleicht mit recht den einheimischen frauen- 
namen OCELLIA (kem gentilicium) der inschr. n. 375 mit dem- 
selben zusammen. Das im Itin. Ant. p. 434, 6 und p. 439, 10 
genannte ‘Ocelo Buri, das beim .Ravenn. p.319,4 Ocelodorum heisst, 
kann dieselbe ‚stadt bezeichnen. Ptol. 2, 4 nennt "Oxedoy bei den 
Vettonen Lusiteniens. 

Turduli qui Bardili et Tapori] Zu vergleichen sind wegen 
der art der benennung die Cerretani qui Iuliani cognominantur et 
qui Augusiani 3, 23; wie die Cerretani Q 22 eine gens bezeich- 
neten, dagegen au dieser stelle 2 civitates, so müssen wir den na- 
men der Turduli, der oben $ 116 einer gens zukam (s. absch. d), 
hier anf 2 civitates mit besonderen beinamen beziehen, zu denen 
als dritte die 2 113 genannten Turduli veteres kommen (s. absch. a). 
Aehnlich verhielt es sich in der tarraconensischen provinz noch mit 
den namen der Edetani 3,20 und 23, Bastitani 3,19 und 25 u.a. 
Nur kann es zweifelhaft sein, ob an unserer stelle zwei verschie- 
dene gemeinden, oder nur eine einzige mit einem doppelten beina- 
men angegeben ist, für welche letztere annahme allerdings die 





Lusitanien. 127 


mangelade wiederholung eines qui nach dem ef zu ‚sprechen scheint. 
Indess weiss ich, abgesehen von dem der cerruptel werdächtigen 
Ugultuniacum quae et Curiga nunc est 3, 14 kein anderes beispiel 
eines in dieser weise angegebenen doppelnamens zu nennen. — 
Eine TVRDVLA nennt die insch. n. 523 aus Augusta Emerita, 
Die überlieferung des narıens Bardili ist nicht ganz sicher, die 
jüngeren handschriften geben die form Barduli, die ich vorziehen 
möchte. Vielleicht sind die Barduli dann als ein zweig der grö- 
sseren gens der Varduli anzusehen (b und v sind nicht selten in 
unseren handschrifteu vertauscht), die wir im cluniensischen convent 
genannt fanden (3, 26f. 4, 110; s. Philol. 32, 612), und die 
Strabo 3, 4, 12 p. 162 als Bagdunrus ovs of sir Bagdoviouc 
xalovow (vgl. 3, 3, 7 p. 155) anführt. Nicht selten sind die 
fälle, dass spanische gemeinden doppelnamen führen, deren einzelne 
bestandtheile sich an andern orten wiederfinden. — Dass der 
nächste name Tapori zu schreiben ist, bestätigen die inschriften, 
in n. 408. 519. 520. 521. 950 erscheint er vollständig ausge- 
schrieben ‘oder zu TAP, ‚abgekürzt, 

Nachdem wir so die einzelnamen der städte einer recension 
usterzogen haben, müssen wir nochmals auf die im Periplus ge- 
sentiten zurückkommen, um sie in die reihen der zum schluss klas- 
senweise aufgeführten einzufügen. Vergleicht man die dort ge- 
naunten wit deu in der küstenbeschreibung der beiden andern apa- 
sischen previuzen vorkommenden, so wird man eine geringere ge- 
muigkeit in der bezeichnungsweise der lusitanischen bemerken, 
Alle im bätischen und tarraconensischen Periplus aufgeführten bat- 
itu irgend welchen zusatz, durch den die klasse bezeichnet wurde, 
der jede einzelne angehórte. Das ist im lusitanischen nicht der 
fal, hier werden alle städte einfach oppida genannt, nicht bloss, 
wie dort, die stipendiarischen, sondern auch 2 113 und 116 das 
im statistischen register 2 117 als municipium civium Romanorum 
mit dem beinamen Felicitas Iulia aufgeführte Olisipo, ferner 2 116 
das im register @ 117 als oppidum veteris Latii genannte Myrtilis, 
während Salacia Q 116 als cognominata Urbs Imperatoria , im re- 
gister $ 117 dagegen nur mit dem einfachen namen als latinische 
stadt vorkommt. — Indess ist der grund, wesshalb Plinius im lusi- 
tanischen Periplus weniger genau war als in den andern, wohl 
erkennbar. Da er nämlich im stüdteregister $ 117 f. in den drei 


128 Lusitanien. 


bóheren klassen, die vorkommen, alle einzelnen städte namhaft 
macht und nur von den stipendiarischen eine auswahl giebt, so ist 
ein irrthum über den rang jeder einzelnen im Periplus genannten 
gemeinde für den aufmerksamen leser nicht möglich; alle dort auf- 
geführten, die im register nicht unter den hüheren klassen wieder 
vorkommen, sind den stipendiarischen zuzuzihlen. Wenn nun im 
register selbst neunzehn dieser klasse genannt werden, zu denen noch 
die sieben gleichnamigen, bereits in Bätica genannten kommen, so 
sind aus dem Periplus zu diesen noch die 2 113 aufgeführten Turduli 
veteres, Paesuri, Talabrica, Conimbriga, Collippo, Eburobrittium und 
ans $ 116 Ossonoba hinzuzufügen. Im ganzen hat also Plinius von 
den 36 stipendiarischen gemeinden, die das summarium der provinz 
Lusitanien zuschreibt, 33 wirklich genannt. 
Glückstadt. D. Detlefsen. 


Zu Livius. 

Liv. XXX, 37, A: bellum neve in Africa neve extra Africam 
iniussu. populi Romani gererent. Da Livius gerade in der wie- 
dergabe der friedensbedingungen, welche Rom Karthago auferlegte, 
dem Polybios als zuverlüssigsten gewührsmann folgt, so ist es 
nicht wahrscheinlich, dass er in einer der wichtigsten angaben von 
seiner quelle abweichen sollte, ohne seinen dissensus zu begründen. 
Ich vermuthe deshalb, dass die verschiedenheit der angabe nur auf 
ein schreibversehen zurückzuführen ist. Livius wird geschrieben 
haben: bellum ne extra Africom neve in Africa iniussu populi 
Romani gererent, so dass die nühere bestimmung iniussu populi 
Romani nur zu neve in Africa gehört. Die verwechslung von 
neve für ne findet sich in handschriften auch XXXVIII, 38, 9, 
beispiele für ne — neve (neu) ebendaselbst. Durch umstellung ist, 
wie ich glaube, auch XXX, 35, 4: omnia et in proelio e$ ante 
aciem , priusquam excederet pugna, expertus zu emendiren, nüm- 
lich: omnia et ante proelium et in acie etc., wodurch der poly- 
bianische ausdruck ovra zà duvatà mowjcag xara 10v xlyduvoy 
in angemessener weise erweitert wird. 

. Darmstadt. A. Weidner. 


ll. JAHRESBERICHTE, 


46. Die griechischen historiker der späteren zeit. 


I. Dionysius von Halikarnass. 


Erster abschnitt. 


1. Dionysii Halicarnassensis opera omnia graece et latine 
cum annotationibus H. Stephani, Frid. Sylburgii, Franc. Porti, Is. 
Casauboni, Fulvii Ursini, Henr. Valesii, Jo. Hudsoni et Jo. Jac. 
Reiske. VI voll. 8. Lips. in libraria Weidmannia 1774 — 77. 

2. Dionysii Halicarnassensis opera omnia quibus etiam acce- 
dunt fragmenta ab A. Majo nuper reperta. Ed. stereotypa. 6 voll. 
16. Lips. Tauchnitz. 1823 (29). 

3. David Christianus Grimm Lectionum Dionysianarum fasc. 
I—IV. Annaberg. 4. 1783— 85. 

4. Dionysii Halicarnassensis archaeologiae romanae quae ritus 
romanos explicat synopsis. Adornavit David Chr. Grimm. — Acce- 
dunt auctaria quaedam. 8. Lips. sumtu Weidmanni hered. et 
Reichii. 1786. 

5. J. S. Horstig, explicatio Dionysii Halicarnassensis archaeo- 
logiae romanae lib X c. J—VII. 8. Lips. 1790. 

6. ovuctov  Aluxugracotuws bwuuxng GoyatoAoy(ac ta wéyou 
tovde èAlelmovra. Dionysii Halicarnassei romanarum antiquitatum 
pars hactenus desiderata, nunc denique ope codd. Ambrosianorum 
ab Angelo Majo quantum licuit restituta. 8. Mediol. 1816 (Franco- 
furti ad M. 1817). 

7. C. L. Struve, über die von Majus in Mailand  aufgefun- 
denen und herausgegebenen bruchstücke des Dionysius von Halicar- 
mass. 8. Königsberg. 1820. — 57 s. 

8. C. L. Struve, über die zweite von Majus besorgte aus- 
gabe der fragmenta des Dionysius von Halicarnass, in Jahn jahrb. 
f. phil. u. paed. VII (1828) p. 363 ff. 

9. Ph. F. Schulin de Dionysio Halicarnassensi historico, 
praecipuo iuris romani fonte. 4. Heidelb. 1820. — 97 s. 


Philologus. XXXVI. bd. 1. 9 


130 | Jahresberichte, 


10. C. G. Weissmann de Dionysii Halicarnassensis vita et 
ingenio. 4. Rinteln. 1837. — 

11. Dionysii Halicarnassensis prooemium antiquitatum romana- 
rum e codd. mss., de quorum indole et usu disputatur, emendatum a Fr. 
Ritschelio. Accedit tabula lithographica. 4. Vratisl. 1838. — 28 s. 

12. Dionysii Halicarnassensis antiquitatum romanarum capp. 
undetriginta quae ad instituta et leges Romuli regis pertinent, e 
codd. mss, emendavit et annotatione critica instruxit J. A. Am- 
brosch. 4. Vratislav. Hirt, 1840, — 38 s. 

13. Eclogae ambrosianae ad Dionysii Halicarnassensis anti- 
quitatum romanarum librum X, pertinentes e codd. mss. edidit et 
annotatione instruxit J. A. Ambrosch. 4. Vratisl. 1841, — 18 s. 

14. Ant. Guil. Ferd. Busse de Dionysii Halicarnassensis vita 
et ingenio dissertatio. 4. Berol. 1841. — 62 s. 

15. J. A. Ambrosch, Quaestionum ad Dionysii Halicarnassei 
antiquitates romanas pertinentium particula prima. 4. Vratisl. 1842, 
— 24 8, 

16. J. A. Ambrosch, Quaestionum ad Dionysii Halicarnassei 
antiquitates romanas pertinentium particula altera. 4. Vratisl. 1843. 
— 8s. 

17. J. A. Ambrosch, Ex Dionysii Halicarnassei antiquitatibus 
romanis capita, quae ad res Romuli pertinent e codd. mss. emendata. 
4, -Vratisl. 1844. — 28 s. 

18. J. A. Ambrosch, Ex Dionysii Halicarnassei antiquitatibus 
romanis capita quae sacerdotia Numae continent e codd. mss. emen- 
data, 4. Vratisl. 1845, — 17 s. 

19. J. A. Ambrosch, Ex Dionysii Halicarnassei antiquitatibus 
historiae gentis romanae particula prior e codd. mss. emendata. 4. 
Vratisl, 1846. — 33 s. 

20. J. Kuschel, de fontibus et auctoritate Dionysii Halicar- 
nassei. 8. part. I. Vratisl. 1846. 

21. Dionysii Halicarnassensis antiquitatum romanarum libri I 
capita XXX priora ex optimis codd. emendata a Frid, Ritschelio. 
4. Bonnae. 1846. — 41 s. 

22. Fr. Ritschelit de codice Urbinate Dionysii Halicarnas- 
sensis disputatio. 4. Bonnae. 1847. — 25 s. 

23. C. G. Cobet oratio de arte interpretandi grammatices et 
critices fundamentis innixa primario philologi officio. 8. Lugduni 
Bat. 1847. 

24. Fragmenta historicorum graecorum.  Collegit, disposuit, 
notis et prolegomenis illustravit, indicibus instruxit Carolus Mueller. 
vol secundum. 8. Paris. 1848. 

25. Fragmenta partim inedita Polybii, Dionysii Halicarnas- 
sensis, Polyaeni, Dexippi, Eusebii in Atho monte a Minoide Mina 
descripta edidit C. Mueller. — 18 s. 

26. Excerpta e Polybio, Diodoro, Dionysio Halicarnassensi 


Jahresberichte. 131 


atque Nicolao Damasceno, e magno imperatoris Porphyrogeniti 
digestorum opere libri zegi EnıßovAwv inscripti reliquiae. E codice 
Escorialensi a se transscripta interpretatione latina et observationi- 
bus criticis comitatus una cum locorum aliquot in eclogis megi dge- 
ing xui xaxlaç ex ipso codice Peiresciano emendatione edidit C. A. 
L. Feder. p. J. Polybii, Diodori atque Dionysii fragm. 4. Darm- 
stadi. Leske. 1840. — 80 s. 

27. Excerpta e Polybio, Diodoro, Dionysio Halicarnassensi atque 
Nicolao Damasceno e magno imperatoris Constantini Porphyrogeniti 
digestorum opere libri zegi ZmıßovAwv inscripti reliquiae, E cod. 
Escorialensi a se transcripta edidit cum notis maximam partem 
criticis C. À. L. Feder. yp. 1. Polybii, Diodori atque Dionysii 
fragmenta cum Nicolai XXV prioribus. 4.  Darmstadii. Leske. 
1849. — 134 s, 

28. C. Peter, das verhältniss des Livius zu Dionysius von 
Halicarnass zu einander und zu den alten annalisten, 4. Anclam. 1853. 

29. C. G. Cobet, variae lectiones, quibus continentur obser- 
vationes criticae in scriptores Graecos. 8. Lugd. Bat. Brill. 
1854; ed. 2. 1873. 

30. De Dionysii Halicarnassensis quibusdam locis emendandis 
dissert.-philologica, quam . . . scripsit J. J. Schmitz. 8. Bonn. 
1894. — 20 s. 

31. Exercitationes criticae in Dionysii Halicarnassensis anti- 
quitates romanas. Commentatio . . quam . . scripsit C. Schnelle, 
8. Bono. 1854. — 36 s. | 

32. Carolus Sintenis, Emendationum Dionysiacarum specimen I, 
ad virum clarissimum F. Ritschelium, professorem Bonnensem. 4, 
Servestae Anhaltinorum, 1856. — 31 s. 

33. K. W.Krüger, iudex zur griechischen sprachlehre, p. 282. 

34. C. G. Cobet, novae lectiones, quibus continentur obser- 
vationes criticae in scriptores graecos. 8. Lugd. Batav. Brill. 1858. 

35. De Dionysii Halicarnassensis antiquitatum auctoribus la- 
tins. Dissertatio philologica, quam . . . scripsit Ad. Kiessling. 8. 
Lips. Teubner. 1858. — 43 s. 

36. H. Fischer, de aliquot locis antiquitatum Romanarum 
Dionysii Halicarnassensis. 4. Meiningen. 1858. 

37. Mnemosyne, bibliotheca philologica. Scripserunt et col- 
legerunt C. G. Cobet, T. J. Haberisma etc. vol. nonum. 8. Lugd. 
Batav. 1860, s. 315 — 323, | 

Aus verschiedenen gründen scheint uns der gegenwärtige zeit- 
puukt geeignet einen prüfenden rückblick auf die leistungen für 
Dionysius von Halikarnass zu werfen, für den wir bekanntlich erst 
seit sechs jahren eine kritische ausgabe von Ad. Kiessling besitzen. 
Jetzt soll, wie wir aus den mitteilungen der verlagsbuchhandlung 
B. 6. Teubner in Leipzig (nr. 1. 1876) entnehmen, in der biblio- 
theca scriptorum graecorum et romanorum 'leubneriana von dem- 


9 * 


132 Jahresberichte. 


selben verfasser eine zweite und doch jedenfalls vielfach verbesserte 
auflage erscheinen, wonach also ein früherer plan eine grössere 
ausgabe der archaeologie des Dionysios mit vollständigem kritischen 
apparate zu veranstalten als aufgegeben zu betrachten ist. Ein 
jabresbericht nun, der es unternimmt alle bisherigen leistungen für 
diesen schriftsteller zu besprechen, muss naturgemäss in zwei sehr 
ungleiche teile zerfallen. Denn während der erste die ganze 
zeit bis zum jahre 1860 zu umfassen haben wird, in welchem der 
erste band der Kiessling’schen ausgabe erschien, gehört dem zwei- 
ten theile die litteratur von diesem zeitpunkte bis auf den heutigen 
tag an. Bei dieser eintheilung ist dann aber ferner auch noch der 
umstand in betracht zu ziehen, dass von dem erscheinen des ersten 
bandes der genannten ausgabe bis zu dem des vierten und letzten 
zehn jahre vergingen, so dass wir also erst, wie gesagt, seit 
1870 für das ganze werk unseres Dionysios einen den anfor- 
derungen der heutigen zeit genügenden text besitzen. Doch auch 
die erste bei weitem grössere periode zerfällt für sich wie- 
derum in zwei abschnitte, die durch das jahr 1838 gebildet wer- 
den; damals nemlich gab bekanntlich Fr. Ritschl sein erstes pro- 
gramm über Dionysius heraus, dem später zwei andere nachfolgten 
und leitete dadurch die beschäftigung mit diesem schriftsteller in 
diejenige bahn, in der sie von da an geblieben ist. 

Wenn nun zu dieser gegebenen eintheilung nach jahren unsere 
nachfolgende besprechumg dem umfange und der genauigkeit nach 
im umgekehrten verhältniss stehen wird, so wird das niemand wun- 
der nehmen; sind doch alle leistungen bis 1860 resp. 1870 mehr 
oder minder bei Kiessling selbst zur verwendung gekommen. 

Indem ich in bezug auf diejenige litteratur, die vom jahre 1480, 
wo die lateinische übersetzung des Florentiners Lapus Biragus her- 
auskam, bis 1774 erschienen ist, auf Fabricius Biblioth. graec. vol. 
IV. p. 386 ed. Harl., sowie auf die artikel über Dionysios in der 
Realencyclopädie der classischen altertumswissenschaft von A. Pauly 
JI. p. 1082 ff., und von Ersch und Gruber I. s. 25 p. 332 ff. ver- 
weise, beginne ich meine betrachtung mit 1774 d.h. also demje- 
nigen jahre, in welchem die unter Jo. Jac. Reiske's namen 
gehende ausgabe (nr. 1) ihren anfang nahm. Wie schon der 
titel anzeigt, sind in dieser ausgabe sämmtliche schriften des 
Dionys enthalten, nicht nur die antiquitäten in tom. I— IV — 
auch die von Ursinus und Valesius veröffentlichten fragmente sind 
tom. IV p. 2309 ff. zum abdrucke gekommen, — sondern auch die 
rhetorischen schriften in tom. V und VI. Ausser einem index ver- 
borum et formularum quae in D. H. ant. rom. und einem ebensolchen 
quae in rhetoricis D. H. operibus visae sunt memorabiliores finden 
wir für beide werke noch einen index rerum notatu digniorum, 
sämmtlich am schlusse des VI. bandes. Der IV. band endlich ent- 
hält in seiner zweiten hälfte noch eine zusammenstellung der leges 


Jahresberichte. 133 


rogiae et leges decemvirales Iusti Lipsii opera studiose collectae 
und Henrici Dodwelli chronologia graeco-romana pro hypothesibus 
Dionysii Holicarnassei mit den notae ad chronologiam. 

Zwar ist es hinlänglich bekannt, kann aber nicht oft genug, 
wie ich glaube, betont werden, dass der antheil, welchen Reiske an 
dieser leipziger ausgabe hat, nur ein sehr geringer ist. Nachdem 
nemlich 1704 zu Oxford Hudson's ausgabe erschienen war und 
durch die lesarten des codex Vaticanus oder Urbinas aufsehen erregt 
hatte, beabsichtigte die genannte leipziger buchhandlung einen abdruck 
derselben zu veranstulten. Das ungünstige urteil Reiske's über 
jene mehr durch äussere schónheit, als durch innern werth ausge- 
zeichnete englische ausgabe (vgl. Reiske tom. I praef. p. X) ver- 
anlasste den leiter der buchhaudlung sich an Reiske zu wenden, 
und seine hülfe bei dem besagten unternehmeu zu beanspruchen. 
Daraufhin nahm sich nun Reiske der sache in der weise un, dass 
man ihm die bogen vor dem abdrucke zur revision zuschickte, die 
er durchsah, sie von den vorhandenen zahlreichen druckfehlern der 
Hudson'schen ausgabe reinigte und die schlechtere vulgata durch 
die bessern lesarten des Vaticanus ersetzte, vgl. p. XII. Aber auch 
diese thütigkeit Reiske's nahm erst von p. 479 ihren anfang, da 
der druck bereits soweit gefördert war, als man sich an ihn wen- 
dete. Der eigentliche und unschätzbare werth dieser nun unter sei- 
nem namen gehenden ausgabe beruht demnach nicht sowohl im texte, 
als vielmehr in den scharfsinnigen jedem bande angehüngten an- 
merkungen. Mehr über diese allgemein bekannte, bis 1870 vor- 
wiegend gebrauchte, auch heute noch üusserst brauchbare ausgabe zu 
sagen, scheint mir überflüssig. — Dringend zu wünschen wäre es 
übrigens, dass jeder, der sich mit Dionys beschäftigt, doch wenig- 
stens auch vorher, ehe er eine schlechte oder gute verbesserung 
vorschlägt, in den text und jedenfalls auch in die anmerkungen 
von Reiske hineinsehen möchte; es ist geradezu unglaublich, wie 
neuere kritiker diese erste anforderung, die man an sie stellen muss, 
vernachlässigen und dann als ihr eigenthum das ausgeben, was 
hundert jahre vor ihnen Reiske gefunden hat. 

Wenn ich vorhin Reiske's ausgabe die bis 1870 vorwiegend 
gebrauchte nannte, so war mir dabei wohl bekannt, dass inzwischen 
noch eine stereotypische ausgabe (nr. 2) der sämmtlichen werke 
erschienen war. Da aber in dieser nur wieder der entstellte text 
abgedruckt wurde und weder die bessern lesarten der haudschriften 
noch die so oft glänzenden änderungen Reiske’s die gebührende 
beachtuug fanden, so kann diese ausgabe nicht weiter in betracht 
kommen. 

Doch muss ich noch einmal zu den erscheinungen des vorigen 
jahrhunderts zurückkehren, da David Christian Grimm (nr. 3) je- 
denfalls nicht unerwähnt bleiben darf. Abgesehen nemlich davon, 
dass durch genauere kenntniss der handschriftlichen überlieferung 


134 Jahresberichte. 


eine reihe von seinen änderungen hinfällig geworden ist, finden sich 
hin und wieder auch heute noch brauchbare vorschläge, die, wie es ja 
so manchmal geht, von andern späterhin nicht beachtet, zum zwei- 
ten und dritten male wiederholt worden sind. So urtheilt Grimm 
fasc. II entschieden richtig über I, 69 (84, 23 K.), wenn er die 
worte 10» Alvelav einem glossator zuweist. Wir finden diese an- 
sicht ohne Grimm zu nennen von H.Sauppe Gótt. gelehrt. anzeigen 
1861 bd. III p. 1846 wiederholt. Ebenso weiss Ad. Kiessling, 
wie es scheint, nichts von dem vorschlage Grimms (fasc. IV) zu 
II, 47 (170, 19), woselbst wir in seiner ausgabe noch folgendes 
lesen: &do&s roig Baoılevow — dindacior tov mQorfoov storjoue 
10» rüv nurgıxlwv dosTuov, mQocxaroAÉEavrag ody roig Empare- 
oraross olxoig ix 1ü)v vorsgov Enoıxnoarıwv Toovg toig neotégoss 
vewregoug, ovg ixaAtGav matgixlovs, wenigstens erwähnt er in der 
adn. critica nur den vorschlag von Sylburg ovs xoi avrovs éxdlecav 
zargixíovg zu schreiben. Ich füge hinzu, dass Ambrosch (ex D. H. 
a. r. capita quae ad res Romuli pertinent e codd. mss. emendata 
Vratisl, 1844) diese änderung für vollkommen sicher erklärt eben- 
falls ohne auf Grimm rücksicht zu nehmen, wogegen Kiessling 
später (zur kritik der röm. arch. des D. v. H. Basel. 1868. p. 8) 
vewr£govg hinter urgıxloug versetzen und also ovg èxdAecav xa- 
toextovg vewrégous schreiben will, womit allerdings dem überliefer- 
ten unsinn abgeholfen ist. Doch will mir scheinen, dass wir diese 
umstellung nicht brauchen, sondern sehr wohl mit Grimm nur die 
interpunction ändern und das komma nach zeor£goıs setzen kön- 
nen, so dass der relativsatz bei vewrégouc beginnt. Die voranstel- 
lung dieses wortes vor ovs ist dabei durch den gegensatz meor£- 
gots — vewréoove bedingt; auch sonst lässt übrigens Dionys solche 
wortstellung nicht selten eintreten wie z. b. V, 75 (206, 9) ov dé 
zoonov — — xal x6cuov olo» mtgifOnxt. — Ich begnüge mich 
mit diesen wenigen bemerkungen und weise auf die grüssere schrift 
desselben verfassers hin. In diesem buche (nr. 4) giebt Grimm 
einen auszug alles dessen aus Dionys, was sich auf verfassung, 
staats- und religionswesen des rômischen staates bezieht, wobei er 
die reihenfolge der bücher einhalt. Die unter den text, der nach 
Reiske gegeben wird, gesetzten anmerkungen sind theils erklürender 
art, theils geben sie die abweichenden lesarten und vorschlüge 
anderer an. Am schlusse des buches findet sich ein brauchbarer 
index graecitatis. 

Nachdem noch die schrift von J. Sam. Horstig (ur. 5) er- 
schienen war, die mir unbekannt geblieben ist, ruhte die beschüfti- 
gung mit Dionysius bis zum jahre 1816, in welchem A. Mai die 
von ihm gefundenen fragmente herausgab (nr.6). Während die 
frühern ausgaben des Dionys (Reiske tom. IV. p. 2309 — 2365) 
nur diejenigen excerpte aus den verloren gegangenen büchern 
XII — XX enthielten, welche aus der bekannten excerptensamm- 


Jahresberichte. 135 


lung des Constantinus Porphyrogeneta unter dem titel êxloyui 
roi nosofeuuv Fulvius Ursinus 1582 zu Antwerpen, unter dem 
titel éxloyai seo aperis xai xaxlas H. Valesius 1634 zu Paris 
herausgegeben hatte, veröffentlichte hier A. Mai ausser diesen ex- 
cerpten noch dasjenige, was er selbst auf der Ambrosianischen bi- 
bliothek zu Mailand in zwei papiernen handschriften (cod. @ s. XIV 
und cod. A s. XV) gefunden hatte. Zwar enthalten diese hand- 
schriften mehr als nur excerpte aus den uns verloren gegangenen 
büchern, allein A. Mai glaubte die aus den erhaltenen ihres gerin- 
gen umfanges wegen weglassen zu dürfen. Dieses nun so aus 
verschiedenen stücken zusammengesetzte buch erschien zuerst in 
gross quart in uncialbuchstaben gedruckt prachtvoll ausgestattet 
1816 zu Mailand, ein jahr später zu Frankfurt als abdruck. Wenn 
auch die ansicht von A. Mai in diesem funde die von Dionysius 
selbst angefertigte epitome seines grossen werkes zu besitzen sehr 
bald durch Ciampi und Struve widerlegt wurde, so behielten des- 
halb natürlich doch die neuen excerpte ihren werth. 

Nicht lange nach dem erscheinen dieses so pomphaft angekün- 
digten buches A. Maïs bewies C. L. Struve (nr. 7), dass die von 
A. Mai in der vorrede zu seinem buche ausgesprochene vermuthung 
den bis dahin für verloren gehaltenen auszug des Dionysius gefun- 
den zu haben ein unding sei; die beschaffenheit der entdeckten 
brachstücke, die aus kurzen inhaltsanzeigen und notizen neben lan- 
gen briefen und reden beständen, mache die annahme Maïs geradezu 
unmöglich. Im weitern zieht Struve daraus, dass der grösste theil 
der Mailändischen excerpte, wie er sie kurz nennt, für sich be- 
steht und nicht das wiederholt, was sich in den andern befindet, — 
vier stellen sind allerdings auszunehmen, wo das nicht der fall ist — 
den schluss, dass die mailändischen excerpte nicht zu jener grossen 
sammlung von auszügen des Constantinus gehört haben, sondern 
eine für sich bestehende excerpten-sammlung ausmachen. — Nach 
dieser auseinandersetzung über das verbiltniss der drei excerpten- 
sammlungen zu einander, behandelt Struve die zweite wichtige 
frage: geben sie uns diese abschuitte aus des Dionysius grösser 
werk wörtlich wieder, oder ist nur der sinn, das historische, aus 
dem Dionysius geschöpft, die einkleidung aber und die sprache ei- 
genthum der spätern, welche excerpirt haben? Nach Struve nun 
lassen sich die fragmente in drei verschiedene abtheilungen bringen : 
1) kurze inhaltsanzeigen ganzer abschnitte, oder 2) längere weit- 
läuftigere auszüge, aber immer doch auszüge noch mit verkürzung 
der worte und auslassung von ganzen sätzen, oder endlich 3) grös- 
sere wörtlich übertragene stellen. Abgesehen von nr. 3, wo natürlich 
die eigenen worte des Dionysius wiedergegeben werden, beweist 
Struve, dass wir auch in nr. 1 und 2 meistens Dionysius eigene worte 
haben. Nachdem derselbe dann noch kurz zwei schon vorher nur 
erhobene anklagen gegen Mai beweist, nemlich dass ihm genaue 


136 Jabresberichte. 


sprachkenntniss und vielleicht auch übung im lesen alter griechi- 
scher manuscripte fehle, lässt er eine reihe von verbesserungen zum 
Dionysius, buch XII — XX, folgen, von denen wir sehr viele im 
texte von Kiessling wiederfinden. Ich begnüge mich die stellen 
des XII. buches hier anzuführen, um einen einblick in die Struve' 
schen verbesserungen zu geben. XII, 4 (179, 18) résov ob» teva 
Aîxov MiMov. XII, 5 (180, 4) zov vor Boufüroç eingesetzt. 
XII, 6 (180, 21) Padeïar stonvar. XH, 6 (180, 24) zug noL- 
Tıxac tapayag. XII, 8 (182, 7) xamvéyIn. (182, 15) éyévero. 
XII, 9 (183, 15) gogzafwy. XII, 10 (183, 21) ueïor. (183, 27) 
xataBudeiy, XII, 11 (185, 2) avi. (185, 5) cuvovzas. (185, 
9) nsqiiafov. XII, 12 (185, 17) ovy 7 ouosw XII, 13 (186, 
14) roig 9vgew. XII, 14 (187, 21) u&àoi. XII, 15 (127, 28) 
mequxelmevov. 

Auch in den andern büchern ist die zahl der vou Struve vor- 
geschlagenen und von Kiessling mit recht in den text aufgenom- 
. menen änderungen eine höchst bedeutende; wenn ihm natürlich auch 
nicht immer sofort die richtige verbesserung gelungen ist, so hat 
er doch wenigstens meistens dann das verdienst den sitz des feh- 
lers richtig erkannt zu haben. 

Bald jedoch sollte sich von neuem für Struve eine gelegen- 
heit bieten auf die excerpte des Dionysius zurückzukommen. Im 
jahre 1827 uemlich erschien zu Rom der zweite band der Scripto- 
rum velerum nova collectio e vaticanis codicibus edita ab Angelo 
Majo, enthaltend Historicorum graecorum partes novas. Hierin 
befand sich auch ein neuer titel der eclogen des Constantinus Por- 
phyrogeneta, nemlich der weg? yrœuür. Obwohl sich nun im vati- 
canischen codex auszüge aus der archäologie des Dionys nicht be- 
fanden, nahm Mai dennoch in diesen zweiten band die schon 
früher einmal von ihm herausgegebenen fragmente (p. 465 — 526) 
auf, mit ausnahme allerdings der früher damit verbundenen Va- 
lesischen und Ursinischen excerpte. Dieser umstand bewog Struve 
eine abbandlung (nr. 8) zu schreiben, die ebenfalls mit recht viel 
aufseben erregte: daher nur passend sie wie nr. 7 sich wieder 
abgedruckt findet in C. L. Struve opuscula selecta ed. J. Th. 
Struve, vol. I. p. 161 — 242. Lipsiae 1854. 8. Seine frü- 
bere ansicht, dass sein aus verschiedenen excerpteu xusammen- 
gestoppeltes buch einen theil einer von Dionysius selbst in füuf 
büchern verfertigten epitome seines werkes ausmache, hatte A. 
Mai zwar in der vorrede seiner neuen ausgabe zurückgenom- 
men, statt dessen aber drängt sich ihm, wie Struve Opusc. I 
p. 213 sich ausdrückt, nun ein neues phantom wieder auf, es seien 
nemlich diese excerpte ein iutegrirender theil des von ihm wieder 
aufgefundenen titels xegi yrwuwy. Weiterhin zeigt dann Struve 
klar und deutlich, dass die bewussten excerpte des Dionys dem 
genannten titel nicht angehört haben können. Ist doch nur sehr 





Jahresberichte, 137 


weniges darin gnomisch zu nennen; schlachten, zweikümpfe, be- 
lagerungen, geographische notizen, gründungen von städten u. dgl. 
machen den hauptinhalt aus. Einem bestimmten titel jedoch die 
excerpte zuzuweisen ist Struve nicht im stande. 

Nachdem noch Ph. F. Schulin (nr. 9) und Weissmann, 
(or. 10) über werth wie leben des Dionysius geliandelt hatten, er- 
schien ein jahr darauf das von mir schon oben erwähnte erste 
programm Ritschl’s. Durch diese schrift, in welcher derselbe 
das prooemium der archäologie d. h. also buch I, c. 1— 8 mit 
kritischem apparate und der lateinischen übersetzung des Lapus Biragus 
herausgab, woran sich von p. 16 eine besprechung der Dionysius- 
handschriften anschloss, kam endlich auch die kritik in diesem 
schriftsteller in das einzig richtige geleise. Damit beginnt eine neue 
periode für Dionysius und es ist nur natürlich, wenn von nun an 
die beschäftigung mit diesem schriftsteller eine rege wird. Im ver- 
eine mit J. Ath. Ambrosch, der bei einem längern aufenthalte in Italien 
den kritischen apparat für die archäologie gesammelt hatte, gedachte 
damals Fr. Ritschl dieselbe in der weise herauszugeben, dass er den 
gereinigten text, Ambrosch die erklärenden anmerkungen besorgte. 
Leider ist dieser plan nie zur ausführung gekommen und eine reihe 
von abhandlungen beider männer ist alles, was aus ihrer beschäf- 
tigung mit Dionysius hervorgegangen ist. Diesem plane gemäss 
gab nun bald darauf auch Ambrosch sein erstes programm her- 
aus (nr. 12): auf ein kurzes vorwort, in welchem derselbe über 
die benutzten handschriften spricht — im übrigen verweist er auf 
die genannte abhundlung von Ritschl — und einigen wenigen be- 
merkungen über die sachliche erklärung, folgen die 29 ersten ca- 
pitel des zweiten buches. — Schon im folgenden jahre liess Am- 
brosch eine zweite abhandlung folgen (nr. 13), in der er, wie 
schon der titel anzeigt, diejenigen excerpte aus Dionys herausgab, 
welche dem X. buche angehören und ebenfalls ia den von A. Mai 
zu Mailand auf der ambrosianischen bibliothek gefundenen papier- 
handschriften A und @ enthalten sind, von A. Mai selbst aber da- 
mals nicht veröffentlicht worden waren. Es erfüllte durch den ab- 
druck dieser excerpte Ambrosch wenigstens zum theil den wunsch 
Struves, den er in seiner ersten abhandlung (opusc. vol. I. p. 168) 
geäussert hatte; zugleich aber wird seine vermuthung, dass in den 
grüssern, wie in den kleinern excerpten soweit es irgend anging, 
Dionysius eigene worte beibehalten sind, bestätigt. Durch die von 
Ambrosch p. 1—8 vorangeschickten bemerkungen über die beschaf- 
feuheit dieser eclogae, sowie durch den text p. 9—18 und die im 
drucke deutlich gemachten verschiedenheiten der excerpte und des 
ganzen werkes, erhalten wir ein deutliches bild der eclogae Am- 
brosianae. 

Gleichzeitig erschien ferner zu Berlin die abhandlung von 
Busse (ar. 14), über die ein urtheil in Jahn’s jahrb, f, phil. und 


138 Jahresberichte, 


paed. bd. 35 (1842) p. 105 also lautet, das ich mir hier karz 
wiederzugeben erlaube, da mir die schrift selbst unbekannt geblie- 
ben ist: eine klare und umfassende untersuchung, hervorgerufen 
durch Niebubrs zweifel an dem historischen werthe des Dionysius 
als geschichtsschreibers, und auf die widerlegung derselben, wie auf 
die berichtigung mehrerer ansichten Krüger's und Ulrici’s über 
Dionysius gerichtet. In drei abschnitten verhandelt der verf. I) de 
vita et arte rhetorica Dionysii; M) de philosophia Dionysii; HI) de 
historiae vi et natura, was der schwächste theil der untersuchung 
ist, weil des Dionysius geschichtswerk zu sehr von den gegen- 
würtig herrschenden gesichtspunkten der geschichtschreibung aus 
beurtheilt ist: weshalb auch die gegen Krüger und Ulrici gerichte- 
ten erörterungen kein gehöriges gewicht erlangen. 

Zur geburtstagsfeier von Friedrich Wilhelm IV. 1842 gab 
Ambrosch die festschrift heraus, welcher wiederum eine abhand- 
lung über Dionysius (nr. 15) voranging, an welche sich von demsel- 
ben vf. im folgenden jahre eine zweite abhandlung (nr. 16) an- 
schloss. Im ersten programm geht Ambrosch von der frage aus, ob 
das bei Dionys so häufig wiederkehrende wort yevex eine bestimmte 
anzahl von jahren bezeichne — nach Glareanus, Sylburg und an- 
dern soll yeve@ einen zeitraum von 27 jahren umfassen, wogegen 
H. Dodwell in seiner abhandlung de aetate Dionysii Halicarnassei 
obiterque de yere&c modo quam adhibet in chronologia sua Diony- 
sius (bei Reiske tom. J. p. XLVI ff.) leugnet, dass Dionysius durch 
‘yevex einen bestimmten zeitraum von jahren ausdrücken wollte — 
ausgehend also von diesem worte yevea prüft Ambrosch diejenigen 
stellen der archäologie, die dabei in betracht kommen, doch so, 
dass er sich hin und wieder nöthige abschweifungen erlaubt. Aus 
einer reihe von stellen, die Ambrosch 2 1—7 bespricht, kommt er 
€ 8 zu dem schluss: haec omnia, quae attulimus, id videntur effi- 
cere, ut Dionysium vocabulo yeved spatium temporis certum idque 
annorum XXVII, si non ubique, at certe plus semel significare, 
non temere existimemus, und geht zugleich zu solchen stellen über, 
die sich dieser annahme nicht fügen zu wollen scheineu e 8 — 11. 
Nach solchen vorbereitungen macht er sich % 12 an eine stelle, 
über die er sich also üussert: locum si verba consideras, facillimum, 
sin sententiam in paucis difficilem; er meint damit Il], 69 extr., 
woselbst, wie er beweist, statt der handschriftlichen lesart sixoor;v 
70g xoi 1eragınv yevecy vielmehr elxoorny 707 xal mouwryr zu le- 
sen sei; hereingekommen aber ist der fehler durch die verwechse- 
lung der abschreiber von 4 und 4. Bei Kiessling findet sich in 
der adn.critica hierauf wunderbar genug keine rücksicht genommen. 
Anknüpfend an das gewonnene resultat bespricht endlich Ambrosch 
G 13 noch solche stellen, welche sich auf das leben des Dionysius 
beziehen. Es schliesst derselbe seine eingehende und sorgfültige 
abhandlung, indem er in bezug auf die frage quid nobis de tem- 


Jahresberichte. 139 


pore antiquitatum tam conscriptarum quam editarum, atque de usu 
yevewy videatur. statuendum esse, auf die nachfolgenden programme 
verweist, 

Im anschlusse bieran handelt nun Ambrosch in dem bereits 
oben angeführten programm des jahres 1843 über die annalıme der 
gelehrten, dass Dionys nicht mehr lange nach der herausgabe der an- 
tiquitäten gelebt haben könne, weil von allen schriften, auf die er 
in der archäologie ziemlich deutlich an verschiedenen stellen hin- 
deute, uns keine spur erhalten sei, und weist dieselbe als unrichtig 
nach. Zur grundlage seiner untersuchung macht er dabei die 
schlussworte von buch I, 90 xuvra avufdidouas zuvım sic rov. 
ntQi ing moditelac avi» OGvyyoupnoouerov Aoyow und zeigt, dass 
diejenigen irren, welche aus diesen worten auf ein neues werk des 
Dionys meoì 176 modstelag tw “Pwualwr schliessen; vielmehr gehe 
dieser ausdruck auf den inhalt der folgenden biicher selbst. — Auch 
für jedes der drei nächstfolgenden jahre ist je ein programm von 
Ambrosch zu verzeichnen: zuerst nr, 17, worin derselbe 26 ca- 
pitel des II. buches, nemlich 30 — 56 mit kritischen und erklüren- 
den anmerkungen herausgab, so dass wir darin eine fortsetzung 
seines ersten 1840 veröffentlichten programms selien können. 
Gleichsam das gegenstück dazu bildet nr. 18, worin nach kurzem 
vorwort in gleicher weise lib. Il, 64 — 74 behandelt werden. — 
In seinem letzten programm (nr. 19) endlich gab Ambrosch 29 
capitel des ersten buches, nemlich lib. I, 9—38 heraus. Eine ünde- 
rung zu den vorangehenden abhandlungen ist nur insofern einge- 
treten, als Ambrosch durch Hertzberg auf den cod. Elbingensis auf- 
merksam gemacht denselben hier zum ersten male mit benutzte. 

Wahrscheinlich angeregt dnrch Ambrosch veröffentlichte J. K u- 
schel eine abhandlung (nr. 20), welche mir nicht näher bekannt 
geworden ist. Es sei mir deshalb erlaubt die worte Kiesslings aus 
seiner schrift de D. H. antiq. auctoribus latinis p. 5 herzusetzen, 
welche also lauten: neque multum profecimus Kuschelii docta et 
diligenti de primi antiquitatum libri fontibus dissertatione Vratis- 
laviae 1842 (?) edita, cum illius libri rationes tam sint singulares, 
ut inde fere nihil de relicuis adsequi possis. — Ausser diesen bei- 
den arbeiten über Dionysius ist aus demselben jahre noch das zweite 
programm von Fr. Ritschl zu verzeichnen (nr. 21), in welchem 
derselbe nach einem kurzen vorwort (1 — 4) den griechischen text 
und die lateinische übersetzung des Lapus Biragus von buch J, 9 
— 90 zugleich mit dem kritischen apparat herausgab. 

Gerade ein jahr später erschien das dritte und letzte programm 
Ritschls über Dionysius (nr. 22) Wenn wir hier auf diese 
für die kritische behandlung des Dionysius äusserst wichtigen ab- 
handlungen Ritschl’s nicht weiter eingehen, so geschieht es deshalb, 
weil wir es für besser balten die handschriftenfrage, wenn auch 
nur kurz, nachher im zusammenhange zu erörtern. Darum sei für 


140 Jahresberichte. 


jetzt auf Cobet (nr. 23) ebenfalls nur hiugewiesen; wir werden 
später sehen, inwiefern auch dieses werk in einen jahresbericht 
über Dionysius gehört. 

Das jahr 1848 brachte uns wiederum eine vermehrung der 
fragmente des Dionysius, indem Carl Müller in seinen Frag- 
menta historicorum graecorum bd. II. (nr. 24) zu den fragmenten 
von 72 historikern noch hinzufügte: bisher unedirte fragmente von 
Diodor, Polybius, Dionysius von Halikarnass aus einem codex 
Escorialensis p. VII—M XLII. In der vorrede p. IV spricht C. Mül- 
ler mit wenigen worten über den codex Escorialensis, der wie wir 
erfahren, dem 16. jahrhundert angehört und ausser Aelians variae 
historiae und anderm unter dem titel: wegi émPovdwy xura Paci 
Lewy yeyovunuv &xAoyul excerpte. aus Nikolaus von Damaskus, Jo- 
annes von Antiochia, Georgios Monachos, Diodor und Dionysius 
von Halikarnass enthält. Was nun die fragmente aus letzterem 
anbelangt, die uns ja natürlich einzig und allein hier angehen, 
so finden sich diese p. XXXI— XLII, und zwar sind sie buch 
XII, XV und XX entnommen. Schon früher übrigens hatte C. 
Müller fragmente des Dionysius aus dem titel neo Orournyn- 
pnarwv herausgegeben und sie dem band IJ. der ausgabe des Flavius 
Josephus von W. Dindorf, Paris 1847, angefügt (nr. 25). Be- 
kanntlich sind diese fragmente mit der aufschrift xolkogxius diu- 
ydowv nodswy von Minas auf dem berge Athos gefunden, später 
übrigens auch von G. Wescher unter dem titel Poliorcetique des 
Grecs etc. Paris 1867 veröffentlicht worden. 

Gleichzeitig mit Müller gab auch C. Aug. L. Feder (nr. 26), 
die genannten fragmente heraus, der schon achtzehn jahre früher 
dieselben aufgefunden, damals auch genau abgeschrieben, die be- 
kanntmachung derselben aber immer von einem jahre zum andern 
verschoben hatte. Darauf gab fast unter gleichem titel derselbe 
vf. die abhandlung nr. 27 heraus, wozu ferner noch eine dritte 
kommt, die mir unbekannt geblieben ist; sie erschien 1855. Ich 
muss hier darauf verzichten eingehender über die verbesserungen 
und vorschläge von Müller, Feder und andern zu handeln, und 
bemerke nur, dass auch sie wie Struve an nicht wenigen stellen 
zur verbesserung des oftmals arg entstellten textes der verloren ge- 
gangenen bücher beigetragen haben, 

Nur im vorübergehen sei auf C. Peter (nr. 28) aufmerksam 
gemacht, da ich das programm nicht habe erlangen können; (es 
ist dem vernehmen nach dem vf. selbst nicht mehr möglich, ein 
exemplar anzuschaflen) doch wird sein inhalt wenigstens zum theil 
vom vf. selbst in seinem aufsatze: Dionysius von Halikarnass und 
Livius (Rhein. mus. XXIX. p. 532) angedeutet. 

Das jahr 1854 bracbte drei mir bekannt gewordene arbeiten 
über Dionysius welche sich simmtlich mit texteskritik beschäftigen. 
Ich meine die von Cobet (nr. 29), von Schmitz (ur. 30) und 


Jahresberichte. 141 


Sehnelle (nr. 31). Cobet nimmt an zahlreichen stellen seines 
buches auch auf unsern historiker rücksicht und verbessert mit 
glücklicher hand den oftmals schlimm entstellten text. Das ist 
z.b. der fall p. 6, wo er das handschriftlich überlieferte euruyws 
XI, 29 (270, 14) in edpuyüs umändert, während Sylburg &ruywg zu 
schreiben geneigt war; Reiske vertheidigt die überlieferung, wobei 
er dahin gestellt sein lässt, ob es mit dnodavsiv oder aywvibopt- 
vois zu verbinden ist. L. Kayser, der Cobet's schrift in Fleck. 
jahrb. bd. 73 (1856) angezeigt hat, nennt p. 166 diese änderung 
Cobet’s nicht gelungen , sondern verlangt mit Reiske (muss heissen 
Sylburg) GTUY GG , das das vorhergehende cup. verlange. Kiessling 
hingegen hat evyvyws in den text aufgenommen, nur durfte er in 
der adn. critica nicht anmerken: evruyws libri, quod correxi. Uebri- 
gens konnte Cobet als parallelstelle X, 27 (43, 3) euwuyws dyw- 
niGouéross «nodavetv anführen. Wie hier hat auch noch an fol- 
genden andern stellen Kiessling sich eine änderung zugeschrieben, 
die doch zehn jahre früher Cobet gemacht hat; demnach wird sein 
name einzusetzen sein V, 53 (177, 20) orovdais für onovdaic. 
Cobet p. 200. VIII, 18 (122, 22) eisßıuouuevos für das überlie- 
ferte Exßınsuuevog. Cobet p. 280. VI, 62 (286, 8) diadvoe für 
diudver. Cobet p. 362, der auch deuyet im fut. verlangt; ob mit 
recht bleibt dahingestellt; Kayser billigt es p. 166. Während 
hier also Cobet das verdienst der verbesserung gebührt, hat er an- 
derswo selbst änderungen vorgeschlagen und sich zugeschrieben, 
die Sylburg, Reiske und andern zukommen: X, 1 (2, 3) war tots 
zgonosg für roig àmiQónowc schon von Reiske, ézodsxvvpfrw» für 
Imdeixvuuevov schon von Sylburg nach dem cod. Urb. verlangt, 
und steht bereits bei Reiske. Cobet 283. X, 44 (67, 14) è£e- 
louvrec für é&E5agovvreg schon von Sylburg vorgeschlagen. Cobet 
p. 35. Ebenso war XI, 62 (170, 2) pegorzus für palvovras auch 
von Sylburg vor Cobet p.121 angeraten, wie endlich 111,41 (279, 
3) «Aug für &AAag. Cobet 365; Kayser spendet ihm trotzdem für 
letztere änderung noch ‚ganz besonderes lob. Mit recht hat Kiess- 
ling mit erwähnung seines namens aufgenommen VIII, 51 (166, 2) 
ave el für avete. Cobet p. 35. IX, 25 (262, 25) zóAsuog — 
Xovgog épulvero für m. — yonordc igalsero. Cobet 236. II, 13 
(132, 1) bieten die hs. ausser B nach ünavres noch 0 xoi oí voy 
xuréornour, was Cobet 371 entfernt wissen wollte. Nicht anders 
verhält es sich mit den eingeschobenen worten VIII, 49 (163, 21) 
ixavüy Ev ruoudesyuu xol olxeiov, welche Cobet 371 als unecht 
bezeichnet, — Nicht aufgenommen hat Kiessling IX, 47 (294, 19) 
das von Cobet 41 vorgeschlagene ous für &ofouos; auch mir 
scheint eine änderung unnötig. Anführen konnte Kiessling in der 
ado. crit. zu VIII, 26 (132, 26), dass Cobet 298 die überlieferten 
worte of viv Ovreg als erklärung von olde aus dem texte entfernt 
wissen will; Kiessling schlägt fragend magovreg vor; eher dürfte 


142 Jahresberichte. ' 


Cobet recht haben. — Die beiden andern schriften dieses jahres, 
nr. 30. 31, sind Bonner doctordissertationen durch Ritschl hervor- 
gerufen. Schmitz behandelt in seiner kleinen schrift eine anzahl 
von stellen aus den ersten sechs büchern, wozu ihm Ritschl mit 
bekannter freundlichkeit die collationen vom cod. Urbinas und Chi- 
sianus zur einsicht gab. Von den angeführten vorschlägen, die er 
zur textesänderung macht, hat Kiessling eine kleine zahl spüterhin 
in den text aufgenommen, so I, 39 (47, 12) olóutvog deiv für 
olousvog sivas. I, 58 (71, 25) réwç ye für vewort. 1, 67 (81, 
32) haben die hs. nach xowodéviwy noch 2x zov vew oder èx rov 
vaov, das Schmitz gewiss mit recht als dittographie von 2x row 
Aaoviriov ansieht und streicht. I, 87 (112, 5) dsouxovuérou für 
dswxopévov. 11], 29 (261, 29) ày9oo( für éydooïis der hs. hat 
aufnahme gefunden. VI, 44 (264, 10) gehört die entfernung des 
7 Schmitz, nicht Kiessling an, der in der adn. crit. seclusi hinzu- 
fügt. — 

i Auch Schnelle (br. 31) beschrinkt sich auf die gleichen 
sechs bücher, wobei er ebenfalls Ritschl’s collationen der hs. be- 
nutzen konnte; seine schrift zerfällt in vier capitel: 1) de simpli- 
cibus librariorum erroribus; 2) de glossematis; 3) de lacunis; 
4) de transpositionibus. — Wenn auch das urtheil, das C. Sintenis 
(Zarncke’s centralblatt 1865 p. 743) in den worten: selbst des 
herrn Schnelle zum theil höchst wundersame kritische versuche zu 
verzeichnen hat der herausgeber (Kiessling) nicht verschmäht, ein 
hartes ist, so ist es doch gerecht, und zum grössten teile wird die 
anführung der vorschläge von Schnelle kiinftighin auch in der adn. 
erit. unterbleiben können, geschweige denn dass ihnen im texte ein 
platz einzuräumen wäre. Nur sehr wenigen dürfte diese ehre zu 
theil werden. Ill, 16 (235, 1) nimmt Schnelle mit recht an ogo- 
Aoyodvres anstoss, doch trifft er mit ouoloyouueros kaum das -rich- 
tige. V, 36 (155, 15) schlägt er für das in den hs. befindliche 
ög mit leichter änderung wg vor, während Kiessling è£ ov in den 
text setzt, später (Basl. progr. 1868 p. 15) og aus 09ey verderbt 
sein lässt, wogegen L. Kayser in der recension dieses pro- 
gramms (Heidelberg. jahrb. 1868 p. 678) óg ohne ersatz gestri- 
chen wissen will. Mir scheint wg die einfachste änderung mit ei- 
nem wenigstens erträglichen sinne. Unzweifelhaft richtig ist von 
Schnelle IV, 79 (103, 18) &xxowsdn; hergestellt. V, 46 (167, 10) 
hat derselbe so weit recht, als où vor wixgug fehlt; nur ist nicht 
xov zu schreiben; ebendaselbst hat Kiessling (167, 30) zoAA@ 
zAslooıw élarious für das überlieferte szoAAezAnocío:g aufgenommen, 
sowie V, 53 (177, 30) auf seinen vorschlag avroig geschrieben 
statt ovrwc. — 

In dem JI. cap., das über glosseme handelt, finden sich neben 
sehr zahlreichen willkürlichkeiten nur wenig sichere beweise der 
unechtheit einzelner worte. Dass Ill, 22 (245, 27) zoig éoyouérois 











Jahresberichte. 143 


unecht sein muss, ist mir durch Schnelle’s auseinandersetzung eben- 
sowenig bewiesen, als ich Ill, 62 (301, 16) von der unechtheit 
der worte yezuva 1€ noggugovy yevoocnuoy überzeugt bin. Schnel- 
les vermuthungen über IV, 4, IV, 24 wol auch IV, 47, IV, 62 
werden wir künftighin auch in einer adn. critica gern entbehren, 
V, 17 (133, 15) ist Kiessling seinem vorschlage gefolgt und hat 
statt forlacsy nçodeis uned£yero nur éoreuoes Va. geschrieben, was 
in ähnlicher weise 1,40 gelesen wird. Diese änderung ist wenig- 
stens kein unding, wie so viele andere; aber nothwendig scheint 
sie mir auch nicht. Vielmehr ist wie Il, 60 — Schnelle führt 
übrigens die stelle selbst an —  éor(ucw nagudeis bredéyeto in 
den text aufzunehmen. IV, 67 (90, 8) klammert Kiessling mit 
Schnelle zó Eiyog ein, quod idem est atque 10 Espldior. Dem an- 
scheine nach ist es überflüssig, allein derartige wiederholungen sind 
gar nicht so selten, als man vielleicht glaubt; man vergleiche z. b, 
V, 18 (135, 7) xai tag deyas petzjecav, &g roig Onuonuxoig wer- 
vas vouoc. X, 28 (44, 28) gYgoviooucıw a Tiposixev avroig 
gooreiv. — IV, 40 (58, 8) hat Schnelle nach der anmerkung von 
Reiske die worte etz’ êx rd nor schon vor Kiessling einge- 
klammert, wonach die adn. critica zu berichtigen ist. Dass IV, 82 
(106, 25) «noAwAug ein glossem ist, wird Schnelle wohl niemandem 
so leicht glaublich machen. — Auch das III. cap., in welchem er lücken 
aufzudecken sucht, enthült bie und da richtige bemerkungen. 1, 80 
(102,22) stimmt ihm Kiessling bei und nimmt nach oùcay den aus- 
fall von einigen worten an. 111,62 (302, 29) will auch mir yguoo- 
gogovos wunderbar erscheinen; ob aber Schnelle mit 7078 xoi oreyu- 
rovs goudovs gogoves das richtige getroffen hat, ist eine andere 
sche. IV, 60 (82, 6) zotvavilov vozior ist wenigstens zum teil 
richtig gebessert; noch wahrscheinlicher jedoch urteilt Sintenis 
Hermes 1 (1866) p. 473 über diese worte. — Aus dem IV. cap. endlich 
ist V, 2 (113, 31) mit recht das von Schnelle vorgeschlagene 
noonyetodus für ZysioJo, von Kiessling aufgenommen. V, 29 (146, 
28) und an andern stellen ist mir Schnelle's auseinandersetzung und 
wortumstellung unfassbar, so dass ich weiter darauf einzugehen 
verzichte. 

Zu den ausgezeichnetsten leistungen aber, die ich für diesen ersten 
theil meiner besprechung zu verzeichnen habe, gehört die abhandlung 
von Carl Sintenis (nr. 32); auf eine kürzere einleitung, in wel- 
cher sich derselbe über Dionysius im allgemeinen, die verderbnisse des 
textes und die handschriftenfrage auslässt, folgt p. 9—31 eine be- 
sprechung von mehr als 60 stellen; auch ihm hatte Ritschl die 
collationen des Urbinas und Chisianus zu verfügung gestellt. Eine 
eingehendere recension hat diese abhandlung von Sintenis durch Karl 
Schnelle in Fleck. jahrb. bd. 75 (1857) p. 377 erfahren, die von 
mir natürlich berücksichtigt werden wird; auch sei gleich hier be- 
merkt, dass Kiessling von Sintenis’ vorschlägen mehr als ein drittel 


144 Jahresberichte. 


in den text aufgenommen hat: auch sind mehrere derselben später 
durch genauere vergleichung der handschriften bestätigt, wie z.b. 
VII, 12 (16, 31) reonueAdnuéroic, für das auch bei Kiessling noch im 
texte sich vorfindende magnweinwevwg. Sint. p. 11. 1, 74 (91, 24) 
bat Kiessling für die _vulgatlesart ovg uvrog noocéunr vielmehr 
olg avròs nçocedéunr in den text gesetzt, indem er olg aus B, 
soocedéuny aus A aufnahm; dasselbe hat bereits Sintenis p. 16 
verlangt. V, 3 (115, 5) ist durch Ba die ünderung von Sint. 
p. 20 tà zéAn statt ta yévn zu schreiben bestätigt worden, worin 
Schnelle p. 378 nicht beistimmte. X, 30 (46, 32) hat Sintenis 
p.22 6 duos oùdèr ovdì yonorotegog, was den vorzug vor Reis- 
ke's ovdi» 6 duos ovdì yenororsgos verdient, geschrieben; Kiess- 
ling stimmt Sintenis bei; ób es handschriftliche überlieferung ist, 
ergiebt sich aus der adn. crit. nicht. Dasselbe ist IV, 11 (17, 28) 
der fall, woselbst Sintenis ov rdAAOrQux schreibt p. 31. Vorge- 
schlagen von Sintenis, gebilligt von Schnelle und. mit recht in den 
text gesetzt von Kiessling sind folgende stellen: I, 31 (37, 23) 
&Aievuxoig. VI, 42 (262, 2) xovpalas, worauf Sintenis selbst 
spec. ll], p. 18 noch einmal zurückkommt. VIII 88 (218, 26) 
die ergänzuug von ?nıxovola nach imiovco, wenn nicht, wie Kiess- 
ling richtig hinzusetzt, das wort geradezu im participium darin 
steckt p. 22. VII, 67 (87, 7) ergänzt Sintenis p. 24 ovre dios- 
xnodmevoc. HI, 25 (145, 2) xara ya ous p.26. VII, 60 (77, 7) 
quew p. 97. VI, 80 (307, 25) gvyaic p. 29. 

‘Während ich an diesen stellen mit den genannten derselben 
meinung bin, kann ich nicht I, 25 (30, 12) mit Sint. p. 10 und 
Bücheler zov vor zavrög streichen; erstens sele ich die innere 
nothwendigkeit nicht ein, und zweitens verstósst die änderung gegen. 
den sprachgebrauch des Dionysius (vgl. mein Aar. progr. p. 21); 
auch Ritschl und Kiessling haben es im texte gelassen. III, 14 
(232, 14) zeigte es sich, dass die guten. hs. vielmehr folgendes 
boten : texuulpopo yao no xal nag vuir dyonv bey noAloig 
sivas rd» avrınomvufvwv dgerie, Goneg xai naQ “AABavoic, 
worin alles bis auf iygzv verständlich ist, Die änderung von Pflugk 
tagayny iv zoAÀoig richtet sich selbst; Sintenis dagegen hat mit 
Yow dv molAoig, was er p. 18 als eine sichere änderung giebt, 
bei Schnelle, wie auch bei Kayser (Fleck. jahrb. 87 (1863) p. 11) 
grossen beifall geerntet. Kiessling nimmt die änderung zwar in 
den text auf, fügt aber in der adn. critica hinzu: quamquam ne sic 
quidem locum persanatum esse credo. Und daran tat er wohl. Pa- 
läographisch sehr leicht und für den sinn ganz vortrefflich scheint 
es mir, wenn wir aus EXPHNMEN vielmehr EYXEPEIAN EN 
herstellen; evyéossa in der bedeutung : geneigtheit, bereitwilligkeit 
finden wir z. b. bei Plat. Reip. IV, p. 426. D., wo es mit @vdosta zu- 
sammensteht: z( d° av rovg Jélorrus Fegansvew xoi tosvtas 
node xai moodvpovutrove ovx uyucaı tig üvdgelag Te xol sdye- 





Jahresberichte. 145 


(tac. — Ungeheilt ist bisher I, 28 (33, 27) geblieben, woselbst 
Dionysius aus Xanthus dem Lyder eine stelle anführt, welche also 
lautet: do Avdot piv ylyvorzas Avdoi, ano Toonßov dì Toon- 
Bos: rovrwy 7 yAwoou dAlyov magagéos xal viv Ere Evvotow GÀ- 
AjÀotg ósea ovx OAlya, woneg “Iwveg xoi Awersic. Statt Euy- 
ovo, was Kiessling nach Meineke's vorschlag in den text auf- 
genommen hat, findet sich in cod. A o:ovow, B cliiovosw; 
Sintenis p. 15 empfieblt öwoAoyovow. Dass beide vorschläge 
ebenso wenig wie Ritschl’s ovAwosw oder Reiske's Cydovosy GAAj- 
doug el; fnuara das treffen, was Xanthus schrieb, liegt auf der 
hand, Ohne mit meiner vermuthung unbedingt auf richtige wieder- 
herstellung anspruch zu machen, scheint sie mir wenigstens paläo- 
graphisch so leicht und für den sinn angemessen, dass ich nicht 
umbin kann sie mitzutheilen. Indem ich nemlich davon ausgehe, 
dass das wort mit der prüposition cv» anfangen und für dAAnAoug 
mit Sintenis und Meineke dAAZAo:c geschrieben werden muss, bietet 
sich mir CYNAIAOYCIN für CLAAOYCIN dar, so dass der 
sinn würe: und auch jetzt stimmen sie in nicht wenigen worten 
überein; ovvcdw allerdings ohne accusativ lesen wir bei Dionysius 
selbst III, 26 (256, 2) und X, 10 (14, 13); mit accusativ aber 
Lb. Plato Pol. IV p. 432 4. — II, 66 (194, 1) bietet B of 
Mi ix Toy i» SamoIgaxy Afyovres legwv moiguv sival tiva œu- 
lartoutyny rjv üv940s, womit die überlieferung in A überein- 
stimmt, nur dass für zıv@ daselbst rj Aîveta sich findet. Sintenis 
p 17 schlug deshalb riva dsaqudartopévyy vor, was allerdings, 
wie Schnelle bemerkt (p. 380) wenig wahrscheinlichkeit hat; nur 
ist seine ansicht, dass hier entweder der ausfall eines wortes z. b. 
Cupnagayevouévny anzunehmen sei oder dass z@ Æivela der über- 
rest eines glossems sei um nichts wahrscheinlicher. Dass 26 Alvsta 
unsinn ist, scheint klar, ebenso klar wenigstens mir sein ursprung ; 
aus 400 ANEINAI wurde durch dittographie, die zıv« dann ver- 
drängte, poe ANEINAILAINELAI, wozu dann später erst der ar- 
tikel : hinzugefügt wurde (vgl. über diese stelle auch Ritschl 
Opusc. phil. I p. 536). — I, 24 (29, 29) war mit Sint. p. 10 
pre dè Touzoug xgwrovg Erego, zu schreiben, was auch Kayser 
P {1 im texte sehen möchte. Auch Sintenis vergisst hin und 
wieder in Sylburg’s und Reiske’s ausgabe hineinzuschauen, sonst 
würde er p. 9 bemerkt haben, dass schon Sylburg, dann auch 
Reiske VII, 68 (88, 18) Zyeıv oder Aafeïy streichen wollten. VI, 
36 (278, 11) rührt 6 duos eigentlich schon von Sylburg her. 
Sint, p. 19. VI, 84 (312, 27) ist Kiessling meiner ansicht nach 
mit recht nicht der änderung von Sylburg gefolgt, der p. 25 für 
the vielmehr ?rs wollte, wenn ihr auch Schnelle p. 378 seinen 
beifall zollt. Ueber einige stellen, die Kiessling zuerst nach Sin- 
tenis verbessert hat, ist er später mit recht anderer ansicht ge- 
worden; so über Il, 12 (130, 32) und II, 47 (171, 6). IX, 71 


Philologus. XXXVI. bd. 1. 10 





146 Jahresberichte. 


(329, 30) beisst es bei Kiessling duo rào. 00106 FolapBos dtd ov~ 
Tas TOÙG nyemooıw uno ts Poväng, doe Ep», a piv Ga luc 
&yovres Too x.1.4., woselbst ABb zaueta, zauıa Ba hat. Sinte- 
nis p. 28 empfiehlt tà runs, was Schnelle nicht billigt; er selbst 
verlangt mit berufung auf V, 47 geradezu navın, was ich gar 
nicht für unmöglich halte; zéusa, was Kiessling sich zuschreibt, 
rührt von Sylburg her, wonach die adn. crit. zu ändern ist. — 

Nach diesen bemerkungen über das erste programm von Sin- 
tenis breche ich hier ab, zumal da ich auf manche stellen und 
‚vorschläge noch später zu sprechen kommen muss, und gehe zu 
einigen änderungsvorschlägen von K. W. Krüger über (nr. 33), 
die Kiessling obne zweifel entgangen sind, da man dergleichen in 
einem index nicht sucht: in ihm hat Krüger unter der überschrift 
„ährenlese zu Dionysius von Halikarnass“ zuerst zu b. I, dann unter 
„sporadisches‘ auch zu den andern änderungen vorgeschlagen, von 
denen wohl manche später eine stelle im texte verdienen. Dahin 
rechne ich: I, 8 (10, 10) öoovs. I, 27 (32, 7) peravacino ovra, 
worauf auch Sintenis p. 11 verfallen war. I, 37 (44, 16) vAng 
204455; doch werden wir noch richtiger 704475 uèr evzogovos 
xoi xuAns vAns mit Casaubonus schreiben; vgl. übrigens Kiessling 
adn, erit. p. XVI und Sauppe Gótt. gel. anz. 1861. p. 1892. 1, 39 
(47, 12) olopevos deiv, was schon Schmitz vorgeschlagen hat. 
1,42 (51,25) algridto. I, 58 (72, 5) ist xal vor wy zu streichen 
oder wy xatnvayxacuévos zu schreiben; auch Kiessling hat xaf ge- 
strichen. Aus der zweiten abtheilung hebe ich hervor: 11,73(203, 26) 
doxj;, was auch Kiessling aus A aufgenommen hat. Ill, 14 (232, 8) 
Bovholued” &», wie Kiessling nach Meineke schreibt. VI, 76 (302, 
19) dr dIvulag unter vergleichung von Thuk. VII, 55, 1. VII, 
81 (39, 5) oix av Gyavanınaase. X, 11 (16, 15) ngog£y ovre. 
XI, 42 (148, 15) mavoovoss XVI, 2 (222, 22) xara yc. 

In ähnlicher weise wie in den Variae lectiones behandelt 
C. G. Cobet in den aus der Mnemosyne wieder abgedruckten 
Novae lectiones (nr. 34) ebenfalls eine anzahl von stellen aus 
Dionysius. IV, 28 (41, 26) schlägt Cobet p.74 wuyi für rüyn vor, 
dessen nothwendigkeit ich wenigstens nicht einsehe. Ill, 19 (238, 
25) «Mas én’ adidas nAnyag ist gut verbessert und von Kiessling 
aufgenommen. Cob. p. 258. Ill, 59 (299, 16) #acwy Cob. p. 258. 
I, 22 (26, 19) évosxcoaueror Cob. p. 288. VIII, 73 (196, 13) 
konnte Kiessling nach Cobet p. 795 ££c9as déxa, ofnveg schrei- 
ben. Ob X, 28 (45, 4) und XI, 52 (159, 6) Cobet p. 272 mit 
recht ögwvreg streicht, mag dahin gestellt bleiben. Denselben vor- 
wurf, den ich bei besprechung der Variae lectiones Cobet machen 
musste, nicht immer auf vorschläge seiner vorgänger gebührende 
rücksicht zu nehmen, muss ich auch hier von neuem erheben. I, 
35 (271, 30) hat schon Reiske ócovg Eruyev éveivas nig herge- 
stellt, Cobet p. 226. I, 87 (112, 10) 6 uév za mootegos rührt 





Jahresberichte. 147 


von Reiske her. Cobet p. 364. II, 44 (167, 18) ovpPacews de 
zígs dialtye0Fas von Reiske. Cobet p. 589. Unbegreiflich und 
unverständlich bleibt mir Cobet’s auseinandersetzung p. 231 zu 
IX, 7 (232, 27), woselbst er 2xuxılov in eïxaboy verändern und 
fosxévas Mfyovies aus dem texte entfernen will. 

Das jahr 1858 brachte die erste arbeit Adolph Kiessling’s 
(nr. 35), des nachherigen herausgebers der archäologie. Nach einem 
kurzen vorworte, in welchem derselbe die bisherigen leistungen 
für derartige quellenuntersuchungen im Dionysius anführt, behandelt 
er ausgehend von Dionys. I, 6; 7 die einzelnen schriftsteller. Den 
anfang macht Kiessling p. 7 mit @. Fabius Pictor, den, wie er 
unter anführung der einschlägigen stellen zeigt, Dionysius nicht babe 
als quelle benutzen wollen, p. 13. Dasselbe gilt vom nächstfol- 
genden, nemlich dem Cincius Alimentus, der, wie es scheint, fast 
immer dasselbe wie Fabius berichtet und seine geschichtserzählung 
zum theil ihm entlehnt hat, p. 15. An diese beiden schliesst sich 
M. Porcius Cato an, der bekanntlich zuerst die einheimische d. h. 
römische sprache bei der geschichtsschreibung anwendet. Ibn stellt 
Dionys. I, 7 voran, als er seine quellen nenat, worauf dann Fabius 
Maximus, Valerius Antias und Licinius Macer als weitere gleich- 
berechtigte gewährsmänner folgen; nicht verhält es sich ebenso mit 
Atlios L'éuos Kadnovgvios xai Ereços ovzvol, die quasi appendicis 
loco negligentius adiiciuntur neque temporum ratione servata neque 
nominibus plene positis, p. 16. Mit aufgabe der bisher innegekal- 
tenen reihenfolge schiebt Kiessling zwischen Fabius Maximus p. 17 
und Valerius Antias eine besprechung der historiker ein, welche Die- 
nysius sonst noch bei der abfassung seines werkes verwendet hat; 
es sind dieses €. Sempronius Tuditaszs, C. Acilius, Venmonius (L. 
Mallius nimmt er nur aus Varro); sicht ist Cassius Hemisa ver- 
wendet; gezweifelt werden kann über Claudius Quadrigarims und 
gar nicht benutzi ist Livies, p. 18. Nach dieser abschweifung 
kehrt der vf. noch einmal zu M Porcius Cate zurück, den Diones 
mit und ohne anfübrung des samens wiederbolestlich benutzt hat ; 
schon das, dass auch Cato behamptet hatte, die Rémer seien keine 
barbaren, sondern den Griechen verwandt, mamte iba dem Dienys 
empfehlen. Niemand aber war gerigneter als der sachíslgende, 
nemlich Valerius Antias, für die darstellungsweise unseres schrifistel- 
lers, p. 20—29. Reiche ausbeute gewährte auch Licisies Macer, y. 29 
— 33, wogegen nicht sicher bestimmt werden kann, wie west die 
benutzung des Q. Aelius Tubero sich erstreckt hat, p. 34. Mit 
Nipperdey nimmt Kiessling an, dass mit dem plard lí nur 
Gnaeus Gellius gemeint sei, an dem Dionys semer brete wegen 
woblgefallen gefunden zu haben scheint, p. 34. Der letzte is der 
reibe ist L. Calpurnius Piso, p. 35 — 33: les zum schluss der 
abbandlung spricht der vf. endlich über M Terentius Varro, des ge- 


19° 


146 Jahresberichte. 


(329, 30) heisst es bei Kiessling dvo yàg ovios FolapBos dtdoy = 
tas TOÍG nyswooıw uno ts Boving, don Egpny, ta pi» dida thusee 
Éyovreg ton x.1.4., woselbst ABb raueïa, zaıa Ba bat. Sinte- 
nis p. 28 empfiehlt za tiufs, was Schnelle nicht billigt; er selbst 
verlangt mit berufung auf V, 47 geradezu navın, was ich gar 
nicht für unmöglich halte; z(u&«, was Kiessling sich zuschreibt, 
rührt von Sylburg her, wonach die adn. crit. zu ündern ist. — 

Nach diesen bemerkungen über das erste programm von Sin- 
tenis breche ich hier ab, zumal da ich auf manche stellen und 
‚vorschläge noch später zu sprechen kommen muss, und gehe zu 
einigen änderungsvorschlägen von K. W. Krüger über (nr. 33), 
die Kiessling ohne zweifel entgangen sind, da man dergleichen in 
einem index nicbt sucht: in ihm hat Krüger unter der überschrift 
„ährenlese zu Dionysius von Halikarnass“ zuerst zu b.I, dann unter 
„sporadisches‘“ auch zu den andern änderungen vorgeschlagen, von 
denen wohl manche später eine stelle im texte verdienen. Dahin 
rechne ich: I, 8 (10, 10) Scovs. I, 27 (32, 7) ueravaoim ovra, 
worauf auch Sintenis p. 11 verfallen war. I, 37 (44, 16) Ang 
z0ÀÀZc; doch werden wir noch richtiger 704475 piv evzogovo: 
xoi xuAng vAns mit Casaubonus schreiben; vgl. übrigens Kiessling 
adn. crit. p. XVI und Sauppe Gött. gel. anz. 1861. p. 1852. 1, 39 
(47, 12) olcuevos deiv, was schon Schmitz vorgeschlagen hat. 
I, 42 (51, 25) alyrıdlo. I, 58 (72,5) ist xo£ vor wy zu streichen 
oder wy xamvayxaoyEvos zu schreiben; auch Kiessling hat xaf ge- 
strichen. Aus der zweiten abtheilung hebe ich hervor: II, 73(203, 26) 
doxj, was auch Kiessling aus A aufgenommen hat. lI, 14 (232, 8) 
Bovholusd” a», wie Kiessling nach Meineke schreibt. VI, 76 (302, 
19) di aSuplas unter vergleichung von Thuk. VII, 55, 1. VII, 
31 (39, 5) oix ar ay avaxty caste. X, 11 (16, 15) zooçéyosre. 
XI, 42 (148, 15) mavoovoi. XVI, 2 (222, 22) xara yîjs. 

In ähnlicher weise wie in den Variae lectiones behandelt 
C. G. Cobet in den aus der Mnemosyne wieder abgedruckten 
Novae lectiones (nr. 34) ebenfalls eine anzahl von stellen aus 
Dionysius. IV, 28 (41, 26) schlägt Cobet p. 74 ywoyy für zuyn vor, 
dessen nothwendigkeit ich wenigstens nicht einsehe. HI, 19 (238, 
25) alas En’ alias nAnyes ist gut verbessert und von Kiessling 
aufgenommen. Cob. p. 258. III, 59 (299, 16) Flac» Cob. p. 258. 
I, 22 (26, 19) évosxoaueror Cob. p. 288. VIII, 73 (196, 13) 
konnte Kiessling nach Cobet p. 795 £éodas déxa, ofnvsg schrei- 
ben. Ob X, 28 (45, 4) und XI, 52 (159, 6) Cobet p. 272 mit 
recht ögwyreg streicht, mag dahin gestellt bleiben. Denselben vor- 
wurf, den ich bei besprechung der Variae lectiones Cobet machen 
musste, nicht immer auf vorschläge seiner vorgänger gebührende 
rücksicht zu nehmen, muss ich auch hier von neuem erheben. i], 
35 (271, 30) hat schon Reiske Ooovs Frye» dveivas mug herge- 
stellt. Cobet p. 226. I, 87 (112, 10) 6 uiv zd) moorepos rührt 





Jahresberichte. 147 


von Reiske her. Cobet p. 364. II, 44 (167, 18) ovußaoewg dè 
nées diadtyecFar von Reiske, Cobet p. 589. Unbegreiflich und 
unverständlich bleibt mir Cobet’s auseinandersetzung p. 231 zu 
IX, 7 (232, 27), woselbst er éxa:xijov in sïxaboy verändern und 
osxévas Afyovzeg aus dem texte entfernen will. 

Das jahr 1858 brachte die erste arbeit Adolph Kiessling’s 
(nr. 35), des nachherigen herausgebers der archüologie. Nach einem 
kurzen vorworte, in welchem derselbe die bisherigen leistungen 
für derartige quellenuntersuchungen im Dionysius anführt, behandelt 
er ausgehend von Dionys. 1, 6; 7 die einzelnen schriftsteller. Den 
anfang macht Kiessling p. 7 mit @. Fabius Pictor, den, wie er 
unter anführung der einschlägigen stellen zeigt, Dionysius nicht habe 
als quelle benutzen wollen, p. 13. Dasselbe gilt vom nächstfol- 
genden, nemlich dem Cincius Alimentus, der, wie es scheint, fast 
immer dasselbe wie Fabius berichtet und seine geschichtserzählung 
zum theil ihm entlehnt hat, p. 15. An diese beiden schliesst sich 
M. Porcius Cato an, der bekanntlich zuerst die einheimische d. h. 
römische sprache bei der geschichtsschreibung anwendet. Ihn stellt 
Dionys. I, 7 voran, als er seine quellen nenut, worauf dann Fabius 
Maximus, Valerius Antias und Licinius Macer als weitere gleich- 
berechtigte gewährsmänner folgen; nicht verhält es sich ebenso mit 
"ilio, I'EAsoı Kadnovovios xai Eregos ovyvol, die quasi appendicis 
loco negligentius adiiciuntur neque temporum ratione servata neque 
nominibus plene positis, p. 16. Mit aufgabe der bisher innegehal- 
tenen reihenfolge schiebt Kiessling zwischen Fabius Maximus p. 17 
und Valerius Antias eine besprechung der historiker ein, welche Dio- 
nysius sonst noch bei der abfassung seines werkes verwendet hat; 
es sind dieses C. Sempronius Tuditanus, C. Acilius, Vennouius (L. 
Mallius nimmt er nur aus Varro); nicht ist Cassius Hemina ver- 
wendet; gezweifelt werden kann über Claudius Quadrigarius uud 
gar nicht benutzt ist Livius, p. 18. Nach dieser abschweifung 
kehrt der vf. noch einmal zu M. Porcius Cato zurück, den Dionys 
mit und obne anführung des namens wiederholentlich benutzt hat; 
schon das, dass auch Cato behauptet hatte, die Römer seien keine 
barbaren, sondern den Griechen verwandt, musste ihn dem Dionys 
empfehlen. Niemand aber war geeigneter als der nachfolgende, 
nemlich Valerius Antias, für die darstellungsweise unseres schriftstel- 
lers, p.20— 29. Reiche ausbeute gewährte auch Licinius Macer, p. 29 
—33, wogegen nicht sicher bestimmt werden kann, wie weit die 
benntzung des Q. Aelius Tubero sich erstreckt hat, p. 34. Mit 
Nipperdey nimmt Kiessling an, dass mit dem plural T£AAsos nur 
Gnaeus Gellius gemeint sei, an dem Diouys seiner breite wegen 
wohlgefallen gefunden zu haben scheint, p. 34. Der letzte in der 
reihe ist L. Calpurnius Piso, p. 35 — 38; bis zum schlusse der 
abhandlung spricht der vf. endlich über M, Terentius Varro, der ge- 


10* 


148 Jahresberichte. 


wiss mit vollem rechte ebenfalls eine stelle in der abhandlung ver- 
“ dient hat. 

Auf eine eingehendere besprechung von Fischer’s schrift (nr. 
36) muss ich verzichten, da ich diese nicht habe erlangen kön- 
nen; doch sei bemerkt, dass sie Kiessling in der adnotatio critica 
hin und wieder anführt; so z. b. hd. II p. VII zu IV, 15 (22, 20), 
IV, 17 (26, 14) und sonst. 

Ich schliesse den ersten theil meines berichtes mit Cobet’s 
bemerkungen in der Mnemosyne (nr. 37), woselbst derselbe p. 315 
— 23 verschiedene stellen aus der archäologie behandelt, welche 
sämmtlich den büchern I — IV entnommen sind. 1, 67 (82, 23) 
schreibt Cobet auweoyénmg; ebenso Kiessling. II, 43 (167, A) 
erkennt auch Cobet xa9” vynAov als die richtige lesart an, was 
mir (Aar. progr. 1874 p. 8) entgangen war und Tegge (quaest. 
de Dionysi H. usu praeposit. spec. I, p. 21) ebenfalls unbekannt 
geblieben ist. II, 44 (167, 18) hatte Cobet schon nov. lect. p. 589 
in gleicher weise behandelt, ohne auch dort Reiske einzusehen. 
Dasselbe gilt von III, 35 Nov. lect. p. 226; von Ill, 41 Variae 
lect. p. 365; III, 11 zum theil Nov. lect. p.281. IT, 55 (179, 10) 
ist rózov, das Cobet aus dem texte entfernen wollte, spüterhin von 
Kiessling (Basl. progr. p.9) gut vertheidigt worden. Ill, 5 (215, 
12) nimmt sich des von Cobet als unecht verdächtigten xgatovme— 
_ vov Kiessling Basl. progr. p. 10 und nach ihm Tegge p. 34 anm. 
an. III, 6 (217, 28) wird ürodéce ohne zweifel richtig in mo 
Islas verwandelt. Eine eingehende behandlung und mehrfache ver- 
besserung findet III, 11, wo Reiske wiederum vernachlässigt wird. 

Wie ich schon oben erwähnt habe, scheint es mir der ein- 
fachheit wegen am besten über die handschriftliche grundlage, auf . 
welcher die texteskritik des Dionysius beruhen muss, hier, ehe ich 
zum zweiten theile meines berichtes übergehe, kurz im zusammen- 
hange zu handeln. Während Robert Stephanus bei der herausgabe 
des Dionysius 1576 den schlechten codex Parisinus, Sylburg noch 
ausserdem den um nicht vieles bessern cod. Venetus benutzte, stand 
Hudson allerdings eine collation des cod, Vaticanus oder Urbinas 
zu gebote, nur machte er nicht den gebrauch davon, der nötig ge- ' 
wesen wäre; Reiske endlich besass keine vergleichungen der hand- 
schriften, sondern nahm nur hin und wieder diejenigen lesarten des 
Vaticanus auf, die ihm unbedingt richtig erschienen. Dass unter 
solchen umständen in erster linie eine neue sorgfältige vergleichung 
und prüfung der vorhandenen handschriften des Dionysius erforder- 
lieh war, musste jedem, der sich mit ihm beschäftigen wollte, sofort 
klar sein. Das material wurde zuerst von Jul. Ath. Ambrosch bei 
einem aufenthalte in Italien gesammelt, wie uns Ritschl in der 
vorrede zu seinem ersten programm (1838) mittheilt, dann zum 
ersten male von letzterm ebenda in kritischer weise gesichtet. 
Ritschl’s eingehende untersuchung erstreckt sich zuerst auf dieje- 


Jahresberichte. 149 


nigen handschriften im allgemeinen, welche von Lapus Biragus an 
zur verwendung gekommen waren; und zwar geht er dabei von 
den codices romani aus, welche sieben an zalıl sind. Von dreien un- 
ter diesen, nemlich den beiden von Lapus und dem von Ursinus 
benutzten, die auch Sylburg in betracht zog, lässt sich wenig fest- 
stellen. Hudson standen die vergleichungen des vorzüglichen Va- 
ticanus oder Urbinas n. 103 zu gebote, den er, da er nur zehn 
bücher umfasst, durch den Vaticanus n. 450 für buch XI ergänzte. 
Ambrosch endlich verschaffte sich vom Chisianus, einer handschrift 
des X. jahrhunderts, die ebenfalls nur zehn bücher enthält, und dem 
Vaticanus 1300 vergleichungen. An diese erörterung über diese 
römische handschriften reiht Ritschl die der codd. Veneti und des Pa- 
risinus, der zuerst durch Rob, Stephanus ans licht gezogen worden ist; 
verschieden von diesem, für die kritische grundlage hin und wieder 
wichtig, ist der cod. Coislinianus n. 150, aus dem XV. jahrbundert 
stammend und auch das XI. buch umfassend. Nach dieser ausein- 
andersetzung im allgemeinen geht Ritschl zur erörterung der frage 
über, wie die genannten bandschriften zur verwerthung kommen 
sollen. Auszuscheiden sind zuerst die Veneti, die fast immer mit 
dem Urbinas gehen; auch die von R.Stephanus benutzte handschrift 
kaon nicht weiter in betracht kommen gegenüber den beiden hand- 
schriften, die allen voranstehen, dem Chisianus und Urbinas. Auf 
der richtigen beurtheilung dieser beiden handschriften beruht, wie es 
Ritschl schon in diesem ersten programm (Opusc. phil. I, p. 484) 
in den worten: est autem hoc eo et religiosius et distinctius expen- 
dendum, Chisianusne an Urbinas in primo sit loco habendus, quo 
certius hac ratione. fundamentum criticae operae in Dionysii anti- 
quitatibus ponendae iacitur ausspricht, die texteskritik im Dionysius. 
Bei der untersuchung dieser schwierigen frage, über die man das 
einzelne bei Ritsch] selbst nachlesen möge, kommt derselbe p. 484 
zu dem resultat, dass die grössern vorzüge der Chisianus enthält, 
obne im geringsten zu verkennen, dass derselbe andererseits oft- 
mals hinter dem Urbinas zurücksteht; das enthalten deutlich genug 
die worte p. 486: verum non ita tamen Chisianus praestat, ui 
sine exceptione posthabendus sit Urbinas, wofür die belege folgen. 
Und in ähnlicher weise äussert sich Ritschl noch einmal, wenn er 
sagt p. 488: vix opus fuerit de summa norma critici in D. ant. 
negotii pluribus exponere. quam satis apparet hanc debere esse, ut 
a Chisiani parte stemus, quam diu possimus, nec tamen vereamur 
ad Urbinatis fidem confugere, ubicumque id ipsa ratio vel poscat, 
vd non numquam tantum suadeat. Für das zweite programm, in 
welchem Ritschl 1, 9— 30, wie wir sahen, mit kritischem apparat 
herausgab, standen ihm für cod. Chisienus (A) neue vergleichungen 
von A. Fea und Emil Braun zu gebote, so wie eine neue collation 
des Urbinas, die ebenfalls Braun besorgt hatte. Es unterscheidet 
demnach in zweifelhaften fallen Ritschl zwischen Bb, der Braun’- 


150 Jahresberichte. 


schen und Bl, der Hudson’schen vergleichung des Urbinas. Auch 
für den cod. regius D und Coislinianus C hatte Ritschl neue col- 
lationen sich verschaffen können, so dass er im stande gewesen 
wäre auf grundlage dieses handschriftlichen apparats die antiquitäten 
herauszugeben. Doch das unternehmen, an dem Ambrosch, wie wir 
sahen, sich durch die sacherklärung betheiligen wollte, unterblieb. 

Veranlasst durch C. G. Uobets auseinandersetzung in seiner 
schrift oratio de arte interpretandi p. 134 über die vorzüglichkeit 
des cod, A und durch eine recension seines ersten programms 
durch Sintenis, die für das Rhein. museum bestimmt war, aber nie 
zum abdruck gekommen ist, fühlte sich Ritschl veranlasst in seiner 
dritten oben angeführten abhandlung de codice Urbinate (nr. 22) die 
grossen vorzüge von B ins helle licht zu setzen. Was Ritschl mit 
diesem programm wollte, spricht er deutlich genug p. 22 (Opusc. phil. 
1,537) gegen ende der abhandlung aus, wo er sagt: reputandum est 
autem non hoc nobis nunc agendum fuisse, ut vel Chisiani in mul- 
tis partibus praestantiam vel Urbinatis in aliis pravitatem com- 
monstraremus, quippe de qua et praestantia et pravitate nemo du- 
bitasset, sed hoc polius, ut Urbinatis suo in genere excellentiam 
contra iniustas, ut nobis quidem visum, unum Chisianum admiran- 
tium obtrectationes defenderemus. Dass mit den auseinandersetzun- 
gen in dieser abhandlung die in der ersten über den cod. Chisianus 
aufgehoben sein sollten, hat Ritschl nie gewollt. — Durch eine 
mit Jac, Bernays zusammen angestellte sorgfältige prüfung des 
Urbinas kam Ritschl zu dem gleich am anfangé der abhandlung 
ausgesprochenen urtheil, welches also lautet: deterioris generis 
melius exemplum Chisianus, deterius autem melioris generis reprae- 
sentare Urbinas existimandus est. 

In eingehender untersuchung, die durch beispiele belegt wird, 
zeigt nun Ritschl, dass cod. B vor À bedeutende vorzüge darin besitzt, 
dass an vielen stellen durch ihn allein, manchmal auch in verbin- 
dung mit A lücken ausgefüllt werden, die sich in den andern hand- 
schriften finden. & 2. Die lücken, die durch B ausgefüllt werden, 
bestehen theils in grössern sätzen, die, ohne den gedankengang zu 
beeinträchtigen, manchmal fehlen können, ferner in einzelnen oder 
mehreren worten. @ 3 — 5. Verderbte lesart in A und in den 
andern handschriften ist oft die veranlassung zu späterer interpo- 
lation gewesen, wogegen B die echte lesart bewabrt hat. 2 6. 
unglaublich viel lücken haben die sogenannten homoeoteleuta her- 
vorgerufen. & 8. Schwer wiegt beim abschätzen des werthes einer 
handschrift selbstverständlich der fall, dass die lesart der hand- 
schrift mit dem eitat in einem andern schriftsteller übereinstimmt. 
Dieser fall trifft öfters bei B zu, wenn man die lesarten in B mit 
denen im Eusebius, Georgius Syncellus etc. vergleicht. 2 9. Auch 
abgesehen von den lücken und deren ergänzungen zeigt oft cod.B, 
wie Ritschl 2 11 an beispielen nachweist, grössere sorgfalt. Nicht 





Jahresberichte. 151 


unwichtig ist bei der beurteilung ferner das vorkommen oder ver- 
meiden des hiatus. @ 12. Zum schlusse 2 14 giebt uns Ritschl 
durch eine figur eine anschauliche übersicht von dem verhältniss, 
in welchem seiner ansicht nach die handschriften zu einander stehen. 

Nach solchen auseinandersetzungen, denen sich auch Ambrosch 
und Sintenis spec. I, p. 8 auschloss, musste es natürlich auf Ritschl 
und andere einen mehr als eigenthümlichen eindruck machen, wenn 
der neue herausgeber der archüologie Ad. Kiessling bd. I, p. VI in 
folgenden worten: cum autem Chisiani libri antiquissimi auctoritas 
apud Ritschelium Ambrosiumque tantum valuerit ut ad eius prae- 
cipue fidem scriptoris verba exigi posse existimarent, mihi res longe 
aliter sese habere videtur. Urbinatis enim prasstantia 
quamvis levioris cuiusdam interpolationis commaculata vestigiis ea est 
us emendationem totam fere ab hoc libro repetendam esse mihi persua- 
sum sit, einen ganz neuen standpunkt einzunehmen glaubte. Es 
lassen sich diese worte eben nur dadurch erklüren, dass Kiessling 
in unverzeihlicher nachlüssigkeit jene abhandlung Ritschls de codice 
Urbinate Dionysii Halicarnassensis disputatio 1847 übersehen hat; 
dafür spricht allerdings auch der umstand, dass er p. Vl nur das 
erste (1838) und zweite (1846) programm Ritschl’s erwähnt. Es 
war natürlich, dass ihm Sintenis (Zarncke lit. centralblatt 1861 
p. 836) und Ritschl (Opusc. philol. I, p. 517 anm.) dieses vorhiel- 
ten. Bis zu einem gewissen grade weicht Kiessling freilich in 
der beurtheilung des cod. Urbinas von den genannten ab, darin 
nemlich, wogegen mit vollem rechte H. Sauppe (Gótt. gelehrt. an- 
zeig. 1861 p. 1841 ff.) ihm entgegengetreten ist, dass er B zur 
ausschliesslichen gruudlage des textes gemacht hat, in der 
adn. critica also auch nur dasjenige anführt, was von der lesart in 
B abweicht (vgl. p. VII: in adnotatione quae sequitur critica id 
egi ut quae ab Urbinatis libri scriptura. recederent accurate indi- 
corem). Dass sehr vieles, was Sauppe in jener recension über die 
vorzüge des A vorbringt richtig ist, wird niemand leugnen kön- 
nen; — namentlich auffallend auch für einen, der nur einen flüch- 
tigen blick in B hinein thut, sind die theils aus nachlässigkeit, theils 
aus absicht hervorgegangenen, immer aber willkürlichen änderungen 
in B, wofür Sauppe p. 1847 eine reiche anzahl von belegstellen 
anführt, stellen, an denen Kiessling selbst dem cod. B nicht ge- 
folgt ist —; andererseits geht aber doch Sauppe zu weit, wenn 
er B eine höchst bedenkliche grundlage des textes nennt und ver- 
langt, dass man bei der feststellung dessen, was Dionysius geschrie- 
ben haben soll, immer von dem texte des cod. A ausgehe und nur 
dann, wenn innere gründe für die fehlerhaftigkeit dieser überliefe- 
rung, für die vorzüglichkeit des in B vorhandenen sprechen, dies 
als das richtige anerkenne. 

Seine schon in der ersten abhandlung p. 8 ausgesprochene 
ansicht hat Sintenis in der zweiten p. 1 und dritten p. 1 mit be- 


152 Jahresberichte. 


rücksichtigung der von Cobet, Kiessling und Sauppe geführten un- 
tersuchungen des weitern begründet und jeder besonnene und nicht 
voreingenommene kritiker muss meiner ansicht nach unbedingt bei- 
. stimmen, wenn er spec. II, p. 1 sein urtheil in die worte zusammen- 
fasst: ex coniuncto utriusque libri usu cauto et iusto quodam quasi tem- 
peramento instituto rem agendam esse und spec. Ill, 1 — ut mihi 
quidem, uti nunc res est, cum suas uterque codex virtutes, sua vitia 
habeat, nihil magis videatur opus esse, quam subtili iudicio quod 
idoneo scriptoris usu adiutum singulas lectiones in disceptationem 
vocet perpensisque rationibus omnibus id constituat, quod Dionysium 
scripsisse probabile sit. Zu . diesem standpunkte, den Ritschl und 
Sintenis einnehmen, habe ich mich schon früher (Observat. crit. in 
D. H. p. 291) bekannt und bin bis jetzt noch durch nichts ver- 
anlasst worden, denselben zu verlassen; im gegentheil meine fort- 
gesetzte beschäftigung mit Dionysius hat mir gezeigt, dass dieser 
standpunkt der einzig richtige ist, wenn auch Tegge p. 2 sich 
neulich wieder der ansicht von Kiessling anschliesst, 

Zum schlusse habe ich nur noch zu bemerken, dass die hand- 
schriftliche grundlage für buch XI eine andere ist und zwar auf 
dem Laurentianus (L) und Vaticanus (V), die beide dem XV. jahr- 
bundert angehóren, beruht. Ich verweise auf das, was Kiessling 
tom. IV p. XII. darüber äussert und füge nur noch hinzu, dass 
der zuerst von Ambrosch benutzte cod. Elbingensis, den auch ich 
verglichen habe, mit L geht. 


Zweiter abschnitt, 


1. Dionysi Halicarnasensis antiquitatum romanarum quae su- 
persunt recensuit Adolphus Kiessling. Vol. I. Lipsiae in aedibus 
B. G. Teubneri. MDCCCLX. p. XLVII u. 318. 8. 

2. H. Sauppe, Göttingisch. gelehrt. anzeigen 1861, bd. lil. 
stück 47 p. 1841 — 1865. 

3. C. S. s. (Carl Sintenis) liter. Centralblatt für Deutschland 
herausg. von Fr. Zarncke, jahrg. 1861 p. 835 ff. 

4. Heidelberger jabrbücher der literatur, jahrg. 54. nr. 9. 
1861 p. 128 ff. 

5. L. Kayser Fleckeisen's jahrb. für kl. philologie bd. 87 
(1863) p. 1— 11. 

6. Carolus Sintenis emendationum Dionysiacarum specimen Il. 
Servestae Anhaltinorum MDCCCLXI. p. 36. 4. 

7. Literar. Centralblatt für Deutschland herausgeg. von Fr. 
Zarncke, jahrg. 1862 p. 557. 

8. Aug. Meineke miscellanea. Fleck, jahrb. f. kl. phil. bd. 
87 (1863) p. 369 ff. 

9. H. Sauppe zu den griech. bistorikern Philologus bd. XIX 
(1863) p. 148. 

10. L. Urlichs zu Dionysius von Halikarnass 1. Eos, süd- 


Jahresberichte. 153 


deutsche zeitschrift für philologie und gymnasialwesen. Herausgeg. 
von L. Urlichs, B. Stark etc. l.jahrg. Würzburg 1864. p. 309. 324. 

11. Dionysi Halicarnasensis antiquitatum romanarum quae 
supersunt recensuit Adolphus Kiessling. Vol. Il. Lipsiae in aedi- 
bus B. G. Teubneri. MDCCCLXIV. p. XLV. u. 328. 8. 

12. Literarisches Centralblatt für Deutschland herausg v. Fr. 
Zarncke. jabrg. 1865. p. 741 ff. 

13. Heidelberger jahrbücher der literatur. jahrg. 58 (1865) 
p. 351. 

14. L. Kayser, Fleck. jabrb. für kl. philol. bd. 93 (1866) 
p. 35 — 47. 

15. Carolus Sintenis emendationum Dionysiacarum specimen 
IN. Servestae Anhaltinorum MDCCCLXV (nicht MDCCCXIV) 
. 20. A. 

: 16. CO. Sintenis zur kritik des Dionysius von Halicarnass. 
Hermes, zeitschrift für kl. philol.  Herausg. von E. Hübner. bd. 1. 
Berlin 1866. p. 142. A71. 

17. Friderici Ritschelii opuscula philologica. Vol. I ad lit- 
teras graecas spectantia. ^ Lipsiae in aedibus B. G. Teubneri. 
MDCCCLXVI. p. 471—540. 

18. Dionysi Halicarnasensis antiquitatum romanarum quae 
supersunt recensuit Adolphus Kiessling. Vol. III. Lipsiae in aedi- 
bus B. G. Teubner. MDCCCLXVII. p. XXXV. u. 329. 8. 

19. Literarisches Centralblatt für Deutschland herausg. von 
Fr. Zarncke. jahrg. 1868. p. 1380 ff. 

20. Heidelberger jahrbücher der literatur. jahrg. 60. (1867) 
p. 626. 

21. L. Kayser, Fleck. jahrb. für kl. philol. bd. 97. (1868) 
p. 805 — 817. 

22. L. Grasberger zur kritik der römischen archiologie des 
Dionysios von Halikarnass. Festgruss der philolog. gesellschaft zu 
Würzburg an die XXVI, versammlung deutscher philologen und 
schulmánner. Würzburg 1868. 8. p. 9 — 37. 

23. Adolf Kiessling zur kritik der römischen archäologie 
des Dionysius von Halikarnass. Kinladungsschrift zur promotions- 
feier des pädagogiums. Basel 1868. 4. p. 20. 

24. L. Kayser, Heidelberger jahrbücher der literatur. jahrg. 
61. (1868) p. 673 ff. 

25. Philologus bd. X XIV (1868) p. 374. 

26. Adolf Kiessling, Juba und Dionysius von Halikarnass. 
rhein, museum. n, f. jahrg. XXII. (1868) p. 672. 

27. K. W. Nitzsch quellenanalyse von Livius HI, 1 — IV, 8 
und Dionysius Halicarnassensis V, 1— XI, 63. rhein. museum. 
bd. XXIII (1868) p. 600 — 631. Erster artikel. 

28. K. W. Nitzsch, rhein. museum. bd. XXIV (1869) p. 
145 — 180. Zweiter artikel. 


154 Jahresberichte. 


29. K. W. Nitzsch, rhein. museum. bd. XXV (1870) p. 
75—128. Dritter artikel. | 

30. L. Grasberger, zur kritik des Dionysios von Halikarnass. 
Philologus bd. XXVIII (1869) p. 344 ff. p. 546 ff. 

31. Dionysi Halicarnasensis antiquitatum romanarum quae 
supersunt recensuit Adolphus Kiessling. Vol. IV. Lipsiae in aedi- 
bus B. G. Teubneri. MDCCCLXX. p. XXXVII. u. 293. 8. 

32. Literarisch. Centralblatt f. Deutschland. Herausg. von 
Fr. Zarncke, jabrg. 1870. p. 892 ff. 

33. Heidelberger jahrbücher der literatur. jahrg. 63 (1870) 
p. 515. 

34. L. Kayser, Fleck. jahrb. für kl. philol. bd. 101 (1870) 
p. 713—728. 

35. H. Usener lectiones graecae, rhein. museum. bd. XXV 
(1870) p. 610. 

36. M. Haupt varia, Hermes bd. 5 (1871) p. 174. 75. 

37. Jo. Nic. Madvigii, adversaria critica ad scriptores grae- 
cos. Vol. I de arte coniecturali. Emendationes graecae. Hauniae 
MDCCCLXXI. 8. p. 722 — 26. 

38. Carolus Jacoby observationes criticae in Dionysii Hali- 
carnassensis antiquitates romanas. Acta societ. phil. Lipsiensis ed. 
Frid. Ritschelius. T. I, p. 287 —344. Lipsiae 1872. 

39. W. H. Roscher zu Dionysios von Halikarnass. Fleck. 
jahrb. f. kl. phil. bd. 107 (1873) p. 331 ff. 

40. ©. Peter, Dionys. Hal. ar. HI, 68. Philologus bd. XXXIII 
(1874) p. 572. 

41: C. Peter, Dionysius von Halikarnass und Livius. rhein. 
museum bd, XXIX. (1874) p. 513 — 560. | 

42. Carl Jacoby, über die sprache des Dionysius von Hali- 
karnass in der römischen archäologie. Aarau 1874. p. 38. 4. 
43. H. Köstlin, Philologus bd. XXXIV (1875) p. 755 ff. 

44. J. J. Müller, studien zur römischen verfassungsgeschichte: 
4. Dionysius II, 7 oder das verhältnis der gentes und curien im 
alten Rom. Philologus bd. XXXV. (1875) p. 96 — 136. 

45. F. K. Hertlein zu Dionysius Halicarnasensis. Hermes. 
bd. X (1876) p. 408— 422. 

46. Augustus Tegge quaestionum de Dionysi Halicarnasensis 
usu praepositionum specimen I. Dissertatio inaugur. philol. Gry- 
phiswaldiae. MDCCCLXXVI. p. 40. 8. 

Nachdem wir im ersten theile unseres jahresberichts einen mehr 
nur flüchtigen blick auf die leistungen für Dionysius bis zum 
jahre 1860 geworfen haben, wird es sich nun darum handeln ein- 
gehender dasjenige zu prüfen, was seit dem erscheinen des ersten 
bandes der Kiessling’schen ausgabe und gerade auf grund dieser 
für die archäologie geschehen ist. Dass hier nicht die rede 
sein kann von einer eingehendern besprechung dieser ausgabe 


Jahresberichte. 155 


selbst’, ist an und für sich klar; schliesst doch eine prüfung der 
leistungen anderer zugleich eine prüfung dieser ausgabe ein. Mit 
ausnahme dessen, was wir aus der praefatio des ersten bandes 
p. V — VII in bezug auf die handschriften schon oben anführten, 
enthält dieselbe noch einen sehr kurzen überblick über die lei- 
stungen der vorgänger, sowie eine rechtfertigung des stand- 
punktes, den Kiessling in der aufnahme handschriftlicher lesarten ein- 
genommen hat. Es bezieht sich diese rechtfertigende bemerkung 
namentlich auf orthographische dinge, in denen er nicht alles gleich- 
förmig gestalten konnte und wollte, wie es namentlich Cobet gethan 
habe. — Ich kann auch hier nur dasjenige wiederholen, was ich 
schon einmal in bezug auf diese frage (Observat. crit. p. 290) ge- 
äussert habe. Wie damals verwahre ich mich auch hier dagegen 
alles wie es Cobet und andere thun uniformiren und eine constan- 
tıa erstreben zu wollen, die näher betrachtet als eine reine willkür 
sich darstellt. Ich habe mit absicht die worte des recensenten in 
den Heidelb. jahrb. 1861 p. 130 gebraucht, der Kiessling seiner 
inconstantia wegen noch preisen zu müssen glaubt. Es ist 
selbstverständlich, dass der handschriftlichen autorität bei der heraus- 
gabe eines schriftstellers rechnung getragen werden muss, selbstver- 
ständlich auch, dass man die natürliche freiheit eines schriftstellers 
nicht einschränken soll, allein ich habe die feste überzeugung, dass 
auch ein schriftsteller der spätern zeit wie Dionysius nicht in ei- 
nem willkürlichen zum theil ungriechischen mischmasch geschrieben 
haben kann. Im anschluss an Ritschl, Sintenis und Grasberger 
glaube ich in meinen beiden abhandlungen über Dionysius bereits 
zur genüge gezeigt zu haben, dass derselbe gewisse ausdrücke und 
redewendungen beständig gebraucht, dass auch er gewisse gesetze 
zur vermeidung des hiatus befolgt, bestimmte wortstellungen liebt 
und dgl. mehr. — Nur zu oft hat die unkenntuiss der abschreiber 
das ursprüngliche verwischt, das wir nur durch sorgfältige beob- 
achtung des individuellen sprachgebrauchs wiederherstellen können. 
Uebrigens hat auch Kiessling selbst darüber keine andere ansicht, 
wie ich obs. crit. p. 290 gezeigt habe, nur dass er nicht immer 
in seiner ausgabe danach gehandelt hat. Mehreres trägt er des- 
halb namentlich für die ersten bücher im programm von Basel nach, 
was in einer zweiten auflage sich gewiss im texte selbst finden 
wird. Auch darin wird man übrigens Kiessling beistimmen kön- 
nen, wenn er ebendas, p. 10 Cobets verdächtigungen einzelner worte 
gegenüber sich also äussert: überhaupt sind die stilistischen ge- 
setze des strengen atticismus bei einem schriftsteller wie Dionysius, 
dessen ganzer stil fast nur aus reminiscenzen bald an Thukydides, 
bald an Lysias, bald an Demosthenes künstlich zusammengestickt 
ist, nicht durchzuführen; allein damit soll, denke ich, nicht gesagt 
sein, dass die schreibweise des Dionysius nicht eine eigenartige ist. 
In jüngster zeit hat Hertlein im Hermes bd. X ganz und gar in Co- 


156 Jahresberichte. 


bets manier den Dionysius behandelt, oder richtiger gesagt, die von 
Cobet in den Variae und Novae lectiones gewonnenen resultate und 
gefundenen gesetze auf Dionysius übertragen, zum theil in verkehr- 
ter weise, zum theil aber auch, wie wir sehen werden, mit gutem 
erfolge. 

Doch ich kehre zu Kiessling und seiner ausgabe zurück. Die 
leistungen der vorgänger sind im ganzen fleissig benutzt, ja manch- 
mal im verhältniss zu dem in der adnotatio critica gestatteten raume 
in einer zu ausgedehnten weise angeführt. Was nützt es ausführ- 
lich unmögliche vermuthungen z. b. von Schnelle anzuführen, was 
schon Sintenis Z, Centralblatt 1865 p. 743 mit recht tadelte. In dieser 
allerdings etwas scharf gehaltenen beurtheilung des Il. bandes durch 
Sintenis finden sich aber so viel berechtigte aussetzungen der Kiess- 
ling’schen ausgabe, dass es wohl lohnt einige hervorstechende hier 
auzuführen. Dahin rechne ich den vorwurf der flüchtigkeit, der dort 
gegen Kiessling erhoben wird, die voreiligkeit unbegründete ein- 
fälle sofort in den text aufzunehmen, endlich die ungenauigkeit in 
der angabe des urhebers und das voranstellen der eignen person. 
Um gerecht zu sein muss nun andererseits aber auch gleich hier 
bemerkt werden, dass mehrere änderungen Kiessling im Basl. progr. 
wie es mir scheint gegen Sintenis glücklich vertheidigt, andere 
ausstellungen in den folgenden bänden wenigstens zum theil beher- 
zigt hat. Im gegensatze zu dieser, wie gesagt, scharfen recension 
hat Kiessling an L. Kayser in den angegebenen bänden von Fleck- 
eisens jabrbüchern einen gar zu milden und gläubigen beurtheiler 
gefunden, der leicht zu befriedigen war. 

Zum schlusse meiner erörterung der Kiessling’schen ausgabe 
im allgemeinen sei noch bemerkt, dass, wie der vf. p. VII erwähnt, 
er für den I. band, der buch 1 — Ill enthält, durch beiträge von 
Aug. Meineke, Fr. Bücheler und Usener reich unterstützt wurde; 
auch Bernays name findet sich an verschiedenen stellen. 

Im interesse der übersicht halte ich es nun für den nachfol- 
genden bericht für geboten, zuerst der zeit nach die erschienenen 
und oben angeführten leistungen zu besprechen, dann aber um ein- 
zelne, namentlich schwierigere stellen, für welche mehrfache vor- 
schläge der heilung vorliegen, nicht öfters behandeln zu müssen, 
nach buch und capitel die handschriftliche überlieferung, und die 
gemachten vorschläge vorzuführen. 

Zu dem, was ich schon oben aus Sauppe’s eingehender recen- 
sion, die allerdings nur das erste buch der archäologie betrifft, in 
bezug auf die handschriftenfrage angeführt habe, füge ich noch 
folgendes hinzu: I, 9 (11, 32) und I, 61 (76, 8) verlangt Sauppe 
p. 1859 die reflexivformen avzov und avz@, wie sie sich bei glei- 
cher ausdrucksweise an andern stellen finden. 1, 31 (37, 31) wird 
noch einmal von Sauppe die unhaltbarkeit des péyros nachgewiesen 
und mit Sintenis I, p. 14 vv» pèv Tovoxovg verlangt. 1, 52 (63, 








Jahresberichte. 157 


17) wird nicht ungeschickt rag d? duo Ovyaréoac vorgeschlagen, 
da nachher z. 22 £gwr tc érfgoc folgt. I, 55 (67, 24) und . 
86 (102, 16) schützen sich, während an der ersten stelle Kiessling, 
an der zweiten Sintenis I, p. 17 ein doppelt gesetztes ere verlangt. 
p. 1863 macht Sauppe auf die verschiedene schreibweise des na- 
mens Tepyidsoc im texte von Kiessling aufmerksam; während wir 
72 (87, 31) LeoylHos, wo B Iegyijdiog hat, finden, steht 49 
(59,1) Teoyn$sog im texte. Das sind 4nconsequenzen der schreib- 
weise im texte von Kiessling, die wohl niemand loben kann; ihre 
zahl lässt sich leicht vermehren; z. b.: I, 28 (33, 12) Teߣgsog, 
wie cod. A hat. Tißegsog die andern. IX, 68 (325, 32) Teße- 
pews, X, 8 (11, 16) Teféosws, obwohl B Tefépios hat. Dass 
Dionysius ein besonderes wohlgefallen gehabt habe in der schreib- 
weise dieses namens zu wechseln, wird doch wohl niemand glauben, 
ebenso wenig dass ihm I, 32 (38, 18) Kamrwilo, I, 34 (40, 20) 
KantroAivoc, II, 1 (118, 17) Kamwiivog besser gefallen habe. 
Urlichs p. 309 verlangt deshalb auch I, 32 ÆKaxerwAlo ohne in 
betracht zu ziehen, dass II, 15; II, 34 etc. Kanstwifm steht. 73 
(90, 8) glaubt Sauppe vor zavzmv eine lücke nachweisen zu kön- 
nen, in welcher ausgefallen ist 1) ovouaodeloaç, 2) die angabe, 
welche städte Romulus gegründet, 3) der anfang einer von der 
ersten verschiedenen sage, dass schon früher bald nach dem troischen 
kriege Sine stadt Rom gegründet worden sei; mir scheint der 
nachweis der lücke vollkommen gelungen. 16 (19, 32) sehe ich 
keinen grund mit Sauppe den artikel 776 vor nurgafas zu strei- 
chen; im gegentheil, er scheint mir sogar nothwendig, da ja von 
ihrem vaterlande die rede ist. Ganz verunglückt ist 20 (24,18) 
die erörterung über das digamma. Aus den zwei andern recensio- 
sen — die anzeigen in den Heidelberger jahrbüchern enthalten 
nichts neues und eigenes, so dass sie hier übergangen werden kön- 
ven — bringt eigene vermuthungen Kayser: 1, 30 (36, 18) wo- 
selbst Kiessling mit Reiske an den ausfall von 2x&xımvıo dachte, 
schlägt Kayser p. 4 nach ovyzartec vielmehr Zoyoy einzuschieben 
vor, Der ausfall dürfte sich, denke ich, schwer entscheiden lassen. 
78 (97, 12) schlägt Kiessling in der adn. crit. für xoi 10 megt 
vielmehr xai róre neol vor, während Kayser xa/ ganz streichen, 
wie auch 59 (185, 9) ro tilgen, statt mit Kiessling ravza lesen 
will Il, 61 (187, 14) soll wieder of, aus dem Kiessling ‘Pw- 
uates herstellen will, entfernt werden. Diese und ähnliche vor- 
schläge Kayser’s in jener recension, die sonst eingehender als alle 
übrigen ist, entbehren meiner ansicht nach gar zu sehr aller wahr- 
scheinlichkeit, als dass man sie billigen könnte. 

Mehr als irgend einer hat C. Sintenis für die wiederherstel- 
lung des verderbten textes der archäologie geleistet, so dass mit 
vollem rechte der mehrzahl seiner vorschläge bereits eine stelle im texte 
hei Kiessling angewiesen ist. In ähnlicher weise, wie in seinem 


158 Jahresberichte. 


ersten programme bemüht sich Sintenis auch in diesem zweiten den 
beweis zu liefern, dass, um dem Dionysius zu seinem eigenthume 
zu verhelfen, beide handschriften zu rathe gezogen, die lesarten 
sorgsam geprüft und die wahrscheinlicheren aufgenommen werden 
müssen. Nur so, indem man zugleich sorgfältig die fehler des cod. 
Urbinas beachtet, aus denen sich oftmals mit geringer änderung 
die wahre lesart gewinnen lässt, könne ein gereinigter text ge- 
wonnen werden. Diese heiden behauptungen werden nun durch 
eine reihe von ähnlichen fällen, die zusammengestellt werden, ge- 
stützt und erwiesen, den feblern aber nach möglichkeit abgeholfen. 
Da diese abhandlung nach dem erscheinen von band I. der Kiess- 
ling’schen ausgabe geschrieben ist, so sind die das I—IIl. buch be- 
rührenden vorschläge bis jetzt noch nicht zur verwerthung gelangt. 
Ich beginne also mit den diesen büchern entnommenen stellen, die 
mir unbedingt späterhin aufnahme zu verdienen scheinen: 1,56 (69, 
9) 20209, das Kiessling eingeklammert hat, ist zu lassen, vr&g- 
Eas z. 10 zu streichen und für éceodas nach xazaywynv einzu- 
setzen; die verderbniss ist durch die vertauschung der synonyma 
herbeigeführt. p. 3. I, 59 (72, 30) querelè Ere Ov. p. 4. I, 49 
(60, 7) xaz@ todo diadigovs xovg “disEacvdoov. p. 20. II, 50 
(175, 1) dy roig navy émpavyg, wie an allen andern stellen, die 
Sint. p. 32 aufzáblt. Schon Struve Opusc. select. I. p. 173 nennt 
àv zoic mure einen lieblingsausdruck des Dionysius. Vielleicht 
wird man auch die verbesserungen zu II, 14 und II, 42 in den 
text aufnehmen können, Aus dem dritten buche erwähne ich: Ill, 
6 (217, 28) unodéces in Uno Felag geändert (p. 4) das jedoch 
Sintenis durch Cobet Mnemosyne IX vorweggenommen ist. ILI, 40 
(277, 27) add, das sich auf HI, 33 zurück bezieht p. 11. 

In welch’ ausgedehnter weise Kiessling in den nächsten drei 
bänden von den vorschlägen von Sintenis gebrauch machen konnte 
und auch gemacht hat, beweist zur genüge folgende aufzählung : 

IV, 6 (10, 14) érraxusxoonérouc. p. 11. IV, 9 (13, 18) 
oùdé. p. 12. IV, 9 (14, 10) wc. p. 12. IV, 9 (15, 8) steht 
zwar im texte yevouevov; in der adn. crit. yivouerov nachgetragen. 
p.13. IV, 9 (15, 16) pndé. p. 12. IV, 9 (15, 24) vuwr. p. 13. 
IV, 15 (23, 12) à» roig. p.32. IV, 20 (28, 26) azedacac. p. 13. 
IV, 26 (38, 25) xoelzzovi. p. 14, schon von Portus vorgeschlagen. 
IV, 29 (43, 16) wird neefsouv in der adn. crit. nachgetragen. 
p. 15. IV, 38 (56, 5) argo derzeî (der accent ist von Kiessling 
geändert). p. 4. IV, 36 (53, 5) rag idwnxäç dfxug. p. 14. IV, 
47 (67,5) dnedelxvuro. p. 14. IV, 56 (77,4) naguxeiusvor. p. 14. 
IV, 63 (86, 6) yauerÿc. p. 16. V, 8 (122, 2) rdc nuogluc. 
p. 17, doch schon von Reiske aufgestellt. V, 13 (129,21) puyzo. 
p. 18, worin er ebenfalls Reiske folgte. V, 23 (140, 18) or&- 
cews. p. 19. V, 32 (150, 2) zugawvosc. p. 19. V, 34 (152, 6) 
detnA9er. p. 20. | V, 34 (153, 13) rvoarvovs. p. 19. V, 35 





Jahresberichte. 159 


(153, 19) umstellung von dwoa. p. 21. V, 37 (156, 16) zn» 
zuoar. p. 21. V, 42 (162, 30) magexadmrro. p. 15. V, 44 
(165, 27) zd» abro» orgaror Ayo» — [annyor]. p. 4. V, 46 
(167, 32) megsovou. p. 15. "V, 47 (169, 4) ovaozıjr. p. 22. V, 
60 (187, 26) wird das im texte befindliche yj» in y75 nach Sint. 
p. 11 corrigirt in dem druckfehlerverzeichniss (vgl. dagegen meine 
Observat. crit. p. 319). V, 65 (192, 28) dar. p.23. V, 65 (193, 
32) rosovosv. p. 23. V, 67 (196, 8) loyvoai xai peyadas yévwr- 
roi. p. 23. V, 68 (198, 21) éxaorous. p. 23. VI, 3 (214, 15) 
ixuvg. p. 25. VI, 5 (216, 12) avrnjv del Sint. p. 26. VI, 9 
(221, 26) GugoreQa euruynoucs piv ceowoFas (nachgetragen in 
der adn. crit) xai vıxäv. p. 9. VI, 9 (221, 31) wag’ Eikowr. 
p. 9, sowie die annahme der lücke nach «Efws. p. 9. VI, 9 (222, 
19) diagogn37vos. p. 10. VI, 12 (226, 7) zore del. Sint. p. 9. 
VI, 18 (233, 23) nxorraç. p. 26. VI, 21 (237, 21) ifadíca:s 
EmsBovious ódovg Sint. p. 26 (vgl. dagegen mein Aar. progr. p. 26). 
VI, 22 (239, 19) ws. p. 12. VI, 29 (248, 23) zo» ravry. p. 28. 
VI, 38 (258, 8) #2e09e. p.80. VI, 42 (261, 18) ararxac9érisec 
del. p. 27, ebenda yevoueros für yevíc9a,, VI, 44 (263, 30) 
xelrn. p. 30. VI, 50 (272, 8) Anotevovow. p.21. VI, 50 (272, 
12) fefalws. p. 22. VI, 50 (272, 13) von». p. 22. VI, 50 
(272, 21) xaf eingeklammert von Sint. p. 22. VI, 53 (275, 29) 
non. p. 32. 56 (277, 32) vuîr. p. 32. VI, 64 (288, 6) avro, 
wie auch cod. C hat, p. 30. VI, 64 (288, 22) ze eingeklammert 
von Sint. p. 32. VI, 69 (293, 5) i» roig navy Auunporumg. p. 
33. VI, 71 (295, 12) xwAvov. p. 33. VI, 75 (301, 31) rag 
Aardvwv. p. 34. VI, 75 (302, 1) uéya poorouoas. p. 34 (vgl. 
observat. crit. p. 320). VI, 85 (313, 23) cymrurovs. p. 28. VII, 
1 (1, 8) yogséoregor. p.31. VII, 38 (48, 4) za d’ eingeklammert 
von Sint. p. 33. VII, 41 (50, 1) azavtec. p. 36. VII, 41 (50, 
15) zöde. p. 36. VII, 42 (52, 1) puoodquoraroi. p. 36. VII, 
53 (66, 19) moléuou dé. p. 35. VIII, 18 (121, 25) éxt BwAay 
Autlrwvy Étgay p. 29. IX, 9 (236, 11) xal vor xuzafaAdyieg 
rührt von Sint. p. 35 her. LX, 45 (291, 20) zaQiovca. p. 4. IX, 
45 (291, 27) ntgirióv dou». p. 4 IX, 45 (292, 6) noofov- 
Aevoss. p. 4. XI, 15 (110, 25) drodetxvvuas. p. 14. 

An diesen stellen also und einigen andern ist Kiessling den 
vorschlägen von Sintenis gefolgt und zwar zum grüssten theile wohl 
mit recht. Einige, über welche ich eine andere ansicht habe, 
werde ich nachher behandeln. Die grosse belesenheit im Dionysius 
und die kenntniss seines eigenthümlichen sprachgebrauchs ermöglich- 
ten Sintenis, zumal auch ihm die collationen der handschriften 
durch Ritschl zur verfügung standen, den meisten seiner vorge- 
schlagenen äuderungen durch eine reiche zahl von beispielen ge- 
wicht zu verleihen. Zum schlusse meiner besprechung erwähne 


160 Jabresberichte. 


ich noch, dass auch der referent in Zarncke's centralblatt 1862 
p. 557 sich nur anerkennend über diese abhandlung äussert. 

Die wenigen bemerkungen, welche Urlichs Eos I, p. 309. 324 
zu dem ersten buche des Dionysius macht, sind wie wir aus einer 
anmerkung erfahren, aus dem philologischen seminar hervorgegan- 
gen. Auffallend genug ist es dabei nur, dass auf frühere änderun- 
gen anderer nicht die mindeste rücksicht genommen, ja nicht ein- 
mal die adnotatio critica von Kiessling eingesehen wird. 1, 4 (6, 
11) verlangt Urlichs Baoılevar Papßagoıg statt f. faoBdowv; er 
weiss also nicht, dass der dativ in den handschriften überliefert 
ist; im übrigen hat er recht, die von Bernays vorgeschlagene uud 
von Kiessling aufgenommene ünderung BagBagwr ist zu verwerfen. 
1, 21 (25, 29) bieten die handschriften Aögwvlooovs ; so auch 
Kiessling. Urlichs verlangt vgovyxous, ohne zu wissen oder hin- 
zuzusetzen, dass Sylburg und Portus schon so lesen wollten; auf 
das nun gar, was W. Fröhner Philologus XII (1856) p. 217 in 
„revision der unteritalischen ethnographie“ über Aupwricooug und 
"digo yxovc sagt, wird natürlich gar keine rücksicht genommen. 
Die einzige änderung, der man beistimmen kann, ist I, 31 (37, 4) 
Kagueviny ovopatovory statt Kuouéviy 0., woselbst B Kaguer- 
zivov 6v., also eine dittographie hat; früher las man Kaoyuérrav. 
Für Kaopéveny spricht der dat., der sich I, 32 wiederholt findet, 
— Nach einem verlaufe von vier jahren d.h. 1864 erschien der 
zweite hand der Kiessling’schen ausgabe, der wiederum drei bücher 
IV, V, VI umfasst und in derselben weise gearbeitet ist, wie 
der erste. In bezug auf die lesarten des Urbinas beansprucht 
Kiessling von nun an grössere glaubwürdigkeit, als Hudson’s aus- 
gabe, die man ihm wohl, da er den cod. B selbst von neuem in 
Rom verglichen hat, wird einräumen müssen; auch unterscheidet er 
nun zwischen Ba und Bb, womit er die zwei verschiedenen hände 
in cod. B bezeichnet. Aus der ausführlichen besprechung, die die- 
ser band durch L. Kayser, der in die von Sintenis, Zarncke’s cen- 
tralblatt 1865 p. 742, erhobenen vorwürfe nicht einstimmen kann, 
erfahren hat, ‚wäre folgendes anzuführen: VI, 29 (248, 17) hat 
Kiessling tavr’ in wave’, egrets in àgelc geändert, dann diavelua- 
ca. nach wpelndeln gestellt, endlich für Gragépwos (A) oder 
dvay£govos (B) dyapéqeur geschrieben. Kayser p. 43 schlägt 
statt weAnFely den conjunctiv @yeAnd7, also auch avayfpwor 
vor und will dareluacdus xedevoas gestrichen wissen. Das letz- 
tere ist ein kurzes verfahren, das niemand billigen wird; ohne eine 
heilung der periode zu wissen, scheint mir so viel sicher, dass 
QqtÀn9z und dvapégwos zu schreiben, diaveluacdas xedevcas bei- 
zubehalten sein wird. Den schwer entstellten worten VI,32 (251, 
27); VI, 34 (253, 22); VI, 36 (256, 6) ist darch Kayser p. 43. 
44 nicht im mindesten hülfe gebracht. Auch andere vorschlige, die 
Kayser daselbst vorbringt, um verderbte stellen des VII. buches zu 











Jahresberichte. 161 


heilen, befriedigen mich wenigstens nicht. VI, 56 (278, 32) er- 
gänzt derselbe yage nuiy und schreibt zovzov, nachher wadortec ze, 
wogegen er xaí nach 6uorosav gänzlich entfernt wissen will. VI, 
61 (284, 20) soll mit ABC zosjoete beibehalten, z. 22 #sgsorn- 
ceras in megsomoete geändert werden; statt des von Kiessling 
ebenda eingesetzten 7 7róAsg schlägt Kayser 7a mouyuare vor mit 
hinweis auf V11,49 (60,5). VI, 72 (297,10), wo Kiessling in der 
adnotatio critica statt mavıug u&Aloy an nay aouevoy dachte, nimmt 
Kayser den ausfall von gavrov vor oder mach wüAAov an. VI, 79 
(306, 14) wo Sylburg den ausfall von x779eîca nach zovwv an- 
nahm, Reiske dia tay ondwy-CyinFeiow schreiben wollte, hält 
Kayser era noAlwv nôvwy für eine starke corruptel aus anolo- 
pin; ich finde die änderung noch stärker als die corruptel. — 
Für das IV. und V. buch, die weniger als VI. gelitten haben, bringt 
Kayser ebenfalls einige wenige vorschläge: IV, 2 (2, 16) schiebt 
er a&sog nach zoourog tig ein. IV, 7 (11, 14) wünscht er einen 
übergang mit 0 dè x«i éxneowr tio ügyüc; èv roig nodyuucw 
ebenda scheint ihm aus &v zoig nowWrosg ruyuacw verdorben. IV, 
30 (45, 19) will Kayser azudafnwoov aus A beibehalten und 
öllyoy streichen. 1V, 49 (69, '12) hält Kayser zoveiy, das Reiske 
und Kiessling in xosæiodas verändern, für den zusatz eines ab- 
schreibers. IV, 41 (60, 30) soll augpsoßnrnuaswv als glosse aus- 
geschieden werden. IV, 42 (61, 24) ist entweder rà zvgdvvo zu 
streichen oder yagsCowsvoc einzuschieben. VI, 75 (301, 4) soll 
ebenfalls einen zusatz von émedesxyuuevos oder einem ähnlichen 
worte erhalten, von dem 70 £avswv no0Suuoy abhängen kann. 
IV, 52 (73, 14) streicht Kayser tov noAsuov. V, 45 (166, 19) 
ergänzt er ovyyvWung vor dencouérous. V,67 (196, 8) soll nichts 
geändert, wohl aber vor duywyras noch: oùy Grav loyvgàg xoi 
ueyrddag ovoas un duvwrıas xadasgsiv gelesen werden, wo die 
handschriften Zoyvoa xui weydda haben. V, 43 (164, 12) erklärt 
Kayser den zusutz zz» duvuuiv anijyoy für nichtssagend; mit ent- 
fernung dieser worte schlägt er vor: tava dıungakausvo Toy 
ind ing fovigc wngicOévra FolauBov Ex vov molsulwv xamyayov. 
IV, 38 (56, 5) dwwadéos wv. IV, 57 (78, 24) soll zo?ro gar 
eine corruptel aus tov viov sein. V, 57 (182, 18) verändert 
er áxovcovr«g in axovoavrag mit auslassung des x«í vor & dei. 
V, 68 (197, 17) schlägt Kayser statt &önxozug vielmehr épeixdtug 
vor. VI, 39 (258, 20) zig &rocractas für das von Sylburg vor- 
geschlagene und von Kiessling aufgenommene dsyooractac. Dieser 
vorschlag ist schon deshalb zu verwerfen, weil wie Sintenis Ill, p. 2 
gezeigt hat, érooraoiç die richtige form ist; die handschriften ha- 
ben zeooraolag. VI, 56 (278, 23) wo Kiessling idf¢ ze vor xai 
roi; einschieben will, hält Kayser für richtiger xao xo; als 
dittographie von évosxet zu streichen. VI, 62 (285, 8) scheint es 
ihm leichter texua:gdueros beizubehalten und óc. zu streichen als 


Philologas. XXXVI. bd. 1. 11 


162 Jahresberichte, 


zexpalosru mit Kiessling zu lesen. VI, 64 (288, 27) äénoSépevos 
für xaradéuevor, das durch xaré439woswy hineinkam. V1,72 (297, 2) 
zaproyeras für woocégyeras. VI, 74 (299, 12) 9eivas für elvas, 
z. 15 xosvwwioas für xowwreiv. VI, 78 (304, 26) sixdoauev für 
elxaowuer. VI, 81 (308, 23) erwarte man für wodstwy vielmehr 
BovAwıov. VI, 85 (313, 21) rar für wadas. VI, 86 (315, 25) 
ind twv GÀÀov pelwr für ind trav nollüv. VI, 91 (321, 10) 
nimmt Kayser an érodel£aodos, auf das gleich wieder &t00ti5a— 
uévav folgt, anstoss und,schreibt dgácu:. VI, 92 (323, 26) soll 
tuig dela angemessener sein als raíg «qtAs(cug. 

Im Il. und letzten specimen emendationum Dionysiacarum, 
von dem mir keine recension bekannt geworden ist, behandelt C. 
Sintenis vorzugsweise stellen aus den biichern Vil — XI, und nur 
wenige bemerkungen berühren die sechs vorangehenden. I, 82 (104, 
25) fügt er am schlusse des capitels dsazeAsi hinzu, p. 7. 1, 40 
(48, 29) hält Siutenis &v9Quovc, das im Chisianus feblt, für eine 
unpassende ergänzung für das ursprüngliche agyovtag sive Ovracrac 
sive tugavvouc. p. 7. I, 41 (50, 28) ZmAaßorrog für émsBaddrros 
mit anführung ähnlicher stellen. p. 11. II, 71 (199, 22) wird mit 
sehr leichter änderung dem Dionysius sein eigenthum dadurch wie- 
dergegeben, dass Sintenis Mapoglov ziwög 10 ëgror Önpsovgyesiv 
dvadebapévov schreibt, wo Kiessling Mapoglov zivög Onuuovoyor 
10 Égyov &. in den text aufnahm, wie Portus die worte umge- 
stellt und verändert hatte. Eine angabe in der adn. critica fehlt p. 4. 
II, 65 (192, 21) za wag’ “EdAnow E95 piunocueros, «neo 3v vois, 
p. 22, woselbst ferner über die häufige verwechselung von zagd 
und weg gehandelt wird. 11, 45 (169, 1) zaenAFov für 7007490y. 
p. 22. Die verschreibung von maga — ngo — ngos wird an 
beispielen nachgewiesen und verbessert. II, 37 (274, 15) xmodé- 
nous Orgamyelv (vgl. meine observatt. crit. p. 311) p. 3. ii, 
49 (287, 15) annye — yes hat schon Kiessling in der adn. crit. 
vorgeschlagen. p. 23. IV, 38 (54, 29) crofalovia für xazafla- 
Aóv:a. p. 23. IV, 52 (73, 19) énaywr in &yav geändert. p. 22. 
V, 39 (159, 5) hat Kiessling mit Reiske zonw eingeklammert, 
während Sintenis p. 20 Aógov dafür zu setzen verlangt. V, 38 
(157, 9) éragdévres für éfupdérres. p. 20. V, 39 (158, 9) roy 
dì ngsofvitQuv. p.21. VI, 69 (294, 7) rovg mosofevras magyyayor. 

Die vorzüglichkeit der verbesserungsvorschläge von Sintenis 
für die folgenden bücher glaube ich wiederum nicht besser darthun 
zu können, als dadurch, dass ich die von Kiessling in den text 
aufgenommenen hier in gleicher weise wie oben aufführe: VII, (1, 
3) anooıdoewg. p. 2. 11 (15, 19) nagà roig Fvoars. p.10. 14 
(19, 30) anoxeuevas. p. 10. 16 (21, 31) Aóyov dowas mit 
Reiske p. 11. 17 (24, 4) wijgoy Gua didwos, das Kiessling in 
der ado. critica nachträgt. p. 13. 19 (26, 19) schreibt im texte 
Kiessling mit Sintenis p. 11 xaè ov wera noÂv, nimmt es aber in der 


Jahresberichte. 163 


adn. critica zurück. Vgl. mein Aar. progr. p. 19. 29 (87, 7) 
ofye. p. 11. 30 (38, 7) xai zzv x5». p. 11. 32 (40, 2) 
dvayxaboueSa nach Sylburg p. 3. 35 (44, 10) oynua. p. 20. 
33 (52, 14) folgt Kiessling der erürterung von Sintenis und deu- 
tet die lücken an. p. 9. 47 (58, 2) zagiovos. p. 12. 50 (61, 2) 
«dorso yov. p. 22. 59 (74, 14) dievavnovpérwr. p. 18. 68 
(87, 18) xai Boocxnpatwy. p. 11. VIII, 12 (114, 27) xolg. p. ? 15. 

24 (128, 28) énsyssqeiv. p. 7. 32 (140, 25) ovd’ av olos qre. 
p. 25. 38 (148, 29) Ent. p. 15. 39 (149, 22) dsouéyn. p. 15. 
40 (151, 5) za via [soi] rav) 91, @ yevvala. p. 29. 48 (155, 
28) xoauoru ta yevnocpeva. p. 16. 69 (191, 4) ovurepihau- 
fave. p.13; auch in der abteilung der capp. stimmt Kiessling 
adn. critica p. XXII bei, 79 (204, 10) anogaomw. p. 17. 86 
(214, 21) al dà dia te dewv paris. p. 18. 89 (220, 5) dm. 
p. 26. 1X, 1 (225, 16) ouyrwonoer ovr, am Ent noAsuov p. 10 
und vorher Sylburg. 3(227, 9) oix elyer euvour. p. 20. 8 (234, 
1) ysvouérois. p. 4. 10 (238, 1) nei rovro. p. 27. 22(259,2) 
oùdèr dé. p. 27. 23 (260, 11) annye. p. 13. 24 (262, 19) 
#osouueros entfernt Sintenis p. 28. 55 (306, 10) dz. P 29. 60 
(314, 32) éxddrouc üysır. p. 6. 60 (315, 12) nAnen ögwr. p. 7. 
X, 15 (28, 26) ralye] Blosa. p. 25. 26 (41,5) deutet Kiessling 
mit Sintenis P. 9 die lücke an. XI, 22 (120, 13) «vo qr. p. 6. 
26 (126, 4) we dua ywonoovrec. p. 14. 

An vielen stellen beschränkt sich Kiessling darauf nur in der 
adnotatio critica der vorgeschlagenen änderung erwähnung zu thun, 
ohne dieselbe sofort in den text aufzunehmen, vielfach mit recht. 
Ich verzichte darauf auch diese stellen hier anzuführen und mache nur 
noch auf einige lehrreiche erörterungen aufmerksam: p. 3 bespricht 
Sintenis die häufige verwechselung von wy und gy, opero: und 
Ouea, p. 4. nç — 015. Ueber vertauschung von synonymen wor- 
ten handelt er p. 5; über lücken p. 5 ff.; über fehler, die durch 
abirren der augen etc. entstanden sind p. 18; über die fehlerhafte 
wiederholung von prüpositionen p. 22. 

Das letzte, was von Sintenis über Dionysius verôffentlicht ist, 
ist im Hermes I, p. 471 erschienen. An der ersten stelle verbes- 
sert er I, 67 (82, 21) die worte eto? d’ of Krnofous, alor dè 
Muytovs, of de ‘Eoxelous nach den von Jos. Klein (Fleck. jahrb. 
89 p. 388) aus den schol. Bernens. (Verg. Georg. I, 498) ange- 
führten worten: indigetes a Latinis qui a Graecis ennichi dicuntur 
so, dass er auch bei Dionysius &AAos d’ "Euugloug herstellen will. 

p. 471. IV, 44 (63, 26) lesen wir eig tuvta di nuvrec of 
méyntes eloydtovro otra nag aUTOV uérgia lauBüvores. ob uèr 
slorououvnzs, of dè rdc xouitovcas ravra dGuabag dyovrec, ol d^ 
in 1d» pwr avrol ra Gy9n péooriss. Zuerst tilgt Sintenis mit 
recht sic am anfange; die worte of dà — @yovres sind aus Urb. 

und Chis. hinzugekommen, während in den andern handschriften, 


11* 


166 Miscellen. 


mehr &ysıs puév für eine durch den gegensatz von Ëyw dé xayu 
veranlasste correctur und schreibe: déonowa, 0’ slxdg T. u. x. 
Vgl. v. 615. Iph. T. 903. Med. 871 und besonders 909, wo in 
derselben weise der zorn als entschuldigungsgrund heftiger uougat 
anerkannt wird. 

V. 732—4: toig $n0 xev pace yevoluay , 

twa we mrtQovcGay ogviv 
Jedc sl») motavaîg dyéAaig Fein. 

So schreibt man gewöhnlich mit Dindorf: die handschriften d» xozavatc 
ayéloso[v] oder ayéAnos. Hartung hat die stelle zuerst richtig 
verstanden: der chor wünscht sich in den tiefen der erde bergen 
oder in die lüfte aufschwingen zu können, um den tod der Phädra 
nicht mit ansehen zu müssen. Unmöglich kann fra richtig sein, 
da nicht abzusehen, warum er, um in einen vogel verwandelt zu 
werden, sich erst fAufavoic uno xev diis versetzt zu sehen 
wünscht. Hartung schreibt: mzegoscouy Ogvey side | Jeôç Èy pe 
BOTUVOG dyéhusg Fetn. Weil schlägt vor: nreposoour size m’ 
ony | Dedg sivi moravaig àyfAcig Held. Mit benutzung seines 
ire, aber im engern anschluss an die handschriften schreibe ich: à» 
pe mispovocar Gore | 950g sire . . Jen. Vielleicht wurde zu- 
nächst êy£ in fva verändert, zufällig oder absichtlich, um eine mit 
dem anfang der gegenstrophe parallele satzbildung herzustellen, 
darauf an stelle des entbehrlichen eire das weniger entbehrliche £v 
gesetzt (an dessen weiter entfernung von seinem casus man auch 
etwa anstoss nehmen konnte), der verlust der kurzen silbe aber 
durch verlängerung von äyélasç in dy tases ausgeglichen. 

V. 735—741: &pJebp 0° in) móvrio» 

xpo tac “Adosmras 

üxrüg Howavov. 9' v0we, 
ivFa roggVgeor €16.4600v0* 
elc oîdua nzarQog tedasvas 

xo gas Qu£9ovroc ober daxouwy 
Tag HAexTgOpaels adyds. 

In v. 739 müsste matgog mit oidua eder xogas verbunden 
werden. Im ersten fall würde der Eridanos zum vater der Helia- 
den gemacht, während sie ja doch allgemein töchter des Helios 
heissen. Die erklärung des scholiasten : mart oa dì attay tov 
Hoıdavov not, magógov tofportas avtov TQ d0at alysıgoı ovoaa, 
ist natürlich eine geschmaeklose grammatikerspitzfindigkeit, Nach 
Weil soll oîdua raroos das westmeer sein, weil die sonne darim 
untergehe. Aber 1) läge diese beziehung zu fern, 2) lässt der 
dichter den Eridanos offenbar nieht ins westmeer, sondern in’s 
adriatische meer gehen. Er versteht unter Eridanos unzweifelhaft 
den Po, nach dem vorgang des Pherecydes (schol. German, 364) 
und übereinstimmend mit den späteren, vgl. Plin. Hist. n. 37, 2, 11. 
3) Man kann unmöglich sagen: die Heliaden weinen in’s meer, 





Ill. MISCELLEN. 


A. Zur erklirung und kritik der schriftsteller. 
1. Zu Euripides Hippolytos. 


V. 680— 1: gev gei: nénQaxos , xoÙ xatwodwrras régvos, 

déonowa, Tic 075 n000n0A0v, xaxQg O° Eye. 
So die vulgata. Kirchhoff: ,,xarwp (unius litterae rasura) tas 
zegyas A xarogdw (y a m. pr.) tas 1éyvns (as m, pr.) B x Q- 
Jwras téyyn CE xarweFureas téyvas ceteri Nauck, um der con- 
cinnitàt mit den singularen mézgoxtos und xuxwe Eyes willen: xaz- 
wedwra téyvy. Dadurch erhält auch das verbum eine sinnge- 
mässere verwendung. Aber die emendation ist noch nicht voll- 
kommen. Der scholiast sagt: ovdì» tov mouypatos xatw0d w- 
cav ai téyvas ris dovAns. Dies ist die aktivische umschreibung 
der ursprünglichen lesart xazwe3wras téyvoug. Im archetypus 
war wohl das g von 7éyvass unleserlich geworden. Das fehlerhafte 
xatwodwras téyvas wurde nun in den abschriften auf doppelte weise 
verändert, indem man entweder das prädicat in den plural oder 
das subject in den singular setzte. 

V. 695 —7: déorow’, Evers EV idpà wen ya0das xaxà * 

10 yàQ ddxvov Gov chy diayvwow xgutet* 

Eyw dì xayu moog tad’, el déker, Aéyesr. 
V. 695 kann nur bedeuten: du hast grund, meine misglückten 
versuche (10 ua nabopata, td opdédua Schol) zu tadeln. Aber 
1) die amme sucht ihr verfahren in den folgenden versen gerade 
zu rechtfertigen. Wie kann sie die rechtfertigung mit dem zuge- 
ständniss eröffnen, dass dies verfahren tadeluswerth gewesen sei? 
2) Die vorwürfe der Phädra können, wenn sie nicht an sich be- 
rechtigt sind, durch ihre verbitterte stimmung nicht gerechtfertigt, 
sondern höchstens entschuldigt werden. Aus diesem grunde mag 
wobl Nauck den v. 696 für interpolirt erklärt haben. Allein dann 
bleibt immer noch der einwand 1) gegen v. 595. Ich halte viel- 


166 Miscellen. 


mehr Zya¢ uéy für eine durch den gegensatz von êyw dé xüyw 
veranlasste correctur und schreibe: d£onowa, 0’ slxóg T. m. x. 
Vgl. v. 615. Iph. T. 903. Med. 871 und besonders 909, wo in 
derselben weise der zorn als entschuldigungsgrund heftiger uougat 
anerkannt wird. 

V. 732—4: jupüroi vo xevFpwo yevoluar, 

iva ue mreQovoOav OQvuv 
Sedc elvi notavaig dytruss Teln. 

So schreibt man gewöhnlich mit Dindorf: die handschriften d» xozavaic 
&yfAow[v] oder dyéAyos. Hartung hat die stelle zuerst richtig 
verstanden: der chor wünscht sich in den tiefen der erde bergen 
oder in die lüfte aufschwingen zu kónnen, um den tod der Phädra 
nicht mit ansehen zu müssen. ^ Unmüglich kann i»o richtig sein, 
da nicht abzusehen, warum er, um in einen vogel verwandelt zu 
werden, sich erst flfaroiç uno xevJudos versetzt zu sehen 
wünscht. Hartung schreibt: zrzegoeccur ogvıv side | Feds Er pe 
motavais dy éhuss Isty. Weil ‚schlägt vor: nzegoscouv tre pe 
Covey | 9s0g sivi moravaig ayéiarg Feln. Mit benutzung seines 
«ite, aber im engern anschluss an die handschriften schreibe ich: &vf 
pe mregovocav Bovey | Feòs sire . . en. Vielleicht wurde zu- 
nächst êy£ in {ra verändert, zufällig. oder absichtlich, um eine mit 
dem anfang der gegenstrophe parallele satzbildung herzustellen, 
darauf an stelle des entbehrlichen eire das weniger entbehrliche è» 
gesetzt (an dessen weiter entfernung von seinem casus man auch 
etwa anstoss nehmen konnte), der verlust der kurzen silbe aber 
durch verlängerung von &y&aıg im dy Eaves ausgeglichen. 

V. 735—741: ceFebyy 0° éni movtioy 

ripe tas "Adomvas 

üxrüg Hoadavev 9 9' vdwe, 
ivFa mOQgugeoy €1414060v6 
ec oîdua nxarQ0€ tedasvas 

xo gas Qu£9ovroc otro ÓaxQsty 
tas next gopacis avy ác. 

In v. 739 müsste zazQóg mit oîüua eder xogas verbunden 
werden. Im ersten fall würde der Eridanos zum vater der Helia- 
den gemacht, während sie ja doch allgemein tóchter des Helios 
heissen. Die erklärung des scholiasten: maréga dè avid» tov 
Hoidavoy PCI, a00009 rQéovras aùroÿ To tdaw alytiQos 070059, 
ist natürlich eine geschmaekluse grammatikerspitzfindigkeit. Nach 
Weil soll ofdua wazgog das westmeer sein, weil die sonne darin 
untergehe. Aber 1) läge diese beziehung zu fern, 2) lässt der 
dichter den Eridanos offenbar nicht in’s westmeer, sendern in’s 
adriatische meer gehen. Er versteht unter Eridanos unzweifelhaft 
den Po, nach dem vorgang des Pherecydes (schol. German, 364) 
und übereinstimmend mit den späteren, vgl. Plin. Hist. n, 37, 2,11. 
3) Man kann unmöglich sagen: die Heliaden weinen ins meer, 





Miscellen. 167 


weil der fluss ihre thränen dahin trage. Ebensowenig lässt sich 
zaroog xogue billigen, da es doch zu nichtssagend wire, die He- 
liaden als „töchter ihres vaters“ oder zu abgeschmackt, sie als 
„töchter seines vaters“ d. h. schwestern des Phaethon zu bezeichnen. 
Man muss zuzoôç für verschrieben oder eingeschoben halten. Für 
letztere annahme spricht der umstand, dass die entsprechende stelle 
der gegenstrophe, welche anerkannter massen fehlerhaft ist, am 
leichtesten durch ausscheidung eines glossems geheilt wird. 

In der gegenstrophe wünscht sich der chor an’s ende der welt, 
in die gärten der Hesperiden, wo Poseidon den schiffern die fahrt 
versagt (damit sie den ewigen frieden nicht stören, vgl. Hor. Epod. 
16, 57 — 60), xgivat t duBooosas yéovias | Znvos pei did Qu 
zagd xofroug | iv’ à Brodwgos (so Valckenaer für 68:60w006) 
uvËes Gad la | zIw» evdarwovlay Seotc. Vers 749 Znvos pedd- 
Jour naga xolress ist um eine kürze länger als der entsprechende 
v.739 ec oldua no:góg sülœuvu (in C ist von zweiter hand con- 
jicirt s@oralusvaæs). Ich empfinde weddPewy xoîras mit Nauck als 
einen wenig gefälligen pleonasmus, auch ist der ausdruck „sie er- 
giessen sich neben dem schlafgemach“ unnatürlich; man erwartet: 
„vor dem schlafgemach her. Die vorschläge der neuern über- 
gehe ich, da sie mir mehr auf das metrum als den sinn rücksicht 
zu nelmen scheinen. Der scholiast sagt: 2x z&» xottwy rw 
olxwv. In diesen worten scheint mir oxwy eine ganz zutreffende 
paraphrase von xoszwy, denn warum die segenspendenden wunder- 
quellen gerade vor dem schlafgemach des Zeus her fliessen 
sollen, ist nicht verständlich. Ich halte nun weAcPowy für eine 
dem ofxw» entsprechende paraphrase von xastwy und schreibe, ge- 
stützt auf den scholiasten: xonval z' áp ocu. géov | zus Zivös 
mugà xovrüy und in der strophe: ida moogvosov orahuo | covo” 
ele oldpa taAasvas | xogus. Ich denke mir, dass zunächst ueda- 
ou» in den text gekommen und dann zur herstellung der respon- 
sion in v. 739 #arooç eingeschoben ist, und zwar ist der inter- 
polator darauf geführt durch die bei v. 750—1 zur vergleichung 
heraugezogene stelle Bacch. 571 —3 Avdlav 1e tov sdduuorlug | 
Beotois 6ABodotay | ratéoa re, welche auch die veränderung von 
a Biodwgos (so nur E und der schol) in 0A fL6dwgog veranlasst 
hat. Auch der midavóc wird Hee. 454 nato genannt. Die 
noch immer fehlende kürze mag man durch absichtliche verlängerung 
von craddocovo in araAdooovoıy herzustellen gesucht haben, wel- 
ches alle handschriften bieten. 

Schliesslich muss ich mich trotz Bergk’s einwendungen (Jahrb. 
f. class. phil. 1860, 316) doch in v. 751 für Brunck's JDvrazoic 
statt Jeoïç (entsprechend dem avyuç in 741) erklären. Allerdings | 
erzäblen gewisse sagen’ von einem gôttergarten im westen, aber 
ebenso gut und noch gewöhnlicher wird das paradies der menschen 
derthia verlegt, und das naturgemässe ist doch wohl, dass der chor, 


170 Miscellen. 


dicht (oregeossd7ç) werden sollte und sich dichte körper niemals 
durch ein mittelglied, sondern immer nur durch zwei verbinden 
lassen, stellte gott in die mitte von feuer und erde wasser und 
luft, brachte sie zu einander soweit als möglich in das gleiche 
verhältniss, wie feuer zu luft, so luft zu wasser und wie luft zu 
wasser, so wasser zu erde, und hat so ein sichtbares und greifba- 
res weltgebäude verbunden und zusammengesetzt.“ Das verständniss 
dieser räthselhaften stelle hat zuerst H. Martin angebahnt durch 
den hinweis, dass die alten mathematiker die zallen in linear-, flä- 
chen- und körperzahlen eintheilten und als linearzablen unsere prim- 
zahlen, als flächen- und körperzahlen aber solche ansahen, welche 
als produkte von zwei beziehungsweise drei linearzahlen erscheinen. 
So ist 6 (= 2. 3) eine flächen-, 30 (= 2. 3. 5) eine kürperzahl. 
Aus zwei flächenzahlen nun lässt sich schon mit hülfe einer einzi- 
gen mittleren proportionale eine geometrische proportion bilden (z.b. 
aus 4 u. 9 mit hülfe von 6 die stetige proportion 4 : 6 : 9), 
während zur geometrischen proportion von zwei kürperzablen zwei 
mittelglieder nothwendig sind (z.b. zur proportion von 8 und 27 
die zwischenglieder 12 und 18; denn 8 : 12 = 18.: 27). Plato 
stellte sich, wie überhaupt die alten mathematiker gewohnt waren 
das arithmetische und geometrische sich streng analog zu denken, 
den kubischen inhalt der von ihm als reguläre polyeder gedachten 
moleküle der vier elemente als körperzahlen d, h. als produkte 
dreier, den drei dimensionen entsprechender primzahlen vor und 
suchte sich hieraus zu erklären, wesshalb zwei mittelglieder nöthig 
gewesen seien, um feuer und erde in so harmonischer weise, wie 
es durch eine geometrische proportion geschieht, zu verknüpfen. 
So befriedigend diese scharfsinnige erklärung von H. Martin 
auf uns wirkt, besonders wenn wir sie mit den früheren erklà- 
rungsversuchen vergleichen, die von alten und neueren gelehrten 
bis herab auf Boeckh davon gegeben worden sind, so bleibt doch 


für die beurtheilung der platonischen theorie eine sehr wichtige 


frage übrig, nämlich die frage, ob wirklich zwischen den vier be- 
sprochenen regulären kórpern eine solche proportion in einer dem 
sinne des ganzen entsprechenden weise bestehe. Nach ausführlicher 
erürterung und vielseitiger begründung, die ich hier nicht wieder- 
holen will, kommt Zeising zu folgendem ergebnisse: Plato berech- 
nete die volumina sämmtlicher urdreiecke, in die sich die begren- 
zungsflüchen der reguláren polyeder zerlegen, und gab dem würfel 
eine stárkere dicke als den drei übrigen polyedern, weil er durch 
die form seiner begrenzungsflüchen sowie durch die anzahl und 
form der in diesen begrenzungsflüchen enthaltenen urdreicke den 
übrigen gegenüber eine ausnahmsstellung einnimmt und weil bei 
ihm wegen der grósseren festigkeit, die er als urbestandtheil des 
festesten elements, der erde haben musste, eine gróssere dicke an- 
gezeigt schien. Diese dicke des hexaeders verhält sich zu der 





Miscellen. 171 


dicke der übrigen polyeder wie 1, 732 : 1.. Die zahl 1, 732 ist 
die quadratwurzel aus 3, diese aber eine grösse, die überhaupt bei 
der bildung der regulären polygone eine höchst wichtige rolle spielt, 
ja nächst der dem eckenradius beigelegten einheit geradezu als die 
fundamentalgrösse erscheint, aus der sich alle übrigen grössen ent- 
wickeln. Selbstverständlich musste Plato hierin ein besonders 
schwerwiegendes argument für die richtigkeit seiner hypothese er- 
blicken, um so mehr als er ja diese grösse bereits als den werth 
der grösseren kathete im ungleichseitigen urdreieck erkannt und 
ihrer bei beschreibung desselben ausdrücklich erwähuung gethan. 
Für die ihm eigene anschauungsweise fiel also jeder grund eines 
weiteren bedenkens weg und so konnte er denn auf grund der 
voraussetzung, dass die von ihm als moleküle der vier elemente 
gedachten polyeder hoblkérper mit flächenartigen wänden von theils 
gleicher theils verschiedener dicke seien, mit vollem rechte behaup- 
ten, dass sie bezüglich ihres körperlichen inhalts oder volumens 
„soweit als möglich“ (x29 600 fr dvvaroy) einer aus vier glie- 
dern bestehenden geometrischen proportion entsprechen; denn dies 
ist unter den gedachten voraussetzungen in der that der fall. Die 
vier grössen, welche das also gedachte volumen der vier körper 
ausdrücken, entsprechen nümlicb, wenn man die zahl der begren- 
zungsflächen allgemein durch s, die anzahl der in ihnen enthaltenen 
urdreiecke durch a, die länge des einzelnen urdreiecks d. i. das 
mass seiner einen kathete durch 1, dagegen die breite desselben 
oder das mass der anderen kathete durch b und die an sich unbe- 
stimmbare einheit der supponierten dicke durch ©, den coefficienten 
derselben aber durch x bezeichnet, sümmtlich dem allgemeinen aus- 


1.b 
druck n.a - XO; dieser gestaltet sich aber für die einzelnen 


vier kórper, sofern man den allgemeinen zeichen die besonderen 
werthe substituiert und dabei den eckenradius eines jeden derselben 
als 1,0704662 annimmt, zu folgenden formeln : 


tetraeder oktaeder 
4 . 0,504 0,756 . 0,4 
4,9, TT 18 9.0, 0798 . $497 1g 
2 2 
ikosaeder hexaeder 
0,562 . 0,924 0,874 . 0,874 
20.6.—————.10 6.4. —_____  -1,7320 
Aus der berechnung ergeben sich folgende werthe: 
tetr. okt. ikos. hex. 


5,29 2677 o, 7,938951 O 10,97 1446 To, 15,878088 O 


Diese vier gróssen verhalten sich abgesehen von der geringen diffe- 
renz der dritten, welche von Plato hinlünglich durch den zusatz 


172 Miscellen. 


xa9° 500» qv duvazov entschuldigt ist, zu einander wie die vier 
grössen der einfachen geometrischen proportion 2 : 3 = 4 : 6. 
Bamberg. N. Wecklein. 


3. Ueber eine fälschlich dem Aristoteles oder dem Joannes 
Mauropus zugeschriebene physiognomik. 


Dass die unter dem namen des Aristoteles überlieferten und 
in die ausgaben seiner werke aufgenommenen gvosoyywuonxa 
(p. 805 sq. B) nicht von dem Stagiriten herrühren, bedarf heut 
keines beweises mehr. Aber mit noch ungleich geringerem recht 
trägt seinen namen eine sammlung physiognomischer bemerkungen 
in einem, einst dem Carlo Strozza, jetzt der Barberina in Rom ge- 
hörigen codex (B). In diesem mit n. 323 bezeichneten codex chart,, 
16 aus dem ende des 16. jahrhunderts steht nach allerlei biblischen 
und theologischen sachen auf fol. 188b 

dgnsroralhous gicnbyvopovizà: 
posi xal pali weary dvias” T unxga xavgol) È üvov xal 0190x719 * 
peyuAn xal pain mino yvwoewc xoi pulioru 4 OrgoyxüjAe: 
ógQl«ig percootes Onuloy ÄypnAopgoouvns x. T. À. 
Es genügt dies, um zu sehen, dass ebenso wenig wie der schreiber 
griechisch verstand, der inhalt aristotelisch ist. 

Vollständiger und besser sind diese qucsoyvwuovixt erhalten 
unter dem namen des metropoliten von Euchaita, Joannes genannt 
Mauropus in dem cod. Riccard. 76 fol. 89b 

TOU GyLWTUTOU wunzgonoAlzou sügatruy xvgov iwavvou ta ix 
guosws yywpıxa ToU dvd Qui nov. 
poën regali) pect avolas* ponga xepadi) ayoug xy orgoyyuhy : 
wean xepuln mines yvWocws xoi photo el oxgoyyuan- où 
nùca padaxga por os , wong obdè nig Badunuiywr. dpevec 
META QOLOS onuetoy HynAopeoovrng xr. 

Es ist dies ein codex chartaceus in (klein) 4 saec. XV miscella- 
neus von 4 verschiednen handen geschrieben und zwar 

1) f. 1— 93 

f. 1 Teweylov yeuuorod negì wy apiotortàns mods nie 
twva Osupégetus 


f. 24 Teweytov yepuotod 7005 Tag OyoAuplov Vaîo des- 
oror&Aoug vnde 

f. 73 — 75 leer. 

f. 76 tow Copwratou xugov yewoylov tov yeusorod regi 
ager av 

f. 84 dralosgis GQETWY 

f. 84b wegi twv dwdexa toù QaxAt£ovuc adtiwy 

f. 89b — 92b unser Traktat. 

f. 93 pires dInvalwy, alyuntlwy, ELanvwy 

f. 94 — 95 leer. 


Miscellen. 173 


2) f. 96 — 129 
f. 96 mAy9wwos neg eiuapueng 
f. 106 drrixob miatwwixoù mods dosotortin disveg3évra 
uwoei xai niatwrs Ev 16 megì roU télous Àoyo 
f. 116 dovisavou sig zov facsdfa soy 

3) f. 150 — 161 dnunrterog xndovig regi vvytjg «Javactac 

4) f. 164— 189 (fin.) ouveotov negi évunviwr. 

Aus diesem codex hat Andr. Mustoxidi die physiognomik abge- 
schrieben und in der ovAloyn élAmmxüry Avexdorwv, tergudıov fl 
iv Beveria 1816, 1—8 unter dem namen des Joannes Euchaitensis 
herausgegeben. Und wirklich würde, selbst wenn man vom inhalte 
absehen wollte, ein blick auf die gräcität genügen, um hier die 
arbeit eines Byzantiners zu erkennen. Ich nenne nur ducdsiy = 
sprechen, eig zn» yuyn» oloyusıv Eyew, sì wos, xortwdns. 

Aber auch diese zurückfübrung auf den gelehrten und beson- 
ders als dichter geschätzten bischof des 11. jabrhunderts kann kei- 
nen anspruch auf historische überlieferung machen, muss vielmehr 
weichen, sobald man das verhältnis dieser Riccardianischen zu einer 
zweiten florentiner handschrift erkannt hat. Dies ist der codex 
Laur. 74, 13, ebenfalls ein chartaceus saec. XV miscellaneus. Es 
lässt sich nämlich darthun, dass der betreffende abschnitt des Ric- 
cardianus, welcher unser opusculum enthält, aus dem Laurentianus, 
in welchem dasselbe auf fol. 304b sq. (nach älterer zählung fol. 
342b) aber anonym nur mit der aufschrift zà 2x guoews yvwuixá 
steht, abgeschrieben ist. Der erste bestandtheil des Riccardianus 
(= R) nämlich enthält unter anderm auch eine auswahl aus dem 
Laurentianus (= L), dergestalt dass die oben gesperrt gedruckten 
schriften des R fol. 84—93 sich in entsprechender folge im L fol. 
215, 220b und f. 304 wieder finden. Und zwar stimmen beide 
im text des gvosoyvmpovixov nicht nur selbst in offenkundigen feh- 
lern überein, sondern der schreiber von R hat auch manches was 
in L nicht ganz deutlich geschrieben ist falsch gelesen, manches 
aus flüchtigkeit verdorben. Zu der ersten klasse von fehlern ge- 
hören 7:10» statt Yrrov, Guagroymovç, d’ of hinter ddsycougxos, 
deyîîs statt deyic, owou, fmommia, auslassung von ungdi, von yuvn 
xovın #ro(uws; zu der zweiten dnAoüv statt dnAovcs, dessen schluss- 
silbe im L undeutlich ist, oxext(uwoy statt oxemroueror, von wel- 
chem in L das erste o zusammengelaufen und das ey einem w ähn- 
lich ist, @otoyog statt evoroyos, dessen ev in L, wie oft in hdsch., 
einem & ähnlich ist; endlich zu der dritten klasse z' d. i. zov statt 
10, Grtvij statt orevn, xogossdng statt xupossdng, poaynuoc statt 
paysuoc, Egosg statt eugoss. 

Wie kam aber der schreiber von R dazu diese physiognomik, 
welche in seiner vorlage, L, anonym steht, dem Joannes Mauropus 
zuzuschreiben? In L geht derselben ein schriftchen des Joannes 
Mauropus mit seinem namen unmittelbar voraus, nämlich f. 303 


174 Miscellen. 


Tov Gyiwidtov pnrçomodfrou evyaltwy xvgov lwuvrou êrvuoloyixov 
Zuneroov rüjv ri dela yoapy yrwoluwy Övouarwv. Dasselbe fin- 
det sich auch mit seinem namen im cod. Vatic. gr. 889 f. 126b— 
131. Und so glaubte der schreiber von R, dass auch das folgende, 
ta ix pucewe yrwpixà 109 avFounov, ihm angehöre und setzte in 
seiner abschrift den namen des Joannes in derselben form vor, in 
welcher derselbe in L vor jenem (echten) schriftchen steht. 

Als probe für die richtigkeit der hier geäusserten ansicht 
kann dienen, dass einerseits der codex Parisinus 2971 A (= P), 
welcher das schriftchen in einer von L unabhängigen textgestalt 
und mit einem späteren zusatz enthält, dasselbe anonym nur unter 
der aufschrift ta yrouıza puoixa tov ärdowmov überliefert, und 
dass andrerseits dasselbe in den handschriften, welche die werke 
des Joannes enthalten, unter denen ich besonders auf den dem au- 
tor ziemlich gleichzeitigen cod. Vat. gr. 676 (membr. s. XI) 4 fol. 
(1— 317) aufmerksam mache, sich nicht findet. Vergl. Fabricius 
bibl. gr. VII, 717. Harles, introd. in hist. linguae graec. Il, 1, 
4843, 

Aus dem Parisinus hat Boissonade das schriftchen als auctoris 
anonymi opusculum in Marini vita Procli, Lipsiae 1814 p. 130— 
134 herausgegeben, später, als er die ar&xdor« Mustoxidis, wel- 
cher selbst nicht ohne zweifel gegen die richtigkeit der benennung 
war, kennen gelernt batte, es dem Joannes Euchaitensis zugeschrie- 
ben (Anecd. III p. 475; vergl. II, 457) und unter dessen namen 
hat es auch seinen weg in neuere litteraturgeschichten gefunden. 

Wie sich aber der name des verfassers unsrer kenutnis ent- 
zieht, so auch die quelle, aus welcher er geschöpft hat, Es lässt 
sich nur das negative resultat hinstellen, dass er weder der pseudo- 
aristotelischen physiognomik, noch der des Polemon-Adamantios ge- 
folgt ist. 

Was endlich die gestaltung des textes, der im corpus physio- 
gnomicorum wieder abgedruckt werden wird, betrifft, so ergibt sich 
aus dem gesagten; dass sowohl B als R für denselben werthlos sind. 
Verhältnismässig reiner und vollständiger ist der text von L als 
der von P. Er ist zu grunde zu legen und nur in wenigen fällen 
durch P zu verbessern. 

Rostock. Richard Förster. 





4. Zu Ovids Heroiden. 


I, 29 mirantur iustique senes trepidaeque puellae. Was iusti 
anbetrifft, so hat es noch niemand zu erklüren vermocht. Einige 
wollten es gleich severi, religiosi fassen, andere wollten unter den 
iusti senes : iusti rerum aestimatores verstehen; Heinsius endlich 
meinte es durch verweisung auf Fast. IV, 524 und Met. VIII, 704 
rechtfertigen zu können, wo es allerdings ganz passend ist, wäh- 


Miscellen. | 175 


rend hier nach der situation ein anderes und zwar ein solches epi- 
theton erfordert wird, welches zu trepidae einen angemessenen ge- 
gensatz bildet. Darum kann auch lassique, was neuerdings Riese 
vorgeschlagen hat, nicht richtig sein. Ich vermuthe laetique, in- 
dem sich die greise der thaten ihrer söhne freuen, während die 
puellae nur mit zittern von den gefahren hören, welchen ihre lie- 
ben ausgesetzt waren. 

Riese hat richtig erkannt, dass I, 109 f. mit 106 zu verbin- 
den ist, er irrt aber, wenn er 107 f. nach 110 stellen will; denn 
wie sich dieses distichon mit dem folgenden zusammenfügen soll, 
vermag ich nicht zu begreifen. Dazu kommt, dass der schluss des 
briefes sich in drei gruppen gliedert 96 —102, 103—110, 111— 
116, welche gewiss gleich gebildet waren, d. h. aus je drei disti- 
chen bestanden. Da nun die mittelgruppe vier distichen enthält, so 
dräogt alles zu der vermuthung, dass hier eine interpolation statt- 
gefunden hat. Und zwar trifft der verdacht die verse 107 f., die 
weder da, wo sie überliefert sind, einen passenden platz haben, 
noch sich anderswo gut unterbringen lassen. Auch bietet dieses 
distichon, was gedanken und ausdruck anbelangt, so ziemlich das- 
selbe, wie 111 f. Endlich ist die erwühnung der fortior aetas 
Telemachi gerade nicht für den zweck des briefes berechnet. 

Il, 121 f. maesta tamen scopulos fruticosaque litora calco quae- 
que patent oculis litora lata meis. Es ist längst erkannt worden, 
dass das doppelte litora in diesem distichon seine entstebung dem 
fehler eines abschreibers verdankt, der auf das vorangehende oder 
folgende litora abirrte. Ist es nun im voraus wahrscheinlicher, 
dass er v. 122 das im hexameter vorkommende litora gedankenlos 
wiederholte, so wird dies auch dadurch bestätigt, dass fruticosaque 
litora, nichts anstössiges hat. Wenn das meer felsige ufer hat, 
wie dies hier durch scopulos angedeutet ist, dann können dieselben 
auch mit gesträuch bedeckt sein. Man braucht daher nicht etwa 
mit Burmann culmina calco zu schreiben. Dagegen empfiehlt es 
sich mit der Aldina v. 122 litora in aequora zu ändern, worauf 
schon patent lata hindeutet. Damit ist aber die stelle noch nicht 
geheilt. Riese's vermuthung unde p. o. aequora lata meis ist will- 
kürlich und befriedigt weder dem sinne noch der construction nach. 
Daher möchte ich quoque (dies schon in minder guten handschriften) 
p. o. aequora lata moror vorschlagen. 

V, 129 a iuuene et cupido credatur reddita virgo hat Riese 
mit recht et als verderbt bezeichnet; denn die erklärung eoque cu- 
pido ist doch zu abgeschmackt. Wenn er aber haec für et ver- 
muthet, so hat er schwerlich das richtige getroffen. Wahrschein 
lich ist en cupido zu schreiben. Dagegen darf et v. 134 nicht 
mit Riese in sed verwandelt werden. Es bedeutet hier: „und doch“, 


Graz. Karl Schenkl, 


176 Miscellen. 


5. Zu Statius. 
Stat, Silv. 5, 3, 231 ff. 


Nam quod me mixta quercus non pressit oliva, 
Et fugit speratus honos, qua dulce parentis 
Invida Tarpeii caneret, te nostra cet. 

Für caneret andere lesarten: caperes, caperet, raperes. 

An dieser stelle, welche ich auch in einer abhandlung (Philol. 
XXXV, p. 520) oben hin behandelt habe, sieht man so recht, wie 
wichtig es ist bei unserm dichter, der vom epos herkommt, &ua 
z0000w xai örlcow zu schauen, wenn man ihn verstehen will. 
An dem mangel dieser art der untersuchung sind alle bisherigen 
anstrengungen gescheitert: man wird staunen, wenn die wunder- 
bar einfache besserung zu tage tritt. 

Statius preist seinen vater: von dir habe ich alles, leben, 
dichtermund, anregung und ruhm; du und ich, vater und sohn, wir 
waren eins: mein kranz deiner. Leider erlebtest du nur meine 
siege zu Neapel; wie würde dir erst geworden sein, wenn du 
meinen triumph zu Alba erlebt hättest, und nun es heissen: 

Nam quod me mixta quercus non pressit oliva, 

Te fugit speratus honos, quo dona parentis 

Invida Tarpeii caperes! Te nostra cet, 
„Denn wenn zum oelzweige nicht auch der eichenkranz mich 
schmückte, da entging dir der gehoffte ruhm, durch den du die 
neidische gabe des Tarpejischen vaters hättest erhalten sollen.“ 

Dann geht es in demselben tone weiter: fe nostra magistro 
Thebais — tu cantus stimulare meos — tu monsirabas — labat 
mihi cursus te sine. Zugleich fällt von dieser stelle aus auf das 
vorhergehende ein schlagendes licht und zeigt, dass meine besserung 
zu v. 211 und 212, so wie meine auffassung der bilder, so wie 
des ganzen zusammenhanges die richtige gewesen ist: nur möchte 
ich jetzt statt Achates zu der alten lesart oder besserung des Do- 
mitius zurückkehren, Acoetes nach Silv. 2, 1, 93. fidus pugnas 
spectabat Acoetes, der an unserer stelle nur ein bild für einen greis, 
für den greisen vater ist. 

So wären wir gott lob! um eine aposiopese im Statius ärmer, 
aber um eine einsicht in den dichter reicher geworden. Ueber das 
dulce und dona ist kein wort zu verlieren. 


Silv. 3, 3, 98 £. 


—  — Hibernos citius numeraveris imbres 
Silvarumque comas. Vigil ite animique sagacis 
Exitus evolvit, quantum Romana cet. 
Ich ziehe meinen in Philol. XX XV, p. 528 gegebenen vor- 
schlag, wie dieser stelle vielleicht zu helfen würe, mit vergnügen 
zurück; denn ich habe die richtige lósung gefunden, welche sich 





Miscellen. 177 


dem überlieferten texte eng anschliesst und den sinn auf das glück- 
lichste ans licht kehrt. 

Etruscus berechnet alle einkünfte des reiches von osten und 
westen, von süden und norden, und eben derselbe scharfe, wache 
kopf entwickelt, rechnet die ausgaben, die schulden, die verpflich- 
tungen des imperium aus. Es muss heissen: 

— — — Vigil idem animique sagacis 

Nexus evolvit, quantum cet. 

Silv. 1, 3, 38 ff. 

— — — — — Venerabile dicam 

Lucorum senium? te, quae vada fluminis infra 

Cernis, an ad silvas quae respicis, aula, tacentes, 

Qua tibi tota quies, offensaque turbine nullo 

Nox silet et nigros imitautia murmurà somnos. 
Statt imitantia ist mutantia andere lesart. + 

Siloae tacentes, tota quies, nor silet neben einander 
fällt bei Statius nicht auf; er mag gern starke farben auftragen, 
und mit ihm theilte diese vorliebe auch seine zeit; aber die mur- 
mura imitantia oder mutantia nigros somnos sind nur auf künst- 
liche und des dichters unwürdige weise zu erklären. Die situation 
it: Unten die aussicht auf den fluss, die tageswohnung; oben 
nach dem walde zu die schlafkammern, und da schweigt die nacht, 
da stört kein windstoss; der wald steht schwarz und 
schweiget. Es muss heissen: 

Nox silet et nigros nutantia culmina Somnos. 
Se spricht ein dichter, und so spricht Statius! Siebe die bewei- 
senden stellen: Theb. 7, 799 ff.: iam frondea nutant — culmina. 
Theb, 10, 144: demittunt extrema cacumina silvae (im schlafe); und 
eadlich Silv. 5, 4, 4: tacet omne pecus volucresque feraeque — 

Et simulant fessos curvata cacumina Somnos. 
Sprachhereicherung : dass man culmina dichterisch auch von baum- 
gipfeln brauchen darf, was unsere lexica nicht geben. 

Silv. 1, 3, 99. 

Quid te, quae mediis servata penatibus arbor 

Tecta per et postes liquidas emergis in auras? 

Quo non sub domino saevas passura bipennes ? 

Et nunc ignaro forsan vel lubrica Nais 

Vel non abruptos tibi demet Hamadryas annos. 
Die schwierigkeit liegt in ignaro, welches auf domino oder tibi 
zu beziehen beides in diesem zusammenhange unmöglich ist, und in 

; das nur einen sehr erzwungenen siun giebt. Marklands 
debet ist gut; aber ignarae (tibi arbori) doch zu starke änderung 
und zweideutig, man weiss nicht ob dativ oder nominativ. Ich lese: 

Et nunc ignavos forsan vel lubrica Nais 
Vel non abruptos tibi debet Hamadryas annos. 
Die unter dem baume lagernde, dort frische suchende najade ver- 


Philologus. XXXVI. bd. 1, 12 


178 Miscellen. 


dankt dir ihr höheres alter (ignavos annos), die in den baum 
gebundene hamadryade ihr leben (non abruptos annos). 
Silv. 2, 1, 171 ff. 
Nunc torvus pariter vestes et pectora rumpis 
Dilectosque premis visus et frigida lambis 
Oscula. 
Oscula lambere ist unmöglich. 

Markland würde gewiss für diese stelle die wabre besserung 
gefunden haben, wenn ihn seine unglaubliche belesenheit nicht ge- 
hindert hätte; das libas, das denn doch von lambis allzu sehr ab- 
weicht, hat ihn einmal gefangen genommen, und nun eine fülle von 
stellen, ein wahrer embarras de richesse! Gut, das libas soll rich- 
tig sein; aber was, frage ich, heisst premis visus? Du drückst 
ihm die augen zu? Aber die augen drückt man nicht ein dutzend- 
mal, sondern nur einmal zu, und auch das frigida oscula libare 
ist nicht ganz ohne doppelsinn. Schreiben wir deshalb: 

Dilectosque premis visus et frigida labris 

Oscula. 
„Du drückst mit den lippen die geliebten augen und den kalten 
mund.“ So muss es heissen! 

Silv. 2, 1, 179 ff. 

Talis in Isthmiacos ploratus ab aequore portus 

Naufragus inposita iacuit sub matre Palaemon ; 

Sic et in anguiferae ludentem gramine Lernae 

Praecisum squamis avidus bibit anguis Ophelten. 
Selbst Markland, dessen feinheit bei v. 181 in ganz glünzendem 
lichte erscheint, hat diese vier verse nicht im zusammenhange mit 
dem vorhergehenden und unter einander verstanden, im zusammen- 
hange, worauf ja bei dem epiker Statius ausserordentlich viel an- 
kommt, und daber nur ungenügendes und verleitendes geliefert. 
Der geliebte knabe wird dem flammenstosse übergeben und ruht 
grade so lieblich auf demselben wie Palümon auf dem scheiterbau- 
fen am busen der mutter, wie Opheltes, als ihn das festliche todten- 
feuer verzehrte. Dass Queck das unglücklich prosaische prolatus 
für ploratus aus Markland aufgenommen hat, ist nicht zu billigen: 
in Isthmiacos porius hängt ab von naufragus; ploratus ist stehen- 
.des, aus dem cultus stammendes beiwort des Palümon. Statius 
muss aus sich selbst erklürt werden. Die beiden letzten reihen 
heissen bei unserm dichter: 

Sic et in anguiferae ludentem gramine Lernae 

Praecisum squamis avidus bibit ig nis Ophelten. 

Silv. 2, 6, 60 ff. 

O quam divitiis censuque exutus opimo 

Fortior, Urse, fores! si vel fumante ruina 

Ructassent dites Vesuvina incendia Locros, 

Seu Pollentinos mersissent flumina Saltus, 





Miscellen, 179 


Seu Lucanus ager, seu Tibridis impetus altas 

In dextram torsisset aquas, paterere serena 

Fronte deos cet. . 
Wir haben Silv. 5, 3, 231 ff. (s. Philol, XX XV, p. 520) mit einer be- 
rüchtigten aposiopese bei Statius für alle zeiten aufgerüumt; hier 
ist die zweite, nicht weniger berufene, und die hält auch nicht stich. 

Nach solius, also nach v. 63, ist ohne alle frage ein vers 

ausgefallen; denn in dem schwierigen, unverstándlichen, grammatisch 
unmöglichen seu Lucanus ager — seu Tibridis impetus ist uns nur 
das bild erbalten, welches die wuth, die vernichtende schnelle und 
wucht des angeschwollenen flusses schildert, der das haus oder gut 
des Flavius Ursus verschlingen kóunte. Es hat bei Statius ge- 
heissen : 

Ceu Lucanus aper ceu tigridis impetus altas cett 


Durch ein versehen des auges übersprang der schreiber einen vers 
von einem seu zu einem ceu, das dann in seu verwandelt wurde, 
und so entstand dieser vielbesprochene vers, das ei des Columbus. 
Zwischen 63 und 64 sind also sterne zu setzen, welche die grab- 
státte einer aposiopese bezeichnen und einen verlorenen sohn. 
Silv. 2, 6, 48 ff. 

Nam pudor inde (unde) novae mentis tranquillaque morum 

Teemperies teneroque animus maturior aevo — 

Carmine quo donasse queam? Saepe ille cet. 
Queck sagt: Sen. Pur. carmine quo donasse queant (si ac- 
curate notatum est), ceteri libri carmine quo potasse queam. 
Est igitur anacoluthon et legendum ut scripsimus, Barth sagt: 
in veter Lindenbrogiano libro fuit: carmina quae donasse 
queant. Markland will: carmine quo nota esse queant? In dem 
potasse uud in der Lindenbrogschen handschrift scheint mir das 
richtige zu stecken: 


Carmina quae dotasse queant! 


Quae hier wie öfters bei Statius für qualia, quanta: „was für ge- 
dichte könnten diese eigenschaften ausstatten“ Das alte nam. 
muss entschieden wiederhergestellt werden für iam, welches den 
zusammenhang des gedankens und der rede unterbricht: zuerst die 
berrlichen gaben des leibes; denn was für gedichte musste sein 
gemüth, sein herz, sein edles innere erst hervorrufen. 

Da ist nun die dritte aposiopese des dichters zu den silentes 
nocte perpetua domus gegangen: möge es allen andern ebenso wohl 
da gefallen. 

Silv. 2, 6, 58. 
Quis deus aut quisnam tam tristia vulnera casus 
Eligit? Unde manus fatis tam certa nocendi? 
Beide verse sind schwach und unklar, was wie immer schon Mark- 
land bemerkt hat; das eligit (andere lesen elicit) sehr seltsam; 


12° 


180 Miscellen. 


aber der fehler steckt nicht nur in eligit, sondern wesentlich auch 
in vulnera; es muss heissen: ’ 

Quis deus aut quisnam tam tristia fulmina casus 

Elicit? cet. 
und nun wird uns die manus certa deutlich. vulnera und ful- 
mina wechseln oft fast ohne unterschied des sinnes mit einander. 

Silv. 3, 5, 46 ff. 

Isset ad Iliacas — quid enim deterret. amantes ? — 

Penelope gavisa domos, si passus Ulixes. 

Questa est Aegiale, questa est Meliboea relinqui, 

Et quamquam saevi fecerunt maenada planctus, 

Trotz Imhofs trefflicher auseinandersetzung möchte ich mich den- 
noch Markland anschliessen, wenn er den letzten vers in seiner jetzigen 
fassung für nicht statianisch d.h. für unglücklich, unpoëtisch, für 
unmöglich hält. Er ist zu allgemein, man vermisst die person, und 
er steht mit dem charakter der vorhergenannten heroinen in wider- 
spruch. Nach meiner meinung ist die verderbniss von maenada 
ausgegangen, welches aus Maenala entstanden war, woraus denn 
quam und zur füllung des verses das eigenthümliche quamquam 
hervorging, dessen möglichkeit ich einem Imhof gegenüber nicht 
bestreiten kann und will. 

Von einem lauten münadischen jammer ist hier an dieser stelle 
(man lasse sich ja nicht durch planctus vorher einnehmen) nicht 
die rede, sondern von der sehnsüchtigen klage der verlassenen, 
die gern sich auch durch gefahren mit dem geliebten wieder ver- 
einigen möchten. Seine beispiele entnimmt Statius den alexandri- 
nischen liebesdichtern; daher die Penelope, welche denn doch der 
wahre gegensatz einer münade ist; daher die Aegiale, welche auch 
nach Vergil XI, 270 dem Diomedes treu bleibt, daher die Melibôa, 
die bekannte Ephesierin, aber auch nur vielleicht — ich glaube es 
nicht — hier verwechselt mit der Peribüa, der gattin des Teukros, 
und endlich daher auch — jetzt kommt der streitige vers — die 
Atalante, welche ein gelüufiger stoff für die erotiker war, voll 
zauber des gegensatzes zwischen herber jungfräulichkeit und heim- 
licher minne und treue, einer treue, die zuletzt sich in der liebe zu 
ihrem sohne dem Parthenopäus am schönsten spiegelt, von unserm 
dichter in der Thebais mehrfach gefeiert. Der fragliche vers ist 
eine dem Statius geläufige art personen poétisch zu bezeichnen 
ohne sie zu nennen; wie er den Ibycus den volucrum precator 
Ausonius nennt, so hier die Atalante, die welche mit ihren klagen 
um den sohn das Mänalon erfüllte; ‚die grosse klagende vom Mä- 
nalon“; also: 

Et cuius (quoius) saevi ferierunt Maenala planctus. 
Zugleich bereichert uns diese form des verses um ein perfectum 
von ferio, welches man meines wissens bisher noch nicht aufgefun- 
den hat, gegen dessen dasein bei dichtern denn doch kein ‘innerer 





Miscellen. 181 


beweis geführt werden kónnte, und welches dem quamquam au 
deutlichkeit und daher auch an möglichkeit — undeutliche, schwer 
verständliche oder unverständliche formen bildet die sprache nicht 
oder stösst sie aus und ersetzt sie durch andere — gewiss vorzu- 
ziehen ist. 

Hamburg. Heinrich Köstlin. 


6, Liv. XXVI, 34. 


In dem strafurtheil über die Campaner lässt sich eine drei- 
fache abstufung wahrnehmen : 1) das urtheil über den adel (2—5) 
2) das mit Campanos omnes beginnende über die grosse masse 
des volks (6 — 10) und 3) das über den senat und die be- 
hörden (11). Die letzte classe verliert ‘das vermögen und 
die freiheit; das volk bleibt frei, verliert aber das römische und 
latinische bürgerrecht und muss auswandern. Hinsichtlich des adels 
werden verschiedene bestimmungen getroffen, weil über ihn nicht 
summarisch, sondern familienweise verhandelt wurde. Das 
letztere war wahrscheinlich veranlasst durch die vielen verwandt- 
schaftlichen beziehungen zwischen den römischen richtern und den 
campanischen delinquenten. Denn nur auf diese weise konnten die 
einzelnen senatoren hoffen, ihre pflicht gegen den staat, die strengste 
bestrafung verlangte, mit der von dem natürlichen gefühl gebotenen 
schonung der eigenen verwandten in einklang setzen zu können, 
Livius unterscheidet bei der bestrafung drei klassen: 1) die haupt- 
schuldigen verlieren ihr vermögen und werden wit weib und kind 
in die sklaverei verkauft; eine billige ausnahme wird nur zu gun- 
sten derjenigen töchter gemacht, die schon vor der übergabe der 
stadt in andere orte weggeheirathet hatten; 2) eine zweite classe 
— offenbar diejenigen, welche zwar stark gravirt waren, aber 
nicht genügend überführt werden konnten und zudem im senate 
kräftige fürsprecher fanden — wird für spätere aburtheilung im 
gefängniss aufbewahrt, und damit war ihnen zugleich die hoffnung 
gegeben, später, wenn sich die gemüther etwas beruhigt hatten, 
glimpflicher wegzukommen; 3) eine dritte klasse bekam einen theil 
ihrer güter und also offenbar auch die freiheit wieder zurück. Die 
worte indessen, in denen dies letztere urtheil enthalten ist, harren 
noch einer befriedigenden erklärung. Sie lauten: aliorum campa- 
norum summam etiam census distinxerunt, publicanda necne bona 
essent, pecua captiva praeter equos, et mancipia praeter puberes 
viris sexus, et omnia, quae solo non continerentur ,. restituenda 
censuerunt dominis, Weissenborn vermuthet, dass etiam auf in 
familias zu beziehen sei, so dass, wie bei einigen ,die verwandt- 
schaftsverhältnisse der massstab, der leitende grundsatz' gewesen 
seien, so bei den übrigen (aliorum) das vermögen. Es genügt ihm 


182 Miscellen, 


diese erklärung freilich selbst nicht, und er bescheidet sich zu sa- 
gen, dass sinn und construction der worte dunkel seien. Indessen 
sagt Livius keineswegs, dass „die verwandtschaftsverhältnisse der 
massstab, der leitende grundsatz‘ gewesen seien, sondern lediglich, 
dass die aburtheilung familienweise erfolgte; dass dann bei der ent- 
scheidung über schuld oder unschuld der einzelnen die verwandt- 
schaft mitgespielt hat, ist zwar glaublich und natürlich, aber für 
die formelle behandlung der sache von keinem belang. Und ferner 
was wäre das für ein entsetzlicher gedanke, dass die grösse des 
vermögens über schuld oder unschuld der einzelnen hätte entschei- 
den sollen — denn darauf würde Weissenborns erklärung, wenn 
‚wir ibn recht verstanden haben, hinauslaufen. Darin aber hat er 
recht, dass das subject von distinxerunt kein anderes sein kann, 
als das von censuerunt, nämlich die recht sprechenden sena- 
toren. Halten wir dies fest, so ist der gedanke der schwierigen 
stelle dieser: Im vorhergehenden war von zwei classen von ange- 
klagten die rede: bei den einen wurde das urtheil noch suspendirt, 
die andern wurden mit ihren familien zum verlust des vermö- 
gens und der freiheit verurtheilt. Jedoch machte das rechtsgefühl 
des senates unter den kindern eine distinctio und zwar zu 
gunsten der nach auswärts verheiratheten tóchter. Eine solche 
distinctio wurde auch bei der dritten classe der angeklagten ge- 
macht, als es sich um die frage handelte, ob ihnen, ausser der 
freiheit, auch das vermögen in seinem ganzen umfang (summam 
etiam census) zurückgegeben werden solle oder nicht; und es wurde 
beschlossen, dass ihnen ihre güter zurückerstattet werden sollten, 
jedoch erst nach ausscheidung derjenigen bestandtheile, durch deren 
zurückgabe für Rom möglicher weise eine neue gefahr hätte ent- 
stehen und wiederholte aufstandsversuche hätten begünstigt werden 
können; es waren dies 1). pferde, 2) erwachsene männliche skla- 
ven und 3) grund und boden. Wir haben also deu punkt vor 
pecua in ein kolon zu verwandeln, da das mit pecua eingeführte 
im engsten zusammenhang mit dem vorhergehenden stebt. Damit 
dürfte auch Weissenborns bemerkung, dass die verbindung unklar 
sei, erledigt sein. 
Augsburg. Fr. Mezger. 


. B. Zur palüographie. 
6. Paläographisches und unpaläographisches. 


Welche mühe in philologischen seminarien aufgewendet wird, 
um die junge generation zu einer gerechten würdigung der hand- 
schriftlichen überlieferung anzuhalten, ist zur genüge bekannt; und 
doch ist die für die vertheidigung aufgebotene kraft so oft ver- 
schwendet, wenn man aus erfahrung weiss, wie viel weniger ge- 


Miscellen, 183 


schick und fleiss bei der collation selbst der allerwichtigsten hand- 
schriften oder deren mittheilung im apparatus critious entwickelt 
zu werden pflegt. 

Der grosse abstand zwischen paläographie und kritik zeigt 
sich in auffallender weise, wenn Eyssenhardt in der vorrede zu 
Macrobius, 1868, p. V nothwendig hatte zu lehren, 5 significare È, 
non È, wie der für Jan arbeitende collationator consequent inter- 
pretiert hatte; oder wenn selbst buchstaben der lateinischen majus- 
kelschrift in allerneuester zeit von gelehrten verkannt werden, 
So ist längst bekannt (Wattenbach, zur lat. paläogr. p. 7), dass in 
capitalschrift H dem K ähnlich gebildet -wird, wovon man zugäng- 
liche proben in den Fragm. Sallustii Vaticana findet bei Kritz vol. Ill. 
Aus diesem grunde muss aber die lesart nikil in Nabers Fronto 
p. 147 falsch sein; in den varianten des codex Thuaneus zu Catull 
62 Krmenee u. ü. (vgl. die ausgaben von Ellis u. a.) lösen sich 
K als H, r als griechisches v (Y) auf; in der subscription der 
Persiushandschrift ist ARCKADIO (Jabn, praef. CLXXV) identisch 
mit Archadio p. CLX.XVI; in der didaskalie der Adelphoe des 
Terenz CETKEGO (Umpfenbach, p. 428) — CETHEGO; im Eu- 
nuchus (p. 111 Umpfenbach) V. 260. 266. 267 konorem , tkaidem, 
komines falsche lesarten u. s. w. 

Dass es in der minuskelschrift und vollends bei den abkür- 
zungen noch viel schlimmer aussieht, versteht sich von selbst. Um 
aber bestimmte proben zu machen, vergleichen wir einige photo- 
graphische abbildungen von handschriften mit den heutzutage gül- 
tigen collationen. 

1) Codex Laurentianus Sophoclis. Oed, Rex 757—805, Nauk 
6. aufl. 761 &ygovc] der cod. hat vielmehr &yoov. 772 pelbovai] 
richtig wellors. 779 unsgrinodeic ué9y] von erster hand pedro, 
von zweiter corrigirt tone. 787 Ad3oa] AavFoas. — 789 dFAlw] 
richtig ada. — 791 yosi’ 7 (dahinter à wahrscheinlich ausradirt) 
puros , uud ue von zweiter hand über ue, von gleicher hand 
déos über yoei’, und am rande: ro? 2pà poynvas. — 793 100] 
tev tov, aber das erste zov halb ausgewischt. — 794 ésaxovoag] 
‘raxovous. — 803 gic] pris. | 

2) Horatius, codex Bernensis 363 saec. IX. Carm. 1, 12 nach 
Keller-Holder. V. 11 fidibus] alte note: per inventorem lirae mer- 
curium. — 14 hominum ac deorum] ac über der zeile mit verwei- 


sungszeichen eingesetzt. — 19 proximos] am rande dle s welches 
man wohl gewöhnlich yorosuov = Nota bene deutet, welches aber, 
da es auf derselben seite der handschrift auch zu v. 45 (crescit 
ooculio velut arbor aevo) und zu 1, 20, 11 (temperant vites) bei- 
geschrieben ist, yo@ua, d.h. einen tropischen ausdruck bedeuten 
könnte. —- 25 Ledae| laedae wie cod. Turic. — 33 prius] prietus, 


die corruptel offenbar durch das folgende quietum veranlasst. — 


184 Miscellen. 


AS auitus] aruitus, der zweite buchstabe ist wohl ein grosses, 

. 4 
griechisches v. — 47 ignes] nach Orelli und Ritter ignes; in wirk- 
lichkeit ist id /tella/ (also: id est st.) übergeschrieben, und zwar 
so, dass à genau über dem e von ignes steht. — 

Carm. 1, 20, 6 text: fluminis ripae simul et iocosa] B an- 
geblich: primus ripe > iocosa . simul. Der vers lautet vielmehr: 
fluminis primus (dieses wort durchgestrichen) ripe "| iocosa . si- 
mul. und das abkürzungszeichen vor iocosa ist genau das auch v. 9 
und sonst wiederkehrende für et. 


Diese unbedeutenden, und zum theil nicht in einen kritischen 
commentar gehörigen nachträge und verbesserungen, welche wir 
hier auf einer seite der Berner handschrift zu machen haben, be- 
stätigen im ganzen die genauigkeit der angaben. Orthographische 
abweichungen, in deren mittheilung man unter umständen eine ge- 
ringere vollständigkeit verantworten könnte, haben wir theils da- 
rum angeführt, weil sie, so lange sie selbst aus jungen handschrif- 
ten notirt werden, bei den ältesten nicht übergangen werden dür- 
fen, theils auch, weil sie zur bestimmung des abhängigkeitsverhält- 
nisses beitragen. 

8) Ein schlimmeres beispiel bieten uns die sententiae Sexti. 
Bonn 1873. Zunächst ist das p. XLVII und Lill nachgebildete 
compendium einfach aufzulösen: Rufinus Tercio: aber mit der col- 
lation der haupthandschrift, cod. Paris. 2676 saec. IX. (@) ist der 
herausgeber bedient worden, wie er es trotz der vielen beigesetz- 
ten ? wohl kaum ahnt. Als probe diene der prologus Rufini p. LIL, 
zeile 1. accurrit] @ libenter adourrit, was, auch durch andere hand- 
schriften bestätigt, aufzunehmen war. — z. 3 Aproniana] richtig 
Aproniane. — z. 5 intellegendo] auch Q. — z. 6 Sextum in La- 
tinum] Sextum et in Latinum. — z. 8 Xystus| Xistus. — z. 14 
nunquam possil] possii numquam. 

Zu den sentenzen selbst notiren wir beispielsweise, 8 7 infi- 
delis| infidelis in fide, wie auch cod. A. — % 9 age] auch Q, nicht 
agit. — % 10 in vita hominis] auch Q, nicht in humana vita, — 
Q 12 nach oculo fügt @ bei: abiciendum est, und hat die ganze 
sentenz mitten in 2 13 vor melius, — 2 15 etiam] eliamsi, was aufzu- 
nehmen war. — @ 21 acceperis] acciperis. è 24 purificatur] pu- 
rificetur, u.s.f. — Nach 2 56 hat Q pr. manu: hic deest, — 2 
57 von zweiter hand geschrieben; nochmals von erster hand nach 
è 67 mit der note: hic est. — @ 82 fehlt nicht, sondern steht 
suo loco mit folgenden varianten: apud deum esse, disiribues, ita ét 
dis|pice (nach dis resur von zwei buchstaben) quae scias. Nach à 
84: finis huius et initium seq. deest libri, von späterer hand, 

4) Das citat aus Catull bei Peiper, Catullus 1875 p. 21, 


Miscellen. 185 


und Bübrens, p. LVII: cap. 12 et pultb ist aufzulösen: et prouer- 
bialiter: 
Difficile est longum subito deponere amorem. 
Erlangen. Eduard Wolfflia, 


C. Auszüge aus schriften und berichten der ge- 
lehrten gesellschaften sowie aus zeitschriften. 


Revue critique d'histoire et de littérature, 1870 und 1871 
Nr. 15: Marchant, Notice sur Rome, les noms romains et les 
dignités mentionnées dans les légendes des monnaies impériales ro- 
maines; anzeige von X, der die idee, eine solche zusammenstellung 
zu machen, für trefflich, den verfasser aber zur ausführung der- 
selben nicht für hinreichend vorbereitet halt, — Nr. 19: Kamp, 
Die epigrapbischen anticaglien in Köln. Anerkennende anzeige von 
J. KI. — Nr. 20: Zeller, Die philosophie der Griechen; sehr 
anerkennende anzeige von Ch. Thurot, der eigne bemerkungen 
und conjecturen zufügt. — Nr.23: Ascoli, Lezioni di Fonologia 
comparata del sanscrito, del greco et del latino. Wohlwollende be- 
urtheilung von Bréal. — V. Rose, Anacrontis Teii quae, vocan- 
tur Zvunoosaxa “Hye ufo, angezeigt von X. — Nr. 24: Madvig, 
Grammaire latine traduite de Vallemand par Theil; angezeigt von 
Ch. Thurot, mit einigen eignen bemerkungen über die hypotheti- 
schen sütze. — Nr. 25: Volkmann, schriften und philosophie 
des Plutarch von Chaeronea; augezeigt von yJ. — Vers pour la 
fete d’un poste grec du sixième siècle von H, Weil. — Nr. 26: 
Blümner, De Vulcani in veteribus artium monumentis figura, 
angezeigt mit zusätzen von W. Clart. [Ph. Anz. 11, 3,167.) — El- 
lendt, Lexicon Sophocleum, 2te auflage, besorgt von Genthe; beur- 
theilt von Tournier, welcher einige abweichende erklärungen giebt. — 
Chaignet, Vie de Socrate, „empfehlenswerther durch den styl, als 
durch die neuheit der ergebnisse“. — Nr. 28: Neubauer, Com- 
mentationes epigraphicae; lobende anzeige von Dumont; jedoch glaubt 
derselbe, dass der theil der arbeit, in welchem in betreff der ar- 
chonten auf die tetradrachmen verwiesen wird, umgearbeitet werden 
müsse; er führt eine reihe von bedenken und berichtigungen auf und 
findet an der methode der auseinandersetzung zu tadeln. — Dele- 
pierre, La Parodie chez les Grecs, chez les Romains et chez les 
modernes; angezeigt von B. — Nr. 29: Mariette, Abydos; bericht 
über die dort vorgenommenen ausgrabungen. Ausführliche bespre- 
chung von Maspero. — Halm, M. Fabi Quintiliani institutionis 
oratoriae libri XII; mit zufügung eigner bemerkungen besprochen 
von Ch, Thurot. — Nr. 30: Egger, L'Hellénisme en France, leçons 
sur Vinfluence des éludes greoques dans le développement de la langue 
et de la littérature française. Es werden ausziige mitgetheilt, aus 


186 | Miscellen. 


denen man erfäbrt, wie das studium des griechischen an den an- 
stalten, welche unsere universitäten ersetzen sollen, betrieben wird. 
Es ist nur ein professor für eine jede literatur vorhanden, und 
dieser liest wöchentlich zwei stunden, und um sein aus allen stän- 
den gemischtes publikum zu interessiren, bisweilen über gegenstände 
wie der oben angeführte. Diesen vorlesungen sind angehängt : 
1) über den gegenwärtigen zustand der griechischen sprache und 
über die änderungen, welche sie erfährt; 2) Griechenland im jahre 
1453; 3) über die aussprache des alten griechischen und des neu- 
griechischen; 4) über eine neue renaissance der griechischen und 
lateinischen studien im 19. jahrhundert ; 5) über den zustand der 
geiechischen studien in Frankreich. [Ph. Anz. IV,7, 369.] — Nr. 31: 
Van der Mey, Studia Theognidea, mit einer vergleichung des Mu- 
tinensis (Leiden 1869). Zwei anzeigen von H. Weil und von Heitz, 
beide mit bemerkungen über einzelheiten. — [Mit nr. 33 schliessen 
die lieferungen des jahres 1870 (13. Aug.), um am 1.Sept. 1871 
mit einer andern hefteintheilung wieder zu beginnen), — Nr. 34 
— 37: Chabas, Les Pasteurs en Egypte (Amsterdam 1868). 
Anzeige von Maspero. — Kekulé, Die balustrade des tempels der 
Athena- Nike; die antiken bildwerke im theseion zu Athen. An- 
zeige von de la Berge. [Ph. Ànz.1,201.] — W.Dindorf, Poetarum 
scenicorum graecorum fabulae superstites et perditarum fragmenta, 5. 
aufl.; anzeige mit metrischen bemerkungen, von Ch. Thurot. — Le- 
baigue, Dictionnaire latin-français, angezeigt, mit einzelnen verbesse- 
rungen, von Ch. M. — Mowat, Etudes philologiques sur les in- 
scriptions gallo-romaines de Rennes, besprochen von de la Berge. — 
Reuss, les bibliothèques publiques de Strasbourg; ein brief des verf. 
an die redaction der revue, welcher die durch das bombardement ber- 
beigeführten verluste aufzählt. — [Hier hört die nummern-bezeichoung 
der hefte auf]. ‘Oncken, die staatslehre des Aristoteles. 1. hälfte, 
mit einzelnen einwendungen angezeigt v. Y. p. 188 flg. — Hau- 
thal, Catonis philosophi liber, vulgo dictus Dionysii Catonis disticha 
de moribus; anzeige von X. p. 190. 

1872. In einem vorwort bemerken die herausgeber, dass die 
kriegsereignisse in ihrem urtheil deutschen gelehrten gegenüber 
keine änderung herbeiführen werden, und sie halten wort. Nr. 1, 
Hense, Heliodoreische studien. Der verf. setzt, sagt der recensent 
H. Weil, die arbeiten Westphal’s und Ticmann’s erfolgreich fort; 
er selbst schlägt vor, nach Heliodors andeutungen, in Arist. Acharn. 
971 nur einmal eideg w zu lesen. [Ph. Anz. Ill, 6, 306]. — Lübbert, 
Grammatische studien 2. tb. die syntax von quum. Der berichterstatter 
Ch. Thurot ist mit dem verf. in keinem punkt einverstanden, erkennt 
jedoch seinen sammelfleiss an (s. 1868, nr. 87). — Nr.2. Martin, 
Sur des instruments d'optique faussement atiribués aux anciens par 
quelques savants modernes. Billigende anzeige, in welcher nur zwei 
einwendungen (über brennglüser) gemacht werden. — Baebr’s, 


Miscellen. 187 


Bernhardy’s, Hiibner's, Teuffel’s werke über römische literaturge- 
schichte und Albert, Histoire de la litterature romaine, Paris 1871. 
Der berichterstatter findet in Teuffel’s methode einen fortschrift in 
der behandlung der literaturgeschichte, der Franzose ist ihm in sei- 
ner sonst klaren darstellung zu schónrednerisch. — Nr. 3: Benfe y, 
Entstehung und verwendung der im sanskrit mit r anlautenden 
personalendungen ; der kritiker Bergaigne ist mit dessen ansichten 
wenig einverstanden, — Voligraff, Studia palaeographica ; weder 
neu noch vollständig, aber mit einigen guten emendationen, meint 
Tournier. — Nr. 4: Brambach, Metrische studien zu Sophocles; 
der recensent H. Weil billigt seine ansicht über den dochmius 
nicht. — Madvig, adversaria critica I. Rühmende anzeige mit 
auszügen von Ch. Thurot, der einwendungen gegen emendationen im 
Aristoteles macht und mehrere versehen rügt. [Ph. Anz. V,12,577]. — 
Nr. 6: Savelsberg, lateinische partikeln auf d und m, durch 
apokope entstanden; anzeige von Havet. — Willems, Les antiquités 
romaines (politiques), gerühmt von Ch. M. [Ph. Anz. IL, 7, 370.] — 
Enderis, Versuch einer formenlehre der oskischen sprache; empfoh- 
len von Havet. — Keil, C. Plinii epist. libri novem, gerühmt von 
Ch. M. — Quicherat, Nonii Marcelli — doctrina ad filium, sehr 
empfohlen. — Lamarre, de la milice romaine, ganz unbrauchbar. — 
Nr. 8: Smith, The Phonetic Value of the Cuneiform Characters, 
empfohlen von Maspero. — Eucken, Methode und grundlage der 
aristotelischen ethik. Programm Frankfurt a. m., besprochen von Y. — 
Nr. 10: C. Dindorf, Historici graeci minores, empfohlen von X. — 
Nr. 11: W.Dindorf, Lexicon Sophocleum, besser als Ellendt, noch 
nicht vollkommen, sagt Tournier, der einige proben der eilfertig- 
keit des verf. giebt. — Lumbroso, Recherches sur l'économie 
politique de l'Egypte sous les Lagides; mit zusützen von Caillemer 
über die änderungen, welche die Lagiden in den altügyptischen ge- 
setzen machten. [Ph. Anz. VI, 10, 501.] — Nr. 12: Mariette, Les 
Papyrus Égyptiens du Musée de Boulaq. Gerühmt von Maspero. — 
Buchholz, Die sittliche weltanschauung des Pindaros und des 
Aeschylos; viel überflüssiges enthaltend und nicht zu resultaten füh- 
rend, sagt Tournier. [Ph. Anz. Il, 3, 227.] — Vidal-Lablache, 
Hérode Atticus, mit anerkennung besprochen von Geffroy, der viele 
zusätze angiebt. — Nr. 13: Benfey, Nominal-suffix ia oder ya und 
die formen des indo-germanischen optativ's; auzeige von Bergaigne. 
— Corssen, über aussprache etc. 2. aufl. 2. bd.; ausführliche bespre- 
ehung von M. B(réal. — Nr. 14: Rénier und Perrot, Les 
peintures du Palatin; inhaltsangabe von de la Berge. — Nr, 17: 
Wecklein, Studien zu Aeschylus, mit einschrünkungen gebilligt 
von H. Weil. — Muff, Ueber den vortrag der chorischen par- 
tieen bei Aristophanes; die ergebnisse sind, wenn nicht sicher, doch 
annehmbar, sagt H. Weil. [Ph. Anz. IV, 6, 277. ]— Bouchard, Étude 
sur l'administration des finances de l'empire romain; klar und über- 


188 Miscellen, 


sichtlich, aber in historischer beziehung unzulünglich, nach de la 
Berge. — Nr.18: Capelle, Eberhard u.s.w. Lezicon Homericum, 
wenig günstige besprechung von Meunier. — Schmidt, De tractan- 
dae syntaxis graecae ratione, angezeigt von Ch. Thurot, der die von 
ihm gegen Schmidts abhandlung über à» gemachten und vom vf, hier 
beantworteten einwendungen aufrecht erhält. [Pb. Anz. III, 1, 2] — 
Nr. 19: Brugsch, Grammaire hiéroglyphique, genaue anzeige von 
Maspero. — Nr. 20: Fr. Müller, Indogermanisch und semitisch ; 
angezeigt von M. B(réal), — G. Curtius, Studien zur griech. und 
lat. grammatik; kurze inhaltsangabe. — Nr. 21: Lugebil, Zur ge- 
schichte der staatsverfassung von Athen; eingehende würdigung 
von Caillemer. — Ueberweg, Aristoteles über die dichtkunst, 
übersetzt und griechisch herausgegeben; von Ch. Thurot empfohlen. 
— Fritsche, Theokrit’s idyllien. Anzeige von X. — Nr. 23: 
Maspero, Des formes de la conjugaison en égyptien antique etc., 
gerühmt von Grebaut. — Th. Bergk, Auslautendes D im alten 
latein. Havet wünscht den 3. und A. abschnitt aus dem buch fort, 
empfiehlt es übrigens als correctiv für den Ritschlschen text des 
Plautus. — Nourrisson, De la liberté et du hasard. Essai sur 
Alexandre d’Aphrodisia; suivi du Traité du destin et du libre 
pouvoir aux empereurs, traduit en français; billigende anzeige von 
Y. — Nr. 25: Aristotelis opera. Ed. Academia regia Borussica, V. 
Fragmente und nachtrag der scholien. Angezeigt von Ch. Thurot, 
mit einer reihe von bemerkungen. — Lentz, Herodiani technici 
reliquiae; rühmende anzeige von X. — Nr. 28: Courdaveaus, 
Eschyle, Xenophon. et Virgile. Eingehende wiirdigung des huchs 
durch H. Weil, welcher Sophokles gegen die angriffe des verf. zu 
vertheidigen für nöthig bilt — Delbrück, Der gebrauch des 
conjunctivs und optativs im sanskrit und im griechischen. Für das 
griechische findet Ch. Thurot die annahmen des verf, bestreitbar. — 
Nr. 29: Dräger, Historische syntax der lateinischen sprache: 
anzeige von Ch. Thurot. [Ph. Anz. IV, 11, 544.] — Nr. 30: Havet, 
Le christianisme et ses origines; l’Hellénisme. Anzeige von Nicolas. — 
Christ und Paranikas, Anthologia graeca carminum christia- 
norum. Anzeige von Ch. Thurot, der die varienten des cod. Paris. 
nr. 1039 mit der ausgabe Christ's zu den hymmen des Synesius 
giebt. — Bruns, Fontes iuris romani antiqui und Giraud, 
Iuris romani antiqui vestigia. Nach dem kritiker Rivier ist das 
deutsche buch in quantität und qualität dem französischen überle- 
gen. — Nr. 34: Lenormant, Essai sur la Propagation de V’Al- 
phabet Phénicien dans V Ancien - Monde, I. livi. Eingehende anzeige 
von Maspero. — Chassang, Nouveau dictionnaire grec - français ; 
ausführliche beurtheilung von M. B(réal). — Merguet, Die ent- 
wickelung der lateinischen formenbildung, empfoblen, mit einschrän- 
kungen, von Havet. — Nr. 35: Delbrück, der gebrauch des 
conjunctivs und optativs im sanskrit und im griechischen. Für 











Miscellen. 189 


sanskrit fällt Bergaigne ein ähnliches urtheil wie Thurot für das 
griechische (s. o. nr. 28). — Thiele, Prolegomena ad Hymnum in 
Venerem Homericum quartum, mit einwendungen von 4. [Ph. Anz. IV, 
9, 445.] — Nr. 36: Bouché-Leclercq, Les pontifes de l'ancienne 
Rome, gerühmt von Boissier und empfohlen von X. — Nr. 38: Nigra, 
Reliquie celtiche, ohne einschränkung gelobt von Gaidoz. — Nr. 40: 
Quicherat, Introduction à la lecture de Nonius Marcellus, warm 
empfohlen. — Nr. 41: Dollfus, Considérations sur l'histoire. 
Le monde antique, angezeigt von Bergaigne. — Marquardt und 
Mommsen, Handbuch der römischen alterthümer. Römisches 
staatsrecht von Th. Mommsen. Rühmende anzeige von Ch. M. — 
Nr. 42: Beaufils, Nouvelle grammaire latine d’après les principes 
de la grammaire comparée, Ganz unzulänglich und voll von feh- 
lern, sagt M. B(réal). — Wattenbach, Anleitung zur lateinischen 
palaeographie. J.T. tadelt die ungenauigkeit der schriftproben. — 
Nr. 46: Schoene, Griechische reliefs, aus athenischen sammlungen ; 
sehr empfohlen von de la Berge. — Riese, Anthologia latina 
Fasc. II. empfehlende anzeige von Boissier. — J. Schmidt, die 
verwandtschaftsverhältnisse der indo-germanischen sprachen. Unge- 
achtet seiner abweichenden überzeugung findet der kritiker Havet 
das buch lesenswerth. — Boissée, Dion Cassius, texte et traduc- 
tion, tom. X., vor den. ersten bänden sich rühmlich auszeichnend, 
sagt Tournier. — Bauer, Zu den Herakliden, der Medea und 
lphigenie auf Taurien des Euripides. Auszüge von H. Weil, der 
einige eigne conjecturen zufügt. [Ph. Anz. IV, 10, 481.] — Eber- 
hard, Fabulae romanenses graece conscriptae: anzeige. [Ph. Anz. IV, 
2, 91.] — Nr. 48: Devéria et Pierret, Le Papyrus de Neb-Qed; 
angezeigt von Maspero. — Nr. 49: 0. Hense, Kritische blütter; 
mit den conjecturen zu Aeschylus Coephoren ist H. Weil, eine ein- 
zige ausgenommen, nicht einverstanden. — Nr. 50: Schuermans, 
Objets étrusques découverts en Belgique, angezeigt von Barthélemy. — 
Bailly, Grammaire grecque élémentaire — suivant les principes de 
la méthode comparative und Chassang, Nouvelle grammaire grecque 
d'après les principes de la grammaire comparée, beide in ausführlicher 
besprechung gewürdigt von Havet, welcher die theorie der verbal- 
themen bei Curtius für verfehlt erklürt, In der flg. nr. 51 bespricht 
M. B(réal) dieselben grammatiker ausführlich und macht vorschlüge zu 
einer neuen eintheilung der conjugationen. — Nr. 52: Gaidoz, 
Revue celtique bd. I. Der berichterstatter G. P(errot) spricht seine 
freude aus, dass die zeitschrift, trotz des krieges, weiter erschienen 
ist und seine hoffnung, dass auch die deutschen mitarbeiter fort- 
fahren werden, an ihr mitzuwirken. B 
1873, Nr. 1: Hiller, Eratosthenis carminum reliquiae, mit 
lob besprochen von H. Weil, der im Hermes corrigirt: Où uév Udwo, 
GaN avog dx’ ovgavodev xguorallog Ket yaïar 9 Gia 1 loye 
WéQlzivxrog d° éréruxro. [Pb. Anz. V, 6, 27.] — Nr. 2: Susemihl, 


190 Miscellen. 


Aristotelis Politicorum libri VIII, angezeigt von Ch. Thurot, wel- 
cher sich gegen des verf. annahme von vielen zusätzen späterer 
Peripatetiker erklärt. — Nr. 4: Benoist, Plaute, Morceaux 
choisis, et traduction, avec une étude sur la métrique et la prosodie 
de Plaute, empfohlen von X. — Nr. 5: Egli, Nomina geographica, 
lückenhaft und fehlervoll, nach Gaidoz, — Eucken, Die methode 
der Aristotelischen forschung ; der recensent Ch. Thurot findet, dass 
der verf. das organon und die topica nicht genug berücksichtigt 
und deshalb die dialektik ausser acht gelassen habe, auf deren an- 
wendung durch Aristoteles er näher eingeht. Nr. 6: Chabas, 
Etudes snr l'Antiquité historique; mit geringen einschrinkungen 
gerühmt von Maspero. — Hagen, Grammatici latini ex recensione 
HB. Keilii, supplementum, anecdota helvetica, empfohlen von Ch. 
Thurot. — Nr. 7: Dübner, Epigrammatum anthologica palatina, 
2. bd., nach des verf. tode von Delzons besorgt, mit wenigen ein- 
wendungen empfohlen von X. — Foucart, Sénatus-consulte iné- 
dit de l’année 170 avant notre ère, mit einem bedenken gegen die 
richtigkeit einer stelle als bedeutsam angezeigt von Ch. M. — 
Nr. 8: Whitney, Oriental and linguistic studies, empfohlen von 
M. B(résl). — Meunier, Etudes sur les composés syntactiques en 
grec, mit wenigen gegenbemerkungen von Havet sebr gerühmt. — 
Nr. 9: Anton, Beobachtungen über die construction von antequam 
und priusquam, mit geringer einschränkung gebilligt von Gantrelle. 
— Nr. 10: Tardieu, Géographie de Strabon, traduction, mit 
angabe einiger abweichenden meinungen über den text sehr ge- 
rübmt von Ch. Thurot. — Nr. 11: Le Bas et Waddington, 
Voyage archéologique en Grèce et en Asie-Mineure II. partie. Ex- 
plication des inscriptions grecques et latines par Foucart, als be- 
deutsam empfohlen von Dumont. — Luc. Miller, Lucil Satu- 
rarum reliquiae; anzeige von Boissier. [Ph. Anz. V,5, 254]. — Nr. 
12: G. Perrot, Eloquence politique et iudiciaire à Athènes, mit 
einigen berichtigungen empfohlen von Caillemer. — Nr.13: Mas- 
pero, De Carchemis oppidi situ et historia antiquissima und Du 
genre epistolaire chez les Egyptiens de l'époque pharaonique; anzeige 
von Pierret, nach welcher der verf. Carchemis nicht mit Circesium, 
sondern mit der syrischen stadt Hierapolis identificirt. — Guhl 
und Koner, Das leben der Griechen und Römer, angezeigt von 
A. B. C, der neben andern vorschlägen den verf. räth, die barba- 
rischen gallicismen aus seinem deutschen buche auszumerzen. — 
Nr. 15: Hehn, Culturpflanzen und hausthiere in ihrem übergang 
aus Asien nach Griechenland und Italien, rühmlich besprochen von 
Baudry. — Draeger, Agricola, Schulausgabe, ausführlich angezeigt 
von Gantrelle. — Nr. 16: Heydemann, Die vasensammlungen 
des Museo nazionale zu Neapel; eingehende würdigung von Du- 
mont, auch mit berücksichtigung der inschriften. — Nr.17: Cron, 
Beiträge zur erklärung des Platonischen Gorgias; weitläufige in- 








Miscellen. 191 


haltsangabe von Nicole. — Nr. 18: Luc. Müller, Catulli, Ti- 
bulli, Properti carmina ; anzeige von Ch. M. [Ph. Anz. ILI, 10, 488]. — 
Nr. 22: Wilhelmus, De infinitivi linguarum sanscritae etc. graecae 
etc. latinae forma et usu; empfohlen von Bergaigne. [Ph. Anz. VI, 1, 4.] 
— Nr. 25: Willems, Notes de critique et d'exégèse sur Horace. 
Anzeige von Ch. M. — Nr.29: Hehn, das salz, eine kulturge- 
schichtliche studie. — Becq de Fouquières, Lex jeux des anciens 
und Hertz, De ludo talacio. Anzeige und empfehlung (nicht durch- 
weg des ersten grossen werks) durch Ch. M. — Nr. 30: Hoffmann, 
De Demosthene [saei discipulo; der berichterstatter G. Perrot ist 
mit der behauptung des verf, Demosthenes sei nicht der schüler 


des Isaeus gewesen, gar nicht einverstanden. — Nr. 31: Neu- 
bauer, Curae epigraphicae, angezeigt von Dumont. — Monumenta 


Germaniae Historica. Diplomatum Imperii Tom. I. besprochen von 
Sickel, Berlin und Stumpf, Ueber die Merovinger Diplome in 
der ausgabe der Mon. Germ. hist., München. Der recensent 
Longnon giebt eine liste der alten ortsnamen Frankreichs und 
zeigt, in wie vielen füllen Pertz sich in der angabe der neuen 
namen geirrt hat. Forts. in ur. 32. 33. 34. — Nr. 35: Perrot, 
Guillaume et Delbet, Exploration archéologique de la Galatie et de 
la Bithynie etc. Ausführlicher bericht uud inhaltsangabe des wich- 
tigen werks durch de la Berge. — Nr. 38: Cobet eic. Mnemo- 
syne, Bibliotheca philologica Batava. In einer auf einzelheiten ein- 
gehenden anzeige begrüsst Ch. Thurot das wiedererstehen der hol- 
láudischen zeitschrift, — Nr.39: Voyage archéologique etc. (s. nr. 11) 
fortsetzung ausführlich angezeigt von Dumont. — Nr. 40: Bou- 
cherie, ‘Egunrevuara (xai) Ka92utqui) opta de Julius Pollux 
(s. Bull. de la soc. des antiq. 1870. 1 'Trim.) Der berichterstat- 
ter über diesen wichtigen in Montpellier gemachten fund zeigt, 
dass die dort gefundenen “Egunvevuatu ähnlich, aber nicht identisch 
sind mit 7JoAvdeUxovg negì xaFnuegeriis ousdbas (einem führer der 
conversation) des ms. 3049 der. nationalbibliothek in Paris und 
ähnlich aber nicht übereinstimmend mit manuscr, von St, Gallen 
und Leyden, welche von Boecking, Bonn 1832 veröffentlicht sind. 
— Nr, 41: Ménant, Les Achéménides et les Inscriptions de la 
Perse. Angezeigt von Justi, — Pierret, Etudes Égyptologiques 
etc. avec un glossaire égyptien-grec du décret de Canope. Anzeige 
von Maspero, welchem das glossarium für das studium der ägypti- 
schen syntax sehr wichtig scheint. — MW. Dindorf, Lexicon 
Aeschyleum, empfoblen von H, Weil. [Ph. Anz. VI, 2,75.] — Nr. 42: 
Meyer, Q. Aurelii Symmachi relationes; ausführliche recension von 
Havet. — Nr. 43: Du Barry de Merval, Etudes sur Varchitecture 
égyptienne; angezeigt von Maspero. — Fiske, Myth and Myth-ma- 
kers, old tales and superstitions interpreted by comparative mythology. 
Der berichterstatter Bergaigne sagt zum schluss: Man schaudert, 
wenn man an die zeit denkt, welche nöthig sein wird, um diese 


192 Miscellen. 


mythologie tertiärer formation wegzuschaffen, welche anfängt, in 
den büchern vergleichender mythologie, und sogar in den besten, 
sich schichtenweis aufzuhäufen, — Nr. 49: Müller, Die griechi- 
schen philosophen in der arabischen überlieferung. Kurze anzeige. 
— Filleul, Histoire du siècle de Périclés. Verdienstvoll, wenn 
auch in vielen einzelheiten ungenau, sagt die ausführliche beurthei- 
lung 6. Perrot's; — Nr.51: Claussen, Quaestiones Quintilianeae. 
Empfohlen von Le Coultre, welcher mittheilt, dass er selbst und 
Chätelain das ms. 18527 der nationalbibliothek zu Paris, welches 
nicht, wie Halm glaubt, eine abschrift des Bernensis ist, verglichen 
haben und bald ihre vergleichung veröffentlichen werden. 

1874. Nr. 2: H. Weil, Les harangues de Démosthène, Texte 
grecavec un commentaire critique et explicatif, une introduction 
générale et des notices sur chaque discours. Empfohlen von Ch. 
Thurot. — Nr. 4: Madvig, Adversaria critica, vol. II. emenda- 
tiones latinae, Oft zustimmende und bisweilen widersprechende an- 
zeige von Ch. Thurot. [s. ob. p. 187.] — Nr. 6: Gaffarel, Eudote 
de Cyzique, et le périple del’ Afrique dans Vantiquité; ausführlich be- 
sprochen von Vidal-Lablache. — Longnon, Les cités gallo-ro- 
maines de la Bretagne. Nach dem berichterstatter weist der verf. 
mit sicherheit die gränzen der Ossismii (in der nordwestlichen 
spitze der Bretagne), der Coriosopites (im s. w.), der Diablintes 
(im n. östlich von den Curiosolites) nach. — Nr. 7: Kammer, 
Die einheit der Odyssee; H. Weil rügt die weitschweifigkeit, billigt 
jedoch den inhalt, die annahme einiger interpolationen verwerfend, 
und die einiger andern vorschlagend. [Ph. Anz. VII, 1, 12.] — Genthe, 
Index commentationum Sophoclearum, angezeigt von Tournier, der 
auch die recensionen gern berücksichtigt gesehen bitte. [Ph. Anz. VII, 
12,580.] — Nr.8: Nitzsch, Die römische annalistik von ihren an- 
füngen bis auf Valerius Antias ; der berichterstatter Bouché-Leclercq 
findet in dem „ernsthaften“ buch zu viel vermuthungen. [Ph. Auz.V, 2, 
117.] — Draeger, das leben des Agricola. 2. aufl.; vielfach ver- 
bessert, nach Gantrelle, der ausführliche kritische auseinandersetzungen 
hinzufügt. — Nr. 9: Havet, Mémoire sur la date des écrits qui por- 
tent les noms de Bérose et de Manéthon, empfohlen von Ch. Thurot. 
— Comparetti, Virgilio nel medio evo, wegen der neuen thatsa- 
chen gerühmt von G. P(errot). [Ph. Anz. V, 7,376.] — Nr. 10: Fick, die 
ehemalige spracheinheit der Indogermanen Europa's; eingehend gewür- 
digt von Havet. — Croiset, Xenophon, son caracière et son talent, an- 
zeige von Nicole, der dem verf. vorwirft, Cobet's novae lectiones nicht 
zu kennen. — Geffroy, Rome et les Barbares, étude sur la Ger- 
manie de Tacite (s. Séances et travaux etc. 1872), der zum buch 
erweiterte frühere aufsatz des verf.; eingehende besprechung von 
G. M., der die unparteilichkeit des verfassers, den neuesten ereig- 
nissen gegenüber, rübmt. — | 











|. ABHANDLUNGEN. 


VII. 
Beiträge zur homerischen syntax. 
I. 0, ov, dti, dre. 


Wenn Bekker HBl. I 150 behauptet, dass oz (orm) bei 
Homer den endvocal so wenig elidiren könne, wie z/, weil mit 
dem , die verständlichkeit verloren ginge, so hat er damit unzwei- 
felhaft recht, obgleich vielleicht Aristarchs autorität entgegensteht. 
Vielleicht, sage ich, denn es ist nicht ausdrücklich überliefert, dass 
Aristarch o 317 077’ d96Aovv las, sondern Schol. H sagt: zo 29E- 
lev oërwg ai “Agsoragyov, paoi, soscvAAd (jg 10 É3ÉAu, so dass 
reum für Friedlinders vermuthung (JJb. 79, 825) übrig bleibt, 
Aristarch habe hier &00° i96Aouv geschrieben, wie er A 554 acc 
gs9« schrieb, während die lesart des Dionysius Sidonius ózu 
Véigoda war, s. sch. LV z. st. Doch dem sei, wie ihm wolle, 
diese éine streitige stelle kann Bekkers bemerkung nicht wider- 
legen. Indem dieser nun aber weiter die beobachtung machte, 
dass öfter dz’, ein paar mal auch Sze so vorkomme, dass es mit 
dem temporalen 07e nicht zu vereinigen sei, sondern nach seiner 
bedeutung mit © und oz, zusammenfalle, schrieb er, wo dies der 
fall war, © v resp. 0 ze, um diese coniunction ausdrücklich von 
dem temporalen 07e zu unterscheiden. 

Die meisten neueren herausgeber sind ihm, wie in so vielen 
dingen, auch bierin gefolgt, so Faesi-Franke, Faesi-Kayser, Ameis- 
Hentze, Koch, Nauck, haben auch wohl noch einige stellen hinzu- 
gefügt, wie La Roche, s. HSt. p. 264, HU. p. 124, bei der früher 

Philologus. XXXVI. bd. 2. 13 


194 Homeros. 


üblichen zusammenschreibung sind, so viel ich sehe, nur Dindorf, 
Bäumlein, Döderlein, Düntzer geblieben. Letzterer nimmt in sol- 
chen fällen elision von özs an, vgl. die anmerkung zu $ 78: E. 
H. Friedländer de coniunctionis ore apud Homerum vi et usu Ber- 
lin 1860 stimmt in der grösseren anzahl von fällen der Bekker- 
schen schreibung zu, s. p. 26, in anderen erkennt er die temporale 
coniunction : Pfudel beiträge zur syntax der .causalsütze bei Homer 
Liegnitz 1871 p. 26 will eine solche „nothform für prosodische 
bedürfnisse“ wie 0 z’ nicht anerkennen, sondern hält es zwar für 
gerechtfertigt, bei der von örıs abzuleitenden neutralform des pro- 
nomens anzunehmen, dass die letzte silbe nicht elidirt werden könne, 
nicht aber bei der coniunction, in der die ursprüngliche bedeutung 
abgegriffen sei. Auch findet er es befremdend, dass das vollstän- 
dige 0 re nirgends in sicheren beispielen vorkomme. Also neigt 
er dazu, oz in den betreffenden fällen für Sr zu nehmen. End- 
lich Kühner AGr.? I 187 greift zu dem verzweifelten mittel, für 
óu dass die elision zuzulassen, dagegen jedes apostrophirte dr 
weil für özs in dem sinne von quando oder cum zu nehmen. 

Es verlohnt der mühe, diese ansichten auf grund des ein- 
schlägigen materials einer erneuerten prüfung zu unterziehen. Zu 
diesem zwecke müsssen wir den gebrauch von 8, 67°, öz und dre 
bei Homer ins auge fassen. Dabei halte ich für den anfang nur 
fest, was jetzt wohl allgemein zugestanden ist, dass nämlich alle 
drei coniunctionen 0, ow, Ore erstarrte accusative des relativen pro- 
nomens sind und dass aus dem einfachen 5 die beiden anderen sich 
durch binzufügung von 7è, resp. zè entwickelt haben. Letzteres 
in oze mit Delbrück und Windisch, Syntakt. forsch. I 55 von 
vornherein als satzverbindend zu bezeichnen, trage ich deshalb be- 
denken, weil dies zè ursprünglich gewiss keine satzverbindende 
kraft gehabt hat, sondern wahrscheinlich auf den interrogativstamm 
zurückgeht, und die indefinite bedeutung des lateinischen que in 
manchen zusammensetzungen eine stütze für die annahme desselben 
sinnes von 1è in griechischen zusammensetzungen bietet. Dieser 
erstarrte accusativ 6 findet sich nun: 

a) in der bedeutung weshalb 
d 206 rolov ràe xal muigog, Ó xai wenvuueva Babes. 
c [332] 392 # da oe olvog Eyer potras, 7 vu tos alst 
zowvrog vóog early, è xoà perapuivia Balers. 


Homeros. 195 


Dass beide stellen dieselbe auffassung verlangen, lehrt wohl der 
erste blick. Nitzschens erklärung der ersten, nach der $ = og 
wäre, findet mit recht keine vertreter mehr, für die meinige ver- 
gleiche man den genau entsprechenden homerischen gebrauch des 
demonstrativen 76 (s. die beispiele bei la Roche HSt. 73). Ich fasse 
diese accusative, um das gleich hier zu bemerken, wie auch %, zi, 
ór, etc. mit La Roche HSt. 67 und Curtius Schulgr. è. 404 n 
als accusative der beziehung, denn sie mit Schömann Redeth. 178. 
Üpuscc. Ill 263 und Kühner AGr.? I] 267 1) als accusative des 
inhalts zu nehmen scheint mir mit dem homerischen gebrauche, für 
den man die reichen sammlungen bei La Roche Hom. studiem ver- 
gleiche, nicht vereinbar und noch weniger annehmbar scheint mir 
Krügers ansicht, der Gr. 2. 46, 3, 4 zí was, warum? 0, x wes- 
halb? rovro und zavra, darum, unter der rubrik des unabhängig ge- 
setzten accusativs . behandelt, der räumlich von der länge und 
zeitlich von der dauer steht. Dabei nehme ich an, dass sich aus 
der allgemeinen bedeutung „in beziehung worauf“ die besondere 
„weshalb“ allmählich entwickelt hat. — Den zuerst besprochenen 
drei fällen stehen uun zunächst 
b) die beispiele, wo ö, 07, özs in reden motivirend steht, 

ursprünglich in dem sinne: in beziehung darauf dass. Wir können 
den sinn umschreiben mit: was ich deshalb sage, weil. So 

& D 150 zig n6dev ele dvdocm, 0 pos Eins unslog dev; 

Or À 32 tl vu os Iloíauog Hgsaporo ze raides 

10000 xaxà déLovow, dr aomeogìs uevealves 

"IMov tEalanakas — nroMt3Qov; 

E 90 ofds di xai u Tono, Feo dé nv’ ExAvoy avi», 

xelvou Auygöv DAsdgov, Sz ovx i3£Aovow dixalws priotas 

p 254 el dy toccdvde Bing emdevées eluty 

— ’Odvonog, 01 où duvauscda zavvooaı toSov 

ors II 35 ylavx) dé ce tixre Pddacca, 

nétgas v YMBaros, Sts tos vdos Écrèr amvrs. 

D 411 wnnww’, ovdé vi nu neo imepgunow 0000» agelwy 

evyou iyu» Euevas, Où wos pévos icopagitess. 

1) Auch Curtius Erläntt.* 194 sagt: „on bezieht als accusativ des 

inhalts den gehalt eines satzes auf das regierende verbum des 
haupteatzes, dient daher als partikel der aussage und wahrnehmung“, 


und auch in seiner grammatik §. 401 fasst er ri, roùro etc. in be- 
stimmten fallen als accusative des inhalts. 


13° 


196 Homeros. 


D 488 ei d° #94: nol£uoso danmeras, dopo’ sù 8076 
Coco pegréon eu’, Ore pos pérog &vrspeoltess. 
U/ 484 xaxogoadés, alla ve nuvra 
devenus "Apyelwv, ore tos vóog Eoriv üngrjc. 
Q 240 ov vu xai opi | oîxos Éveons y00s, duo w nAderE 
andioovies; 
e 340 rlnre 104 We Iocedawr — | wovour éxniiylwc, 
du 108 xaxa moÂÂd gvrtvti; 
E 54 Zeug tou doln, Eeive — | Sim paci délai, 
Ore pe medpowy vatdebo, 
E 367 Zy9ero nücw Otoiow | nayyv wad, diri uw où 16 
peta Teweoos dapacouy 
E 441 al® oviws, Evpou, pliog Ai nurçi yévov, | ws 
Zuol, ort pe 
zoiov 2övs’ ayadoics yegalgeıs cf. o 349 Srn Mw. Enovoag 
adng 
x 36 w xuvec, ov uw Er’ igdoxe9' — olxad’ ixéoFce 
diuov ano Tewwy, ort pos xurexelgete olxov. 

c) Daran schliessen sich die fälle, wo &, or, dx zunächst 
nach ausdrücken der gemüthsstimmung oder der äusserung der- 
selben causal steht, (weil, eigentlich auch hier: in der beziehung 
dass). So 3 7534 Y 283 a 382 = 0411 v 269, À 540 
z 543 q 289. — Ox A 244 I 509 3 78. — bu 456 B 
[255] E 326 & 407 = X 292, O 156 II 531 P 568 W 556 
Q 114 135 241 3 238 2 103 = » 343, E 52 527 o 378 
c 333 [393] 7 248 g 415. Sehr zweifelhaft ist 


B 579 xvdidur, du macs pertagener nowecosy, 
obvex' Aouotos Ep, 

denn die lesart nöcıy dé statt du mcs hat Aristarchs und Zeno- 
dots autorität für sich und entspricht dem homerischen gebrauche 
im allgemeinen und dem besonderen zusammenhänge dieser stelle 
jedenfalls besser. Im hauptsatze steht in diesen fällen ywecdas, 
2000090, zagfeiv, Give, Fauuabssr, dhopvoecda:, ayanay (zu- 
frieden sein), 7700 öplveru, xdeodas, övesdiluv, OvooFas, tlew, 
yalgsıy, yndeiv und das adiectiv yyJócvroc. Aus diesem gebrauche 
nach den angeführten ausdrücken hat sich der freiere causale ent- 
wickelt 





Homeros. 197 


I 76 pada dà yosu navras Ayasoug | £c9Azg xa muxsvits 
(sc. Bovang), Ste diuos Eyyvdi vywy | xalovow ved noAAd 
W577 “Arzidogor weidecos Pino pevog MeréAaos | otyeras 
Inno» uywr, dts ob modd ysígoveg nov 
Innos, avıog dé xpeloowv ager te Bly Te. 
9 462 Iva xal nor’ iov» ev nargldı yuin | puvijon sued, ov 
pos nowty Cwdyes’ opéAlss. 
t 72 daruovin, zt pos wd Enkysıs xexornots vu; 
7 ow On Övndw xıl. 
und an der einzigen stelle, wo der coniunctionssatz abweichend 
von seiner ursprünglichen und natürlichen stellung antecessiv 
auftritt: 
w 115 viv d’or $vnów, xaxd de yoot eluata elpos, 
Tovvex’ dupuabe pe, 
wobei tovvexa auf das vorhergehende ozzs zurückweist, während 
in allen den bisher angeführten postpositiven fällen eine hinwei- 


sung auf den folgenden coniunctionssatz nicht vorhanden war. 
Endlich ziehe ich hieher auch 
K 142 slp? oviw xatà vias dva orgarov olos GÂAüode 
vuxra di’ außgooinv; Or, di) yotu) xócov Tat; | 
wo ich also mit Bekker?, Döderlein und Franke örs lese (wohl 
weil die noth so sehr dringt?), da ich ein 6 x in directer frage 
auch durch a 171, welche stelle man gewöhnlich zur entschuldi- 
gung hiefür anführt, nicht vertheidigt finde, weil dort die sache 
wesentlich anders liegt. 

d) An diesen causalen gebrauch schliesst sich ein anderer all- 
gemeinerer, den ich kurz als den explicativen bezeichnen will, 
auch dieser ausgehend von der bedeutung: in der beziehung dass. 
Den übergang bildet 


P 207 drag ros viv ye uéra xgarog &yyvall£w | vv now», 
ou — 
OfEstas Avdpopayn xAvıa teuren IlmAslwvog, 

wo der o-satz sich übrigens nicht an zowvjv, sondern an zd» an- 
schliesst. So schliesst sich der coniunctionssatz, natürlich immer 
postpositiv, zunächst bei verbis sentiendi und declarandi an das 
ebiect des hauptsatzes an: 

ö IT 120 yo d° Alas — Eoya Fewv, 0 da nayyv puyns End 





198 Homeros. 


unden xsigev | Zeug. 

B 45 oùre t+ Onusov aldo Tuyavoxouas ovd dyogevw, 

GAN’ duóv avro? yoëtos, 6 wor xaxov Eumsoev olxo. 

ov A 412 II 274 yvà de xat — “Ayautuvwv | 7» arm, br 

ügıorov "Ayasmv oùdèr Ersoev. 

ors P A11 di) tore y” où of Ferre xuxóv t600v, 00009 dıuydn, 

ping, otti du of modv pldzatos Wied Eraigog. 

P 642 ov uw olouus oùdè rmenvodas 

Auyeis ayyedtyc, ote ob pliog was? Eraipog. 

2 564 xai dé ce yiyvwoxw, Ilolaus, posoty, ovdé pe Aide, 

Orr, Yewv slg 0° ys Foas Eni vijas "goi. 
und näch einem anderen verbum: 

A 538 a imb rai rj Inxe Ieog xaxov, dtt où ov m 

muldwv iv ueyaQoso, yor) yEvsıo. 
Ein weiterer schritt ist, dass auf den coniunctionssatz bei einem 
verbum sentiendi oder declarandi im hauptsatze bloss mit einem 
pronomen demonstrativum hingewiesen wird, so bei 6 mit 
10 Y 466 = y 146, mit zo ye A 120, mit zo I 493 ff 116 
(denn bier halte ich die lesart 5, nicht a, in vergleich mit 7 493 
und 7 111, für die einzig richtige und schliesse mich der begrün- 
dung derselben, die Pfudel |. c. p. 27 gibt, vollständig an), mit 
tav © 362, bei oss mit zó E 407, mit rovro O 217 y 314, mit 
za ip 545, für ov findet sich kein derartiges beispiel. Die in 
diesen fällen im hauptsatze vorkommenden verba sind Asvocsır, eì- 
diva, Ygoveiv, peurnodas. 

Der letzte schritt endlich, wodurch die coniunction in die 
abstracteste und allgemeinste bedeutung (dass) übergeht und das 
“in der beziehung“, ganz einbüsst, ist der, dass im hauptsatze in 
den zuletzt besprochenen fällen auch das hinweisende demonstra- 
tivum wegfällt, so dass nun à, or, ozs einfach dazu dient, den 
inhalt des folgenden setzes an den vorhergehenden anzuknüpfen. 
Dies geschieht zunüchst bei den zuletzt besprochenen verbis sen- 
tiendi und declarandi. So steht 6 E 433 © 32 — 463, © 140 
A 439 O 248 2 197 T 144 421 Y 122 X 445 y 166 — 
p 295, d 771 w 375 » 340 Q 545 v 228 y [220], br E 331 
© 251 P 623 3 299, on A 587 Z 230 H 448 O 175 A 408 
N 675 P 630 655 688 Y 434 X 439 Q 593 x 131 o 269 
c 11. Im hauptsatze steht ysyywouess, vosiv, oüx ayvosiv, eldévas, 





Homeros. 199 


aley, Idtodas, decry, ayykiisır, Gyyshos md or, cinmtiv, nvuFioFas, 
wobei der coniunctionssatz als obiect der betreffenden verba be- 
trachtet werden kann. Als subject dagegen v 333 »v» d’ Adn 
rode didov, Or ovxéts voczmoc gor», wo rode auf denselben hin- 
weist (s. oben), und 

w 182 yywrov d jv, 5 (d tho oge Fey Ensiaggodog her, 
worau sich in freierer weise anschliesst | 

E 349 7 ovy als, Orr. yuvaixag dvaAxidag Ansgomeveig; 

670 7 oùy asc, dtt payne Ensdevopas; 
und wieder mit dem hinweisenden 700€ 

O 227 alla 100° quèr poi mode xtodiovr Nde ol avi 

Exdero, Orr». magoide vepecondels Unoestev | yeïous ipd. 
Mit absicht habe ich unter den beispielen für explicatives Or: nicht 
erwühnt 

A 72 ndea uiv yuo, dre moóqQuv Aavaciow aduvver, 

olda dé viv, Ot rovg piv Ouus paxdoscos Fsoîcw 

xvdaves; muérepoy dè pévos xal yeiouc Ednoer, 
denn hier ist nach meiner überzeugung mit Aristarch, dem Spitzner, 
Bekker, Koch folgen, auch das zweite mal öze zu lesen. Denn 
list man im zweiten glied mit den meisten handschriften dz, so 
muss man annehmen, dass es im sinne von ,,dass* einen inhaltssatz 
anknüpft, da dieser aber nicht auch zum ersten gliede passt, sagen 
die erklärer, dass in diesem der inhalt der zeitbestimmung dre 
auvrer als obiect zu ydea gedacht werden müsse mit berufung auf 
stellen wie O 18 Y 188 ® 396 w 115 und © 406 [420] x 
424 (s. unten). Dann ist aber das plusquamperfectum, das La 
Roche freilich einfach übersetzt „ich weiss mich der zeit zu er- 
inern, wo“ sinnlos. Vielmehr ist beidemal örs zu lesen, die stelle 
mit den angeführten gar nicht in parallele zu stellen und zu beiden 
Sitzen aus vs. 70 hinzuzudenken als inhaltssatz vwrvpuvovs ano- 
kicdas an’ “Aoysos Evdud’ "Ayasovg. Agamemnon sagt in seiner 
verzweiflung: denn ich wusste es damals schon, wo er noch willig 
den Danaern half, und ich weiss es jetzt, wo u.s.w. Auch Fried- 
länder |. c. p.9 kann mich an dieser erklärung nicht irre machen. 
Düntzer'& zweimaliges 676 wird schwerlich jemandes beifall finden. 

Damit sind die falle, wo 0 und 0x bei Homer als coniunctio- 

nen vorkommen, erledigt. Für oz’ bemerke ich noch, dass ich 
nicht dazu rechne | 


200 . Homeros, 


E 366 tra d ed oîda xai avtog | vocroy tuoîo Gvaxzoc, 
0 7 nyde10 nüc, Leoîicw, 
sondern mit Pfudel p. 34, dessen gründe ich billige, den auf 
@vaxıog bezüglichen nominativ des relativen pronomens erkenne. 
Als temporale coniunction betrachte ich es dagegen zuversichtlich 
in füllen wie 
D 390 êyélaccs dé ob YlAov jrog | yntoovrn, 09' bero 
Deoug Fosdi Evviovzac, 
cf. 4 397 Z 126 524 Y 45 380, wofür ich auf Friedlünder 
p. 95 sq. verweise. 

Fassen wir unsere bisherigen erörterungen zusammen, so er- 
kannten wir in 6, oz’, Ot einen accusativ der beziehung des rela- 
tiven pronomens, der aus der ursprünglichen bedeutung „in welcher 
beziehung “ zunächst in o an drei stellen in analogie mit zó die 
bedeutung „weshalb“ entwickelte, dann motivirend und causal in 
dem sinne „in der beziehung dass‘ und weiter ,,weil gebraucht 
wurde, endlich explicativ angewandt allmühlich aus der bedeutung 
sin der beziehung dass“, die auch hier noch in den ersten fällen 
zu erkennen, in die allgemeinste und abstracteste bedeutung des 
inhaltssätze anknüpfenden „dass“ überging. Diese auffassung des 
accusativs und diese reihenfolge der entwicklung scheint wenigstens 
durch die natur der sache und die betrachtung der beispiele an 
die hand gegeben zu werden. Auch durch die analogie, nicht bloss 
von dors, das von zweifellos causaler bedeutung ausgehend seit 
Isocrates bei den Attikern für das einfache „dass“ verwandt wurde, 
sondern vor allem durch das homerische ovvexa, dessen scheinbar 
sehr einfache bedeutungsentwicklung kurzer betrachtung werth ist 
und mir eine gute parallele zu ö, or, örs zu bieten scheint. 
Oóvexo (aus où Evexa) hat bei Homer als ursprünglichste bedeu- 
tung die von „weswegen“ Z 505 y 61, nach einigen auch in der 
dunkeln stelle 4/ 640. Daraus entwickelt sich in zweiter linie 
die bei Homer gewöhnlichste bedeutung „weil“ (an 53 stellen), 
und daraus wieder die allgemeinste und abstracteste „dass“ zur 
anknüpfung von inhaltssätzen A 21 e 216 n 300 » 309 o 42 
z 330 379. Wenn Schömann Redeth. 182 meint, dass &vexa ur- 
sprünglich etwas bedeutete, was wir im deutschen durch „in be- 
tracht“ oder in „betreff der und der sache“ ausdrücken, so dass die 
causale bedeutung nicht ursprünglich darin liege, sich also auch in 








Homeros. 201 


ovvera nur als eine besondere modification ‘entwickelt habe, und 
die bedeutung „dass“ an die von ihm vorausgesetzte „in betreff der 
und der sache“ anknüpft, so steht ihm dabei weder der dargelegte 
homerische sprachgebrauch noch die etymologie zur seite. Die 
plausibelste ableitung von &vexa ist doch immer noch die von Ebel 
KZ. 5, 67, der Ëvexa aeol. ivvexa, ep. auch elvexa aus évrexa 
erklärt, vrgl. Exyrs (Féx.), &xwWv, ExnAoc, so dass es „in dem willen“ 
bedeuten würde, wozu er passend das deutsche „um — willen“ 
vergleicht. Die ursprünglichste bedeutung bei Homer aber bleibt 
jedenfalls „weswegen“. Wie hat sich aber daraus die zweile 
„weil“ entwickelt ? Meiner ansicht nach auf dem wege der corre- 
lation. Aus tovvexa — ouvexa, eigentlich „deswegen, weswegen‘ 
ward „deswegen, weil“, indem die besondere bedeutung von ovvex« 
in dieser verbindung allmählich erlosch und man sich gewöhnte, 
es bloss noch als anknüpfende partikel für den durch rovvexa an- 
gedeuteten causalsatz zu betrachten. Aber, sagt Schömann a. o. p. 
180, die ältere sprache brauchte in der correlation mit rovvexa 
nur özs oder eine andere nicht mit £ysxa zusammengesetzte con- 
ionction ; wo ovyexa bei Homer vorkommt, steht es nicht in cor- 
relation mit zousrexu, s. Lehrs Ar. 57. Lebrs J. c. sagt, ein satz 
mit ovvexa sei immer postpositiv und ändert deshalb die zwei wi- 
dersprechenden stellen 7 403 —5 und N 727—8, wo sich ovvexa 
— tovvexa entsprechen (man vergleiche für dieselben auch den 
oben besprochenen einzigen antecessiven Örı-satz y 115, der durch 
tovvexee aufgenommen wird), durch interpunction, nicht zum vor- 
theil der stellen, soviel ich verstehe, und ohne den beifall der 
neueren herausgeber gefunden zu haben. Abgesehn aber von die- 
sem falle, dass der ovrexu-satz vorausgeht, wovon Lehrs nur redet, 
haben wir deutliche und zweifelllose correlation 

A 110—1 ws di s0vd’ Evexd oyıy ExnBodog GAyea revyes, 

ouver yu — Xovonidos — amowa | ovx ÈFehov défucI cu. 

Ebenso aber wie bei ovvexa. erkläre ich bei 0, oz, or den über- 
gang aus der unter a) besprochenen bedeutung „in welcher bezie- 
hung, weswegen“ zu der weiteren „in der beziehung dass, weil“, 

Doch kehren wir zu Gz’ zurück, das noch genauere erörte- 
rung fordert. Sollen wir dafür an den besprochenen stellen mit 
Bekker und genossen 6 z’ schreiben? Die überlieferung des alter- 
thums lässt sich nicht dafür anführen, denn wenn sch. HP zu 


202 Homeros. 


e 357 w pos èyw, pi ts pos Spalrnosw dolor avre 
dJardruv, Ste ue oxedinsg Anoßiivas Avayes 
sagt: yg. 0 te ywotles ”Agıozopavng to Ore, so ist jedenfalls wahr- 
scheinlicher, mit Porson und Nitzsch anzunelimen, dass Aristophanes 
ö te als masculinum des relativen pronsmens nahm, zumal da 
sch. H x 72 duo péon Aoyov zo 6 re ausdrücklich hinzusetzt 65— 
pares dà 10 Og te cf. sch. L IT 54 0 te ävsè row Gore. of dè 
ore avrò tov dts mit berufung auf » 129. Also bis auf Bekker 
kannte man kein o ze als coniunction. Müssen wir denn nun 
trotzdem seiner schreibung beistimmen? Ich glaube nicht. Aller- 
dings für Or, wird oz’ nicht stehn können, das gebe ich Bekker 
zu. Auch nicht für die temporale coniunction ore, sagt er weiter. 
Auch das nicht, aber ist denn in dre die temporale bedeutung die 
ursprüngliche? Die etymologie sagt: nein, es bedeutet urspriing- 
lich; in welcher beziebung. Und die andere instanz, der home- 
rische sprachgebrauch, sagt, glaub’ ich, auch nein. Wenn wir 
nämlich die frage so stellen: giebt es sichere beispiele im Homer, 
wo 07e in einer noch nicht temporalen, sondern seinem ur- 
sprünglichen sinne näher kommenden bedeutung gebraucht ist ? 
und zur beantwortung derselben den homerischen gebrauch von 
Sze überblicken, so ergibt sich 


a) ore erscheint zunächst in gewissen festen verbindun- 
gen, die als solche von vornherein ein hohes alter in anspruch 
nehmen können, in noch nicht temporaler bedeutung. Hieher ge- 
hört nicht olov ore (Amal) uud oln Ste x 227, wo die als tem- 
porale coniunction deutlich ist, auch nicht wg ore oder we d° dre, 
denn an ein paar stellen (H 133 £ 469 und 4 319), wo der zu- 
stand, den sich jemand wünscht, mit einem verglichen wird, in dem 
er sich früher befunden, ist St, wie in demselben falle ooze in 
wc d' önore (A 671 W630) temporale eoniunction, dagegen fasse 
ich das dre in we d' dre oder wg Ste K 284 v 66 und in allen 
eigentlichen gleichnissen sowie das Soze in ws d’ onore A 305 
492 d 335 o 126 mit L. Lange als adverb in dem sinne von 
olim, einmal (vgl. ozé und für den adverbialen gebrauch von onore 
@ 230). ‘Temporale coniunction ist dre auch 


e 121 ds pi» 07 Qelwy’ Elero — qui, | toga of nyadacde 
Jeot — we uw xıl. 








Homeros. | 203 


wo ibm das demonstrative ws vorangeht, s. wg d’ 607° vs. 125. 
Ganz vereinzelt steht o 358, wo man jetzt gewöhnlich liest | 
709: 0’ Ewe or dosdog evi percoosciv Asıder. 

statt wo or schreibt Düntzer eos, Nauck og, Bekker! £wç 6 z', 
aber die allgemeine überlieferung führt auf 7094: d’ ws 07 s. 
La Roche ann. crit, wonach Zw¢ bloss glossem scheint, cf. Eust. 
1823, 60 und Kayser zur stelle. Letzterer schreibt daher dig 07° 
und erklärt wo = ovrws, Ore im sinne von während. Jedenfalls 
ist höchst zweifelhaft, ob die coniunction 6% ursprünglich in dieser 
stelle steckt. Wohl aber gehört hieher 

1) eds ox xev in dem formelverse f 99 z 144 w 134 
Autern our taguiov, slg ore xÉv puy | pote’ do xa9éAgoy — 
Javaroco, denn wer wird wohl, wenn er die sache unbefangen 
betrachtet, und die etymologie. von dre bedenkt, zugeben, dass hier 
die coniunction öre von irgend einer zeitbestimmung abhänge, die 
zu ergänzen und von elg; regiert gewesen sei, und nicht lieber 
sagen, dass hier die accusativnatur von üre noch so deutlich ge- 
fühlt wurde, dass man eis unmittelbar mit demselben verband, zumal 
wenn er das unmittelbar daneben stehende und in demselben sinne 
so häufig gebrauchte eig 5 xe damit zusammenstellt? Man ver- 
gleiche doch auch die der späteren sprache angehörigen coniunc- 
tionsbildungen xu90, xadd, xadori, mago, dio. 

2) Stelle ich die verbindung gv y’ Sze hieher, Denn ich 
erkläre dies weder mit Seiler in seinem Homerlexicon s. v. Ore so, 
dass zwischen beiden theilen ein 7 zu ergänzen wäre, was mir 
rein unmöglich scheint, noch mit Richter de particulis molv et 
2005 earumque usu Homerico Leipzig 1874,? p. 52 = ante cum, 
d. h, ante (id tempus), quo tempore, wo wieder eine ellipsenan- 
nahme nothwendig wird, sondern berufe mich auf die vorher ge- 
gebene erklärung von elg Sze. Ich glaube nämlich, dass unmit- 
telbar unter dem vorbilde von eig oze die formel mgív y^ ote 07 
I 488 588 M 437 d 180 y 43, ohne dn » [322] und xí» 7’ 
où av B 374 è 477 sich entwickelt hat, Dafür spricht einerseits 
die geltend gemachte analogie, andrerseits die eigenthümliche natur 
von zıolv, das aus dem casus eines nomens zum adverb erstarrt 
von diesem standpunct aus sich sowohl zur präposition wie zur 
coniunction entwickeln konnte, und in der that auch schon bei 
Homer bis zu coniunctionalem gebrauche gelangt ist (gly c. coni. 





204 Homeros. 


= 136 190 2 781 x 175 » 336 o 9, c. opt. ® 580 und ohne 
verb, indem wey einen ganzen satz vertritt, o 394), andrerseits 
im späteren griechisch, zuerst bei Pindar, wirklich als prüposition 
mit genitiv gebraucht ist (cf. z&Qog c. gen. © 254). Auch der ge- 
brauch von zl» mit infinitiv scheint mir am einfachsten und natürlich- 
sten so erklärt zu werden, dass zoí» bei demselben, der ja die 
erstarrte casusform eines nomens actionis ist, prüpositionsartig ge- 
braucht wurde. Jedenfalls wird man diese erklärung der Herzogs 
JJb. 107, 1 ff, dass zwischen moí(v und dem infinitiv ein 2c: zu 
ergänzen sei, oder der Richters |. c. p. 29 sq., die die sache nur 
dunkler macht, vorziehn. Auch E 288 où ui» opal y! dlw | noi 
aronavossdus, mol y' 7 Eregov ye mecovia | aluaroç cous “Agna 
und X 266 we oix For’ tut xol cè gwjutvas, oùre T» va | 
Sexsu Zocovray nolv y’ fj EvsQÓ» ye mecovta oluorog «ga: "Mona, wo 
zwischen zoív y’ und dem infinitiv noch 7 steht, lassen sich gegen 
meine auffassung nicht anführen, denn hier ist das nel» vor 7 of- 
fenbar adverb, der folgende acc. m. infinitiv erklärt sich aber aus der 
parallelisirung mit dem vorhergehenden acc. m. infinitiv opw: xiv &x0- 
navoecdoas, resp. êuè xai Cè qufueras. Was endlich den gebrauch 
des einfachen z9(v m. coniunctiv oder optativ, also des 70(v als wirklicher 
coniunction betrifft, der sich bei Homer erst zu entwickeln beginnt, 
(s. oben die stellen), so führe ich denselben auf die jedenfalls äl- 
tere formel #06» y’ oze derart zurück, dass, nachdem man mí» y’ 
ote gebildet, und mit dem indicativ, &» und dem coniunctiv, sowie mit 
dem optativ verbunden hatte, man sich weiter gewöhnte, das dre 
bei dieser construction ganz wegzulassen und zí» allein als con- 
junction zu gebrauchen. Wer mir solche entwicklung nicht zugibt, 
der vergleiche doch späteres Ëç ze mit homerischem slg 01e, oder 
die im mhd. aus è daz, sit daz, swenne daz, «nz daz entwickelten 
einfachen coniunctionen à, sit, swenne, unz, oder nhd. indem dass, 
nachdem dass, während dem dass, damit dass mit heute üblichem 
einfachen indem, nachdem, während, damit. Kann es eine schla- 
gendere analogie geben? 
| b) Und wie wir so in den formeln eig Ste xe» und zelv y? 
Ste die ursprüngliche, noch nicht temporale bedeutung des ove er- 
kannt haben, so finden sich auch bei dem einfachen öze noch spuren 
des ursprünglichen , noch nicht temporalen gebrauchs. Diese voll- 
ständig sicher zu stellen hat allerdings seine eigenthümlichen 





Homeros, 205 


schwierigkeiten, erstens darin, dass die temporale bedeutung sich 
in ove so speciell und übermächtig entwickelt hat, dass wir spä- 
teren dieselbe von vornherein, wo wir ein ore sehn, suchen und, 
wenn uns dieselbe nicht deutlich entgegentritt, uns gelegentlich mit 
einem schwachen, vielleicht trüglichen scheine derselben begnügen, 
zweitens darin, dass sich aus der temporalen bedeutung mit mehr 
oder minder starkem zurücktreten dieser je nach dem zusammen- 
hange der einzelnen stellen und dem modus und tempus des öze- 
satzes sich weiter eine causale resp. concessive und condicionale 
entwickelt hat, die also hinter der temporalen liegend nicht mit 
der von uns gesuchten vortemporalen verwechselt werden darf, 
endlich darin, dass wenn alle stricke reissen, d. h. wenn 07e weder 
temporal, noch causal oder concessiv, noch condicional erklärt 
werden kann, man an ein paar stellen unserer auffassung aus dem 
wege gehn kann, indem man 6 ze als nominativ des relativen pro- 
nomens schreibt. Dennoch hoffe ich dem leser einige überzeugende 
beispiele der ursprünglicheren, vortemporalen bedeutung vorführen 
zu können. Dabei muss ich auf den gebrauch von öre im allge- 
meinen etwas näher eingehn, was auch ganz gut in der kürze 
geschehn kann, indem ich die weitaus überwiegende zahl der bei- 
spiele, wo es unzweifelhaft temporale bedeutung hat (zu der zeit 
wo, als, wann und seit), für meinen zweck unberücksichtigt lassen 
darf, ebenso die fälle condicionaler bedeutung, da diese nur in 
solchen fällen sich in 07e entwickelt hat, wo es mit dem con- 
iunctiv oder optativ steht, welcher gebrauch auch für unseren 
zweck nicht in frage kömmt, wohl aber ist es nöthig, auf die aus 
der temporalen entwickelte causale resp. concessive bedeutung einen 
blick zu werfen. Ein geringerer oder stärkerer schein causaler be- 
deutung entwickelt sich nämlich bei öze c. ind. praes. oder praeteriti, 
wenn von den beiden handlungen, die oze zunächst bloss zeitlich 
verknüpft, die mit öre angeknüpfte zugleich die veranlassung 
der anderen bildet. Man vergleiche hiefür özs c. ind. praeteriti Z 200 
© 215 1553 A 181 T 134 W721 y 269 d 252 460 517 
378 x 249 o 457 w 164 172 etc., deutlicher Z 191 K 290 
= 293, und c. ind. praesentis Y 29 8 314 » 129 o 461 7 532. — 
Der schein concessiver bedeutung, der sich gelegentlich bei Sze c. 
ind. praesentis findet, entsteht dann, wenn die durch öre zunächst nur 


206 Homeros. 


zeitlich verknüpften sätze in einem inneren widerspruch stehn, s. 
K 88 385 2 363 c 217 y 231, deutlicher E 802 p 22. 


Abgesehn von allen diesen fällen finde ich fünf stellen, in 
denen mit sichcherheit oder grosser wahrscheinlichkeit weder tem- 
porale noch daraus entwickelte condicionale oder causale resp. 
concessive bedeutung des dre angenommen werden kann, sondern 
die ursprünglichere vortemporale zu statuiren ist. 


1) e 357 © pos Èyui, pr zig pos vpalynou dolor atte 
Favaro, dre pe oysding amofivus avwyet. 
Hier temporale oder daraus entwickelte causale bedeutung des dre 
anzunehmen ist schon wegen des tempus im hauptsatze nicht müg- 
lich. Die einzige aber auch vollständig befriedigende erklärung 
der überlieferten lesart ist, dass man ors in vortemporaler, ur- 
sprünglicher bedeutung fasst „in der beziehung dass“, so dass 
Odysseus hier mit dem dze-satz angibt, inwiefern er fürchtet, dass 
ein gott ihm eine falle stelle. Allerdings kann man hier ö ze als 
masculinum des relativen pronomens lesen, wie Aristophanes nach 
sch. HP that, wozu Pfudel p. 34 passend O 467 vergleicht, aber 
eine unbefangene kritik wird in erwägung der ursprünglichen be- 
deutung, die sich in oz’ mehrfach, in ozs ein paar mal erhalten bat, 
geneigter sein, die überlieferung festzuhalten und in der angedeu- 
teten weise zu erklären. 
2) A 518 # On Aolyın Egy’, Bre u’ éySodonïious Epnoug 
"Hog, 57 av p° tofdyow dvedeloss Intecow. 

Man braucht, ja man darf sich durch die ähnliche stelle 4 573 
nicht bewegen lassen, auch an unserer stelle eine ellipse von ëo- 
Cera anzunehmen, wie so ziemlich alle erklürer thun, sondern hat 
sich dabei zu beruhigen, dass lofysa #07’ allein einen vollen satz 
vertritt. Ebensowenig wird man mit Friedlinder p. 67 einfach 
sagen, ote- pices scheine so viel zu bedeuten wie e - è97086 
(ebenso Pfudel p. 33 und Ameis zur stelle), denn abgesehn davon, 
dass Sze nie ohne weiteres gleich e} gesetzt werden darf, ist die 
condicionale bedeutung auch nicht einmal dem zusammenbange an- 
gemessen, denn Zeus ist nicht mehr unentschlossen, ob er die bitte 
der Thetis erfüllen soll oder nicht, wie die fortsetzung der rede 
lehrt, sondern gewährt sie, wenn auch in voraussicht des in folge 
davon bevorstehenden ehelichen zankes. Also: fürwahr eine schlimme 





Homeros. 207 


geschichte, dass du mich (so) veranlassen wirst, der Here feindlich 
entgegenzutreten, wann sie etwa mich reizt mit schmähenden worten. 
“Ox steht also eigentlich in dem sinne: in der bezielung dass und 
knüpft den inhalt eines satzes explicativ an das vorhergehende an. 

3) P 627 ovd Had’ Alavın — | Zeus, ore di Touweoo 

didov Ersguixta vlxnr. 

Auch hier scheint mir die auffassung „in der beziehung dass“ die 
einzig berechtigte. Der versuch temporaler auffassung ist bereits 
von Friedländer p. 39 genügend zurückgewiesen. An causale wird 
noch weniger jemand denken wollen. Belehrend ist der vergleich 
mit der oben besprochenen stelle 

2 538 xai dé ce yıyywoxw, Iotape, peecty, ovdé ue Andeıc, 

du Dewy tho 0 Tye 9oag ini vijac "Ayaudr. 
4) II 433 à pos éyuv, ore por Zugrndôva — | poig’ vnà 
Tlargdxiowo — daumvaı. 

‘Ore steht bier ohne verb, indem uoiga, wie öfter ähnliche aus- 
driicke, einen ganzen satz vertritt. Dass von temporaler bedeutung 
hier keine rede sein kann, wird jeder zugeben, aber auch eine in 
dieser weise aus temporaler entwickelte causale findet keine paral- 
lelen im Homer. Denn g 461 oder y 129, die Friedländer p. 60, 
Pfudel p. 34 hiefür anführen, kéunen nicht als solche gelten. 
“Ore ist vielmehr auch hier: in der beziehung dass. Nonnus setzt 
in solchem falle örs, s. 36, 269 duos Anosadao weunvorog, dr 
yuraixsg | qadxelovs dvvyecos diaogllovo yvrüvag. 

5) d 262 &znv dì pertorevov, fjv “Apoodiry 

duy, ore u' fyay éxeice xıl. 

Hier liegt auf dem dze ein temporaler schein, aber viel sachge- 
mässer scheint mir, es in ursprünglicherer bedeutung zu fassen, so 
dass der öre-satz uns erklärt, worin die am, das obiect des haupt- 
satzes, bestand. — Auf stellen wie O 18 7 où neun, due v 
ixgf£ga vyoder, cf. Y 188 ® 396 w 115, oder m 424 7 oix 
0209” ore digo nate zeög Ixero yevywv; cf. © 406 [420] lasse 
ich mich hier nicht ein, da diese wohl mit Bekker HBl. I 151 
nach analogie des lat. memini cum zu erklären sind. 

Somit sind es freilich nicht viele beispiele, die ich für oze in 
vortemporaler bedeutung anzufiihren weiss, und. nicht-alle sind 
sicher, aber das hat seinen guten grund. Dass nämlich öze abge- 


208 Homeros. 


sehn von ein paar spärlichen resten fast ganz aus seiner ursprüng- 
lichen position verdrängt und auf die temporale anwendung abge- 
drängt wurde, erklärt sich durch das daneben stehende oz, das es 
so einschränkte, dass man sich allmählich gewöhnte, es nur bei 
temporaler beziehung zweier sätze zu gebrauchen, und andererseits 
findet der umstand, dass das elidirte oz’ in den homerischen ge- 
dichten in einer grösseren anzahl von fällen in ursprünglicherer 
bedeutung erhalten ist (wo Bekker und genossen 5 7° schreiben), 
in sehr natürlicher weise darin seine erklärung, dass neben dem 
nicht elidirbaren zweisilbigen or und dem einsilbigen vocalisch 
auslautendem 6 ein zweisilbiges elidirbares und dann consonantisch 
auslautendes wörtchen zur bezeichnung eines gleichartigen satzver- 
hältnisses mehrfach den bedürfnissen des verses entgegenkam. 

Wenn ich so glaube, die reihe der besprochenen erschei- 
nungen unter einem einheitlichen  gesichtspuncte zusammengefasst 
zu haben und ihre geschichtliche entwicklung nachzuweisen ver- 
sucht habe, so kann man noch fragen, wie sich denn in öze die 
temporale bedeutung entwickelt habe. Die antwort ist, dass der 
öre-satz, der ursprünglich und seiner natur nach postpositiv ist, 
sich sehr oft an eine im hauptsatze gegebene zeitbestimmung an- 
schloss, s. B 351 471 743 T 443 A 259 E 210 500 © [475] 
I 106 253 K 84 386 N 335 I] 385 643 X 359 2 363 118 
o 461 c 272 367 y 301 etc. ete., so dass man sich gewöhnte, 
6te allmählich auch in dem falle zu gebrauchen, wo der hauptsatz 
eine solche zeitbestimmung nicht enthielt, und in der coniunction 
selbst eine temporale bedentung zu empfinden. 

In betreff der Bekker’schen schreibung aber würde sich er- 
geben, um auf den anfang zuriickzukommen und zum schlusse zu 
gelangen, dass sie als orthographische erleichterung des verständ- 
nisses gelten kann, aber insofern zweifelhaften werth hat, als man 
an einzelnen stellen zweifeln kaun, ob man sie anwenden soll oder 
nicht, und als durch dieselbe in eine zusammenhängende entwick- 
lungsreihe ein riss gemacht wird. 

Im allgemeinen endlich erhellt aus obiger darstellung, dass 
und weshalb ich in bezug auf die erklärung des accusativs 6, oz, 
ore die ansicht von Delbrück und Windisch, Syntakt. forsch. I 
p. 56 nicht theile, die mit bezugnahme auf Curtius Chronol.? 72 
an die früheste anwendung des accusativs anknüpfen, wonach er 


Homeros, 209 


der allgemeine casus obliquus war, und meinen, dass reste dieser 
uralten und allgemeinsten bedeutung des accusativs in diesen con- 
iunctionen erhalten seien, indem in ihnen der accusativ schwerlich 
etwas anderes bedeuten könne, als dass der hauptsatz zu dem con- 
iunctionssatze in irgend einer, nicht deutlich bezeichneten beziehung 
stehe. Ich meine doch, dass die entwickelung der accusative 0, 
0n, die zu coniunctionsgebrauch in eine zeit fällt, wo der accu- 
sativ längst nicht mehr eben der allgemeine casus obliquus war. 
Hannover. C. Capelle. 


Zu Livius. 

Liv. XXX, 31, 1 bieten die handschriften: non me fallebat 
Hannibal auere adventus tui spem Carthaginieuses ... spem pacis 
turbasse. In al auere scheint mir alacres enthalten zu sein; der 
damit verbbundene ablativ spe ist vielleicht in folge des accusativ 
in der folgenden zeile in spem verwandelt worden. Alacres ist 
hier noch anschaulicher als das sonst übliche evectos oder excitos. 

Liv. XXX, 30, 11: non temore incerta casuum reputat, quem 
fortuna nunquam decipit. Der erfabrungssatz ist sinnlos, 
wenn man nicht decepit liest. Denn so lange das glück die über- 
legung ersetzt, kann von dem reputare überhaupt nicht die rede 
sein. Wen das glück niemals getäuscht hat, pflegt immer auf 
sein gutes glück zu vertrauen. Man denke an die nebensätze mit 
cum und indic. perfecti. 

Liv. XXX, 29, 4: Hannibal nihil quidem eorum, quae nun- 
tiubantur, ... laeto animo audit, maxime si hostis fiduciaque non 
de nihilo profecto concepta percussus est. Eine leichte heilung 
der corrumpirten stelle ist müglich, wenn man annimmt, dass si 
das compendium se — sed enthält, und dass dieses vom rand aus 
an falscher stelle (für sed maxime) eingetragen worden ist. Statt 
que dürfte vielleicht quippe zu schreiben sein. Die stelle lautet 
also: Hannibal nihil quidem eorum, quae nuntiabantur, ... laeto 
animo audiit, sed maxime hostis fiducia, quippe non .de nihilo 
profecto concepta, percussus est. Nur ein bedenken bleibt mir 
noch übrig. Es scheiut mir, als ob sich mit quippe die versiche- 
rungspartikel profecto nicht verträgt. Noch auffallender freilich ist. 
Weissenborn’s audaciaque — concepta! 

Darmstadt. | A, Weidner. 


Philologus. XXXVI. bd. 2. 14 


VIII. 
Zu Theokritos. 


1) Id. I, va 81—85: 
qv?’ ö Hetnnog 
«pa» Acgvı radar, th vu tuxeas; à 0 Frs xugu 
"Gag ava xodvas, nave adosa 70008 popeirus. 
Cadw 0’, & ducequig tig üyay xal duiyavos êcot. 
agyere Bovxolsxüg Moicas lias agyer dosdas. 
So ist in meiner ausgabe mit ziemlich vielen abweichungen von 
der vulgata geschrieben. Von dem bloss dialektischen abgesehen 
habe ich nämlich zuerst mit Brunck das durch gute handschrift- 
liche auctorität gebotene z/ vv taxeas') der gewöhnlichen lesart 
tt 1 Taxes vorgezogen. Denn nicht allein ist diese durch das 
z der drei auf einander folgenden silben ziemlich kakophonisch 
und erinnert an das bekannte „o Tite tute Tati etc.“, sondern 
auch die besondere hervorhebung des subjectes zd unbegründet. 
Wenn bei Meineke xf zv edirt ist, kann ich dies nur für einen 
druckfehler halten, da der nominativ zb nicht enklitisch werden 
kann und der accusativ zu hier unmöglich ist; Ziegler, der jenes 
zt zu geflissentlich wiederholt hat, scheint freilich anders geurtheilt 
zu haben. Dagegen das den fragwörtern in ähnlicher weise wie 
das lateinische nam verstärkend beigegebene vu ist aus der home- 
rischen sprache genügend bekannt, s. Hartung Griech. Part. Il, 
101, und namentlich findet sich zí »v wie hier mehrfach in fragen, 


1) Nümlich in z. C. | Q. 8 corr. (auf rasur), w., also in dem werth- 
vollen geschlechte der familien p. Q. w. (nur dass der codex p. hier 
gerade abweicht), über welches ich Philol. XXXIII, b. 8, p. 895 f. 
gesprochen habe. 





Theokritos. 211 


die einen vorwurf enthalten, wie Il. A, 414 70 w 0° Frgepor 
alva texovoa, 4, 31. dasuovin, ti vd ce Ilotauoc Iosapowo re 
naides 10000 xaxa bébouoiv, Od. a, 61 zí vu of 10007 wovcao 
Zev, b. Ven. 178 zl vv vnygeıov umvov lave. 

Dass ferner die gewöhnliche lesung & dé z& xwQ« nicht die 
richtige sei, lässt sich aus der überlieferung der besseren quellen 
entnehmen, welche theils & dé ros, theils & dé x bieten 2). Hier- 
nach ist von Ziegler mit Brunck 5) d dé tv geschrieben, was 
allerdings durch die alten scholien empfohlen zu werden scheint, 
wenn.sie das von mir in Cadw 0° verwandelte participium £aroïo’, 
Gare, Cazevo’ der handschriften zum vorhergehenden ziehen und 
dabei ein Cytovod Gs bringen‘), Denn obgleich das ce nur er- 
gänzt scheinen kann, darf es doch auch glaublich dünken, dass 
mit dem zo& nach der häufigen verwechslung der jüngeren aus. 
sprache in wahrheit zv gemeint sei°). Aber die construction 
dieses accusativs mit jenem participium ist höchst unnatürlich, wenn 
nach der vorherrschenden überlieferung, die auch in jenen scholien 
ausdrücklich anerkannt ist, das ephymnion dazwischen tritt, und 


2) ‘4 dé 100 k. Db. | a. 5. 12., die lemmata in Scholl. Gen. und 
mit yo. in Scholl. 8, endlich auch Gregor. Cor.; d dé n p. | Q. sec. 
(n auf rasur). 3.| w.| K., also die in anm. 1 bemerkten familien, 
zu denen auch K. in naher beziehung steht, 7 dé rs lemm. Scholl. k. 


8) Schon Casaubonus hat dasselbe vorgeschlagen, aber d dé re 
vorgezogen, wobei er aber irrig re als dorische form für os gefasst 
wissen wollte. Auch Sanctamandus bei Gaisford vermuthet als die 
ausradirte prima lectio in Q. eine dorische form für os, unklar ob rv 
oder mit Casaubonus zs, vgl. anm. 4 

4) Scholl. p. 68, 16 10 Eins" 7 dé xbox avd nica» tiv xonvnv Cy- 
toved ce — dia uégov yàg 6 otiyoc 10 Goyets Bwxolıxas — pamwdus 
giga» (auch Scholl. k.). Sanctamandus beruft sich für seine vermu- 
thung (s. anm. 3) auf das in Q. a prima manu beigeschriebene ‘ent- 
sprechende scholion , dvd ndoay tiv x0nvnv Intovod os. ded uécov di 0 
criyoc tov @0yste', das ich in meiner ausgabe der scholien zu er- 
wähnen versäumt habe, wie auch die nach Sanctamandus in Q. über 
den vers &eyers geschriebene alte glosse ,,dsa uécov to uélog todro”. 
Aber jenes scholion ist, wie der singular n&oav xg5vyv erkennen lässt, 
aus einer andern quelle geflossen als der text in Q., vgl. anm. 6. 
Noch vgl. Scholl. p. 69, 14 Inrovc« yag ce 4 Nvupn negséoyeræs (auch 
Scholl. k). Uebrigens hat sich gewiss auch Casaubonus (anm. 3 
durch die scholien bestimmen lassen. 


5) Jedoch finde ich in den dorischen idyllien sos statt tè oder ru 
aus irgend beachtungswerthen handschriften nur III, 14 notirt, wo 
28. Q. ros für zw, und IX, 5, wo I. roi für z/; nicht viel häufiger ist 
A wt oder rv, nämlich I, 97 in p. z. C[Q.[s, IX, 5 in L, XV, 

in s. C. Y. 


14* 


212 Theokritos. 


selbst nach der von mir nicht ohne handschriftliche auctorität vor- 
genommenen umstellung desselben (s. unten) wenig glaublich. Es 
wird aber auch die unrichtigkeit dieses participiums, von dem zv 
abhängen soll, im folgenden mit starken gründen nachgewiesen 
werden. Ich habe deshalb lieber die lesart derjenigen handschriften, 
die sich bereits vorher durch das 70 vv bewährt haben und sonst 
vielfach bewähren 9), nämlich @ dé re xuga, zu grunde gelegt und 
danach das schon von Köhler vorgeschlagene, aber von mir ohne 
kenntniss dieses vorgängers gefundene & Ó' rs xwoa hergestellt. 
Man vergleiche damit zunächst XVII, 134 &s mag9évoç "Igic, Inc. 
VII (Theocr. XXVII), 64 oùxérs xwoa, Arist. Nub. 530 zag9£roc 
yoo è 7, Eur. Bacch. 693 mag3évos 7° i’ aluyes, Soph. Trach. 
536 xoony ydo, oluas d° ovxér, GAN eevypévyy; dann aber auch 
die sehr häufige analoge verbindung von fs mit bezeichnungen der 
jugend, wie waits, v£os u. dgl., wobei besonders solche fälle zu 
beachten sind, in welchen, wie bei dem obigen £z, mag3éros, das 
Kw mit dem nomen fast in einen begriff verschmolzen ist. Von 
dieser art sind Bion. XII (ID, 1 ?&evrds Fs xweoc, Philostr. Her. 
p. 668 xdv pesgaxlo Er, Soph. Oed. v. 18 of d’ E p9Ew 
Aexrol, wie Elsmley zu Eur. Bacch. 693 unbedingt richtig das un- 
zulässige of dé z' gebessert hat; endlich bei Theokrit selbst und 
durch den beistehenden artikel dem & d’ £r, xwoa besonders genau 
entsprechend XV, 120 of d’ #2 xWgor, was ich statt der vulgata 
oí dé re xiwgos nach guter auctorität hergestellt habe, hier unter 
Ziegler’s nachfolge. 

Die grösste schwierigkeit der ganzen stelle steckt aber in 
dem anfange von vs. 85. Hier bieten unter den besseren quellen 
k. D®. faresoa (in k. mit übergeschriebenem eig sec. man.), und 
auch Cyrillus Anecdd. Pariss. IV, 183, 6 erwähnt, offenbar aus 
dieser stelle, ein Theokritisches (areic, nämlich ZH TQ, Oso- 
xostoc dì Careïç®). Dagegen dasjenige geschlecht der hand- 


6) So gerade noch in diesen versen mécag ava xoavas p. z. | Q. 
8. | w. | D.B.9.®. unter zutritt einer andern verwandten familie, wäh- 
rend die andern familien offenbar unrichtig den singular zaca» — 
xgdvav haben. 

7) Nämlich oi dé » 23. LP., oid" in M., of dé n K., o d’ în F., 
ofde tos 9., dazu die glossen zu of dé re in E. „edv todos“, in N. (mit 
F. nahe verwandt) niv9ade noòs Tosroig", offenbar auf die lesart wd’ 
in bezüglich. 

8) Meineke erwähnt auch eine mit der lesart («reca fast über- 


Theokritos. 213 


schriften, das in dieser stelle schon wiederholt gutes geliefert hat, 
gibt formen mit os, nämlich Énroïo a p., ZATOIE A lemm. 
Schell. p. ap. Gaisf., Lazio’ à Q. w., Casio we 3. z. C., Ca- 
10104 p. yo. D. B. 4. @., dieses auch in guten handschriften an- 
derer fumilien, namentlich der familien a. s. 6., wie auch Cazoio’ 
win 5., welcher codex zu der familie a. gehört. Nur die ent- 
schieden schlechteren familien bieten (Cazevo’ a, Larevoa. Jenes 
Garou wird in Scholl. k. ganz richtig für die äolische form statt 
Quovca erklärt; aber in einem anderen scholion ebd. heisst auch 
larcica äolisch, wie auch in Scholl p., und auf diese form ist 
dana auch in Scholl. 3. 5. Gen. irrthümlich die in k. wegen der 
Baryionesis von Cdzesoa gemachte bemerkung bezogen. In Scholl. 
Call. ist das 2floAixo» sogar zu dem lemma («roo gesetzt. So- 
wohl Zumsoa (wonach Ziegl. II Cureo* a) als G«zoica verstossen 
gegen den dialekt der dorischen idyllien Theokrit’s, Denn die 
echt-iolischen participien der verba auf -éw (wie gí(Aeg, glieoa) 
sind hier überall nicht gebraucht, und die missgeschaffene form 
(«rica findet nur eine analogie in der vulgata gogoiouw XV, 105, 
die aber mit recht längst anstössig gewesen und beseitigt ist ?). 
Gesichert sind für das weibliche participium der verba auf -sw 
nur die dorischen formen auf -sùca, nämlich mosoloyevoa HI, 32, 
ur)eUga V, 56, xadetoa VI, 7, und in Id. XVIII die halbäoli- 
schen formen éyxgozéowas 7., rodéoscas 42. Da nun aber Za- 
recu durch die auctoritit der besseren handschriften ausser fruge 
gestellt ist, so erscheint es schon in formaler hinsicht sehr un- 
wahrscheinlich, dass der dichter hier wirklich eine dem attischen 
(nossa entsprechende form gesetzt habe, wozu dann noch, wenn 
das ephymnion an seiner gewöhnlichen stelle behalten wird, die 
misslichkeit der construction über das ephymnion weg hinzutritt. 


Meineke hat nun in beiden hinsichten dadurch zu helfen ge- 
sucht, dass er unter anlehnung an die lesart (u 75500 mit leichtester 


einstimmende ,,scriptura apud grammaticum Crameri An. Oz. vol. ILE, 
p. 360, 3“. Ich habe dieselbe aber weder dort noch sonst in den 
Aon. Oxx. finden kónnen. 


9) Valckenaer hat nach dem vorschlage von Hemsterhuis géposcas 

lit, Meineke nach Hermann's besserung gogsèoæ, wofür ich 

aus dem freilich sehr jungen codex F bestätigung beigebracht habe. 

Aber ebendahin zielt auch gogotcas 9. 28. L. M. (qsgovcas K.), welche 
handschriften in diesem idyll zu den bessern gehören. 


204 Homeros. 


Z 136 190 2 781 x 175 + 336 @ 9, c. opt. ® 580 und ohne 
verb, indem wo7 einen ganzen satz vertritt, o 394), andrerseits 
im späteren griechisch, zuerst bei Pindar, wirklich als prüposition 
mit genitiv gebraucht ist (cf. zzágog c. gen. © 254). Auch der ge- 
brauch von zoí» mit infinitiv scheint mir am einfachsten und natürlich- 
sten so erklärt zu werden, dass zoí» bei demselben, der ja die 
erstarrte casusform eines nomens actionis ist, prüpositionsartig ge- 
braucht wurde. Jedenfalls wird man diese erklürung der Herzogs 
JJb. 107, 1 ff, dass zwischen xgív und dem infinitiv ein cry zu 
ergänzen sei, oder der Richters |. c. p. 29 sq., die die sache nur 
dunkler macht, vorziehn. Auch E 288 où uiv opal y' ôlw | noir 
änonavoecdws, mel y' v Ereoov ye mecovta | aluarog aoas "Mona 
und X 266 we ovx dor’ sud xoi où quiijuevas, obre Te van | 
Sousa Eooovıaı mol» y° i Ex&gÓ» ye neoovın alparos “ous "Agnu, wo 
zwischen zoív y” und dem infinitiv noch 7 steht, lassen sich gegen 
meine auffassung nicht anführen, denn hier ist das wol» vor 7 of- 
fenbar adverb, der folgende acc. m. infinitiv erklärt sich aber aus der 
parallelisirung mit dem vorhergehenden acc. m, infinitiv pw: xiv àzz0— 
zmavotGJo:, resp. Zus xai 08 giAusvas. Was endlich den gebrauch 
des einfachen 70(v m. coniunctiv oder optativ, also des zgfy als wirklicher 
coniunction betrifft, der sich bei Homer erst zu entwickeln beginnt, 
(s. oben die stellen), so führe ich denselben auf die jedenfalls äl- 
tere formel mot y! ore derart zurück, dass, nachdem man mgí» y’ 
ore gebildet, und mit dem indicativ, av und dem coniunctiv, sowie mit 
dem optativ verbunden hatte, man sich weiter gewühnte, das öre 
bei dieser construction ganz wegzulassen und zofy allein als con- 
junction zu gebrauchen. Wer mir solche entwicklung nicht zugibt, 
der vergleiche doch spüteres £g re mit homerischem si; 07e, oder 
die im mhd. aus à daz, sit daz, swenne daz, unz daz entwickelten 
einfachen coniunctionen è, sit, swenne, unz, oder nhd. indem dass, 
nachdem dass, während dem dass, damit dass mit heute üblichem 
einfachen indem, nachdem, wäbrend, damit. Kann es eine schla- 
gendere analogie geben? 

b) Und wie wir so in den formeln eig dre xev und mpf» y 
Ste die ursprüngliche, noch nicht temporale bedeutung des ozs er- 
kannt haben, so finden sich auch bei dem einfachen öze noch spuren 
des ursprünglichen , noch nicht temporalen gebrauchs. Diese voll- 
stándig sicher zu stellen hat allerdings seine eigenthümlichen 








Homeros, 205 


schwierigkeiten, erstens darin, dass die temporale bedeutung sich 
in Ove so speciell und übermächtig entwickelt hat, dass wir spä- 
teren dieselbe von vornherein, wo wir ein öre sehn, suchen und, 
wenn uns dieselbe nicht deutlich entgegentritt, uns gelegentlich mit 
einem schwachen, vielleicht trüglichen scheine derselben begnügen, 
zweitens darin, dass sich aus der temporalen bedeutung mit mehr 
oder minder starkem zurücktreten dieser je nach dem zusammen- 
hange der einzeluen stellen und dem modus und tempus des öze- 
satzes sich weiter eine causale resp. concessive und condicionale 
entwickelt hat, die also hinter der temporalen liegend nicht mit 
der von uns gesuchten vortemporalen verwechselt werden darf, 
endlich darin, dass wenn alle stricke reissen, d. h. wenn 01e weder 
temporal, noch causal oder concessiv, noch condicional erklürt 
werden kann, man an ein paar stellen unserer auffassung aus dem 
wege gehn kann, indem man 6 ze als nominativ des relativen pro- 
nomens schreibt. Dennoch hoffe ich dem leser einige überzeugende 
beispiele der ursprünglicheren, vortemporalen bedeutung vorführen 
zu können. Dabei muss ich auf den gebrauch von oze im allge- 
meinen etwas näher eingehn, was auch ganz gut in der kürze 
geschehn kann, indem ich die weitaus überwiegende zahl der hei- 
spiele, wo es unzweifelhaft temporale bedeutung hat (zu der zeit 
wo, als, wann und seit), für meinen zweck unberücksichtigt lassen 
darf, ebenso die fälle condicionaler bedeutung, da diese nur in 
solchen füllen sich in ore entwickelt hat, wo es mit dem con- 
iunctiv oder optativ steht, welcher gebrauch auch für unseren 
zweck nicht in frage kómmt, wohl aber ist es nöthig, auf die aus 
der temporalen entwickelte causale resp. concessive bedeutung einen 
blick zu werfen. Ein geringerer oder stärkerer schein causaler be- 
deutung entwickelt sich nämlich bei 67e c. ind. praes. oder praeteriti, 
wenn vou den beiden handlungen, die oze zunächst bloss zeitlich 
verknüpft, die mit öze angeknüpfte zugleich die veranlassung 
der anderen bildet. Man vergleiche hiefür 578 c. ind. praeteriti Z 200 
0 215 1553 4 181 T 134 # 721 y 269 d 252 460 517 
(978 x 249 o 457 w 164 172 etc., deutlicher Z 191 K 290 
= 293, und c. ind. praesentis Y 29 8 314 » 129 9 461 7 532. — 
Der schein concessiver bedeutung, der sich gelegentlich bei öze c. 
ind, praesentis findet, entsteht dann, wenn die durch óze zunächst nur 





206 Homeros. 


zeitlich verknüpften sätze in einem inneren widerspruch stehn, s. 
K 88 385 2 363 c 217 y 231, deutlicher E 802 p 22. 


Abgesehn von allen diesen fällen finde ich fünf stellen, in 
denen mit sichcherheit oder grosser wahrscheinlichkeit weder tem- 
porale noch daraus entwickelte condicionale oder causale resp. 
concessive bedeutung des dre angenommen werden kann, sondern 
die ursprünglichere vortemporale zu statuiren ist. 


1) e 357 © por dyw, pr the pos Upalynaw dolor abre 
Gdavarwr, Ste pe oyeding dnoßijvu avwye. 
Hier temporale oder daraus entwickelte causale bedeutung des öre 
anzunehmen ist schon wegen des tempus im hauptsatze nicht mög- 
lich. Die einzige aber auch vollstäudig befriedigende erklärung 
der überlieferten lesart ist, dass man oze in vortemporaler, ur- 
sprünglicher bedeutung fasst „in der beziehung dass“, so dass 
Odysseus hier mit dem dze-satz angibt, inwiefern er fürchtet, dass 
ein gott ihm eine falle stelle. Allerdings kann man hier 5 ze als 
masculinum des relativen pronomens lesen, wie Aristophanes nach 
sch. HP that, wozu Pfudel p. 34 passend O 467 vergleicht, aber 
eine unbefangene kritik wird in erwägung der ursprünglichen be- 
deutung, die sich in oz’ mehrfach, in öre ein paar mal erhalten hat, 
geneigter sein, die überlieferung festzuhalten und in der angedeu- 
teten weise zu erklären. 
2) A 518 7 di) Aolyea Egy’, Bre m’ éySodonïious Éprotic 
"Hog, 0r av pw dgt9gow Övsdslosg entecory. 

Man braucht, ja man darf sich durch die ähnliche stelle 4 573 
nicht bewegen lassen, auch an unserer stelle eine ellipse von £o- 
cera: anzunehmen, wie so ziemlich alle erklärer thun, sondern hat 
sich dabei zu beruhigen, dass Aolysa gy’ allein einen vollen satz 
vertritt. Ebensowenig wird man mit Friedländer p. 67 einfach 
sagen, öre-£yrfosıg scheine so viel zu bedeuten wie é- éprosiç 
(ebenso Pfudel p. 33 und Ameis zur stelle), denn abgeseln davon, 
dass Sze nie ohne weiteres gleich st gesetzt werden darf, ist die 
condicionale bedeutung auch nicht einmal dem zusammenhange an- 
gemessen, denn Zeus ist nicht mehr unentschlossen, ob er die bitte 
der Thetis erfüllen soll oder nicht, wie die fortsetzung der rede 
lehrt, sondern gewährt sie, wenn auch in voraussicht des in folge 
davon bevorstehenden ehelichen zankes, Also: fürwahr eine schlimme 


Homeros. 207 


geschichte, dass du mich (s0) veranlassen wirst, der Here feindlich 
entgegenzutreten, wann sie etwa mich reizt mit schmähenden worten. 
‘Ore steht also eigentlich in dem sinne: in der beziehung dass und 
knüpft den inhalt eines satzes explicativ an das vorhergehende an. 

3) P 627 oùd Bad’ Aların — | Zeus, ore di Teweoos 

didov Ersguixka vixmv. 

Auch hier scheint mir die auflassung „in der beziehung dass“ die 
einzig berechtigte. Der versuch temporaler auffassung ist bereits 
von Friedländer p. 39 genügend zurückgewiesen. An causale wird 
noch weniger jemand denken wollen. Belehrend ist der vergleich 
mit der oben besprochenen stelle 

Q 538 xal dé ce yıyvwoxw, Iolape, posotr, oùdE ue An9eıc, 

Stu Der sho o nye Foas En vijas “Ayawy. 
4) IT 433 à pos éywv, ore wor Sugnyddva — | woig’ und 
Haredéxiovco — dapivas. 

‘Ore steht bier ohne verb, indem po?oa, wie öfter ähnliche aus- 
drücke, einen ganzen satz vertritt. Dass von temporaler bedeutung 
hier keine rede sein kann, wird jeder zugeben, aber auch eine in 
dieser weise aus temporaler entwickelte causale findet keine paral- 
iden im Homer. Denn o 461 oder y 129, die Friedländer p. 60, 
Pfudel p. 34 hiefür anführen, können nicht als solche gelten. 
“Ore ist vielmehr auch hier: in der beziehung dass. Nonnus setzt 
in solchem falle örı, s. 36, 269 wuos Angıudao peunvoros, orn 
yuvaîzes | yadxslous dvuyecos diacyllovor yitwrag. 

5) d 262 Az dè pertorevov, iv “Apoodirm 

du, 0: u' yay’ exetos xrÀ. 

Hier liegt auf dem özs ein temporaler schein, aber viel sachge- 
mässer scheint mir, es in urspriinglicherer bedeutung zu fassen, so 
dass der ore-satz uns erklärt, worin die ay, das obiect des haupt- 
satzes, bestand. — Auf stellen wie O 18 7 où weurn, dre v 
tzgfpw upoder, cf. Y 188 D 396 w 115, oder m 424 7 oix 
olo9" ore devgo name 1e0ç Ixsro gevywy; cf. © 406 [420] lasse 
ich mich hier nicht ein, da diese wohl mit Bekker HBI, I 151 
nach analogie des lat. memini cum zu erklären sind. 

Somit sind es freilich nicht viele beispiele, die ich für öze in 
vortemporaler bedeutung anzuführen weiss, und. nitht-alle sind 
sicher, aber das hat seinen guten grund. Dass nämlich ózc abge- 


212 Theokritos. 


selbst nach der von mir nicht ohne handschriftliche auctorität vor- 
genommenen umstellung desselben (s. unten) wenig glaublich. Es 
wird aber auch die unrichtigkeit dieses participiums, von dem zv 
abhängen soll, im folgenden mit starken gründen nachgewiesen 
werden. Ich habe deshalb lieber die lesart derjenigen handschriften, 
die sich bereits vorher durch das 70 vv bewährt haben und sonst 
vielfach bewähren 9), nämlich @ dé 1 xo, zu grunde gelegt und 
danach das schon von Köhler vorgeschlagene, aber von mir ohne 
kenntniss dieses vorgängers gefundene & Ó' és xwoa hergestellt. 
Man vergleiche damit zunächst XVII, 134 tr wagFtvog ‘Toi, Inc. 
VII (Theocr. XXVII), 64 oùxérs xwou, Arist. Nub. 530 nagPévoc 
yoo é 7, Eur. Bacch. 693 æaçdévos 7° és’ aluyec, Soph. Trach. 
536 xoonv ydo, oluas O° oùxér, GAN ébeuyuérgr; dann aber auch 
die sehr häufige analoge verbindung von fz mit bezeichnungen der 
jugend, wie æaïç, v£og u. dgl, wobei besonders solche fälle zu 
beachten sind, in welchen, wie bei dem obigen £z, xagOfrog, das 
Ërs mit dem nomen fast in einen begriff verschmolzen ist. Von 
dieser art sind Bion. XII (II), 1 ?fevras Er, xWeos, Philostr. Her. 
p. 668 xdv peioario ie, Soph. Oed. v. 18 of d’ E? Em 
Aexrol, wie Elsmley zu Eur. Bacch. 693 unbedingt richtig das un- 
zulässige of dé r' gebessert hat; endlich bei Theokrit selbst und 
durch den beistehenden artikel dem à d’ irs xwga besonders genau 
entsprechend XV, 120 of d’ Fn xweor, was ich statt der vulgata 
oí dé re xwoos nach guter auctorität hergestellt habe, hier unter 
Ziegler’s nachfolge. 

Die grüsste schwierigkeit der ganzen stelle steckt aber in 
dem anfange von vs. 85. Hier bieten unter den besseren quellen 
k. D>. faresca (in k. mit übergeschriebenem zig sec. man.), und 
auch Cyrillus Anecdd. Pariss. IV, 183, 6 erwühnt, offenbar aus 
dieser stelle, ein Theokritisches (areic, nämlich ZH TQ, Oeco- 
xourog dì Cazeic®). Dagegen dasjenige geschlecht der hand- 


6) So gerade noch in diesen versen ndoas dra xgavas p. z. | Q. 
8. | w. | D.B.G.d». unter zutritt einer andern verwandten familie, wüh- 
rend die andern familien offenbar unrichtig den singular s&ea» — 
xgavar haben. 

7) Nämlich oi dé n 23. LP., oid" fn M., ol di n K., od’ in F., 
ofde ros 9., dazu die glossen zu of dé re in E. „vr rosross, in N. (mit 
F. nahe verwandt) niv9adi noòs rovross, offenbar auf die lesart did” 
in bezüglich. 

8) Meineke erwähnt auch eine mit der lesart (aresca fast über- 


Theokritos. 213 


schriften, das in dieser stelle schon wiederholt gutes geliefert hat, 
gibt formen mit os, nämlich £yroïo à p., ZATOLZ A lemm. 
Scholl. p. ap. Gaisf., Curoïo’ à @. w., Laie wg 3. z. C., Ca- 
10106 p. 70, D. B. 4. ®., dieses auch in guten handschriften an- 
derer familien, namentlich der familien a. s. 6., wie auch Caroio’ 
« in 5., welcher codex zu der familie a. gehört. Nur die ent- 
schieden schlechteren familien bieten Cazevo’ à, Lazevoa. Jenes 
Cureson wird in Scholl. k. ganz richtig für die äolische form statt 
(movoa erklärt; aber in einem anderen scholion ebd. heisst auch 
Garoica äolisch, wie auch in Scholl. p., und auf diese form ist 
dann auch in Scholl. 3. 5. Gen irrthümlich die in k. wegen der 
Barytonesis von (aézesou gemachte bemerkung bezogen. In Scholl. 
Call. ist das ANoAıxov sogar zu dem lemma Lussuca gesetzt. So- 
wohl Zuzesca (wonach Ziegl. Il Lureıo” a) als Laroio« verstossen 
gegen den dialekt der dorischen idyllien Theokrit’s Denn die 
echt-dolischen participien der verba auf -£w (wie lle, ylAsıca) 
sind hier überall nicht gebraucht, und die missgeschaffene form 
[uroíca findet nur eine analogie in der vulgata gogoioæ XV, 105, 
die aber mit recht längst anstössig gewesen und beseitigt ist ?). 
Gesichert sind für das weibliche participium der verba auf -cw 
nur die dorischen formen auf -svca, nämlich mosoloyeuca Ill, 32, 
dv9eUga V, 56, xadevoa VI, 7, und in M. XVIII die halbäoli- 
schen formen éyxgotéowas 7., smrodfossar 42. Da nun aber La- 
revcu durch die auctorität der besseren handschriften ausser fruge 
gestellt ist, so erscheint es schon in formaler hinsicht sehr un- 
wahrscheinlich, dass der dichter hier wirklich eine dem attischen 
Umrovcoa entsprechende form gesetzt habe, wozu dann noch, wenn 
das ephymnion an seiner gewóhnlichen stelle behalten wird, die 
misslichkeit der construction über das ephymnion weg hinzutritt. 


Meineke hat nun in beiden hinsichten dadurch zu helfen ge- 
sucht, dass er unter anlehnung an die lesart beca mit leichtester 


einstimmende ‚‚scriplura apud. grammaticum Crameri An. Oz. vol. ILE, 
p. 360, 3“. Ich habe dieselbe aber weder dort noch sonst in den 
Ann. Oxx. finden können. 


9) Valckenaer hat nach dem vorschlage von Hemsterhuis gégosoas 
hergestellt, Meineke nach Hermann's besserung yogedcas, wofür ich 
aus dem freilich sehr jungen codex F bestätigung beigebracht habe. 
Aber ebendahin zielt auch gogotcas 9. 23. L. M. (gegotcas K.), welche 
handschriften in diesem idyll zu den bessern gehören. 


214 Theokritos. 


änderung (ars? 0° d geschrieben bat, worin Fritzsche gefolgt 
ist. Aber dies bringt einen andern fehler gegen den dialekt, den 
ich mir freilich selbst in meinem Cad@ o habe entschlüpfen lassen. 
In den dorischen idyllien hat nämlich Theokrit niemals die formen 
cé, os 1°) gebraucht, sondern nur die echt-dorischen z£, rv und 
in Id. XI das merkwürdige zfy. Ausserdem ist durch diese ände- 
rung durchaus nicht das schwere bedenken beseitigt, welches sich 
überall an das verbum ({yreiy in diesem zusammenhange beftet. 
Ich muss nämlich unter aufgebung meiner früheren ansicht (Philol. 
VII, 414) jetzt mit Meineke Lennep’s auffassung des verhältnisses 
der liebe des Daphnis, wie Theokrit es sich in diesem idyll gedacht 
habe, für die einzig natürliche halten, nämlich: Daphnin diu con- 
temtorem amoris tandem ex ira Veneris deperire coepisse puellam, 


quae amori eius non responderit, «nde ipsum moerore contabuisse, 


wie denn ein solches verhältniss auch Ovid AA. I, 732 aner- 
kannt habe: 

Pallidus in lenta Naide Daphnis erat, 
und Nonnus Dion. XV, 307: 

a nica 4üg»ig aedev 6 fovxoAog" apgi dè uoÂnr 

zag9évoc acuptscow êxeudero uadilov eglavass 

nosuevins qsvyovca Bong utAog. 
Aber wenn nun Meineke sich auch Lennep's weitere annahme an- 
geeignet hat, dass in dieser stelle Priapus, um den Daphnis eini- 
germassen zu trösten, officioso «utens mendacio ihn mit der 
angabe täusche, dass das müdchen selbst von liebesgluth ergriffen 
ibn überall suche, so ist das doch gar zu wunderlich und un- 
glaublich, obgleich schon die alten scholien äbnliches zu meinen 
scheinen mit dem nagnyognuxds 6 Aoyog und smugnyognoa:s Fé- 
Awy roUrO gros 905 avtoy p. 69, 12 ff. (beides auch k.) Eben 
so wenig wird man der andern in den scholien versuchten lösung 
der schwierigkeit beistimmen wollen, wonach Priapus nur ironisch 
reden soll: elpwreuera dé Entei yàg avros paddov, où Lyzeiras 


10) Allerdings ist V, 14 fast allgemein ov cé ye überliefert. Aber 
oùdé ys in dem guten codex Q. weiset auf das von Kiessling herge- 
stellte und auch von mir aufgenommene où ré ys hin. Von den an- 
dern formen dieses pronomens finden sich in den dorischen idyllien 
an formen mit o nur co» XIV, 58, wo ich ros hergestellt habe, und 
céder IV, 88, vielleicht nach analogie des von Sophron gebrauchten 
ueSëv (Diall. IT, 249) in 789er zu bessern. 





T'heokritos. 215 


uno zig Nowpys p. 69, 11 (auch k.). Hier ist aber wenigstens 
das wabre verhältniss des Daphnis zu der geliebten ganz richtig 
angegeben. Lässt man nun aber das nach allen seiten hin so be- 
deukliche Inzeiv aus dem spiele, so ergibt sich, in welchem sinne 
das mädchen zuoag dra xgavac, navi’ àAcea schweife, mit grosser 
klarheit besonders aus der vergleichung von Horat. Carm. Il, 5, 5: 

Circa virentis est animus tuae 

campos iuvencae, nunc fluviis gravem 

solantis aestum, nunc in udo 
ludere cum vitulis salicto 

Praegestientis. 
Es liegt nämlich auch dem theokritischen ausdrucke der beliebte 
vergleich eines sprüden jungen mädchens als einer nagPéivog adung 
oder alv& mit einem füllen oder rinde zu grunde, wie er sonst 
noch besonders Anacr. fr. 75, Hor. Carm. HI, 11, 9 ausgeführt 
ist, Gleich einem solchen schweift das von Daphnis geliebte mäd- 
chen, statt sich dem liebesjoche zu fügen, lieber in munterer freiheit 
sa quellen und in hainen umher, wie die iuvenca des Horaz fluvios 
und salicta aufsucht. Priapus, der in seinem wesen gar keine 
veranlassung hat mit dem Dapbuis besondere sympathie zu em- 
pünden, verspottet ihn, dass er die spröde iuvenca nicht zu bün- 
digen verstehe: „was hürmst du dich ab und lässt das mädchen in 
sprüdem muthwillen umherschweifen 1“ | 

Mit dieser unbefangenen und natürlichen auffassung des übrigen 

lässt sich nun offenbar das suchen des Daphnis durch das mäd- 
chen in keiner weise vereinigen, und es erscheint nun von allen 
seiten her geboten statt einer äolischen oder dorischen form von 
tmety irgend ein anderes wort anderen begriffes herzustellen. Ich 
habe dies, nachdem Hemsterhuis mit {aAoio’ « vorgegangen war, 
durch die änderung (aid 0’, d gethan, und zwar, wie ich noch 
glaube, in einer hinsichtlich des gedankens ganz angemessenen 
weise. Aber freilich lässt sich das Cadw 0’ wegen des gegen den 
dialekt sündigenden ce (s. ob.) nicht aufrecht erhalten, und ich 
lale nur d fest, das sich ausser dem Zarco d in 5 besonders 
auf Daroîo” we in 8. z. C. stützt, wo wg offenbar aus einer glosse 
zu dem dorischen d stammt, wobei noch zu bemerken, dass diese 
dorischen adverbia auf -g einerseits besonders häufig die auf - we 
vertreten und anderseits sehr gewöhnlich obne Ioia eubscr. ge- 


216 Thevkritos. 


schrieben werden, vgl, Diall. II, 369. Dagegen glaube ich für 
das übrige jetzt eine besserung bieten zu können, die mir kaum 
einen zweifel an ihrer richtigkeit übrig zu lassen scheint. Die- 
selbe stützt sich auf die folgenden glossen : 
Hesych. Cay @oas: unonısvon. Awgixn 9 As. [dvrè vov 
imoysiv, xaraoyeir]. 
Carwoas: quedca: (-woa). pouces. Inuwous. 
Unovonouı. 
Plot. Curwoas: trontevous. 
EtM. 408, 11 Carw 10 geatw xoi Larwaaı 10 pedoas. 
Zonar. (Suid. add.) Cur cav: goucas. 
Hesych. 2larwouunv: Ouvor9m. 
Paru 975: podero. 
Catricacdas: olo9£c9ay (cod. Eceotas). 
Earlocato: devondn. 
Dass in der ersten glosse {aywoas ein alter fehler für Cuzwous 
sei, und dass die erklärung dmoyesiv, xazudyeïy sich vielmehr auf 
Cvyüous beziehe, ist von Hemsterbuis richtig erkannt. In der 
zweiten glosse ist von Alberti richtig q«woàcos hergestellt und 
goaous als eine dittographie jener erklärung anerkannt, die von 
bier her in jüngere lexika übergegangen ist (auch nach Dindorf 
Thesaur. IV, 9. A); denn auch im EtM. gehört der artikel, der 
in V. = EtLeid. fehlt) zu den jüngeren stücken. Weniger richtig 
dürfte man unter vorgang von Alberti angenommen haben, dass die 
erklärung Inßıwoas sich eigentlich auf ein dorisehes Cugswous be- 
ziehe. Ich möchte vielmehr vermuthen, dass sie aus onuesmous 
verderbt sei, dieses aber durch den einfluss der benachbarten for- 
men aus Onuedoactas. Denn onuesovoda:, onnulveodaı, onua- 
ileoFus zeigen einen dem dxontevesy sehr nahe stehenden begriff 
„aus zeichen schliessen, muthmassen“. Die glosse Carricacdas 
(zwischen Curés und {argunnc) ist von Pearson und Hemsterhuis 
in furnoudJu gebessert, von Vossius in Gazí(cac9ui. Jenes haben 
Dindorf und M. Schmidt vorgezogen; aber für Garfouo9us spricht 
die ärger verderbte glosse £uyfocuro, die Schmidt freilich in fa- 
twoato bessern will. Da nicht selten verba auf -ow und -({w 
gleichbedeutend neben einander stehen, wird man neben Carow ein 
Cuzf(w annehmen dürfen. 
Es ist also durch die obigen glossen ein dorisches Larwous 





Theokritos. 217 


gesichert, und zwar mit den erklärungen ünonzsvous, vzovoijGas, 
pwogäou (welches wort dabei in dem jüngeren sinne suspicari zu 
nehmen ist, vgl. Zonar. wow: zo vUmovow und Thesaur. VIII, 
1197. D), wahrscheinlich auch 67usw60a09os (coniicere). Die 
aeriste medii und passivi Larwoacdar und Zarw3ra, finden sich 
ohne merkbaren unterschied der bedeutung durch diavogO7vu; und 
aledicodac erklärt. Mit hülfe nun dieses dorischen verbums lässt 
sich unter zugrundelegung der lesart Zaroîo, welche überall die 
stärkste auctorität für sich hat und namentlich die des in der 
gauen stelle so werthvollen geschlechtes p. Q. w., ohne änderung 
eines buchstabens der fragliche vers folgendermassen herstellen: 
Carotc, & duoegwWg tig &yav xal Guizavos Écot; 

d. i, „merkst du, wie ein ungeschickter liebhaber du bist?“ Unter 
den bezeugten bedeutungen des Cazovy passt nämlich am besten 
die von «loarecdas, die freilich nur für das deponens angegeben 
ist, aber ohne bedenken auch für das activum anerkannt werden 
kann, wie sie denn dem vnovosiv sehr nahe steht. 

Das seltene und wenig bekannte dorische wort, bei dem nun- 
mehr die länge des « klar wird, ist offenbar von den alten 
erklirero frühzeitig verkannt und deshalb für ein participium - 
(aroio” gehalten, das man irrig als äolische form für Lnzovo« 
nalım. Andere merkten dann den fehler und besserten entweder in 
das echte äolische (cézerou oder in das dorische Cursvca. Zugleich 
litt das € («) schaden, weil es nicht mehr verständlich war, und 
die nothwendige anknüpfung des particips an 000 gpogsizas 
führte weitere irrthümer der erklärung und kritik herbei. Hinc 
illae turbae. 

Man kann noch fragen, woher denn dieses dorische verbum 
(urdw stamme, dessen bedeutung von (rei doch etwas zu weit 
abliegt, als dass man seinen engen zusummenhang mit diesem für 
zweifellos halten müsste. Ich glaube dasselbe für ein derivat der 
wurzel djav, far (Da) ansehen zu dürfen, die ich Philol. XXXV, 
1, p. 52 mit der ursprünglichen bedeutung zveiv in den kyprischen 
glossen Cues: — re und Lu£vısc: nvéovtes unerkannt habe, 
dann mit der bedeutung leben in einem kyprischen Ca vita, dem 
gewöhnlichen $7y und dem epischen Lou». Die ausdrücke nämlich 
mit dem begriffe zyeiv, spirare dienen leicht auch zur bezeichnung 
eines duftes, der durch den geruchssinn wahrgenommen wird, wie 


218 Theokritos. 


dies besonders von zveiy bekannt ist; daran schliesst: sich sehr 
natürlich nicht selten die weitere anwendung auf jenes war- 
nehmen, die endlich auch auf jede art der warnehmung ausgedehnt 
werden kann, namentlich auf ein erkennen aus schwachen merk- 
malen. So sind auf w. an spirare von Curtius nr. 419 slavische 
ausdrücke mit den bedeutungen odor, odorari bezogen, wozu Pott 
II, 2, 10 das lucrezische exhalare odores vergleicht, Es gehört 
aber dahin auch das deutsche ahnen, mhd. unpersónlich mir amet 
oder mich anet, s. Grimm Wb. I, 194. Ganz analog ist w. av 
spirare Curt. nr. 587, wohin auch ur. 588 dérudj, dürunv, deruds, 
aruoç mit der bedeutung avedua, vo gehören, die aber in 
äruoç, ato besonders von dem durch riechen empfundenen dufte 
gilt. Man erkennt aber, dass auch die von Curtius unter nr. 486 
gesetzte wurzel av zunächst, insoweit sie in &lw und alo9-&vouc: 
(aus áp -109) den begriff des warnehmens zeigt, von av spirare 
nicht verschieden ist, und diese gleichstellung bestätigt sich dadurch 
in vollem masse, dass: dieselbe wurzel nr. 486 auch den begriff 
der gunst mit w. an spirare gemein hat (s. Pott Il, 1, 11), dessen 
entwicklung aus dem grundbegriffe spirare sich besonders deutlich 
bei aura erkennen lässt. Hiernach glaube ich also, dass das do- 
rische Cazow ein derivat jener wurzel djav, Car, Ca (spirare) ist, 
in seiner bildung mit zaxrzów von w. pag (miyvyuus) und statuo 
von w. sta zu vergleichen, ursprünglich mit der bedeutung odorari, 
die aber in den allgemeineren begriff eines erkennens aus schwachen 
merkmalen übergegangen ist. Für das theokritische Cazoig würde 
aber auch die übersetzung odorarisne? oder witterst du? sehr 
angemessen sein. 

Man kann jetzt aber erkennen, dass dieses dorische Lazovv 
mit Gnzeiy allerdings nahe verwandt ist. Denn einerseits hat Cur- 
tius p. 610 unter vergleichung von di-Ln-uas und Cytogeg = 
$ntytat sehr richtig erkannt, dass {yrety auf eine wurzel Ca zu- 
rückgehe; anderseits ist es klar, wie leicht der begriff odorari 
von den jagdhunden her in den allgemeineren begriff suchen 
übergehen konnte. Man vergleiche besonders die verbindungen 
Cic. Verr. Il, 4, 13 odorabantur omnia et pervestigabant, in Senat. 6 
vestigant atque odorantur, Verr. Il, 2, 54 indagare et odorari, 
Pis. 34 vestigiis odorantes, Cluent. 30 vestigiis odoranda. Auch 
ist {717016 Poll. V, 6 gerade von jagdhunden gebraucht und {yz7- 





Theokritos. 219 


0405 von aufgespürtem wilde Xenoph. Ven. 6, 6. Auf dieselbe 
wurzel djav scheint auch das sinnverwandte lateinische indagare 
zurückzugehen, neben dem sich Claud. Mamert. Stat, anim. 2, 3 
auch ein per-dagatus findet. Man darf annehmen, dass aus einer 
wurzelform da (für djd) ein nomen dages gebildet war (vgl. 
stra-ges) und davon ein verbum dagare wie maciare von macies. 
Ferner wird auch digay mit Cyrety nicht bloss sinnverwandt sein, 
sondern auch formal zusammenhängen. Deun das darf für einen 
stellvertreter des alten F gehalten werden, wie in vsp verglichen 
mit lat. niv und dem germanischen sniv; die wurzel div ist aber 
leicht als eine zusammengezogene form von djav zu erkennen. 

Das ephymnion deyete xıA. habe ich mit dem codex 6., der 
zu den besseren gehört, dem gewöhnlich nachfolgenden verse 
faroig xt. vorgestellt, um eine glaubliche responsion der strophen 
zu gewinnen. Für das urtheil über das übrige der stelle ist diese 
umstellung, gerade nachdem das participium in vs. 85 beseitigt ist, 
ohne bedeutung, und auf die schwierige frage wegen der responsion 
will ich hier nicht weiter eingehen. STI 

2) Id. XXII (XXVIII) vs. 4: 

onnos Kóngidog loov xalauw yAwgov vnaccadw. 

Die handschriften hieten mit offenbarer corruptel vzunadw 
6. D., uxdnadw 11. (ähnlich ohne zweifel auch G., woher Gail 
keine variante beigebracht hat), va dm«Aw c. D. corr. rec., die 
alten ausgaben mit unglücklicher besserung vp’ azad@ Junt. (wo 
auch xadduo), vp’ ámaAG Call und danach vulg. Ich habe ge- 
wagt vzac04Ào zu schreiben als äolische form für $6coAog 
schwankend, wie bei Dioskorides die lockern zühne unoouAos 
genannt werden. Die jüngeren herausgeber haben vorgezogen das 
eorrupte vumarc.Aw unverbessert zu lassen, und allerdings war meine 
besserung auch mir selbst durchaus nicht sicher erschienen. Ich 
glaube aber später das richtige gefunden zu haben, nämlich 
txuntlio. Denn zıllov, angeblich nur eine nebenform von 
ntegov und oft nicht davon verschieden, bezeichnet vorzüglich die 
zarten federn, zıeg« anudd nach Hesychius, die plumae, namentlich 
auch den flaum der jungen vögel, der lateinisch lanugo genannt 
wird. Derselbe ausdruck gilt aber auch für die ähnliche erschei- 
nung bei gewissen arten von schilf, vgl. Plin. N. H, XXIV, 11, 
50 arundinum lanugo, VIII, 32, 50 (von den jungen hörnern der 


220 Theokritos. 


hirsche) arundineas in paniculas molli plumata lanugine. Im Grie- 
chischen ist der synonyme ausdruck Adr», woher Hom. ll. 2, 451 
das zum bedachen dienende schilf ogopog Augyyes, welches Plaut. 
Mil. gl. I, 17 paniculum tectorium, oder auch yvoùs, wie Diod. 
M, 59 xuAduwv Eyoviwy dv we uícqQ yvovv lapnecy xai padaxzor. 

Es ist also indnzidog, aol. Umamıaog, mit vadntegos geflü- 
gelt ganz analog und mit dem homerischen Aayyjag synonym, 
gleich diesem eine zutreffende benennung des x«Auuos, etwa durch 
flaumig zu übersetzen. 

In dem vorhergehenden verse haben für das aus Junt. Call. 
stammende Jagoevo’ die handschriften 6. 11. G. Sagooio’, D. 
Jagceto” (mit jüngerem apostroph), woher ich Idgoeo’ als äolische 
form hergestellt habe, Aber in Ziegl. II ist aus c. die lesung 


€ 
Jagcoic beigebracht, wonach ohne zweifel als die ganz echte 
äolische form vielmehr 9é0060° herzustellen sein wird, vgl. 
Diall. I, 75. 
3) Id. X XIH (XXIX) vs. 20: 
plain, 0°, àç xe Cons, tov Uposov Exe del. 

Die verkürzung vor $ ist schwer glaublich, weshalb G. Her- 
manu ag xev Eng vermuthet hat, ich selbst dg xe vong, Meineke 
ag xtv Ögng, was von Fritzsche aufgenommen ist. Die letzte bes- 
serung wird begünstigt durch die variante zgong, die ich, wie man 
jetzt aus Ziegl. II sieht, richtig auf cod. c. bezogen hatte (freilich 
bemerkt Ziegler ,,dubito de zg“). Aber noch besser wird man 
hiernach schreiben &g x Er’ Sons, vgl. Od. d, 833 et mov In 
Coles xal Soa quos feAloso und das häufige 2s Cwesv. Ueber den 
spiritus lenis des äolischen Ogzgus = Cou s. m. progr. de Theocr. 
carm. Aeol. tertio p. 25. Derselbe codex c. hat nach Ziegl. II 
Eyes mit übergeschriebenem n, wonach Ziegler richtig das schon 
von Brunck hergestellte &yn» gesetzt hat. 

Hannover. H. L. Ahrens. 


Verg. Georg. II, 5 
ist in das glied tibi pampineo gravidus autumno Floret ager aus 
dem vorhergehenden hic zu suppliren, so dass der ager ein poeticus 
ager ist: darnach hat man auch das folgende zu fassen. 
Ernst von Leutsch. 





IX. 


Zu den Fröschen des Aristophanes. 


Zu v. 52: 

xat dr ent rig vews AruyıyıWorovıl pos 

mv "Avdoourdav ngog tuaviòv ealpyns nodos 

my xagdluv Enurake mus ole opodga. 
bemerkt der scholiast: did ti un ao te rev 00 dalyov di- 
daydérror xai xaAQv, "Yyınvıns, Dowscowr, “Avnonys; 5 de 
’Avdgoutda dydow Free ngosonAder. GAN ov Ovxopurıma jr tè 
tosauta. Fritzsche findet diese bemerkung lächerlich, da ja die 
Andromeda zu den schönsten stücken des Euripides gehört habe, 
und meint, der dichter babe dieses stück desshalb gewählt, weil 
auch noch andere tragiker stücke unter diesem namen geschrieben 
hätten, damit man nicht gleich bei zó9og auf Euripides rathe. 
Damit ist das richtige verhültniss der lektüre der Andromeda zu 
dem folgenden — denn nur darauf kann es überhaupt ankommen, 
während die frage des scholiasten an und für sich eine müssige 
ist — noch nicht richtig gekennzeichnet. Gerade auch Herakles 
denkt bei zz» ”Avdoou£dav gleich an das stück des Euripides, wie 
jeder Athener dabei nur an die bekannte, berühmte, vielgelesene 
und von Aristophanes desshalb oft verhöhnte Andromeda des Enri- 
pides denken konnte, und eben desshalb versteht er x090oç von 
sinolicher liebe und fragt, ob es ein moFog yuvasxos, mudoç, à»- 
dgôs sei. Das ganze enthält also eine parodie der in der Andro- 
meda des Euripides spielenden liebesgeschichte. — Im folgenden 
(v. 57) giebt der scholiast zu &rrazuî die variante dzanoi mit 
dem zusatz: dix rovrov cuyxarudeptvov tov diovucov xoi 0 Hoa- 
xlîc dxyveyxe’ un tov Kâuodrrous, dix 10 ,,èrePatevov KAu- 


222 Aristophanes Frösche. 


Gdéves. Man verlangte also einen ausruf des freudigen beifalls 
(&nzazai), nicht des schmerzes (“rrarai), weil man aus der fol- 
genden frage des Herakles Evveyévov (r9) KAsicdéra; schloss, 
dass Dionysos die vermuthung ddd’ «vdods (w090oç Go thy xugdlay 
éncditate;) bestätigt habe. Diese schlussfolgerung ist richtig; nur 
folgt nicht daraus, dass annonai gelesen werden muss. “Atratai 
ist nicht ein ausruf des schmerzes, als ob Dionysos sich innerlich 
empört fühlte, sondern des schmerzes der sehnsucht, da Herakles 
die wunde stelle berührt hat (vgl. 58 où yàg GAW Eyo xaxwe- 
torovrog fueoos ue diadvualverat). Gerade der ausdruck des 
schmerzes ist für Herakles der anlass an ein sinnliches verlangen 
zu denken das sich nicht mehr befriedigen lässt, denn Kleisthenes 
ist, wie aus v. 422 hervorgeht, bereits todt. 

V. 90 hat Meineke sehr unglücklich nach rouywdlas xoi- 
oùvia; den personenwechsel eintreten lassen. Die worte Evgsztdov 
gheiy 7 orudlo Aalloreou können nur dem Herakles gehören, 
während Dionysos ganz anders über Euripides urtheilt. Herakles 
sagt: „es giebt ja noch tausend andere dichterlinge bei uns; 
warum bist du nicht mit diesen zufrieden, da sie doch den Euri- 
pides an zungenfertigkeit weit übertreffen?“ Iu dieser begründung 
liegt gerade die veranlassung zu der autwort des Dionysos, der 
entgegnet: „ja zungenfertig sind sie; aber es ist auch nichts als 
leeres geplauder; ein originelles wort und ein fruchtbarer oder 
kühner gedanke ist bei ihnen nicht zu finden“. 

V. 155 hat Meineke mit recht èr3ud2 für év9dde geschrieben; 
wir haben hier ebenso eine aufhebung der illusion wie v. 783 
öllyov 10 yonoróv lorw wong Évdaôl. Es ist ein scherz auf die 
vorstellung selbst; die unterwelt hat dasselbe licht wie die ober- 
welt, weil sie auf der bühne liegt. Dies hat Meineke nicht 
beachtet, wenn er ausserdem x«AAiov 7780 vermuthet. 

V. 421 xdorly ta nota ıng 2xei uoyOnoíag. Mit unrecht 
lassen die erklärer das scholion dv:j rov eineiv dnuaywylas m 
zoAus(ag uoydnôlas elmer yaguévtwe ngüg rà xaxk avro» un- 
beachtet. Es ist unrichtig, wenn man ta mg@ra „der ausbund“ 
übersetzt. Denn darin liegt eben der scherz, dass mau nach za 
mora etwas gutes wie ‚der dortigen staatsweisheit* erwartet 
und wider erwarten dafür „der dortigen uiederträchtigkeit* folgt. 

V. 428 xai Kuala» yé pacs 





Aristophanes Frösche. 223 


zourov tov “Innoßlvov 
xvod@ Asortiy vuvuaysiv Evnuufvor. 
Hierin wird. man zovrov nicht in dem sinne zu nehmen haben wie 
es in einem scholion erklärt ist: ov mavteg Toacı Oniovow, son- 
dern wird annehmen müssen, dass der als führer des frauenchors 
anwesende d«dovyos als Kallias carikiert war, da die würde des 
eleusinischen daduchen in der familie des Kallias erblich war, so 
dass mit rovzov auf den gegenwärtigen Kallias hingewiesen wird. 
Ueber den daduchen an der spitze des frauenchors und das durch 
v. 444 ff. angezeigte abtreten dieses nebenchors habe ich in mei- 
nen studien zu Ar. Fr. München 1872, p. 5 gehandelt. Mittler- 
weile ist R. Arnoldt die chorpartieen bei Aristophanes p. 154 
wieder der ansicht von Dindorf beigetreten und hat die worte 
dy) dé. . péyyos iegóv otcwy dem Dionysos gegeben, indem er 
auch wie Dindorf auf v. 414 f. verweist. Aber einmal muss fest- 
stehen, dass v. 414 die worte 2yÀ d’ del nws guaxolovIôc 
lus . . BovAouas dem Xanthias gehören, da wie von Leutsch 
dargethan hat gsluxolov9os nur im munde des dxoAovJog einen 
sinn hat. Zweitens entspricht diesen worten ein wirklicher vor- 
gang, da Xanthias und Dionysos aus ihrem winkel hervortreten 
und sich dem chor anschliessen. Was aber soll es heissen, wenn 
Dionysos sagt: „ich gehe mit den frauen und mädchen dahin wo 
sie der góttin die pannychis feiern, um heiliges licht dahin zu 
tragen“? Dionysos hat schon nach der wohnung des Pluton ge- 
fragt; der chor hat ihm geantwortet, dass er bereits vor der thüre 
stehe; darauf hin hat Dionysos seinem diener befohlen sein gepäck 
aufzunehmen, weil er in die wohnung des Pluton weitergehen will, 
an welcher er nachher (bei v. 460) klopft. Wie kann in solchem 
zusammenhang Dionysos sagen, er wolle mit den frauen und mäd- 
chen gehen, um mit ihnen zu tanzen? Und was sollen gar die 
worte péyyos Éepoy olowv im munde des Dionysos bedeuten? Doch 
ich glaube, das sind dinge, über die sich nicht mehr streiten lässt; 
über die beziehung der worte g#770g fegdy olowv und olg uerovofu 
Heoyılovg Éogrjc (v. 443) habe ich a. o. gehandelt. 
V. 519 f. To, viv qpacov nowricra tats deynotelo 
raig Erdor ovouig adros on elotoyopat 

hat Meineke mit Hamaker aus dem text entfernt. Wer mit dem 
alten bühnengebrauch vertraut ist und weiss, dass äussere hand- 


224 Aristophanes Frösche. 


lungen in der regel ausdrücklich angegeben werden, wird hier die 
annahme eiuer interpolation sehr bedenklich finden. Mit «ürög 
örs elcégyouus giebt der als Dionysos verkleidete Xanthias der 
magd die worte in den mund, die sie den: tänzerinnen hinterbringen 
soll: «vióg slofoyeras. Scherzhaft sagt er uörug, weil er gerade 
nicht ‘der herr, sondern der diener ist. Ebenso nothwendig er- 
scheint der v. 180 ywy@uer 2n) ro nAoiov. XAPQN. won nu- 
e«ßuAov, welchen Meineke gleichfalls nach Hamaker unter den 
text gesetzt hat. 
V, 662 SANO. oùdèr mossîs yuo, 4AÀd tas laycragç ander. 

ALAK. uà tov AP div NON nageye tiv yooitga. 

SANO. Ilocsdov AION. mynotr us. 

SANO, og Alyalov modvus 7 yAuvzüs uédeis dios Ev 

BEr3eou. 

Dies ist unbediugt die richtige personenvertheilung. Die wieder- 
holung des gleichen scherzes bei Dionysos wäre ohne jede wir- 
kung und lüppisch. Es muss Z7008dov» — 7Ayn0é us das wider- 
spiel zu "Azoilov xıd. — mAynoer oùx qxovOag; sein, wie es 
vorher zweimal stattfindet oder wie die worte des Dionysos v. 606 
fixer to xaxov und seine aufreizung des Aeakos das gegenspiel 
sind zu den worten des Xunthias xaxoy #xe zwi (v. 552) und 
seiner aufreizung der gastwirthinnen. Ein solches widerspiel aber 
kann hier, wenn es seine rechte wirkung haben soll, nur unmit- 
telbar auf das vorbild folgen; es kann also auch keine liicke nach 
v. 663 sein, wie Hermann angenommen hat, damit nicht Dionysos 
zweimal nach einander schläge bekomme. Hermann wollte in diese 
lücke den v. 655 AIAK. ixi nçonpüc y' oudèr; AION. ovdéy 
nor puts. in der form êmei ngonuar! oudér. ZANO. oùdér uoi 
péde setzen. Dieser vers steht durchaus an seiner stelle, scheint 
freilich von den erklärern noch nicht richtig gefasst worden zu 
sein, wie daraus hervorgeht, dass sie nach re xgotimdc y” oùdér ; 
kein fragezeichen setzen. Fritzsche giebt das vorhergehende 7 
dyra xAcesg; dem Xanthias und alles weitere in der form xgou- 
píw» OUpoalrouc ened zQonpüg oùdér, oùd êuoi uéle dem 
Dionysos, der damit sagen soll: quoniam tu nihil curas verbera, 
ne mihi quidem senio sunt. Abgesehen von den unzukémolich- 
keiten dieser erklärung, ist jede änderung unnöthig. Dionysos 
gebraucht für seine thränen, die ihm der schmerz ausgepresst hat, 


Aristophanes Frösche, 225 


die ausrede „ich rieche zwiebeln“ Dem Aeakos ist wie vorher 
und nachher immer diese ausrede sehr gelegen, um seine probe 
fortsetzen zu können, und deshalb sehr glaublich; darum lässt er 
den Dionysos sich näher erklären: „denn aus den schlägen machst 
du dir nichts?“ Dies bestätigt Dionysos: „ich mache mir nichts 
daraus“. Die worte éxei noonuäç y oudéy; bedeuten also soviel 
als: xAdess xoouutwr dopousoperos xai où xÀutig mootspiiv 
zusssousvos; Folglich ist auch das überlieferte yè ganz an seinem 
platze, da es das zoouuav dem xgouuvwv Oopoalreodas gegen- 
überstellt und bezug‘ nimmt auf das vorangestellte beweisthema : 
xwno1epov y av vaiv Tônç xAavoaria ngoTegov 7 mQouüjcavró t 
zumröouevov, elvas tovroy yov un deov (v. 637). Es ist aber 
auch, um wieder auf die vorher behandelte stelle zurückzukommen, 
gar kein grund vorhanden, warum v. 663 nicht an Xanthias ge- 
richtet sein soll. Im gegentheil wirkt es sehr komisch, wenn 
Aeakos auf die worte des Xanthias „damit richtest du nichts aus; 
schlage auf die weichen“ zu diesem, an dem gerade die reihe ist, 
sagt: „gut, mache du gleich den anfang und thue den bauch her“, 

V. 683 routes d’ éntxhauroy andovior vouov ug AmoAtiras 

.  xüv ous yévwvras. .. 
Mit unrecht schliesst man aus dieser stelle, dass Kleophon damals 
gerade in anklagestand versetzt und in gefahr war ins exil ge- 
schickt zu werden. Der dichter schiebt das nur dem Kleophon in 
boshafter weise unter. Ganz richtig ist die erklärung eines scho- 
lions: zovrov ém(xAavio» adew Âéyes ovvaddıa ÉavrG deworare- 
megè i)» now nemavovoynxors. Auch wenn am schlusse des. 
stücks der wunsch ausgesprochen wird: Klsoyar dì payéoIw 
xaAlos 6 PovAousvog tovtwy nargloss Ev Geovoa:s, so liegt darin 
nicht etwa die andeutung einer zu erwartenden verbannung des 
Kleophon. Dieser wird vielmehr wie v. 681 f. und 730, wo sich 
die worte zoig dì yadxois xai Eévois xoà Ilvoglaıs xai movgooig 
«ax novggür auf Kleophon !), Archedemos (vgl. v. 418) u. a. be- 

1) Bei diesem scheint yælxoës noch eine besondere beziehung zu 
haben, da uns in dem scholion zu v. 1532 aus Aristoteles mitgetheilt 
wird, dass Kleophon bei den friedensverhandlungen nach der schlacht 
bei den Arginusen betrunken und mit einem panzer angethan 
in die volksversammlung gekommen sei und die anerbietungen der 
Lacedämonier zurückgewiesen habe. — Dasselbe was hier durch 


Hvepiass angedeutet ist, liegt auch in dem wort ozifas v. 1511, wo- 
mit auch die fremde herkunft der hesterni cives verspottet wird. 


Philologus. XXXVI. bd. 2 0° 19 


236 Aristophanes Frösche, 


zielen, wegen seiner fremden abstammung verhöhnt und ihm ge- 
wünscht, er möge hin gehen, wo er ber gekommen. — Eine 
ähnliche sehr schalkhafte unterschiebung finden wir v. 1050, wo 
Aeschylus auf die frage des Euripides „was schaden dena dem 
stante nieine Stheneböen“ erwidert: 

ote yervalas xul yerralwy crdgwy Gloyeve avénsoas 

suvesa nesiv aloyurdelouc dia tovs ooùc BeAlsgoyörzag. 
Der scheliast bemerkt hiezu: moAAoa? tiv SPevéBosay puunoupueros 
movcas xuverov tredevincav und Fritzsche: quo magis in Sthene- 
boea Bellerophontae innocentia et castitas ad "Stheneboeae calumnias 
et intemperantiam comparata elucebat, eo maiore pudore honestae 
matronae suffundi debebant ... Num igitur Stheneboea Euripidis 
tantum valuit, ut honestae matronae venenum sumerent? Hoc cre- 
dere ludus est. Gerade in der voraussetzung, dass jene vornehmen 
frauen Stbeneböen d. h. ehebrecherinnen gewesen und darum bei 
dem anblick der euripideischen Stheneböa von ihrer eigenen schuld 
so ergriffen worden seien, dass sie sich auch wie Sthenebüa den 
tod gaben, liegt der scherz und steckt der schalk. Ziwischen. die- 
sen edlen frauen und der dichtung des Euripides besteht derselbe 
zusammenhang , wie zwisehen den in lumpen gekleideten königen 
desselben dichters und den athenischen bürgern, welche sich in 
lumpen kleiden und armuth vorgeben, um sich der trierarchie zu 
entziehen v. 1065 f. Ueberhaupt wird in dem wettstreit der beiden 
dichter viel mehr die neue zeit der aufklärung der guten alten 
zeit der Marathonskämpfer entgegengesetzt. Alle literärkritik ist 
nur mittel zum zweck. Dionysos geht in die unterwelt als begei- 
sterter freund des Euripides; er wendet sich ab von Euripides und 
kehrt zurück mit Aeschylus zum segen für die bürger und zur 
rettung des staates (v. 1419, 1487). Darin liegt der grundge- 
danke des stücks: der Athener sell sieh bekehren zur 
denkweise und gesinnung der Aeschyleischen zeit, 
die sich durch thatkraft, nicht durch redefertigkeit 
auszeichnete; das allein bringt heil in der noth der 
gegenwart. 

V. 701 navrag üvdgwWnoug Exdvteg Ovyyevelg «mmowpeda 

xaminovs xai molizas conc av 5uvvvavpey?. 
Beck bemerkt hiezu: non minus praeclara est quae sequitur sen- 
tentia, operam esse dandam, ut omnes homines sibi cognatos red- 


Aristophanes Frösche. 227 


dant, An einen solchen kosmopolitismus hat Aristophanes nicht 
gedacht. Es steht ja auch warrus &vFewrovs hier nicht für sich, 
sondern gehört au dorso dy Furvavpayi. „Jedermann der mit uns 
kimpft, sagt der dichter, d. h. jedermann der es redlich mit uns 
meint und zur wohlfahrt des staates beiträgt, soll freund, soll 
bruder heissen“. Zuyyevsig bezieht sich auf die vorhergehende er- 
wähnung der freilassung der sklaven, welche in der schlacht bei 
den Arginusen mitgekämpft hatten und ein beschränktes bürger- 
recht erhielten, von welcher massregel es voraus heisst, dass sie 
die einzige handlung der Athener gewesen sei die sinn gehabt habe. 
V. 709 Kiuyerns 0 pixgoç, 

o movngdtatos Badavevg 0mocos xQurovOs xvxndstépoo” 

wpevdodlsgou xovíac 

xal Kepodlas yc. 
Die scholiasten, welche die erklärung geben: déov shmeiv: ondone 
xgazevds yc, ox simev, ail’ imqveystv, Cou nagtystas Padaveds 
zoig Aovopévoss Ouiyuata und zov ov Kissyévyy dv rosovtp nes 
Afyes, woneg ab Eleye, noynçotasoc Eau mang yc Ondons oi Ba- 
Anvets xgazovos, KiuwMas xai tégQag xai tic Aosning ING rosavtys, 
haben den scherz des dichters nicht verstanden, Ihrer erklärung 
steht vor allem im wege, dass es nicht 070075, sondern 070006 
heisst. Und was soll das heissen: „die bademeister herrschen über 
kimolische erde“. Vielmehr liegt dem scherz der gleichklang von 
Bohavers und fao:2:ig zu grunde. Nur desshalb ist von einem 
xQaráiv 77%, Was man von einem könige sagt, die rede, aber. weil 
kein facevo, sondern ein Palayeus ist, von einem xgateiy 
xvxndisépoou weudoälzgov xovius xaà Kiuwllas yas.  Desshalb 
auch nur wird das sodasalz, welches in den bädern statt der seife 
diente, als Kıuwlia yi bezeichnet, um eben das für den scherz 
bedeutsame xgatove, yñç zu gewinnen. Auf solche gleichklünge 
hat man bei Aristophanes sehr zu achten, Ich babe bereits in 
meinen oben erwähnten Studien p. 3 darauf aufmerksam gemacht, 
dass v. 186 der ganze scherz in dem gleichklang von ‘Oxvov mAo- 
sal und ovov moxas beruht. Das gleiche ist der fall v. 855, wo 
statt ixyiy cov éyxépalor wider erwarten êxyén tov TYjAegov folgt, 
Wenn Kock im vorhergehenden verse Wa un yxspudov noc für 
Ira pt} xepadat vermuthet, weil der Ravennas jw dv xepalal 
giebt, so zerstört er damit den ganzen scherz. 


15° 


228 | Aristophanes Frösche, 


V. 721 ovt yag tovtoscwr ove où xexıßdnAsunkvosc, 
GAla xaddlorose amaviwr, we doxéi, vopuopatwv 
xal pdvorg Oo xontios xol xexwdwrropévoss 
&v te wig “EdAnos xai zoig Bapßagoıas nuvruyou 
Lewes?’ oùdèr, GAA tovtose roig morngois yudxlosg 
726 y9ès te xai mony xonsioi tH xaxíorp xoumanı. 
Pollux IX, 90 führt v. 721—726 an und lässt dabei v. 724 aus, 
Dieses äussere zeugniss hat Meineke bewogen, den vers nach 726 
einzusetzen. Man könnte vielleicht auch das scholion, welches zu 
xexwdwvsoufroig die erklärung éxisleyuévorg axgıßws giebt, als ein 
zeuguiss dafür betrachten, dass der betreffende erklürer èv ze tote 
“Enos nicht bei xexwdwrouéroi gelesen habe. Trotzdem muss 
die handschriftliche überlieferung mit aller entschiedenheit festge- 
halten werden, mag die auslassung bei Pollux auf einem lapsus 
memoriae oder auf einem mangel der handschrift, die ihm zu ge- 
bote stand, beruhen. Denn der vers ist durchaus an seiner stelle 
nach xexwdwwopévois, ja er ist nach dg9w¢ xoneicı zur ergän- 
zung von xexwdwwopéross nothwendig, während zu 7@ xax{orm 
xopuars wohl Èv ze zoig “EdAnos xai roig Pagfagox, nicht aber 
nayzayov passt. Kwdwwrltew bedeutet prüfen, erproben, durch an- 
schlagen oder fallen lassen, welches einen klang hervorbringt, den 
werth und die echtheit untersuchen. Dies geschieht aber nicht in 
der münze, sondern bei dem umlaufe des geldes. Bei der weiteren 
beurtheilung dieser stelle darf man den in yçwuws9 oùdér liegenden 
scherz nicht verkennen: „wir bedienen uns dieser guten münzen 
nicht, weil wir keine haben*. 
V. 968 Ongap£rns; cogóg y urne xai dewög ig ta narra, 
oc Tv xaxoig nequnéon xai nAnoloy zoQuOrp, 
néniwrev Ew idv xaxwy, où yiog udda Keioc. 
Velsen hat im Rh. mus, X, p. 390 ff. die richtige bemerkung ge- 
macht, dass das nach xaxoig gewühnlich gelesene aber im Venetus 
fehlende zou auf falscher ergünzung beruht und dass der sinn die 
einsetzung von wc fordert. Mit der correktur sou hängt aber 
noch ein zweiter fehler der überlieferung zusammen. In og 7» 
xaxoicg wo ntQunéop xal xinolow nagacty ist der wechsel des 
subjekts ausserordentlich hart. Man könnte leicht diese hürte be- 
seitigen, wenn man in rücksicht auf die hüufige vernachlüssigung 
der krasis xà» zAnolov maguorÿ schriebe. Allein zraga0z; ist nach 


Aristophanes Frösche. 229 


dem ausfall von zs; entstanden, da man xo) in der bedeutung „und“ 
nehmen musste, während es ursprünglich geheissen hat: 

0g, zv xaxoig Tg megenéon, xoi minolov nuguctas. 
Denn xagaoraç verlangt die damit eingeleitete und im folgenden 
ausgeführte beziehung auf das sprichwort Xiog xagacrag Kov 
osx dou. 

Zu der erklürung des prologs der Choephoren v. 1126 ff. 
babe ich bereits in meinen oben erwühnten Studien p. 30 die be- 
merkung gemacht, dass in scherzhafter weise dem Aeschylus drei- 
mal von seinen eigenen worten eine falsche erklürung oder ver- 
kehrte rechtfertigung beigelegt wird, zuerst von ‘Eoui x9ówt, 
muiQQ èrontevwv xgurm v. 1144—1147, dann von xw yàg lg 
yüv rivde xol xarfgyoua, v. 1163 — 1165, endlich von xAves 
dxovous v. 1175 f., welche beiden verse dem Aeschylus, nicht 
dem Dionysos gehüren. Vgl. meine Studien zu Aeschylus p. 52. 
Man ist nun wohl berechtigt zu fragen, ob dieser scherz nicht 
noch eine weitere bedeutung und beziehung habe. Auf eine solche 
führt uns die nähere betrachtung der v. 1163 — 1169. Aeschylus 
rechtfertigt den ausdruck 7xw yao ig yiv mjvÓe xai xatéoyouu, 
worin Euripides eine unertrügliche tautologie findet, mit folgender 
auseinandersetzung : 

new yag dg yz» FoF orm puer] HÜIQUE" 

quoi yao Gin ovupooäs LAnAuder. 

qevytov d° avio jxes re xa) xutéoyetus. 
Im zweiten dieser verse erklärt man 79i; adding cvugpog@s un- 
richtig „ausser dem der zeitweiligen abwesenheit von der heimath“; 
vielmebr ist XAÀg; nach dem bekannten eigenthümlichen gebrauch 
des griechischen &AAog und des lateinischen alius zu interpretieren 
„ohne rücksicht auf etwas anderes, das ein unglück für ihn ge- 
wesen“ d. h. 7x&» elg yi» sagt man von einem, der nicht als 
unglücklicher, als verbannter ausser landes war, demnach auch 
ohne weiteres in sein vaterland zurückkebrt. Hören wir aber bei 
dieser erklärung nicht einen sophisten, nicht den synonymiker Pro- 
dikus reden? Sehr bezeichnend dafür ist es, dass Dionysos zu dem 
einwand des Euripides ,,von Orestes gilt der ausdruck xazégyeodas 
nicht; denn er kehrte heim ohne erlaubniss seiner vorgesetzten“ 
bemerkt: eu »j 10v ‘Eouiw 0 re AMytg d o9 puar9avw. Be- 
stätigt wird diese vermuthung durch v. 1181, wo uns der tech- 


230 Aristophanes Frösche. 


nische ausdruck der sophistischen rhetorik ris ögdornıog vw ind 
(30dotmesa) begegnet und im prolog der euripideischen Antigone 
der ausdruck sevdatuwv als fehlerhaft gerügt wird. Einen ge- 
nauen unterschied zwischen svda/uwv und söruyig macht Euripides 
Med. 1229 f. olfgow d' émoguérroç evrvyéorsgos dov yivosr Gy 
oc, evdaluwr d° ay où. Wenn wir uns nun des platonischen 
Protagoras erinnern und der exegese, welche dort von einem ge- 
dichte des Simonides gegeben wird, dann werden wir auch hier in 
der ganzen partie von v. 1126—1196 eine parodie auf die inter- 
pretation älterer gedichte, wie sie in der schule der sophisten ge- 
bräuchlich war, finden. Bei dieser annabme aber erhalten die ver. 
kehrten erklirungen, welche von stellen des Aeschylus gegeben 
werden, noch eine besondere bedeutung und beziehung. Eine pa- 
rodie sophistischer eristik habe ich Studien p. 1 in v. 25 ff. nach- 
gewiesen. 
V. 1281 un nolv y' dy axovons yatéoar cracw wel 
& Toy mPapw@diwy vouwv eloyaouévrr. 

In den scholien finden wir zu order peddv die erklärung ord- 
cipov uéos 0 ddovow iorauevos où yooevtal. Dies kann craox 
pelüy ‘kaum bedeuten; was soll eine „stellung von liedern* sein? 
Eher müsste man otaosc in demselben sinn nehmen ia welchem es 
bei Aesch. Eum. 311, Cho. 458 steht, „eine reihe von liedern“, 
Allein auch damit ist kein richtiger ausdruck gewonnen ; denn im 
folgenden soll keine liederreihe, sondern nur ein lied gegeben wer- 
den, wenn es auch aus verschiedenen chorgesängen des Aeschylus 
zusammengesetzt ist. Der vorausgehende scherz, die vorliebe für 
Egiuvia, welche durch die wiederholung des jj xoxov où nedadesg 
i» Gowydv parodiert wird, ist angekündigt durch mosoûvra zar 
dei v. 1250; denn damit will Euripides sagen, dass es sich 
Aeschylus leicht mache, indem er immer ein ganzes stäck wieder- 
hole. Eine ähnliche andeutung des folgenden scherzes erwarten 
wir auch hier. Es wird aber im folgenden ein éwo»oorçopov 
péios (v. 1297), ein ewig langes seilerlied gegeben, indem ver- 
schiedene stücke von chorgesängen zu einem grammatisch zusam- 
menhängenden aber sinnlosen satze aneinandergesetzt werden. Die 
andeutung des lang hinausgezogenen erhalten wir, wenn wir ro» 
für oxaow schreiben. Zu der bedeutung von 7404 vgl. Hermog. 
eg: evo. IV, 5, vol, Il, p. 249 ed. Speng. rdoiç dort Aoyov, rar 


Aristophanes Früsche, 231 


Ömsonfon wo pérow Tov Adyou TO neun . . tovre yQo lorw 9 
tac, ró ànerruodu im) paxodeegov 7 yen 10 mvevua, Philostr. 
Heroic. XIX, 17 xoi GAiws €0góv dv coig Aupmois gopacs To pi 
dmovciusw aèrà unde oyoworssn doyalscdas, dazu Pindar fr. 47 
Boeckh oyowortvuu x aoıda didvodußer. — Ie der nun fol- 
genden 74005 pedwr bleibt wie gesagt der grammatische zusam- 
meahang gewahrt von uoc bis degopolroix, dagegen wird er 
gestört bei dem weiteren zusatz 36 ovyxiirés z én’ iavu. Da 
aber für den scherz die möglichkeit einer grammatischen con- 
struction des satzes nothwendig ist, so ist mit gewissem recht in ge- 
ringeren handschriften 7’ weggelassen; denn dann ist zu construieren : 
nagasywy 1:0 OwyxAwig im Aluyss xvgsiv lrapaîs xvoiv átQo- 
gofross. Allein die weglassung des z' stört des metrum; der 
dichter darf aber hier das mass des ursprünglichen verses nicht 
ändern. Da wir nun das schelion haben: Tiuoyídag quqoi retro 
dv Eyloss pù youpecdas. “Anolduinog dé quow ix Gonoody atto 
elvas, so müssen wir urtheilen, dass dieser zusatz v. 1294 f, zu 
den zahlreichen interpolationen dieses stückes gehöre. — Zu dem 
nach jedem vers wiederkehrenden qAaziodoario piarrodear be- 
merkt der scholiast: zovzo Afysı ylevalwy ws dovveronocyv. Das 
ist aber nicht richtig; allerdings wird hier durch das sinnlose des 
lang ausgedehnten satzes die unklarheit Aeschyleischer chorlieder 
gerügt; allein jenes œlurroSourto gâurroSout ist offenbar eine 
machabmupg des harfenspiels. Wenn man darum wegen der zu 
v. 1264 vom scholiasten notierten agsnıypapı) ,,dsuvdsov çoç- 
ave ic“ und weil nachher zum vortrag euripideischer cherge- 
sänge eine abgelebte hetäre mit einer kinderklapper zugezogen 
wird, annimmt, dieses zweite potpourri äschyleischer w£An, welches 
ix zur zıdagmdıruy vouur verfertigt ist, werde unter begleitung 
der kithara vorgetragen, so ist das nur theilweise richtig; das 
saitenspiel findet nicht wirklich statt, sondern wird nur nach- 
geabmt. 

Zu der höchst spasshaften, dem inhalte nach trivialen, im 
ausdruek aber mit allerhand euripideischen floskeln aufgeputzten 
monodie, welche v. 1331 ff. dem Euripides nachgedichtet wird, 
babe ich Studien p. 31 ff. die komische verdrehung des aus Euri- 
pides entlehnten oder wenigstens tragischen stellen nachgebildeten 
textes bemerkt, indem zu «Ada pos. . Déguete d’ tdwe (vgl. 


232 ; Aristophanes Frösche, 


Hom. ©, 426), einer aufforderung das wasser für die wäsche 
warm zu machen, wider erwarten we dv Seiov OvtiQov anoxivcw 
(v. 1340) tritt, zu 0 .d’ avérrrar Gvénrar” d; atdéga (v. 1352), 
einer beliebten metapher des Euripides, die nähere bestimmung 
xovgordrasg nitQUyu» axuais, wodurch die metapher zum eigent- 
lichen sinn verdreht wird, endlich zu al’ & Kites "Idng 26x50 

. Tt x@la vr Aumaldere xuxdovpevos, einer aufforderung zum 
kretischen waffentanze, der zusatz v)» olxlav (v. 1358), wodurch 
aus dem kreisen im tanze ein umkreisen des hauses der diebin 
wird. Auf gleiche weise verhält es sich v. 1359 mit dua dé 
Aixtuvra. . + tag xvvíoxag Eyouo” IE — dia douur array}. 
Denn Gua dé Alxıwvva . . &A9Erw ist ursprünglich ein herbei- 
rufen der Artemis „zugleich möge Diktynna erscheinen“. Dies 
wird durch did douuwy maviayi in komischer weise verdreht und 
Artemis aufgefordert haussuchung zu halten. Dasselbe gilt von 
dem folgenden où d’ d 4105 denvgovs Gréyouou Acunddas dEu- 
tdtag yegoiv. Exdın — nagagnvoy dg Tivung oxwe av siew- 
Joven pugacw. 

Bamberg. N. Wecklein. 


Xenoph. Anab. V, 8, 9. 


Die neueren ausgaben geben: xad zavies of modizas xal of 
moocguoos üvdgsg xui yuvaixeg mereigov Tic fooric. Nur Krüger 
schiebt noch 6uov, was von B. N für xai of ngocyweos geboten 
wird, vor üvdgsg ein. Der werthvollste codex C lässt of vor 
7iQ0QytQov weg. 

Der ort, wo Xenophon den tempel der Artemis gründete, 
war weder Olympia noch Skillus: er befand sich in der umgegend 
beider städte. Folglich waren alle bürger, die an dem feste 
theil nehmen konnten, 006ywg0s, und eine trennung zwischen 
zroAizes und nedcyweos hier unstatthaft. Der gedanke, dass Xe- 
nophon hier stadt- und landbevölkerung hätte andeuten wollen, 
ergiebt sich als falsch, wenn wir 2. 10 lesen, dass an der all- 
jährlich auf das fest veranstalteten jagd die söhne des Xenophon 
xai rà» GhAwy moAsı@v betheiligt waren, Wareff etwa die söhne 
der nodsyweos davon ausgeschlossen, obwohl sie an dem feste 
theilnahmen? Gewiss nicht. Folglich ist zoA/ras als glosse zu 
tilgen und zu schreiben: xai zavıss ob mpocgwoos, Grdgeç xoi 
yuvaixec, pertiyov xi. 


Ratibor. | Emil Rosenberg. 





X. . 
Zu Thukydides. 
Buch V. 


8, 3 ei yag delkese Trois Èvaviloss 10 te nÀ9og xal tv 
Onc avayzalar ovGa» rQY ue Éauroë, ovx ay fysito püllor 
mepyevíGOas N avev noooypews te adıwWr xal pi) mo toù Ovrog 
zasappovjosws. Die stelle hat von jeher grosse schwierigkeiten 
gemacht. Brasidas hat dem trefflichen heer der Athener gegenüber 
weniger geübte, meist gemiethete und nothdürftig bewaffnete trup- 
peu. Darum sucht er den feinden diese schwächen zu verbergen. 
Schimmelpfeng bat in Mützel’s Zeitschrift 1862, sept. p. 745 ff. 
alle bis dorthin gemachten versuche verworfen und erklärt wie 
auch Classen où w&lloy richtig = Aırov, wo aber, da xaraggo- 
vyosw; wie ngodweswg natürlich von avev abhängen muss, un vor 
ano Tov Ovrog unbegreiflich bleibt; und von einer mischung zweier 
constructionen, die er annimmt, muss man absehen. Böhme schreibt 
nach Dobree jjj &no (st. &n0) tov Orrog und erklärt: „ohne eine 
nicht von der wirklichkeit entfernte, d. i. ohne eine nicht unge- 
gründete, unverdiente verachtung“. Wenn aber die verachtung oder 
geringschätzung gegründet war, so war sie es axo roU Orrog und 
da ist un unbegreiflich. Krüger, woran schon Poppo dachte, 
streicht un. Aber die geringschützung von seiten der Athener 
war zu erwarten gerade von ibrer wahrnehmung, dass die ausrü- 
stung der truppen des Brasidas unzulänglich wire. Also ist un 
zu versetzen und and rob ut) Ovıog nüthig, so dass der sinn ist: 
er glaubte weniger siegen zu künnen als wenn die feinde sie nicht 


234 Thukydides, 


voraussähen und wenn sie sie nicht wegen der unzulänglichkeit 
ihrer streitkräfte geringschützten. Man kömte freilich «rd rov 
oùx övıog erwarten, aber über ur vgl Krüg. Gramm. 67, 9. 

15, 1. Die Lakedämonier waren zu einem friedensvertrag 
geneigt, weil sie ihre auf Sphakteria gefangenen angehörigen 
(oplor Evyyeveig) dadurch heimbekommen wollten. ‘Hoay yag of 
Zraguütas attwy newrol te xai Ömolws oplos Evyyeveic. Weder 
ouolws giebt einen befriedigenden sinn noch was man dafür vor- 
geschlagen öwolwv und ôuofoix. Es ist von der höhern bürger- 
klasge in Sparta die rede, den homöen oder gleichberechtigten voll- 
bürgern, und so scheint Ojo erforderlich. Es waren die Spar- 
tiaten unter den gefangenen ersten ranges und als homüen ihnen, 
nümlich den zum frieden geneigten Lakedämoniern, nach geschlech- 
tern verwandt. ‘Ouolwç entstand aus dem folgenden © in ocgía;. 

16, 3 perd dwoodoxndewg (st. pera dupwr) doxoucav dva- 
xwoncw, wie Classen jetzt mit vollem recht vorschlágt, hatte schon 
Döderlein 1817 in Bern in seiner vorlesung vermuthet. 

20, 2. Die überlieferte wortstellung ist unmöglich und hat 
eine menge umstellungsvorschläge veranlasst. Am meisten‘befriedigt 
hier Classen, welcher schreibt: Oxomsíreo dé rig xnta todo yeovoug 
xal un thy GraglIundir vuv Övoudzwv Tür Exacıayov 7 apyarıum 
5 ano nc rwog [ds] ta nooyeyermuéra Onpasvériwv morwoag 
malo. Nach dem vorgang von Göller, Arnold, Stahl lässt er 
ty anaglPunow von said abhängen und stellt es deswegen richtig 
nach xa? gj. Nur schreibe ich statt des seltsamen èc, das er 
streicht, wc. ,,Man betrachte (oder berechne) nach den jahreszeiten 
and nicht nach der aufzühlung der namen der archonten jeglichen 
ortes oder nach der aufziblung von würdeträgern, als ob diese 
namen das vergangene richtig bezeichneten, mit grösserm vertrauen“. 

22, 1. Statt vulg. atrof schreibe ich £m. _Aörov ist un- 
passend und aÿroïç unnöthig. 22, 2 gebe ich der auffassung Stahls 
den vorzug. — Dagegen 25, 1 weist Classen das von Stahl nach 
GAAn eingesetzte ze mit recht zurück. 

96, 1 EiloIas yàg Aaxedusuorlovs neo is 9mvatov 
Erdgas xai diaQvorws tiv oxovdwy “Aoyelovs Oplos qíAovg zai 
Evuuayous yertoFas. Mit recht setzt Stahl ay nach &fo9o yoo 
ein, denn dieser satz ist mit dem vorigen nicht so eng verbunden, 
dass jenes ay nach fore noch auf éA£c9a) berüber wirken 


Thukydides. 235 


müsste. Dagegen tilgt Stahl "4Iwulwr mit unrecht. Schon vo- 
riges jahr schrieb ‘ich meine erklärung mit folgenden worten auf: 
equidem puto Spartanos illos praevidere inimicitiam Atheniensium 
et rev unovdw» rupturam, id quod ipsi cupiebant, haud diu di- 
latum iré; itaque antequam id fieret societatem cupiebant. ich 
freue mich jetzt bei Classen die gleiche auffassung zu finden. 

36, 2 rd périoe Tluvaxrov Edéovro Boswtovs Inws nagadw- 
covos Aaxsdasporlos. Richtig bemerkt Dukas: èdforro (10v 
xotofleov neidus) Bowwtovc. Nur darf neïous im text nicht fehlen, 
sondern ist nach édfovzo einzusetzen. Sie baten die gesandten die 
Böoter zu bewegen und zu bearbeiten, dass sie u. s. w. In ähn- 
lichem sinne vermuthet Stahl nagacxevd lev. 

88, 1 ro yao eùrò éxofovy. Da hier noch nicht vom han- 
deln, sondern einstweilen nur von ansichten und absichten die rede 
sein kann, se vermuthete Meineke 2sxozovr, ich dachte an éyvouy, 
das leicht in émofovr verschrieben wurde. 

44, 1 werden die gründe aufgezählt welche die Argeier be- 
wogen sich im vorauszusehenden kriegsfall mit Sparta an Athen 
auzuschliessen. Da heisst es von Athen duvapiv pueydAnv Éyovcay 
mr xara Iadaccar. Die letzten drei worte streicht Stahl mit der 
bemerkung: quasi navalibus potissimum copiis Argivis opus fuerit. 
Classen aber nimmt sie mit recht in schutz. Nur wäre statt des 
von ibm angeführten zu allgemeinen grundes, dass „die Argiver 
auf die seite der attischen macht am meisten gewicht legten, 
werin sie selbst schwach waren“, der speciellere anzuführen, dass 
deu Athenern wegen ihrer seemacht leicht wurde truppen und 
lebensmittel den Argivern zuzuführen, zumal wenn das projeet 
lange mauern von Argos bis ans meer zu bauen (vgl. 82, 5) 
gelang. 

46, 1 0 Nextag xaínto, or Aaxeducuortwv abi» fram- 
pivwor, xal aves Anarnufvos. Classen vertheidigt mit recht die 
von Stab! nach van Herwerden ausgeschlossenen worte zc» Aa- 
reda:poriwv abróv yxutuévwy als ganz der sachlage entsprechend. 
Und wie kahl, wenn sie ausfielen, würde sich xai aÿroc ausneh- 
men. Sollte etwas geändert werden müssen, so liesse sich etwa 
se nach adıwy einschieben, dem dann x«f entspricht. 

49, 1 wäre cow» nämlich der Eleer doch richtiger als opäg 
der handschriften das Classen vertheidigt. Auf die Lakedámonier 


236 Thukydides. 


bezogen wäre avrove nóthig. Aber es ist beides entbehrlich, da 
der zusammenhang zeigt, wem das reiyog gehörte. 

61, 2 xai Beyov of "AInvaios — raura (so Classen), oz 
ovx sedis al omordaò — xai yfvowio, xal vov datectas yofivas 
tov noléuov. Krüger erklärt xai yévosvto „als ob folgen sollte: 
und gehalten würden“, eine kaum annehmbare zumuthung. 
Da aber zwei handschriften ein monströses éyeyévowwro oder yeyé- 
vowto bieten, so ist denkbar dass dieses aus zore yévowro entstand, 
so dass dem xai trote entsprüche xai »v» — modéuov, welches 
für den gedanken eintrüte: als auch jetzt die owoyda£ nicht exi- 
stirten, wie wenn «oc oùx ovowv nach vu» stünde. 

65, 3. Agis batte früher im kriege gegen Argos das be- 
deutende heer der Spartaner und bundesgenossen ohne einen kampf 
zu bestehen aus dem gebiete von Argos wieder heimgeführt und 
sich damit die schwersten vorwürfe, ja beinahe die äusserste be- 
strafung zugezogen. Jetzt auf einem zweiten zuge gegen Argos, 
da die Argiver sich auf einem schwer zugänglichen steilen hügel 
aufgestellt hatten, wollte er dennoch den angriff wagen. Hier 
rief ihm einer der ältern männer zu, er wolle ein übel mit einem 
andern übel gut machen. Da besann er sich und zog die truppen 
zurück else xai did 10 moque cre xai adr Gdo u N xara 
to adıo dotav. Die worte 7 xarà ro avrò haben einige strei- 
chen wollen, andere verschiedene änderungen vorgeschlagen, ohne 
einen gehörigen sinn herauszubriogen. Ich glaube mit einer ge- 
ringen änderung zu helfen, indem ich schreibe 7 xol rò au: 
„sei es dass ihm etwas anderes oder auch das nämliche (was ihm 
das èmfonua vorwerf, er würde so xaxó» xax® 3a09as wollen) 
als richtig vorkam“. Das erste xaxoy ist der ihm vorgeworfene 
rückzug, das zweite der sehr riskirte angriff. 

66, 1. Vor ogdc; ist nicht, wie Krüger und Meineke wol- 
len, we einzusetzen, sonst müsste man £vrerd£ayso auch für die 
Lakedämonier als prädicat gelten lassen, aber erst 2. 2 und 3 
wird ihre musterhafte ovvrafic geschildert. Dagegen ist in dem 
satze uaAıcın on (oder richtiger nach einer guten handschrift 
Bühme paisora d' oi) daxedaiuorvsor, dc; è Éuéuymrro, dv rovi 
tH xoig éEemlaynouv das letzte wort unmöglich. Denn nicht 
dass sie erschrecken, sondern dass sie sich durch rasch geordnete 
aufstellung auszeichneten, wie nach Krüger allgemein anerkannt 


Thukydides. 237 


wird, soll hervorgehoben werden. Unter den vielen vorschlägen 
kommt dem richtigen am nächsten Meinekes é£epaynoar. Da aber 
Stahl über dem gebrauch 2epavyoay für se praestiterunt zweifelt, 
so schlage ich dsepadvyoay vor, wie VI, 17, 5 xai pay odd’ 
önlitas oùr Exelvoss Soosneo xoprovvias, ovrt ob addon "EMnves 
diepuvnoav tOGoVTOS Ovttg. 

69, 2 Auxedaudnio, dì — Ev aplow avrois wy Nalcravio 
thy nagaxélevosw ing uvijune dyadoîs ovow Érouovrro. In dieser 
vielfach angefochtenen stelle verlangt Stahl mit recht tj» uriunv 
und tilgt zz» vor mugaxédevosy, denn eben die erinnerung an das 
was sie wussten soll ihnen als ermunterung gelten. Dagegen halte 
ich für unnôthig mit ihm ovow in oùcav umzuündern, sondern 
setze wo ein vor dyudoîs, so dass die stelle nun lautet: à» oplosy 
avıoig wy Anlaravıo magartAevowr Tv uviunv Oc dyadoîs ovo 
&sowoüno, „unter sich selbst brauchten sie die erinnerung an das, 
was sie wussten, nämlich dass sie tapfere männer seien, als er- 
munterung‘“‘. 'Oc ayudoîs ovow ist deswegen ans ende gestellt, 
weil so die erwartung ausgesprochen wird, dass sie es auch jetzt 
sein würden. 

71, 1 rà otgatdneda most piv xal armavra tovro' imi rà 
delia xégatu avıwv dv tais Evyddoss uällor èEw3Isiras. Ob man 
mit Stahl die allenfalls entbehrlichen worte sost pui» xol dnavın 
tovzo ohne noth streicht, denn dass sich die mannschaft gerne 
rechtshin drängt, um hinter dem schilde des nebenmanns rechts ge- 
deckt zu sein, ist doch nicht, wie Stahl meint, nur ein sacyey, 
sondern auch ein roseiv, oder ob man sie mit Classen beibehält, so 
scheint doch ein yég vor oder nach orgatoneda erforderlich. 

72, 2 Gadd puMora di xarà nuvia Tj tunuola Aaxedas- 
pores Élaoowdérres zöre 17 dvdele Edekay ovy 7000v negiyero- 
pevos. Das höchst auffallende àpzeigfa , wofür man unpassend 
anoglu und andere änderungen vorgeschlagen hat, sucht Classen zu 
erklären: „obschon durch ungeschick in nachtheil gebracht“, Al- 
lein nicht durch ungeschiek wurden sie in nachtheil gebracht, son- 
dern dadurch, dass Aristokles und Hipponoidas den befehlen des 
Agis nicht nachkamen, durch ungehorsam, also anzı9slg. 

77, 4 mei dì td Ou) cvuaros dus Any roig ’Enidavglosg 
ögxov, douer dé attws duoca:. Mit A7» „wollen“ ist hier nichts 
anzufangen. Die Epidaurier hatten sich (53) geweigert und unter- 


238 Thukydides. 


lassen das dem Apollo Pythaeus schuldige opfer darzubringet. 
Durch den vertrag werden sie nun dazu verpflichtet. Darum ver- 
muthe ich segi — evpuatos 6pAnv 106 ‘Emdavolws üpxor, doper 
avrus, sie seien den eid schuldig, dass sie es geben sollen. 
’Qu000s tilgt auch Stahl, 

82, 2 xai “Agyelwy 0 duos xar’ dAlyow Euviciuuevos. Böhme 
erklärt «ar öAfyov „in kleinem abtheilungen', aber dazu müsste es 
doch xa: öAfyovg heissen. Passend ist Classens per! öAlyor, nach 
kurzer zeit, die er auf höchstens fünf monate berechnet. 

82, 3 of dà Auxedasuorsos, Es uiv avrovs puerentuxorro, 
osx AV or dx wAslovos, avafalopevos dà ras yvpvoma:dias, EBondowr. 
Die zigerung der Lakedimonier wird deutlich bezeichnet durch 
Ewe und das imperfect perenturorio, welches zeigt dass die oligar- 
chisch gesinnten in Argos mebrmals hülfe von Sparta verlangten. 
"Ex nAelovos finden Krüger und Stahl auffällig und letzterer nimmt 
nach 2x nAsfovos eine lücke an. Mir scheint es sei leicht durch 
versetzung des dé zu helfen: Zws uiv aurovç perentprovio, oùx 
FA Tor, ix nAsovog dà, draBalouevos tag yupvonasdluc, eBoy Four. 
»Während man sie berief, kamen sie nicht, sondern nach längerer 
zeit — machten sie sich zur hülfe auf. 

85 yiypvuioroner yag Où tovTO poovei Up 7 ds rovg Öklyoug 
dywyy. Schon Reiske und Krüger vermutheten yug» statt vp», 
ia der that passender. Denn die hauptsache ist, dass die Athener 
in den kreis von wenigen der Melier geführt werden, und dass 
dieses ven den Meliern geschah ist selbstverstündlich, so dass vuwr 
unnüthig ist, wenn man nicht, freilich ohne grund, eine besendere 
betonung des vu» „dass gerade ihr“ annehmen soll. 

88 14 pévros Evvodog xoi negì Owrno(uc nde ndgtoti, Aal 0 
Aoyog — yiyréodw. Lange machte das xaf vor sg? cwrnolas 
schwierigkeiten (s. bei Poppo) und noch Krüger denkt daran die 
beiden xaf auf einander zu beziehen. Allein da 86 von wmodepos 
und doviefa die rede war, worauf die Athener 87 antworten, die 
berathung finde zegè ocwrngfas statt, so ist klar dass xoi wegi 
cwznofag heisst „auch über rettung“, so dass xai o Aoyog „und 
die unterredung* bedeutet, also vor dem letztern xaf ein kolon 
oder punkt zu setzen ist, wie Classen gethan hat. 

89 Sts Aaxedasporiwr üGnosxos Ovteg où Svurecroatevoate 
nämlich ew:ieig, nicht fuir wie Böhme und auch Classen meint, 





T'huk ydides, | 239 


Dean die Athener erwarten, die Melier wollen ihre neutralität da- 
mit hervorheben, dass sie den Lakedämoniern nicht halfen, obgleich 
sie deren «2r01x0s waren. 

90 7 piv d voulbouér ye yonciuor (avayxn yao, Indi 
Optic otrw maga 10 dixasov 10 EvugéQor Akysır vntOscOs) ui 
saraluesr Opüg To xowdv dyador. Ich schliesse mich an Bekker 
an, der gueis dij oder Apsis ui» dn aus 7 uiv di emendirte, 
welchem Poppo und Krüger folgten. Böhmes änderung 7 piv di) 
vowlLoufy ye, so dass der nachsatz mit yonosuor beginnt, ist zwar 
leichter, aber dass mit queïç di die Melier, wie schon Poppe be- 
merkt, ihre ausicht nachdrücklicher aussprechen, ist um so sachge- 
müsser, weil ihnen die Athener c. 91 mit feito de erwidern. — 
Dana wollten einige wie Haacke vor xaradvs» statt Suag¢ schrei- 
ben peas (nämlich wir und ihr), aber dass die Melier nicht daran 
denken können das dixasov aufzugeben, welches für sie das yo7- 
Giov ist, versteht sich von selbst, dagegen bemerken sie mit móc 
tuwy, dass die gleiche maxime einst auch den Athenern zum vor- 
theil gereichen künne. 

99. Die Atheuer bemerken, diejenigen scheinen ihnen we- 
niger gefährlich 0004 frapwral mov Org 19 levdéow noA 
mr ÓdiautAÀAgew tig eds "ng quiaxiio smoscosias, dida vovg 
masuitag TE Bow avagxtousc, dOWtQ VUS, xa) rovg Om zig orc 
14 cvayxal magofvvoptrovs. Hier kann ich Classens meinung 
nicht billigen, dass mit z@ dievdegp der grund angegeben sei, 
warum die jjzegwras den Athenern weniger gefährlich scheinen, 
weil sie vermöge ihrer freiheit der bewegung (er verweist auf die 
etymologie #45v9w === tip.) sich zur vertheidigung wenden können 
wohin sie wollen, und auch andere zum schutze herbeizieha, somit 
oboe noth nicht kriegerische anstalten gegen den müchtigern machen 
werden. Ich erkläre vielmehr s0:.die continentalen, eben weil sie 
continentale sind, erwarten für ihre freiheit von den zur see 
mächtigen Athenern weniger gefahr und sind darum lüssiger. So 
scheint auch Stahls obwohl leichte änderung Ovzeg zwr leu déçur 
entbehrlich, Ferner streicht. Classen ze vor mov und rovg vor 705, 
kaum mit recht. .Die vnoswwzas werden getheilt in &Gyæpxros und 
in solche, die der attischen herrschaft schou unterworfen sind, 
Demnach solite es eigentlich heissen tovg moswras rovg té rov 
Gvigxtevg, woneg vpüg, x«i roUg fon xr. Begreiflich aber ist, 


240 Thukydides. 


dass der schriftsteller die anhäufung des zov; zu vermeiden es vor 
re wegliess, so dass doch, wie auch Stahl will, das erste zovg zu 
ávdgxrovg gehört. 

103 Anis — toùs piv dò ntgiovo(ag yowpevovg alri, xav 
Blawy, où xadeides roig & ig dnay 10 Undeyor avaggiatovoa 
(danavog yàg quos) apa ze yıyyWarsını Cpadtrimv xoi Ev 0r 
Fr qpulckeral ug avrjv yywoscPeioay oùx Eileineı. Hier ist odx 
&Alelues ohne object, das man aus 6zm nicht leicht verstehen kann, 
sehr auffallend, und ich vermuthe vielmehr ovdi» Asfnes oder ovdi» 
&letre. Das handeln mit ungenügenden mitteln auf hoffnung ge- 
stützt, wird einem würfelspiel verglichen. Unternimmt man den 
wurf in beziehung auf alles was man hat (so dass man alles aufs 
spiel setzt), so wird die hoffnung als täuschung erkannt, wenn 
man ins unglück gerathen ist, und gleichzeitig mit dieser erkennt- 
niss lässt sie nichts übrig, wobei man sich ferner vor ihr hüten 
könnte. Für Classens emendation avapgınıovoa statt Grapgsnrovos, 
so dass die êlx{s als personificirt auftritt, spricht auch das prädi- 
cative damavoc. 

108 dda xai rovg xıyduvoug te ur Evexa püllor Nyov- 
ped? dv dyyno(cac9as aurouc, xal BeBusottgovg 7 ic &Aiovg 
vouseiv, Sow mgög piv tè Eoya ıng lithomovvicov éyyvç xelueta. 
Hier kann Beßasor£goug doch nur auf xsxdvvovg gehen, nicht auf 
die motive wie Stahl will, der deswegen genöthigt ist é¢ vor 
&louçg zu tilgen. Dann wäre aber im gegensatz zu allows doch 
fjuüg erforderlich vor 7 aAAowc. Dass xfrduros fefasotegos ge- 
fahren sind die man mit festerm vertrauen unternimmt, zeigt Böhme’ 
mit 111, 39, 6 ròv pero Tv dAlywr xlvdvvoy nyndapevos Pefaso- 
zegov. Entscheidend ist aber judy Évexa, die um unsertwillen zu 
bestebenden gefahren würden die Spartaner mit um so grósserm 
vertrauen unternehmen, weil ihnen Melos so nahe liegt, da sie 
sonst (vgl. III, 55, 1) in ferne kümpfe sich nicht gerne einliessen. 
Die richtige erklärung giebt auch Classen, nur in der nebensache 
kann ich ihm nicht beistimmen, wenn er sagt: „da von Melos aus 
leicht truppen an die peloponnesische küste geschafft werden kön- 
nen“. Es handelt sich ja um die beschiitzung von Melos, nicht 
Spartas, und das kleine Melos würde nicht viele truppen in den 
Peloponnes schicken können. 

111, 1 rovro» ui» xol meneigauévois av re ylvoro fuir, 


Thukydides. 241 


zal vuiv ovx dvemoriuocw Or& OUO aNd peg reulmore sv0ds00- 
xíag “A9nvaîos dv aÀÀc» Yoßov areyaloncar. So schreibt Classen 
mit recht, nachdem zuerst Stahl gegen die frühern ausleger be- 
merkt hat, dass xemespauérois auf die Athener gehe. Die Melier 
batten die drohung ausgesprochen, die Spartaner künnten in das 
land der Athener oder in das von angehörigen derselben einfallen. 
Die Athener antworten darauf: von diesem könnte uns etwas be- 
gegnen, die wir es auch schon erfahren haben, wozu aus dem fol- 
genden zu denken: ohne dass es uns von einer unternehmung ab- 
geschreckt hätte. Aber was ist bei duiv ovx avensorjpooy zu 
yévosto ay zu verstehen? Offenbar aus dem ozs — Greywencar 
der gedanke, dass wir aus furcht vor den Lakedimoniern auch 
von euerer blokade nicht abstehen werden, da ihr wohl wisset, 
dass wir — nie abgestanden sind. Nur ist zu bemerken, dass, da 
den Meliern ja nicht dasselbe begegnen kann was den Athenern, 
der dativ xai vuir oix aventotjuoow dem parallelismus mit jui» 
zu liebe angewendet ist, wofür es deutlicher hiesse xoà üueïc 
énloracde. 

111, 3 negi naroldog Bovieveode, nv uiüg atei xai 3g ulav 
Bovlny tuyovoay te xal un xatogdwoeacar Ecru. In dieser viel 
versuchten stelle hilft einfach Heilmanns durchaus nöthige emen- 
dation 75 peas méçs Auch Zoras hat man ändern wollen ohne 
woth. Ich glaube die richtige erklärung schon vor jahren gegeben 
zu haben zu Lysias 12, 2. 74 on où megì moditelag vpiv foras 
Glia neoì Owrnplas. Und zur beglaubigung des ausdrucks dor 
negt tyvoc „es handelt sich um etwas‘ hat dort Sauppe auch 
mebrere beispiele citirt. Zur verdeutlichung dient auch die redensart 
6 a&ywy dom xí uvos. — è plav BovAy, auf einen einzigen 
rathschlag hin es ankommen lassend. "Es ist gebraucht wie 103 
ie aaay to $náQyov. 

112, 2 xoi Aaxedaiuoviwy ist allerdings, da von andern 
nicht die rede sein kann, entbehrlich, weswegen es Stahl streicht. 
Da aber die Athener in ihrer antwort 113 xai A4axedasuorlois 
xai wyy sich ausdrücklich darauf beziehen, so hat es Classen wohl 
mit recht beibehalten. 

112, 3 mooxadovueda dé bus glior wir sivas woléusos dè 
ponderégois, xai ix 75 yic juwy avaywejoas. Der sehr harten 
construction wäre abgebolfen, wenn man ôvreç für elvas schreibt, 

Philologus. XXXVI. bd. 2. 16 


242 Thukydides. 


da die Melier schon 94 ihren wunsch den Athenern befreundet 
und neutral zu sein ausgesprochen hatten, und dann xai vor éx 
176 yî streicht. 

Buch VL 


11, 4 und 5 gpac d' ar oi ixi EMAiyreg — tplecde. Dass 
in der aufeinanderfolge der sätze hier etwas gestört sei hat schon 
Bauer bemerkt, und Krüger nimmt an es sei ein satz ausgefallen. 
Wirklich könuen die worte 12 ydo dia nisloxrow — muora 275 
dö&ns dorra sich nicht auf das vorausgehende eì dì oyalziv ner 
zu — imOoivro, sondern nur auf oí êxet "Ellmres — ei pu) ayı- 
xolueda beziehen. Die gehörige gedankenfolge wird aber so her- 
zustellen sein: mug 0 av ob ixi Eilmes padsota piv èxme- 
mAnypévos elev, e pi àgexolus9a- ta ydo du nslorou navies 
Tousr Savpalopeva xal rà xtigay uora trjg doing dorta' st di 
oqalsiptv rs, Tuyor” av bnegudorieg perà tv Irdade ExsFoirr0. 
oneg vor eis, w Adıyaioı, lc Aaxedasporfovs xai rovc Evp- 
payous nenoydare dia 10 maQg yrwum avıwy og & igoftic3 
10 nourov meosyeyerioda,, xatuggorncartes NOn xai Zixedlas 
ipleode. Das ömeg — menövdare bezieht sich darauf, dass die 
Athener, nachdem ihnen das glück bei Pylos zu theil geworden, 
von den Lakedümoniern anfingen geringer zu denken (xazaggov7- 
oavres) und ihre gedanken nach Sicilien richteten. Das entspricht 
dem ömsgidorseg — in(Jowio der Syrakusier in dem vorausge- 
setzten falle, dass die Athener in Sicilien ein missgeschick treffen 
solite (sì opalstuér v). 

12, 1 xei mize vnîe Muy OÍxciov dv9ads sivo, avalouy. 
Der scholiast hat sivas, während es in vielen handschriften fehlt. 
Man wollte es écivas erklären, aber vom ueurjodes xo? Huds 
abhängig giebt es einen seltsamen sinn: „es sei gerecht dass es 
erlaubt sei“ von einem aus pueurj69as hinzugedachten voullesy ab- 
hängig. Natürlicher wäre sivas mit dfxasov zu verbinden. Doch 
ist elvas, welches in vielen handschriften fehlt, überflüssig und za 
tilgen, da dixasov für dfxasor lori» steht, so dass mau kein vo- 
pulley zu bülfe nehmen muss. 

Im folgenden ole TO TE yevcacdas xalws yonciuor, xai TS 
100 nélaç xvduro, avrür Aöyovg povov mapaogoptvove, 7 xa10p- 
Fwoares yaQ un delav eldévar, 7 nialcariag mov tovs plows 


Thukydides. 243 


Evvamorfoaı. Dass yonospov nur zu wescacdas xaddc passt, 
nicht aber zu dem folgenden, hat Krüger gezeigt und vergeblich 
hat man für das zweite glied dem yoyoysor die bedeutung Evyn9eç 
beizulegen gesucht. Mir scheint mago» nach napacyouérous, wo 
es leicht ausfallen konnte, zu ergänzen, welches sich eignet zur 
schilderung der leichtfertigkeit solcher yuyadeg, wie sie Nikias 
angesehen wissen will, welchen es bei-der hand liegt, d. h. die 
sich nichts daraus machen entweder u. s. w. 

37, 2 naga rocoùrroy ysyvwoxw. Früher wollte ich auch 
wie Herwerden nag’ 0009 ysyvwoxw. Allein jenes drückt die zu- 
versichtlichkeit des urtheils des Athenagoras energischer aus wie 
auch wieder am ende des capitels. 

58, 2 xai of piv aveywenoay. Von Poppos emendation (auf 
die ich auch längst gerathen war) dregwenoar hat merkwürdiger 
weise keiner der neuern herausgeber notiz genommen, und doch ist 
sie nothwendig, weil allein der sachlage angemessen, wie denn 
schon das voraufgehende cre49eîy darauf führt. Jetzt auch Classen, 

64, 3 dxslvovg dé Gadlus To oregateusa roooPadovies zo 
sraugwpars algyosıy. Wegen rd cravowpuri ist 10 orpdruma 
unmöglich und derum tilgt es Stahl. Aber mit recht will Her- . 
werden dafür zo orgaronedov, das natürlich mit einem oravgwpa 
befestigt war. Die es heimlich mit den Athenern haltenden, an- 
geblich aber den Syrakusiern befreundeten Katanäer gaben den 
Syrakusiern, um diese zu täuschen, vor zovs A9nvalouc adallecIas 
and ıwv önkwy èv 17 mode in Katana, woraus folgt, die Athener 
bitten ihre waffen im orgazomedov, im lagerplatze, gelassen und 
begreiflich eine aber keine grosse truppenzahl als bewachung dabei, 
so dass sie des orgatémedoy mit einem angriff auf das cravowua 
leicht einnehmen könnten. Zroaroxedor als lagerplatz lesen wir 
gleich 65, 3. 

67, 1 7 &v 10% ciqureuuuzoc 16 movi palora, &pogwyras 
zugaylyveodas. So interpungiren nach Valla Krüger und Böhme 
natürlicher als Stahl, der podsota mit dem folgenden verbindet 
und das komma nach so»; setzt, vermuthlich verleitet durch Her- 
werdens conjectur zayıora für walsora, aber der begriff der eile 
versteht sich von selbst bei xapay{yveodcu. 

68, 3. Stellet auch vor, dass wir weit von unserm lande 
weg sind und: vor einem nicht befreundeten lande, fyzéva un avtoì 


16* 


244 Thukydides. 


payôueros où xrn0e09e. Ich glaube où, das nach uayoueros leicht 
verloren ging, ist nöthig, da der sinn ist: welches ihr ohne selbst 
zu kämpfen nicht gewinnen werdet. | 

Die feinde halten ihren truppen vor, dass der kampf um das 
vaterland sein werde, gyw dè ors ovx Ev natolde, PE 15 xoaxrstr 
dei 7 un bedtws anoywgeiv. Krüger und Böhme wollen i£ $c 
mit dnoywosiy verbinden, ‘so dass xgatety dei wie dia u£cov stehe. 
Statt einer so gezwungenen erklärung schlage ich vor dè nach 2 
ng einzusetzen, so dass es heisst: wir kämpfen. nicht im vaterlande, 
sondern auf fremdem boden, von welchem aus wir entweder deu 
sieg erringen müssen oder nicht leicht abziehen können. 

69, 3 am ende. In dieser viel versuchten stelle verdient 
Stahl beistimmung, wenn er schreibt et 14 GAÀo Évyxaracrgsyauevos 
éGov aèroïç Unaxovoovias. Nur über die richtigkeit des avzoig, 
das sich auf die Athener bezöge, habe ich zweifel und vermuthe 
avrol, nämlich die vr7x00, der Athener. Sie hoffen nämlich, wenn 
sie den Athenern bei der unterwerfung anderer beistehen, dass sie 
selbst unter der oberherrschaft der Athener, die ihnen ja dank für 
die hülfe schuldeten, milder würden gehalten werden. Dahin führt 
auch die erklärung des schol. Saws — oi “APnvaion noxüregor 
tay Ovvaywvıcaufvay Goyosev. Und uvrof hebt den vortheil her- 
vor, den sie von ihrer hülfleistung erwarteten. 

78, 1 z6v re ’Adnvaior wi) triv 1où Sveaxoctoy Éy9gav xo- 
Adcactas, ty d’ Bug noopuces rà» Exelvov quÂlay oùy Tocov Be- 
foasscacta PovdeoFas. Für gıllav wollte Reiske dovAstav. 
Stahl aber findet in rj» dxeivov yıllar Pefaswod eine bittere 
ironie für éxeivoy xatadovAuceacta:. Aber die ironie, mit unter- 
jochung die freundschaft befestigen ist doch zu stark, und für 
dovAs(ay spricht auch 80, 5 aígsic9e 70m 7 mv avtixa axsvdvvwe 
dovislar. 

89, 6 im Snuoxguriar ye xoi Èyiyvuloxopier of pooroërrés 
ti, xab avıög ovdevdg ay zeigov dow xai 2osdognacips. Hier 
macht 009, wofür einige handschriften 000», viele schwierigkeit. 
Streicht man es, so ergiebt sich der befriedigende sinn: und ich 
selbst könnte sie nicht weniger arg als irgend einer sogar 
schelten; wobei Alkibiades still hinzudenkt: da ich sie durch 
meine verfolgung erfahren. Dieses als allgemein bekannt kann er 
voraussetzen. Und oo oder 500» haben wohl ihren ursprung in 


Thukydides. — 245 


dem nicht zur ausführung gekommenen versuch das verschwiegene 
zu ergänzen. 

92, 8 od imi narelda ovoav Ei Ayovmas vor Bévas, wold 
dì palloy wy ovx oùcuy dvaxtacIas. Herwerden will oÿxér’ 
ovcar,. was zwar sinngemüss, aber doch nach dem vorausgegan- . 
genen ovd’ ini marglda ovcay fn nicht gerade nöthig; jedoch 
Stahl weist otxézs mit dem irrigen grunde ab: sed novam patriam 
Alcibiades recuperare vult, aber avaxıacdıı und bald darauf 
avımy avalaßsiv zeigt, dass vom wiedergewinnen des für ihn ver- 
lornen vaterlandes die rede ist. Allerdings ist der ausdruck, aber 
charakteristisch, ziemlich sophistisch zugespitzt. 


Aarau. R. Rauchenstein. 


Zu Livius. 


Liv. XXXI, 11, 12: iussique polliceri, si quid ei ad fir- 
mandum augendumque regnum opus esse indicasset, enixe id p. K. 
merito eius praestaturum. Dass hier ei fehlerhaft ist, hat Madvig 
nachgewiesen. Aber sein vorschlag eis befriedigt nicht, weil dieser 
dativ überflüssig ist. Der sinn und das auf ei folgende ad führt 
nothwendig auf etiam. Der senat ehrt den könig durch ausge- 
zeichnete geschenke. Wenn der könig aber ausserdem auch 
eine vermehrung seiner macht wünsche, so sei Rom zur 
erfüllung dieses wunsches bereit. 

Liv, XX XIV, 26, 3: Quinctius … misit expeditos pedites equi- 
tesque, qui circa Cylarabim — gymnasium id est minus CCC passus 
ab urbe — cum erumpentibus a porta Lacedaemoniis praelium 
commiserunt. Der ausdruck a porta erumpere ist eine ungeheuer- 
lichkeit, da porta in verbindung mit verben des gehens von den 
Lateinern als instrumentalis behandelt wurde. Ganz verschieden 
ist e. 28, 9: tum ab oppido, eodem quo pridie eruperant tu- 
mulu, pluribus simul locis erumpunt. Ist a porta möglich, dann 
ist auch a pluribus locis erlaubt! Ebenso natürlich wie ab 
oppido ist XLIII, 23, A ab Antigonea erupit. Es ist also ea 
porta zu corrigiren. | 

Darmstadt. A. Weidner. 


XI. 


Demosthenes’ staatsreden. 
l.. 


Wenn Rehdantz von einer einleitung in das studium von De- 
mosthenes’ staatsreden fordert, dass sie den leser. auf den stand- 
punkt stellt, welchen der hörer unmittelbar vor beginn der reden 
einnahm , so glauben wir diesen satz dahin erweitern zu dürfen, 
dass wir sagen: aufgabe der erklärung ist es, dem leser die mög- 
lichkeit zu verschaffen, nicht allein die kunst und die gedanken des 
Demosthenes zu verstehen, sondern sie auch selbständig zu 
beurtheilen, wie wir glauben dass ein selbständiger denkender 
zuhörer sie beurtheilen konnte oder musste. Wir haben aber leider 
keine sicheren quellen, welche uns das verständniss der politischen 
verhältnisse Athens zur zeit des Demosthenes olıne gefahr der täu- 
schung eröffnen könnten, sondern die hauptquelle sind die reden 
des Demosthenes, und Demosthenes war kein h istoriker, son- 
dern parteiredner. 

Die alte überlieferung und die neuere geschichtsauffassung 
sind von dem urtheil des Demosthenes heeinflusst, so dass in ihnen 
wohl die anschauung der politischen verhältnisse zur geltung kommt, 
wie sie Demosthenes vertrat, nicht aber die auffassung und die be- 
strebungen der gegenpartei. Diese aber offenbart sich uns nur in 
zwei schwachen, von anderen tendenzen getrübten reden des Ae- 
schines. Und doch lehren uns die parlamentarischen debatten der 
gegenwart, wie unumgänglich für die beurtheilung. politischer be- 
strebungen und zustände des audiatur et altera pars ist. Es bleibt 








Demosthenes, 247 


uns also die aufgabe, die gedanken der gegenpartei des 
Demosthenes durch conjektur zu reconstruiren, 
Gliicklicherweise gibt es eine reihe von thatsachen, welche theils 
aus andern quellen theils durch Demesthenes selbst verbürgt als 
feststehend angenommen werden können. Von diesen nackten that- 
sachen müssen wir die innere verbindung derselben oder ihre beur- 
theilung abziehen. 

Demosthenes bleibt natürlich immer im vortheil, Seine an- 
schauung liegt uns von ihm selbst mit uniibertrefflicher kunst aus- 
geprägt klar vor augen; die bestrebungen der gegenpartei können 
wir uns nur aus den reden des feindes mübsam reconstruiren. Dazu 
bedarf es einer kritisch-politischea untersuchung nicht nur der 
reden, sondern fast aller einzelnen gedanken und 
urtheile des Demosthenes. Diese arbeit ist peinlich, für 
viele vielleicht austössig, weil nicht wenige noch immer geneigt 
sind, in Demosthenes eine gewisse moralische und politische infal- 
Mbilitit zu finden wegen seiner künstlerischen und ästhetischen 
vortrefflichkeit. Ist es mir selbst doch noch nie gelungen, die 
ganze rede de corona mit küblem prüfenden blicke zu verfolgen: 
se hinreissend ist die ideale begeisterung des redners! dennoch 
darf diese peinliche untersuchung nicht umgangen werden, denn sie . 
allein ist die grundlage eines historischen verständnisses. 

L. Spengel hat bekanntlich den anfang zu einer solchen prü- 
fung des Demosthenes unternommen, und wenn auch bis jetzt fast 
alle erklärer und kritiker sich gegen Spengels resultate ablehnend 
verhalten haben, so erkennt man doch z. b. aus einer vergleichung 
von Westermanns und E. Müllers einleitung zur achten rede des 
Demosthenes leicht die berechtigung und das verdienstliche jener 
untersuchungen, Weit entfernt bei L. Spengel mässigung im ur- 
theil zu vermissen, wie A. Westermann an ibm tadelte !), müssen 
wir vielmehr bekennen, dass Spengels kritik uns nicht scharf und 
eingreifend genug erscheint. Den ausgangspunkt unserer unter- 
suchung bildet naturgemüss die erste philippische rede. 

In dem proömium, mit welchem der redner Solons gesetz über 
die reihenfolge der sprecher in der volksversammlung ?) klug zu 
umgehen weiss, finden wir den gedanken: die gegner seien schuld, 


1) Ausgewühlte reden des Demosthenes bd. II 7n. | 
2) Vgl. Aesch. I, 25 und meine bemerkung zu III, 4. 


248 Demosthenes. 


dass der krieg mit Philipp noch immer auf der tagesordnung stehe; 
denn hätten sie früher richtigen rath ertheilt, so wäre die jetzige 
berathung nicht mehr nóthig *). Mit diesem urtheil, welches nur 
im munde des sprechers der opposition verständlich ist, soll das 
vorschnelle auftreten des jugendlichen redners (xoà HOWTOS avaorac) 
motivirt werden. Wer so spricht, lässt erwarten, dass er ein 
mittel in bereitschaft hat, durch welches die politische lage sofort 
eine neue ungeabnte wendung erhalten muss. 

Worin besteht nun dieses radicalmittel? Zunächst (8. 2—12) 
hören wir freilich nur allgemeine betrachtungen, welche den Athe- 
nern damals unmöglich neu und überraschend sein konnten. Das 
volk brauche nicht muthlos zu werden, denn wenn es bisher nur 
eine reihe von verlusten erlitten, so seien diese eben doch nur 
möglich gewesen, weil das volk nichts zur abwehr gethan habe. 
Diese äusserung, welche wir selbst noch in der dritten philippi- 
schen rede wiederholt finden *), ist ein leeres sophisma, welches 
der wahrheit entbehri. Athen hatte im verhältniss zu seinen 
kräften und mitteln beträchtliche opfer gebracht °),. aber sie er- 
wiesen sich als unzureichend, weil die kriegsverfassung °) Athens 
überlebt und die geographischen verhältoisse ") zu ungünstig waren. 
Dazu kommt dass eine seemacht eine stärkere landmacht niemals 
mit erfolg bekämpfen kann, zumal wenn sie aus weiter ferne 
operiren muss) Zur ermuthigung seiner mitbürger erinnert der 
redner an die erfolge Athens gegen Sparta im korinthischen und 
böotischen krieg (2.3). Allein das gewählte beispiel ist für jenen 
zweck wenig zutreffend. Denn erstens war Sparta damals nicht 
so stark als Philipp und dazu von der natur weniger begünstigt, 
während jetzt Athens besitzungen dem feinde auf der landseite 
offen standen und von der seeseite aus nur schwer vertheidigt 


3) Vgl. & 33: d» vuère negicyn tà yojuara — —, navc:oì dei 
xpi vay almiv fovdivopsros xc) nlier ovdiv nosevriss. 
5) Aesch. II. ?1. 


6) S. $. 36 Thuc. VII, esdirus dc rio diywar nlsica; 
“TE dr drsdidacao pria wegen der arndieus! ne 


Interessant sind „dio worte des feldherrn Demosthenes bei anne. 





Demosthenes. 249 


werden konnten. Zweitens hatte Athen im kampfe gegen Sparta 
bundesgenossen, welche zum theil mächtiger als Athen selbst waren. 


Den einwurf, dass Philipp schwer für Athen zu bekriegen 
sei, kennt auch Demosthenes (2. 4)?), glaubt ibn aber mit leicht- 
fertiger sophistik beseitigen zu können, indem er sagt: die macht 
Philipps habe nichts zu bedeuten, denn die festen plätze, welche er 
jetzt besitze, seien ja doch einst in Athens gewalt gewesen, wie 
auch viele früher freie vôlkerschaften die bundesgenossenschaft 
Athens vorgezogen hütten. Wenn also Philipp die Athener für 
gefährliche feinde gehalten hätte, so wäre er nicht zur entwicklung 
seiner jetzigen macht gelangt. Er habe vielmehr energisch den 
krieg aufgenommen, weil er wusste, dass alle jene festen plütze 
und verbindungen der preis eines energischen handelus sein würden. 
Dass durch solches rüsonnement der vernünftige einwurf der gegner 
nur umgangen, nicht widerlegt ist, liegt auf der hand. 


Die gegner konnten den umgekehrten schluss ziehen: Athen 
babe für die wiedereroberung von Amphipolis viele opfer gebracht 
und dennoch sei das heiss ersehnte ziel nicht erreicht worden, 
weil die krüfte des staates nicht ausreichten, die nachtheile der 
geographischen verhältnisse auszugleichen. Um wie viel unwahr- 
scheinlicher sei jetzt ein erfolg gegen den viel müchtigeren feind, 
wenn nicht einmal die bezwingung einer einzigen stadt möglich war! 


Demosthenes kommt nun zu folgender conclusion (2.7): wenn 
also nur jeder bürger seine schuldigkeit thun und der staat sich 
aufraffen wolle, so würde mit sicherheit alles verlorne wieder 
gewonnen werden: ta tpéreg’ avr)» xopustode xai ta xateoggdv- 
papera nov avalnweods xuxeivov tiuweroecde. In der that 
ein grosses versprechen, eine herrliche aussicht für den gebeugten 
staat. Aber mit welchen mitteln sollten so grosse erfolge er- 
reicht werden? Denn das „aufraffen“ ist praktisch beurtheilt ja 
doch nur eine phrase, ein verhüllender formbegriff!?)! Hören wir 
also! Denn — heisst es — Philipp ist ja kein gott, dessen 
glück unabänderlich feststände, hass, furcht und neid umlagern auch 


9) Rehdantz irrt, wenn er die schwierigkeit des widerstandes auf 
eine augenblickliche überlegenheit Philipps beschränkt. 

10) Dass es dem Demosthenes mit seinem herrlichen versprechen 
nicht ernst ist, zeigt 8. 14: où yag |d» sd y' jdy yeyıynulva 35 vere 
Bondeia xwivoar dunndssuev. | | 


250 Demosthenes. 


ibn! Alle menschlichen unglücksfälle können auch ihn’ treffen! 
Jetzt scheint sich freilich mancher gegen ihn nicht zu erheben, weil 
Athen nicht mit energischem willen zur seite steht, aber diese 
energielosigkeit darf nur in thatkraft sich umsetzen — und alles 
wird sofort sich ändern! Das sind idealistische redensarten, ge- 
knüpft an ein unsicheres „wenn“, worte welche nur dann bedeu- 
tung haben, wenn eine starke reale macht vorhanden ist, welche 
jenen nachdruck geben könnte, die aber sofort hinfällig werden, 
wenn die kräfte fehlen. 

Wir müssen also zusehen, welche reale macht Demo- 
sthenes aufstellen zu können glaubt. Ehe er jedoch diesen 
schritt thut, fährt er in seiner philosophischen betrachtung fort und 
entwickelt (2. 9), um die thatkraft der Athener zu reizen, dass 
Philipp auf dem gipfel seines übermuths angelangt sei. Seine un- 
ermiidliche geschäftigkeit zwinge zum widerstand. Denn für 
freie männer sei die gefahr der ehre der äusserste zwang. Also 
kräftiger widerstand sei erforderlich! Philipp sei ja nicht so sehr 
durch eigne kraft, als durch Athens unthätigkeit gross geworden ! 
Sei Athen nur immer am platze, so dürfe man vielleicht auch auf 
unberechenbare unfälle Philipps, auf das glück Athens hoffen. 
Ein kühler zuhürer musste, wenn er diese worte hörte, im stillen 
sich sagen: möglich dass unsere regierung nicht immer alle mög- 
liche kraft aufgeboten, möglich auch, dass Philipp, wie er plötzlich 
gross geworden, durch einen zufall plötzlich wieder klein werden 
kann, aber was helfen uns diese stolzen reden, wenn sie nicht in 
einem praktisch ausführbaren antrag gipfeln? Alle reden haben 
nur werth, je nachdem davon mehr oder weniger zur ausführung 
gelangen kann, | 

Demosthenes hat also bis jetzt nichts geleistet, wenn er nicht 
einen ausführbaren vorschlag bringt, dessen ausführung die bekla- 
genswerthe lage des staats völlig zu ändern im stande ist. Das 
proömium und die einleitende betrachtung lassen einen merkwür- 
digen plan erwarten, ja noch 2. 15 finden wir als ziel wörtlich 
bezeichnet: Ews Gv 7 diadvoviueda mesodivteg tov ToAeuov Fj 
meosyerapeda ruv» éyFeuy, eine alternative welche die möglichkeit 
ganz ausser acht lisst, dass Athen auch wider willen zum frieden 
gezwungen werden kann. Aber freilich Demosthenes ist opposi- 
tionsredner und die opposition verliert sofort ihre schwingen, so 





Demosthenes. 251 


wie sie zur prosa der praktischen wirklichkeit herabsteigt. Der 
redner fühlt denn auch recht wohl, dass sein vorschlag den er- 
regten erwartungen nicht entsprechen kann. Er bevorwortet des- 
balb seinen plan in einer prodiorthose (2. 13— 15): sein plan 
entspreche vielleicht vieler erwartungen nicht, aber jeder vorschlag 
müsse sich den vorhandenen mitteln anbequemen. Nicht die grösse 
des versprechens, sondern die finanzielle sicherheit garantire die 
ausführung und den erfolg. 


Ganz recht! Aber warum erregt denn der redner selbst so 
grosse erwartungen? Warum sagt er selbst (2. 15): 7 ud oiv 
éxocycOic oùrw peydin, 10 dì soüyu' nin tov Eleyyoy duce, 
xQsra) Ó' bpeîc Eceode? Die staatsmänner Athens hatten eben 
bisher auch nur gethan, was die finanzen, die wehrkraft und die 
kriegsverfassung des staats und die wmangreifbarkeit des feinds ge- 
statteten. Zunächst (2. 16) wünscht der redner die mobilisirnng 
von funfzig kriegsschiffen und eines entsprechenden bürgercontin- 
gents. Aber den antrag dazu wagt er doch nicht zu stellen (s. 
à. 18), denn die herrschende geldnoth ist eben ein unübersteig- 
liches hinderniss, s. 2. 23: zovavınv ui» did tavta, On ovx Eve 
vU» Quir rmoglcacdas divaur tiv ixe(vo nagatatopévny. Der 
antrag würde auch nichts neues enihalten, denn solche grössere 
expeditionen sind auch im verlaufe dieses krieges öfter unternom- 
men worden !!). 

Es begnügt sich also Demosthenes mit einem söldnerheer, 
dem sich wenige bürger anschliessen sollen, — im ganzen 2000 
mann, darunter 500 bürger, und 200 reiter, darunter 50 biirger! 
Dazu ein geschwader von zehn kriegsschiffen! Eine solche macht 
konnte freilich die kriegslage nicht ändern, sie konnte den feind 
nicht einmal belästigen, weil ihr bestand voraussichtlich nicht von 
langer dauer war. Denn man höre und staune! Demosthenes, der 
heftige gegner der bisherigen schlaffen kriegsführung, wagt nicht 
einmal den sold für jene söldner zu fordern, es ist ihm genug, 
wenn sie die verpflegungsgelder erhalten (2. 20. 23), weil eben 
der staat und die bürgerschaft kein geld hat (2. 23)! Er begeht 
zwar die täuschung, dass er wiederholt von der leistung des solds 
spricht (2. 24), aber später, wo er die geldmittel bespricht, muss 


11) Vgl Rehdaniz zu §. 19. 


252 Demosthenes. 


er bekennen, dass es genug ist, wenn das osınp&osoy bezahlt wird 
(9. 29), und dass man dann erwarten darf, dass das heer sich den 
sold (psc90» èv1547) selbst verschafft, — ohne natürlich einen der 
bundesgenossen zu belästigen! Ja in prahlerischer weise fügt der 
redner hinzu: er wolle selbst mitfahren und mit seinem leben für 
den erfolg einstehen! Sieht das nicht Gambetta täuschend ähn- 
lich? Und doch welche verblendung ! Kurz vorher (2. 24) heisst 
es: elxdtws* ov yàg tor’ ügyes un didovın pssdor! Jetzt soll 
das heer plündern, — wor £yee» psoDdy évredy ! 

So viel konnte und musste Demosthenes wissen, dass es für 
das heer leichter war, die eigenen bundesgenossen als Philipps 
staaten zu plündern, und dass die söldner sich gegen die bundes- 
genossen wenden 'mussten, wenn Philipp, wie es zu erwarten 
war, seine länder mit umsicht und energie vertheidigte. Merk- 
würdig ist es, dass auch das oszygécroy nur für ein jahr be- 
rechnet wird, während doch diese ausgabe eine reihe von jahren 
ertragen werden musste, wenn das heer als ovveyég oder ovve— 
6rnxög bestand und wirkung haben sollte. In ermangelung genü- 
genden solds für die söldner weiss Demosthenes noch anderen rath: 
zur aufsicht” über die truppen und zur controle der kriegsleitung 
(Énónzag ray ocrgamyovytrwr) sollen bürger mit ins feld ziehen, 
‘ die bürgersoldaten sollen zugleich zeugen der kriegsführung und 
nach hause wieder zurückgekehrt richter über die feldherrn wer- 
den (è. 47). Officiere unserer zeit würden einen solchen vor- 
schlag als eine ausgeburt demokratischer raserei bezeichnen. Und 
dass er auch für Athen nur unglück herbeiführen konnte, zeigt 
uns die wehmiithige klage des vor Syrakus verzweifelnden 
Nikias 1%), 

Ein staatsmann, welcher vor eine so traurige wirklichkeit 
gestellt ist, dass er zur bekämpfung des feindes grössere und bes- 
sere mittel nicht mehr vorschlagen kann, wird, wenn es ihm ernst- 
lich um das wohl seines vaterlandes zu thun ist, nicht von krieg 
und rache poltern, sondern seinen bürgern den ernsten rath er- 


12) Thuc. VII, 48: it av dv no sù Aéyev diafdllos, tx tote 
avroòs nei0s0da», ja dieselben soldaten, welche jetzt die belagerung 
aufgehoben wissen wollten, würden nach Athen zurückgekehrt 
schreien: ds Uno yonudiwr xarangodörsss oi orpamyos dnnidor. Dazu 
VII, 14: roûroy dì ndvrwy Gnopussarov vo un olóv Y sivas saüra (unord- 
nungen) uoi xwltoas ni orgamyo, yalenaı ydo ai dutraoas goes äpkas. 


Demosthenes. 253 


theilen, augenblicklich einen möglichst günstigen frieden zu schlie- 
ssen. Solche staatsmänner hat es damals zu Athen auch gegeben; 
Demosthenes nennt sie nach dem sprachgebrauch tyrannischer dema- 
gogen, verräther. Für uns ist die ganze rede des Demosthenes 
ein schlagender. beweis, dass der 346 erfolgte friede für Athen 
bereits 351/50 eine nothwendigkeit war. Es ist nicht ohne inte- 
resse zu sehen, dass Demosthenes, so lange er praktische vor- 
schläge vorträgt, recht bescheidene erwartungen hegt, gegen den 
schluss der rede aber, wo er das praktische wieder aus dem auge 
verliert, sich in den stolzesten versprechungen ergeht, s. è. 33: 
d» ravra moolonte ta yQuura, muvcecd” dei ep Tüv ave 
Boulevouervos, also genau so prablerisch wie in der einleitung. 
Ferner: Philipp wird den besten theil seiner einkünfte verlieren, 
denn er wird nicht mehr erpressungen von den athenischen bun- 
desgenossen erheben können (2. 34), die athenische macht wird 
immer zur rechten zeit am platze sein (2. 36) u. s. w. Dann 
folgt die weise erinnerung, dass eine kriegführende macht im rathe 
und im feld sich vom feinde nicht am gängelbande herumführen 
lassen dürfe (2. 39); endlich die ungeheuerlichkeit, dass Athen 
die meisten trieren, hopliten, reiter und staatseinkünfte besitze, 
eine hehauptung, welche gegenüber dem armseligen vorschlag des 
Demosthenes wie der aufputz im narrenspiel aussieht, — wenn 
nur diese art prahlerischer überhebung nicht einen tiefen blick in 
die gewisseulose leichtfertigkeit gewisser athenischer demagogen 
eröffnete! Wenn daher der redner (2. 42) gott dankt, dass er 
Philipp so geschäftig und thütig sein lasse, denn würde er ruhe 
halten, so würden die Athener ihm das entrissene gut ungestürt 
lassen, so können wir in diesen worten nur muthwillige überhe- 
bung finden. 

Als am schluss der rede auf die unwillige frage: ovx mi 
rv Éxelrou nÀtvcoptÓa, ein verständiger mann fragte, wo er denn 
glaube dass man in Makedonien landen könne, antwortet der redner 
wenig strategisch, aber um so mehr demagogisch: ev070 za 
cudod wy éexelvov meaypatwy avrog 0 xokeuoç! Das sind 
phrasen! Staatsmann und feldherr müssen wissen, wo und wie sie 
eine macht verwenden können, — der demagog kann auf r0 ray 
dev eüptric xai ro Tic 14x15 hoffen, der staatsmann muss klare 
ziele vor augen haben. Die eigenen bundesgenossen Athens waren 


, 


254 Demostbenes, 


leider in steter todesangst vor den athenischen süldnern (Q. 45). 
Würde Demosthenes antrag diese sachlage geändert haben? Es 
ist bekannt, wie Demosthenes schliesslich sein ersehntes ziel durch 
den banditenführer Diopeithes erreicht hat; es ist aber auch be- 
kannt, wie verrufen diese räuberbande bei Hellenen und barbaren 
gewesen ist, so dass es selbst Demosthenes schwer wurde, ihre 
rüuberthaten mit dem mantel seiner sophistischen rhetorik zu 
verhüllen ! 

Ich übergehe 2. 47, denn er richtet sich von selbst, und be- 
merke nur zum schluss, dass das moóc yagsy Aéyewv !*) niemand 
besser als Demosthenes zu üben verstanden hat. Denn was anders 
bezweckt die stetige wiederbolung des grundthema's, dass die 
Athener alles kónnten wenn sie nur wollten, als die eitelkeit der 
volksmasse zu stacheln ? 


Wie fast alle hellenischen stüdte, so war auch Olynthos 
von zwei schroff einander gegenüber stehenden parteien zerrissen. 
Die friedenspartei suchte und fand das wohl des vaterlandes im 
treuen anschluss an Makedonien, die demokratische oder patriotische 
partei dagegen sah mit misstrauen auf die entwicklung der make- 
donischen macht, mit stolz und geringschützung auf den uneben- 
bürtigen barbaren 14). Die führer dieser partei hofften im bunde 
mit Athen den unbequemen nachbar bezwingen und seine macht 
sich selbst übertragen zu können. Schon 357 knüpften sie unter- 
handlungen in Athen an, aber erst 353/52 setzten sie es durch, 
dass die gemeinde, im widerspruch zu den mit Philipp eingegan- 
genen verpflichtungen, einseitig mit Athen frieden schloss; ja es 
unterhandelten bereits abgesandte, wie es scheint ohne auftrag 
ihrer gemeinde, ein bündniss gegen Philipp 15). 

Es dauerte nicht lange, -so wurde Olynth der sammelpunkt 
aller uozufriedenen und der herd der verschwürung gegen die be- 
stehende monarchie in Makedonien 19). Philipp versuchte alle mittel 


18) Hieher gehören die beliebten &usserungen über die rvyy 
Athens, wie 8. 12, oder 8. 7: xdxsivov nuwopñoso9s x1. 
i Vgl. Dem. IX, 56 und XXIII, 108. 
15) Dem. XXIII, 109: wod spuds pilous nenoinvras, gaci di xai 
cvupudyove noujoio9a:. 
. 16) Justin. VIII, 8, 10. Vgl. Dem. XXIII, 109. 


€ 
* 


Demosthenes. 255 


der güte und überredung, um den ausbruch des krieges zu ver- 
hindern, er rechnete auf den wechselnden einfluss der zeit und der 
parteien. Und es scheint, als ob in den jahren 351—350 die 
stimme der patrioten zum schweigen gebracht wurde 17). Aber die 
hetzereien von Athen aus schürten immer wieder das feuer, so 
dass schliesslich Philipp sich gezwungen sah, zu den waffen zu 
greifen 349/348 15). Dieser augenblick war für Athen von ent- 
scheidender bedeutung. Die unterhandlungen einflussreicher staate- 
männer und das eigene interesse verpflichteten zu kräftiger und 
ausdauernder hülfeleistung. Besser war es für Athen, wenn Olynth 
im frieden mit Philipp blieb, als neutrale macht zwischen Make- 
donien und ‘Athen; nachdem aber der krieg ausgebrochen war, 
musste der fall jener stadt für Athen selbst zur empfindlichsten 
niederlage werden. Demosthenes hat dieser stimmung den beredte- 
sten ausdruck verliehen; sein kriegseifer ist bier am rechten ort, 
und doch müssen wir gestehen, dass wir auch in den olynthischen 
reden grosse politische weisheit oder auch nur praktische rath- 
schläge nicht zu finden vermögen. Wir wollen deshalb die I. und 
ll. rede untersuchen und dabei die einwendungen andeuten, welche 
politische gegner machen konnten und mussten. 

In dem exordium der I. rede lehnt Demosthenes einen wohl 
durchdachten plan von sieh ab und motivirt sein auftreten mit 
der versicherung, dass redner und volk doch wohl auf das 
bekannte glück Athens bauen dürften, welches nicht selten auch 
dem stegreifredner einen klugen gedanken offenbare 1°). Blicken 
wir nun auf den ernst der lage, so klingen diese worte wie 
eine frivole schmeichelei gegen die volksmasse. Doch wir 
sehen davon ab und fragen, worin bestehen denn jene wichtigen 
sachgemässen gedanken (770420 iv deoviwr), welche der redner 
in aussicht gestellt hat? Er beginnt mit der mahnung, die bürger 
müssten persönlich eingreifen, wenn es ihnen ernstlich um die 
rettung Olynths zu thun sei. Die geforderte hülfe müsse sofort 
beschlossen und die ausrüstung aufs schnellste bewerkstelligt, unter- 
dessen aber eine botschaft abgeordnet werden, um diesen beschluss 


17) Vgl. Dem. IX, 56 und LIX, 91. 

18) Vgl. Diod. XVI, 53. | 

19) Die gegebene erklärung halte ich mit Weil, les harangues de 
Démosthène p. 115, für die allein zulässige auffassung. 


256 Demosthenes. 


den Olynthiern zu melden. Die kürze der darstellung und die lage 
der dinge £wingen zu der annabme, dass dieser antrag nicht neu 
und unerhört war, höchstens dass die absendung einer gesandtschaft 
ein origineller gedanke des Demosthenes sein könnte. Aber wäre 
dies der fall, so würde dieser punkt doch stärker hervorgehoben 
werden. Immerhin ist es diese seite des antrags, welche wenig- 
stens motivirt wird. Warum also eine gesandtschaft? Es ist 
nämlich zu füchten, dass noch vor dem auszug der Athener Philipps 
diplomatische kunst einen entscheidenden vorsprung gewinnt ! 
Gleichwohl, heisst es weiter, sei ein friedliches abkommen Olynths 
mit Philipp nicht zu befürchten. Denn wenn auch der könig den 
frieden wünsche, so wüssten doch die Olynthier, dass es sich jetzt 
um sein oder nichtsein handle. Nur zu deutlich spreche das bei- 
spiel von Amphipolis und Pydna; überhaupt seien republik und 
monarchie auf die dauer neben einander unverträglich 2°), 

Wenn diese entwicklung einen sinn haben soll, so muss man 
annehmen, dass damals in Athen-nicht wenige dem ernsten willen 
Olynths, sich der kriegspartei zu überlassen und den kampf auf 
tod und leben auszufechten, noch immer misstrauten. Auch geht 
daraus hervor, dass nicht Philipp der friedensstörer war, sondern 
dass wir die veranlassung zum krieg in den umtrieben der volks- 
partei zu suchen haben?!) Die Athener müssten also, fährt der 
redner fort, allen nur möglichen eifer zeigen, durch zahlung von 
kriegssteuern und hereitwilligkeit zum persönlichen felddienst. : Sei 
ja doch der alte wunsch und plan, Olynth mit Philipp in krieg zu 
versetzen, jetzt von selbst zur wirklichkeit geworden, ohne alles 
zuthun von Athen. Es war also früher in Olynth von Athen aus 
viel gehetzt und geschürt worden, und mochte die unmittelbare 


20) Von einer &usserung, wie wir sie Demosth. IX, 11 lesen: 
Olordios vertagdxovd anéyur rig nôlsws oridıa sinev on dii dvoiy 9d- 
zagov, Àj bxsivovc iv Olóv9o un olxsiv 7 adtóv iy Maxsdoria, findet sich 
in den drei olynthischen reden keine spur. Es scheint überhaupt, 
dass diese reden s&mmtlich noch lange vor dem schliesslichen angriff 
auf die stadt Olynth selbst gehalten worden sind; denn I, 17 heisst 
es ausdrücklich: mp 16 méodesc Toig 'OlevOíog cubes, so dass also 
Olynth selbst noch nicht in gefahr sein konnte, wnd in or. II—III 
zeigt sich die situation nicht wesentlich verändert, wenn auch die 
forderung des Demosthenes in or. III heftiger auftritt. 

21) Vgl. Dem. IX, 11: navre zöv Edloy yodvov, slug adroyv alna- 
Casto n tOrottOY, dyavazuiy xai Roofers niunuv ToU; dnodoyyoopivove. 
Das war also keine verstellung! 


pi 


Demosthenes. 257 


veranlassung zum krieg jetzt auch eine andre sein, die beständigen 
einflüsterungen athenischer staatsmänner hatten doch sicher die 
spannung zwischen Olynth und Philipp genährt und gesteigert. 

Der redner wendet sich nun zu beispielen, um die folgen zu 
zeigen, welche es haben muss, wenn die benutzung des rechten 
augenblicks versäumt wird. Es ist indessen nicht wahrscheinlich, 
dass Hierax und Stratokles die auslieferung ihrer stadt an Athen 
im namen der bürgerschaft anboten. Wäre dies der fall gewesen, 
so konnte Athen das anerbieten nicht ablehnen. Der angriff Phi- 
lipps wäre gegenstandlos gewesen, so dass, wenn er die belage- 
rung fortsetzte, er nur seine geheime absicht blos gelegt hatte. 
So einfach also, wie Demosthenes es schildert, war die lage nicht. 
Es entstand vielmehr für Athen damals die frage, ob es der auf- 
forderung der ‘antimakedonischen partei in Amphipolis 33) das vor 
kurzem mit Philipp geschlossene bündniss opfern und den kaum 
beendigten krieg wieder aufnehmen sollte. Eine kühne behauptung 
ist es, dass, wenn den städten Pydna, Potidäa, Methone und Pa- 
gasä zur rechten zeit hülfe geleistet worden wäre, die besitzer- 
greifung dieser plätze durch Philipp leicht hätte vereitelt werden 
können. Der redner vergisst dabei nicht nur der schwächung 
Athens durch den bundesgenossenkrieg, sondern auch der thatsache, 
dass wobl Philipp zu lande den angriff beginnen, unterlassen und 
wieder aufnehmen konnte, wenn er wollte, die flotte der Athener 
aber unmöglich von jedem orte und zu jeder zeit eintreffen konnte, 
wenn es die umstände erforderten, zumal da die organisation der 
athenischen flotte nun einmal auf der umständlichen trierarchie be- 
ruhte, welche zu den elementaren hindernissen noch die umständ- 
lichkeit der vermögens - prozesse gesellte. Es ist unmöglich, dass 
eine flotte ein streitobject auf die dauer schützt, wenn dieses auf 
der landseite des gegners liegt, welcher eine starke landmacht 
besitzt. Diese naturnothwendigkeit hat Demoathenes leider niemals 
begriffen. Wir können also auch die folgerung nicht anerkennen, 
dass Philipp nur Athens saumseligkeit seine macht verdanke. Uns 
erscheint dies nur als eine äusserung des mgdc ndovnv Aéyew. 
Wenn je ein fürst, so ist Philipp unter den schwierigsten 


22) Diod. XVI, 8: (BDilsnnos) sods wiv dlorçios nods aùròv dia- 
xesuévovs iqvyddtoae, toc d' &lloss yılavdouinwg nooonvéydy, nach der 
eroberung der stadt. 


Philologus. XXXVI. bd. 2. 17 


258 Demosthenes. 


verhälinissen durch eigene umsicht und thatkraft gross ge- 
worden #5),  . 

Der olyuthische krieg war jetzt freilich für Athen ein vor- 
theil, nachdem einmal der krieg um Amphipolis begonnen und noch 
immer aussichtslos war. Wäre das aber nicht der fall gewesen, 
so blieb es eine thorheit, um Olynths willen sich mit Philipp zu 
verfeinden. Denn aus den 2. 9 erwähnten beispielen musste ein 
ruhig denkender staatsmann die folgerung ziehen, dass nach den 
vorhandenen militärischen und geographischen verhältnissen auch 
Olynths widerstand schliesslich ohne alle aussicht auf erfolg sei. 
Darum kann das 2. 10—11 ausgeführte gleichniss, welches an 
sich zwecklos ist, nur als äusserung der volksschmeichelei erschei- 
nen: war ja doch im besten fall eine wirkliche niederlage Philipps 
nicht zu hoffen! Und nur eine niederlage Philipps hätte das ver- 
lorne wieder gut machen können! Mit 2. 12 wendet sich der 
redner zu dem schreckgespenst, dass, wenn Olynth falle, Philipp 
schliesslich alles, also auch Attika, offen stehe. Dieser gedanke 
wird zum überfluss in der rede dreimal wiederholt. Die gegner 
konnten darauf erwiedern: wenn Athen keine festere schutzmauer 
zu vertheidigen habe, so könne es nichts besseres mehr thun, als 
mit Philipp frieden schliessen. Denn verloren ist der staat, dessen 
sicherheit und freiheit auf fremdem willen und fremder macht be- 
ruht! Aber wozu überhaupt solche reden? Die bereitwilligkeit 
zur hülfeleistung war ja vorhanden! Wo bleibt der dem Demo- 
sthenes von Athens tyche geoffenbarte gedanke? Davon hören 
wir nichts, statt dessen schildert uns der redner in meisterhafter 
skizze die unermüdliche thätigkeit Philipps. Unlogisch ist Q. 14 
der schluss, welcher daraus gezogen wird, zo zQoís09as xa9* 
Éxacrov cl! Ts 10v zQoyudzuv cg GAvosredéc, so einfach er auch 
klingen mag. Ja wenn Athen landschaften wie Thrakien und 
Thessalien erobern und behaupten konnte, also auch erobern und 
behaupten musste, dann freilich war jede fahrlässigkeit hierin eine 
politische sünde; wenn aber die frühere wie die nüchste vergan- 
genheit die unmöglichkeit und unausführbarkeit einer solchen kriegs- 
politik nur zu deutlich gelehrt hatte, war es da umgekebrt nicht 
vielmehr ein frevel, die existenz des staates an die verfolgung 


28) Das schönste ehrendenkmal hat Demosthenes selbst Or. XVIII, 
67 dem Philipp gesetzt. Vgl. II, 25. 


Demosthenes. 259 


einer so unglücklichen politik zu setzen? So urtheilte bekanntlich 
Isokrates, und er hatte recht, mochte er auch nur professor sein; 
so urtheilte Platon, dessen politische weisheit für wahnsinn er- 
klären muss, wer die politik des Demosthenes billigen will 24). 
Weiterhin will Demosthenes die unersättlichkeit Philipps beweisen. 
Aber auch dieser beweis ist misslungen. Denn alle bisherigen er- 
oberungen Philipps zeigten nur das bestreben, für sein vaterland 
natürlichere grenzen und lebensbedingungen zu gewinnen, ein wei- 
teres übergreifen über die machtsphäre Makedoniens hinaus, d. h. 
eroberungssucht lag dem könig fern ?°). Hatte er doch noch zu- 
letzt mit ausserordentlicher geduld den frieden mit Olynth gewahrt, 
bis es die aggressiven umtriebe dieser stadt nicht mehr gestatteten. 
Unter allen umständen musste Demosthenes den schluss ziehen, dass 
die schwachen den mächtigen nur mächtiger machen, wenn sie ihu 
unablässig reizen und befehden. An die bemerkung von Philipps 
unersättlicher eroberungssucht wird wieder das gespenst der ge- 
fährdung Attika’s geknüpft, woran sich das schöne gleichniss vom 
leichtsinnigen schuldenmachen anreiht. 


Dagegen konnte bemerkt werden: wenn wirklich Athen selbst 
bedroht erscheine, sei es da nicht besser die kräfte im centrum zur 
abwehr des angriffs zu sammeln als sie auf der peripherie in aus- 
sichtslosen unternehmungen zu vergeuden? . Bankerott und verlust 
des kapitals wird am sichersten herbeigeführt, wenn das geld nach 
einander auf aussichtslose speculationen gesetzt wird ?9). Vermittels 
der Hypophora (2. 16) erinnert sich der redner wieder daran, dass 
er doch einen bestimmten vorschlag versprochen habe. Statt diesen 
aber zu äussern, vernehmen wir zunächst einen unmotivirten tadel 
des volks, welches nicht die früheren leiter der politik, sondern 
immer die letzten antragsteller verantwortlich zu machen pflege. 
Aber das beispiel des Demosthenes selbst zeigt nur zu’ deutlich, 


24) Ich kann Fr. Blass, Attische bereds. II, 83 nicht zugestehen, 
dass des Isokrates panhellenische politik unpraktisch gewesen sei: 
sie war wenigstens klarer wie die des Demosthenes. Ueber Plato’s 
politik vgl. W. Oncken, Staatslehre des Aristoteles I, 106 sqq. 

25) Sehr gut schildert dieses bestreben des königs die rede bei 
Arrian Anab. VII, 9; aber auch Demosthenes selbst IV, 17. 

26) Perikles bei Thuc. I, 141: ab nepsovoias ualloy 7 ai fiasos 
lopopai tote nolusuovs ayiyovam, und Nikias VI, 12: rave dixasov brio 
iud» ivdade avalovv. 


17 * 





260 Demosthenes. 


dass von einer consequenten leitung der athenischen politik, also 
auch von der verantwortlichkeit einer regierungspartei nicht die 
rede sein konnte. Denn wie konnte man von einem mann und 
von einer partei rechenschaft fordern, wenn es jeden augenhlick 
jedem redner möglich war, durch besondere anträge und beschlüsse 
die herrschende richtung zu durchkreuzen? Es war nichts natür- 
licher, als dass auf die urheber solcher massregeln im fall des 
misslingens der tadel fiel. 


Was ist es nun aber, was Demosthenes will? Sein antrag 
bezweckt die absendung eines zweifachen hülfsheeres, zur verthei- 
digung der chalkidischen stüdte und zum angriff auf die eigenen 
besitzungen Philipps. Dieser gedanke ist an sich recht gut, aber 
die begründung, welche Demosthenes giebt, leidet an einem rechen- 
fehler. Denn wie, wenn Philipp ebenfalls eine doppelte und wahr- 
scheinlich stärkere armee aufstellte? Wenn er den angriff auf 
sein eigenthum in defensiver stellung abwehrte und gegen Olynth 
mit aller macht und ausdauer vorging? Konnte Athen an macht- 
entfaltung und ausdauer es Philipp gleichthun? Wie gross sollten 
die beiden hülfsarmeen sein? Wie sollte die aushebung vor sich 
gehen? Wie lange sollten die armeen das feld behaupten und 
woher sollte unterhalt und sold genommen werden? Wo sollte 
die angriffsarmee landen, nach welchem plan sollte sie im feld 
operiren? Auf alle diese nothwendigen fragen erhalten wir keine 
antwort. Und doch kommt es in solchen fragen nicht auf wunsch 
oder willen, sondern auf ausführbarkeit, planmässigkeit und aus- 
dauer an ?)! Wichtiger als die aufstellung der mannschaften war 
die beschaffung der geldmittel. Obne geld, ohne viel geld, und 
zwar für längere dauer, nicht allein für den augenblick, war alles 
reden und handeln nur nebel und dunst, im besten fall ein brillant- 
feuerwerk ohne nachhaltigen erfolg 2°). Demosthenes wendet sich 
(g. 19) auch der geldfrage zu. Aber was soll es heissen, wenn 
er jetzt die rettung aus der noth in der verwendung der staats- 
überschüsse zu kriegsgeldern findet, obne noch dazu einen be- 


, 27) Man vgl. doch z. b. die reden des Perikles bei Thukydides: 
hier findet sich überall bewusste planmässigkeit, nirgends allgemeine 
forderungen ohne bestimmte ziele! 

_ 28) Isoer. V, 15: à uóva (i. e. nÀoUrog xai divapsc) sav Brtoy xci 
neidev xai Bralıcodaı népuxer. | 


Demosthenes. 261 


stimmten und klaren antrag zu wagen? Im glücklichsten fall 
dauerte die ausführung eines neuen gesetzes ein volles jahr; so 
schwerfällig war zu Athen die gesetzgebungsmaschine. Und dann 
fragte es sich immer noch, ob und wie viel überschüsse im augen- 
blick vorhanden waren, während doch das geld zum krieg sofort 
nöthig war. Und konnte man wirklich mit jenen überschüssen 
einen grossen, kostspieligen krieg führen? Jedenfalls war dies 
eine trügerische illusion. 

Wir können also in den äusserungen des Demosthenes, so 
beherzigenswerth sie an sich sein mochten, doch nur eine umge- 
hung der eigentlichen schwierigkeit erkennen. Wer einen festen 
plan mit energie verfolgt, kann unmöglich am schluss seiner ent- 
wicklung sagen: andere schlagen andere massregeln vor, um das 
nöthige geld zu finden, nun wählt, was euch zuträglich und zweck- 
mässig erscheint??)! Ohne deshalb länger bei der so wichtigen 
geldfrage zu verweilen, wendet sich (2. 21) der redner sofort zur 
entwicklung des duvazor, d. h. zu der vorhandenen aussicht auf 
erfolg. Er findet aber diese aussicht nicht etwa in Athens kraft 
und macht, nicht in der stärke der bundesgenossen, nicht in der 
gunst strategischer vortheile, — sondern in der keineswegs gün- 
stigen lage Philipps! Schon dass der könig energischen widerstand 
in Olynth finde, welchen er nicht erwartet habe, sei für ihn nie- 
derschlagend. Offenbar ist dies eine willkührliche ansicht des 
redners ohne reelle basis, veranlasst durch die unglaubliche geduld, 
welche Philipp Olynth gegenüber bewährt hatte. Zweitens sei die 
stimmung Thessaliens für Philipp beunruhigend! Aber wenn ir- 
gendwo, so konnte Philipp in Thessalien auf thatkräftige anhäng- 
lichkeit der weitaus überwiegenden majorität des volkes rechnen. 
Mit gespannter hoffnung erwartete man dort von ihm die endliche 
vernichtung . der tödtlich gehassten Phokier , mit dankbarer begei- 
sterung erinnerte man sich der gemeinsamen kriegesopfer und er- 
folge gegen Onomarchos und die tyrannen. Freilich gab es auch 
hier widerstrebende parteimänner, aber zahl und einfluss derselben 
war gering; auch hier mochte sich das volk die ganze volle frei- 
heit wünschen, aber es wusste auch, dass jeder versuch dieser art 


29) In Perikles’ reden habe ich ein solches schwanken nirgends 
gefunden. Eine moderne volksvertretung würde aus solchen worten 
schliessen, dass es dem antragsteller mit seinem antrag nicht ernst ist. 





262 Demosthenes. 


nur zur knechtschaft unter dem joch der tyrannen und der phoki- 
schen soldatesca führen würde 5), Demosthenes hat sich in unver- 
antwortlicher weise getäuscht, wenn er auf eine revolution der 
Thessalier gegen Philipp rechnete. Unbestreitbar ist es, dass die 
kleinen dynasten im norden und westen Makedoniens der unter- 
werfung unter das machtgebot eines starken königs die volle 
freiheit und unabhängigkeit vorgezogen hätten, aber wenn Demo- 
sthenes hoffnungen auf ihre erhebung setzte, so hätte er doch 
bedenken sollen, dass Philipp bisher mit umsicht und thatkraft alle 
gefahren von jener seite niedergeschlagen hatte. Den „thoren“ 
mag nicht selten das glück zum übermuth verführen, aber Demo- 
sthenes vergisst, dass Philipp durchaus kein thor war, sondern der 
klügste und besonnenste staatsmann seiner zeit. Noch sonderbarer 
ist es, dass Demosthenes aus möglichkeiten, deren verwirk- 
lichung er persönlich wünscht, sofort (2. 24) eine positive dxasefa 
Philipps und einen positiven xasgd¢ der Athener folgert. Natürlich 
sinkt dieser xasgog im folgenden einfach auf die thatsache des 
olynthischen kriegs herab, ed (iA(nmoc Adflow xa9' zd» rorovror 
xargdv xal wddemos yfvorro mods zi xwQo. 

Der schluss bringt die alternative: entweder führt ihr dort 
‚den krieg im lande Philipps oder ihr werdet den krieg in eurem 
eignen lande zu führen und zu kosten haben. Die 'Thebaner und 
Phokier werden den kónig keinen augenblick aufhalten, wenn er 
gegen Attika den durchzug verlangt oder erzwingt. Die wahrheit 
dieses satzes kann nur zugegeben werden, wenn man die demo- 
sthenische politik für die allein mögliche und richtige hält. Das 
geschwächte Athen durfte nur, um sicher zu sein, nicht die unhalt- 
bare stellung einer entscheidenden grossmacht beanspruchen. Aber 
selbst wenn es diese stellung erkümpfen wollte — denn vorhanden 
war sie längst nicht mehr —, so war die frage zu erwägen, ob 
nicht eine weit sicherere schutzwehr gewonnen wurde, wenn man 
die beschäftigung Philipps im norden benutzend alle kraft einsetzte, 
um eine entscheidung des phokischen krieges und damit die siche- 
rung des Thermopylenpasses herbeizuführen. Das resultat der rede 


80) Vgl. Isocr. V, 20: Gerradods bey otras olxsing nods asriv dia- 
261000 nenoinzey 009 ixdoroug aùniv ucdloy ixsivo nova È roic 
cvunoliravouévois, so» de néleay Tür nepi toy rônor Exeivov tds ui» vais 
svepysciass noooreia: XTÀ. 


Demosthenes. 263 


ist also der antrag auf ein doppeltes hiilfscorps, der aber wenig 
motivirt und bestimmt erscheint, und der leise wunsch, dass man 
die theorika zum kriege verwende, womit indessen für den augen- 
blick nichts, für die zukunft wenig gewonnen wird. 


Die zweite rede enthält merkwürdigerweise nichts neues, 
wenn man nicht das Q. 3—4 aufgestellte programm dafür halten 
will, welches mit unverblümten worten erklärt, dass es staatsmän- 
nisch ist, nicht etwa die macht des gegners zu erwägen, was doch 
die grundlage für alle militärischen unternehmungen sein muss, 
sondern möglichst viel schimpf und schande auf das haupt des 
feindes zu geifern! Hätte der redner selbst grund, den gegner 
des lugs und trugs zu zeihen, so müsste er sich doch sagen, dass 
man mit solchen recriminationen nicht krieg führen kann. Krieg- 
führende parteien pflegen ja immer einander zu schmähen und 
zwar um so leidenschaftlicher, je schwächer sie sich fühlen. Es ist 
nur schein, wenn Demosthenes sich gegen den vorwurf der Aos- 
dogta verwahrt, denn im folgenden bringt er doch nicht erwiesene 
thatsachen , sondern bebauptungen ohne beweis. Dieses moralische 
pathos (2. 6), welches fast an Aeschines und Stahl erianert, ist 
dem feinde gegeniiber mitten im kriege ebenso nutzlos als widerlich ! 
Prüfen wir nun die einzelnen vorwiirfe, welche erhoben werden. 
Wenn die Athener 358 sich in geheime unterhandlungen mit Phi- 
lipp einliessen und ibm Pydna für das heiss ersehnte Amphipolis 
anboten, ohne dass sie über die eine oder andere stadt gewalt 
hatten, so war das ihre schuld; der könig hatte nicht die ver- 
pflichtung , den antrag abzuweisen oder eine bindende zusage zu 
machen ?!). Er hat bekanntlich beide städte mit eigner anstren- 
gung und eignen mitteln gewonnen?) War Athen nicht im 
stande, Pydna auszuliefern, so brauchte Philipp jetzt nicht Amphi- 
polis zu übergeben, selbst wenn er eine zusage gemacht hatte. 
Auch das gebot der menschlichkeit musste ihn hindern, die ero- 
berte stadt der leidenschaftlichen wuth der Athener preiszugeben, 
Unter allen umständen trägt in politischen verwicklungen nicht die 
gemüthvolle sentimentalität, sondern thatkräftige vorsicht und um- 
sicht den sieg davon, wie ja anch sonst Demosthenes selbst aner- 


59) Vgl. Theopompus bei Phot. Lex. 588 (507 P). 
32) Vgl. Dem. XX, 63. 


264 Demosthenes, 


kennt 35). Olynth gegenüber hat Philipp sein wort treu gehalten 
und Potidia verblieb dieser stadt, so lange sie treu und daokbar 
eine ehrliche politik beobachtete und nicht der herd aller verschwö- 
rungen gegen den thron von Makedonien ward #). Segensreich 
und erwünscht war Philipps thätigkeit für die Thessaler : er hat 
auch hier alles geleistet, was er je versprochen hatte. Dafür hielt 
auch die grosse masse des volks in schwierigen zeiten treu und 
dankbar zu Makedonien 8%). 

Die hoffaungen des Demosthenes (2. 8) waren deshalb aus- 
sichtslos, weil ihre voraussetzungen falsch waren. Es ist nur ein 
beleg für die von allen rhetoren bereits erkannte Bla 47u00c3évovs 3°), 
wenn er trotz der auffallenden schwäche seiner darlegung sich zu 
der kecken herausforderung versteigt: 7 mag dur rig &uoi dafarw 
xtà. Mit sophistischer kunst stellt der redner die fragen so, dass 
diese bejaht werden konnten, ohne dass deshalb seine beweisführung 
anerkannt wurde. So fällt denn auch der grund zu der morali- 
schen entrüstung, welche wir 2. 9—10 lesen, in sich zusammen. 
Die spüteren ereignisse haben vernehmlich genug geurtheilt. Das 
von Demosthenes ersehnte xzraïîoua ist erfolgt, Philipp wurde er- 
mordet, aber sein werk fiel nicht wie ein luftgebüude zusammen; 
weil es weder ein werk der lüge noch der rhetorik war, sondern 
ein festgekitteter bau, dessen fundamente pflichttreue und thatkraft 
waren. Makedonien und 'Thessalien hielten unverbrüchlich fest zu 
Alexander. Die 2. 11 beantragte gesandtschaft nach Thessalien 
war ohne alle aussicht auf erfolg. Denn bei der wahl zwischen 
Athen und Philipp konnte für nüchterne politiker die entscheidung 
keinen augenblick zweifelhaft sein. 


33) Dem. XXIII, 127: oùx Fen nage rovtosc rois En 3j ToU nlsovsxteiv 
mpoaspéces Low ovdiv obw BéRarov 009 0007, alla dei ToO, dorıs sù 
pooves, qovlarióutvov neossivas, Mi moonscrtógavta xaoTy- 
yoesiv. Thuc. I, 76 erklärt der gesandte Athens: n&o di évenigÿo- 
vov tè Evupigorta tùv ueyiciwv nios sb s(9609os. 

.94) eachtenswerth ist Dem. XXIII, 107: éxsivos Exeivoss Hovidaray 
odyi myexatr anéduxev, nvix Gnootegeiv. oùxéS oles 1° a voneo bui 
Keooofkénns Xeoowngoy® Ghia "góc duas noleudy Xoipare mold’ dva- 
lucas Hoy xai duyndeis av avrog tysw, elmeo èfovij9n, nagidwue x«i 
oùd” énesyeionoey Elo nowiv ovdév. 

35) Justin. XI, 3 womit Arrian Anab. I, 7, 5 und Isocr. V, 20, 
Ep. 2, 20 übereinstimmen. Daher Dem. XVIII, 48: of xarnrvoros 
@stialoi, weil er sich in ihnen bitter getäuscht hatte! 

36) Marcellinus bei Walz Rhet. IV, 511, vgl. zu Aesch. Ctes. 8. 35. 











Demosthenes. 265 


Auch 2. 13 finden wir einen, rechenfehler des Demosthenes. 
Er hofft, dass, wenn sich Athen zur thatkraft aufraffen werde, 
sich das ganze gebäude von Philipps macht, selbst in Makedonien, 
als morsch und faul erweisen werde. Aber die erfüllung jener 
bedingung ist erfahrungsgemäss nicht ausreichend. Dazu gehörte 
nicht allein eine momentane machtentfaltung Athens, sondern ein 
grosser sieg, ähnlich wie der über Sparta bei Leuktra, welcher 
dauernden erfolg verspricht. So leichtfertig wie diese rechnung, 
ebenso einseitig und abgeschmackt erscheint die folgende charak- 
teristik des makedonischen hofes: sie erinnert fast an den yAev- 
aguos, womit Aeschines abkunft und erziehung karrikirt wird, 
nur dass aristophanischer witz in der volksversammlung übler an- 
gebracht ist als vor dem gerichtshof. 

Also Makedoniens militärmacht soll (2. 14) höchstens als 
anhüngsel von Athen oder Olynth bedeutung haben, für sich allein 
aber schwach und hinfällig sein! Aber wo war denn damals in 
Hellas oder in Asien eine grössere und geübtere militärmacht 37)? 
Ein solches urtheil in der volksversammlung ist mehr leichtfertig 
als lächerlich. Unbegreiflich aber ist die behauptung (2. 15), dass 
Philipps interesse und das der Makedonier ganz verschieden sein 
sollen. Makedonien war von natur arm, Philipp hat es reich ge- 
macht; es war schwach und missachtet, Philipp hat es zu ansehen 
und macht erhoben ®®). Ein solches volk sollte in seinem könig 
einen bedrücker sehen, und sollte nicht mit bewunderung und stolz 
auf ibn schauen? Philipp war kein gewöhnlicher eroberer, und 
wäre er es gewesen, so hätte er bei seinen erfolgen eine revo- 
lution in seinem lande so wenig zu fürchten gebraucht, wie Na- 
poleon I, welcher sein volk doch nur als usurpator beherrschte. 
Natürlich, für ehre und ruhm ist auch ein volk nicht unempfänglich. 
Und nun gar die tüchtigkeit und anhänglichkeit des makedonischen 
heeres! Wenn man 2. 17 die leichtfertigen worte liest: wg d’ 
rà rv Ev ovi? ti qweg yeyevnuevwr Tuvög Mxovov, avdgoc 


„ 97) Isocr. V, 197: où iv ruyydvers 1ocaUm» duvapuv xexmuévos, 
conv ovdsic tiv mv Evocinnv xarowenoaviwr, und §. 11: xai mAodroy xai 
dovapıy xexmutvos, Sony ovdsis tiv KAljvor. 

38) Arrian. Anab. VII, 9, 2: ilinnos nupalaßav duas niavitas 
xa) dndoovs — ylauidas uiv óuiv dvi tov dıpdepwv Yopeiv iWoxe, xa- 
niyays d’ ix sv body ic rà nidía, dtroudyovs xataorijoas Toig noogyoi- 
Cos vw» Bapßdowr xt. ° 





266 Demosthenes. 


ovdapwes olov te wevdecIas — ob aber auch urtheilsfähig und 
sachverständig? —, ovdévwy elot Aog, wer erinnerte sich da 
nicht ähnlicher laienurtheile der neueren zeit über die preussische 
armee? Natürlich die makedonischen soldaten waren keine götter, 
aber die fähigkeit einer armee hängt nicht davon ab, sondern von 
der schulung des soldaten, der pflichttreue der offiziere, dem ge- 
horsam aller einzelnen glieder, endlich von der intelligenz der 
führung, welche den grossen organismus belebt und lenkt. Wo 
war damals in Hellas eine armee, welche diesen namen verdiente ? 
Auf die unvernünftigen schmähungen 2. 18 sqq. des näheren ein- 
zugehen, glaube ich dem leser ersparen zu dürfen. Die gelage 
an Philipps hof mochten wohl nicht immer so raffinirt sein wie 
die feinen symposien in Athen, mancher kräftige soldatenscherz 
mochte ein attisches auge und ohr verletzen, möglich auch, dass 
sich dort viele abenteuernde individuen zusammen fanden, deren 
sittlicher ruf zweifelhaft war), — aber werden wir deshalb 
Philipp für einen verkommenen und lasterhaften menschen erklären, 
den gott in das netz der sünde verstrickt hat? Vgl. 2. 20. 
Solche gewissenlose vorwürfe erblassen vor den grossen thaten 
des mannes; Demosthenes selbst verwickelt sich ja in die ärgsten 
widersprüche, wenn er sonst die unglaubliche thatkraft des mannes 
seinen mitbürgern zum beispiel und zur nachahmung vorführt. 


Wenn Demosthenes warten wollte auf die erfüllung des ay 
of re Jeoi Jélwos xal vueis fovAgo9t, so hatte Philipp nichts zu 
befürchten. Denn die götter unterstützen nicht das sittliche pha- 
risäerthum, und dem willen der Athener fehlte die kraft. So 
schön und wohlklingend also das folgende gleichniss (2. 21) sein 
mag, so fehlt ihm hier doch die anwendbarkeit, zumal Demosthenes, 
wenn er wahrhaft reden wollte, statt Ouogos modeuos hätte olxeiog 
modeuos sagen müssen, was er aber nicht zu hoffen wagte. Ohne 
alle bedeutung sind è. 22 die bemerkungen über die evruy{æ Phi- 
lipps. Jeder verständige wird es hier mit Platon halten, welcher 
die söruyla für eine nothwendige folge der goornois erklärt 4°). 


39) Vgl. indessen Isocr. V, 19: Inera xoi Maxsdovay Eyes nege 
adrovy voùs onovdasordrous, En dé xai rev "EAbjvor nollods dv Woss Exsi 
xarosxodbrrns, oùx addtous dvdoas oùd’ Avortove. 

40) Euthyd. 280 A: # copia dpa navsayov ta Nad mosti soc dvdpai- 
zovs. Mit absicht scheint Demosthenes svrvyia, glückliche treffen 





Demosthenes. 267 


Wenn deshalb Demosthenes der zuyn seiner vaterstadt den vorzug 
gibt, so ist diese gesinnung zwar gut patriotisch, aber zur sache 
thut das nichts, so dass die bemerkung doch nur den zweck zu 
haben scheint, dem volke auch etwas angenelimes zu sagen. Denn 
dadurch bahnt sieh der redner den weg zu heftigen vorwürfen 
(8. 23). Hier mag Demosthenes theilweise recht haben, aber wenn 
wir nicht einseitig urtheilen wollen, müssen wir doch auch be- 
denken, dass eben Athen zu kostspieligen kriegen in weiter ferne 
nicht die ausreichenden mitte] besass, abgesehen von der geogra- 
phischen lage und der unsicherheit des flottenkrieges. Was zu 
à. 24 zu bemerken wäre, haben wir bereits zur I. Philippika aus- 
geführt: Athen ist gegen Sparta nur im eigenen Interesse aufge- 
treten, und nicht allein, sondern mit anderen mächten verbündet, 
deren stürke der Athens gleichkam. 

Was ferner der redner 2. 25 äussert, ist nur ein beweis, 
dass Athen die stellung einer grossmacht nicht mehr behaupten 
konnte, nicht aber, dass die regierungspartei, soweit von einer 
solchen die rede sein kann, die schuld trägt (2. 26). Es ist noch 
nicht nachgewiesen, dass seit 357 Athen grösseres hätte leisten 
können, als es wirklich geleistet hat. Nur die unterstützung der 
Phokier und der hass gegen Theben war ein grosser fehler, aber 
doch ein fehler, welcher durch die hellenische kirchthurmspolitik 
seit dem siege bei Leuktra sanctionirt war 41). Die rede schliesst 
mit allgemeinen klagen, welche einer näheren besprechung nicht 
bedürfen. Wir können also auch in dieser rede staatsmännische 
oder militárische gedanken, welche dem krieg eine wendung hütten 
geben künnen, nicht vorfinden. Denn die wiederholte aufforderung, 
geld zu zahlen und ins feld zu ziehen, werden auch andere redner 
vor und nach Demosthenes variirt haben. Solche allgemeine leit- 
artikel genügen nicht zur regierung eines staates. Umgekehrt 
entdeckten wir sehr viele irrthümer, bewusste oder unbewusste ist 
gleichgültig, welche die Athener nicht zur einsicht und müssigung 
fübren, wohl aber in verhängnissvolle leidenschaft verstricken 
mussten: rjv UzóJt«0w ody? tiv obGa» naquoras f Ju Ópnag- 
rave, wie Dem. Ill, 1 selbst sehr richtig bemerkt. 
des gewollten, und yy, die gunst des schicksals, zu verwechseln. 


Vgl. Bonitz, Platonische studien p. 92 n. 
41) Vgl. Dem. XVIII, 18. 


268 Demosthenes. 


Eine kritik der dritten rede ist jetzt überflüssig: sie 
bringt auch nichts neues und entscheidendes, aber sie ist doch von 
den auswüchsen der ersten und zweiten rede fast ganz frei. Es 
ist die lebhafteste, aber auch die besonnenste der olynthischen 
reden. Einzelne hochmüthige äusserungen, wie 2. 16 ov Bugßagoc, 
oùy On av elnoı ric, oder die aristophanische karrikatur des Eu- 
bulos, cf. 22. 29, dürfen wir dem drang der leidenschaft zu 
gute rechnen. 


Darmstadt. A. Weidner. 


Zu Ovidius. 


Metam. Ill, 3: 

Cum pater ignarus Cadmo perquirere raptum 

Imperat etc. 
Das adjectiv ignarus deutet man meist „unkundig, wie es mit der 
tochter stehe“. Ich halte dies für falsch, weil ja der vater durch 
die gespielinnen der Europa erfahren hat, auf welche weise sie ge- 
raubt sei. Aber das weiss er natürlich nicht, dass ein gott der 
rüuber ist und dass die aussendung des sohnes auf spähe erfolglos 
sein werde. Deshalb denke ich: „der ja nicht ahnen noch wissen 
konnte, dass das suchen keinen zweck habe“, so dass also die be- 
deutung „thöricht“ nahezu darin liegt; ebenso dürften die stellen I, 
658. 11, 58. 100 u. s. w. zu verstehen sein. Mit hinblick auf v. 7 
iramque parentis vitat möchte man versucht sein zu lesen iratus = 
in leidenschaftlicher aufregung, doch es liegt kein grund zur än- 
derung vor. 

Metam. Ill, 27: 

Et petere e vivis libandas fontibus undas. 
Wenn libare an dieser stelle die bedeutung „entschöpfen“ hätte, die 
es 1, 371 inde ubi libatos inroravere liquores wirklich hat, so wäre 
libandas ein ganz überflüssiger und störender ausdruck, denn das 
entnehmen ist durch petere ex schon zur genüge ausgedrückt; es 
bleibt daher nichts übrig als libare in seiner gewöhnlichen bedeutung 
„ausgiessen, spenden“ zu fassen, sei es nun dass das wasser als opfer- 
guss gespendet oder nur zur besprengung verwendet werden soll. 

Sprottau. C. Hartung. 








XII. 
Kritische bemerkungen zu Martial. 


Martial. 1, 80: 
Sportula, Cane, tibi suprema nocte petita est. 
Occidit puto te, Cane, quod una fuit. 

Die ausleger sagen: impudentem avaritiam eorum qui sportulis 
iniant plurimis, notat sub nomine Cani qui in tantum sportularum 
heluo et larus erat, ut etiam gravi et mortifero laborans morbo 
sportulis vacaret, doloreque concepto quod unicam tantum acceperat, 
mortuus esset. Wo steht, dass Canus krank gewesen? Wo steht, 
dass man zwei sportulen erwartet, wenn man nur eine hohlen 
lässt? Ist die übertreibung nicht zu gross, und der witz zu klein? 

Der name Canus steht hier nicht umsonst. Ein sener decre- 
pilus lässt sich seine sportula holen und stirbt vor schrecken nicht 
weil diese sporiula una, sondern weil sie ein böses omen, weil 
sie eine urna war. Also: 

Oceidit puto te, Cane, quod urna fuit. 
Martial. 4, 23: 

Dum tu lenta nimis diuque quaeris, 

Quis primus tibi quisve sit secundus, 

Graium quisve epigramma comparabit: 

Palmam Callimachus, Thalia, de se 

Facundo dedit ipse Brutiano, 

Qui si Cecropio satur lepore 

Romanae sale luserit Minervae, 

Illi. me facias, precor, secundum. 

Va. 3. Graium quisve Scriverius: Graium quique O: gra- 
hmque reliqui: Graium. dumque epigramma comparatur. Hein- 
tius: comparavit Osz B: compararit Schmiederus. Ein unge- 
mein feines gedichtchen, nur entstellt durch das komma nach der 





270 Martialis. 


zweiten reihe und durch die verderbniss im dritten verse. Bru- 
tianus hat in griechischer sprache gedichtet, und er der fremde 
wird den grössten Griechen im epigramm vorgezogen; geht er 
von dem Cecropius lepor zur Romana Minerva über, so wird ihm 
auch hier die palme gewiss sein, so möchte Martial nach ihm der 
zweite sein, also doch dem Callimachos wenigstens zur seite oder 
vorangehen. 

Die zweite und dritte reihe müssen heissen: 

Quis primus tibi quisve sit secundus 
Graium quos epigramma comparavit. 
„Wer der erste sei oder wer der zweite unter den Griechen, die 
das epigramm zum wettstreit aufrief“. 
Martial. 4, 74: 
Aspicis, imbelles temptent quam fortia dammae 
Praelia? tam timidis quanta sit ira feris? 
In mortem parvis concurrere frontibus ardent. 
Vis, Caesar, dammis parcere? mitte canes. 
Für parvis im zweiten hexameter liest die handschrift C tumidis. 
Parvae frontes giebt wenn überhaupt, hier gewiss keinen genügenden 
sinn: es muss pavidis heissen. 

Gegensütze: imbelles dammae und fortia praelia; timidae ferae 
und ira; pavidae frontes und in mortem concurrere audere. Jetzt 
erst macht das mitte canes seinen wahren effect, Also: 

In mortem pavidis concurrere frontibus ardent. 
Martial. 6, 43: 
Dum tibi felices indulgent, Castrice, Baiae 
Canaque sulphureis nympha natatur aquis cet. 
Für nympha haben andere handschriften unda, also eine erklürung. 
VII, 93 heisstes vom Nar: sulphureo gurgite candidus amnis. Aber 
die schwefelweisse nymphe die beschwommen wird , ist denn doch 
ein verzweifeltes bild. Ich würde lympha in den text setzen, ein 
wort, das sonst ja hüufig von heilkrüftigen wassern und gewüssern 
gebraucht wird. 
Martial. 7, 1: 
Accipe, belligerae crudum thoraca Minervae, 
Ipsa Medusaeae quem timet ira comae. 
Dum vacat haec, Caesar, poterit lorica vocari: 
Pectore cum sacro sederit, aegis erit. 


Martialis. | 271 


Zu diesem seltsamen crudum bemerken die alten ausleger : 
milifaremne ef crudum, ut volunt? an respicit primos thoracas e 
crudis loris corioque confectos? Eine neuere erklürung kenne ich 
uicht; aber dass dieses wort nothwendig anders erläutert oder aber 
geündert werden muss, liegt auf der haud. Nach meiner meinung 
haben wir hier die griechische art das adverbium zu gebrauchen 
vor uns, und es muss dudum gelesen werden: rà» adidas °A9nvis 
Juígaxa. Dazu vergleiche man die glaube ich überzeugende stelle 
14, 179. Minerva. argentea, 

Dic mihi, virgo ferox, cum sit tibi cassis et hasta, 
Quare non habeas aegida? „Caesar habet“, 
Ich lese also: 
Accipe belligerae dudum thoraca Minervae. 
Martial. 7, 2: 
Invia Sarmaticis domini lorica sagittis 
Et Martis Getico tergore fida magis, 
Quam vel ad Aetolae securam cuspidis ictus 
Texuit innumeri lubricus unguis apri: cet. 
Dieses gedicht ist ein pendant zu dem vorigen und aus ihm zu 
verbessern. Eine wohlfeile gelehrsamkeit, welche unterstützt durch 
13, 93 bei der Aetola cuspis nicht nur an den Meleager, sondern 
zugleich einzig und allein an die kalydonische jagd dachte, hat aus 
der Aetola cuspis den innumerus aper und den «unguis hervor- 
gelockt und durch die jahrhunderte festgehalten. Aber erinnern 
wir uns des vorhergehenden tetrastichons: dieser panzer ist die 
aegis, daran ist allein zu denken, ihn macht die Meduse furcht- 
bar, er ist aus schlangen geflochten und so und dadurch 
selbst dem ütolischen speere undurchdringlich. Man muss also lesen: 
Quam vel ad Aetolae securam cuspidis ictus 
Texuit innumeri lubricus anguis agri. 
Martial. 7, 47: 
Doctorum Licini celeberrime Sura virorum, 
Cuius prisca graves lingua reduxit avos, 
Redderis, heu, quanto fatorum munere! nobis, 
Gustata Lethes paene remissus aqua. 
Perdiderant iam vota metum securaque flebat 
Tristitia et lacrimis iamque peractus eras cet. 
Varianten: flebant und flebit; tristia et lacrimis: tristia. cum la- 


272 . Martialis. 


‘crimis: Gronov will: flebant Tristia iam lacrimae: Heinsius da- 
gegen: Tristia; iam Lachesi iamque oder Tristitiae, Lachesi 
iamque. 

Ich glaube, dass die vielen abweichungen aus dem eigenthüm- 
lichen gebrauch der wörter vota und tristitia hervorgegangen sind 
(vota hier die flehenden, die gelobenden), und möchte vorschlagen: 

Perdiderant iam vota metum. securaque flebant 
Tristitiam Lachesis, iamque peractus eras. 
„Man wagte nicht mehr zu hoffen und zu fürchten, still beweinte 
man die finstere unerbittlichkeit der Lachesis; du 
warst aufgegeben“. Die Lachesis wird vom Martial unter den 
Parzen häufiger erwähnt. Z. b. 9, 8: Ausa nefas Lachesis laesit 
utrumque Iovem, und an andern stellen. 
Martial. 8, 21: 
Quid cupidum Titana tenes? am Xanthus et Aethon 
Frena volunt, vigilat Memnonis alma parens. 
Ein ungeduldiger wunsch nach dem anbrechen des morgens, den 
die sonnenrosse theilen. Das volunt ist mehr als matt. Andere 
lesarten sind volant, vigilant, parent. Ich lese nach frena mor- 
dere in verstärkung dieses ausdrucks: 
iam Xanthus et Aethon 
Frena vorant. 
Martial. 9, 7: 
Dicere de Libycis reduci tibi gentibus, Afer, 
Continuis volui quinque diebus Ave. 
Non vacat, aut dormit, dictum est bis terque reverso. 
Jam satis est, Afer: non vis avere: vale. 
Afer und avere dürfen nicht getrennt werden, wie schon der schluss 
des hexameters und des pentameters im ersten distichon zeigt. 

Warum auch ohne alle noth, deshalb weil einige gute hand- 
schriften einmal pecciren, zwei fehler in den text bringen, die 
kürze des vis und den falschen accent auf der zweiten silbe des 
Afer, als ob es Aper hiesse? Wir stellen daher den alten text 
wieder her und lesen: 

lam satis est; non vis, Afer, avere: vale. 
Martial. 9, 68: 
Quid tibi nobiscum est, ludi scelerate magister, 
Invisum pueris virginibusque caput ? 


Martialis. | 218 


Nondum cristati rupere silentia galli, 
Murmure iam saevo verberibusque tonas. 

Tam grave percussis incudibus aera resultant, 
Causidico medium cum faber aptat equum: cet. 


Varianten zu v. 6 sind nach Schneidewin: Causidico medium cum 
faver aptat aequum T: Causidicum (Causadicum X) medio (medi- 
cum s: medico Pbmz) cum faber (faver A) aptat (aptet abmsw) 
equo (equum ms) reliqui. Die alten ausleger denken nach lu- 
venal 7, 123 an eine einem sachwalter gesetzte statue und lesen: 
Caussidicum medio cum faber aptat equo. Aber hat man reiter- 
statuen immer gerade vor sonnenaufgang gesetzt, und dazu sach- 
waltern, und ist dieses wunder täglich vorgekommen? Der unsinn 
liegt auf der hand. Nach Schneidewin oben muss der hufschmied 
dem sachwalter das sattelpferd beschlagen haben; denn das müsste 
medius equus doch wohl heissen; aber, fragen wir, was will der 
sachwalter so früh zu wagen? Der wartet um die morgenzeit im 
hause auf clienten und würde diesen gerade aus dem wege fahren. 
Also auch das ist nichts. Ein philologischer arzt und freund Mar- 
tials schlug mir vor: Calceolos pedibus dum faber aptat equi. Aber 
es giebt eine ganz einfache lösung des räthsels. 


Nämlich 8, 21, 5 und 6 heisst es vom morgenstern: 


Ledaeo poteras abducere Cyllaron astro: 
Ipse suo cedet nunc tibi Castor equo. 
Dazu lesen ja handschriften an unsrer stelle: 
Causidicum medico cum faber aptat equum. 
Ich lese: 
Castoreum medico cum faber aptat equum. 


»Wenn vor sonnenaufgang mit dem morgenstern der hufschmied 
dem arzte das pferd beschlägt oder beschuht“, Aerzte mussten 
schon im alterthum früh heraus und zu pferde aufs land, auf die 
villen Das beiwort Castoreus giebt dem pferde des arztes, das 
gewiss kein renner sein darf, nicht nur durch die erinnerung an 
den Cyllarus eine komische illustration, sondern es erinnert zu- 
gleich und nicht am wenigsten absichtlich an das arzeneimittel, 
das castoreum. Es ist also das morgenross und zugleich der re- 
ceptengaul. Wie alle komiker und epigrammatiker hat Martial es 
auf die ärzte abgesehen. 


Philologus. XXXVI. bd. 2. 18 


274 Martialis. 


Martial, 9, 85: 
Languidior noster si quando est Paulus, Atili, 
Non se, convivas abstinet ille suos. 
Tu languore quidem subito fictoque laboras, 
Sed mea porrexit sportula, Paule, pedes. 
Für laboras lesen ACG labores. 
Der dritte vers ist plump; es muss heissen: 
Tu languore quidem subito fictove labores. 
»Du magst gern an einer krankheit leiden sei sie wabr oder vor- 
gegeben, das wollen wir nicht untersuchen; aber u. s. w.“. 
| Martial. X, 24, 9 ff.: 
Sed vitae tribus areis peractis 
Lucos Elysiae petam puellae. 
Post hunc Nestora nec diem rogabo. 
Zu dieser letzten reihe fübrt Schneidewin ein nützliches gewirre 
_ von lesarten an. Nestora ist sicher, obgleich conjectur nach 
nechora, und post hunc Nestora sehr gute conjectur von Gruter 
und Heinsius, aber denn doch zu gelehrt und steif. Für hunc giebt 
es auch eine lesart hinc; an diese möchte ich mich halten und mit 
der so hüufigen zusammenstellung der adverbia lesen: 
Post hinc Nestora nec diem rogabo. 
Der alte Nestor hat wie die Sibylle und Priamus und Tithonus. 
jahre und tage zu verschenken. „Dann will ich den Nestor nicht 
um einen tag mehr bitten“. 
Martial, X, 26: 
Vare, Paraetonias Latia modo vite per urbes 
Nobilis et centum dux memorande viris, 
At nunc, Ausonio frustra promisse Quirino, 
Hospita Lagaei litoris umbra iaces. 
Spargere non licuit frigentia fletibus ora, 
Pinguia nec maestis addere tura rogis. 
Sed datur aeterno victurum carmine munus. 
Numquid et hoc, fallax Nile, negare potes? 
Bei Schneidewin steht zur ersten reihe eine ganze fülle von va- 
rianten: Latia (tala p) modo vite, lata modo vite oder vita, Latias 
modo rite, latis modo ire, Latio modo vecte, lata modo vocé, longo 
modo iure. Davon kann man sich aussuchen, und die besserer und 
erklirer haben denn auch richtig das unpassendste Latia modo 





Martialis. 275 


LA 


vite gewählt und in den text gesetzt, so dass Varus nun schon . 
jahrbunderte lang als corporal fungirt. 

Gewiss ist eins: so viel ehre wie hier in dieser version des 
gedichtes ist wohl noch nie und nirgends einem corporalstocke 
zu theil geworden; aber nicht durch den dichter, sondern durch 
die abschreiber und erläuterer. Der mann des stockes ist in 
Aegyptens städten hochangesehen, ist nobilis, ist denkwiirdiger 
präsident der centumvirn, also zugleich ein grosser jurist, und der 
dichter will ihn durch seine verse nicht etwa für alle ewigkeit 
lächerlich machen, was dem unteroffizier durch ein solches lob 
ohne frage zu theil geworden wäre (natürlich nur dum Romana 
dies), sondern will dem edlen namen des hohen mannes die unsterb- 
lichkeit sichern. Wo steht geschrieben, frage ich, dass centumviri 
die leute heissen, welche ein ceniurio befehligt? Daran und an 
der geringen stellung eines solchen mannes im leben gegenüber 
den hohen worten des dichters muss das vite scheitern. Machen 
wir der thorheit ein ende und setzen im jahre 1876 dem gerichts- 
präsidenten Varus von neuem sein ihm gebührendes denkmal, indem 
wir uns den handschriften eben so gut anschliessend statt: 

Vare, Paraetonias Latia modo vite per urbes 

Nobilis cet. 
lesen: Vare, Paraetonias late modo vecte per urbes, 

Nobilis cet. 
„Varus, eben noch weithin ziehend, eben noch im ehrenzuge durch 
die städte Aegyptens“. | 

Vecte hier durch den zusammenhang nothwendiger vocativ zu 
den folgenden nobilis und memorande und promisse. Jetzt können 
wir mit dem dichter sagen: datur aeterno viciurum carmine nomen. 

Martial. X, 30, 11: 

Hic summa leni stringitur Thetis vento; 

Nec languet aequor, viva sed quies ponti 

Pictam phaselon adiuvante fert aura, 

Sicut puellae non amantis aestatem 

Mota salubre purpura venit frigus cet. 
Dess in den beiden reihen sicut puellae bis zu frigus eine schwer- 
fälligkeit liege, wird ein jeder auf der stelle herausfühlen: der 
genetiv puellae, der sich doch nur auf purpura beziehen kann, das 
matte venit, und die fehlenden oder sagen wir lieber mangelhaften 


18° 


276 Martialis. 


vergleichungen. Beseitigen wir die schwäche in diesen reihen, so 
ist das liebliche gedicht durchaus lesbar und muss jeden entzücken, 
der sinn für natur und für wohllaut hat, für wohllaut der den 
reiz einer solchen italischen meereslandschaft vor unsere sinne bringt. 
Es muss heissen: 
Sicut puella non amantis aestatem 
Mota salubre purpura vehit frigus. 
„Wie der hauch der durch das friedlichrege meer den bunten kahn 
heranfübrt, so die geliebte, welche dem wiiden mit dem purpur 
kühlung fächelt“. 
Martial. X, 78: 
Ibis litoreas, Macer, Salonas, 
Ibit rara fides amorque recti 
Et secum comitem trahet pudorem. 
Semper pauperior redit potestas. 
Felix auriferae colone terrae, cet. 
Die vierte reihe semper pauperior redit potestas steht in der luft 
. uud ist in diesem zusammenhange unwahr. Vellejus sagt: Varus 
Syriam pauper divitem ingressus, dives pauperem reliquit, und das 
trotz der potestas. Es muss heissen : | 
Si secum comitem trahet pudorem, 
Semper pauperior redit potestas. 
Dann allerdings! 
Martial. Ep. XI, 99: 
De cathedra quotiens surgis — iam saepe notavi — 
Paedicant miserae, Lesbia, te tunicae. 
Quas cum conata es dextra, conata sinistra 
Vellere, cum lacrimis eximis et gemitu. 
Sic constringuntur gemina Symplegade culi 
Et Minyas intrant Cyaneasque nates. 
Emendare cupis vitium deforme? docebo: 
Lesbia, nec surgas censeo, nec sedeas. 
Zu 6 sind varianten: et nimias . intrat und intra . natis und ratis. 
Was heisst der vers: Et Minyas intrant Cyaneasque nates? 
Was heisst namentlich Minyas intrare? In dieser form möchte 
schwerlich irgend ein sinn und ein witziger sinn, der doch offenbar 
das ziel des dichters ist, in den beiden reihen zu finden sein. . Ein 
alter ausleger sagt: Tunicae tuae constringuntur non secus ac co- 





Martialis. 277 


lumba vel clavus navis Argus in collisione Cyanearum seu Symple- 
gadum insularum, quas transmisere Minyae Thessali caeterique Ar- 
gonautae. Für mich und ich glaube für einen jeden hat diese 
erläuterung keinen sinn. Ich glaubte deshalb, warum soll ich es 
nicht gestehen, der stelle helfen zu können, wenn ich änderte: 
ut Mylas inter Cyaneasque ratis, 
so dass dann die Cyaneen gleich den Plankten beim Homer, gleich 
den Siculi aestus bei den späteren wären. Aber das ist zu künst- 
lich, ja mehr als unwahrscheinlich; es ist zu verwerfen. Ich lese 
jetzt mit veränderung eines einzigen buchstabens und indem ich 
ein kolon hinter gemitu setze: 
Et minias intrant cyaneasque nates. 

Die miniae cyaneaeque nates (man erlässt mir wohl die übersetzung‘) 
mit heiterer vorbereitung durch die gemina Symplegas culi anspielend 
auf die Minyae und Cyaneae. In: sic constringuntur (tunicae) cet. ist 
das sic zu erläutern: ut cum lacrimis tantum et gemitu eximi possint. 


Martial. XI, 101: 
Thaida tam tenuem potuisti, Flacce, videre? 
Tu, puto, quod non est, Flacce, videre potes. 
Ein pendant zum vorhergehenden gedichtchen, zu dem carnarius 
sum, pinguiarius non sum, und eben desbalb von den auslegern 
nur nach einer seite, daher durchaus nicht verstanden, welche 
sagen: Summa sane es oculorum perspicacia qui tam exilem depre- 
hendere possis . vide epigramma superius. Wir ziehen das gedicht 
auf die Bassa heran 5, 45, welches ich früher erläutert habe; 
und das nun wieder dieses hier erklirt und durch dieses erklärt 
wird. Der doppelsiun ist: quod non est, videre potes und quod non 
est videre, potes. „Was nicht ist, kannst du sehen“ und „was 
man nicht sehen darf, kannst du“, Posse in obscöner bedeutung. 
Martial. 12, 62: 
Antiqui rex magne poli mundique prioris, 
Sub quo pigra quies, nec labor ullus erat, 
Nec regale nimis fulmen, nec fulmine digni, 
Scissa nec ad Manes, sed sita dives humus cet. 
Für sed sita lesen andere sed sis, sed mihi, nec mihi. Martial 
hat hier offenbar Ovid vor augen. Scissa nec ad Manes humus 
ist das Ovidische: itum est in viscera terrae, und in dem sed sita 


stecken die verse: 


278 Martialis. 


mox etiam fruges tellus inarata ferebat, 
nec renovatus ager gravidis canebat aristis; 
wir müssen nur lesen: 
Scissa nec ad Manes, nec sata dives humus. 
Martial. 12, 32, 11 ff.: — 
Ibat tripes grabatus et bipes mensa, 
Et cum lucerna corneoque cratere 
Matella curto rupta latere meiebat. 
Foco virenti suberat amphorae cervix cet. 
Für foco virenti lesen andere foco virentis, foco nitenti oder vi- 
renti: focum ferenti und focum ferentis. Es wird uns in diesem 
gedicht das bild der üussersten verkommenheit vorgeführt, bei der 
alles möglich ist. Deshalb mache ich nach meiebat ein komma 
und lese mit veründerung nur eines buchstabens, da foco und 
ferentis beides vorkommt, loco ferentis. Also: 
Loco ferentis suberat amphorae cervix. 
Die durch contrast ekelhaftesten dinge öllampe und mischbecher 
lagern friedlich neben einander im lecken nachttopfe, und der hängt, 
wo er am wenigsten hütte hüngen sollen, an dem halse des wein- 
kruges, der den trüger bildet, als wenn Vacerra bei tische 
statt aus glüsern, die er nicht besitzt, aus dem nachtgeschirre 
trinken müsse: das vervollstindigt dieses prüchtige zerrbild des 
römischen Irus. | 
Martial. 5, 79: 
Undecies una surrexti, Zoile, cena, 
Et mutata tibi est synthesis undecies, 
Sudor inhaereret madida ne veste retentus 
Et laxam tenuis laederet aura cutem. 
Quare ego non sudo, qui tecum, Zoile, ceno? 
Frigus enim magnum synthesis una facit. 
Zu dem: frigus enim magnum synthesis una facit bemerken die 
alten ausleger: quia mihi non ea vestium copia quae tibi, qui 
sudare te fingis ut syntheses ostentes . sic epigr. 16. lib. 2. vers 6. 
Sollte diese frostige bemerkung das gedicht durchaus erklüren 
können? Ich glaube nicht: mihi quidem frigus magnum | facit! 
Wer ist dieser Zoilus beim Martial? Ein mensch geringster her- 
kunft (3, 29. 11, 12. 11, 37. 11, 54), ein büsslicher, schmutziger 
lüstling (12, 54. 2, 42. 6, 91. 11, 30. 11, 85. 11, 92), ein 


Martialis. 279 


hochnasiger schuldenmacher, welcher andere der ärmlichen kleidung 
wegen verachtet (2, 58), ein lächerlich eitler prahler mit seinem 
reichthum , ein upstart of prime water (2, 16), dabei zugleich ein 
Neidhart (4, 77) und — worauf es bei unserer stelle vor allem 
ankommt — nicht nur ein prahler, sondern auch ein schmutziger 
geizhals als gastgeber: er freilich lässt sich’s wohl sein mit 
seinen amasiis, aber seine gäste hungern. (2, 19 und 3, 82). 

In der mutata undecies synthesis, der elfmal gewechselten 
kühlenden tischkleidung, und der una symihesis quae frigus magnum 
facit steckt ein doppelsinn des wortes synthesis, und eben darin 
die spitze des gedichtes: der gastgeber bat viele kleider, der 
dichter nur eins; aber vor allem: die leichte tischkleidung kühlt, 
aber der ärmliche geizige eine gang (die una synfhesis), mit dem 
der prahler seine gäste abspeist, kühlt noch mehr ab. S. Mart. 4, 
6, 15. Man erinnere sich hiebei der stelle aus Statius Silv. 4, 
9, 42:  Ollares, roga, non licebat uvas, 

Cumano patinas in orbe tortas, 

Aut unam dare synthesin — quid horres? — 

Alborum calicum atque caccaborum? — 
einer stelle, welche die augen auf sich ziehen muss weniger der 
doppelten bedeutung der synthesis — tischkleidung und tischservice 
für einen gang — wegen, als um des ganzen gedichtes willen, 
das seinem inhalte nach dem Statius fremd in gezwungenem, über- 
triebenem humor einsam dasteht und offenbar eine nicht grade ge- 
lungene nachahmung seines gegners Martial zu nennen ist. Denn 
gegner sind beide dichter ohne frage gewesen, wenn auch erst 
von dem augenblicke an, wo Statius seine kleineren zum theil 
recht gefälligen und der damaligen zeit jedenfalls immer und 
durchaus gefallenden gedichte zu sammeln und die gesammelten 
berauszugeben angefangen, woraus, wie es scheint, eine seltsame 
eifersucht beider so ganz verschiedener sich gewissermassen gegen- 
seitig ergünzender männer heraufbeschworen wurde. An hetzern 
hat es gewiss nicht gefehlt, und mancher der reichen übermüthler 
mag den wechselseitigen groll seiner tischzierden belächelt, durch 
zutragen gesteigert und den ausbruch desselben gefördert, ja ge- 
fordert haben, mit frivoler heiterkeit an den spruch Hesiods den- 
kend: xai mzwyos nrwyÿ sorte xai dosdog God; und sind nicht 
beide dichter etwas, ja sogar recht viel von beidem gewesen? 


280 Martialis. 


Martial. 9, 50: 


Ingenium mibi, Gaure, probas sic esse pusillum, 

Carmina quod faciam, quae brevitate placent. 
Confiteor : sed tu bis senis grandia libris 

Qui scribis Priami proelia, magnus bomo es. 
Nos facimus Bruti puerum, nos Langona vivum: 

Tu magnus luteum, Gaure, Giganta facis. 


Liest man dieses epigramm , so kann man Martial mit seinen 
eignen worten zurufen: 


Maguus ab infernis revocetur Tullius umbris, 
Et te defendat Regulus ipse licet, 
Non potes absolvi. 


Wenn Martial auch mit sieben eiden versichert hütte, dieses ge- 
dicht sei unverfänglich, man solle ihm nichts unterlegen, es solle 
nicht auf Statius. gehen, weder irgend ein leser noch vor allen 
der getroffene selbst würde ihm geglaubt haben. Und es musste 
treffen, empfindlich treffen; denn es ist ein pfeil, den ein üchter 
künstler, der liebling der Thalia, vom bogen der wahrheit 
auf seinen gegner schnellt. Ist es nicht im ganzen und grossen 
eine treffliche kritik der 'Thebais trotz aller ihrer sogenannten und 
wirklichen schénbeiten im einzelnen?  Beruht Statius stärke, wie 
er freilich selbst glaubte und mit ihm seine zeit und lange nach- 
welt, auf seinen epischen gedichten ? 


Aber woher. denn der name Gaurus, den offenbar mehrere 
leute verschiedener art beim dichter führen? Hier von der be- 
rühmten bergreihe bei Neapel, der geburtsstadt des Statius. Dieser 
hatte offenbar in Rom herumraisonnirt und vom Martial gesagt: 
son genre est petit, et ce potte est petit comme son genre. Mar- 
tial antwortet: „mich wagst du klein zu nennen, weil ich 
kurze gedichte schaffe? Dich gross, weil du lange schar- 
teken schreibst, in zweimal sechs büchern eine Ilias post Homerum? 
Meiner gedichte jedes ist klein, aber ein kleines kunstwerk, voll 
leben und kraft; dein epos ist gross, aber wie ein gigant aus thon 
ohne leben und dauer, ein öder langweiliger haufen“. Man muss 
eine solche frage nur in die gegenwart verlegen und lebendig 
machen. Namen brauchen nicht genannt zu werden; aber die 
sache spricht, und der blitz schlägt ein und trifft den der ge- 








Martialis. 281 


meint ist, und auf den jeder kundige mit fingern zeigen wird. 
Als Schiller mit dem berühmten distichon hervortrat : 
Wie doch ein einziger reicher so viele bettler in nahrung 

Setzt; wenn die kónige baun, haben die kürrner zu thun 
und „Kant und seine ausleger* darübersetzte, musste man da erst 
den Jacob in Halle und den Reinhold in Kiel und anderen erklären, 
dass sie gemeint seien? Und ist denn so wenig wahrheit in 
diesem doppelverse? Wenn jemand sich einfallen lassen sollte, bei 
bestimmter gelegenheit eben diesem nümlichen verse eine andere in- 
schrift zu geben, etwa: „Niebuhr und seine nachbeter“ oder: „Ritschl 
und seine Myrmidonen*, würde der nicht alle famuli und Wagner 
Deutschlands auf dem halse haben? Gerade so ist es mit den epi- 
grammen Martials gegangen, so sehr er sich auch dagegen ver- 
wahrt, und in diesem sinne wollen sie fast ohne ausnahme gelesen 
sein. Hier in unserem gedichte ist der lange und langweilige 
versmacher, der den geist im kleinen verachtet, und in zweimal 
sechs büchern seine alten vergilbten abgeleierten dinge vorbringt, 
gar nicht zu verkennen. Denn Martials epigramme sind keine ab- 
stractionen, sondern alle eigentlichster gelegenheit entsprungen, 
wirkliche vorfälle und nicht unbedeutende wenn auch maskirte 
personen im auge habend; daher ihre schärfe, ihre wahrheit, ihre 
wirkung selbst nach so vielen hunderten von jahren. Diese 
gedichtchen, jetzt so wenig gelesen, früher in jedermanns munde, 
haben, vergessen wir das nicht, die anregung zu den unsterb- 
lichen xenien unserer dichter gegeben und mit diesen eine un- 
verkennbare geistige verwandtschaft, das unmittelbare, ächte, der 
gegenwart entsprungene leben; wie ja auch von Lessings epigram- 
men nur die noch wirklich da sind, welche aus seiner zeit heraus 
bestimmte leute und bestimmte zustände zu zeichnen und zu treffen 
wissen, und gerade einige der besten verdanken dem römischen 
dichter ihre eigentlichste entstehung, alle ihre anregung. Gleich 
das erste: 

Wer wird nicht einen Klopstock loben? 

Doch wird ihn jeder lesen? — Nein. 

Wir wollen weniger erhoben 

Und fleissiger gelesen sein 
ist eine sinnvolle anwendung von Mart. 4, 49, 87 ff. : 

- A nostris procul est omnis vesica libellis: 


282 Martialis, 


Musa nec insano syrmate nostra tumet. 
llla tamen laudant omnes, mirantur, adorant: 

Confiteor: laudant illa, sed ista legunt. 
(Bei dieser gelegenheit sei auch der quelle eines der berühmtesten 
von Lessings sprüchen erwühnt, welche vor mir noch niemand 
glaube ich gefunden hat. Lessings: 

Kunst und natur 

Sey auf der bühne Eines nur; 

Wenn kunst sich in natur verwandelt, 

Dann hat natur mit kunst gehandelt 
ist eine bewundernswerth geschickte wörtliche anwendung des 
schönen spruches aus Longin megi vwovs 1, 272, 30 ff. z0re yaQ 
n tégwn tédecog, mvix av pio elvas doxjj, 7 d av gio èm- 
zuyng, 01a» AavOdvovGav negséyn tv téyvny). 

Man erlaube mir noch einige wenige worte über diese dun- 
keln verhältnisse. Dass also Martial und Statius einander gekannt 
und recht gut gekannt haben müssen, ist als zweifellos vorauszu- 
setzen. Beide waren die talentvollsten dichter des damaligen Roms, 
beide dichteten für den kaiser und unter dem schutze des kaisers, 
beide wurden der kaiserlichen tafel und kaiserlicher wohlthaten ge- 
würdigt, beide kamen in stadt und land in dieselben häuser und 
villen durch reichthum, geburt, stellung hervorragender männer, 
feiern dieselben stoffe jeder in seiner art, beide lebten von der 
gunst ebenderselben männer d. h. sie lebten von ihrem geiste und 
ihrer feder, würden wir sagen, freilich mager genug, wie sich bei 
Statius zeigte, der enttäuscht von Rom sich seiner geburtsstadt 
wieder zuwandte, und auch bei Martial, dem Plinius geld zur rück- 
reise nach Spanien vorstrecken musste. Und dennoch sprechen 
beide nie mit namen von einander! Und dabei fallen die bezie- 
hungen beider dichter zu den obenerwähnten Römern in die letzten 
jahre Domitians, also in eine und dieselbe zeit, und ein theil ihrer 
gedichte hat fast das ansehen von gegenstücken, von wetten, was 
jeder von beiden in seiner weise leisten könne, von aufgaben, 
welche die römischen herrn ihren haus- und tischzierden gestellt haben 
mögen: aufgabe vor allem ist der kaiser, seine thaten dem staate und 
seine wohlthaten den dichtern gegenüber; der sterbende liwe beim 
Statius und die arenageschichten beim Martial; Stella und Violen- 
tilla, Claudius Etruscus, Atedius Melior, Lucan und Polla, Flavius 


Martialis. 283 


Earinus, endlich Novius Vindex und sein Hercules Epitrapezios. 
Dass Statius sich dieser gelegenheitspoésie zuwendet, scheint die 
veraslassung zum groll gebildet zu haben. Aber er ist auch nicht 
vorsichtig dem gefährlichen und reizbaren gegner gegenüber ge- 
wesen. Sein eitles rühmen rasch in wenigen stunden oder tagen 
einzelne gedichte seiner Silven, deren eins er sogar nach der zahl 
der hexameter auszeichnet, und die fast ängstliche art, mit der er 
jedesmal auf dieses far presto zurückkommt, musste einen mann 
wie Martial, welcher der natur seiner dichtung nach nur langsam 
schaffen konnte, dann aber freilich vollendetes lieferte, empfindlich 
und zugleich lächerlich in hohem grade sein. Aber gewiss soll 
man deshalb nicht mit Queck glauben, der dichter habe seine Sil- 
ven in eile und eilfertigkeit nur so hingeworfen, man dürfe ihm 
nicht, wie von Markland geschieht, allzugrosse feinheit zutrauen, 
und deshalb müsse man dinge stehen lassen, welche sprache, ver- 
stand und geschmack gleich sehr beleidigen, wie Queck es au eini- 
gen stellen seiner ausgabe gethan hat; umgekehrt verhält sich die 
sache: der talentvolle, sich seines talents aber gar zu sehr be- 
wusste, krankhaft eitle dichter thut sich auf diese Silven und mit 
recht viel zu gute; sie sind seine meisterschöpfungen , in ihnen 
fühlt er sich wohl, denn sie sind seiner anlage angemessen und 
zugleich der zeit, in der und mit der er lebte; als gelegenheits- 
gedichte sind sie geschüpfe des augenblicks, aber zugleich zeugen 
des schönen talents und der strengen ausbildung ihres schöpfers, 
wie ja häufig das innerlich gereifte, das dann plötzlich angeregt 
in vollen tönen hervorquillt, zu dem schönsten gerechnet werden 
darf, was die dichtung schaffen kaun. Aber dieses unselige prahlen 
musste dem Martial noch fataler sein als andern, da er in der 
improvisation nicht schritt halten konnte. Darauf hin sagt er dem 
Stella (9, 89): 
Lege nimis dura convivam scribere versus 
Cogis, Stella: licet scribere, nempe malos. 

Sollte dies nicht ein hieb sein für den Fa Presto Siatius? Ich 
bescheide mich hier noch auf eine reihe anderer stellen einzugehen, 
und möchte diesmal nur das wie mir scheint über den zweifel hin- 
ausgehende, das haltbare hervorheben. 

Noch durch eine andere unvorsichtigkeit musste Statius den 
rivalen herausfordern. Er legte, wie gesagt, den grössten werth 


284 Martialis. 


und das hauptgewicht auf sein mühevolles lebenswerk die Thebais, 
und spricht mit unverholener, wenn auch irriger geringschätzung 
von den kleinen stoffen, die er in den Silven behandele , als nicht 
ganz würdig seines talents und ruhmes, als fast bedauerlich, aber 
nun einmal da und nicht mehr zurückzurufen, ähnlich den jugend- 
sünden Virgils und Homers. Das konnte Martial nicht. so hin- 
gehen lassen, er der sich fast persönlich in seinen kleinen stoffen 
angegriffen fühlen musste, und dem dabei lange epopöen wie die 
des späteren Roms ein gräuel waren. Mart. 4, 29, 7 und 8. 
8, 3, 14—22. 14, 94. Er antwortet dem gegner mit dem ge- 
dicht auf den Gaurus! 

Endlich versäumt Statius die gelegenheit nicht, auffallend weg- 
werfend von dem distichon zu sprechen, dem hauptmetrum Martials, 
ja er scheint den rivalen gewissermassen auf den hexameter for- 
dern zu wollen. Und Martial antwortet in einem bittern gedichte 
in hexametern 6, 64, welches sehr auffällig gewesen sein muss ; 
denn er sah sich, gewiss später bei einer zweiten auflage des 
sechsten buches, gemüssigt, ein wort der vertheidigung für diese 
erscheinung zu sagen. 


Hamburg. Heinrich Köstlin. 


Plaut. Pers. 65 —67. 


Nam püplicae rei catisa quicumque id facit 

Magis quam sui quaesti, ánimus induci potest 

Eum ésse civem ét fidelem ét bonum. 
Zur beseitigung der unertriglichen hiate im letzten verse schrieb 
Ritschl : 

Magis quam sui quaesti, eum animus inducí potest 

Civem ét fidelem esse ét bonum [et frugi virum]. 
Ein ungleich einfacheres verfahren ist, den zweiten vers so zu mes- 
sen, wie es oben geschehen ist, oder aber zu schreiben: Magis quam 
sui [sibi] quaesti sqq., und im dritten et — et zu ersetzen durch 
qua — qua. Auf die gleiche weise hat C. F. W. Miiller Plaut.. 
pros. p. 564 Mostell. 1047 geheilt. Beispiele solcher vertau- 
schungen in den plautinischen handschriften sind zusammengestellt 
in meinen sjudia Plautina p. 5.. 

Rerlin. Q.. Seyffert. 





XIII. 


Zu Commodianus. 


Neben den verhältnissmässig zahlreichen prosaischen schriften der 
ersten periode der christlich-lateinischen literatur, die mit Minucius 
Felix anhebend bis auf die zeiten Constantins reicht und einen we- 
sentlich apologetischen character trägt, ist die poesie dieses zeitalters, 
wenn man von dem nicht genau zu fixierenden, dem Lactantius zu- 
geschriebenen carmen de Phoenice absieht (vgl. Ebert, Gesch. der 
christl. lat. lit. p. 93 ff), nur durch zwei werke des Commo- 
dianus vertreten: das erstere bilden die Instructiones (um 238), 
achtzig gedichte in hexametern abgefasst und acrostichisch ange- 
legt; das andere das Carmen apologeticum (249), welches 1053 
hexameter enthält. Hexameter freilich der sonderbarsten art: der 
dichter . kümmert sich weder um quantität noch vermeidet er den 
hiatus. Nicht einmal der grammatische accent, an den sich viel- 
leicht noch ein gewisses prineip hätte anlehnen können, ist überall 
beibehalten. Der leser darf keinen anstoss nehmen an betonungen 
wie: idcirco, Östendit, interdum, éstóté, clamamus, déscéndit, 
erräbant, Occidümüs, vénité, éxaudiánt, Déus Déds, éx auctó- 
ritaté u. s. w. — Der vers hat sechs hebungen und gewöhnlich 
die heroische cäsur. Es ist übrigens ein nicht unbedeutender unter- 
schied zu machen zwischen der der metrik der Instructiones und 
des späteren Carmen Apol. Für das letztere gedicht können noch 
folgende beobachtungen gelten. Die cüsur nach der ersten hebung 


286 Commodianus, 


ist ausserordentlich häufig, so von 322—344 in jedem verse, ferner 
276—85; 442—453; 530—37 ; 650—59; 688—701 mit aus- 
nahme eines verses; in kleineren gruppen von 5, 6—8 auf ein- 
ander folgenden versen noch öfter. Diese eigenthümlichkeit tritt 
in den acrosticha der Instructiones nicht hervor, da hier der 
dichter sich an einen bestimmten anfangsbuchstaben gebunden hat, 
mithin in der wortfülle sehr beschränkt ist.  Cüsuren nach der 
fünften hebung sind nicht vereinzelt. Vgl. C. A. 9. 88. 103. 125. 
189. 283. 304. 308. 377. 433. 442. 554. 592. 608. 609. 
787. — Der erste versfuss ist in demselben gedichte meist ein 
dactylus. Mehr lässt sich nach meiner ansicht über die metrik 
Commodians nicht feststellen. 


Dass Commodian trotz der unnationalen, ganz kunstmässigen 
versart eine volksthümliche richtung der dichtkunst verfolgt, indem 
er den accent zum herrschenden princip macht, darauf hat Ebert 
a. a. o. p. 90 schon mit recht hingewiesen. Volksthümlich, und 
in dieser dichtungsgattung besonders auffallend sind entschieden 
auch die reime, welche sich nicht selten finden. Im letzten acro- 
stichon haben alle 26 verse einen wenn auch mir unvollkommnen 
reim auf o, wie bereits Fuchs, Roman. spr. p. 287, bemerkt hat. 
Binnenreime, d. h. reime der beiden vershälften habe ich folgende 
gefunden: gentes — loquentes 170. taxatur — legatur 382. fla- 
gellatus — levatus 450. sese — adesse 648. gaudebat — tre- 
mebat 934. Unvollkommene reime einzelner nicht mit gleicher 
tonstärke belasteter silben an den genannten stellen hat Commodian 
noch verwendet: 7. 8. 16. 18. 23. 27. 40. 90. 94. 152. 155. 
184. 186. 210. 280. 292. 296. 301. 313. 330. 343. 346. 350. 
368. 374. 378. 397. 411. 453. 471. 475. 488. 494. 527. 533. 
575. 582. 584. 588. 590. 597. 601. 623. 640. 656. 665. 668. 
673. 685. 688. 718. 721. 738. 742. 759. 774. 784. 797. 815. 
819. 858. 862. 876. 882. 892. 898. 936. 970. 998. — Reime 
aufeinanderfolgender verse, und zwar vollständige endreime sind 
mir begegnet vas. 235 und 236: 


Non ille de ferro secuit, non emplastro curavit, 
Sed sine tormento statim suo dicto sanavit. 


Ferner 362. 63: 
. + + . Ut Deus in terris Altissim filius esset. 





Commodianus. 287 


Hoc et ipse premit, humilis in carne cum esset, etc, 
vas. 381 und 82: 


Quid plurimis opus est, cum res tam aperte probatur, 
Cum is, qui taxatur, populus iam in illo laetatur? 


vs. 384 und 85: 


… Et magum infamant, canentibus rostra clusissent. 
Quales eos dicam? antequam dispersi fuissent etc. 


vss, 482 und 83: 


. « + » Adhuc se adfirmat filium Altissimi esse, 
Omnimodo reprobat et nugaces nos aestimat esse. 


Die unvollkommenen endreime sind ebenso hüufig als die oben auf- 
gezühlten binnenreime. "Vgl. 7 und 8, 49 und 50, 69 und 70 
(nach conjectur von robustis) 93 und 94, 138 und 139, 159 und 
160, 176 und 177, 209 und 210, 245 und 246, 251 und 252, 
259 und 260, 277 und 278, 366 und 367 und 368, 372 und 
373, 394 und 395. 408 und 409. 452 und 453, 454 und 455, 
488 und 489. 492 und 493. 543 und 544. 545 und 546 und 
547, 581 und 582, 615 und 616, 624 und 625, 649 und 650, 
670 und 671. 672 und 673, 681 und 682, 690 und 691, 721 
und 722, 726 und 727, 751 und 752, 758 und 759, 770 und 
771, 779 und 780, 785 und 786, 787 und 788, 793 und 794, 
797 und 798, 818 und 819, 830 und 831, 865 und 866, 908 
und 909, 918 und 919. 936 und 937, 951 bis 954, 961 und 
962, 980 und 981, 999 bis 1001. Ueberschlagende reime dieser 
art sind 686 bis 689. — Die letzten verse des gedichtes sind 
bei der bodenlosen unsicherheit des textes in dieser partie nicht 
berücksichtigt worden. 


Bei einer so geringen zahl von versen muss die menge der 
verschiedenen reimarten auffallen und kann keinesfalls dem zufall 
zugeschrieben werden. Wir haben es hier bereits mit den anfängen 
einer neuen verstechnik zu thun, die von den späteren dann ver- 
vollkommnet und schliesslich die herrschende geworden ist. Ein 
anderes kunsstmittel Commodians ist die alliteration, die derselbe 
sowohl in andern theilen des verses als auch besonders am aus- 
gang mit vorliebe verwendet hat. Es wird genügen die beispiele 
der letzten art hier zusammenzustellen. Addidit altos 26. prae- 


288 Commodianus. 


legi prophetas 57. te damnat, sed tu tua sponte te damnas 180. 
Um raum zu ersparen, lasse ich nur die verszahl der übrigen bei- 
spiele fulgen: 188. 217. 248. 249. 276. 317. 345. 420. 456. 
510. 541. 623. 759. 771. 778. 875. 888. 890, 907. 928. 986. 
989. 999. Für die textkritik ist die beobachtung dieser eigen- 
thiimlichkeit nicht ohne nutzen. 

Uebersieht man die summe der technischen kunstmittel, über 
welche Commodian verfügt, so wird man den apologeten nicht 
mehr ohne weiteres als barbaren hinstellen, wenn auch sein ver- 
such, die alte kunstform mit popularen formen zu verbinden als 
verunglückt angesehen werden muss. Der Gazaeer erscheint in 
etwas güustigerem lichte, wenn man nicht mehr von der klassischen 
zeit zu ihm herabsteigt, sondern von der dichtung der spätlateini- 
schen zeit zu ihm zurückgeht und hier die keime des später ge- 
wordenen findet. 

Mit dem volksthümlichen verse Commodians ist die populare 
diction eng verbunden, die Teuffel, Gesch, der R. L. 380, II. aufl., 
mit unrecht in formen und konstructionen fremdartig nennt. Com- 
modian hat wenig formen und redewendungen, die sich nicht aus 
der literatur vulgürlateinischer schriften nachweisen oder durch zahl- 
reiche analogieen aus jenem gebiete belegen lassen. Bei der recon- 
struction des sehr verderbten textes darf das nicht ausser acht gelas- 
sen werden. Der berufenste kritiker, der eine neue recension des 
Carmen opologeticum vornehmen konnte, war deshalb Rünsch, der 
gelehrte kenner der patristischen und biblischen latinitit, durch seine 
arbeiten auf diesem gebiete dem theologischen und philologischen 
publikum wohl bekannt. Der text des Carmen A. ist bekanntlich 
zum ersten male herausgegeben von dem cardinal Pitra (io dessen 
Spicilegium Solesmense, Paris, Didot 1862) nach einem ehemals 
im kloster Bobbio befindlichen codex des VIII. jahrbunderts, der 
jetzt in der bibliothek des englünders Philipps zu Middlehill ist. 
Eine anzahl conjecturen in dieser publikation hat Dübner beige- 
steuert. Weitere verbesserungen gab Ebert in seiner abhandlung 
„über Tertullians verhältniss zu Minucius Felix, nebst einem an- 
hange über Commodians Carmen A.“ in den abhandlungen der kgl. 
süchs. ges. d. w. Leipz. 1868. Drei jahre spüter liess C. Leim- 
bach sein programm über Commodians Carm. ap. (Schmalkalden 
1871) folgen, welches neben erürterungen über inhalt und bedeu- 





Commodianus, 289 


tung des gedichtes eine reihe trefflicher emendationen enthält. 
Einen vollständig revidierten textabdruck mit kritischem apparat 
nebst commentar veröffentlichte endlich Rönsch in Kabnis Z. f. d. 
b. th. 1872, JI, p. 163 ff. Diese ausgabe bezeichnet einen ab- 
schnitt in der textgeschichte des C. A. Commodians und ermöglicht 
ein erfolgreiches weiterarbeiten in der wiederherstellung der dich- 
tung. An manchen stellen jedoch hat Rönsch die überlieferung 
nicht conservativ genug behandelt, was doch um so nöthiger scheint, 
als wir ausschliesslich auf den einen cod. Mediomontanus ange- 
wiesen sind. Manche änderungen halten wir gar nicht für geboten, 
andere für zu gewaltsam; die eine und die andere stelle hätte 
wohl auch anf einfacherem wege sich lesbar machen lassen. Die 
nachfolgenden beiträge sollen neue lösungen versuchen und auch 
einige übergangene stellen näher behandeln. 
Vss. 1 und 2 lauten in der handschrift und bei Pitra in der 

ersten lesung : 

Quis poterit unum proprie Deum nosse caelorum, 

Nisi quem is tulerit ab errore nefando ? 
Später ergänzt Pitra den vers durch longe oder procul vor tulerit. 
Rönsch schreibt: is ipse abstulerit. Die textüberlieferung bietet 
diesen conjecturen durchaus keinen halt. Die ergänzung ergiebt 
sich natürlicher aus dem vorhandenen , wenn man sustulerit für is 
tukrit schreibt; denn die kräftigere bedeutung eines compositums 
halten wir mit Rönsch für passend. Wenn aber Commodian in der © 
parallelstelle Instr. 1, 4—6 in verwandtem zusammenhange abstuli 
me fandem inde sagt, so ist eben dort ein compos. mit anlautendem 
a des acrostichons wegen nothwendig, ein grund der an unserer 
stelle nicht vorliegt. Ipse ist nicht nothwendig, da der ton nicht 
auf is (Deus) liegt, sondern, nach der voraufgehenden frage, auf 
dem berufenen (Commodian), der in der einleitung sein unternehmen 
rechtfertigen will. Darum setze man vor quem ein is ein, das bei 
voraufgehendem nisi leicht übersehen werden konnte. Endlich ist 
ein wiederholtes quis am anfange des zweiten verses durchaus am 
platze, um die frage nachdrücklicher hervorzuheben. Da der erste 
vers mit dem gleichen worte beginnt, erklärt sich die auslassung 
an gleicher stelle des verses leicht durch ein versehen des ab- 
schreibers. Die stelle ist ale6 folgendermassen zu lesen: 

Quis poterit unum proprie Deum nosse caelorum, 

Philologus. XXXVI. bd. 2. ~ 19 


290 Commodianus. 


Quis nisi is quem sustulerit ab errore nefando? — 


Vs. 8 ändert Rönsch malignas unnöthig in malignus: 
his rebus criminose denique mersus, 
Paene fui factus herbas incantando malignus. 


Das komma nach mersus bleibt besser weg, und ist dies particip 
mit fui factus zu verbinden. Diese breite, aber jedenfalls volks- 
thümliche redeweise findet ihrebes tätigung bei Commodian noch C. A. 
248: fieret deserta. Malignus in verbindung mit sachen gebraucht 
" unser dichter Instr. 1, 24, 19 duceris in loco maligno. Es ist 
also kein zwingender grund zur änderung vorhanden. — Ge- 
rechten anstoss hat man allgemein an der überlieferung von vers 11 
genommen, die folgendes bietet: 


Aggressusque fui traditor in codice legis, 

Quid ibi rescirem. 
Die früheren wiederherstellungsversuche durch traditorem, tradi- 
torum hat der letzte herausgeber mit recht zurückgewiesen und 
durch die conjectur traditores die stelle wenigstens erträglich ge- 
macht; doch hat die beziehung von ibi auf traditores etwas hartes, 
weshalb ich die leichte änderung traditas in codice leges vor- 
schlage. Bedenken gegen das perfect aggressus fui veranlassen 
Rönsch, im commentar eine zweite lesart aggressumque fecit tradi- 
torum etc. aufzustellen. Berücksichtigt man indes den sprachge- 
brauch Commodians und anderer. schriftsteller dieser zeiten, so 
müssen alle bedenken gegen jene perfectzusammensetzung fallen, 
vel. vs. 8 factus fui; 223 fuerat praedicius; 245 praedictum 
fuerat; 650, 651 fuerat invitatus — fuit rogatus etc.; prolatae 
fuerunt Instr. 1, 3, 9 fuerit (f. erit) levatus 1, 41, 7 passi fuere 
2, 2,8 fueris (f. eris) adeptus 2, 23, 5. Eine grosse anzahl 
von beispielen dieser art bat Paucker aus den Scriptores Hist. 
Aug. beigebracht. Vgl. Paucker de latinitate scriptt. H. A. p. 81 ff. 


Vs. 13 steht im codex: 
Tunc vere cognovi Deum summum in altis, 
wie auch Pitra zuerst geschrieben hat. Spiiter hat derselbe mit 
Dübner vere agnovi caelis Deum ohne äussere wahrscheinlichkeit 
conjiciert. Leichter ist Rönschs vere Dominum cognovi etc. Ein- 
facher scheint es mir noch zwischen Deum und summum ein unum 
einzuschieben, wodurch erst die steigerung tunc vere vollständig 








Commodianus. 291 


wird. Der dichter geht am schluss des ersten abschnittes auf den 
anfang (unum proprie Deum nosse) zurück. Eine übertreibung 
wird man in unum summum nach unum proprie nicht finden kön- 
nen. Demnach ist an unserer stelle zu lesen: 


Tunc vere cognovi Deum unum summum in altis. 


Vs. 15 hat der codex: 
Quis melior medicus nisi passus vulneris auctor. 

Pitra hat die überlieferung aufgegeben und am schluss nach Düb- 
vers vorgang vulneris ictus geschrieben, ebenso Rinsch. Ohne 
zweifel ist es einfacher, nach umstellung weniger zusammenstossen- 
der buchstaben vulnera victor zu setzen. Einmal ist die änderung 
eine sehr unbedeutende und kommt dem gegebenen ganz nahe, 
sodann ist der ausdruck victor nach dem vorausgegangenen durch- 
aus begründet, die beziehung zu melior medicus bleibt durch passus 
winera gewahrt; endlich ist mit vulnera victor ein alliterierender 
ausgang gewonnen, den Commodian gern verwendet. 


Vss. 20 und 21 giebt die, handschrift in folgender entstellung: 
Ingerunt ut tumujum sepulchrum dum plaudens diviti 
Mutabuntur paupere veste et fasti diis. 


Danach hat Pitra: 
Ingerunt ut tumulum se pulchros: d. diviti plaudent 
Mut. fastidiis et paupere veste. 


geschrieben, ohne damit viel zu bessern. Rönsch hält seinen 
vorschlag : 

Inferuntur tumulo sepulchri, dum gaudent divitiis: 

Mut. et fastidiis et paupere veste — 
selbst nur für ein provisorium, sodass ich mich der widerlegung 
überbeben kann. Der zusammenhang ist dieser: viele thoren küm- 
mern sich nicht um die wahre erkenntniss, suchen more ferino 
andere auszusaugen, kurz, sie leben wie saginati porci. Es liegt 
auf der band, dass der dichter dies im folgenden (21. 22) durch 
ein beispiel erläutern will, dessen ungefähren inhalt die überlie- 
ferten verse erkennen lassen: erst stehen sie (multi) seufzend an 
dem grabe eines reichen, hinterher verhóhnen sie ihn bald (fut.) 
und legen das trauergewand wieder ab. Demgemäss schreibe ich: 

Ingemunt ad tumulum sepulcri; tum diviti plaudent 

Mutabuntque pauperes vestes et fastidientur. 


19* 


292 Commodianus. 


Dass diese fassung auch äusserlich dem codex am nächsten 
kommt, zeigt die vergleichung. Die dactylische messung von mu- 
tabunt lässt sich durch eine menge beispiele aus dem €. A. be- 
legen. Vgl. érrabam 3 u. a. oben angeführte stellen. Der me- 
diale gebrauch von fastidire im vulgärlatein ist durch Petron. 
Sat. c. 48 bezeugt. 


Vss. 23 und 24 lauten in der handschrift : 

Si pinguis est opibus sibi sit si Caesare dignus, 

Quid sua praeponit fragilis nec respicit ullum? 
Im ersten vers hat Pitra cibus sit si und Rénsch cibus si ohne 
sit geschrieben. Ich stosse mich nicht sowohl an cibus, was dem 
zusammenhange nach ganz gut gesagt werden könnte, als an dem 
plötzlichen übergange aus dem plural, der in den vorhergehenden 
sätzen durchweg gebraucht wird (von proponunt bis edunt), in den 
singular, der ohne das erforderliche persönliche subjeet eintritt (si 
pinguis est). Noch fühlbarer wird dieser übelstand, wenn man mit 
Rönsch cibus si liest und bei fehlender copula dies zweite glied 
des vordersatzes unmittelbar mit dem ersten verbinden muss. Dann 
noch etwa „einer“ oder „jemand“ zu ergänzen scheint unmöglich. 
Die natürlichste remedur ist, für pinguis das dem sinne nach er- 
forderlich quis zu schreiben; cibus ist dann freilich nicht mehr 
haltbar, aber auch nicht nóthig: sibi bleibt nach der handschrift, 
und für das sinnlose sit si schreibe ich visus. — Am ende des 
folgenden verses hat Rönsch ullum in urnam geändert, eine con- 
jectur, der ich nicht beizustimmen vermag. Die worte nec respicit 
ullum finden ihre erklärung in der aufforderung des nächsten ver- 
ses: Communicet immo talis bonitatem in omnes. Die ganze 
stelle ist nunmehr so zu schreiben: 

Si quis est opibus sibi visus Caesare dignus, 

Quid sua praeponit fragilis nec respicit ullum ? 

Vs. 26 bat Rónsch mit recht Leimbachs conjectur Cui sum- 
mam dedit iam, honores addidit Alius zurückgesetzt gegen die an 
den codex sich eng anschliessende lesart Pitras: 

Cui Summus (cod. summa) divitias, bonores addidit altos. 
Denn des erste glied verlangt kein dedit, da addidit sich auf beide 
glieder bezieht und, wie so oft, die composita bei spüteren beson- 
ders bei den schriftstellern plebejischer diction, in der einfachen 








Commodianus, 293 


bedeutung des v. simplex gebraucht wird. Eine weitere bestäti- 
gung liegt in divitias datas a Summo im folgenden verse; die 
wiederholung des ganzen ausdrucks sichert auch unser Summus 
divitias addidit im 26. verse. 
Vas. 39 und 40 schreibt Rönsch: 
Quem (sc. Deum) ut crederemus, non tantum verba (verbo 
cod.) sonavit (sanavit cod.), 
Sed et demonstravit fortia Pharaoni (-ne cod.) decepto. 
Mit verbo sanavit ist allerdings nichts anzufangen, non tantum 
verlangt aber einen stärkeren ausdruck als verba sonavit, der mit 
verba tonavit am besten getroffen scheint. Verba tonare sagt auch 
Prop. 4, 1, 34. Vgl. auch ore tonare Claudian. rapt. Pros. 1, 84. 
Cicerona tonare Claud. ep. ad Olybr. 3, 4. —  Commodian selbst 
gebraucht ore tonare C. A. 593. Das vulgäre perfect tonavit 
lässt sich mit zahlreichen analog gebildeten formen belegen. Vgl. 
mnaverint Tert. ad Scap. c. 3. vetavit Pers. 5, 59. vetaverint 
Imp. lustinian Cod. 5, 1, 13 im Veron. — vetassent Epit. Iliad. 250. 
Ferner die supina domatum Petron. Sat. 74. vetatum Act. 17, 
15 It cod. Cant., s. Rönsch Ital. und Vulg. p. 296. Aber auch 
lonavit selbst ist nicht ohne gewähr : intonaverit steht Paulin. Nol. 
Carm. 21, 904 intonavisset Iul. Valer. gest. Alex. M. 1, 19 (13) 
— intonatus kennt Prisc. 9, 7, 37, p. 863 und 11, 8, 34, p. 930. — 
Von der lesart Pharaone decepto abzugehen halte ich nicht für 
nothig. | 
Vs. 45 hat Pitra das handschriftliche annorum im nachtrage 
in annüm geändert, welche form dann Leimbach und Rönsch auf- 
genommen haben, offenbar, weil ihnen die messung annòrim nicht 
tuagte. Ware dies das einzige beispiel der art, so wäre ein be- 
denken gegen die überlieferte form gerechtfertigt, aber es steht 
nicht vereinzelt da, Um muliorum vs. 53 zu übergehen, da diese 
stelle der kritik verdächtig erschienen ist, citiere ich defüinctörum 
C. A. 142. sdnctorém 267 (denn nur mit dieser betonung erhält 
dieser vers die von Commodian meist beobachtete hauptcäsur), 
pedlmorim 447, wie dort die handschrift hat und wie auch zu 
lesen ist. Vgl. ausserdem éstòte 67, climamus 75., discedit 328 
nite, aédite u. v. a. m. 
Vs. 51.ändern die berausgeber die worte der handschrift: 
Nec una contentus prophetica voce se promittit in Nec una contentus 


294 Commodianus. 


prophetica voce se promit, ohne zweifel, weil sonst se den übrigens 
glatten vers stört. Der augenschein lehrt, dass das überflüssige 
und hinderliche pronomen von einem gedankenlosen abschreiber nur 
aus der zweiten silbe des voraufgehenden wortes voce wiederholt 
ist, ebenso wie vs. 50 nach ipse das ungehörige se sich einge- 
schlichen hat. Promittere in d. bed. „zusagen, sich versagen“ 
gebraucht Plaut. Stich. 4, 2, 16. Cic. de or. 2, 7, 27. 
Wie schon oben bei vs. 45 erwähnt, ist vs. 53 fehlerhaft 

überliefert. Der Mediom. hat ihn in folgender gestalt: 

Hunc ergo, cum legitis multorum praeconia, 

Invenietis (54) ..... 
Den fünften fuss hat Commodian im C. A. nie spondäisch gebildet. 
Die ergänzung des verses am schluss durch vatum, welche Pitra 
später vorgenommen hat, ist daher wohl annehmbar. Deshalb aber 
das beglaubigte müliórüm in multum zu ändern verbietet das 
handschriftlich gesicherte annorum vs. 45. Vgl. das zu dieser 
stelle oben angemerkte. In einer populären dichtung halte ich 
eine zusammengezogene form wie multóm für überkünstelt und 
schwer verständlich.” Der wiederhergestellte vers lautet nun: 

Hunc ergo, cum legitis multorum praeconia vatum, 

Invenietis etc. 
Auch die zweite hälfte des eben behandelten satzes (vs. 53. 54) 
ist verbesserungsbedürftig, wie sie vorliegt: 

Hune ego . . .. 

Invenietis eum carnem invenisse pro nobis. 
Das verderbniss liegt in invenisse. Es scheint mir sehr wahr- 
scheinlich, dass Commodian nur venisse geschrieben hat und dass 
die präposition, die ursprünglich vor carnem stand, von einem nach- 
lässigen abschreiber vor venisse gesetzt ist, da ein invenietis vor- 
aufgeht. Setzen wir also die präposition wieder vor ihr substantiv, 
so ist die stelle geheilt: 

Invenietis eum in carnem venisse pro nobis. 
Pitras adsumpsisse entbehrt aller wahrscheinlichkeit, näher der 
äusseren textgestalt und zutreffender dem zusammenbange nach ist 
Rönschs carnem induisse, welchen ausdruck ich annehmen würde, 
wenn der oben gefundene sich nicht einfacher aus dem im cod. 
gegebenen herstellen liesse. 

Vas. 55 und 56 lauten: 





Commodianus, | 295 


Unde nunc erratur (probatur R.) ordinasse talia Summum, 
(Id R.) quare subsannant? nerunt (norint R) quod ab ipso 
| videntur. 

Lässt sich mit erretur gar wichts anfangen, dass man es mit 
Rönsch über bord werfen und ein wort ganz entgegengesetzter 
bedeutung substituieren muss? Weder äussere noch innere gründe 
sprechen für das eingeschlagene verfahren. Eine andere inter- 
punction hebt allen zweifel an dem bezeugten erratur. Wir setzen 
ein fragezeichen nach erratur; dann hängt der satz ordinasse talia 
Summum von subsannant ab. Will man Commodians vorliebe für 
einen dactylischen versanfang gerecht werden, so kann man Rönschs 
id vor quare beibehalten. Der inhalt beider sätze passt nun vor- 
trefflich in den zusammenhang: „ihr werdet finden, dass er (Deus) 
für uns mensch geworden ist. Wie kann man nun noch irren? 
Warum spottet man noch, dass der höchste in solcher weise ver- 
fügt hat? (Wenn sie das noch thun), verdienen sie, dass er ihrer 
lachet**, Im letzten satze habe ich gleich die erklärung meiner 
verbesserung merunt gegeben. Pitra hat seine ersten vorschläge 
meminerint und nec erunt selbst im nachtrage durch seine letzte 
conjectur norunt ausser cours gesetzt, aber auch norunt lässt sich 
nicht halten. „Sie wissen dass u. s. w.“ kann man von den 
errantes in unserem zusammenhange nicht behaupten. ^ Rónschs 
sorint, an sich wohl zutreffend, würde ich annehmen, wenn man 
nicht durch noch leichtere änderung zu einem richtigen ausdruck 
käme.  Leimbachs merent hat mich auf merunt gebracht, das dem 
gedanken angemessen ist und sich mit einem federstriche herstellen 
lässt. Der übergang vou serere aus der II, conjugation in die 
HI kann bei Commodian, der auch praebere C. A. 37 hat, nicht 
auffallen. Derselbe gebraucht auch intuere statt intuere (f. in- 
bueri): intuite Instr. 1, 31, 1 und 1, 39, 5, ferner exercite für 
ezercete 2, 26, 1. Andere beispiele dieser plebejischen flexion fin- 
den sich bei Plautus, Petronius u. a. Eine mischform mereunt 
(falls auch dortnicht merunt zu lesen ist) steht noch bei Commo- 
dian Instr. 2, 3, 11. — Unsere lesart der beiden behandelten 
verse ist also: 

Unde nunc erratur ? ordinasse talia Summum 

Id quare subsannant? merunt quod ab ipso ridentur. 

ws, 69: Ignavia pueri(s cod.) opus est, non certe robusti (s cod.) 


é 


296 Commodianus, 


So Rönsch, der, indem er Eberts erklärung von opus est = ,,es 
ist erlaubt“ bestreitet, die genetive pueri und robusti für noth- 
wendig hält. Aber opus est bedeutet hier weder „es ist erlaubt“ 
noch „es ist nöthig“. Nicht nothwendigkeit, auch nicht möglich- 
keit soll hier die ignavia für die knaben sein, sondern eine den- 
selben gewöhnlich anhaftende eigenschaft: ignavia gehört den 
knaben an, nicht den erwachsenen! Diese bedeutung lässt sich 
sehr wohl aus opus „werk, geschäft. d. h. gewöhnliches thun und 
treiben jemandes‘ ableiten. Der dativ kann dabei unmöglich be- 
fremden. Der ausdruck mag etwas steif sein, lässt sich aber er- 
tragen. Nicht unerwähnt mag es bleiben, dass in dem entspre- 
chenden ausdruck des folgenden verses die pluralformen rudibus 
und maturis stehen, denen pueris und robustis besser entsprechen 
als die betreffenden singularformen. Daher behalten wir den vers 
in seiner ursprünglichen form bei. 

Vs, 70: Si licet (decet cod.) hoc rudibus, non convenit aevo 

maturis. R. 
Auf das ungehörige in dem ausdruck decet hat Rönsch bereits hin- 
gewiesen; sein licet ist weit geeigneter. Noch lieber möchte ich 
rudibus auf convenit beziehen und scilicet für si licet setzen: 
Scilicet hoc rudibus, non convenit aevo maturis. 

Der dichter fährt dann mit folgender drohung fort: „wenu 
nun die zeit diese leute nicht bessert (vs. 71), so werden die ver- 
härteten zu spät in der gehenna dafür büssen (saxei sic homines 
mollescunt sero gehenna vs. 74)“. Nach diesem zusammenhang 
müssen die dazwischen liegenden verse emendiert werden. Die 
periode hat in der letzten ausgabe folgende gestalt erhalten: 

Quam quidem partem (pars cod.) hominum non sit mode- 

rata vetustas, 

Sic erit ut perna minime salfacta, putrescet (puerascit cod). 

Nemo petram subicit, nisi solius (solus cod.) ignis, ad escam: 

Saxei sic homines mollescunt sero gehenna. 
Ehe nun die folgerungen des verses 74 gezogen werden, muss der 
dichter offenbar erst zwei vermittelnde behauptungen aufstellen: 
1) jene pars hominum besteht aus saxei homines, 2) den stein be- 
zwingt nur das feuer. Dies festgehalten, wird man von putrescet, 
das einen ganz entgegengesetzteu gedanken enthält, abgehen müssen. 
Man kann von perna minime salfacta ein putrescere behaupten, 











Commodianus. 207 


aber nicht von der menge, die mit einem stein verglichen werden 
sol. Der so nothwendige zusammenhang zwischen dem ersten 
(71. 72) und zweiten verspare (73. 74) wird durch putrescet 
unmöglich gemacht. Das handschriftliche puerascit halte ich nun 
für eine entstellung des ursprünglichen petrascit. Dies wort stellt 
zu vs. 73 und 74 die richtige beziehung her und hat in dem 
gleich darauf folgenden petram auch seine äussere bestätigung. 
Unerlässlich ist dann freilich noch die verwandlung von minime in 
nimis; denn minime salfacta giebt nur zu putrescet sinn. — Die 
noch rückständige behauptung, dass nur das feuer den stein be- 
zwingt, muss aus vs. 73 gewonnen werden. Wie er bisher lautet, 
lässt er eine solche deutung allerdings noch nicht zu. Behalten 
wir aber das ursprüngliche solus ignis und ändern ad escam in 
adescat = verzehrt, so ist alle unebenheit des zusammenhangs be- 
seitigt. Gegen das von Leimbach conjicierte solius möchte ich 
noch erinnern, dass diese genetivform im vulgärlatein durch soli 
gewöhnlich vertreten wird. Sie aber Commodian aufzuzwingen, 
muss man um so mehr bedenken tragen, als dieser dichter selbst 
an zwei anderen stellen die dem sermo plebeius angehörige form 
des dativs solo gebraucht, vgl. C. A. 93 sibi solo notatus und 106 
solo Deo nota. 

In dem vs. 77 folgenden gleichnisse hat Rönsch das hand- 
schriftliche missa/m) = missio durch anführung von analogen 
beispielen gesichert, indem er auf defensa für defensio, extensa, re- 
missa, caesa, lamenta, lucta, puncta u. a. hingewiesen hat. Aber 
auch für «missa selbst lassen sich mehrere belege anführen, so C. 
Theod. 6, 26, 3. Papin. Dig. 48, 5, 39, 34; noch andere siehe 
bei Paucker a. a. o. p. 70 ff. Ebendeshalb schreibe ich vs. 78 
easdem monitas. Der Mediom, hat 77 und 78 in folgender ge- 
stalt: . . . . unus audit et excutit alter Nec accipit eos de munita 
sed perditus errat. Hieraus hat Rünsch accipit eosdem monitus 
conjiciert. Für accipif stimme ich zu, denn es geht audit und 
excutit vorauf, und errat folgt. Dass in munita ein monita zu 
suchen ist, zeigt das vs. 80 folgende monet resp. monetur. Ein 
bei monita feblendes s erklärt sich leicht bei nachfolgendem sed. 
So ergiebt sich monitas ganz von selbst Demzufolge muss aller- 
dings eosdem in easdem übergehen. Ich ziehe das substantiv der 


298 Commodianus. 


I. declination vor, weil diejenigen der IV. überhaupt in der vul- 
garlatinität selten sind, besonders in pluralformen. 


Vas, 79—81: Quis modo delinquit (relinquet Cod.) . / . 
Qui movet (monet cod.) aut ille qui non vult dicto parere? 
Spero reus non est qui Caesaris dictus (dictos cod.) obaudit. R. 


Leimbachs futurum delinquet vs. 79 ist beizubehalten; denn der 
dichter verschiebt sein urtheil über den delinquenten, bis die leser 
es selbst gefunden haben (iudices estote de istis): wer soll nach 
eurem urtheil der schuldige sein? Aus gleichem grunde ist Pitras 
späteres deliquit abzuweisen. — Der dichter stellt die nicht zwei- 
felhafte wahl zwischen dem, welcher dem befehl nachkommt, und 
dem ungehorsamen. Da qui monet den ersteren nicht bezeichnen 
kann, substituiert Rönsch movet, also in der bedeutung „sich be- 
wegen, bewegt werden“, in welcher sich das wort allerdings zu- 
weilen findet. Allein daraus zu folgern, dass es in volksthüm- 
licher rede so verstanden wird, dazu fehlt aller grund. Uebrigens 
muss movere schon wegen der unpassenden beziehung auf einen 
militärischen befehl verworfen werden; man kann nicht sagen, 
„der soldat lässt sich bewegen etwas zu thun“, oder „der soldat 
wird bewogen“, sondern „ihm wird befohlen“, und bei schlechter 
ausführung des befehls, „er wird erinnert“. Wir erwarten daher 
nur qui monetur (vgl. oben monitas), wie es sicher im originale 
geheissen haben wird. 


Am ende des nächsten verses gehe ich auf Leimbachs con- 
jectur dicto subaudit zurück , fasse dicto allerdings, wie es allein 
möglich ist, als dativ. Zunächst erinnere ich gegen Rönschs 
dictus obaudit wieder an das über den seltenen gebrauch der ver- 
balsubstantiva auf us gesagte. Weiterhin darf nicht übersehen 
werden, dass Commodian sonst stets dictum und dicta (pl) ge- 
braucht, vgl. vorher dicto parere 80. dicta divina 217. suo dicto 
sanavit 236. prophetarum dicta 239. dictis 523. dicto 532. 
dicta prophetica 544. omnia dicta 547. Ein dictus ist mir nir- 
gends aufgestossen. 

Vs. 96 ff.: Ignem interposuit, metuendum angelum ipsis, 

Quos tamen distribuit, minoris potentiae a se, 
Ut regerent caelos etc. R. 


Vers 97 schliesst in der handschrift mit potentiae ab. Rénschs 








Commodianus, 299 


ergänzung a se deckt den inhalt vollständig. Mit grösserer 
äusserer wabrscheinlichkeit lässt sich jedoch ipso einschieben; da 
der darüberstehende vers mit ipsis schliesst, konnte ein fast gleich- 
lautendes und gleich aussehendes wort an derselben versstelle über- 
sehen werden. 


Nach einigen versen folgt eine schilderung der maiestas Dei: 


103: Relucet immensa super caelos et sine fine 
Aut requie totum torquet quasi flammea virtus. 


So nach Dübner und Leimbach auch Rónsch. Im Mediom. steht 
vs. 104: Aureve totum quod est quasi etc. Dübner’s vorschlag 
ist, wie seine meisten emendationen zu Commodian, sehr gewalt- 
sam: quasi flammea virtus torquet totum ist ein durchans unpas- 
sender ausdruck. Und warum sich so weit vom gegebenen ent- 
fernen? Liest man mit unbedeutender veründerung aureaque statt 
aureve, so ist der ganze vers gerettet. Aurea bedeutet hier 
„wie gold strahlend“ und findet seine begriindung (quod) mit in 
flammea virtus. "Totum nehme ich als adverb zu aurea; denn 
Commodian gebraucht das neutrum des adjectiva mehrfach als ad- 
verbium, auch von adjectiven der II. declination. Vgl. diurnum 
(= quotidie) 594. 604. Ferner fortunatum Instr. 1, 2, 12 si- 
mile 1, 12, 15, immortale, crudele a. a. o. 


Vas. 114—119 R.: 
Quidquid est, unus (unum Cod.) est in immenso lumine solus, 
Ubi facies [aut Cod.] oculi aut os aut membra notantur, 
Inde pugillo suo concludere circulum orbis. 
Attamen cum voluit sciri de se ipso quid esset, 
Numine (nomine cod.) de tanto fecit se videri capacem. 
Sunt quibus in ignem adparuit, voce locutus etc. 


Die stelle ist, wie sie vorliegt, immer noch ungeniessbar; die bis- 
herigen verbesserungen blieben auf einzelnheiten beschränkt. Al- 


Jein grade die reihenfolge der gedanken ist unerträglich, wenn 


nicht unmöglich. Der satz Attamen fecit se videri capacem nach 
facies os etc. Notantur enthält einen widerspruch: er zeigt sich, 
aber er macht sich sichtbar!! Ferner passen die durch ubi und 
inde (115 und 116) eingeleiteten sätze nicht zusammen.  Conclu- 
dere (116) hat kein verbum finitum, von dem es abhängig zu 
denken ist. Aus notantur ein notatur zu concludere herauszu- 


300 Commodianus. 


nehmen, wie Rünsch es gethan bat, halte ich für erkünstelt. Aus 
diesen verschiedenen gründen ist eine grössere umstellung geboten, 
Ich vermuthe, der bisherige vs. 115 hat ursprünglich seine stelle 
nach 118 (Numine etc.) gehabt und hat, an jetziger stelle einge- 
schoben, concludere von seinem regierenden verbum getrennt. Dies 
war nämlich solet am ende von vers 114, welches nach erfolgter 
trennung als solus in den voraufgehenden satz hineingezwängt 
wurde. Um nun inde zu erklären, setzte man vor dem eingescho- 
benen verse ein das metrum gänzlich zerstörendes ubi ein, das 
so wenig in den vers passt, als der nun von ubi eingeleitete satz 
zum ganzen satz. Entfernen wir zunächst vs. 115, so wird inde 
nicht mehr anstössig sein: es heisst de immenso lumine. Der 
nunmehr freigewordene vers facies aut oculi aut os aut membra 
notantur bedarf keiner korrectur mehr, sondero nur eines anderen 
platzes, den wir ihm nach fecit se videri capacem anweisen, falls 
nicht die stellung nach vs. 120 noch angemessener ist. Weiter 
dürfte keine wahl gestellt sein. An beiden stellen bringt der vers 
das einzelne, besondere nach dem allgemeinen. Die gewonnene 
neue fassung der besprochenen stelle ist nun folgende: 


114 Quidquid est, unus est in immenso lumine; solet (früher 114 


115 Inde pugillo suo concludere circulum orbis. 116 
116 Attamen cum voluit sciri de se ipso quid esset, 117 
117 Numine de tanto fecit se videri capacem: 118 
118 Facies aut oculi aut os aut membra notantur. 115 
119 Sunt quibus in ignem adparuit, voce locutus etc. 119 
oder : 
117 Numine de tanto fecit se videri capacem. - 118 
118 Sunt quibus in ignem adparuit voce locutus; 119 
119 Sumtus est in carnem, quem regio nulla capebat: 120 
120 Facies aut oculi aut os aut membra notantur. 115 


Da vss. 121. 122 der gedanke Hic Deus omnipotens . . . . 
fecit se videri quibusdam nur eine wiederholung des schon vs. 
(118) 117 gesagten ist (fecit se videri capacem), so ist im an- 
fang des 121. verses Sic für Hic zu schreiben, wodurch dieser 
kleine abschnitt einen abschluss erhält. 

Vss. 141—145: 

Hoc Deus omnipotens vel maxime credere suadet, 





Commodianus. | 301 


Quod veniet tempus defuncto, vivere rursum. 

Sit licet nunc pulvis, iaceant licet ossa nudata, 

Integretur home ut fuerat, qui mortuus olim, 

Et gratia maior hinc gratia erit istius aevi. R. 
Nach dem zu vs. 45 ausgeführten ist vs. 142 für defuncto das 
handschriftliche defunctorum wiederherzustellen. — Vs. 143 hat 
Rénsch Leimbachs sit licet statt des handschriftlichen scilicet auf- 
genommen. Der satz qui mortuus olim hat nun gleichen inbalt 
wie der erste Sit licet . . . nudata, und beide beziehen sich auf 
denselben hauptsatz Integratur homo; jedenfalls eine lästige wie- 
derholumg, in welcher der zweite ausdruck den ersten nur ab- 
schwächt. Darum setze ich nach rursum ein komma und nach 
nudata den scblusspunkt. Statt sit ist dann sint zu lesen, sodass 
sich der concessivsatz auf die defuncti bezieht; dann erst ist das 
attribut omnipotens verständlich : gott lässt sie (defuncti) wieder 
leben, trotzdem sie schon staub sind, — Vs. 144 ist ut vor 
fuerat zu streichen und dies mit moriuus zu verbinden, weil der 
relativsatz kein v. finitum hat und durch den zwischensatz ut 
fuerat zu weit von seinem beziehungswort (homo ) getrennt wird. 
Vss. 141 ff. lauten nun: 

Hoc Deus . . . . suadet, 

Quod veniet tempus defunctorum vivere rursum, 

Sint licet nunc pulvis, iaceant licet ossa nudata. 

Integratur homo, fuerat qui mortuus olim, etc. 

Vas. 187. 188 R.: Ex eo coeperunt unum Deum nosse profani 

Et fieri in populum secundum Dei secreta. 
Im ersten vers hat die handschrift unum in Deum esse, woraus 
Pitra später die obige lesart gewonnen hat. So gut letztere an 
sich ist, hier ist sie unberechtigt, so lange man mit der ursprüng- 
lichen fassung auskommen kann. Man wird an der construction 
von in mit dem acc. auf die frage wo? im sermo plebeius keinen 
anstoss nehmen dürfen. Vgl. vs. 472: erit in pacem; 488: quis 
sit in illum. Noch gewöhnlicher ist der umgekehrte gebrauch: 
in mit dem abl. auf die frage wohin? ; vgl. in ore venire 590. 
induxerat in terra promissa 197. prosilire in nova lege 283. 
mittuntur in morte Instr. 2, 3, 11. in synagoga decurrere 1, 24, 
11. ducere in loco maligno 1, 24, 19. in una flamma convertitur 
2, 3, 6. — Vs. 188 scheint Rönschs lesart in populum fieri we- 


302 Commodianus, 


niger annehmbar als Leimbachs populus fieri; die handschrift hat 
populum fieri. — 
Vss. 237-—40 R.: Talia videntes tnrbabantur mente ludaei, 
Qui magis invidia sunt ducti, in zelo livoris 
Non respicientes prophetarum dicta sepulta, 
Quod veniret homo talis qui dispergeret illos. 
Im zweiten der angeführten verse scheint mir magis sehr ver- 
dichtig; denn ein nothwendiger begriff zur ergänzung ist im 
ganzen satze nicht zu entdecken: über den zu vergleichenden ge- 
geustand bleibt man im zweifel. Waren die Juden mehr als a n- 
dere durch missgunst getrieben, oder wurden sie mehr durch 
missguust als durch einen anderen beweggrund geleitet? — 
Für invidia stebt nun im cod. invidiae, ein genetiv, der auf ein 
substantiv zurückweist, das offenbar aus dem sinnlosen magis her- 
auszunehmen ist. Daher schreibe ich malis invidiae. — Im fol- 
genden verse werden die dicta prophetarum als sepulta bezeichnet ; 
so nach Leimbachs conjectur für das überlieferte und allerdings 
unbrauchbare sepulti. Die verbindung dicta sepulta ist aber eben- 
falls unstatthaft. Wie soll man auf dicta sepulta rücksicht nehmen 
(respicientes)? Deshalb ändere ich sepulta in repulsa. 
Vss. 253. 254: 
Sic nec synagoga potuit cognoscere tempus, 
Quando et quo duce caderet de suo primatu; 
Für letzteres wort bietet der Mediom. privato; demnach ist rich- 
tiger privata herzustellen, welches sich auf synagoga bezieht. De 
suo ist von privata abhüngig und nicht mit duce zu verbinden: 
des ihrigen d. h. ibrer macht beraubt. Die construction privare 
alqm. de alqua re findet sich bei Commod. Instr. 1, 5, 2 patrem 
de regno privavit. 
Vss. 257. 258: 
Ventum est ut ipse dominator caeli veniret: 
Secundum scripturas non est computatus ab ipsis. 
Die früheren herausgeber haben den ausdruck ventum est unbean- 
standet gelassen, und doch ist es nicht müglich, denselben in ver- 
bindung mit ut veniret zu erklären. Der inhalt des nächsten verses 
weist auf einen gegensatz hin, der bis jetzt aus v. 257 nicht her- 
ausgelesen werden kann. Dort heisst es: er (dom, caeli) d. h. 
seine ankunft, ist nicht gemäss der schrift von ihnen berechnet. 





Commodianus. 303 


Man erwartet nun den gedanken: durch zufall ergiebt es sich, zu- 
fällig ist es erfunden, dass er kam. Dieser nothwendige satz ist 
da, sobald man für ventum das compos. invenium setzt : 

Inventum est ut ipse dominator caeli veniret. 

Vs. 259: Praescius hoc fuerat Dominus, quasi cuncta qui novit. 
Durch quasi wird die allmacht und allwissenheit zweifelhaft, besser 
also quippe. 

Vss. 280—282 R.: 

lam caro verbus erat, in quo Dei virtus agebat. 
Ut claritas tanta fieret homo quoque pro nobis, 
Der erste vers hat den herausgebern viel zu schaffen gemacht. 
Der Mediom. hat: Iam c. deserat in qua Dei etc. Pitra schreibt: 
Iam c. Deus erat; aber würde Commodian dann Dei virtus sagen? 
Sein spüterer versuch mit desierat klärt den satz nicht im ge- 
ringsten auf, desierat bedarf einer ergünzung. Leimbach vermu- 
thet deseratur „das fleisch wird erschlossen“, indem er bezug 
nimmt auf Maria, vom heiligen geist überschattet. Er belegt de- 
serare mit einer stelle aus Apuleius; allein so lange er nicht den 
ganzen ausdruck carnem deserare durch belege sicher stellen kann, 
wird man von der sehr gekünstelten erklärung der stelle abstand 
nehmen. Uebrigens ist mir in dem ganzen zusammenhang auch 
das praesens auffällig. Die neuste ausgabe bringt den oben ange- 
führten lósungsversuch. Rénsch sieht nämlich in dem versé eine 
übersetzung der bekannten stelle Joh. 1, 14, und die form verbus 
durch einige beispiele zu stützen macht dem gelehrten kenner des 
bibellateins keine schwierigkeiten. Doch vermag ich in dem vor- 
kommen nur eines wortes an beiden stellen, sowohl bei Commodian 
als bei Johannes, noch keine absichtliche beziehung zu entdecken. 
Aeusserlich ist die vermuthung gar nicht wahrscheinlich: aus ver- 
bus erat ist weder durch verhören noch durch verschreiben deserat 
entstanden, und das femininum qua spricht entschieden gegen ein 
verbus. Der stelle geschieht nach beiden seiten hin genüge, wenn 
man descenderat liest. 

Vss. 285 ff.: Hic erat Omnipotens, cuius in nomine gentes 

Credidere; omnino quod propheta dixit Esaias: 
Exsurget in Israel homo . .... , 
In illum sperabunt gentes, etc. 


304 Commodianus, 
4 


Die einleitung des beispiels durch omnino ist unpassend; denn 
die bedeutung dieses adverbs widerstrebt einem solchen zwecke. 
Der vers wird der muse Commodians nicht unwiirdig, weno wir 
omnino ohne allen ersatz streichen. 


Vs. 295: 

Sub caelo non aliud nomen est nisi Christi praestatum. R. 
Christi praelator die haudschrift. Pitra und Leimbach behalten 
praelator, da sie hierin eine alterthümliche vom supinum abgeleitete 
imperativform sehen. Da indess eine solche bildung sich nicht 
nachweisen lässt, hat Rönsch sie mit recht verworfen, indem er prae- 
statum schreibt. Näher liegt das von Pitra in der vorrede gegebene 
praelatum. Dass praeferre in der bedeutung „glücklich preisen, 
lobend und rübmend erwähnen‘ in dieser zeit gebraucht wurde, 
geht aus den in Rönschs commentar p. 267 angeführten beispielen 
hervor. Vgl. Cypr. de Hab. Virg. 7. de Mort, c. 20. Sulpic. 
Sever. Dial, 1, 26. 


Vss. 297. 298: 
Non ita suademur credere pro tempore casso (quasso Cod.), 
Sed propter futurum tempus, in aeterno viventes. 
Der ausdruck futurum tempus verlangt nicht sowohl den gegensatz 
tempus cassum, sondern die hinweisung auf die frühere zeit. 
Daher ist pro tempore casco zu schreiben. 


Vs. 299: 
Haec quaerenda nobis spes est, sempiterna frunisci. 

Im Mediom. wird speranda für quaerenda und sempiterno für sem- 
piterna gelesen. Unter hiuweisung auf die vs. 306 folgende wen- 
dung spes nobis quaerenda est hat Leimbach auch hier speranda in 
quaerenda geündert. Da der vers sonst unverdüchtig erscheint, so 
wird jene variante allein die überlieferung nicht umstossen kön- 
nen. Auch sempiterno behalte ich bei, nicht um einen ablativ zu 
frunisci zu gewinnen, (denn der acc. in dieser construction ist im 
sermo plebeius gewöhnlich), sondern als adverb zu frunisci. Das 
adverb sempiterno findet sich noch bei Cato b. Charis. 2, 13, 
p. 194. Vitruv. 1, 5, 3. 9, 4, 2. Petron. 45. Solin. 35, 5. 
40, 19. Vgl. Neue ll, 645. 


Rendsburg. Ernst Ludwig. 





XIV. 


Die quellen für die nachrichten der alten historiker 
über die Diadochenkämpfe bis zum tode des 
Eumenes und der Olympias. 


In der hier folgenden abhandlung soll nachgewiesen werden, 
dass die nachrichten, die wir von schriftstellern des alterthums 
über die erste zeit der Diadochenkämpfe besitzen, mit ausnahme 
weniger und zwar fast nur unwésentliche dinge betreffender, alle 
aus einer gemeinsamen quelle geflossen sind. Hierdurch kommt 
die abhandlung mit der Brückners de vita et scriptis Hieronymi 
Cardiani (Zeitschrift für alterthumswissenschaft 1842, p. 233, 
um grossen theil wieder abgedruckt in Müllers Fragm. hist. graec. 
Il, p. 456) in nahe berührung. Denn schon dieser gelehrte hat 
erkannt, dass unsere nachrichten über jene eben bezeichneten kämpfe 
grossentheils einer quelle entnommen sind, und er findet dieselbe 
in Hieronymus, Während er aber von Hieronymus ausgeht, wird 
hier die person des letzteren zunächst ganz zurücktreten; vielmehr 
ist es meine absicht nachzuweisen, in welchem umfange die ge- 
meinsame quelle in den uns vorliegenden schriften benutzt ist. 
Hierdurch ist der standpunkt, den ich dem stoffe gegenüber ein- 
nehme, ein wesentlich anderer; es werden verhältnisse zur sprache 
kommen, auf die mein vorgänger nicht eingehen konnte, und selbst 
die von ihm behandelten punkte werden in anderer weise zu be- 
trachten sein. Aber auch manches von jenem bereits vorgebrachte 
muss hier noch einmal in derselben weise dargelegt werden, da es 
ohne schaden des zusammenhanges und der übersichtlichkeit nicht 
übergangen werden kann. 


Philologus. XXXVI. bd. 2. 20 


306 Zur zeit der Diadochen. 


Es soll nun hier bloss die zeit von Alexanders tode bis zur 
befestigung der macht Kassanders in Europa und des Antigonus in , 
Asien, d. h. also die bis zum tode der Olympias und des Eumenes 
behandelt werden. Die uns vorliegenden schriftsteller kann man 
in drei gruppen scheiden; sie behandeln nämlich entweder die ge- 
schichte im zusammenhang, oder sie liefern biographien einzelner 
männer jener zeit, oder endlich sie haben nur gelegentliche no- 
tizen. Der ersten gruppe gehört vor allem Diodor an; er ist viel- 
fach unsere einzige quelle. 

Ihm zunächst steht für die ersten jahre Arrian; leider be- 
sitzen wir seine zehn bücher 70 per AdéEavdgoy nur im auszuge 
des Photius, aber noch aus diesem können wir selen, wie unge- 
mein reichhaltig seine darstellung im verhältniss zu der Diodors 
gewesen ist. Eine untergeordnete stellung nimmt diesen beiden 
gegenüber der oft ganz verworrene bericht Justins ein; er ist ja 
nur ein Auszug aus einem auszug, und. zwar ein böchst unge- 
schickter. Endlich sind hierher noch ein auszug aus Dexippus 
Diadochengeschichte, der ebenfalls von Photius herrührt, und der 
schluss von Curtius geschichte Alexanders zu rechnen. 

In die zweite categorie gehören die biographien des Eumenes 
und Phokion von Plutarch und Nepos, in die dritte einige ab- 
schnitte aus Polyaens kriegslisten und abgerissene notizen bei 
Pausanias. | 

Bei denjenigen nun, welche die geschichte in zusammenbiin- 
gender darstellung behandeln, tritt uns die gemeinsamkeit ihrer 
quellen in allen hauptpunkten gleich in der anordnung des stoffes 
entgegen; dies nachzuweisen wird die aufgabe des ersten ab- 
schnittes der abhandlung sein; im anschluss daran werden dann 
gleich die beiden wichtigsten schriftsteller, Diodor und Arrian, im 
einzelnen verglichen werden. Nachdem nun diese grundlage ge- 
wonnen ist, wird sich der zweite abschnitt mit den einzelnen er- 
eignissen jenes zeitraumes zu beschäftigen haben. 

Da indess Diodor in vielen punkten alleinige quelle ist, seine 
nachrichten also nicht immer durch die berichte anderer controlirt 
werden können, wird es nóthig sein, in einem dritten abschnitte 
noch einmal auf diesen schriftsteller speciell einzugehen. Im 
vierten abschnitte endlich wird die frage nach dem verfasser der 














Zur zeit der Diadochen. 307 


gemeinsamen quelle mehr als anhang, denn als wesentlicher theil 
der abbandlung folgen. 
I 

Wenn in der darstellung einer geschichte, die so reich ist 
an ereignissen der mannigfaltigsten art und die gleichzeitig meh- 
rere kriegsschauplütze aufzuweisen hat, wie es in der Diadochen- 
geschichte der fall ist, zwei schriftsteller fast ausnahmslos dieselbe 
reihenfolge in den ereignissen beobachten, ohue dass dieselbe vom 
stoffe gegeben ist, so muss dies, wenn die möglichkeit einer be- 
nutzung des einen durch den andern dadurch abgeschnitten ist, 
dass der später lebende in vielen dingen mehr bietet als der ältere, 
schon stark auf abhängigkeit von einem gemeinsamen dritten hin- 
weisen, Es ist dies der fall bei Arrian und Diodor, uud zum 
theil auch bei Justin. Folgende inbaltsübersicht soll das gesagte 
veranschaulichen. 


Arrian?!) | Diodor. Justin. 


1—3. Unruhen in Ba- | XVIII, 2. XIII, 2—3. 
bylon nach Alexanders 

tode; Philipp wird zum 

könig ausgerufen. 


4, Lustration des heeres; 4, 7. 4, 7—9. 
Meleagers tod. 
5—8. Erste vertheilung 3. 4, 10-25. 
der satrapien. 

Fehlt. 4, 1—6. Die testa- Fehlt. 


mentarischen — be- 
stimmungen Ale- 
xanders werden von 
den  Makedonen 
nicht ausgeführt. 

Fehlt, 5—7. Beschreibung | Prolog des "Trogus: 
Asiens;vernichtung | Ut veteranis qui ab 
der aufständischen | eodem lecti erant 
süldner durch Py- | in colonias, moliti 
thon. relictis illis in 

Graeciam redire a 
Pithone sint deleti. 
9, Roxane gebiert einen Fehlt. Fehlt. 
sohn, 


1) Die zahlen sind bei Arrian nach C. Müllers ausgabe, bei Dio- 
dor nach der Dindorfs und bei Justin nach der Jeeps angegeben. 


20* 


308 Zur zeit der Diadochen. 
Arrian. Diodor. 


9. Der lamische krieg | 8—13. Der lamische 
bis zum tode des Leon- | krieg bis zum tode 
natus, des Leosthenes. 

Febit. 14— 15. Ptolemaeus 
tritt seine herrschaft 
in Aegypten an. 

10. Lysimachus krieg | Lysimachus krieg in 
in Thrakien. Thrakien. 

Lamischer krieg bis 
Leonnatus tod. 


11. Perdikkas vernichtet 16, 1— 3. 
Ariarathes von Kappa- 
dokien. 

12. Kraterus ankunft in 16, 3—18. 


Griechenland; ende des 

làmischen krieges. 

13. Tod des Demosthenes Fehlt. 

‘ uud der anderen anti- 

makedonischen redner. 

14—15, Spätere schick- | 48. Demades tod. 
sale des Archias und 

Demades. 

16—19. Thibrons käm- 19 —21. 
pfe in Kyrene und die 

schliessliche einverlei- 

bung dieses landes in 


Aegypten. 
Fehlt. 22. Perdikkas zer- 
| stört Laranda und 
Isaura. 
20. Ausbruch der feind- 23, 3. 


schaft zwischen Per- 
dikkas und Antigonus. 
21. Berathung bei Per- 23, 1-3. 
dikkas, ob derselbe Ni- 
kaea oder Kleopatra 
heirathen soll. 
22—23. Kyanes tod. Fehlt, spiter (XIX, 
52, 5) beiläufig 


erwähnt. 
Eurydike wird mit künig Fehlt, 
Philipp vermählt. 
24. Antigonus flucht zu 23, 4. 


Antipater. 


Justin. 


5. Der lamische krieg 
bis zum tode des 
Leonnatus. 

Feblt. 


Fehlt. 


Felılt. 
Fehlt. 
Fehlt. 


7. Episode über Ky- 
renes  gründung. 
Die einverleibung 
des landes in Ae- 


gypten. 
Fehlt. 


Fehlt. 


6, 4—7. 


Fehlt. 


Fehlt. 
Fehlt, 





Zur zeit der Diadochen. 


Arrian, 


Felt. 
Fehlt. 


25. Arrhidaeus bringt die 
leiche Alexanders nach 
Aegypten. 

26. Eumenes werbung 
bei Kleopatra fiir Per- 
dikkas. 

Antipater und Kraterus 
setzen nach Asien über. 

Neoptolemus verrath an 
Eumenes. 

27. Eumenes besiegt zu- 
erst Neoptolemus und 
dann Kraterus. 

28. Perdikkas kampf und 
tod in Aegypten. 

29. Ptolemaeus leutse- 
liges benehmen gegen 
das heer des Perdikkas. 

30. Python und Arrhi- 
daeus werden zu reichs- 
verwesern ernannt. 

Eumenes wird zum tode 
verurtheilt. 

Fehlt. 


Fehlt. 


31—33. Eurydikeszwist 
mit den reichsverwe- 
sero, Antipater wird 
zum reichsverweser er- 
nannt. Aufstand der 
truppen gegen Anti- 
pater. 
34—38, Theilung von 
Triparadisus. 

39, Eumenes rüstet, 


Diodor. 


24—25. Krieg der 
Aetoler mit Anti- 
pater und Kraterus. 

25. Kriegsrath bei 
Antipater und bei 
Perdikkas. 

26—28. 


Fehlt. 


29. 


36, 6. 


37, 1-2. 


37, 3—4. Attalus 
flieht mit der flotte 
nach Tyrus. 

38. Zug der Aetoler 
nach Thessalien, 

39. 


39, 
Fehlt. 


309 
Justin. 


Fehlt. 
6, 10—13. Kriegs- 
rath bei Perdikkas. 
Feblt. 


Fehlt. 


Fehlt. 
8, 3-4. 


8, 5—9. 


8, 10. 
Fehlt, 


Fehlt. 


Fehlt. 


Fehlt. 


Fehlt. 


Feblt. 


Fehlt. - 
XIV, 1. 


310 Zur zeit der Diadochen. 


Arrian. Diodor. Justin. 
Attalus beginnt den krieg 
zur see. 
40. Eumenes in Sardes Fehlt. XIV, 1, 7. 
bei Kleopatra. 
41. Eumenes plan, sich Feblt. Fehlt. 


mit Alketas zu verei- 
nigen, scheitert. ' 

42. Kassanders zwist Feblt. Fehlt. 
mit Antigonus wird 

durch Antipater ausge- 

glichen. 

43—45. Antipater geht 39, 7. Fehlt. 
nach Europa zurück. | 


Nur in folgenden punkten weichen Diodor und Arrian von 
einander ab: 


1) Die lustration des heeres erfolgt bei Arrian vor der ver- 
theilung der satrapien (4), bei Diodor aber nach derselben (4, 7). 
Justin steht hierin auf Arrians seite. 

2) Bei Diodor wird der lamische krieg in drei durch die er- 
zählung anderer ereignisse getrennten abschnitten vorgeführt, bei 
Arrian dagegen nur in zwei; aber das ende des ersten abschnittes 
bei Arrian trifft mit dem des zweiten bei Diodor zusammen. In 
Photius auszug ist nun das, was bei Diodor zwischen dem ersten 
und zweiten abschnitt steht, zum theil fortgelassen Um dann be- 
quemer excerpiren zu können, zog er wahrscheinlich die beiden 
ersten abschnitte in einen zusammen und erzählte dasjenige, was 
zwischen ihnen stand, soweit er es noch erwähnen wollte, nach 
dem zweiten abschnitte. So rührt also diese abweichung vielleicht 
vom epitomator und nicht von Arrian her. 

3) Arrian berichtet den tod des Demades gleich im anschluss 
an den des Demosthenes, Diodor dagegen erst an der stelle, an 
welche er der zeit nach gehört. Arrians abweichung ist hier sehr 
erklärlich; denn da er seine geschichte nicht bis zu der zeit hin- 
abführte, in welcher Demades tod stattfand, so mag er die erzäh- 
lung desselben gleich nach der vom tode des Demosthenes einge- 
schaltet haben, um doch seinen lesern nicht zu verschweigen, dass 


Zur zeit der Diadochen. 311 


den Demades bald die gerechte strafe ereilte. Uebrigens muss 
späterhin noch einmal auf diesen punkt eingegangen werden ?). 


4) Bei Diodor werden Perdikkas heirathsplane (23, 1—3) 
vor dem ausbruche der feindschaft mit Antigonus erzählt, bei Ar- 
rian dagegen ist die reihenfolge die umgekehrte. Hier hat Diodor 
die erzäblung seiner quelle sehr gekürzt; vielleicht hat er deshalb 
jene heirathspläne vorangestellt, um dann zusammenhüngend und 
damit auch kürzer den ausbruch der feindschaft zwischen den bei- 
den feldherrn und die flucht des Antigonus, eine folge derselben, 
erzählen zu können. Arrian hat alle diese punkte, wie noch aus 
Photius (20—24) zu ersehen ist, genauer behandelt. 


Während sich so die abweichungen in 2—4 leicht erklären 
lassen, könnte n. 1 mehr bedenken erregen. Hier muss jedoch 
ein versehen Diodors vorliegen; denn selbst Curtius, der, wie sich 
bald zeigen wird, einer andern quelle folgt, zeugt in diesem punkte 
für Arrian und Justin gegen Diodor. 


Auf der andern seite fasse man nun aber die grosse überein- 
stimmung zusammen, die kaum eine zufällige sein kann. Nach 
Alexanders tode brechen fast gleichzeitig in mehreren ländern 
kriege aus: in Babylon selbst, in Griechenland, Thrakien, Kappa- 
dokien und in Kyrene Die zeit kann hier keine reihenfolge 
geben; die geographische lage hätte sie geben können, sie ist aber 
nicht verwandt worden; und doch folgen in ganz übereinstimmender 
anordnung aufeinander: unruhen in Babylon, lamischer krieg, Ly- 
simachus kämpfe in Thrakien (lamischer krieg), besiegung des 
Ariarath in Kappadokien, ende des lamischen krieges, ereignisse 
in Kyrene. Bevor ich jedoch dieses weiter ausführe und aus 
Diodor und Arrian und zum theil auch mit hülfe Justins die öco- 
nomie der quelle zu reconstruiren versuche, soll die behauptung 
von der identität der quellen noch anderweitig begründet werden. 
Es kommt hierbei gleich der auszug aus Dexippus mit in be- 
tracht; auch dieser rührt, wie schon gesagt, von Photius her, 
ist aber bloss bis zur ersten satrapienvertheilung geführt wor- 
den. Denn Photius bemerkt selbst, dass Dexippus darstellung 


2) AM 6 ys Anuddns tis aitot dwpodoxias xai noodocias x«i és 
nävta Gniotias ty akiay anétos dixnv (Phot. 15) sind vielleicht Arrians 
eigene worte. | 


312 Zur zeit der Diadochen. 


beinahe vollständig mit der Arrians übereinstimme (Müller fragm. 
II, 668) °). 

Photius auszug aus Arrian beginnt mit der erwäbnung der 
unruhen in Babylon und der erhebung Philipps und des zu erwar- 
tenden sohnes der Roxane auf den thron (1). Diodor hat in 
seiner gewohnten flüchtigkeit das kind der Roxane, das ein haupt- 
gegenstand des streites bereits vor seiner geburt war, zu erwähnen 
vergessen, obwohl dadurch ganz uuverständlich wird, was er später 
mit seinen Baosisig bezeichnen will. Zu erwähnen ist schon hier 
im anfange eine wörtliche übereinstimmung zwischen Diodor und 
Arrian. 


Arrian 1 Diod. XVIII, 2, 4 


Tov ’Adbıdalov dé daverndrres Eÿdd dì Paola xaréornour 
perwvopacav Didsnno. | tov Didlanov viov ’Addıdaiov 
xai petwyomacay Di- 

ÀVTE EO V. 


In noch hóherem grade tritt dieselbe bei Arrian und Dexippus 
über Philipp hervor: 


Arrian 1. Dexippus. 


"Oc ix Didtyns tig @eooahng | Oc nv Ex Dillync rc Aa- 
Diiinnw 1j “Ale&dvdgov | quocalas 19 Dit ye- 
TUTO èveyévnto, ig d xai| yevnpuévos. 

-Ahékavôgor > 0v NY dE 


* AhsEavd gov 
thetesy Pubayn ovupBacrieve | tov pé£éllovra “Aistavdoov 
AUTO. maida tixteotay PE “Pu- 


Edvns. 


Es folgt bei Arrian (2) eine aufzählung der hervorragendsten 
feldherrn, die bei Diodor vermisst wird; unstreitig ist eine solche 
zusammenstellung am anfange einer Diadochengeschichte sehr er- 
wünscht, und ein guter geschichtsschreiber wird sie nicht leicht 
übergangen haben. In der besetzung der hauptchargen des reiches, 
die nun bei Árrian (3) folgt, stimmt derselbe mit Justin überein; 


3) Kai và. alla diébevoiw iy molloic we xà» tostoss "Aopiarò xard 
10 nlsiorov Giugpurva yocpuy. 





Zur zeit. der Diadochen. 315 
Diodor hat nur die stellung des Perdikkas hervorgehoben und da- 
durch raum zu manchen unklarheiten gegeben. Dass nun bei Ar- 
rian der tod Meleagers und die lustration des heeres folgt, bei 
Diodor aber erst die satrapienvertheilung, ist bereits hervorgehoben. 
Bei der letzteren ist zweierlei zu beachten, erstens die reihenfolge 
in der aufzählung der provinzen und zweitens einzelne wörtliche 
übereinstimmungen. Da wo letztere fehlen, genügt die anführung 
der satrapien und der feldherrn, um die reihenfolge zu constatiren. 





Arrian. 


5. Ptolemaeus — Ae- 
gypten, Libyen und die 


benachbarten länder. 


Kleomenes, 0 è£ ’AAs- 
tavdgov 175 caga 
neluç TAUTRE UQgew 
teraypévoc Iroksualw 
vnzagyog elvas. 
Laomedon — Syrien. 
Philotas — Kilikien. 
Python — Medien. 
Evutwns dì 0 Kagdiavos 
Kannadoxlas xai Ila- 
gAayovíac, xai 000 TOU 
Ilóviov 100 Evietvov 
cuvoga ore imi moÀw 
‘EMavida ToansLovv- 
10, Zivwréwy &mo5ixov. 
6. Antigonus — Pam- 
phylien, Lykien, Gross- 
phrygien. 

Kassander — Karien, 
Menander — Lydien. 
Leonnatus — Phrygien 
am Hellespont. 

Ta pèv ovv» xara THY 
’Aolav «de dveundn. 


Lysimachus — Thrakien, 
Chersonesus, xai 000 


Dexippus. 


Ptolemaeus — Ae- 
gypten, Libyen und 
die benachbarten 
länder. 

Kleomenes, 6 dé 19 
faciei Alsgavdgw 
ini tp catpanela 
TOUTY TETUYUÉVOS. 


Laomedon— Syrien. 
Philotas — Kilikien. 
Python — Medien. 
Evuévns dè Kanza- 
Joxlaç xoi Iu- 
qAayovíag xoi tay 
éxt tov EvEsvoy 
HOYTOY  KATLOVIUY 
péyos xoi els Toa- 
neCovrta. 
Antigonus — Pam- 
phylien, Kilikien 
bis Phrygien. 
Asander — Karien. 
Menander — Lydien. 
Leonnatug — Phry- 
gien am Hellespont. 
xol rv» uèv Acia- 
vwv OÙTW* TW dè 
Evgwneiw. 


Lysimachus — Thra- 
kien und Cherso- 


Diodor. 


Ptolemaeus — Ae- 
gypten. 


Fehlt. 


Laomedon— Syrien, 
Philotas — Kilikien. 
Python — Medien. 
Eöu£yns de Ilagla- 
yovlov xai Kan- 
zadox(av xoi na- 
006 TAG Guvogi- 
Loócag tavtaic 
queas. 


Antigonus — Pam- 
phylien, Lykien, 
Grossphrygien. 

Kassander — Karien. 

Meleager — Lydien. 

Leonnatus — Phry- 
gien am Hellespont. 

uitar wiv ovv al 
OUIQUITELUL TOUTOV 
TOY T00n0V Zusgl- 
oI70uv natn dì 
nv Evownm. 

Lysimachus — Thra- 
kien xai 34 ovvo-~ 


314 Zur zeit der Diadochen. 


Arrian. Dexippus. Diodor. 
Ooaki ovvoga Edvn Ecte | nesus. e(Lovra zi» EIvWwv 
ini Judacoay rj» ini naga ınv [ovre- 
Zuluvdnoodr 100 Ev- xv Fddattuy. 
Eelvou Icvrou xaPn- 
xorza., 


Antipater und Kraterus | Antipater 2x? moy | Antipater — Make- 
— das land der Illyrer, | Maxedooı xai "EXA- | donien und die be- 
Triballer, Agrianer; | Anos xoi JAÀvQwoig | nachbarten völker. 
Makedonien selbst, Epi- | x«i To:Buddoic xoi 
rus und Griechenland. | ’Aygacı xol üou 

tig neloou 8EÉr, 
"AhsEardgou .... 


ététaxto. 
8. moda dì xoi adıa- Tù dè xaru Tv 
véunta èuewev Uno "dolar nagaiedetp- 
zwv Eyywolwv ágyóv- uéras oarganslag 
TWY, UG ErdyInoav| &do&s un xwei», 
uno "AlsEdyO pou &yo- GIA i&v VITO tovg 
pera. aviodg  Tytuovag 


| tetaypévas. 

Diodor hat die noch übrigen satrapien aufgeführt, während 
sie Photius in seinem auszuge aus Arrian übergangen hat. 

Man sieht also, dass die reihenfolge überall genau dieselbe 
ist; ja was noch schlagender ist, bei dem übergange von Asien 
nach Europa sind fast dieselben überleitenden worte gebraucht. 
Im übrigen ist mit ausnalıme des fehlenden schlusses bei Photius 
alles genauer angegeben als bei Diodor; man beachte besonders, 
wie letzterer zweimal auf dieselbe weise gekürzt hat. Photius 
giebt bei Eumenes und Lysimachus stüdte als grenzen mit an und 
gebraucht an beiden stellen den ausdruck ovvoga; Diodor dagegen 
lässt in beiden fällen die städte weg und ‚setzt den ausdruck ovr- 
ogitorta *). Schon vorher hat Photius bei Aegypten den aus- 
druck ovvoga, an welcher stelle Diodor die näheren angaben ganz 
weglässt. Am ausführlichsten ist Photius im vergleich zu Diodor 
bei Makedonien; denn hier zählt er alle benachbarten vólker auf 
und giebt als zweiten statthalter neben Antipater im auszug aus 
Arrian den Kraterus an, ganz ebenso wie vorher bei Aegypten 
neben Ptolemaeus den Kleomenes; Diodor dagegen begnügt sich 


4) Das wort ovvogos kommt überhaupt bei Diodor nicht vor. 





Zur zeit der Diadochen. 315 


bei Makedonien mit der wendung za rAnooyuwga tev è9vdv und 
lässt den Kraterus weg wie vorher den Kleomenes. 

Handschriftliches versehen scheint bei Photius-Arrian wie bei 
Diodor die verwechslung Asanders mit Kasander zu sein°). Auf- 
fallender dagegen ist es, dass Diodor Meleager da nennt, wo Pho- 
tius Menander hat; denn da bei Diodor die satrapienvertheilung 
vor Meleagers tod fällt, so könnte man fast versucht sein das zu- 
sammentreffen dieser beiden abweichungen in bezug auf dieselbe 
person aus einer andern quelle abzuleiten. In diesem punkte 
stimmen aber alle schriftsteller Diodor gegenüber überein. Bedenkt 
man nun dagegen die sonstige, eben dargethane übereinstimmung, 
so kann man hier nur ein versehen Diodors oder einen fehler in 
der überlieferung annehmen. 

Die geburt Alexanders, des sohnes der Roxane (Phot. 9) ist 
bei Diodor übergangen; andrerseits hat Photius oder schon Arrian 
die unterdrückung der aufständischen Griechen in Asien nicht er- 
wühnt. Diodor knüpft daran eine geographische beschreibung des 
Alexanderreiches in Asien, die hier nach der satrapienvertheilung 
an einer sehr ungeeigneten stelle steht. XVII, 5, 1 sagt er 
nutic dè noòs Tas peldovoas iorogeicOas noukss olxeiov elvan 
voullousy éxOeivay 700718009 Tag TE alılas Tic dmoctacews xoi 
ins oÀgg Aolag tiv Oécw xal iv oarganewy ta peyEdy xai tag 
idıöınrag. Diese beschreibung Asiens hätte am anfang der darstel. 
lung ihren platz gehabt. Sein versprechen ferner, zugleich auch die 
alilug tig dmootdoews darzulegen, erfüllt er gar nicht. Denn nach 
einer solchen ankündigung erwartet man eine genaue auseinander- 
setzung ; statt dessen findet man aber (c. 7) im anfang der erzäh- 
lung nur die worte xoSodvreg mv ‘EdAnvixny aywyıv xoi dlastay. 
Es ist möglich, dass die ursachen in der quelle genauer entwickelt 
waren, Diodor aber in seiner gedankenlosigkeit diesen abschnitt 
ausliess. Zu bemerken ist hierbei noch, dass Diodor in zwei 
punkten mit seiner eignen erzählung im 17. buch in widerspruch 
tritt. XVIH, 6, sagt Diodor, Alexander habe den feldzug gegen 
die Gandariden wegen der menge der feindlichen elephanten auf- 
gegeben, während es XVII, 93. 4 von Alexander heisst, nachdem 
ihm viel von der grossen macht der Gandariden und auch beson- 


5) Dindorf schreibt deshalb auch Asander. 


316 Zur zeit der Diadochen. 


ders von den elephanten, deren menge auf 4000 angegeben wird, 
berichtet ist, er habe trotz der voraussichtlichen schwierigkeiten 
seinen ehrgeiz nicht zähmen können. Er stand dann nur deshalb 
von seinem zuge ab, weil die Makedonen nicht weiter wollten. 
Zweitens heisst es XVIII, 7. 1 von den aufständischen Griechen 
Cwrtog uèv 100 facing $nfusvovy dia tov Yoßov, TeAsvrnoavrog 
d’ antoınoav, während sie nach XVII, 99. 5 bereits auf das ge- 
rücht von Alexanders tod in Indien bin einen aufstand unter- 
nahmen. Man sieht daraus, dass Diodor im 18. buch einer andern 
quelle folgt als im 17. 

Was Photius aus Arrian vom lamischen kriege anführt, ist 
so kurz, dass im ausdruck nichts verglichen werden kann; das- 
selbe gilt von Perdikkas krieg mit Ariarathes und von Lysimachus 
zug gegen die Thraker. Nur begeht hierbei Photius den fehler, 
Lysimachus im kampfe umkommen zu lassen (10), ein versehen, 
das ‘er unmöglich bei dem sorgfältigen Arrian vorfinden konnte. 
Andrerseits ist Photius genauer als Diodor, indem er von zwei 
siegen des Perdikkas über Ariarathes spricht, während Diodor 
. schlechthin sagt 77 maçgaruëes vixfoas. 

Die folgenden 22. 13— 15 bei Photius können hier noch 
nicht zur sprache kommen, da einestheils Diodor von Arrian be- 
sprochene thatsachen auslässt, anderntheils Arrian hier einiges ein- 
gefügt bat, was der zeit nach später sich ereignete. Es folgen 
die wirren in Kyrene, die bei Arrian und Diodor sehr verschieden 
dargestellt sind. Als übereinstimmend ist hervorzuheben, dass Thi- 
bron bei beiden von verbannten aus Kyrene geführt wird. Die 
truppen desselben giebt Arrian auf 6000 söldner an; ebenso Diod. 
XVII, 108. Wenn letzterer XVIII, 19. 2 7000 bat, so wird dies 
ein versehen der handschrift sein; denn er verweist an dieser 
stelle selbst auf das vorhergehende buch. Im übrigen aber haben 
Diodor und Arrian (oder Photius) sehr verschieden excerpirt. Denn 
wührend Photius über die kämpfe Thibrons bis zu seiner gefan- 
gennehmung rasch mit den worten &Aoze ui» xgurwv, évíore dé 
nrıwpesvog hinweggeht, führt diese an überraschendem wechsel 
reichen ereignisse Diodor weiter aus; nichts liebt er ja mehr als 
die zuyn zoyv petaBudrovon (c. 20) einzuführen. Die weiteren 
ereignisse dagegen bis zur unterwerfung der landschaft unter Pto- 
lemaeus, die Photius noch erwähnt, scheinen ihn nicht mehr inte- 





Zur zeit der Diadochen. 317 


ressirt zu haben. Nur das haben beide noch gemeinsam, dass 
Ptolemaeus die stadt Kyrene in folge von innern parteiungen in 
seine gewalt bekommt. Soweit also ist in diesem punkte weder 
auf identität noch auf verschiedenheit der quellen zu schliessen. 
Auffallend dagegen ist, dass Phot. 16 von Thibron berichtet wird, 
er habe den Harpalus ermordet, sich seiner schätze bemächtigt und 
sei dann nach Kreta abgesegelt. Denn nach Diodor, mit dem 
Paus. II, 33. 4 übereinstimmt, geschah der mord erst in Kreta 9). 
Bei Photius ist Harpalus schicksal nur soweit angedeutet, als es aus- 
reicht, um ihn als den bekannten Harpalus zu bezeichnen; er wird 
nur mit participien bedacht"). Der epitomator wendet sich dann so- 
gleich zu Thibron und erzählt von ihm, dass er durch die ermordung 
des Harpalus die machtmittel desselben in seine hand bekam, ohne 
anzugeben, wo der mord geschah. So hat vielleicht das bestreben, 
die sache so kurz wie möglich darzustellen, die ungenauigkeit 
bei Photius verursacht. 

Die heirathspläne des Perdikkas und die flucht des Antigonus 
(20—24) sind bei Photius zum theil genauer als bei Diodor dar- 
gelegt; der tod Kyanes und die verheirathung ihrer tochter mit 
Philipp Arrhidaeus hat letzterer gar nicht. Es folgt dann die 
überführung der Alexanderleiche nach Aegypten, wobei Diodor eine 
sehr, genaue, wahrscheinlich seiner quelle wörtlich entnommene be- 
schreibung des wagens liefert. Dass aber hierbei Arrhidaeus gegen 
den willen des Perdikkas handelt, für diesen politisch höchst wich- 
tigen umstand hat er kein wort. Ob Arrian ebenfalls eine einge- 
hende beschreibung des wagens gehabt hat, können wir nicht 
wissen; Photius erwähnt nichts, Das politische aber hat Arrian 
sicher dabei entwickelt; Photius sagt ausdrücklich naga yvwpny 
Deodtxxov *). 

Ueber den nun folgenden krieg des Perdikkas und Eumenes 
gegen die übrigen feldherrn ist folgendes zu bemerken. Diodor 


6) Diod. XVIII. 19, 2 "Aonalov xarandevcavtos sis Konmv . . . Oi- 
Bow» dolopoyrnoaç tov “Apnalor. XVII, 108, 8 #xsidev dè miescas (Har- 
palus) eis Korn tno Bifowvos idologovi95. Paus. II, 88, 4 “Agnadogs 
uiv we 8& “A9nvòv dnédoa, diaBàs vavoir ès Korm, où nold torsgor ind 
TUy Fepanevoviwy anéPavey oixetay. 

. T) “Anchor tov tà ’Altödvdgov yequara Lürros Exeivou dondoavre 
za quyovta no0òs Tas 'Admvas. | 
, .8) Zu vergleichen ist hiermit Strab. XVII, c. 1 249% yap 76 owpe 
apelousvos Hepdixxay 6 tod Adyov Iltolsucsos. 


318 Zur zeit der Diadochen. 


hat zunächst zwei wichtige punkte ausgelassen: 1) Eumenes ge- 
lingt es, seine truppen in unwissenheit zu lassen,. gegen wen sie 
kämpfen sollen. 2) Perdikkas hält, kurz bevor er den boden 
Aegyptehs betritt, ein gericht über Ptolemaeus ab, ohne dass es 
ihm gelingt, die Makedonen zur verurtheilung desselben zu bestim- 
men. Ein widerspruch dagegen findet sich in folgendem. Nach 
Diod. 29, 4 beginnt Neoptolemus die verbandlungen mit Antipater 
und Kraterus?), während nach Phot. 26 von Kraterus und Anti- 
paters seite zuerst eine aufforderung zum abfall von Perdikkas 
ausgeht, und zwar an Eumenes und Neoptolemus. Vielleicht. ist 
dieser widerspruch durch die kürze der darstellung hervorgerufen. 
Die feindlichen feldherrn mögen, wie dies sehr wahrscheinlich ist, 
zuerst eine derartige aufforderung an Eumenes und Neoptolemus 
gerichtet haben. Eumenes weist die gesandten ab, während Neop- 
tolemus mit den feinden weiter verhandelt, vielleicht durch eigene 
boten. Auch Plutarchs bericht (Eum. 5) scheint, wie noch später 
auszuführen ist, für diese sachlage zu sprechen. In der darstel- 
lung des krieges in Aegypten findet sich nichts widersprechendes !). 

Die ereignisse nach beendigung dieses krieges bis zur thei- 
lung von Triparadisus muss Arrian, nach Photius zu schliessen, 
wieder viel ausführlicher als Diodor dargestellt haben. Bei dieser 
theilung nun ist die übereinstimmung zwischen beiden schriftstellern 
noch grösser als bei der ersten; ohne gemeinsame quelle ist sie 
nicht zu erklären, 


Arrian. | Diod. 39, 5. 
94. Ptolemaeus — Aîyvrrtov xoi | Ptolemaeus — Aegypten. 
Aßunv xai inv Enéxewva tavrns 
anv noÀÀgs, xoi or meg av 
1006 Tovioıs doquov Èmam- 
ona. 7006 Ovouévou 7Alov IHto- 
Aeualou elvus. 


9) AdIpa disnpeofevcaro noóc rovc nepi tov ° Avtimatoov. 

10) Bei Photius wird Perdikkas getödtet: üno rot olxeiov nàj9ovc 
Tu» innéwv avaiptitar, uayouevos xai avtos. Bei Müller ist über- 
setzt a suis ipse equitibus inter pugnandum occiditur, was doch nur so 
zu verstehen ist, als sei Perdikkas während eines kampfes mit den 
feinden von den seinen meuchlings getôdtet worden. Dies liegt aber 
gar nicht in den worten; denn da die stelle so kurz gehalten ist, 
dass man nicht sehen kann, wo Perdikkas gekämpft hat, so ist nur 
anzunehmen, dass sich dies wayousvos auf die vertheidigung gegen 
seine mörder bezieht. 





Zur zeit der Diadochen. 319 


Arrian. 


Eaomedon aus Mytilene — Sy- 
rien. 

Philoxenus — Kilikien, 

35 zwr di “vw catQumes v 
Tv puèv péonv twy sorauov 
yn» xai tov MofqAirw Augi- 
uayo TH tov Pacthéws adslg@ 
Event 

Selevxep dé THY BaBviwvilav TEQ0¢— 
EInxer. "Aruyive dì 10 
zQuTO pv Pn :utvo 
Meodixxa, ıwv dì doyvou- 
ontdwy Muxedovwv iyovutro 
Ing Sovosavig Ovunmaong oye. 


Peukestas — Persien, 
Tlepolemus — Karmanien. 
Python — Medien dor’ 2ni zv- 


Aus tas Kaontovc. 

Philippus — Parthyaea. 

36. Stasander — Aria und Dran- 
gene. ; 

Stasanor von Soli — Bactrien 
und Sogdiana. 

Sibyrtius — Arachosien. 

xai „Dlagananıcadaz OEvao Th 
t@ Poëu ns ares: zig 
dè Irda yis Ta pèv CUY- 
oo«  Iucanapuscadars 
Hvs$wvı th Aynvogos, 
tag dì Eyopévas catou- 
melag, 1)» wiv maga TOV 
"Ivdóv norauo»v xai Ia- 
Taha wiv êxelvn 'Ivdüv nodewy 
T9 pey lory Hago To Ba- 
Oshet oureyu once tv dì è nuo 
10» Yda 07:9» rotauôvy TuëlAn, 
xai rovrQ ‘Ivdo, imei un dé 
ó« dıov neraxıynoaı aù- 
:ovc it "Ahebuvdgov ze àm- 
Terouume vous tiv dognv xoi 
duvapiy ixavıv &yovrag. 

37. zwv dé and 100 „Tavgov 
Ogous wo ini tov Kextoy 
PEQOYTWY.. 


Diod. 39, 5. 


Laomedon von Mytilene — Sy- 
rien, 

Philoxenus — Kilikien. 

rU» 0 VW catqunerwy 
Mecomotuuluv piv xuè Tv 


"MdoBiMiur ° Augpiuayo. 


mv dè Bufvwrlar Selevxe, 
"Avriyéveu dì mv Zovosuriy 
did tO ToVTov nQUWIOY 


menOounodu ınv nl tov 
Heodlxxuv ènldFeouv. 


Peukestas — Persien, 
Tlepolemus — Karmanien. 
Python — Medien. 


Philippus — Parthyaea. 
Stasander — Aria und Drangene. 


Stasanor von Soli — Bactrien 

und Sogdiana. 
Fehlt. 

IHagonopuod dac dì OËvuotr 
RQOÇUQUOE 1 PwE£avns na- 
roi ing "Aukávdgov yuvasxos, 
ıns dì Ivdırznjs ta per 
cuvogtlorvta Iagorapı- 
cada Ilv3 wv, Tr Ayn- 
vogos, tag dì iyoptvag 
facshelag, THY piv raga 
rôr "Ivóov» HOTS mov Ilo, 
rq» dì maga toy Ydaonyv 
Tas thy où y&Q Av toU TOvG 
tous facsAetig pmetaxe- 
vn00s yweis Buoshixng dvva- 
peng xai Tysuovog énspavorc. 


zv» dì QG tòv agxıov 
xExdi Eve 








320 Zur zeit der Diadochen. 


Arrian. Diod. 39, 5. 
Nikanor — Kappadokien. Nikanor — Kappadokien. 
Antigonus — Grossphrygien, Ly- | Antigonus — Grossphrygien. 
kaonien, Pamphylien, Lykien, Lykien, ara reg MQOTEQOY 
dc xai noocder. BOY & 
Asander — Karien. 11) Kasander — Karien. 
Klitus — Lydien, Klitus — Lydien. 
Arrhidaeus —- Phrygien am | Arrhidaeus — Phrygien am: 

Hellespont. ; Hellespont. 


Auch hier finden sich wie bei der ersten theilung die ge- 
naueren bestimmungen bei Photius; so vergleiche man besonders 
die angaben über Ptolemaeus, Python und Antigonus, auch das 
verhültniss zwischen ovvoga und avvoglLovı« ist wieder dasselbe. 
Sibyrtius ist von Diodor gänzlich übergangen worden, jedenfalls 
' aus flüchtigkeit; denn später (XIX, 23, 4) tritt er bei ihm als 
satrap von Arachosien auf. Im übrigen ist die anordnung bei 
beiden genau dieselbe, die übergänge stimmen mehrfach wörtlich 
überein, characteristische bemerkungen, wie besonders bei Anti- 
genes, lesen wir in derselben weise bei beiden; endlich finden sich 
ganze sätze fast wörtlich übereinstimmend. Von den anderweitigen 
bestimmungen hat Diodor ebenfalls wieder wie bei der ersten thei- 
lung nur die hauptsächlichsten hervorgehoben, die strategie des 
Antigonus über die königlichen truppen mit dem auftrage den Eu- 
menes zu bekriegen und die ernennung Kassanders zum chiliarchen. 
Der abschluss dieses abschnittes endlich hat wörtliche übereinstim- 
mung mit einer späteren stelle bei Photius. 


Li 


Arrian 44; Diod. 39. 7. 


"Ayiinorgos dì àävuluBuov | uÿioç di vov 6 facitis ava- 
zovc Baovlsts xai ınv | Aafw» xai tiv id(av dd 


av Övvapıv ne wo ne- | vanıv ngojyt» ni v)» Ma- 
easwoomevog exit Maxedo- | xedovtar. 
via». . 


Ersichtlich sind diese worte bei beiden aus derselben quelle 
genommen; aber wäbrend dieselben, wie bereits gesagt, bei Diodor 
den abschluss der bestimmungen von Triparadisus bilden, stehen sie 


11) Für Asander wie bei der ersten theilung. 





Zur zeit der Diadochen, . $21 


bei Photius erst nach der erwähnung einer menge von ereignissen 
in Kleinasien und zur see. Man nimmt hier nun gewöhnlich eine 
lücke im Diodor an. Wesseling entscheidet sich nicht bestimmt 
für die stelle derselben, glaubt sie aber vor c. 39 setzen zu müs- 
sen; Krebs (Lect. Diodor. cap. 1) will sie lieber nach c. 39 setzen, 
worin ihm Droysen (Hellenism. I, p. 158 a.) folgt. Eine lücke mag 
wohl vorhanden sein, aber etwas über jene von Arrian berichteten 
begebenheiten kann in derselben nicht gestanden haben; diese er- 
eignisse hätten nur vor dem letzten satz von cap. 39 platz finden 
können. Denn dieselben vor cap. 39, d. h. vor die theilung von 
Triparadisus zu setzen, ist unmöglich, weil sie sich nach derselben 
zutrugen; ebenso wenig konnten sie aber nach dem schluss des 
capitels, d. h. nach dem abzuge Antipaters nach Europa stehen. 
Diodor hat schon die der satrapienvertheilung vorausgehenden er- 
eignisse sehr oberflächlich behandelt. Nach der theilung berichtet 
er mit kurzen worten, dass Antigonus als erwählter strateg des 
reichsheeres den auftrag bekam, Eumenes zu bekriegen, wozu ihm 
Kassander als chiliarch an die seite gestellt wurde. Den schluss 
bildet dann Antipaters abzug nach Europa. Nichts verräth eine 
lücke, alles steht in festem zusammenhang; ja die worte erlauben 
nicht einmal eine solche annahme. Denn das avróg dé im anfang 
des letzten satzes bezieht sich ganz bestimmt auf das subject des 
vorhergehenden satzes, auf Antipater. Würden uns also die hier 
fehlenden ereignisse nicht von anderer seite bekannt sein, so würde 
niemand an dieser stelle etwas vermissen. Auch der einwand end- 
lich, der letzte satz bezóge sich auf Antipaters aufbruch von Tri- 
paradisus, so dass also ganz gut jene fehlenden ereignisse noch 
folgen kónnten, ist hinfállig, wenn man den wortlaut mit Arrian 
vergleicht, bei dem alle jene ereignisse der betreffenden stelle vor- 
ausgehen und bei dem sich die worte ganz bestimmt auf Antipaters 
übergang nach Europa beziehen. Es bleibt also bloss noch übrig, 
dass Diodor diese ereignisse absichtlich übergangen hat. 

Werfen wir nun einen rückblick auf die bis hierher ge- 
führte untersuchung, so treten uns die beiden satrapienvertheilungen 
wie zwei grosse marksteine zu anfang und zu ende entgegen. In 
beiden liegt unbedingt dieselbe quelle bei Diodor und Arrian zu 
grunde; in beiden haben wir aber auch bei Photius mit ausnahme 
weniger worte Árrian selbst vor uns, da der auszug aus dem- 


Philologus. XXXVI. bd. 2. ‚21 


822 Zur zeit der Diadochen. 


selben noch genauer ist als Diodors angaben. Daher kann aber 
auch hier nur wörtliche übereinstimmung mit Diodor erwartet wer- 
den; eine solche ist in den übrigen theilen, in denen Photius die 
ereignisse nur angiebt, ohne sie auszuführen, kaum vorauszusetzen ; 
und doch findet sie sich noch an zwei stellen. Nimmt man nun 
noch die genaue übereinstimmung in der anordnung des ganzen 
erzühlten stoffes hinzu, so wird nicht zu läugnen sein, dass beide 
Schriftsteller nach derselben grundlage gearbeitet haben. Abwei- 
chungen fanden sich zwischen beiden im wesentlichen nur in fol- 
genden punkten: 

1) Die zeit von Meleagers tod. 

2) Die erwühnung von Demades tod. 

3) Die ermordung des Harpalus, 

4) Die verhandlungen zwischen Eumenes und Antipater vor 
ausbruch der feindseligkeiten. 

Es könnten nun diese abweichungen dadurch hervorgerufen 
sein, dass von einem von beiden oder auch von beiden die gemein- 
same quelle nach einem andern berichterstatter durchcorrigirt ist. 
So könnte dies bei Meleagers tod und seiner statthalterschaft von 
Diodor geschehen sein; aber es ist dies seine art nicht, und es 
findet sich auch sonst kein beispiel, das darauf hindeuten könnte. 
Und gerade in diesem falle ist es um so unwahrscheinlicher, weil 
selbst Curtius, der offenbar, wie sich noch zeigen wird, einer an- 
dern quelle folgt, gegen Diodor und für Arrian spricht. Eher noch 
könnte man dies bei Arrian in n. 3 annehmen; ich möchte aber 
diese abweichung, die an und für sich sehr unbedeutend ist, eher 
auf eine flüchtigkeit des Photius zurückführen. Für n. 2 und 4 
habe ich ‚erklärungen versucht. Im ganzen aber muss man zu- 
geben, dass diese abweichungen dem übereinstimmenden gegenüber 
von sehr geringem gewichte sind, zumal wenn man bedenkt, wie 
flüchtig Diodor sowohl wie Photius zu arbeiten pflegten. 

In der zu anfang aufgestellten fabelle ist auch Justin mit 
berücksichtigt worden. Nur in einem punkte, in der erwerbung 
Kyrenes durch Ptolemaeus, weicht er in der reihenfolge von den 
beiden andern ab; im übrigen ist die anordnung genau dieselbe. 
Denn nach darlegung der verhültnisse in Asien geht auch er zu- 
nächst auf den lamischen krieg ein. Aus dem prolog des "Trogus 
ist dubei hervorzuheben, dass derselbe die vernichtung der aufstän- 


Zur zeit der Diadochen. 333 


dischen Griechen in Asien an demselben orte wie Diodor erzählt 
hat, ein ereigniss, das bei Justin nicht berichtet wird. Der lamische 
krieg (XHI, 5) wird nur bis zum tode des Leonnatus erzählt; 
nur beiläufig wird später der friedensschluss Antipaters mit Athen 
erwähnt!?). Wie bei Diodor folgt auf Leonnatus tod der krieg 
in Kappadokien. Unwillkürlich drängt sich die frage auf, durch 
welchen umstand Justin verführt werden konnte, die erzählung des 
lamischen krieges vor der entscheidung abzubrechen. Hat seine 
vorlage dieselbe reihenfolge wie Diodor gehabt, d. h. war in der- 
selben der lamische krieg in drei abschnitten erzählt, so erklärt 
sich diese selbst bei Justin unerhörte flüchtigkeit, Er hat wie 
jene die erzählung des lamischen krieges mit Leonnatus tode ab- 
gebrochen , später aber dieselbe nicht wieder aufgenommen, wozu 
er um so leichter verführt werden konnte, weil sich, wie sich 
gleich zeigen wird, bei Trogus wahrscheinlich an Ariarathes sturz 
die vernichtuug der pisidischen städte anschloss, worauf dann erst 
das ende des lamischen krieges berichtet wurde. Die beiden ersten 
abschnitte des lamischen krieges fallen bei Justin von selbst in 
einen zusammen, da er die ereignisse, die bei Diodor zwischen 
denselben erzählt werden, ausgelassen hat. 

In der darstellung des krieges in Kappadokien bat sich Justin 
ein versehen zu schulden kommen lassen, das seines gleichen sucht. 
Auf dem rückmarsch von Kappadokien nämlich zerstört Perdikkas 
zwei städte an der pisidischen grenze, Laranda und Isaura (Diod. 
XVIII, 22). Die Isaurier verbrennen, als sie von Perdikkas an- 
gegriffen werden, ihre weiber, kinder und greise in ihren häusern, 
werfen ihre sämmtlichen schätze in die flammen und stürzen sich 
zuletzt selbst in dieselben. Nun heisst es bei Justin XIII, 6, 1—3: 
Intérea Perdicca bello Ariarathi, regi Cappadocum, illato proelio 
victor nihil praemii praeter vulnera et pericula rettulit: quippe 
hostes ab acie in urbem recepti occisis coniugibus et liberis domos 
quisque suas cum omnibus copiis incenderunt. Eodem congestis 
etiam servitiis semet ipsi praecipitant, ut nihil hostis victor sua- 
rum rerum praeter incendii spectaculo frueretur. Lisst man den 
satz von interea — rettulit, in dem Ariarathes genannt wird, weg, 
so wird jeder, der den untergang von Isaura bei Diodor gelesen 


12) Justin. XIII, 6, 9: Facta cum Atheniensibus pace. 
21° 


524 Zur zeit der Diadochen. 


hat, das folgende auf diese stadt beziehen. Trogus wird diese 
begebenheit gleich im anschluss an den krieg in Kappadokien er- 
zählt haben, und Justin verwechselt beide ereignisse und bezieht 
das von Isaura erzählte auf Ariarathes. Selbst der ausdruck ver- 
räth es noch; von Ariarathes geht es plötzlich zum plural hostes 
über, und woher auf einmal die urbs kommt, ist gar nicht zu er- 
sehen 12), Wenn aber Justin weiter erzählt, Perdikkas sei um die 
beute gekommen, während nach Diodor XVII, 22, 8 die soldaten 
noch eine menge gold und silber aus den trümmern zusammenge- 
lesen hätten, so ist auch hierin kein directer widerspruch zu sehen. 
Denn das geschmolzene gold und silber steht in keinem vergleich 
mit der beute an menschen, vieh und werthsachen, die Perdikkas 
gemacht hätte, wenn die stadt nicht verbrannt wäre. Ausserdem 
sehen Diodors worte an jener stelle fast wie ein zusatz aus, den 
er selbst seiner quelle beigefügt hat. B. XVI, 45, 6 nämlich hat er 
beim untergang von Sidon, der ein ganz ähnlicher war, beinahe 
dieselben worte. Niemand wiederholt sich aber in seinen wen- 
dungen mehr als Diodor; so ist es wohl möglich, dass er jene 
worte im achtzehnten buche in erinnerung an den ähnlichen vor- 
gang in Sidon niedergeschrieben hat 14). 

Es folgen bei Justin die heirathspline des Perdikkas, der 
ausbruch des krieges zwischen den statthaltern und der kriegsrath 
bei dem reichsverweser (c. 6). Alles dies wird auch bei Diodor 
genau in derselben reihenfolge nach der zerstörung von Isaura 
erzählt (23—25). Dann geht Justin auf Ptolemaeus und dessen 
erwerbung Kyrenes über, bei welcher gelegenheit er auf die grün- 
dung dieser stadt zu sprechen kommt. Diodor und Arrian haben 
letzteres nicht, sondern nur die besitznahme des landes von seiten 
des ägyptischen satrapen und die derselben vorausgehenden, durch 
Thibron erregten kämpfe, die andrerseits Justin nicht hat. Diese 


13) Diese verdrehung Justins haben schon Fabricius und Wesse- 
ling gesehen; Brückner findet darin ein deutliches zeichen, dass 
Diodor eine andere quelle benutzt habe als Justin; entschieden mit 
unrecht. 


14) In Hermann und Dorothea sagt der richter zum pfarrer: 
Ihr erinnert mich klug, wie oft nach dem brande des hauses 
Man den betrübten besitzer an gold und silber erinnert, 
Das geschmolzen im schutt nun überblieben zerstreut liegt. 
Diodors worte sind auch gewissermassen ein trost für die vergeblich 
gehoffte beute, 








Zur zeit der Diadochen. . 325 


ereignisse werden aber bei Diodor vor der vernichtung der pisi- 
dischen städte erzählt; es ist dies eben die einzige abweichung in 
der reihenfolge bei Justin, die sich aber bei gleicher vorlage sehr 
gut erklären lässt. Der krieg in Kappadokien sowohl wie die 
zerstórung der pisidischen städte stehen sehr vereinzelt zwischen 
den übrigen ereignissen; da nun aber letzteres auf dem rückmarsch 
des Perdikkas von Kappadokien geschah, so mag Trogus beides 
zusammenerzählt haben. Hierauf ist das ende des lamischen krieges 
gefolgt, dessen abschluss bei Diodor (XVIII, 18) die bestimmung 
des Perdikkas über Samus bildet. Vielleicht hat letzterer umstand, 
der Trogus wieder zu Perdikkas überführte, diesen bewogen zu- 
nächst bei dem reichsverweser zu bleiben. Es fulgen dann die 
ereignisse wie bei Diodor bis zur eróffnung des krieges der statt- 
halter. Hier hatte nun Trogus die ereignisse in Kyrene, welche 
Ptolemaeus zur erwerbung dieses landes verhalfen und dadurch 
seine macht stärkten, nachzuholen. So würde also noch eine 
zweite abweichung zu der ersten hinzutreten, aber sie ist aus dem- 
selben bestreben des Trogus zu erklären, denn die ereignisse in 
Kyrene treten ebenso den zusammenhang auseinanderreissend zwi- 
schen die anderen wie vorher die zerstörung der pisidischen städte. 
Wenn aber auch das eben ausgeführte zu künstlich und deshalb 
verwerflich scheinen sollte, so würde das doch immer feststehen, 
dass mit einer einzigen ausnahme — denn eine ist dann bloss 
vorhanden — sich bei Justin derselbe plan, dieselbe anordnung 
des stoffes findet. Ausserdem aber hat jenes plótzliche abbrecben 
in der erzühlung des lamischen krieges nur dann seine genügende 
erklärung, wenn Justin in seiner vorlage eine reihenfolge in den 
thatsachen wie die bei Diodor und Arrian vorfand. Ob endlich 
die episode über die gründung Kyrenes in der gemeinsamen 
quelle gestanden hat, ist nicht zu entscheiden. 

Die anordnung des stoffes würde demnach in der gemeinsamen 
quelle etwa folgende gewesen sein. Nach der erzählung der 
zwistigkeiten in Babylon, der hauptstadt des reiches, der 
schliesslichen beilegung derselben und der vertheilung der satrapien 
wendet sich der verfasser zur darlegung der unruhen in den pro- 
vinzen, wobei ähnliche worte wie die des Photius (9) exa otov 
dì uerd 10» “AAsEavdgov Iavyarov ndvra EnAngovro den übergang 
gebildet haben kónnen. Den anfang wird die vernichtung der auf- 


326 Zur zeit der Diadochen. 


ständischen Griechen in Asien gemacht haben, worauf dann der 
lamische krieg folgt, soweit von makedonischer seite nur Antipater 
thätig ist. Mit unrecht hat man dann bei Diodor zu anfang von 
cap. 14 anstoss an den überleitenden worten xazà dè rjv ’Aola» 
TOY peuediouéror tag Curparelug Ilrodenaîog, genommen, weil 
von Ptolemaeus die erzählung (2. 3) zu Lysimachus übergehe 15), 
Denn bis jetzt sind die unruhen in Asien und Europa, die bei 
Alexanders tode ausbrachen, bevor die einzelnen satrapen ihre re- 
gierung antraten, der aufstand der Griechen. in Asien und der ja- 
mische krieg, dargelegt; die beiden abschnitte schliessen mit den 
Worten: xaj ta i» xarà tiv Aolav Ev ro row qv (T, 9) und 
xai vx ev xara mv Eügotgv dv rovioig nv (13, 6). Nun folgt 
‚die übernahme der einzelnen satrapien, die natürlich nur in soweit, 
als dabei etwas erwähnenswerthes geschieht berichtet wird, Dies 
zeigen die überleitenden worte zw» ueutQiGpé£vu» rüg curganelac 
IlvoÀsueiog pév u. s. w. Es wird bei Ptolemaeus ausgefübrt, dass 
er die provinz &xsvdvvws übernahm, aber gleich von anfang an 
darauf bedacht war, wie er dem mit Perdikkas drobenden kriege, 
den er damals schon voraussah, gerüstet entgegentreten könnte, 
Wenn -nun als zweiter Lysimachus genannt wird, so tritt dies 
durchaus nicht in widerspruch mit den worten xar« thy otav; 
denn in Babylon haben die feldherrn die satrapien unter sich ge- 
theilt, und von da aus geht jeder in seine provinz. Ausdrücklich 
ist ja auch nicht von den satrapien in Asien die rede, sondern von 
den satrapen; diese sind eben mit ausnahme des Antipater alle in 
Asien. Diodor sagt auch: Avoluayog d' èrmifalòv roig xara Tv 
Oouxny Tômoiç, also „eingerückt in Thrakien“ natürlich von Asien 
aus. Ebenso wird dann Leonnatus erwähnt, der, wie aus Plutarchs 
Eumenes hervorgeht, eigentlich letzterem Kappadokien erobern 
sollte. Ausdrücklich heisst es bei Plutarch von diesem xa1éBn 
avwdev els Dovytav, d. h. von Babylon. Mit Leonnatus geht 
dann die erzühlung von selbst wieder zum lamischen kriege über, 
der nun bis zum tode dieses feldherro erzählt wird. Zu bemerken 
ist hierbei, dass höchst wahrscheinlich vor Leonnatus noch Anti- 
gonus und Eumenes in der quelle behandelt waren. Aus Plutarch 
(Eum. 3) wenigstens, der, wie sich später zeigen wird, von Leon- 


15) Krebs Lection. Diod. cap. 1, p. 6; dass aber hier eine jahres- 
benennung ausgefallen sei, gebe ich zu. 








Zur zeit der Diadochen. 327 


natus zug nach Europa fast mit denselben worten wie Diodor be- 
richtet, also aus derselben quelle geschöpft hat, scheint dies her- 
vorzugehen. Dann haben Diodors worte zu anfang von cap. 14 
noch mehr ihre berechtigung. | 

Mit Leonnatus übergang nach Europa war Eumenes hoffnung 
auf dessen hülfe zur eroberung Kappadokiens vereitelt worden; so 
geht nun die erzählung weiter zur einführung des Eumenes in 
seine provinz durch Perdikkas, um sich dann zur nachbarlandschaft 
Kilikien, woselbst sich damals Kraterus befand, zu wenden; dessen 
person führt wieder von selbst zum lamischen krieg zurück, der 
jetzt bis zu ende erzäblt wird. Nachdem nun so dargelegt ist, 
wie Antipater und Kraterus ihre stellung in Europa befestigt haben, 
scheint es die absicht des verfassers der quelle gewesen zu sein, 
zu zeigen, wie die macht des natürlichen bundesgenossen dieser 
beiden, des Ptolemaeus in Aegypten, gestärkt wurde. Hierbei 
mussten Thibrons kämpfe in Kyrene miterzählt werden. Hierauf 
geht die erzäblung zu Perdikkas über und bleibt zunächst bei ihm, 
indem zuerst die zerstörung der beiden pisidischen städte berichtet 
wird. Mit Antigonus flucht vor Perdikkas wendet sich dann auch 
die darstellung von selbst wieder den europäischen verhältaissen 
zu, dem ätolischen kriege und den rüstungen des Antipater und 
Kraterus gegen Perdikkas. Den letzteren werden dann natur- 
gemäss die rüstungen des reichsverwesers entgegengestellt. Vor 
ausbruch des krieges muss aber noch die überführung der Alexander- 
leiche nach Alexandria berichtet werden. In der erzählung des 
krieges selbst müssen naturgemäss die ereignisse in Kleinasien 
vorangehen, da die entscheidung daselbst früher fiel als in 


Aegypten. 
(Fortsetzung folgt). 


Berlin, - Hermann Kallenberg. 


Verg. Georg. IV, 333 


geht die erzählung von Aristaeus nicht vorwärts, sondern vielmehr 
auf den anfang zurück: daher bezieht sich sonitum (Servius irrt) 
in at mater sonitum thalamo sub fluminis alti cett. auf multa 
querens in vs. 320 zurück: das beweist vs. 356 te crudelem no- 
mine dicit, was auf vs. 321 zuriickweist. Dies zur näheren be- 
stimmung von Philol. XXXIII, p. 441. 

| Ernst von Leutsch. 


ll. JAHRESBERICHTE. 


37». Die neueren bearbeitungen der geschichte 
Griechenlands unter römischer herrschaft. 


(S. Philol. XXVIII, p. 123). 


1. Brunet de Presle et A. Blanchet, La Grèce depuis la 
conquéte des Romains. Paris. 1860. 8. 

2. Le Petit de Jullesville, Histoire de la Gréce sous la do- 
mination Romaine. Paris. 1875. VI, p. 400. 

9. Dr. E. Schneidewind, könig Nabis und seine bedeutung 
für Sparta. (Programm). Nordhausen. 1869. 

4. Hüfler, „ob Griechenland mit der zerstérung Korinths 
römische provinz geworden sei?“  (Sitzungsberichte der k. Wiener 
akademie der wissenschaften phil. hist. klasse. 1870. B. 65. 
P. 367 ff.) 

5. J. Marquardt, Römische staatsverwaltung. Band I. Leip- 
zig. 1873. 

6. Hermann Schiller, Geschichte des römischen kaiserreiches 
unter der regierung des Nero. Berlin. 1872. 

7. Ludwig Friedländer, Darstellungen aus der sittengeschichte 
Roms in der zeit von August bis zum ausgang der Autonine. 
Theil I. 4. auf. 1873. Th. Il. 3. aufl. 1874. Th. lll. 1871. 
(Leipzig). 

8. Dr. G. R. Sievers, Studien zur geschichte der römischen 
kaiser. Berlin. 1870. 

9. Waddington, mémoire sur la chronologie de la vie du 
rhéteur Aelius Aristide, (Mém. de l'Inst, de France, acad. des inscr. 
27. 1. p. 208—268). 1867. 

10. Baumstark, Aelius Aristides. Leipzig. 1874. 

11. C. Wachsmuth, die hochschule von Athen. (Festschrift), 
Göttingen. 1873. 

12. Richard Nitzsche, der Gothenkrieg unter Valens und 
Theodosius den Grossen (376—382). Altenburg. 1871. 





Jahresberichte. 329 


13. Georg Kaufmann, kritische untersuchungen zu dem kriege 
Theodosius des Grossen mit den Gothen (378—382). 


14. Dr. Wilhelm Wigand, Eudoxia, gemahlin des oströmi- 
schen kaisers Theodosius Il. Worms. 1871. 

15. C. Wachsmuth, die stadt Athen im alterthum. Erster 
band. Leipzig. 1874. 

16. Dittenberger, kaiser Hadrians anwesenheit in Athen; im 
„Hermes“. VI. (1872) 2. P. 212 ff. 

17. Dittenberger, de titulis Atticis ad res Roman. spectant, 
(Ephemeris epigraphica. 1873). 

18. Hirschfeld, die familie des Titus Flavius Alkibiades; im 
„Hermes“. (1873). VII 1. P. 12 ff. Rhein, mus, N. f. 1872. 
Bd. 27. 3. 

19. Vidal-Lablache, Hérode Atticus, étude critique sur sa vie. 
Paris. 1872. 

20. Gustav Friedrich Hertzberg, geschichte Griechenlands 
unter der herrschaft der Römer. Dritter theil. Von Septimius Se- 
verus bis auf Justinian I. Halle. 1875. 

21. Dahn, die könige der Germanen. Abth. V. P. 22 ff. 


Ein überblick über die historische litteratur der letzten sechs 
jahre zeigt uns, dass seit unserem letzten an dieser stelle gedruckten 
berichte die zahl der schriften, die sich mit dem schicksale Grie- 
chenlands in seiner spätesten zeit beschäftigten, keine sehr grosse 
erweiterung oder vermehrung erfahren hat, wenigstens soweit die 
deutsche forschung dabei in betracht kommt. Was für um- 
stinde oder wessen persönliche anregung neuerdings in Frankreich 
den anstoss zur aufnahme von studien in dieser richtung gegeben, 
ist dem referenten unbekannt geblieben. Dass es aber der fall, 
scheint doch aus dem erscheinen von zwei grössern französischen 
werken über Griechenlands späteste zeit hervorzugehn. Das eine 
ist die schrift von Brunet de Presle et A. Blanchet, La 
Grèce depuis la conquéte des Romains, Paris. 1860, 8, die ich aber 
nur aus einem citat bei J. Marquardt, Römische staatsverwaltung, 
erster band, (1873), p. 165, anm. 8 s. fin. kenne. Die andere 
schrift stammt aus der feder von Le Petit de Jullesville 
und nennt sich Histoire de la Grèce sous la domination Ro- 
maine. Paris 1875. VI. p. 400. Mir ist sie nur durch ein 
kurzes referat des professor H. Gelzer (in Bursians jalireshe- 
richten, 1874/5, I, p. 61) bekannt geworden. Nach angabe des 
dortigen referenten behandelt dieses mit guter sachkunde geschrie- 
bene buch die geschichte Griechenlands von der zeit des eingreifens 
der Römer in die griechische politik bis zum ausgang des vier- 
ten jabrbunderts. Der referent lobt die darstellung Philopömens 
und seiner nachfolger, wie auch die darlegung des geistigen le- 
bens. Soweit nun ferner die arbeiten ausserdeutscher gelehrten 


330 Jahresberichte. 


für diese periode in betracht kommen, so muss ich bedauern, dass 
mir des Atheners Paparrhigopulos ‘Iotogla roù #MApvxo 
"E9vovg, beziehentlich der hier in hetracht kommende theil, bisher 
noch nicht zugänglich gewesen ist. Ebenso muss es dahingestellt 
bleiben, ob mir aus der nur sehr sporadisch und ungleich zu über- 
blickenden litteratmr der deutschen schul- und universitätsprogramme 
nicht verschiedenes entgangen ist, was sonst der erwühnung wohl 
werth sein würde. Aus der litteratur der schulprogramme, die sonst 
diesen theil der griechischen‘ geschichte seltener berühren, hob 
sich für die letzten jahre sehr achtungswerth hervor, (in einem 
osterprogramme 1869 von Nordhausen, daselbst bei Kirchner er- 
schienen), eine arbeit von E. Schneidewind: „könig Nabis 
und seine bedeutung für Sparta“, in welcher mit vielem geschick 
und scharfblick der versuch gemacht wird, den Spartaner ,künig* 
Nabis zwar nicht gerade zu ,desinficiren*, aber doch etwas we- 
niger schwarz hinzustellen, als derselbe bisher in unsren historischen 
bearbeitungen gefärbt auftritt. Wenigstens das eine wird erreicht, 
dass wir uns überzeugen — für Nabis ist es ein unglück ge- 
wesen, dass sein andenken nur durch die historiographie seiner er- 
bittertsten gegner, der Achüer, auf uns gekommen ist. 

Folgen wir dem historischen Ariadnefaden, der uns von der 
zeit des Flamininus abwärts tiefer hineinführt in Griechenlands 
rümische zeit, so tritt uns aus der reihe gelehrter akademieschriften 
eine interessante abhandlung entgegeu. Professor Hófler nem- 
lich bringt uns in den Sitzungsberichten der philologisch-historischen 
classe der k. Wiener akademie der wissenschaften, in baud 65 
(jabrgang 1870), p. 267—310, sitzung vom 15. nov. 1870, den 
versuch einer neuen lösung einer seit jahren schwebenden streit- 
frage. Es ist die untersuchung der frage, ,ob Griechenland 
mit der zerstórung Korinths rómische provinz ge- 
worden sei?“ Diese frage berührt gewissermassen Göttinger 
heimathliche interessen. Bekanntlich war es der verewigte Karl 
Friedrich Hermann, der zuerst (i. j. 1847) diese frage wieder in 
den vordergrund der historisch - philologischen erôrterung gezogen 
und mit grosser ausdauer die ansicht vertreten hat, dass von einer 
provinz Achaja erst seit dem ausgang der römischen republik die 
rede sein könne. Im verlauf der durch sein verdienst angeregten 
diskussion hatte sich bis zum jahre 1870 ziemlich allgemein die 
meinung festgestellt, dass allerdings eine eigene, selbständig 
organisirte, provinz Achaja erst seit der theilung der rö- 
mischen provinzen zwischen Augustus und dem senat in der ge- 
schichte zum vorschein komme, dass aber Griechenland nichts desto 
weniger seine politische unabhängigkeit schon zur zeit. des Mum- 
mius verloren habe und nach der zerstörung von Korinth als ein 
theil der provinz Makedonien in das römische reich aufgenommen 
worden sei. Höfler erklärt sich nun wieder auch gegen diese 





Jahresberichte, 331 


auffassung der verhältnisse und sucht ausführlich nachzuweisen, 
dass der achäische bund allerdings zur zeit des Mummius von den 
Römern mit einem furchtbaren löwentatzenschlage in trümmer ge- 
schlagen worden sei, dass aber nachlier zu grossem vortheil für 
die Griechen des hellenischen mutterlands die griechischen staaten 
von Hellas wenigstens eine gewisse selbständigkeit bis zur organi- 
sirung der provinz Achaja durch Augustus behauptet hätten. Er 
beklagt schliesslich (p. 308), dass manche gelehrten, „wie es scheine, 
mit mehr hartnäckigkeit als gründen“ daran festhalten, dass Grie- 
chenland schon damals ‘römische provinz geworden sei, und be- 
schwört die forscher, diese unerweisliche behauptung doch endlich 
aufzugeben. 

Leider ist aus dieser gelehrten, mit einer durch das motiv 
wenig gerechtfertigten, leidenschaft geführten abbandlung ein ge- 
winn für die wissenschaft nicht zu ziehen. Wer neue momente 
zur entscheidung dieser nun anscheinend historisch abgethanen streit- 
frage herbeibringen will, der müsste (nach der subjektiven ansicht 
des referenten) entweder neues schriftstellerisches oder inschrift- 
liches material herbeibringen können; ist das nicht möglich, dann 
bliebe noch immer übrig, in überzeugender weise eine neue ansicht 
über wesen und charakter entweder dessen aufzustellen, was die 
Römer staatsrechtlich provincia nannten, oder aber eine neue auf- 
fassung von der auswärtigen politik des römischen senats in dem 
zweiten jahrhundert v. Chr. siegreich geltend zu machen. Von 
diesem allen ist aber in der Hôflerschen abhandlung nichts zu be- 
merken. Auch dieser forscher arbeitet nur mit demselben quellen- 
mässigen material wie seine gegner; in bezug aber auf das wesen 
dessen, was die Römer zu verschiedenen zeiten provinz genannt 
haben, verfährt Höfler ohne alle schärfe und sicherheit, während es 
doch in seinem fall geradezu geboten war, auf die scharfgezeichnete 
theorie Mommsens über diesen punkt und auf Kuhns höchst scharf- 
sinnige beobachtungen, die ein sehr allmähliches fortschreiten der 
Römer von der einfachen militärisch - finanziellen einrahmung ihrer 
eroberungen in das römische reich bis zu der vollständigen, aber erst 
seit Constantin dem Grossen der vollendung zustrebenden, nivellirung 
derselben im sinne einer mehr an moderne verhältnisse erinnernden 
reichseinheit erkennen lassen, prinzipiell einzugehn. Endlich fehlt auch 
eine nähere würdigung der römischen politik im zweiten jahrhun- 
dert v. Chr., deren rapides fortschreiten von einer wohlwollenden 
intervention in den griechischen angelegenheiten, und von einer mit 
dem schwerte geführten abwehr der gefahren, die den Römern zuerst 
von der weit überschätzten kraft Makedoniens und nachher von den 
durch Hannibal bestimmten Seleukiden zu drohen schienen, zu der 
rohesten interessen- und verschlingungspolitik die letzte katastrophe 
Griechenland doch gar sehr verständlich macht. Die anlage der 
Höflerschen abhandlung ist in der kürze folgende. Eine durch 


-832 Jabresberichte, 


den streitigen punkt unseres bedünkens nicht nôthig gemachte, übri- 
gens auch an fehlern, ungenauen angaben, und schiefen auffassungen 
nicht arme schilderung der selbstzerfleischung Griechenlands seit 
‘ Perikles zeit leitet die arbeit ein. Dann folgt ein abschnitt über das 
auftreten der Rómer in Griechenland seit Flamininus bis auf Mum- 
mius, ein zweiter über das walten der Rómer in diesen landen nach 
Korinths zerstórung. Dann werden die angaben der quellen geprüft, 
aus denen der verfasser die fortdauer der freiheit Griechenlands 
von römischen  provinzialbeamten südlich der Thermopylen wie 
in Makedonien nachzuweisen sucht. Nur dass dabei solche be- 
denkliche missgriffe vorkommen, wie p. 291, wo der verfasser 
schon nach abführung der tausend Achäer nach Italien i. j. 167 die 
Römer in Achaja timokratie einrichten lässt, also die faktische 
herrschaft der rümisch gesinnten aristokratie mit einer verfas- 
sungsveränderung  gleichstellt! Nur dass (p. 292) der verfas- 
ser, wo er von der durch Rom den Griechen nach der zerstórung 
von Korinth verliehenen „freiheit“ spricht, weder den staatsrecht- 
lichen charakter dieser freiheit zu analysiren für nöthig findet, 
noch auch daran denkt, (was uns namentlich Carl Peter nachge- 
wiesen), wie geübt und gewandt die späteren Römer waren, die 
härtesten dinge und die erdrückendsten, durch sie geschaffenen zu- 
stände durch die wohltönendsten phrasen und durch unwahre farben 
zu verhüllen, — womit unsrerseits freilich nicht gesagt sein soll, 
dass nicht Griechenlands schicksal i. j. 146 historisch unabwendbar, 
dass nicht das schliessliche auftreten der Römer in Griechenland 
nach der zerstörung von Korinth immerhin wohlwollend und ver- 
gleichsweise human war. Der fünfte abschnitt endlich ent- 
hält die positive polemik gegen die ansichten neuerer schriftsteller; 
nur dass Höfler ausschliesslich sich gegen Mommsen, Zumpt 
und den referenten wendet. Da es nicht die aufgabe dieses 
berichts sein kann, hier noch einmal in eine vertheidigung oder 
darlegung der auffassung einzugehen, in welcher die bücher der 
drei genannten schriftsteller mit einander zusammentreffen, so kann 
referent nur sagen, dass nach seiner ansicht die Höflersche po- 

lemik keinen der wesentlichen gründe entkräftet hat, durch welche 
diese historiker zu. der ansicht geführt worden sind, dass mit aus- 
nahme des seit alters mit Rom alliirten Athen Griechenland nach 
der zerstörung von Korinth zu dem römischen staate in ein pro- 
vinzialverhältniss getreten, zunächst aber, d. h. bis zum untergange 
der aristokratischen republik in Italien, in gestalt einzelner tribu- 
tärer klientelstaaten unter die oberaufsicht des in Makedonien kom- 
mandirenden römischen statthalters gestellt worden ist, Dass der- 
selbe zertrümmerte zustand der überlieferung, welcher die annalen 
Griechenlands von Mummius bis auf Sulla nahezu als ein leeres 
blatt erscheinen lässt, uns auch jede ausdrückliche und scharf for- 
mulirte angabe über den staatsrechtlichen stand Griechenlands nach 


Jahresberichte, 333 


der zerstörung von Korinth vorenthält, bestreitet niemand. Aber 
es ist doch wohl nicht bloss zufall, dass für die ganze zeit von 
Mummius bis zu den julisch-claudischen imperatoren der lebhafte 
direkte verkehr zwischen den griechischen staaten und dem senat, 
wie er bis auf Kritolaos bestanden hatte (und wie er auch nach 
Mummius doch noch einigermassen hätte fortbestehen können, wenn 
Hófler recht hätte), vollständig ruht. Dagegen zeugen sehr viele 
stellen der alten, die ja auch der verfasser citirt, von einer reihe 
sehr bestimmter beziehungen der statthalter Roms in Makedonien zu 
den Hellenen, die bei unserer ansicht sich sehr natürlich erklären, 
während Hófler in solchen fällen immer die exception der ausser- - 
ordentlichen zeitverhültnisse oder römischer gewaltstreiche machen 
muss, Referent kann zugeben, dass seine ansicht über den Fabius 
Eburnus aufechtbar ist; aber dieses ist nur eine sekundäre frage. 
Aber er erstaunt über die bequeme und grazióse leichtigkeit, mit 
welcher unser verfasser sich über das so schwer wiegende mo- 
ment der auch in Griechenland eingeführten makedonischen pro- 
vinzialära hinwegsetzt, da doch beispielsweise der stadt Alexandria 
von dem senat befohlen werden .konnte (Dion. Cass. 51, 19), die 
zeitrechnung vom jahre ihrer eroberung einzuführen. Für seine 
person hätte referent endlich gewünscht, dass Höfler die gegen ihn 
gerichteten angrifle etwas weniger missverständlich formirt hätte. 
Auf p..306 schreibt Höfler genau so, dass die vermuthung entstehen 
muss, ich hätte für die bildung einer provinz Achaja schon zu 
Mummius’ zeit plaidirt, während ein blick in mein betreffendes buch 
das gegentheil beweist. Auch der schluss der Höflerschen abhand- 
lung ist nicht stichhaltig. Wahrlich nicht die angebliche unabhän- 
gigkeit Griechenlands, sondern seine armuth hat dieses land vor 
dem schicksale bewahrt, durch die aktiengesellschaften der publi- 
canen in der art wie Asien überfluthet zu werden; und die angeb- 
liche selbständigkeit Griechenlands hat weder die völker dieses lan- 
des, noch selbst das staatsrechtlich wirklich freie Athen gehindert, 
mit energie den fahnen des Mithridates gegen die Römer zu folgen. 
Sie hat auch nicht gehindert, dass Griechenland durch die auf sei- 
nem boden ausgefochtenen bürgerkriege der römischen parteiführer 
ebenso furchtbar zugerichtet wurde, wie Asia; nur dass Asia 
nachher das glück hatte, was unser verfasser ebenfalls über- 
siebt (p. 300), sich während der ersten hundert jahre der kaiser-. 
zeit wieder bis zu einer wahrhaft glänzenden blüthe emporzu- 
schwingen, während Achaja mit aller mühe es nur wieder zu einem 
ziemlich bescheidenen wohlstande zu bringen vermochte. | 
Alles zusammengefasst, so wird man jetzt bei dem stande der 
forschung über die von Höfler wieder angeregte frage mit einem 
neusten forscher sagen dürfen: „der seit 1847 entsponnene leb- 
hafte streit hat jedenfalls eine genaue prüfung der überlieferten 
thatsachen veranlasst und wenigstens für den unbefangen urthei- 


334 Jahresberichte, 


lenden als resultat berausgestellt, dass Griechenland im jahre 608 
— 146 allerdings zur provinz gemacht, damals aber noch nicht 
von einem eigenen statthalter verwaltet, sondern als ein thei) der 
provinz Makedonien in das römische reich aufgenommen wor- 
den ist“. 

‚In dieser weise spricht sich aus professor J. M arquardt in 
dem von ihm übernommenen theile der werthvollen neuen bearbeitung 
des altberühmten Becker- Marquardtschen handbuches der rômischen 
alterthümer, nemlich in dem 1873 (Leipzig, bei S. Hirzel) erschie- 
nenen ersten bande der „römischen staatsverwaltung“. In unserm 
bericht kommen aus diesem trefflichen werke (ausser den auf Ma- 
kedonien, Asien, die inseln und Byzantion bezüglichen partien) na- 
mentlich die ergebnisse der untersuchungen in betracht, welche der 
verfasser hier über die zustinde von Achaja niedergelegt hat; 
also b. 1 (statistische übersicht), XXVI und XXVII. P. 164—175 
»Achaja mit Epirus*. 

Professor Marquardt war zuerst — in der ältern ausgabe 
dieses handbuches der alterthümer —- gegen Carl Friedrich Her- 
mann und die anhünger der Hermannschen ansicht polemisch auf- 
getreten und hatte damals noch die thatsüchliche existenz einer 
provinz Achaja schon seit Mummius zeit vertheidigt, (obwohl er 
auch schon damals die môglichkeit zugab, dass Achaja zeit- 
weise durch einen legaten des statthalters von Makedonien ver- 
waltet worden sei), den streit auch gegen Hermanns replik in der 
schrift „zur statistik der römischen provinzen“ (1854) fortgeführt. 
Die jetzt vorliegende fassung, die ich vorher anführte, ist das 
kurz zusammengedrängte ergebniss der seit jahren, wie auf zahl- 
losen andern punkten im interesse immer gediegenerer ausführung 
seines handbuches, so speziell für diese frage unausgesetzt fortge- 
setzten detailforschungen des um die alterthumswissenschaft seit 
langem so vielverdienten verfassers. Der hier von uns citirte 
und besprochene abschnitt über Achaja und Epirus giebt zunächst 
wieder eine gedrängte historische übersicht über die schick- 
sale Griechenlands nach der zerstörung von Korinth, Hier wird 
eben noch einmal kurz und schlagend die reihe der momente zu- 
sammengestellt, aus denen sich jetzt der schluss ergiebt, dass, wie 
bisher bereits wiederholt bemerkt wurde, Griechenland in der that 
schon damals dem organismus des römischen reiches angegliedert 
worden ist. Da der verfasser mit einer sorgsamkeit, wie einst 
C. Fr. Hermann, sich bemüht, das litterarische und inschriftliche 
material seiner nachweisungen in dem sonterrain des buches zu er- 
günzen, so bringt diese auflage auch materiell manche erweiterung 
des historischen stoffes. Dahin gehören namentlich (p. 166 fig.) 
die neuen inschriftlichen mittheilungen über das schicksal der höo- 
tischen, den Römern feindlichen stadt Thisbae am südlichen fusse 
des Helikon in dem kriege der republik gegen könig Perseus. 








Jahresberichte. 335 


Zugleich ergiebt sich, dass damals (1710) nicht Theben, wie Po- 
lybios und Livius lehren, sondern eben Thisbae mit Haliartos und 
Koroneia gegen Rom stand, an „dem bunde mit den Makedonen 
festhielt, dafür aber belagert wurde und sich genöthigt sah, eine 
den Römern „stipendiäre“ gemeinde zu werden“. Gegenüber denen, 
die noch immer an dem schatten einer selbständigkeit der europäi- 
schen Griechen auch nach der schlacht am Isthmus festhalten, wird 
wahr und treffend (p. 169) bemerkt, dass die einige jahre nach der 
grossen katastrophe durch die gnade der Römer wieder zugelas- 
senen bundesversammlungen der Achäer, Böoter, Phoker und anderer 
Griechen „nur in der umwandlung fortbestanden, welche ehemals 
das lateinische bündniss erfahren hatte, d. h. sie erhielten sich als. 
festgemeinschaften, ohne politischen charakter“. Auf p. 171 wird 
aus neu gefundenen inschriften die zahl der griechischen stüdte 
vermehrt, von denen wir jetzt wissen, dass sie sich wie es ja 
die gesammte griechische welt südlich von den Thermopylen ausser- . 
halb der attischen grenze und des gebietes von Sparta sollte — 
der makedonischen provinzialära von 608 = 146 v. Chr. bedienten. 
Den abschluss bildet ein überblick über die verwaltungsorganisation 
der durch Augustus formirten provinz Achaja und über die ver- 
schiedenen geographischen verkleinerungen, denen diese provinz 
wührend der älteren jahrhunderte der kaiserzeit unterlag. 
Spezialschriften über die geschichte Griechenlands seit der zeit 
des Mummius zunächst bis zur zeit des Caracalla sind uns, mit 
ausnahme der zu anfang dieses berichts augeführten franzüsischen 
schriften nicht bekannt geworden. Aus werken allgemeinen in- 
halts, die auch Griechenlands schicksale während der kaiserzeit be- 
rübren, mag aber hingewiesen werden einerseits auf die schilderung 
des auftretens des kaisers Nero in Griechenland (p. 246 ff.) in dem 
sehr bedeutenden, auch in den allgemeinen abschnitten au scharf- 
sinnigen beobachtungen über die stellung des griechenthums in der 
ältern kaiserzeit überaus reichen werke von Hermann Schiller, 
»Geschichte des rümischen kaiserreiches unter der regierung des 
Nero'* (Berlin, 1872), andrerseits auf die andauernd mit jeder 
neuen bearbeitung vermehrten kulturgeschichtlichen nachrichten auch 
über Griechenland in Friedländers grossem werke über „Dar- 
stellungen aus der sittengeschichte Roms in der zeit von August 
bis zum ausgang der Antonine“ von welchem der erste theil i. j. 
1873 in vierter, der zweite i. j. 1874 in dritter, der dritte 
endlich, welcher höchst reichhaltige mittheilungen über luxus, künste, 
schöne litteratur, religiöse zustände, philosophie, erziehung zur 
sittlichkeit, und unsterblichkeitsglauben in den beiden ersten jahr- 
hunderten der kaiserzeit in der rémisch-griechischen. welt bietet, in 
erster auflage i. j. 1871 (Leipzig, S. Hirzel) erschienen ist. 
Vielfach wird die geschichte Griechenlands während der rö- 
mischen kaiserzeit ferner berührt in der sammlung zum theil schon 


336 Jahresberichte. 


sonst erschienener arbeiten aus dem nachlass von dr. G. R. Sie- 
vers, welche dessen sohn, cand. Gottfried Sievers in Hamburg, 
i, j. 1870 (Berlin, Weidmannsche buchhandlung) unter dem titel 
„Studien zur geschichte der römischen kaiser“ herausgegeben hat. 
Diese vielseitig werthvolle sammlung beginnt mit des verewigten 
verfassers seiner zeit viel genannter abhandlung über „Tacitus und 
Tiberius“ und schliesst mit zwei aufsätzen über „Ostrom von 450 
bis 518“, und „Westrom von 455 bis 480“ Die für die ge- 
schichte Griechenlands während der römischen kaiserzeit bis zum 
heraufziehen der byzantinischen zeit werthvollsten partien dieser 
sammlung sind die artikel: (H.) Nero und Galba (p. 107— 170), 
wo p. 126 bis 134 Nero's berühmte kunstreise nach Griechenland 
genau behandelt wird; das bemühen, die grellsten farben abzudämpfen 
und das groteske in den nachrichten der alten über Nero’s treiben 
auf dem hellenischen boden wenigstens einigermassen in zweifel zu 
ziehen, giebt dieser abhandlung die signatur. Von den übrigen 
kommen für unsern bericht vorzugsweise noch in betracht: nr. IV, 
über kaiser Julian (p. 225—272), wo sehr ausgiebige untersu- 
chungen über die gelehrten freunde und zeitgenossen Julians, nament- 
lich in Atben, und iiber die chronologie auf p. 231 bis 238 sich 
finden. Ferner sind wichtig die nummern: (VI) Theodosius, wo 
p. 295 die Griechenland so nahe berührenden Gothischen' kriege 
behandelt werden, (VII) Arkadius, wo die schwierige partie des 
krieges mit Alarich, der endlich zur verheerung des Peloponnes 
und Stilicho’s einmischung führt, sehr ausführlich erörtert wird 
(p. 338 bis 349). Dann, den hellenismus bis in seine entlegensten 
verzweigungeu und verdünnungen verfolgend, (VIII) die abhandlung 
über Synesius von Kyrene (p. 371— 418), während aus (1X) 
Theodosius Il namentlich (p. 431 ff. 462) der abschnitt über die 
schöne und gelehrte kaiserin Eudokia bemerkenswerth erscheint. 
Auch dieses werk trägt den allen späteren arbeiten des verdienten 
verfassers durchgehends eigenthümlichen charakter. Den höhepunkt 
historischer darstellung hatte Sievers unseres bedünkens in seiner 
geschichte Griechenlands seit dem ausgange des peloponnesischen 
krieges erreicht; seine späteren arbeiten sind nicht wieder zu sol- 
cher historischer abrundung gediehen. Ueberaus sorgsamer sam- 
melfleiss; unbestechlicher, energischer trieb nach wahrheit und 
historischer gerechtigkeit und vorliebe für chronologische studien 
treten hier bemerkenswerth vor. Formell sind indessen, mit aus- 
nahme von nr. 1 und 2, diese aufsätze eigentlich nur material- 
sammlungen; trotzdem an sich schätzbar genug, sind sie doch nur 
mit einiger vorsicht zu verwenden, theils weil bei den letgten ar- 
tikeln in kenntlicher weise, wie bei dem vorzeitigen tode des 
verfassers wohl verständlich, die letzte hand noch gefehlt hat, theils 
aber auch, weil manche dieser fleissigen schriften jenes klare und 
durchdringende historische urtheil vermissen lassen, welches die 








Jahresberichte. 337 


charakterbilder in seiner griechischen geschichte einen se fesseladen 
reiz verleiht. 

Ehe wir zu den zwei grösseren werken vorschreites, mit deren 
erörterung wir diesem bericht zu beschliessen gedenken, noch einige 
bemerkungen über einige gelehrte schriften von kürzerer gestalt. 
Der wenigstens durch seine bildung amd sinnesweise zu Griechenland 
und zu den echtesten Hellenen seiner zeit gehörige rhetor Aelius 
Aristides wurde nen gewardigt voa Waddiagton, mémoire 
sur la chronologie de la vie du rhéteur Aelius Aristides (1867), 
und in der tüchtigen monografie von Baumstark, Aelius Ari- 
stides (Leipzig 1874). Eine sehr gehalivolle arbeit bot ferner 
professor Curt Wachsmath im Göttingen, (der neuerdings in 
ähnlicher weise auch Alexandrien im sehr anziehender und anschau- 
licher weise behandelt hat), in der kleinen schrift: „die hochschule 
von Athen“, die eigentlich als festrede im namen der universität 
zur akademischen preisvertheilung am 11. juni 1873 zuerst mitge- 
theilt wurde. Auf vierzehn quartseitea giebt der verfasser iu 
scharfen und energischen umrissen das bild der geschichte des hö- 
heren studieuwesens in Athen von der zeit der alten sophisten zu- 
nächst (p. 4 —11) his zu der zeit der Antonine, wo die altbestan- 
denen wie die neuen studienanstalten in dieser stadt zu dem 
konsolidirt werden was man etwa nach analogie späterer zeiten 
„universität“ nennen mag. In dem ersten theile ist namentlich 
die schilderung der bedeutung des athenischen ephebenwesens für 
die entwicklung Athens zur schulstadt, wie auch der in späterer 
zeit entstandenen gymnasien (Ptolemäon und Diogeneion), von be- 
sonderm interesse. Der rest der trefllichen schrift (p. 11 — 17) ^ 
schildert knapp, und doch lichtvoll und farbenreich den cha- 
rakter, die institute, die blüthe, die wechselnden schicksale und 
den endlichen jähen untergang dieser universität, die während der 
ersten jahrhunderte ihres bestehens seit Marc Aurels dotirung vor- 
züglich durch die jüngere sophistik, während der letzten 140 jahre 
dagegen durch die neuplatonische philosophie ihr eigenthümliches 
gepräge erhält. 

Während zwei recht tüchtige arbeiten von Richard Nitzsche, 
der Gothenkrieg unter Valens und Theodosius dem Grossen (376— 
382), Altenburg, 1871, und von Georg Kaufmann, kritische 
untersuchungen zu dem kriege Theodosius’ des Grossen gegen die 
Gothen (378 —382), von wichtigkeit werden bei der speziellen er- 
forschung der geschichte Griechenlands in jener zeit, wo die hun- 
nisch - gothische völkerwanderung zuerst die Balkan- und Pindos- 
halbinsel bis hinauf zu den Thermopylen in flammen setzte, ist 
wenigstens von historischer seite über eine andere schrift nur we- 
nig löbliches zu berichten. „Eudoxia, gemahlin des oströmischen 
kaisers Theodosius ll, ein kulturhistorisches bild zur vermittlung 
des humanismus und des christenthums von dr. Wilhelm Wi- 


Philologus. XXXVI, bd. 2. 22 





338 Jahresberichte. 


gand zu Worms (187 1), nennt sich dieses buch. Man darf nicht 
erwarten, hier eine lediglich zu historischen zwecken verfasste 
monographie zu finden, die mit hülfe- des etwas spärlichen und 
schwierigen quellenmaterials das charakterbild dieser schönen, geist- 
vollen und interessanten kaiserin uns möglichst sicher herzustellen, 
zugleich auch die wahre physiognomie des hofes und der haupt- 
stadt der Pulcheria während der bis jetzt noch etwas vernachläs- 
sigten ersten hälfte des fünften jahrhunderts n. Chr. herauszuar- 
beiten versuchte. Der herr verfasser, ein wohlmeinender patrigt, 
der nur mit bedauern das auseinanderfallen von wissen und glau- 
ben betrachtet, gab sich i. j. 1870 sehr optimistischen ansichten 
über eine erhöhte religiöse stimmung des deutschen volks hin und 
„wollte einen kleinen versuch machen, biblischen glauben und mo- 
derne wissenschaft zu vermitteln“. Dazu wählte er nun die inte- 
ressante geschichte von Eudoxia, für die er seit alters lebhafte 
theilnahme gehabt, und machte nun aus derselben eine art histo- 
rische novelle. Damit fällt aber das buch eigentlich aus unsrer 
betrachtung heraus; es sei nur noch bemerkt, dass allerdings das 
historische kostüm und der historische hintergrund festgehalten sind, 
(nur dass die athenische universität niemals „Athenäum“ genanut 
wurde), dass dagegen das detail der geschichte des professors Leon- 
tius und seiner religiös-philosophischen ideen wesentlich eigenthum 
des verfassers ist, dass ferner (p. 25) der alte irrthum wiederkehrt, 
als sei Alarich von Rufinus aus bosheit gegen seinen kaiser nach 
Griechenland gesendet worden; dass (p. 34) die staatsleitung der 
prinzessin Pulcheria über jedes maass hinaus überschätzt wird; 
dass endlich bei der mit recht festgehaltenen edlen auffassung des 
bildes der Eudoxia doch kein grund gegeben war, die ihr schliess- 
lich zugeschriebene mitwirkung bei der gewaltsamen beseitigung 
des Saturninus vollständig zu ignoriren, 

Unser bericht wendet sich schliesslich zu zwei grösseren büchern 
über die späteste zeit des antiken Griechenland. Einerseits näm- 
lich kommt hier ein sehr beträchtlicher theil (abschnitt IV „stadt- 
geschichte“, und aus derselben p. 608 bis 650) von professor 
Wachsmutbs in Göttingen werke über ‚die stadt Athen im alter- 
thum“ in betracht, dessen bis jetzt allein vorliegender erster 
band im j. 1874 in Leipzig erschienen ist. Die von uns hier 
erörterte partie zerlegt der herr verfasser wieder in die unterab- 
theilungen: nr. 10: Athen in der makedonischen periode, p. 608— 
650; nr. 11: Athen unter den Römern bis zur zeit Hadrians, 
p. 650—686; nr. 12: Athens nachblüthe unter Hadrian und den 
Antoninen, p. 686—703; nr. 13: Athen in den letzten jahrhun- 
derten des alterthums, p. 703—724. Es ist nicht die aufgabe 
dieses berichts, über professor Wachsmuths so vielseitig aus- 
gezeichnete, in so hohem grade dankenswerthe arbeit, (die refe- 
rent leider erst in dem augenblicke benutzen konnte, wo sein 





Jahresberichte. 339 


eigenes buch über Griechenlands letzte zeiten im druck nahezu 
vollendet war), eine selbständige rezension zu schreiben. Für 
den hier allein in betracht kommenden theil kann referent aber 
nur seine freude ausdrücken, dass aus der feder eines so sachkun- 
digen, mit dem boden des alten Athen auch durch autopsie vertraut 
gewordenen gelehrten nun endlich eine zusammenhängende 
und vollständige geschichte von Athen vorliegt. Dass das 
quellenmaterial jeder art vollständig. ausgenutzt, alle neuern hülfs- 
schriften verwerthet sind, dass auch der entwicklung der stadt in 
den dunkleren jahrhunderten des mittelalters gedacht wird, sind 
dinge, die man bei einem soliden deutschen gelehrten, der über diesen 
stoff arbeitet, eigentlich nicht erst noch besonders hervorzuheben 
braucht. Die uns hier interessirende partie nun giebt in erster 
linie die architektonische geschichte von Athen seit ablauf 
der zeit Alexanders des Grossen mit umfassender vollständigkeit. 
Die rein politische und die soziale entwicklung von Athen seit 
diesem momeut, genauer es zu bezeichnen seit dem unglücklichen 
ausgang des sogenannten lamischen krieges, wird der gesammten 
anlage des werks entsprechend in etwas knapper und gedrängter 
gestalt gehalten, namentlich für den zeitraum bis zum ausgang des 
ersten mithridatischen krieges, bis wohin ja mehrfach ausführliche 
monographische oder auch grösseren werken einverleibte untersuchun- 
gen und darstellungen der attischen geschichte schon vorhanden 
waren. Mit sorgfalt ist auch die grundlage und die entwicklung 
jenes grossartigen bildungssystems und der ausstattung der grossen 
philosophenschulen in Athen betont, aus deren verbindung mit den 
sophistenschulen des zweiten jahrhunderts nach Christi geburt endlich 
unter dem einfluss der Antonine jene von dem herrn verfasser schon 
früher in ihren umrissen geschilderte „universität“ der späteren 
kaiserzeit zusammengewachsen ist. Aus dem überreichen detail 
dieser arbeit, die nach den verschiedensten seiten hin neues bringt, 
namentlich aus der masse neuer inschriften und daran geknüpfter 
eigener und fremder untersuchungen, die auf sehr zahlreichen 
punkten ältere probleme löset, irrthümer aus dem wege räumt, 
kann natürlich nur einiges bezeichnet werden. So dass unter an- 
derem das Ptolemaion, das erste gymnasium in der innern stadt, 
von Ptolemaios Philadelphos aller wahrscheinlichkeit nach schon 
vor dem sogenannten chremonideischen kriege gestiftet worden ist; 
so dass das Diogeneion sehr wahrscheinlich bald nach d. j. 229, 
wo der makedonische commandant der athenischen festungen, Dio- 
genes, Attika und Salamis freigab, angelegt wurde; so dass in 
dem Ptolemaion philosophische vorträge gehalten wurden, dass fer- 
ner zur zeit der grossen Diadochen und Epigonen die volkszahl 
und bewohnung in der stadt schon ziemlich undicht gewesen sein 
muss; so die feststellung der ersten berührungen Hadrians mit 
Athen (nach Dittenbergers tüchtiger arbeit über „kaiser Ha- 


22° 


340 Jahresberichte, 


drians erste anwesenheit in Athen, im „Hermes“ VII. 1872. 2. 
p- 212 ff. — neben der wir auch desselben verfassers aufsatz de 
titulis Atticis ad res Roman. spectant. (Ephem. epigr. 1873) und 
Hirschfeld, die familie des Titus Flavius Alkibiades, im ,,Her- 
mes“, VII. 1. nennen), vgl. Rheinisch. Mus. N. f. 1872. B. 22. 3; 
so der abbruch der alten östlichen stadtmauer bei anlage des ha- 
drianischen „Neu-Athen“, und ähnliches. Nur darin glaubt referent 
nach durchwanderung der späteren griechischen geschichte bis zur 
zeit der burgundischen herrschaft von dem herrn verfasser ab- 
weichen zu müssen, dass er daran festhält, die erbauung der soge- 
nannten Valeriansmauer in das zeitalter Justinians I. zu verlegen, 
während bei Wachsmuth (p. 723 fig.) dieser bau erst dem burgun- 
dischen oder dem florentinischen zeitalter Athens zugetheilt wird. 
So lange nicht etwa neue entdeckungen für letztere anuahme zwin- 
gend entscheiden, kann ich mich nicht zu der ansicht bekehren, 
dass Athen in der mehrhundertjährigen slavisch-bulgarischen 
und saracenischen nothzeit und oft genug von Constantinopel 
aus wesentlich sich selbst überlassen, bei wesentlich dünner bevöl- 
kerung in der lage gewesen wäre, mit seinen schwachen materiellen 
kräften einen mauerring (und zwar, wie die geschichte zeigt, mit 
erfolg) zu vertheidigen, der für 200,000 einwohner berechnet ge- 
wesen war. Wenn Athen noch bei Edrisi i. j. 1153 als volk- 
reiche stadt genannt wird, so ist das nicht zu überschätzen, denn 
die ansichten des mittelalters über volksdichtigkeit sind mit den 
heutigen nicht immer conform, wie denn unter anderm die deutschen 
chronisten des mittelalters die pommersche hauptstadt Stettin gern 
als eine grosse und volkreiche stadt bezeichnen, obwohl sie 
bis in die zeiten des 15ten jahrhunderts hinein nicht viel über 
5000 seelen zählte. Jedenfalls erscheint Athen zur zeit des Leo 
Sguros, dessen angriff auf die Akropolis und verbrennung der 
unterstadt aber erst in d. j. 1204 fällt, urkundlich als eine stadt 
von kleinem umfange. Will man doch annehmen, das Athen 
seinen alten mauerring noch zu Justinians I. zeiten behalten und 
während der slavischen zeiten als zufluchtsplatz massenhafter grie- 
chischer bauern gedient habe, so liegt mindestens die vermuthung 
nahe, dass das greuliche schicksal, welches die arabischen corsaren 
in den jahren 896 und 904 den städten Demetrias und Thessa- 
lonike bereiteten, die Athener bestimmt habe, in aller eile ihren 
mauerring enger zu ziehen. Wir bemerken endlich noch, dass 
diese mauer nach des herrn verfassers mittheilung nicht das Pto- 
lemaion, sondern die Stoa des Attalos zertrümmerte. 

Indem wir noch bemerken, dass bei Wachsmuth auf p. 694 
noch eine neue französische monographie über Herodes Attikos ge- 
naont wird: Vidal-Lablache, Hérode Atticus, étude critique 
sur sa vie, Paris 1872, (s. Revue critique, 1872, nr. 12, 
p. 186) schliesse ich mit einem kurzen referat über den dritten 





‚Jahresberichte. | 341 


theil (Halle, Waisenhausbuchhandlung, 1875), von G. F. Hertz- 
berg’s buche über „die geschichte Griechenlands unter der herr- 
schaft der Römer. Von Septimius Severus bis auf Justinian I“, 
Da bereits in den früheren jabresberichten (1869) bei der anzeige 
der beiden ersten theile dieses buches die anlage, ziel und methode 
desselben erörtert worden ist, so kann das hier übergangen werden, 
Nur eine bemerkung sei erlaubt. Der inzwischen verstorbene ver- 
leger halte den verfasser veranlasst, diesem theile noch den spezial- 
titel: „der untergang des Hellenismus und die universität Athen“ 
zu geben. Dadurch bestimmt, hat einer der beiden gelehrten, die 
bisher diesen theil kritisch besprachen, zu bitterem tadel gegen den 
verfasser wegen der architektonischen anlage des buches sich be- 
wogen gesehn; es wäre das richtige gewesen, so ist dieses urtheil, 
die akademische geschichte von Athen zum mittelpunkte zu machen, 
die übrigen mittheilungen über Griechenland nur in gedrängter 
weise als ergänzung daran zu knüpfen. Ich habe hierauf zu 
erwidern: das war mir unmöglich. Erstens, weil dieser theil eben 
der dritte theil eines grössern, anders angelegten und auf das ge- 
sammte Griechenland berechneten werkes war. Zweitens, weil sich, 
wie das buch selhst zeigt, eine zusammenhängende und voll- 
ständige geschichte der athenischen universität kaum seit ende 
des vierten jahrhunderts geben lässt, und weil die geschichte dieser 
hochschule wohl eines der bedeutendsten, oder auch das bedeu- 
tendste, aber durchaus nicht das einzige wichtige moment in der 
geschichte des ausgehenden Hellenenthums ist. Auch der vorwurf 
des zweiten kritikers, der die anlehnung der griechischen ge- 
schichte an die verschiedenen römischen kaiser tadelt, hat mich 
nicht umgestimmt. Es war eben kein anderer ausweg möglich, 
soll sich nicht diese geschichte in eine völlig planlose arbeit, 
in einen haufen rein gelehrter notizen auflösen, soll also solch ein 
buch überhaupt auch nur für die nähern fachgenossen überhaupt 
erträglich lesbar werden. So bedeutend die griechische geschichte 
auch während der zeit seit Caracalla noch immer erscheint, so ist 
sie doch immer (mit ausnahme der episode des Alarich) provinzial- 
geschichte. Da es nun darauf ankam, die fortlaufende wechsel- 
wirkung zwischen Griechenland und der centralregierung klar zu 
stellen, ja überhaupt nur durch die reste historischen materials den 
Ariadnefaden zu ziehen, so blieb nur übrig, immer für die ver- 
schiedenen abschnitte die in engerem sinne politische geschichte, 
diese an die regierungen der römischen kaiser gelehnt, von der 
eulturgeschichte zu trennen, welche letztere der hauptsache nach 
die geschichte der universität Athen, daneben die langsam fort- 
schreitende ausbreitung des christenthums in Griechenland behandelt. 

Dieser theil zerfällt in zwei abschnitte, deren erster (p. 1— 
408) die griechische geschichte von Caracalla bis auf Alarich be- 
handelt. Das erste kapitel (p. 1—230) geht von Caracalla bis 


342 Jabresberichte. 


zur alleinherrschaft Constantins des Grossen. Hier ist in dem ersten 
zeitraum (p. 1—142: von Caracalla bis auf Decius) das wich- 
tigste die durch Caracalla veranlasste ausdehnung des römischen 
bürgerrechts, wie über das übrige reich, so auch auf Achaja, und 
die folgen dieser maassregel für die Griechen. In der culturge- 
schichtlichen abtheilung ist die hauptsache die detaillirte schilderung 
der akademischen zustände in Athen bis zu der grossen lücke in 
den nachrichten von Gallienus (beziehentlich Longinus) bis zu dem 
ersten siegreichen aufschwunge Constantins, und ferner die darle- 
gung der greulichen münzkrisis im römischen reiche im dritten 
jahrbundert n. Chr., deren endlicher verlauf auch in dem folgenden 
capitel berührt wird, — Der zweite zeitraum (p. 141 bis 
230) von Decius bis auf Constantins alleinherrschaft, behandelt neu 
und möglichst eingehend die schicksale der griechischen welt unter 
dem eindringen der gothischen völkerfluth seit kaiser Decius, und 
nachher die wirkung der neuen gliederung des reiches auf die 
griechischen provinzen. 

Das zweite kapitel (p. 231—267) giebt die geschichte 
einer wesentlichen wiedererholung der griechischen provinzen des 
reichs, die durch die gothische überfluthung, durch pest und münz- 
krisis, durch ihren antheil an dem  prütendententhum der gene- 
rale in den mittleren zeiten des dritten jahrhunderts und endlich 
wieder durch die auf Diocletians rücktritt von der krone folgenden 
neuen thronkriege erheblich geschädigt wurden. Für die ge- 
sammte zeit, welche das zweite kapitel politisch bespricht, nemlich 
für die lange periode von Constantins des Grossen alleinherrschaft 
bis zu der erneuerung der gothischen noth durch herzog Fritigern 
und die schlacht bei Adrianopel bleibt Griechenland von den stür- 
men des vierten jabrhunderts unberührt. So ist denn nach dieser 
seite nur der versuch zu machen, zunüchst den antheil zu erkennen, 
den auch Griechenland an den grossen neuerungen Constantins auf 
allen gebieten des rómischen staatslebens und des óffentlichen dien- 
stes gehabt hat. Hier wird es auch versucht, das allmähliche 
wachsen der einflüsse zu bestimmen, welche die neu formirte welt- 
stadt am goldenen horn, nemlich Constantinopel, auf die grie- 
chischen länder in immer weiteren kreisen auszuüben beginnt: nur 
dass sich in der that behaupten lässt, dass für die noch zum alter- 
thume zählenden jahrhunderte der politische, wissenschaftliche, so- 
ziale und namentlich auch der kirchliche widerstand von griechischen 
und hellenistischen centralpunkten, wie Thessalonike, Athen, Ale- 
xandria, Antiochia gegen die absorbirende macht Constantinopels 
noch immer von erfolg begleitet ist. Zeigt ferner die regierung 
Constantins in dem römischen reiche überhaupt einen wesentlichen 
äussern aufschwung des christenthums, so wird für Grie- 
chenland ein doppeltes bemerkbar. Auf hellenischem boden rückt 
die christliche religion auch seit einführung der parität durch Con- 





Jahresberichte. 343 


stantin den grossen und selbst seit der thatsächlichen erhebung des 
christenthums zur staatsreligion nur auf den inseln, noch mehr in 
Thessalien und Epirus etwas rascher vor; im Peloponnes und na- 
mentlich in Athen ist dagegen der boden noch mehrere menschen- 
alter für das evangelium überaus schwierig und spröde. Auf der 
andern seite dominirt in Griechenland von anfang an ohne ge- 
genpartei die orthodoxie in der kirche, und die zähe anhänglich- 
keit an Rom. Mit wenig bedeutenden ausnahmen hat sich das auch 
bis zur byzantinischen zeit so erhalten. Griechenland wurde von 
den arianischen bewegungen gar nicht, von den späteren par- 
teiungen nur flüchtig berührt, stand dagegen nach dem ausgang des 
Hellenismus so fest auf seite der orthodoxie, dass die Hellenen 
sogar gegen Leo III den bilderfeind einen grossen aufstand wagten 
und zur strafe dann (im achten jahrhundert) durch diesen kaiser 
von Rom gewaltsam getrennt wurden. Aber auch als ein glied 
der anatolischen kirche unter der oberlioheit des patriarchen von 
Constantinopel ist Griechenland wieder das land der orthodoxen 
glaubenseinheit. Es ist daher ein starker missgriff und kunstfebler, 
dass der Schwede Viktor Rydberg in seinem romanhaften kultur- 
gemälde dieser zeit, welches sich (unter dem titel „der letzte 
Athener“) um den bekannten neuplatoniker Chrysanthios dreht, 
und — seit zwei jahren ins deutsche übersetzt — von einer 
schlecht unterrichteten kritik bei uns gewaltig überschätzt wird, 
nach dem für die kirche damals noch wesentlich werthlosen und 
kaum zählenden Athen die wüthendsten bluttriefenden kämpfe 
zwischen Arianern und Homousianern verlegt, da doch Athen in 
jener zeit ein nach solcher richtung hin sehr stiller platz war und 
hauptsächlich nur noch durch die bei dem referenten ausführlich 
geschilderte restauration des „hellenismus“ aufgeregt wurde, die 
seiner zeit kaiser Julian in Griechenland nicht ohne aussicht auf 
erfolg verfügt hatte. Julians jäher tod hat auch die zuversicht der 
tiefer blickenden vertreter des alten glaubens in Athen und Eleusis 
gebrochen; doch konnte sich der Hellenismus unter dem höchst to- 
leranten homousianer Valentinian I. noch äusserlich behaupten. 
Der stärkste rückhalt der Olympier in Griechenland ist damals 
noch immer die universität in Athen, deren erneute blüthe nament- 
lich an die namen so bedeutender ,,sophisten“ wie des (übrigens 
christlichen) professors Proäresios und des eifrigen heiden Hime- 
rios knüpfte, zu deren zeit Athen noch einmal sammelplatz der 
jugend aus allen theilen der gebildeten welt wird und allseitig ein 
aussehen gewinnt, wie eine deutsche, ausschliesslich auf ihre hoch- 
schule gestützte, universitätsstadt in den flottesten zeiten unseres 
älteren burschenthums. — In dem dritten kapitel (p. 258— 
408) wird der äusserliche untergang der antike in Griechenland 
geschildert. Geht seit Himerios’ tode mit der allmählichen verän- 
derung des geschmacks und der studienrichtung der glanz und die 


344 Jahresberichte, 


beliebtheit der sophisten zu grabe, so erhält Griechenlands an- 
tiker glanz seinen tödtlichen stoss einerseits durch kaiser Theodo- 
sius I, der allerdings nacb der schlacht bei Adrianopel (378) die 
neue, auch Griechenland theilweise berührende, westgothische 
überfluthung einzudämmen versteht, der aber seit 381 seine ver- 
nichtenden schläge gegen den Hellenismus, wie gegen die Arianer 
im reiche eröffnet ; dieselben gipfeln für Griechenland in dem verbot 
der olympischen spiele (394 n. Chr.), die in dem vorjahre zum 
letzten male mit dem alten glanze gefeiert worden waren. An- 
derseits giebt i. j. 395/6 nach des gewaltigen kaisers tode die 
westgothische überziehung Griechenlands durch Alarich, 
— bei deren geschichte von neuern arbeiten hier noch Dahns 
auffassung in seinem ausgezeichneten werke „die könige der Ger- 
manen“ abth. V, p. 22 ff. bedeutend in betracht kommt, — diesen 
bestimmungen des Theodosius durch wahrhaft zerschmetternde ver- 
herung namentlich des Peloponnesos nachdruck. Der verfasser sucht 
nachzuweisen, dass die alte annahme von einem durch den oströ- 
mischen minister Rufinus an Griechenland geübten verrath unhalt- 
bar ist. Der bittere hader mit dem abendländischen minister Sti- 
licho treibt vielmehr den mehr pfiffigen als politisch bedeutenden 
Rufin zu einer politik, die zugleich „aus der hand in den mund 
lebt“ und ein spinnengewebe kunstvoller pläne entwirft, die dann 
einerseits durch die derbe faust Alarichs, anderseits durch die jähe 
ermordung Rufins (27. novbr. 395) zerrissen werden. Darüber 
geht nun Griechenland zu grunde, und Stilicho, der im sommer 396 
die ruinen rettet, lässt schliesslich aus unwillen über die byzan- 
tinische politik auch noch den Alarich aus der blokade auf dem 
Pholoë über die meerenge von Rhion nach Epirus entkommen, 

Die geschichte des ruinirten Griechenland seit dieser kata- 
strophe bis zu der einstampfung der reste der antike unter Justi- 
nian I wird nunmehr in gewissem sinne „dürre provinzialchronik“ ; 
nur hoffe ich sie darum nicht ,dürre* und langweilig dargestellt 
zu haben, wie einer der erwähnten kritiker dieses buches das an- 
zudeuten scheint. Der vierte abschnitt (der zweite dieses theiles), 
der (p. 409—556) von Alarich bis zu Justinians I ende (565 n. 
Chr.) reicht, giebt in dem ersten kapitel (p. 409—487) die 
politische geschichte bis auf Justin I. Hier ist die schilderung 
der lage Griechenlands nach Alarichs verheerung, der verschiedenen 
rettenden massregeln Theodosius’ II, der verschiedenen berührungen 
Griechenlands durch andere deutsche völker, wie auch durch die 
Hunnen und endlich die Bulgaren, wesentlich. Damals aber ge- 
wiont das kirchliche element die höchste bedeutung. Die zu- 
nehmende christianisirung des landes, die seit Theodosius II auch 
von Constantinopel aus mit hartem nachdruck und nicht ohne gewalt- 
thaten gegen den Hellenismus gefórdert wird; die erkennbare aus- 
dehnung und vervollständigung des hellenischen episkopats, 


Miscellen. 345 


namentlich in Thessalien und Epirus; dann aber die beginnende 
umprägung der antiken sitten in das christliche, sind hier von 
wichtigkeit. Der rest der antiken geschichte Griechenlands ist 
in dem zweiten kapitel (p. 488—556) mit der darlegung der 
letzten schicksale der universität Athen verbunden. Deren bedeu- 
tung, die trotz der concurrenz von Constantinopel voch immer bis 
gegen ende des fünften jahrhunderts n. Chr. aufrecht erhalten 
wurde, beruhte seit Alarichs zeit und seit dem zurücktreten der 
sophistik vorzugsweise auf der hier seit Julians zeiten ange- 
pflanzten neuplatonischen philosophie, deren vertreter, vor 
allem der gewaltige Proklos, im geheimen zugleich die repräsentanten 
eines concentrirten heidenthums und zäher opposition gegen das 
christenthum waren. Die prononcirte freundschaft mit Alexandrien, 
der gegen früher viel edlere ton auf der universität, das studium 
junger damen in Athen, sind dabei charakteristische züge der zeit; 
nicht minder die opferwillige unterstützung, welche reiche Athener 
der universität leihen. Aber das bewusste heidenthum, welches 
diese universität noch immer — jetzt selbst gegen die neigung 
der mehrheit attischer bürger — kultivirte, und welches durchaus 
keinen compromi8s mit den politischen und kirchlichen gewalten 
jener zeit zuliess, und damit die hoffnungslosigkeit und zukunfts- 
losigkeit der in Athen blühenden schule machte deren existenz im 
sechsten jahrhundert endlich unhaltbar. Der schlag, den Ju- 
stinian I endlich i. j. 529 gegen die universität führt, leitet zu- 
gleich noch andere, durch die stürme dieser zeit veranlassie, aus- 
tilgungsscenen der reste antiken lebens ein. Die heranbrausenden 
slavisch-bulgarischen fluthen endlich lassen die byzantinischen macht- 
haber auch für Griechenland keine andere massgebende gesichts- 
punkte mehr festhalten, als lediglich militärische. 
Halle a. S. Gustav Hertzberg. 


Zu Livius. 

Liv. XXXIV, 3, 5: nulla lex satis conmoda omnibus est: id 
modo quaeritur, si maiori parti et in summam prodest. Der aus- 
druck in summam ist ohne beispiel; und wollte man die analogie 
von in universum oder in totum anerkeunen, so würde durch eine 
solche erklärung dem autor doch nur eine tautologie aufgebürdet, 
Ich vermuthe deshalb, dass vor pr in prodest etwa r. p. ausge- 
fallen und deshalb in summam rempublicam zu emendiren ist. 

Liv. XXXIV, 13, 2: ipse, cum iam id tempus anni appeteret, 
quo geri res possent, castra hiberna III passuum ab Emporiis po- 
suit. Da von einem winterlager hier nicht die rede sein kann, 
so wird man annehmen diirfen, dass hiberna aus ad Hiberum oder 
ad Iberum lentstanden ist, zumal da eine angabe erwartet wird, 
in welcher richtung Cato's operationen sich erstreckten. 

Darmstadt. A. Weidner. 


Ill. MISCELLEN. 


A. Zur erklärung und kritik der schriftsteller. 
8 Zu Euripides Hippolytus. 


V. 809— 10: 


ixAvca9' aquouç, vs 10w duodaluova 
YUVOLKOC, ? ue xatdavovo’ dmadecer. 


So AE BC, ı0v daluova BCc. Letztere lesart bezeichnet Nauck 
mit recht als eine verfehlte correctur, die nach Lehrs, popul. 
aufs. p. 168 f. einen unzulüssigen sinn giebt. Auch stimme ich 
ihm vollständig darin bei, dass für dvoda/uov« nicht, wie gewóhn- 
lich geschieht, sixga» Jéay zu setzen, weil der erste vers hinter 
824 in einigen handschriften mit dieser lesart wiederholt wird, 
sondern dass dvodatuova beizubehalten und v. 810 zu streichen 
sei (damit wird die wiederholung beseitigt, die sonst in v. 839 läge), 
aber nicht als „eine ungeschickte erweiterung eines zu ducdaluova 
beigeschriebenen yvraïxu“, sondern als eine interpolation aus dem 
“Inn. xahvrrouevos. Nachdem diese verse, wie sie dort lauteten: 
ÉxAve9? — mixoav Péuv | yvrosxóc, — anwieoev von einem leser 
an den rand geschrieben waren, kam der eine hinter 809, der 
andere durch zufällige umstände hinter 824 in den text. Da das 
erste stück lange genug neben dem zweiten sich erhalten hat und 
z. b., wie die nicht geringe anzalıl der fragmente beweist, noch 
dem Stobäus vorgelegen haben muss, so erscheint diese art der 
interpolation sehr begreiflich und ich sehe nicht ein, warum man 
sich gegen eine ausgedehntere verwerthung dieser annalıme sträubt, 
durch welche in einer ziemlichen anzahl von fällen schwierigkeiten 
mit der grössten leichtigkeit beseitigt werden. 

Vielleicht dürfte auch v. 791 rw Bugeia mogoonoAuv pw 
&ylxsıo in die erste bearbeitung zu verweisen sein, da er eigent- 
lich dasselbe enthält wie v. 790 yuvaîxeg, Tore tis nor’ iv déposs 





Miscellen. 347 


Boy; an den er sich recht unvermittelt anschliesst. Das schema 
dieser scene construire ich, abweichend von Hirzel p. 12—13 so: 
es entsprechen sich die beiden stichomythien , jede aus sieben cola 
bestehend (der übergang von zweizeiligen äusserungen zu einzei- 
ligen in der mitte der zweiten stichomythie drückt lebhaftere er- 
regung aus, wie sie der näher betheiligten person des Theseus 
angemessen). In der mitte stehen sieben verse des Theseus oder 
besser 3, 3 (mit ausscheidung von 791), am ende 2, 2. Nur 
wer grundsätzlich das „verszählen“ verwirft kann es verkennen, 
dass der dichter gerade in diesem stück in ausgedehntester weise 
auch im dialog eine äussere kunstmässige gliederung erstrebt hat, 
indem er entweder zusammenhängende äusserungen derselben person 
durch deutlich wahrnehmbare gedankenabschnitte symmetrisch glie- 
dert, oder zwischen den äusserungen verschiedener personen zalılen- 
parallelismus beobachtet. 
V. 828—29: 
bovis yao ws tic Ex geguiv agartog ei, 
mmonu 85 “Aidov xouinvòv ÖpuNcac« por. 
„Entschwunden bist du wie ein vogel aus der hand, im schnellen 
sprung enteilend in das schattenreich“. Die worte müssen noth- 
wendig die hier lächerliche vorstellung eines hüpfenden vogels er- 
wecken. Ich schreibe zor’. Aesch. Eum. 250 &Gnréçois noti- 
paci | 7A9ov. 
V. 836—7 : 


tO xara yao Félw, TO xarà yüg uvépas 

perosseir Oxotm Fardv 6 11“ pw. 
Es ist oxorw weder mit perosxsîv noch mit 9avw» (9avctv BC) 
in ertrüglicher weise zu verbinden, Reiske’s ovrwr für Favwy 
hilft nicht, denn: ‚ich wünsche in’s schattenreich überzusiedeln, im 
dunkel wohnend“ giebt einen schiefen gedanken; es müsste part. 
fut. stehen: „um im dunkel zu wohnen“. ch meine, 0x07© ist zu 
streichen, als eutstanden aus einer glosse von xvégag (xvégac' 
oxotos. Schol). Als nüchstliegende ergänzung des verses bietet 
sich wobl 6 zAépuv èyu. Damit wird die seltene position (0 
TAcuwv) und die mangelhafte entsprechung (1A@uwv, ruya v. 818) 
beseitigt. 

Altona. Th. Barthold. 


9. Zu Euripides. 


Nach Bacch. 441 sq.: 
xàyd dv aldovs simov w Eby’, oùy Exwv 
ayw de, lHtv9éog d 0c w enemy’ èmorohaïc. 


348 Miscellen. 


vermisst man eine antwort des so angeredeten oder die folge einer 
statt der antwort dienenden handlung desselben; denn 443 sqq. 
geben keins von beiden, da der ergriffene fremdling zunächst gar 
nicht als der urheber von der befreiung der gefangenen frauen 
erscheint. Man vergleiche die ganz ähnliche anlage des boten- 
berichts 717— 723: xa( rig nAdynç xar! dow xoi telfwv Aoywr 
Heter elo &zavtag* w ceuvac nAuxas valovtes DQEUWY eu; t0 O° 
naiv Aéyew Edoge, 9uuvow À edoylComev yoßaıs x. Und ebenso 
Hel. 1589 sqq.: xul ris 160° eine" dodo 7 vavxAnola . dx dé 
zuvgelov yorov ‘Argéfws zaig aveBonos cvuuoyovs xTA., wo zwar 
nicht einer der angeredeten, aber doch der, von welchem die rede 
ist, eine auf diese rede gewissermassen als antwort dienende mass- 
regel ergreift. Ferner Andr. 1104 sqq. Herc. Fur. 951 sqq. 
Die Iph. Aul. beginnt so: 
AT. "2 notoBv, douwv ıWvde nagoster 

c:iye TIP. oreiyw. rb 08 xawovoytig, 

"Ayuusuvov avak; AT. nevon. IIP. oneudw. 

uada ro, ylQ«G 10vpov avxvor 

xui En’ óg9aAuoig G&0 negeotev. 

AT. «tls mov do doing 006 ro0dueve 

oelguog Èyyùs tig émranogou 

IMeados docwv Ers peconons; 

ovxovv gtoyyos y' ovr! dovldwv 

ovie Faducons: diyai 0 avéwwr 

10vde xoi Evgurer Eyouour. 
In welchem zusammenhange stehen die worte pada ror yneac 
Tovuor avrvov xal én’ Opdaluois bE magsauw mit dem vorher- 
gehenden omevdw? tof dient im allgemeinen zur bekräftigung 
einer aussage. Liegt also in der schlaflosigkeit und in den augen- 
schmerzen oder schlechten augen des alten ein moment, das seiner 
versicherung omevdw nachdruck giebt? Schwerlich, da es sich 
hier nicht um leichtes aufwachen, sondern um schnelles herbeikom- 
men handelt, wofür das y/g«g «unvo» eher hinderlich als förderlich 
is. — Gleich darauf fragt Agamemnon den alten nach dem 
namen eines sternes, dessen ort am himmel er beschreibt. Er er- 
hält darauf keine antwort, scheint auch keine erwartet zu haben; 
wenigstens fährt er, ohne über das ausbleiben derselben ein wort 
zu verlieren, fort von der stille der nacht zu reden, die ihn um- 
giebt. Mir scheint es, dass hier die bemerkung des alten von 
seiner schlaflosigkeit und den schmerzenden, untüchtigen augen, die 
an der überlieferten stelle nicht recht passen wollte, gefordert wird. 
Er würde dann auf Agamemnons frage antworten: „ich kann den 
stern nicht erkennen (und ihn dir also nicht nennen); taugen doch 
meine matten augen nicht mehr ‘zu scharfem sehen“. Ist dies 
richtig, so sind vermuthlich vor pada tos y7eus xrÀ. wenige ana- 
paste des angedeuteten inhalts („ich kann ibn dir nicht nennen, 


Miscellen. 349 


herr“) ausgefallen, — Uebrigens ist die reihenfolge der verse 
gerade in dem ersten theile unseres dramas auch sonst häufig, und 
zwar mit recht, geändert worden. So bemerkt Kirchhoff zu 
v 28— 33: Stobaeus ordine exhibet in libris perturbato; 117 sq. 
stellt man doch wohl mit recht vor 115; v. 149 hat Hermann 
umgestellt, und v. 319 scheint mir Bothe richtig vor 318 zu 
setzen, indem er diesen letzteren vers dem alten lässt, dem die 
handschriften ihn zuschreiben. 


Die rede des Agamemnon 378—401 ist mehrfach schwer ver- 
dorben. Er sagt 382— 384: 


zig adire Ge; rou néyoncas; Aéergu toior &gäg Aofeiv; 

oix ion &Y 006 mao. ei v Qv rag exijow, XAXWC 

noxes. eli! dye) Olxnv dW cuv xaxdv, 6 un opulels;: 
Mit recht bemerkt Bothe: ,,die gewôhnliche lesart ist mir unver- 
ständlich. Nennt Agamemnon Helenen AéxrQu Lenora? Dies wi- 
derspricht geradezu dem folgenden (— anolfcag xaxov Afyog üvu- 
Aapety Féless). Die worte dagegen im allgemeinen von einer 
guten ehe zu verstehen, um die Menelaos, mit vorbeigehung seiner 
treulosen gattin, bemüht wäre, passt durchaus nicht zu Menelaos’ 
stimmung in diesem auftritte“. Ich möchte daher lesen: 


tls Gdixsi 06; ToU xérgnous; zwv yag éxrjow, xax 
noxes. eir jo dlxnv dw cv xuxwy, 6 un opadele; 


Die worte r@r yàg ext ow x14. antworten auf die erste frage 
tig adıxei ce; die meinung des Agamemnon ist, dass niemand dem 
Menelaos unrecht thue oder gethan babe, sondern dieser selbst an 
seinem unglück schuld sei; daher das yao in der antwort rw» yàg 
Exujow, xaxüg NOXES xià. Dann folgen die erörterungen des 
zweiten punktes TOÙ xég ooo ; und zwar 1) 7 daxva oe 10 giÀó- 
muov 100u0v; 2) add’ idv dyxá Mus &UnQtm) yuvaixa yonlsıs 10 
dehopiopévov nugeiç xoi tò xalov Eye; Behält man die von uns 
verworfenen zwei hemistichien bei, so hat man nur antworten auf 
die zweite frage: rov xéyonow, abgesehen von dem, was oben 
gegen die echtheit derselben angeführt wurde. 


Guben. C. Schliack. 


10. Zu Xenophons Anabasis. 


1. Anabasis I, 1, 8: xuì rag 0 Küpog nnne rovg 
pirrouérous duououg fociAti ix wv nolswv div Ticoupégrnc 
divyquver Eyory. 

Schon 1845 hat K. W. Krüger und nach ihm auch Cobet 
(n. 1. 400) ad dieser stelle zu ändern vorgeschlagen Tiocapég vo vs 
für Ticoagégvy¢, ohne dass jedoch Krüger selbst diese änderung 


nee — —À 


350 Miscellen. 


in den text aufgenommen hätte, und ohne dass einer der anderen 
neueren herausgeber ihm gefolgt wäre, welche alle die überlieferte 
lesart anf verschiedene weise zu erklären suchen. (Auch Büchsen- 
schütz, Philol. 18, 336, scheint nicht für die änderung Cobets zu 
sein) Krüger und Hertlein nehmen an, dass das imperfectum 
éruyyavev für das plusquamperfectum gesetzt und als solches zu 
übersetzen sei — „aus den stüdten, . welche Tissaphernes zufällig 
gehabt hatte“. Gegen diese erklärung spricht der umstand, dass 
man den besitz der ionischen städte, welche dem Tissaphernes vom 
könige gegeben waren (I 1, 6), doch wohl nicht einen „zufälligen“ 
nennen kann, dass man also, um einen sachlich richtigen sinn 
zu erhalten, nur übersetzen darf „aus den städten, welche Tissa- 
phernes gelabt hatte“, womit die nüancierung des ausdrucks durch 
éruyyuve, eben das zufällige, wegfallen würde. Grammatisch würde 
sonst gegen die erklürung nichts einzuwenden sein, da, wie Krü- 
ger richtig bemerkt (Spr. 53, 2, 8), ,bei nebenangaben sich das 
imperfectum findet, mit dem begriff des wührenden auch für unser 
plusquamperfectum, nicht bloss da, wo ein adverbium die beziehung 
näher bezeichnet, sondern auch ganz für sich stehend“. (Man vgl. 
z. b. 1 1, 6; I 6, 10; HI 4, 10 u. a. mit I 2, 22; I, 4, 2 u. a.). 
Wesentlich anders ist auch nicht die erklärung W. Vollbrechts 
(und R. Kühners) zu I 1, 6: „noav ist nicht durch das plusquam- 
perfectum zu übersetzen, denn das imperfectum fixiert den zeitpunct 
in der vergaugenheit, während dessen etwas geschieht“. Allerdings 
kann man im deutschen das griechische imperfectum durch das im- 
perfectum wiedergeben an manchen der stellen, an welchen Krüger 
es für das plusquamperfect gesetzt glaubt, nämlich an denjenigen, 
an welchen ein adverbium dabeisteht zur näheren bestimmung der 
vergangenbeit, aber nicht an denen, wo dieses fehlt, und eine solche 
ist bier I 1, 8. 

Rehdantz fasst das imperfectum érvyyave als wirkliches imper- 
fectum und erklärt: (1te auflage) „welche Tissaphernes gerade in 
händen hatte, wie Milet und wohl auch andere griechische städte, 
welche er bei zeitweilig wechselndem kriegsglück zeitweilig wieder 
unterworfen hatte, oder von welchen Tissaphernes nominell (d. h. 
in den steuerverzeichnissen von Susa) besitzer war“. Später hat 
Rebdantz die zweite erklärung, die ja auch absolut grundlos ist, 
fallen lassen, und erklärt in aufl. 3 nur: „eben im besitz hatte“. 
Aber auch gegen diese auffassung scheint mir der zusammenhang 
des ganzen zu sprechen. Der könig bekümmert sich nicht darum, 
dass Kyros und Tissaphernes krieg mit einander führen; er ist 
zufrieden seine dacuoí zn bekommen; ihm ist es gleichgültig, wer 
herr der einzelnen städte ist und die aus diesen aufkom- 
menden daouof (man wolle doch ja das partic. ysyvouévovs be- 
achten!) bezablt, wenn dieselben überhaupt nur bezahlt werden. 
Er ist folglich nicht ungehalten darüber, dass Kyros dem Tissa- 











Miscellen. 851 


phernes die diesem von ihm, dem könige, gegebenen städte ge- 
nommen hat, da er, wie früher Tissaphernes, die aus diesen auf- 
kommenden daouof abliefert. Jeder von beiden zahlt danach die 
aus den städten eingekommenen daouoi, welche er in besitz hat, 
und Kyros auch die aus denen, welche er dem Tissaphernes abge- 
nommen hat, aber doch nicht die aus den städten, welche er dem 
Tissaphernes noch nicht abgenommen oder welche Tissaphernes ihm 
wieder genommen hat. Davon dass solches geschehen, wird über- 
haupt nichts gesagt, von „zeitweilig wechselndem kriegsglück“ in 
der art, dass T'issaphernes einzelne plätze wieder erobert habe, ist 
gar keine rede, und Milet, das dem Tissaphernes noch gar nicht 
genommen ist, hat dieser doch nicht „gerade und durch zufall“ in 
händen. Da steht immer das érvyyave im wege. 

Alle diese bedenken werden gehoben durch Krügers und Co- 
bets emendation wy Ticcegpfovovs Eruyyaver Eywv, „welche er 
(Kyros) zufällig vom Tissaphernes hatte“. So ist die zuyn als 
wechselndes, jetzt dem Kyros holdes, kriegsglück sehr wohl am 
platze, und so entsteht der einzig vernünftige gedanke, dass Kyros 
ebenso gut, wie früher Tissaphernes es gethan, die aus den städten, 
welche früher Tissaphernes besass, jetzt er besitzt, einkommenden 
dacuot einsendet. Das ist dem hof in Susa die hauptsache und 
daraufhin, lässt Artaxerxes den Kyros mit Tissaphernes kriegen. 
Auch grammatisch hat Krüger diese emendation, der, soviel ich 
sehe, nur K. Koch gefolgt ist („zug der 10,000“ p. 9: „zugleich 
sendet Kyros auch von all’ den städten, welche er dem Tis- 
saphernes abgenommen, treulich und reichlich tribut nach 
dem hofe seines bruders“), hinreichend gerechtfertigt durch hin- 
weisung auf seine sprachlehre 47, 9, 5, von den dort angeführten 
beispielen ist Thuk. IV, 109, 1 zà paxga 1elyn, & Cpòv ol 
’AInvaloı Ty ov, xatéoxawar, unserer stelle sehr ähnlich, daher 
für uns besonders gewichtig. 

Einen anderen weg hat L. Breitenbach eingeschlagen. Auch 
er ist mit der überlieferten lesart nicht zufrieden, wenngleich er 
sie im text unverändert giebt; doch befriedigt ihn auch Krügers 
emendation nicht; er glaubt vielmehr, dass vor érvyyavey ein Eu 
ausgefallen sei. Als sinn der stelle giebt er an: misisse iam per 
illud tempus Cyrum tributa ex omnibus civitatibus Ionicis, etiam 
si forte una vel altera esset adhuc in potestate Tissaphernis. 
Einen solchen sinn kann ich aber nicht in den worten finden, ein- 
fach aus der erwägung, weil es mir undenkbar scheint, dass Kyros 
aus seiner tasche auch für die städte die tribute abgeliefert habe, 
welche noch im besitz des Tissaphernes waren, so dass also für 
diese städte doppelter tribut nach Susa geschickt wäre; das hätte 
denn auch wohl heissen müssen xai éx rav modewr. Und oi 
yıyvousvos dacpoi facic: sind „die für den könig einkommenden, 
einlaufenden tribute“ (vergl. Rehdantz zu d. st. und zu V 3, 4) 


352 Miscellen. 


nicht aber „die vorgeschriebenen“; nur letztere aber hätte Kyros 
für die städte einsenden können, welche Tissaphernes noch im be- 
sitz hatte. 

Danach kann ich ein beharren bei der überlieferten lesart 
nicht für thunlich erachten, muss es vielmehr für nothwendig er- 
klären mit Krüger nnd nicht mit Breitenbach zu ändern, wenn- 
gleich dessen conjectur palaeographisch der überlieferung ja noch 
näher kommt, als jene. | 

2. Anab VI 2, 13 — 14. 13. Zevopwy uevroı èBovàero 
xouvîj pet uUTOY rjv nogeluv moseicdas, voulQuy . . . . dida 
Néwv Ènedev uurdr . . . . auovoas . . . 14. Onwç ov wndeis 
peraggor, GAN abzroi xai oi aviwy Croundra Èxrdevorsar, 
=. deu tavru GuveflovAeve. xui Xagícogog . . . Emroéne avi 
nosiv ots BovAsımı. 

Bei der erklärung dieser stelle weichen die neueren heraus- 
geber von einander ab in betreff der beziehung von per avrwy 
im 2. 13, und von avrof im 2. 14. 

Zunächst das wer’ «vidv wird von Rehdantz auf die Arkader 
bezogen (am ausführlichsten auflage I: „nach der secession der 
Arkader bespricht sich Xenophon mit Neon — Cheirisophos war 
wohl krank — und erklärt sich für den zusammenmarsch mit den 
Arkadern“); ähnlich verstand die worte R. Kühner, welcher frei- 
lich «u zwv der stellung wegen schreibt, wogegen Breitenbach mit 
recht darauf hinweist, dass «vzw»y = ipsorum hier durchaus am 
platze ist. Kühner sagt dann: at ego puto non tam anxie hae- 
rendum esse in pronomine uvrwy; intelligendi sunt Arcades et 
Achaei; etsi Arcades et Achaei seditionem fecerant, atque ea re 
Cheirisopho summum exercitus abrogatum erat, tamen Xenophon re- 
liquos milites non ab illis secernendos sed una cum iis pergendum 
censuil*. Auf die Arkader und Achaeer bezieht das avswy auch 
Nitsche in der zeitschrift f. d. gymnasialwesen 1873, 936, welcher 
daselbst das, was E. A, Richter an unserer stelle auszusetzen weiss 
(Untersuchungen über die interpolationen 641 ff), mit recht zu- 
rückweist. Nauck überseizt aber so: „Xenophon wollte unge- 
achtet des benehmens der Arkader und Achaeer, dass man (die 
beiden corps unter ihm und Cheirisophos) gemeinsam mit ihnen 
(dem corps der Arkader und Achaeer, in einiger entfernung) 
marschiere u. s. w.“. Dagegen bemerke ich, dass Sevopwyr éflov- 
Zero 15v mogsluy nosic9as doch nicht bedeutet: „Xenophon wollte, 
dass man den marsch mache“, und dass ich nicht verstehe, wie 
man das nach énetev folgende avroy auf Cheirisophos beziehen 
kann, der im vorhergehenden satze doch gar nicht vorkommt. 

Dagegen erklärt F. Vollbrecht (und so auch Breitenbach): 
„mit den soldaten des Cheirisophos“, und vergleicht 1 10, 4: 
dı&oyov Baoikedc xai ob “EdAnvec, oi mer (= die Hellenen) diw- 
xovsec, où d° (die Perser) donaborres Ws nd mávreg vixdivies, WO 


Miscellen. 353 


sich of dé wie ille auf das entferntere bezieht, und wo der plur. 
of = „die leute des königs“ gebraucht ist, nachdem nur der sin- 
gular Baoslev¢ vorangegangen, und III 1, 29 êxei d’ ab of erpa- 
ınyoi xaà Aoyayoi sig Adyoug aurois avev ondwr TÀJoy, we 
unter aizoic die Perser zu verstehen sind, welche vorher nicht 
erwähnt werden, da fuosAeds subject war; ebenso soll denn auch 
an unserer stelle avzwy sich auf Xes0s009@ beziehen und von den 
soldaten des Cheirisophos verstanden werden. 


Denselben sinn haben in der stelle auch Krüger und Hertlein 
finden wollen, haben aber avrwy in «sro? geändert, was nach dem 
seeben bemerkten nicht nöthig ist. Krüger spricht sich in seiner 
lateinischen ausgabe 1826 so aus: lege wet avro), sc. Aeıgioöyov, 
quod suadet particula uévroy (Xenophon tamen Cheirisophum dese- 
rere noluit, ut deseruerant Arcades, sed una cum eo etc.), necessa- 
rium demonstrant quae sequuntur: quippe quae nisi hac emendatione 
prorsus intellegi nequeant“. Auch in der Sten auflage der deut- 
schen ausgabe liest er noch avrov, verweist jedoch in den anmer- 
kungen auf IV 5, 53: Zei d° jAJov moog Xeiglooyor, xatehap- 
Bavov Exelvovs oxmvouvras xrA., wo ebenso wie 2. 30 ozov dì 
[Fevoywv] maglos xwunv, éroémeto . . ., xai ovdaudder dgítoav 
ngiv nagadeiev avroïç «Quotov, und IV 3, 28 orav d’ GgEwvros 
adroi diafalrev xrÀ., die pronomina éxefyos und avro( in beziehung 
auf vorhergehende singularia stehen, ähnlich dem lateinischen ipsi 
(Krüger führt an Caes. b. g. 1, 43) = „er mit seinen leuten“; 
vergl. Kr. Gr. 58, 4, 3. 


Das avrof im 2. 14 bezieht dann Rehdantz auf Neon, Cheiri- 
sophos und Xenophon: „Neon sucht den Xenophon davon abzu- 
bringen durch die aussicht, dass dann sie selbst (Cheirisophos, Xe- 
nophon und Neon) und ihre corps sichere überfahrt haben würden“. 
Die anderen herausgeber (auch Nitsche a. a. o.) verstehen es alle 
von Neon und Cheirisophos. Danach dürfte es wohl angebracht 
sein, die stelle nochmals zu behandeln. 


Der letzte personenname im pluralis, auf welchen aÿrÿ sich 
beziehen könnte, ist freilich "Agxades xai “Ayasot Q. 12; da aber 
aviwy, wie die von Krüger und F. Vollbrecht angeführten stellen 
beweisen, sich ebensowohl auf Xegvcog beziehen kann, so ver- 
mag nur der zusammenhang zu entscheiden, 


Nehmen wir nun an, Xenophon habe die absicht gehabt, sich 
den Arkadern und Achaeern anzuschliessen, so ist vóllig unver- 
stápdlich, was denn den Neon dazu bewogen haben könnte, dem 
Xenophon zu rathen, doch für sich zu marschieren. Denn seinen 
zweck, dass er und Cheirisophos mit ihren soldaten allein die 
schiffe des Kleandros benutzen, erreichte Neon doch nicht bloss, 
wenn das heer, wie es nachher geschah, sich in drei theile spal- 
tete, sondern ebensogut auch, wenn nur eine zweitbeilung stattfand 


Philologus. XXXVI. bd. 2. 23 


Feast 
ce 


354 Miscellen. 


und Xenophon mit den Arkadern und Achaeern zog ; er hatte 80- 
nach durchaus keinen grund, ihm davon abzurathen. Da er ihm 
nun den rath giebt, «ro» xa?” auto nogeveoFas, so kann, meine 
ich, darüber kein zweifel bestehen, dass Xenophon die absicht hatte, 
mit Cheirisophos und Neon zu ziehen, nicht mit den Arkadern. 

Ebenso sicher scheint mir zu sein, dass unter avzof im ÿ. 14 
nur Cheirisopbos und Neon und nicht auch Xenophon zu verstehen 
ist. Denn Neon rath ja dem Xenophon uùròv xaJ! auror mo- 
'geveodar, „allein und für sich zu marschieren“, also nicht nur 
nicht mit den Arkadern, sondern ebensowenig mit Cheirisophos ; 
und dadurch will Neon erreichen önwg undeis uerdoyo, an den 
schiffen. Hätte Xenophon mit an den schiffen des Kleandros theil 
haben sollen, warum hätte dann wohl Neon ihm abgerathen ge- 
meinschaftlich mit dem  heerestheil des Cheirisophos den marsch 
eben zu diesen schiffen nach Kalpe zu machen? Dafür dürfte sich 
wohl kein grund auffinden lassen. 

[n betreff des: uurg im 2. 14 herrscht unter allen heraus- 
gebern übereinstimmung : allesammt beziehen es nach Hutchinsons 
vorgang auf Xenophon; wie ich glaube, mit unrecht. (E. A. Rich- 
ters wunderliche ansicht, aur@ sei = 10 orgarevuari, hat schon 
Nitsche a. a. o. richtig abgewiesen). Schon der anfang des fol- 
genden 2. 15 Zevopwy dé wo Xenophon mit nachdruck der per- 
son, von welcher vorher die rede war, entgegengestellt wird (cfr. 
& 19 in), scheint mir deutlich zu zeigen, dass im 2. 14 unter 
avz@ eine andere person zu denken ist. Das kann dann aber 
nur Neon sein. Es hätte doch auch keiner ausdrücklichen er- 
wähnung bedurft, wenn Cheirisophos den Xenophon hätte thun 
lassen, was er wollte; anders hütte das verhältniss zwischen den 
beiden wohl nie sein können. Auch Nitsches , missmüthige, un- 
freundliche erwiederung“ hilft nicht über die schwierigkeit hinweg. 
Dagegen fügt sich der satz nach meiner auffassung sehr gut in 
den zusammenbang ein und giebt die mindestens sehr wünschens- 
werthe erklärung, woher es denn komme, dass Neon, welcher doch 
nur unterfeldherr des Cheirisophos war, sich dem Xenophon ge- 
genüber ganz als eigentlicher, selbstündiger befehlshaber geriert: 
Cheirisophos überliess es ihm zu thun, was er wollte, und beküm- 
merte sich selbst gar nicht um die angelegenheiten. Daher kann 
denn Xenophon eben nur mit Neon verhandeln. Als grund für 
diese gleichgültigkeit des Cheirisophos ist es nicht nóthig mit Reh- 
dantz eine krankheit desselben zu vermuthen; die worte dua wer 
dJvpiv wig ysyevnptvors, dua dè psowy ix zoviov 10 Organe 
erklären wohl zur genüge, weshalb Cheirisophos den Neon schal- 
ten liess. 

Also scheinen mir mit recht Krüger, Hertlein, F. Vollbrecht, 
Breitenbach atrwy 2. 13 und avroí Q. 14 auf Cheirisophos und 
Neon zu beziehen, während das avr@ im 2. 14 mir von allen er- 





Miscellen, | 855 


klärern fälschlich auf Xenophon bezogen zu werden scheint, da 
darunter vielmehr Neon zu verstehen ist. 


Ratzeburg. Wilhelm Vollbrecht. 


10. Kritische beiträge zu Demetrius seo? éounrelac. 
(S. Pbilol. XXXV, p. 711). 


Demetr. p. 274. 25, 2.53: 6 6 Avuyüv Aéyes 7 rag vn005 iv Ego- 
pévn Ondn uiv» xal no oowdér iur öyman xoi Tgog eta xai 10 pi 
denuo xci gra ou pixgd avre tor, ta d° doyà nolld ou- 
xgüg avıng ovons. Diese stelle ist offenbar verdorben, da Demetrius 
hinzusetzt : tovot yag roig uiv cuvdécposs sig 0 dì avıanodidoran. 
Viele versuchten vieles, ohne eine überzeugende lösung vorzubrin- 
gen. Es gilt eben auch hier von dieser stelle, dass das richtige 
so nahe liegt, aber doch nicht gefunden wird, weil man alles mög- 
liche vorschlägt, aber ja nicht die ursprüngliche lesart zu erklären 
sucht. Die vorschläge von Muretus égrouévoi wer, von Capperoner 
7 piv yàg vnoos, von Gale 7 Ev 700ç, von Victorius qv éyw 
pév zeigen das bestreben, den text in einklang zu bringen mit den 
worten des autors: zQuoi yag toic uèv ovvdéopots sl; 6 dé avıu- 
nodtdotat. Dass aber das verderbniss schon alt ist, bezeugt cod. b, 
der am rande dvot hat. Bei »700ç kann aber ué» nicht gestanden 
sein, da ja dieses das gemeinschaftliche subjekt ist und deswegen 
eine bezeichnung des gegensatzes nicht zulässt. Eine responsion 
bilden aber êyouwérn, din, yonouu. Da nun der cod. Morelii dveg-. 
youévn hat, cod. b am rande aveyouéyn; da ferner palüographisch 
die abreviaturen von av und uér sehr leicht zu verwechseln sind, 
so schlage ich vor, es sei zu lesen: 7 yaQ v700g nv iv dyo- 
pévn x. Vgl. Isocrat. 4. 96, wo Salamis 7 éyouëyn v7006 heisst, 
die dichtanliegende insel. Dies scheint Antiphon in seiner sogenannten 
oratio Samathracica gesagt zu haben (s. Suidas). Es ist eben eine 
schilderung jener insel, indem er sagte: die insel liegt dicht 
nebenan, offenbar und auch von der ferne aus betrachtet ist sie 
hochgelegen und felsig u. s. w. Bei dieser erklärung ist auch der 
vorschlag Spengels unnöthig &orıv o1 zu lesen; denn durch das 
einschieben von s000wd3ey tritt dnAn etwas zurück, sodass sich die 
worte 04747 x«i tgugsîa näher an z000wdev sc. Îdeîv anschliessen. 

279.28, 2.75 ist zu schreiben Aéyovrag, bezogen auf desvovs. 

280. 4, 2. 76 ist zw» innéwv ein glossem, das von einem leser 
beigeschrieben wurde, aber von Demetrius nicht sein kann. Denn 
es ist von einer reiterschlacht die rede; da könne man malen die 
gestalten von pferden, die laufen oder sich aufbäumen oder die 
wiehern, ferner moàAovg è dxorriborras, moAAovg dì xaranlmıoviag; 


23° 


356 Miscellen. 


jetzt hinkt der alberne zusatz nach rw» inméwv, der seinen ur- 
sprung selbst andeutet. 

285. 10, 2. 102: xai ot Auxwves moda iv aMinyoglar Eley ov 
Expoßovvzes, olov 10 Asovvorog dv Koglv9e nods Dihinnoy xai &Aa 
tovavta oùx GAfya. Die worte 7005 @lAsnmoy scheinen mir unecht 
zu sein und eher den gang der rede zu stören. Vgl. 262, 8, wo 
ebenfalls blos der erste theil des bekannten spruches angeführt ist, 
ohne diesen zusatz, den jedenfalls jemand hinzusetzte gleichsam zur 
erklärung. 

290. 5, 9. 125: ist zu lesen ovze : 700 &Y Te Xuovog Aeuxözegov y&vorto. 

292. 15, 2.134: roro dé ragu Atvoguvts doxeî zzQutQ evonoF+as 
ist die handschriftliche lesart svoj0Fas beizubehalten gegen Spen- 
gel, der «0709: will. Denn das verhum evgeiv findet sich bei 
diesem autor sebr häufig , wo man eineiv erwarten ‚sollte, so so- 
gleich Aa „rag dyÉlactoy 00 0wnov xab oruyvov . . . yélwTa 
evoev èE avroù. Vgl. 294. 4: xalroi n ävadinAwois modo desvo- 
tytag uaiiov doxei svgoJos. Auch hier ist das handschriftliche 
dewornras gegen Spengel beizubehalten, der den singular schreiben 
will. Vgl. 291. 19: Eevogó xai auvès dewdrtntag sloaysı. Vgl. 
315. 3: deo xoi ta Guu ola Eye dewvdtytag. 

297. 16, 2.156: xai yàg dvot nagoulass xal tquoèv émadAnioss 
yontar, we EmrAn dures avım ab yaçurec” 042dov te nacac Èx 
züv Ogapdtwy auvtov ac magoiulas éxdéEas Eortv. Der letzte 
absatz scheint mir ein fremder zusatz zu sein. Denn Demetrius 
pflegt nie meines wissens noch eine solche nahezu alberne lehre 
zu geben, sondern er schliesst einen absatz auf ganz andere und 
natürliche weise ab, indem er entweder kurz das thema wiederholt, 
so 268. 13; 269. 28 . . . oder er geht sofort zu einem neuen 
abschnitt über. Dann sind aber auch — und das ist für mich der 
hauptgrund, diese worte für eine randbemerkung zu halten — die 
worte ganz gegen den sprachgebrauch des Demetrius. Schon 
oyedov kommt hier fremdartig vor, die sonderbare verbindungspar- 
tikel ré, und éxAéEase dorí(v. Letztere phrase findet sich nur dann 
in dieser schrift vor, wenn das verbum subjekt oder prüdikat und 
eivas copula ist z. b. 268. 3: 10 yag àv mev9over nulle, xara 
THY magosulay , r0 td tosaùta Pv rig malo, xaxoreyveiv ore, 
Hier ist aber eine solche annahme nicht möglich; gerade an sol- 
chen constructionen aber erkennt man leicht den ursprung des 
glossems ; unser autor hatte gesagt fon yoQ xrÀ. Analog p.279. 
26; 301. 15. 

297.22, 2.157 ist vielleicht zu schreiben aoyes dì 0 deıog statt 
macys: 0’ avrò. Denn die bezeichnung des subjekts scheint mir 
nothwendig wegen des gegensatzes dts avFownog wv more jdlance 
Efvov. Das verbum raoyes ist bezeichnend genug, avrò ware 
aber farblos und nichtssagend, was durch die geringe obige ände- 
rung entfernt wird. 





Miscellen. 357 


299. 23, 2. 169 ist zo, einzuschalten nach émeí, was fast ohne 
ausnahme unser autor bei einem derartigen gedankenverhältnisse zu 
gebrauchen pflegt. Vgl. 280. 16; 283, 1; 316. 29. 


300. 28, 2. 176 ist Eregov zooyv analog dem folgenden addo ev- 
BAYES xai Mo dyxngov zu schreiben, während Spengel nach den 
geringeren handschriften £zegov 70 hat und in der praefatio ére- 
corr vorschlägt. 

Ebenso scheint mir p. 302. 10 die überlieferung én’ Sugo 
richtig d. h. nach beiden richtungen hin findet man à» zd) negi 
poucixc 107% des Plato, dass er yAugvooc ist, vgl. Aps. 383. 12: 
orav én Aupw arodett ns. 

310. 28, 2.222: 10 dè nuvın we avortm Myew xatayivalonorte 
Eosxe Tov dxgoaroì. Hier möchte ich vorschlagen ws avonıov, da 
der sinn oflenbar der ist: wenn man alles sagt und dem zuhörer 
nichts zu rathen überlässt, so gleicht man einem, der über den 
zuhörer ein schlimmes urtheil fällt, als sei er unverständig. Die 
stellung des @vonzov darf nicht befremden, da dieses wort das be- 
deutendste ist und jedenfalls am meisten den zuhörer kränken muss, 
für einen einfältigen menschen gehalten zu werden. 


31 5. 8,2.243: etneo andò 800797, Ta devögu vv ÉXXONTOET OU 
scheint ore vor ta dévdga ausgefallen zu sein, Vgl. 318. 20: 
Auolas mQ0¢ 10» igüvra ing yeads Aéyuwr Sts 76 Gov Tv dou 
cas rovG ddortag 7 rovc OaxivAOvc. 

317.20, 2.257: dmolnyovres dé note xai elg ovvd£ouovc tov dé 
n tov té, xaltos magayyédderar quyeïr tjv amoAntw thy Toadın. 
Unerklürlich bleibt es, worauf das particip &wolnyovtes sich be- 
ziehen sollte; deshalb hat schon Victorius vorgeschlagen «7:040 - 
yntos. Am nichsten liegt jedenfalls &woAnyonsv wie z. 17 zrgo- 
crogacoueda, zumal da die endsilben zes und wer ähnlich abge- 
kürzt wurden. 

317. 24, è. 257 schreibe ich &A4” à» wéyros 10% "Oumgixoig u£- 
y&O9oc Enolmoev ij slg vovg ouvdéouous teurs statt GAÀ' èv wey 
zoíg Ounosxoîs zur bezeichnung der beziehung auf die vorherge- 
hende vorschrift, vgl. Aps. p. 392. 18. 

319. 2, 2. 265 ist vor meoownonosla der artikel 7; einzuschalten, 

319.10, 2.266: uüllor dé doauura areyvas ylyvetar. Ta iy 
«ln tis diuvolas xoi oyjpata Aaufavost dv ws etentos. Hier 
feblt die nothwendige verbindungspartikel des neuen absatzes. 
Deshalb ist zu schreiben yfverus. xoi 1à uiv ción, indem wegen 
der gleichheit der silben zo, und xaf letzteres übersehen wurde. 
Vgl. 320. 13: xal neo uèr 10 oynudtwv GpgorfQuv tocavia. 
Durch diese leichte correctur wird man der allzu weit liegenden 
änderung Schneiders, ra uèv ov» etôn, überhoben. 


320. 8, 2. 270: e dé ovzwc eÌzoi rig ravra, elnuv tru xoi 
yeawas iàngfcfvco ist simu» zu streichen. Vgl. 319. 26: «i dè 


358 Miscellen. 
nos rag oviwe, imi cavtev xal toÙc vomovs xui rjv Önnoxpariar 
xaheïc ; ebenso p. 326. 27. 


Günzburg a. D. C. Hammer. 


11. Zu Plautus. 


Plaut. Amphitr. 1, 1 ff. ed. Teubn. 
50. Qui me älter est audäcior homo aüt qui confidéntior, 
Juventütis mores qui sciam, qui hoc néctis solus ämbulem ? 
Quid fáciam, si nunc trésviri me in cárcerem compégerint ? 
Inde cräs e promptuária cellá depromar fd flagrum, 
Nec caüsam liceat dícere mili néque in ero quicquam adxili 
Siét nec quisquam sit quin me omnes ésse dignum députent. 
Ita quási incudem me míserum homines 
Octó validi 
Caedánt: ita peregre huc ádveniens 
Puplícitus ego hospitio áccipiar. 
An dieser prüchtigen stelle des Plautus ist mir mein alter banausi- 
scher Marcus Boxhorn von 1645 lieber und werther als der sonst 
hochverdiente wohlgeschulte Alfred Fleckeisen von 1856. Die 
willkür, man verzeihe diesen ausdruck, mit welcher im jahre 1856 
gegen sinn, gegen form, gegen malerei des dichters, die diesen sinn 
durch das ohr vor das geistige und sinnliche auge des hürers 
bringen, von einem metrischen schematismus aus zu felde gezogen 
wird, macbt mir alles an dieser stelle geleistete in hohem grade 
verdächtig. Unbedingt unterschreibe ich nicht eine einzige von 
Fleckeisens ünderungen in diesen. ersten zehn versen, und billige 
noch heute die fünf ausrufungszeichen und zwei striche, welche 
ich schon 1857 und 1859 an den rand gesetzt hatte. Um dies 
zu belegen, gehe ich von v. 5 aus. Boxhorn liest: 
Nec caussam liceat dicere mihi neque in hero quicquam 
auxili siet? 
Nec quisquam sit quin me omnes esse dignum deputent? ita 
Quasi incudem me miserum homines octo validi caedant? ita 
Peregre adveniens hospitio publicitus accipiar. 
Es ist ganz offenbar, dass mit ausnahme von v. 5 der dichter so 
oder doch sehr sehr nahe so seine verse geschrieben haben muss. 
Sosias schildert in lebendigem vorgefübl — er kennt die sache 
schon —- drastisch die prügel, welche er auf der marterbank da- 
vontragen wird, und vom ersten ita an hören wir jeden ein- 
zelnen der schläge durch die versaccente, "welche mit einer 
einzigen ausnahme (miserum) sämmtlich in widerstreit stehen zu 
der wirklichen betonung des gewöhnlichen lebens, nnd durch das 
ohr wird auf diese weise die gesticulation des schauspielers, der 











Miscellen. 359 


den geschlagenen theil mit der hand zu schützen sucht und schmer- 
zenlindernd reibt, auf das glücklichste unterstützt. Die beiden ge- 
wissermassen reimenden itd am ende von 6 und 7 müssen da 
stehen bleiben, wo wir sie in den älteren ausgaben finden, also 
am ende der beiden tetrameter, oder wir zerstören eben ge- 
rade das was der dichter beabsichtigt hat. Und diese zerstö- 
rung hat Fleckeisen von dem unglücklichen siet ausgehend wirk- 
lich vorgenommen. Vers 5 ist allerdings mehr als bedenklich; 
aber das ganz insignificante siet kann darum doch unmöglich in 
den folgenden vers hinübergenommen werden und durch diese stel- 
lung eine bedeutung erlangen, die ihm durchaus nicht zukommt ; 
es stört nebenbei den schönen vers nec quisquam sit etc., macht 
ibn fast unlesbar, und wirft das lebendige unentbehrliche it4, das 
die reihe drastisch schliesst, in den anfang des folgenden verses 
hinein, wo es mit dem quasi vereinigt zu nichts, zu gar nichts 
verschwindet uneingedenk der warnung des Theognis: 7v dè xaxoïos 
ovuuloyns, anorsic xai tov &dvta voor. 

Ich iiberlasse, da ich durchaus nicht als unfehlbarer diorthot des 
Plautus auftreten will, den vers 5 der behandlung Ritschls, vor- 
läufig bleibe er mit siet als schluss unberührt ; aber die folgenden 
beiden reihen müssen als tetrameter bestehen wie sie die alten 
ausgaben uns überliefern. So: 

Nec quisquam sit quin me ómnes esse dígnum deputént: ita 

Quasi incudem me miserum hominés octé validi caedant: ita. 
Mit der wiederherstellung dieser beiden verse fällt natürlich auch 
die damit zusammenhängende behandlung des abgesanges (v. 161 
und 162). Hier an unserer stelle will der abgesang, wenn ich 
mich so ausdrücken darf, wie ja auch sonst immer, zweierlei errei- 
chen, einmal den übergang zu einem andern metrum und also 
zu einer andern stimmung vermitteln, und dann setzt sieh zwei- 
tens die vorige stimmung auch äusserlich in den beiden anapästen 
und den iambisirenden d. b. am schluss betonten choriamben fort: 
das gefühl des gemarterten tönt modifieirt in der malerei der verse 
gewissermassen müde aus. Ich lese so: 

peregre ádveniéns 
hospitié publicités accipiár, 
accipiar wie Amph. 5, 1, 4 opprimar und öfters. Die adverbia auf 
tus zu Plautus’ zeit mögen für sich selber sprechen ; wir haben 
kein recht umstellungen vorzunehmen, weil das us nach späterer 
observanz am ende kurz ist. Wenn jemand sagt, es gebe keine 
choriamben beim Plautus, so mag das von daktylischen gelten ; 
aber hier haben wir iambisirende oder wenn man will auapästische 
vor uns, und wollen sie uns nicht nehmen lassen. Finden sich die 
bei Fleckeisen eingeschobenen huc und ego in den handschriften 
d. h. in einigen, so sind sie aus dem text zu entfernen, 
Ich komme an meine zwei striche, welche sich auf geringere 


360 Miscellen. 


bedenken beziehen: im ersten verse auf die hinüberwerfung des 
unbedeutenden homo, das man freilich nicht gern entbehren möchte, 
hinter die diärese als beginn der zweiten vershälfte nach ausmer- 
zung des me: das scheint mir sehr bedenklich, und dann v. 3 auf 
das si vor dem nunc, während die alten ausgaben nunc si lesen, 
allerdings mit einem komma nach nunc, welches sich ja leicht um- 
setzen liesse; dem nunc muss sein gewicht wiedergegeben werden. 
Aber diese beiden einwürfe überlasse ich einem höheren richter. 
Plaut. Amphitr. 2, 2, 6 und 7 (638 f.) ed. T'eubn. 
dum viri mei fuit mi potéstas vidéndi 
Noctem ünam modo: atque is repénte abiit 4 me [nunc] 
hinc ante lücem. 

Das eingeklammerte nunc, welches dem verse authelfen soll, ist denn 
doch mehr als matt und briogt mit hinc und ante zusammen (nunc hinc 
ante) unleidlich klappende und näselnde mislaute hervor, macht also 
den passus in dieser form verdächtig. Und steckt nicht in dem 
abiit mit seinen drei kürzen ein quantitätsfehler ? Noch Ovid sagt 
subzzt argentea proles, an welcher stelle einige handschriften 
filschlich subiitque, andere nicht weniger irrthümlich subit hinc 
ändern. V. 643 ist ja sogar das if in vicit lang. S. Ritschl und 
Fleckeisen in der vorrede. Durch eine kleine versetzung künnte 
man dem abhelfen. Man lese: 

Noctem ünam modo: ätque is repénte abiít hinc a méd 

ante lücem. 
Plaut. Amphitr. 2, 2, 10 ff. (642—653). ed. Teubn.: 
Sed hóc me beát saltem, quóniam perduélles 
Vicít et domüm laudis cónpos revénit. 
Apsít, dum modó laude párta domüm se 
645. Recípiat . feram ét perferam üsque abitum eius ánimo 
Forti átque offirmáto: id modó si mercédis 
Datür mi, ut meüs victor vír belli clüeat, 
Satís mi esse dücam . optumümst praemium vírtus: 
Virtás omnibüs rebus änteit profécto: 
650. Libértas, salüs, vita, rés et paréntes 
Et pätria et prognáti tutántur, serväntur : 
Virtüs omnia ín sese habét: omnia ádsunt 
Bona, quém penes est vírtus. 
Bei Boxborn steht nach domum laudis cónpos revénit (v. 643): id 
solatio est und für optumumst praemium virtus steht da: Virtus 
praemium est optimum. 

Wenn Terenz seinen vorgänger im geistreichen gebrauch der 
metren des dialogs übertrifft, so steht Plautus wie bekannt sei- 
nem nachfolger weit voran im gebrauche lyrischer monologischer 
und monodischer, stets trefflich angewandter, für uns freilich wohl 
nicht immer erreichbarer formen. Köstlich und voll leben sind die 
Kretiker in der monologischen erzählung des Sosias und eben so 




















Miscellen. 361 


hier der gegensatz der Kretiker die Bacchien in der monodie der 
Alkmene, voll schwermuth und dann wieder voll erhebung zu fri- 
scherer anschauung des lebens, beides angedeutet durch den wechsel 
längerer und kürzerer reihen. 


Ich überlasse die völlige reconstruction der monodie im ein- 
zelnen dem bekannten höheren richter; aber über den gang des 
ganzen, der vor aller augen liegt, möchte ich mich im interesse 
des dichters doch hier aussprechen. 


Fleckeisen hat das unerträgliche id solatio est ohne alle frage 
mit recht aus dem texte geworfen; aber ganz scheint mir der 
innere und äussere gang der rhythmen dennoch nicht herge- 
stellt zu sein; denn sonst hätte nicht nur das störende id so- 
latio est, sondern eben so gut das unglückliche virtus praemium 
est optimum, welches mit der denn doch fraglichen änderung : 
oplumümsi praemium virtus in den zusammenhang eingereiht wird, 
gestrichen und in das barathron geworfen werden müssen. Virtus 
praemium est optimum ist eine ebenso überflüssige, störende rand- 
bemerkung zu den fünf folgenden versen wie id solatio est zu sed 
hoc me bedt saltem cet. Ehe ich weiter gehe, eine vorläufige be- 
merkung über die Bacchien an unserer stelle. Die hexameter, also 
die längeren reihen von sechs hebungen, drücken die klage, die 
schwermuth, das verweilen in der stimmung aus: sie sollen hem- 
men; während die auf einanderfolgenden tetrameter in ihrem leb- 
hafteren vorwärtsschreiten den aufschwung zu neuer frische, den 
entschluss zu neuem leben verkünden. Kommt ein hexameter ver- 
einzelt vor (wie z. b. 647), so bereitet er den übergang zu etwas 
neuem , zu einer modification der stimmung und also zu neuer art 
des metrums. Wenn wir nach dieser betrachtung an unsere ganze 
scene (2, 2) hinantreten, so bietet sich uns folgendes als der in- 
nere und äussere gang ganz natürlich und ungekünstelt dar: 

1—9 (633—641) klage, schwermuth, verweilen in der stim- 

mung, also hexameter. 

10--14 642—046) trost im leiden, aufschwung, daher rasch 

folgende, aber complicirtere tetrameter. 


15 (647) ein hexameter als übergang, ein hexameter oder 
was ganz dasselbe ist: ein tetrameter mit dranhän- 
gendem dimeter, und diese art zu schreiben möchte 
in diesem falle vorzuziehen sein. 

16 — 20 (648— 653) heroische erhebung, daher lebendige 
leichthin fliessende tetrameter bis zum ausklange in 
dem dimeter bona quém penes est virtus. 

Wir streichen also das: Virtus praemium est optimum. 


Hamburg. Heinrich Köstlin. 


362 Miscellen. 


12. Zu Ovidius. 


Ovid. Metam. Ill, 93 et imae 
parte flagellari gemuit sua robora caudae. 
Für imae dürfte richtiger ima gelesen werden, da der drache mit 
dem untersten theile des schwanzes d. i. mit dem schwanzende den 
stamm peitscht, nicht aber mit einem theile des unteren schwanzes. 


Sprottau. C. Hartung. 


13. Zu Tacit. Germ. cap. 15. 


Den schlusssatz dieses capitels iam et pecuniam accipere do- 
cuimus deuten alle neueren herausgeber auf gleiche weise. Denn 
Holtzmann German. alterth. p. 43 übersetzt: ,schon haben wir sie 
gelehrt auch geld anzunehmen“. Ebenso Thudichum Der alt- 
deutsche staat p. 146: , wir haben sie auch schon gelehrt geld 
anzunehmen. Tuecking in seiner ausgabe der Germania p. 29 
fügt hinzu, es sei ein seitenhieb auf die Römer, namentlich Do- 
mitian. Kritz p. 62 bemerkt in gleicher weise: hac voce (docuimus) 
acerbe respicitur ad proprium Romanorum vitium avaritiam  conta- 
gione quasi aliis gentibus communicatam. Also alle stimmen darin 
überein, in diesen worten einen herben vorwurf zu finden, den der 
strenge geschichtsschreiber seinen zeitgenossen mache, und berufen 
sich dabei auf stellen wie Germ. cap. 42: raro armis nostris sae- 
pius pecunia iuvantur scil. Germanorum reges. Tac. Hist. 4, 76: 
pecuniamque ac dona quis solis. corrumpantur. Tac. ann. 11, 16. 
Jul. Capit. vit. M. Anton. 21, 7. Herodian VI, 7, 9: roviw yàg 
padıora Teguaroù meiPovra quAaQyvgot te Ovrtg xai r)v slonrny 
ast nodg ‘Pwpulovs yovotov xzanmAsvovreg, welche allerdings sämmt- 
lich von der geldgier der Germanen zeugen. Allein jene erklä- 
rungsweise haben die gelehrten hauptsächlich deshalb befolgt, weil 
sie mit der nun einmal feststehenden überzeugung herantraten, 
Tacitus habe mit dieser schrift eine parallele zwischen Rómern 
und Germanen zu ungunsten der ersteren ziehen wollen. Es liegt 
aher an der obigen stelle nicht der mindeste grund zu der an- 
nahme vor, Tacitus habe einen seitenhieb auf die Rómer als ,,ver- 
führer der Germanen zum schlechten* beabsichtigt; überdies haben 
sicherlich nicht die Rómer zuerst die kenntniss des gemünzten gel- 
des in Germanien eingeführt. Ausserdem müsste man, wenn jene 
deutung richtig wäre, iam in folgender weise erklären: obgleich 
wir Römer erst seit so kurzer zeit mit den Germanen verkehren, 
haben wir sie doch schon gelehrt geld anzunehmen. Der zusam- 
menhang aber sagt folgendes: „sie (die principes) freuen sich 
hauptsächlich über geschenke benachbarter stämme, welche ihnen 
nicht nur von einzelnen, sondern auch im namen des staates ge- 








Miscellen. 363 


schickt werden: erlesene stoffe, grosse waffen, pferdeschmuck und 
halsketten; dass sie auch geld nehmen, ist oben schon gesagt“. 
Tacitus weist also mit den worten iam docuimus, welche ich ver- 
binde, zurück auf den schluss von Germ, cap. 5: quanquam 
proximi . . . aurum et argentum. in pretio habent formasque quas- 
dam nostrae pecuniae agnoscunt atque eligunt . . . pecuniam pro- 
bant veterem. et diu notam, serratos bigatosque; argentum quoque 
magis quam aurum sequuntur. Man könnte einwenden, hier seien 
die Germanen in ihrer gesammtheit, dort nur die principes ge- 
meint; allein die vorangehenden worte est videre apud illos ar- 
gentea vasa legatis et principibus eorum muneri data zeigen, dass 
auch auf die principes die obigen sätze anwendung finden. 


C. Hartung. 


B. Auszüge aus schriften und berichten der ge- 
lehrten gesellschaften sowie aus zeitschriften. 


Verslagen en Mededeelingen der Koninklijke Akademie van 
Wetenschappen. 1872. Six: über die münzen einiger städte des 
syrischen reichs. Die griechischen kolonien Alexanders und der 
Seleuciden haben eigenes münzrecht ausgeübt; eben so ist es in 
Cilicien geschehen, wo man autonome münzen von Celenderis, Na- 
gidus, Mallus, Soli, Tarsus und Side findet, neben andern mit dem 
kopf des satrapen. Der verf. bespricht ferner das verhältniss der 
münzen des eigentlichen Syriens und Phoeniciens. — Kern: in- 
dische tbeorien über die standesvertheilung oder Kasten. Trotz 
einiger ungenauigkeiten scheint ihm Diod. II, 40 ein richtigeres 
bild der indischen zustände, wie sie aus den eignen quellen des 
volks sich ergeben, gezeichnet zu haben, als mancher neuere 
schriftsteller. — Leemans: der Nehalennia-altar, vor kurzem zu 
Domburg aufgefunden, mit abbildung. Dieser altar ist bei ge- 
nanntem ort (bei Middelburg) von der see ausgeworfen worden. 
Der verf. führt die früher hier zum vorschein gekommenen römi- 
schen avtiquitäten auf. Die inschrift lautet: Nehalenniae . Inge- 
nuinius . Ianuarius . ex pr(ajecepto aram . posuit pro . salute . 
fili . sui. Es folgt eine liste der in niederländischen inschriften 
vorkommenden römischen namen [Boot möchte in der obigen in- 
schrift ex prece pater lesen, p. 54]. — Holwerda: allerlei aus 
Josephus ; bemerkungen über seinen stil; die meinungen der Phari- 
säer und Essener über das fatum; was hat man von Josephus 
meinung zu denken, dass die erwartungen eines Messias in Vespa- 
sians thronbesteigung in erfüllung gegangen seien? — Borrel: 
die technik der byzantinischen hymnographen. — Boot: über die 
Terramaren in der Aemilia und über zwei etruskische begräbniss- 
stätten bei Bologna (Marzabotta und Certosa); keine eigne for- 


364 Miscellen. 


schung des verf., sondern zusammenstellung des bisher darüber ver- 
öffentlichten. — Bericht über die lateinischen preisgedichte. — 
Borret: Inscriptiones Hispaniae christianae, Edid. Aem. Hübner. 
Der verf. giebt eine übersicht über das werk und fügt bemer- 
kungen zu einigen inschriften hinzu. — Kern: germanische 
wörter in lateinischen inschriften am Niederrhein. Der verf. geht 
besonders auf die beinamen ein, welche den matres oder matronae 
(d. h. den gallischen gottheiten) beigelegt werden, welche er theils 
von ortsnamen, theils von germanischen wortstämmen ableitet. 

1873. Boot: zur kritik einiger lateinischer gedichte; der 
verf. behandelt die wechselverse des Florus und Hadrianus, ferner 
Burm. Anthol. V, 70, Riese Anthol. Il, p. 211—215 und die in- 
schrift in versen, welche Borghesi, oeuvres complètes Ill, p. 341 
mitgetheilt wird. — Bericht über die lateinischen preisgedichte. — 
Holwerda: Annotatio critica in Philonem Iudaeum ; der verf, emen- 
dirt, ohne handschriftliche hülfe, wie er selbst p. 207 erklärt, eine 
anzahl stellen in den von Tischendorf, Leipzig 1868 herausgege- 
benen schriften. - 

Bulletin de la société des antiquaires de France, 1872. 1 tr. 
Nicard: zusammenstellung der im jahre 1871 in der Schweiz ge- 
machten archäologischen entdeckungen; p. 55 — 67. — Lewis: 
über eine in Earith (Schottland) bei dem „römischen Bulwark* ge- 
fundene bronzene mit silber eingelegte statuette, welche der verf. 
wegen des an den beinschienen angebrachten blitzstrahls für einen 
Zeig "Agsıog (Zevc orgdwog der Carier), Heuzey dagegen für 
Mars erklärt. — Bulliot: gefässe mit griechischen aufschriften 
vom mont Beuvray (mit abbildungen). — Quicherat: stein mit 
dem fabrikanten - stempel Abascantus aus Arles mit der bezeichnung 
des consulats des Poetinus und Apronianus 123 n. Chr. (mit ab- 
bildung). — Barthélemy: gallo-rómische gefässe mit den auf- 
schriften: Veni ad me amica, Remis feliciter, Gabalibus felici. — 
Chassaing: votivgefáss von silber mit der aufschrift: Marti Ran- 
dosati Bassus Bassuli F.V.S.L.M.; die darin genannte ortsgott- 
heit gehört wahrscheinlich nach Randan (Puy-de-Dôme), in dessen 
nähe das gefäss gefunden worden ist. — Quicherat: silberne 
platte aus Roque-d'Antheron (Bouches-du-Rhône), wahrscheinlich ein 
amulet, mit griechischer aufschrift (mit abbildung). — Lasteyrie: 
inhaltsangabe der letzten bände der englischen archaeologia. — 
Nicard: groteske figurengruppe, welche als gewicht für eine zu 
Baden (Schweiz) gefundene römische wage gedient hat. —  San- 
sas: altar, der Sirona durch M. Sulpicius Primulus geweiht und 
grabschrift eines VLIRCLVS , beide in Bordeaux aufgefunden. — 
De Witte: bronzefigur Apollos bei Athen gefunden. — 2. trime- 
ster. Rigaux: ausgrabungen im département du Nord; es sind 
münzen der gens Naevia, des Tetricus, Postumus, eine ‘fibula mit 
der inschrift quod vis ego volo, irdene gefässe gefunden worden 








Miscellen. 365 


(mit abbildungen). — Grasilier: gallo-rémisches grab in Saintes 
mit einer menge von gefässen und schmucksachen. — Iulliot: 
fibula aus Sens mit eingravirten verzierungen. — Dumont: grab- 


denkmäler aus Athen mit bemalten figuren und den inschriften 
NIKIKINIIH (statt NIKIIIIIH) ®PHPIA und LYSIMAXOS, 
TIOAVEPITH. Der verf. zählt die bisher bekannt gewordenen 
denkmäler mit bemalten figuren, von denen auch Pausanias spricht, 
auf, — Aurès: zusammenstellung aller den Proxumae gewidmeten 
inschriften, 19 an der zahl. Nach dem verf. waren die Proxumae, 
bei den Volcae Arecomici, die manen der grossmütter, als schutz- 


göttinnen der familie betrachtet. — Creuly: berichtigung einer 
von Sansas nebenbei angeführten inschrift auf Sirona; der gene- 
ral liest : SIRONAE 
ADBVCIE.TV 
TOGETI-FIL(ia) 
V:S-L-M 


Chabouillet : didrachme von silber aus Maronea in Thracien, merk- 
würdig wegen des dem namen beigefügten titels E/ZAPX EM- 
BPOTO. —  Creuly: entdeckung eines oppidum Gullicum bei 
Lusech am Lot (wohin bekanntlich Goeler das Uxellodunum der 
commentarien setzte) — Ueber eine neuerdings vom Louvre er- 
worbene von Euphronius gemalte schaale, die thaten des Theseus 
darstellend. — Dumont: inschrift eines im Varvakeion in Athen 
befindlichen Hermenbruchstücks (mit facsimile) : 

Oi ini “Aodvo[c aleyo[vzoc 

Zpnßos tov davımy xo- 

ounm|v Zwitin» Bu- 

osAs(]ov “EorrasoFev 107 xu 

M: 

[uvéornour ?] 

Guérin, beschreibung der ruinen von Caesarea maritima in Sy- 
rien. —  Quicherat, grabmal mit vielen vasen aufgefunden in 
Pilot -les - Vases de Nalliers (Vendée); auf einer gläsernen flasche 
liest man in einem medaillon: A. F, umgeben von der legende : 
A.V.M.CN.ALINGV. das letzte wort geht, wie der einsender Fillon 
meint, vielleicht auf Langon (Alingone), welches in der nähe des 
fundorts liegt. Von marken der irdenen gefässe führt derselbe 
auf: Chresii.M; J. Eppi; @.VC; Medolis. — De Witte, bronze- 
statue der Diana in jagdkleidern auf einem eber sitzend, aus 
dem lura. 

3. trim. Chabouillet, gallische goldmünze aus Craon (Mayenne) 
ohne aufschrift, noch unbekannt, mit einem Apollokopf, wabr- 
scheinlich den Andecavi zuzuschreiben, wenn die münze nicht aus 
Griechenland (Carthaea auf Ceos?) stammt. — Derselbe: bronze- 
münze des kaisers Victorinus aus der Touraine; (beides mit abbil- 
dungen) — Fontenay, römische inschrift aus Santenay (Cóte-d'Or) 


366 | Miscellen. 


AVG. SACR. 
...MERCVRIO 
° .NSORINVS 
. AVLLINI . FILIVS 
EX.VOTO 
Sansas, Cippus im museum von Bordeaux zum andenken an Do- 
mitia Peregrina von ibrem sohn Domitius Abascantus, vielleicht 
demselben, der in der oben erwähnten fabrikmarke genannt wird. — 
4. trimester. Jubainville, andere deutung der von Creuly erklärten 
inschrift; der verf. liest Sironae Adbuci(a)e Tuto Geti filius. — 
Villefosse: kleines gefäss aus Banassac (Lozère) mit der aufschrift: 


Nuddamen 
Dulce linat 


das soll heissen: möge sie (die salbe) deinen entblössten körper 
sanft einreiben. — Desclozeaux, sehr schöne mosaik aus Constan- 
tine, einen sclaven darstellend, der. einen bären tanzen lässt, mit 
der unlesbaren ivschrift : 
MILFLy 

Nicard, irdene lampe mit der aufschrift Fortis. — Bulliot, ent- 
deckung eines antiken tempels auf dem mont Beuvray (Bibracte). 
Derselbe: Apollotempel auf dem berg Senne bei Santenay, an der- 
selben stelle, auf welcher das oben erwühnte ex voto gefunden 
worden ist. — Dumont, über den gebrauch von wappen bei den 
alten. — Sansas: liste der fabrikmarken der irdenen gefässe im 
museum von Bordeaux.  Derselbe protestirt gegen die vom ge- 
neral Creuly gegebene erklärung der inschrift auf Sirona (s. o.). — 
Quicherat, inschrift aus Avenches (Schweiz) bis auf den schluss 
identisch mit derjenigen, welche Mommsen (inscr. conf. Helv.) 
nr, 179 giebt. S. Schweizer anzeiger 1870. Derselbe verbessert 
die inschrift Mummsen’s nr. 208; in der dritten zeile muss VA 


(nicht IVA) gelesen werden. — Guérin, archäologische untersu- 
chungen in Palaestina, — Castan, inschrift auf einem stein in 
Besaugon: TRAB " 

DOMPEI _ 


1873. Lasteyrie, über die angeblich auf dem Mont - Beuvray 
von Bulliot entdeckten emaille-'werkstütten; der verf. leugnet, dass 
die dort aufgefundenen nägelköpfe emaillirt gewesen sind. Bulliot 
vertheidigt jedoch seine in der rev. arch, mitgetheilte entdeckung. — 
Bulliot, auffindung eines tempels auf dem mont de Sene, bei San- 
tenay, côte d'or, nebst einer Inschrift: 

AVG . SACR 
.. 0 . MERCVRIO 
. . NSORINVS 
. + AVLLINI-FILIVS 
EXVOTO 





Miscellen. 367 
und mit miinzen, welche bis auf Arcadius binunterreichen. Der- 
selbe beschreibt die reste einer alten vorstadt von Augustodunum 
(Autun), welche seit 1870 zum vorschein gebracht worden sind. — 
Dumont, iber vier griechische basreliefs zu Troyes, von unbe- 
kannter herkunft, von denen drei die todtenmahlzeit, das vierte 
eine opferscene vorstellt mit den inschriften 


1) Nixala Ziuwvos nowstvg yaige. 
2) Mnogliu “Aoxinmadov. 

3) Sovddywy Xovolnnov. 

4) ’Imddorog “Anodhwvs. 


Der verf. stellt vergleiche mit andern bekannten monumenten äbn- 
licher art an. — Bulliot, auffindung eines alten tempels auf dem 
mont-Beuvray (Bibracte) unter der zerstörten kapelle des St. Mar- 
tin. — Mowat, gallo-römischer ziegel in Poitiers, mit der 
inschrift : Ateuritus 

Heuticae salutem 

Hoc illei in cunno, 
hinter der letzten zeile ein Phallus. — De Witte, über ein ar- 
chaisches gefäss aus Attika, dessen zeichnung von Dumont mitge- 
bracht ist. (S. Ann. des archäol. inst, 1872, p. 138— 181, wo 
dasselbe gefáss unter nr. 40, p. 142 beschrieben ist). — Sunsas, 
inschrift aus Bordeaux (s. Bull. 1872); der verf. liest: 








SIRONAE 
ADBYCIET VS 
TOCETI-FIL 
V.S.L.M 
Lasteyrie: über die augeblichen email-arbeiten, welche von Bulliot 
auf dem mónt-Beuvray entdeckt worden sind. — Tholin, alter 
dolch in bronce zu Agen, aus der nähe von Carcassonne, unühnlich 
allen andern bis jetzt beschriebenen. — Bonsergent, bronzene fibula 
aus Poitiers mit der inschrift Accu(lejus?). — Reffye, inschrift 
aus Tarbes: D-M:[C-V-V-SANCT]I-C-V-Q-PROV-BETICAE|TVTOR 
C-PIIVL’SANCTI FILII EIVS|P-C-| — Leclerc: beschreibung einer 
stele aus der nähe von Escles (Vosges) mit der inschrift: 
DMTIBCLX 
AVGVRX 
d. h. Dis manibus Tiberii Claudii Auguris, da das zeichen X, wie 
der general Creuly bemerkt, nur die abkürzung andeutet. — A. 
Bertrand, über das oppidum von Castel-Coz (Finisterre). — À. Ber- 


trand, bericht über das werk von Gross: Les Habitations lacustres 
du lac de Bienne. — A. Bertrand, über den dolnen von Conflans- 
Sainte-Honorine, welcher im graben des schlosses von St. Germain 
wieder aufgerichtet worden ist. — À. Bertrand, bronzevasen aus 
Corsica, von griechischer arbeit. — Quicherat, irdene lampe aus 
Trinquetaille, gegenüber Arles; der schuabel ist durch den phallus 


368 Miscellen, 


einer niedergekauerten person gebildet. — Quicherat, über die in 
Vaison gefundene lebensgrosse marmorstatue eines athleten (mit 
abbildung). — Quicherat, grabschriften aus Luxeuil : 
1. DM 
LAGVS 
SAETLVPV — 
LAFIL 


2. L 
SOLENI 
CESTI 


3. D M 
MELIDDIVS 


Er giebt ferner einige verbesserungen der von Bourquelot im 26. 
bande der mémoires de la soc. des ant. de France (1865) gege- 
benen inschriften von Luxeuil. — Egger- Dumont, über eine von 
Kaibel im Bulletin de l’Inst. de corresp. archéol. 1873 als neu 
veröffentlichte tessera, welche bereits im Bull. de l'Ecole d’Athènes 
1868 bekannt gemacht ist. 

Mémoires de la société nationale des antiquaires de France. 
1871. Aubert, kirchenschatz der abtei St. Maurice d’Agaune (bei 
Martigny); darin beschreibung antiker geschnittener steine, welche 
zur verzierung eines reliquienkästchens verwendet sind, wie einer 
sculptur mythologischer figuren (Achilles auf Scyros?) auf einem 
Sardonyx-gefáss. — Keller, zufluchtsörter der alten Helvetier, 
eine illustration des oppidum der Gallier. — Robert, grabinschrift 
eines Mailänders (nebst erklärung): 


DM 
PERPETVAE 
SECVRITATI 

M.MATVIINIOMAXIM[O] 
NEGOCIATORISAGAR 10 
CIVI  MEDIOMATRICO 


P_C 
M:MATVIINIVS 
MARCVS FRATER 
ET-C'SANCTINIVSSA ... 


Den namen glaubt der verf. Matuenius aussprechen zu müssen; der 
bruder des verstorbenen hatte sowohl das praenomen als das co- 
guomen Marcus. 

1872. Marion, die denkmäler von Inverness; der verf. be- 
handelt in diesem aufsatz, unter anderm, die sogenannten Druiden- 
tempel (steinkreise) und die verglasten forts; die mit sculpturen 
geschmückten steine (sculptured stones) schreibt er den Picten zu. — 
Bulliot , denkschrift über die emaillirwerkstätten der alten Gallier 
auf dem mont Beuvray (Bibracte) bei Autun. Unter den tritmmern 














Miseellen. | 369 


der vom feuer zerstürten stadt sind nicht nur die reste der werk- 
stätten, öfen und anderer zubehör zum vorschein gekommen, son- 
dern auch bronzene nägel, knöpfe u. s. w. in den verschiedenen 
stadien der bearbeitung. Die zusammensetzung des emails hat sich 
durch die chemische analyse verschieden von der jetzigen heraus- 
gestellt. Auch das plattiren mit silber war den Aeduern lange 
vor Plinius, der es ihnen ausdrücklich zuschreibt, bekannt, wie 
einer der knöpfe deutlich zeigt. Die münzen, welche in der haupt- 
werkstatt gefunden worden sind, gehören zum theil Dumnorix an, 
keine einzige reicht über die christliche zeitrechnung hinaus. — 
Keller, beschreibung einiger zufluchtsörter (oppida) der alten Hel- 
vetier (mit plänen und abbildungen dort aufgefundener gefässe, 
lanzenspitzen, ringe). — Egger, ein senatus consultum gegen die- 
jenigen, welche aus dem ankauf und abreissen von gebäuden ein 
geschäft machen. Diese von Orelli 3115 und audern abgedruckte 
und aus Herculanum herrührende inschrift aus dem jahre 56 v. Chr. 
wird vom verf. in verbessertem text gegeben und mit anmerkungen 
begleitet. In einer langen einleitung bespricht der verf. manche 
erscheinungen des gewerblichen lebens unsrer zeit, welche bei den 
alten bereits in ähnlicher weise aufgetreten waren. — Loiseleur, 
die ägyptischen tage und ihre veränderungen in den kalendern des 
mittelalters. Die dies Aegyptiaci, durch verkennung der abkürzung 
im mittelalter auch dies aegri genannt, dürfen nicht mit den dies 
nefasti verwechselt werden; es waren nämlich tage, welche man 
im privatleben, wegen gewisser constellationen, zur vornahme von 
geschäften für ungünstig hielt. Der aberglaube, durch ägyptische 
und chaldäische astrologen nach Rom gebracht, wird zuerst in 
einem noch heidnischen kalender des jahres 354, welcher in Grae- 
vius thesaurus VIII abgedruckt ist, verzeichnet und bleibt bis in’s 
17. jahrhundert hinein bestehen. 

1873. Al. Bertrand, die gallischen tumuli bei Magny-Lam- 
bert. Drei tumuli, Monceau-Laurent, Vie de Bagneux, Combe à la 
Boiteuse sind von Flouest und Abel Maitre untersucht und haben 
eine beträchtliche zahl von antiquitäten ergeben, von denen Ber- 
trand einen eisernen degen von der länge eines meters, ein bron- 
zenes rasirmesser, bronzene armbänder und ringe u. s. w. für gal- 
lisch, einen bronzenen eimer mit rippen, eine bronzene schaale und 
einen bronzenen lóffel mit gebogenem stiel für etrurisch hält. Der 
verf. mustert bei dieser gelegenheit die bisher aufgefundenen eiser- 
nen degen und die bronzenen eimer und zieht namentlich die funde 
von Villanova und Marzabetto bei Bologna in vergleichung. Mit 
zahlreichen abbildungen. 

1874. Barthélemy, über eine antike grabstätte zu Berru 
(Marne), mit verzeichniss und abbildung der zahlreichen darin auf- 
gefundenen gegenstände in bronze, eisen und gold. — Heuzey, 
der heilige stein von Antipolis (Antibes), mit der inschrift: 


Philologus. XXXVI. bd. 2: 24 


370 Miscellen. 


Tionwy elui Jeüs Feganwy ceuvis ’ Apoodtms, 

roig dè xatacricacs Kungıs yapıy avudıdotn. 
Der verf. glaubt, dass dieser stein der anbetung gedient habe (nach 
Paus, VII, 22, 4), und sieht in dem wort Téerwy einen beinamen 
des Eros oder Amors. (Mit abbildung). | 


Bulletin de la société nationale des antiquaires de France. 
1874. De Witte, goldene schmucksachen aus Syrien; zwei runde 
plättchen, von denen eine Silenus, die andere den kämpfenden 
Bacchus darstellt, sowie ein armband mit der Fortuna und den 
sieben göttern der römischen wochentage, deren namen in griechi- 
scher form darunter gesetzt sind; aus dem ende des dritten jahr- 
hunderts der christlichen zeitrechnung, die plättchen jedoch aus äl- 
terer zeit. — Keller, pfahlbauten im see von Murten. — Fillon 
und Robert, bronzeplättchen mit inschriften; die erste viereckige 
giebt die worte 

VILICVS NAVIS 
VSLM 


eine zweite bringt nur wortreste ohne zusammenhang ; auf der 
dritten kreisförmigen liest man: 
CONTESSIO - L : FIL: VOL... 
.. VIR IVRIS DICVNDI 
Q.CASTRICIVS HERMES  CLIENS 


in der zweiten zeile ist zu verstehen II viro u.s. w. — À. Ber- 
trand, auszug aus einer abhandlung des verf. in rev. d’anthropo- 
logie de Paris, in welcher derselbe zu zeigen sucht, dass die Celten 
und die Gallier zwei verschiedene vólker gewesen sind, das eine 
im westen, das andere im osten Frankreichs, dass die Gallier die 
Celten besiegt und von den besiegten den druidismus angenommen 
haben; die eroberungszüge der Gallier sind nicht, wie Livius er- 
zühlt, von Gallien, sondern, wie Polybius angiebt, aus den tyroler 
und rhätischen Alpen ausgegangen u. s. w. — Joannon, beschrei- 
bung der im vorigen jahrgang erwähnten bronzegefüsse aus Cor- 
sica; sie sind wahrscheinlich etrurischen ursprungs und aus dem 
vierten oder dritten jahrhundert vor Chr. — Baudry, beschreibung 
einer hólzernen welle oder winde, welche aus einer der grab- 
stätten in Bernard (Vendée) ausgegraben worden ist (der römische 
name dafür ist tympanum oder machina); die grabstätten der Vendée 
aus der gallischen zeit sind tiefe brunnen, und man findet sie in 
den meisten kellern, welche man unter gallischen wohnungen an- 
getroffen hat (mit abbildung). — @Quicherat, inschrift aus Bourg 
(Ain: CATV. — Prost und Quicherat, über antike thonpfeifen, 
deren gebrauch unbekannt ist. — Prost, antikes gewicht von 
bronze. — De Witte, die vasen mit eulenköpfen Schliemann’s; 
nach dem verf. sind ganz ühnliche gefásse in Pommern (s. Berendt, 
die Pommerellischen gesichtsurnen, Künigsberg 1872) aufgefunden 














Miscellen, 371 


worden. — A. Bertrand, über graburnen aus Poggio-Renzo, bei 
Chiusi. — — V. Egger, corsische antiquitäten, darunter ein petschaft 
mit dem wort Kadovxégov (für KoAoxaígov) und eine karthagische 
münze, bisher das einzige archäologische zeugniss des verkehrs der 
Karthager mit Corsica — Morel, grabstätte eines mit seinem 
streitwagen beerdigten kriegers zn Somme-Bionne, bei Chalons sur 
Marne, mit aufzählung der im grabe gefundenen eisernen, bron- 
zenen und goldenen gegenstände, degen, scheide, dolch, ring; eine 
angeblich dort auch aufgefundene irdene schaale, schwarz mit ro- 
then figuren (discuswerfer), hält de Witte für griechisch und aus 
dem dritten jahrhundert vor unsrer zeitrechnung herstammend. — 
Villefosse, statuette Jupiters (oder einer gallischen gottheit, welche 
die attribute Jupiters und des Hercules verbindet), dessen rechte 
hand einen stab hält, während die linke sich auf ein rad mit sechs 
speichen stützt, gefunden in der nähe von Vervins; die basis trägt 
die worte 10M 
ET N AVG 

I(ovi) o(ptimo) m(azimo) et n(umini) Aug(usto). — Quicherat, 
zwei vasenboden mit den aufschriften. SEVVO- FEC: und SEVVO- 
V-t. — Zerninck, über die ausdehnung der stadt Arras in der 
Römerzeit. — Damour, reste eines kleinen tempels, im walde von 
Fontainebleau entdeckt. — Heuzey, über zwei heilige steine, 
deren einer von Caylus (rec. d’antig. VI, tafel 29, nr. 3) be- 
schrieben, der andere von Dumas aus Athen eingeschickt ist; dieser 
trägt die worte: BABAY IXYX HAMA DIOPIC. — Heu- 
zey, zwei glasgefässe aus Courcelles-Chaussy, jetzt im Louvre, mit 
den aufschriften: R: M T-V- | VIVAS | MARTI | DOMINE | und: 
O-N:A'S | LAE FIT | ET: LIVIL : | CONIVGI. Diese glasgefässe 
bestehen aus vier übereinander zusammengeschmolzenen massiven 
kugeln mit einem cylindrischen stil. — Heuzey, über zwei lan- 
zenspitzen und einen degen von eisen, aus der nähe von Athen, 
jetzt im Louvre. — Wescher, eine inschrift aus Rochemaure (Ar- 
dèche), von Allmer eingesandt, welche sich, mit griechischer über- 
setzung, auch in einem manuscript der pariser bibliothek befindet ; 
sie lautet | 


SATOR 0 Onelgwv 
AREPO 000700 
TENET XQUTEL 
OPERA Zoya 
ROTAS TQOYOUS. 


S. thes. ling. gr. s. v. ’Aoenog uud Suidas Sarde; der verf. er- 
klärt: der landmann beschäftigt den pflug, die arbeit (des pflügeus) 
die räder, und macht aufmerksam, dass in dieser nach zwei seiten 
gelesenen inschrift zugleich ein fehlerhafter iambischer trimeter 
beabsichtigt worden ist. — Castan, rundes römisches unzengewicht 
aus Besancon, mit dem zeichen des kreuzes, also aus der zeit nach 


24* 


872 Miscellen. 


Constantin herrührend. — Vimont, bronzeplatte vom Puy-de-Dôme 
mit der inschrift : | 

NVM . AVG 

ET DEO MERCVRIO 
DVMATI 
MATVTINIVS 
VICTORINVS 
D D 


also den namen der ortsgottheit des Puy-de-Dôme angebend, 


Revue archéologique. 1872. Nr. 1. Jan. De Saulcy, 
Numismatique des Macchabées, recherches sur l’origine du droit moné- 
taire de ces princes. Durch eine iu's einzelne gehende aufstellung 
der geschichtlichen thatsachen sucht der verf. zu beweisen, dass 
nicht von Simon Thasi seit 139, sondern erst nach 128 unter 
Johann Hyrcan die ersten Maccabäermünzen geprägt worden sind. 
Er verfolgt das münzwesen dieser fürsten bis zum tode des Ale- 
xander Jannaeus. — G. Perrot, eiue inschrift aus Ancyra: 


IT. IovAlo Zxdnàg, var àuodtdtiyutvg, 

nosofevtn xal üvuorQorjyQ Avtoxgatogos 

Toviavov “Adguavov ZePaotov nurpèç margldo, 

dQyieQécg peylorov, xoà Adroxqa] - 

togos Thov Aillou Kaloagos ° Avtovelvov, 

aydunaroı "Ayalag, fysuovi deys6vos 

Ó Zrxudixnc, orgatny@, Onpaoyo, tupuli]e 

éxagyslug Ba[suxîc, yssdoyw nAarv- 

num dey[sòvog] E 4dvp[ov] Evrvyovc 

KA .... pò 105 

Fr. Lenormant, denkschrift über die äthiopische epoche in der 
ägyptischen geschichte und über die thronbesteigung der XXVI. 
dynastie (forts. aus 1870, aug. und sept) — Ed. Guillaume, 
der tempel der Roma und des Augustus (forts. aus 1871. dec.). 
In diesem theil seines aufsatzes bespricht der verf. die technische 
ausführung des baus; in betreff der anlage desselben vergleicht er 
die einschlägigen vorschriften Vitruv’s und findet, dass in manchen 
dingen dieser und viele andre tempel denselben nicht entsprechen; 
namentlich wird festgestellt, dass die orientirung der tempel, nach 
welcher, zufolge Vitruv, die hauptfacade gegen westen gerichtet 
sein muss, in älterer zeit die entgegengesetzte war. — R. F. Le 
Men: die Osismii und die Veneti; feststellung der gränzen der 
aremorischen völkerschaften (mit dazu gehöriger karte). — Unter 
den nachrichten wird die auffindung einiger neuen gallischen ge- 
fässe mit gravirten inschriften vom mont Beuvray (Bibracte), wie 
sich deren schon einige im museum von St. Germain befinden, der 
fund eines römischen gefässes aus der besten zeit bei Rouen und 
eine neue erklärung der im tablinum des hauses der Livia gefun- 








Miscellen. 373 


denen bilder, (s. Phil. XXXIII, 384), nach welcher sie eine bei 
der toilette befindliche dame und frauen mit handarbeiten be- 
schüftigt darstellen, mitgetheilt. — Anzeige von Roessler, le 
tombeau de Mausole. 

Nr. 2. Febr. De Rougé, geographische texte des tempels 
von Edfou (s. 1870, juli). — Gast. Boissier, studie über einige 
römische leichenbestattungsgesellschaften, die cultores Deorum. Der 
verf. modificirt die von Mommsen darüber aufgestellte ansicht, in- 
dem er nachweist, dass die unter dem kaiserreich erscheinenden 
collegien der cultores Augusti, Iovis, Herculis u. s. w. ursprünglich 
allerdings religiöse zwecke verfolgten, zuletzt jedoch freilich nur 
eiue association bildeten, welche für die von zeit zu zeit bezahlten 
beiträge die bestattung ihrer mitglieder besorgte. — R. F. Le 
Men, die Osismii und die Veneti, forts. — A. Dumont, neue ent- 
deckungen in Salona. Der verf. beschreibt einen sarkophag mit 
sculpturen, welche Phaedra, Hippolyt und Theseus darstellen und 
theilt folgende noch nicht veröffentlichte inschriften mit: 

1. 
DEPT : EVTYCHIA 
NI: V: H-D- IN-IDVS 
IVN - ET. ARTEMI 
AE: CONIVG - SVAE 
HON: FEM: D: PRI 
KAL * MART : 


| 2. 
DEPOSITIOGAVDENTIAE 
SVB XIII KALMAIAS 


auf dem sargdeckel noch ARCATREPONTY///, wozu vielleicht das 
fragment ////ICOCIBERED///// gehört, und ein anderes ARCAE 
CLISIOM///. 
3. 
D. M. 
PVBLICIAE PAETINAE 
DOMOVRBI SALVIAE SANCT 
ISSIMAE CONIVGI ET INCoMPARA 
BILIFEMINAEVISIDIENVSMARCEI// 
LVSMARITVSRARIERGASEAD 
. FECTYS. 
Der name Marcellus in der fiinften, sechsten zeile ist nicht deut- 
lich, aber unzweifelhaft. 
4, 
HICINPACEIACETLEONTIVSEXOPTIONE 
OFFICIO MAGISTRI EQ: ET: PEDIVMQVEM 
TERRAEXTERADVXITQVIVIXITANNVSXL 


374 Miscellen. 


VITAM . ANTE ROMA// QVE SERVIVIT AN 
NVS XVI CONIVGI CAROIN QVE ARCASI 
QVIS CVMSVISTE ALTENAM ROMANAM 

DE DERIT CORP VS DE HECLESIAE PAENAM 
AV RI PONDO DVODE POSITVM INDIE 
VHIDVS IVNIAS 


Vieles bleibt unverständlich; das latein ist barbarisch. 


5. 
IVLMARTYRI VSETAV //PROCVLA 
PARENTESGE////TEFILIAEDVL 
CISSIMAE QVAE VIXIT ANNOS 
XV-M: VI: D: V- BENEMERENTI . 
POSVERVNT ET SIBI 


Endlich bruchstücke ‘eines sacellum mit der inschrift 


Q - AERONIO 

FIRMO : DF : 

ANN: XIII MES: ill 

Q: AERONIVS CRESCENS 
CAETRANIA: FIRMA: PARENS 
FILIO: PIENTISS: LIB: LIBQ: SVIS 


INVIDA: PARCARVM : SERIES : LIVORQVE : MALIGNVS 

BIS: SEPTENA : MEA: RVPER VNT : STAMINA: LVCIS 

PARCITE : IAM: LACHRIMIS : MISERI : SOLIQ: PARENTES 

SAT : FLETVS: VESTROS : PRIMA: FAVILLA : BIBIT 

CORP VS - HABET : CINERES: ANIMAM: SACER : ABSTV 
LIT: AER 


In der zweiten zeile der verse hat der steinmetz mea statt meae 
gesetzt. — Edm. Le Blant, christliche archäologie, nach de Rossi, — 
Unter den nachrichten wird die auffindung einer stele aus dem 
tempel des Herodes zu Jerusalem mit griechischer inschrift und der 
inhalt des XI. und XII. hefts des Bulletin de l'école française 
d’Athenes mitgetheilt. 

Nr. 3, März. E. Egger, über einen noch nicht verôffent- 
lichten griechischen papyrus, von Mariette aus Sakkarah geschickt, 
mit der schrift (deren facsimile gegeben wird): 


Avendo Aduuo tH xai Aoyadio creamy@ . . . . 

naga Apruswvré “Aopovtos "Auewvä (oder “Aupuwva) xai ... [oixo 

vonov. “Ermibnroëvrt cos tò xatavdoa tig yevoulévns exAnwenc 
ToU 

tig fipertoas xwunls ye] vyparog x... . [GxoAovO wg 

roig xedevodiozi (sic) Emdidoptv cos, y eldévas Eros. 


Es folgen grüsstentheils unsichre namen und ziffern. — Roller, 








Miscellen. 375 


neue nachgrabungen auf dem römischen forum; eine anzahl mauer- 
bogen der basilica Iulia sind blossgelegt (mit plan). — Fr. Le- 
normant, über einen becherboden aus capuanischer fabrik (mit ab- 
bildung). Dieser boden stellt einen gallischen krieger vor dem 
dreifuss des Apollo im tempel zu Delphi dar, und der verf, sieht 
in dieser darstellung einen indirecten beweis für die tradition, nach 
welcher die Gallier den delphischen tempel geplündert haben, — 
G. Perrot und E. Guillaume, die denkmäler der landschaft Pteria 
(Herod, I, 76) zu Boghaz-Keuî, Aladja und Euïuk, mit abbildungen 
und einer karte, auszug aus Exploration archéologique de la Ga- 
latie derselben verfasser. — Colonna-Ceccaldi, Leontopolis in Sy- 
rien; der verf. glaubt bei dem dorfe Antelias bei Beyrouth reste 
dieser von Plinius (Leontos oppidum, V, 17) und Strabo (XVI, 22) 
erwähnten stadt gefunden zu haben. — Bulliot, nachgrabungen in 
Bibracte (s. 1870 april). Ein grosser bazar und mehrere schmiede- 
werkstätten sind zum vorschein gekommen. — Unter den nach- 
richten findet sich die entdeckung eines gallo-rómischen palastes 
bei Nerac (Lot et Garonne), mit mosaiken, münzen, schmucksachen, 
einem abnehmbaren pferdehufbeschlag u. s. w. — Anzeige von 
Quicherat, Nonii Marcelli de compendiosa doctrina, collatis quin- 
que pervetustis codicibus nondum adhibitis u. s. w. durch G, Perrot, 
der diese neue kritische ausgabe höchlich rühmt und proben der 
verbesserungen des verfasser giebt, und von der berliner Ephemeris 
epigraphica; ferner von Vidal- Lablache, Herode Atticus und 
Commentatio de titulis funebribus Graecis in Asia minore; endlich 
von Nourrisson, De la liberté et du hasard, essai sur Alexandre 
d’Aphrodisias. 

Nr. 4. April. G. Perrot und E. Guillaume, die monumente 
der landschaft Pteria (fortsetzung). — Clermont - Ganneau, eine 
stele des tempels zu Jerusalem (s. o. febr.) mit abbildung. — Die 
inschrift lautet: Mndéva aMoyevij elonogeveodas Evrög ToU meoì 
10 fegoy tevpaxtov xai megifodov 06 d av Anp9r favi  alnog 
Foras dia 10. éEaxoloudstr Javaror. Statt revpaxtov müsste es 
devpaxiov heissen (s. Jos. Antiq. lud. XV, 11, 5, wo gerade 
diese inschrift erwähnt wird). — Bulliot, nachgrabuogen in Bi- 
bracte. Fortsetzung. Goldschmiede- und emaillir - werkstätten; es 
sind viel proben des gallischen emails vorgefunden worden. — 
C. de Ronchaud, der peplos der Athene Parthenos; studie über die 
teppichweberei im alterthum und über den gebrauch der teppiche 
in der architektur, besonders bei der ausschmiickung des Parthe- 
nons. In diesem ersten theil seiner abhandlung zeigt der verf., 
wie die orientalische teppichwirkerei sich nach und nach bis Grie- 
chenland und Rom ausgebreitet hat. — Colonna-Ceccaldi: noch 
nicht veröffentlichte stele aus Beyrouth. Zwei seiten derselben 
tragen inschriften, die eine Kgovov‘HAlov Bwuog, die andere Meg- 
xovero(s) UmiQ Qwingias vixns drédnxey avroxgatigui — De 


376 | Miscellen 


Saulcy, münzen, welche während des zweiten feldzuges Cäsars in 
Gallien von einem der führer der vereinigten belgischen armee aus- 
gegeben worden sind. Der verf. deutet die inschrift ABDA auf 
einer anzahl gallischer münzen auf den von Dio Cassius erwähnten 
belgischen anführer Adra. (Dio Cass XXXIX, 1). — Unter 
den nachrichten wird mitgetheilt, dass es dem eugländer Smith und 
dem franzosen Halevy gelungen ist, die cyprischen inschriften zu 
entziffern. — Anzeigen von Bouché-Leclercq, les Pontifes 
de l’ancienne Rome und Placita Graecorum de origine generis hu- 
mani, von Becq de Fouquières, Aspasie de Milet; endlich von Wil- 
lems, le droit public romain; der berichterstatter über das letzte 
buch, G. Perrot, bedauert, dass die Franzosen nicht, wie die Deut- 
schen, handbücher wie die von Hermann oder Schoemann über die 
griechischen staatsalterthümer, oder wie die von Lange oder Becker- 
Marquardt über die römischen alterthümer, oder doch wenigstens 
übersetzungen dieser werke besitzen; er räth den französischen 
gelehrten, um diese bücher benutzen zu können, deutsch zu lernen. 

Nr. 5. Mai. G. Perrot- E. Guillaume, die denkmäler der 
landschaft Pteria. Forts — Clermont-Ganneau, eine stele des 
tempels von Jerusalem, forts., nebst einem grundriss, welcher an- 
giebt, wo die säule gefunden worden ist. — A. Dumont, ein 
griechischer spiegel aus Korinth, aus zwei zusammenlegbaren kreisen 
bestebend, welcher auf der einen seite eine zeichnung in strich- 
manier zeigt, die den fabelhaften heros Korinthos von Leukas be- 
kränzt darstellt. Der verf. findet dadurch die Gerhardsche ver- 
muthung bestätigt, dass die Etrusker diese ihnen übliche manier 
der spiegelverzierung den Griechen entlehnt haben. — E. Miller, 
byzantinische inschrift aus Kleinarmenien ; der verf. liest: Tig za- 
TURN ovolas üvapye oye, gaze an 10 00 dovdo "Iwan (1i 
cd dovio "Iwávvg) Bacslux@ orgatwgs xoi dewryueno Kwhornas 
(deovyyagty Kwiovetac) Drungarius ist so viel wie militàrtribun; 
avagge Adye „ewiger sohn“ für die zweite person der dreieinig- 
keit. — L. de Ronchaud, der peplos der Athene Parthenos. Die- 
ser theil der abhandlung bespricht die anwendung der teppiche in 
den antiken bauwerken ; der verf, weist aus Prop. Il, 34, 11—12 
nach, dass der porticus des Pompejus in Rom mit gestickten vor- 
hängen versehen war und vermuthet ein gleiches von dem porticus, 
der nach Pausan. 1, 2 in Athen vom stadtthor bis zum Ceramicus 
führte. Zuletzt zeigt er, dass der purpur nur eine art zu farben, 


aber keine bestimmte farbe war. — Bulliot, nachgrabungen in 
Bibracte; aufzählung der gefundenen email-gegenstände und che- 
mische analyse des gallischen emails. — Unter den nachrichten 


giebt R. W. Lang einige nachträge zu der auffindung zweier 
tempel in Golgos (Phil. XXXIII, 744); es wird der fund einer 
bronzelampe aus Marseille und weiteres über den fortgang der aus- 
grabungen auf dem forum und dem Palatin mitgetheilt — An- 








. Miscellen. 377 
zeigen von fräul. Clarisse Bader, la femme grecque, einem buche, 
welches G. Perrot sehr rühmt, und von Bonnetty, Documents hi- 
sioriques sur la religion des Romains, welches wegen der reich- 
haltigkeit der materialien empfohlen wird. 

Nr. 6. Juni G. Perro - E. Guillaume, die denkmäler der 
landschaft Pteria, forts. — E. Miller, griechische inschrift im 
museum der archüologischen gesellschaft zu Athen. Der verf. re- 
stituirt sie folgendermassen : 

"Alors [piv oradlosc ue xaté]oreËer “EMag a[esorov] 

“Aqua vixncavta A[sös] Mecaioy dydva* 

[’- Aijafolze 0’ iv Newey, Ilv3oi [re xoi Eoxlov Èv Tod pe 

[Ed=]6x%ov velxnc ada, [péleor z[e nla zen 

['Ef]rxor9 [teq] a» uv E[A]afoy Ore vt 

[Ev] smAelotoss fegoig olg [Fé]ua xeiro novo». 
uu sol die Feuazizoè aywves bezeichnen. Diese verse sind die 
ersten, in welchen auf drei hexameter drei pentameter folgen. — 
Quicherat, verbesserung lateinischer texte; der verf. schreibt Plaut. 
Asin. I, 1, 50 obsequentiam (statt obsequelam) und setzt dies wort, 
dadurch zugleich dem metrum aufhelfend, überall in den schrift- 
stellern der klassischen zeit (bei Nonius p. 215) ein, wo es durch 
das in einer spüteren zeit üblich gewordene obsequela verdrängt 
worden war; in Lucilius (bei Nonius p. 129 Mercier) corrigirt er 
Homo impuratus et est impune rapister. Diese beiden von ihm 
hier behandelten stellen kónnen zugleich als probe für die von ihm 
veranstaltete ausgabe des Nonius (s. o. märz) gelten. — J. Gi- 
rard, über die echtheit der dem Lysias zugeschriebenen leichenrede. 
Der verf. sucht die authenticität zu zeigen und wendet sich dabei 
gegen Hölscher, der zuletzt dieselbe bestritten hatte; weder die 
sprache, noch der angebliche mangel an geschmack, noch, die, viel- 
leicht absichtlichen , ungenauigkeiten scheinen ihm hinreichend, um 
die rede dem Lysias abzusprechen. — L. de Ronchaud, der peplos 
der Athene Parthenos, forts. In diesem abschnitt handelt der verf. 
von den Zelten. — Unter den nachrichten wird eine liste der 
von Clermont- Ganneau in Palüstina aufgefundenen und noch nicht 
veróffentlichten inschriften gegeben; es sind 12 hebräische (oder 
jüdisch-griechische) 7 hieroglyphische, phônicische, aramäische u.s. w. 
8 lateinische, 56 griechische; es wird die auffindung eines bron- 
zenen ebers bei Cahors, eines gallischen oppidum mit einer mauer 
von stein und balken (Caes. bei Gall. Vli, 23) bei Luzech (Lot), 
welches bekanntlich Goeler für Uxellodunwm ansah, römischer mün- 
zen und samischer vasen in der Victoria-hóhle (Yorkshire) mitge- 
theilt; es ist dieser nummer eine abbildung des oben, mai, be- 
schriebenen griechischen spiegels beigegeben. — Anzeigen von 
E. Havet, le Christianisme et ses origines, in welchem buch der 
verf. nachzuweisen sucht, was das christenthum aus den alten ent- 
lehnt hat, und von Higward, le mythe d'Jo, der in eklektischer 


378 Miscellen. 


weise die historische, die symbolische und die neuere etymologische 
(vergleichende) schule der mythologie zu verbinden sucht. 


Nr. 7. Juli. A. Dumont, altgriechische bronzestatuette zu 
Gourizi in Albanien, nicht weit von Skutari gefunden; die tracht 
ist auffallender weise derjenigen der albanerinnen ähnlich (mit ab- 
bildung). — F. Girard, über die echtheit der leichenrede des Ly- 
sias, forts. Der verf. prüft in dieser abtheilung die zeugnisse. — 
G. Perrot- E. Guillaume, die denkmäler der landschaft Pteria, 
forts. Das einzige, was zu Euiuk von spuren aus der graeco- 
römischen epoche gefunden worden ist, ist die inschrift im heerd- 
raum eines hauses: Aoxinmadng 17 Idle yuvouxi uviune zdess 
(für ydgw) dv£9qxa. — Rayet, noch nicht veröffentlichte oder 
schlecht bekannt gemachte inschriften aus Samos (Tigani) 


1. 
‘O duoc Tiftovor Kiavdi[ov Nélowra dis vnarov, dic aë]ro- 
x]oaroga, dnuaoyuxñc 2Eovolllas 1d néurror, tov evegyérny. 


2 
M. Ave. Tanövor [Z]wliou, roy 2x nooyorwy Assrovgy cy xai 
giAóreuuov vewnoroy xai Evdokov [ü]ywvoSérmr tay ueyá- 
Awy osBactuy ['H]oalwy, maréga xa[é oJuvyeri màssorwv [Àles- 
toveywy xai aoly?|sxwy M. Ave. [Zluoimog, 6 ö etonva[oy]os, 
tov yluxvtatoy adelgòv xaO? à vnóoyero. 


3. 
Zogamidı, “loss, ‘Ectiata Osoygnorov coy». 


4, 
"Aya cnm &s[?] Onpsoveydiv Mago[v]Aov xai Mvqowifioózov, 
Edobe Th Bou; xoi 1 Anup’ Duxvio[s] sinev’ bnèo wv 
ö begeüg TG "Ioioc 89«ro znv Ixerngiav &v 77 Bovin xoi 
éyywodn Èvvopos elvan, Ev LJ . xadou xai m QOTEQOY 
. QE, deddy Fas E fovit xai 16 diuw tov Isola zig 
"Imo[c] . e. TH dem .. 


Die fünfte ist nicht herstellbar. — D’Arbois de Jubainville, Les 
Cimbres et les Kymri. Der verf. widerlegt die von Am. Thierry 
aufgestellte und von H. Martin in Etudes d’archéologie celtique 
wieder aufgenommene meinung, dass die Cimbern und Kymren ein 
und dasselbe volk gewesen sind, eine meinung, welche, wie er 
sagt, in Frankreich fast allgemein geglaubt wird und in Deutsch- 
land fast keine anhänger hat. —  Bulliot, nachgrabungen in 
Bibracte, forts. Goldschmiedewerkstätten und die darin gefundenen 
reste von schmucksachen, geschnittenen steinen und die dabei ge- 
brauchten werkzeuge, nebst bemerkungen über die ceramik der 
Gallier. 

Nr. 8. August. Th. Roller, Suint-Clément de Rome. Unter 














Miscellen. 379 


der kirche dieses namens hat man nicht nur die fundamente einer 
älteren basilica, sondern in noch grösserer tiefe ein Mithraeum auf- 
gefunden, welches, wie die dem cultus des Mithras geweihten 
örter ein unterirdisches gewölbe hat sein müssen, und welches, wie 
man aus Hieronymus schliesst, vor 392 n. Chr. der älteren christ- 
lichen kirche nach seiner verschüttung als grundlage gedient hat. 
Ein altar und die von den knieen an aus dem stein, der ihr als 
basis dient, hervorgehende statue des Mithras (sinnbild des aus dem 
stein springenden feuers) sind hier, allerdings zerbrochen, aufge- 
funden worden; mit abbildungen und plünen, — JL. de Ronchaud, 
der peplos der Athene Parthenos, forts. Der verf. weist in diesem 
schluss seiner abhandlung nach, dass Euripides im lon 1132—1165, 
obgleich von einem tempel in Delphi sprechend, in der that das 
Parthenon beschreibt und folgert aus dieser annahme die aus- 
schmiickung dieses tempels mit draperien. Der von den errephoren 
alle vier jahr gestickte und der Athene dargebrachte peplus war 
jedoch nicht für die von Phidias gebildete statue der göttin in die- 
sem tempel, sondern für das im heiligthum des Posejdon aufbe- 
wahrte und angeblich vom himmel gefallene bildwerk derselben 
bestimmt. Der peplos der Athene Parthenos dagegen, so endigt 
der verf., waren die draperien, welche, den inneren porticus des 
Phidiasschen tempels auf drei seiten umgebend, das bild der göttin 
gleichsam einhüllten. — Fel. Robiou, die recrutirung des general- 
stabs und der mannschaften auf den rümischen flotten in der zeit 
der republik. Der verf. weist das vorhandensein von kriegs- 
schiffen sogleich nach vertreibung der könige (Pol. HI, 22. 23) 
nach; eine eigentliche seemacht kann jedoch erst von dem ersten 
punischen kriege datirt werden; die bemannung bestand anfangs 
aus römischen bürgern, die, weil an die see nicht gewöhnt, sich, 
wie Polybius ausdrücklich hervorhebt, ungeschickt zeigten; erst 
vom zweiten punischen kriege an nahm man die matrosen von den 
socii navales (Ostia, Antium, Minturnae, Sena Gallica etc. Liv. 
XXVII, 38, XXI, 49 etc.); zu blossen ruderern nahm man, we- 
nigstens zur zeit des krieges gegen Perseus, freigelassene (Liv. 
XL, 18); von beiden unterschieden sind die classici milites (Liv. 
XXI, 61), marinesoldaten; an der spitze des schiffes steht der 
praefectus navis und unter ihm der magister, obersteuermann, und 
der gubernator, untersteuermann; die ganze flotte befehligt ein 
praefectus classis oder ein magistrat, prätor u. s. w. Nach der 
zerstörung Carthago’s hielten die Römer die unterhaltung einer 
flotte nicht mehr für nöthig; selbst als Pompejus den krieg gegen 
die seeräuber führte, bediente er sich der contingente der Cyprier, 
der Phönicier, der Rhodier und Pamphyliens; auch im bürgerkriege 
bestand Pompejus flotte zum theil aus asiatischen schiffen (Caes. b. 
civ. IH, 7). Sext. Pompejus verdankte die überlegenheit seiner 
seemacht den spanischen und afrikanischen matrosen ;. an .der spitze 


380 ' Miscellen. 


seiner flotte standen freigelassene Menas, Menecrates, Demochares, 
Apollophanes; um ihn zu besiegen, gründete Octavian durch Agrippa 
die flotte des lacus Lucrinus und sie trug auch in der schlacht 
bei Actium den sieg davon, — 0. Rayet, agonische inschrift aus 
Halicarnassus: 

['O opos êtelunoey ?] 

"Axovropérny “TegoxA£ovg 
yırdayıa 

Oeogyavın Ta id Xlw naidag diavàdov 

*Aoxhameia ta dy Emdavgws naldag d(avÀov 

Auysooaa xai Ponata ta udtueva vno Qownlwy naidas 

dlavdov, “Hoaîa ta dv Moyses nuidac dolo, 

‘Pwuaîa rà iy Keloxvglos maîdas dlavioy, 

Néusa noidag Inniov, Mavadıvara 10 iy Adyvaıs 

maidas döAsyor 
xai Inmov, "IcFusa ard gag tnnvov, Hooia ra dv 
” Aoyei avdoas 

amor, av qua ta è v IMotalosg üvdgag Innos, 

‘Pupaîo rà ev Xadxlds avd ga amor, ’ Auquagda xai 

.Popaia T nJtueva und “LQewrluv avdoag Iuno», 

"Aoxkanseu ta iy Kö avd ous Vrmov. 
Neu sind die Asklepischen spiele in Kos und die Amphiaraischen 
und Rómischen in Oropus. — Nachricht von der auffindung von 
aschenurnen , thrünenurnen, leichenlampen, eisernen und bronzenen 
glöckchen bei Regensburg. — Anzeigen von Hittorf, Recueil 
des monuments de Ségeste et de Sélinonte, von Fr. Lenormant, 
Essai de commentaire des fragments cosmogoniques de Bérose, von 
Courdaveaux, Eschyle, Xénophon et Virgile, von Fr. Lenor- 
mant, Essai sur la propagation de Valphabet phénicien dans l’an- 
cien monde, 

Nr. 9. Sept. Th. Roller, Saint-Clément de Rome, forts., 
über die ursprüngliche basilica. — él. Robiou, die recrutirung 
des generalstabs und der mannschaften auf den römischen flotten 
des kaiserreichs, forts. Unter dem kaiserreich wurde der ober- 
befehl über die hauptflotten meist freigelassenen gegeben, an der 
spitze der nebenflotten stehen, nach den inschriften zu schliessen, 
Römer ; der befehlshaber einer nebenflotte steht im range über dem 
legionstribunen und über dem unterpräfecten einer pratorianischen 
flotte; zu trierarchen wurden verdiente matrosen gemacht, die 
nachher zu einem höheren range nicht aufsteigen konnten. Unter 
den subalternofficieren werden der navarch und unter ihm der gu- 
bernator, der proreta und unter ihm der naophylax, so wie der 
armorum cusios genannt. Ueber die aushebung der matrosen ist 
etwas sicheres nisht auszumachen; ihr dienst dauerte bisweilen über 
dreissig jahre. — A. Dumont, Rhodische stempel in Etrurien ge- 
funden, z. b. ’Auuvsas, “Innoxgarsvg x, — D’Arbois de 











Miscellen. 881 


Jubainville: Alpes Penninue, Graiae, Cottiae. Der verf. hat 
nichts gegen die ableitung des namens Penninae von dem Celti- 
schen penn- kopf, gipfel, welche Raverat in der rev. savoisienne 
giebt; dagegen weist er nach, dass die andern ableitungen des- 
selben gelehrten Graiae von graig (vielmehr craig) felsen, und Cot- 
tiae von cot (vielmehr coit) holz, wald unannehmbar sind; das 
letztere leitet der verf. von dem namen des königs Cottius, dem 
coth, alt, zu grunde liegen mag, ab. — Ch. Lenormant (aus des- 
sen nachlass von Fr. Lenormant mitgetheilt), über ein bruchstück 
eines vas Murrhinum. Der verfasser glaubt in einem von de 
Saulcy aus Palästina mitgebrachten gefässstück die murrha ent- 
deckt zu haben; danach würde dieser stoff ein zwischen dem Chal- 
cedon und dem Hyalit stehender Quarz sein. — Schuermans, ein 
etruskisches grab in Belgien. Die in Eygenbilzen nördlich von 
Tongern aufgefundenen gegenstünde, ein geprügtes goldenes stirn- 
band, ein cylindrischer eimer mit zwei henkeln, eine oenochoë mit 
schiffsschnabelfürmiger schnauze u. s. w. sind unzweifelhaft etrus- 
kischen ursprungs und aus dem dritten oder vierten jahrhundert 
vor unsrer zeitrechnung; nach den funden etruskischer gegenstünde 
nimmt er handelswege dieses volks über die Alpen (Grimsel), den 
Rhein abwärts, und in nördlicher richtung nach Hanover und in 
die Bernsteinlinder an. — Bulliot, nachgrabungen in Bibracte, 
schluss. Es sind im ganzen 35 hütten oder werkstätten aufge- 
funden. — Unter den nachrichten wird eine liste der von A. Du- 
mont auf seiner forschungsreise durch Griechenland aufgefundenen 
vasen, bronze- und marmorgegenstünden u.s. w. und weiteres über 
die ausgrabungen in Luzech (s. o. Juni) mitgetheilt. — Anzeigen 
von Chassang, Nouveau dictionnaire grec-français und Nouvelle 
grammaire grecque d’après les principes de la grammaire comparée 
und von E. Tournier, Bibliothèque de l'Ecole des hautes études, 
sciences philologiques et historiques, fasc. I, conjecturen zu Apol- 
lonius Rhodius, Aristophanes, Athenaeus, Demosthenes u. s. w. ent- 
haltend. 

Nr. 10. Oct. G. Perrot - E. Guillaume, Amasia, mit abbil- 
dungen und plänen. Die verf. sind überzeugt, die von Strabo er- 
wähnten königsgräber aufgefunden zu haben. — Colonna-Ceccaldi, 
entdeckungen in Cypern (s. 1871. Dec. Phil. XXXIII, 744). 
der verf. giebt Lang (s. mai 1872) recht, dass in Golgos zwei 
tempel vorhanden gewesen sind; die figuren des älteren tempels 
stammen aus der zeit des assyrischen und ägyptischen, auch graeco- 
persischen einflusses; der neuere tempel ist, wie man aus den resten 
der bildwerke schliessen muss, nach Cimons expedition (450) ge- 
baut. — A. Dumont, massgefäss (ofxwua) aus Panidon in Thra- 
cien, mit abbildung und der aufschrift [2zi Gyog]arduov Pasvin- 
zov. Dies gefäss beweist, dass die griechischen colonien in 
Thracien die attischen masse angenommen hatten, — Unter den 


382 Miscellen. 


nachrichten wird eine liste der in Ecole des beaux-arts aufgeho- 
benen restitutionen alter bauwerke und denkmäler, wie columna 
Traiana, templum Martis, Vestae etc, 63 nummern in 976 zeich- 
nungen, mitgetheilt. — Anzeige von G. Perrot-E. Guillaume, 
Exploration archéologique de la Galatie, mit inhaltsangabe; in die- 
sem werk befinden sich die entdeckungen, welche in Ancyra ge- 
macht worden sind, und die abschnitte über die denkmäler der 
landschaft Pteria und über Amasia, von welchen die rev. arch. 
(märz — oct. 1872) auszüge gebracht hat; ferner anzeige von A. 
Dumont, la population de l’Attique, d’après les inscriptions ré- 
cemment découvertes. 

- Nr. 11. Nov. Guérin, entdeckung des grabes der Macca- 
baer in Khirbet-el-Medich, ehemals Modin, mit abbildungen. — 
Roller, Saint-Clément de Rome, forts.; die malereien der ersten 
basilika. — A. Dumont, Choenix des attischen systems (s. rev. 
arch. 1868) mit abbildung; die rundschrift ist 4H(M)OZ(IO)N. 
Der verf. giebt eine ausführliche vergleichung der masse von Gy- 
thium und von Attica. — Colonna-Ceccaldi, die patera von Idalia 
(Dali), mit abbildung; in der auf einem thron sitzenden figur glaubt 
der verf. Isis zu sehen. — Flouest, der tumulus des waldes von 
Laugres u. s. w.; es sind dort waffen und gerüthschaften aus der 
gallischen zeit gefunden worden. — L. Renier, römische inschrift 
aus Entrains (Interanum, Nievre) 


AVG-SACR-DEO 
BORVONI ET CANDI 
DO AERARI SVB CV 
RA LEONIS ET MAR 
CIANI EX VOTO R 
AERARI DONA 


Diese Aerarii sind bergleute unter der leitung des Leo und des 
Marcianus; von dem gott Borvo haben Bourbon-l’Archambault und 
Bourbon-les-Bains den namen; der gott Candidus erscheint hier zum 
ersten male. — Unter den nachrichten wird kenntniss gegeben 
von der auffindung antiker mosaiken in den umgebungen Roms, 
einer antiken statuette der Minerva bei Vienne (Isère), einer in- 
schrift von Vindonissa über die wiedererbauung des Jupitertempels 
in dieser römischen station, römischer gräber mit vasen bei Neu- 
ville-le-Pollet, unfern Dieppe, serbischer volksgesünge, welche grie- 
chische mythen erzühlen, neuer archäologischer denkmäler in Jeru- 
salem, zweier sarkophagen in Rom und einiger glasgefüsse auf 
dem Viminal. 

Nr. 12. Dec. Auffindung bronzener degen in Alies (Cantal) 
und beschreibung derselben (mit abbildung). — A. Dumont, Athe- 
nische stele, eine leichenbeisetzung darstellend, mit abbildung (s. 
Benndorf, griechisshe und sicilische vasenbilder, p. 7). Der verf. 








Miscellen. 383 


schliesst : „eine berühmte schule, welche sich an Winckelmann und 
an Göthe (soll wohl heissen Lessing) knüpfte, hat behauptet, dass 
die Griechen den tod nur unter symbolen darstellten. Diese mei- 
nung, welche lange zeit überwog, hat die erklärung einer menge 
von marmordenkmälern unmöglich gemacht, deren sinn jedoch sehr 
einfach ist. Die werke über antike bildwerke und besonders die 
populären bücher, in denen man die durch die gelehrsamkeit er- 
worbenen einsichten zur kenntniss aller zu bringen sucht, sind 
überhäuft mit grundsätzen, welche gerechtfertigt erschienen, als sie 
in die wissenschaft eingereiht wurden, aber welche die (später be- 
kannt gewordenen) thatsachen widerlegen. Die rolle der gelehrten 
wird noch lange zeit darin bestehen, die darstellungen zu beschrei- 
ben und zu classificiren, ohne dass es leicht sein wird, zu allge- 
meinen schlüssen darüber zu kommen, welche scenen der griechische 
künstlergeist vermied*. Hätte der verf. Lessing selbst gelesen, 
und nicht entstellungen seiner theorie, so würde er sich diese be- 
merkung erspart haben. Aber es geht ihm, wie der mehrzahl der 
alterthumsforscher. Lessing hat nie geleugnet, dass die alten con- 
crete darstellungen von leichen oder skeletten gegeben haben; er 
behauptet nur, dass das abstractum „der tod“ von ihnen als geuius 
mit umgekehrter fackel dargestellt worden ist. — Van der 
Haeghen, griechische inschriften des tempels von Philae (von Le- 
tronne 1832 veröffentlicht). In der zweiten zeile liest der ver- 
fasser, statt ueruoy7 xtıoauevog bei Letronne, wetacynuatoumevos. 
Die zweite (christliche) inschrift giebt er so: T xai rovro . (10?) 
Gyatdv Foyov éyévero imi tov cowwtdtov mateds uv envoxdnov 
ana Osodugov 6 Osdc avrov dsagudaky Ent unxorov yoovov. — 
Flouest, die aufgrabungen in dem Magny-Lambert. In den durch- 
suchten grabstätten sind armbänder von bronze, ein halbrundes 
rasiermesser von demselben metall u. s. w. gefunden worden; am 
wichtigsten jedoch sind die gegenstände etruskischen ursprungs, 
welche im Monceau-Laurent entdeckt worden sind, ein degen, ein 
cylindrischer eimer, zwei schalen, ganz ähnlich denen, welche in 
Marzobotto im Bolognesischen neuerdings zum vorschein gekommen 
sind (s. o. sept.) — Ern. Desjardins, die römische colonie Ba- 
nasa (Plin. V zu anfang) und geographische erforschung der Mau- 
retania Tingitana (mit karte). Aus einer inschrift, welche auf 
dem linken ufer des Oued S’bou (Subur der alten) gefunden wor- 
den ist, deren facsimile gegeben wird, und welche in folgender 
weise restituirt worden ist [Imp. Caesari M. Aurelio Commodo 
Augusto Germanico Sarmlatico, ponti(fici Malximo, tribuni[ciae 
pote]statis p(atri) p(atriae) co(n)s(uli) [Cur]antibus C. Castric| io...]iio, 
secundum; et Q. Iunio Ga[...] duumvi[r]is col(oniae) [A]eliae Ba- 
nasae, Koco) dato) d(ecreto) d(ecurionum) geht die lage der stadt 
hervor. — Leon Heuzey, Heraclea der provinz Lyncos (d. h. der 
Lyncesten, s. Thuc. IV, 83) und die landschaft der Pelagonier. 


384 | Miscellen. 


Der verf. ‚giebt zuerst folgende inschriften: I. * Agßsavov (oder 
> AoßeAlsavov) Sexovydov reung Evexev ob Smoyeyouupévos plAoı, 
folgen 48 namen; und C. Iulius Bassus C. f. Maec(ia) Pelago(nia) 
mis(sus) veteranus) ex leg(ione) VIII Aug(usta) mil(itavit) ann(os) 
XXV vixit ann(os) LXXV.  H[e]r(e)d(es) f(ecerunt) C. Iulius Cae- 
nialis et C. Iulius Olumpius et C. Iulius Felix ex t(estamento) 
a(d) m(onumentum) den(arios) LX. Sodann untersucht er die 
wohnsitze der Pelagonier, der Lyncesten und der Deuriopen, welche 
sich in das mittlere thal des Erigon theilten. — Léon Renier 
theilt mit, dass in Néris-les-Bains ziegel gefunden worden sind mit 
dem stempel Leg. VIII. Aug. oder Leg. VIII. Aug. C. App(io) 
Leg(ato). — Unter den nachrichten befindet sich ein bericht über 
die auffindung einer schönen mosaik zwischen Viminal und Es- 
quilin, so wie die entdeckung von zwölf gallischen äxten von 
bronze in Ornaisons bei Narbonne. 

Revue critique d'histoire et de littérature, 1874. Nr. 11: Camp- 
bell, Sophocles, with english notes and introductions, Vol. I. (Oed. 
Tyr., Oed. Col., Antig.) und Three plays of Sophocles (Antig., El., 
Deianira) translated into english verse, anzeige von 'lournier, wel- 
chem der verf., der den Laurentianus A und für Oed. Col. den 
Paris. A neu verglichen bat, in seinem absichtlichen „conserva- 
tismas nicht consequent erscheint. — Nr. 15: Schon Bruun, 
Graesk Formlaere, Christiana 1873, kurze anzeige des nach der 
vergleichenden sprachlehre entworfenen buchs von M. B(réal) — 
Nr. 18: Ussing, Kong Aitalos Stoa i Athen (avec un résumé 
en français), inhaltsangabe von Vidal-Lablache. — Nr. 19: Mei- 
ster, Daretis Phryg de excidio "Troiae historia, und Koerting, 
Dictys und Dares, besprochen von G. P(errot) [s. Philol. Anz. VI, 
5, p. 240]. — Nr. 20: Hartel, homerische studien, beiträge zur 
homerischen prosodie und metrik. Inhaltsangabe des buchs, in 
welchem der verf. zu zeigen sucht, dass die ursache der verlün- 
gerung eines kurzen vocals vor A, u, », @, p, © darin liegt, dass 
diese consonanten zu ihrer aussprache mehr zeit erforderten als die 
übrigen, durch Nicole [s. Phil. Anz. VII, 2, p. 73]. — Mél- 
lenhoff, Taciti Germania; empfoblen, aber nicht in allen les- 
arten gebilligt von Gantrell. — Nr. 22: Jolly, geschichte des 
infinitivs im indogermanischen. Inhaltsangabe von Bergaigne. — 
Curtius, grundzüge der griechischen etymologie, mit einwendungen 
gegen die ansichten des verf. über die phonetischen gesetze von 
N B(réal) [s. Phil, Anz. VI, 1, p. 3]. — Nr. 23: Choisy, 

’art de batir chez les Romaine , dessen dritten abschnitt de colle- 
glia opificum der verf. mit einigen zusätzen bespricht. — Nr. 24: 
Wescher, Dionysii Byzantii de Bospori navigatione quae supersunt. 
Paris 1874, mit kritischen bemerkungen angezeigt von Tournier. — 














l. ABHANDLUNGEN. 


XV. 
Kleon und Aristophanes’ Babylonier. 


Wenn die vielfach behandelte frage, zu welchen maassregeln 
sich Kleon durch die Babylonier des Aristophanes veranlasst sah, 
hier aufs neue einer besprechung unterzogen wird, so ist der ver- 
such, für eine der bisher aufgestellten ansichten einen festen grund 
zu gewinnen, durch die bedeutende divergenz, die sich noch in 
neueren schriften über diesen vorgang findet, wohl gerechtfertigt. 
So nehmen, um von früheren vertretern dieser entgegengesetzten 
auffassungen abzusehen, Ranke, Vit. Arist. p. XIX Meinek., E.Pe- 
tersen, Fleck. jahrb. LX X XV, p. 655, Droysen, übers. p. 5, T'euffel 
in Pauly's R. E., Arist., p. 1618, Müller-Strübiug, Arist. und die histor. 
kritik, p. 607, an, Kallistratos sei von Kleon angegriffen worden, 
A. Müller, Arist. Ach. p. XIII, hält es nach dem vorgange Bergk's, 
Fr. com. gr. ed. Mein. Il, 2, p. 932, ebenso gut für müglieh, dass 
Aristophanes angeklagt, als auch dass Kallistratos zwar vor gericht 
gezogen wurde, Aristophanes aber für ibn eintrat (ühnlich auch 
Bernhardy, Gr. lit. gesch. II, 2, p. 626). Dagegen behaupten W. 
Ribbeek in seiner ausgabe der Acharner, p.216, und W. Dindorf in 
der neuesten ausgabe der Poetae scenici, prol. p. 27, mit aller ent- 
schiedenheit, dass nur Aristophanes selbst von Kleon angegriffen 
werden kounte. 

Ferner lässt von den beiden maassregeln Kleons, die das Rav. 
scholion zu Ach. 378 mit den Babyloniern in verbindung bringt 

Philologus. XXXVI. bd. 3. 25 


386 Aristophanes. 


(6 Kiéwr éygapuro avıov Adıxlag slg rovg nodlrag — xai Etrfag 
dì avıov Zyoamyaro xol elg aywva èvéBalev), Bernhardy nur die 
letztere bestehen, indem er die rache Kleons hinter „der sykophan- 
tischen ygagi] Eevfac versteckt sein lässt, während Müller -Strü- 
bing, und, wie es scheint, auch Droysen, p. 7, gerade diese klage 
für eine nur vorgebliche halten. Ebenso Ranke, p. XXIV, E. Pe- 
tersen, p. 656, und Teuffel, wenigstens was diese klage als folge 
der Babylonier betrifft, wührend sie dieselbe als eine folge der 
Ritter des Aristophanes gelten lassen. 

Diesen verschiedenen ansichten gegenüber vereinzelt steht die 
von 0. Müller, Gesch. d. gr. lit. II, p. 219, und Kock, de Philon. 
et Call, progr. Guben 1855, vertretene da, nach welcher Kleon 
durch die Babylonier veranlasst wurde, beide münner, Kallistratos 
und Aristophanes anzugreifen, und zwar durch zwei von einander 
unabhüngige maassregeln, Kallistratos durch die direct auf diesem 
stücke fussende klage, Aristophanes durch die also ebenfalls in 
diese zeit!) fallende ygag) Esr(ag *). 

Den bis jetzt noch zu vermissenden beweis der richtigkeit 
dieser ansicht zu führen, und zwar aus einer eingehenderen be- 
trachtung der verse 652—054 der Acharner-parabase, ist die nächste 
aufgabe der hier folgenden abhandlung. An die erklärung dieser 
verse schliesst sich mit nothwendigkeit eine darlegung der ihr zu 
grunde liegenden auffassung des verhültnisses an, in welchem Ari- 
stophanes und Kallistratos zu den Babyloniern und Acharnern, zu 
einander und zu dem publicum standen. Ein dritter abschnitt be- 
handelt die formale seite der auf grund der Babylonier gegen 
Kallistratos eingebrachten klage. 


I. 


Die verse der Acharner - parabase 652 — 54: 


1) Bei Kock, der übrigens zwar Kallistratos wegen der auffüh- 
rung angeklagt werden, aber von Aristophanes vor gericht unter- 
stützt werden lässt, findet sich die unbedeutende abweichung, dass 
die yeagy £svias, die allerdings schon nach den Babyloniern drohte, 
erst nach den Acharnern erfolgte (p. 26). 

2) Bei O. Müller findet sich keine weitere begründung; Kock 

ht von der annahme aus, die mit der dort entwickelten auffassung 
der bedeutung des didaskalos zusammenhängt, dass der zomms der 
Acharner- parabase von dem diddoxalog derselben verschieden sein 
müsse, a also Ach. v. 652 ff. nicht auf denselben gehen könuten 
wie v. 681. 32. | 








Aristophanes. 387 


dia 1009 budc Aaxsdaruovior wy elojvny mooxadovrras 

xai thy Alyway anasovow* xai tig vioov pèv Exelung 

où poortibouo”, AM Iva tovrov tor nomımv dpédwrras 
sind noch nicht genügend erklärt worden. Die erwühnung, dass 
die Lakedaemonier die insel Aegina von den Athenern verlangten, 
hat an sich freilich keine schwierigkeit; denn wenn diese forde- 
rung auch nicht erst zur zeit der aufführung der Acharner gestellt 
worden war, so war sie doch wenige jahre vorher?) erhoben und 
seitdem nie zurückgezogen worden. Inwiefern aber mit der her- 
ausgabe dieser insel für die Athener zugleich der verlust des dich- 
ters verbunden gewesen wäre, ist nicht klar, und ebenso wenig, 
wie dieser dazu kommt, in einem im januar 425 aufgeführten 
stücke im entschiedensten gegensatz gegen die wirklichkeit von 
friedensanerbietungen der Lakedaemonier zu sprechen, 

Was das erstere betrifft, so ist die auf das (im Rav. fehlende) 
scholion zu Ach, 654 und auf schol. Plat. apol. p. 19 C zurück- 
gehende erklärung, dass Aristophanes oder Kallistratos kleruche 
auf Aegina gewesen, und dass desshalb mit der von den Lakedae- 
moniern geforderten herausgabe dieser insel der verlust des einen 
oder des andern zu befürchten gewesen wäre, mit recht von Mül- 
ler-Strübing, p. 604 ff., als unhaltbar zurückgewiesen worden. 
Müller-Strübing selbst gibt die ihm freilich „selbst nicht völlig ge- 
nügende“ erklärung (p. 607): „der dichter, von dem hier die 
rede ist, wer er auch sei, muss auf Aegina besitzungen gehabt 
haben, aber schon vor der austreibung der Aegineten, und dieser 
besitz muss bei der vertheilung an die athenischen kleruchen ihm 
als athenischem angehörigen und bürger belassen worden sein“, so 
dass bei einer restitutio in integrum dieser ältere besitztitel auch 
von den Aegineten noch respectirt werden konnte, natürlich nur 
unter der bedingung, dass der dichter sein athenisches bürgerrecht 
aufgegeben hätte. 

Auch in dieser, übrigens ja auch sonst wenig wahrscheinli- 
chen, erklärung hat die in den worten did rab’ buds Aaxedas- 


3) A. Müller (zu v. 653) und W. Ribbeck (p. 233) beziehen das 
dnasteiv ty Alywa» auf die von Thuc. I, 189, 1 erwähnte forderung 
vor ausbruch der feindseligkeiten; Müller-Strübing (p. 574 anm.) auf 
die (übrigens von Thuc. I IL 59, 2 direct bezeugten) unterhandlungen 
des jahres 430. 


25 * 


388 Aristophanes. 


uovo wv sloivm mooxudodvtos liegende schwierigkeit keine 
berücksichtigung gefunden. Und doch ist diese fiction von dem 
friedensgesuche der Lakedaemonier für die damalige politische sach- 
lage im höchsten grade auffallend. Es genügt, hierfür auf die 
worte hinzuweisen, die Thukydides die Lakedaemonier bei der ge- 
sandtschaft während der blokade von Pylos, drei bis vier monate 
nach der aufführung der Acharner sagen lässt (IV, 18, 1): #xopuev 
zog’ vuüç 70TE00v avzoi xugswregos voulboyrec elvas dovvas Ep’ 
& viv aguyuéros bug alrovusda4). 

Dieser ohne frage vorhandene widerspruch mit den factischen 
verhältnissen wird um so mehr als solcher empfunden, als er sich 
nicht etwa im stücke selbst findet, für das man dem dichter eher 
das recht zugesteht, seine zuschauer durch kühne fictionen und 
vorführung an sich unmöglicher dinge über die wirklichkeit zu er- 
heben), sondern in der parabase, in der man mit recht voraussetzt, 
dass das, was der dichter über seine eigenen verhältnisse oder über 
politische ereignisse vortragen lässt, der wirklichkeit wenigstens in 
seinen grundzügen entspreche, wenn auch die ausführung im ein- 
zelnen vielleicht übertreibungen und verzerrungen des thatsächlichen 
verhältnisses enthalten mag. So haben z. b. die den hier bespro- 
chenen worten vorhergehenden verse über die äusserung des per- 
serkönigs an die lakedaemonische gesandtschaft doch den thatsäch- 
lichen hintergrund, dass um diese zeit wiederholt gesandtschaften 
von Sparta an Artaxerxes abgegangen waren (Thuc. IV, 50, 2); 
das übrige über diese gesandtschaft berichtete wird man für fiction 
zu halten haben; aber es ist eine solche, die nicht in das gebiet 
des historisch möglichen oder nichtmöglichen gehört. 

Zur beseitigung des erwähnten anachronismus das zQoxcAob»- 
tas als futurum aufzufassen, ist wegen des dabei stehenden &zas- 
rovciy unstatthaft. Wo so viel, ja alles, auf das richtige ver- 
ständniss des tempus ankommen würde, dürfte irgend ein dahin 


4) Vgl. auch Thuc. IV, 21, 1: of uiv oiv daxedasuivios tocadra 
einov, vouilovtes rovc Adnvyaiovs iv TQ noi yoóvo onovdwy uiv iniv- 
piv, apr dé ivavnovuévov xwivecdas, | Schol. RV Ar. Pac. 219: Ang- 
PFeions adıns (ns Ilólov) msoi signyns nowroy << nowros codd. > Aaxe- 
daruovios ods Adnvaiovs Inpkoßevoar. : 

‘5) Doch verdient es beachtung, dass in den Acharnern nicht die 
Lakedaemonier den frieden suchen, sondern der Athener Dikaiopolis 
(v. 131) durch den von den göttern speciell dazu bevollmächtigten 
Amphitheos (v. 51). 








Aristophanes. | 389 


zielender fingerzeig durch ein adverbium oder einen sonstigen zu- 
satz nicht fehlen. Auch würde dem sinne nach hier kein futurum 
stehen können: die worte zz» elonrny mooxulodvræ sind dem gan- 
zen zusammenhang nach auf das engste mit dem rjv Alyway anas- 
rovc» verbunden; denn das dut ravra (v. 652) bringt die frie- 
densvorschläge der Lakedaemonier mit dem auf den lobenden wor- 
ten des königs beruhenden wunsche, den dichter als &uußovAog zu 
heben, in verbindung. Die aussicht, diesen zweck auf diesem 
wege zu erreichen, beruht aber eben in dem anuseiv 13v Alyıvar. 

Da also von diesem auswege abzusehen ist, so bleibt die frage 
übrig : was konnte den dichter dazu bewegen, dass er in der er- 
findung des friedensgesuches der Spartaner, und zwar des friedens- 
gesuches zu dem angeblichen zwecke, mit der durch dasselbe zu 
erlangenden insel Aegina den seinem lande so grossartig nützenden 
dichter zu gewinnen, den zuschauern etwas vorführte, worin sie 
auch nicht im entferntesten ein bild der ja ganz anders gearteten 
gegenwart erkennen konnten? 

Obne einen bestimmten zweck ist eine solche erfindung sinnlos. 
Nun liegt aber der zweck derselben offenbar in der bitte v. 655 
AA dueig 100 un nor pd”, ws xwu@dnoes ta dixasa. Wenn 
dieser bitte keine wirkliche veranlassung zu grunde liegt, und die 
verse von v. 652 an also nur eine müssige erfindung sind, so 
kann man die ganze stelle getrost als das schwüchste und matteste 
bezeichnen, das überhaupt von Aristophanes gedichtet worden ist. 
Glaubt jemand, sich dabei begnügen zu können, so lässt sich frei- 
lich der stricte beweis der uumöglichkeit seiner auffassung nicht 
führen. Ganz anders aber steht, wie jeder zugeben muss, die auch 
dano freilich noch gewagte erfindung des dichters da, wenn zu der 
an das publicum gerichteten bitte eine wirkliche und zwar drin- 
gende veranlassung vorhanden ist, welche sich hinter der fiction 
vom verlangen der Lakedaemonier verbirgt. 

Den richtigen weg zum verstäudniss dieser fiction hat Bergk 
(bei Mein. Fr. com. gr. Il, 2, p. 934) gezeigt, nach welchem in ihr 
eine anspielung auf die von Kleon gegen Aristophanes anhängig 
gemachte yoagy 5evíag enthalten ist (ebeuso A. Müller, p. XIV). 

Da diese klage in neuerer zeit entweder überhaupt oder doch 
als eine folge der Babylonier des Aristophanes in zweifel gezogen 
worden ist (vgl. p.386), ohne dass bisher eine widerlegung dieser 


890 Aristophanes. 


zweifel versucht worden wäre, lässt sich eine prüfung derselbea 
hier nicht vermeiden. 

Das Rav. scholion zu Ach. 378°) bringt die klage 5ev(ag neben 
der klage wegen ddızla slg zovg modfraç ausdrücklich mit den 
Babyloniern in verbindung, was um so werthvoller ist, als die 
stelle, welche in diesem scholion erklärt wird, keine veranlassung 
geben konnte, die sache zu erfinden. Dasselbe verhältniss der 
klage Ferlag zu den Babyloniern ist in dem im cod. Venet. 474 
erhaltenen leben des Aristophanes (XI bei Dübn., IV bei Mein.), in 
der allerdings von der klage wegen ddızla ec rovg wodlrag nichts 
erwähnt ist, ausgesprochen. Die worte derselben mögen hier voll- 
ständig mitgetheilt werden, weil mit der überlieferung eine um- 
stellung vorgenommen werden muss. Es heisst an der betreffenden 
stelle (p. XXVII, 15 Dübn.): dseyPoevoug dì uadsora Kléwre 16 
dguaycyQ x«i yeawas xaı’ adroù rovc “Inntas — di’ Eaviov o 
"Agsoroparng vmexgivaro, avtov 1d ngbcwrov ulArm yolouç. (An- 
statt lin. 22 jetzt lin. 27)7) dinydgevoe dì avi 0° Auctoparne, 
înesdì Esvlag zur’ abiov yoaynv ÈdFero, On xai?) dv 
deduuri avrov. BuBviwviloig dséBule tiv A9nvaluv Tag xAngw- 
tag dexàs nugovtwy Eétvwv (jetzt lin. 22) xal alzios add yéyove 
Unplag nérie zalavıwv, à vno 10» inntwy xatedieac9n, dig quai 
dy " Axuovevos* dyad’ ip’ d ye v0 xéag evpodr9nv idu, roig 
névie tuidvioss olg KA£o» tEnuecev. (Es folgt anstatt liu. 27 lin. 
30) dg 5évov dé avròv Eieys, mogócov of piv avro» qaow alvas 
*Pódiov ano Alvdov, oi dà Alywytny, oroyubouevos &x tov nAsioror 
x00v0v zug diarpifiàg moto abió9s, 7 xol Or Exéxrgro. Éxeioe, 
xara uvag dè dig du 6 nurno avıov Ollurmog Alywilın. drodv- 
Divas dì adtov einovru Gotelws Ex Tod ‘Ouroov tratta» pino 
pév v Zul ques tov Euutvos, avi&o Eywye ovx old’ où ydQ nu 

6) 41a my néovor xwupdiar] rovc Baßvlwviovs Àéyts. tovsovs yàg 
700 Trà» ‘Agaoviwv ‘Aosoropavne tdidativ, iv ois nollo)g xaxdlc sinev. 
txmugionee yag tds Té xlyomiac xai yesgotoyntas doyàs xai Kiéwva na- 
cévrur wr Eivwy. xai dia tovto doysadeic 6 Kliwy éyodwato avior adı- 
xí«c ele tods riodiras, ws eis UBQw Tod diuov xci zus Bovine Tara nenom- 
xdra. xai Esviag dì avior iypayaro xai sic Gywva ivéfalsv. 

7) Nach der überlieferten anordnung wire die in den Acharnern 
erwähnte {musa Kleon's eine folge der Ritter des Aristophanes! 

8) Der cod. xaé 0n. Bergk, p. 936, streicht das x«í, eine ohne 
die umstellung der abschnitte allerdings nothwendige änderung. We- 


niger leicht ist die conjectur Wyttenbach's zu Plut. Mor. p. 71D, 
der nach dem è9s70 xai des cod. einfügt: on avror défale. 








Aristophanes. | 391 


zig ov yovoy abrog daviyvo (a 215). devregov dé xai zero 
Gvxopavımdeis ankpuye xal oviw qavegüc xatacratedg modlins xa- 
texgdtynoe tov Kléwros. 09t:v?) quo(v: avtos d’ Zuavıov Uno 
Ki£wvog arr’ EnaJov Enlorapa: dij xaè ra Eng (Ach. 377). 

Hiervon abzuweichen und für die ansetzung der ygayı Eevlas 
nach den Rittern zu sprechen scheint das zeugniss der ebenfalls im 
cod. Venet. und in einer Pariser handschrift enthaltenen kürzeren 
Vita (XII bei Dübn.). Dort heisst es (p. XXVIII, 13): dseyPoev- 
cas dé ualıcıa Kikwvı 16 CIQUINYO xoi yedwasg xur ubiov roUG 
“Innéas avròs vrexelvaro. 6 dì Eevtas < Ven. add. avıog, Par. 
ò dè Éemrelag > xas' avrov EyxAnpa Gero. xa) yàg di 
quot uves avzov Podiov yeyovtrar. ansludn dì 10 piv nedtov 
sìmuv* pino uly — avéyvw. devregov dì xai toliov ouxopurtn- 
Seig dnkpuyev. 09e» pnotv® avzog à. uuvrov — dséBudde. 

Diese Vita ist jedoch, wie schon Westermann, Bioyg. p. XIV, 
bemerkt, nur ein auszug oder eine kiirzere recension der Vita XI 
Dübn. Da nun in dieser die yougn £erlaçg deutlich nicht als eine 
folge der Ritter hingestellt wird, vielmehr die Ritter als eine folge 
des grimmigen hasses, den der dichter auf Kleon geworfen (dsey- 
Iosvoas, p. XXVII, 15), als die ursache dieses basses aber die 
yoagpn &svlas (p. XXVII, 27), so ist von vorn herein anzunehmen, 
dass die abweichende darstellung der Vita XII auf einem mangel- 
haften excerpte beruht. Dies ist auch üusserlich leicht nachweisbar: 
Nach dem dseydgevoog der Vita XI ist in dem excerpte mit den 
worten über das persónliche auftreten des Aristophanes zugleich 
auch das für die einführung der yoayn Eevfag durchaus nothwen- 
dige, nach jenem dseydoevous aber leicht scheinbar überflüssige 
diigdosvoe dì abr © *Aguoropurns Enid weggelassen worden. 

Eine nur in der Vita sich findende notiz kann allerdings an 
und für sich noch keine autorität beanspruchen und würde dem 
widerspruche irgend einer andern besser beglaubigten angabe ge- 
genüber oder auch bei irgend welcher inneren unwahrscheinlichkeit 
ohue erhebliches gewicht sein. Bei der hier in frage kommenden 
sache ist aber weder der eine noch der andere einwurf zu machen. 

9) Es liegt nahe, vor diesem worte eine lücke anzunehmen, in 
der von der klage wegen des xaxws déyss my nóliv die rede gewesen 
wäre. Doch lassen sich vielleicht auch die worte dsureoov — Kiéwvos 


als in parenthese gesagt auffassen, so dass das 096v qyoir sich nicht 
&uf diese zu beziehen brauchte. 


392 Aristophanes. 


Denn einerseits stimmt Rav. schol. 378 mit der angabe der Vita 
überein, und die voraussetzung , der wir bei Ranke, Petersen und 
Teuffel begegnen (vgl. p. 386), dass die in den Wespen (v. 1284 ff.) 
erwäbnte chicane Kleons gerade die von der Vita in die zeit nach 
den Babyloniern versetzte klage Eevíac sein sollte, lässt sich durch 
nichts begriinden. Ueberdies liesse sich, wenn man dem verfertiger 
der Vita so viel glauben schenken will, an eine nach der auffüb- 
rung der Ritter erfolgte wieder-aufnahme derselben klage denken *°). 
Andererseits ist es eine keineswegs gerechtfertigte voraussetzung, 
dass für die klage Sevfag das bei der auffübrung der Babylonier 
bekanntlich nicht anzunehmende persönliche auftreten des Aristo- 
pbanes als dichter nothwendig gewesen wäre, wie dies im nächsten 
abschnitte des näheren zu erörtern sein wird. Dort wird sich eben- 
falls ergeben, weshalb die besprochenen verse nicht, was an und 
für sich ebenso wohl denkbar wäre, auf den Kallistratos gehen 
können, und weshalb überhaupt der dichter der wahren die er- 
dichtete gefahr substituirt. 

Die ähnlichkeit zwischen der wirklich vorhandenen und der 
fingirten gefahr ist übrigens grösser als sie beim ersten anblick 
erscheint. Die in den scholien zu v. 654 theils behauptete theils 
verneinte aeginetische kleruchie!!) des Aristophanes lässt sich na- 
türlich nicht ‘als stützpunkt der klage Kleons betrachten; denn, 
wie sich ähnlich auch Müller-Strübing, p. 607, ausspricht, die zu- 
gehörigkeit zu den kleruchen würde gerade ein gewichtiges be- 
weismittel für den vollbesitz des bürgerrechts gewesen sein. Wenn 
Kleon dagegen behauptete, Aristophanes wäre ein Aeginete und 
nicht im besitze des attischen bürgerrechts, so war der dichter, 
wenn diese bebauptung richtig war, in dem falle, dass die Lake- 
daemonier das von ibnen gewünschte Aegina von Athen erhielten, 
allerdings in gefahr, wenn auch in andrer weise als bei dem un- 
terliegen in der yoapy £erlaç, den Athenern verloren zu gehen. 


10) P. XXVII, 89 Dübn.: devrepoy di xai zpirov ouvxogarımdeis dnt- 
guys Vgl. Meier u. Schömann, att. pr., p. 348. 763, 19. 

11) Ob diese kleruchie auf das zeugniss des ®soy&wns hin (nach 
schol. Pind. Nem. 8, 21 @sayéwns) dv zo noi Alyivns (bei schol. Plat. 
apol p. 19 C): xazexljgwoe « Bergk p. 935 xatexdygovynos, Müller- 
Strübing, p. 605, xarsxljpmoato > dé xai wy Alywar, anzunehmen ist, 
während es in dem Acharner-scholion u. a. heisst: ovdsis ioropnxer, eic 
iv Alyivp xéxmiai v» Agworogarns, lüsst sich nicht bestimmen. 








Aristophanes. 393 


Dringen die Lakedaemonier — dies ist der der fiction zu grunde 
liegende gedankengang — mit ihrem verlangen, Aegina von euch 


zu erhalten, durch, so vertreiben sie die athenischen kleruchen , füh- 
ren die Aegineten wieder zurück 1?), und verlangen dann auch von 
mir, wenn ich ein Aeginete bin, die rückkehr in mein angebliches 
Heimatland. Die an das athenische publicum gerichtete bitte, ibn 
nicht preiszugeben (u7 égsévas), ist in diesem gedankengange ebenso 
am platze wie in dem sinne, in dem sie eigentlich gemeint ist, da 
es ja in beiden fallen darauf ankommt, dass die Athener den dich- 
ter als ihren mitbürger anerkennen. 

Hieraus ergibt sich zugleich, dass die einfache erwähnung der 
thatsache, dass die Lakedaemonier noch immer, wie schon früher, 
die herausgabe Aeginas verlangten, nicht genügt hätte, um auf die 
dem dichter drohende gefahr anzuspielen Um einen für diese nur 
einigermasssen adaequaten ausdruck. zu bieten, war es unerlässlich, 
das verlangen der Lakedaemonier mit der gegenwart in verbindung 
zu bringen, und dadurch die gefahr als eine — wie ja auch wirk- 
lich — gerade jetzt drohende hinzustellen, so dass, wenn einmal 
anstatt des wirklichen sachverhalts der erdichtete gesetzt werden 
sollte, kaum eine andere möglichkeit vorlag, als diesen durch die 
allerdings unzeitgemässe wendung, dass die Lakedaemonier jetzt 
den frieden und mit dem frieden Aegina haben wollten, einzuführen. 

Irgend erhebliches gewicht auf die frage zu legen, ob Kleon 
seine behauptung , Aristophanes wäre kein athenischer bürger, son- 
dern ein Aeginete, völlig aus der luft gegriffen, oder ob in der 
abstammung oder berkunft des dichters verhältnisse lagen, die, ge- 
schickt benutzt, sein bürgerrecht zweifelhaft machen konnten, würde 
verfehlt sein; für das letztere, übrigens auch an sich ja wahr- 
scheinlichere, lässt sich die auch schon von Meineke, Fr. com. II, 
p. 546, und Teuffel, in R. E., Arist., p. 1615, in diesem sinne 
gedeutete beschwerde des Eupolis benutzen, dass die Athener fremde 
dichter begünstigten. 

Die angaben über des dichters herkunft, die sich bei Heliodor 


12) Wie auch später geschehen: Avoavdgos dquxoueros npos Alyı- 
yay Gnédwxe yy Nol Alyivitars, 0G0vg 9d Uveto nisiotovs aIooi- 
cas «ord» (Xen. Hell. II, 2, 9). Vgl. auch Plut. Lys. 14, Strab. 
VIII, p. 376 C. — Dass ein theil der bevölkerung der insel sich i. i: 
431 über die griechischen länder zerstreut hatte, bezeugt Thuc. II, 
27, 2 ausdrücklich. 


394 Aristophanes. 


(bei Athen. VI, p. 229 E), in der Vita und bei Suidas finden, sind 
üusserlich von gleich geringem werthe. Es scheint so, als ob die 
von Kleon ins gefecht geführten gründe, wie auch der gang des 
processes selbst, in kurzer zeit, nachdem Aristuphanes den angriff 
siegreich abgeschlagen und gareoòs sodlrns xareora9n (Vit. XI), 
nicht mehr authentisch bekannt gewesen wären, und die grammati- 
ker daher zu erklärung der ygayn 5evfag alle möglichen angaben 
über gegenden, zu deuen Aristophanes oder seine vorfabren in be- 
ziehung gestanden haben sollten, kritiklos zusammengestellt, viel- 
leicht auch noch durch eigene erfindungen vermehrt hätten. 

Unter diesen verschiedenen angaben mag die zu dem oben 
gefundenen resultate über die yeayn Éevfas sehr wohl stimmende 
notiz, dass der vater des dichters, Philippos, ein Aeginete!*) ge- 
wesen, auch desbalb beachtenswerth sein, weil sie mit den wegen 
der damit verbundenen ausdrücklichen angabe von demos und phyle 
beachtenswerthen worten im anfang der Vita XI‘), dass Aristo- 
phanes vò yévos "ASnraïos gewesen wäre, nicht im widerspruch ist. 
Selbstverständlich war des sohnes bürgerrecht binfällig, wenn der 
beweis gelang, dass das des vaters nicht zu recht bestanden hatte. 


II. 


Die antwort auf die frage, was den dichter dazu bewegen 
konnte, seine bitte dem publicum in einer, wenn auch ihrem zwecke 
nach erkennbaren, doch immer geschraubten und unnatürlichen wen- 
dung ans herz zu legen, lüsst sich in form einer andern frage 
geben: wie hütte Aristophanes in dem stücke, das nicht von ihm 
selbst, sondern von Kallistratos, und zwar als dessen eigentbum, 
auf die bühne gebracht war, den chor des Kallistratos die von 
Kleon gegen ihn, den Aristophanes, angestrengte klage in directer, 
unzweideutiger weise berühren lassen kónnen, obne das zwischen 
ibm und Kallistratos obwaltende verhältniss offen und unumwunden 
auszusprechen? Zumal da, wie sich ergeben wird, er vorher den 


13) Ein Aeginete des namens Aristophanes kommt auch bei Pind. 
Nem. 3, 21 vor. 

14) ‘Agioropéyns 6 zwumdonosös narpös uiv jv duAinnov, tò di yévos 
"A9nvatos, ty diuwr Kudasnvasvs, Havdioridos qvizc. Dass Suid. von 
dem dichter selbst sagt: 39éc« '495ve«iog, Enolstoypayrdy ydo nag! 
evioîs ist daneben von geringerer bedeutung. 





Aristophanes, 995 


Kallistratos selbst auch nicht mit einer silbe desselben erwähnung 
thun lässt. 

Dass Aristopbanes für seine erstlings-komódien die einübung 
des chors und was mit dieser zusammenhängt nicht persönlich ge- 
leistet hat, wird übereinstimmend angenommen. Es ist also un- 
möglich, obgleich das wort dideoxados in scenischer bedeutung im 
allgemeinen auch den verfasser eines stückes bezeichnen kann !5), 
in den anfangsworten der Acharner-parabase, 

&E ob ye yogoicw Égéornxer tevyixoig 0 diddoxoAog quwv, 
ovnw ragéfn moog 10 Péatgoy AéEwv wg Offig dou», 
anzunehmen, dass der chor selbst durch den mund seines sprechers 
den als seinen dsducxadog bezeichne, der für ihn gerade nicht 
sein dsddoxudog ist, und dass mit dem revysxoig yogoicw épeozn- 
xévas die thütigkeit des mannes gemeint sei, der bis jetzt für die 
chöre seiner stücke alles andere, nur nicht diese aufsicht !5) '(und 
einübung) geleistet bat. Es kommt hinzu, dass die verse offenbar 
eine berufung auf eine allgemein bekannte lüngere vergangenheit 
enthalten, die im munde des Aristophanes, der bisher bekanntlich 
mur zwei!") stücke hatte aufführen lassen — und zwar unter frem- 

dem namen —- hüchst befremdlich sein würde. 

Der diufullôueros Uno zur èxFouiv wg xopqósi tv noA, 


15) Equ. 507. 509 stehen xwuwdodidacxalos und nonms, Pac. 734. 
736 xwupdonomms und xwupdodidacxalos in demselben sinne. 
16) &peomxeras ebenso Vesp. 955: odös 36 nollois npoBatiois iqec- 
tévas und Pac. 329: où 9" quir arta yon nowiv igecnóc quodis dqmovg- 
[21079 
7 17) Nach v. Wilamowitz-Möllendorff, Observ. crit. in com. Gr., 
Berol. 1870, p. 11 ff., ausser diesen, und zwar an den Lenäen des jah- 
res 426, noch ein drittes, 4ocuara 7 Kivravpos. Zugegeben, dass die 
daselbst behandelten verse Vesp. 58 ff. sich in der that ausschliesslich 
auf stiicke des Aristophanes beziehen miissen, würde jedoch das unter 
dieser voraussetzung nach schol. Vesp. 60 (4eauaow anstatt doauaoiv) 
vor den Lenäen 422 aufgeführte stück auch auf die Dionysien 425 
gelegt werden können. Denn dass der von Wilamowitz gegen diese 
annahme benutzte vers Ach. 800 keineswegs eine schon zur zeit der 
aufführung der Acharner anzunehmende beschäftigung des dichters 
mit seinen ,,rittern“ vorauszusetzen nöthigt, wird w. u. (p.399) ge- 
zeigt werden. Wenn ferner auch der Aëh. 1150 ff. als rà dijvasa yo- 
wy erwähnte Antimachos der chorege des vergangenen Lenäenfestes 
(426) ist, was man im widerspruch gegen die ältere ansicht (Bergk 
bei Mein. II, p. 939. 1021) für das wahrscheinlichste halten muss, so 
darf man doch nicht vergessen, dass in diesen versen nur der schlech- 
ten behandlung gedacht wird, die der chor der betreffenden phyle, 
gleichviel in dem stücke welches dichters von dem choregen erfahren 
hat, nicht aber einer dem dichter damals widerfahrenen sache. 


396 Aristopbanes. 


wie es weiter in der parahase heisst, kann also unmöglich Aristo- 
phanes, vielmebr nur Kallistratos sein. 

Dass mit den zuletzt angeführten worten derselbe vorgang 
gemeint ist, wie im stücke selbst mit denen des Dikaiopolis, v. 
377 ff: 

avros T èuaviòov tno KAfwvog ázaJoy 

inlorauus du thy nÉovor xwuwdlarv‘ 

&losAxvoag ydQ m’ sis 10 PovAeviipsoy 

duéfulle xoi wevdg xareyAwrult pov, 
uud v. 502. 3: 

ov ydQ ws viv ye diaßalsi KA£uv or 

fév» magorvtwy v)» nói xaxwe devo, 
ist augenfällig. Auch die in der parabase gewiss nicht absichtslos 
erfolgte entgegenstellung der ’.43nvatos tayüBoulo (v. 630) und 
weraßovAcs (v. 632) entspricht sachlich der von Dikaiopolis v. 
381. 82 geschilderten situation : 

xüxvxAofoQss xamiuvey wor’ OÀMyov mavu 

GHW NY polvwronçayuovouuevos : 
offenbar bezeichnet der ausdruck zayußovAos eine phase des pro- 
cesses, wo die sache für den beklagten recht schlimm stand. 

Auch diese verse des stückes selbst sind also nothwendig auf 
eine gegen Kallistratos gerichtete klage zu bezieben. Auch rein 
sachliche gründe führen auf dieselbe, sich übrigens auch im schol. 
Veu. Vesp. 1284 findende auffassung; denn mit recht sagt E. Pe- 
tersen: „das stück zu schreiben konnte niemandem verwehrt werden, 
uber dass es an den grossen Dionysien aufgeführt worden war, das 
war der klagegrund. Auch ein eintreten des Aristophanes für den 
vor gericht geforderten Kallistratos (vgl. p. 385) wird mit recht 
von demselben zurückgewiesen (a. o. p. 654. 55). 

Man muss jedoch noch einen schritt weiter gehen und be- 
haupten, dass die auf den Kallistratos gehenden worte des Dikae- 
opolis auch von Kallistratos selbst gesprochen worden, dass also 
der didaskalos der Acharngr zugleich auch der protagonist der- 
selben war, wie dies auch schon Ranke, Vit. Arist. p. XVIII (Mein.), 
Kock, p. 24 (freilich im übrigen mit anderer auffassung der thä- 
tigkeit des Kallistratos), Droysen, p. 7, und Müller-Strübing, p.607, 
annehmen. 

Nur unter dieser voraussetzung konnten die erwäbnungen und 


Aristophanes. 397 


andeutungen der in folge der Babylonier eingetretenen ereignisse 
wirkung und bedeutung haben; im munde eines der sache selbst 
fernstehenden wäre das avrog 7° éuauroy uno Kitwvos ünador 
und das où y&Q pe viv ye diaPaudet Kiéwy sinnlos. Denn die von 
Fr. Leo, Quaest. Arist. (diss.), Bonn. 1873, p. 27, geäusserte mei- 
nung, dass derjenige, der etwas ausserhalb seiner rolle liegendes 
in der komödie vorbrachte, dadurch die rolle des dichters 12) an- 
nahm, ist eine in dieser allgemein gehaltenen fassung nicht zu be- 
weisende behauptung (vgl. im übrigen w. u.). Von den, wie Fr. 
Lev ausdrücklich hervorhebt, von verschiedenen vorgetragenen und 
auf den dichter sich beziehenden versen 301 und 377 unseres 
stückes ist der erstere ein vers des chors und also nicht unmittel- 
bar mit dem von einem schauspieler gesprochenen v. 377 zusam- 
menzustellen. Sodann aber ist auch die beziehung desselben verses 
(301) auf die absichten des dichters eine willkürliche voraussetzung 
(vgl. p. 399). 

Dass Aristophanes seinen didaskalos und protagonisten Kalli- 
stratos in dessen eigener person sagen lässt, v. 498. 99: 


el nrwyoc wy Ener è v° AFnvaloig Aéyes 

élu megi 196 noAsws tovymdlay Row», 
kann gegen das im obigen gefundene resultat nicht ins gewicht 
fallen; denn der dichter lässt sie den mann sagen, als dessen ei- 
genthum officiell das stück galt. Ausserdem steht der ausdruck an 
einer stelle, wo auf das »oseiv durchaus kein nachdruck zu legen 
ist und an und für sich ebenso gut didaoxwy stehen könnte, da 
der gegensatz zwischen der 70vy@dla und dem im principe ernsten 
vortrage, der folgt, das einzige ist, auf das es ankommt. 

Dass neben der gegen Kallistratos gerichteten klage, deren 
form u. s. w. im nächsten abschnitte zu erörtern sein wird, auch 
Aristophanes unter der rache Kleons zu leiden hatte, indem dieser 
ihm durch einen angriff auf sein attisches bürgerrecht beizukommen . 
und ibm dadurch das fernere dichten ähnlicher stücke zu verleiden, 
wenn nicht unmöglich zu machen suchte, ist völlig begreiflich. 
Freilich nur unter der voraussetzung, dass man annehmen darf, 


18) In unserm falle also des officiell als solcher geltenden Kalli- 
stratos, was gegen Leo, der den Aristophanes darunter versteht, zu 
bemerken ist. 


398 Aristophanes. 


dass der dichter schon bei der aufführung der Babylonier oder 
mindestens bald nach derselben dem Kleon als solcher bekannt war. 

Dass officiell nicht Aristophanes, sondern Kallistratos als dich- 
ter der Babylonier galt, ist im widerspruch gegen Helbig’s ansicht, 
Quaest. scaen, (diss.) Bonn. 1861, nach welcher Kallistratos nur 
als didaskalos in die acten aufgenommen worden wäre, von E. 
Petersen, jahrb. LXXXV, p. 649 ff., mit triftigen gründen nach- 
gewiesen worden. Dass trotzdem der wabre dichter bekaunt wer- 
den konnte, auch wenn er sich die grösstmögliche mühe gab, ver- 
borgen zu bleiben, wird niemand bestreiten. Es scheint jedoch 
fraglich, ob dem Aristophanes überhaupt viel daran liegen konnte, 
nicht als dichter bekannt zu werden!?) Sein ganzes, oft genug 
besprochenes verfahren ist im grunde nichts anderes als ein ano- 
nymes oder pseudonymes auftreten in der nach den verhältnissen 
der athenischen bühne einzig möglichen form. Ebenso wie ein 
moderner autor, der nicht mit seinem wahren namen hervortritt, 
es, vorausgesetzt dass sein stück nur einigen erfolg erlangt hat, 
mitunter nicht ungern sieht, wenn die maske, hinter welcher er 
sich verborgen hält, gelüftet wird, ebenso, sollte man meinen, hatte 
Aristophanes, nachdem seine pseudonym aufgeführten Daitaleis und 
Babylonier die doch immerhin beträchtliche ehre des zweiten prei- 
ses erlangt hatten, durchaus keine ursache, mit angst jeden schritt 
eder jede äusserung zu vermeiden, wodurch das wahre verbältniss 
dieser stücke entdeckt werden konnte. Frei und offen mit eige- 
nem namen ist derselbe allerdings erst, nachdem seine Acharner dem 
Kallistratos den ersten preis gewonnen hatten, aufgetreten. Denn 
jetzt glaubte er, durch die wachsende gunst des publicums er- 
muthigt, sich der hoffnung hingeben zu können, nicht so leicht ein 
umschlagen dessen sonst so wankelmüthiger gesinnung befürchten 
zu müssen, und zugleich — worüber noch unten zu handeln 
sein wird — auch persónlich so weit an bühnen- und orche- 


19) Noch leichter beantwortet sich diese frage im sinne der fol- 
genden zeilen, wenn in der that das xoûx iv nw uo» exei (Nub. 530) 
so aufzufassen ist (wie u. a. Müller-Strübing, p. 608), dass Aristopha- 
nes zur zeit der aufführung der Daetales noch nicht majorenn gewe- 
sen wäre. Da jedoch die möglichkeit vorliegt, das ovx ésivas von 
einem verbote aufzufassen, das der dichter sich selbst gegeben, folgt 
die obige darstellung (wie auch w. u.) der ausführung der Ritter- 
parabase. 











. Aristophanes. 399 


stra-routine vorgeschritten zu sein, um auch in diesen stücken 
sich nicht wegen mangels an erfahrung davor zu scheuen zu ha- 
ben, den eigenen namen der gefahr einer niederlage auszusetzen. 

Dies verhültniss ist hier so ausführlich auseinandergesètzt 
worden, weil in der Petersen'schen abhandlung dem wunsche des 
dichters, unerkannt zu bleiben, zu viel spielraum und zu viel ein- 
fluss auf die beurtheilung der einschlägigen fragen gegönnt ist. 

Erscheint es aber im gegensatz zu der dort entwickelten an- 
sicht sehr wohl mit der officiell allerdings durch Kallistratos — 
und zwar als ob es sein eigenes stück wäre — erfolgten auffüh- 
rung der Babylonier vereinbar, dass trotzdem auch der wahre dich- 
ter bekannt geworden und von Kleon angegriffen worden war, so 
wird man es völlig begreiflich finden, dass Aristophanes sich in 
den officiell ebenso wenig wie jeues stück von ihm gedichteten 
Acharnern anspielungen persönlicher natur erlauben konnte, die, 
wenn die anonymität noch strenge bewahrt werden sollte oder 
konnte, unpassend oder mindestens unverständlich gewesen wären, 
die aber, da nach der von Kleon erhobenen klage fevlac das ver- 
hältniss auch in weiteren kreisen ja erst recht nicht mehr unbe- 
kannt sein konnte, sehr wohl am platze waren. 

Als eine solche anspielung die an den Dikaiopolis gerichteten 
verse des chors (300. 1) wg peulomea ce Kitwvos Eu paddov Sy 
iyd xurareu@ zoo Innevolv nor’ ig xarrvuara?) aufzufassen, 
wie dies von Bergk (p. 931), Dindorf (Poet. scen. prol. p. 27), 
Ribbeck (p. 212), A. Müller (p. XII), Droysen (p. 8) geschieht, 
sind wir nicht berechtigt. Denn da die ritter auch im anfang des 
stückes (v. 6) deutlich genug als gegner Kleons erwähnt werden, 
so lassen sich die angeführten worte sehr wohl so verstehen, dass 
der chor durch den mund seines sprechers sagt: „Ich werde noch 
einmal den Kleon für seine feinde, die ritter, zu sohlenleder zer- 
schueiden.“ Die pointe liegt nur in dem gewerbe Kleons, wie 
auch Equ. 315 — 321 und besonders Equ. 868—70: 

ty d° sin pos tocoviovi* oxuty 1000010 AWAWV 
Edwxuag dn rovigl xárzvua napu CEUVTOU 
zuis tufacw pacxwy qeir; 
Gegen die ansicht Ribbeck’s, der hass gegen Kleon, der sich in 


20) Wie diese worte am besten mit der antistrophe in tiberein- 
stimmung zu bringen, möge hier auf sich beruben bleiben. 


we - mm € =e See, use Leur ner auf 
== > 1. . - Sr à ous seer van kregs- 
—"-- SEE © O2 JE ER cuves. ds 
pr EP “HALLE. die DONNE E guri Ver- 
——— ET — --— — © e hum luadientea 
= ER 7 we rer corte xm webenen 
= — mn ome x mages femd- 
ama RTE. mo AN AER VUE CRE EC. de sec5- 
ER, im Gu. o, ua. Megs- 
TO resa, ‘te NRI: ) REND wo, A am RAC See 
zer COS ema seer, dir G5 CRT dux nere 


zu mp — ver aum mm & jo. meer. fr die 
--—— MM. LUS CORRE wee GR. denm werte 
--— AT © (mE OR TRAMA. MPCMRNER coven. 
ium arms c» citi? GO Mr nanne ide drhermer, über 
ere RITO ~weerrs ae ivusizonec photon malt jets zu 
zuser = 
jam. er m muüamg imeeiem erwaähmee dideskalen des chers 
bon guerre GEO Visas stem (eamm. ist wem p 3390 her- 
versus cenam Wenn cs domme wear v. G35) heisst quei 
0 sem mecum iur 100€ wir à Tesntr: an int antrlch 
1 deu were Geass mem maniicimi durchaus: hem grand wechen- 
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irgend einen andern als das Kallistratos zu verstehen Wenn je 
doch den hörers bekannt war, dans der didankales der Acherner 
hirht, wie er officiel] allerdings dafür galt, zugleich der dichter 
Amerlhen wae, so konnten sie setürlich auf die möglichkeit kom- 
wen, dac wit dem v. 083 ff. verberrlichten mesyzyc cin anderer 
Mds Reve tuer erwähnte didaskalos gemeint wire. Durch die 
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(sa We sad howe, kaum hervorgerufen worden sein. 
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Aristophanes, 401 


fussenden versen am schluss der eigentlichen parabase (v. 652 — 
658). Waren von Kallistratos nicht wie von Aristophanes bezie- 
hungen zu der in so auffallender weise erwäbnten insel Aegina 
bekannt, so musste es natürlich schon sehr nahe liegen, unter dem 
gerade bei dieser gelegenheit (v. 654) wieder erwähnten 77007175 
den wirklichen dichter der Babylonier wie der Acharner zu verste- 
hen, und also auch das in den vorhergehenden versen enthaltene 
lob auf diesen zu beziehen, Jedem aber, der überhaupt des ver- 
hältnisses beider persönlichkeiten für die beiden stücke kundig war, 
musste sich diese auflassung bei der bitte ergeben, die sich an die 
dem ons wegen seines verhältnisses zu Aegina drohende gefahr 
anschliesst ; denn für den einen, der jetzt wirklich in gefahr schwebt, 
seinen mitbürgern entrissen zu werden, ist dieselbe sachgemäss und 
knüpft an ein tagesereigniss an, für den andern, dem wegen Aegi- 
nas durchaus kein ungemach droht, schwebt sie gegenstandslos in 
der luft und ist weiter nichts als eine rhetorische, ungeschickt und 
unzeitgemäss begründete captatio benevolentiae, 

Denn dass diese schlussverse der parabase auf den Kallistratos 
bezogen nur in diesem sinne aufgefasst werden könnten, bedarf 
kaum eines weiteren nachweises. Allerdings liesse sich ja an und 
für sich recht wohl denken, dass die yoag?} Éevlus ebenso gut wie 
die andere gerichtliche maassregel Kleons gegen diesen mann ge- 
richtet gewesen war, und zwar ebenfalls auf grund irgend welcher 
beziehungen zu Aegina, wie diese ja auch — ob mit recht oder 
mit unrecht — von schol. Ach. 654 erwühnt werden. Aber für 
Kallistratos, der im ganzen übrigen stücke die ihn persónlich be- 
treffenden schritte Kleons mit grösster unumwundenheit erwähnt, 
würde eine solche verschleierung des wahren, in diesem falle das 
offene licht des tages doch sehr wohl vertragenden vorgangs ebenso 
unbegreiflich sein, wie sie es für den Aristophanes unter der vor- 
aussetzung sein würde, dass auch die im übrigen stücke offen und 
deutlich erwähnte andere maassregel Kleons auf ihn gehen könnte. 

Allen diesen schwierigkeiten begegnet die im vorhergehenden 
entwickelte annabme, nach welcher die auf Aegina gehenden verse 
die bitte, den dichter nicht preiszugeben, anstatt durch die wirk- 
liche durch eine vorgebliche gefahr motiviren, weil eben dieser 
noirs nach der absicht des dichters, der dabei auf die richtige 
auffassung wenigstens eines grossen theils des publicums und dessen 


Philologus. XXXVI. bd. 3. 26 


400 Aristophanes. 


dem xarateuw mor’ ég xarıyuara ausspricht, komme hier nur auf 
rechnung des dichters, da die Acharner ja ebenso sehr von kriegs- 
lust entbrannt wiren, wie Kleon selbst, lässt sich einwenden, dass 
die übereinstimmung in dieser richtung, die übrigens aus ganz ver- 
schiedenen wurzeln entspringt — bei den acharnischen landleuten 
nur aus dem wunsche, für die verwüsteten felder rache zu nehmen 
(v. 229. 232) — durchaus nicht in anderen beziehungen feind- 
schaft ausschliesst, und dass man gewiss berechtigt ist, die zgec- 
Büros ° Ayagvızol, orentoi yégortec, solvivos, ategauoves, Maga- 
Fwvopayus, operdauvevos (v. 180) als im innerlichsten gegensatz 
gegen Kleon stehend anzuseben, den als vorkämpfer der neuen 
zeit zu betrachtenden demagogen. 

Dass daneben aus diesen worten der bitterste hass des dich- 
ters gegen Kleon spricht, ist selbstverständlich. Aber irgend eine 
anspielung auf die erst ein jahr später aufgeführten Ritter darin 
zu erblicken, sind wir durch nichts veranlasst. Wäre doch eine 
solche anspielung, wie auch Petersen, p. 656, bemerkt, für die 
zuschauer, die durchaus nicht veranlasst sein kounten, diese worte 
vom süjet des stückes zu trennen, unverständlich gewesen. 

Anders verhält es sich mit der parabase der Acharner, über 
deren zwischen moınzyg und diducxados getheilten inhalt jetzt zu 
handeln ist. 

Dass der im anfang derselben erwähnte didaskalos des chors 
kein anderer als Kallistratos sein kann, ist oben (p. 395) her- 
vorgehoben worden. Wenn es dann weiter (v. 633) heisst noir 
d? divas nolldy ayudwry absog vpiy 0 mosmıng, so ist natürlich 
in den worten dieses verses zunächst durchaus kein grund vorhan- 
den, der die athenischen hórer zwingen konnte, unter dem xosyrnç 
irgend einen andern als den Kallistratos zu verstehen. Wenn je- 
doch den hörern bekannt war, dass der didaskalos der Acharner 
nicht, wie er officiell allerdings dafür galt, zugleich der dichter 
derselben war, so konnten sie natürlich auf die möglichkeit kom- 
men, dass mit dem v. 633 ff. verherrlichten 7059775 ein anderer 
als der kurz vorber erwähnte didaskalos gemeint wäre. Durch die 
zunächst ganz allgemein gehaltenen lobsprüche dürfte allerdings ein 
nachdenken darüber, ob alles dieses wirklich auch noch von Kalli- 
stratos gelten sollte und könnte, kaum hervorgerufen worden sein. 
Anders jedoch bei den auf bestimmten persönlichen -verbiltnissen 





°° «n — D PPP po» <a 


Aristophanes, 401 


fussenden versen am schluss der eigentlichen parabase (v. 652 — 
658). Waren von Kallistratos nicht wie von Aristophanes bezie- 
hungen zu der in so auffallender weise erwähnten insel Aegina 
bekannt, so musste es natürlich schon sehr nahe liegen, unter dem 
gerade bei dieser gelegenheit (v. 654) wieder erwähnten 7067775 
den wirklichen dichter der Babylonier wie der Acharner zu verste- 
hen, und also auch das in den vorhergehenden versen enthaltene 
lob auf diesen zu beziehen. Jedem aber, der überhaupt des ver- 
hältnisses beider persönlichkeiten für die beiden stücke kundig war, 
musste sich diese auffassung bei der bitte ergeben, die sich an die 
dem zosnıng wegen seines verhältnisses zu Aegina drohende gefahr 
anschliesst; denn für den einen, der jetzt wirklich in gefahr schwebt, 
seinen mitbürgern entrissen zu werden, ist dieselbe sachgemäss und 
knüpft an ein tagesereigniss an, für den andern, dem wegen Aegi- 
nas durchaus kein ungemach droht, schwebt sie gegenstandslos in 
der luft und ist weiter nichts als eine rhetorische, ungeschickt und 
unzeitgemäss begründete captatio benevolentiae. 

Denn dass diese schlussverse der parabase auf den Kallistratos 
bezogen nur in diesem sinne aufgefasst werden könnten, bedarf 
kaum eines weiteren nachweises. Allerdings liesse sich ja an und 
für sich recht wohl denken, dass die yoag? £evlus ebenso gut wie 
die andere gerichtliche maassregel Kleons gegen diesen mann ge- 
richtet gewesen war, und zwar ebenfalls auf grund irgend welcher 
beziehungen zu Aegina, wie diese ja auch — ob mit recht oder 
mit unrecht — von schol. Ach. 654 erwähnt werden. Aber für 
Kallistratos, der im ganzen übrigen stücke die ibn persönlich be- 
treffenden schritte Kleons mit grösster unumwundenheit erwähnt, 
würde eine solche verschleierung des wahren, in diesem falle das 
offene licht des tages doch sehr wohl vertragenden vorgangs ebenso 
unbegreiflich sein, wie sie es für den Aristophanes unter der vor- 
aussetzung sein würde, dass auch die im übrigen stücke offen und 
deutlich erwähnte andere maassregel Kleons auf ibn gehen könnte. 

Allen diesen schwierigkeiten begegnet die im vorhergehenden 
entwickelte annahme, nach welcher die auf Aegina gehenden verse 
die bitte, den dichter nicht preiszugeben, anstatt durch die wirk- 
liche durch eine vorgebliche gefahr motiviren, weil eben dieser 


geountys nach der absicht des dichters, der dabei auf die richtige 


auffassung wenigstens eines grossen theils des publicums und dessen 
Philologus. XXXVI. bd. 3. 26 


402 Aristophanes. 


bekanntschaft mit den factischen verhältnissen rechnet, von dem in 
der parabase zunächst erwähnten didaskalos unterschieden werden 
soll. Wollte Aristophanes einmal etwas nur ihn persönlich als 
dichter betreffendes in dem officiell dem Kallistratos eigenthümli- 
chen stücke berühren, so musste er bei seinem verhältniss zu die- 
sem manne sich mit andeutungen begnügen und konnte schwerlich 
ein verfabren vermeiden, das man allerdings ein gekünsteltes zu 
nennen völlig berechtigt ist. Da er in dem der parabase voran- 
gehenden theile des stücks den Kallistratos geradezu hatte erklä- 
ren lassen, dass er , Kallistratos, die aufführung der Babylonier, 
die officiell ebenso gut wie das jetzt aufgeführte stück, als dessen 
eigenthum galten, zu vertreten gehabt habe, konnte er am aller- 
wenigsten jetzt dessen eigenen chor denselben geradezu lügen 
strafen lassen durch die offene erwähnung der thatsache, dass Ari- 
stophanes vielmebr der wahre dichter jenes stückes gewesen und 
wegen dieser thatsache noch in gefahr schwebe, seinen mitbürgern 
entrissen zu werden. | 
Desshalb also wird eine gefahr fingirt, die gerade in ihrem 
diametralen gegensatze zu den verhültnissen der zeit und der stim- 
mungen darauf berechnet ist, dass die der sachlage kundigen zu- 
schauer, über die in sich unmügliche situation frappirt, das dersel- 
ben zu grunde liegende, ihnen aus der tagesgeschichte bekannte 
wesentliche, die dem dichter von ganz anderer seite her drohende 
gefahr, erkennen und seine bitte beherzigen. 
Noch verdient das auf die eigentliche parabase folgende pni- 

gos (v. 659 ff.) 

moog tavta Kifwy xal maduuacdw 

xai này» im êuoi textasvéctw * 

10 yag ev per” duov xai T0 dixasov 

Evupayov Eoras xi. 
eine besprechung. Unter den nicht gerade zahlreichen stellen der 
alten komódie??), an denen der chorführer aus seiner rolle her- 


22) Ausser unserer stelle bei Aristophanes Nub. 518 ff., Pac. 754 ff, 
Vesp. 1284 f£, ferner Cratin. Chiron. fr. 22: ratte duoir iv iroiv ruby 
poles ZEsnovn9n, Eupol. Bapt. fr. 16: xaxeivous tous "Innéac Evvenoinca 
1Q galaxew Toviw xadwonoduny. Wahrscheinlich auch Arist. Anagyr. 
f. 18 (149 D): ix de rc &uns ghavidoc zeeis ändnyidas noswv, Eupol. Pol. 
Ir. 6: ws ópiv névrus èyu &noxQuotuos neds rà «C xaxds pow add. 
Hermann., opusc. V, p. 297 > xamyogovuera, Metag. Philoth. fr. 1: 








Aristophanes, 403 


austritt und scheinbar in eigenem namen redend dinge vorträgt, 
die nicht auf ibn selbst oder den chor, sondern nur direct auf die 
persönlichkeit des dichters bezogen bedeutung haben, steht es da- 
durch fast vereinzelt da, dass der vortragende hier plotzlich in die- 
ser weise auftritt, nachdem er unmittelbar vorher über den 7067776 
und im anfang der parabase über den didaskalos geredet hat. So 
natürlich es nämlich nach dem entwicklungsgange der alten ko- 
moedie ist, dass, wenigstens in der parabase, der chorführer als re- 
prüsentant des dichters?®) galt, und dass man in seinem ich ohne 
weiteres das des dichters zu hören glaubte, so auffallend muss es 
erscheinen, wenn, wie es ausser in der Acharner- nur noch in der 
Friedens -parabase der fall ist, der chorführer innerhalb derselben 
parabase zunächst von dem dichter oder dem didaskalos als von 
ihm verschiedenen persönlichkeiten (in der dritten person) und dann 
sich mit dem einen oder dem andern identificirend (in der ersten 
person) redet. 

Für das Acharner-pnigos muss es als das nächstliegende er- 
scheinen, dass der chorführer sich mit der persönlichkeit des man- 
nes identificirt, der officiell als dichter des stückes galt, also des 
Kallistratos. In diesem falle ist das #oûç tavza („demgemäss“, 
wie Pac. 765) als im rückblick auf die ganze vorhergehende ei- 
gentliche parabase gesagt aufzufassen, was um so geringere schwie- 
rigkeit hat, als diese anfangsworte wie überhaupt das ganze pnigos 


xav insaodıov ustaBaiiw 10» Aoyor, Ws av xasvaios Nagowies xai nodlaîs 
svuynow TO Jéarpoy. Fraglich ist diese auffassung bei den von Bergk 
in diesem sinne erklärten fragmenten aus Arist. Amphiar. (18. 19., 
96. 97 D), ebenso Eupol. Colac. fr.2, Eupol. fr. inc. 1, Platon. Paedar. 
fr. 1, Pherecrat. Myrmecanthr. fr. 5 (sehr unsicher überliefert), in 
welchen der Koryphaios ebenso gut nur als repräsentant des chors 
für dessen ausserhalb der eigentlichen rolle desselben liegenden 
wünsche, hoffnungen, neigungen und abneigungen sprechen kann, 
wie dies z. b. bei Arist. Equ. 1277, Av. 445, Eccl. 1154 f£, Ach. 300 
(vgl. p. 899), 1155 (vgl. p. 395 ff.) entschieden der fall ist. — Anderes 
mit geringer wahrscheinlichkeit auf eine parabase zurückgeführte, wie 
z. b. Plat. fr. Perialg. 2 (vgl. Mein. hist. crit. p. 181): ös agate uir 
Kiéiwys nolsuov nodunv, ist hier übergangen worden. 

23) Ebenso ist es zu erklären, dass nagafaivew nicht allein von 
dem auftreten des chors gebraucht wird (wie Equ. 508. Thesm. 785), 
sondern auch von dem dichter, der den chorführer statt seiner reden 
lässt (Ach. 628. Pac. 735). Ganz ebenso Platen, verh. Gabel: , Sein 
abschiedswort thut euch durch mich der komoedienschreiber zu wis- 
sen, der oftmals schon im verlaufe des stücks vortrat aus seinen cu- 
lissen“. 


26° 


404 ‘Aristophanes. 


eine parodie Euripideischer anapäste sind (fr. inc. 910: mgóc rat?” 
on yon xai nmudapacdw xrA.) und dadurch an selbständiger be- 
deutung verlieren. Wenn man jedoch bedenkt, dass bei einem an- 
schluss dieser worte an das unmittelbar vorhergehende das zuver- 
sichtliche KAfwr xoi rnlaudodw xal nav En’ èuol rexrawécdo 
ungleich mehr motivirt erscheint (dem von Euch zu erwartenden 
schutze gegenüber mag Kleon himmel und erde in bewegung setzen), 
so muss der gedanke nahe liegen, ob nicht diese worte so gedich- 
tet sind, dass sie daneben zugleich auf den Aristophanes selbst be- 
zogen werden sollten. Nun würde sich nicht allein diese nach- 
drucksvollere beziehung so zu sagen von selbst ergeben, sondern 
zugleich auch ein völlig begreiflicher grund für den übergang aus 
der dritten in die erste person, dem wir mit dem anfang des pni- 
gos begegnen, und zu dessen motivirung das Euripideische original 
allein schwerlich ausreicht, durch die annahme gefunden sein, dass 
Aristophanes selbst der chorführer seines Acharner - chors gewesen 
wäre und, wie durch die erregte stimmung des pnigos fortgerissen, 
worte angewandt hätte, welche in der von ihm gewünschten weise 
aufzufassen für die der verhältnisse kundigen zuschauer dann hei 
weitem näher liegen musste als die an und für sich ja vorauszu- 
setzende beziehung auf Kallistratos 24), 

Dieser an und für sich vielleicht willkürlich und gewagt er- 


24) Ueber den in der Friedens-parabase mit v.740 plötzlich ein- 
tretenden übergang aus der dritten in die erste person eingehender 
zu handeln liegt ausserhalb der grenzen dieser abhandlung. Obwohl 
dort das uayouæ ohne weiteres auf den Aristophanes zu beziehen ist, 
der den Frieden bekanntlich unter eigenem namen und zugleich als 
didaskalos aufgeführt hat, bleibt doch der wechsel auffallend, um so 
mehr als der betreffende wie die vorhergehenden verse bekanntlich 
aus der Wespen-parabase herübergenommen sind, wo überall die dritte 
person steht. "Vielleicht trifft die annahme das richtige, dass mit den 
worten x«i nourov uiv udyouaı ndyıwv xt. ein anderer als in den 
vorhergehenden versen zum publicum redet, und zwar Aristophanes 
selbst (oder ein ganz speciell als sein reprüsentant geltender), um 
sein verdienst, den Kleon zuerst angegriffen zu haben (vgl. die aus- 
einandersetzung von v. Wilamowitz, obs. crit. in com. Gr. p. 54, im 
anschluss an welche übrigens zewros zu schreiben scheint), durch das 
persónliche auftreten in einer allgemein beliebt gewordenen und des- 
halb jetzt wiederholten stelle recht nachdrücklich hervorzuheben und 
sich um den sieg zu bemühen. Bei diesem, übrigens bis jetzt für 
keinen andern fall nachgewiesenen wechsel des vortragenden würde 
sich auch das sonst autiallende präsens ucyoucs (wesshalb di 'uayoumr 
conjicirt worden ist) als ein für die anfangsworte des neu auftreten- 
den wohl begreiflicher lebhafter einsatz erklären lassen. 











Aristophanes. 405 


scheinenden vermuthung tritt als stiitze hinzu, dass die verse 541 ff. 
der Ritter-parabase es wahrscheinlich machen, dass Aristophanes 
in einem seiner der auffübrung der Ritter vorhergegangenen stiicke 
chortübrer gewesen ist. 
Von den dort sich findenden oft besprochenen worten 

tavr beqwdwy diétosBev cet xai neds tovtosow Eyaoxev, 

gétny yonvas Mowta yeveodas nov nydudloig Èrmysipetv, 

xuu Èvrevdev mowoatevcas xai rovg Gréuous dıadonoas 

xara zußepvuv avıor Éuur®, 
wird das xdta xufegviv avrov Eavım mit recht von E. Petersen 
a. o., p. 651, von dem einüben des chors im eigenen stücke ver- 
standen. Auch mit der behauptung, dass diese verbundene zweiheit 
als vorstufe eines von beiden voraussetzt, entweder als chorlehrer 
einem andern dienen oder als dichter, und mit der entscheidung 
für letzteres, was die erstlings-stücke des Aristophanes betrifft, hat 
derselbe sachlich entschieden das richtige getroffen. In den worten 
der Ritter-parabase ist aber mehr enthalten. Wenn nämlich wirk- 
lich die dem xußeovav avzdv avro vorausliegenden stufen nur das als 
dichter einem andern dienen bezeichnen würden, und zwar, wie in 
der von Petersen, p.650, gebilligten Bergk’schen erklärung (p. 917) 
des zovs davéuovs dsaFo7jous liegt, zum zweck des erforschens der 
aura popularis 2°) durch die unter fremdem namen gegebenen stücke, 
so würde in dem ganzen gleichnisse nichts von der vorhergehen- 
den ausführung wesentlich verschiedenes enthalten sein, vielmehr 
der sache nach dasselbe, wie in dem ravz' dggwddy Oiérgiflev det: 
Er hat (nicht etwa mit dem dichten, sondern mit dem aufführen 
seiner stücke unter eigenem namen) immer gezdgert, weil er sich 
erst eurer gunst und deren beständigkeit vergewissern wollte. Und 
doch erwartet man jetzt etwas neues, besonders wegen des eos 
zovrossıv. Dieses neue aber liegt in dem gedanken, dass die 
schwierigkeiten der einübung des chors überhaupt, also auch des 
eigenen (des xufeovîv astov éuvi@), erst gelernt sein wollen, in- 
dem man seine stücke anderen als chorlehrern gibt, und unter die- 
ser erfahrenen leitung sich praktisch die nöthige erfahrung erwirbt, 
indem man also, bevor man sein eigenes schiff steuert, d. h. seines 
eigenen chors didaskalos ist, in seinen chören égéry; und newed- 


25) Aehnlich auch Droysen, p. 4. 





406 Aristophanes. 


rfc gewesen ist. Da dies zwei verschiedene stufen sind, wie das 
xt èviev9ev deutlich zeigt, so ist kaum eine andere möglichkeit 
als die, diese ausdrücke als bilder für den choreuten und den chor- 
führer aufzufassen, so dass also auch aus diesem grunde das auf- 
treten des Aristophanes als chorführer für die den Rittern voran- 
gehenden Acharner wahrscheinlich wird 2°). Bei dieser erklärung 
der Ritter-parabase ist die in dem tovg dvéuovs diadegoos gefun- 
dene beziehung auf die erforschung der aura popularis natürlich 
aufzugeben, was um so leichter, als das in diesem sinne an und 
für sich ja völlig begreifliche bild dem griechischen keineswegs 
geläufig ist. Entweder liegt in diesen worten nur eine weitere 
ausführung des zowparevons ohne specielle nebenbedeutung, oder es 
ist darin der gedanke enthalten: „Auf alle kleinigkeiten, die das 
schiff des chors (oder stückes) zum ersehnten ziele bringen können, 
genau acht zu geben“. 


HI. 


Es bleibt noch zu erörtern übrig, in welcher weise eingeleitet 
und wodurch begründet wir uns den von Kleon gegen Kallistratos 
geführten process zu denken haben. Manches für diese frage wich- 
tige ist bereits von Fr. Leo, Quaest. Arist., diss. Bonn. 1873, bei- 
gebracht worden, doch hat eine genaue prüfung der von demselben 
für seine untersuchung benutzten stellen zu anderen als den dort 
gefundenen resultaten geführt ?7). 

Die form, in welcher Kleon den Kallistratos zur verantwor- 
tung zog, ist durch v. 379: elocdxvoag yug w’ el; tò Povdsvrngioy 
zur genüge bezeichnet: es war eine vor dem rathe angebrachte 
eisangelie. Von einer solchen spricht auch, freilich in ungenauen 
ausdrücken das Ven. schol. Vesp. 1284: &dy4ov noregov tig Koà- 
Aorourou ele wy» Povdjv sicaycyüg xoi viv muuvnoxerus, Gre 
< cod. ou > avror Kléwr elciyuyer. Vor dieser eisangelie mit 
Leo (p. 31. 33) noch eine probole in der volksversammlung an- 


26) Auch für die zweite Wespen- parabase nimmt Droysen, p. 8, 
in den versen sici tec of ys’ Eleyov xk. (1284) ein persönliches auf- 
treten des Aristophanes an. 


27) Dass Leo die betreffende klage gegen Aristophanes selbst ge- 


richtet sein lässt, ist für die bier in betracht kommenden äusserlich- 
keiten ohne bedeutung. 








Aristophanes, | 407 


zunehmen, welche, wie behauptet wird, auf die grossen Dionysien 
zu folgen pflegte, sind wir durch nichts berechtigt. 

Ein solcher, an und für sich ja wohl möglicher aber wenig 
wahrscheinlicher?9) gang gerichtlichen einschreitens würde nur auf 
ganz bestimmte zeugnisse oder in der sache selbst liegende zwin- 
gende gründe hin anzunehmen sein, Weder das eine noch das an- 
dere ist aber vorhanden. 

In den worten des Rav. scholiums zu Ach. 378: — xai dia 
touro OQyi0O si; 6 Kikwy éyoayaro avıöv ddux(ag sig 100g zoAl- 
tac, we els UBesv zov djuou xai 175 Bovdng tavra menomxora, sind 
wir durch nichts gezwungen, das eig rovg moA(rag mit Leo (p. 33) 
an éygawato anzuschliessen; vielmehr ist schon die wortstellung 
für die verbindung mit ddixíag, so dass ddix(a elg rovg moMrag, 
worüber w. u. (p. 412) zu vergl, einem &dsxsîv tov dijuov ent- 
spricht. Der ausdruck éygcwaro ist ebenso gut von der eisangelie 
wie von der probole gebraucht ungenau. 

Trotzdem würde man an der zunächst nach der aufführung 
erfolgten probole festzuhalten haben, wenn eine gerade zu dem 
zwecke abgehaltene regelmässige volksversammlung, alles in der 
dionysischen feier in ungehöriger oder frevelhafter weise geschehene 
dieser art gerichtlichen einschreitens zu unterwerfen, schon für die 
zeit der Babylonier anzunehmen wäre, 

Dass zur zeit des Demosthenes spätestens eine solche ver- 
sammlung zu diesem zwecke bestand, zeigt u. a. das Mid. 2 9 er- 
wähnte gesetz unbekannter zeit, x49° ov ai nooßolal ylyvoviai, 
Afywv nosiv inv Exxinolav àv Aiorvcov wera rà Mavdia, dv dé 
14975, Eneıday yonuarlowoıw of modedgor mol wy diwxnxer 6 
Goywy, yonwarlle xal negl wy v ug Doux 7 neQh 1ùv Eogrny 
7 nagavevounxusg. Aus derselben rede, 2 147, geht aber deutlich 
hervor, dass dies gesetz zu der für uns in frage kommenden zeit 
noch nicht bestand. Denn wenn es daselbst über Alkibiades heisst: 
Tuvgéur énuruËe yoonyouvtu ini xopons' tow Tara, GARA yogn- 
yo ye yognyoUvra tour énolnoev, ovnw tOVdE 10v vóuov naga- 

28) Anstatt durch die probole ein präjudiz seitens des volks zu 
erlangen, dann die sache du rch eisangelie vor den rath zu bringen, 
der dieselbe, wenn sie ernsterer natur war, an einen gerichtshof oder 
an die volksversammlung zu bringen pflegte, ‚musste es näher liegend 
erscheinen, durch eine direct vor das volk BL Ms eisangelie das- 


selbe ziel auf kürzerem wege zu erreichen (vgl. Meier u. Schömann, 
att. Pr., p. 265 — 72). 





408 | _ Aristophanes. 


Palrwvy* ov yàg Exsıra mw, so ist mit diesem gesetze, welches 
Alkibiades nicht übertreten konnte, weil es®noch nicht gegeben 
worden war, offenbar das im anfang der rede erwühnte, über die 
im verlaufe des festes vorgekommenen ungehürigkeiten, gemeint. 
Dass sich bei Plut. Sol. 21 schon unter den Solonischen bestim- 
mungen findet: [ovra de xaxüg Afytuv ènullvos moog Îspoîc xai 
dixaotnoloss xal aoyelorg xui Sewelac ovons Gyuvur, f tests 
dooyuág tw idswry, dvo d’ alas anorlvsıw elg 10 Onuocov Erake, 
steht damit nicht, wie Leo, p. 31, behauptet, im widerspruch. 
Denn hier haben wir nur ein ganz allgemein gehaltenes von jeder 
privatperson, die sich gekränkt glaubte, in ihrem interesse zur 
nachdrücklicheren verfolgung der ihr angethanen injurien anzuwen- 
dendes verbot, dagegen in dem bei Demosthenes erwähnten gesetze 
eine ganz specielle anordnung, welche für alles, was im verlauf 
der grossen Dionysien in ordnungs- oder rechtswidriger weise ge- 
schehen war, von staatswegen gelegenheit, unter umständen auch 
pflicht, zur beschwerde und einleitung des processes durch die form 
der probole darbot. 

Ebenso wenig wie die stelle des Plutarch mit der behauptung 
des Demosthenes über das alter des fraglichen gesetzes in wider- 
spruch steht, ist in der bei Thuc. IV, 118, 12 (xai wuoloynouv 
dv 16 duo v)v Pxyuglav sva. évrauroy, agye» dè tivde mv 
iutoav, rerodda ini déxa tov "Elagnfolwvos unvoc) erwähnten 
volksversammlung des 14. Elaphebolion 423, deren local nicht an- 
gegeben ist, ein grund für die von Usener, symb. phil, Bonn. 
p. 584, 6, aufgestellte ansicht zu finden, dass schon während des 
peloponnesischen krieges eine regelmässige versammlung im anschluss 
an die grossen Dionysien zu dem erwähnten zwecke eines ein- 
schreitens des volkes im theater stattgefunden hätte. 

Es liegt also durchaus keine veranlassung vor, von den uns 
in den Acharnern selbst gegebenen anhaltspunkten abzuweichen und 
anzunehmen, dass Kleon vor seiner beim rathe eingebrachten eis- 
angelie noch auf dem wege der probole gegen Kallistratos einge- 
schritten wäre. 

Eine klage wurde in der form einer eisangelie eingebracht 
entweder wegen vergehungen, über welche es keine ausdrücklichen 
gesetze gab, oder wegen solcher, die zwar durch bestimmte ge- 
setze verboten und einem bestimmten processualischen verfahren 











Aristophanes. 409 


unterworfen, aber unter besonders erschwerenden umständen began- 
gen waren und also auch ein ausserordentliches gerichtliches ver- 
fahren wünschenswerth erscheinen liessen (Meier u. Schömann, p. 
262, Herm. Bohm, de eioayy. ad comit. Athen. delatis, Diss., Halle 
1874, p. 16, 2). 

Fragen wir, wie das dem Kallistratos schuld gegebene ver- 
brechen zu classificiren sei, so finden wir, wenn wir die antwort 
zunächst im Aristophanes suchen, ohne zweifel den hauptinhalt der 
klageschrift wiedergegeben in den worten (Ach. v. 502. 3) dre 
Etvwy nagorıwv my nolıw xuxwç Agyw. Dass nicht die gegen- 
wart der fremden allein, wie es nach v. 504. 5 scheinen könnte, 
wo hervorgehoben wird, dass jetzt, an den Lenäen, dieselben nicht 
zugegen wären, den grund zu der klage abgegeben hat, zeigen 
die v. 515, 16 nachdrücklich zweimal gesetzten worte 

oùyi tr noAw Myw, 
píuvgo9e 1où9 0n oùyi rj» nôlw deyw, 
und der anfang der parabase (v. 630. 31): deufallouevos, we 
wunder vj» nóÀw nuwy xol tov juor xadvBolle, woraus sich 
ergibt, dass schon das ziv modsy xaxüc Aéyesy an sich für Kalli- 
stratos gravirend genug gewesen sein mochte. 

Ob andrerseits dieses xaxdc Aéyes tiv mod, durch ein be- 
stimmtes gesetz verboten war, so dass die form der eisangelie also 
nur wegen der anwesenheit der fremden gewählt worden wäre, 
oder ob Kleon gerade wegen des mangels an einem ausdrücklichen 
verbot veranlasst wurde, in der angegebenen weise einzuschreiten, 
lässt. sich aus dem Aristophanes selbst nicht erkennen. Die ent- 
scheidung hängt, da es uns auch sonst an zeugnissen für das eine 
wie für das andere fehlt, hauptsächlich von der auffassung der 
auch von Leo, p. 36, verglichenen worte der ° A9nvatwr moditela 
II, 18 ab, ‘um so mehr, als die abfassung dieser schrift ungefähr 
der zeit der Babylonier und Acharner angehört, mag sie oun mit 
Kirchhoff, über die schrift vom staate der Athener (abhdl der k. 
akad. d. wiss., Berlin 1874), p. 1, in das jahr 424, oder mit M, 
Schmidt, Memoire eines Oligarchen in Athen, p. IX, in das j. 430/29 
zu versetzen sein. 

Die in frage kommenden worte lauten: xœumdeïr d'où xai 
xaxü Aéyesw tov piv dinov ovx iow, Wa ui aùroi axovwos 
xaxüg, ldíg dà xelevovory, et tho tiva Bovdetas, ev eldores Sze oùyi 


410 Aristophanes. 


100 diuov doriv oùdè tov mAj9ovg È xwumdouuevog we ent 10 
noAv, Gad’  nAovosos [ris add. K., bei Schmidt lücke] 7 yer- 
vaiog 7 duoauevos, OÂlyos ÓÉ tives mv merniwr xol zw» dnuo- 
tv xwuoadovrras, xoi ovd’ ovtos, iv un dia nodunguypo- 
cur xal dia ro Untetv mAsov ts eye tov Onuov* wok ovdì toùs 
tosovtovs ayFortas xwuwdovptvovs: 

Sie 2°) lassen es nicht zu, das (souveraine) volk 9") auf der 
bühne zu verspotten oder schlecht zu machen, damit nicht von ih- 
nen selbst schlecht gesprochen werde; im einzelnen (bei einzelnen) 
aber sehen sie es gern, da sie wohl wissen, dass der verspottete 
gemeiniglich nicht zum volke oder zur grossen menge gehört, 
sondern ein reicher oder adliger oder einflussreicher ist. Nur 
wenige aber von den armen und den zum volke gehörigen 
werden verspottet, und auch diese nur wegen ihrer lust, an allen 
möglichen dingen theil zu nehmen, und ihrer neigung, sich vor dem 
volke hervorzuthun. Daher sehen sie es auch bei solchen nicht 
ungern, wenn sie verspottet werden. | 

Diese auffassung der fraglichen stelle unterscheidet sich be- 
deutend von der von Leo (p. 37) gegebenen erklärung des idl 
dà xsdevovowv: ut idem significet quod idswrag áv9Quimovg, eis 
igitur opponi non possint, nisi qui populi auctoritatem teneant, ut 
si eis male dicatur, populo male dicatur. Ueber das sprachlich 
bedenkliche, um nicht zu sagen unmögliche, dieser auffassung würde 
man höchstens dann hinwegsehen können, wenn das verbot, athe- 
nische beamte auf der bühne zu verspotten, sonst irgend wie be- 
gründet werden könnte. Dies ist aber nicht der fall. Denn in 
dem w. u. noch zu besprechenden schol. Ar. Ach. 378 ist keines- 
wegs gesagt, dass das verspotten der yesgozovnzad und xAngwrai 


29) Gemeint ist 6 dyuos, von welchem auch schon in den schluss- 
worten des 17. capitels im plural geredet wurde. Freilich erscheint 
es Kirchhoff, p. 15 (vgl. jedoch das. p. 43, und Schmidt, p. 6. 11), 
zweifelhaft, ob diese folge ursprünglich. 

30) Diese bedeutung von duos und die oft darin übergehende 
des classen- oder bildungsbegriffes tritt in unserer schrift ganz be- 
sonders deutlich hervor. Von der gesammtheit der bürger überhaupt 
wird rsolsg gebraucht (I, 8. 17). In diesem sinne steht dyuos nur I, 8 
mit Gras verbunden und II, 10, wo das dabei stehende dyuocig (wie 
Kirchhoff statt des idig der handschriften verbessert) zu beachten ist. 
I, 17: ngog dà rouross 6 duos 6 A9nvaicy tide xspdaivss scheint zu- 
nächst ebenso aufzufassen zu sein, doch ist hier auch die bedeutung 
„souveraines volk“ zulässig. 


Aristophanes. 411 


dgya( an und für sich verboten gewesen wäre, sondern nur, dass 
Kleon in seiner onklage den nachweis versucht habe, dass dies in 
den Babyloniern zur verhóhnung von dguog und fovdn geschehen 
würe, so dass diese büswillige absicht als das eigentlich strafbare 
erscheinen muss. Dass ein gesetz, vorausgesetzt, dass wirklich ein 
solches und nicht etwa nur ein bestimmter gebrauch anzunehmen 
ist, verbot wu) xwumdeivy róv aoyorra (schol. Ven. Ar. Nub. 31, 
vgl. schol. Ven. Ran. 501), würde für die grossen dionysien, de- 
ren verwaltung bekanntlich dem eponymos oblag, völlig begreiflich 
sein, und etwas ähnliches keineswegs, wie Leo annimmt, für an- 
dere beamte, sondern höchstens noch für die lenäen für den ba- 
sileus wahrscheinlich machen !), 

Wenn Leo in den worten xwundeiv xıA. tov Ónuo» oix low 
die erwühnung eines bestimmten gesetzes findet, so lüsst sich die 
müglichkeit dieser auffassung freilich nicht in abrede stellen. Die 
gegenüberstellung des jedenfalls nur in dem allgemeinen sinne des 
wünschens und verlangens (nicht etwa des gebietens) aufzufassen- 
den xeAsveıw in dem ?dlu dé xedevovorr legt es jedoch nahe, auch 
unter dem oùx éwoiw weiter nichts zu verstehen als „sie lassen es 
sich nicht gefallen, sie dulden nicht“, wie auch an den drei andern 
stellen dieser schrift, wo es sich findet (I, 6. 9. II, 12), ovx day 
nur diese bedentung hat. - 

Es kommt hinzu, dass die personification des demos in Ari- 
stophanes’ Rittern die existenz eines ausdrücklichen gesetzes gegen 
das xwuw@deiv tov d?uov wenig wahrscheinlich macht. Denn wenn 
es auch, wie Leo, p. 37, hervorhebt, albern gewesen würe, das 
personificirte volk von der bübne zu verbannen, so hatten die 
Athener doch in den Rittern nicht eine einfache personification, 
vielmehr eine recht handgreifliche verspottung ihrer volkssouverai- 
netüt vor augen, die kaum anders als ein xwundeiv Toy dijuov 
aufgefasst werden konnte und also, wenn wirklich das fragliche 
gesetz bestanden und erst vor wenigen jahren dem Kallistratos 
unannehmlichkeiten genug bereitet hatte, denn doch manches be- 
denkliche haben mochte. 


31) Ob für den eponymos dieses privilegium auch in wirklichkeit 
oder nur in der darstellung des scholiasten von den grossen diony- 
sien auf die dionysischen feste überhaupt übertragen worden, bleibt 
am besten auf sich beruhen. 


412 Aristophanes. 


Anders und wahrscheinlicher gestaltet sich die ganze sache bei 
der annahme, dass kein ausdriickliches gesetz das xwywdeiy xai 
«ux@ç Afyew 10v diuov untersagte, dass vielmehr nur die stimmung 
des volkes sich dergleichen — ausnahmen, wo, wie z. b. gerade in 
den rittern das xwuwdei» tiv zoAıw nur die. grundlafe zu noch 
grösserer und wirksamerer verspottung einzelner war, natürlich 
abgerechnet — im allgemeinen nicht gefallen liess. Diese stim- 
mung des volkes konnte aber denjenigen, welche interessen des 
staats verletzt zu sehen glaubten, die beste handhabe geben, eine 
im speciellen je nach dem inhalte eines stückes formulirte anklage 
einzubringen und zu begründen, und zwar, da es sich eben nicht 
um übertretung eines bestimmten gesetzes handelte, gerade auf dem 
wege der eisangelie, 

Wir sind in der glücklichen lage, für die eisangelie Kleons 
nicht allein die allgemeine begründung , dass Kallistratos sich ge- 
gen das „volk“ vergangen habe (&dixsiv zov d7wov)??), sondern auch 
die von demselben ins feld geführten speciellen anklagepunkte zu 
kennen, und zwar aus schol. Rav. Ach. 378: dia mv néQvos xw- 
powdlav: rovc BaßvAwvloug Ayes. tovrovs y&Q eo Uv ° Ayagvéwr 
*Agsiotoparns èdidatev, iv olg noAloös xaxwe simt». èxwu@once 
yüg Tag te xAnQWwIag xai yetootovntas Goyas°) xal Kiéwa ma- 
corrwy zur Efvww. zul dia Toro dgysodeis 6 Kitwy èyedwaro 
adtov adixtag tlg rovg modirag, ws slg vfgu rov dnuou xal zig 
BovAns ravia memoimxôre. xoi Eevlag xrà.  Kleon ging also von 
der thatsache aus, dass in den Babyloniern die xAnowrai und yes- 
Qorovgroai Goygul verspottet waren, und suchte diese so darzustellen, 
dass es nicht in verzeihlicher oder entschuldbarer weise, etwa aus 
übermüthiger laune, geschehen wäre, sondern in strafbarster absicht, 
zur verhóhnung der volkssouverainetät, und zwar, was um so schlim- 
mer, in gegenwart der fremden. 

Bei dieser annahme ist die hóchst beachtenswerthe ausdrück- 


82) Vgl. Bohm a. o. p. 21. 24, der mit recht den ausdruck «dızia 
sis tods noditas für identisch hält mit der adızia ngóc tow dyuor (Meier 
und Schómann, p. 246), welche als officielle bezeichnung allerdings aus 
dem alterthum nicht nachweislich zu sein scheint. Sprachlich hat 
der ausdruck ddızia ngös oder eis tva ebenso wenig bedenken, wie 
ein éBosc nooc oder sl; tiva neben bPfoic nvóg. 

88) Vgl. Vit. Arist. p. XXVII, 29 Dübn.: iv dpduan adroù Bafv- 
Awviors diéBels vy "ASnvaiwy ag xAgpords doyas nagovrwy Eévuy. 











Aristophanes. 413 


liche hervorbebung des verspottens der xAngwrai und yeıpozernzai 
aeyal, auf welche auch Leo, p. 35, mit recht grosses gewicht 
legt, völlig begreiflich. Wenn Kleon dem Kallistratos vorwarf, er 
hätte die vom volke gewählten beamten in böswilliger absicht ver- 
höhnt, so warf er ihm damit eine verhöhnung der volkssouveraine- 
tät vor, während er ihm in der verhöhnung der durch das loos 
gewählten beamten eine verhöhnung des ganzen staates, seiner ein- 
richtungen und seiner verwaltung vorwarf. Derselbe unterschied, 
bei welchem man es auf sich beruhen lassen kann, worin das gra- 
virendere liegt, wird in der ersten rede gegen Aristogeiton in der 
erwähnung der übergriffe gemacht, die sich dieser gegen die athe- 
nischen beamten erlaubt hat (2 49. 50): og slg 1009’ nxes zov- 
olas wor èvdedesyuivos nn od» ovxoguriüy dresdov ovx 
ènavero olg uiv ópeig tè puéyiota Èvegsiollere OtQurnyoïs — ovx 
dxelvous UPelluv — aGMd inv vpertoav yesporoviav noonyluxilwy 
xai zig Euvrov mornglug Entdetiv rosovuevos, tug dé xAnewres 
dogàs Onagdtiwy, alrwv, elongdttwy doyvgior, TI xaxòv ov za- 
eo» ; 

Mit dem hier gefundenen resultate stimmt Aristophanes selbst 
völlig überein, wenn er Ach. 631 von dem didaskalos der Baby- 
lonier sagt, er wäre verliumdet worden, ws zwu@der ıny now 
zuwv xal tov dquov xu3vBolte. Ersteres hatte Kleon zu erhärten 
gesucht durch die verspottung der xAngwrat %*), letzteres durch die 
der yesgorovgiaè deyat. Der vers enthält also keineswegs eine 
tautolegie, vielmehr sind 0%: und dZuog ebenso absichtlich ge- 
schieden wie Plut. 568 (of $rroges) megi zov dnmov xui rjv 170% 
slo? dlxator, Equ. 273: w móAig xoi diue, Thesm. 363: Evreu- 
yomecta rhea uiv modes, téleu Où diuw tad’ ebyuar’ éxyeréo- 
Jos 5). Dass es statt dieses unterschiedes von 04:56 und dijwog 
in dem Acharner-scholium heisst wg eig Ufoir tov duou xoi zig 
Boving zavıu nenosnxdta ist bei der sonst so häufigen zusammen- 
stellung dieser beiden wörter ohne bedeutung. 

Dasselbe scholium lässt die auffassung zu, als ob der innere 
grund der klage Kleons die thatsache gewesen wäre, dass neben 

94) Vgl. Dem. Boeot. nspi dv. 810: av d° coygy Zvuvobv 4 nodes 
xAnoot, olov Bovins 7 SecuoSérou 7 vov Gllwr. 

Vgl. auch das wegen der personification des demos etwas 


anders zu beurtheilende negs tov diuov &vdo' dosorov süvovoresov te Tj 
nodes (Equ. 873) und 7005 ' 495vaiove xai tov djuov (Equ. 811). 


414 Aristophanes. 


den beamten Kleon selbst in den Babyloniern verhöhnt worden 
ware. Schwerlich sind wir jedoch berechtigt, schlechthin nur 
rache wegen gekränkten selbstgefühls als motiv seiner maassregel 
anzunehmen. Von dem standpunkte seiner partei aus mégen die 
Babylonier veranlassung genug zu einer eisangelie gegeben haben ; 
denn den versicherungen der Acharner, dass die angriffe Kleons 
nur auf verläumdungen beruhten, dürfte keine allzu grosse beweis- 
kraft beizumessen sein. 
Hamburg. Hermann Schrader. 


Zu Euripides Hippolytos. 
Eur. Hipp. 840 — 1: 


tha xÀów; nodesy Iavyacınog Tuya, 





yuvas, oav éntBa, raÀcwa , xagdiar. 


Im zweiten vers, wo ënéfa in AEc und als var. von 2. b. in B, 
#a in B (1. h.) CBC, schreibe ich mit Hartung cav énéfa, 1a- 
dava, xQadtav, yivas. Bei Elmsley (Dindorf): yuvas, cav, tadaw', 
EBa xaodiav und Nauck (Weil): yuras, cav, tudawa, xgadlav ifa 
ist die stellung von cav zu hart, auch ist doch ëréfa besser beglau- 
bigt. Den metrischen fehler im ersten vers corrigirt Kirchhoff (Nauck, 
Weil), indem er zí(va xAvw; schreibt, Dies kann nur bedeuten 
entweder: „was höre ich?“ (indicativ) — aber dabei ist das präsens 
anstössig, es müsste futurum stehen: „was werde ich zu hören be- 
kommen“ — oder: „wen soll ich hören ?“ (conjunctiv). Aber Hartung 
bemerkt ganz richtig, Theseus frage hier zuerst, wer schuld an 
dem uoglück sei und erst mit v. 842 («mos 715 av 10 nouydér ; 
etc.), wer ihm wohl den hergang berichten könne. Darum müsse 
xAvw entfernt werden, wie schon Elmsley gerathen habe. Er 
schreibt z(vog d7, nôder etc., wohl weil C xAvw dg hat. Der 
scholiast sagt: Ae(ze& n nupa, mage tlvos dxovow. Ich glaube, 
dass nagu z(vog mode zu schreiben und dass die falsche ergän- 
zung xAvw das „leicht zu ergänzende“ zug« verdrängt hat. ragà 
ılvog; sc. Ouluovoç, leicht zu verstehen nach 832: &vaxoultopas | 
tuyay dasuovwv. Ebenso 816 zig (sc. deluwr) agu cur, tudaw’, 
Guaveot Cour; 
Altona. Th. Barthold. 





XVI. 
Zum text des Sextus Empiricus. 


I, 


Seit Im. Bekker’s ausgabe des Sextus Empiricus (1842) sind 
meines wissens die von ihm oder auch nur die schon von J. A. 
Fabricius (1718) benutzten handschriften einer neuen vergleichung 
nicht unterzogen worden. Ebensowenig sind seitdem veröffentlichun- 
gen aus anderen handschriften erfolgt. So ist, da die leipziger 
neue ausgabe des Fabricius (1840) und J. G. Mund’s ausgabe der 
Pyrrhon. Hypotyposeis (1796) für verbesserung des textes zuge- 
ständlich nichts gethan haben, die sogenannte Genfer ausgabe (1621) 
aber selten ist, das studium des Sextus, was den überlieferten text 
anlangt, vorläufig fast durchaus auf Fabricius und Bekker angewiesen. 

Dieser überlieferte text nun darf, abgesehen von einigen, be- 
sonders den metrischen citaten aus den ältesten philosophen, im 
grossen und ganzen als ein wohl lesbarer bezeichnet werden. Wäh- 
rend wir allerdings einige ganze schriften des Sextus vermissen, 
wenn auch nicht soviele, wie Fabricius, aber auch nicht blos eine, 
wie €. L. Kayser, Philolog. 1849. p. 48. 49 anzunehmen scheint !), 
stossen wir in den erhaltenen nur selten auf grössere und unaus- 


1) S. meine schrift De S. E. librorum numero et ordine. Berlin, 
Weber, 1874, besonders 83. — Auch einigen andern allgemeinen be- 
merkungen Kayser's a. a. o. über Sextus stimme ich nicht bei; vgl. 
darüber die erwühnte schrift und die »lebensverhültnisse des S. E.«, 
Berlin, Weber, 1875. Darin aber hat Kayser p.50 recht, dass Sextus 
eine nur geringe kenntniss des Aristoteles hat, ein punkt, auf den 
ich ein andermal zurückzukommen hoffe. ' 


416 Sextus Empiricus. 


füllbare lücken ?); und sowenig gegen die ächtheit einer die- 
ser schriften, trotz ihres unterschiedes in bezug auf tiefe der auf- 
fassung, fleiss der durchführung und ton der darstellung, begrün- 
dete zweifel sich werden geltend machen lassen, ebensowenig finden 
sich in ibuen verdächtige zusätze von grösserem umfange. Ob wir 
diese günstige lage etwa auch dem umstande zu danken haben, 
dass Sextus iu früherer zeit vermuthlich zu den weniger gelesenen °) 
und abgeschriebenen schriftstellern gehört hat, wird wohl erst klar 
werden, «wenn das philologische studium des Sextus lebendiger ge- 
worden sein wird, als es bisher war. 

Indess, so schätzbar auch der bisher benutzte handschriftliche 
apparat ist, so haben doch schon Fabricius und mehr noch Bekker 
von dem rechte der conjectur gebrauch machen müssen. Später 
haben A. Nauck, Philolog. 1849 p.199 und in ausgedehnterem masse 
Kayser a.a.o. und Rhein. mus. 1850, von Bekker’s text ausgehend, 
‚eine anzahl verbesserungen vorgeschlagen. Ich erlaube mir im nach- 
folgenden noch einige andere vorzulegen, welche sich mir nach 
einer längeren beschäftigung mit Sextus und besonders mit den 
Pyrrh. hypotypasen als nothwendig oder doch wahrscheinlich erwiesen 
haben. Zum grösseren theile betreffen sie kleine auslassungen. 
Dass die benutzten handschriften gerade an diesem fehler häufig leiden, 
hat besonders schon Bekker erkannt. Bei dem scharf ausgeprägten 
charakter, welchen Sextus in verknüpfung der gedanken, methode 
der beweisführung und im satzbau zeigt, entdeckt und heilt man der- 
artige versehen im Sextus vielleicht leichter als in manchem andern 
schriftsteller. 

Hypot. I, 38. Bekker 11, 4: 1@ uiv yao ano tov xçlvovros 


2) Kayser, Rhein. mus. 1850, p.190 glaubt zwar gegen das ende 
der schrift adv. Log. einen »bedeutenden defect« wahrzunehmen, neigt 
jedoch mit recht zu der ansicht, dass Sextus einen theil des im 2. 
buche der Hypot. behandelten stoffes hier »mit absicht übergangen« habe. 

3) Dass z.b. Suidas den Sextus nicht gelesen hat, glaube ich 
de S. E. libr. num. et ord. 8 7 nachgewiesen zu haben. Zu den dort 
erwähnten bei Sextus vorkommenden phrasen, welche Suidas entweder 
unberücksichtigt gelassen oder aus anderen schriftstellern, besonders 
aus Diogenes Laért., erklärt hat, füge ich hier noch diese: énlonaÿrs 
(Sext. hypot. III, 47. 108), énixgsosc (ibid. 51), doxwais, doxo?v (ibid. 99. 
adv. Phys. I, 343.), @quvosxos (adv. Phys. II, 46) kennt Suidas nicht; 
Evoracig xwvov (hyp. III, 51.) berührt Suid. ed. Bernh. I, 2, 275 nicht; 
dnöxpscıs (hyp. ib.), oreciwms (adv. Phys. II, 46) und nalivdgouo» (hyp. 
II, 203) werden in der bedeutung, welche sie an diesen stellen haben, 
bei Suid. I, 1, 609. II, 2, 885. 26 nicht berücksichtigt. i 





Sextus Empiricus. 417 


Ssrotdovorias ol notes tfocages . . . . sl; dà T0y and rov xQs- 
vopérou 6 EBdouog xal 6 déxatoc, eis dà rov 2 dugol» cuvderor 
G ntumog xai È Exıos xai 6 Oydoog zul 0 Evvarog. mddsv de of 
Beets ovros Avayovrus slg tov 7005 7, + . . . Dem zweiten und 
dritten satze fehlt das prädicat; sie mit dem nachfolgenden dydyo»- 
zas zu verbinden ist unmöglich; daher ist schon im zweiten zu 
schreiben: eig dà zo» Axo 100 xgsrouévou avdyortas 6... ($ 39 
will Kayser, Philol. p. 61 aus logischen gründen 2vvéa für déxa 
schreiben. Doch hat Sextus vielleicht bei dieser unterordnung der 
zehn tropen unter die drei und der drei unter den einen des sóc 
zs den logischen fehler, den auch schen andere vor ihm gemacht 
haben mögen, übersehen und wirklich déxa geschrieben). 

I, 104. 25, 9: were slvas avroic 9 pi) etvas ylvetas ovy 
&nÀdg Ala moog Ti" mods yag tò xaO" Üümvovc 7 nods Èroryoe- 
ow. Im letzten satz fehlt yfveras, vielleicht yí(veras avroïç, 
oder ein ähnliches prüdicat, gegen die gewohnheit des Sextus. 

I, 115. 27, 11: xai el uiv &vev Gnodeltews, &nsovos Foras* 
eB dì pera amodelEews, naviwe dence xoi tiv anddestiv dandy 
stvas, inch änıcorog Ecru: Kayser p. 51 vergleicht die 
letzten worte richtig mit Phys. I, 209. 434, 8: det ovx Zora 
alno» und hält beide stellen für correct, zumal da der wortlaut 
der letzteren sich auch genau so bei Diog. IX, 98 findet.  Indess 
Bekker’s anstoss an Phys. |. l. scheint mir trotzdem nicht unbe- 
gründet; vielleicht ist an beiden stellen, nach dem alioqui der lat. 
übersetzung, re? @AAwg zu schreiben. 

I, 136. 32, 10: dre di mdvra do moog m, Eneloysodusda 
piv xai Eungoosev, olov xara 10 xgivov . . . . xard dì za Ow- 
Fewovpeva Sx nopög tyvde ın9 imuiE(ay xat t6vda 10» Too- 
zov xol v)» Ouydsoıw morde xai thy mocoma xol thy Féow Exa- 
Cro» yalveraı. Dass zövde tov 10070 falsch ist, hat schon Kay- 
ser p. 63 erkannt, doch möchte ich es nicht, wie er will, als aus 
137 hierher verirrt ansehen, sondern zövds tov zo mov schreiben; 
.dann giebt es einen wichtigen gesichtspunkt des fünften tropen aus 
à 118 wieder, «wie auch nachher die worte my 9é01y; während 
ınvde tiv èmputlav auf den sechsten, und zn» odr9ecsy ınvde xai 
Tj» noodıma auf den siebenten zurückgeben. Die verwechselung von 
sgoros und zóxog in den handschriften ist bekannt; z. b. bei 
Arist. Phys. 195a. 15. Bkk. Metaph. 1013b. 17. Bon. Bei Sextus 


Philologus. XXXVI. bd. 8. 27 


418 Sextus Empiricus. 


liegt sie, wegen des häufigen gebrauches von rgdmoc, besonders 
nahe. Vgl. auch Diog. Laert. IX, 7% ed. Huebn. und dazu Menage. 

I, 139. 32, 27: xai 0 Qéywv dé pi marta tiat nQog to 
BeBusot tò navıa sivas moog Ti" xai avro yag 10 elvas nuvra 7006 
uu 1006 Tuas elvai delxvuoi, xai où xudozov, di’ wy juiv ivarisov- 
tas. Der zweite satz giebt einen klaren, dann aber auch präg- 
nanten sinn, nur wenn man schreibt: xa? avrà yóQ to un elvas.... 
Sextus sagt: der gegner macht eben (avro) seine bebauptung, 
dass nicht alles relativ sei, zu einer relativen, nämlich nur in be- 
zug auf uns geltenden (7065 Hus elvas delxvvor, xui où xaddidov), 
durch die beweise, auf welche er sie uns (quir) gegenüber stützt. 
Fehlt das yy, so wäre für avzo passender avroç (Fabr. in der 
anm.: ille vel invitus. confirmat nostram. sententiam); 006 quae 
sivas müsste bedeuten: „sei unsere ansicht“ (Fabr. ibid.: nobis 
Scepticis hanc esse ... peculiarem opinionem); di’ wy verlóre seine 
genaue bedeutung (Fabr. in der übers.: siquidem ille nobis adversa- 
iur); überhaupt aber wird der ganze gedanke dann matt und über- 
flüssig : denn dass der satz, alles ist relativ, selbst nur relativ sei, 


weil er nur den skeptikern angehóre, braucht nicht erst der gegner 
den skeptikern zu zeigen. 


I, 190. 42, 14: ... zdJog nuétegov, xaJ © did Ty iGo- 
oFErsıavy wy arvuxtipévwry moayuutwy elg Gogeypiav xataliyoper, 
looının piv Asyorzwv ju dv THY KUTA 10 qawopsvoy fuiv 
nituvoy, dvuuxelweva dè xowdg 1à puyoueru, aggeplay dè mv 
006 undéregor ovyxaradecıy. Wie kurz vorher 2 189 (s. Bekker 
in den noteu), so liegt auch hier eine allerdings leicht zu hebende 
corruption durch auslassung vor. Sextus will die einzelnen aus- 
drücke des satzes x«9° 0 — xaraAgyopev erklären; der text je- 
doch bietet nur eine erklärung des œyrixelueva und dogeylav, die 
erklärung des beinahe wichtigsten und schwierigsten ?c003évesar 
dagegen ist in dem 3oosmza- Savoy nicht deutlich gegeben. Es 
ist also hier zu lesen: icooFévesay ui» Atyovruv fudv x2» 
lodtnia (thy?) xata TO quiropevov quiy mdavoy. — Vgl. die de- 
finition der tooodéivace $ 10, auch 196. 203, g. d. logik, II, 159. 

I, 200. 44, 32: xai yàg 10 ndvra duolws tEnyovueda xoi 
tO àpol curexdegoueda. Kayser p. 64 will xo? 50 ,,40p 0? pal- 
»srav' cuvexdeganeda, mit berufung auf 202. . Aber es müsste 
dann wenigstens „wg éuoè palverw" heissen. Doch halte ich die 


Sextus Empiricus. 419 


vulg. für richtig: in dem èwo( ist die subjective einschränkung des 
orty schon hinreichend ausgedrückt. 

I, 222. 50, 25: negì dè rov eb Fors eldıngwüws (60 Miarwy) 
oxentixòg miatvtegov pév ly roig vaourijuacs dıalapßavoper, 
vuv dì we Ev Unoruzwos diuluußavouev xara Mnvodorov xai 
Alvnotdnuov . . Dass für das erste dsalauBoüvouer ein futurum, 
vermuthlich diadsfouea zu schreiben sei, habe ich schon De Sexti 
Empir. librorum numero et ordine è 9 bemerkt, Für Myrodotor, 
das nur conjectur des Fabricius für das überlieferte unverständliche 
Ilsgundorov ist, habe ich „lebensverhältnisse des Sext. Empiricus*, 
anm, 36, ‘ÆHocdoroy empfohlen. 

I, 223. 51, 7: 6 yàg megt Évog doyuaziluw, 7 ngoxelrwr 
yaryraolay parruolug Gus xou nloriv 7 Amoılav meol vwog iv 
adnAwv, tov doymanıxov ylveras yagaxtygog . + . Ich wundere 
mich, dass Bekker, der hier zuerst richtig hinter doyuaz(}wy ein 
komma gesetzt hat, nicht auch die lücke vor megl uvog TW &di- 
Aw» erkannt hat. Denn diese worte gehören nicht zu den vorher- 
. gehenden, sondern xgoxglvew yarsuolay pavractus ist ein schon 
für sich vollständiger ausdruck für das verfahren des dogmatikers, 
einem erscheinungsbilde vor einem andern den vorzug zu geben 
(15,16 mooxplvesr 1àc querégas qpuviacias twy maga roig adoyoss 
Ewois ysvopérwr. ibid. 28. 18, 33. 27, 3. 28,25. 29, 2. 53,7); 
eine verbindung des ausdrucks mit zegt hat Sextus, soviel ich sehe, 
nirgends gebildet und konnte es auch wohl grammatisch nicht, 
Die hauptsache aber ist, dass die begriffe doyuarlbes und ng0oxgl- 
vesy 6. g., nicht coordinirte sind, sondern der letztere bezeichnet 
nur eine art des ersteren, während eine andere darin besteht, dass 
man über etwas nichtoffenbares (4d740v) eine aussage macht, eine 
behauptung aufstellt; dies heisst anoyalvecdas neo . . 47, 8: 
ó piv yàg ‘HocxAestog negt moÀÀd» adylwvy anogaiveras doyua- 
uao, Ttg d° owyl. 57, 26: 6 ydg regi mvog adyiov nod- 
yparog arroguivopevog te xoi doypartlwr. 6, 27: aropalvesdas 
meol Tog tw . . doyuatibopévwuv. Demnach ist an u. st. ver- 
muthlich so zu lesen: ó yag egi évog doyuazitwr, 7 mooxoívcv 
gavracía» pavtactas OAwg xara nior 7 Gmorlav y drogpat- 
»0j&evog meol zivog wv GONAw, oder besser noch: 7 eoxg. 
Part. part 7] amopasvopevos öAwg xata alory i anıcdlav negl... 
Mit derselben zweitheilung des doyuartbes schliesst auch dieser 


27* 


420 | Sextus Empiricus. 


abschnitt über Platon 52, 7: GA ind & Tics yabamı À moi 
Unagsews ánogoiwogutvog ngayuuımv üdniwr 7 ngoxglvwr dna 
xui& níonv (wo übrigens vielleicht «d7A« adnAw» zu lesen ist). 
Vgl. 53, 32 — 54, 1. 

I, 223. 51, 10: ws doi xui 0 Tluwvr dia rdv megì Zevo- 
gevous avi deyoptvur dv noAAoTg yo avıov Énauvéonç 10» 
Zerogayvnv,, wo... Die worte ro» Sevop&rny halte ich mit 
Kayser p. 65 für eine glosse; für &v noAAoig aber, das allerdings 
schwierig ist, à» öAlyosg zu schreiben, wie Kayser will, scheint 
mir doch zu kübn; da das blosse moAAoig nicht angeht, so möchte 
ich às i moMoîs „wegen vieler dinge“ vermuthen, woran sich der 
folgesatz (wç) gut anschliessen würde. 

I, 238. 55, 23: dr de xai td quos aMorpia Ent 13v pu- 
Our adTüy leva xatavayxdte, ngodnAov, Ömov ye xol 6 xvur 
cxodezos adr xaranayérrog éxi rv agow avıov nagaylvetas. Der 
erste satz giebt keinen sinn. Da die übersetzung hat: ea autem 
quae a natura sint aliena, ad ca quae secundum naturam 
sund cogere eum venire . . . ., so muss sie in ihrem texte etwa 
ixi su xatà quow as r0» (sc. TOV pedodixòv lurgov) lévou xatavay- 
xaibss. gelesen haben. Sonst könnte man auch imi rj» àQ cw» (häu- 
fig bei Sextus z. b. Phys. I, 315. 316. 404. adv. Arithm. 25. 
hypot. III, 86. sim.) oder dvalgeosy avrwy vermuthen. 

II, 10, 58, 25: oix Zorv aduvarov Ev roig Entyovor magi 
ing tndesews rüv adylwy Inıeiv. Bekker hat 2» in klammern 
geschlossen; indess ist es wohl nur verschrieben für xaf. Die. 
übersetzung hat: poterit etiam inter eos qui. 

II, 10. 58, 27: rozosws yag oùx dnelgyeros Ö OXERTIXOG, 
oluas, ano te TOY nasnwarızüs $z0nwTIOVIUY xai Evagysıay 
pasvopévur avido Aóyop (cod. V. uürwvy Aoywy) ywopérgc xal un 
nayrux elo«yovOng tiv vxagbuw vU» voouuérwr. Wie die leipziger 
ausgabe und Kayser p. 67, vermuthete auch ich früber xai xaz’ dvag- 
vesav gaivopérwr, halte es jedoch jetzt für unnötbig, weil man mit 
der übersetzung construiren kann: ex iis quae passibiliter . . . ob- 
servantur, actu... apparentia. Auch Adym re, wie Kayser will, 
ist nicht nôthig. Vielmehr entspricht dem dad re des textes das 
xai pn. Dagegen nehme ich an dem 4oyq anstoss, mag man 
nun verbinden: vo7oews 207% ysvopéync, wie Fabr. (intelligendi 
facultas, . . . quae per rationem nascitur) , oder pasvoptruv Aoyo; 











Sextus Empiricus. 421 


und noch mehr, wenn man avrò Aoym verbindet. Am liebsten 
möchte ich das avz@ hinter vzommrovrwv sehen, (vnomínrovciw 
avrò 59, 1; vgl. 57, 31. 58, 1) und statt avr@ Adym schreiben: - 
avtoFev (57, 30). Endlich ist, wenn hier das azo richtig ist, wie 
ich allerdings glaube, wohl auch I, 106 so zu schreiben statt der 
vulg. vzo rà» avıwv snoxesutvwr. 

N, 27. 62, 23: 6 un émormum fon tedslav a rangs. 
Doch heisst es gleich nachher 0 vo)» xai Emormunr d vesdngws und 
so auch HI, 196 émornuas GvodauPevouev movoUrisc. 

Il, 27. 62, 27: Schliesst mit xa? tavty dea dovotatog mé- 
guyev 7 àntvows tov avIowzov die widerlegung der peripatetischen 
definition des menschen ab? Oder gehört der satz, wie die leipzi- 
ger ausgabe will, zum folgenden? Für die erstere auffassung 
spricht rav:7 und besonders £go. Dann aber versteht man das 6 
yoQ llÀórov nicht. Man erwartet keine begründende, sondern eine 
verbindende conjunction. Doch könnte yag richtig sein, wenn vorher 
ein ganzer satz, der den übergang zu Platon bildete, ausgefallen 
wäre. 

II, 30. 63, 12: 76 yé tov cwua. Da hier ein neues argu- 
ment gegen die erkennbarkeit des körpers beginnt (Fabr. caete- 
rum corpus tres habere dimensiones aiunt), so wäre 10 re copua 
ausreichend und passender. Auch 70 uéyros wäre nicht passend. 

II, 77. Sextus frügt: nuc émexgevoduey Ow tatode uiv Taig 
gyaryruolaıs miotevew mooonxe. Talode dì anıoreiv; hierauf lautet 
die (zweite) antwort 74, 12: ed 0? uerd Yarraolag, ndg Anyortus 
zj» yarıcolav jv nagudapBavovoes ngog r)v tw» GÀÀov yurıanav 
xolow; 7 madw avroig GÀÀgg parracias deo mods tiv xplow 
tov dii ww gpavtaciòv, xol slg tiv Exeluns xolow Gr, 
xoi tlg Gregor. Hier ist das zweite rd» &Alwy qaytacui» of- 
fenbar nur aus dem ersten entstanden. Denn der satz 7 row 
enthält keine antwort auf die frage sg Anyovruı, wenh er von 
derselben gavracta spricht, welche noûç rg» xo(ow rdv» &AÀww 
gavtacmy néthig ist, sondern nur wenn er lautet: 7 aA adroîs 
GAdng puvtactac denoes mods rjv xolow Tuvrnc. Auch erhält 
die darstellung ‘des unmöglichen progressus in infinitum durch diese 
änderung fünf glieder, und gerade diese zahl giebt Sextus ihr 
gern. Nämlich an unserer stelle: 1) das problem: is êrexgiroÿ- 
pt» On xil, 2) yarıacla ngóg mv xolcw wy GlAwy partaciuy, 


422 Sextus Empiricus, 


3) GAAn qavracía nog tiv xolow tavmne, 4) GMAn ely nv Exeivns 
xolowv, 5) eis anaigor. Ebenso II, 85. 76, 2: 1) Problem: erat 
u OAnGés, 2) anodakx, 3) anodettis tov KANT abri» divos, 4) 
dxelvng Gdn, 5) péyois anelgov. 11,89. 77,10: 1) problem: tive 
pi» pawopeva lor GÂAn97, 2) tò AapPavopevov Yyamwousvor mods 
mv xelow tiv pawoutvwr, 3) Eregov xgstngsov pasvopevor, 4) dAdo 
posvouevor, 5) méyoc ‘articov. Hyp. I, 122. 166. II, 36. 90- 
182. g. d. Log. I, 340. g. d. redner 111. 112. Doch finden sich 
auch kürzere darstellungen z. b. g. d. Log. I, 339 (viergliedrig) 
und dagegen auch eine sechsgliederige ibid. II, 347. 

II, 133. 87, 7. So augenscheinlich es ist, dass al xara tov 
onuslov ywval gegömeras (Il, 130) bedeute voces quae contra 
signum afferuntur (Fabr.), so sicher scheint es auch, dass, noch 
dazu kurz nachher, nämlich II, 133, ai gwvaè af vmÈo roV on- 
welov nach dem gewöhnlichen sprachgebrauch den gegensatz dazu 
bildet, also heisst: voces quae pro signo proferuntur. So wird 
auch g. d. Phys. II, 69 vmèc rov xlymow sivas dem xard zig 
xınoswg ibid. 68 entgegengesetzt. Allein Fabr, übersetzt an u. 
st. schüchtern nur voces quae de signo proferuntur und Bekker 
" sagt im Index p. 811 sogar: ,,pwvaè ab vniQ rov onuslov 87, 3 
i. q. ab xara tov omuelou peçouerae 86, 16“ (II, 130), ohne 
diese auffallende behauptung aus dem sprachgebrauch des Sex- 
tus oder sonstwie zu rechtfertigen. Irgendwo in unserm 2 muss 
also eine schwierigkeit stecken, und vielleicht handelt es sich auch 
hier, wie I, 139, um nichts geringeres als um eine ausgelassene 
negation. — Suchen wir zunüchst den gedankengang auf. Bis 
Q 129 hat Sextus bewiesen, dass das onueiov nicht existire. 
Nun aber berichtet er gewissenhaft, dass die dogmatiker zwei ar- 
gumente für das omueïoy vorzubringen wissen. Erstens sagen sie 
(2 130): die worte der skeptiker gegen das oyueïoy zeigen ent- 
weder nichts an, bedeuten nichts (ovdiv cguaoívovcw), dann er- 
schüttern sie die existenz des omuetoy nicht; oder sie zeigen etwas 
an, dann sind sie selbst ein omutiov. Zweitens (F:,, 2 131) sagen 
die dogmatiker zu den skeptikern: Haben eure reden gegen das 
zeichen keine beweiskraft, so existirt das zeichen; haben sie be- 
weiskraft, so existirt das zeichen auch, denn der beweis ist eine 
art des zeichens, Oder denselben schluss durch die schlussform 
dià duo toorxdiv ausgedrückt: Giebt es ein zeichen — wie wir 











Sextus Empiricus. 423 


dogmatiker behaupten —, so giebt es ein zeichen; giebt es kein 
zeichen — wie ihr skeptiker beweisen wollt —, so giebt es ein 
zeichen; folglich giebt es ein zeichen. Jetzt aber (2 132) nimmt 
Sextus wieder sofort das wort gegen die dogmatiker, und zwar 
stellt er zunächst ihrem zweiten schluss einen der form nach ähn- 
lichen, im resultate aber entgegengesetzten gegenüber (napazxeırus 
rosovtog Aoyog): Giebt es kein zeichen — wie wir skeptiker be- 
haupten —, so giebt es kein zeichen; giebt es ein zeichen — und 
zwar ein solches, wie ihr dogmatiker es annehmt — , so giebt es 
kein zeichen; denn dass es ein solches zeichen nicht gebe, habe 
ich erwiesen (ws nugsornouus, oben — 129); folglich giebt es 
kein zeichen. Und nun also fährt er fort 2 133. 87, 2: xai 
neo? TU» qu»üv dé idv» vmèo Tod Omuelou uÿroi Ünoxgivd- 
oFwoav of doyuanxol, rôtegor onualvouol zv À ovdiv onualvovom. 
sì uiv yao ovdiv onualvovaw, ov miorovim To elvus onueïoy" el 
dé onualvovoıw, axodovI joe avrals r0 ONUEIWIoV. tovto dì my TO 
elval tu Gnutiovy* © Enetus 10 elvas onpetov, wc bnepvn- 
cauev, xata tiv tov Aöyov zeguzgozzv. Um es gleich 
hier zu sagen: das für Fabr. und Bekker bedenkliche ozég ist 
weder gleich de noch xara, sondern es hat auch hier seine dem 
xara entgegengesetzte bedeutung, pro, „zu gunsten“; der fehler 
steckt vielmehr erst in dem @ metus 70 elvas onuelov; es muss 
heissen: @ nem tò un sivar onuetor*). 

Schon die worte xarà iv tov Acyou rmegsrgorijy mussten 
darauf führen. Denn aus II, 64. 76. 88. 91. 179. g. d. Logik. 
1, 389 und den vielen andern stellen, wo Sextus diesen oder einen 
verwandten ausdruck braucht, erhellt mit sicherheit, dass eine me- 
ourgon tov Adyov da stattfindet, wo aus einer zugestandenen an- 
nahme ihr contradictorisches gegentheil gefolgert wird. Sciendum 
est dici neosroémeodus tov Aöyov quando adversarii dictum in 
ipsum retorquemus et suo veluti gladio eum jugulamus, sagt Henr. 
Stepb. zu II, 76. Nicht A wird aus A durch eine megirgom) ge- 
folgert, sondern nur non- A; und wenn also der skeptiker 
aus irgend einem zugestündniss des dogmatikers, hier aus dem 
(rovro dè jv) 10 eival te onuetor, durch megstgony eine consequenz 


4) Nachtrüglich sehe ich, dass auch Kayser p. 70 so schreiben 


will 


424 Sextus Empiricus. 


zieht (d meri), so kann diese nicht das identische 30 elvas 07- 
piov sein, sondern nur das contradictorische 70 u elras onusior. 

Aber, was läge dem skeptiker auch daran, die consequenz 1d 
elvas onusiov zu ziehen? Doch nicht etwa um die behauptung des 
dogmatikers, dass es ein onueiov gebe, gegen die eigene, dass es 
keines gebe, zu bestärken? So allerdings müsste 2 133 bei dem 
überlieferten wortlaute des textes gefasst werden, also als ein 
neues, drittes dogmatisches argument (zu den beiden von 130 — 
131) für die existenz des onweiov; und so scheinen Fabr. und 
Bekker auch die stelle verstanden zu haben, vermuthlich auch, weil 
die gleich folgenden worte: mj» aA oùrw Sari xai mods TO 
elyas omueioy . . pegouérwy zu bestätigen scheinen, dass Sextus 
auch gültige beweise für das oyueïoy anerkenne. Indess, dem be- 
weise von 131 hat er 132 schon einen anderen gleichwerthigen entge- 
gengestellt; es bliebe also nur noch der erste (130) und der ver- 
meintliche dritte (133) für das oùrw miPavwv zu nmeòs 10 slvas 
onueiov übrig. Wie aber, wenn Sextus diese worte nur aus einer art 
von courtoisie sagte und wenn er, seinem sonstigen verfahren getreu, 
auch hier nicht, negativ-dogmatisch , nur die negation, sondern als 
skeptiker auch die affirmation gelten lassen wollte? Wie, wenn 
in diesem vermeintlich dritten beweis fiir das zeichen nichts an- 
deres stecken sollte, als wiederum ein beweis gegen das zei- 
chen, und zwar sogar derjenige, durch welchen er den ersten 
dogmatischen (130), welchen er bis jetzt noch unangefochten 
gelassen hat, paralysirt? Dies verfahren wäre erklärlicher, als 
dass er, nachdem er 132 gegen das omueioy polemisirt hat, plötz- 
lich 133 wieder ein dogmatisches argument einfach berichten sollte; 
und es entspräche auch seinem dialektischen scharfsinn und seinem 
ehrgeiz, mit diesem zu glänzen, gewiss mehr, als dem ersten un- 
widerlegten argument der dogmatiker noch ein neues aus freien 
stücken (xa . . aUroè dxoxgiwwdoFwouy) und wenn ung gleich 
«arci wäre, so zu sagen auf eigene kosten hinzuzufügen. 

Ich meine also: wie Q 132 einen in der form parallelen ge- 
genbeweis zu 131 enthält, so 133 zu 130. Dass Sextus diesen 
erst jetzt vorbringt, hat seinen guten grund: weil er nämlich in 
133 auf das resultat von 132 bezug nehmen wollte. Nachdem er 
also 132 die skeptiker hat sprechen lassen, fordert er 133 die 
dogmatiker selbst zu reden auf (xai . . . dè avro anoxgwacdw- 


Sextus Empiricus. 425 


ca» of doyuazmol), und zwar, wie 130 die skeptiker sich über 
ihre worte gegen das oyueïoy verantworten sollten, so sollen 
jetzt die dogmatiker dies thun über ihre worte für das omuslor. 
Die fragen sind dieselben wie dort: „bedeuten die worte etwas 
oder bedeuten sie nichts?“ Antworten die dogmatiker: „sie bedeu- 
ten nichts“, so bleibt, wie dort die dogmatische bejahung, hier 
die skeptische verneinung bestehen (où z&crovros zó sivas onusior); 
antworten sie aber: „die worte bedeuten etwas“, so besteht das 
onusiov, wie dort. Aber jetzt folgt unerwartet und geschickt die 
zegizponm tov Adyou: „Ist das zeichen, so ist das zeichen 
nicht, das haben wir nämlich kurz vorher gezeigt, dg vxeuvr- 
Caper, nämlich 132: ed Zar onueiov 6 gacw . . . ovx Fou on- 
meïor. — Nur bei dieser auffassung weiss man, worauf das we 
Ömeprjoapev geht; nur so erklärt sich die anordnung der gedan- 
ken aufs beste, und die ganze ausführung von 130 an lässt an 
schärfe des gedankens und abrundung der darstellung nichts zu 
wünschen übrig. — 

H, 155. 92, 17: dv 75 xolvew duynoerus tiv &xohouIlay 
zoU vm avtoù Asyoutvov Aoyov. Fabr. nimmt hier keinen 
anstoss und übersetzt: ex qua consecutionem argumenti quod af- 
fert, dijudicet. Aber dies quod affert ist doch durch óm? avrov 
Asyopévov ein wenig zu reichhaltig ausgedrückt; und wo spricht 
Sextus sonst von einem Asyouevog Àoyog? Es ist zu schreiben: 
tou un’ avıov EAAsroüg Asyouérou Aoyov, wie aus dem vorher- 
gehenden xai irs 0 dea Aoyov desxvivar uve £A A n3) Boviopevos 
Aéyesy xrÀ. deutlich hervorgeht. So heisst es auch kurz vorher 
tou dingtiatas Asyoutvow Aoyov und roy xozd diagrnosy moy Fnodr 
salvas Aeybperov (Aoyov). 

Il, 227. Dass es 110, 27 nicht heissen könne & 10 auıd 
ion tq avdquing dvo Ofwrs xai Alwy hat schon Bekker ge- 
sehen; er conjicirt: el 10 adro Zor rj üvdgwnov elvu To 
Olwva sivas 7 Alwra, was offenbar heissen soll: wenn das Theon- 
sein oder Dionsein dasselbe ist mit menschsein. Auch die über- 
setzung hat so: si idem est „hominem esse et Theonem esse vel 
Dionem.* Allein dem schlusssatz: oöx &ga xowy fore dpgorfQuy 
7 üydgwnog ngocnyogíau, xol Î uvrn dugolv, aad’ el üga, dla 
Exatégou (vgl. 228: sì yaQ Ev xai 10 avıo Gvuffuxe Alwvt te 
xal Ofwvs 10 00&y) würde am besten diese fassung entsprechen: 


426 Sextus Empiricus. 


sì r0 avro lou 10 avdownov sivas Otwu xol (wy, d. h. wenn 
das menschsein für 'Theon und Dion dasselbe ist; denn, wie der 
beweis zeigt, ist das &9owxror tiva, für Theon ein anderes als 
für Dion. 

Il, 235. 113, 4: ro)g dè redevralovs qaciv Fa robg do- 
Aoızlloviug Adyous dionws Enciyerv naga mv cvridesav. Dass 
hier die Aeyoueros ooAoıxlLovızg Adyos von 231 kurz und ohne 
besondere widerlegung abgefertigt werden sollen, sieht man leicht; 
aber den wortlaut des satzes halte ich für verderbt. Das von Fabr. 
und Bekker gegen die andere lesart ios geschützte irda weiss 
Fabr. selbst nicht zu übersetzen: ultimas autem e cavillationibus 
soloecissantes orationes aiunt absurde inferre praeter loquendi con- 
suetudinem. Und was heisst èrayev? Ist es adducere aliquem 
ad aliquam opinionem, wie bei Aristot. Met. 989 a 33 (s. Bonitz), 
‘oder blos afferre? Im letzteren falle vermisst man ein subject, 
etwa «Urovc (sc. die sophisten). 

11,240. 114, 20: 6 dì l«:góg eldwg . . . ost... viv niv 
GiÉyvw 0v. sivas mooceyy ... 10 dì tig Enaxolovdovong Fepuaolug 
où ngonyovutvws mooceyéc, OF EV UNDE TO xazkAAqAov sivas 
doxovv» avız. Zu den letzten worten müsste man ergänzen: 
(xeonyoupévws) mooceyéc eivaı. Der arzt wird sagen, die verdich- 
tung (zusammenziehung) sei: anhaltend, der zustand der nachfolgen- 
den hitze aber sei nicht in erster reihe anhaltend, weshalb auch 
das heilmittel, welches ihr (der hitze) entsprechend zu sein scheint 
(nämlich das kalte; xarddlndoy aga 17 ünoxeuéyn nuguoe To 
yvyoóv @ 239), nicht anhaltend sei. Allein das wgoceyéc ist 
verständlich nur als attribut des leidens (n«Jog; 00067 naÿn 
zweimal in unserm 2), nicht auch des entsprechenden heilmittels 
(xaraAAnAov). Die lat. übersetzung: Unde nec frigidam (curatio- 
nem?) videri esse illi accommodam führt auf den rechten weg. 
Es wird geheissen haben: 09ev unde To yuyçor rò xuraAAndov 
eivaı doxeiy ovij. 

II, 256. 118, 6: & yàg 7j àuquflo)lo Asc oti dio xai 
wislw Onpalvovoa . . Fabr.: si enim ambiguitas est vocabulum duo 
aut plura significans . . Es wird also wohl duo n xai nielw ge- 
heissen haben, wie auch bei Diog. Laërt. 7, 62: augifodla dé 
lon Akıg dvo 7 xai wielova nodypata onualvovea. Doch citirt 
schon Menag. z. Diog. 1. I. unsere stelle ohne 7. 


Sectus Empiricus. 427 


II, 259. 119, 1: aœùroù zov (Fabr. nur hic‘) ist mir un- 
verständlich. Auch braucht Sextus den ausdruck in den schluss- 
worten seiner schriften sonst nirgends. 

HE, 7. 120, 24: ed yao 7v noodnmlor 10 amodexvvoy 0r, Fon 
9aóg . . . noodnAov Eoraı xol T0 elvas Fecy . . . ovx Fon dì 
moodnior, wo vreuricauev. Die letzten worte sind auch so deut- 
lich; vielleicht jedoch lauteten sie vollständiger: ovx cu dè 
mgodniov TO eîvus Feov. Wenige zeilen später nämlich finden 
wir die worte 7ò sivo, $s0» an einer stelle, wo sie nicht hinge- 
hören. 28: 10 yag AdnAov to &zodtixnxóv tov elvar Feov, ano- 
OelEews yor lov, el uiv did meodniov Aéyouro anodelxvuoda, où- 
xEn adıAov Fotat alld moodniov tò elvas Fedv. oùx aoa tò 
anodexuxov autos adniov did noodnAov amodelxvutar. dii’ ovde 
ds’ adjiov.... Hier ist nicht mehr von dem satze, dass gott ist, 
die rede, sondern von dem argument, wodurch der satz bewiesen 
werden soll; von diesem wird also gesagt, wenn es selbst nicht 
offenbar wäre, so müsste es bewiesen werden; würde es nun durch 
ein offenbares bewiesen, so wäre es nicht mehr nichtoffen- 
bar sondern offenbar; also könne es nicht durch ein offen- 
hares bewiesen werden usw. Das 16 sivas deov ist hier also 
falsch, vielleicht aber kein willkührlicher zusatz, sondern steht nur 
an der unrechten stelle. 

Berlin. Eugen Pappenheim. 


Zu Ovidius. 
Zu Ovid’s Metam. II, 296: 
Atlas en ipse laborat 
vixque suis humeris candentem sustinet axem 
bemerkt Haupt in seiner schulausgabe: „Bei der erzählung IV, 657 
von der verwandlung des königs Atlas in einen berg kümmert sich 
Ovid nicht darum, dass er schon hier des berges Atlas erwähnt 
hat.“ Ich halte diese note für unrichtig; denn der dichter denkt 
sicherlich, wie namentlich aus humeris hervorgeht, an den riesen 
Atlas, nicht an den berg. Dagegen hätte Haupt zu II, 261 
et infernum terret cum coniuge regem 
darauf hinweisen können, dass der dichter hiermit ein factum vor- 
wegnehme, das er erst V, 385 f. eintreten lässt; denn erst dort 
wird vom staube der Proserpina berichtet. 
Sprottau. C. Hartung. 





436 Ovidias. 


erwiesen worden, dass Ovids Fasten, in denen wir überhaupt nur 
einen unvollendeten versuch der poetischen bebandlung des römischen 
kalenders erblicken dürfen, mannichfache innere widersprüche ent- 
halten (vgl. Merkel, prol. CCLVI f.), ganz abgesehen von der 
schwierigen, selbst durch die letzten eingehenden erörterungen Pe- 
ter’s (Neue jahrb. f. philol. XXI, 1875, p.499—505) und Riese’s 
(ibid. XX, 1874 p. 561 — 570) immer noch nicht endgültig ent- 
schiedenen frage, wie man die dedication an Germanicus gegenüber 
dem sonst so häufigen hervortreten des Augustus, sowie der eige- 
nen erklärung des dichters Trist. II, 551 ff, dass er dem letzteren 
sein werk geweiht habe, verstehen soll. Doch sind jene uneben- 
heiten und widersprüche theils und besonders, soweit sie das astro- 
nomische gebiet berühren, durch eine gewisse unkenntniss des dich- 
ters mit seinem stoff zu erklären, theils bestehen sie zwischen 
stellen, von denen die eine nur im ersten entwurfe, die andere in 
der ausarbeitung erhalten ist, theils endlich betreffen sie solche 
stellen, die überhaupt nur im ersten entwurfe erhalten sind und an 
denen der dichter dinge verspricht, deren erledigung er sich für 
eine weitere, später nicht erfolgte vollendung vorbehalten hatte. 
Sehr fraglich aber bleibt es, ob wir eine derartige, aus der un- 
vollkommenheit des gedichts geschöpfte erklärung auch bei solchen 
einander widersprechenden stellen anwenden dürfen, die uns beide 
in der vollkommneren ausarbeitung vorliegen. Ein fall der letzte- 
ren art ist nun der hier zu besprechende. Bekanntlich knüpft 
Ovid im ersten buche der Fasten an die darstellung der feier der 
Agonalien (Fast. I, 317—334) einen excurs über die verschiedenen 
arten der opfer, insbesondere der opferthiere, und theilt dabei u. a. 
zur erklärung der sitte, dass dem Priapus esel geopfert wurden, 
jene fabel mit, wonach die esel dies zur strafe dafür erdulden mis- 
sen, dass einst der esel des Silen den Priapus in seinem liebes- 
abenteuer mit der nymphe Lotis durch unzeitiges erheben seiner 
stimme gestört habe (I, 391 — 440). Fast die gleiche fabel nun 
finden wir im sechsten buche wieder, nur mit dem unterschiede, 
dass dort erklärt werden soll, warum die esel am feste der Vesta 
(9. juni) bekränzt zu werden pflegten, und dass daher in dieser, 
übrigens bedeutend kürzer als die erstere gefassten erzäblung Vesta 
die rolle der Lotis übernebmen muss (VI, 319— 348). Ob Ovid 
in beiden erzählungen ältere traditiônen als quelle benutzt hat oder 











Ovidius. 437 


beide mythen seine eigene dichterische schôpfung sind, lässt sich 
nicht sicher entscheiden. Denn die beiden einzigen schriftsteller, 
die eine bekanntschaft mit diesen fabeln zeigen, Lactantius, der den 
mythus von Priapus und Vesta (Inst. div. I, 21, 26) erwähnt, und 
Arnobius, dessen worte (Adversus nationes III, 10) auf eine kennt- 
niss beider erzählungen schliessen lassen, haben wohl, der erstere 
wenigstens erweislich, aus Ovid selbst geschépft. Mag nun auch 
jene fabel von Priapus und Lotis entweder alexandrinischen ur- 
sprungs sein, wie Merkel (prol. p. CLXV) vermuthen will, oder 
von Ovid selbst im anschluss an die bekannte fabel von der ver- 
wandlung der den bewerbungen des Priapus zu entrinnen streben- 
den Lotis in den lotosstrauch (vgl. Ovid. Metam. IX, 340 — 348, 
Servius ad Verg. Georg. Il, 84) erfunden worden sein, mag auch 
die zweite erzählung von Priapus und Vesta, wie schon Lactantius 
a. o. behauptet, nur eine poetische schöpfung des dichters selbst 
sein: jedenfalls ist es sehr auffällig und bedarf der erklärung, wie 
Ovid dazu kam, fast die gleiche fabel in einem und demselben ge- 
dicht wiederholt vorzubringen. Merkel will die ursache davon in 
dem umstande finden, dass der dichter nicht mehr die letzte feile 
an seine Fasten anlegen konnte, und glaubt demzufolge behaupten 
zu dürfen (prol. p. CLXV), Ovid würde höchst wahrscheinlich bei 
einer nochmaligen letzten überarbeitung seines gedichts die zweite 
erzählung im sechsten buche gestrichen haben. Der letzteren an- 
sicht ist auch Peter (vgl. seine ausgabe p. 12 u. 254), der jedoch ent- 
gegen der meinung Merkels die wiederholung jener fabel auf den 
grellen unterschied zurückführen will, der zwischen dem von Ovid 
in Tomi umgearbeiteten ersten buche und den übrigen, von ihm 
mit ganz geringen ausnahmen in ihrer ursprünglichen fassung be- 
lassenen büchern besteht; der mythus von Priapus und Lotis müsste 
demnach erst in Tomi, jener von Priapus und Vesta bereits in Rom 
abgefasst worden sein (vgl. unten die anin. 3). Nach der ansicht 
beider kritiker wäre also die wiederholung jener fabel von dem 
dichter durchaus nicht beabsichtigt gewesen, sondern völlig unbe- 
wusst geschehen. Dies erscheint mir sehr wenig wahrscheinlich. 
Man darf und muss ja wohl annehmen, dass dem dichter, wie dies 
bereits oben erwähnt wurde, kleinere verstösse gegen den logischen 
zusammenhang und geringfügige widersprüche entgangen sind, ohne 
dass man desshalb berechtigt ist zu behaupten, der dichter habe 


430  . Ovidius. 


Erkennen wir nun diese worte als echt und incorrupt an, 
so gestehen wir gleichzeitig zu, dass sie sich auf die uns verloren 
gegangenen, aber seiner zeit noch von Servius benutzten bücher 
VII und VIII der Fasten bezieben müssen, dass also wirklich von 
Ovid mehr als sechs bücher ausgearbeitet und solche späterhin ver- 
öffentlicht worden waren. Denn auf den gegenbeweis, den u. a. 
Lenz (erklärende aumerkungen zu der Encyclopädie der latein. 
classiker. Braunschweig 1794. VI. p. 10, vgl. dazu auch Metzger 
in der einleitung zu seiner übersetzung von Ovids Fasten, Stuttgart 
1838, I. p. 652 f.) zu führen versucht hat!), dass jene worte im 
Serviuscommentar auf stellen in den vorhandenen sechs büchern der 
Fasten, nämlich auf Fast. V, 147 f. und VI, 797, wo der mensis 
Augustus resp. die Kalendae Iuliae ganz vorübergehend erwähnt 
werden, zu beziehen seien, ist gar nicht weiter einzugehen. - Diese 
ansicht spricht sich selbst ihr urtheil, zumal da. uns ausserdem noch 
zugemuthet wird, zu glauben, Servius habe mit jenen worten auch 
auf die stelle Fast. III, 149 f. abgezielt, wo es heisst: 

denique quintus ab hoc fuerat Quintilis, et inde 

incipit, a numero nomina quisquis habet. 
Eine derartige beweisführung ist wirklich mehr als naiv.  Viel- 
mehr lässt sich aus dem zusammenhange jener Serviusstelle weiter 
gar nichts entnehmen, als die thatsache, dass Servius in seinem 
exemplar der Ovidischen Fasten eine ausführlichere darstellung da- 
von gefunden hat, warum und wem zu elren jenen beiden monaten 
die namen Iulius und Augustus beigelegt worden sind. Eine solche 
darstellung aber findet sich nicht in den uns überlieferten sechs 
büchern der Fasten und künnte sich überhaupt nur in den einlei- 
tungen zu buch VII und VIII befunden haben. Folglich, so 
lautet der nothwendige schluss, muss Servius, wenn jene worte 
wirklich in der angegebenen fassung von ihm selbst herrühren, 
die fasten in grüsserer vollständigkeit, als sie uns überkommen 
sind, vor augen gehabt haben. 

Bevor wir nun unsere sache einfach verloren geben, ist es 
geboten, jene Serviusstelle selbst etwas nüher anzusehen, Bei ge- 
nauerer betrachtung derselben wird man aber leicht finden, wie 


1) Leider war es mir nicht vergönnt, das werk von Lenz selbst, 
dessen ansicht ich aus der erwühnung bei Metzger kennen lernte, zu 
yergleichen. 





Ovidius. 431 


wenig glaublich es erscheinen kann, dass Servius zu der den Rö- 
mern seiner tage gewiss noch mebr als genügend bekannten that- 
sache von der benennung der früher als Quintilis und Sextilis 
bezeichneten monate nach C. Julius Caesar und Augustus Ovid 
in seinen Fasten als gewährsmann citiert haben soll. Als ob es 
überhaupt bedurft hätte, den zeitgenossen des Servius, insonderheit 
dem doch immerhin mehr oder weniger gebildeten publikum, für 
das er seinen commentar schrieb, eine solche thatsache noch durch 
besondere zeugnisse zu belegen. Dazu kommt, dass die stellung 
der worte: Sic Ovidius in Fastis gerade unmittelbar vor dem orte, 
wo sich Servius zu dem ausgangspunkt seiner erklärung, dem ver 
novum, zurückwendet, nicht ganz unverdächtig erscheint. Obendrein 
aber finden sich diese worte in dem cod. Leidensis nicht, wie in 
allen anderen codices, nach den satz: unde sunt Iulius et Augustus, 
sondern vor denselben gestellt, aus welchem umstande sich wenig- 
stens ersehen lässt, dass die stellung jener in den handschriften 
keineswegs eine ganz feste war. Aus diesen gründen halte ich 
mich zu der annahme berechtigt, dass diese worte durch irgend 
einen zufall von ihrem ursprünglichen platze entfernt und später 
bald ganz an das ende bald kurz vor das ende der erörterung 
über die römischen monatsnamen verwiesen worden sind. Diesen 
ursprünglichen, richtigen platz finde ich unmittelbar nach den 
sitzen: quamquam alii a maioribus et iunioribus hos duos menses 
[sc. Maium et Iunium] velint esse nominatos. Nam antea populus 
Romanus in centurias iuniorum et seniorum divisus fuerat, Wir 
erinnern uns hierbei daran, dass Ovid über diese monate sich Fast, 
I, 41 geäussert: 
tertius [sc. mensis] a senibus, iuvenum de nomine quartus, 
quae sequitur, numero turba notata fuit. 
und in äbnlicher weise Fast. V, 427 gesagt hat: 
mensis erat Maius, maiorum nomine dictus. 
Dieselbe ansicht wird neben anderen von dem dichter Fast. V, 57 
— 78 und VI, 67 — 88 eingehend besprochen und erläutert, vgl. 
besonders die worte an der letzteren stelle (v. 83 — 88): 
populum digessit ab annis 
Romulus, in partes distribuitque duas. 
Haec dare consilium, pugnare paratior illa est; 
haec aetas bellum suadet, at illa gerit. 


XVII. 
Kritisches und exegetisches zu Ovids Fasten. 


I 


Die bedeutung der stelle Serv. ad Vergil. Georg. I, 43 für 
Ovids Fasten. 


Ueber die richtige auffassung und erklärung jener bekannten, 
von Ovid selbst Trist. II, 549 — 552 über die Fasten gemachten 
äusserung : 

Sex ego Fastorum scripsi totidemque libellos, 
cumque suo finem mense volumen habet; 
idque tuo nuper scriptum sub nomine, Caesar, 
et tibi sacratum sors mea rupit opus. 
herrscht heutzutage, was die angabe der anzahl der bücher v. 549 
betrifft, keinerlei zweifel mehr. Denn die zuerst von Masson (P. 
Ovidii vita, ad ann. 759 und besonders 762) aufgebrachte, später 
noch besonders von Lörs in seiner ausgabe der Tristien (Treviris 
1839 p. 225) vertheidigte ansicht, dass Sex-Fastorum zu verbin- 
den und dies von totidemque libellos zu trennen sei, wonach also 
der dichter selbst ausgesagt haben würde, dass er nur sechs bücher 
der Fasten geschrieben habe, ist mit recht schon von Merkel (vgl. 
dessen ausgabe der Tristien, Berolini 1837 p. 140, und die der 
Fasten, ibid. 1841, prol. p. CCLVI) und nach ihm von allen neue- 
ren herausgebern der Fasten aus dem grunde verworfen worden, 
weil die verbindung von Sex-Fastorum ebensowenig möglich und 
gut lateinisch ist, als man im binblick auf Fast. VI, 725 Sex-toti- 
demque von einander trennen darf. Es erklären sich ausserdem 











Ovidius. 429 


jene der thatsache, dass uns von Ovids Fasten nur sechs bücher 
erhalten sind, anscheinend widersprechenden worte ohne irgend 
welchen zwang, wenn man einfach scripsi nicht als logisch - abso- 
lutes, sondern als aoristisch - unbestimmtes perfect auffasst, wie es 
denn Peter (vgl. dessen ausgabe der Fasten, Leipzig 1874, p. 10) 
richtig mit „ich habe unter der feder gehabt“ wiedergibt. Ueber- 
einstimmend mit dieser ansicht der neueren .berausgeber wird man 
also annehmen dürfen, dass der dichter vor seiner verbannung nur 
die sechs ersten bücher — und auch sie nicht ganz vollständig — 
ausgearbeitet, die sechs letzten dagegen nur so skizzenhaft hinge- 
worfen hatte, dass bei der vermuthlich erst nach Ovids tode er- 
folgten herausgabe der Fasten von einer veröffentlichung dieses 
entwurfes zu den sechs letzten büchern abstand genommen wurde, 

Nun bietet sich uns aber doch innerhalb der römischen litera- 
tur wenigstens eine stelle dar, welche ganz geeignet ist, diese 
letztere ansicht vollständig über den haufen zu werfen. Selbst der 
umstand, dass Lactantius bei seinen häufigen citaten aus den Fasten 
niemals auf die sechs letzten, bücher recurriert, würde dagegen 
nichts beweisen. Diese merkwürdige, bislang nur wenig beachtete 
stelle findet sich bei Servius in seinem commentar zu Vergil. Georg. 
I, 43, wo jener den von diesem dichter gebrauchten ausdruck: ver 
novum erklärt und sich dabei über das altrömische jahr und die 
römischen monatsnamen, wie folgt, auslässt : 

Novum ver ideo ait quia anni imitium mensis est Martius, 
Et sciendum, decem tantum menses fuisse apud maiores. Martium 
autem anni principium habere voluerunt propter Martem suae gentis 
auctorem. Aprilis dictus est quasi terras tepore aperiens, Maius 
a Maia, Iunius a Iunone, quamquam alii a maioribus et iuniori- 
bus hos duos menses velint esse nominatos. Nam antea populus 
Romanus in centurias iuniorum ef seniorum divisus fuerat. Reli- 
qui iam a numero nominabantur Quintilis Sextilis September Oc- 
tober November December. Et hi erant tantum decem menses. Duo 
vero propter rationem signorum anni intercalabantur, qui posten a 
lano et a Februo nominati sunt; Februus autem est Ditis pater, 
cus eo mense sacrificabatur. — Quintilis et Sextilis mutati sunt 
postea in honorem luli Caesaris et Augusti, unde sunt Iulius et 
Augustus. Sic Ovidius in fastis. Ergo vere novo et anni 
inilio accipimus ei prima parte veris, — 


430 : Ovidius. 


Erkennen wir nun diese worte als echt und incorrupt an, 
so gestehen wir gleichzeitig zu, dass sie sich auf die uns verloren 
gegangenen, aber seiner zeit noch von Servius benutzten bücher 
VII und VIII der Fasten beziehen müssen, dass also wirklich von 
Ovid mehr als sechs bücher ausgearbeitet und solche späterhin ver- 
öffentlicht worden waren. Denn auf den gegenbeweis, den u. a. 
Lenz (erklärende anmerkungen zu der Encyclopüdie der latein. 
classiker. Braunschweig 1794. VI. p. 10, vgl. dazu auch Metzger 
in der einleitung zu seiner übersetzung von Ovids Fasten, Stuttgart 
1838, I. p. 652 f.) zu führen versucht hat!), dass jene worte im 
Serviuscommentar auf stellen in den vorhandenen sechs büchern der 
Fasten, nämlich auf Fast. V, 147 f. und VI, 797, wo der mensis 
Augustus resp. die Kalendae Iuliae ganz vorübergehend erwähnt 
werden, zu beziehen seien, ist gar nicht weiter einzugehen. Diese 
ansicht spricht sich selbst ihr urtheil, zumal da uns ausserdem noch 
zugemuthet wird, zu glauben, Servius habe mit jenen worten auch 
auf die stelle Fast. III, 149 f. abgezielt, wo es heisst: 

denique quintus ab hoc fuerat Quintilis, et inde 

incipit, a numero nomina quisquis habet. 
Eine derartige beweisführung ist wirklich mehr als naiv. Viel- 
mehr lässt sich aus dem zusammenhange jener Serviusstelle weiter 
gar nichts entnelmen, als die thatsache, dass Servius in seinem 
exemplur der Ovidischen Fasten eine ausführlichere darstellung da- 
von gefunden hat, warum und wem zu ehren jenen beiden monaten 
die namen Iulius und Augustus beigelegt worden sind. Eine solche 
darstellung aber findet sich nicht in den uns überlieferten sechs 
büchern der Fasten und könnte sich überhaupt nur in den einlei- 
tungen zu buch VII und VIII befunden haben. Folglich, so 
lautet der nothwendige schluss, muss Servius, wenn jene worte 
wirklich in der angegebenen fassung von ihm selbst herrühren, 
die fasten in grösserer vollständigkeit, als sie uns überkommen 
sind, vor augen gehabt haben. 

Bevor wir nun unsere sache einfach verloren geben, ist es 
geboten, jene Serviusstelle selbst etwas näher anzusehen, Bei ge- 
nauerer betrachtung derselben wird man aber leicht finden, wie 


1) Leider war es mir nicht vergönnt, das werk von Lenz selbst, 
dessen ansicht ich aus der erwähnung bei Metzger kennen lernte, zu 
vergleichen. 


Ovidius. 431 


wenig glaublich es erscheinen kann, dass Servius zu der den Rô- 
mern seiner tage gewiss noch mehr als genügend bekannten that- 
sache von der benennung der früher als Quintilis und Sextilis 
bezeichneten monate nach C. Julius Caesar und Augustus Ovid 
in seinen Fasten als gewährsmann citiert haben soll. Als ob es 
überhanpt bedurft hätte, den zeitgenossen des Servius, insonderheit 
dem doch immerbin mehr oder weniger gebildeten publikum, für 
das er seinen commentar schrieb, eine solche thatsache noch durch 
besondere zeugnisse zu belegen. Dazu kommt, dass die stellung 
der worte: Sic Ovidius in Fastis gerade unmittelbar vor dem orte, 
wo sich Servius zu dem ausgangspunkt seiner erklärung, dem ver 
novum, zurückwendet, nicht ganz unverdächtig erscheint. Obendrein 
aber finden sich diese worte in dem cod. Leidensis nicht, wie in 
allen anderen codices, nach den satz: unde sunt Iulius et Augustus, 
sondern vor denselben gestellt, aus welchem umstande sich wenig- 
stens ersehen lässt, dass die stellung jener in den handschriften 
keineswegs eine ganz feste war. Aus diesen gründen halte ich 
mich zu der annahme berechtigt, dass diese worte durch irgend 
einen zufall von ihrem ursprünglichen platze entfernt und später 
bald ganz an das ende bald kurz vor das ende der erörterung 
über die römischen monatsnamen verwiesen worden sind. Diesen 
ursprünglichen, richtigen platz finde ich unmittelbar nach den 
sätzen: quamquam alii a maioribus et iunioribus hos duos menses 
[sc. Maium et Iunium] velint esse nominatos. Nam antea populus 
Romanus in centurias iuniorum et seniorum divisus fuerat. Wir 
erinnern uns hierbei daran, dass Ovid über diese monate sich Fast. 
I, 41 geäussert : 
tertius [sc. mensis] a senibus, iuvenum de nomine quartus, 

quae sequitur, numero turba notata fuit, 

und in ähnlicher weise Fast. V, 427 gesagt hat: 
| mensis erat Maius, maiorum nomine dictus, 
Dieselbe ansicht wird neben anderen von dem dichter Fast. V, 57 
— 78 uud VI, 67 — 88 eingehend besprochen und erläutert, vgl. 
besonders die worte an der letzteren stelle (v. 83— 88): 
populum digessit ab annis 
Romulus, in partes distribuitque duas. 
Haec dare consilium, pugnare paratior illa est; 
haec aetas bellum suadet, at illa gerit. 


432 Ovidius. 


Sic statuit, mensesque nota secrevit eadem: 
Junius est iuvenum. Qui fuit ante, senum. 
Wenn also Servius zur bekräftigung. dieser zu seiner zeit gewiss 
nur spärlich bekannten ansicht, welche einst von Fulvius Nobilior 
und lunius Gracchanus (vgl. Censorin., de die natali XXII, 9. Ma- 
crob. Sat. 1, 12, 16. Fast. Silv. C. I. L. I. p. 343 u. 345, Mer- 
kel, prol. p. LXXX f.) aufgestellt und zeitweilig auch von Varro 
(vgl. de ling. Lat. VI, 33 und dazu Censorin., a. o. XXII, 12) 
gebilligt worden war, die Fasten Ovids, in denen dieser dieselbe 
ansicht ausführlich bespricht und sich ihr Fast. I, 41 und V, 427 
geradezu anzuschliessen scheint, citiert hat, so hat er gewiss ebenso 
verständig gehandelt, als es durchaus unverstündig gewesen wäre, 
ein solches citat zu der in der folge mitgetheilten allgemein be- 
kannten thatsache zu machen. Der jetzt in unseren handschriften 
vorliegende fehler mag dadurch entstanden sein, dass der abschrei- 


ber einer der urhandschriften, auf denen die uns erhaltenen codices | 


basieren, die worte: Sic Ovidius in Fastis ausliess und sie später, 
nachdem er bei einer nochmaligen collation auf seinen fehler auf- 
merksam geworden war, an den rand schrieb. Die folgenden ab- 
schreiber aber setzten jene ausgelassenen worte nicht an den ihnen 
unbekannten richtigen platz, sondern an oder gegen das ende der 
ganzen erläuterung der römischen monatsnamen. , 

Ich glaube, dass durch die verweisung jener worte von ihrem 
jetzigen platze an die von mir als allein richtig bezeichnete stelle 
ebensowohl der sinn jener ganzen partie bei Servius ad Vergil. 
Georg. I, 43 gewinnt, als dadurch das einzige hinderniss, das bis- 
lang der allgemeinen anerkennung jener oben mitgetheilten, auch 
von mir acceptierten ansicht von der abfassung der Fasten Ovids 
entgegenstand, aus dem wege geräumt wird. 


II. 
Die erklärung der stelle Fast. IV, 389 ff. 


In meiner recension der Peter'schen ausgabe der Fasten (Leip- 
zig, 1874) habe ich bereits in aller kürze darauf hingewiesen (vgl. 
philolog. Anzeiger VI, p. 488), dass Peter die oben bezeichnete 
stelle vollstándig falsch ausgelegt und erklärt hat. Obwohl nun 
Merkel und Riese in ihren textesausgaben die einzig richtige auf- 


Ovidius. 433 


fassung dieser stelle durch die art der vertheilung der verse auf 
die verschiedenen tage des april deutlich genug anzeigen, auch 
Merkel bereits in seiner grösseren ausgabe der Fasten, prol. p. XLV, 
die richtige erklärung der stelle gegeben hat, so halte ich es 
trotzdem für nicht ganz überflüssig, diese stelle hier eingehender 
zu behandeln, da jene durchaus falsche auslegung, nachdem sie be- 
reits von den meisten früheren herausgebern der Fasten und ande- 
ren erklärern unserer stelle ausgesprochen worden ist, neuerdings 
wieder in der ersten besseren, mit deutschen anmerkungen verse- 
henen ausgabe der Fasten wiederkehrt. Zufolge dieser anschauung, 
welcher Peter nach dem vorgange von Neapolis, Bersmann, Nic. 
Heinsius, Crispinus, Burmann, Gierig, Conrad, Preller (vgl. Röm. 
mythol. p. 436 anm. 2) u. a. m. gefolgt ist, sollen nämlich die 
worte des dichters in v. 389 — 392: 
Proxima victricem cum Romam inspexerit Eos, 
et dederit Phoebo stella fugata locum, 
circus erit pompa celeber numeroque deorum, 
primaque ventosis palma petetur equis. 
nicht auf die in der ganzen vorhergehenden stelle gegebene schil- 
derung der ludi Megulenses, sondern auf die folgende, v. 393 mit 
den worten: Hinc (oder, wie man nach einer von Nic. Heinsius 
gemachten, durchaus falschen emendation geradezu las: Hi) Cereris 
ludi eingeleitete erzählung von den ludi Ceriales zu beziehen sein, 
so dass man darin also die schilderung einor am 11. april im cir- 
cus abgehaltenen eröffnungsfeier der Cerialia zu erblicken hätte. 
Dabei verwickelt sich nun Peter in die sunderbarsten widersprüche. 
Den 9.april macht er gegen die angabe der kalendarien zum letz- 
ten tage der Megalesien und setzt zugleich den in v. 387 f. an- 
gedeuteten spätuntergang des Orion auf dasselbe datum, während 
doch aus den worten Ovids v. 387 f.: 
Ante tamen, quam summa dies spectacula sistat, 
ensiger Orion aequore mersus erit. 
ganz unzweideutig hervorgeht, dass er den spätuntergang jenes 
gestirns auf den abend vor dem letzten tage der Megalesien an- 
setzte. Auch hatte Peter selbst in anm. z. IV, 179 ganz richtig 
erklärt, dass die ludi Megalenses vom 4. bis zum 10. april dauer- 
ten. Sodann spricht Peter im anhang p. 34 zu v. 357 den Me- 
galesien die scenischen spiele geradezu ab, obschon er gleich dar- 


Philologus. XXXVI. bd. 8. 28 


434 Ovidius. 


auf die stelle v. 383 f., wo Ovid von seinem ebrensitz in der or- 
chestra redet, eingehend erklärt und schon in anm. z. v.179 ganz 
richtig gesagt hat, dass die Megalesien seit 194 auch mit sceni- 
schen spielen gefeiert wurden. Nicht minder richtig werden von 
ihm die worte v. 187: scaena sonat, ludique vocant, als auf die 
ludi scaenici et circenses bezüglich, erklärt. — Völlig ungerecht- 
fertigt aber muss es erscheinen, dass Peter die in v. 391 f. er- 
wühnten ludi circenses nebst pompa am 11. april, dem zwischen- 
tage zwischen den Megalesien und Cerialien, stattfinden lässt und 
sich mit dem wahren sachverhalte sophistisch genug dahin abfin- 
det, dass er auf den 12. april den „beginn der ludi Ceriales selbst“ 
ansetzt. Von einem derartigen zwiefachen, qualitativ verschiedenen 
anfang der römischen festspiele ist mir wenigstens bis jetzt nichts 
bekannt geworden. 

Die richtige, von derlei widersprüchen freie erklärung unserer 
stelle lässt sich jedenfalls nur dann gewinnen, wenn man dieselbe 
an der hand der in den uns überlieferten kalendarien enthaltenen 
angaben zu. machen versucht. Dieses letztere verlangen hat bereits 
Merkel (prol. p. XLV), dessen ausfübrung an dieser stelle über 
das verhältniss der ludi Megalenses zu den Ceriales ich durchaus 
unterschreibe, gestellt. Nach dem relativ am vollständigsten er- 
haltenen kalendarium, den fasti Maffeani (vgl. Merkel, prol. p. 
XHI. C. I. L. I. p. 305, dazu auch die fasti Praenestini C. I. L. 
I. p. 316), dauerten nun die ludi Megalenses vom 4.—10., die 
Ceriales vom 12. — 19. april und wurden je am letzten tage der 
feste, also am 10. resp. 19. april, mit circensischen spielen gefeiert !). 
Mit der summa dies in v. 387 kann also nur der 10. april ge- 
meint sein; der ganze v. 387 aber enthält demnach eine poetische 
umschreibung des datums des 9. april, wie Peter selbst,. freilich 
. ohne absicht, richtig angibt. Daraus folgt nun wiederum ganz 
nothwendig, dass unter der Proxima-Eos v. 389 nur der 10. april 
selbst verstanden werden kann, an welchem tage ja auch nach den 

1) Vgl. darüber ausser der oben angegebenen stelle bei Merkel 
prol p. XLV auch dessen angaben ibid. p. CLIX ff. und ganz beson- 
ders Friedländer bei Becker-Marquardt róm. alterthümer, IV. p. 492 f, 
wozu bemerkt werden muss, dass Friedlünders angaben mit den von 
Marquardt selbst, ibid. p. 449, gemachten direct im widerspruch 
stehen. Nach der irrthümlichen ansicht des letzteren, zu der jeden- 


falls die falsche auffassung unserer Ovidstelle anlass gegeben haben 
mag, sollen die ludi Ceriales nur im circus gefeiert worden sein. 


Ovidius. 435 


kalendarischen angaben die ludi circenses der Megalesien stattfan- 
den, welche, wie üblich, durch eine pompa eingeleitet wurden. 
Unmittelbar an dieses fest schliessen sich dann vom 12. april ab 
(v. 393: Hinc Cereris ludi) die Cerialien, die gleichfalls nach den 
kalendarischen angaben zunächst mit scenischen spielen und am 
schlusstage, 19. april, wie Ovid Fast. IV, 679 ff. richtig erwähnt, 
mit ludi circenses, denen ebenfalls eine pompa voraufging, und 
einer fuchshetze im circus gefeiert wurden. Den zwischen beiden 
festen liegenden 11. april, an dem vielleicht nicht selten eine in- 
stauration der ludi circenses der Megalesien, vielleicht auch ein 
epulum stattgefunden haben mag (vgl. darüber Merkel, prol. p. XLV; 
Friedlaender, a. o. p. 493 anm. 3220) lässt Ovid unerwähnt, da 
er für seinen zweck bedeutungslos war. 

Jene oben erwähnte falsche, auch von Peter adoptierte an- 
sicht der älteren herausgeber wird ihren hauptsächlichen grund in 
der von Ovid v. 391 gemachten mittheilung von einer pompa 
haben, die seit Neapolis ganz unmotivierter weise mit der von 
Varro, de re rustica I, 2, 11, erwähnten pompa Cerialis identifi- 
ciert zu werden pflegte, daher denn die worte unserer stelle den 
Cerialien angepasst werden mussten. Von einer solchen eröffnungs- 
feier zu anfang der gesammtspiele, der scenischen und circensischen, 
ist uns jedoch gar nichts überliefert. Vielmehr ging die pompa 
stets nur den circensischen spielen voran, welche bei den meisten 
festen je am letzten tage und nur bei den ludi Romani an den 5, 
bei den ludi plebei an den 3 letzten festtagen statthatten (vgl. 
Friedlaender, a. o. p. 490 ff). Bei den meisten festen, insonderheit 
bei den Megalesien und Cerialien, konnte daher die pompa nur am 
letzten spieltage vor sich gehen, der ohnedies gewöhnlich den ur- 
sprünglichen und bedeutungsvollsten festtag bildete. Aus diesem 
grunde sehen wir uns genöthigt, die worte Ovids in Fast. IV, 389 — 
392 als eine schilderung der am letzten tage der Megalesien ge- 
feierten, mit eiuer pompa eingeleiteten ludi circenses anzusehen, in- 
dem wir gleichzeitig die von Peter gebilligte ansicht der älteren 
herausgeber und erklärer Ovids als eine irrthümliche abweisen. 

III. 
Die wiederholung der Priapusfabel in Ovids Fasten, Fast. I, 
391—440 = VI, 319 — 348. 
Es ist längst anerkannt und besonders von Merkel hinlünglich 


/ | 28° 


436 Ovidius. 


erwiesen werden, dass Ovids Fasten, in denen wir überhaupt nur 
einen unvollendeten versuch der poetischen behandlung des rümischen 
kalenders erblicken dürfen, mannichfache innere widersprüche ent- 
halten (vgl. Merkel, prol CCLVI f), ganz abgesehen von der 
schwierigen, selbst durch die letzten eingehenden erürterungen Pe- 
ter's (Neue jahrb. f. philol. XXI, 1875, p. 499—505) und Riese's 
(ibid. XX, 1874 p. 561 —570) immer noch nicht endgültig ent- 
schiedenen frage, wie man die dedication an Germanicus gegenüber 
dem sonst so häufigen hervortreten des Augustus, sowie der eige- 
‘ nen erklärung des dichters Trist. II, 551 ff, dass er dem letzteren 
sein werk geweiht habe, verstehen soll. Doch sind jene uneben- 
heiten und widersprüche theils und besonders, soweit sie das astro- 
nomische gebiet berühren, durch eine gewisse unkenntniss des dich- 
ters mit seinem stoff zu erklären, theils bestehen sie zwischen 
stellen, von denen die eine nur im ersten entwurfe, die andere in 
der ausarbeitung erhalten ist, theils endlich betreffen sie solche 
stellen, die überhaupt nur im ersten entwurfe erhalten sind und an 
denen der dichter dinge verspricht, deren erledigung er sich für 
eine weitere, spüter nicht erfolgte vollendung vorbehalten hatte. 
Sehr fraglich aber bleibt es, ob wir eine derartige, aus der un- 
vollkommenheit des gedichts geschöpfte erklärung auch bei solchen 
einander widersprechenden stellen anwenden dürfen, die uns beide 
in der vollkommneren ausarbeitung vorliegen. Ein fall der letzte- 
ren art ist nun der hier zu besprechende. Bekanntlich knüpft 
Ovid im ersten buche der Fasten an die darstellung der feier der 
Agonalien (Fast. I, 317—334) einen excurs über die verschiedenen 
arten der opfer, insbesondere der opferthiere, und theilt dabei u. a. 
zur erklürung der sitte, dass dem Priapus esel geopfert wurden, 
jene fabel mit, wonach die esel dies zur strafe dafür erdulden müs- 
sen, dass einst der esel des Silen den Priapus in seinem liebes- 
abenteuer mit der nymphe Lotis durch unzeitiges erheben seiner 
stimme gestört habe (1, 391 — 440). Fast die gleiche fabel nun 
finden wir im sechsten buche wieder, nur mit dem unterschiede, 
dass dort erklärt werden soll, warum die esel am feste der Vesta 
(9. juni) bekrünzt zu werden pflegten, und dass daher in dieser, 
übrigens bedeutend kürzer als die erstere gefassten erzählung Vesta 
die rolle der Lotis übernehmen muss (VI, 319 — 348). Ob Ovid 
in beiden erzählungen ältere traditibnen als quelle benutzt hat oder 





Ovidius. 437 


beide mythen seine eigene dichterische schöpfung sind, lässt sich 
nicht sicher entscheiden. Denn die beiden einzigen schriftsteller, 
die eine bekanntschaft mit diesen fabela zeigen, Lactantius, der den 
mythus von Priapus und Vesta (Inst. div. I, 21, 26) erwähnt, und 
Arnobius, dessen worte (Adversus nationes III, 10) auf eine kennt- 
niss beider erzühlungen schliessen lassen, haben wohl, der erstere 
wenigstens erweislich, aus Ovid selbst geschépft. Mag nun auch 
jene fabel von Priapus und Lotis entweder alexandrinischen ur- 
sprungs sein, wie Merkel (prol. p. CLXV) vermuthen will, oder 
von Ovid selbst im anschluss an die bekannte fabel von der ver- 
wandlung der den bewerbungen des Priapus zu entrinnen streben- 
den Lotis in den lotosstrauch (vgl. Ovid. Metam. IX, 340 — 348, 
Servius ad Verg. Georg. ll, 84) erfunden worden sein, mag auch 
die zweite erzühlung von Priapus und Vesta, wie schon Lactantius 
a. o. behauptet, nur eine poetische schöpfung des dichters selbst 
sein: jedenfalls ist es sehr auffällig und bedarf der erklürung, wie 
Ovid dazu kam, fast die gleiche fabel in einem und demselben ge- 
dicht wiederholt vorzubringen. Merkel will die ursache davon in 
dem umstande finden, dass der dichter nicht mehr die letzte feile 
an seine Fasten anlegen konnte, und glaubt demzufolge behaupten 
zu dürfen (prol. p. CLXV), Ovid würde höchst wahrscheinlich bei 
einer nochmaligen letzten überarbeitung seines gedichts die zweite 
erzühlung im sechsten buche gestrichen haben. Der letzteren an- 
sicht ist auch Peter (vgl. seine ausgabe p. 12 u. 254), der jedoch ent- 
gegen der meinung Merkels die wiederholung jener fabel auf deu 
grellen unterschied zurückfübren will, der zwischen dem von Ovid 
in Tomi umgearbeiteten ersten buche und den übrigen, von ihm 
mit ganz geringen ausnahmen in ihrer ursprünglichen fassung be- 
lassenen büchern besteht; der mythus von Priapus und Lotis müsste 
demnach erst in Tomi, jener von Priapus und Vesta bereits in Rom 
abgefasst worden sein (vgl. unten die anm. 3). Nach der ansicht 
beider kritiker würe also die wiederholung jener fabel von dem 
dichter durchaus nicht beabsichtigt gewesen, sondern vóllig unbe- 
wusst geschehen. Dies erscheint mir sehr wenig wahrscheinlich. 
Man darf und muss ja wohl annehmen, dass dem dichter, wie dies 
bereits oben erwähnt wurde, kleinere verstösse gegen den logischen 
zusammenhang und geringfügige widersprüche entgangen sind, obne 
dass man desshalb berechtigt ist zu behaupten, der dichter habe 


432 Ovidius. 


Sic statuit, mensesque nota secrevit eadem: 
Junius est iuvenum. Qui fuit ante, senum, 

Wenn also Servius zur bekräftigung dieser zu seiner zeit gewiss 
nur spärlich hekannten ansicht, welche einst von Fulvius Nobilior 
und lunius Gracchanus (vgl. Censorin., de die natali XXII, 9. Ma- 
crob, Sat. I, 12, 16. Fast. Silv. C. I. L. I. p. 343 u. 345, Mer- 
kel, prol. p. LXXX f.) aufgestellt und zeitweilig auch von Varro 
(vgl. de ling. Lat. VI, 33 und dazu Censorin., a. o. XXII, 12) 
gebilligt worden war, die Fasten Ovids, in denen dieser dieselbe 
ansicht ausführlich bespricht und sich ihr Fast. I, 41 und V, 427 
geradezu anzuschliessen scheint, citiert hat, so hat er gewiss ebenso 
verstándig gehandelt, als es durchaus unverständig gewesen würe, 
ein solches citat zu der in der folge mitgetheilten allgemein be- 
kannten thatsache zu machen. Der jetzt in unseren handschriften 
vorliegende fehler mag dadurch entstanden sein, dass der abschrei- 
ber einer der urhandschriften, auf denen die uns erhaltenen codices 
basieren, die worte: Sic Ovidius in Fastis ausliess und sie später, 
nachdem er bei einer nochmaligen collation auf seinen fehler auf- 
merksam geworden war, an den rand schrieb. Die folgenden &b- 
schreiber aber setzten jene ausgelassenen worte nicht an den ibnen 
unbekannten richtigen platz, sondern an oder gegen das ende der 
ganzen erläuterung der rómischen monatsnamen. , 

Ich glaube, dass durch die verweisung jener worte von ihrem 
jetzigen platze an die von mir als allein richtig hezeichnete stelle 
ebensowohl der sinn jener ganzen partie bei Servius ad Vergil. 
Georg. 1, 43 gewinnt, als dadurch das einzige hinderniss, das bis- 
lang der allgemeinen anerkennung jener oben mitgetheilten, auch 
von mir acceptierten ansicht von der abfassung der Fasten Ovids 
entgegenstand, aus dem wege geräumt wird. 


II. 
Die erklärung der stelle Fast. IV, 389 ff. 


In meiner recension der Peter’schen ausgabe der Fasten (Leip- 
zig, 1874) habe ich bereits in aller kürze darauf hingewiesen (vgl. 
philolog. Anzeiger VI, p. 488), dass Peter die oben bezeichnete 
stelle vollständig falsch ausgelegt und erklärt hat. Obwohl nun 
Merkel und Riese in ihren textesausgaben die einzig richtige auf- 








Ovidius. 431 


wenig glaublich es erscheinen kann, dass Servius zu der den Rô- 
mern seiner tage gewiss noch mehr als genügend bekannten that- 
suche von der benenaung der früher als Quintilis und Sextilis 
bezeichneten monate nach C. Julius Caesar und Augustus Ovid 
in seinen Fasten als gewährsmann citiert haben soll. Als ob es 
überhaupt bedurft hätte, den zeitgenossen des Servius, insonderheit 
dem doch immerhin mehr oder weniger gebildeten publikum, für 
das er seinen commentar schrieb, eine solche thatsache noch durch 
besondere zeugnisse zu belegen. Dazu kommt, dass die stellung 
der worte: Sic Ovidius in Fastis gerade unmittelbar vor dem orte, 
wo sich Servius zu dem ausgangspunkt seiner erklärung, dem ver 
novum, zurückwendet, nicht ganz unverdächtig erscheint. Obendrein 
aber finden sich diese worte in dem cod. Leidensis nicht, wie in 
allen anderen codices, nach den satz: unde sunt Iulius et Augustus, 
sondern vor denselben gestellt, aus welchem umstande sich wenig- 
stens ersehen lässt, dass die stellung jener in den handschriften 
keineswegs eine ganz feste war. Aus diesen gründen halte ich 
mich zu der annahme berechtigt, dass diese worte durch irgend 
einen zufall von ihrem ursprünglichen platze entfernt und später 
bald ganz an das ende bald kurz vor das ende der erörterung 
über die römischen monatsnamen verwiesen worden sind. Diesen 
ursprünglichen, richtigen platz finde ich unmittelbar nach den 
sätzen: quamquam alii a maioribus et iunioribus hos duos menses 
[sc. Maium et Iunium] velint esse nominatos. Nam antea populus 
Romanus in centurias iuniorum et seniorum divisus fuerat. Wir 
erinnern uns hierbei daran, dass Ovid über diese monate sich Fast, 
I, 41 geäussert: 
tertius [sc. mensis] a senibus, iuvenum de nomine quartus, 

quae sequitur, numero turba notata fuit. 

und in ähnlicher weise Fast. V, 427 gesagt hat: 
| mensis erat Maius, maiorum nomine dictus, 
Dieselbe ansicht wird neben anderen von dem dichter Fast. V, 57 
— 78 und VI, 67 — 88 eingehend besprochen und erlüutert, vgl. 
besonders die worte an der letzteren stelle (v. 83 — 88): 
pepulum digessit ab aunis 
Romulus, in partes distribuitque duas. 
Haec dare consilium, pugnare paratior illa est; 
haec aetas bellum suadet, at illa gerit. 


432 Ovidius. 


Sic statuit, mensesque nota secrevit eadem: 
Junius est invenum. Qui fuit ante, senum. 

Wenn also Servius zur bekräftigung. dieser zu seiner zeit gewiss 
nur spärlich bekannten ansicht, welche einst von Fulvius Nobilior 
und lunius Gracchanus (vgl. Censorin., de die natali XXII, 9. Ma- 
crob, Sat. I, 12, 16. Fast. Silv. C. I. L. I. p. 343 u. 345, Mer- 
kel, prol. p. LXXX f.) aufgestellt und zeitweilig auch von Varro 
(vgl. de ling. Lat. VI, 33 und dazu Censorin., a. o. XXII, 12) 
gebilligt worden war, die Fasten Ovids, in denen dieser dieselbe 
ansicht ausführlich bespricht und sich ihr Fast. I, 41 und V, 427 
geradezu anzuschliessen scheint, citiert hat, so hat er gewiss ebenso 
verständig gehandelt, als es durchaus unverständig gewesen wäre, 
ein solches citat zu der in der folge mitgetheilten allgemein be- 
kannten thatsache zu machen. Der jetzt in ungeren handschriften 
vorliegende fehler mag dadurch entstanden sein, dass der abschrei- 
ber einer der urhandschriften, auf denen die uns erhaltenen codices - 
basieren, die worte: Sic Ovidius in Fastis ausliess und sie später, 
nachdem er bei einer nochmaligen collation auf seinen fehler auf- 
merksam geworden war, an den rand schrieb. Die folgenden ab- 
schreiber aber setzten jene ausgelassenen worte nicht an den ibnen 
unbekannten richtigen platz, sondern an oder gegen das ende der 
ganzen erläuterung der römischen monatsnamen. , 

Ich glaube, dass durch die verweisung jener worte von ihrem 
jetzigen platze an die von mir als allein richtig bezeichnete stelle 
ebensowohl der sinn jener ganzen partie bei Servius ad Vergil. 
Georg. I, 43 gewinnt, als dadurch das einzige hinderniss, das bis- 
lang der allgemeinen anerkennung jener oben mitgetheilten, auch 
von mir acceptierten ansicht von der abfassung der Fasten Ovids 
entgegenstand, aus dem wege gerüumt wird. 


IL 
Die erklärung der stelle Fast. IV, 389 ff. 


in meiner recension der Peter’schen ausgabe der Fasten (Leip- 
zig, 1874) habe ich bereits in aller kürze darauf hingewiesen (vgl. 
philolog. Anzeiger VI, p. 488), dass Peter die oben bezeichnete 
stelle vollständig falsch ausgelegt und erklärt hat. Obwohl nun 
Merkel und Riese in ihren textesausgaben die einzig richtige auf- 








Ovidius. 433 


fassung dieser stelle durch die art der vertheilung der verse auf 
die verschiedenen tage des april deutlich genug anzeigen, auch 
Merkel bereits in seiner grösseren ausgabe der Fasten, prol. p. XLV, 
die richtige erklärung der stelle gegeben hat, so halte ich es 
trotzdem für nicht ganz überflüssig, diese stelle hier eingehender 
zu behandeln, da jene durchaus falsche auslegung, nachdem sie be- 
reits von den meisten früheren herausgebern der Fasten und ande- 
ren erklärern unserer stelle ausgesprochen worden ist, neuerdings 
wieder in der ersten besseren, mit deutschen anmerkungen verse- 
henen ausgabe der Fasten wiederkehrt. Zufolge dieser anschauung, 
welcher Peter nach dem vorgange von Neapolis, Bersmann, Nic. 
Heinsius, Crispinus, Burmann, Gierig, Conrad, Preller (vgl. Rom. 
mythol. p. 436 anm. 2) u. a. m. gefolgt ist, sollen nämlich die 
worte des dichters in v. 389 — 392: 
Proxima victricem cum Romam inspexerit Eos, 
et dederit Phoebo stella fugata locum, 
circus erit pompa celeber numeroque deorum, 
primaque ventosis palma petetur equis. 
nicht auf die in der ganzen vorhergehenden stelle gegebene schil- 
derung der ludi Megulenses, sondern auf die folgende, v. 393 mit 
den worten: Hinc (oder, wie man nach einer von Nic. Heinsius 
gemachten, durchaus falschen emendation geradezu las: Hi) Cereris 
ludi eingeleitete erzählung von den ludi Ceriales zu beziehen sein, 
so dass man darin also die schilderung einor am 11. april im cir- 
cus abgehaltenen eröffnungsfeier der Cerialia zu erblicken hätte. 
Dabei verwickelt sich nun Peter in die sonderbarsten widersprüche. 
Den 9.april macht er gegen die angabe der kalendarien zum letz- 
ten tage der Megalesien und setzt zugleich den in v. 387 f. an- 
gedeuteten spätuntergang des Orion auf dasselbe datum, während 
doch aus den worten Ovids v. 387 f.: 
Ante tamen, quam summa dies spectacula sistat, 
ensiger Orion aequore mersus erit. 
ganz unzweideutig hervorgeht, dass er den spätuntergang jenes 
gestirns auf den abend vor dem letzten tage der Megalesien an- 
setzte. Auch hatte Peter selbst in anm. z. IV, 179 ganz richtig 
erklärt, dass die ludi Megalenses vom 4. bis zum 10. april dauer- 
ten. Sodann spricht Peter im anhang p. 34 zu v. 357 den Me- 
galesien die scenischen spiele geradezu ab, obschon er gleich dar- 


Philologus. XXXVI. bd. 3. 28 


434 Ovidius. 


auf die stelle v. 383 f., wo Ovid von seinem ehrensitz in der or- 
chestra redet, eingehend erklärt und schon in aum. z. v. 179 ganz 
richtig gesagt hat, dass die Megalesien seit 194 auch mit sceni- 
schen spielen gefeiert wurden. Nicht minder richtig werden von 
ihm die worte v. 187: scaena sonat, ludique vocant, als auf die 
ludi scaenici et circenses bezüglich, erklärt. — Völlig ungerecht- 
fertigt aber muss es erscheinen, dass Peter die in v. 391f. er- 
wühnten ludi circenses nebst pompa am 11. april, dem zwischen- 
tage zwischen den Megalesien und Cerialien, stattfinden lüsst und 
sich mit dem wahren sachverhalte sophistisch genug dahin abfin- 
det, dass er auf den 12.april den „beginn der ludi Ceriales selbst“ 
ansetzt. Von einem derartigen zwiefachen, qualitativ verschiedenen 
anfang der römischen festspiele ist mir wenigstens bis jetzt nichts 
bekannt geworden. 

Die richtige, von derlei widersprüchen freie erklürung unserer 
stelle lässt sich jedenfalls nur dann gewinnen, wenn man dieselbe 
an der hand der in den uns überlieferten kalendarien enthaltenen 
angaben zu machen versucht. Dieses letztere verlangen bat bereits 
Merkel (prol. p. XLV), dessen ausführung an dieser stelle über 
das verhültniss der ludi Megalenses zu den Ceriales ich durchaus 
unterschretbe, gestellt. Nach dem relativ am vollständigsten er- 
haltenen kalendarium, den fasti Maffeani (vgl. Merkel, prol. p. 
XII, C. I. L. I. p. 305, dazu auch die fasti Praenestini C. I. L. 
I. p. 316), dauerten nun die ludi Megalenses vom 4.— 10., die 
Ceriales vom 12. — 19. april und wurden je am letzten tage der 
feste, also am 10. resp. 19. april, mit circensischen spielen gefeiert !). 
Mit der summa dies in v. 387 kaun also nur der 10. april ge- 
meint sein; der ganze v. 387 aber enthült demnach eine poetische 
umschreibung des datums des 9. april, wie Peter selbst,. freilich 
. ohne absicht, richtig angibt. Daraus folgt nun wiederum ganz 
nothwendig, dass unter der Proxima-Eos v. 389 nur der 10, april 
selbst verstanden werden kann, an welchem tage ja auch nach den 

1) Vgl. darüber ausser der oben angegebenen stelle bei Merkel 
prol p. XLV auch dessen angaben ibid. p. CLIX ff. und ganz beson- 
ders Friedlünder bei Becker-Marquardt röm. alterthümer, iv. p. 492 f., 
wozu bemerkt werden muss, dass Friedlünders angaben mit den von 
Marquardt selbst, ibid. p. 449, gemachten direct im widerspruch 
stehen. Nach der irrthümlichen ansicht des letzteren, zu der jeden- 


falls die falsche auffassung unserer Ovidstelle anlass gegeben. haben 
mag, sollen die ludi Ceriales nur im circus gefeiert worden sein. 








Ovidius. 435 


kalendarischen angaben die ludi circenses der Megalesien stattfan- 
den, welche, wie üblich, durch eine pompa eingeleitet wurden. 
Unmittelbar an dieses fest schliessen sich dann vom 12. april ab 
(v. 393: Hinc Cereris ludi) die Cerialien, die gleichfalls nach den 
kalendarischen angaben zunächst mit scenischen spielen und am 
schlusstage, 19. april, wie Ovid Fast, IV, 679 ff. richtig erwähnt, 
mit ludi circenses, denen ebenfalls eine pompa voraufging, und 
einer fuchshetze im circus gefeiert wurden. Den zwischen beiden 
festen liegenden 11. april, an dem vielleicht nicht selten eine in- 
stauration der ludi circenses der Megalesien, vielleicht auch ein 
epulum stattgefunden haben mag (vgl. darüber Merkel, prol. p. XLV; 
Friedlaender, a. o. p. 493 aum. 3220) lüsst Ovid unerwühnt, da 
er für seinen zweck bedeutungslos war. 

Jene oben erwähnte falsche, auch von Peter adoptierte an- 
sicht der ülteren herausgeber wird ihren hauptsüchlichen grund in 
der von Ovid v. 391 gemachten mittheilung von einer pompa 
haben, die seit Neapolis ganz unmotivierter weise mit der von 
Varro, de re rustica I, 2, 11, erwähnten pompa Cerialis identifi- 
ciert zu werden pflegte, daher denn die worte unserer stelle den 
Cerialien angepasst werden mussten. Von einer solchen eröffnungs- 
feier zu aufang der gesammtspiele, der scenischen und circensischen, 
ist uns jedoch gar nichts überliefert. Vielmehr ging die pompa 
stets nur den circensischen spielen voran, welche bei den meisten 
festen je am letzten tage und nur bei den ludi Romani an den 5, 
bei den ludi plebei an den 3 letzten festtagen statthatten (vgl. 
Friedlaender, a. o. p. 490 ff). Bei den meisten festen, insonderheit 
bei den Megalesien und Cerialien, konnte daher die pompa nur am 
leizten spieltage vor sich gehen, der ohnedies gewöhnlich den ur- 
sprünglichen und bedeutungsvollsten festtag bildete. Aus diesem 
grunde sehen wir uns genóthigt, die worte Ovids in Fast. IV, 389 — 
392 als eine schilderung der am letzten tage der Megalesien ge- 
feierten, mit einer pompa eingeleiteten ludi circenses anzusehen, in- 
dem wir gleichzeitig die von Peter gebilligte ansicht der älteren 
herausgeber und erklärer Ovids als eine irrthümliche abweisen. 

III. 
Die wiederholung der Priapusfabel in Ovids Fasten, Fast. I, 
391 — 440 = VI, 319 — 348. 
Es ist längst anerkannt und besonders von Merkel hinlänglich 


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436 Ovidius. 


erwiesen werden, dass Ovids Fasten, in denen wir überhaupt nur 
einen unvollendeten versuch der poetischen behandlung des rümischen 
kalenders erblicken dürfen, mannichfache innere widersprüche ent- 
halten (vgl. Merkel, prol CCLVI f), ganz abgesehen von der 
schwierigen, selbst durch die letzten eingehenden erörterungen Pe- 
ter's (Neue jahrb. f. philol. XXI, 1875, p. 499—505) und Riese's 
(ibid. XX, 1874 p. 561 —570) immer noch nicht endgültig ent- 
schiedenen frage, wie man die dedication an Germanicus gegenüber 
dem sonst so häufigen hervortreten des Augustus, sowie der eige- 
— men erklärung des dichters Trist. II, 551 ff, dass er dem letzteren 
sein werk geweibt habe, verstehen soll. Doch sind jene uneben- 
heiten und widersprüche theils und besonders, soweit sie das astro- 
nomische gebiet berühren, durch eine gewisse unkenntniss des dich- 
ters mit seinem stoff zu erklären, theils bestehen sie zwischen 
stellen, von denen die eine nur im ersten entwurfe, die andere in 
der ausarbeitung erhalten ist, theils endlich betreffen sie solche 
stellen, die überhaupt nur im ersten entwurfe erhalten sind und an 
denen der dichter dinge verspricht, deren erledigung er sich für 
eine weitere, spüter nicht erfolgte vollendung vorbehalten hatte. 
Sehr fraglich aber bleibt es, ob wir eine derartige, aus der un- 
vollkommenheit des gedichts geschöpfte erklärung auch bei solchen 
einander widersprechenden stellen anwenden dürfen, die uns beide 
in der vollkommneren ausarbeitung vorliegen. Ein fall der letzte- 
ren art ist nun der hier zu besprechende. Bekanntlich knüpft 
Ovid im ersten buche der Fasten an die darstellung der feier der 
Agonalien (Fast. I, 317—394) einen excurs über die verschiedenen 
arten der opfer, insbesondere der opferthiere, und theilt dabei u. a. 
zur erklürung der sitte, dass dem Priapus esel geopfert wurden, 
jene fabel mit, wonach die esel dies zur strafe dafür erdulden müs- 
sen, dass einst der esel des Silen den Priapus in seinem liebes- 
abenteuer mit der nymphe Lotis durch unzeitiges erheben seiner 
stimme gestört habe (I, 391 — 440). Fast die gleiche fabel nun 
finden wir im sechsten buche wieder, nur mit dem unterschiede, 
dass dort erklärt werden soll, warum die esel am feste der Vesta 
(9. juni) bekränzt zu werden pflegten, und dass daher in dieser, 
übrigens bedeutend kürzer als die erstere gefassten erzáhlung Vesta 
die rolle der Lotis übernehmen muss (VI, 319 — 348). Ob Ovid 
in beiden erzühlungen ältere traditiónen als quelle benutzt hat oder 


Ovidius. 437 


beide mythen seine eigene dichterische schöpfung sind, lässt sich 
nicht sicher entscheiden. Denn die beiden einzigen schriftsteller, 
die eine bekanntschaft mit diesen fabeln zeigen, Lactantius, der den 
mythus von Priapus und Vesta (Inst. div. I, 21, 26) erwähnt, und 
Arnobius, dessen worte (Adversus nationes III, 10) auf eine kennt- 
niss beider erzählungen schliessen lassen, haben wohl, der erstere 
wenigstens erweislich, aus Ovid selbst geschópft. Mag nun auch 
jene fabel von Priapus und Lotis entweder alexandrinischen ur- 
sprungs sein, wie Merkel (prol. p. CLXV) vermuthen will, oder 
von Ovid selbst im anschluss an die bekannte fabel von der ver- 
wandlung der den bewerbungen des Priapus zu entrinnen streben- 
den Lotis in den lotosstrauch (vgl. Ovid. Metam. IX, 340 — 348, 
Servius ad Verg. Georg. Il, 84) erfunden worden sein, mag auch 
die zweite erzählung von Priapus und Vesta, wie schon Lactantius 
a. o. behauptet, nur eine poetische schöpfung des dichters selbst 
sein: jedenfalls ist es sehr auffällig und bedarf der erklärung, wie 
Ovid dazu kam, fast die gleiche fabel in einem und demselben ge- 
dicht wiederholt vorzubringen. Merkel will die ursache davon in 
dem umstande finden, dass der dichter nicht mehr die letzte feile 
an seine Fasten anlegen konnte, und glaubt demzufolge behaupten 
zu dürfen (prol. p. CLXV), Ovid würde höchst wahrscheinlich bei 
einer nochmaligen letzten überarbeitung seines gedichts die zweite 
erzählung im sechsten buche gestrichen haben. Der letzteren an- 
sicht ist auch Peter (vgl. seine ausgabe p. 12 u. 254), der jedoch ent- 
gegen der meinung Merkels die wiederholung jener fabel auf den 
grellen unterschied zurückführen will, der zwischen dem von Ovid 
in Tomi umgearbeiteten ersten buche und den übrigen, von ihm 
mit ganz geringen ausnahmen in ihrer ursprünglichen fassung be- 
lassenen büchern besteht; der mythus von Priapus und Lotis müsste 
demnach erst in Tomi, jener von Priapus und Vesta bereits in Rom 
abgefasst worden sein (vgl. unten die anm. 3). Nach der ansicht 
beider kritiker wäre also die wiederholung jener fabel von dem 
dichter durchaus nicht beabsichtigt gewesen, sondern völlig unbe- 
wusst geschehen. Dies erscheint mir sehr wenig wahrscheinlich. 
Man darf und muss ja wohl annehmen, dass dem dichter, wie dies 
bereits oben erwähnt wurde, kleinere verstösse gegen den logischen 
zusammenhang und geringfügige widersprüche entgangen sind, ohue 
dass man desshalb berechtigt ist zu behaupten, der dichter habe 


488 Ovidius. 


völlig shnungslos in dem einen buche dieselbe fabel wiederhok, die 
er schon früher in einem anderen erzählt hatte. So völlig fremd 
wird doch dem dichter sein eigenes werk nicht gewesen sein. 
Auch die meinung Peter’s, nach der die erzählung des ersten buches 
erst in Tomi geschrieben sein müsste, ist hinfällig. Denn, wenn man 
tiberhaupt bei der ausscheidung der in Tomi hinzugekommenen stel- 
len nicht völlig in der irre gehen will, ist es durchaus nothwendig, 
lediglich diejenigen stellen der ersten bearbeitung in Rom abzu- 
sprechen, welche ganz unzweideutige merkmale des späteren ur- 
sprungs an sich tragen. Von solchen zeigt sich nun aber in der 
ganzen stelle I, 391 — 440 auch nicht die leiseste spur. Im ge- 
gentheil, die ganze schilderung daselbst scheint so völlig der er- 
guss einer heiteren, rosigen und geradezu schalkhaften laune zu 
sein, dass es für schlechthin unmöglich gelten muss, der verbannte, 
in verbitterter stimmung unter den für ihn widerwärtigsten verhält- 
nissen lebende dichter der Tristia und der Epp. ex Ponto könne 
ihr verfasser sein. Ganz aus dem gleichen grunde muss ich auch 
die von Peter a. o. indirect aufgestellte behauptung ablehnen, jene 
frische, mit prächtiger detailmalerei ausgestattete schilderung des 
frühlings Fast, I, 151 — 160 (vgl. besonders v. 158) könne erst 
in Tomi entstanden sein, nur weil im dritten buche v. 235 — 244 
eine an jene achilderung etwas anklingende erzühlung wiederkehrt *), 
Wem nicht fremd geblieben ist, dass Ovid sich selbst in einzelnen 


3) Freilich hat Peter nicht direct behauptet, dass jene beiden 
stellen Fast I, 151— 160 und 391 — 440 erst in Tomi entstanden sein 
könnten. Ja, in seinem aufsatze über die doppelte redaction der 
Ovidischen Fasten (neue jabrb. f. philol. XXI, 1875 p. 499 ff.) hat er 
dieselben sogar unter den der zweiten bearbeitung zuzusprechenden 
stellen nicht ar au t. Aber er hat doch in der einleitung zu sei- 
ner ausgabe p. 11 ff, wo er die hypothese Merkels, nach der uns 
buch Id in der zweiten, buch IT — VI vorwiegend in der ersten bear- 


beitung erhalten sind, ei erläutert, bezüglich des letzteren 
umetandes u. à gueagt: les [dase nämlich die bücher Ii—VI in 
der ersten, vor dem exil hten bearbeitang vorliegen] zeigen 

nicht allein die darin ent nen hin auf das leben des des 
dichters in Rom ......... , sondern auch ss... die 


auffalleude wiederkehr von erzählungen, welche wir 

schon im ersten buche gelesen haben, nur mit geringen 

veränderungen in einem der übrigen bücher (vgl I, 151 £ 

wed I. 3365; I, 391 ff. und VI, 319 ff), während uns derartiges nir- 
Uanerdali der Diese 





Ovidius. 439 


ausdrucksweisen nicht selten wiederholt (vgl. Zingerle, Ovid und 
sein verhältniss zu den vorgängern etc. Innsbruck. 1869 I, p. 9— 
34), der wird es wohl nicht unverständlich finden, dass der dichter 
manchmal auch durch äussere anlässe zu wiederholungen ganzer 
schilderungen genöthigt wurde. 

Man darf also wohl entgegen den ansichten Peter’s und Mer- 
kel’s als gewiss annehmen, dass beide versionen der Priapusfabel 
der ersten bearbeitung in Rom ihren ursprung verdanken, und dass 
der dichter nicht ohne jegliche ahnung, sondern vollkommen be- 
wusst die fabel wiederholt hat, also auch voraussichtlich bei einer 
nochmaligen überarbeitung die eine erzählung im sechsten buche 
nicht gestrichen haben würde*). . Diese meine ansicht wird nun 
durch die eigenthümliche stellung der Priapusfabel in diesem buche 
auf das wirksamste unterstützt. Dort gibt nämlich Ovid bei der 
schilderung der feier der Vestalien (VI, 249 — 460) nach der an- 
rede der göttin Vesta (v. 249 —256) zunächst eine erklärung von 
der lage und gestalt des Vestatempels (v. 257— 282), spricht über 
die Vestalinuen (v. 283—294), über die thatsache, dass im Vesta- 
tempel keine bildsäule der göttin stand (v. 295—298), sowie über 
die etymologie des namens derselben (v. 299 — 304) und sagt 
schliesslich, nachdem er (v. 305 — 310) das an jenem festtage der 
góttin darzubringende speiseopfer erwähnt hat, v. 311 ff.: 

Ecce coronatis panis dependet asellis, 
et velant scabras florida serta molas. 

Sola prius furnis torrebant farra coloni, 
et Fornacali sunt sua sacra deae. 

Suppositum cineri panem focus ipse parabat, 
strataque erat tepido tegula quassa solo. 

Inde focum servat pistor dominamque focorum, 
et quae pumiceas versat asella molas. 


4) Dieselbe ansicht hat bereits Riese (Neue jahrb. f. philol. XX, 
1874. p. 565) geäussert, jedoch aus gründen, die von den meinigen 
erheblich abweichen. Auch kann ich nicht billigen, wenn Riese zur 
rechtfertigung der wiederholung der Priapusfabel anführt, dass Ovid 
auch II, 303 £ eine nicht ganz unähnliche geschichte von Faunus und 
Omphale erzähle, also sich mehrmals selbst wiederholt habe. Tendenz 
und charakter der letzteren erzühlung sowie die einzelnen züge der- - 
selben sind doch von der Priapusfabel zu sehr verschieden, als dass 
man darin eine gleiche wiederholung erblicken dürfte, wie sie in 
den beiden versionen der Priapusfabel notorisch vorliegt. 





440 Ovidius. 


Durch den letzten satz ist nun die sitte des bekränzens der esel 
mit blumen (vgl. v. 469) und brod aus der pietät des bäckers und 
müllers für seinen treuen gehülfen sattsam gerechtfertigt. Unmit- 
telbar hierauf folgt aber jetzt in gestalt eines heiteren intermezzos 
die fabel von Priapus und Vesta, deren ganze tendenz, die sich be- 
sonders in den schlussworten : 

Quem [sc. asellum] tu, diva, memor de pane monilibus ornas: 

cessat opus, vacuae conticuere molae. 

ausprägt, augenscheinlich im entschiedensten widerspruch mit dem 
vorhergehenden steht. Denn darnach ist es nun auf einmal nicht 
der pistor, der seinen gehülfen, sondern vielmehr Vesta, die ihren 
retter aus gefahr schmückt und von der arbeit befreit. Es reiht 
sich an diese erzählung von v. 349 ab wiederum ganz unmotivier- 
ter weise, was selbst von Gierig und Peter anerkannt wird, die 
sage von der errichtung eines altars des Juppiter Pistor auf dem 
capitol. Die gedankenfolge wäre nicht ganz so zerrissen, wie sie 
es jetzt ist, wenn die zuletzt erwähnte erzählung unmittelbar auf 
v. 317 f., worin der an der feier der Vestalien besonders bethei- 
ligte pistor auftritt, folgen würde. Aus diesen gründen erscheint 
die annahme vollkommen gerechtfertigt, dass diese Priapusfabel, 
welche überhaupt ganz den eindruck eines emboliums macht, ur- 
sprünglich nicht an jener stelle im sechsten buche gestanden hat, 
sondern von dem dichter erst später nach der vollendung der übri- 
gen theile der erzählung von der Vestalienfeier in die letztere ein- 
gefügt worden ist. Diese ansicht wird durch die eigenthümliche 
fassung der schlussworte der Priapusfabel (v. 343— 346) vollends 
bestätigt. Schon Nic. Heinsius hat erkannt, dass das distichon v. 345 f. 

Lampsacos hoc animal [sc. asellum] solita est mactare Priapo, 

apta asini flammis indicis exta damus. 

sehr schlecht zu der vorhergehenden schilderung stimmt, ja als 
vollkommen überflüssig betrachtet werden muss. Er sagt daher 
von ihm: „— emunctae naris quilibet facile odoretur hoc distichon 
ab aliquo homine male feriato hic praeter rem esse inculcatum etc.“ 
und schloss es als unecht in klammern ein. Gegen diese ansicht 
haben aber schon Burmann und nach ihm Gierig nicht minder rich- 
tig geltend gemacht, dass sich dann quem [sc. asellum] in v. 347 
unmöglich mit dem vorhergehenden distichon v. 343 f.: 











Ovidius. 441 


Territa voce gravi surgit dea, convolat omnis 
turba: per infestas effugit ille [sc. Priapus] manus. 
in verbindung bringen lässt, da es auf Priapus bezogen werden 
müsste, was widersinnig ist. Während nun die beiden letztgenann- 
ten kritiker — Burmann mit gleichzeitiger unnóthiger änderung 
von hoc (v. 345) und apta (v. 346) in hinc — das distichon v. 
345 f. wieder als echt anerkennen wollen, hat Bentley einen ande- 
ren ausweg eingeschlagen, indem er neben diesem auch noch das 
vorhergehende als interpolation ansieht 5), so dass sich also quem 
in v. 347 unmittelbar und ganz ungezwungen an die worte v. 
341 f.: | 
Ibat, ut inciperet, longi deus Hellesponti, 
intempestivo cum rudit ille [sc. asellus] sono. 
anreihen würde. Dagegen spricht aber, dass durch die ausschei- 
dung der verse 343/A die ganze erzählung ihre pointe vollständig 
verlieren würde, und dass ausserdem dieselben durchaus nicht den 
eindruck einer interpolation machen, da sich ein interpolator gewiss 
enger an die parallelstelle I, 435 f.: | 
Territa consurgit nymphe, manibusque Priapum 
reicit, et fugiens concitat omne nemus. 
angelehnt hütte. Auch der umstand, dass Lactantius a. o. die aus 
Ovid geschöpfte erzühlung von Priapus und Vesta mit den worten 
beschliesst: sed illam [sc. Vestam] intempestivo clamore aselli, quo 
Silenus vehebatur, excitatam ; libidinem vero insidiatoris esse decep- 
tam. Hac de causa Lampsacenos asellum Priapo, quasi in ultionem, 
mactare consuevisse etc. [sc. sacrificii (aselli) ratio in Fastis haec 
redditur], bestätigt meiner meinung nach die echtheit der v. 343— 
346. Denn es erhellt aus jenen worten, dass die in rede stehende 
partie des sechsten buches schon Lactantius genau so vorlag, wie 
sie uns überliefert ist. 

So spricht denn, glaube ich, mehr als ein grund dafür, dass 
die stelle v. 343 — 346 als echt anzuerkennen ist.  Gewiss er- 
scheint es gerade deswegen auf den ersten blick unerklärkch, dass 
Ovid in v. 345 f. so ganz von seinem eigentlichen gegenstande ab- 


5) Ich benutze hier die gelegenheit, um den von mir im philol. 
anzeiger VI, p. 489 gemachten fehler, dass ich Bentley gleich Heinsius 
nur v. 345f. dem dichter absprechen liess und die richtige angabe 
Peters für einen druckfehler erklürte, zu berichtigen. 


442 Ovidius. 


schweift, indem er die opferung der esel zu .ehren des Priapus 
nachdrücklichst hervorhebt. Das hátte sich sehr gut für die be- 
treffende situation im ersten buche geeignet, passt dagegen sehr 
schlecht oder vielmehr gar nicht zu der im sechsten buche.  Hiel- 
ten wir nun bereits oben aus anderen gründen die annahme für 
vollkommen gerechtfertigt, dass die Priapusfabel im sechsten buche 
ein von dem dichter selbst später eingefügtes embolium ist, so kön- 
nen wir also jetzt noch die weitere vermuthung hinzufügen: die- 
selbe hatte ursprünglich ihren platz im erstenbuche 
an der stelle der jetzt dort befindlichen erzühlung 
von Priapus und Lotis, Nur durch eine solche annahme wer- 
den alle oben aufgeführten widersprüche erklürlich. Erst nach der 
vollendung der übrigen theile des abschnittes über die Vestalien 
(VI, 249 — 460) mag der dichter bei einer gelegentlichen revision 
derselben auf die gute verwendbarkeit der im ersten buche stehen- 
" den Priapusfabel an unserer stelle aufmerksam geworden sein, die- 
selbe von dort hierher transferiert und durch das hinzugedichtete 
distichon v. 347/8, das auch ganz nach einer spüteren entstehung 
aussieht, in zusammenhang mit der übrigen erzühlung gebracht 
haben. Im ersten buche wurde dann der ausfall von dem dichter 
durch die neu geschaffene fabel von Priapus und Lotis gedeckt 
(1,391—440). Dass er dabei jene bereits früher gedichtete, nun- 
mehr in das sechste buch versetzte fabel nur erweitert wiedergab, 
wird ihm nicht vollständig entgangen, aber auch nicht unstatthaft 
erschienen sein. Kam es ihm doch darauf an, an der einen stelle 
die sitte der opferung der esel, an der anderen die des bekrünzens 
derselben an den Vestalien zu rechtfertigen. Die begründung die- 
ser sitten bildete eben für ibn die hauptsache, wogegen alle ande- 
ren bedenken in den hintergrund traten. 

Ein solches versetzen und ersetzen, wie wir es annehmen, ist 
nun aber bei Ovid nichts ganz ungewöhnliches. Vielmehr bieten 
gerade die Fasten hierfür ein zweites, bemerkenswerthes beispiel, 
auf welches Peter zuerst aufmerksam gemacbt hat (vgl. de P. Ovidii 
Nasonis Fastorum locis quibusdam epistula critica, Lipsiae 1874, 
p. 11 ff; Neue jabrb. f. philol. XXI, 1875, p. 505). Denn ich 
glaube, es ist durch dessen ausführungen auch gegen die von Riese 
(Neue jahrbücher f. philol. XX, 1874, p. 569 f.) versuchte wider- 
legung vollkommen erwiesen, dass die jetzt zu anfang des zweiten 








Ovidius. 443 


buches stehenden verse 3 — 18, deren ganzer wortlaut schlechter- 
dings nicht zu einer einleitung in das zweite buch passt, ursprüng- 
lich von Ovid zur gesammteinleitung bestimmt waren und erst spä- 
ter in das zweite buch versetzt wurden, als er es für geeigneter 
fand, die jetzt im anfang des ersten buches stehende einleitung 
(v. 1—26) seinem werke vorzusetzen. Nur möchte ich nicht mit 
Peter behaupten, dass letzteres erst in Tomi zu der zeit gesche- 
hen sei, als Ovid seine Fasten für die dedication an Germanicus 
umzuarbeiten begann. Dagegen sprechen ganz entschieden die 
schlussworte (I, 25 f.): 
Si licet et fas est, vates rege vatis habenas, 
auspicio felix totus ut annus eat, 

die der dichter in Tomi nicht geschrieben haben kann, da er wis- 
sen musste, dass es ihm ganz unmöglich sei, sein werk, von dem 
er in Rom unter den denkbar günstigsten verhältuissen und bei der 
möglichkeit der benutzung eines umfangreichen materials während 
einer ganzen reihe von jahren (etwa von 752 a. u. c. ab) nur die 
hälfte und auch die nur halbfertig ausgearbeitet batte, in der ver- 
bannung, abgeschlossen von jedwedem literarischen hülfsmittel, und 
ohne die nöthige dichterische stimmung und geistige spannkraft 
innerhalb weniger monate vollständig zu ende zu führen. Auch 
die übrigen verse der einleitung enthalten durchaus nicht sämmt- 
lich merkmale der späteren entstehung zu Tomi (vgl. besonders 
v. 1, 2; 5—8; 13 — 20), so dass es mir angemessener erscheint, 
in dieser jetzigen einleitung die behufs der dedication an Germani- 
cus vorgenommene bearbeitung einer älteren, schon in Rom ge- 
dichteten zweiten einleitung zu sehen. Dann bleibt freilich immer 
noch zu erklären, was Ovid dazu veranlasst haben mag, jene ur- 
sprüngliche, jetzt im zweiten buche stehende einleitung mit einer 
anderen zu vertauschen. Eine nicht ganz unwahrscheinliche erklä- 
rung dieses umstandes, die wenigstens jener oben erwähnte, der 
ansicht Peters entgegenstehende widerspruch nicht trifft, glaube 
ich gefunden zu haben, muss aber von einer mittheilung derselben, 
die bier zu weit führen dürfte, vorläufig absehen, obwohl icb recht 
wohl erkenne, dass die soeben von mir mifgetheilte annahme we- 
der den anhüngern der Peter'schen, noch denen der Riese'schen an- 
sicht genügen wird, ein vorwurf, den ich einstweilen hinnehmen 
muss, 


444 Ovidius. 


Um schliesslich noch einmal auf jene von mir gegebene er- 
klärung der wiederholung der Priapusfabel durch Ovid zurückzu- 
kommen, so bekenne ich ebenfalls freimüthig, dass ich dieselbe nur 
als hypothese betrachte, die ich aber als wahrscheinlich so lange 
aufrechthalten muss, bis vielleicht durch eine glaublichere die von 
mir hervorgehobenen widersprüche in den bei jener frage bethei- 
ligten stellen eine bessere deutung gefunden haben werden. 

Darmstadt. Gustav Nick. 


Zu Sophocl. Antig. 124 folg. 


An der bezeichneten stelle liest der La zoiog &uçgi vor ètadn 
ov 06 
zatayog “Ageog Avunala dvoyslowua deaxovu. Bonitz prüft in 
seinen Beiträgen zur erklärung des Sophokles th. Il. p. 32 beide 
- lesarten, welche wohl paläographisch gleichen werth haben, und 
gelangt zu dem resultate, dass unter beibehaltung des dativs die 
deutung des drachens auf die Thebaner, welche jetzt ziemlich all- 
gemein angenommen ist, eine unmöglichkeit sei. So richtig dieses 
urtheil ist, so muss doch seine deutung des genetivs, da er dvoyel- 
owuu doaxovros als „schwer zu bewältigenden widerstand des 
drachen“ auffasst, deswegen ungeeignet erscheinen, weil das bild 
sich verschiebt, der angriff und widerstand derselben person bei- 
gemessen wird. Wecklein scheint diese unzukömmlichkeit gefühlt zu 
haben und um beides auseinander zu halten übersetzt er dvoyelowua 
durch ,anprall Allein hierdurch wird - das bild roh und derb 
ohne klar zu sein, abgesehen davon, dass duoyefgwuc eine solche 
bedeutung nicht hat. Es scheint indess leicht zu helfen zu sein, 
sobald man beide lesarten verbindet und dvrum4Ao dvogelowpa 
dodxovrog schreibt, wobei leicht zu erkennen ist, wie die beiden 
lesarten haben entstehen können. Ist zcraoyog ” Agsos der kriegsfrohe 
angriff der Thebaner, so ist dvoyeiowua, wie dvo andeutet, der 
unglückskampf dvorvyég &oyov der Argeier. — Auch &ugì voro 
hat man bei verkennung des bildes nicht richtig aufgefasst. Man 
übersah, dass dieses hier vom adler hergenommen ist und dass 
Gugì vita so viel ist als dug? cupo, indem bei einem vogel der 
rücken eigentlich den ganzen leib ausmacht. Es bedeutet demnach 
jener ausdruck ebenso wenig im ricken oder hinter als in der 
Elektra v.718 &ugì voru innu» hinter den rossen, sondern beide 
male ringsum. Es soll demnach angedeutet werden, dass der von 
Ares begeisterte angriff der Thebaner von allen seiten erfolgte 
und darum ein unglückskampf für ihre gegner wurde. 
Coburg. E. À. I. Ahrens, 





XVIII. 


Commentationes Cornificianae. 


Praefatio. 


In bibliotheca Paulina Monasteriensi asservatur codex Cornificii 
rhetoricorum ad C. Herennium et Ciceronis de inventione librorum. 
Cuius scripturae discrepantiam cum exscriberem, Ciceronis quidem 
librorum eum testem non satis gravem esse statim intellexi, sed 
tot vitiis inquinatum, ut operae pretium non sit, variam scripturam 
diligentius enotare et in lucem edere. Sed aliter se res habet in 
Cornificii opere. — Etenim quamquam non melioribus adnumerandus 
est liber Monasteriensis, sed eis, quos Kayserus in editione sua 
maiore rhetoricorum Cornificii, quae prodiit Lipsiae 1854, mixtae 
esse originis dicit i. e. medium quendam locum tenere inter me- 
liores et deteriores, tamen scripturis huius codicis accuratius a me 
examinatis id apparuit, eum nonnullis locis solum veram scripturam 
servasse, aliis. cum uno alterove in vera scriptura tradenda con- 
sentire. Quod ita esse cum vidissem, non inutilem me operam 
sumpturum esse putavi, si omnem eius libri scripturae discrepantiam 
ederem. Hac re absoluta in altera parte opusculi mei nonnullos 
locos tractavi ubi imprimis Kayserus rem minus recte confecisse 
mihi videtur; quorum magna pars ita comparata est, ut accurata 
dicendi consuetudinis Cornificianae inquisitione instituta vir ille 
doctus ceterum de Cornificio optime meritus erroris convincatur. 
Praeterea paucis locis earum sententiarum, qnae nuperrime a non- 
nullis viris doctis prolatae sunt, rationem habendam esse duxi, ubi 
minus recte de Cornificii verbis statuisse mihi videntur. 


446 Cornificius. - 


1. 

Codex Monasteriensis Cornificii rhetoricorum ad C, Herennium 
et Ciceronis de inventione librorum est membranaceus, formae ob- 
longae, scriptus, ut putat Nordhoff bibliothecae Paulinae quondam 
praefectus, qui eum iam oblivione obrutum rursus in lucem protulit, 
saeculo decimo tertio. Continet folia CLI, quorum ultimum scri- 
ptura vacat; in unaquaque pagina sunt versus triginta unus aut 
duo. In priore parte non paucae inveniuntur correcturae atriore 
atramento confectae, praeterea nonnulla in margine scripta; altera 
pars, qua Ciceronis de inventione libri continentur, correcturis 
omnino vacat. Utraque pars caret inscriptione, subscriptio prioris 
partis est Laus deo Amen, alterius Laus deo semper. Scripturae 
operis Cornificiani maximam habent cognationem cum codice Tros- 
siano apud Kayserum r litera significato, interdum etiam cum 
Monacensi, quem Kayserus g litera notavit, Sed ante omnia ne- 
cesse est, illos locos monstrare, quibus auctoritatem codicis Mona- 
steriensis non prorsus contemnendam esse demonstretur. — Atque 
solus quidem veram scripturam literis diductis notatam servavit his 
locis II, 2, 2: relicuom videbatur esse, ut ostenderemus , quae ratio 
possel. inventionis ad unamquamque constitutionem aus partem 
constitutionis accommodari; Ill, 21, 34 verba interpolata: in 
Agamemnonem et Menelaum, desunt in textu qui vocatur, post ad 
marginem adscripta sunt; IV, 2, 3: hoc igilur ipsum maximum 
artificium est, in arte sua posse et alienis exemplis uti; IV, 18, 
26: hoc exornationis genus breviter et continuatis verbis per- 
fectum debet esse; IV, 31, 42: set si commode quis eo utatur, 
non modo non offendet novitate, sed eliam exornabit orationem; 
IV, 32, 43: nota, quod compendium scripturae quam proxime ad 
verum scripturam, quae est sine dubio nominata, accedit, quam 
nullus ceterorum codicum ne compendio quidem servavit in his 
verbis: nam hic pro Graecis et Italis, quae continent, nominata 
sunt; IV, 45, 58: Quare conveniet extra causam in exercendo. ra- 
tiones adhibere expolitionis, in dicendo uti, cum exornabimus argu- 
mentationem. Accedet his locis etiam IV, 9, 13: quibuscum bellum 
gerimus, iudices, videtis, ubi Monasteriensem geramus contra omnes 
ceteros codices recte servasse infra demonstrabitur et IV, 48, 61: 
ubi loquentes scribendum est de quo intra disputabitur. Denique 
nescio an etiam 1, 13, 23 Monasteriensi obtemperandum sit, ex quis 


Cornificius. 447 


ratiocinatio nascitur exhibenti pro eo, quod est in ceteris libris e 
quibus e. q. s. 

Praeterea his locis cum uno vel admodum paucis codicibus, 
quorum sigla Kayseriana brevitatis causa servavi hic et tota com- - 
mentatione, scripturam a Kaysero probatam habet Monasteriensis 
1, 5,8: divitias eloquentiam, r; I, 9, 15: nam quo brevior, eo 
dilucidior et cognitu facilior narratio fiet, erl?; I, 10, 18: nunc 
ad confirmationem et confutationem transeamus, b; 1, 12,22: 
in iudiciis tamen nonnihil utimur hoc modo, (ut particula ante hoc 
pronomen omissa), d; I, 16, 26: at non abs te occidi neque in- 
demnatam poenas pendere oportuit, 91? pal?5; I, 17, 27: si plures 
erunt, constitutiones aut partes constitutionum , indicationes quoque 
Plures erunt. in una causa, set omnes simili ratione reperientur ; 
ebo!; Il, 17, 25: fortuito hpz (i.e. optimi omnium); 11, 18, 27: 
consequi videtur, ut doceamus, quemadmodum argumentationes 
ornate et absolute tractare possimus, to; II, 28,45: aut proinde 
quasi non omnes — exules appellentur ; h p! c: 11, 30, 49: sextus lócus 
est, cum ostendimus, — septimus locus est, quo ostendimus 
— octavus locus est, quo ostendimus, hep! (ceteri ostende- 
mus); eodem loco: et dicimus voluntario facinori nullam ex- 
cusationem e. q. s.: ep d (ceteri dicemus); M, 31, 50: tu 
scientior eris praeceptorum artifici, nos alacriores ad reliquum 
persolvendum, @ ; 11, 1, 1: in quarto libro scribere maluimus, ht; 
Ill, 7, 13: principio tratato aliqua harum, quas ante commemo- 
ravimus, rationum, mar’; eadem paragrapho: quam honeste in 
bonis disciplinis tempore totius pueritiae fuerit ox Pith.; nisi 
quod Monasteriensis habet: in tempore; HI, 11, 20: nihil nos attinet 
commonere, bl?; Ill, 12, 21: nam laeduntur arteriae — si 
acri clamore compleantur, oc; II, 13, 23: iocatio est oralio, 
quae ex aliqua re-risum pudentem et liberalem potest comparare, 
he; HI, 17, 30: ne quando perturbatione ordinis impediamur, quo 
setius (u?ob) a quoto quoque loco (b) lubebit e q. s.; et 
paullo post: ut in quamlibet partem, a quoto quoque loco 
lubebit, imaginibus commoti e. q. s., ec; HI, 19, 32: intervalla 
locorum mediocria placet esse, r; Ml, 21, 34: nam utraque 
altera separata minus eri firma, hvo?; IV, 4, 7: omnia videre 
poterit, quae ex arte dicuntur, eb; ibidem: qui eligit facile, 
non continuo ipse commode scribet , r; 1V, 5, 8: quod igilur. iuvat 


448 Cornificius. 


eorum rationem, qui omnino improbant artem, tp; IV, 8, 12: 
qui id agere ausi sunt aut cogitare potuerunt, eo; IV, 10, 14: 
tum vero iste clamare voce ista, quae vel rabulae cuivis ruborem 
inicere potest, 03; IV, 16, 23: ut quoquo modo possit, veneficio 
petat ; cur? a; IV, 22, 31: C. Graccho similiter occisio est 
oblata, r; IV, 29,39: haec ipsa, quae mihi de multis sola relicta 
sunt vobis et vestraecondono potestati, p a secunda manu; 
ibidem: imponite in me quidlibet, quidlibet statuite: dicto atque 
nutu parebo; hoc loco librorum scriptura admodum varia est; pa- 
rebo praeter Monasteriensis secundam manum servaverunt he; 
IV, 32, 43: harum rerum magis in praecipiendo divisio, quam 
in quaerendo difficilis inventio est, n'a? d; IV, 33, 44: cum com- 
paratione aut a similitudine aut a praestantia superlatio su- 
mitur, o?? » ; IV, 34, 46: ut si quis hominem prodigum — dili- 
gentem appellet, vo?; IV, 42, 54: neque parum est apertum, 
quare non eget exempli, ec. Praeterea Monasteriensem cum e 
veram scripturam servasse IV, 39, 51 in his verbis: insultans 
in uniuscuiusque fortunas, infra demonstrabitur. In uno 
alterove locorum supra indicatorum non potest pro certo affirmari, 
Kayserum veram restituisse scripturam, sed plerique certe ita sunt 
comparati, ut de veritate scripturae a Kaysero probatae dubitari 
non possit. 

lam sequitur discrepantia scripturae codicis Monasteriensis 
collati cum maiore Cornificii editione a Kaysero parata, et prior 
quidem est scriptura Kayseri, altera codicis Monasteriensis; id unum 
addendum puto, res orthographicas me nec curasse nec curare po- 
fuisse cum Kayserus ipse in corrigendis profiteatur, se in illis rebus 
non codices sed placita Madvigi, Ritschlii Fleckeiseni aliorum esse 
secutum, 

Lib. 1. 

P. Hl: apud Kayserum v. 2 possumus] possimus; 3 tamen 
tua] tua tamen; 5 tua causa] tua nos causa; laborem nos] laborem; 
6 eo studiosius hoc negotium suscepimus] eo susc. stud. hoc nego- 
tium; 7 rhetoricam intellegebamus] int. rhet.; 11 reliquimus] re- 
linquimus; 12 ea], et eu; conquisiverunt] conquisierunt; 13 nos ea] 
nos autem ea. 

P. IV, 3: de re] de ipsa re; incipiemus] incipiamus; si te 


Coruificius. 449 


unum illud] sed si te illud unum; 11 iudiciale]. et iud.; 12 aut] 
vel; 13 est quod in consultatione quod] est quod positum in con- 
sultatione; 14 positum est in controversia quod] positum in con- 
troversia; 16 docebimus] edocebimus; 17 has causas quomodo] 
quom. has causas; 19 pronuntiationem] et pron. 

P. V, 1: quo quidque loco] quid in quibus locis; 7 exerci- 
tatione] et exerc.; 10 similes] consimiles; velimus esse] esse va- 
leamus; 12 quoniam] quoniam igitur; 13 quas] quasque; conve- 
niret] conveniat; 15 in exordium] exord.; 17 conclusionem] et 
conclus. 
| P. VI, 1: auditoris] aud. vel iudicis; constituitur] const. et 
apparatur; 2 proinde] perinde; 4 simus] sumus; 7 orationis] totius 
orationis; 12 causa posita] causa vero posita; 13 considerandum 
est] est cons.; 14 humile] et humile: 16 id oppugnamus] opp. id; 
18 defenditur] cum def. 

P. VII, 2: zg00fus0»] prooemium; insinuatio] et ins.; &yodog] 
epodos; 3 animum auditoris] aud. animum; 11 captare] capere; 
causae genus] gen. causae; 12 veluti] uti; 15 ab lege ab scri- 
ptura] a lege a scriptura; ab aliquo] aut ab al.; nostrae] firmis- 
simo nostrae; adiumento] iumento; 17 attentum benivolum] benev. 
att.; habere volumus] velimus habere; 18 quidque] unum quidque 
eorum; 20 docilis est] docilis is est. 

P. VIII, 3: de iis rebus] de his rebus; 4 ad deorum] ad 
super deorum sec. m.; 5 audiant] audient; 6 dicturi sumus] simus 
dicturi; 7 ab nostra] a nostra; ab adversariorum nostrorum, ab 
auditorum] ab aud. ab adv.; 8 ab rebus] et ab reb.; ab nostrae] 
a n.; 10 atque in] aut in; 12 audient] audiunt; dum] dummodo; 
13 qua de] de qua; 16 noluisse in marg. a man sec.; 20 si po- 
tentiam] potentiam; 21 eloquentiam] eloq. incontinentiam. 

P. IX, 2: veritate] veritati; 6 existumatio quae iudici ex- 
pectatio sit] exist. sit et quae iud. exsp.; 7 ab rebus] a rebus; 8 
si] aut si; 9 tollemus] extollemus; et sec. m. super adversariorum ; 
10 de insinuatione aperiendum est] de ins. dicendum videtur; 11 
in om.; principio uti] uti princ.; 12 habemus] habebimus; 13 a 
nobis alienat] alienat a, n.; 14 iis] his; 15 eos audiendo] in aud. 
eos; 17 rem non hominem] r. n. h. hom. non rem; 20 factum] 
f. esse. j 

- P. X, 1: aut] item si; 2 aliqua] aut de aliqua; 3 occulte 


Philologus. XXXVI, bd. 3. 29 


450 Cornificius, 


dicemus] dic. occ.; 4 fidem auditoribus fererit] fec. fid. aud.; 5 
neque enim] nec enim; 6 fides fieri] fieri fid.; 9 adiumentum pu- 
taverint] putarint adi.; 10 ab] aut ab; 11 dubitatione] aut dub.; 
12 adfirmatione] admiratione; 14 possit] possit incipiemus; 15 
abiectione] ambiguo; abi. in marg.; 16 superlatione] suspicione 
a. m. pr, exuperatione a. m. sec., collectione] collatione; 17 ali- 
cuius] aut alicuius. 

P. XI, 1: aliter] si promiserimus aliter; 2 eodem] eo; 3 si- 
mus] sumus;, 5 huiusmodi] eiusmodi; debet esse] esse d.; aperte] 
apertis; 6 perscripsimus] praescripsimus; 9 in dicendo pervenire] 
in dicendi opere venire; 10 bae res] hae tres; 20 adversarius] 
adv. leviter commutato; poterit ex contrario] ex contr, poterit. 

P. XII, 1: aut] est aut; 2 videtur] esse v.; ut proprie] quod 
ut propie non; 3 neque] nec (ter); facit] faciat; 4 erit] videtur 
esse; 6 genera sunt] s. g.; unumquidque] unumquodque; 7 utilita- 
tem nostram] n. u.; 9 novationis est] est n.; 10 fidei] aut f.; 11 
adparationis] app. aut laudationis; 14 genera sunt] s. g.; 16 ne- 
gotiorum] neg. gestorum; 18 neque veras] nec res veras; continet 
res] continet; eae] haec; 19 tragoediis] a tragedis corr. in trage- 
diis; gesta res] res g. 

P. XIH, 9: convenit res] r. c.; 15 persequemur] prosequemur; 
17 coeperimus] cepimus; ponemus] .exponemus; 18 sint] sunt; 19 
genus] g. est; neque-neque] nec-nec; 23 semel] supra s. 

P. XIV, 4: item] rem; primum gestum] g. pr.; conservabi- 
mus] servabimus; ne quid nove] ne quid contorte, n. q. n., ne quid 
ambigue; 9 persequamur] prosequamur; ne quid — et si sequemur 
in marg.; 11 praecepta sunt] s. per.; 11 brevior] br. est; 12 erit] 
fiet; 20 erit] erunt; iis] his, 

P. XV, 1: nisi quae] nisi quia. 5 eam] eas; 9 oratoris of- 
ficium] off. or.; 10 postulabat] postulabit; industrie] industriae; 11 
pauca om.; de causarum divisione] de div. c.; 13 re narrata] per- 
orata narratione; 14 quid in controversia sit om.; 15 convenient] 
conveniant et quid in controversia relinquatur; 17 licueritne] li- 
cuerit ei ne. 

P. XVI, 1: Clytaemnestra] clitemestra; 2 id ita] ita id; 4 
enumerationem] in enumer.; 5 simus] sumus; 6 esse] uti; nam et] 
nam; 9 orationi] oratori; res quibus de rebus] res de quibus; 14 
munus oratorium confecerimus] m. conf, or.; 17 doctor] d. her- 





Cornificius. 451 


mestres; 18 sed ut] sed; 20 docere] dicere; 21 deprecatio defen- 
soris] def, depr. | 

P. XVII, 2 iuridicialis] iurisdicialis; (et sic semper); coniectura 
lis] coni. constitutio; 4 resciit] rescivit; 5 e om.; 6 fratrem occi- 
sum, inimicum] cum fratrem occisum et in.; videt] viderat; 7 hic] 
hic quoniam; 10 ex scripto] in scripto aut ex scr.; 12 ratiocina- 
tionem] et r.; 19 scriptoris voluntas] v. scr.; 16 navem] navim; 
17 remanserint| remanserunt; nave] navi; 18 navem] navim; 18 et 
om.; 20 exire et fugere] effugere et exire; fortuito] fortuitu. 

P. XVIII, 1: ille] illam; possedit] possidet; petit] p. ille; 2 le- 
gitima est] est 1.; 3 alia] aliqua; 4 aut permittit alia vetat] alia 
permittit alia cogit alia vetat; 6 orationem habere] habere ratio- 
nem; 8 damnatus de pecuniis repetundis] de pec. damn. rep.; lo- 
cum] |. qui petat; 9 constitutio haec] constitutio; 11 res in unam 
sententiam scripta] scriptum; 13 legavit] l. hoc modo; 15 caelata 
magnifice] m. c.; 16 petit] p. mulier; filius] Tullius; ipse velit] 
volet ipse; XXX] in XXX; 19 debere] ei d.; constitutio] c. est. 

P. XIX, 1 huiusmodi] eiusmodi; L. Saturninus] L. consul Sat.; 
2 Q. Caepio] Caepio; 6 Saturninus] Saturnius; ea] eum; 7 sitel- 
lam] cistellam; 8 S. C. om.; 9 facere] ferre; facit] fecit; 10 fe- 
ratur] lex f.; 11 est legitima] |. est; 12 quid iuminuerit] quid sit 
minuere; 15 parte constitutionis] const. p. 17 iuvabit] maxime i.; 
18 accusetur] accusatur. 

P.XX,2: quid peculatus] et quid sit pec.; 3 secum — pecu- 
latus a sec. m. in marg.; 4 raro a sec. m. in marg.; 6 causa] a 
c.; qui egit nisi habuit actionem] qui non quemadmodum oportet 
egerit; 11 similitudine quadam] similitudinem quandam; occupatur] 
aucupatur; ea est huiusmodi lex est] ea huiusmodi lex est; 12 
existet] exsistat; adgnatum] agnatorum; 13 et lex] et lex alia est; 
14 devehatur] devebeatur; 15 et 16 et lex] et lex est; 17 ad- 
gnatum] agnatorum; 19 folliculus lupinus in os] folliculo lupino 
os obvolutum est; soleae ligneae] 1. s.; in pedibus] impedibus. 

P.XXI,1 in] et in; 3 recte] rite; recte supersc. ; 7 e quibus] 
ex qnis; 9 cuiusmodi] quoniam cuiusmodi; 12 set iure] sed an iure; 
14 nominatur] vocatur; 17 huiusmodi] eiusmodi; 18 in scena cum 
eo] in cenaculo in eo. 

P. XXII, 1: nominari eum] eum n.; 3 infirma est] est inf.; 
8 adsumpta] sed assumpta tamen; 6 ignosci] sibi ignosci; 8 for- 


29* 


452. Cornificius. 


tunam inprudentiam] impr. fort.; fortunam] per fort.; 9 tribunos] 
tribunum; de exercitus amissione] ex amiss. ex.; 11 cui] cum; 
aperuit] aperuerit; 13 venit] venerit; quod] quare; aquae] eum 
aquae; 14 peccasse superscr. quis; se om.; 15 reus om.; confitetur] 
confiteatur; 16 hoc] haec; fere non potest] non p. f.; 17 extant] 
constant. 

XXIII, 1: in loco] i. l. hoc modo; iniciamus hoc modo] ini- 
ciemus; 4 ad imperatorem] ante imp. 4 consilium] consulem; 6 
fecisse] nos fec.; 11 accusetur] accusaretur; 12 se] sese; 14 id 
facere liceret] licuerit id facere; 17 fecerimus] fecimus; 19 neque] 
nec; effugere] fugere. 

XXIV, 1: si om.; exercitum educeret] et ex. reduceret; 2 
duxit] dixit; eduxit] et exercitum ed, ; 5 via] ratione; 12 confite- 
tur] cum confiteatur; 13 perverterit] pervertit 14 ne causa] nec 
causa; 15 ratio ea est] r. est ea; 16 ue parva] non p.; 17 re- 
morari] removeri, in marg. corr.; 21 hoc parte] hoc modo. 

XXV, 1: hoc pacto] hoc modo; 2 neque] nec; 3 firmamento 
accusationis] firm. accusatoris ut; patris ulciscendi causa] p. c. ule. 
8 clytaemnestram] clitemestram ; 10 conferre] conferri; 12 in ea] 
nam in ea; 15 intentio] int. est; 20 reperiuntur] reperientur. 

XXVI, 2: exponere] disponere; 3 multitudinem literarum] 
literarum multit.; 4 si quo] sed si quo 7 diminutum] deminutum ; 
8 in nostro] et nostro. E 


Lib. Il. 


XXVII, 2 recipere oratorem] or. rec.; oporteret] oportet; 
partibus: om.; 3 elaborare] laborare; 4 quod neque] quia nec; 6 
ita] itaque; 10 priore libro] in priore libro egimus cum; de 
oratoris officiis quinque] cum de oratoriis officiis tractaremus quo- 
rum; 12 parvae partes] sed quam partem; duae om.; 13 transfe- 
rentur| transferemus. 

XXVIII, 1: ubi om.; scribere] conscribere; 4 coniuncte] con- 
junctim; 6 earum] eorum; 8 reperire] reperiri; 9 curandum] cur. 
est; 11 in quas] in quibus; 15 item quas] it. quales; 16 ém- 
guenpara om.; 16 quales] et quales; oporteret] oportet; 18 do- 
cuimus] docebimus; 19 oporteret] oporteat; erat] erit; proxumus] 
extremus. | 

XXIX, 1 eam quae[ coniecturalem quae prima est quaeque 





Cornificius. 453 


in aliis textualibus non reperitur difficilima est; 3 causa coniectu- 
ralis] coni. caus.; 4 nihil actum nihil dictum] n. dict, n. act.; 8 
est distributa] distr. est; 10 quidque] quodque; 11 peccare] reo 
peccasse; 12 afuisse] defuisse; 14 induxit] ind. animum; 15 quom] 
ita ut; num quod] num quid; 16 appetierit] appetiverit ; 17 amoris] 
aut amoris; 18 huius] eius; numquod[ numquid. 

P. XXX, 8: primum] in quo primum; 9 si id] sin id; 10 
debebit] debet; 12 possit adcommodari] adc. p.; 15 si non dispar. 
a m. sec. in margine (vitium peccati pro animi vitium ef reperiet 
pro reperiat) 17 vel om.; quo] quoquo; aliquo] denique aliquo ; 
18 contaminare] contaminabit. 

P. XXXI, 1: hoc] hunc; existumabitur] extimabitur ; 3 spec- 
tare] spectari; 7 quibus rebus] quibus de rebus; 8 debeat adsignari] 
non debeat his assignari; 10 et om.; 12 sin] si; 12 poterit, uta- 
tur] potest utetur; 13 dicat] et dic.; 20 fugisse] confugisse; alias] 
illas; 21 defensorem corr. in defensor. 

P. XXXII, 1: demonstrare] demonstret; 2 facere potuisse] 
pot. fac.; 7 solitudo] in eo loco solitudo sit; 8 loci attingant] 
att. L; quod est factum, perspectum exauditum] numquid est 
passus perspectus et exauditus; 13 quo] qua parte; 14 qua die] 
et qua die; 14 qua bora noctis] quota hora noctis; 14 cur eius 
modi] cuiusmodi. 

P. XXXIII, 1: consideratur] considerabitur; 2 et om.; sci- 
eritne] si eritne; 3 satis spati] sp. sat.; 8 concurrent] concurre- 
rint; altera] ex altera; 10 altera] ex altera; 11 qua re] per 
quam rem; 12 an] sit an; 13 arbitris] ex arb.; 18 visus sit] visus 
fuit; quorum] cum quo; 19 num quem] num quid. 

P. XXXIV, 1: quo] quid; 2 fuerit] fecerit; in instanti] 
instanti; quaeretur] quaeritur; 3 num qui] num quid; 4 sit om.; 
5 gustatu] gustu; 6 potest] habet; 8 sit factum] f. sit; 9 corpus 
est] est c.; 11 relictum aut vestigium repertum sit] rel. fuerit aut 
si vest. reperitur; 12 vestimeutis] ves. aut; 14 dicitur] dicatur; 
19 sint] sunt; horum nihil] nih. borum; 20 fuisse] esse fuisse, 

P. XXXV, 1: usu venturum] usui eventurum; resisteret re- 
sponderet] resistens res.; 2 sint] sunt; 6 qua utimur ad extremum] 
ad extr. q. u.; 7 sunt] sunt hi; 8 et] et hi; 9 nemo om.; 14 
quom] tum; 15 a testibus] ab t.; 15 aps] a; 16 ab rumoribus] 
a rum. 


454 Cornificius. 


P. XXXVI, 1: ab testibus] a. t.; 5 illos] eos; 6 et ad in- 
probationem et ad interrogationem] ad probationem et ad impro- 
bationem et ad argumentationem ; 8 cruciatibus] cruciatu; 10 haec 
erit] erit baec; 14 in rebus interponi] interp. in r.; 15 quom quae] 
cum; 17 quid videri] quid esset simile quod videri; 18 sensu] si- 
mili signo ; dolori credi non oportere] cr. non op. dol.; 19 sit om.; 
eminiscendum] comminiscendum. 


P. XXXVII, 7: augetur] augeatur; 11 eo modo] hoc modo; 
quo] quo modo; 18 esse] fuisse corr. in esse; 19 ab rumoribus] 
a rum.; 21 confiugeret et eminisceretur] comminisceretur et conf. 


P. XXXVIII, 5 aut fictam] confictam; 8 nos fidem habere] 
hab. nos f.; 8 quivis unus] quivis; 9 quamvis] quemvis; 13 quod] 
quo; est om.; 14 tractanda] trac, est; 15 titubatione] dubitatione; 
16 offensatione] offensione; 17 accommodassemus] accomodamus; 
18 partis] partem. | 


P. XXXIX, 1: secundum] post; 3 scierintne] scirentne; 4 

testamento aut stipulatione] in t. aut in st.; 8 deinde] deinde ea; 
9 excogitata] excogita; 11 num non potuerit perscribi] num quid 
non poterit perscribere; 12 reperietur] quaeretur et reperietur; 15 
ab om. 
P. XL, 1: ab scripto] a scr.; sententia] s. redderetur; ad- 
ferretur] afferetur; 2 sint] sunt; 2 ab scripto] a scr.; 4 sanctum] 
sancitum est; 5 ab sententia] a s.; 8 illud] illud tantum; 12 lege] 
lege aut; 12 quae scripturam habuisse] quae omnia scriptorem 
noluisse; 14 sint] sunt; 19 enumeratione] enumerationem. 


P. XLI, 1: utemur om.; excriptarum] exceptarum; 2 volun- 
tates expositione] voluntas et expositio; 6 num qua obrogatio aut] 
an abrogatio an; 8 eius defensio] def. ei.; 11 ostenditur id] id 
ost.; 12 obrogatum vel] abrogatum aut; 13 posteriore] posteriori; 
sanctum] sancitum. — 


P. XLII, 1: de om.; sumemus] adsumemus corr. in assumemus ; 
iuris om.; 2 iuris] eius iuris; cum utra] utrum cum ea; de quibus 
partibus iuris] de qua parte; 3 disseremus] dicemus; 5 pluris] in 
plures; 6 quo modo] quando; 7 esset] est; 7 si] sed si; 10 in- 
terpretentur] interpretantur; 8 id quod] quod; interpretemur] inter» 
pretamur; 9 recte lege more natura] et r. et ]. et m. et n.; 11 
e] ex; ambiguom] ambigue; 12 utra] utra a. m. pr.; utrum a. m. 





Cornificius, 455 


sec.; 13 amphiboliarum] amphibologiarum; wt v. 16; 14 profera- 
tur] profertur. 

P. XLIII, 2: quom] tum; 5 ambiguom ne quid] ne qu. a.; 7 
interdicere] intercedere; 13 capio] capiunt; suffragia magistratus] 
suffragia populi et magistratus consilium; 19 et om. 

P. XLIV, 1: adcommodate] accommodata; 4 quod] quoque; su- 
metur] sumitur; 7 persecutionem] executionem; 7 habeat] h. quem 
mon oporteat num alio modo; tempore] tempore num loco; 11 
ratiocinali] rationali; 9 reperientur] reperiuntur; absoluta] et abso- 
luta; 11 ecquid de] quid in; 13 rei om.; qua de] de qua; 14 
scriptum non] nihil scr. 

P. XLV, 1: non voluerit] noluerit; an] id; 4 revortemur] 
revertemur; 7 extrariae] extranese; 8 factum sit] sit f.; 11 na- 
tura] naturae; 13 sanctum] sancitum ; 17 petere] repetere. 

C. 

P. XLVI, 4: C. Caelius iudex] Scipio Celius; 6 L. Accium] 
Jucilium (corr. in Lucilum) actium; nominaverat] iniuriaverat; 10 
conferemus| proferemus; 11 veritatem] v. et utilitatem ; quod genus] 
idem genus a. m. pr.; 13 vel om.; et hominis dignitate] et eius 
digitate; 14 si qui] si quid; 15 quos] alios; 16 rem ubi pacis- 
cuntur in comitio aut in foro] rem ubi pagunt orationem pagunt in 
commito in foro. | 

P. XLVII, 1: cuicito] conicito; item] idem; 2 convento] con- 
ventu; iure] de iure; 6 agere] facere; 9 honestius] venustius; 11 
utilius del. a. m. sec.; 12 coniectura] suspicio ex coustitutione con- 
iecturali; 13 ratione] ea r.; quod] quo; 14 in eo om.; aliqua] de 
aliqua; 15 de qua ante dictum est om.; 16 deinde — veniretur 
praemissa sunt verbis: a defensore et contra — coniecturalis et 
sequuntur post coniecturalis haec: de qua ante dictum est. 

P. XLVIII, 1: his ita tractatis] his locis sic tractatis; 2 loco] 
hoc loco ; 3 haberet] babuerit; 5 simul] et simul; 6 ab iudicibus] 
et iudicibus; 6 facturi] acturi; 7 deliberationem] et del,; 8 ponet 
ante oculos] a. oc. p.; ab reo] a reo; 9 primum] in qua primum; 
10 in alium crimen] cr. in al,; 11 aequene] aeque; 13 alius] alter. 

XLIX, 1: oportueritne] oportuitne; fieri] proferri; 3 opor- 
teatne) oportetne; ea] illa; 4 venerit] devenerit; 6 idem] id; 9 
peccati atrocitatem] atr, peco.; 10 transferet] transferatur; 11 au- 


456 . Cornificius. 


dient] audiunt; 11 potuisse] posse; 18 culpa] per culpam; culpa] 
in culpam; necessitudinem] necessitudo. Ä 

P.L,1: ecquo] quo; 5 trahi] contrahi; 6 cecidisse] accidisse ; 
8 idoneam] idoneam causam; 9 nescire] scire; 14 contaminabit] 
cont. personam; 16 in om. 

P. LI, 2: purgationes] purgationis; 3 ut om.; eadem] eaedem 
corr. i» aedem; possint] possunt; 5 iudicium demoretur] iudices 
moretur; 8 sit] sint; ea fraudem esse non] eis fraudem non esse; 
9 inprudentis] imprudentes; 10 fortuito a sec. m. in fortuitu mu- 
tatum; 1% futurum] futura; 15 ille supplex] suplex ille; 16 ne- 
que] nec. | 

P. Lil, 2: a] aut a: 5 ex] e; 7 in om.; 8 quod] quia (?) 
11 conferetur] transferetur; 13 conferetur] confertur; 14 opsisti] 
obsistere; 17 edisseretur] quaeretur; et haec] haec. 

P. LI, 2: quid] quod; 3 expedire] expolire; 5 neque] nec; 
revolvamur] revolvamus; 8 quoque] in unoquoque; auditor quom] 
tum auditor; 15 est quae causam demonstrat veram esse quam] est 
causa quae demonstrat verum esse id quod. 

P. LIV, 4: videbat illo incolumi] videbat enim incolumi illo; 
7 quavis iniuria] ini. qu.; 12 certe] certo; 13 ducti] inducti; 14 
se scelere contaminarunt] scelere se contaminaverunt; 16 conmuta- 
runt] commutare; 17 fortissumum integerrumum] int. fort.; 19 
conscius sui peccati] sui p. consc. | 

P. LV, 2: hoc mirum videbitur] vid. hoc mirum; 3 alterae] 
alteri; 4 ferum om.; 5 perniciem inimici] in. per.; 8 intellega- 
mus] intelligimus ; 10 intercessisse] interesse; 12 causam] causam 
me; 14 est quom] est enim; supra est tum a m. sec.; superseden- 
dum est] supersedendum ; 15 ut] quae; est quom] tum; 18 tum et] 
tum; 20 ratio super habenda a. m. sec. ; 21 est post quinquepertita. 

P. LVI, 1: mediocris] med. est; duo genera sunt] duo sunt 
gen.; 4 id om.; 6 reprehensionis] reprehensione; sint] sunt; 7 re- 
prehensione] repr. possunt ; 8 nisi] si; non om.; 10 adferet] affert; 
11 reprehendere] etiam repreh. ; 14 sint] sunt; 17 a maiore] ma- 
iori; 18 confertur] transfertur. 

P. LVII, 1: curemus] curet; 4 conferri] transferri; 4 item 
vitiosa expositio] item ex ipso falsa; 7 non nemo devenerit in 
amorem] nemo non in a. dev.; 8 quom om.; 9 adfertur] differt; 
10 modo om.; 11 ostendimus] ostendemus; nos om.; . conlegisse] 








Cornificius. 457 


colligisse ; 17 neque] nec; 18 habebat] habebant; 18 ut om.; 18 
interemptus] interfectus; 18 huius] huiusce; 19 praeterea] prae- 
ter eos. 


P. LVIII, 1: conlegerit] dixerit; ostenderimus] ostendemns; 2 
dixerit] dixit; 3 occisum esse] esse occ.; 5 conlectionem] collatio- 
nem; 6 reliquerimus] relinquerimus, ergo-reliquerimus om. ; 9 aut 
om.; 10 dicimus] dicam; res sunt videlicet] sunt, iudices, res; 11 
impellunt] compellunt; 12 inquiat] inquit; 14 aut] item; 15 sint 
plura dicimus] sunt et plura dicemus; 18 coniunctam] inventam ; 
20 atque praeter cetera parit] quae prae ceteris. 


P. LIX, 2: haec] haec a pr. m.; hae a sec.; hominem] ho- 
mines; 4 in se] inter se; hic] hoc; extremum] ad extremum; 7 
securibus caesa accedisset abiegna ad terram] ad terram caesa se- 
curibus cecidissent abiegna; 11 quia] qua; in ea om.; dilecti viri] 
viri del.; 12 recti om. 

P. LX, 1: mea domo ecferret pedem] medea efferet pedem 
domo; v. 2 om.; 3 hic satis erat] hic erat satis; quod esset satis, 
curarent poetae] curasset poeta quod satis esset; 5 era om.; mea 
om.; domo ecferret pedem] efferet pedem domo; 6 aegra amore 
saevo saucia] aegro amore sauciata; 7 ultimo] ultima; 10 exposi- 
tionem] exp. nostram. 


P. LXI, 5: immune est facinus] immane facinus est; 6 con- 
ducibile] cond. est; 8 hodie meum] meum hodie; 9 concastigabo 
pro commissa noxia] pro c. n. non castigabo; 10 eo] eo enim; 
verissima nascitur] nasc. ver.; 14 socordiam atque] secordiam et; 
15 expositiones quoque earum] propositiones earum quoque; 16 
confiteremur] confitemur; itemque] item; 20 saxoque instare in 
globoso praedicant volubili id quo saxum inpulerit] saxique esse ad 
instar globosi volubilem dicunt ideo dicunt volubilem quare quo 
saxum globosum impulerint. 

P. LXII, 2: sese] se; 4 aiunt] esse aiunt; 6 alii philosophi] 
philos. alii; 6 negant] negent; 7 extare] esse; temeritate enim 
autumant esse omnia] sed temeritate omnia regi autumant. 


P.LXIII, 1: esse] aiunt quod; reapse] reapse a. m. pr. re ipsa 
a. m. sec.; 2 modo secundo loco supra „factus“; 3 nempe ergo 
id fluctu, haut forte fortuna optigit] nempe res ita contigit ergo 
id non forte aut fortuna obtigit; 5 regi res] res regi; 6 qui rex] 


458 Cornificius. 


cum rex; 8 expositione] propositione; 10 conflictantur] afflic- 
tantur. 

P. LXIV, 8: neque] non aequa neque; 9 ratio om.; 11 ean- 
dem] eadem ; 14 ratione] oratione; 15 diligentius] diligenter; quod] 
quia; 16 vehementissume] vebentissime ; 20 aestumaveras] extima- 
bas, corr. in existimabas. 

P. LXV, 1: huic] huic homini; 2 linquere] relinquere; 6 
conlocavi] locavi; superscr. „te“ a. m. sec.; sin est] sin autem; 7 
te liberabo] libero te; 9 diluetur] diluatur; 10 cresphontem aestu- 
maveras] trespoutem extimabas (corr. in existimabas); esse om.; 12 
fugio] fugio nuuc; 13 huius] huiusmodi; 15 est confirmatio rationis] 
est rat. conf.; 15 pluris res] plura. | 

P. LXVI, 2: sin in ceteris] si. non cetera; 3 concurrunt] 
concurrant quodsi concurerant; illius] huius; 5 quod] id quod; di- 
citur] dicit; 10 deductus] inductus; 11 huius enim modi] buius- 
modi enim; 12 diluentur] dilabentur; 12 quid pro eo] id pro certo; 
constet] non constat, 

P. LXVII, 1: eho tu di] eo tu dii; 2 sese] se; conferunt] 
et conferunt; 3 utentem] usum; Cresphontem] trespontem ; 5 satis 
om.; ita esse demonstrasset] dem. ita esse; 9 ratio] haec ratio; 
11 tegitur] tegitur levi; 13 regno] in regno; desertum] cum de- 
sertus es; 14 periclo] periculo solus; restituere] ut restituam; con- 
paro] paro. 

P. LXVIII 1: si quis] si quis potens ac factiosus in con- 
tione; 4 quo de id dicitur] qui dicit; 5 aut] ac; 6 si quis] ut si 
quis; 7 pulsatione] pulsione; 8 transferri] transferi; 11 adtulerit] 
attulit; 13 quis quem] quis aliquem; 14 et ita om.; 14 dicat] 
dicit; esse hominem om.; 15 ei rei] eius rei; quod] qui; 17 aatis- 
facere] sat. ex eo; 18 fuerit] fuerat; 19 idemne] idne. 

P. LXIX, 7: dari] dare; fuit] fari; Pergamum] pergamo; 
9 quem ego me profiteor esse me est aequom frui] que ego prof. 
esse mea me enim aequum est frui; 10 adiudicarier] adiudicari; 
11 quod] quia; virtute] virtutis eius; 14 contra atque] contra ea 
quae; 16 exputando] exponendo. 

P. LXX, 1: accuses] accusem; 3 eum accusem] autem accu- 
ses; auditum] auditus; aestumet] existimet; 6 te om.; 7 item — 
auditoris voluntas in marg. a m. sec.; 8 illi om.; caros] charos; 


Cornificius. 459 


9 eius] huius; 10 auditoris voluntas] vol. aud.; 13 alia de re] de 
alia re; 14 quid] aliquid; 17 de] cum de; inducta] introducta. 

P. LXXI, 2: purgatio purget] ratio pugnet; 3 ut si] uti; 
5 se om.; esse] fuisse; 6 deprebendemus] depr. et in eiusdem de- 
prehensione ostendemus; 7 quod] quid; 9 sunt in eo studio] in eo 
studio sunt; qui] illi qui; 11 quia] quod; constat esse] esse constet ; 
12 a certo homine factum esse] a quo homine factum est; 13 de- 
coloratum] corpore decoloratum; 14 usque] usque adeo. 

P. LXXII, 1: conflictetur] conflictentur; 3 ecferre] referre; 
4 conparetur] comparatur; 5 an non accipere om.; incommoda | 
commoda; 6 sunt] sint; severe om.; enumerare] enunciare; 7 sunt 
om.; aut plane om.; 8 sunt] sint; 9 putare] putari; 10 utris] 
utrum ; 10 quom om.; 11 Vestinis Pinnensibus] Veientinis; 12 po- 
puli Romani] et populo Romano; de his] et is. 

P. LXXIII, 1: fieri] fieri enim; 2 alteris partem laudis ad- 
tribuas] aliis p. attr. laud.; 2 cupidius] cupidus; 4 vocabulo] vo- 
cabulo eius rei; potest optume] optime potest; 6 idem] sed idem; 
7 aliis se ferre diceret] aliam sese ferre dicebat; 8 non] nam non; 
9 se reducere] red. se; dicebat] aiebat; 10 appellarentur a populo 
Romano] a pop. Rom. ap.; 12 appellentur] appellarentur; 14 mu- 
tationem] commutationem; 15 et rebus] et amplificationibus et re- 
bus; 16 et amplificationibus om.; 17 exaugendam] exaugendam 
corr. in augendam; conlocupletandam] locupletandam. 

P. LXXIV, 1: iis] bis; 2 quod] id quod; 5 inprobum] si 
impr.; 6 postulabit] postulat; 8 inproba] si improba; 9 possint] 
possunt; 11 id] id tantum; augere] augeri; 12 docere] doceri; 
18 primum quidque quod dictum est] quodque ut primum dictum est, 

P. LXXV, 1: conplectitur] primum compl; 2 ea om.; 5 de- 
monstratum] dem. sit; 6 ëxfloyos] pro hoc vocabulo lacuna; 8 in 
quatuor locis] qu. in l.; 12 redintegretur] reintegretur; 13 ut 
quidquid] quidquid; dictum] deinde; 13 referimus] referemus; 16 
facta] ficta; 17 ingeni] ingeniique; venditandi] vendicandi et. 

P. LXXVI, 2: ordine breviter] breviter ex ordine; 7 causa] 
causam; 8 commemoramus] memoramus; 9 dis fuerit] fuerit diis; 
9 aut] et; 12 legibus] in leg.; sanctum sit] sancitum est; 12. lo- 
cus est] est locus; 15 ii] hi; 15 quibus auctoritatis] quorum auc- 
toritate; 16 isdem] hisdem; 17 bis om.; 19 ostendimus] osten- 
demus. 





IK: 


460 Cornificius. 


P. LXXVII, 1: consequatur] consequetur; 3 alacriores] acri- 
ores; 4 remoretur] remoratur; per quem ostendimus] quo ostende- 
mus; 4 si seutentia aliter iudicare sit] si semel a sententia aliter 
iudicatum sit; 5 incommodo] incommodo aliquo („illi“ a. m. sec. 
add. in marg.); 6 perperam factum iudicium] per pravum iudicium 
aut erratum; 9 aut leniendae] leniendae; 10 futuram] fore futuram ; 
quom] quo; 11 factum] factum esse; 12 excusationem] excusatio- 
nem esse; 12 iustam] et iustam; 14 mulierum] malorum mulierum. 

P.LXXVII, 1: aliquid om.; 4 quo] quod; 5 sit] est; locus] 
locus est qui; 6 dicemus] dicimus; 7 ingenuom] ingenuam; 8 in- 
temperantem] imperantem; 10 exputamus] exponemus; 14 ostende- 
mus] ostendimus ; corr. a sec. m.; 15 fuerimus] fuimus; corr. a m. 
sec.; conparatione] ex comp. ; in incommodis simus] in commodis 
sumus; 18 misericordiam] miseriam. | 

P.LXXIX, 1: parentibus] proximis par.; 4 misericordia om.; 


. 5 simus] sumus; 5 aut diu in malis] in malis aut diu; 6 fatum] 


factum; 7 conqueremur] conqueremus; 10 in om.; 13 tu om.; 
fueris consecutus] prosecutus fueris et nobiscum et sine nobis con- 
siderabis; 14 scientia] conscientia; praeceptione] perceptione; 16 
artifici] artificio; 16 nos] nos vero. 

P. LXXX, 1: nos] nos superscr. sed.; 2 faciemus] facimus. 

P. LXXXI, 2: arbitror] arbitror; superscr. a. m. sec. ut; 3 
libris] libris, in superscr.; est a. sec. m. supersor.; 6 praeceptio] 
praescriptio; 8 dictum est] dicemus; 9 dicenda om.; 12 prima 
quaeque] quaeque pr. 

P. LXXXII: relinquenda] derelinquenda; 4 in Italia] an in 
Italia; 7 captivos] captivos superscr. an a sec. m.; 11 sunt om.; 
13 det in marg. a m. sec.; 15 conficiet] efficiet; 16 iis] his; 
erint] erunt; 17 rationes] orationes; 18 eos] eorum; dicent] dicent 
is qui sententiam dicet. 

P. LXXXIIL 1: eodem] ad eam; 4 tutam] tutam et; 5 tri- 
buitur] distribuitur; 7 coniuncte] coniunctim; 8 evocationes] revo- 
cationes; 18 et appellatur] item appellatur. 

P. LXXXIV, 2: contemptio] contentio; 6 conferemus] confe- 
ramus; vitare alterum cohortabimur] al. vit. cohortemur; 8 quo- 
modo] et qu.; ad disciplinam] disciplinabilem ; 9 oporteat] op. osten- 
demus; 10 praesentem] praesentis; auditam] auditae; 12 possimus] 
peowuemus; 18 supplicum] supplicantium ; 13 dicemus misereri] mis. 


Cornificius, 461 


dic.; 14 referri convenire] c. ref.; 16 leges et mores] mores leges; 
18 atque] et. 

P. LXXXV, 2: simultate] sim. nec metu; 6 isdem] hisdem; 
et ad dissuadendum simus conparati] sim. comp. et ad dis.; 8 fa- 
ciundum] faciendum quid; 10 vel om.; propterea om.; 11 ab nulla 
re] nulla ab re; 13 habere] haberi; 13 non ‚ullo] nullo; 14 re- 
cedatur] recedat; 15 iis] bis; 18 similium] similiumque. 

P. LXXXVI, 2: nimium] et nimium ; dissuadebimus] desua- 
debimus; modum] et si modum; 4 suadebimus] suademus; a m. 
sec. suadebimus ; 5 omnibus verbis om.; iis] his; 6 ut] et ut; 8 
dicatur] dicantur; 10 quae ostendantur] ostendatur; ita] item; quam 
is] quam iustitiam is; 11 vocarit] vocavit; 12 esse et inertiam] 
esse et desidiam inertiam; liberalitatem] libertatem ; a. m. sec. corr. ; 
13 appellarit] appellant; 16 nominarit] nominavit. 

P. LXXXVII, 2: hoc non eo] hoc nos eo a recto; modo 
super ,,e0 a m. sec.; separavimus] separamus; 3 quod partes] non 
quod hae quattuor partes; 3 vocabulum] vocabulo; 4 honestam] 
honestatis; 5 quod quom] quamquam; 7 recta] rectum; consequitur 
duplicatur recti appetendi voluntas] cons. vel. dupl placet magis 
app. recta vol.; 15 isdem] hisdem; 16 iudicialem causam] in iu- 
diciali causa praescripsimus; 16 eadem] in eadem. 

P. LXXXVIII, 3: utrumque] utramque (bis); 4 si alterum] si 
in alterum erimus demonstraturi simpliciter ; 5 ac) at; dicemus] 
dixerimus; 7 dilucide] dilucidandae et; 8 appellavimus] appellamus ; 
honestius] honestiori vocabulo; rationem nostrae. sententiae] rationis 
nostrae sententiam; 10 incident] inc. quot erunt; 11 confirmatione] 
in conf.; 13 contrarii] ita contrarii. 

P. LXXXIX, 3: Poeno] penis; 4 sequi qui suadebit] si quis 
adhibet; 7 ne om.; esse] nec esse; iis] bis; 9 non salutem pariat] 
sal. non p.; praeponet rationem honestam] rat. pr. h.; 11 timeatur] 
tim. is; 13 turpitudinem] turpitudo; 14 neque aeternam incolumi- 
tatem consequi] nec aet. cens. inc.; 15 venturum] venturos; vir- 
tuti] virtute; 16 ultro] ulto; esse praeclarum] pr. esse. 

P. XC, 4: in his] in bis superscr. et; 5 in om.; 8 causa] 
demonstrativa causa; 11 corporis animi] et c. et a.; 12 genus] ut 
genus; 13 potestates] potestas; civitas] civitates; 14 quae] quae 
sunt; 19 hinc] baec. | 

P. XCL 1: huiusmodi] huiusmodi igitur; 8] ab; 2 loquemur] 


462 Cormificius, 


loquimur; audient] audiunt; 3 a] ab; 5 virtute] virtutis; 6 aut 
quod rectum sit] qu. r. s. aut; 7 ipsius] noster; 8 simus] sumus; 
11 loquemur] loquimur; 12 vereri nos dicemus] dic. ver. n.; 13 
omnis] omnes homines; 13 praedicari] praedicare; ipsa] ipsius; 
15 videbimus] videmus; 15 contrario] contraria; 16 exempli] ex. 

P. XCII, 2: ignotos] ignaros ; laudemus] laudamus; esse om.; 
3 ignoti] ignari; 5 laudemus] laudamus; laudetur] laudatus; 6 iis] 
his; 7 pauca] nos pauca; dicturos] dicturos esse; 25 cognoscant] 
agnoscant; 9 possint] possent; 10 vituperetur] vituperatur; nos 
sperare] sp. n.; vehementer] veh. eos; 11 ab] a. 

P. XCIII, 1: si quid] si qua; 2 loquemur] loquimur; 4 ex- 
ponemus] cum exp.; 4 simus] sumus; 5 vituperaturi] vit. sumus; 
6 caute] cauteque; 7 deinde] sed; 12 humili] in humili a m. sec. 
in marg.; 16 quam honeste] quod bene et honeste; tempore] in t. 

P. XCIV, 1: fuerit] fuerit educatus; inde: detrahere oportet 
a corporis commodis in laude natura] in se retraxisse aperte at 
corporis commoda a natura in laude; 2 atque] aut; 3 ea] eam; 
A honestis] hon. haec; 5 ea om.; 6 perpetua] ex perpetua; 7 de 
his usum] his male usum; 10 non fuisse] accidisse; 12 potestates] 
potestas et; 14 inimicitiis gerundis] in ger. inimicitiis, — 

P. XCV, 1: officio] quo officio; 2 cuiusmodi mors eius fuerit 
punctis notatum; 8 modeste] mod. et; praedicemus] dicamus; si 
vituperemus-dicamus om.; 13 laudem aut in] laudem et; 14 ne] nec. 

P. XCVI, 1: quidem saepe del. a sec. m., ita] aut ita; inci- 
dunt om. a pr. m.; saepe incidunt post tenuiter a m. sec.; 4 tota] 
ipsa; 7 rare] raro; 9 occidere] videri accidere; 10 commodissume] 
accommodatissime; 11 iudicialibus] iudicationibus; 13 genere cau- 
sae] c. g.; 14 putavimus] putemus; 15 nobis] a nobis; 17 partis] 
rhetoricae vel orationis partes. 

P. XCVII, 1: est] est ea; 2 ordinem] ordine; certo quidque] 
quidque certo; 3 habere] nos habere; 8 confutatione in marg.; 9 
ut om.; 12 argumentationes] argumentationis partes (sic etiam 15) 
17 secedendum] recedendum; 19 literarum] ab literarum. 

P. XCVIII, 1: utamur] utemur; 2 faciamus] faciemus; 6 
exordiri] et exordiri; narratione] a narr.; aliqua] ab aliqua; 7 
quia] quod; 9 videbitur] videtur; 11 probabilis erit] est prob.; 13 
commutationibus] commoditatibus; translationibus] tr. partium ; 20 
fiant] sunt. 





Cornificius. 403 


P. XCIX, 1: in medio ante interponi in marg.; conlocari] et 
coll; 2 qua] ex qua; 3 continuo firmam] firm. cont.; 4 re dicta 
om.; facilume] facile; 5 desinimus] desinamus recentem om.; 8 
poterit] potuerit; parare] reperire; in marg. parere; 11 unum] 
quod unum; 13 egregie] nec egregie; audaciter] audacter; 17 
rebus om. 

P.C, 3: a] ea parsa; 5 corporis] et in corporis; 7 ea] haec; 
9 parit] comparat; auget] hanc auget; 10 conservat cura] curatio 
conservat; conparat cura] comparat natura; 11 adauget] auget; 
set maxume] et maxima; ratio] exercitatio; 12 hoc est om.; 13 
nostro] pro suo; in marg. al nostro; moderatio declamationis] 
exercitatio imitationis; in marg. al: declamationis; facit] faciet. 

P. CI, 1: parte om.; paritur] comparatur; 2 iis] his; inscii] 
insii; 3 eius] huius; 4 conservatur] conversatur; 8 firmam ergo] 
firmamentum vocis; vocem om.; 10 leni] levi; 11 acri in marg.; 
11 conpleantur] complentur; 13 adquiescunt] quiescunt. 


P. CII, 2: vitare debemus] deb. vit.; 3 volnus] vulnerantur ; 
hac om.; exclamatione] acclamatione; 4 qui] quis; 4 consumitur] 
cons, vel effunditur; 5 univorsus om.; 7 tractata varie] var. tr.; 
8 qua om, ; 9 item] veluti; 10 ad vocem] esse; 11 orationis enun- 
tiationi serviunt] attineat ad suavitudinem pronuntiationis; 12 pro- 
betur] prodesse probetur; 13 quid] quid (a m. pr. quod) deiude. 


P. CIII, 3: aut om.; animus] an. eius; aut exsuscitatur cla- 
more] et si exsusitat clamorem; 4 vocem] fauces vocem; volnerat] 
vulnerant; auditorem] auctorem quod emendat varietas; 5 quiddam] 
quoddam; 7 continens] conens; a sec. m. corr.; 8 quid] quod; 
corr. a m. sec.; 9 in om.; 12 divisa sunt] visa sunt; coniuncta] 
visa; suavitate] suavitudine. 


P. CIV, 5: iocationem] et ioc.; 5 gravitate] gr. et vocis re- 
missione; 6 docet| d. remissa voce; 15 adducit] deducit; 17 per- 
duxit] produxit. 

P. CV, 1: idonea pronuntiatio sit] id. sit pr.; 2 quom est] est 
cum; 4 tamen ut om.; 7 oportebit] oportet; ipsa] in ipsa; 8 de- 
monstrabimus] demoustramus ; insecare] intersecare; videamur] vi- 
deamus; 9 tum] tunc supr. lineam; 10 varietates opus sunt] va- 
rietate opus est; 11 videamur] videamus; 13 maeste] modeste; 
14 ita] ita et; 15 inciderint] incidenter; 15 narrationem] narra- 





464. -Cornificius. 


tione; 16 animum om.; 17 advortemus] divertemus; 28 leviter] 
leniter. | 

P. CVI, 2: ab] a; 3 vocem pos. ante torquere; 5 est] sit; 
7 iungere] augere; 9 autem] vocem; 10 exclamationem] exclama- 
tione; adhibere] adire; a m. sec. corr.; 12 tantum iis] t. inter; 
12 debebimus] iubemur; 13 amplificatione] amplificationibus; co- 
hortatione] coartatione ; 14 leni] levi; 15 voce] utemur voce. 

P. CVII, 2: et pronuntiantur om.; 5 operarii] carpentarii 
a. m. sec. operarii; 11 corpus] corporis; est hoc] boc est; 12 
tum voltum] sum (suprascr. tunc) valtu; admoveamus] admoveatur ; 
13 docere] edocere; 17 si] sin; 20 supplosione] percussione su- 
prascr. supplausione; 20 et] ac. 

P. CVIIL 1: si] sin; 2 conveniet] convenit; 3 similibus] si- 
milius; 4 si] sin; 5 feminis] femineo; 8 sim] sum; 9 nec] ne; 
his] iis; 12 quod oportet] quid oporteret; 13 hoc] hoc tamen; 13 
perficere] facere; 16 artis om.; 17 artificiosi] artificii; ab] a; 18 
idoneum] magis idoneum ; 18 proinde] proinde corr. in perinde. 

P. CIX, 2: res] ea; 3 altera] alia a. pr. m.; artificiosa] ar- 
tificialis; sic etiam 4; 3 et 5 ea] illa; 6 qua] quia; 8 item om.; 
fit in hac re] in hac re ita fit; 10 retineat] retinet; amplificet] 
amplificat; 11 ratione] rationem; 14 fit om.; 17 indigerent] in- 
digent; nostri] nostra praeceptione; 21 insignite] insigniter. 

P. CX, 2: formae quaedam] qu. f.; 3 notae et] notae; 5 
locis certis] locis in certis; 9 dictatum] dictum; 10 pvnworsxa] 
immodica; 11 quod audierunt] ea quae didicerunt; 12 his] iis; 12 
loci] nam loci. 

P. CXI, 1: a om.; 2 ab superiore] a superiore; 3 et] ut; 
3 edere] videre et perficere; 4 ut om.; 4 compluris] quam plures; 
5 ab summo an ab imo] a summo vel ab imo; 7 a om.; 8 lube- 
bit] licebit; 9 et locos om.; 10 commode notare] commeditari; 11 
haerere] nobis haerere; 12 remanere] remonere; 14 placet] pussi- 
mus; notari] notare; 15 in] si in; 16 Decumo] de decimo. 

P. CXII, 4: integra] integras; vi om.; 6 distincti] distincte; 
qui] quis; 7 similitudine ut ignoret] sim. locorum et ignorabit; 
8 uno om.; 11 conlocationem] collocationis; 12 nec] ne; 12 ha- 
bere] haberi; corr. a sec. m.; 14 fere paulo plus] fere plus paulo 
licet; 15 trinum] tricenum; 17 set] et; 18 noverit] noverint; ab 
his et om. | 





Cornificius. 465 


P. CXII, 1: ab his idoneos invenire] ad ista satis inv. id.; 
5 si hac om.; 8 satis om.; rationem] orationes; 10 omnium] quo- 
niam igitur; 10 et ex] et; a. m. sec. er; 11 notas] nosmet notas; 
17 conprebendemus] comprehendimus. 

P. CXIV, 1: dixerit] redderit; 6 cognoverimus] agnoverimus ; 
8 astituemus] constituemus; dextera] dextra; 16 exercebimus] exer- 
citabimus; 18 domuitionem] domi ultionem; sic etiam 21; 19 uno 
om.; constituere] oportet const. | 

P. CXV, 1: ut ad lphigeniam] ad vagantem Ephigeniam ; 
Agamemnonem et Menelaum in marg.; 12 ante firmae rasura ; 
13 inbecillae] imbeciles; 15 et om.; vitemus] videmus, 

P. CXVI, 1: docet] doceat; 3 meminisse] eas mem.; 4 non 
nova nec] nisi nova aut; 5 at] aut; 6 inusitatum] inauditum; in 
marg.: inusitatum ; ridiculum] periculosum rid.; 7 itemque] itaque; 
8 quod recens om.; audivimus] audimus; 10 e om.; 11 manent 
diutius] d. in animo ma.; 11 solis exortus| ex. s.; 13 at eclipsis 
solis] ad solis eclipsim; accidunt] accidit; 14 mirantur] miramur; 
14 propterea quod hae crebriores sunt] quia crebrior est; 15 
natura se] se nat; 16 et] non et; 17 ars igitur| ig. ars; quod] 
quae; 18 quod] si quod; nihil est enim] n. en. est. 

P. CXVII, 2: ingenio] ingenio naturali; 2 exitus] et exitus; 
4 manere] haberi; 4 haec res] id; 5 notatas] notas; 6 mutas] 
multas a m. sec.; 7 unicam om.; 8 aliqua re] aliquas res; aut] et; 
9 notatior| notior; 9 qua re] quam rem; 10 ut] turpem ut; 11 
inducemus] inducamus; 14 meminimus] meminerimus; 17 pervage- 
mus] percurramus; 19 qui] qui eas; 20 consumerent operae] op. 
cons. 

P. CXVIII, 2: in om.; 3 ridiculum est positum post compa- 
rare; 4 haec poterunt] pot. haec; 4 verborum copia] cop. v.; 7 
nos] cum nos; 8 alia alius] alius alia; 11 notata] notae; ea] hae; 
12 videatur insignis] videantur insignes; 17 quemadmodum] ut; 
18 damus quaerendi] qu. d.; 19 item] ita; 20 verborum memo- 
riam| mem. verb. 

P. CXIX, 1: ut punctis notatum ; 2 utilior sit] utiliores sint; 
habeat] habeant; 12 jvmuow»xoig] memoriis; 14 poteris] debebis; 
15 imaginibus] in im.; 15 exerceri cotidie conveniet] cot. conv. 
ex.; 16 a] in; occupatione] occupatione negotiorum; 17 item] ita; 
20 fallit| fallat; 21 poteris] quod poteris; 22 eam] eam rem. 

Philologus. XXXVI. bd. 8. 30 


466 Cornificius. 


P. CXX, 1: aut tuo] aut tu nostro aut tuo. 

P. CXXI, 1: scripsimus] conscripsimus ; 2 uti nostris] nostris 
uti; 3 fecimus] facimus; 4 faciendum] faciundum; 5 nos necessi- 
tudine] nec. nos; 9 ut] uti; 10 quid] quod; 12 putant] dicant ; 
14 aut] aut a. 

P. CX XII, 1: ostentare se] se ost.; 2 ostendere artem] art. 
ost.; 3 nos amare] nosque solos amare; 4 possimus] posuimus ; 
a. m. sec. possimus; 5 aut a Graccho sumere] sumere aut grachi 
ponere; 5 videtur] videretur ; adrogantia] arrogantiae; 9 non] num ; 
10 testimonio] testimoniis; 10 sic — abutatur] sui ipsius testimo- 
nio abutatur; 11 sic] sit; 12 ergo] igitur; 13 hoc] haec; 14 
ipsum] id ipsum; 15 et sua — anteponant in marg. a. m. sec. ; 
15 ac] aut. 

P. CX XIII, 2: sint] sunt; aut aliena probent om. ; 4 exem- 
plis om.; 5 sibi illos] illos sibi; quid] quid igitur; 6 antiquorum 
non] a. valet nam; probabiliores] probabilior est; corr. a. m. sec.; 
11 poematis] poematibus; 11 et vagi] ac varie; 14 tamen] inde; 
laudandi| laudati; 15 nunc] nunc vero; 16 quom non summe] non 
summe cum; 19 neque] nec. 

P. CXXIV, 1et 2 nec] aut; 3 intellegit] maxime intelligit ; 
4 scribenda] scribendo; 8° sua auctoritate] auct. sua; 9 ratione] 
veritate; 11 parte om.; 12 iam satis omnibus] omm. iam satis; 
sint] sunt; 13 rationem volent cum ratione] res omnes volent cum 
re; 14 esse concedenda] conc. esse; 15 quod ab eis] ab eis quod; 
16 pueriliter] inutiliter et pueriliter; 16 et] aut; 18 omnia] om- 
nia sua. 

CXXV, 1: Olympiam quom] ad Olympiacum; 2 mittatur] 
committatur; a m. sec. emittatur; dicat esse illos] dicatque illos 
esse; 4 Ladas aut Boeotus Sicyonius] lidas aut bois consicionis ; 
cursitarint] cursitarit; 5 descenderint| descenderunt; 6 elaborant] 
elaborent ; aliquam antiqui oratoris aut poetae laudant scripturam] 
et ipsi aliquem antiquum oratorem aut poetam laudant aut scriptu- 
ram; 7 ipsi] sic; 8 audent] audeant; 9 venantur] venerentur, corr. 
in venentur; 10 tibi vis] vis tibi; inquiat] inquiet. 

P. CXXVI, 1: tua] illorum; antiqui] aliqui antiqui; 2 tuis 
tulerit] suis tulerint; 3 tibi| istis; relinquatur] relinquetur; 5 ut 
om.; 6 hic neque] bic non; 10 quibus| quod; testimonium] non 
test.; 11 interest igitur] ig. int.; testimonium et exemplum] ex. et 











Cornificius. 467 


t.; 14 rem non potest] non p. rem; 16 se artem] artem se; 
exempla] et exempla; 17 iis] his. 

P. CXXVII, 2: aliquid scribat] ser. al.; quam] ac; 5 alii 
quid excogitarint] quid alii excogitaverint; 7 quod dicitis difficile] 
quid diff. dic.; 9 gloriemini] gloriamini ; nisi] nisi forte; transcri- 
pseritis] transscripsissetis; 11 putetis] putaretis ; istud] autem istud 
difficile ; egregie] egregium; 12 sicuti] ut; delectabit] delectat; 14 
artificio summo] s. art. 

P. CXXVIIL 1: dicuntur] dicentur; 2 itaque ut] ita et; 3 
nuntios| periodos ; et quia] sed si quia; 6 poematis] poematibus ; 
6 elegeris] elligeris; 7 sint] sunt; facere om.; artificiosissume] - 
artificiose; 8 erres] erras; 9 huius rei om.; 13 qui eligit] qui 
vero elligit; 14 scribet] scribit; si] si hoc; 15 quom parere] com- 
parare; ipsi et] et ipse; 17 ab aliis] alii. 

P. CXXIX, 1: alienorum] aliorum; iis] bis; 3 quae separa- 
tim dici] sep. d. quae; 4 quom in eo] tum ideo; 7 dicerem] con- 
vincerem ; 9 liceret] licet; quemlibet] quelibet; 10 suppeditaret] 
suppeditarent; 11 niterentur] uterentur; 12 an omnia] aut; 13 pu- 
tet] putent; 14 ad omnium nitetur] nit. ad omn. 


P. CX XX, 1: desperarit] desperabit; 4 Gracchis] graco; Por- 
cina] procina; 5 ceteris] ceterisque; 5 et historiarum] et ab isto- 
riarum; 7 unius] unius se; 8 quae] quae solum; habuerint] ba- 
buerunt; 9 se solum babere] habere se; diffidet] diffidit; 10 qui — 
nemo in om.; 12 nunc] nam; 17 dicendum non] discendum num; 
18 unus omnis] omnes unus; potuerit] poterit. 

P. CXXXI, 2: scriptorem artis] a. scr.; 5 sic] ergo; 6 ad- 
fertur] profertur; 7 de eius] eiusdem; artificio] artificii; 9 aliunde 
rogabo] rog. al.; tibi quod] tibique; sic mercem] si merces; 10 
ipsi qui venditant] ipsique vendicant; quaeritent] quaeritant ; acervos] 
si ac.; 11 sese dicant] se dicunt; et eorum] sed ; habeant] habent; 
12 Triptolemus] triptolomus; 15 testo] testa; ridiculus] num ridi- 
culus; 16 non] num; isti] illi; omnium om.; 16 dicendi] discendi. 

P. CXXXII, 1: siqui] siquis; 2 quom] quam; 3 qui] quo; 
rideatur| irideatur; isti] isti enim; 6 Chares ab] Tares a; 8 osten- 
deret] suum ost.; Myronium] et Milonis; Praxiteliae] praxitelae ; 
Polycletium] policreti deci; 9 facientem videbat] videntem faciebat ; 
11 haec velint discere] velint boc discere haec; 12 docere se] do- 


30° 


468 Cornificius. 


ceri; ne] nec; 14 artem] artem quam propria; 17 at] ut; 18 
eminere] imminere. 

P. CXXXIII, 1: nos duxit ad hanc] ad hanc nos induxit; 
2 convertimus] quae conv.; 5 asperiora] ad superiora; id quod] 
idque; 7 si aliena] aliena si; 9 inusitatum] inusitatis corr. a. m. 
sec, in inusitatius; 11 probassemus Graecorum] Gr. pr.; 15 ver- 
borum om.; 17 sunt — appellamus] figurae orationis sunt tres, 
quas figuras alii genera nominavernnt, alii caracteres, alii stilos. 

. P. CXXXIV, 3: levi] magna; 4 humiliore] humiliori; 6 puri 
om.; 7 consumetur oratio figura] fig. c. or.; 8 extranea] trans- 
lata corr ex transacta; 9 ad] ea ad; 14 idoneam possit in eum 
poenam] in eum possit id, poenam; cogitare] excogitare; 15 co- 
gitarit] excogitarit; 16 potest supra comparari scr.; 17 qui] qui 
violassent; ingenuom] ingenuam; aut om.; 18 constuprassent] ex- 
tuprassent; violassent] pulsassent; uecassent] necasset. 

P. CXXXV, 1: maiores] maiores nostri; 2 facinori] sceleri ; 
reliquerunt] non relinquerunt ; 3 atqui] atque; 6 machinantur] ma- 
chinatur; feros] feroces; 7 qui id agere] quid augere; 9 inruerent] 
irruerunt; 11 abreptis] arreptis; hostilem lubidinem] hostium libi- 
dine; 14 miserandum scelerati] miserandae sceleritati; 15 consequi 
iudices] iud. cons.; 20 voluit] vellet; 21 vorsabitur] salvabitur. 

P. CXXXVI, 1: aliquantum] aliquantulum; 2 gerimus] ge- 
ramus; 5 necessario] necessariorum ; norant] norunt; 7 omnibus] 
in omn.; 9 bellum gerere] g. b.; 13 res om.; 14 de finibus bel- 
lum] b. d. f.; 17 isti] illud; 18 vi] vim; concesserunt] consense- 
runt; 21 Fregellani] fragelani; sua sponte — illi om. 

P. CXXXVII, 2: discessissent] descissent ; 3 petere] ponere; 
4 per] qui; 5 quid] qui de; eventis] eventu; 7 hoc credat] hec 
crederet; ut imperium populi Romani] ut in ro. p.; 10 aliquid 
fuisse] fu. al.; necasse] necessarium; potest esse] esse p.; 11 at- 
tenuatae figurae genere] attenuato genere figurae; quod] idequod; 
12 demissum] dimissum; corr. a. m. prim.; 14 supra visum est: 
ire; 15 tibi] ibi; 16 modo me pulsarunt] me modo pulsaverunt ; 
18 tamen] tum. 

P. CXXXVIII, 2: ista] ista coepit; vel om.; rabulae cuivis 
ruborem inicere potest] facile cuivis ruborem inicere possent; 3 
est atque acerba] es atque acer; ne ad solarium quidem] ut neque 
ad solarium selutandum idoneus quidem es; 4 pone] penes; 4 exer- 

















Cornificius. 469 


citata] exercitatus sis at haec; 5 cui] cum a. m. sec.; nunc om.; 
6 eiusmodi convitiorum] cuiusmodi viciorum; 7 istum] iste; 9 fa- 
cere posset] poss. f.; 10 poterunt erit] potuerunt erat; 11 alia] 
alia posita in; 12 posita in om.; 13 consectamur] consectemur; 
14 gravis figura] gravis figurae; 15 eij ea; fugienda] fug. est. 

P. CXXXIX, 1: sufflata] suffulta; 2 item] ita; 8 paeniteat] 
poenitet; 9 quom declinant] plerique cum declamarent (a. m. sec. 
declinarent); 9 qui] et; 10 specie] spem ; 13 confinium genus eius] 
confinem genus eiusdem; 14 eo om.; articulis ut boc modo appel- 
lem] art. hoc m. appellemus ; 16 sese] se; neque] nec. 


P. CXL, 1: belligerare] bella gerere; 2 possint] possent; 3 
sua sponte] sp. sua; et om.; binc] hic; 6 tenere attentum] atte- 
nuate (corr. a. m. sec.) tenere; 9 aridum] arduum; 10 cuius] eius; 
11 est hoc] hoc est; istic] ille istic; balineis] balneas; 12 dicit] 
dixit bis; 13 huic om.; 14 iam om.; 15 est sermo] s. est; 17 
gravem et mediocrem et attenuatam] grave et mediocre et attenua- 
tum; 18 adficiunt] efficiunt; 19 disponentur] disponuntur; 20 ob- 
litam reddent] obliquam reddunt. 


P. CXLI, 5: ad modum] adcommodum ; adcommodata] accom- 
modatum ; 8 quidque] quodque; 14 verbum aliquod] al. v.; 15 di- 
cemus] discemus; 16 orationem] rationem; 20 re a. m. sec. supra 
qua de; loquemur] loquimur; corr. a. m. sec.; 21 aequabiliter] 
aequaliter. 

P. CXLII, 2: haec] hoc; 3 aeriae] enee; 9 quicquam quis- 
quam cuiquam quod] quisquam quidquam quequam quisquam; 10 
si om. ; huius] ea est huius; 11 extat] extet. 

P. CXLIN, 1: Lucilius adsiduus] cecilius asiclus; haec] hoc; 
3 has res ad te scriptas Luci] quas res scriptas ad te lutii; 4 fu- 
gere oportet] op. fug.; 6 compositione] corpore; operis] studii ; 
8 orationem] locutionem or.; 9 exornationem] exornatione; 12 in 
verbis] verbis; 14 litera repetitionis substantivi picta hic novum 
librum incipere indicatur ; contra in initio libri quarti nullum novi 
libri signum reperitur; 16 habenda] hab. est. 

P. CXLIV, 4: reliquisti] contempsisti; non] num quater; 5 
adtulisti] intulisti; 6 volutatus] voluptatus; quom] tum; 7 gravi- 
tatis] accitatis; 8 exaugendam] augendam; 12 de] in; 13 fides 
sublata est om.; 14 republica sublata est om.; at om.; 16 absol- 


470 Cornificius. 


vant] te abs,; 17 periurent] peierent; ut existumationem] et exist.; 
18 leges] leges rei publicae ; 20 ut et] et ut. 

P. CXLV, 1: revortamur] revertatur; 3 qui] qui in Italia; 
2 Karthaginienses] Cartaginenses quater; 5 qui] qui sibi; 5 videte] 
vide; 7 populus] pop. Romanus; 8 apsolvatis] absolvitis; 9 uti] ut; 
12 iucundius] iocundius; 11 divitis] divitibus; virtutem praefer] 
pr. v.; 18 tibi videbuntur] vid. tibi; sint] sunt. 

P. CXLVI, 3: insit] sit; corr. a. m. sec.; 5 proposita] prae- 
positae; 7 quaedam om.; 14 quom] cum tibi; 21 alicuius per] 
per alic.; 22 conpellationem] appellationem ; o super Africane scr. 

P. CXLVII, 3: o om.; 4 nitor] victor; 5 remaneant] ma- 
neant; 6 latrocinia] latrocinio ; 7 iudiciorum] vitiorum; 8 calum- 
niationibus] calumniis; exornatione] exclamatione; si loco utemur 
et raro] utemur si in loco et raro; 11 neque] nec; 13 superio- 
rem orationem] or. sup.; 14 igitur haec] haée ig.; 15 abaliena- 
bas] alienabas; 16 exornari] exorari; ista] ista et; 19 quidque] 
quicquid. 

P. CXLVIII, 4: quam inpudicam] quoniam quam per in pu- 
blicam pudicam; 4 iudicarant] iudicabant; ea om.; 5 damnata] 
damnatam; existumabatur] existimabant; 6 addixerit] adheserit ; 
7 timere multos] mult. t.; 7 parentem] parentes; 10 potest] po- 
terit; 11 intemperantia] intemperantem ; 12 inconsideratam] inc. 
faciat necesse est; quid om.; 13 damnarant] damnabant; 15 
tum] cum. 

P. CXLIX, 1: hoc om.; 4 maiores] mai, nostri; 6 fortuna 
facultatem] fac. fort.; 12 at ille si] et si ille; 13 num] non; 13 
quid] cur; 14 non imitari consuevi] cons. non im.; 18 vita] vita 
aut moribus; 19 oporteat] oportet; modo] pacto; 20 primum vir- 
tutes revereri] eum primum rev. virtutem; 22 aeque est] est aeque. 

P. CL, 1: satis nibil] n. s.; 2 reddet] reddat; 6 hoc modo] 
hoc pacto; 8 omnia] omnia enim; 10 ac] ut; 11 dilapsa] delapsa; 
13 teneri] retineri ; 14 ecferuntur] eff. sine ratione et cum ra- 
tione; 15 se supra fugisse scr.; 16 temporibus] in temp.; 16 re- 
formidant] formidant; 17 ignosci putant] put. ign.; 18 quia] quod; 
19 his] ii; 21 velint] valeant; 22 rare] raro; 23 esse videamus] 
vid. esse. 

P. CLI, 1: adferent] afferunt; et om.; 4 idem fere] f. id.; 
6 hoc pacto] hoc modo; 7 eum om.; 9 retinere] habere; 11 qui 








Cornificius. 471 


speres] quis speret; 12 verum] verum non; 12 eum] eum putes]; 
sibi om.; 13 credas om.; 13 temperaturum] temperatum. 

P. CLII, 1: bis] iis; metuimus] metuemus (etiam v. 3); 3 hi] 
ii; 5 debet esse] esse deb.; et quom] ut tum; 5 auditu] auditori; 
7 opus est] opus erat; contraria re] contrarias res; 8 illud] id; 
11 denuo] de uno; 12 excipitur] explicatur; 12 hoc pacto] hoc 
modo; 13 appellamus] appellatur; 14 altero] ab altero; 15 solis] 
suis; 17 tibi] tibi ipsi. 

P. CLIII, 4: illud] quod illud; 5 pervenit] venit; 6 gladium] 
gladius; 6 contortione] contortione; a. m. sec. contorsione; 7 vol- 
nere corpus] c. vol;: 9 densa] densa et continens; 11 sententia] 
sententiam ; in contrario] contr.; 14 siqui] siquis; 16 fortuna in 
marg. scr.; 17 contulerunt] intul.; 20 necessaria est] est nec.; 
22 ecferat] afferat; 22 sed] et; non alienum] al. non. 

P. CLIV, 4: quae] quae tam; 5 non dinumeratione nostra] 
non de nostra numeratione; 6 et] et etiam; animi à m. sec. supra 
lin.; 7 superiori om.; 8 mortem parens oppetebat] pater mortem 
opetebat; 10 alii] illi; dedit felicitatem] f. d; 14 quom] aut si 
cum; plures] plures sunt; 17 exaequet] exequetur; 19 verbo- 
rum om. 

P. CLV, 1: casibus om.; ecferuntur] afferuntur; laudem] lau- 
das; 3 a sapientia est animus remotus] an. rem. est a s.; 4 ani- 
mum] animos; 7 in om.; similes] consimiles; 9 audaciter] audac- 
ter; 10 placas] placitas; 11 verborum om.; similitudine] similitu- 
dinem; 12 his] iis; 18 adnominatio] abnominatio; aut] et; 19 cum 
mutatione unius] commutatione vocum vel additione unius litterae; 
aut] vel; 19 plurium literarum] literarum syllabae vel syllaba- 
rum ita. 

P. CLVI, 2: attenuatione] aut atenuatione; et] aut; 4 venit] 
venit a te; ex] e; 5 vincit] vicit; ferro statim] st.f.; 7 esseom.; 
8 quantum] quam; 9 hoc pacto] hoc modo; 10 demendis] dem. 
nunc; 11 vitasset] vitassent; tradidisset se] se tradisset. 

P. CLVII, 3: haec] hae; adnominationes] agnominationes 
(etiam v. 13 et p. CLVIII, 4); 6 verbis] in verbis; 7 dissimiles 
non sunt] prorsus non sunt dissimiles; huius modi] hoc modo; (sic 
eliam v. 12); 8 quid veniam] quo veniam; 9 quae] quem; 10 af- 
fectata] affectanda; 12 Quirites] o Quir.; 13 putentur] videntur; 
14 accedit magis] m. acc.; 15 illae superiores] sup. alise; 19 


472 Cornificius. 


virtutem] virtutes; 20 conformavit] confirmavit; 21 Alexandrum — 
dilexerunt om. et ponuntur post transvolasset nisi quod timueruné 
pro metuerant ei item pro idem. 

P. CLVIN, 1: data longior] long. d.; manus] fama; 2 hic 
unum nomen] hoc nomen unum; 3 volutatum] voluptatum; 5 mali 
civi scelus et om.; 6) eo] ea; 8 et] per; 10 qui] cui. 

P. CLIX, 1: eum om.; 4 adnominationibus] agn.; 6 non baec] 
hoc non; 7 sumptione] consumptione ; 10 et om.; 12 neque, nec; 
13 et] atque; 14 sunt om.; 16 item] ita; 17 varie om.; 18 
dispergemus] disponemus ; 21 a nobis om. ; 22 possit] possint; non 
oportet quod aut] non potest aut quid (postea deleta). 

P. CLX, 1: illis om.; 3 factus om.; 5 omnibus] hominibus; 
7 insuper ipse] ipse ins.; victus] vinctus; 9 licitum non est] non 
est 1.; 10 cepit] accepit; iudices] illud; 11 ne] nec; 13 patris] 
patris eius; eum vos] eom; 14 vitam] antiquam v.; quam aut ubi] 
alicubi; 15 transactam] tractatam ; 16 vostros] nostros; 17 vos] 
nos; 18 putet turpe] turpe putet; 19 si] quem; nocentem] inno- 
centem. | 

P. CLXI, 1: non] non nam eum; 7 quoque om.; 9 quod 
oporteat] quid op.; 12 sic] sic faciamus; 12 quom a tanta Gallo- 
rum multitudine circumsederer] cum circ. a t. m. G.; 13 ut om.; 
14 tamen prodirem] tum (a m. sec. cum) prodiremus ; 16 habebam] 
habebamus; neque] nec; qui] qui (a m. sec. quo); produceremus] 
producerem. | 

P. CLXII, 4: huius] eius; 8 conscensum] assensum; 12 hoc 
et non suasi om.; neque] nec; 13 neque facere coepi om.; 14 
neque] nec; 16 penes] apud; Atheniensium] Atheniensibus; 18 
tempore] in t.; 22 potestates] partes. 

P. CLXII, 1: aut convitio] convicio; 3 aut] an; 8 et] et 
cum; 10 ideo] igitur; 10 omnem om.; 11 vim et] vim; 12 ex- 
plicat om.; 13 neque] nec; 15 brevi] breviter; sequatur] conse- 
quatur; modo] pacto; in] modo in; 16 parentem] patriam ; parens 
qualis extiterit] in parentes quales extiterint; 17 cognovistis] 
cognoscitis; 18 rettulerit] retulit; 19 aliquantum] aliquantulum; 
22 reponit] remittit; pacto] modo. 

P. CLXIV, 1: adnuisset] innuisset a m. pr.; admonuisset a 
m. sec. ; 2 hoc] id; 4 item om.; 5 sequeris] insequeris ; plerumque 
atque] immo; 7 enim om; 8 antea] ast ea; conrectione] correctio- 


Cornificius. | 473 


nem; 9 non] nonne; igitur satius est] igitur esset satius; 10 lec- 
tissimum] electissimum; 13 quom adfectatius verbum accedat] et 
cum ad electius verbum accedas; 22 occultatio] occupatio; 17 non 
scire] nescire; 18 nunc] tunc. 

P. CLXV, 1: omnium om.; 3 te rei militaris] rei mil. te; 
4 tradiderunt] tradidisti; 7 cepisse] accepisse; 9 tuas omnis] om- 
nes tuas; 10 si aut rem non pertinet planius ostendere quod] aut 
si rem quam non pertineat ostendere aliis; 11 prodest] potest; 13 
eius modi] huiusmodi; 16 quidque] quodque; 18 disiecit] devertit. 

P. CLXVI, 3: Fregellanis] fragellanis; morum] meorum; 
sermonis societas] sermonum sacietas; 5 in] et in; 11 postremum] 
extremum ; pacto] modo; 12 postremum] postremo ; 13 sic om.; 
15 utemur] utemur ea; coniunctio] coni. posita est; 18 commise- 
rationis] miserationis; 19 iteratio] reiteratio; 20 Gracchi] g°°grachi; 
domesticos] dom. hostes. 

P. CLXVII, 1: comparant| comparat; 2 pedes mater] m. p.; 
3 etiam om.; 5 redintegratio] reintegratio (similiter v. 8); 10 
valet] valeat; 12 adtulisti] intulisti; qui audit animum] an. qui 
audit; 15 in parte versus vacua add. de commutatione; 20 dicun- 
tur colloc. post. possunt. 

P. CLXVIII, 1: item — debet esse in marg.; nisi quod est 
add. post loquens; 2 et om.; 3 sapis si sapis et tamen taces] non 
tamen si taces ea re; 4 quin] quam; 5 relatione] retranslatione ; 
a m, sec. in supra lin.; convortuntur] convertantur; 5 plura] plura 
hic; 12 sola om.; 13 me] me vero; 14 inponite] impune; 15 
quidlibet semel scr.; 15 dicto] dicite; nutu om.; parebo a m. sec. 
mutatum in obtemperabo. 

P. CLXIX, 4: videtur] videatur; 5 dicat hoc modo] hoc 
modo dicat; 7 dicere] dici; 8 istud ausus es] illud es ausus; homo] 
o homo; quonam] quaero nam quo; 11 fieri] fieri aut non fieri; 
16 usu tuum fecisse etiam nunc] tuum etiam usum fecisse. 

P. CLXX, 2: set non erit] sed et erit non; 3 haec facere] 
nam facere id; nisi] nisi nobis; 10 vehementissimum] vehementis- 
sime; 11 et om.; 13 coeptum] dictum; a m. sec. inceptum; cogi- 
tatione audientium] aud, iudicio ; 14 par certatio] praecertatio; 17 
alienae domi] domui al.; 20 facti] facta. 

P. CLXXI, 1: iis] his; 2 quid] id quod; 3 datum erat ora- 
culum] or. d. erat; 4 nihil aliud autem] autem aliud nihil; 6 id 


ATA Cornificius. 


om.; nimirum capi] c. n.; 8 non om.; 9 positae] compositae; 13 
admonet] amonet; 14 eam] eam rem; 16 ut maiores] aut maior; 
16 rudere| rud. vagire; 16 appellarunt] appellarant; 17 iste in 
rem puplicam] in r. p. iste. 

P. CLXXII, 1: est utendum] ut. est; 2 eo utatur] proferat 
et raro; 6 at| an; 8 quom om.; inquiat| inquit; 9 Plagioxypus] 
plagioxippus; 10 aut bis] aut in bis; 11 aut om.; cognomen] 
cognomine; 12 conlocemus] collocamus; 13 ab] a; 15 ut si — 
significatur] id autem ab invento colligitur aut ab inventore con- 
ficitur ab invento ut si quis de Tarpeio loquens Capitolinum no- 
minet aut ab inventore. 

P. CLXXIII, 1: Libero] pro libero; Cerere] pro cerere; ap- 
pellet] appellaret; aut] aut ab; 2 dominus| dominum; Macedones] 
macedonas; 3 Graeciae] graecia; 4 dicat om.; nec tamen] non 
tam; materis| armatura; 5 eo quod] ab eo qui; 7 quod] quid; eo] 
ab eo; 8 desidiosum Martem] desidiosam artem; 9 ecficit] facit; 
aut] ab; 10 continet id quod om.; 11 Graecia] Graeci. 

P. CLXXIV, 1: aut] ab; 3 et] aut; 5 est om.; 6 omnium 
om.; 8 adsumpta] assumtam; 11 appellari] nominari; 13 vobis] 
nobis; 14 pietate pro vostra] virtute pro nostra (a m. sec. vestra); 
16 isti] mihi. 

P. CLXXV, 1: oportet] opus est; sicuti ad poeticum quen- 
dam] sic a poetis in quendam; 2 apsolutae] absoluta; 5 retinebi- 
mus] retinemus in civitate; 7 a bis om.; 10 ex om.; 11 opscurus] 
obscurior; 14 aut ab uno — unum om.; 16 matrimonii] matri- 
monium. 

P. CLXXVI, 2: ostentet] ostendat et; 3 intellegentur] in- 
telligitur hoc modo; 5 sic intellegetur] intelligitur sic; 7 spiritum 
ducebat] spiritus ducebatur; 8 superiore] snperioribus; 9 erit] erat; 
deminutus] diminutus; 11 quae| qua; 12 abutitur] abutimur; 18 
quod] quae; 19 utimur] igitur sumitur; causa sic| sic c. 

P. CLXXVII, 1: univorse] urbis maeror et; A non om.; 8 
consimilem] similem; 9 dissimilem] diss. rem; 13 plures] una aut 
plures; 13 ratione ductae] oratione dictae; 14 fungentur] fungun- 
tur; officiis] officio. 

P. CLXXVIII, 1: pecua] pecuaria; 3 nitorem] munitoremque ; 
4 ut om.; 5 prudens] imprudentem; a m. sec. in marg. illudens ; 
parcum] quam parcum ; 7 quod] quidem; 7 quod a similitudine du- 





Cornificius. 475 


citur] primo quidem duc.; 8 ait] agit; 10 ut] sicut; quempiam] 
quem impium; 10 verberarit] verberaverit; 12 nominemus] nomina- 
mus; 12 fere] formae; in marg. a m. sec. fere omnia; 13 exor- 
nationibus] orationibus; 14 exornationem] exornationes ; 15 in] per; 
17 hunc] ut hunc. | 

P. CLXXIX, 2: is optet istum maximas poenas| oportet ut 
is velit istam maximam penam; 11 item om.; 13 quaesitoris] quae- 
storis; 14 Cassi] q'. | 

P. CLXXX, 1: coniecturam] coniectura; persequi] prosequi; 
3 haec exornatio] ex. haec; 4 suum unicuique] et suum cuique; 
5 et om.; 8 offendat] offendit; quo eos om.; ii] hi; 8 aliquo in] 
cum in aliquo; 9 reprehendere videamur] reprehendi posse videan- 
tur; 10 omnibus] hominibus; 11 vostri] nostri; 12 adtribuite] tri- 
buite; culpae] culpae atque illud; 15 eorum] illorum ; omnium] 
eorum; 16 veniat] veniat; a m. sec. veniet. 

P. CLXXXI, 3: pervenisse| venisse; nam quid] quid nam; 3 
iudices] iud. in rasura; 5 non] numne; 6 non bis] num bis; hae] 
hae sunt; testibus in marg.; 7 et om.; responsum] responsum est; 
8 ne] eum nec; existumaremini] extimaremini; 10 adfuturam] afu- 
tura; 11 privatas] et privatas; 12 auspicamini] oscitamini; 13 luci 
noctem nocte lucem] lucem nocte noctem luce; 14 etiam] et; 15 
remoramini] vos rem.; 15 supra ad et a m. sec.; 15 rei publicae] 
rem p.; 20 commotum] commotam. 

P. CLXXXII, 1: constituatur] commitigetur; et] ita ut; al- 
tera- removeat in marg. scr.; iracundiae molestia] iracundia et. mo- 
lestia; 3 item] ita; si loco fit post amicitia ponitur; 4 amici po- 
nitur post tam; 5 veritatis] ver. assertores esse; 6 astutiore ra- 
tione] astute cum ratione; 7 ipsi se] se ipsi; 8 id a sec. m. supra 
lineam; audituros dicimus nos timere] auditores nos t. d.; 9 acci- 
piant] accipiatur. 

P. CLXXXIII 1: Quirites] o quir. a m. sec.; 4 spe frustra 
iam diu| i. d. sp. f.; 5 qui id] quare; est superscr. a m. sec.; 
vostra potestate] p. v.; 7 hoc] quod; hoc superscr. a m. sec.; 10 
quia supra lin.; 13 mitigabit laus] mitigabitur laude; 14 adsimu- 
latione] dissimulatione; 16 est| sit; 17 deminutio] diminutio; in 
nobis] nobis; iis] his; 18 dicimus] dicemus. 

P. CLXX XIV, 1: deminuitur] diminuitur; 2 labore] laborasse; 
5 landem] ad laudem; 6 utra igitur causa] igitur utrum causa; 7 


476 Cornificius. 


an] aut; 8 fuit] fuit hic; 9 quidem om.; defendemus] defendimus; 
13 eiusmodi] huiusmodi; 17 consequentium] sequentium ; 20 emis- 
sus] missus corr. im emissus. 

P. CLXXXV, 2: insultans] multos; cuiusque] uniuscuiusque ; 
amicos atque inimicos] in. a. am.; 5 funditus] rem publicam fun- 
ditus; 8 bestiam] bestiam iudices; 10 uno] uno in; 11 cui] cuius; 
14 huius] eius; 15 sanguinolentam palmam crudelissumam victoriam] 
s — a palma cr — a vi —.a; 16 insultabunt] insultabant ; 16 
re] rebus. 

. P. CLXXXVI, 1: aerumnas] vel vires laborem ; 2 privantur] 
privabuntur; 3 flagrat] flagrabit; 4 necessitudine] nec. aut; con- 
iunxit distrahuntur] coniunxerit distrahentur; 5 diripiuntur] deri- 
pientur; 6 iugulantur] iugulabuntur; constuprantur] constuprabun- 
tur; 7 satis rem] rem s.; referre] efferre; 10 univorsae om.; 
perspicua] perspicue; breviter om.; 12 semovens ab re] ab re re- 
movens; 13 tibi quidquam] qu. tibi; 14 sin] si; conmovere] com- 
moveris; a m. sec. commoveberis; 15 ego] est; meis promeritis] 
propriis meis ; 16 optundam] obtundam vos. 

P. CLXXXVII, 5: libro] libro diximus; 6 quod supra illa 
a m. sec.; 7 se] aut se; 8 brevi] breviter; 9 rationes om.; 10 
tota] in tota; 11 unum] unum locum; 13 iudicium velit] iudices 
velitis; 15 in cognatos] cognatis; 20 rem ponitur ante facere; 
21 non] et non. 

P. CLXXXVIII, 1: conferte] atque conferte; 2 illius] istius; 
3 familiares] familiaris rei; 5 aliis commodioribus rationibus] alii 
rat. com. ; 7 fuerit] fuit; 8 et quom] et tamen; maxume om.; 
quaesitus] qu. est; tum] et tum; 12 est occisio facta] occ. f. est; 
13 malefici loco] loc. mal; 14 audita] aud. est; 16 illius] eius; 
17 argumentis certis] argumentationibus. 

P. CLXXXIX, 1: est om.; ex om.; his] iis; uno loco] unum 
locum; 3 casu] casum; 4 ut] ut autem; postremum] extremum; 
5 potest] posse; 7 ferme] formae; 13 conmutate — quom res] 
commutare oportet qui verbis commutabitur sic cum re; 16 refe- 
retur] res eadem proferetur; 18 agetur] augeatur. 

P. CLXX XX, 2: post studiose in marg. agat; 4 quom] tum; 
6 inmutabimus] commutabimus; hoc neque] hoc quoque; 7 ante 
potest in marg. non a m. sec.; neque] nec; 9 conficitur] conficie- 
tur; 10 sermocinatione de qua] sermocinatio est, quam; 11 pla- 











Cornificius, 477 


nius] plenius; 12 ad hanc rem quod satis sit] quod ad rem hanc 
sat. est; 14 quo om.; 15 sapiens] sap. qui; 16 suscipienda peri- 
cula] per. susc.; loquetur] loquitur; 18 saluti patriae] patr. sal. 

P. CLXXXXI, 2: satis] satis a me; 2 haec acceperis quare 
si haec] hoc accepi hoc; 3 ergo] ego; 4 fugiet] fugi; 5 exsusci- 
tationem] suscitationem ; videmur] videamur: 7 et prava ratione] 
cogitatione ; 9 laudet] laudat; iudicet] iudicat; 11 subeat] fugiat ; 
12 equidem] et quidem; 13 certo] certe; omnibus om.; 15 set 
tractando om.; 16 exsuscitatione] exusitatione; 17 pluribus] pluri- 
mis; 19 dupliciter] duplicem sententiam. | 

P. CLXXXXIL 1: exornatione] exornationibus; 2 suo loco 
plura] pl. s. 1; 6 conclusioni] conclusio; 9 ut] et; 10 recedamus] 
recedemus ; 11 rhetoricae] rhetorica; tractetur] tractatur; 13 qui] 
cum; necessario] necesse erit; 15 nullum incommodum pro patria] 
nul. p. p. est inc.; 17 possunt — putandi sunt om.; 21 est ini- 
quom] in, est.; 22 conservaveris] conservaris. 

P. CLXXXXIII, 1: roget] rogat; 3 pro] et pro; 4 pro] 
vel pro; 5 hi] hoc; patriae nomen] nomen patriae; 7 naufragio] 
navigio; neminem quam] quam navem; se om.; 9 nave] navi; 10 
fuerunt] evasere; 12 hostis] hostes se; 13 amisit] unde am.; vili 
carissumam et parva] vilissima et parva certam et; 14 accepit pa- 
triam] p. acc.; 15 gloriam] gloria. 

P. CLXXXXIV, 2: decere] debere a m. sec.; periculum] ad 
periculum; 3 conprobatum] comprobatur; ii] his; ante hoc vocabu- 
lum in marg. ergo a m. sec.; 7 multo] in ullo; 10 qua de re] 
de qua; 11 libro secundo] sec. l.; 15 datur auditori] aud. d.; 16 
demovendi] dimovendi; 17 potuit] potest; 18 membrum aliquod] 
aliquod membrorum; 22 amicis] amicis te. 

P. CLXXXXV, 1: solus suis eo magis] ymagis suis solus;. 
contentionis] contentionum ; 2 illud] quod istud; 7 quo] et quo; 
8 item] ita; 10 causam similitudinis] sim. caus.; 13 candentis] ar- 
dentes; 14 item] ita; inperator] tempore; in marg. a m. sec. im- 
perator; 18 hoc modo] dici potuit hoc modo; 21 conparetur] com- 
paratur; autem est] est autem; 22 tum] tunc a m. sec. 

P. CLXXXXVI, 2: dicetur] dicitur; 6 virtutem] virtutes ; 
8 ne] nec; quidem indomitus idoneus possit] ind. qu. poss. id.; 
11 apertius] sumetur et ap.; 12 simile dicitur] similitudo; 15 ul- 
tra] ultro; sumptum om.; 16 qui] eum qui; reprehendant corr. in 


478 Cornificius. 


reprehendat; 17 eius] eos; 19 ecferatur ultra finem] ut afferant 
usque ad finem; benivolentiae] benevolentiae studium ut afferatur 
ultra finem; 20 ut ultra — studio om. 

P. CLXXXXVII, 1: dictum autem simile est] deinde est au- 
tem simile; 2 ut om.; utraque] utraeque; 3 conparata] pronuntia- 
tae sunt; 5 uti eitbaroedus] ut cytharedus; 6 pallam inauratam ] 
palla inaurata; indutus] inductus; corr. a m. sec.; chlamyde] cla- 
mide; variis coloribus] c. v.; 7 corona] cor. aurea; 9 forma] et 
forma; 10 ad — expectationem a m. sec. in marg.; populo] po- 
puli; 11 mittat] mitat; 14 item] ita o m. sec.; 16 et artium quae 
virtutis in marg. a m. sec.; 18 industrius] illustris et. 

P. CLXXXXVIII, 2: alterius] et alt.; inertiae a m. sec. corr. 
in inertia; artificis] artificii et; 3 stultitiae a m. sec. corr. ; aspec- 
tus omnium] aspectu omnem; 4 autem est] est autem; 5 proposita] 
posita; 6 in similibus opservare] item simili servare; oportebit] 
oportet; 7 referamus] afferamus; adtulerimus] attulimus ; 8 verba] 
v. quoque; 11 item] ita; 12 simul] si nives; viderunt] viderint ; 
14 si qui] si quis; 14 et inanimas om.; 14 eloquentes] loquentes ; 
15 et] caelestes; artificiosas et] artificiosas. 

P. CLXXXXIX, 1: conparatas] operatas; 2 venari] vene» 
rari; 5 confertur] conferetur ad ipsum quod feretur; 7 praeteriti] 
pti; 13 dicam] dictu; 15 demonstrassemus] demonstravissemus; 16 
similitudine] similitudinem ; noluimus] nolumus; 17 nec re] corr. a 
m. sec. in neque re; 20 laudis a m. sec. in margine; aut vitupe- 
rationis causa] causa aut vit.; 21 inibat] ibat. 

P. CC, 1:'similis in marg. ; aut — contemptionem om.; in 
marg. & m. sec. post vituperationis: causa tribus modis ut in odium 
aut in invidiam aut in contemptionem adducat; 3 qui om.; 4 den- 
tibus aduncis] ad. dent.; aspectu rabido spiritu venenato] a. ven. 
sp. rab.; 5 circuminspectans] circumspectans; 7 in om.; 8 iactans] 
iactat; 9 depressus] deprehensus; 9 oneratus] ornatus corr. a m. 
sec. ; deierat] delirat; 10 ut in contemptionem] et contemnitur, 
corr. in marg. a m. sec.; 10 cochlea] coclea. 

P. CCI, 1: quoquo modo ut sit tutus cum domo sua] cum 
domo sit totus; 3 ecfingitur] effigitur; 4 ad om.; 5 canum om.; 
8 quom] tum; 12 pecuniae gloriosum] pecuniosum; 13 inquias] 
inquies; 14 intueatur] intuetur corr. a m. sec.; 15 videtur dicere] 
dic, v.; darem] dare vobis locum mibi; molesti non] non mihi mol.; 








Cornificius. 479 


16 sublevat] sublevavit; 18 hunc] nunc; ego om.; vos non arbi- 
tror] sed vos arbitror non novisse. 


P. CCII, 1: at om.; 2 turbent] perturbent; 3 audiunt] au- 
dient; seligi] elligi; 4 ab] ut ab; 6 falso choragium] chor. falsae; 
8 numerentur] numeretur; 9 alios mittas] illo mittas plures; 10 
duc tecum] tec. d.; 11 casu veniunt homini hospites] ven. casu 
hosp. hom. ; 12 quos iste splendide dum  peregrinabatur invitarat] 
qui istum receperunt dum peregrinaretur; 13 homo hercle sane] 
sane hom. h.; 14 quom — fecissemus in marg.; venitis] venistis; 
15 recta abissetis] via recta venissetis. 


P. CCIII, 1: id fecissemus post illi punctis notata; 2 ite mecum] 
euntem illum; 3 huius — frumenta in marg.; 12 homini] huic h.; 
in rem] clam; iam om.; 13 inquit] inquit est; 14 decuma] de- 
cuma hora; 15 conicit] se coniecit; quo iusserat] qua dixerat ; 
17 postero] postera. 


P. CCIV, 1: eos om.; 2 deerasse] toto deerasse; 5 conpararat] 
comparat; hospites domum] d. h.; 7 puer argentum] arg. p.; 8 
commodarat] commodaverat ; apage] apage te; 9 tametsi] etsi; 10 
ego] ergo; 12 ecficit] efficiat; 14 naturae om. i 


P. CCV, 4: tres] quinque; 4 homines] hominem; 6 inquit iste 
beatus] iste beatus inquit; 6 qui non] quin; 8 uxor] sed uxor; 9 
quae tibi] ea quae; dulcissima sunt] s. d.; 11 te esse hominem] 
h. te esse; 12 quin] at ille quin; 13 abibo] abibit; 13 illi] iustum; 
corr. in illi istum; 14 istum om.; 14 cum] ex; 15 Gorgiae] Gor- 
gia; pediseco] pedissequa; 16 adulescentia] adolescentiam suprascr. 
ad; sit] perducas. 

P. CCVI, 1: ades] sedes; 4 verebar] verba dabat metuebam ; 
iudicio] in iud.; 5 mecum] tu mecum; superare] et sup.; 6 vis] 
me vis; occides equidem] occidar quidem; 7 ut] at; et om.; sen- 
tentias eloqueris a m. scr. corr. in sententiose loqueris; 9 quidem 
ille] iste quidem; 10 examplexare] amplexare; 11 tu nunc] nunc 
tu; quin] quid; in marg. cur; 13 ad citam in marg. adscr. adimere; 
14 morte eripere] e. m.; 15 ab se] ad se. 

P. CCVII, 1: ilius virtute esset| esset ill. v. (hoc in marg.); 
2 datum] datos; 2 sermonem] sermones ; 3 adcommodatum] accommo- 
datos; 4 opservare] conservare; 5 iudicaritis] iudicaveritis; 9 forma 
ei et oratio] formata et oratio ei; 11 mittat] emittat; loquatur] 


480 | Cornificius. 


loquetur; 12 tropaeis ornata] orn. trophaeis; 12 ante certissumis 
in marg. clarissimis; 18 vostros] nostros; utatur] utetur. 

P. CCVIIL 4: exornatio] conformatio licet; res inmutas] mu- 
tas res; 4 inanimas corr. ex inanimatas; 5 transfertur] transfe- 
ratur; sed] tamen; 6 commiserationis] commiseratione; 7 res om.; 
7 quam positum est] quam sit positum; 10 est dictum] deinde; 11 
testum quo] testam qua; 12 quom verbum potest om.; 14 tantum 
supra in scr. a m. sec.; 17 item] ita; 19 animum advorterimus] 
animadverterimus. 

P. CCIX, 3: cubitis emungi] cubito se emungere; 4 praeci- 
dimus] praecidamus; 6 domi] domui; 7 adlata] collata; dicimus] 
dicemus; 8 ea] ex ea; 9 frequentia in marg.; fretus] fretus a m. 
sec.; affectus a m. pr.; inulti iacent Gracchi] stultitiae C. graci 
memento; 11 ipso] ipsum; 14 Thasi] tasii; corr. a m. sec. in 
tarsii; 15 Lysimachiam] bitiniam. 

P. CCX, 1: quodam] quondam; is] tribunus; erat civitatis] 
civitatis erat; 2 dictus] d. et exul; et populi Romani] et apelorum 
prostermo (corr. in postremo); consul factus est] factus est consul; 
6 sinit] sinet; 7 res exprimitur] exp. res; 9 ante et post] ante 
rem et post rem; facta erunt] er. f.; 10 circuminstantibus] circum- 
stantibus; 11 aspexit] prospexit; 12 auctoritate] auct. senatus; 13 
sententia] a sententia; iste] ipse; 14 e] ea; 15 stans] sudans; 15 
contorta toga] cum toga torta. 

P. CCXI, 1: quod erat in foro] quoddam; 2 dextera] dextra; 
idem] item; 3 inciperet] incipit; cursim] cursui; 4 alius] alii; con- 
meant] convolant; fusus om.; 5 non om.; 6 coepit in marg.; 7 
spumans| pumant; 7 scelus] reiciens; intumo] infimo; 9 neque] nec; 
constiterat] consisteret; 10 nulla voce delibans insitam virtutem] 
nullam vocem edens insita virtute; 12 fexisset in marg.; circum- 
inspectans] circumspectans; 13 hilare] ilaris. 

P. CCXII, 1: re] re et; enarrationibus] narrationibus; 2 pro- 
ponit] prope ponit; 3 elocutionis] locutionis ; 5 dicundo] loquendo; 
6 oratorie] oratione; 7 ecferatur] proferatur; 8 agitur] agetur; 
9 consequamur] consequemur; 11 quis quicum] cum quibus; 11 
exerceatur] exerceantur; habeat] habent; sibi diffisus sit] si diffi- 
dunt sibi; 12 nescius] si nesciunt; 12 debeat] debeant; quae a] 
quia; 13 exercemur] nos exercebimus; 15 confirmavit] confirmabit. 

P. CCXIII, i: etsi] etiamsi; pervenerimus] perveniremus; 2 


Cornificius. | 481 


quo] ad quod; 3 sequamur] sequimur; 6 oporteret] oportet; dictum] 
deinde; conveniret] convenit; 8 qua] qua via; possemus] possimus; 
9° perfecta elocutio] perfectae locutio; conpararetur] comparetur ; 
sequemur] sequimur; 12 eloquemur| eloquimur; 13 rationes] ora- 
tiones; consequemur] consequimur; 14 exercitationis] ex laus deo. 
Amen. 


Il. 


Antequam ad alteram partem ipsam transeamus, nonnulla prae- 
mittenda videntur. Ac primum quidem de codicibus Cornificianis 
quos solos sequi debeamus res non tam certa est, quam apud 
multos alios antiquitatis scriptores, Etenim Kayserus in universum 
prorsus sano usus iudicio in editione sua maiore tres vel potius 
quattuor codicum familias distinxit, unam optimorum ,,quae tamen 
passim librariorum vitio obscurata aut visa certe corruptionem tu- 
lisse duorum, qui medio aevo ‚extiterunt, criticorum conatibus 
temptata est alterius indocti et inelegantis, alterius doctioris neque 
inficeti ; hic locis, quibus corrigendis tralatitia Latinitatis cognitio 
sufficit, saepe recte medetur. Ab illo rudiore secunda familia con- 
stituta est; exemplum, quod ad suum captum refingebat, easdem 
habuit lacunas quas nostri primae familiae libri; quem doctiorem 
appellamus, pleniore codice utebatur et non nusquam meliora offerente 
quam illi hodie praestantissimi; sic accidit, ut quae inde derivata 
est volgaris recensio, etsi plerumque non sit commendabilis, tamen 
aliquoties auxilio venerit nobis in utraque potiore familia haeren- 
tibus* (p. XVII praefationis) His tribus generibus accedit quartum 
mixtae originis ,quorum diogdwraì ex libris’ diversis novam re- 
censionem instituerunt (p. XX) quam ne ipsam quidem prorsus 
neglegendam esse K. p. XXI ostendit, Haec etsi non ab omni 
parte probanda videntur, tamen Halmius nimis vituperavit Kay- 
serum in mus. Rhen. XV, 536 contendens, solos primae familiae 
codices esse respiciendos. Cuius sententiam certissimis argumentis 
refutatam esse puto a Spengelio in eiusdem mus. Rhen. XVI, 391. 
Atque etiam Simon, qui post Kayserum codicum scripturam accurate 
et diligenter examinavit in programmate, quod prodiit Schweinfurt 
1863, et paullo aliter de corruptelarum origine statuendum esse 
existimavit, tamen facere non potuit, quin profiteretur, nonnulla 
melius esse servata in tertia, quam in prima familia, Pagina enim 

Philologus. XXXVI. bd. 8. ° 31 


482 Cornificius. 


octava: anders, inquit, ist das verhdliniss der handschriften in be- 
zug auf diejenigen verschiedenheiten, welche sich nicht aus der be- 
sonderen beschaffenheit des gemeinschaftlichen urkodex erklären lassen, 
‚sondern vielmehr in jenen beiden abschriften desselben, als den 
stammcodices der ersten (beziehungsweise zweiten) und dritten. fa- 
milie ihre quelle finden. Hier hat die dritie klasse, weil 
ihr stammcodex sorgfältiger, als der der ersten, co- 
pirt war, gewöhnlich das richtige, wo die erste ver- 
schrieben ist. Et pergit p. 9: daraus folgt, dass die ersie 
familie als im ganzen der urhandschrift näher stehend die einzige 
grundlage der textkritik bilden muss. So lange diese für 
sich betrachtet ausreicht und ungezwungen einen ver- 
nünftigen sinn bietet, bleiben alle andern handschriften ausser 
betrachi und werden etwa nur die offenbaren schreibfehler aus jün- 
geren handschriften verbessert. Cum hoc viro consentit, qui no- 
vissimo tempore de his rebus scripsit, Króhneri in libello de rhe- 
toricis ad Herennium, Regimonti 1873 !). Res igitur sine dubio 
ita comparata est, ut si certis causis adducimur, pravam esse scriptu- 
ram primae familiae, libri tertiae familiae et mixtae originis non 
sint neglegendi, quod semel bic dixisse sufficiat. 

Alterum est, quod Kayserus in aflerenda scripturae disere- 
pantia non semper eam praestitit curam, quae in tali re necessaria 
nunc merito habetur. Hoc ea quidem re excusare licet, quod in 
tot codicum scripturis enotandis inter se comparandis denique af- 
ferendis facillime error fieri, facillime taedium atque defatigatio in 
bis minutiis exbauriendis viri animum obruere poterat, ut interdum 
aliter, atque debebat, de codicum variis corruptelis referret. Sed 
tamen si quis opera tali modo parata uti vult, perincommode ac- 
cidit, quod non semper eis, quae scripta sunt apud Kayserum, con- 
fidere licet. In eandem sententiam. Simon p. 13: Kayser’s ia- 
quit var. lecti. gibt manches ungenau, manches auch geradezu falsch, 
was um so tadelnswerther ist, wenn auf solche falsche lesarten hin 
sogar ünderungen im texte vorgenommen werden. lam nonnulla 
afferam, ex quibus appareat, non iniuria nos has protulisse querelas, 
atque in talibus me rebus continebo, quae dubitationem per se ipsae 
movent nullis aliis subsidiis adhibitis, sed me haec quidem ommia 


1) Cfr. nunc etiam I. a Destinon, de codicum Cornificianorum 
ralione Kiliae 1874. 








Cornificius. 483 


afferre mihi in animo est; neque enim id ago, ut vituperatione 
quanta possim, maxima Kayserum afficiam de scriptore optime 
meritum. 

In praefationis p. XV dixit Kayserus hp carere principio 
usque ad verba tria sunt tempora, quae leguntur in initio capitis 
sexti. Sed attente scripturae discrepantiam in editione eiusdem 
viri docti perlegenti fere triciens occurret p codicis commemoratio, 
antequam ad illa verba ventum est. Miranti quid hoc rei esset 
ecce supervenit tamqnam Oedipus Simon, qui haec scripsit p. 15; 
cod. Paris. lat. 7714 geschrieben im zehnien jahrhundert, wie es 
scheint. Nur blatt 1 der ursprünglichen handschrift fehlt und ist 
von einer hand des zwölften jahrhunderis nachge- 
tragen; die alte hand beginnt blatt 2 de insinuatione et 
tribus temporibus principii. Tria sunt tempora qui- 
bus. Simile est, quod p. 9, v. 1 editionis Kayserianae dicuntur 
tres fere versus deesse in codice e et tamen statim subiungitur 
scriptura veritate etiam ex e probata; p. 38, 4 malivolos dicitur 
exbibere prima familia, ex he autem maledictos affertur; p. 30, 7 
varine scripturae e codicibus afferuntur: intellegantur h, inielle- 
gatur w, intelligitur 0 3, intelligatur c; huius autem verbi ne 
minimum quidem vestigium apud scriptorem apparet; p. 100, 11 
emnes codices dicuntur habere et mazime, tamen ex prima familia 
affertur scriptura: sed maxime; 124, 9 haec leguntur: „disput. 
(om. cett.) 1, 2 disp. om. r;* quae omittantur, bis verbis non do- 
cemur. Omnibus eis, qui infra statim afferentur, locis partem tan- 
ium parvam codicum nominavit Kayserus, its ut quod in ceteris 
longe plurimis legatur prorsus nesciamus. Quod quo melius intel- 
legatur, primum verba ipsa scriptoris afferam K litera apposita, 
tum eos paucos codices indicabo , quos Kayserus commemorat, de 
ceteris omnibus singulis locis tacet. P. 3, v. 3 editionis Kayse- 
riange : tamen tua nos K o?, tua nos tamen z, tua tamen nos 6; 
p. 9, v. 11: in quibus K cum septem libris, quid in ceteris le- 
gatur, non dicit; p. 10, 7: his rebus nos K cum sex libris; p. 13, 
4 suspitionem K cum sex libris; p. 13, 18: sint K cum 1,afvb; 
(num ceteri sunt?); p. 14, 12: fiet K erl?, est I've’; p. 19, 10: 
quo seiius K lob; p. 20, 14: corio K k, culleo n; p. 25, 7: 
sine iudicie a fiio K hemmo; p. 27, 9: est iudiciale K 3; p. 
33, 2: rem transigendam K cum octo ex deterioribus; p. 36, 1: 

31° 


484 Cornificius, 


ab testibus K a!o!; p. 36, 18: possit K hir; p. 37, 18: faci- 
nus esse K hwo; p. 37, 19: ab rumoribus K vo'elv aut rum. h; 
p. 40, 2: sint K cum septem libris; ibidem: ab scripto K ea; ad 
scr. h; p. 42, 2: partes iuris K hac; p. 44, 4: id quod K hp!z 
idque ep*u!to; p. 50, 17: conferetur K a'ob, confertur epa*g! de- 
fertur h transfertur nt; p. 51, 5: peccasse confiteatur Khea!ft con- 
fitetur (num infinitivo peccasse omisso?) er confiteretur hp’; vides h 
bis commemoratum ; p. 54, 6: potuerat K bp rb, poterit mal, po- 
terat ak; p. 58, 15: sint, plura dicimus K, sunt ct plura. sunt 
dic. e, dicemus ut; p. 72, 4: neglegentius Kza, neglentius pu, 
diligentius ul; p. 72, 12: dicat Ka’, dicant x; p. 76, 19: osten- 
dimus Ke, ostendemus decem libri; p. 79, 9: lacruma K, lacrima 
he; p. 85, 11: ab nulla K ekanb; p. 88, 13: argumentationis 
artificiose tractandae K ho, artificiosae tractanda e tractandae ar- 
tificiose r; p. 96, 15: nobis K, a bonis h, a nob. om. o (utrum 
scripta est praepositio in libris annon?); p. 100, 13: moderatio de- 
clamationis K ex coni, Schuetzii, exerc. imitationie 1°k, ex im. et 
declam. vo°; p. 103, 3: animus K pu?f, ac animus a, eius animum 
rv animus eius 0; p. 103, 10: suavitati Kt, suavitate he; p. 107, 
8: stantis K cum quinque, stantem p*og?; p. 107, 20: dexteri K 
hzuat; p. 110, 11: possunt K h; p. 111, 1: quo setius Ku? ob; 
p. 112, 15: trinum K ex coni, tricenum pal, tricentum o, trice- 
norum |), triginta pal!; p. 127, 4: cum vero scribunt Ke, cum 
sor, h; p. 131, 11: sese Khe, si b; p. 155, 13: simul ea Ku?, 
eas x (simul adverbio omisso??) simul . . p; p. 159, 5: dicimus 
Kheptr dicemus aliquid 0'd al. dicemus o; p. 162, 4: huiusmodi 
Khg; p. 168, 13: vobis et vestrae condono potestati Ku?; prae- 
terea variae scripturae afferuntur ex bu'p!p?z; p. 171, 4: nihil 
aliud autem Khp'x, nihil al. p*, vero nihil 1°; p. 171, 16: appel- 
larunt Kher, appellavere 0; p. 180, 1: persequi K ex coni. Lamb, 
consequi togl®; p. 189, 5: maleficia Kh, maleficio d, maleficium 
vo?; p. 192, 22: conservaveris Ka?cgg; p. 200, 5: circum in- 
spectans Kru; p. 203, 2: secuntur Khabg, sequuntur r; p. 204, 


a 
12: ecficit K ex coni.; efficiet u; p. 206, 15: ab se K eu!bdup!; 
p. 212, 15: confirmavit Kl*9°d, confirmabat e. Haec sufficiant, 
quamquam alia multa exempla afferre possum, ubi de scripture vel 
optimorum codicum prorsus incerti simus, 














Cornificius. 485 


Singulis quibusque locis, de quibus iam sumus disputaturi, 
praemisimus verba Cornificii, qualia repraesentavit Kayserus in 
editione maiore, 

I, 1, 1. Tua nos, C. Herenni, voluntas commovit, ut de ra- 
tione dicendi conscriberemus, ne aut tua causa noluisse aut fugisse 
laborem nos putares. Pronomen, quod est nos, tam variis locis 
in codicibus collocatum invenimus, ut de interpolatione suspitio 
facile oriatur: plerique habent: fugisse nos laborem, alii fugisse 
laborem nos, alii nos fugisse laborem , Monast. tua nos causa no- 
luisse, g denique omittit pronomen, quod verum puto. Neque ne- 
cessarium fuisse addere, multi loci Cornificiani comprobant veluti 
Il, 17, 25: si qua spes erit. usui futurum, si sine supplicio disces- 
serit , Il, 25, 39: necesse est, quoniam pallet, aegrotasse; necesse 
est peperisse , quoniam sustinet puerum infantem , III, 6, 11: aut 
officio facere (sc. dicemus) III, 6, 12: quoniam norint, pauca de 
nequitia eius diciuros. Denique II, 27, 43: ut si quis, cum accu- 
setur ambitu magistratum petisse, ab imperatoribus saepenumero 
dicat apud exercitum donatum esse. Sic optimi libri cum secunda 
familia et Monasteriensi nisi quod in ep!z dicat errore librariorum 
excidit. In deteriorum nonnullis interpolatum est se post donatum, 
in aliis ante donatum, falso K in maiore editione scripsit: apud 
exercitum se donatum esse, in editione autem minore ex Baiteri 
coniectura se saepenumero. Eadem est ratio loci IV, 5, 8: qua re 
unius alicuius esse similem satis habebit, quem in editione minore 
K contra primam et secundam librorum familiam sic scripsit: esse 
se similem. Pronomen interpolatum esse vel ex eo apparet, quod 
in edd. deterioribus varie collocatur: esse se similem, se esse si- 
milem, se alicuius esse similem, se unius alicuius etc., se alicuius 
8e esse similem. | 

I, 3, 4: divisio est — per quam exponimus, quibus de rebus 
simus dicturi. Ita babet praeter secundam familiam is primae, 
qui proxime ad illam accedit, uw; contra ek qui sunt primae familiae 
cum multis aliis: simus acturi, quod ob eam causam cum Klo- 
tzio praeferendum videtur. 

I, 4, 7: quoniam "igitur docilem attentum benivolum auditorem 
habere volumus. Melior est auctoritas eorum codicum, qui ita verba 
collocant: auditorem volumus habere. 

1, 5, 8: benivolos auditores facere quatiuor modis possumus: 


‘ 486 Cornificius. 


ab nostra ab adversariorum nostrorum, ab auditorum persona, ab 
rebus ipsis. Nescio cur K solorum v et b codicum auctoritate 
fretus, quibus nunc sane Monast. accedit, ab rebus scripserit, cum 
ceteri habeant a rebus. Quamquam enim concedendum est, saepius 
Cornificium ab forma ante litteram r uti, tamen non desunt ex- 
empla alterius formae ante r scriptae: III, 21, 34 omnes cdd. 
babent a regibus Marciis et IV, 55, 68: aut a rebus consequen- 
tibus. Ne id quidem, quod scripsit K: ab nostra, pro a nostra, 
satis certum est. Loco simillimo, qui est Ill, 6, 1 recte haec po- 
suit K in editione maiore: in huiusmodi causa principium sumetur 
aut a nostra, aut ab eius de quo loquemur, aut ab eorum qui au- 
dient persona, aut ab re; quamquam ibi ab nostra nonnulli habent 
cdd. ex deterioribus, quorum auctoritatem immerito secutus est K 
in editione minore. Ac ne quis putet, ideo bunc virum doctum 
postea sententia mutata ab nostra scripsisse, quod hoc magis ad 
usum Cornificii accommodatum videatur, ego numeravi undeviciens 
a unte n positum a scriptore, qualia eius verba K in editione ma- 
iore repraesentavit, ter tantum ab. Ex illis autem locis decem et 
novem quattuordecim omnium codicum auctoritate firmantur, uno 
loco qui est II, 17, 26 optimus Parisinus cum altera manu Bam- 
bergensis libri habet ab nobis, ceteri omnes a nobis; IV, 5, 8 
scriptura a nomine non prorsus constat, sed nullus codex habet ab 
nomine; tribus qui restant locis: Ill, 6, 11 a nostra (bis scri- 
ptum) et IV, 56, 69: a nobis etsi libri non consentiunt, tamen 
meliorum auctoritate a sine dubio commendatur. Ex tribus autem 
locis, ubi K ab formam recepit, unus est de quo nunc loquimur, 
valde incertus, cum ex annotatione Kayseri non liqueat quid in 
optimis libris scriptum sit. In verba scriptoris ipsa recepit K ab 
nostra, in annotatione ex robg!?v et Oudendorpianis quinque affert 
ab nostra, ex ar a nostra persona, quod de r certe verum esse 
non potest, si quidem antea eum ab nostra habere recte refertur, 
qui autem codices babeant a nostra tacetur; si ex silentio Kayseri 
aliquid concludere liceret, in optimis et plurimis ita legi putandum 
esset. In verbis, quae statim sequuntur: ab nostra persona codices 
variam scripturam non habere videntur, si credimus Kaysero; sed 
Trossius ipse ex suo codice, quem K r litera signavit, a nostra pro- 
tulit, quocum Monasteriensis consentit. Tertius denique legitur IL, 
16, 28 ubi h qui est inter optimos cum e et Monasteriensi habet 





Cornificius. 487 


a natura. Quodsi ex his exemplis certam aliquam legem statui 
posse putabimus, usum ab formae ante m literam a Cornificio om- 
nino alienum fuisse nobis iudicandum erit. 
(Continuabitur.) 
Monasterii. P. Langen. 


Zu Ovidius. 
Ov. Metam. III, 44: dispieit omne nemus. 
So liest Haupt, dagegen Merkel despicit. Letzteres ist das richtige; 
denn da eben die gewaltige grósse der schlange beschrieben worden 
ist, so ist es natürlich, dass sie mit der grósseren hälfte des leibes 
emporgerichtet den ganzen wald überschaut und auf die büume 
berabblickt; dispicit würde bedeuten, dass sie den hain durchspäht, 
wozu aber keine veranlassung vorliegt, da die wasser holenden 
Phéniker in unmittelbarer nähe der grotte sich befinden. 
Ov. Metam. XV, 746: 
quem marte togaque 
praecipuum non bella magis finita triumphis 
resque domi gestae properataque gloria rerum 
in sidus vertere novum stellamque comantem 
quam sua progenies. 
Der dichter ergeht sich mit ziemlichem wortschwall in aufzählung 
der verdienste Cäsars und wiederholt mehrmals denselben gedanken: 
mit marie togaque weist er auf die kriegerische und friedliche 
tüchtigkeit des Cäsar hin und fügt hinzu, weniger die siegreichen 
kümpfe und die politische verwaltung der republik properataque 
gloria rerum  hütten seine vergótterung  herbeigeführt als die 
adoption des Augustus. Dass die worte bella finita triumphis dem 
marie und resque domi gestae dem fogaque entsprechen, sieht jeder- 
mann ein; was soll aber der zusatz properataque gloria rerum — 
und der beschleunigte thatenruhm? Geht diese bezeichnung auf 
die kriegsthaten allein oder fasst sie beide zusammen? Jedenfalls 
bleibt rerum unverständlich, während der ganze ausdruck wahr- 
scheinlich auf die kurze aber thatenreiche lebenszeit Cäsars zu 
beziehen ist. Da in v. 752 —58 nur auf die kriegsthaten bezug 
genommen wird, so künnte man fast vermuthen, dass v. 748 in- 
terpolirt sei. 
Sprottau. C. Hartung. 





XIX. 


Die quellen für die nachrichten der alten historiker 
über die Diadochenkämpfe bis zum tode des 
Eumenes und der Olympias. 


(S. oben p. 305). 


1. Die unruhen in Babylon. — Erste vertheilung der 
satrapien. 


Ueber die wirren in Babylon unmittelbar nach Alexanders tode 
haben wir einen ausführlichen bericht nur von Curtius (X 6—10) 
und Justin (XIII 1—4). Vergleicht man zunächst die ansichten 
und vorschlüge der feldherrn über die thronfolge, so stellt sich ein 
merkwürdiges verhältniss heraus.  Uebergangen sind bei Justin 
Nearchus, Aristonus und Python. Was Justin ferner unter Melea- 
gers namen anführt, findet sich bei Curtius zum theil als Ptole- 
maeus ansicht, zum theil als die Nearchs. Es kommt hinzu, dass 
Meleagers worte bei Justin einen inneren widerspruch tragen. Denn 
zuerst eifert Meleager ganz wie Nearchus bei Curtius dagegen, 
dass man auf einen könig warten solle, der erst noch geboren 
werden müsse, obgleich doch thronerben da würen!). Er stellt es 
denn frei, den sohn der Barsine, wie Nearchus bei Curtius, oder 
Arrhidaeus zu wählen. Weiterhin führt Meleager bei Justin als 

1) Justin 2, 6 neque expectandum dum reges nascerentur, cum iam 


genitis uti liceret. Curt. 6, 11 expectari nondum ortum regem et qui 
tam sit, praeteriri, nec animis Macedonum convenire nec (tempori rerum. 








Zur zeit der Diadochen. 489 


grund zur verwerfung des sohnes der Roxane seine persische ab- 
kunft an, ohne dabei zu bedenken, dass dieser grund ebenso gegen 
den sohn der Barsine spricht. Bei Curtius dagegen folgt die rede 
des Ptolemaeus; dieser verwirft richtig beide, sowohl den sohn 
der Roxane als den der Barsine, der persischen abkunft wegen ?). 
Hieraus folgt unzweifelhaft, dass Justin zwei reden in eine zusam- 
mengezogen hat; zugleich aber auch, dass man aus dieser differenz 
beider autoren noch nicht auf verschiedene quellen schliessen darf. 
Es liegt eben nur eine bei Justin nicht ungewöhnliche confusion 
vor. Hiervon abgesehen finden sich zwischen Justin und Curtius 
folgende differenzen : 

1) nach Curtius (6, 9) ist Roxane bei Alexanders tode im 
sechsten, nach Justin (2, 5) im achten monat der schwangerschaft ; 

2) Meleager tritt bei Curtius unter heftigem protest gegen 
die wahl des Perdikkas ab und geht offen zu den phalangiten 
über (6, 20—24); bei Justin dagegen wird derselbe mit Attalus 
von den rittern abgesandt, um die phalangiten zu besänftigen, und 
bei dieser gelegenheit verrathen beide die sache der ritter (3, 2). 
Es kommt hinzu, dass in diesem punkte Diodor genau mit Justin 
übereinstimmt *), wodurch diese differenz entscheidend wird. 

3) Nach Curtius 8, 2 ff. will Meleager den Perdikkas ermorden 
lassen, während bei Justin 3, 7 diese absicht Attalus zugeschrieben 
wird. Es ist überhaupt zu bemerken, dass Attalus bei Curtius gar 
nicht genannt wird. 

4) Nach Just. 4, 1 geht Perdikkas aus freiem antrieb in die 
versammlung der phalangiten und bewirkt daselbst durch die macht 
seiner rede, dass diese ihn zum führer wählen. Abgesehen von der 
unwahrscheinlichkeit dieser nachricht ist dieselbe auch sonst den 
übrigen berichten widersprechend. Denn bei Curtius werden zwei- 
mal gesandte von den phalangiten zu den rittern geschickt, bevor 


2) Curt. 6, 14 est cur Persas vicerimus ut stirpi eorum serviamus; 
Justin 2, 9 Rozanen esse originis Persicae, nec esse fas ut Macedonibus 
ex sanguine eorum, quorum regna delerint, reges constituantur. 

3) Man vergleiche auch die ausdrücke Just. 8, 2, 11 legatos ad 
mitigandos eorum animos duos ex proceribus, Attalum et Meleagrum, 
mittunt, qui potentiam ex vulgi adulatione quaerentes omissa lega- 
(ione mihtibus consentiunt mit Diod. 2, 2 noécBec dntorestav npóc tods 
nslovs i» tay &Eíoua lyóvzov dvdouv..... TS ui» nos- 
ofsias ovdeuiac Enoınoavro uvsiav, tovvavtiov d' inawécag aÿ- 
Tous xi. . 


490 Zur zeit der Diadochen. 


eine einigung erfolgt 4). Es liegt hier jedenfalls wieder eine ver- 
wirrung von seiten Justins vor; was er aber zusammengeworfen 
hat, wem besonders die rede ursprünglich angehört, die er Per- 
dikkas halten lässt, ist freilich nicht mehr zu ermitteln. | 

5) Nach Justin (4, 7) veranstaltet Perdikkas die lustration 
plötzlich ohne wissen Meleagers, während Curtius gerade das ge- 
gentheil berichtet °). 

6) Die bei der lustration ergriffenen phalangiten werden nach 
Curtius 9, 18 angesichts des ganzen heeres von den elephanten zer- 
treten, während Justin. bemerkt seditiosos supplicie tradi occulte 
iubet (4, 9). Zieht man occulte zu tradi, so ist die differenz evi- 
dent; aber auch zu iubet gezogen widerspricht es Curtius angaben, 
Denn letzterer berichtet bei der ergreifung der rädelsführer, Per- 
dikkas habe gedroht, mit der gesammten reiterei und den ele- 
phanten über die phalangiten herzufallen, wenn sie die auslieferung 
der schuldigen verweigerten. Damit ist jedes occulte iubere aus- 
geschlossen. 

Wenn nun auch mancherlei von diesen differenzen von Justins 
nachlässiger art zu arbeiten herrührt, so viel wird jedenfalls übrig 
bleiben, dass man verschiedenheit der quellen bei Justin und Curtius 
constatiren kann. Es fragt sich jetzt, wie sich die nachrichten 
der übrigen schrifisteller hierzu verhalten. Erwähnt ist schen, 
dass Diodor (2, 2—3) Meleagers übergang zu den phalangiten in 
derselben weise wie Justin erzählt; damit ist aber auch schon ent- 
schieden, dass Diodor einer andern quelle als Curtius gefolgt ist. 
Auch Meleagers tud berichtet er anders als Curtius; denn nach 
diesem (9, 21) wird Meleager bald nach der lustration in einem 
tempel ermordet. Es scheint also nach diesem berichte keine be- 
sondere anklage gegen Meleager eingeleitet zu sein, während dies 
nach Diodor geschieht ®). Indes ist nichts dagegen zu sagen, wenn 
man wie Droysen (p. 35 anm.) beide berichte vereinigt. 

Die verhandlungen und die streitigkeiten bei der königswahl 
bat Diodor sehr kurz zusammengefasst: bei der schliesslichen 16- 
sung aber bemerkt er: of yugséoruros zu» avdpür Enecar avrg 

4) Dasselbe sagt auch Phot. 3 sim dsangecfedovtas 1005 dllnlows 
nollaxıs xai silos cvufaivovos. 

5) Justin 4, 7 repente ignaro collega. Curt. 9, 11 communs constho. 


6) Perdikkas énslapouevos oixsias diafolis sei samyogias eg ème- 
Boviÿy xat’ avroÿ nénowjuívov éixdiacs. 


Zur zeit der Diadochen. 491 


opovojoas. Hiermit ist Plut. Eum. 3 zu vergleichen, Dort wird 
nämlich erzählt, dass Eumenes, als die andern ritter Babylon ver- 
liessen, in der stadt geblieben sei und vermittelungsversuche ge- 
macht habe’). Somit wird Diodor unter den yagséorazo: vorziig- 
lich Eumenes verstanden haben. Der auszug aus Arrian endlich 
berichtet nur von verhandlungen, 

Das resultat ist demnach zunächst folgendes. Die kurzen 
nachrichten bei Diodor, Arrian und Plutarch können auf dieselbe 
quelle zurückgeführt werden; Curtius dagegen hat eine andere 
‚benutzt als Diodor und Justin. Fraglich bleibt, ob Diodor und 
Justin aus derselben quelle geschöpft haben; in einem punkte stehen 
beide gemeinsam Curtius gegenüber, ein anderer, der zeitpunkt der 
lustration, trennt sie. In letzterem aber weicht Diodor, wie schon 
gesagt, nicht nur von Justin und Arrian, sondern auch von Curtius 
ab. Man wird also hier eine nachlässigkeit Diodors annehmen 
müssen. Entschieden kann die frage über Justins quelle bier noch 
nicht werden; Curtius dagegen mag in diesem abschnitte eine 
quelle benutzt haben, der er schon im leben Alexanders folgte und 
die bis zur vertheilung der satrapien reichte. Denn er hätte ja 
auch mit Alexanders tode schliessen können ®), 


7) ‘Anodive nolods tiv nelav xai noòs Tas dialvosis ydtous 
énoinosy, 

8) Droysen hat seine darstellung dieser ereignisse in Babylon aus 
Curtius und Justin zusammengestellt, aber mit bevorzugung des er- 
steren. So folgt er in der wichtigen differenz über den übertritt 
Meleagers zu den phalangiten Curtius. Ob mit recht oder unrecht, 
ist erst dann zu entscheiden, wenn man weiss, wessen quelle die 
bessere ist. Entschieden falsch aber ist Droysens verfahren, wenn er 
die überlieferung Justins als in sich unglaubhaft darzustellen sucht, 
P. 25, anm. 11: „dies scheint mir minder glaublich; die versam- 
melten würden gewiss zu solcher mission jemanden gewählt haben, 
auf dessen treue sie sich mehr verlassen konnten“. Nach dem, was 
Meleager bei Justin sagt, konnten die feldherrn nicht mehr miss- 
trauen gegen ihn hegen, als gegen jeden andern, dessen meinung 
überstimmt war. Die versammelten mögen ihn aber abgesandt haben, 
weil er bei den phalangiten beliebt war. Wäre Kraterus zugegen 
ewesen, so würden sie wahrscheinlich ihn geschickt haben. Es 
ommt hinzu, dass Meleagers rede bei Justin einen widerspruch in 
sich hat, während die art und weise seines überganges zu den pha- 
langiten durch Diodors bericht gestützt wird. Also in der rede Me- 
leagers hätte Droysen den widerspruch suchen, aber nicht Meleagers 
übertritt, der in derselben weise auch anderweitig festeteht, durch 
jenes frühere, sich selbst widersprechende widerlegen sollen. Freilich 
giebt Curtius bericht mehr gelegenheit zu einer effectvollen darstel- 
lung; und dieser umstand scheint nicht ohne einfluss auf die auswahl 


492 Zur zeit der Diadochen. 


Uebereinstimmend dagegen haben Justin und Curtius einen 
punkt, den die übrigen berichterstatter bei der kürze ihrer dar- 
stellung übergangen haben. Justin 2, 14 sagt am schluss der ver- 
handlungen der feldherrn unter sich, dass für den sohn der Roxane 
vier tutores, Leonnatus, Perdikkas, Kraterus uud Antipater be- 
stimmt wurden. Dasselbe, nur genauer, berichtet Curtius (7, 8): 
Pithon consilium Perdiccae exequi coepit tutoresque destinat filio 
ex Roxane futuro Perdiccam et Leonnatum , stirpe regia genitos. 
Adiecit, ut in Europa Craterus et Antipater res administrarent. 
Tum iusiurandum a singulis eractum. Der unterschied ist nur 
der, dass dies bei Justin vor, bei Curtius dagegen nach dem über- 
tritt Meleagers stattfand. Dem entsprechend sagt dann Curtius 
nach der aussöhnung beider parteien (8, 22): ut Meleagrum tertium 
ducem acciperent. Hierauf muss wohl Leonnatus zuriickgetreten 
sein; denn er tritt überall nur erst wieder als satrap seiner pro- 
vinz auf?) 

Die hauptbedingung des vertrags war aber die anerkennung 
des Arrhidaeus als könig, jedoch mit der klausel, dass dem sohne 
der Roxane die mitherrschaft gesichert bleibe. So ausdrücklich 
Arrian und Dexippus bei Photius und fast mit denselben worten; 
auch Justin berichtet dasselbe (4, 2. 3). Diodor und Cartius 
haben die bestimmung über den sohn der Roxane nicht; ersterer 
spricht aber dann beharrlich von königen 1°). 

Die vertheilung der hauptämter des reiches giebt Photius nach 
Arrian folgendermassen an: 1) Antipater strateg in Europa; 
2) Kraterus sgocrains tc * Agbsdalov Puosdetac; 3) Meodixxar dè 
ziınoyeiv ysliugylay ns joye ‘Hopasorluv. (10 02 9$» Énsroon zug 
Evuraons Baoiebac); 4) Meleager hyparch des Perdikkas. Im 
auszuge aus Dexippus werden diese bestimmungen dahin zusammen- 
gefasst, dass die herrschaft überging auf Arrhidaeus, Roxanes sohn 
xai eig toùc Gui Ieodixxav, of xolosı rà» Maxedovwv Energo- 
mevor avioig T» coynr. Ebenso hebt Diodor nur Perdikkas her- 


der quellen Droysens gewesen zu sein, wie auch die stelle über die 
bestrafung der rädelsführer bei der lustration beweist (p. 35). 
9) Droysen p. 46. 

10) Droysen p. 31, a. 22 sagt: „der auszug des Photius aus Ar- 
rian erwähnt die klausel nicht; sie muss dagewesen sein, da es sich 
demnächst immer von „den königen‘“ handelt". Allerdings nicht in 
8. 3, wohl aber schon vorher in $. 1. 











Zur zeit der Diadochen. 493 


vor (2, 4); er heisst bei ihm Zmueinng r2; Buoselac. Mit die- 
sen worten bezeichnet aber Diodor entschieden die stellung des 
Perdikkas, wie sie später war nach Meleagers tode. Denn, wie 
aus allem hervorgeht, hat Perdikkas jetzt noch Meleager in einer, 
weun nicht ganz ebenbürtigen, so doch seine macht sehr beschrän- 
kenden stellung neben sich. Erst nach Meleagers tode bekommt 
er die unumschränkte gewalt, die durch ézipednrig bezeichnet 
wird. Diodors fehler scheint hier aus seinem bestreben, die ver- 
hältnisse so kurz wie möglich darzustellen, hervorgegangen zu 
sein. Ausserdem sagt er bei der übertragung der chiliarchie an 
Seleukus (3, 4), die dort inzagyla r&v étulowr genannt wird, 
dass dieselbe zuerst Hephaestion, dann Perdikkas und nach diesem 
Seleukus bekleidet habe. Demnach ist also auch bei Diodor Per- 
dikkas chiliarch gewesen. Freilich bleibt dabei fraglich, ob Per- 
dikkas diese chiliarchie schon zu lebzeiten Alexanders unmittelbar 
nach Hephaestions tode erhielt oder erst nach dem Alexanders. 
Das erstere könnte man aus Plut. Eum. 1 folgern. Dort heisst 
es, dass Eumenes die hipparchie des Perdikkus erhalten habe, als 
dieser in die taxis des Hephaestion aufgerückt sei. Dagegen aber 
spricht Arrian bei Photius (3) gauz ausdrücklich von der übertragung 
der chiliarchie an Perdikkas nach beilegung der streitigkeiten, so 
dass derselbe also bis dahin noch nicht cbiliarch gewesen war. 
Damit stimmt vollkommen Arrian VII 14, 10 überein!!) Viel- 
leicht löst sich der widerspruch in folgender weise. Wenn auch 
Alexander nach Hephaestions tode keinen neuen chiliarchen, der 
nach Diod. XVIII 48, 4 devregevwr xata tjv EEovoluv war, er- 
nannte, so konnten doch die hetürenreiter nicht ohne fübrer bleiben. 
Der oberbefebl über diese war aber offenbar die erste militärische 
stellung im heere Alexanders; daher konnte, wenu Alexander dem 
Perdikkas die führung über diesen truppentheil übertrug, Plutarch 
auch dieses schon mit 70éoye0%a. (aufrücken) bezeichnen, wenn 
auch nicht damit die chiliarchie verknüpft war. Mit namen nennt 
übrigens auch Plutarch im Eumenes die chiliarchie nicht (&709a- 
vovsog Hyascılwvog slg 177 ixs(vov nçoÿde 14). Somit ist es 
sehr wahrscheinlich, dass Diodor seine quelle, die neben den an- 


11) Oüxour oùdé Eliov tad Erafey dyri 'Hgoucri vog Yıliapyov ini 
Jj immo rj staspixy “Alégavdgoc, ws ui) dadlosto TO övoue tov "Hpaı- 
Gtiwvos ix mic Taksws. 





494 Zur zeit der Diadechen. 


dern bestimmungen auch Perdikkas ernennung zum chiliarchen 
hatte, sehr gekürzt hat und gleich, um alles kurz abzuthun, Per- 
dikkas spätere stellung nennt, was ihn aber nicht hindert, gleich 
darauf (3, 4) doch dessen chiliarchie zu erwähnen. Sehr richtig 
bemerkt Droysen (p. 32), dass diese stellung, die unter Alexander 
sur ehrenstellung ohne thatsächliche macht war, jetzt unter dem 
schwachen Philipp Arrhidaeus in wirklichkeit die regierung des 
reiches bedeutete, weshalb auch Arrian sagt: rà dé 7v émrçonn ENS 
Evunaons Bucidelas. Wie jedoch Meleagers stellung zu Perdikkas 
gewesen ist, bleibt ziemlich dunkel. Arrian nennt ibn nur vzaQroc 
tov HHegdixxov; Justin bezeichuet die stellung beider (4, 5) mit 
den worten: castrorum et exercitus et rerum cura Meleagro et Per- 
diccae assignatur. Naturgemäss ist, dass Perdikkas den oberbefehl 
über die reiterei, Meleager den über das fussvolk erhielt; dies ist 
mit castrorum et exercitus cura im allgemeinen bezeichnet. Was 
dagegen mit rerum cura gemeint ist, bleibt unklar; vielleicht soll 
es die oberleitung des reiches bedeuten (énszgom) 175 Badisias). 

Es bleibt noch übrig, Kraterus verhältnis zu Antipater zu be- 
trachten; de dieses auch nach der satrapienvertheilung dasselbe 
bleibt, so müssen auch die stellen, in denen dort davon gehandelt 
wird, gleich hier mit betrachtet werden. - Arrian sagt an der spä- 
teren stelle (Phot. 7) nur allgemein, die herrschaft über die völker 
jenseits Thrakien in Europa sei Kraterus und Antipater übertragen. 
Im auszug aus Dexippus dagegen heisst es, der früheren stelle 
aus Arrian (Phot. 3) genau entsprechend: ’Avzinurgog ini xaos 
Maxsdoo, xai . . . orgatnydg uvroxgutwe êréraxro. Thy dè 
zndeuoví(av xai Gon mgodracta tis Bacedelac, Kouregoc 
éxezgann. Dass Diodor (3, 2) an der späteren stelle Kraterus 
ganz ausgelassen hat, ist schon erwähnt. Justin endlich sagt (4, 
5): Macedoniae et Graeciae Antipater praeponitur; regiae pecuniae 
custodia Cratero traditur; bei der satrapienvertheilung wird Make- 
donien nicht erwühnt. Seine custodia regiae peoumiae aber mag, 
wie Droysen (p. 48 a. 67) bemerkt, ein wichtiger zweig vou 
Kraterus wirkungskreis gewesen sein. 

Es folgt die vertheilung der satrapien. Die enge überein- 
stimmung zwischen Diodor, Arrian uud Dexippus ist bereits bis zu 
dem punkte dargelegt, an welchem Photius im auszug aus Arrian 











Zur zeit der Diadochen. 


abbricht. 
diesem punkte nach. 


Diod., Arr., Dexipp.lJustin 4, 10— 16. 


Ptolemaeus. 
(Kieomenes). 
Laomedou. 


Philotas 
Python. 


Eumenes. 


Antigonus. 


Kassander (Asander). 


Menauder. 
Leonnatus. 


Lysimachus, 


Antipater. 


495 


Holen wir zunächst Justins und Curtius angaben bis zu 


Curtius 10. 


Ptolemaeus— Aegyptus|Ptolemaeus — Aegypti 
et Asiae Libyaeque| et Africae gentium 
pars. quae in ditione erant. 

cui ad tractandam pro- 
vinciam Cleomenes ad- 


ditur. 
Laomedon Mytilenaeus Laomedon — Syria 
Syria. cum Phoenice. 


Philotas — Cilicia. 


Philotas — Cilicia. 
Pitho Illyrius — Media | 


maior. 
Atropatos — Media 
minor. 
Coenos (?) Susiana 
gens. 


Antigonus — Phrygia|Antigonus — Lycia 


maior. cum Pamphylia et 
maiore Phrygia. 

Nearchus — Lycia et 

Pamphylia. 

Cassander — Caria. |Cassander — Caria. 


Menander — Lydia. |Menander — Lydia. 
Leonnatus — Phrygia|Leonnatus — Phrygia 

minor. minor. | 
Lysimachus — Thracia 

et regiones Pontici 

maris. 


Eumenes — Cappadocia|Cappadocia 
cum Paphlagonia. 


Eumeni 
cum Paphlagonia ces» 
sit, praeceptumque est, 
ut regionem eam us- 
que ad Trapezunta 
defenderet. 

Pithon — Media. 

Lysimachus — Thracia 
appositaequeThraciae 
Ponticae gentes. 


Za bemerken ist zunächst, dass die stelle bei Justin entsetzlich 


496 Zur zeit der Diadochen. 


verstümmelt ist. So beruht der name Coenus völlig auf conjectur; : 
wer aber Susiana bekam, ist aus den andern berichterstattern nicht 
zu ersehen. Justins abweichungen von Diodor, Arrian und Dexippus 
sind folgende: 1) nach Media maior ist Atropatos mit Media minor 
gleich eingeschoben. Bei Divdor folgt er erst später; 2) Eumenes 
ist bei Justin der letzte in der sufzühlung der satrapen des we- 
stens; 3) Nearchus wird nur bei Justin erwähnt. Seine provinzen 
geben simmtliche übrigen berichterstatter übereinstimmend Antigonus. 
Droysen (p. 42, a. 54) giebt Justin recht, denn „man müsste sich 
wundern, wenn der admiral, offenbar eine der einflussreichsten per- 
sonen bei hofe, leer ausgegangen wäre; seine früheren verbaltnisse 
zu Lykien und Pamphylien und die für die marine sehr glückliche 
lage dieser länder scheinen der annahme noch mehr gewicht zu 
geben“. Das schweigen der andern quellen erklärt er ferner dar- 
aus, dass Nearchus seine provinzen früh an Antigonus abgegeben 
habe, um bei der flotte in Babylon bleiben zu können. Das über- 
einstimmende schweigen wäre jedoch nur zu erklären, wenn sämmt- 
liche anderen berichterstatter aus ein und derselben quelle geschöpft 
hätten, Nun hat aber Curtius, der offenbar nach andern ‚quellen 
als Diodor, Arrian und Dexippus gearbeitet hat, genau ebenso wie 
die eben erwähnten schriftsteller die streitigen länder Antigonus 
zuertheilt. Ich glaube daher mehr, dass hier wieder einmal eine 
confusion Justins vorliegt; vielleicht war bei Trogus zu lesen, 
dass die beiden provinzen, Lykien und Pamphylien, die früher. 
unter Nearchus gestanden hätten, (Arr. Ill 6, 6) Anti- 
gonus zuertheilt seien. Die beiden andern abweichungeri betreffen 
die reihenfolge und lassen sich als von Trogus absichtlich ge- 
machte erklären. Medien, das an der grenze der westlichen und 
östlichen satrapien liegt, erhält zwei herren; der östliche theil wird 
nun bei Diodor auch erst in der reihe der östlichen provinzen auf- 
gezählt, während Justin beide Medien hinter einander nennt. Bei 
Eumenes endlich erzählt Diodor, dass dessen provinz noch nicht 
unterworfen sei. Dies unterbricht die aufzählung; deshalb mag 
Trogus ibn an das ende dieses abschnittes gestellt haben; Justin 
hat dann allerdings diese weiteren ausführungen übergangen. 
Curtius weicht mehr ab; zu anfang folgt er von Aegypten 
bis zum Hellespont der meeresküste, dann aber nennt er ohne jedes 
erkennbare princip nur noch Kappadokien, Medien und Thrakien. 








Zur zeit der Diadochen. 497 


Für die östlichen provinzen hat leider Photius aus Arrian 
nichts erwähnt ; auch Curtius schweigt gänzlich. Es bleiben dem- 
nach bloss Diodor, Dexippus und Justin übrig. 


Dexippus. Diodor 3, 3. [Justin 4, 19— 223. 
"Hoay de Gpyovrec D- Terras inter omnes Hy- 
du» piv dnavımv (Lücke). daspem et Indum Taxi- 
Ilwgos xai Tua&lins, les habebat. In co- 
&ÀX 6 piv Ilÿgos lonias in Indis con- 
o? à» plow Tov ‚ Taxiles? ditas Pithon Agenoris 


norauouxai Ydaonou filius mittitur. 
v£novıas, Taklans del 
TO) A0ınwv. 
TUF wv de ug wy tov- 
zosg Gpoowy Tycho, 
many llogonapca- 
dor. 


€ \ à 
où dé cuvamiovies Iv-|r}v dì nagd tov Kov-|Parapameson finem 


doîs, 0004 UNO 1016 
Kovxasloss 00804 vé- 
povras, 'O£vágrg 1 
Baxtofo, oc 7r'Pw- 
Eavns mario, elg ap- 
x» Ansveundnoer. 


xacov xesuévnv, 0vo- 
poboutvqy dì ITugo- 
mausadav, 7006- 
woscev OEvuorh 16 
Baxigiav@ , où tiv 


duyattoa ‘“Pwsavnr| 


Caucasi montis Oxy- 
artes accepit. 


yeyaunzws nv  AÂE-|. 


Eardoog. 


Sibyrtius — Arachosia|Sibyrtius — Arachosia|Sibyrtius — Arachossi 
und Gadrosia. und Kedrosia. Cedrussique. 
Stasanor von Soli —|Stasanor .von Soli —1Stasanor — Drancae 
Aria und Drangene. | Aria und Drangene. | et Arei. 
Philippus — Sogdiane. Philippus —  Baktria|Amyntas — Bactriani. 
| und Sogdiana, 
Sulceus Stagnor (+) 
— Sogdiani. 
. Philippus — Parthi. 
Phrataphernes — Hyr- Phrataphernes — Par-|Phrataphernes — Hyr- 
kania. thyaea und Hyrkania.| cani. 
Neoptolemus —  Kar-|Peukestas — Persis. |Tlepolemus — Car- 
mania, mani. 
Peukestas — Persis. |Tlepolemus — Kar-|Peucestes — Persae. 
mania, 
(Oropius — Sogdiana?). 
Atropates — Media. 
Seleukus — Babylonia.|Seleukus — Babylonia.{Archon — Babylonii. 
Archelaos — Mesopo-|Arkesilaus — Meso-|Arcesilaus — Meso- 
tamia. potamia. potamia. 


Philologus. XXXVI. bd. 3. 32 


‚498 Zur zeit der Diadochen. 


Dieser aufzäblung der östlichen satrapien geht bei Justin 
(g. 17) voraus: Summus casirorum tribunatus Seleuco Antioch 
fiio cessit. Stipatoribus regis satellitibusque Cassander, filius An- 
tipatri, praeficitur. Photius auszug aus Dexippus hat zwischen 
den westlichen und östlichen satrapien nur die worte: [egdfxxag dè 
vj» ‘Hpacriwvos yilsaeylay, die weder mit dem vorhergehenden 
noch dem folgenden in irgend welchem grammatischen zusammen- 
hang stehen. Bei Diodor (3, 4) folgt erst nach der ganzen auf- 
zählung die erwähnung des Seleukus, und zwar heisst es hier aus- 
drücklich, dass seine stelle zuerst Hephaestion, dann Perdikkas 
inne gehabt habe. Hierauf folgt bei ihm: öpolws de xai TaStAny 
xoi Ilwgov xvolovs sivas tw Îdiwr Pacıksıwv, xudanep avros 
°Alltavdeos qv tetayws. Hier ist zunächst öuolwg ohne jede be- 
ziehung; noch auffälliger aber ist, dass hier die indischen fürsten 
noch einmal erwähnt werden, mit denen doch ‘($. 3) die aufzählung 
der östlichen satrapien begonnen hat. Drittens kommt noch hinzu, 
dass im. anfang von 2. 3 eine lücke sein muss; wenigstens hat 
ouvog{toucay keine erklärung. Mir scheint deshalb der ganze 
2. 4 an der unrechten stelle zu stehen. Bei Dexippus wird nach 
der mit Arrian übereinstimmenden aufzählung der länder Antipaters 
über Kraterus stellung genauer als sonst wo gehandelt; es folgen 
dann jene oben erwähnten unklaren worte über Perdikkas chili- 
archie des Hephaestion. Dann erst geht er zu den östlichen pro- 
vinzen über. Ganz ebenso steht bei Justin jene oben angeführte 
stelle über Seleukus und Kassander zwischen den westlichen und 
östlichen satrapien. Es scheint daraus hervorzugehen, dass in der 
quelle die westlichen satrapien als die bedeutendsten in den vorder- 
grund gestellt worden sind; nach denselben ist im anschluss an 
die bemerkungen über Kraterus und Antipater über die wichtigsten 
reichsämter gehandelt worden; dann erst folgte mehr der vollstän- 
digkeit wegen, denn als wichtiger punkt die aufzählung der öst- 
lichen. länder, So konnte auch Photius im auszug aus Arrian 
leicht dazu kommen, nur die westlichen anzuführen. Endlich 
könnte auch bei Diodor der ausdruck im anfang der aufzählung 
der östlichen satrapien (3, 2): zac de xarà tyv Actav wagade- 
desppévai oarganeloc, darauf hinweisen, dass vorher von etwas 
andern als von satrapien die rede war. In der quelle mag also 
zunächst nach den bemerkungen über Kraterus von Seleukus chi- 


Zur zeit der Diadochen. 499 


liarchie gehandelt sein, wovon Photius worte im auszug aus Dexip- 
pus ein verwirrter rest sind. Wie nun Seleukus Perdikkas stel- 
lung erhält, so bekommt Kassander die des Seleukus; also schloss 
sich Kassanders erwähnung naturgemäss an die des Seleukus, wie 
dies auch. bei Justin zu lesen ist. Dann wird zu den östlichen 
satrapien übergegangen, vielleicht mit jenem ausdruck magalslesu - 
pévag. Nach den worten Diodors (3, 2): @22° à&v Uno rovg avroc 
ijysuovas terayuéras, schliesst sich dann ohne anstoss an (2. 4): 
‘Opotws dì xai TuëlAny xoi Ilogov xuglous sivas 10» idlwy fa- 
osıwy. So erklärt sich die infinitivconstruction, die nun wie das 
vorhergehende ia» zu #dofe gehört, während sie im vorliegenden 
texte von dem durch einen andern satz getrennten rufe» abhängig 
gemacht werden muss. Zweitens aber erklärt sich jetzt auch 
Gpolwc; denn auf gleiche weise wie die satrapen sollten auch 
die früheren könige bleiben (ourpanelag — Bacsdewv). Im zu- 
sammenhang lautet dann also die stelle: Tag de xara iv “dolar 
magaledesuptvag ourgunelag Edoke un xıveiv, GAA dv ond rovg 
avtods iysuovas tetayutvas omolws dì xal Tuklinv xai Ilügov 
xuglovs sivas zwr idlwy Puciaür, xadaneg adròs "AAEERvdgog 
7v reragwc. Mit den worten (2. 3) rovzwy dé ist dann die ge- 
nauere angabe der länder der beiden könige gefolgt, und zwar zu- 
nächst die von Porus reich, die aber ausgefallen ist, wie das fol- 
gende cuvogitovoav beweist. Damit haben wir aber auch die 
reihenfolge des Dexippus, d. h. die streng geographische von osten 
nach westen: Porus, Taxiles, Pithon. Freilich hat hierbei Photius 
das land des Taxiles dem Porus gegeben; richtig hat hier Justin 
terras inter amnes Hydaspem et Indum Taxiles habebat. Denn 
hier lag die stadt Taxila, während Porus reich erst hinter dem 
Hydaspes begann, Jedenfalls ist dies versehen Photius zuzu- 
schreiben, dessen auszug überhaupt hier sehr fehlerhaft ist. Im 
übrigen herrscht dann mit der einzigen ausnahme, dass Diodor Pi- 
thon ausgelassen hat, bis auf Stasanor in der reihenfolge wie in 
den angaben zwischen Dexippus, Diodor und Justin vollkommene 
übereinstimmung. | 

Im weiteren finden sich in der reihenfolge der provinzen zwi- 
schen Dexippus und Justin keine widersprüche, Diodor hat Kar- 
manien und Persien umgestellt und führt erst jetzt die östliche 
hälfte Mediens auf, die Justin schon früher mit erwähnt hat. In 


92 * 


500 Zur zeit der Diadochen. 


den namen der satrapen ist von Phrataphernes abwärts wenigstens 
zwischen Diodor und Justin iibereinstimmung; bei Photius dagegen 
herrscht an dieser stelle arge verwirrung. Nach Peukestas wird 
ein gewisser Oropius als satrap von Sogdiana genannt, welches 
land doch nach Photius eigenen worten Philippus erhalten hatte. 
Auch wenn man die worte: zjv dè Zoydınvav Bacsisiay "'Ogurmiog 
eiyev, auf die zeit vor der theilung bezieht, wird die stelle nicht 
klarer. Denn wer die satrapie dann erhalten hat, ist nicht zu er- 
sehen aus den folgenden worten: ênei dé ríyg us avidi ovvémtot?, 
‘ Exavacracews ulılav ypevyoru nagadutivar TIC dogs, 10TE xoi— 
vs avtay r]v aoyny eye. Es könnte höchstens der kurz vorher 
erwähnte Peukestas gemeint sein. Aber abgesehen davon, dass 
Photius dadurch mit seiner früberen angabe in widerspruch tritt, 
ist es auch an sich ganz unmöglich, dass Peukestas zwei räumlich 
so weit getrennte länder wie Persis und Sogdiana verwaltet habe. 
Mit Seleukus ist Photius offenbar in die zweite theilung gerathen. 
Vielleicht liegt in Oropius der name des Sibyrtius versteckt, der 
ja nach der zweiten theilung durch Eumenes sein land verlor. 
Endlich giebt Photius für Arkesilaus Archelaus. Die verwechslung 
beider namen ist sehr leicht; hier mag also ein handschriftlicher 
fehler vorliegen !?). 

Noch schlimmer aber steht es mit Justin 2. 23: es handelt 
sich hier um die satrapien Baktrien, Sogdiana und Parthien. Von 
diesen hat Philippus bei Dexippus und Diodor Sogdiana; letzterer 
giebt ihm ausserdem noch Baktrien. Parthien nebst Hyrkanien hat 
bei ibm Phrataphernes. Bei Dexippus sind Baktrien und Parthien 
ausgelassen. Hätten wir also bloss die nachrichten dieser beiden, 
so würde man an nichts anstoss nehmen; es hätte dann Photius 
immer nur eine provinz genannt und die andere übersehen. Nun 
hat aber Justin noch einige namen mehr. Freilich ist die stelle 
so verderbt, dass man sicheres kaum herauslesen kann. In der ta- 
belle ist bei Justin Jeeps text gegeben; es sind mancherlei emen- 
dationen gemacht, keine wohl in dem glauben, etwas sicheres fest- 
gestellt zu haben. Jeep hat sich ziemlich eng an die überlieferung 
angeschlossen; er glaubt, dass Justin an dieser stelle in die zweite 


12) Droysen (p. 51) entscheidet sich für Archelaus, weil derselbe 
schon unter Alexander strateg von Susiana war. 





Zur zeit der Diadochen. 501 


theilung gerathen sei. Dafür spricht, dass die Parther Philipp 
zuertheilt werden. Aber auch damit kommen wir nicht über die 
schwierigkeiten binweg. In Sulceus (die handschriften baben sci- 
theus, sycheus, soluceos, sulceos) steckt vielleicht der name der Sky- 
then, d. h. der Saken, der nachbarn der Sogdianer; es sind diese 
dann als anhäogsel der Sogdianer mitgenannt worden. In Amyntas 
ferner steckt wohl nur die erwähnung, dass derselbe die provinz 
Baktrien unter Alexander verwaltet habe (Arr. IV, 17, 3). Voll- 
kommen zur klarheit zu kommen ist hier unmöglich ; denn nie- 
mand kann wissen, welche confusion schon Justin in seinem aus- 
zuge gemacht hat. Dieser ist dann noch möglichst corrumpirt über- 
liefert worden. 

Arrian und Diodor stimmen, wie wir gesehen haben, in beiden 
satrapienvertheilungen sowohl im ausdruck als in der reihenfolge 
überein; und doch ist letztere in beiden vertheilungen jedesmal eine 
andere. Wenn nun Justin mit nur geringen ausnahmen bei der 
ersten dieselbe anordnung hat, so muss doch wohl auch bei ihm 
dieselbe quelle oder eine aus jener gammende zu grunde gelegen 
haben. Wichtig vor allem scheint mir dabei zu sein, dass gerade 
in der mitte zwischen den westlichen und östlichen satrapien über 
gewisse reichsämter gehandelt wird. Auch der übergang zu den 
östlichen ländern in Bactriana ulteriore et Indiae regionibus priores 
praefecti retenti erinnert an Diodors ,,gav $zó rovg avtoug 1ye- 
póvag tetaypévac (3, 2). Natürlich ist unter Bactriana ulterior 
das land des Oxyartes zu verstehen. Nimmt man dazu die anord- 
nung des gesammten stoffes und die eine übereinstimmung mit Dio- 
dor gegen Curtius bei Meleagers übertritt zu den phalangiten, so 
wird die wahrscheinlichkeit, dass Justin dieselbe quelle wie Diodor 
und Arrian benutzt hat, noch grösser. Die widersprüche sind aus 
Justins nachlässigkeit und dem schlechten text zu erklären. 

Den schluss des capitels bildet bei Diodor die bestimmung über 
die Alexanderleiche, die Justin, allerdings an anderer stelle, fast 
mit denselben worten giebt. 


Diod. 8, 5. Justin 4, 6. 
‘Ent dè tiv xataxopsdyy tod cu-|Iubeturque Aridaeus rex corpus 


arog xai thy xataoxevyy t75| Alexandri in Ammonis tem- 
upabne 175 peddovons xoulbes | plum deducere. 


502 Zar zeit der Diadochen. 
Diod. 3, 5. | Justin 4, 6. 


10 Copa tov 1zrzlevinzoros Pa- 
esÀf£ec sic “Appwva Erabay 


’Abıdaior. 


Hierbei begeht nur Justin den unsinn, den könig Philipp Ar- 
rbidaeus mit dem feldherrn Arrhidaeus zu verwechseln. 


2. Der lamische krieg. 


Dass Justin den lamischen krieg nur his Leonnatus tod er- 
zählt, ist bereits erwähnt; ebenso, wodurch er bewogen werden 
konnte, an diesem punkte abzubrechen. Die ursachen zum kriege 
stellt er richtig dar und in übereinstimmung mit Diodor und Cur- 
tius (Justin. XII 5; Diod. XVII 109. 111. XVIII 8; Curt. X, 
2) 15). Aber schon im folgenden hat Justin durch die sinnlose 
weise seines excerpirens die sachlage schief dargestellt: 2. 7. Quod 
cum nuntiatum Alexandro esset (die weigerung Athens seine ver- 
bannten wieder aufzunehmen), mille naves longas sociis imperari 
praeceperat, quibus in occidente bellum gereret, excursurusque cum 





valida manu fuerat ad Athenas delendas. Die stelle muss durch ° 


Curtius (X 2) und Diodor (XVIII 4, 4) erklärt werden. Nach Cur- 
tius hat Alexander die absicht einen rachezug gegen die Athener zu 
unternehmen, weil er glaubte, sie hätten mit Harpalus gemeinsame 
sache gemacht !4). Als er dann erfährt, dass Harpalus von den- 
selben abgewiesen sei, giebt er den zug auf, erlässt aber jenen 
befehl über die zurückberufung der verbannten. So ist auch die 
zeitfolge bei Diod. XVII 108. 109. Hierzu kommt nun das, was 


18) Zu bemerken ist übrigens, dass Diod. XVIII 86 und Plut. 
Alex. 49 aus derselben quelle geschöpft sind. Es handelt sich um 
das verhältnis der Aetoler zu Alexander. 


Diod. 8, 6. Plut. 

Kai yàg 5 Baodsds ynalnxs qv, | Eqofo)rro yàg ‘AléEardooy Altulos 
ds osx Olviadaly naidec, adi’ dà tjv Olviadiy avdoracv: Av 
avtòs Inı9'yası thy dixnv «vroig. nv9duevoc oùx Olvsaduy ign nai- 

das, dÀÀ avror Enidiossr dixyr 
Altwäoig, 


14) Curt. X 2, 2 classem parari iubet. Athenas protinus. petiturus. 


Zur zeit der Diadochen, 503 


Diodor *) unter den testamenturischen bestimmungen Alexanders 
(XVIII 4) über die rüstungen zu einem zuge gegen Karthago erwähnt. 
Diese beiden verschiedenen dinge liegen der stelle Justins zu grunde. 


Weiterhin giebt Justin die stärke des griechischen heeres auf 
30,000 mann an. Fasst man diese angabe als runde zahl, so ent- 
spricht sie dem berichte Diodors (c. 9 und 11). Letzterer giebt 
keine gesammtzahl; seine angaben sind: 


XVII 9, 1: 8000 söldner von Taenarum !5) 
9, 5: 7000 Aetoler 
11, 3: 5000 athenische zsloi xolrixol 
500 » inmnetc. 
2000 » söldner. 


22500 
Die contingente der bundesgenossen sind nicht mit aufgezählt; 
doch kann man sie unmöglich hoch ansetzen; denn mit ausnahme 
der Thessaler waren es unbedeutende staaten, und in der kurzen 
zeit konnten sie nicht mehr so grosse rüstungen machen wie die 
schon lange auf den krieg vorbereiteten Athener und Aetoler. 
Schliesslich hatten sie wohl ‘auch nicht den eifer wie jene. Mit 
ihnen zusammen mag das heer gegen 30000 mann betragen haben !), 
Neben dieser landmacht rüsteten die Griechen nach Justin 5, 8 
noch 200 schiffe aus. Sehr unklar sind hierüber Diodors angaben; 
denn nach 10, 2 beschliessen die Athener 200 trieren und 40 te- 


14) Diod. 1. c.: Xsdias ui» vads uaxoûs peilous 107007 vavny- 
yjoacdas xarà tv Dosvixyy xai Zopiavy xai Kılıziav xai Kingov nods 
mv otpatsiav rjv ini Kapyndoviovs. 

15) Dass diese zahl Diod. XVII 108 nicht widerspricht, ist bereits 
von Wesseling zur geniige dargelegt. 

16) Einen catalog der bundesgenossen hat ausser Diodor noch 


Pausanias (I 25, 4). Er zählt sie geographisch auf, beginnend mit 


dem Peloponnes: Hier hat er dieselben staaten wie Diodor, denn Epi- 
daurus und Troezen fasst Diodor unter oi ty ’.Axrjv xatosxodvres ZU- 
sammen. Im übrigen ist Pausanias ungenauer; vielleicht begreift er 
unter dem namen der Thessaler auch die südlichen völker bis zum 
Oeta und unter dem der Akarnanen auch die Leukader mit. Diodor zählt 
die bundesgenossen nach der zeitfolge auf, in der sie am kriege theil- 
nehmen (11 8. 2 &£js evvsldforto tov moléuov Kapucuos . . . téhevtaios 
dé u. 8. w.) Wenn er hierbei zu allererst die Thessaler nennt, so 
ist dies kein widerspruch gegen 12, 3 (oi dé Gerradoì ró uiv nowtoy 
Gvuuayoüyıss 10 "Avundiew . . . Vorsgoy dé ono tO» ’Adnyaiwv psta- 
Trés évrtg aginnevoay nods Aswotévny. Denn die Peloponnesier wurden 
erst zum bunde gewonnen, als Antipater bereits in Lamia einge- 
schlossen war. (Plut. Demosth. 27). 


502 Zur zeit der Diadochen. 
Diod. 3, 5. Justin 4, 6. 


10 OG TOD zereleurnxorog fa- 
orléwe els “Auuwva  Éroabay 
"Abödıdaior. 


Hierbei begeht nur Justin den unsinn, den könig Philipp Ar- 
rhidaeus mit dem feldherrn Arrhidaeus zu verwechseln. 


2. Der lamische krieg. 


Dass Justin den lamischen krieg nur bis Leonnatus tod er- 
zählt, ist bereits erwähnt; ebenso, wodurch er bewogen werden 
konnte, an diesem punkte abzubrechen. Die ursachen zum kriege 
stellt er richtig dar und in übereinstimmung mit Diodor und Cur- 
tius (Justin, XII] 5; Diod. XVII 109. 111. XVIII 8; Curt. X, 
2) 15. Aber schon im folgenden hat Justin durch die sinnlose 
weise seines excerpirens die sachlage schief dargestellt: 2. 7. Quod 
cum nuntiatum Alexandro esset (die weigerung Athens seine ver- 
bannten wieder aufzunehmen), mille naves longas sociis imperari 
praeceperat, quibus in occidente bellum gereret, excursurusque cum 


valida manu fuerat ad Athenas delendas. Die stelle muss durch ° 


Curtius (X 2) und Diodor (XVIII 4, 4) erklärt werden. Nach Cur- 
tius hat Alexander die absicht einen rachezug gegen die Athener zu 
unternehmen, weil er glaubte, sie hätten mit Harpalus gemeinsame 
sache gemacht *). Als er dann erfährt, dass Harpalus von den- 
selben abgewiesen sei, giebt er den zug auf, erlässt aber jenen 
befehl über die zurückberufung der verbannten. So ist auch die 
zeitfolge bei Diod. XVII 108. 109. Hierzu kommt nun das, was 


13) Zu bemerken ist übrigens, dass Diod. XVIII 86 und Plut. 
Alex. 49 aus derselben quelle geschöpft sind. Es handelt sich um 
das verhältnis der Aetoler zu Alexander. 


Diod. 8, 6. | Plaut. 


Kai yàp 6 BaciAsóg snegxdg qv, | KEqofo)Drro yàg 'Alétavdoor Airwloi 
de 00x Olviadaiy naides, adi’ diá mv Oinadüry dvdoraocw* A 
«v10g ins9joss Tv dixnv uvtois. nv9dutvoc oóx Olvsaddy igy nai- 

das, all’ aÿror énidnoser dixyr 
Aiwhois. 


14) Curt. X 2, 2 classem parari iubet. Athenas protinus petiturus. 








Zur zeit der Diadochen, | 503 


Diodor 14) unter den testamentarischen bestimmungen Alexanders 
(XVIII 4) über die rüstungen zu einem zuge gegen Karthago erwähnt. 
Diese beiden verschiedenen dinge liegen der stelle Justins zu grunde. 


Weiterhin giebt Justin die stärke des griechischen heeres auf 
30,000 mann an. Fasst man diese angabe als runde zahl, so ent- 
spricht sie dem berichte Diodors (c. 9 und 11). Letzterer giebt 
keine gesammtzahl; seine angaben sind: 


XVIII 9, 1: 8000 söldner von Taenarum 1°) 
9, 5: 7000 Aetoler 
11, 3: 5000 athenische zeCo? modstsxol 
500 » immetc. 
2000 » süldner. 


22500 
Die contingente der bundesgenossen sind nicht mit aufgezählt; 
doch kann man sie unmóglich hoch ansetzen; denn mit ausnahme 
der 'Thessaler waren es unbedeutende staaten, und in der kurzen 
zeit konnten sie nicht mehr so grosse rüstungen machen. wie die 
schon lange auf den krieg vorbereiteten Athener und Aetoler. 
Schliesslich hatten sie wohl ‘auch nicht den eifer wie jene. Mit 
ihnen zusammen mag das heer gegen 30000 mann betragen haben 19). 
Neben dieser landmacht rüsteten die Griechen nach Justin 5, 8 
noch 200 schiffe aus. Sehr unklar sind hierüber Diodors angaben; 
denn nach 10, 2 beschliessen die Athener 200 trieren und 40 te- 


14) Diod. 1. c.: Xedias ui» vaès uaxods ueibous t1oujpoor vavny- 
ynoa0Ias xarà wv bowixny x«i Sooiav x«i Kılıziav xai Kóngov nods 
Tr oroatsiav Tv ini Kapyndoviovs. 

15) Dass diese zahl Diod. XVII 108 nicht widerspricht, ist bereits 
von Wesseling zur genüge dargelegt. 

16) Einen catalog der bundesgenossen hat ausser Diodor noch 
Pausanias (I 25, 4). Er zählt sie geographisch auf, beginnend mit 
dem Peloponnes: Hier hat er dieselben staaten wie Diodor, denn Epi- 
daurus und Troezen fasst Diodor unter oi tZ» ’Axınv xatosxodvres ZU- 
sammen. Im übrigen ist Pausanias ungenauer; vielleicht begreift er 
unter dem namen der Thessaler auch die südlichen völker bis zum 
Oeta und unter dem der Akarnanen auch die Leukader mit. Diodor zählt 
die bundesgenossen nach der zeitfolge auf, in der sie am kriege theil- 
nehmen (11 8. 2 éf£gc ovvelaßovro tov zoléuov Kagüozsos . . . teleutaios 
dé u. 8. w.). Wenn er hierbei zu allererst die Thessaler nennt, so 
ist dies kein widerspruch gegen 12, 8 (oi dì @erraloi 16 uiv noWror 
Cuuuayodriss 10 "Avundiop . . . Voregoy dé tno tur 'A9gvaiov jsta- 
nesodivtes aginnevoay nooo Atwosevnv. Denn die Peloponnesier wurden 
erst zum bunde gewonnen, als Antipater bereits in Lamia einge- 
schlossen war. (Plut. Demosth. 27). 


504 Zur seit der Diadochen. 


treren auszurüsten; c. 15, 8 dagegen heisst es, die Athener hätten 
die zahl der schon vorhandenen schiffe auf 170 gebracht. An- 
drerseits hat Antipater nach Diodor (12, 2) zu anfang des krieges 
nur 110 trieren, während Klitus, Antipaters flottenführer, in der 
seeschlacht 240 befehligt. Es sind mehrere versuche gemacht 
worden, diesen widerspruch wegzuschaffen. Wesseling (zu c. 16) 
conjicirt für 170 schiffe 270. Grauert (Anal. p. 268, an. 27) hält 
eine verwechslung der athenischen und makedonischen schiffe für 
möglich, da die anzahl der schiffe des Klitus genau dieselbe ist 
wie die im beschluss der Athener. Droysen (p. 81) meint, die 
Athener hätten zwar beschlossen 240 schiffe in see zu schicken, 
es aber schliesslich nur auf 170 gebracht. Später (Rhein. mus. 
N. f. Il 514) spricht er sich dahin aus, dass wahrscheinlich 100 
attische schiffe zur beschirmung der küsten zurückblieben, von den 
240 also nur 140 ausliefen, während die makedonische flotte aus 
den häfen Kleinasiens verstärkt wurde Dass letzteres wohl ein- 
. getreten ist, wenn es auch Diodor nicht erzählt, — er hat noch 
wichtigere sachen ausgelassen — zeigt auch der ausdruck (15, 8) 
tv dì Maxedovwy JaAÀarroxgarovvrw» ; denn dazu wären 110 
schiffe zu wenig gewesen. Dies spricht vor allem gegen Grauert. 
Auch Schäfer (Demosth. III 348) reigt sich Droysens ansicht zu. 
Justin giebt mit seinen 200 entweder wie vorher eine runde zahl 
an, oder, was mir wahrscheinlicher scheint, er hat dieselbe angabe 
von 200 trieren und 40 tetreren vor sich gehabt, in gewohnter 
flüchtigkeit aber die 40 übersehen, 

In betreff der folgenden worte Justins ($ 8): detractaniem 
proelium et Heracleae urbis moenibus tuentem se obsidione cingunt, 
hat Grauert (p. 250, an. 89) schon das richtige getroffen. Justin 
hat den ort der niederlage Antipaters mit dem der belagerung ver- 
wechselt und durch seinen bericht, so falsch er auch an sich ist, 
erfahren wir diesen ort der schlacht, der uns sonst unbekannt ge- 
blieben wäre. Nach Paus. I 1. 3 wurden die Makedonen vor der 
belagerung vor Lamia iy ze Bowroîs xai avdis Ew OsguonvAoy 
besiegt. Der erste sieg des Leosthenes ist der von Diodor 11, 5 
erwähnte über die Boeoter, die vielleicht von einigen makedonischen 
abtheilungen unterstützt waren. Der sieg über Antipater war aber 
Fw Oeguonviwy. Ferner aber muss er südlich vom Spercheus statt- 
gefunden haben; denn nach Polyaen. IV 4. 2 wollen die Thessaler 


Zur zeit der Diadochen. | 505 


Antipater am übergang hindern; durch ihre nachlässigkeit gelingt 
es Antipater den übergang zu bewerkstelligen und nach Lamia zu 
entkommen. Heraklea liegt aber zwischen dem Spercheus und den 
Thermopylen und war ausserdem auf makedonischer seite geblieben 
(Diod. 11, 1). Nichts also ist natürlicher, als dass Antipater, ge- 
stützt auf diese stadt, dem stärkeren feinde entgegentrat !7). Aus 
diesem beispiel ist zu ersehen, dass selbst der verworrenste bericht 
Justins bei richtiger bebandlung von nutzen sein kann; andrerseits 
wird aber hieraus auch klar, mit wie wenig recht man aus einer 
abweichung Justins von Diodor auf eine andere quelle schliessen 
kann, 

Die 2 9—11 bei Justin handeln von Demosthenes wirksamkeit 
für die griechische sache und von seiner ehrenvollen rückkehr aus dem 
exil Es ist sehr bemerkenswerth, dass Diodor die thätigkeit die- 
ses staatsmannes während des lamischen krieges gar nicht erwähnt; 
ja nicht einmal seinen tod erzählt er, während der hölzerne Phokion 
von ihm sichtlich mit liebe behandelt wird. Diodors quelle ist, 
wie noch später ausführlich dargethan werden soll, durchaus make- 
donisch gesinnt ; sie hatte daher für Demosthenes viel weniger in- 
teresse als für Phokion. So mag sie dessen wirken und tod nur 
mit wenigen worten berührt haben, die dann von Diodor als neben- 
sächlich leicht übergangen werden konnten; Phokions tod dagegen 
war von ihr mit wärme geschildert. Wichtiger als dies scheint 
der umstand, dass nach Diod. 13, 6 Demosthenes bei Leosthenes 
tod noch in der verbannung war, während bei Justin die rückkehr 
aus dem exil vor jenem ereignis berichtet wird. Die frage, wessen 
bericht hier vorzuziehen sei, ist mehrfach erörtert worden: indes 
scheint ‘mir noch gar keine differenz vorhanden zu sein!9) Justin 
fährt mach der erzühlung von Demosthenes zurückberufung fort: 
Interim in obsidione Antipatri Leosthenes occiditur. Hiermit ist 
doch nur gesagt, dass Leosthenes tod stattfand, während der Pelo- 
ponnes durch Demosthenes gewonnen wurde und die Athener diesen 
deshalb zurückriefen; also nur gleichzeitigkeit der ereignisse ist 
angegeben. Es kommt hinzu, dass Justin mit den worten eodem 


17) Droysen p. 69, an. 82. 

18) Grauert p. 245. Droysen p. 77, an. 49. Schäfer III, 341. 
Schäfer und Grauert verwerfen Diodors angabe, Droysen dagegen 
sucht sie durch Demosthenes briefe (VI) zu bestätigen. 


506 Zur zeit der Diadochen. 


tempore (2. 9) offen ausspricht, dass Demosthenes während Anti- 
paters belagerung noch in Megara ist. Endlich braucht Demosthenes 
zurückberufung nicht unmittelbar seinem wirken im Peloponnes ge- 
folgt zu sein, wohl aber konnte sie bei Justin als folge gleich 
nach der ursache gesetzt werden. Hierzu stimmt vortrefflich eine 
stelle aus Plutarch (X Orat. p. 846), die ebenfalls als beweis gegen 
Diodor benutzt worden ist. Nachdem daselbst Demosthenes wirken 
im Peloponnes berichtet ist, wird fortgefahren: Ey’ @ Juvuacdeic 
peta geovov teva xaF0dov evento. Im folgenden satze wird 
dann erzählt, auf welche weise das yrquoua gegen Demosthenes 
von den Athenern umgangen wird. Dann heisst es weiter: ’ Avrs- 
natoov d sig Auusıav uno wy» ‘Eligruy GvyxltcOÉfrvrog, tv 
"Adnvatwy evayyélix Fudrvtwy 1006 uva rv» Eralowv ° Ayn- 
olozgarov Egg, où ry avınv yvaiunv Eyew roig GAdoss tiv 
noaypatwy èntorana. yao, sinsiv, rov; “EdAnvag oradıoy pèv no- 
Jeueïy xal eldoras xai durautvovs, dolsgov d° oùxérs. Hieraus 
zu folgern, dass Demosthenes vielleicht gar schon vor der ein- 
schliessung Antipaters zuriickgerufen sei, wie dies Grauert thut, 
ist entschieden unrichtig. Denn jener ausspruch wird bei Plut. 
Phok. 23 dem Phokion in den mund gelegt, und jedenfalls mit 
mehr recht als dem Demosthenes. Deshalb ist aus diesem satze 
für die zeitbestimmung nichts zu folgern. Vereinigt man dagegen 
das interim Justins mit dem peta ygovov uva bei Plutarch (X 
Orat. a. o.), so schwindet aller widerspruch gegen Diodor. 

Bei Leosthenes tode findet sich zwischen Diodor und Justin 
eine kleine differenz. Nach Justin (2. 12) fällt Leosthenes telo a 
muris in transeuntem. iacto, bei Diodor (18, 5) zàgyeg dg tv 
xepañnr Am. Diese differenz zwischen telum und A(Jog schwin- 
det, wenn man mit Droysen den feldherrn durch einen schleudérstein 
getroffen werden lässt. Denn telum ist auch ganz allgemein ge- 
schoss, wurfgeschoss; Liv. XXXVIII 29 wird die waffe der fun- 
ditores ausdrücklich telum genannt. Droysen (p. 73, an. 42) sagt 
hierbei „Justin scheint nicht ein eigentliches treffen (ovunAoxns 
yevom£rns Diod.) zu bezeichnen“. Ich glaube, hieran ist nur die 
oberflächliche art des excerpirens schuld; das folgende weist ent- 
schieden auf ein treffen hin !?). Durch Leosthenes tod, der bei 


19) Just. l. c. 8. 13: Quae res tantum animorum Antipatro dedit, 
ut etiam vallum rescinderet. 


Zur zeit der Diadochen, 507 


einem ausfall stattfand, entstand verwirrung in den reihen der 
Griechen. Dies wird Antipater benutzt haben, um den belagerungs- 
damm an einer stelle zu durchbrechen. 

Der nun folgende kampf der Griechen mit Leonnatus wird 
bei Justin in einer mit Diodor übereinstimmenden weise berichtet. 
Bei Diodor gehen die Griechen sulwvos xoi 7006 payny Ovreg 
£rosuo: vor, bei Justin obvii cum instructis copiis fuere; bei beiden 
ist nur von einem reitergefecht die rede. Wenn es dann bei Justin 
weiter heisst, Antipater habe durch Leonnatus tod nur gewonnen, 
so hat hiervon Diodor zwar nichts, wohl aber muss in seiner 
quelle etwas ähnliches gestanden haben. Denn schon Photius worte 
(Arr. 9): aMa mintes xai Asovvaros émwflog9tiy d ox y ’Avu- 
#atow, deuten darauf hin, dass Leonnatus hülfe nicht ehrlich ge- 
meint war?) Noch wahrscheinlicher macht dies eine stelle aus 
Plutarchs Eumenes. Es ist daselbst ausführlich von Leonnatus 
selbstsiichtigen absichten die rede; hierbei stimmt einiges zum theil 
wörtlich mit Diodor überein, 

Diod. 14, 4. Plut. Eum. 3. 


Asovvarcs dè  magayevouévov | ‘Exaralou dè Kagdsavwy rugav- 


noög avıöv “Exuralov ros- 
ofevioù x ai dsouévou fon- 
976a mw taylorny "Avyrı- 
mato xai Maxedocı, 
éxnyyéllato ovp noti" dia- 
Bas oùr x1. 


vou cuuuléavtos avim xai 
deopévou fonder padiov 
’Avyrınarom xai Maxt- 
dovwy roig iy Auulu no- 
Asogxoupévois,  wounro dia- 
Batvery. 


Justin schliesst hierauf die erzählung des krieges mit der be- 
merkung, dass Ántipater nach Makedonien zurückging, die truppen 
der Griechen dagegen nach vertreibung des feindes aus Griechen- 
land sich auflésten. In beiden punkten sind Justins angaben auf 
das zu beschränken, was Diodor berichtet. Dieser spricht (15, 6) 
auch von einem rückzug Antipaters (aneywonoev 2x roviw» twy 
zorwv). Derselbe konnte aber nur nach Makedonien zu stattfinden, 
und wie aus 16, 5 hervorgeht war er mindestens bis zum Peneus 
zurückgegangen. Wahrscheinlich lagerte er im nördlichen theil 
Thessaliens so, dass er keinen feind mehr im rücken hatte, wohl 
aber die strasse für den heranrückenden Kraterus offen halten 


20) Grauert p. 254, an. 21. 


508 | Zur zeit der Diadochen. 


konnte *4), Vielleicht stand bei Trogus, Antipater habe sich nach 
Makedonien zu zurückgezogen. Auch im zweiten punkt spricht 
Justin etwas allgemein aus, was nur theilweise richtig ist; Diodor 
sagt: AoÂloi yao avıwv (‘EdAnrwyv) did tag rooyeyermuévas eùn- 
peotas xuracpoorobrres Tüv» molewlwy sig Tag murtetducg (Justin 
urbes) 700» dnelnlud disc moòs thy 10v» Idiwy ënloxeyer (17, 1). 
Auch diese abweichungen sind mit mehr recht aus Justins flüch- 
tigkeit als aus einer anderen quelle zu erklären ??), 

Für das ende des lamischen krieges tritt für Justin Plutarchs 
Phokion ein. In demselben (c. 25) fragt Leosthenes den Phokion, 
was für dienste er während seiner vielen strategien dem vaterlande 
geleistet habe. Wie berechtigt diese frage war, beweist am deut- 
lichsten die beschaffenheit der biographien Phokions. Nepos beginnt 
nach einigen einleitenden, seines helden sinn für rechtlichkeit cha- 
racterisirenden worten sofort mit der darstellung seines lebensendes; 
Plutarch verfällt aus mangel an stoff auf ein bei ihm sehr beliebtes 
mittel, anekdoten und weise sein sollende aussprüche des wunder- 
lichen mannes in seinen verschiedenen lebenslagen zu erzählen. Ja 
theilweise scheint Plutarch die geschicke Athens nur als rahmen 
zu benutzen, um darin seine anekdoten einzukleiden. So lese man 
besonders c. 23—25. Erst später, als Phokion durch die verhält- 
nisse gezwungen wurde aus seiner passiven rolle herauszutreten, 
wird die darstellung weniger anekdotenhaft und mehr historisch. 
Plutarchs nachrichten über den verlauf des lamischen krieges, meist 
nur in kurzen, von anecdoten unterbrochenen sätzen bestehend, 
sind folgende: Leosthenes verwickelt die Athener in den helleni- 
schen krieg, schlägt die Boeoter??) und schliesst Antipater in 
Lamia ein (23): Leosthenes fällt; zu seinem nachfolger wird An- 
tiphilus gewählt (24). Niederlage und tod des Leonnatus (25). 
Kraterus ankunft aus Asien, schlacht bei Krannon (28). In diesen 
kurzen angaben ist nur ein wort auffällig. C. 25 am ende sagt 
Plutarch: Td dé ‘Ellmnxdy Ev Oerralia oipareuua, ovmwi- 
Eavtog Avyrinarom Acowarov xoi zov dE * Aolag Maxedovwr, 
Evlxa payoperoy* xai Aedvvaros Eneosv,. Demnach hätten die 


21) Dass npodyeıw (15, 6) auch beim rückzuge stehen kann, lehrt 
besonders XIX 93, 5. 

22) Droysen p. 81, an. 57. 

23) Diod. 11, 5. 





Zur zeit der Diadochen. 509 


Griechen mit der vereinigten macht beider feldherrn gekämpft, was 
im entschiedenen widerspruch mit Diodor, Justin und Arrian steht, 
Sollte es sich zeigen, dass Plutarch im Phokion vielfach Diodors 
quelle benutzt hat, so lässt sich dieser widerspruch aus einem ver- 
sehen des biographen erklären. Diodor braucht bei der später 
stattfindenden vereinigung beider heere (15, 5) gerade denselben 
ausdruck in demselben casus: 77 d° vorequig naguyerndévioç” Av- 
Tınargov META tig duviuews xai Gv jua (Env rog roig nrimuérvois. 
Plutarchs bestreben ist es aber hier bei diesen den Phokion selbst 
so wenig angehenden dingen sich so kurz als müglich zu fassen. 
Hat er nun jenen ausdruck in seiner quelle gelesen, so ist sein 
irrthum leicht erklärlich. Im übrigen stimmt sein kurzer bericht 
mit Diodor überein; gleichheit oder verschiedenheit der quellen zu 
constatiren ist bei Plutarchs kürze unmöglich 24). 

. Nachträglich ist noch zu bemerken, dass Plutarch in einem 
punkte den bericht Diodors ergünzt.  Letzterer (15, 9) spricht 
von zwei niederlagen der Athener zur see. Aus Plutarch (24) 
geht nun hervor, dass diesen siegen der Makedonen eine landung 
in Attika gefolgt ist. Er erwühnt dies an und für sich unbedeu- 
tende ereignis nur, weil Phokion das commando gegen diese plün- 
derer führte. 

Nach der schlacht von Krannon gelingt es Antipater, die 
griechischen städte theils durch gewalt, theils durch unterhandlungen 
zu trennen. Diodor legt dies verfahren ausführlich dar (c. 17); 
Plutarch hat hierfür nur den unbestimmten ausdruck (c. 20): :dg 
moles aviwy neıgwvrog °°). Es heisst dann bei beiden weiter: 


24) Indes künnten doch einige punkte schon auf eine gemeinsame 
quelle hinweisen. Plutarch sagt c. 25 gleich nach jener vorhin an- 
geführten stelle: Kat dedvvaros Enecev, Syovuévov ins uiv palayyos 
"Ayugilov, wy dì innéwv tot Gettadot Mévwvos. Hiermit ist zu ver- 
gleichen Diod. 15, 4: Ty d’ innouayic Aaungdc wv "EAAgvow verixn- 
xótov, Mérwvos innagyo)rtog tod @ettadov. Ferner spricht Plutarch 
(c. 26) von den geringen verlusten der Griechen bei Krannon (o#re 
usydlny irrav oùrs nollüv necévrwr); Diodor giebt dieselben auf 500 
mann an (17,5). Endlich ist bei beiden von der schlechten disciplin 
im griechischen heere die rede; Plutarch (c. 20) sagt: „ansıdeig di 
MOS rovg &oyovtag Énusixeis xai véous ovrog"; ebenso Diodor an der 
vielleicht verdorbenen stelle 17, 2 zw» orpanwrwv ataxtovytwy, (Grauert 
p. 270, an. 31). Diese einzelheiten sind angeführt, weil sie gerade 
bei der kürze Plutarchs ins gewicht fallen; beweisen können sie na- 
türlich nichts. 

25) Dass hierbei vorzüglich die einnahme von Pharsalus, der 


510 Zur zeit der Diadochen. 
Diod. 18, 1. - Plut. Phok. 26. 


"Avitnureos dì dia Tavın tig | Evdic Tüv Ent vdeo *A%ijvas 
orgatnylag diadvoag tò ov- ayovrog TOU "Ayıımargov 
Oompa wy ‘Elirur qyaye thy duvapur. 
ty duvanıvy nücur imi 
zovg ' AFnvalovs. 


Die Athener ertheilen hierauf in ihrer rathlosigkeit Demades 
die epitimie, damit er mit Antipater verhandeln könne; denn: 


"Hy yàQ reis fAwxws naga- | ‘Hiwxes yao Érra ygagág 


vouwy xai dia TOUTO ye- HUQUYOMWY xal yeyo- 
yovws ürépog xol xw- voc &repog Èbeloyero tov 
Avouevos UNO wy vouwr Aéyesv. 

cuufovdevew. 


Dass Diodor eine dreimalige, Plutarch aber eine siebenmalige 
verurtheilung angiebt, ist angesichts der genauen wörtlichen über- 
einstimmung von wenig gewicht. Plutarch hat hier ein versehen 
begangen, oder der fehler steckt in der überlieferung *°). 


Auf die unterhandlungen selbst geht Diodor nicht ein; nach- 
dem er mit Plutarch übereinstimmend berichtet hat, dass auch Pho- 
kion bei der athenischen gesandschaft an Antipater war, geht er 
gleich mit den worten rov d’ "Avyumargov diaxovearios tw Acywy 
auf die schliessliche abfertigung der Athener über und zwar mit 
Plutarch wieder genau übereinstimmend. 


Diod. 18, 3. Plut. Phok. 26. 
Kai dovros anuxgıcw ws addws | Hegit dì Tüv addwy éexédevev 
où un Ovddvontas 10v moög adrois Enıro&meiy rods 
* A9nvatovs nddeuov tav un  Admvalous, Woneg Ey Au- 
za xa 9? Éavrous È n vr o£ 0 0i ula dewodévns Exeivor. 


avt xai yao Exelvovg 
ovyxilclouvsag elg Aa- 
meuy tov "Avılnargov 
Tag abtag anoxolosıg 
mENOLKHNCI us. 


vaterstadt Menons, von entscheidung war, geht aus Plut. X Orat. 
hervor (846). | 

26) Droysen (p. 61, an. 8) sucht beide angaben zu vereinigen, in- 
dem er schreibt „mehr als dreimal“. Der wortlaut zeigt, dass beide 


Zur zeit der Diadocher. | 511 


Vor dieser stelle steht noch bei Plutarch einiges über die 
verhandlungen Phokions mit Antipater, an denen sich auch Kraterus 
betheiligt. In wieweit auch dieses stück aus der gemeinsamen 
quelle genommen ist, wird kaum zu bestimmen sein. Zu bemerken 
ist nur, dass auch nach Arrian (Phot, 12) Kraterus thütigen an- 
theil am friedensschluss genommen hat. Dazu kommt Diodors ab- 
neigung gegen anfübrung directer reden, So ist es wohl müglich, 
dass letzterer dies übergangen hat; scheinen doch auch die worte: 
diaxovoarios tev Aoywv xai dovros Groxpiow, fast darauf hinzu- 
deuten, dass in seiner quelle wirklich etwas dergleichen gestan- 
den hat. 

Diodor geht hierauf gleich zu den friedensbedingungen über, 
ohne die zweite athenische gesandschaft an Antipater zu erwähnen. 
In dieser tritt bei Plutarch besonders der philosoph Xenokrates 
hervor; indess sein auftreten, seine antworten und die behandlung, 
die ibm von Antipater zu theil wird, sind in einer weise anekdoten- 
haft, dass hier wohl keine geschichtliche quelle zu grunde liegt, 
sondern eine anekdotensammlung. An Diodors quelle darf man je- 
denfalls nicht denken, da (c. 27) von Antipaters dyywuoovvn und 
pscaya3ta die rede ist. Bei Diodor wird Antipaters verfahren 
als sehr human hingestellt. Aus derselben andern quelle ist viel- 
leicht auch Phokions bitte, den Athenern die besatzung zu erlassen, 
entnommen; Plutarch selbst führt zwei versionen an (of dè ovy 
ovtwe œaotr, add). 

Von den friedensbedingungen berichten Diodor und Plutarch 
gemeinschaftlich : | 


1) Diod. 18, 4. | Plut. 27. 

Ty» dé nolreluy werkomoav èx | Pidlav Eceodas . . . . moh- 
ic Onuoxourioc xai T00ç- tevouévosg dì ty RaTQLOY 
trufev and Tıunoswg d- ano tiunpuodtwv mols 
yay TO moàltevua. vela, 

2) 18, 5. 

goosgugyov dà Mévullor xoi | deEupévoss dè poovoay 
poovgar Zvayxic9nca» Ó£- els vj». Movyvy(a». 
Eaodus. 


angaben derselben quelle entstammen; mithin ist eine vermittlung 
unmöglich. Ausserdem hatte eine dreimalige verurtheilung in der 
yeagy nepavöuwv bereits das xwidsodas ovußovlevew zur folge (Schö- 
mann, Alterthümer I p. 273, Wesseling Diod. zur stelle). 


612 Zur zeit der Diadochen. 


Plutarch allein berichtet ferner: 
3) auslieferung der redner. 
4) bezahlung der kriegskosten. 
Diodor endlich hat allein die notiz: 

5) die entscheidung über den besitz von Samos wird den kö- 

nigen anheimgestellt. | 

Bei Diodor wird Antipaters verfahren (18, 4) gedavFedaws 
. genannt; an einer andern stelle (10, 6) heisst es: * {9mraïos piv 
ov» nag’ dinida yiravdgmmevdirses Exvyow ang elofvns. Ueber- 
haupt ist Antipater bei Diodor günstig beurtheilt. Wenn sich also 
bei Plutarch stellen finden, in denen er getadelt oder ihm härte 
in seiner behandlung Athens vorgeworfen wird, so ist dies ein 
sicheres zeichen, dass jene stellen nicht aus Diodors quelle stammen. 
Dahin gehörte schon Antipaters benehmen gegen Xenokrates. C. 28 
heisst es dann bei Plutarch geradezu: ’Eyayn dé uxegigayor To 
nodstayuo xai waddov éovolas Ufot yomuérns entdestig 7 nga- 
yuatwv Evexo yuyvou£vg xatadnyss; also das gerade gegentheil von 
Diodors darstellang. Auch das folgende bei Plutareh ist nicht aus 
Diodors quelle. Er berichtet darin, dass der zeitpunkt der besetzung 
Munychias das unglück Athens noch schlimmer erscheinen liess. 
Bierbei ist viel die rede von orakeln und vorbedeutungen, der- 
gleichen Diodor wohl sonst vielfach erwähnt, aber nieht in der 
Diadochengeschichte; ein beweis, dass seine quelle wenig davon 
hielt. Zweifelbaft erscheint die sache am schluss des capitels 
Daselbst nämlich handelt er von dem Joos der politisch rechtlos 
gewordenen Athener, und zwar beweist er grosses mitgefühl für 
sie. Ihre zahl giebt er auf 12000 an, während Diodor 22000 
hat. Dass letztere zabl unmöglich ist, haben Wesseling ‘und Grauert 
(p. 283, an. 58) zur genüge dargelegt; der fehler ist wohl ein 
bandschriftlicher. Dies würde also kein grund sein gegen die 
annahme einer gemeinsamen quelle; im gegentheil, es brauchen 
beide autoren bei der verpflanzung des einen theils der bürger nach 
"Thrakien denselben ausdruck (Diod. oëros wereorasncav; Plut. 
petaoravrec). Es kommt hinzu, dass, wenn man nur für das stück 
von épurn de vnegnparor bis zu den worten du twy xét xoi 
1905 Joàucoyg oregnFévtes tiv avw now dinyviakovoıy eine an- 
dere quelle annimmt, dann Plutarch wieder auf denselben gegen- 
stand, den es vor dem eingeschobenen stück behandelt hat, zurück- 


Zur zeit der Diadochen, 518 


geht, nämlich auf die person des Menyllus. Ausserdem enthalten 
die worte ein lob des makedonischen feldherrn?"), wie derselbe 
auch im anfang des capitels àz&xyg; genannt wird. Andrerseits 
ist es aber nicht recht glaublich, dass Diodors quelle von jenen 
bürgern mit theilnahme gesprochen babe; der standpunkt derselben 
ist durchaus makedonisch, und von diesem aus können die Athener 
nur als aufrührer betrachtet werden. Daher heisst es auch von 
den ürmern bürgern dc ragaywdes ovtas xal noAsusxodg (Anti- 
pater) dmjAace 15 molızelag (Diod. 18, 4); freilich ist damit zu- 
nüchst nur die auffassung Antipaters gegeben. 

Wir verlassen hiermit zunächst Plutarchs Phokion; als re- 
sultat ist bis jetzt festzustellen: Plutarch hat Diodors quelle, wie 
aus mehreren stellen hervorgeht, benutzt, daneben hat er aber auch 
andere quellen, besonders anekdotensammlungen zu rathe gezogen. 
Sicher als Diodors quelle angehörig sind folgende stellen hiuzu- 
stellen: cap. 26 bis zu den worten zoze yodges wiüquoua neuem 
7005 Avilmargov unig elonvys .ngécBerg avroxedtogas; dann der 
letzte satz des capitels; von cap. 27 wohl nur der mittlere theil, 
der die friedensbedingungen enthält. Wahrscheinlich gehören hier- 
her auch die kurzen nachrichten über den lamischen krieg (c. 23— 
25), vielleicht auch der vorhiu ausgeschlossene theil von cap. 26; 
ganz zweifelhaft bleibt der schluss von cap. 28. 


3.’ Kampf der statthalter bis zur zweiten theilung des reiches. 


In dem kampf der statthalter gegen Perdikkas tritt vorzüg- 
lich Eumenes hervor, und aus diesem grunde werden wir uns von 
jetzt an besonders mit Plutarchs biographie desselben beschäftigen 
müssen. Ferner kommt noch Nepos biographie desselben feldherrn 
hinzu. Plutarch ist in dieser schrift viel weniger anekdotenhaft 
als sonst, der grösste theil ist Diodors quelle entnommen; einige 
kleinigkeiten nur stammen aus andern berichten. So besonders in 
cap. À und 2. j 

Zu anfang seiner biographie verwirft Plutarch die angabe 
des Duris, dass Eumenes von niederem herkommen sei; nach an- 
deren, ihm glaubwürdigeren nachrichten stammt er aus einem dem 


27) ‘H uiv poovoa did Mévulloy oódiv jvíacs tods avPgainovs. 


Philologus. XXXVI. bd. 8. | 33 


514 Zur zeit der Diadochen. 


könig Philipp befreundeten geschlechte von Kardia. Auch Nepos 
(1, 3) lässt ibn von edler abkunft sein. Mit recht behauptet daher 
wohl Brückner, dass jene angabe des Duris in der missgunst der 
Makedonen ibren grund habe. Bei Diodor wird aber Eumenes 
stets günstig beurtheilt; sobald sich daher bei Plutarch stellen 
finden, die über Eumenes etwas gehässiges melden, so ist dies ein 
sicheres zeichen, dass dieselben aus andern quellen stammen. Bei 
denen also, von denen Plutarch sagt: doxovcs dè sixóra Akysır 
püAloy, hat man vorzüglich an Diodors quelle zu denken. 

Der übrige theil von cap. 1 beschäftigt sich mit Eumenes 
stellung unter Philipp und Alexander, im ganzen stimmen die an- 
gaben mit Nepos überein, nur ist Plutarch ausführlicher. So er- 
wähnt er, dass Eumenes unter Alexander einmal selbstständig eine 
expedition geführt habe; es wird dies die bei Arrian. V 24, 6 er- 
zählte sein. Ausserdem berührt Plutarch, um seines helden geehrte 
stellung unter Alexander noch mehr hervorzuheben, seine vermäh- 
lung mit Barsine, der tochter des Artabazus, die bei gelegenheit 
der grossen festlichkeiten in Susa stattfand. Arrian (VII 4, 6) 
nennt die tochter des Artabazus nicht Barsine, sondern Artonis, 
ebenso wie ihre schwester bei ihm nicht Apama, sondern Artakama 
heisst. Nacb Droysen (Alex. p. 497, an. 34) wird dieser wider- 
- spruch dadurch gehoben, dass die asiatischen prinzessinnen bei der 
verheirathung mit Makedonen ibren namen gegen einen hellenischen 
umtauschten. | 

Von Nepos und Plutarch wird dann noch berichtet, dass in 
den letzten jahren Alexanders Eumenes ein commando über eine 
reiterabtheilung gehabt habe. Das novissimo tempore des Nepos 
stimmt zunächst mit Plutarchs unosuvovrog “Hyasoılavos voll- 
ständig überein. Im übrigen aber berichtet Nepos unverstandene 
dinge *°), 

Ob diese nachrichten Plutarchs, die von Eumenes nur gün- 
stiges melden, aus Diodors quelle, die eine Diadochengeschichte, 
nicht eine biographie war, entnommen sind, bleibt fraglich. Eine 
stelle könnte auf Diodor hinweisen, nämlich die worte: ovre ovréoss 
zıvög ovre notes dslneodas doxwy 1v neoi *Alé£uydgor. Denn 


28) Praefuit etiam alterae equitum alae, quae Hetaerice appella- 
batur. Denn dass es neben der hetaerenreiterei noch mindestens 
sechs corps gab, scheint Nepos nicht zu wissen. 








Zur zeit der Diadochen. 515 


gerade die z{ors; des Eumenes wird bei Diodor fortwährend her- 
vorgehoben; die stellen werden später noch zusammengestellt 
werden 3°). 

Das ganze zweite capitel dagegen ist offenbar einer andern 
quelle entnommen ; denn es werden eine reihe anekdoten aufge- 
tischt, die obne ausnahme missgünstiges von Eumenes berichten. 
Sie beziehen sich meist auf Eumenes geiz und seine feindschaft 
mit Hephaestion °°). 

Mit cap. 3 treten wir in die Diadochengeschichte ein. Nach 
Plutarch stand Eumenes bei dem streit in Babylon seiner gesinnung 
nach auf seiten der ritter, verhielt sich aber neutral, wo od» 
avi zQocxov Eé£vo Ovze nolvrguyuoveir ıuig Muxedorwy 
deupoquig. Diodor erwähnt Eumenes bei dieser gelegenheit zwar 
nicht; wenn man aber das benehmen desselben den Argyraspiden 
gegenüber, wie es Diod. XVIIL 60 geschildert ist, vergleicht, so 
wird man nicht verkennen kónnen, dass der anfang von Plut. c. 3 
Diodors quelle entnommen ist. An jener stelle Diodors wird von 
Eumenes gesagt: ‘Ogw» yog éavióv uiv Sévov 0vro xai mndèv 
agosnxovra Bucrdsxaic d&ovo(as. Weiterhin sagt daselbst Eu- 
menes, er habe nur auf befehl des künigs den oberbefehl über- 
nommen, denn: xai zuvın undewias vnoxeuérns agyüg Sév o xai 
17g 0pmosdvovs roig Maxedoos éfouolus xegwescpérp. Man sieht, 
Plutarchs stelle hat genau denselben character; wäbrend aber Diodor, 
der die ganze Diadochengeschichte im auge hat, die neutralität des Eu- 
menes, auf die wenig ankommt, übergeht, sucht der biograph sich alles 
aus dem geschichtswerk zusammen, was auf seinen helden bezug hat. 

Hierauf erwähnt Plutarch Eumenes mitwirken zur versöhnung 
der parteien ; es ist schon erwähnt, dass unter Diodors (2, 4) ya- 
Quéoruros vorzüglich Eumenes zu verstehen ist. Daun folgt die 
verleihung der provinz an Eumenes mit denselben bestimmuugen 
wie bei Arrian und Dexippus?!) Nach Plutarch hatten nun Anti- 


29) Auch die wendung ist bei Diodor beliebt; z. b. XVIII 36, 4 
heisst es vom Python oùderòs zur 'AAsbivdQov Àenóusvog pilwy agery 
re xai JoËn. | 

30) Droysen (Alex. 554) erzählt diese anekdoten als glaubwürdige 
dinge; mit recht nimmt Wutzdorff in seinem programm über Eumenes 
(Halberst. 1862) denselben in schutz. . 

31) Avusvns Aausdves Kannadoxiay Hapieyoviay xai tiv vro- 
xesuévnv vj Iovtsxj Saldıry péiyos ToansLoüvros. 


33 * 


516 Zur zeit der Diadochen. 


gonus und Leonnatus von Perdikkas den auftrag erhalten, dem 
Eumenes diese länder zu erobern. Antigonus aber weigert sich 
von vornherein, während Leonnatus von anfang an zwar dazu bereit 
ist, es dann aber vorzieht, Antipater zu hülfe zu eilen. Bei die- 
sem letzten punkte tritt erst Diodor mit seiner erzählung wieder 
ein, und zwar, wie schon früher gezeigt ist, in wörtlicher über- 
einstimmung mit Plutarch. Also werden auch wohl die vorherge- 
benden nachrichten Plutarchs aus derselben quelle sein; natürlich 
ist der biograph hier genauer. Leonnatus sucht nun Eumenes auf 
seine seite zu ziehen und enthüllt ihm seine pläne auf Makedonien, 
wie Nepos und Plutarch übereinstimmend berichten. Eumenes aber 
mag mit Leonnatus plänen nichts zu schaffen haben und entflieht 
deshalb heimlich zu Perdikkas??) Auflällig ist hierbei Nepos be- 
merkung, Leonnatus habe den Eumenes, als er ihn nicht für sich 
gewinnen konnte, ermorden wollen. Von dieser absicht Leonnatus 
hat Plutarch nichts; indes konnte es Leonnatus unmüglich gleich- 
gültig sein, dass Eumenes in Asien blieb, nachdem derselbe von 
seinen plänen kenntnis erhalten hatte. Vielleicht lassen sich beide 
berichte dahin vereinigen, dass Eumenes von Leonnatus seite der- 
gleichen fürchtete und deslialb floh. ^ Plutarch hätte sicherlich, 
wenn ihm die bestimmte absicht des Leonnatus, den Eumenes zu 
ermorden, vorgelegen hütte, dies nicht verschwiegen. 

Ariarathes besiegung wird hierauf von Plutarch mit kurzen 
worten gemeldet. Dass Eumenes hierauf Perdikkas gefolgt ist, 
steht wieder allein bei Plutarch. Seine stellung aber bei Per- 
dikkas, die Plutarch mit den worten rov ovvedolov persize be- 
zeichnet, ist besonders deutlich aus Phot. Arr. 21 und 26 zu erkennen. 

Die vielfachen intriguen, welche dem ausbruche des krieges 
zwischen Perdikkas und den statthaltern vorausgingen, sind aus 
unseren quellen nicht deutlich zu ersehen. Am genausten ist im- 
merhin noch der auszug des Photius, mit dem sich Diodors nach- 
richten vereinigen lassen; Justin stimmt in manchem mit Arrian 
überein, verwirrt aber dann die sache durch eine bemerkung voll- 
ständig. Nach dem untergang der pisidischen städte heisst es bei 
Diodor (c. 23): “Hxov duo yuvaixes sig ovvosxsopov 1 ITeodixxa. 
Hiermit stimmt Arr. 20: °Ey tovim dé naga 10v Ihgdíxxav dx 


32) Nep. 2, 5 clam nocte effugisset ; Plut. 8 vuxiwo avélevter, 





Zur zeit der Diadochen. 517 


Maxsdovlag 5xov ’IoAlag te xoi ° Aoglas ayovtes aùr® tv ^ Avri- 
margov maida Nixasay sig yvvoixa. “AAG ye xai °Olvurmas 7 
> AheEcvdgov pntng Eneune mag’ avroy xateyyvwpérn tiv Juyuréga 
Kisonargav. Also beide frauen sind auf dem wege zu Perdikkas, 
Es wird hierauf bei letzterem berathung gehalten; Eumenes spricht 
sich für Kleopatra, Alketas für Nikaea aus (Arr); xai vıra 10 
Nixasav alloy ayaysiv. Dass letztere dann Perdikkas wirklich 
geheirathet hat, sagt Diodor ausdrücklich (23, 3 xara piv rà 
zapov nye tv Nixasav). Dasselbe geht auch aus Arrian hervor; 
nachdem der krieg unvermeidlich geworden ist, wird von Perdikkas 
erzählt: On éyrwouévor ein Ilsgdixzu Nixasav piv ÈxmEpnesr. 
Justin (XIII 64) stimmt hiermit zunächst völlig überein; man ver- 
gleiche die worte ut viribus auctoritatem regiam adquireret, ad 
nuptias Cleopatrae intendit mit Diod. 23, 3 ôgeyoueros yag faci- 
Aslag Écnevde 19» KAtonarQa» ynuas, voullwy dia tavtys 700- 
zoéyeodas toùs Maxedovag Ovyxuruoxsvalsıy avr ınv TGV GAWwY 
éEovo(a». Dass dieser plan auch Olympias zustimmung hatte, be- 
zeugt Justin in übereinstimmung mit Arrian ausdrücklich (non 
aspernante Olympiade). Hierauf führt Justin fort: Sed prius Anti- 
patrum sub affinitatis obtentu capere cupiebat. ^ Ebenso Diodor: 
Ounw dé foviousvog aroxaivwactar ngog tiv emBodny xarà niv 
wagov xrÀ. Bis hierher also herrscht vollkommene übereinstim- 
_ mung; die folgenden worte Justins aber verwirren die sachlage 
vollständig; er schreibt: Quem dolum praesentiente Antipatro, dum 
duas eodem tempore uxores quaerit, neutram obtinuit. Brückner 
schliesst hieraus auf eine andere quelle Justins; diese frage kann 
bier noch nicht entschieden werden, aber zu bemerken ist, dass 
gleich darauf wieder die vollständigste übereinstimmung zwischen 
Diodor und Justin herrscht. 

Der zeit nach folgt zunächst die ermordung Kyanes, wie sie 
auch bei Photius an der richtigen stelle steht. Diodor übergeht 
dies ereignis vollständig, ebenso wie die verheirathung der tochter 
derselben Eurydike, mit könig Philipp. Gleichwohl setzt er aber 
letzteres bei den wirren in Triparadisus (39, 2) als bekannt vor- 
aus (Evevdixns dì 175 PaosAloons), und ersteres in ähnlicher 
weise XIX 52 (Kuyvov, ny avetder ° Alxérac). Es ist das ganz 
Diodors art °°), 

33) Genaueres über Kyane berichtet Polyaen. VIII 60. 


518 Zur zeit der Diadochen. 


Ueber Antigonus flucht nach Europa, wie sie bei Diodor und 
Arrian dargestellt wird, ist bereits gehandelt; die übrigen melden 
nichts davon. Richtig erwähnt dann Justin (6, 9), dass Kraterus 
und Antipater bei ihrem übergange nach Asien Polysperchon in 
Europa als statthalter zurückliessen; denn als solcher tritt er 
später bei Diodor (38, 6) im kriege gegen die Aetoler auf. Es 
folgt bei Diodor und Justin der kriegsrath bei Perdikkas. 


Diod. 25, 6. Just. 6, 10. 
Tegdixxas de rovg ze plAovg xoi | Perdicca Aridaeum et Alexandri 
TOÙG Îyeuovas aFpoloac moo€- Magni filium in Cappadocia 
Inxe Bovdiy, norsgov ini Tv de summa belli in consilium 
Muxedoviav yon orgarevev 7 adhibet. Quibusdam placebat 
noôtegor ini tov Ilrodepaîoy bellum in Macedoniam trans- 
öouncaı. — [lívrwy dé éneve- ferri. sed in rem visus est, 
xTévrwv ini To ngovegov ab Aegypto incipere, ne in 
xatunolsuÿoas tov Hro- | Macedoniam profectis Asia 


Lepatoy, önwg under  & Ptolemaeo occuparetur. 


êurodor Eywos tis xarà THY 
Maxedovlay óoppijc. 


Dieser kriegsrath wurde nach Justin in Kappadokien ge- 
halten; Diodor lässt nach demselben Perdikkas von Pisidien aus 
seinen marsch gegen Aegypten antreten (25, 16). Hieraus folgt 
nicht, dass nach Diodor der kriegsrath in Pisidien gewesen ist. 
Das reichsheer lag wahrscheinlich nach überwältigung der Isaurier 
in Pisidien in quartieren. Ist nun Justins angabe richtig , so 
kommt Perdikkas von Kappadokien nach Pisidien und sammelt dort 
die in den quartieren zerstreuten truppen (avadafwr). 

Die machtbefugnisse des Eumenes in dem nun ausbrechenden 
kriege werden von den einzelnen schriftstellern folgendermassen 
angegeben. Plutarch und Diodor stimmen zunächst darin überein, 
dass Eumenes den oberbefehl über alle gegen Antipater und Kra- 
terus disponiblen streitkräfte führen soll. (Plut. 5; Diod. 29, 2); 
Alketas und Neoptolemus werden angewiesen, ihm folge zu leisten. 
Dasselbe sagt Justin (6, 15)5*), setzt aber noch (6, 14) die be- 
stimmung hinzu, dass dem Eumenes zu den provinzen, die er bereits 


34) Adiutores ei dantur cum exercitibus frater Perdiccae Alcetas 
et Neoptolemus. 


Zur zeit der Diadochen. 519 


früher erhalten batte, noch Paphlagonien, Karien, Lykien und Phry- 
gien verlieben wurden. Kein anderer berichtet etwas davon; aber 
Justin ist hier überhaupt am ausführlichsten, denn er fügt auch 
noch hinzu, dass Klitus den oberbefehl über die flotte erhielt, Kili- 
kien aber dem Philotas genommen und an Phitoxenus gegeben wurde. 
Es liegt also das bestreben vor, sämmtliche veränderungen in 
Kleinasien anzugeben. Dass Diodor es für überflüssig hält, ge- 
nauere angaben zu liefern, auch wenn seine quelle dieselben hat, 
haben wir bereits bei gelegenheit der satrapienvertheilung gesehen. 
Justins nachrichten zu bezweifeln liegt hier kein grund vor 5°); 
nur in ‘einem punkte irrt er. Nach ihm wird nämlich jetzt auch 
Paphlagonien dem Eumenes verliehen, obgleich doch diese provinz 
nach seinen eigenen angaben dem Eumenes bereits bei der ersten 
satrapienvertheilung zugesprochen ist (4, 10). Was nun Justin 
mit nennung der einzelnen länder angiebt, wird bei Nepos (3, 2) - 
allgemein ausgedrückt durch die bestimmung , dass Eumenes über 
alle länder zwischen dem Hellespont und dem Taurus gesetzt 
wurde. Endlich widerspricht diesen angaben auch nicht, wenn Per- 
dikkas bei Plutarch (5) den Eumenes zum orgatnyos avtoxgdrwe 
rd)» èv’Aopevia xai Kannadoxla dvvapewv ernennt. Plutarch 
fährt an der stelle fort: xai negi tovrwy émorolag Eneuypery 
Aixtıov piv xai Neomidisuov Evpéves agoctysw xelevoag. Aus 
dem megi zovruv und daraus, dass Neoptolemus satrap von Arme- 
nien war, muss man wohl folgern, dass Alketas mit seinen streit- 
kräften in Kappadokien war, vielleicht im süden der landschaft. 
Alketas ist im kriege selbst unthätig und nach Eumenes niederlage 
befindet er sich in Pisidien, also an der grenze Kappadokiens, zu 
dem ja Lykaonien oft gerechnet wird. Alketas und Neoptolemus 
werden die einzigen feldherrn in Kleinasien gewesen sein, denen 
in betracht kommende truppenabtheilungen zu gebote standen. Plu- 
tarch redet an der stelle ausdrücklich nur von heeren, nicht von 
provinzen. | 

Alketas weigerung, sich Eumenes unterzuordnen, berichtet nur 
Plutarch (c. 5); aber nur daraus erklärt sich seine unthatigkeit 
in diesem kriege, Neoptolemus verrath hingegen wird gleichmässig 
von Diodor, Arrian, Justin und Plutarch berichte, Nach Plut. 4 


35) Droysen a. o. p. 118. u. an. 26. 





520 Zur zeit der Diadochen. 


war Neoptolemus dem reichsverweser schon lange verdächtig, und 
Eumenes war deshalb schon früher angewiesen worden auf den 
satrapen zu achten. Eumenes ging deshalb nach Kappadokien und 
schuf sich daselbst eine tüchtige reiterei aus den eingebornen. 
Hiervon erzühlt auch Diodor später (29, 2), kurz vor der schlacht 
mit Kraterus; aber dort werden andere motive angegeben. Nach 
Plutarch bildet er sich diese reiterei als dvzí(iaypo gegen die ma- 
kedonische phalanx seiner eigenen truppen; nach Diodor jedoch gegen 
die der gegner. Jedenfalls sind beide motive für Eumenes bestimmend 
gewesen. Neoptolemus sucht nun zunächst Eumenes aus dem wege 
zu räumen %), nachdem von ibm eine gesandtschaft an Antipater abgre- 
gangen war. Es ist schon oben erwühnt, dass dieser eine andere von 
Antipater an Eumenes und Neoptolemus vorausgegangen sein muss, da 
dies Photius ausdrücklich berichtet. Hiermit stimmt Plutarchs bericht 
trefflich überein (5). Denn nachdem Plutarch Neoptolemus ver- 
rath und flucht zu den feinden gemeldet hat, fährt er fort: nuo” 
ixs(voy Où améotalto noeofeta moog Eüpéyn. Das plusquam- 
perfectum zeigt deutlich an, dass die gesandtschaft den letzten er- 
eignissen vorausgegangen ist #7). ^ Nepos berichtet zwar nichts 
hiervon, aber er spricht von Eumenes treue in ganz ähnlichen 
worten, wie sie Plutarch demselben in der antwort auf das aner- 
bieten der gegner in den mund legt. Ebenso äussert sich Eumenes 
kurz vor seinem tode bei Diodor. 


Plut. 5. Diod. XIX, 42, 5. Nep. 3, 1. 


Koi püälloy 10 cupa|Troovvra nv dedouévyy|Neque saluti quam fidei 
xu) 10v fo» 7 tv ind TW Baocsdéwr| cupidior. 
mígn» ngorotGJo. | slots yervalı nçous- 

Qéot, — ovvanodavtiy 

ngoxoívac. 


36) So fasst Droysen (p. 118) die worte Diod. 29, 4 dnsßovlsvos 
TO Ebuévg und Plut. 5 fovdsvwy uiv én’ Kduéve auf; vielleicht aber 
ist mit érsfovdevesy an beiden stellen nur Neoptolemus verrätherische 
verbindung mit den feinden gemeint. 


97) Droysen berücksichtigt (p. 118 und 119) hierbei Arrian nicht. 
Uebrigens hat er hier ein eigenthümliches versehen begangen. Die 
worte Plut. 5 am schluss doyovroc dè mÀeovskíac giebt er wieder: 
„Es herrsche die habsucht und der verrath in der welt.“ 








VN 


Zur zeit der Diadochen. 521 


Der kampf zwischen Eumenes und Neoptolemus wird von 
Plutarch am ausführlichsten erzählt; er berichtet, dass Eumenes 
fussvolk zuerst geschlagen wurde, der sieg aber dann durch seine 
reiterei entschieden sei. Im übrigen ist über die angaben Plutarchs, 
Diodors und Justins in diesem punkte nichts zu bemerken. Neopto- 
lemus rettet sich aus der schlacht nur mit wenigen®5); Diodor 
giebt diese wenigen auf 300 an. 


Bei Antipater und Kraterus wird hierauf ein kriegsrath ge- 
halten °°), an dem schon Neoptolemus theil nimmt, Bei Justin 
(8, 5) giebt dieser den rath, Eumenes heer schnell zu überfallen, 
so lange es noch in folge des sieges fahrlässig sei. Letzteres 
findet sich auch bei Plutarch, aber als Kraterus meinung ausge- 
sprochen. Der gedanke ist aber von beiden in sehr ühnlicher weise 
ausgedrückt. 


Plut. 6. | Just. 8, 5. 
Olóutvog où ngosderoufvo xai | Hisque persuadet, ut continuatis 
pera nQocqaroy vlanv y draëlo mansionibus laeto ex victoria 
xai megi metoug Eyovu Tv et securo fuga sua Eumeni 
durauıv Enıneociodar. superveniant. 


Hierbei kann es nicht stören, dass unsinniger weise bei Justin, 
wie auch nachher 2. 7, an Kraterus stelle Polypercon genannt 
wird, eben der, von dem derselbe schriftsteller 6, 9 ausdrücklich 
berichtet, dass er in Europa zurückblieb. 


Weiterhin berichten Arrian, Nepos und Plutarch übereinstim- 
mend von Eumenes list, seiten truppen zu verbergen, gegen wen 
sie kämpfen sollen. Oft jedoch, berichtet Plutarch, soll er nahe 
daran gewesen sein, seinen officieren wenigstens zu sagen, gegen 
wen sie zögen; schliesslich aber blieb er doch bei seinem plane 
(Suws evéuswe roig Aoysopoig. c. 6 am ende) darauf deutet auch 
Nepos (3, 6) mit den worten itaque ten uit hoc praepositum, die 
an und. für sich etwas unverständlich sind. Wie natürlich, haben, 
da es sich um ein besonderes verdienst des Eumenes handelt, seine 
biographen hier am ausführlichsten gehandelt ; Diodor hat gar nichts 


88) Plut. éléyous nwàg ovvayayuv; Arr. pedyes ody diiyoss. 
, ,99) Plut. 6 igovAs/ovro negl zur Slav; Diod. 29, 7 odtos dì aprés 
gsvoayro, 


522 Zur zeit der Diadochen. 


davon. Wenig passt aber Justin hierzu. Nach Neoptolemus rath, 
Eumenes sofort anzugreifen, fährt er fort: Sed res Eumenem non 
latuit. Itaque insidiae in insidiatores versae, et qui securum ag- 
gressuros se putabant, securis in itinere et pervigilio noctis fati- 
gatis occursum est. Hiervon ist weder bei Plutarch noch bei 
Diodor die rede. 

In der nun folgenden schlacht ist die übereinstimmung zwi- 
schen Plutarch, Diodor und Nepos über allen zweifel erhaben; auch 
Photius dürftige angaben lassen sich mit den berichteu der eben 
genannten vereinigen. Kraterus beginnt den kampf mit ungestiim. 


Diod. 30, 5. | Plut. 7. 


‘O ui» Kogateoos nowırog peta | Tevopuévng dì 175 mawtys ov e- 
twy énidixiwy Extogatas ouEews Bagelas xi. 
toig modeploss jywvloato wer 
meouPiértws. 

Neben Kraterus heroischem kampfe wird dann überall sein 
unbemerkter fall hervorgehoben ‘°). Eine kleine differenz findet 
sich hingegen in der art und weise seines falles. Diodor sagt 
nur opadévtog tov Inmov EÉmecev ni rj» yÿr, Plutarch rélos dé 
mAnysig utd @oaxds Ex nAaylwv moogeAucovıog aregguy rov In— 
zov, Arrian endlich Kgategdg dè tno nvwv Iluplayoylwr (tates). 
Unerheblich zunächst ist der unterschied zwischen Plutarch und 
Arrian; da beide die verwundung durch einen barbaren haben, so 
ist sie festzuhalten. Möglich ist es nun, dass bei dieser verwun- 
dung auch das pferd zu falle kam und Kraterus dann zu boden 
fiel. Denn im übrigen ist die übereinftimmung zwischen Plutarch 
und Diodor, wie wir gleich sehen werden, so gross, dass Diodors 
abweichung unmöglich auf einer andern quelle beruhen kann 45), 

Unterdessen waren auf dem andern flügel Neoptolemus und 
Eumenes zusammengestossen. 


Diod. 31. Plut. 7. Nep. 4. 


Dlvoqvco3£vzeg yaolMicovviss yap ai-|Cum hoc concurrit 


40) Arr. all’ Ep9n ntowv py yvmodeis; Diod. Emsosv dyvonSeis oc 
jv; Plut. neosörs« di adréy oi uiv Glos nagtlacay àyvoodviss. 

41) Droysen p. 123 schreibt: dann traf ihn (den Kraterus) eines 
Thraciers schwert in die seite. Sollte dies wohl die übersetzung 
von éx alayiov sein? | 











Zur zeit der Diadochen. 


Diod. 31. 


ano te TOY Innwv 
xai tay &AÀov àm- 
onuw» ouvenhaxncay 
alhmkoıs, xai 17, xad 
œUToùc povopagig mv 
vlxnv énotnoay dxo- 
Aovd7ow,. To uß& 
ovy nQùToy roig &i- 
peo GAAndwy xade- 
xOpevor 7000do&ov 
xai navıslwc EEni- 
Auypévny uovouaylay 
cuvectnoavto’ ixge- 
QO mEvos rag ro 
Fuvuò xoi th ngóc 
GIR ove duoue- 
vela tats aquoregaig 
toni» apévres 
Tag nvlas &AAY- 
Avv èdeabarvto. 
Ov ovußarıog of 
pi» rio xate 
tv oopny 8EEOQa- 
mov, adtoi 0 Exscov 
ini rv yıv. Tig d 
Enavactacews dia riv 
óbérqro xui Play tov 
Tw patos yalenwc 
ywop£vyc dœuporéqouc, 
ate xai TUY Guy 
Zunodilovwv ta ow- 
pata, ö piv Ev- 
mévns Eppace, 
HOOTELOG dea- 
saorag, tov Neo- 
zir0ÀÉUuOov tv 
lyvdy norátag. 
Mey dans 0i yevoutvns 
diasptcews xai „pen 
Aslons ts Puoews, 
0 péy mAnyeig Troqu- 
Aelupévos Exeıto, xw- 
Audpevog vd 





al 
tov | 


Plut. 7. 


AjAovg naar xal 
dv ógyüc Éyovreg 
iy piv Óvoiv ava- 
GIQopuis ov xureidor, 
&v dè ifj Tolın yvw- 
plouvres — e090c 
nAavvov  Oracd evo‘ 
za tyyeoidia — xoi 
Bowvies. Twv d 
inno» iE Evavılas 
Bla GUILTTECOVIWY w- 
neo reujgov, Tag 
nvlas a pévieg 
GITA Wwrenedoa- 
Eavro raig yeQoi, 
TATE xQ vm REQLONWY- 
TEG KAL TEOLOQNYVUVIEG 
&x 1v Exwuldwy rovc 
Iweaxas. Leos de 
tov  Craguyuôr 
vrexdoaporiwy 
apa TO» innw», 
amogeuévtes slg y7v 
xal negıneödvreg GÀ- 
AnAosg à» Aafaic 7oav 
xai dıenaAasov. Eita 
0 uiv» Evpévns 
rov. Neontodépov 
ROOEERVLOT A pé- 
vov tv lyvvav 
UTÉXOWYEY AUTOS 
elg 0990» q9acag 
xuraoınvas, 0 de 
NeonróAsuog eig 3 a- 
regov dgevodue- 
vog yovv, Farepov 
dì nerngwuévos fuv- 
VETO sev EUEWOTWE 
xatwhev, ov da- 
vaolmwoug dì RAn- 
yüs Urmogptowr, 
winyeic dì naga 
TOY teaynioy 


| 


523 

Nep. 4. 
ipse Eumenes. Qui 
cum inter se com- 


plexi in terram ex 
equis decidissent , ut 
facile intellegi posset 
inimica mente con- 
tendisse animoque ma- 
gis etiam pugnasse 
quam corpore, non 
prius distracti sunt, 
quam alterum anima 
relinqueret. Ab hoc 
aliquot plagis Eu- 
menes vulneratur, ne- 
que eo magis ex 
proelio excessit, sed 
acrius hostis institit. 


524 Zur zeit der Diadochen. 


Diod, 31. 


zQovuaroc diuvacın- 


vas» Opus dì tig} Tov dé Edptvovs Óv| 


evyvylug Ünegayov- 
ONS t?» LOU CWUUTOS 
dlattwow, à» yo- 
vacr Beßnxws 
Frowoe TOY avılmakov 
etc te toy Bea- 
xlova xal rovg 
pneods soo) nÀq- 
yois. Oudeueàs 
d’ ovons nAnyüs 
zasglov xai TW 
zoavudrwy Exe Teo- 
pay Oviwv, 6 Evuérns 


Plut. 7. 
Ènece xol nageldy. 


deri» xai pico mu- 
"hasov 10 te ome. 
TEOIOTÜVIOG  ŒÜTOÙ 
xai xax@¢g A€tyorios, 
du 10 Elpos Eyuwv Elo- 
Fey óno tov Fwoaxa 
Tewoas 5 mnagéavot 
ToU Bovfavoc dro- 
Bois. H dè nin 
pov “api 7 
EBAatpe tov Evutyn 
dv’ aodtvesay auudoa 
yevoutyn. Zxvasvoaç 


Nep. 4. 








divifgav Any nv| dé tov vexgöv elye uiv 
inivóv zedymAov| golendg iz rQav- 
énev£yxac antxıswe| patwr — pnoobc 
tov Neomoieuov. xai Pfoaglovas 
diaxexoppévoc, 
0 [5 C ç dè àyafAg9 eic 


ini zov Ennov edlwxe 
E Fategoy xéquc, 

we Fre ovveoroózon| 
| tw» noleulwv. 


Auch Eumenes benehmen gegen Kraterus wird von Plutarch 
und Nepos übereinstimmend geschildert; Eumenes trifft denselben 
nach Plutarch noch Zunv£orsa xoi ouvéyru an, nach Nepos semi- 
virum (4, 4); bei Plutarch heisst es dvdgi q(Ào xai cure, bei 
Nepos proque pristina amicitia. Natürlich war dieser zug für den 
biographen sehr wichtig ; weniger für Diodor. Weiterhin berichtet 
Nepos, dass Eumenes die gebeine des Kraterus nach Makedonien 
sandte. Auch hiervon hat Diodor an dieser stelle nichts, aber 
XIX, 59, 3 spricht er davon wie von etwas bekanntem?), ein 
zeichen, dass die sache in Diodors quelle schon früber erwähnt 
sein musste. 

Nach Photius (27) rettet sich das fussvolk des Kraterus zu 
Antipater ; auf welche weise, wird nicht angegeben. Nach Diodor 


42) Agiosy è monvdsis in’ Küuivovs vy cory müv Koutépor. 








Zur zeit der Diadochen. | x 525 


und Nepos erreicht es dies durch einen treubruch. Hierbei findet 
sich aber die differenz, dass nach dem bericht des letzteren das 
fussvolk zuerst um frieden gebeten und dann ihn von Eumenes er- 
langt hat, bei Diodor dagegen die unterhandlungen von Eumenes 
seite ausgehen. Bei der sonstigen übereinstimmung beider muss 
man hier ein versehen auf einer seite annehmen, wahrscheinlich 
bei Nepos. 

Wenn wir so die ganze beschreibung der schlacht bei Plu- 
tarch unbedenklich auf Diodors quelle zurückführen können, bleibt 
dagegen über ein grosses stück in cap. 6, in dem Plutarch von 
einem traume des Eumenes vor der schlacht erzählt, zweifel. 

Es folgt bei Diodor folgende höchst auffällige stelle (c. 33): 
Hegdlxxac dè nuFonevos rjv xarà tov Evuévn víxqy mod Foa- 
ovregog Èyévero ngög tiv eig Alyvmıov orgarelav. An dieser 
stelle, unmittelbar nach der besiegung des Kraterus, muss jeder 
leser die worte auf diesen zweiten sieg des Eumenes beziehen. 
Und doch heisst es bei Diodor selbst (c. 37), dass die nachricht 
vom zweiten sieg erst zwei tage nach Perdikkas tod nach Ae- 
gypten zum reichsheere gelangt sei. Also kann hier bloss vom 
ersten siege des Eumenes über Neoptolemus die rede sein. Auf- 
fallend bleibt aber in Diodors darstellung immer noch, auch wenn 
man die worte vom ersten sieg versteht, wie sich Perdikkas über 
den sieg freuen konnte, da mit demselben zugleich auch der abfall 
des Neoptolemus gemeldet wurde. Alles dies ist hervorgerufen 
durch das ungeschickte kürzen der quelle, aus Plutarch ersehen 
wir den rechten zusammenhang. Bei ihm (c. 4) schickt ja, wie - 
schon besprochen, Perdikkas den Eumenes schon vor dem kriege 
nach Kappadokien zn» öpogov ’Aguerlav reragayuérny und Neo- 
wıolfuov dia yesoog EKovro. Mit welchen massregeln Eumenes 
seine aufgabe erfüllen soll, ist nicht gesagt; er sucht Neoptolemus 
in gutem auf Perdikkas seite zu erhalten. Hieraus erklärt sich 
Perdikkas freude über Eumenes ersten sieg; denn anstatt eines 
mächtigen unsicheren bundesgenossen hat er: nun einen machtlosen 
feind; jetzt kann er, da er nun den rücken frei hat, getrosten 
muthes nach Aegypten ziehen. Zugleich aber ist hiermit erwiesen, 
dass auch in Diodors quelle etwas derartiges wie bei Plut. 4 ge- 
standen hat. 

Bei dem krieg in Aegypten ist zunächst hervorzuheben, wie 


526 Zur zeit der Diadochen. 


Perdikkas und Ptolemaeus bei Diodor und Justin geschildert wer- 
den. Nach Diodor ist Ptolemaeus evegyetsxog, émissxis, weradıdodg 
WHO roig myeu06 ıng wugenotac (33, 3); deshalb hat er auch 
viele freunde, noAAodg Erw» suvoovrias xai neoFuuws diuxwdv- 
vevovzag (33, 4). Dasselbe ist auch schon 14, 1 von ihm gesagt 
(roig piv Eyywolois pidavtownws moogsy£gero und cvvésgeye dé 
xal pliwy nAjJog ngog aüroy dea inv èntelxesav). Ganz ebenso 
spricht sich Justin (6, 18 und 19) über ihn aus: Sed Piolemasus 
in Aegypto sollerti industria magnas opes parabat, quippe et Ae- 
gyptios insigni moderatione in favorem sui sollicitaverat et reges 
finitimos beneficiis obsequiisque devinxerat. Das gegentheil davon 
ist Perdikkas (8, 2): Sed Perdiccae plus odium arrogantiae quam 
vires hostium nocebat. Ebenso Diodor (33, 3): Kai yag gorixoc 
nv xoi tw Gdiwy iyeuovuv reouargovpevog 1ùç 2Eovolug xal 
xadodov naviwy Bovioueros Goyes Biulwcs und Arrian, (Phot. 28): 
Kai wWdia 17) Otpatit Unegoyxôregor 7 xoià OrQurnyèr mooggpe- 
qopevos. So ist also der parteistandpunkt bei diesen drei schrift- 
stellern genau derselbe. 

Wie schon erwäbnt, bält Perdikkas kurz vor seinem ein- 
.marsch in Aegypten ein gericht über Ptolemaeus ab; nach Photius 
angabe hätte sich letzterer persönlich vertheidigt (xdxelvouv ini zov 
zÀjJovg &noÀvouévov 1dg alılag), was wohl auf einem missver- 
ständniss berubt. Denn es ist nicht anzunehmen, dass der vor- 
sichtige Ptolemaeus sich in die höhle des löwen wagte; seinen 
leuten dagegen wird er die lage dargestellt haben. Photius 
spricht dann von zwei niederlagen des Perdikkas; es sind dies 
der vergebliche sturm auf zeiyn xapydwy (Diod. 33) und der ver- 
unglückte Nilübergang (Diod. 35). Auch von überläufern berichtet 
Photius wie Diodor (33, 2). Die folge der niederlagen und des 
ganzen benehmens des Perdikkas ist sein tod. Als seine mörder 
nennt Nepos Seleukus und Antigenes 4); bei Diodor heisst es da- 
gegen, es seien zuerst hundert führer der phalangiten, unter denen 
Python der bedeutendste war, abgefallen, ermordet sei er dann in 
seinem zelte von einigen rittern (36, 4). Dass aber Antigenes 
vorzüglich betheiligt war, geht aus der bemerkung über denselben 
-bei der theilung von Triparadisus, die Diodor und Arrian gemein- 


43) Für letzteren haben die handschriften irrthümlicher weise 
Antigonus. 








4 


Zur zeit der Diadochen. 527 


sam haben, hervor. 
richtig sein. 

Zwei tage nach Perdikkas tode kommt die nachricht von Eu- 
menes sieg über Kraterus in das makedonische lager nach Aegypten, 
Plutarch und Diodor melden hierüber. 


So kann auch Seleukus name bei Nepos 


Diod. 37. Plut. 8. 

Mera dè tv rovrov vehsum | "AAN ei piv Eg 275 Ieodtx- 
evdue f7x0v wes arayyti- xag muTouevos rv Kou- 
Aovitg, Ot magatagews yevo- zegov teleutpr, ovx ay 





pévng negl Kannadoxlav Eÿ- 
mérns vevlanxe, Kouregog dè 
xai MNeontokeuos mrrndértec 
aynonvtas. Tovro dei duci 
moóregov nuéoas èyévero 
Eng Tegdixxov teAeurijg , 0Ù- 
deig Av è104unoe tac teiqus 
IMeodtxxa mgogeveyxeiv dia tò 
méyedos tig eumueglas. Oi 


&ÀAog énguitevos Maxedovwr 
yuri dé dvponmérou Ilsodix- 
xov xarà OráOw dv Alyémo 
dv Oiv nw Egass ng0 72009 
NxEv ovrog Ö ntgi Ing pa- 
ane Aoyos elc zo Grguronedor, 
xai mgóg deynv evdÙs of 
Maxedoves | Quvavov 
tov Evpuévovs xuré- 


0 ovv Maxe dd veg nudo- 
Bevor to neoì roy Evutvn, 
xureyvaoav œUTOoÙ Ÿu- 
varov xal idv neoi uÜTüy 
émiparor ardgüv REVINKOVIO, 
à» olg m xai ixérag 0 
adeAypds tov ITeodixxov. 


yvocay. 


Die übereinstimmung in einzelnen wendungen und zum theil 
in der construction springt in die augen. Die sonstigen vorgünge 
am Nil nach Perdikkas tod sind bei Diodor und Arrian dieselben. 
Ptolemaeus kommt zum heere der Makedonen, sein benehmen ist 
in keiner weise das des siegers; die folge ist seine allgemeine 
beliebtheit. Hierauf werden Python und Arrhidaeus zu reichsver- 
wesern ernannt, den Eumenes aber verurtheilt man zum tode. Pho- 
tius hat hier dieselben worte wie Diodor und Plutarch, zo» dè 
wegi Edpérn ve xai “Aixétay el meripxovra xateyruo9n0av, und 
zwar paloru dmi vj Kearégov @vargécet. Damit stimmt wie- 
der Plutarch vortrefflich überein; er sagt vom Eumenes: ®3ovoy 
dì moldy Eoye xui picos OÓpaÀdg naga TE roig Cuuuayois xol 
zoig moAsuíow, wg Enydug Arno xai E£vog Ordo xai gtQoi Tüv 
Maxedovwy 10» newrov avıwv xab doxipwrtatoy avpenzuws. 


528 Zar zeit der Diadochen. 


Wichtig bei der wahl der neuen reichsverweser ist übrigens Pho- 
tius zusatz i» 19 réwç; dadurch werden die verkältnisse in Tripa- 
radisus später klarer 44). 

Ganz abweichend berichtet Justin (8, 10). Ad postremum 
tamen Perdicca occiso ab exercitu hostis cum Pithone (et) Illyrico 
et Alceta, fratre Perdiccae, appellatur. Die angabe ist in einer 
weise falsch, dass man sie selbst Justin kaum zutrauen könnte, 
wenn nicht ähnliche dinge bei ihm vorkämen. Seine letzten worte 
dagegen (bellumque adversus eos Antigono decernitur) sind wieder 
richtig und stimmen vollkommen mit Plut. 8 und Phot. 38 überein. 

Die nun folgenden intriguen Eurydikes gegen die neuen 
reichsverweser und gegen Antipater müssen, wie schon gesagt, bei 
Arrian ausführlich dargestellt gewesen sein; widersprüche mit Dio- 
dors kurzer erzäblung finden sich nicht. Etwas mehr klarheit er- 
halten die verhältnisse wenigstens in einem punkte durch Polyaen 
(1V 6, 4). Die ausführliche darstellung desselben fügt sich voll- 
kommen in Photius andeutungen ein, so dass man wohl für beide 
dieselbe quelle voraussetzen kann. Wörtliche anklinge sind natür- 
lich bei Photius kürze kaum zu erwarten 5). 


44) Droysen hat einen punkt nicht berücksichtigt, nämlich jenes 
schon erwähnte Midwy xai ° Adbidazos iv td téws avsßöndncar. Dar- 
aus geht klar hervor, dass die in Aegypten getroffenen entscheidungen 
keine definitiven waren. Python und Arrhidaeus sollten das reichs- 
verweseramt eben nur führen, bis Antipater und Antigonus ankämen. 
Noch deutlicber sprechen sie dies Eurydike gegenüber selbst aus (31): 
Atrois yàg Ews ’Avıiyovog xai “Avrinarpos napayivarını, ueljasy neoì 
néviwv. Droysen giebt diese worte ungenau wieder: „sie hätten die 
verantwortung, sie wollten, bis Antipater und Antigonus eingetroffen 
wären, allein handeln“. 4özois usigosıv negò navıwv ist nichts als ein 
anderer ausdruck für die émeuélssa mov Bacılkwr. 

45) Das einzige könnte sein Polyb. ins; de neoséom 16 nAndos, 
paxea Idnunydonoe, anoloyovusvos into “Avynndigov mit Phot. ’Avn- 
yóvov xai Lelevxov sj nagexljce "Ayundigov dyndgunyoggokrroy iv 19 


Rind. 
(Schluss folgt.) 
Berlin. Hermann Kallenberg. 


Verg. Georg. II, 96 


scheint die lesart der handschriften: nec cellis ideo contende Falernis 
unhaltbar: es ist ne herzustellen. 
Ernst von Leuisch. 








ll. JAHRESBERICHTE, 


46. Die griechischen historiker der spüteren zeit. 


L Dionysius von Halikarnass. 


Zweiter abschnitt. 
(S. ob. bft. 1, p. 129). 


Aus der recension, die der Ill. bd. der Kiessling'schen aus- 
gabe, welcher buch VII. VII. IX enthält, durch L. Kayser in 
Fleck. jahrb. (nr. 21) in derselben weise, wie die vorigen, erfah- 
ren hat, hebe ich folgende vorschläge von L. Kayser hervor: 
AR. VIII, 21 (126, 15) streicht Kayser rds id(ac, wofür B toag 
hat; in A feblt es. VII, 16 (21, 31) wo Kiessling mit Reiske 
und Sintenis 75(ov douvas Aoyov avzq@ aufnahm, tritt Kayser für 
das passiv dora: mit recht ein und schreibt vorher xgoosÀdwy 
zoig vnaioss. VII, 18 (25, 6) avrerodetevopevos. VII, 23 (30, 
25) streicht Kayser müró dewaw. VII, 28 (36, 13) soll avay- 
xaíp gestrichen, z. 15 of uiv yag für ol wé ye geschrieben wer- 
den, VII, 32 (39, 32) ragagpégovres ist einzuschieben nach xaJo- 
dov vuwv. VII, 37 (46, 12) werden die worte zgóg tov xad’ 
nutoav Blow als überflüssig gestrichen. 38 (48, 7) wird xaAó», 
34 (48, 22) dé aus dem texte entfernt, 39 (48, 16) ody olo» v 
nv vorgeschlagen. 41 (49, 28) ist dyuozusg entbehrlich. 41 (50, 
16) ausser of ist auch zo» djuov zu streichen. 43 (52, 30) ist 
nuoro als glossem auszuscheiden, 7 zsrgdrr&w ist unpassend ; zu 
eineiv muss xa9" rudy hinzugefügt werden, weil sonst die anti- 
these mangelhaft wire. VII, 43 (52, 14) wird die von Sint.1II,9 
als lückenhaft nachgewiesene periode noch einmal behandelt. VI, 50 
(60, 17) woselbst das verbum mangelt, schreibt Kayser xuzenın- 
x00w piv Anuvıwv isgóv oder x. n. @rmrivia xoi legav. VII, 52 
(64, 2) hat die corruptel dédoxiuaouéyny für dedexuouéynr den 


Philologus. XXXVI. bd. 8, 34 


530 Jahresberichte. 


zusatz jy rj vóp nach sich gezogen; die worte sind zu tilgen. 
vu, 59 (76, 9) ist der satz 7v wonep négag rovro nur eine 
höchst unnütze bemerkung, welche noch dazu die construction zer- 
reisst. VII, 66 (86, 9) tilgt Kayser iow», statt mit Kiessling 
xaí einzuschieben. VII, 71 (91, 13) sieht Kayser mi 17 noAss 
als theilweise dittographie aus éxerndevuarwr an. VIII, 4 (106, 
16) glaubt Kayser, dass Dionysjus an Thukydides I, 36 gedacht 
und xaddsota xeîodar cvvodov geschrieben habe. VIII, 50 (164, 
26) muss der satz xal 10 xuraguyeir ini Todg mdwmuérous 10 
adixovv zamevov als ganz ungehörige parenthese entfernt werden. 
VIII, 89 (220, 13) scheint &O/xmua unecht und zd umyvouevoy zu 
genügen. — IX, 8 (234, 1) sieht Kayser in yerou&vng, aus dem 
Sint. II, p. 4 yevou£vosg machte, einen lästigen zusatz. IX, 30 
(271, 18) ändert Kayser é tov deforov in and tov xgattorov 
um. IX, 47 (294, 17) ist dvvauévy eine ungeschickte ergänzung 
von jemand, der nicht bemerkte, dass éyovoa AéAndev zu ergänzen 
sei. IX, 59 (313, 2), wo Kiessling die stark verderbte lesart zu 
qv 0 oùx ayanwor roig moddoig xoi mévnor herstellte, möchte 
Kayser qv dò’ ovx douévosc dxovoaci roig moddoig schreiben. 
Im festgrusse, welchen die Wiirzburger philologische gesellschaft 
zur begrüssung der X XVI. versammlung deutscher philologen heraus- 
gab, veröffentlichte L. Grasberger (nr. 22) reiche beiträge zur 
kritik der römischen archäologie des Dionysius, in welchen er 
stellen aus den büchern I— XI behandelt. Weshalb Kiessling für 
den text des IV. bandes nichts mehr davon benutzen konnte, kann 
man sich nur schwer erklären; in der adn. crit. finden wir einige 
vorschlige angefübrt. Diesen fleissigen untersuchungen Gras- 
bergers müssen wir im allgemeinen schon deshalb unsern beifall 
zollen, weil er nach sorgfältiger beobachtung und erforschung des 
sprachgebrauchs die nothwendigen änderungen vornimmt und nur 
dann, wo diese der beschaffenheit des fehlers wegen nicht mög- 
lich sind, selbständig die heilung zu bewirken sucht. So zeigt er 
zu l, 13 p. 10, dass Dionysius bei zeí(Jopos den infinitiv hinzu- 
fügt, zu I, 79 p.12, dass die allerdings ungewöhnliche verbindung 
autos zig, für die Kiessling in der adn. critica &xaotdg ris verlangt, 
vollkommen richtig ist, dagegen, wenn ds Bovdetas folgt, Exaorog 
damit verbunden wird, also &xuorog ws fovAeras zu einer stereo- 
typen phrase wird. Darum verlangt er diese HI, 40 (163, 21). 
p. 13 bespricht Grasberger solche stellen, an denen Zoyur« und 
aloys0ra verwechselt worden sind und verlangt letzteres II, 25 
(146, 7). Manchmal freilich sind die aufgezählten beispiele nicht 
vollständig, so dass das resultat, zu dem Grasberger gelangt, un- 
richtig wird; dieses ist z. b. II, 37 (156, 8) p. 14, I, 21 (25, 12) 
p.22, IV, 45 (64,19) der fall, wie ich observ. crit. p. 330, p. 325, 
p. 311 gezeigt habe. Ueber den häufigen ausfall des artikels 
handelt er p. 14, über die verwechselungen von #podos und &&odog 








Jahresberichte. 531 


p. 26, über die verschreibungen von wodguexa und nodépsa p. 35. — 
Meine einzelbesprechung beginne ich mit III, 37 (274, 27), wo 
Kiessling alzfag xaf, weil es in B. fehlt, einklammert, Grasberger 
P. 15 nicht ungeschickt unter hinweis auf andere stellen avdadesg 
amoxoloess vorschlägt. V, 2 (114, 4) will Grasberger p. 22 die worte 
xai adda TOUTOIG magamhy ovo. oùx öAlya um eine zeile hinauf- 
rücken hinter zovzo d7 tO noÂlteuua xaracımoausvos; ich halte 
diese umstellung für sicher und werde später noch einmal darauf 
zurückkommen. I, 27 (32, 19) ist nicht Sauppe. Gétt. gel. anz. 
1861 p. 1860 beachtet, V, 38 (157, 9) ist éxagSévteg schon von 
Sintenis HI p. 20 vorgeschlagen worden. Schon von buch VII an 
musste Grasberger noch Reiske’s ausgabe benutzen, wogegen auch 
Kiessling für bd. III seine abhandlung nicht mehr berücksichtigen 
konnte; es ist demnach nicht uninteressant zu sehen, wie Kiessling 
sich an den stellen, wo Grasberger anstösst, verhält. VII, 11 (15, 
19) finden wir ebenfalls das in B überlieferte otxfay im texte. 
20 (27, 6) schlägt auch Kiessling in der adn, crit., wenn auch 
nur schüchtern, ygnoopévwy für das fut. yoncouérwr vor. 50 (60, 
22) woselbst Grasberger mit sehnsucht das resultat einer neuen 
collation erwartet, nimmt Kiessling aus Sylburg anoyovwy auf. 
Vill, 31 (139, 9) scheint die schreibung ravra die richtigere, 
39 (149, 22) ist Grasberger die änderung von deopevans in deo- 
wévy durch Sintenis III, p. 15 unbekannt geblieben, die wir bei Kiess- 
ling im texte finden; z. 25 lesen wir das auch von Grasberger 
gewünschte Az; écri» 7 énixovela. Dass 42 (152, 30) dajjtes, 
das auch bei Kiessling steht, unhaltbar ist, hat Grasberger p. 34 
richtig erkannt; nur dürfte axjyye vom wahren weit abliegen, 
IX, 35 (278, 10) hat Kiessling mit Sylburg #oAswg statt quweas 
in den text selbst eingesetzt, während Grasberger p. 34 an axgag 
denkt. Unzweifelhaft sicher ist XI, 15 a 10, 27) von Grasberger 
das überlieferte anodeyIWorv al doyal in a. véus Goyal geändert, 
das er durch eine reihe von stellen stützt. XI, 16 (112, 11) ist 
es ebenso unzweifelhaft, dass yywuas ein attribut haben muss; der 
gedanke an und für sich und die symmetrie verlangen dieses. Be- 
wogen durch XI, 57 (164, 31) schlug Grasberger Gcuupogouç 
einzusetzen vor, während Kiessling zovng@g aufgenommen hat. 

In dasselbe jahr, nemlich 1868 gehört anch das Baseler pro- 
gramm Kiessling’s (nr. 23), zu dessen besprechung ich nun über- 
gehe. Recensionen desselben sind mir zwei bekannt geworden, 
nemlich die von L. Kayser in den Heidelberger jahrb. 1868 p.672 
und in Zarncke’s Centralblatt 1868 p. 1380, woselbst unter der 
überschrift von band HI der Dionysiusausgabe eine besprechung 
dieses programms gegeben wird. Die von Kiessling behandelten stel- 
len sind bis auf vier, die dem VIII. buche angehören, den ersten 
sechs büehern entnommen und richten sich so also zum theil gegen 
seine eigene ausgabe. I, 16 (20, 16) steht der bericht, dass die 


34° 


532 Jahresberichte, 


dort genannten städte von den aboriginern gegründet sein sollen, 
im widerspruch mit der nachfolgenden angabe, dass in Tibur ein 
theil der stadt Zixe4:x0v genannt werde und mit II, 35. Kiessling 
schlägt daher, da àxijgcavr, was am nächsten liegen würde, dem 
sprachgebrauche des Dionysius nicht angemessen sei, @xn00» vor. 
I, 20 (24, 20), das berühmte cap., behandelt Kiessling mit mehr 
glück als Sauppe Gött. gel. anz. 1861 p. 1860; ob freilich des- 
halb mit „ang, wofür es eigentlich «270 heissen sollte, das rich- 
tige gefunden ist, mag dahin gestellt bleiben. Ausgehend von I, 
22 (27, 5) wo, wie Kiessling nachweist, für Zygawe vielmehr 
das prüsens ygaqe herzustellen ist, zeigt Kiessling, dass es bei 
Dionysius, wenn er citationen aus andern schriftstellern beibringt, 
regel ist, dass er dieselben im praesens einführt, oder, was selte- 
ner ist, im perfectum. In der anmerkung. p. 5 wird I, 79 mit 
recht also yéyoage geschrieben. Der aorist endlich, wie wir wei- 
ter erfahren, steht nur dann, wenn Dionysius bei der angabe der 
abweichenden meinungen anderer gleichsam erzählend, nicht citi- 
rend zu werke geht. p. 5 spricht Kiessling ausgehend von I, 53 
über stellen, an denen sich das einfache verbum statt des zusam- 
mengesetzten eingeschlichen hat; doch finden nicht immer alle ein- 
schlagenden stellen beachtung, wie ich Aar. progr. p. 27 gezeigt 
habe, II, 2 (119, 7) vermisst Kiessling die angabe des entspre- 
cbenden olympiadenjahres des ersten der siebenten olympiade, und 
schreibt für #70 vielmehr êtes a. II, 12 (130, 32) war Kiessling 
in der ausgabe dem vorschlage von Sintenis gefolgt und hatte für 
zore mit ihm ze geschrieben; auf grund anderer stellen will er es 
nun beibehalten wissen, zugleich aber auch an einer der zum be- 
weise angeführten parallelstellen nemlich VI, 49 (270, 20) zAixíag Ev 
té xçarlorw schreiben und ebenso XI, 15 (101,30) nAızlag à» và 
goorsuwidto, was er später in den text aufgenommen hat. Zu 
H, 21 p. 6 wird von ihm über den ausfall des artikels gesprochen 
und derselbe an mehreren stellen einzusetzen anempfohlen. L.Kay- 
ser hat recht, wenn er besonders schón und einleuchtend die ver- 
besserung der scheinbar lückenhaften stelle Il, 22 (141, 12) nennt, 
Während wir im texte nach mçgoçayogevouerus eine lücke und 
zovro dé eingeklammert finden, erkennt Kiessling nun in diesen 
worten das ursprüngliche rovrod@ra:. tutulati ist die technische. 
bezeichnung für die träger des tutulus, wie wir aus Varro de |. 1. 
VII, 44 entnehmen können. Köstlin (Philologus bd. X XXIV, p. 756) 
scheint das Basel. programm von Kiessling nicht zu kennen. II, 
44 (167, 18) weist Kiessling nach, dass xg«zog in den worten 
Ews To xaAlıcıov Ensjowos 1 noltuw xgatog nur eine unge- 
schickte und an falsche stelle verschlagene correctur für xaAAsozov 
— der corrector wollte xgazoroy — ist. Kiessling liest also 
Ews 10 xgarı0rov emIjowos zo noAfum TeAoc, worin man ihm 
abgesehen von der monströsen form ëêns9y7owcs beistimmen kann; 





Jahresberichte. 533 


über diese vergl. L. Kayser p. 679; Aer. progr. p. 33. VI, 22 
(239, 30) scheint auch mir trotz Sint, in Zarncke's centralblatt 
1865 p. 742 die hinzufügung von ê7fs9esù réÀog Ó$n]exdvvos 
nicht unwahrscheinlich. Il, 47 (171, 6) kommt Kiessling durch 
ano naywv der überlieferten lesart allerdings näher als Sintenis 
mit do onwv; auch der sinn gestattet die änderung wohl. HI, 
15 (233, 22) ist erst durch Kayser p. 678 geheilt, der ofovc 
&xovoutr ÖAlyovg schreibt. II, 21 (242, 1) ändert Kiessling das 
erste 447° in ag’ um, was für den sinn nicht übel ist, während 
Kayser es ganz streicht. Die in der adn. crit. zu IV, 15 (22, 32) 
vorgebrachte änderung von zu modda in zd noluvia, gegen die 
Sintenis Zarncke’s Centralb. 1865 p.742 einspruch erhoben hatte, wird 
nun p. 12 von Kiessling näher begründet; Kiessling stósst sich an 
der hürte des übergangs aus dem relativsatz in das demonstrative 
satzverhültniss und an sachlichen schwierigkeiten, die mit der lesart 
der handschrift verbunden sind. Auch mir will nach diesen hier 
gegebenen auseinandersetzungen die änderung als gerechtfertigt er- 
scheinen. Weniger überzeugt bin ich auch jetzt noch von dem 
vorschlage IV, 23 (33, 19) ayew in alel zu ändern. IV, 46 (66, 
24) hält Kiessling zus, dovieluc für ein glossem. IV, 23 (33, 2) 
ist die änderung von 0r, in és gewiss richtig, wogegen ich gav- 
Aordrosg in tugloruross umzuändern keinen genügenden grund er- 
kennen kann. V, 1 (112, 14) finden sich im Urbinas noch die 
in der ausgabe von Kiessling ausgelassenen worte: of uiv drrodes- 
xdévres Uzoro( Boovtog xuè Kollativos. Jetzt ist Kiessling an- 
derer ansicht geworden und hält dafür, dass die worte aufzuneh- 
men seien, jedoch so, dass nach. ngoßovAovs, auf das sie folgen, der 
satz abgeschlossen werde; ferner wäre dann nach &rodey3évies, 
mit dem der neue satz beginnt, ein ov» einzusetzen, und endlich schiebt 
Kiessling noch naeh yevouévng oder nach êndesmouérwy four ein, 
damit doch auch ein verbum im satze ist, Das heisst dann doch 
in der liebe zu codex B etwas weit gehen! V, 68 (198, 21) 
woselbst Kiessling früher mit Sintenis II p. 23 olg xal wiv &AAwy 
&xacıovc in den text setzte, will derselbe nunmehr das handschrift- 
liche £xacroç beibehalten, da der nachsatz mit ragadeuBavew an- 
fängt und zu £xacrog nur xoswvei zu ergänzen ist; nach zuyng 
z. 20 ist das komma zu streichen. — Verhältnissmässig die mei- 
sten bemerkungen kommen auf buch VI, das, wie wir schon oben 
sahen, allerdings auch am meisten entstellt ist. VI, 13 (227, 10) 
wird @goavıss aus den guten handschriften in den text gesetzt. 
VI, 19 (234, 27) denkt Kiessling jetzt an einen ausfall von wor- 
ten, und vermuthet, — für mich hóchst unwahrscheinlich — dass 
Dionysius 2xßeßnxores éx[rür narolwvr &Fiouwy xoi] rà» ovrvnFwy 
Emandevputwy — Emilodouevos geschrieben habe. Ich würde mit 
L. Kayser Fleck. jahrb. 93 p. 37 (nr. 14) lieber 2;zàaS0pe- 
vos als beigeschriebene erklürung ansehen. Auch mir scheint VI, 


534 Jahresberichte. 


28 (246,7) die änderung von &rogçñrovç in dqognrovg mit rück- 
sicht auf die angeführten stellen sehr ansprechend. VI, 47 (267, 
25) lässt Kiessling es dahin gestellt, ob nach ola èv quadri yt- 
yysodaı qidet ein ausfall von dyAw oder 747% anzunehmen sei. 
Jedenfalls wird man sich aus palaeographischen gründen für 54739*; 
— man vgl. AMAQEI und IA44£HOEI — entscheiden. 

Aus buch VII ist allein p. 19 bei gelegenheit VII, 51 (63, 11) 
besprochen, woselbst für das völlig falsche urumgarrsoIus nicht 
mit Reiske ayumoaızeıv, sondern Gyritrreodas zu schreiben em- 
pfohlen wird. In bezug auf die besserungen, welche dem VIII. 
buche angehóren, kann man jedenfalls mit Kayser p. 678 im ur- 
theil übereinstimmen, der den von Kiessling zu VIII, 25 (130, 23) 
gemachten änderungsvorschlag of zuuwzuros [ix Too - cvveOQtov] 
gsAovsıxovvı, schwerlich haltbar nennt. Kein grund zur änderung 
lag nach der ansicht des recensenten in Zarncke’s Centralb. 1868 
(nr. 19) bei VIH, 35 (144, 13). VIII, 64 (181, 16). VIN, 86 
(215,7) vor, worin ich ihm nur beistimmen kann. — 

In der kleinen abhandlung betitelt Juba und Dionysius von Hali- 
karnass rhein. mus. XXIII p. 672 (nr. 26) sucht Ad. Kiessling die son- 
derbare erscheinung, dass die anführungen aus des Maurusischen königs 
Juba dwusx deyasotoyla, wie wir sie bei Stephanus von Byzanz 
lesen, in auffallender weise mit worten des Dionysius von Halikarnass 
stimmen, zu erklären. Bemerkt war diese übereinstimmung schon von 
Meineke, worauf H. Klapp die einschlägigen stellen in seiner dis- 
sertation de vitarum Plutarchearum auctoribus romanis Bonn. 1862 
p. 5 zusammenstellte. Kiessling lässt die betreffenden stellen aus 
Stephanus und Diouysius I, 9 und I, 59 folgen, und zeigt, dass 
der von Klapp und Peter (die quellen des Plutarchs p. 76) aufge- 
stellte erklärungsversuch: die sache möchte auf eine confusion in 
den excerpten des Stephanus und der daraus entstandenen verwech- 
selung der namen des Juba und des Dionysius zurückzuführen sein, 
hinfällig ist, da auch sonst Dionysius und Juba in seinen nicht 
von Stephanus erhaltenen bruchstücken sich decken. Entscheidend 
ist für Kiessling das. zusammentreffen von Plutarch. @naest. rom. 78 
dia th wy olwvdy 6 xadovpevog aosotegos ulows; — ws Toßag 
quoi Toig 790g tas Avurolug GmofAénovcw Ev Gouoreoà ylyvetus 
ró ßoesıo» mit Dionysius Halicarnass. II, 5 — zoig dì reds dva— 
zoAag Phénovorr Ggsotegan uiv ylyvetar ta mgog thy ügxıov Èns- 
otoépovra uéon. Hiernach kann von einer verwechselung der na- 
men bei Stephanus wohl nicht mehr die rede sein, sondern es hat 
der eine den andern nach guter antiker historikersitte einfach aus- 
und abgeschrieben. Wer war original, wer war copie? fragt 
Kiessling und entscheidet sich dahin, dass kônig Juba sich die 
sache wohl hat erleichtern wollen, wie ja Dionysius auch für Ni- 
kolaus von Damaskus hat herhalten müssen, 

Ich gehe nun im folgenden dazu über in möglichster kürze 








Jahresberichte, 535 


den gang der quellenuntersuchung vorzuführen, den K. W. Nitzsch 
in den drei oben angeführten artikeln des rhein. museums (nr. 27. 
28. 29) (= römische annalistik von ihren ersten anfángen bis 
auf Valerius Antias p. 11—153) eingeschlagen bat. 

Erster artikel. Rhein. mus. XXIII (1868) p. 600 — 631. 
Cap. I. ausgangspunkte und grundlagen der untersuchung. 2. 1. 
die quellenbenutzung in der vierten und fünften dekade. Nitzsch 
stellt die von Nissen: kritische untersuchungen über die quellen der 
vierten und fünften dekade des Livius. Berlin 1863, gewonnenen 
hauptresultate kurz zusammen. 2. 2. die quellenbenutzung in der 
dritten dekade. Nitzsch legt für diese seine ansicht nur im gro- 
ssen und ganzen dar und begründet sie soweit müglich. p. 604. 
Nitzsch scheint es unzweifelhaft fest zu stehen, dess von einer un- 
mittelbaren benutzung des Polybius in der 3, dekade des Livius 
nicht die rede sein kann; die übereinstimmung zwischen den beiden 
erzählungen ist nur aus der benutzung gemeinsamer quellen zu er- 
klüren. Es sind dies aber für den ersten theil der dekade Coelius 
Antipater, für den zweiten namentlich Valerius Antias, 2. 3. aus- 
gangspunkte für die untersuchung der ersten dekade. Die bisheri- 
gen allgemeinen resultate. Wie weit schloss sich Dionysius seinen 
quellen an? p. 610: aus solchen quellen wie Licinius Macer und 
Gellius nahm Dionysius nicht nur den allgemeinen ton, sondern 
den detaillirten gang und die einzelnen redner jener langgesponne- 
nen debatten. Dass Dionysius reden in grosser anzahl in seinen 
spütern quellen fand, erhellt aus seiner üusserung VI, 83 über die 
rede des Menenius Agrippa. p. 610. Dionysius erdachte sich die 
namen seiner debatter uud ihre aufeinanderfolge nicht, sondern ent- 
lehnte sie aus quellen. Für Liv. IV, 6 und Dion, XI, 55 war 
Licinius Macer unzweifelhaft die gemeinsame quelle. p. 611. die 
abhängigkeit des Dionysius von seinen quellen ist grösser und seine 
selbstständige pragmatik geringer, als man gewöhnlich angenommen 
hat. Nitzsch hält sich für berechtigt die darstellung des Dionysius 
zur controle der Livianischen darstellung zu gebrauchen und we- 
nigstens den versuch zu machen, ob sich aus der vergleichung der 
beiden erzählungen der charakter ihrer gemeinsamen quelle her- 
stellen lasse, p. 611. 2. 4. allgemeine differenzen zwischen der 
parallelen erzühlung des Livius und Dionysius: 1. ältere quellen 
bei Livius, neuere bei Dionysius; 2. cognomina und jabresanfänge. 
p. 612 bei Livius finden sich namentlich vom IS. buche an kurze, 
streng annalistisch gefasste notizen. ^ Livius beruft sich oft auf 
die scriptores antiqui, antiquiores, oder antiquissimi, namentlich 
Fabius; Diouysios erklärt, dass Fabius und Cincius die ältere rim. 
geschichte nur oberflächlich behandelt hätten. % 5. constatirung 
einer von Livius und Dionysius gebrauchten jüngern quelle. Auf- 
gabe bei deren analyse. p. 614 kommt Nitzsch vorläufig zu dem all- 
gemeinen resultat 1) dass die ältere geschichte der römischen republik 


536 Jahresberichte. 


bei Dionysius bis zum schlusse des 9. buches, also bis zur rogation 
des Terentilius aus einer verhältnissmässig späten quelle stammt, 
als die Licinius Macer zu bezeichnen jetzt schon Nitzsch geneigt 
ist; 2) dass Dionysios diese quelle von hier ab mit.einer andern ver- 
tauschte, während Livius, der früher eine oder mehrere relativ äl- 
tere benutzte, gerade hier zu jener jüngern quelle griff und ihr 
folgte; 3) dass aber für das zweite decemvirat jedenfalls beide 
die schon früher gebrauchte jüngere quelle benutzt haben, p. 616. 
Nitzsch schliesst die untersuchungen des 1. cap. mit dem resultate 
dass 1) die Livianische darstellung unzweifelhaft älter, einfacher 
und wie günstig auch für Valerius Publicola, so doch von den 
Valerischen übertreibungen, die sich bei Plutarch finden, vollkom- 
men frei ist. 2) dass die darstellung des Dionysius in merkwür- 
diger weise die beiden ebengenannten darstellungen durch einander 
arbeitet und zur emendation der einen durch die andere benutzt. 

Cap. IT. Die analyse der Livianischen und Dionysischen erzäh- 
lung mit hinzuziehung der Plutarchischen biographie des Publicola ; 
vom anfang der republik bis zum tode des M. Valerius. 2 1. Livius 
und seine quelle. 2 2. Plutarch- Valerius und das verhältniss des 
Dionysius zu den beiden andern darstellungen. Charakter der drei 
darstellungen, unter einander verglichen, p. 619. Das verhältniss 
des Dionysius wird man so bezeichnen können, dass wir bei ibm 
diese beiden darstellungen, die uns Livius und Plutarch bieten, zu- 
sammeugearbeitet finden, p. 621. Nitzsch zieht aus seiner bisheri- 
gen betrachtung das resultat, dass von den drei hier vorliegenden 
redactionen die Livianische entschieden die älteste, die Plutarchisch- 
valerische die zweite, die des Dionysius, fiir welche er sich auf 
römische quellen beruft, unzweifelhaft die jüngste ist und also jün- 
ger als Valerius Antias. & 3. der charakter der Dionysischen er- 
zählung im besondern. @ 4. die Dionysische erzählung und ihre 
eigenthümlichkeiten stammen nicht von Dienysius, sondern der jün- 
gern quelle. P. 627 sieht sich Nitzsch durch die angestellten be- 
obachtungen darüber vergewissert, dass die geschichte der anfänge 
der republik bei Dionysius auf seine quelle und ihre compositions- 
weise und nicht auf seine eigene mischung zurückzuführen ist. 
2 5. spuren derselben eigenthümlichkeit in den andern stücken der 
jüngern quelle. @ 6. stellung der weitern fragen. 

Zweiter artikel. rhein, museum XXIV. (1869) p. 145—180. 
cap. III. äussere analyze der erzählung Liv. II, 16—41. @ 1. die 
unzweifelhaft alten stücke II, 16—21 und II, 33— 41, Liviu’s ver- 
hältoiss zu den ältern quellen. 4 2. die Coriolansage bei Livius. 
Q 3. das zwischen den ältern stücken liegende jüngere stück der 
Liv. erzählung 11,22 —32. 4. das übergangsstück Liv. II, 29— 
32 und die geschichte der secession. % 5. resultat der vorstehen- 
den analyse. Ueberschauen wir, heisst es p. 157, jetzt die resul- 
tate unserer bisherigen quellenanalyse: die ültern quellen lieferten 











Jahresberichte. 537 


Livius die abschnitte cap. 1—21 und cap. 31— 43; die dazwischen- 
liegenden entuahm er jüngern quellen und zwar bis cap. 29 dem 
Valerius, bis cap. 31 dem Licinius. Diesen letztern nahmen wir 
als die grundlage der Dionysischen erzühlung an, soweit sie Liv. 
H, 1 — 43 entspricht. Danach gestaltet sich die möglichkeit der 
quellenvergleichung hier für uns folgendermassen. Wir können für 
den Liv. ll, 1— 16 erzählten abschnitt drei verschiedene massen 
vergleichen, die ältern quellen bei Livius, Valerius in Plutarchs 
Poplicola, Licinius im Dionysius. Livius a. o. 16 — 21 haben wir 
die ültern, daneben bei Dion. V, 49 — VI, 24 Licinius. Ebenso 
liegt das verhältniss für den abschnitt Dion. VI, 45 — VIII, 63. 
Dagegen haben wir für Liv. a. o. 22 —29 bei ihm Valerius, bei 
Dion. VI, 25 — 34 Licinius, jedenfalls nur zwei jüngere quellen ; 
nur ein und dieselbe quelle, also Licinius, haben wir für die strecke 
Liv. cap. 29—31 bei ihm und bei Dion. VI, 34—44. 

Cap. IV. Die grundanschauungen der constatirten verschiede- 
nen quellen. 2 1. die stellung der beiden stände a) in der Altern 
quelle des Livius. & 2. b) in der jüngeren quelle bei Dionysius. 
Q 3. c) in der jüngeren quelle des Livius. 

Cap. V. Die Livianische erzählung vom bündniss mit den 
Hernikern bis zum zweiten consulat des Q. Fabius II, 41 — III, 3. 
2 1. das ältere stück II, 44 —52 Fabischen ursprungs. @ 2. der 
vorhergehende abschnitt bei Dion. Liv. und ihren quellen. @ 3. 
der auf das Fabische stück folgende jüngere abschnitt bis zu dem 
ersten consulat des @. Fabius Liv. II, 51—HI, 4. 2 4. charakter 
der livianischen quellenbenutzung im ganzen und am schluss des 
bisher behandelten stückes Ill, 1—5. p. 179. 

Versuchen wir, fáhrt Nitzsch fort, es aber hier am schluss dieser 
ersten hauptabtheilung noch einmal die bisherigen resultate, die jetzige 
lage unserer untersuchung môglichst klar zu machen. Livius hatte 
soviel wir erkennen können bis III, 5 hauptsächlich zwei quellen, an 
die er sich hielt: Fabius und Valerius. Wo wir den reinen, unver- 
miscbten Valerius (Plut. Popl) und den unzweifelhaft Fabischen 
text des Livius vergleichen konnten, sehen wir 8) dass auch die 
Valerische grundlage jenes ältere material benutzt, aber vervoll- 
ständigt und umgestellt hatte; b) dass beide wieder combinirt er- 
scheinen in der erzáhlung des Dionysius. Wir waren veranlasst 
anzunehmen, dass Fabius im ganzen wesentlich grössere stücke 
sagenhafter erzühlungen auch anderer geschlechter und daneben 
ganz kurze annalistische notizen bot, sonst nur ausführliche stücke 
aus der geschichte seines . geschlechts. Daneben aber fanden sich 
auch bei ihm schon doppelberichte unkritisch neben einander ge- 
schoben und zwar besonders beim übergang von den grossen sa- 
genhaften erzählungen in die mehr annalistische geschichte. 

Valerius liess, soweit wir sahen, die annalistischen partieen 
aus oder arbeitete sie ins breite, aus den ausführlichen partieen 


538 Jahresberichte, 


. vindicirte er soviel möglich seinem geschlecht. Er führte und zwar 
immer zur ehre seines geschlechts neue stücke ‘ in die geschichte 
der verfassungskämpfe ein, wodurch Fabius darstellung gleichsam 
übertüncht wurde. Ich meine eben die geschichte der schuldnoth 
und der damit verknüpften bewegungen bis zur secession. Wir 
entdeckten reden und zusammenhängende debatten, mit denen er 
unzweifelhaft seine darstellung vervollständigt. Erinnern wir uns 
namentlich des Plutarchischen Poplicola, so kann kein zweifel sein, 
dass seine darstellung wirklich so lebhaft und frisch war, wie sie 
an den von uns als Valerisch bezeichneten stellen des Livius nicht 
selten erscheint. Denkt man sich diese Valerische darstellung reich 
an neuem kriegs- und zum theil verfassungsgeschichtlichen detail 
jener ältern zum theil wohl sehr lebendigen, zum theil aber auch 
ganz einsilbigen darstellung gegenüber, so begreift man, dass sie 
einen entschiedenen eindruck äussern und die leser anziehen musste. 
Die dritte redaction der überlieferung, als deren haupturheber wir 
Licinius aufstellen, erschien bis hierher bei Liv. II, 29 — 31, sonst 
vollständig bei Dionysius. Sie schloss sich zum theil ganz ent- 
schieden der Valerischen darstellung an, aber ging daneben zum 
theil noch einmal wieder auf Fabius zurück. Die geschichte der 
anfänge der republik, die der ersten secession und die erzählung 
von Coriolan zeigte in dieser redaction sich im detail sowohl wie 
in den grössern massen aus den beiden andern erzählungen fast 
gewältsam zusammengeschweisst. Daher ergab sich für sie das 
bedürfoiss die widersprüche zwischen diesen beiden ihr vorliegen- 
den erzählungen auszugleichen, die sich so scheinbar oder wirklich 
zeigten zu ergänzen oder zu vertuschen. Was das äussere, die 
form, und den tenor ihres vortrags betrifft, so ist hier zunächst 
noch nicht der ort, darüber zu urtheilen. Für die ältere oder äl- 
teste erzählung haben wir an den einzelnen partieen des Livius, 
für die des Antias an Plutarchs Poplicola einen massstab unserer 
cherakteristik; ob Dionysius uns wirklich nun einen solchen für 
die vergegenwärtigung seiner hauptquelle giebt, muss schon dess- 
halb vorläufig noch zweifelhaft bleiben, weil nach unserer annahme 
in dem folgenden abschnitt dieselbe quelle von Livius benutzt ward. 
Wir werden also den vortheil haben, jenen autor in zwei verschie- 
denen — wenn man so sagen darf — bearbeitungen kennen zu 
lernen, 

Dritter artikel. Rhein. museum. bd. XXV (1870) p. 75 — 
128. cap. VI. (nr. 29) die Livianische erzählung im anschluss an 
die bisher von Dionysius benutzte quelle Ill, 6—35, die des Dion. 
IX, 67 — X, 58 an eine andere, als die er bisher benutzt. 

è 1. das übergangsstück. Liv. HI, 6 — 9. 

Nitzsch kommt p. 79 am schlusse dieser vergleichung zu fol- 
genden sätzen: 1) die darstellung des Dionysius ist nicht etwa 
eine schlechte abkürzung des Livius. Sie ist für sich selbstän- 








Jahresberichte. 539 


dig, nur in ihr entspricht die angabe der triumphe der der kriege- 
rischen resultate. — 2) bei Livius ist vielmehr diese Dionysische 
darstellung ungeschickt mit einer andern verarbeitet, welche den 
Q. Fabius entschieden in den vordergrund stellte. — 3) die dar- 
stellung des Livius steht also hier in einem ähnlichen verhültniss 
zu der des Dionysius, wie die des letztern bisher zu der des Li- 
vius stand, früher gab Livius immer die einfachere, Dionysius die 
zusammengesetzte masse, hier umgekehrt. — 4) hier finden wir 
bei Livius-Licinius eine entschieden Fabische darstellung zusam- 
mengearbeitet mit einer zweiten, deren zahlendetail, was Livius 
anführt, auf Valerius Antias leitet. Diese zweite findet sich ganz 
rein bei Dionysius, nur dass er nicht jene detailangaben über die 
verluste, wohl aber zahl und grüsse einzelner agirender abtheilun- 
gen angiebt, — 5) diese darstellung des Dionysius ist also höchst 
wahrscheinlich Valerius Antias und wir kónnen zunächst auch für 
das vorhergehende jahr keine andere annahme zulassen. 4 2. der 
allgemeine charakter der folgenden Dionysischen und Livianischen er- 
zühlung: 2 9. ültere stücke, die bei Livius auszusondern und charakter 
der übrigen. — @ 4. Valerische züge in der erzählung des Dion. 
X, 1 ff. — 2 5. spuren der ültern erzühlung bei Livius. — % 6. 
die gegensätze der beiden quellen und ihre verschmelzung bei Li- 
vius. 58) der process des Kiso Quinctius. — 2 7. b) der überfall 
des Appius Herdonius. — $8. c) die ältere und die beiden jüngern 
quelleu. Liv. III, 18— 30 und Dion. X, 17 — 30. — % 9. die 
annalistischen stücke. Liv. Hf, 31 ff. und ihre verwerthung durch 
Licinius. — % 10. die errichtung des decemvirats. — Cap. VII. 
die beiden erzählungen vom zweiten decemvirat bis zur einsetzung 
der censur. — @ 1. das zweite decemvirat, — 4$ 2. die leges Va- 
leriae Horatiae nach Liv. HI, 55. — § 3. von den leges Valeriae 
Horatiae bis zur einsetzung der censur. 

Mit diesen wenigen und hóchst unvollstindigen andeutungen, 
die nur kaum annüherend ein bild der sehr ins einzelne gehenden 
untersuchung geben, muss ich mich begnügen, um für die nachfol- 
genden erscheinungen raum zur besprechung zu behalten. 

In der gleichen weise, wie im festgruss der Würzburger 
philol. gesellschaft, behandelte L. Grasberger (nr. 30) im philologus 
bd, XXVIII (1869) p. 344 ff. eine grössere anzahl von stellen, 
beschrünkte sieh aber dabei auf buch X und XI, für die er also noch 
Reiske's ausgabe benutzen musste. Ueberzeugt von der wichtigkeit 
der beobachtung des individuellen sprachgebrauchs erforscht er die- 
sen und sucht auf grund desselben dem Dionysius zu seinem eigen- 
thume zu verhelfen. Die abhandlung erschien zu spüt, um noch 
von Ad. Kiessling für den text der genannten bücher benutzt wer- 
den zu köunen; doch finden wir in der adn. crit. seine bemerkun- 
gen hin und wieder erwäbnt, X, 9 (12, 13) verlangt Grasberger 


540 Jahresberichte. 


vj Brat wong; gerechtfertigt wäre auch der accusativ, wie er 
selbst hinzufügt. Diesem vorschlage gegenüber erlaube ich mir 
auf III, 23 (249, 15) 16 Biuiwm xaIaıgednvas hinzuweisen. X, 
10 (14, 28) soll bei der häufigen verwechselung der liquidae aà- 
dove aus aPeoovc verschrieben sein. X, 12 (18, 32) 1@v davi 
naAwv, schon wegen des begriffs Zonufa. X, 14 (20, 32) ovu- 
zourıwv. Ueber X, 30 (48, 1) vgl. observat, crit. p. 332. X, 
43 (65, 23) statt xeyonuévm vielmehr éEnoruuérn. X, 51 (75,23) 
streicht Grasberger, wie er nach Reiske angiebt, nit dem cod. Ur- 
binas duty nach &v elddowv. Kiessling jedoch hat vui» im texte. 
XI, 9 (104, 4) wird man sich nur schwer zu einer änderung von 
Éyovo, in did yovoi entschliessen können. X1,22 (120,10) möchte 
Grasberger dvmvurov für avonrov im texte sehen, während Kiess- 
ling &vogrov und ov dediov umgestellt hat, womit allerdings ein 
befriedigender sinn hergestellt wird. XI, 26 (125, 22) zunsplay 
y  ixav]» — Aoyov té co, macht die periode jedenfalls gefälliger 
als Zuneiglav dì — Aoyov dé oo. XI, 49 (157, 3) scheint 
auch mir besser xa/, das in cod. L, fehlt, zu streichen, als xad7 
daraus zu machen, xaf ist jedenfalls durch dittographie (v(xass — xat) 
entstanden. XI, 49 (157, 29) ist &A£ovg mit recht in ZAsov geän- 
dert. Auch XI, 60 (167, 23) wird man vielleicht Grasberger 
beistimmen können, wenn er den dat. av: nach xurécxnnrey ver- 
langt. 

a" demselben bande p. 546 ff. erschien ein zweiter aufsatz von 
Grasherger, in welchem er solche stellen aus b. I—IX behandelt, 
in welchen beide handschriften einen hiatus aufweisen, wührend 
eine genaue beobachtung von stil und ausdruck nicht selten durch 
beispiele nachweisen dürfte, dass dem sprachgebrauch genüge ge- 
than und der hiatus beseitigt werden kann. Wie hier führt Gras- 
berger auch p. 548 eine beobachtung von Ritschl und Sintenis 
aus, indem er solche schreibfehler, die durch einen gleichklang der 
endungen oder eine dadurch veranlasste auslassung einer silbe oder 
eines ganzen wortes herbeigeführt worden sind, zu verbessern sucht. 

Doch gehen wir zum einzelnen über: L 78 (97, 16) üxaQos- 
mt TI O0oyf Lowpevor; letzteres ist gewiss nicht richtig, während 
das eingeschobene 77 sich in ähnlichen ausdrücken an andern stel- 
len findet. Zu Il, 2 (118, 28) weist Grasberger durch mehrere 
beispiele nach, dass Dionysius zur vermeidung des biatus im hinzu- 
fügen des artikels gewechselt habe; so sagt er 2. b. zó twv Aÿ- 
govyxwy E9vog VI, 32, dagegen Ill, 10 70 uiv ABavwv yéfvog; 
demnach ist II, 2 révos dè THY > dA Bay das richtige. 1,37 (44, 

4) hält Grasberger “4Afcavol in der zusammensetzung von Tygenvia 
xai °.A. für verschreibuug und "Arßavn für das richtige, wührend 
er Ill, 2 (211, 30) eig zv» 'AAfavjv in dg rj» "AAßavwv ver- 
bessern will. Auch ich glaube, dass IV, 63 (86, 24) der plur. 
dé oiv» tedmwy nur aus gründen des hiatus gewählt sei; um die- 








- Jahresberichte. | 541 


sen zu vermeiden hat gewiss Dion. VI, 52 (274, 22) xwdövwv 
xal noAfuwv geschrieben, wie p. 548 Grasberger richtig bessert. 
Was er p. 552 zu V, 19 (136, 5) über Zyovzeg und XI, 9 (104, 
4) über éyouos sagt, die in die betreffenden formen von &yo ver- 
wandelt werden sollen, überzeugt mich nicht. VI, 49 (271, 22) 
beweist Grasberger mit vielen beispielen, dass xai év eionvn xoi 
xaro modéuovs für x. à. el. x. iv nol£uoss zu schreiben sei; ohne 
an der richtigkeit des vorschlags zu zweifeln, will ich nur auf II, 
23 (142, 12) à» sionvn wiv — iv modéum dé hinweisen. Der 
änderung von rà» Jgusufio» VI, 76 (303, 4) in zov 3giaufov 
werden wir wobl unbedingt zustimmen. Wie im Würzb. festgr. 
p. 24f. behandelt Grasberger auch hier p. 549 ausgehend von 
VI, 92 (323, 15) oros éyévero das intensive imperfect und stellt 
dasselbe an mehreren stellen wieder her. VII, 26 (34, 19) will 
derselbe £/wy in den text aufgenommen haben, das auch Kiess- 
ling in der adn. crit. fragend vorschligt. p. 549 spricht er über 
unrichtige auflósungen von abkürzungen; solche hat z. b. seiner 
ansicht nach VII, 42 (51, 4) stattgefunden, wo dseSvovrwy, wie 
er meint in dse&sovzog im einklange mit cap. 41 init. zu schreiben 
ist. In demselben cap. 42 (57, 19) sieht er das bestätigt, was 
Sintenis III, p. 5 über die verwechselung von synonymen ausdrücken 
bemerkt hat; er will nemlich für ovugooal vielmehr diaqogaf, da 
jenes zu allgemein sei. Den änderungen von agswoeé u in a. 
zov VII, 52 (64, 17) und wtev £r, iu EwFev evduc VII, 59 (74, 
9) wird man kaum zustimmen kónnen, unbedingt dagegen wiederum 
VII, 65 (84, 1) wo zugayrixoi Toig zoómoig in v. todg 1Q07r0vG 
geändert wird. VIII, 81 (206, 19) wird für das bei Kiessling 
im texte befindliche: of dày dyavei re do&n yegousvor xoi Ble sic 
tanevd mit Sint. lll, 25 und Kiessling iy gave 176 00Ën y. 
und dann ohne zweifel nothwendig xai Blwv sig tameva geschrie- 
ben. Von der nothwendigkeit VIII, 88 (218, 21) cvufoAo( in 
cvunioxaí zu ändern bin ich wenigstens nicht so unbedingt über- 
zeugt, als Grasberger selbst, der es das komische resultat einer 
nachlássigen verwechselung nennt. 

Mit dem vierten bande, der 1870 (ur. 31) erschienen ist, er- 
reichte Kiesslings ausgabe 1870 nach einem ablaufe von 10 jahren 
ihr ende; er enthält buch X und XI, sowie die excerpta der nach- 
folgenden-bücher der archaeologie. Nachdem wir über die hand- 
schriftliche grundlage dieses baudes, welche, wie wir sahen, eine 
sehr manigfaltige ist, wenn auch nur kurz oben gesprochen haben, 
füge ich nur noch hinzu, dass sich am schlusse des bandes ein 
index scriptorum p. 271 f., sowie ein index nominum p. 273 f. 
findet. Mit ausnahme der bereits angeführten vorschlige Grasber- 
gers, die ja ebenfalls nur in der adn. crit. beachtung von Kiess- 
ling finden konnten, standen ihm bei seiner herausgabe nur die 
vorschlige von Sint. zu gebote, die aber auch nicht für diese 








542 Jahresberichte. 


theil der archaeologie ein so reiches material boten, als für die 
vorangehenden. Aus den selbständigen vermuthungen Kaysers in 
seiner recension dieses bandes, Fleck. jahrb. 101, 1870 (nr. 34), 
hebe ich folgendes heraus: X, 5 (7, 27) nennt Kayser die wie- 
derholung der negation un sehr auffällig ; sehr richtig, doch dürfte 
sein vorschlag ov wovov zu schreiben kaum das wahre treffen; in 
ABa fehlt un vor uoyor und ist in der that überflüssig. X, 27 
(43, 3) will Kayser meg? rov Eu’ avip (sc. vy vlxn) im texte 
sehen. X, 35 (55, 1) soll adixoîro, X, 41 (62, 14) 16 Errope- 
voy das ursprüngliche sein. Kayser weiss offenbar nicht, dass 70 
TE Ed pevov bei Sylburg und Reiske im texte steht. X, 53 (79, 3) 
gehört guipaoi nach Kayser und zwar ohne artikel nach épowué- 
vous. X, 54 (80, 14) ist nt, X, 55 (82, 12) 7u@v zu streichen. 
Ich abergche die zahlreichen stellen aus dem XI. buche, an denen 
Kayser die nachweisbaren lücken mehr oder minder wahrscheinlich 
auszufüllen sich bemüht. XI, 16 (111, 30) betrachtet er die 
worte vmsogfoÀy — nudiv (2. 24— 26) als blosse variante der 
worte z. 30 xai slg tour’ Nxovow eundelas , por de pavtac. 
XI, 33 (135, 30) dürfte genügen our evoynwovi dixng tovIO 
garın mgopace, zu ändern für Go» ev. dixn r. m. z. XI, 40 
(186, 4) ist £495; wie Kayser verlangt nach oùdì dédosxe un un- 
zweifelhaft richtig gebessert. Auch für die bücher XII—XX fügt 
Kayser p. 726 einige bemerkungen und vorschläge hinzu: XH, 1 
(173, 10) stimmt Kayser der von Kiessling vorgeschlagenen ände- 
rung — i£ avdownwv in &dvIqwaoy — bei; nicht so der recen- 
sent in Zarncke’s centralblatt 1870 p. 872 (nr. 32), dessen will- 
kürliche und unbewiesene vermuthungen zu verzeichnen ich hier 


verzichte; dieser denkt an 2&afcıov, zu dem er von einem éavoy 
kommt! XII, 2 (174, 6) versucht Kayser die stark corrumpirten 
worte dadurch herzustellen, dass er folgendes schreibt: d:doixQc 
— Aw un launçoregor LE aorcroxgatlas Eaurör Tomjontas, 
el uvoç End Posto 0x7, n 10» dnuov &EegeFlon noùç avtov xoi 
idialins wy èx Ts érasgelug Enıßovimv x. v. À. XII, 4 (178, 23) 
will Kayser die verderbniss dadurch heben, dass er z. 21 xaè und 
darauf 7 un» tilgt und zec97vos für mevotévrac schreibt. XII, 
14 (187, 13) soll sodgueiy wiederum ein ungeschicktes glossem 
sein. Ich breche hier ab, um mich denjenigen literarischen er- 
scheinungen zuzuwenden, welche mir seit 1870 d. h. also seit der 
vollendung der Kiessling'schen ausgabe bekannt geworden sind. 

Am schlusse des ersten bandes seiner 1871 herausgegebenen 
adversaria critica behandelt Madvig (nr. 37) c. 20 stellen, die dem 
I. buche der archaeologie angehören, und ihm wie er hinzufügt 
beim durchlesen des Kiessling'schen textes einer ünderung zu be- 
. dürfen schienen. Was mir von denselben der erwübnung und eine 
spätere aufnahme in den text zu verdienen scheint, ist etwa fol- 
gendes; doch sei im allgemeinen bemerkt, dass der werth der be- 


Jahresberichte, 543 


merkungen ziemlich unbedeutend ist. c. 29 (35, 12) verwirft 
Madvig 7 nach xafro und die frageform, mit recht; beides ist 
aber erst durch Reiske in den text gekommen. 30 (35,29) wird 
ying nach unrgonoAswg als glossem gestrichen. 41 (50, 15) muss 
es natürlich Fadurzio:s heissen, wie es ja bei Reiske steht. Da 
auch Madvig sämmtliche litteratur als nicht vorhanden betrachtet, 
so weiss er natürlich nicht, dass c. 63 (77, 6) doxovow oi dev- 
téow pera tv èEodov ijv P Toolug Er œpéoortes avide exóza 
uaddov Aéyew L. Grasberger W. festgruss p. 11 behandelt, auznv 
auf ein aus éxt{o9n herauszunehmendes xz/oss bezieht und für Y£- 


govreg vielmehr avagégovteg = reddentes, referentes vorgeschlagen 
hat. Madvig denkt an — Toolag imigégovreg Evvavıd x. v. A. 


Uebrigens macht schon Reiske, den natürlich weder Grasberger 
uoch Madvig einzusehen für nöthig halten, die bemerkung: gégov- 
tag h.l. est moogvé£uoyreg, attribuentes, imputantes. adıny redit. ad 
zv xtlow, quod voc. e praemisso éxtloFar tacita cogitatione est 
addendum. c. 65 (80, 10) ist das von Madvig vorgeschlagene 
xarà téin lÀag te für das von Kiessling in den text gesetzte xara 
z£Àg &Aacacıy eine recht gelungene änderung. Ebenso richtig wird 
74 (92, 10) die präposition dro vor rot Poynelav dr wou yevo- 
uev aus dem texte gestrichen. 86 (112, 2) ist o 8 (0 "Po pos) 
Gravaxtei te xal deva moritas, WG dmernuéros Un’ avrov, Wo 
Madvig p. 725 ohne weitere bemerkung wg denzramputvos zu 
schreiben befiehlt, in den handschriften überliefert. Hätte Madvig 
‚mehr im Dionysius von Halikarnass gelesen und auch die von Casau- 
bonus zu I, 39 gemachte anmerkung, die also lautet: voce diagrà- 
oFas delectatur Dionysius et varie utitur, sed fere significat animum 
suspendere et decipere. diagrwpevos per anatw uevos explicat Suidas 
gekannt, so würde er ohne zweifel jene hóchst überflüssige ünde- 
rung vorzuschlagen unterlassen haben. 

In meinen observationes criticae (nr. 38) suchte ich cap. I 
auf grund möglichst sorgfältiger beobachtung des eigenthümlichem 
sprachgebrauchs des Dionysius solche stellen zu ündern, die vom 
der so gewonnenen regel abwichen. Ich hielt es damals der an- 
schaulichkeit wegen für geboten sämmtliche von mir in den anti- 
quitäten aufgefundenen parallelstellen anzuführen, um der vorge- 
schlagenen änderung grösseres gewicht zu verleihen. Dass mir 
trotzdem hin und wieder ein beispiel entgangen ist, habe ich spä- 
ter bemerkt, doch keins gefunden, welches das gewonnene resultat 
umzustürzen im stande gewesen wäre. So wäre zu p. 206 noch 
XX, 14 (208, 1) aynveyxov, zu p. 315 noch Il, 38 (161, 16) 
En xoelog. HMI, 17 (236, 11) Zyn qaouras. V, 5 (116, 27) 
Epn neo VI, 28 (246, 31) £gm tr» nachzutragen. Im II an 
umfang viel kleinern cap. versuchte ich dann einige stellen, die 
mir sonst verderbt schienen, ohne rücksicht auf den sprachgebrauch 
herzustellen. —  Aehnliche grundsätze leiteten mich, als ich im 





544 Jahresberichte, 


jahre 1874 im programm der Aargauischen Cantonsschule (nr. 42) 
namentlich solche stellen behandelte, die mit der hiatusfrage in bezie- 
hung standen. Ich hoffe wenigstens soviel damals gezeigt zu haben, 
dass auch Dionysius seine bestimmten feststehenden gesetze hat, 
denen er folgt, hoffe auch gezeigt zu haben, dass dieselben durch 
die unkenntniss der abschreiber oft und in der verschiedensten 
weise verletzt sind. In jüngster zeit hat Aug. Tegge p. 5 anum. 
mir einen- vorwurf daraus gemacht, dass ich nicht beachtet habe, 
dass Dionysius von Halikarnass nicht in allen büchern seines werkes 
mit derselben sorgfalt den hiatus vermieden habe. Ich muss ge- 
stehen, dass mir diese ansicht vollkommen neu, aber auch so lange 
unglaublich ist, bis Tegge den versprochenen beweis seiner be- 
hauptung geliefert haben wird; bis dahin muss es mir schon er- 
laubt sein daran zu zweifeln, dass ein schriftsteller mit bewusst- 
sein so verfahren ist. Doch ich lasse mich gerne belehren. p. 24 
— 29 liess ich eine reihe von verbesserungen verschiedener art 
folgen, worauf ich im Il. theil p. 30—38 vulgärformen und solche 
formen, die überhaupt und auch bei Dionysius keine sind, behandelte, 
Meine bemerkung p. 35 zu VIII, 18 (122,8) verdient insofern einen 
kleinen nachtrag, als die form ovrfora auch Ill, 41 (279, 18) 
sich im cod. B findet; Kiessling nahm ovrforuro in den text auf. 

Ueber das verhältniss des Dionysius von Halikarnass und Li- 
vius handelt C. Peter im Rhein. museum bd. XXIX (nr. 41) und 
bezeichnet als den zweck seiner nachstehenden abhandlung die stel- 
len nachzuweisen, wo sich bei Dionysius und Livius in der beider- 
seitigen darstellung der begebenheiten der gemeinsame kern der 
überlieferung erkennen lässt, d.h. wo die iibereinstimmung von der 
art ist, dass sie nur durch die annahme einer gemeinsamen be- 
nutzung derselben quellen erklärlich wird. Ehe Peter zum beweise 
die parallelstellen aus beiden anführt, schickt er p. 514f. einige 
bemerkungen über die tendenzen und eigenthümlichkeiten des Dio- 
nysius voran, aus denen die erweiterungen und zusätze und ver- 
änderungen hervorgegangen sind, mit welchen er den kern der 
überlieferung umhüllt hat. Dionysius schreibt für Griechen und 
das ist der grund, wenn er öfters dinge übergeht, die ihm für 
seine griechischen leser zu schwer verständlich und zu wenig in- 
teressant scheinen, p. 514. An verschiedenen beispielen weist Pe- 
ter die allgemein anerkannte eigenthümlichkeit des Dionysius nach, 
immer und bei jeder gelegenheit pragmatische reflexionen anzu- 
bringen, p. 15. Als besonders deutliches beispiel führt er die auf- 
fassung des comitienwesens und einige andere an. Am deutlichsten 
jedoch verräth sich die art und weise des Dionysius in seiner 
rhetorik, p. 522. Die p. 525 aufgeworfene frage: hat Dionysius 
nur wiedergegeben, was er in den quellen, den rim. annalisten, 
vorfand oder sind die dinge, die wir bisher als für sein werk 
charakteristisch zusammengestellt haben, seine eigenen erfindungen 








Jahresberichte. 545 


bezüglich seine eigenen fehler, wird von Peter durch die behaup- 
tung beantwortet, dass Dionysius das, was er in seinen quellen 
fand, vielfach umgestaltet, erweitert und veründert hat, p. 525. 
Eine weitere frage, ob Dionysius nicht einen oder auch mehrere 
quellenschriftsteller benutzt hat, welche dieselben tendenzen ver- 
folgten, und denen er also das, was in seiner auffassung und dar- 
stellung durch seine tendenzen bedingt ist, entnommen hätte; führt 
Peter p. 527 zu den róm. annalisten. Reden in solchem übermass 
wie von Dionysius sind von diesen nicht angewandt. Auch kann 
niemand glauben, dass die pragmatischen reflexionen in einer so 
spitzfindig-trivialen und weitläufigen weise und zugleich mit einer 
so offen hervortretenden unkenntniss der rim. verhältnisse einge- 
flochten seien, p. 529. Ein weiterer beweis für die freie selb- 
ständige bewegung des Dionysius sind die zahlreichen erklärungen 
und erlüuterungen theils über seine eigenen absichten, theils über 
gegenstände seiner darstellung, p. 529. Endlich aber giebt uns 
Dionysius auch selbst das recht, ihm nicht nur freiheit in der be- 
nutzung seiner quellen und überhaupt in seinem verhalten der ge- 
schichtlichen wahrheit gegenüber, sondern auch willkür und ge- 
wissenlosigkeit beizumessen, durch die urtheile, die er über andere 
geschichtschreiber fallt, p. 530. — 

Nach solchen einleitenden bemerkungen geht Peter im zweiten 
theile p.532 dazu über Livius dem Dionysius gegenüber zu stellen; 
voran schickt er p. 533 parallelstellen aus den röm. annalisten 
und Livius, um zu zeigen, dass wir bis Livius im wesentlichen 
den kern der überlieferung besitzen. P. 536 geht Peter auf den 
hauptgegenstand seiner untersuchung über, nemlich durch gegen- 
überstellung der parallelstellen aus Dionysius und Livius zu be- 
weisen, dass Dionysius diesen kern nur durch zusätze und umge- 
staltungen verhüllt hat; denn das thatsächliche, was wir im Livius 
besitzen, lässt sich meistens auch im Dionysius wiedererkeunen, 
und zwar so, dass selbst in der form vielfach die gemeinschaft- 
liche quelle hervorleuchtet. — Das erste buch des Dionysius ist 
vorzugsweise das produkt der zoayuazel« des Dionysius selbst, 
während Livius dieselben dinge überliefert, poeticis magis decora 
fabulis quam incorruptis rerum gestarum monumentis, nur sum- 
marisch in wenigen capiteln berichtet. Daraus ergiebt sich, dass 
bier der berührungen zwischen Dionysius und Livius nicht allzu- 
viele sind, Nach abschluss dieser vergleichenden gegenüberstelluog 
fasst C. Peter das resultat seiner untersuchung kurz dahin zu- 
sammen: 

Es wird 1) anzunehmen sein, dass die abweichungen des 
Dionysius von Livius zum grossen tbeil nicht in der benutzung . 
anderer quellen ihren grund haben, sondern in eigenen zusätzen 
und veränderungen des verfassers, welche theils aus seiner tendenz, 
die römische geschichte den griech, lesern interessant, leicht ver- 


Philologus. XXXVI. bd. 3. 35 


546 Jahresberichte. 


ständlich und zugleich für die Römer möglichst günstig darzustel- 
len, theils aus seinem bestreben seine politische weisheit und seine 
gelehrsamkeit leuchten zu lassen, theils aus redseligkeit und der 
rhetorischen künstelei nicht nur des Dionysius, sondern der griech. 
schriftsteller der zeit überhaupt, theils endlich aus seiner geringen 
achtung vor der strengen historischen wahrheit entsprungen sind. 
Die annahme, dass diese zusätze und veränderungen aus einem oder 
mehreren röm. annalisten herrührten, ist theils durch den gleich- 
-mässig individuellen charakter der darstellung des Dionysius, theils 
durch die beschaffenheit der zusátze und veründerungen, theils und 
vornemlich dadurch ausgeschlossen, dass, soweit wir im stande sind, 
eine vergleichung anzustellen, die annalisten nicht in der weitläu- 
figen, rasonnirenden, alles bis ins kleinste erläuternden weise des 
Dionysius, sondern vielmehr in der des Livius, nur, wie sich von 
selbst versteht, nicht so gewählt und abgerundet geschrieben ha- 
ben. Es bleiben freilich steilen übrig, wo Dionysius wirklich einen 
historischen stoff bietet, den Livius nicht hat. 

2) Bietet nun aber Dionysius wenig eigenes thatsächliches, 
ist vielmehr sein inhalt wesentlich der des Livius ‘und finden sich 
bei ibm auch in der form viele übereinstimmungen mit diesem, so 
ist, da keiner den andern benutzt haben kann, auch hieraus, wie 
aus den oben angeführten umstünden der schluss zu ziehen, dass die 
römische tradition, wie sie in den annalisten vorlag, eiue selbst bis auf 
die form vielfach übereinstimmende und im ganzen constante war. 

Den inhalt der arbeit von J. J. Müller Philol. XX XIV (ur. 44) 
gebe ich, da mir dieser band der zeitschrift nicht zugänglich 
gewesen ist, nach dem auszuge, wie er sich in der zeitschrift 
f. gymnasialwesen, herausgeg. v. Hirschfelder etc. X XIX. Berlin 
1875 p. 698 findet: das ergebuiss der untersuchung fasst der vf. 
in die beiden sätze zusammen: 1) Dionysius kennt nur zwei orga- 
nische abtheiluugen des rômischen staates, die gemeinsam der bür- 
gerlichen und militärischen verfassung zu grunde liegt: tribus und 
curien oder centurien, welche letztere für heer und bürgerschaft 
die niedrigste, für fussvolk und reiterei gleich geltende gesammt- 
einheit gelten. 2) Die worte des Dionysius verbieten es geradezu 
die decaden als politische glieder zu betrachten; er versteht unter 
ihnen die reiterabtheilungen, decurien, und führt sie nach der all- 
gemeinen gliederung des staates, mit der diejenige des fussvolks 
übereinstimmt, nachträglich an, um die militärverfassung in ihrem 
unterschiede von der politischen zu vervollständigen, wobei er sich 
aber sehr ungeschickt ausdrückt. 

Von den zwei in dem jahre 1876 erschienenen abbandlun- 
gen stelle ich die voran, die der zeit nach die frühere ist, nemlich 
F. K. Hertleins bemerkungen zu Dionysius Halicarnassensis im 
Hermes X. (nr. 45). Wenn ich bereits oben wiederbolt darüber 
zu klagen gehabt habe, dass es immer mehr und mehr üblich zu 





Jahresberichte, 547 


werden scheint, alles was bisher für einen schriftsteller geleistet 
worden ist, einfach als nicht vorhanden zu betrachten, sondern 
selbständig und nur zu oft ins blaue hinein unerwiesene und un- 
beweisbare vermuthungen in die welt zu schicken, so gilt das alles 
in erhöhtem masse von der arbeit Hertleins. In vornehmer weise, 
wozu doch nicht. die mindeste berechtigung vorhanden ist, wird 
sämmtliche litteratur über Dionysius vernachlässigt und an vielen 
stellen als neues eigenes ausgegeben, was schon lange vorher von 
andern gefunden ist. Den beweis dieser meiner behauptung liefern 
folgende stellen: I, 18 (22, 18) gviuxıv avro? xaracriouvrec. 
Hertl. p. 408, da der Chis. 2x’ adrovs bietet, 7’ avzatg (nemlich 
zalg vavot); der vorschlag ist von Madvig p. 722 gemacht. — 
I, 81 (103,11) xaréornour sig tov Baosdéa. Hertlein 409 zig za 
Baotiea. Die änderung ist von Sauppe Gott. gel. anz. 1861 p. 
1864 nicht nur gemacht, sondern auch begründet, was Hertlein 
niemals für nôthig halt. — 11,21 (140, 17) wo êxè wodv; Hertlein 
p. 409 we êni 10 noAv; vgl. Ad. Kiessling Basel. progr. 1868 p. 6, 
der dasselbe hergestellt hatte. — 11,40 (163, 12) £oixe dé za pera 
tavta yevoueva tv Illowvoc dAndectéquy mowi» anoxgsow. Hert- 
lein p. 410 azógacw. Was C. Sintenis spec. Ill, 17 über diese 
stelle sagt, wo er anöyaoıg schon lange vorgeschlagen hat, ist 
natürlich Hertlein ebenso unbekannt, wie das, was L. Dindorf in 
H. Stephan. thes. 1. gr. unter dzróxQgicig beibringt. — HI, 44 
(167, 15) ist die fehlerhafte von Stephanus eingeführte form éxs- 
I]0w0s, die von £wc abhängt, schon von L. Kayser in den Hei- 
deib. jahrb. 1868 p. 679 und mir Aar. progr. p. 33 verworfen. 
Hertlein p. 410. — 11,47 (171,3) schlägt Hertlein p. 410 als etwas 
ganz neues für madaliegoy te Akywv Eni roig xovelos zu schrei- 
ben vor: zadalregov Eu À. Tr. x. mit streichung von ént. Hierbei ist 
folgender thatbestand Hertlein ganz unbekannt: 1) hat schon Sylburg 
für x vielmehr £r, verlangt; dann hat Kiessling Basel. progr. p. 9 
noch einmal ohne Sylburg auzuführen die ünderung wiederholt ; 
endlich habe ich die stelle observat, crit. p. 293, wo ich sämmt- 
liche stellen zusammengestellt habe, besprochen uud so Sylburgs 
änderung bestätigt; 2) das in den handschriften befindliche èv hat 
wiederum schon Sylburg entfernt; Portus fügt hinzu: vel pro èy 
reponendum ni, vel certe tollendum. Sintenis spec. I p. 27 be- 
spricht die stelle aus einem andern grunde und fügt zu èv in klam- 
mern auch izí hinzu; Kiessling nahm mit unrecht êx{ auf, also 
war die ganze erörterung Hertleins in dieser form höchst über- 
flüssig. — 11, 55 (180, 9) und VI, 96 (327, 21) macht Hertlein 
p. 410 wiederum die sehr richtige, aber ebenso überflüssige be- 
merkung, dass an beiden stellen statt des simplex &yw wohl xaz- 
dyw in den betreffenden formen in der verbindung mit Jo(«uflov 
zu schreiben sei. Schade nur, dass an der zweiten stelle bereits 
Kiessling Basel. progr. p. 5, an der ersten ich Aar. progr. p. 27 


35° 


548 Jabresberichte. 


des richtige hergestellt habe. — III, 11 (228, 28) 7044 siyo» Eri 
Myew. Hertlein p. 411 verlangt ganz richtig 029° cv und ver- 
gleicht zum beweise VII, 52 und VII, 26. Dazu habe ich nur 
folgendes zu berichtigen: MI, 11 ist dieselbe änderung schon von 
C. G. Cobet Mnemosyne bd. IX, 320 gemacht. In ähnlicher weise 
hatte ferner Reiske 1, 29 (35, 16) à» nach Aoyor eingeschoben, 
was Kiessling aufgenommen hat; doch ist auch hier richtiger Ao- 
gov uv Gv EYE yevopevov zu lesen, wobei ebenfalls „der hiatus 
schwindet. VIII, 35 (144, 2) wo Sylburg elyor oùr w im texte 
las, in der anmerkung für o)» vielmehr ay verlangte, schrieb Reiske 
mit cod. Urb. wie auch Kicasling elyov pé w; allein das richtige 
wird auch hier eiyov piv dv w sein. — II, 65 (305, 17) weiss 
Hertlein nicht, dass zuAAa énirdaa für das handachriftliche roAiu 
2. von Reiske herrührt. Meiner ansicht nach durfte Kiessling die- 
ses nicht in den text aufnehmen und Hertlein also auch nicht der 
unnóthigen conjectur noch mit der einschiebung des artikels nach- 
helfen. — V, 29 (147, 14) Bovitvopéroig doris 0 Tg Enıßoving 
nv» teoros Hertlein p. 414 Zoras wie I, 82 und VI, 4; wiederum 
ganz richtig, nur rübrt die änderung von L. Grasberger Philol, 
XXVIII p. 349 her. — VI, 17 (232, 10) wo Kiessling êdénos 
dì ovdsvdg avt@ GyGvog nach eigener verbesserung schrieb, glaubt 
Hertlein p. 415 etwas ganz neues entdeckt zu haben, wenn er den 
fehler vielmehr in 0vderog sucht und ovdéy schreiben will mit 
beibehaltung von payns. Wiederum weiss er nicht oder will nicht 
wissen, dass dieses bereits L. Kayser Fleck. jahrb. bd. 93 (1866) 
p. 45 vorschlug, dem Kiessling Basel. progr. p. 16 beistimmte. — 
VI, 86 (315, 25) n Aosdogouuérn xaxwç UNO rv nolÂwy yaorne : 
Hertlein p. 416: zw» weA@r; auch dieser vorschlag ist in der haupt- 
sache von L. Kayser p. 47 jener recension gemacht, wo er 670 
zwv GAlwy usd» vermuthet. — X,7 (9,26) sind Hertlein p. 419 
in den worten „üßgıLov eis qmas, ola wed dovrec av véos xoi av- 
Fadess, do’ av slg Tanswovg xai nérnias Ufelcas:sr sowol die 
worte 00° uv als auch vPelcase als interpolation verdächtig. Dass 
die handschriften ws «v haben, oo &» von Kiessling herrührt, 
bleibt dabei ganz unberücksichtigt. Was aber nun die annahme 
einer interpolation selbst aubelangt, so glaube ich daran nicht ; 
schon oben habe ich auf stellen hingewiesen, wo sich wiederho- 
lungen im texte des ‚Dionysius finden, vgl. V, 18 (135, 8) zac 
Roxas petpecav — as Toig Onporsxoic peniévas vouog. — X, 28 
(44, 28) poornooucs à nooçxey aüroic gooveiv. Daher bin ich 
der ansicht, dass auch X, 7 xai vf ortov ele ?uüg ola uedvortec 
av véos xai avdades eig raneswouç xai néyntus Ufolcasev zu 
schreiben sei; wg halte ich für entstellte wiederholung des eis; ay 
kann möglicher weise auch richtig sen. — XI, 15 (110, 15) 
und XI, 25 (124, 32) schiebt Hertlein p. 420 nach ydg und awe 
noch &y ein; beide änderungen gehören L. Kayser, Fleck. jahrb. 


Jahresberichte. 549 


101 (1870) p. 725 an. — XI, 28 (129, 26) hat Kiessling das 
überlieferte didonéva allerdings mit unrecht in dedoufvwv verün- 
dert und auch sofort in den text aufgenommen,  Wiederum bat 
schon L. Kayser ebenda p. 719 auf die grundlosigkeit der ünde- 
rung aufmerksam gemacht mit der erklürung: Claudius gab viel 
und versprach noch mehr, als er damals zum óftern gab. — XI, 
46 (155, 3) wird natürlich auf Grasbergers vorschlag, Philologus 
XXVIII p. 349, nicht die geringste riicksicht genommen. — XV, 
3 (211, 16) und XV, 8 (218, 27) wird zocov:iov denoovos und . 
tocovrovy déouesr in rocovrov d. geändert, da Dionysius sonst im- 
mer so schreibe. Dass von mir darüber ausführlich Aar. progr. 
p.24 gehandelt ist und beide stellen richtig gebessert sind, braucht 
Hertlein p. 421 natürlich nicht zu wissen. — Soviel als probe, 
wie K. W. Hertlein in Wertheim abhandlungen zusammenschreibt. 

Billigerweise kónnte man nun seine eigene abhandlung als 
abgethan betrachten, wenn nicht neben vieler spreu doch manches 
gute korn darin würe. Zu den guten und unzweifelhaften besse- 
rungen rechne ich aber folgende: 

I, 84 (108, 4) de gà. II, 73 (203, 30) zy iegéwr. III, 
30 (263, 17) für el yag Gv nagaxweiy u ToAunone ist ToAunoere 
zu lesen und &v zu streichen. III, 40 (277, 7) xaè adda ra 
1005 zeıyonaylav. IV, 20 (30, 1) tadvratov. IV, 29 (43, 22) 
ist der von Kiessling eingefügte artikel zu gewiss zu entfernen 
und das von Hertlein vorgeschlagene xgutsOroy yiwouevos zu ‚schrei- 
ben. IV, 41 (60, 27) wird oùdé — oùdé richtiger als ovre — 
ovre sein. VI, 26 (244, 27) hat Hertlein recht, wenn er zu den 
worten des textes £wçs dv 7 BovAn neol arr dsayvotn bemerkt: 
entweder ist hier einmal &» nach &wg falsch hinzugefügt worden, 
während es umgekehrt sehr häufig ausgefallen ist oder es ist 
dıayva zu schreiben. VI, 44 (264, 24) éuavrò entschieden rich- 
tig für favi. VI, 62 (286, 24) für deaywwoxowd we av mo- 
Atusol te Ovreg vielmehr mit umstellung d. Gv ws. VII, 68 (88, 
5) Tác vewori mounÿç 10» iyovuerov. VIII, 1 (102, 31) rie 
csuvrov. VIII, 16 (119, 10) à» où nos yoovo. IX, 17 (251, 
18) #p° oic dà dixatois avin yevfoeras. IX, 24 (262, 1) èyxu- 
rokipSérrwr. IX, 29 (270, 8) per’ éuauror. IX, 68 (326, 3) 
elneo ts xai ado. XVI, 3 (223, 27) navtu tà rod modtpuov. 
XI, 43 (149, 31) dxotrovs. XI, 47 (155, 17) ndvra 10 dedio- 
tog. XIX, 14 (243, 3) èv 17 ceavioù naroldı. — 

Bei andern vorschligen kann man schwanken, ob man sich 
beistimmend oder ablebnend verhalten soll» dabin rechne ich z.b. 
II, 76 (207, 16) zouzo» oix obv av; IV, 33 (48, 26) wo zu na- 
oado&« als matter zusatz gestrichen werden soll. IV, 68 (91, 18) 
wo Hertlein i und xouió; umstellt, da véos iru xomdn zusam- 
mengehöre. ‚31 (149, 12) ö mgsoßüzegor. VI, 96 (328, 8) 
roig dè PA aoptyers dyévero statt aouevov. X, 13 (19,28) 


550 Jahresberichte. - 


ävugnalouevov. X, 28 (43, 22) 1dya9d. — Alle diejenigen 
stellen aufzuzählen, an denen durch unnöthige oder falsche ver- 
muthungen die ursprüngliche lesart von Hertlein entstellt wird, 
wäre natürlich ganz zwecklos; auf andere komme ich noch nach- 
her zu sprechen. 

Auch August Tegge (nr. 46), der in seiner jüngst erschiene- 
nen dissertation quaestionum de Dionysi Halicarnassensis usu prae- 
positionum specimen I hin und wieder auf Hertleins änderungen 
‚zu sprechen kommt, äussert sich über ihn nicht besonders günstig ; so 
p. 10 anm., wo er über zegf und ürég handelt: Hertleinius ut pauca 
recte, falsissime certe negi in Unéo mutari iussit etc. — Doch 
kommen wir zu Tegge’s abhandlung selbst, welche den schluss 
unserer betrachtung über Dionysius bilden soll. Auf eine kurze 
einleitung, in welcher Tegge über die willkürliche art der hollän- 
dischen philologen klage führt, kurz auf den abweichenden ge- 
brauch des Dionysius von dem der attiker in bezug auf die prä- 
positionen hindeutet, behandelt er die präpositionen &yr£ p. 2— 14, 
moo 14—18, ano 18--37, und zwar so, dass er naturgemäss mit 
der localen bedeutung der präpositionen beginnt. Auf eine auf- 
zäblung aller einschlagenden beispiele verzichtet er p. 2 ausdrück- 
lich, und begnügt sich jedesmal einige anzuführen. Indem er p. 3 
den satz voranstellt: quid vero, rem si urgemus, intersit inter 
algeiodal r& dvil zıvog et mee tevog equidem non video; immo 
causa extrinsecus allata effecisse mihi videtur, ut saepius moo scri- 
beret, hiatum dico quem evitabat Dionysius zeigt er in der anm. 
an den prüpositionen 7e0f und unég, dro und xaza, elg und xard, 
dass Dionysius lediglich zur vermeidung des hiatus bei gleichen 
wortverbindungen abgewechselt habe. Ich freue mich durch Teg- 
ge’s untersuchungen die hiatusfrage gefördert zu sehen, nur dürfte 
es ibm schwer werden zu beweisen, dass auf ein mit einem conso- 
nanten endigendes wort nicht eine präposition, die wiederum mit 
dem consonanten anfing, folgte. Ich erwähne dies hier, da ich 
nachher darauf zurückkommen werde. Es kann nicht unsere sache 
sein die verschiedenen bedeutungen und verbindungen der präposi- 
tionen hier im einzelnen durchzugehen und zu prüfen, wol aber 
sei es mir gestattet Tegge gegenüber einige von mir vorgeschla- 
gene, von ihm bestrittene änderungen zu vertheidigen. p. 10 anm. 
verspricht er über die präpositionen zegí und vréo ausführlich an 
einem andern orte zu handeln, weist dann aber einige vertauschun- 
gen dieser präpositionen, die Hertlein vorgenommen hat, zurück 
und fährt also fort p. 11 anm.: nunc id ostendisse satis esto his 
omnibus lecis non uno, sed n:o( Dionysium adhibuisse hiatum ut 
effugeret. Absque hac observatione quaenam tandem ista est ratio 
qua nonnulli ad genus dicendi optimorum Attioorum Dionysi ser- 
monem exigunt? qua in re ut Herverdenum qui Dionysi epistulas 
criticas tres orudelissime veravit missum faciam, nimius. prae ceterie 


Jahresberichte. 551 


est Iacobyus, qui cum hiatus persequeretur v. c. VII, 50 (164, 11) 
unto legendum indicavit. Diese stelle ist von mir Aar. progr. p. 5 
behandelt worden, woselbst ich für das in den handschriften be- 
findliche eo vielmehr no verlangte. Die worte aber von denen die 
rede ist, lauten: alla xai negl avdganodsomov zig, mölewg avi 
xai xaradxayis Tv ayosalvovoay xai poarvouérny OOYŸY moodytc. 
Es spricht dieselben Veturia zu ihrem sohne Coriolan. Zu erwäh- 
nen wäre nur noch, dass, wie so oft, auch hier die handschriften 
in den präpositionen schwanken, indem nooaysıs Ba, noocuyeis Bb 
hat. Reiske setzte in den text wéygic für wegt und verlangte für 
neocdyess vielmehr moodyex; ihm folgte Kiessling vom fehlerhaf- 
ten péyoe abgesehen, so auch quoad melius quid inventum sit 
Tegge. Also alle drei sind erstens darin einig, dass w&of unhalt- 
bar ist. Die zweite frage, wie kommt zeof statt des ursprüngli- 
chen uéyoi in den text, beantwortet niemand, wäre aber doch 
sehr nöthig. Drittens muss denn der von Reiske durch uéyos 
hineingebrachte sinn von Dionysius auch gewollt sein? Ich be- 
haupte nein und abermals nein. Dass in den von mir angeführten 
beispielen, mit denen ich meiner ünderung grüsseres gewicht ver- 
leihen wollte, und auf die ich verweise, 6zég von xsvduvevecy, 
dyav, déouu abhängt, weiss ich ebenso gut wie Tegge; unbe- 
greiflich bleibt mir nur, dass derselbe nicht einsieht, dass, weun 
wir an der obigen stelle önfg lesen, dieses genau so von deynv 
abhängt. Doch ich komme zum schlusse: 1) der von Reiske durch 
étés — noouysıg hineingebrachte sinn „du steigerst deinen zorn 
bis zu‘ ist nicht nothwendig. — 2) einen vortrefflichen sinn und 
nicht wie Tegge etwas voreilig behauptet, — v7ég sano sensu 
abhorret, — erhalten wir, wenn wir uxég und allerdings, was aus 
versehen damals nicht geschehen ist, msgoccyw aufnehmen. Der 
sinn, den weder Reiske noch Kiessling , noch endlich Tegge er- 
kannt haben, ist: selbst wenn man on» mods Gnuvras ooyny tyes, 
sagt am anfange des capitels Veturia zu ihrem sohne Coriolan, 
noch zugestehen möchte, so geht deine handlungsweise doch zu 
weit; denn du ógy7» rreogaysıg d.h. du thust zu dem zugestan- 
denen zorne noch einen solchen hinzu, der den zweck hat, die 
vaterstadt zu unterjochen. Dass die präpositionen v7réo diese be- 
deutung hat, wird}, hoffe ich, Tegge ebenso bekannt sein wie mir, 
und können ihm meine angeführten beispiele zeigen. Ich glaube 
damit meinen vorschlag vaég zu schreiben nicht nur zur genüge 
gerechtfertigt, sondern auch das, was Dionysius sagen wollte, ge- 
zeigt zu haben. 

Mit dem der besprechung der präposition 00 vorangeschick- 
ten allgemeinen satze: zo praepositionis provinciam congruere cum 
avt id vero interesse, quod moo latius patere videatur, atque in 
plures partes valere, wird man sich ebenfalls wohl einverstanden 
erklären können. Es beginnt Tegge naturgemäss wieder mit der 


552 Jahresberichte. 


localen bedeutung von 90, worauf p. 17 die temporale und die 
anderen folgen. Was «ro anbelangt, so bemerkt er, dass Dionys 
dieses viel seltener , gebraucht habe, als man erwarten kônnte. 
p. 20 behandelt er amc in den verbindungen mit verben wie Bai- 
dev, nintew, Óímrev etc. d. h. also in der bedeutung des lateini- 
schen de, ex; des deutschen: von-herab; sie entspricht darin der 
priiposition xard. Wieder benutze ich die gelegenheit, um meine 
Aar.progr.p. 8 aufgestellte ansicht zu rechtfertigen. Hi, 43 (167, 4) 
bietet der Kiessling'sche text : nv dì obroig oùx svmEtiS 7 mQog 
TOY YAQaxa avaywoenoig dò vo 18 quelov xoi dia xo(Agc odoù 
diwxoptvois e. q. s. Dazu giebt Kiessling in der adn. crit. fol- 
gende ergünzung: dro vyrioù B sed ante vyyloÿ aliquid erasum. 
ano xadupnAod volgo. Ich behauptete und behaupte noch, dass 
ano tywniov die lesart in B falsch ist. Dass Cobet Mnem. IX, 
318 diese stelle behandelt und auch xad’ vyndov verlangt hatte 
mit dem zusatz: scribendum erat xaJ' è. itaque stulte ano nescio 
quis adiecit, wusste ich damals nicht, weiss Tegge wol auch heute 
nicht und ándert auch nicht viel an der sache. Dass Tegge meine 
sehr deutlichen worte nicht verstanden hat, bedaure ich, ohne daran 
schuld zu sein. Ich will also versuchen noch einmal die sachlage 
kurz auseinander zu setzen: 1) B hat «nö vyrlov; dies ist falsch 
des hiatus wegen. 2) and xuPvymiod ist nichts. 3) auf der ra- 
sur in B stand natürlich ebenfalls xaJ. 4) woher kommen die 
doppelteu prüpositionen ? Offenbar doch daher, dass die eine präpo- 
sition, ich lasse dahingestellt welche, durch die andere erklärt wurde. 
Angenommen dass der urcodex &770 bot, so bot er doch wol die 
richtige form ag’. Diese form würde niemand in and geändert 
und xa’ herüber geschrieben haben, sondern der gang war der: 
xe?’ stand im urcodex; zur erklärung schrieb niemand dq son- 
dern amo; das kam in verbindung mit xa9’ $qràÀo? in den text; 
derjenige welcher den text in B radirte, radirte eben das falsche 
wort. Und endlich sprechen dann nicbt stellen wie 1X, 26 (264, 
28) xoi xoià TOU Adpou diwxopevos. XIII, 8 (194, 21) otc de 
xara TOY xonuvov diwxwy Étéyeer gerade für mich? Wie Tegge 
die stelle durch einschiebung des artikels und schreibung von «xo 
zov vyrâoù heilen zu können glaubt, begreife ich ganz und gar 
nicht; davon musste ihn schon der umstand abhalten, dass im fol- 
genden bei dx xofAnc 6doù der artikel fehlt und von einem ywefor 
junio» vorher gar nicht die rede war. 

Ich schliesse damit meinen jahresbericht über die antiquitäten 
des Dionysius von Halikarnass, und lasse nun noch eine anzabl 
von stellen folgen, zu denen ich bemerkungen der verschiedensten 
art zu machen gedenke. Es sind dieses aber theils solche stellen, 
die schon früher von einem oder mehreren behandelt sind, theils 
auch noch gar nicht von der kritik berührt sind. 

1,2 (3, 20 u. 26) schreibt Kiessling in dem texte ovdé «dr an 





Jahresberichte. 553 


beiden stellen, bemerkt aber in der adn. crit.: sed rectins fortasse 
cum Buechelero uiroque loco uvrn scribendum erat quamquam libro- 
rum scriptura confirmatur Il, 37. Kiessling meint damit 11, 37 (160, 
2) ovd’ avraic uxovoasc. In ähnlicher weise wie Bücheler wollte 
Hertlein Ill, 67 (307, 25) ovd? y&o avruç in ovdèì yao ravrag, 
VIII, 19 (123, 2) qv de xol «um in qv dì xoi avr ündern. 
Obwohl die entscheidung nicht ganz leicht ist, sei es mir doch ge- 
stattet, hier darüber zu sprechen. Wunderbar genug ist 2. b. gar 
nicht von Hertlein IV, 7 (11, 30) ddd Suyuréges 7009 avi duo 
xoi avzal ye ndn yeyaunpéras beachtet, während doch hier cod. A 
adıal, B avra: bietet. — I, 6(7, 28) schlägt Grasberger festgr. p. 9 
ovd? raùra für ovdè uvra des hiatus wegen zu schreiben vor und 
vergleicht IV, 29 (43, 28) xai oùdè uvrèç uvra ye ayvost. Ob- 
wol an der mehrzabl der stellen wie z. b. noch I, 3 (4, 8) xai 
o$0? tavins. 1, 4 (6, 1) xai ovdé rovrovg. 1, 21 (26, 5) xai 
ovdì zovıo etc. in dieser verbindung die betreffenden formen des 
pronomens obrog die üblichern sind, so würde ich doch nicht wa- 
gen dieselben überall für die entsprechenden von avrdg einzusetzen. 

I, 2 (3, 12) Kiessling Basel. progr. p. 1 findet bei der sorg- 
fälligen stilistischen feile, welche Dionysius gerade der einleitung 
seines werkes hat angedeihen lassen, die vierfache wiederholung 
der präposition xar« in den zusammengesetzten verbis xaSelouou 
— xatéogev — xattlvIn — xataywrodpevor sehr auffallend und 
hart, und hilt es für sehr wahrscheinlich, dass die abschreiber min- 
destens einmal gesiindigt haben; er verlangt deshalb für xuzéoyey 
wenigstens «vréoyer. L. Kayser Heidelb. jahrb. 1868 p. 676 
stimmt nicht bei. Ich mache auf folgendes aufmerksam: zwar 
wird sich nicht leugnen lassen, dass manchmal präpositionen von 
den abschreibern vertauscht sind (vgl. Sint. III, p. 22) allein dass 
andererseits Dionysims die wiederholung der gleichen prüposition 
nicht gescheut hat, beweisen folgende stellen: I, 30(36, 19) dsexga- 
Eavzo. 36, 21 diep9agn. 36, 22 disonac3n, duéuesvs. M, 1 
(116, 2) xuzd uéopr. 5 xaracyóvrig. 7 xoraGyovreg. 9 xa9* 
nuäc. 11 xaréoyor. 12 xarowovvrwv». 14 xadociwdetca Otoig 
xara tov — —. IV, 10 (17, 1) xaréyew. 3 xurecrgurnynoer. 
4 xartéoye — xuracxevdouc. 5 xatu. ° 

I, 2 (3, 29) oùre y&Q Aifuns On un tio moog Alyunım 
zoAÀüjc ovx oùonç Éxgurnoer. Casaubonus zu Polyb. L 2 verlangte 
ov noÂ%c. Ritschi nahm mit der begründenden anmerkung die 
änderung auf, Sintenis schlug 704275 ovx ovonç vor, was Kiesslin 
in den text setzte, während Meineke Fleck. jahrb. 87 (1863) 
p.371 bei der häufigen verwechselung von 7704208 und óAfyov etc. 
unbekümmert um den hiatus oAlyng für wodAjjg zu schreiben ver- 
langte, wie mir scheint sehr mit unrecht. 

I, 3 (4, 31) xa dm vv anavımv @Iagenser Goxnyr maged- 
Xeir. So schreibt Kiessling natürlich B folgend, während die an- 


554 Jahresberichte, 


dern handschriften 790:49si» haben. In wie weit er daran recht 
hat, können nur ähnliche , wortverbindungen an andern stellen be- 
weisen. Hertlein, p. 411 wie immer unvollständig, vernachlässigte 
diese stelle ganz, als er Ill, 46 (283, 18) für imi rj» BaolAsıav 
nagnAdev vielmehr moog Sir zu schreiben vorschlug; ebenso will 
er IV, 1 (1,12) ini ijv duvuoreluy magsA9siv hergestellt wissen, 
indem er zur vergleichung V, 18; VI, 19; XIX, 17 berbeiziebt. 
Fügen wir ferner noch ühnliche von Hertlein nicht berücksichtigte 
parallelstellen hinzu, so finden wir I, 4 (6, 4) wo Kiessling énì 
ınv anavewy fytuov(ay — mooskJoyvogg in den text setzte; das- 
selbe schwanken der handschriften wieder; ACD hat zugeAPovong. 
I, 5 (6, 25) eig zooauımy nyeuovlar nooÿdor, wo übereinstim- 
mung der handschriften zu herrschen scheint. IV, 12 (20, 4) éxi 
wv fucidelav nagel uv. IV, 26 (38, 26) eig rocuurny èmqd- 
vesav noonAdov. IV, 75 (99, 26) nuosddeîv imi 1)» duractelar. 
V, 7 (119, 16) eic rocavmv meoeddeiv zodasımorluv. V, 18 (134, 
31) ec énupuvelay noosk9uv. VI, 19 (234, 27) eig Empavesay 
noonàdor. VII, 21 (28, 30) r700749ey dmi unxıcıov Énipuvsiac. 
VIN, 90 (221, 13) ini rj» ératelav nageddeiv. IX, 53 (302, 
19) mgosAnAvdoreg tlg Èrugpovesav. Dass Hertlein auch diejenigen 
stellen in betracht zieht, an denen die handschriften zwischen 790— 
und 7agcyw in denselben wortverbindungen schwanken, ist gewiss 
nur zu billigen ; er geht dabei aus von IV, 55 (76, 29), woselbst 
er für àzi vj» avroxgaroga nagdyovow Goyiv die betreffende form 
von zgoayc verlangt. Dabei ist nur zu beklagen, dass auch Hert- 
lein nicht alle beispiele sammelt. IV, 41 (60, 12) lesen wir im 
texte: éni ınv duvacrelay roon79n, wozu Kiessling bemerkt: malim 
n«ony9y ex more Dionysii. Wie wir sehen, gehen also die an- 
sichten beider ganz auseinander. IV, 80 (104, 5) nuenyovro dm 
tag dvvactelas. Da es aber nicht meine absicht ist, diese frage 
hier zu erledigen, breche ich die besprechung ab. 

I, 4 (6, 2) schreibt Kiessling xu? oùdè Tovroug #4sv9éo0ve 
olxorac Naosyouéync, während B êyouévnc, A süyouéync hat. Diese 
stelle muss man nothwendig mit III, 11 (226, 10) zoùs avrovs ydg 
maoegoueda mooyovoug éxdtegos zusammenstellen, wo ebenfalls 
magegoneda von Kiessling in deu text gesetzt ist mit berufung 
auf die vorige stelle; die handschriften haben evyoueta. Wäh- 
rend die erste stelle durch Sauppe, Gütt. gel. anz. 1861 p. 1851, 
80 geheilt wurde, dass er mit riicksicht auf III, 3 (213, 24) undi» 
ebodusvog wy ixtAsvov oí ouvdfxus für eüyouérnc vielmehr evgo— 
mérns schrieb, machte dieselbe änderung Sintenis HI p. 4 an der 
zweiten stelle, und schrieb mit hinweisung auf Il, 62 (189, 1) 
uv of xi(cavrtg r5» TtóÀwv evpovro ebenfalls evgous9a. Man wird 
demnach die verderbnisse an beiden orten als gehoben ansehen 
können. — 1, 9 au 16) xai magtoxsiacay V1 x007 oùroîg ye- 
seodas nécav und I, 35 (42, 4) xai dvPguwrrovs moAlosg elyer 





Jahresberichte. 555 


unnxdovg avr ist das pronomen reflexivum aœvwroïs und aÿr@ zu 
schreiben. 

I, 13 (16, 16) ist viel behandelt und immer noch nicht 
geheilt Kiessling sehreibt folgendermassen: olg àyo TE TOUEVO 
sì 10 byte “Elmnxôv gvÀov iv To 10v "ABogiy(vur — 10010 
Eyyovor attay wv Olvwrewy nelJoucu, wie der cod. Urbinas 
die worte bietet; cod, Chisianus und die andern haben zovrwv tyyo- 
vov uvtò tò 1» Oîvwrgwr. Reiske, in dessen text zourwv èyyovov 
aviò av Oirwigwr netgouas steht, merkt folgendes an: num 
z(Jsuar, suspicor, suppono probabili coniectura. Sed videtur Dio- 
nysii hic idiotismus esse, ut illud. huius loco usurpet, seu illi huius 
vim tribuat. L. Kayser Fleck. jabrb. 87 (1863) P. 7 stimmt auch 
für z(2eua, — Ritschl schrieb: zovıwv &yyovov. adro to twv Olvo- 
zewv ; Urlichs Eos I, 309: zovrwy Exyovov avido à» Oivurour nel- 
Fouus. Grasherger fest. p. 9, der durch eine reihe von beispielen zeigt, 
dass Dionysius bei wefPouas stets den infinitiv hinzufügt und also 
annimmt, dass elvas vor neldouus ausgefallen sei, schlägt rovrwy 
Eyyovov audio twv Olveitewy silva, neldoua vor. Madvig berück- 
sichtigt selbstverstandlich keinen vor ihm gemachten vorschlag und 
hält dafür, dass zurıw tyyovoy avzd av Olvwrgwv das richtige 
sei. Meiner ansicht nach ist folgendes über die angeführten worte 
zu sagen: Tseidouos nach vorangehendem 7resFowevog und ohne 
infinitiv ist falsch; es muss ein anderes wort verdrängt haben, 
oder selbst verschrieben sein. Ich vermuthe daher, dass wie IV, 6 
(9, 13) àyo oO tte vewreouwr avrdr brmortdsuas névre ÖAoıg Eros 
steht, so auch hier für ZEIOOMAI vielmehr YIIOTIOEMAI 
zu schreiben sei. Was nun aber die ersten worte anbelangt, so 
bin auch ich der ansicht, dass nur zovzwy E£yyovov avrò To tè 
Olywıgwv Dionysius geschrieben haben kann. — I, 14 (17, 27) 
schreiht Kiessling dia tig Kovolas odo ; wührend die handschrif- 
ten d. z. Tovoíag odo? bieten, und zwar, wie er angiebt nach Bunsen's 
vorschlag (Annali dell instit. di corrisp. arch. VI p. 129). Meines 
wissens rührt diese ünderung von Chaupy découverte de la maison 
de campagne d’Horace (Rome 1767— 069) bd. I, 336; HI, 356 her, 
wonach also die angabe zu berichtigen sein wird. 

1,14 (18, 10) wAny Goov êxet piv àni doves teoas TFEQUOTEQ 
xuSetouér] Yeonıwdeiv yero, wozn Kiessling in der adn. critica 
binzufügt : ini dovòs legac xadeboutvn libri nisi quod BC ünd; 
nequoteod quod deesse vidit Stephanus , ego post begüs inserui. nunc 
autem dubito an recepta Urbinatis scriptura und dovog tégesa aptius 
sit, idemque mihi significavit Meinekius. Meiner ansicht nach kann 
der erörterung von Sintenis Ill, p. 8 kein zweifel mehr sein, dass nach 
ini devos isgag beizubehalten und nach xaSebouérn vielmehr 7é- 
Asa einzuschieben ist. Dies allein ist das richtige wort. Unab- 
hängig von Sintenis war auch ich auf „nähere verfallen, als ich 
Strabo lib. VII p. 329 folgendes las: 61 xarà Osonqurouç xoi 


556 Jahresberichte, 


Mol.orrods tag yoaíag nellas xai TOVQ yégovrac neliovc, xad d zrtQ 
xal magu Maxedoos: nelsyôvac your xadovos Exeivon Tous d» Ti- 
mais ada mage Aaxwos xai Mucoadwraig 100g yégovtag: oFev 
xal tag dv 17 Awdwvale devi usuvdevotas nedaiag quolv 
Sintenis hat diese stelle wol übersehen, sonst würde er sie eben- 
falls angeführt haben. 

I, 28 (22, 18) xoi. noög évi Tüv tov lládov cromatwy 
Ogurod pevos Sara xahoupévep vas pi» ravi] xotahelnovds — 
gulaxny aüroù xuracınoavrss. So Kiessling , während B ng05 10 
évé und die handschriften alle nachher avzoù zavın haben, An vor- 
schlägen, die überlieferten worte zu heilen, fehlt es nicht; Reiske: 
quae istaec est inculcatio? utrumque vocabulum ibi significat. lege 
itaque adrag Tavın. ipsas quidem (naves puta) ibi relinquunt. 2.20 
avıov, für das A im adrous bietet, scheint Biicheler verdächtig. 
Kiessling hat z. 18 avzov mit Ritschl fortgelassen, während Madvig 
es gerade beibehalten will, das auch bier, wie oft bei Herodot in der 
bedeutung von ipso hoc loco stehe. Im weitern verlangt derselbe von 
der lesart des Chisianus ausgehend für 22’ aurous vielmehr én’ avıaic. 
Man wird ihm in beidem zustimmen können, 2# avraîs halte ich 
für unzweifelhaft ; Madvig hätte seiner änderung noch durch die 
ähnlichen stellen IV, 4 (5, 18) Fvoas Exdesce xai pilaxus ix avraic 
èntomoe und VII, 6 (8, 1) xai xatalsnwy êni Taig vavoì yuhaxıy 
anoyoücuy grösseres gewicht verleihen können. — I, 21 (26, 4) n 
dì Aqua ix modàuv mávv yoovur ÉpruuTeiou ood el munore 
exu yvoQiOja pavegoy ovd?» Eyes, woselbst die handschriften 
Qx(c95 bieten, Mag an dieser stelle auch Kiessling mit Gxf9n 
das richtige hergestellt haben, sicher falsch ist I, 50 (60, 14) wo 
er die gleiche änderung vornimmt und schreibt: xai qv mot on- 
meta à» Ando ts Alvelov te xai Towwv nagouolac, fuc NvIs 
te xal wixn Dn 7 vijcog, wie es Reiske vorgeschlagen hatte. Madvig, 
der sehr wol erkannte, dass hier, «bi status superioris temporis 
significatur, der aorist vollkommen falsch sei, schlug œ@xeïro vor. 
Auch damit haben wir Dionysius noch nicht zu seinem eigenthume 
verholfen. Mögen die handschriften dx(c95 vico; wie bei Reiske 
oder dix(c975 7 vñcoç haben, auch diese stelle fällt unbedingt unter 
diejenigen, die ich Aar. progr. p. 4 zum beweise angeführt habe, 
dass Dionysius den hiatus vermieden hat. Wie xaS:oraç 50m (B) 
= xadloraco Nd, so ist c x(c9y vicog nichts anders als wxuod’ 
7 vjoos. Was dann ferner die bedeutung von oix/{£w anbelangt, 
an der Reiske anstoss nahm, so ist dieselbe vollkommen passend, 
es heisst eine stadt, eine insel mit ansiedlern bevólkern. Daher 
zweifele ich sehr, ob man Thuk. I, 8 mit recht xoi oùx 7000» 
Anorai 70a» oi viosdizos, Küp£ zt Ovteg xai Qotvixic 00208 vag 
dn 105 nAslorag Tüv vicum wxnoay liest, wo einige handschriften 
@xıcav bieten. VI, 3 heisst es richtig XaAxidzc — No£or wxs- 
guy. — I, 23 (27 ; 91) verlangt Hertlein für éfeyp9donqoar nun 








Jahresberichte, B 557 


auch dsepFagnoay wie Cobet nov. lect. p. 290 Hi, 11 (226, 30) 
für éfégdaqrus vielmehr dsépFugzas wollte. Nach dem, was Co- 
bet daselbst nachgewiesen hat, wird sich kaum läugnen lassen, dass 
in den handschriften sehr häufig ds- und éE mit einander verwech- 
selt sind; auch kónnen solche stellen als beweis derselben dienen, 
wo, wie VI, 35 (255, 14) die handschriften dss&egyacaszo haben, 
das schon Reiske in diegy@ocsro veründerte. Die doppelte prä- 
position ist hier durch ursprüngliches hinüberschreiben ebenso hin- 
eingekommen, wie oben in arto xudvypndod. 

1, 25 (30, 13) doze ov yadenwe ony ênél Josey èrexgutovy 
Hier, wie leider so oft, lässt uns Kiessling im stich; Ritschl notirt 
ony B, önn A, Sor CDP. Es sei gestattet von dieser stelle aus 
eine reihe von andern zu betrachten. Hertlein nämlich nimmt fol- 
gende änderungen au ähnlichen stellen vor: 1,59 (72, 22) zarragov 
mvgevopévois — muvragol, (72, 24) önov &v aA ruguxalivıus 
Gvorguieiei — oros dv &AÀocs. lil, 40 (278, 7) anogovvess Ong 
Teanosvto — Gros. 1V,14(21, 21) 443095 mov cvviedziv — UModé 
zos. V,8 (121, 29) oa yàg GModL nov Ovverwonder &nayOéviag 
— dddooé roc. IV, 41(60, 20) zapaxodovdovvies dmn nogevosto — 
ono. V, 49 (172, 9) Youous dé ovde) nov weils rogevecdos 
— noi VI, 52 (274, 26) ónov 19yg medidovocpevov — 0706 
dy zuyn. VII, 67 (87, 9) ovdevt dndwoag Omov thy anaddayny 
nowoosso — Ono, wie in der parallelstelle VIII, 41 richtig steht. 

Ich füge zu diesen stellen eine anzahl anderer hinzu: I, 39 
(46, 22) Ag te noÀÀayj ing ‘Irallac dplxero. I, 39 (47, 8) nope 
zov xegwouxecav. Ill, 69 (311, 12) ove Edes ueruyewv ÉtÉQUOË 
no. V, 11 (126, 23) perudéodou te tv olanow Étéowdt y£ mot 
note, woselbst Cobet nov. lect. p. 703 éTéQuoé nos verbesserte. 
VI, 26 (244, 28) 0704 Bovdorias ade amevan. VI, 73 (298, 
20) èmuevovuev Oro noi uv RTE “yn TÓ Xeeui». VI, 79 (306, 
8) anuMarrwuedu dè Nueîis Oo mov av quüg 6 daluwv ayy. 
VII, 4 (5, 29) adios adn diuoxsdaodeis Eqeuyev, VII, 9 (12, 11) 
dniévas nuvtay êxéleucer Ex tig modems uAlor alln. VII, 18 (25, 
15) petadépevos rag olxnoss érégwoe. VIII, 9 (112, 12) wuv— 
zuyoce uerévas. VIII, 28 (135, 13) omo, nor’ av ágíxy. VIII, 
61 (178, 10) uerevéyru GT us tjv olxnosy Értowoé mor. XI, 28 
(130, 10) xwivouerog Snos noongeïro mv xognv üyew. XI, 31 
(134, 17) zavımy anayaysiv, 020v 00, doxei. Ich begnüge mich 
mit diesen beispielen, welche das schwanken der handschriften oder 
des ausdrucks — ich lasse dahingestellt was richtiger ist — deut- 
lich beweisen; weder jedoch ist man, wie es mìr scheint, berech- 
tigt nur einige stellen zu ändern, wie es eben Hertlein thut, a» 
dere nicht zu berühren, noch auch darf eine solche eingreifende 
änderung nur in einem schriftsteller vorgenommen werden, | 

I, 25 (30, 20) Eyes yàg meoi uurür Oovxvdidns uviunv dv 
TEA QT . » . fe Oogxne xai TOv Ev adr; xeperwr noÀtu», üg 


558 Jahresberichte, 


olxoucıw ürsgwnoı OfyAwrtos Die handschriften bieten folgendes : 
mai avrwr Vovxudidns piv d» ügxig 175 Ioaxlas raum xai 
n 
tov A, xci mpi avruv Hovsudiänsg piv iv dgxrqi ung Jouxias 
pviun xoi rdv. Ritschl schlug vor: fortasse Eye yao "eol TZ 
xol Oovxvdtns run iy se:d i [ws Ertıxexgarmxorwn] ing Opu- 
xns xai rüv» dv avın x. m. Ausführlich ist später die stelle von 
H. Sauppe, Philolog. XIX (1863) p. 148 (nr. 9) behandelt worden, der 
zu folgenden resultaten gelangt: Dionysius, der sich auf Thukyd. 
IV, 109 of aixovrrus Suppulxrow, E9vsos BuuBaowv diyiwocwy etc. 
bezieht, muss die dxr; Oguxla erwähnt haben, wie Thuk., wel- 
cher sagt, dass die städte daselbst von barbarischen zweisprachigen 
völkerschaften bewohnt seien. Dionysius muss also sagen, dass 
Thukydides unter den bewohnern der doppelsprachigen städte auf 
der Akte auch von den Pelasgern und T'yrrhenern rede. Die dritte 
bemerkung, dass es wol auch gegen die gewohnheit des Diony- 
sius sei, die zahl des buches bei den augeführten schriftstellern 
und werken beizufügen, bat meines wissens zuerst C. Sintenis in 
Zarncke’s lit. centralb. 1861 p. 835 gemacht. Wie hier Sintenis 
die von Kiessling aufgenommene lesart verwirft, so auch Sauppe, 
der den verlangten gedanken mit leichten änderungen in der lesart 
der handschriften findet und zu schreiben vorschlägt: ©. ui» dv 
"xin tis Jouxlac uvnun x«i zw» etc. wobei er uév nach Oov- 
xudlöns dem d° nach ZopoxAsi entsprechend für unentbehrlich er- 
klärt. Ohne mit einem worte Sauppe’s behandlung der stelle zu 
erwähnen, bespricht auch Madvig dieselbe und schreibt: Eyes yág 
Oovxvdlôns uiv ev tet QT] üxıns ing Oguxtug uviunv xai tw etc. 
Die worte regi arr vor @ovxed(dng erklärt er für einen un- 
echten zusatz eines qui non attenderat, primum universe iudicari 
quam occasionem Thucydides habuerit Pelasgorum commemorandorum, 
tum subiungi, quid de iis dixerit. Beide kommen also darin über- 
ein, dass uéy beizubehalten, dass "Axrüc 176 Oguxius nothwendig 
sei und beide haben darin recht. Was übrigens die von Sintenis 
und Sauppe gemachte bemerkung anbelangt, dass Dionysius die 
zahl des buches bei den angeführten schriftstellern und werken 
nicht hinzufüge, so ist dieselbe doch nieht unbedingt richtig ; ich 
erinnere an IV, 15 (23, 22) wg dè Ilelowr Aevxoc dv 17 neuity 
zwv éviuvolwy dvayegagwy toroget. Trotzdem halte ich dv TETUOTN 
fiir eine nicht gegliickte verbesserung Ritschl’s; die handschriften 


A 
haben, wie wir sahen, #v @gxıns A und èy dgxrgi B; dass darin 
einmal axr7s steckt, ist ohne zweifel; allein was soll der buch- 
stabe o in À und g und y5 in B? ferner kann ich mich mit der 
veränderung von wrnunv in pymjuy, wie sie Sauppe vorschlägt, 
trotz der leichtigkeit derselben nicht einverstanden erklüren, vielmehr 
behaupte ich mit möglichst engem anschluss an die in den hand- 


Jabresberichte. 559 


schriften überlieferten buchstaben, dass Dionysius folgendes geschrie- 
ben habe: tyes ydg xeQi avrwy «ai Oovxvôldnc uiv Evapyf 
axıns tis Ogoxíac uvnunv xai tiv Èv avr xssuévur 
modewyr. 

I, 31 (37, 13) “Ageog ws qaow anoyovos avne pera coU 
deacmnelov xoi ovverds, wozu Kiessling in der adn. crit. anmerkt: 
ds puo post "Ageoc in Urbinate omissum inter xal et cvrerog 
in eodem perperam intrusum est. Ich benutze diese gelegenheit 
um auf einen bisher noch nicht beachteten umstand aufmerksam zu 
machen. Dass besonders in B nicht selten worte an verkebrter 
stelle stehen, als hitten sie am rande des abgeschriebenen codex 
gestanden und wären dann vom schreiber des B an uurechter stelle 
eingesetzt worden, hat schon Sauppe p. 1847 richtig hervorgeho- 
ben und zeigt auch ein flüchtiger blick in die adn. crit. bei Kiess- 
ling; allein eine sorgfältigere beobachtung führt auf mehr. Fol- 
gende beispiele werden zeigen, dass sehr oft die nachgetragenen 
worte um dieselbe buchstabenanzahl verrückt sind, die eine zeile 
meiner ansicht nach in dem codex ausgemacht haben müssen, aus 
dem A und B abgeschrieben sind; die zahl der buchstaben aber 
beträgt 30— 32. Kehren wir zu 1, 31 zurück und zählen nach, 
so ergeben sich von «noyovog — xul 32 buchstaben. 

1,50 (61, 20) fehlen in B die worte rAnolov zov wixgov Feu- 
zoov iv gi xai Eoavov pixgòv Goyauxdr Alvelov. Wenn Kiessling 
dazu bemerkt propter homoeoteleuta omissa, so ist das gewiss richtig ; 
die auslassung wird aber dadurch noch begreiflicher, wenn man 
findet, dass die zahl der übersprungenen buchstaben 58 beträgt, 
die ungefähr 2 zeilen ausmachten. — 1, 66 (80, 32) fehlen in B 
propter homoeoteleuta die worte nodsy Eéguy — Aaoviviov, 90 
buchstaben umfassend, d.h. 3 zeilen. — IX, 1 (225, 25) fehlen 
die worte von tavrgv an bis éyorrwv in der vulgata; die zahl der 
buchstaben betrigt wieder 95, so dass also 3 zeilen durch das ab- 
irren des auges von èyovra bis éyovrwy übersprungen sein müssen. 
IX, 36 (280, 8) fehlen in B die worte von xollwr — 7roléuov 
propter homoeoteleuta omissa d. h. im ganzen 118 buchstabeu, die 
ungefähr 4 zeilen gefüllt haben müssen. — X, 51 (75, 26) feh- 
len die worte von ano tov — éréous in A, welche zusammen 91 
buchstaben betragen = 3 zeilen. Ich gebe zu, dass diese unter- 
suchung noch genauer fortgesetzt werden müsste, doch ist die 
übereinstimmung von B und A hierin gewiss auch nicht zufällig ; 
sie erklärt sich aber vollkommen, wenn wir, wie gesagt 30 — 32 
buchstaben in jeder zeile für den codex annehmen, aus dem sie 
beide herstammen. Ist diese annahme richtig, so werden dadurch 
manche bisher von andern und aus andern gründen vorgeschlagenen 
wort- und satzumstellungen fast zur gewissheit. So wollte V, 2 
(114, 4) schon Portus die worte xai adda 1ovross magandAjose 
oùx GAiya, welche 32 buchstaben betragen, hinter xasuorjodpevos 


560 | Jahresberichte. 


stellen, und Grasberger festgr. p. 25 stimmt ihm bei. — X, 53 
(79, 2) verlangt L. Kayser Fleck. jahrb. 1870 bd. 101 p. 724 
Guiuacs und zwar ohne artikel nach éggwurvoss gestellt; die an- 
zahl der dazwischen liegenden buchstaben beträgt 32 — 1 zeile. — 
I, 41 (50, 10) Houxiÿç — xaralvwr piv el uc si Tupavrig Pa- 
geiu xui Avaned Toig dggouévosc A nolss vBollovsa xoi Außwufen 
wag nÉAag 7 povai dvdguinwv arıukom diulın xoà Etvoxrov(asg 
GD eplrosc zgwutrwv, xaFioràg dé vopluovs PuosAela; xui cwpeo- 
ved molitevuuta xai Plur n gpodhurdowna xoi xoionu dij. 
Statt 7 oval, das Kiessling nach dem vorschlage von Meineke in 
. den text aufgenommen hat, bieten die handschriften $yeuov(ag. 
Kiessling fügt hinzu: possis quoque conicere n nyeporla. Sintenis 
Zarncke's lit. centr. 1861 p. 835 schlägt, da Meinekes ünderung 
scharfsinnig, aber nimmermehr in der weise des Dionysius sei 7 
jysuwv avFIqwnwy vor, bleibt den beweis der änderung daselbst 
schuldig, und giebt ihn spec. Il, p. 5, woselbst er sich auf c. 42 
— xai Gvquawr aynufowy aeyovra beruft. Sauppe p. 1846 
sieht höchst unwahrscheinlich in nyesorfug ein glossem zu dem 
vorangehenden zug nélac, so dass &»ÜQuzwv» von zoAsg abhänge. 
Kayser’s vorschlag p. 6 7 écuog 116 zu schreiben, erwühne ich 
nur der merkwürdigkeit wegen. Schon Sauppe fühlte, dass die 
durch 7 norat bewirkte dreitheilung den vorschlag von Meineke 
stützen könnte, spricht ibr aber die wahrscheiulichkeit ab, Hierin 
irrt er offenbar, denn obne zweifel ist die periode streng geglie- 
dert; man vgl 1) xazuduwy piv — xaJicrag dé. 2) at nc «In 
mvgavri Pugeiu xai Aunnoa roig upyouévois und vouluovs facs- 
Asoc. 3) rj nrödsg vpolbouou xai Außwuern tes nélus und cw- 
Peorexa Tolstev pata. 

Gehen wir nun von xai Blwy En grlavIguna xai xowo- 
700% aus, und ziehen wir die von Sintenis c. 42 angeführten worte 
in betracht, so muss ich gestehen, dass mir durch die änderung 
von Sintenis i fer die stelle geheilt zu sein scheint. Kakus 
ist Goywr oder queywr dvIowrw dGyquiowr, Herakles stürzt 
1) tyrannenberrschaften, 2) die macht einzelner städte, 3) die macht- 
stellung einzelner. Auch in xosvonadi èdn, die er einsetzt, 
sehe ich eine weitere bestätigung. 

I, 42 (51, 29) voregoy dé xuruxdesc dele tno rwv ‘Elinvwy 
elc rtoluogxiay » TU TE peougia xara xgutog Elovrwy . . . énadi) 
xai avtos dv roig égvmucsy Gvnotdn; dazu bemerkt Kiessling in 
der ado. crit.: haec verba tam corrupia sunt, nt mihi nulla pro- 
babili ratione emendari posse videantur; certum est nonnulla post 
#iovrwy intercidisse ; ceterum Urbinas haec verba sic exhibet, ut in 
textu proposui; avróc Gpuvo pevog avnoédn cod. A. Madvig glaubt 
alles durch die ‚änderung eines buchstabens heilen zu können und 
schlägt vor: 7% TE gQovoia xarà xgdzog &lovımv Îmeide zai 
avg — dG»potÓm (er musste zusehen, wie sie die burgen nahmen). 








Jahresberichte, 561 


Weder hält Madvig es für nöthig auf Schmitz p. 3 noch Reiske 
rücksicht zu nehmen, obwohl letzterer in seinen bemerkungen fol- 
gendes hat: £oyrac (in accusat. graecos puta) éneide xai etc. Ob 
mit Madvigs einfacher ünderung alle schwierigkeiten gehoben sind, 
wage ich nicht zu entscheiden. 

I, 46 (56, 2) avoltas dé tag + guyddag nvÀag anne ovvte- 
taypuévovs Eywy rovg Aoımovs. In der adn. crit. theilt uns Kiess- 
ling den vorschlag von Meineke Dyyadaçs nvdac zu schreiben mit. 
Urlichs p. 324 hält quycdas für ein aus p. 55, 18 ff. entstande- 
nes glossem, während Madvig ràg œuyadwxaç nvias fugae aptas 
et destinatas zu schreiben vorschlägt. Meiner ansicht nach sind 
alle bisher gemachten änderungen und vorschläge im höchsten 
grade unwahrscheinlich und die stelle ist bisher nicht geheilt. 

Dieselbe ansicht hege ich von I, 51 (62, 15) woselbst Kiessling 
Tat guy dì mesoFeic vm Alvelov xowwvely zig amosxlac xai OU 
QUID TES TOY lA wy Untuewov Ev 17 Zixella® ove Evsol pacer 
ày *Ahoviten xatouxnoas [196 SixeAfac| schreibt, während die hand- 
schriflen nach vnéuesvay vielmehr i» 76 ofAws und nachher rig 
aixéilag im texte bieten. Dass ein solches verfahren unstatthaft 
ist, ist klar. Aber weder durch die ünderung von Madvig, der 
vréuewvav è v 10 ni verlangt und nachher 275 2. im texte lässt, 
noch durch Sintenis, der ll p. 2 vréuesvar è3edovosos ebenfalls 
mit beibehaltung der eingeklammerten worte 776 2. zu schreiben 
empfiehlt, ist das richtige hergestellt. 

I, 51 (62, 28) nimmt Hertlein meines wissens zuerst, aber 
mit recht an den worten zagenisvoay ayes zog) pov Osa PART 
Eyov1es TroMay anstoss und schlägt ix de£iag yeeos vor. Dass 
dia xsıooc Èxeuw v, welches „in seiner hand, fürsorge, gewalt ha- 
ben“, dann auch ,,etwas beschützen‘ bedeutet, hier unpassend ist, 
ist klar. Erinnern wir uns aber, dass auch im Dionysius wie in 
andern schriftstellern oft ds« und 2& mit einander verwechselt sind 
(vgl. C. G. Cobet nov. lect. p. 120 und 289) so werden wir 
kaum irre geben, wenn wir hier 2x yesgog Eyovtes ’Iradlay lesen. 
&x yesgocg heisst aber bekanntlich dasselbe wie cominus. 


Danzig. C. Jacoby. 
(Schluss folgt.) 


Zu Tacitus Dialogus. 

Dial. c. 6: Nam in ingenio quoque, sicut in agro, quamquam 
alia diu serantur uique elaborentur gratiora tamen quae sua 
sponte nascuntur. Ich schlage vor: quamquam alias diu seran- 
tur atque elaborentur. — Diu ist sowohl auf serantur als elabo- 


rentur zu beziehen, 
Berlin. M. Oberberger. 


Philologus. XXXVI. bd. 3. 36 


HI. MISCELLEN. 


A. Zur erklärung und kritik der schriftsteller. 
14. Zu Homer's Ilias %#, v. 462 — 464. 


Bei den leichenspielen, die Achilleus dem Patroklos zu ehren 
veranstaltet, wird der anfang mit dem wagenreunen gemacht (v. 
262). Der dichter schildert zuerst das rennen und seine lebens- 
vollen scenen. Uns geht hier besonders die eine derselben an, wo 
Eumelos, welcher allen voraus ist, von Diomedes überholt wird; 
denn diesen begünstigt Athene, welche ihm die von Apollo aus der 
hand geschlagene peitsche wiedergiebt und den Eumelos durch zer- 
brechung des joches zurückhält (v. 373—400). Weiterhin (v. 448) 
wendet der dichter sich zu den übrigen Argivern, welche dem ren- 
‘nen zuschauen und führt uns da einen wortstreit zwischen Idome- 
neus und dem lokrischen Aias vor; Idomeneus glaubt in dem ersten 
gespann, das er heransprengen sieht, den Diomedes zu erkennen; 
der streitsüchtige Aias widerspricht ibm und behauptet, Eumelos 
sei noch immer der erste. Die worte des Idomeneus lauten: 

457. à pldos “Agyelwy fjyqrogec nde pédovres , 
olog éyov Innovg avyabopas Ye xol vpsic; 
Gio por doxtovos Trapoftegoı Euuevo imnos, 
460. àAAog d° üvloyos IrvdaMQeras® al dé mov aUroU 
hope dv nedip, al xsio€ ye péoreque car. 
n106 rag tas newra 1dov ntgl tsope Balououc, 
viv d'où ng dvvapar lÓétev: nayty dé pos 000€ 
Tewixdr du nedlov nantalverov sicogowrts 
465. ne tov "»[oyov gUyov via oud” éduraodn 
ed cyedtew regt tégua xai 00x éruynoer Aldas; 
Ivda pur Exmeokew to sur I aouara GE, 
ai d eEnqwyoay, ini pevos Eafe Juuôr. 
GAAA WesFe xai vues avactador: ov yOQ Eywye 











Miscellen. 563 


470. sù diayiyvworw* doxtes dé pos Èupevas avie 
Atwiòs yeveny . ..... 
Die drei verse 462 — 464 sind bisher von keinem kritiker ange- 
fochten worden; auch Lehrs, der diese partie des XXIII. buches 
eingehend behandelt und mehrere interpolationen daselbst nachge- 
wiesen hat (Rhein. Mus. N. F. XVII, 1862 oder de Arist. stud. 
hom. p. 430 ff.), sind diese verse nicht aufgefallen und doch sind 
sie unzweifelhaft ein zu der übrigen rede nicht passender, späterer 
zusatz, wie die folgende erwägung nachweisen soll. 

Sie widersprechen nicht nur dem v. 466 sondern auch sich 
selbst. Nachdem Idomeneus eben erst gesagt, er habe die „pferde“ 
des Eumelos als die ersten um das ziel biegen sehen (v. 462), 
kann er nicht wenige verse weiter als vermuthung die möglichkeit 
hinstellen, jener habe vielleicht nicht richtig um’s ziel lenken kön- 
nen (v. 465 f.). Zweitens kann er, wenn er die rosse um das 
ziel am ende der bahn hat biegen sehen, eben die ganze bahn über- 
schauen und muss auch den weiteren lauf der rosse, welche, auf 
dem rückwege begriffen, ibm mit jedem schritte näher kommen, 
und das hinter dem glücklich umlenkten ziel dem Eumelos zuge- 
stossene unglück (v. 373) genau haben verfolgen können. Wie 
kommt er nun zu der behauptung jetzt könne er sie nicht mehr 
sehen, soweit auch seine augen durch die ebene schweiften? Das 
klingt ganz so, als ob sie über das ziel hinaus in eine unabsehbare 
ferne verschwunden seien. Wie steht es also mit der lünge der 
bahn? Ist das ziel so nahe, dass das auge der zuschauer über 
den ganzen, dazwischen liegenden raum reicht oder ist die entfer- 
nung, welche die pferde zuerst zum ziele hin und dann zum aus- 
gangspunkt zurück durchlaufen müsseu, eine so grosse, dass die 
zuschauer die agonisten auf der letzten strecke des hinwegs und 
auf der ersten des rückwegs aus den augen verlieren? Dass in 
unserem falle das letztere stattfindet, erweisen die einzelnen anga- 
ben und ausdrücke des dichters: Im v. 450 erzählt er: modros d° 
"Idoueve$c Komüv dyóg épodoud” Inmovg, ldomeneus zuerst er- 
blickte (oder erkannte) die pferde; darin liegt doch wohl ausge- 
sprochen, dass eine strecke zurück dieselben für die zuschauer un- 
sichtbar und unerkeunbar gewesen waren. Ferner spricht der 
ganze ton der rede des Idomeneus dafür, dass die pferde eine zeit- 
lang dem gesichtskreise der zuschauer entrückt gewesen und erst 
jetzt wieder auftauchen, zuerst für den Idomeneus, welcher durch 
seinen besonderen standort auf einer anhóhe (v. 451) vor den übri- 
gen begünstigt ist, aber auch für ihn in so undeutlicher ferne, 
dass nur die auffallend gezeichnete stirn des einen pferdes und die 
stimme des lenkers ihn zu einer genauen, immerhin zaghaft aus- 
gesprochenen bezeichnung des gespanns veranlasst (v. 458 und 
469 f.) Hierher gehört auch v. 358 ff, wo es von dem oua 
oder réqua heisst: ounve dè téouar "yog | miodey (cfr. 


36° 


564 Miscellen. 


v. 452 avevdev) dy Melo medio: maga dì oxomov sicev | avtiFeov 
Dolnxu, Qnaova wargos foto, | wc ueuréwro deouov xai aln- 
Se(qv Anoslnoı. Welchen zweck hat der oxowdc, der kampfwart 
am endpunkte? Er soll daselbst, weil den zuschauern am aus- 
gangspunkt!) in folge der grossen entfernung die controlle un- 
möglich ist, acht geben, dass alles am ende der bahn in rechter 
weise vor sich gehe, keiner der agonisten sich eine unredlichkeit 
zu schulden kommen lasse, indem er z.b. vor dem zfguu seitwärts 
in die zurückführende strasse einlenkt. So erklärt schon Eustathius: 
pn mo us ddp x&pwag evtdg tov jaxgorarov Ogouov und 
weiter unten: dMà xai et 1 nov allo $adiovgynOt(m tnd mov 
oùtw Tyo ıgexovrwv. Freilich berichtet derselbe auch von einer 
andern erklürung, nach welcher Phoenix die aufgabe gehabt, sich 
die zahl der fahrten eines jeden genau zu merken. Dagegen ist 
erstens zu erinnern, dass, wenn die gespanne wirklich nicht ein- 
mal, sondern mehrere male die bahn hin und zurück durchmessen 
mussten, dies geschäft des zählens ebenso gut am ausgangspunkt 
von Achilleus selbst hätte versehen werden können. Zweitens aber 
spricht .die darstellung des dichters an keinem punkte für ein 
mehrmals wiederholtes durcheilen der bahn, wie es in historischer 
zeit bei den gewöhnlich nur zwei stadien langen hippodromen üb- 
lich war, sondern Eustathius „behauptet mit recht: xai anak pso- 
vesxla is ylveras* mepè avıwv etc. Zwei stellen kommen hier nur 
in betracht: v. 364: of dwxa diimonocor medlovo | vd ops ver, 
taytws und v. 373 ff. dd dre à? nüuatoy téleoy Seder wxfeg 
Innoı | ap Ep dlòc modi, To dn... .... Die wagen 
fahren vom strande und dem schiffslager aus in die ebene hinein - 
und als sie nach der umlenkung wieder zum strande zurückeilen, 
(néparoc deöwos ist die fahrt in ihrem ende, das letzte stück 
derselben) da spielt sich die oben erwähnte scene zwischen Diome- 
des und Eumelos ab. 

Es hat sich uns also ergeben, dass die entfernung zwischen 
ablaufsstand und wendepunkt hier bei Homer recht bedeutend ist, 
jedenfalls viel grösser, als in der historischen zeit (nach Eusta- 
thius schätzte Aristarch sie bei Homer auf fünf stadien) und dass 
die bahn desshalb auch nur einmal hin und zurück durchmessen wird. 

Kehren wir jetzt zu den oben erwiesenen widersprüchen zu- 
rück, so kann nicht zweifelhaft sein, dass die vv. 462—464 allein 
sie verschulden, dass mit ihrer, sich leicht ergebenden ausscheidung 
alles deutlich und klar wird und zu den festgestellten verhältnissen 
stimmt. 


1) Dass sich die zuschauer daselbst befinden und nicht etwa, 
wie in der historischen zeit, an einer langseite, etwa in der mitte der 
entfornnn "t beweist, von allem anderen abgesehen, allein schon der 
vers 


' Riga. E. Kurtz, 


Miscellen. 565 


15. Zum Hippolytos des Euripides. 
(S. ob. p. 347. 560.) 


V. 866 — 73. Zu Y 871 hat der scholiast die bemerkung: 
Év 1101 ov gfgovras ovtor. Kirchhoff hat deshalb in der Weid- 
manschen textausgabe v. 871—3 ausgeschieden. Allerdings vertragen 
sie sich nicht mit den voreusgehenden versen 866 — 70, aber ich 
beziebe die bemerkung des scholiasten vielmehr auf diese, und er- 
kläre sie für interpolirt, da sie durchaus nicht an ihre stelle passen, 
Wenn nämlich der chor nach den abschiedsworten der Phädra v. 728 
-—391 auch weiteres unglück befürchten muss, wie er es ja v. 855 
deutlich ausspricht, und wenn er auch vermuthen mag, dass der brief : 
die weitere verwickelung herbeiführen werde, so kann er doch, 
solange er den inhalt desselben nicht kennt, das neue unglück nicht 
als vollendet (xoav3£r) bejammern. Sehr schön dagegen ist es, 
wenn er, voll banger erwartung, während Theseus den brief liest, 
die gottheit anfleht, sie möge wo möglich das unheil abwenden, das 
er kommen sehe (1905 y&Q tsvog | ögvudos , nach Hartung’s durch 
die scholien bestätigter vermuthung, d.i. èx zıvog onueslov, nämlich 
dem in den mienen des Theseus aufsteigenden zorne) Mit un opr- 
Ans scheint mir absichtlich zurückgedeutet zu sein auf die ankün- 
digung der Aphrodite v. 6 opallw d° Gao pgovovow eis Tug 
péya, die jetzt in erfüllung gehen soll. Für douovs, welches nach 
Kirchhoffs ansicht aus dem vorausgehenden versende eingedrungen 
ist, wäre das geheimnissvolle uva ganz passend, vgl. Med. 94, 
Soph. Ai. 1138. Endlich ist noch zu bemerken, dass die in drei 
trimeter zusammengefasste zwischenbemerkung des chores besser als 
die lange dochmiendeclamation der pause des brieflesens entspricht, 
welche nur kurz sein darf. 

Mit den bezeichneten versen füllt nun auch die unangenehme 
wiederholung weg, welche in den worten Éuol pi» owv | aflorog 
Btov ruga ngóc 10 xgav | 9i» en ruyeir liegt, nach v. 821 xara- 
xo»à piv ov» aBlotog Blov. Die worte lassen aber ziemlich sicher 
errathen, woher die verse stammen. Sie wurden wahrscheinlich 
im ersten Hippolyt von 'Theseus gesprochen, nachdem er den tod 
der Phädra erfahren hat, die sich dort jedenfalls erst nach dem 
schrecklichen ende des Hippolyt getüdtet hat, s. Welcker, Gr. Tr. 
II, 742. Es ist gewiss nicht unwahrscheinlich, dass der dichter 
den einmal erfundenen kräftigen ausdruck des verzweiflungsvollen 
schmerzes bei derselben gelegenheit in beiden stücken gebraucht 
bat, und zwar im zweiten mit einer steigerung (von allerdings 
zweifelhafter richtigkeit) durch xazoxova für zuya. Im munde des 
chors jedoch ist diese äusserung der theilnahme entschieden zu 
stark. Dem chor gehóren nur v. 869 — 70 an. Was nun die 
mehrfach geänderten worte sig zuyeiv anbetrifft, so könnte aller- 
dings zuysiv allenfalls grammatisch als pleonasmus entschuldigt 


566 Miscellen. 


werden mit Or. 1138 und Heracl. 930. Aber der ausgedrückte 
gedanke ist verkehrt. Wer die verse auch sprechen mag, er kann 
in anbetracht des unglücks (7005 rd xgav9év) nur entweder die 
behauptung aussprechen, dass das leben unerträglich geworden sei, 
oder sich den tod wünschen, nicht aber ein unerträgliches leben. 
Mit xouydér ist der erste gedanke geschlossen, ely zuyeiv gehört 
zu einem andern satz, und zwar denke ich mir, es sind die schluss- 
worte von der klage des Theseus (derselbe versschluss Rhes. 594), 
welche der betreffende leser nur bis xoar3éy vollständig an den 
rand schrieb (an der stelle wo das zweite unglück beklagt wird, 
wenn auch ein anderes als im ersten stück) und zwar etwa mit 
punkten oder der bemerkung x. 7. À. . ... (bis) ein zuyeiv. Ich 
nebme also hinter xoaydéy eine lücke von mehreren versen an. 

Eine weitere interpolation aus dem ersten stück erkenne ich 
in v. 879— 80. 

olov ole» sidov Ev yoagaîs pédos | pIeyyouevov, tlapwy. 
Sie enthalten eine bei so kurzem zwischenraume unerträgliche 
wiederholung von 877 (fog d£irog &Aaora). Was nach ihrer be- 
seitigung übrig bleibt, hat jedenfalls den vv. 882 — 4 entsprochen, 
und zwar sind es je fünf dochmien gewesen in je drei zeilen, doch 
sind dieselben zumal an der ersten stelle 877 — 8 so stark inter- 
polirt, dass sie kaum mit einiger wahrscheinlichkeit herzustellen 
sind (d£Azoc GAuora pos foà* n& puyw; | péya fdgog xaxwv.?) 
Wenn v. 884 noA; richtig ist oder wenigstens ein anderer ausruf 
gestanden hat, so wird dies wohl auch hinter 878 der fall gewesen 
sein. Vielleicht hat der interpolator dafür rAauwy an's ende ge- 
setzt an stelle des zu 9eyyopevoy nóthigen objects (xaxa ?). Auch 
öAod» und dAouevos deuten, an denselben versstellen befindlich, einen 
parallelismus an. " 

Dass die ganze partie, v.8 6—84, nach einem künstlerischen 
schema gebaut sei, ist mit sicherheit anzunehmen, da bei den vor- 
ausgebenden und folgenden stücken eine symmetrische anordnung 
unzweifelhaft vorhanden ist. Bei 811 —55 schliesse ich mich im 
wesentlichen an Weil an: 811 — 16 = 852— 55 (lücke) chor, 
und zwar setze ich je einen halbchor an, nach der notiz bei 852 
in BBC, 817 —33 = 836—51 Theseus (v. 848—51 ist aber 
nicht erst von Kirchhoff, sondern schon von Masgrave dem Theseus 
zugewiesen) Für 885 — 980 hat Hirzel die beabsichtigte symme- 
trie evident nachgewiesen, für v. 983 — 1101 behalte ich mir den 
nachweis einer anderen gliederung vor als sie Hirzel annimmt. 
Zwischen diesen partieen stehen nun die vv. 856 — 84, deren an- 
ordnungsgesetz in überzeugender weise noch nicht dargelegt ist. 
Es ergiebt sich einfach genug. Die scene zerfällt in äusserungen 
vor lesung des briefs und nach derselben. Die äusserungen des 
Theseus 856— 65 sind nach gedankenabschnitten handgreiflich in 
2, 4, 4 versen angeordnet, ebenso die 2. hälfte: 2 (Theseus) 4 (1 





Miscellen. - | 567 


chor + 3 Theseus) 4 (1 chor +4 3 Theseus). In der mitte zwischen 
beiden gruppen stehen die trimeter des chors 871—-3, also dasselbe 
anordnungsprinzip wie bei der vorausgehenden gruppe 811 — 55 
und der folgenden 885 — 98 (ebenso 565 — 600 nach Weil). 
V. 874 —5: 
oluo,* od’ olov aldo moog xoxQ xaxôv, 
où rÀqr0» ovdì Aexzov. W r&AÀog ey. 
Das fehlerhafte zAnzov schleppt sich durch alle ausgaben fort, ob- 
wohl das richtige längst gefunden ist. Die wiederholung des schon 
846 ausgesprochenen gedankens fällt umso unangenehmer auf, weil 
durch beseitigung des dort offenbar beabsichtigten nachdrucksvollen 
gleichklangs zwischen zAnrov und önrdy der ausdruck abgeschwächt 
ist, wührend das gesteigerte unglück vielmebr eine gesteigerte af- 
fectsäusserung verlangt. Nun hat der scholiast zu v. 846 die be- 
merkung 0 ovrs Gwonüv duvancı (utya ydQ gory) ovre Adyesy. 
Aber die worte eidov GAyoc où zAmov ovd? Qqr0» haben dort einen 
ganz andern sinn: „Nicht zu tragen, nicht zu sagen ist mein un- 
glück“ d.h. nicht erschöpfend zu schildern, sondern ich kann es 
nur mit dem einen wort zusammenfassen: ich bin verloren, GAA’ 
anwicpny. Dass der tod der Phädra nicht verschwiegen werden 
kaun, ist selbstverstündlich; die erklärung passt also gar nicht 
dorthin, wohl aber giebt sie hier einen neuen, sehr geeigneten ge- 
danken. Theseus meint, der frevel, von dem der brief spreche, 
sei so abscheulich, dass er ihn nicht über die lippen bringen könne, 
andererseits könne er ihn aber, eben weil er so gross sei, auch 
nicht ignoriren und verschweigen. Das scholion zu v. 846 bezieht 
sich sicher auf v. 875 und ist an die falsche stelle gekommen, 
geradeso wie 892 eine zu &Gurlaxawy geschriebene bemerkung 
vielmehr zu Wisoag v. 835 gehört. Aber owray où duvauas 
kann nicht die umschreibung von où zAmov sein. Ich hatte ov 
xgumov vermuthet bevor ich auf Reiske's orsxroy aufmerksam 
wurde, welches sicherlich richtig ist. Kommt auch die form zu- 
fällig sonst nicht vor, so ist sie doch ganz regelrecht und oréyes 
steht = cœwnüy bei Euripides El. 273. Phoen. 1214. Frg. 376. 
892, 3 und (nach Enger’s verbesserung für xguzzewv) Frg. 415. 
Dieselbe paronomasie zwischen or£ysıy und A£yew Sopb. Phil. 136. 
Entweder ist von einem geschmacklosen leser zÀgyro»v wegen v. 846 
als coniectur übergeschrieben, oder vielleicht auch als erklürung, 
wird doch auch Phoen. 1214 ozéyew im schol. mit vropévesr, pé- 
Qe» erklärt, während es offenbar = xgumzew, cswrày ist. 
Altona. Th. Barthold. 


16. Zu Plutarch. vit. Cicer. cap. IX. 
Plutarch berichtet hier eine witzige antwort, die Cicero einst 
dem bekannten Vatinius gab, von welchem Vellej. Pat. II, 69 sagt: 
homo, in quo deformitas corporis cum turpitudine certabat ingenii. 


568 Miscellen. 


Besonders hässlich war sein, von kropfartigen verhärtungen be- 
deckter, unförmlich dicker bals (strumae Cic. zosgadss Plut. fauces 
concisae Sen.). Dieser tritt einst während der prätur Cicero’s mit 
einem verlangen vor dessen tribunal und äussert sich, als Cicero lange 
zaudert und überlegt, höchst ungehalten darüber: "Eme? d'Ovartviog, 
àvjg Ey u s9oy9. xoi 17906 z00g &oyovras öklywpov iv ‚als Guy- 
nyoglaus , zosgadwv dè Toy zeaynAov meolniews, furetto U xata- 
stag ragà tov Kixtowvog xai un didovros adda Bovlevouérov 
moiuv yoovoy, einer, ws ovx üv ab10ç dioracee negl. TOUTOU OrQa- 
trav, imorgageig 6 Kexéowv, „AM èyuw sinev 1,00% Eyw mAs- 
xOvTOY zgaynkov“. Dazu sagt Büchsenschütz (in seiner ausgabe, 
Berlin 1857): „ein breiter nacken gilt als zeichen der unverschämt- 
heit“ und citirt Plut. Mar. 29; ebenso erklärten es andere vor 
ihm z. b. Barton: crassa cervia inverecundiae argumentum mit be- 
rufung auf Sen. rhet. excerpt. contr. I. III. 

Suchen wir zunächst nach einer erklärung dieser, auf den 
ersten blick auffallenden anschauung, so lässt sich der ausdruck 
bei Plut. Mar. 29: hardy goge’y tov To«ynAov wohl ähnlichen 
redensarten im deutschen (den nacken hoch tragen) an die seite 
stellen, und bezeichnet also anmassung , stolzes selbstgefühl. An 
einer zweiten stelle (Cic. in Verr. act. II, 3, 59: qui erunt tantis 
cervicibus ?) denkt man besser an den starken nacken, der gro- 
sses auf sich zu nehmen vermag, woraus sich weiter die für die 
dritte stelle (bei Senec. rhet. intueri, quis essem, qui tam crassas 
cervices haberem) passende bedeutung des kühnen muthes, wol auch 
der dreistigkeit und unverschümtheit entwickeln konnte. 

Ich glaube jedoch, dass wir uns bei der gewóhnlichen erklü- 
rung unserer stelle nicht beruhigen können, da darnach die ant- 
wort Cicero's nicht witz sondern nur plumpe grobheit enthält. 
Cicero hätte dann richtig in seiner zurückweisung des Vatinius au 
den körperlichen fehler desselben, den er ihm bei jeder gelegenheit 
aufmutzt, (cf. pro Sest. 65. 135. in Vat. 2, 4. 4, 10. 16, 39. ad 
Att. II, 9. 2. Plut. Cic. 26, wo er ihn oldovvra (roga, einen 


schwülstigen redner, nennt) boshafter weise erinnert, aber der ge-- 


danke, den der gebrauehte ausdruck zo&ynAog in übertragener be- 
deutung giebt, wäre nur durch seine grobheit beleidigend, sonst 
aber völlig matt und nichtssagend. Denn auf die worte des Vatinius 
„ich würde an deiner stelle nicht so lange schwanken“ hätte Cicero 
(wenn wir den bildlichen ausdruck fallen lassen) geantwortet: „ich 
bin auch nicht so anmassend, wie du“. Sollte Cicero so genügsam 
gewesen sein, an der blossen erwühnung des vielgeschmähten zga— 
yniog seinem witze schon genug gethan zu haben? 
Ich glaube, dass Cicero's witz, der auf dem doppelsinne des 
von Vatinius für „schwanken“ gebrauchten wortes beruhte, durch die 
übersetzung in's griechische bei Plutarch verwischt ist. Wir werden 
daher dem wahren sinne desselben nüher kommen, wenn wir den 


Miscellen. | 569 


griechischen ausdruck (dsozdCew) wieder in’s lateinische retrover- 
tiren. Nehmen wir an, dass Vatinius „nutare“ gebraucht hat. Zu- 
nächst heisst es ‚schwanken, keine feste ansicht haben“ und sa 
meint es Vatinius, wenn er sagt: ego si praetor essem, non ita nu- 
tarem. Cicero aber denkt an die ursprüngliche bedeutung „mit dem 
kopfe hin und herwackeln“ und erwiedert darauf: „ja freilich, aber 
ich habe auch nicht einen so schönen, dicken bals, der jede be- 
wegung des kopfes, jedes schwanken dir unmöglich macht. - 


Riga. E. Kurtz. 





B. Auszüge aus schriften und berichten der ge- 
lehrten gesellschaften sowie aus zeitschriften. 


Revue archéologique 1873. nr. 1. Januar. G. Colonna- Cec- 
ealdi: Die patera von Idalium, forts. (s. 1872 nov.) Der verf. 
kommt zu dem schluss, dass die auf derselben gravirte götlin die 
Isis-Astarte von Byblos ist, wie sie sich auf authentischen phönici- 
schen steinen befindet. Dies weist er aus den asiatischen attributen 
der figur und aus der deutlichen astronomischen rolle, welche sie 
in der composition spielt, nach. Er hält dafür, dass die schaale 
kein votivgefäss, sondern zum häuslichen gebrauch bestimmt gewe- 
sen ist, und schreibt sie der mitte des fünften jahrhunderts zu, der 
zeit, in welcher der attische einfluss den ionischen in Kypern su 
ersetzen anfing. — G. Colonna: zusatz zu seinem aufsatz 1872, 
oct., enthaltend die beschreibung der diesem januarheft beigegebe- 
nen statuen des tempels zu Golgos, von denen eine den chaldäi- 
schen, die zweite den ägyptischen, die dritte den kleinasiatischen 
einfluss deutlich zeigt. — F. Dutert: studie über die bauart des 
öffentlichen palastes der Cäsaren auf dem mons Palatinus. 1. über 
die geschichte des mons Palatinus. Der verf. skizzirt nach den 
alten quellen die ansiedlungen auf demselben, namentlich die Roma 
quadrata, und die allmähliche entstehung und umwandlung des pa- 
latium, sowie die verschiedenen aufgrabungs- und restaurations- 
versuche. — E. Miller: Ueber zwei griechische inschriften welche 
auf der insel’ Thasos entdeckt worden sind. 1. artikel. Der verf. 
giebt zuerst nachricht von einem dort aufgefundenen kolossalen 
adler und liest die erste inschrift: “Povoevos Teguavoù oiwvooxo7oç 
“Apa modells exiles Kavu[a] Tequarg tp vip Choayre 
Een xf. Mviuns xaos. Der verf. bringt mit der erklärung, ein frag- 
ment aus dem 24. buch der römischen geschichte Appians, welches 
den titel ’Aedßıog führte — ein fragment, welches er 1869 in 
dieser Revue veröffentlicht hat, in verbindung. —  D'Arbois de 
Jubainville: Bemerkung über eine inschrift von Voltino in Brescia. 
Der verf. weist die in Kuhn’s beiträgen, bd. VI, von Siegfried und 
Stokes versuchte erklärung der inschrift zurück, indem er nach- 


570 Miscellen. 


weist, dass Jugavia nicht „protector‘“ heissen könne, sondern, wie 
aus corp. insor. lat. nr. 4887 hervorgeht, ein weiblicher eigen- 
name ist. — G. Tholin: Bemerkung über einen gallorömischen 
kirchhof bei Razimet (Lot-et-Garonne); mit beschreibung und ab- 
bildung eines dort gefundenen gefüsses. — Ch. Lucas: Neue ent- 
deckungen auf dem forum Romanum, übersetzt aus Gazetta uffi- 
ciale del regno d’Italia. — Unter den archäologischen nachrichten 
findet sich die entdeckung einer alten römischen stadt bei Eu durch 
Cochet; die beschreibung einer römischen strasse, die bei Cherac 
aufgefunden worden ist, nebst der inschrift: Impe(r. An Jtoni/no) 
Pio Fe(l.) Maxim(o) cos. II. me(rito). — Anzeige von Bréal, Ei- 
nige worte über den öffentlichen unterricht in Frankreich. 

Nr. 2. Febr. Fr. Lenormant: Die älteste inschrift in assy- 
rischer sprache, im Louvre, mit facsimile und übersetzung. — Th. 
Roller: Saint-Clément de Rome, forts. (1872 nov.). — F. Dutest: 
‚Studie über die bauart des öffentlichen palastes der Cäsaren auf 
dem mons Palatinus, mit einer zeichnung der blossgelegten ruinen 
und plänen, sowie einer herstellungsansicht. — E. Flouest: Auf- 
grabungen in Magny-Lambert, forts. (s. 1872, dec.). Entdeckung 
eines frauengrabes, nebst aufzäblung und beschreibung der darin 
gefundenen schmuckgegenstände in gold und bronze, armbänder, 
ein stirnband etc, — M. Bréal: Welche stelle soll die verglei- 
chende grammatik im klassischen unterricht einnehmen? Der verf. 
verlangt von dem lehrer die kenntniss derselben, will sie aber im 
gymnasium nur mit mass anwenden lassen. — De Saulcy: Nekrolog 
de Rougé's. — Unter den nachrichten wird die auffindung uralter 
gallischer giessereien in Savoyen mitgetheilt. — 

Nr. 3. März. Th. Roller: Saint- Clément de Rome, forts, 
— J. de Witte: Eine bronzene figur Apollo’s in altem stil, in der 
umgegend von Athen gefunden; sie befindet sich jetzt im Louvre; 
mit abbildung ; der verf. schreibt sie etwa dem jahr 480 v. Chr. 
g. zu. — E. Miller: Ueber zwei auf der insel Thasos gefundene 
griechische inschriften. 2. artikel. Der verf. erklärt zuerst zwei 
von ihm 1865 in der rev. arch. veröffentlichte inschriften und re- 
stituirt die neu eingeschickte in folgender weise: 

Oca “Pour xai avroxgdtogs Kalcagls Oeoù vidi 

Org ZePaotb xai th nodle 
Evgeiiiog Zarvoov xai ‘Exat[aios | 
To popuagıyov OrgWpe tov vao[ù xatecxevacer. 
dx Tv Enıdedopkvwv ix’ av|ıwv dwgewv 

Ofajecfrwo ‘Hynosndiews qiidxaroae x[ui priogwuasoc. 
Dumont: Ein Apollo gewidmetes votiv-basrelief, mit abbildung. 
Dies von Ceccaldi in Golgos aufgefundene denkmal stellt Apollo 
sitzend und eine schaale und eine leier haltend dar; es nähern sich 
ihm personen, welche ein opfer darbringen, andre führen einen tanz 
aus, noch andere feiern ein gastmabl, Nach dem verf. besteht das 


Miscellen. 571 


interesse des denkmals darin 1) das zweite bisher bekannte figuren- 
denkmal zu sein, welches den thiasos darstellt; 2) ein gastmahl 
darzustellen, welches nicht zu einer leichenfeierlichkeit gehört ; 3) 
die drei verschiedenen acte einer religiösen feierlichkeit zu verei- 
nigen, nämlich das opfer, den tanz und das gastmahl — A. Le- 
bègne: Bemerkungen über Skyros. beschreibung der insel und der 
dort noch vorhandenen antiquitäten. Inschrift auf der stelle des 
hauses Périnis gefunden: 

Nixactwy Anuntelov “Atmevs [ir End 7e 

xaradeyelonc xurngpogov UNO rov üggovrog ;4492- 

vlwvos tov Jwovvolov CT'}huoËévas 6 marne] * Aquect- 

Önuos rjv te mom?» [t]revoyn[ud]pnoe we n- 

5. duvazo BEM ve )ol c le xai Fi[ua] mapfornoev tale 
. Feo xab rà Zora Greci o] gn phorluwç 

xai edge Bic xai dxolov3 ax 7» 49 valar 790- 

arpkosı* on[o]c ovv Èp . . . og 7 maar roig guAo- 

a[s]ueîi[v] Bovlopévoig xoi prhodok| fa] Em- 

10. def Lo ju [7096] z[»] diuov* dyadns zuyn, dédoydas 
TUN dipl ws) éxawéioas ° A[o] xeoldnuov [27] EOIXEKTOU 
"Pauvovosov eVae[ fre fac Evexev ing fmQóc Tovg de- 
ovs xol priotiplus ins elg tov diuov xa} Grtga- 
na ]ous avıdv x[rroU] Oregovo dyayodpos dì 

15. xai 1d yigsoua zöde tov roaplu]aréa ToU di ov 
b Orly RAI: [x]aè orjoas dv ayogüs* eis [di] v7» 
draygayıy ing om nc xal t)[v d]va3eow pel 
Clas tov taulav tov diuov TO yevduevov rl aAw- 
po. 

‘O duos. 
[In zeile 8 ist vielleicht dpogaróg = Énonroç, spectabilis, zu re- 
stituiren. H. J. H]. — L. Heuzey: Deuriopos und der lauf des 
Erigon. Der verf. weist aus inschriften nach, dass das land der 
Deurioper bei dem dorfe Tsepikhovo an das gebiet der Pelagonier 
gegrünzt habe; die landschaft Deuriopos umfasste, wie aus Liv. 
XXXIX, 33, XXXI, 39 und Strab. 327 hervorgeht, den norden 
der ebene von Monastir mit den stüdten Bryanion, Alalkomenai 
und Stybara; dieser letztere ort entspricht dem jetzigen Perlépé, 
wie aus der von dort nach Monastir gebrachten inschrift hervor- 
geht: "Erovc Lo Deorrwy diovuotov Zrvfegdaîos 0 avragguy 
Asowolov tov viov rov ayogavOpov Todg xeloves (st. xlovag) 
èmot[es]. Das hier angegebene jahr 876 würde nach der ältesten 
macedonischen aera bis 130 n. J. Chr. hinunterführen, nach der 
römischen zeitrechnung auf 123 n. J. Chr. Aus Treskavetz hat 
der verf. folgende inschriften mitgebracht : "Anollumı ‘Orevdurò 
.TTlrog] QAaoviog " Ayriyovou vlog  Axolodwgog eU Ed evo * und: 
"Eros Eo’. Diaovia Nelxn Neixavdgov “Anddiwve “Erevdavtoxp 
süynr. Den beinamen Apollo's ’Orevdavés und "Erevdarloxog bringt 


572 Miscellen. 


der verf. mit O3zovvgog Herod. IV, 59 Hesych. Toszocveos, corp. 
inscr. Graec. nr. 6013 zusammen. Er beschreibt sodann den bis- 
her noch nicht genau bekannt gewesenen lauf des Erigon und er- 
klärt, nach Liv. XXXI, 39, aus der topographie den feldzug des 
Sulpicius gegen Philippus. Auf einer säule, welche keine grab- 
stele gewesen sein kann, hat er den gruss [Euruyeïre analyses] 
an die vorübergehenden entziffert. — D’Arbois de Jubainville: Der 
gallische gott Belenus und die gallische göttin Belisama. Der 
verf. nimmt Siegfried’s etymologie des namens Belenos, ursprüng- 
lich Balanos, vom sanskrit. g’valanos, glänzend, an und leitet von 
dem namen mehrere französische ortsnamen ab; Belisama scheint 
ihm zusammengesetzt aus Belo, licht, und Sama, Samis, sanft. Der 
verf. macht gelegentlich die bemerkung, dass mancher deutsche 
gelehrte, dessen belesenheit man bewundert, seine weisheit aus 
Martin, Religion des Gaulois, 1727 hergeholt hat, ohne seine 
quelle zu nennen. — A. Bertrand: Ein tumulus Tauriens. Be- 
schreibung und abbildung zweier dort gefundenen töpfe, welche 
genau den in gallischen und germanischen gräbern gefundenen 
gleichen. — Unter den nachrichten befindet sich eine beschreibung 
prähistorischer kegelförmiger höhlen, welche, mit asche gefüllt, im 
departement Eure-et-Loire gefunden worden sind und welche den 
von Tacitus Germ. 16 beschriebenen unterirdischen wohnungen 
gleichen, so wie ein bericht von Roller über die neuesten ent- 
deckungen in Pompeji. — Anzeige von Dupont, Les Temps 
préhistoriques en Belgique, einem buche, welches von E. de Barthe- 
lemy sehr gerühmt wird. ~ 

Nr. 4. April, Abbe Grasilier: Denkschrift über ein in Sain- 
tes 1871 entdecktes gallo-römisches grab. Mit vielen abbildungen 
und beschreibung der in demselben gefundenen vasen, gläsern, 
krystallen, bronzekästchen, halsbindern. Münzen," welche das datum 
des begräbnisses angeben könnten, sind nicht zum vorschein ge- 
kommen. Kaum ist jemals in einem grabe ein reicherer fund ge- 
maeht worden. — Quicherat: Ein von Lafontaine übersetzter vers 
des Caecilius bei Cic. Tusc. I, 14 de senect. 7. Um den vers zu 
berichtigen, liest der verf. statt Serit arbores quae alteri saeculo 
prosint, nur mit versetzung des worts alteri: Serit arbores quae 
saeclo prosint alteri. Der verf. gesteht, dass dieselbe conjectur 
schon 1829 von Spengel gemacht ist; er hat geglaubt, seine eigne 
emendation und die begründung derselben veröffentlichen zu sollen, 
da Ribbeck, so oft er auch Spengel citirt, von seiner verbesserung 
nicht gebrauch macht, nicht einmal erwähnung thut. — Dumont: 
Eine liste athenischer eponymen. Nach einer von Eustratiadis 
"Eqns. Geyavod. neue serie p. 405 veröffentlichten insshrift, welche 
früher von Pittakis ’Eynu. äoyasol. nr. 578 mangelhaft gegeben 
worden war. Der verf. verbessert hiernach einige angaben in sei- 
nem Essai sur les archontes atheniens. — E. Miller: Geschichtliche 


Miscellen. 573 


gedichte des Theodorus Prodromus. Sie gehören der zeit des 
Manuel Comnenus an und befinden sich in der bibliothek zu Vene- 
dig. Der verf. empfiehlt sie den lexikographen, welche eine reiche 
ernte neuer wörter in denselben finden können und druckt hier zu- 
erst eines von 125 versen ab. — E. Desjardins: Zwei neue stem- 
pel römischer augenürzte. Mit facsimile’s. Der verf. liest: 
1. M/arci) L ... Maritumi Paccianum ad aspritu (dines). 
2. Myarci) L ... Maritumi Dialepidos ad... . 

Sie stammen aus dem walde von Laignes im Canton Ribécourt 
(Oise). Der verf. erklärt die heilmittel, ergänzt und verbessert 
einige der von Grotefend gesammelten stempel und giebt an, dass 
jetzt 131 solcher stempel bekannt sind, während. Grotefend nur 
114 aufführt, — R. F. Le Men: Die entdeckung von Vorganium, 
der hauptstadt der Osismii. Ein alter meilenstein, welcher bei dem 
derf Kerscao steht, trägt die inschrift : 

TICLAVDIVS 

DRVSIFILIVS 

CAESARAVGV 

GERMANICVS 

» .. NTIFEXMAXIMV -. . 
TRIBVNICIAPOT 
IMPXIPPCoS . H (vielmehr III) 


DESIGNAVS III 
VORGANMPVIII. 

Die inschrift ist aus dem jahre 46 n.Chr. Demnach lag Vorganium 
an der spitze von Plouguerneau (Finistère) an der Mündung des 
Aber-Vrac'h. Danach bestimmt der verf. die grünzen der Osismii 
bis zum fluss Couesnon im osten und weist den Curiosolites die 
diöcese Cornubia an. — Unter den nachrichten wird die auffindung 
einer noch mit farben geschmückten marmorstatue der Venus in 
Pompeji, weiteres über die ausgrabung des tempels der Diana in 
Ephesus durch Wood, die entdeckung einer römischen strasse in 
Lyon, die auffindung einer alten lampe, eines marmortorso's und 
eines salbgefisses in Servadio bei Rom mitgetheilt. — Anzeigen 
von Le Bas und Waddington, Voyage archéologique en Grèce 
et en Asie-Mineure, von Spencer Northcote et Brownlow, 
Rome souterraine, traduit par P. Allard; von Fabretti, Primo 
supplemento alla raccolta delle antichissime iscrizioni italiche, von 
Garucci, Storia della arte cristiana, von Benndorf, griechische und 
sicilische vasenbilder. 

Nr. 5. Mai. Th. Roller: Saint-Clément de Rome, schluss. 
— Maspero: die stele der intronisation in Djebel-Barkal gefunden. 
— E. Desjardins: Vorgium und Vorganium. Der verf. erklärt 
sich mit der ansetzung der stadt Vorganium in Plouguerneau, 
welche Le Men (s. o. april) ausfindig gemacht hat, einverstanden, 
setzt dagegen Vorgium der tab. Peut. nach Carhaix, wohin die 


574 Miscellen, 


meisten geographen, beide städte zusammenwerfend, bisher auch 
Vorganium verlegt hatten. — Colonna- Ceccaldi: Inschriften auf 
thongefässen der insel Cypern; mit erläuternngen von Dumont. 
Obgleich Thasos, Rhodus und Cnidus das monopol der vasenfabri- 
kation hatten, findet sich in der sammlung Ceccaldi’s auch Paros, 
Colophon, Naxos, Ikos und Beyrouth (BHPYTI) vertreten; ganz 
neue namen sind "Agxns, Jewaigaros, “Entwdapos, Osonoxgiros ; j 
als fabrikanten anderwärts noch nicht aufgeführt sind: °_4£:66, 
*Agscrwridac, Ajpwv, ’ Eguuvns, “Inmovixog, Kisizos, Mans, Ni 
xavdQos , IoXvEevog s IHavolas, Ziuwveldas, Pilaguos. Eine der 
vasen trägt einen stempel auf jedem henkel 1,°Auvyrag und 2, 
ini Zevopwvios “Yaxvv3lov. Auf einer vase sind die legenden im 
kreise um die blume von Rhodus eingegraben; davon lesbar: si 
Acov[rida] 4foAMo[v]. Auf einer vase steht der name des besitzers 
Avılnargos. — A. Bertrand: Zwei bronzene pferdegebisse aus 
Möhringen und Vaudrevanges (s. Schweizer anzeiger 1872 juli) 
mit abbildung. Der verf. nennt diese und andre ähnliche bronze- 
gegenstände ,,celto-hyperboréens und glaubt, dass sie aus dem Kau- 
kasus durch das Donauthal herübergekommen ‘sind. — E. Renan: 
Ueber die inschrift Mescha’s. — G. Perrot: Die kunst Kleinasiens, 
ihre anfänge, ihr einfluss. Der verf. zählt die monumente auf, die 
er besprechen will und giebt den allgemeinen charakter der ar- 
chitektur und sculptur Phrygiens, Lydiens und Kappadociens an. — 
E. Miller: Geschichtliche gedichte des Theodoros Prodromos, fort- 
setzung. — Unter den nachrichten findet sich folgende inschrift 
aus Genf: 
AEMILIO M - FEIL 

VOL * TVTORI : INI VR 

I: D : PRAEF : FABRYM 

FLAM * MARTIS : FLAM : 

ROMAE ET AVGVSTI 

L AEMILIOS L - F - TVT 
Ferner ein bericht über die denkmäler aus der steinzeit in ‘Thes- 
salien, sodann die beschreibung eines in Paramythia in Epirus ent- 
deckten sarkophags, und die anzeige von der auffindung zweier 
marmorstatuen aus der römischen zeit in Athen, welche wahr- 
scheinlich Aesculap und Hygiea darstellen. — Anzeige von Des- 
jardins, La Table de Peutinger. 

Nr. 6. Juni. À. Bertrand: Gerippte eimer oder kästchen 
von bronze, Eimer dieser art, wie sie in Marzabotto und in Magny- 
Lambert (s. rev. arch. 1872 dec.) gefunden worden sind, werden 
in abbildungen gegeben. Der verf. möchte den bronzegegenstän- 
den, welche in Hallstadt, im Hannöverschen, etc. gefunden worden 
sind, weil ihnen die eleganz der etruskischen arbeit abgeht, wie 
die ‘oben erwähnten pferdegebisse, einer celtisch - hyperboräischen 
fabrikation zuschreiben. — G. Perrot: Die kunst Kleinasiens, ihre 








Miscellen. 575 


anfánge, ihr -einfluss (schluss). Der verf. bespricht die grabmäler, 
die paläste, die tempel und unterscheidet, was darin dem ägypti- 
schen, und was dem assyrischen einfluss zuzuschreiben ist. Zuletzt 
zeigt er, dass, wie schon Longpérier und Gerhard behauptet haben, 
die kleinasiatische kunst zwischen Assyrien und Griechenland ver- 
mittelnd gewirkt hat. — Eug. Grébau: Hymne an Ammon-Ra. — 
Ch. Clermont - Ganneau: Neue jüdische gebeinebehälter, mit abbil- 
dungen. — E. Miller: Historische gedichte des Theodoros Pro- 
dromos. — Th. Roller: Aufgrabungen auf dem Forum 1872 — 
1873. — Unter den nachrichten findet sich ein bericht (aus dem 
Daily- Telegraph) über die nachgrabungen, welche in Babylonien 
und Assyrien auf kosten dieser zeitung durch Georg Schmidt ver- 
anstaltet werden, ferner die nachricht von der auffindung des pie- 
destals der reiterstatue Domitians in Rom, sowie von der ent- 
deckung gallo-römischer gräber in Pompelle bei Reims. — Anzeige 
von E. Burnouf, La Legende athénienne, Etude de mythologie 
comparée, und von Biardot, Les Terres cuites grecques funèbres 
dans leur rapport avec les mystères de Bacchus. 

Nr. 7. Juli. De Sauloy: Ueber einen punkt der ägyptischen 
archäologie. Im anschluss an Chabas’ buch über den papyrus, 
welcher die inhaltsangabe der reise eines ägyptischen officiers nach 
Syrien enthält, versucht der verfasser die mechanischen vorrichtun- 
gen zu entwickeln, durch welche die Aegypter ihre obelisken trans- 
portirten und aufrichteten (dazu eine zeichnung). — Delaunay: 
Ueber die echtheit des buchs Philo’s von Alexandrien von ‘dem con- 
templativen leben (s. Rev. arch. 1871. nr, 11. Phil, XX XIII, p. 
575). Der verf. sucht aus üussern gründen, die einwendungen von 
Graetz, geschichte der Israeliten Ill, 464, entkräftend, und aus in- 
nern, durch vergleichung vieler üusserungen mit andern stellen aus 
unbezweifelten schriften Philo’s, den beweis zu führen, dass dieses 
buch von dem alexandrinischen juden herrührt und bemübt sich zu 
zeigen, dass derselbe in der schilderung des lebens der Therapeu- 
ten nicht bloss ein wünschenswerthes ideal, sondern die beschrei- 
bung wirklicher zustände aufstellt, — Miller: Geschichtliche ge- 
dichte von Theodoros Prodromos (s. nr. 6) fortsetzung. — Heuzey: 
Entdeckung der ruinen von Stobi. Der verf. theilt zuerst inschrif- 
ten aus dem thale Lajetz mit. 

1) TliBéouov) Kiavdıov, Dogrıov, odergavov orgatevoduevoy 
iv moaitwolp, Erwv Se, énolnoay ra téxva T(sBéguos) Kiavdios 
IIooxAog, Matos Kiavdıos xa Ailla Hgoxia 4 ovußsos, xarà 
diadnxacg, Euvrovg xai tag adehpag Kiavdlag Anpovelxny xoi 
Tigcxiav, Erous . . . . 

2) Ti(Bégvoc) \Kiavdtog “Povpos, ovetrquvdg dx ngustwelov, 
dodxovu tH aids rtucuévp, dwoov. Der drache selbst, eine 
schaale mit einem ei vor sich habend, ist auf der inschrift ab- 


gebildet. 


576 Miscellen. 


3) Asi > Ayogalo eèyyr H(ovBisoc) Aldıog Dnouavos (? oder 
*Iystsavòs) HoóxAog, Èrovs est. Ueber der inschrift das bild des 
gottes (?) mit dem speer in der linken, und einer opferschaale in 
der rechten, aus welcher er die libation auf einen altar giesst. 

Diese drei inschriften befinden steh auf einzelnstehenden fels- 
massen. In Ressova auf einer steinplatte der kirche findet sich 
die inschrift “Hoaxlj Seb weyloorg — Matayoos Meva[r]deo[v] 
roig cvr3saolius — Muxedwv Maxedov[os] “Egquoyévng Maxedo- 
vos, l'aiog MeAsaypov vioc, Taïos AlBios.... ‘Axvdas xal 
Apégsog ° Axvdov . . . + 

Auf einer sáule: Adondta° AreEavdolelca 17 Fvyaroì dalriavi. 

Auf einer säule: Aldsog Zexoërdos NixoAdov Kiavdiw Nexo- 
Ade 1j nargono[s|nr@ idle Éronoa[usr] (?) zig (?) 

Auf einer stele, auf welcher zwei männer und zwei frauen 
dergestellt sind: Tala Tirov — Bvodlwv Zita 17 cvuflo xoi 
Éavr® Cov — Tiro — Büxya Nuvíop và avdgi xai asti boo. 

Die stadt Stobi, jetzt Sméca, liegt — anders als die geogra- 
phen annabmen — am einfluss des Erigonus (Tzerna) in den Axius 
(Vardar). Diese lage beweisen selbst die miinzen von Stobi, auf 
denen man eine amazone zwischen zwei nymphen erblickt; es be- 
weisen sie die ausdrücklichen worte lat. und griech. schriftsteller, 
wie Plinius, endlich auch die tab. Peutingeriana; man sehe auch 
Liv. XXXVIII, 33; die an letztgedachtem ort erwähnte stadt Per- 
seis findet der verf. in Tikvech. inschriften aus Sméca (neugriechisch 
cui = plc): 

1) Ovarsola "TovMa Aügella Aexvula xai Ovaleota Fata 
TOig TÉxvosg Ex tiv idlwy uvelag yagıy (auf einer stele). 

2) Kiavdig Iosloxa xoi Ala Tlouoxllu Mevorgla moraic 
perodosy (vielleicht u[n]regacw anstatt unzgacıw; auf einer stele). 

3) Imp(eratori) Caes(ari) divi Trajani Parthici filio, divi 
Nervae nepoti, "Trajano Hadriano Aug(usto), pont(ifici) max(imo), 
trib(unitiae) pot(estatis) (tertium) co(n)s(ul) (terium) muni- 
cip(ium) Stobe(nsium), auf einer marmorplatte bei der quelle von 
Sirkovo. Der verf. theilt noch in abbildung ein basrelief mit, wel- 
ches die dioskuren und zwischen ihnen eine göttin darstellt. — 
Dumont: Normalmass (ojxwuc) aus Naxos, das fünfte, welches bis 
jetzt bekannt geworden ist; die runden óffnungen entsprechen der 
20zvAn und ihren bruchtheilen; zwei viereckige scheinen gewichten 
anzugebören; am rande befinden sich ziffern (in buchstaben) zur 
érklürung der masse. Der verf. theilt die übrigen normalmasse 
mit. — Archäologische nachrichten: Entdeckung der ruinen von 
thermen in Athen zwischen dem königlichen garten und dem tem- 
pel des Jupiter Olympicus (mit grundriss); inschriften (blosse na- 
men) aus Thessalien — Anzeigen: Lenormant, verbreitung des 
phónicischen alphabets; Longnon, pagi Gallici; Conestabile, 
monumenti di Perugia. 








|l ABHANDLUNGEN. 


XX. 


Commentationes Cornificianae. 
(Cf. sup. fasc. 3, p. 445). 


I, 5, 8: In invidiam trahemus, si vim, si potentiam factionem 
divitias eloquentiam nobilitatem clientelas hospitium sodalitatem 
adfinitates adversariorum proferemus et his adiumentis magis quam 
veritate eos confidere aperiemus. Eloquentiae substantivum pro eo 
quod est incontinentia, ex duobus libris restituit K, quibus. nunc 
tertius Monasteriensis accedit. Non recte fecit Rubner in „Blätter 
für das baierische gymnasialschulwesen“ tomi 8, p. 373 qui hoc 
substantivo improbato notionem desiderat, qua indicetur, male his 
adiumentis adversarios uti, sicut Cicero de Inv. 1, 22 scribat: 
atque eorum usus arrogans et intolerabilis. Quod Cornificium 
quoque addere potuisse concedimus, necesse fuisse negamus, cum ad 
invidiam adversariis conflandam iam satis sit dicere eos „his adiu- 
mentis magis quam veritate confidere“, sed hoc certissimum est, si 
scriptor voluisset addere, eum non inter cetera substantiva incon- 
tinentiae notionem interpositurum fuisse, ut est Rubneri sententia, 
sed in extremo enuntiato aliquid additurum, ut fecit Cicero. Tol- 
latur igitur cum Kaysero incontinentia proque ea scribatur elo- 
quentia. 

I, 6, 10: Ab adversarii dicto exordiemur, et ab eo maxime, 
quod ille nuperrume dixerit ; dubitatione utemur, quid potissumum 
dicamus aut quoi loco primum respondeamus, cum adfirmatione; si 
defessi erunt audiendo, ab aliqua re, quae risum movere possit, ab 
apologo fabula ete. Loquitur Cornificius de tribus „temporibus“, in 

Philologus. XXXVI. bd. 4. 37 


678 . Cornificius. 


quibus principio uti orator non possit; cum causam turpem habeat 
aut cum animus auditoris „persuasus esse“ videatur ab eis - qui 
ante contra dixerunt aut cum defessus sit eos audiendo, qui ante 
dixerunt, lam postquam de duobus temporibus egit Cornificius, verhis 
„si defessi erunt* transit ad novam tertiamque partem, quare antea 
punctum ponendum. Neque probabile est, cum nova m rem tractare 
incipiat scriptor, ad constructionem supplendam aliquid audiendum 
esse ex ea parte quae iam absoluta est. Eo minus autem de re- 
petitione exordiemur futuri cogitare licet, quia etiam totum enun- 
tiatum interponitur, quod incipit a verbis: dubitatione utemur. 
Neque ulla potest ratio inveniri, qua Kayseri explicatio probetur; 
qui mente addi vult „utemur“. ‘Tantum abest ut hoc verbum ullo 
modo indicetur, ut vestigiis codicum apertis id fieri non posse de- 
monstretur. In omnibus enim libris legitur ab aliqua re et rursus 
in omnibus, solo g° excepto, ab apologo. Quod autem dixit K 
Videri praepositionem irrepsisse ex loco Ciceronis de Inv. 1, 25: 
sin res dabit, non inutile est, ab aliqua re nova aut ridicula in- 
cipere, id refutare non opus est. Sine dubio ex vera scriptura 
praepositio remansit, excidit verbum, quod quale fuerit, certo dici 
nequit; nam quod in nonnullis ex deterioribus, inter quos est Mo- 


nasteriensis, legitur: ab aliqua re — incipiemus, non habet 
magnam auctoritatem, quamquam aliquid simile eius Cornificius 
scripsit. 


L 9, 14: Tris res convenit habere narrationem: ut brevis ut 
dilucida ut veri similis sit; quae quoniam fieri oportere 
scimus, quemadmodum faciamus, cognoscendum est. 
Ultima huius enuntiati verba inde a: quae quoniam tam languida 
sunt, immo futilia et inepta, ut a Cornificio scripta esse non pos- 
sint, Post divisionem statim sequitur expositio, quae incipit a 
verbis: rem breviter narrare poterimus, prorsus eodem modo, ut I, 
8, 5: genera causarum sunt quattuor: honestum turpe dubium hu- 
mile . honestum causae genus putatur etc. vel II, 2, 3: (probabile) 
dividitur in causam et im vilam. Causa est ea e. q. 8. Aliis 
locis sane transitio quaedam paratur, sed ea, quae sanam sententiam 
babeat velut II, 2, 3: huius constitutionis ratio in sex partis est 
distributa: probabile collationem | signum argumentum consecutionem 
approbationem . horum unum quidque quid valeat, aperiemus. 

1, 9, 15: Item dilucide narrabimus, si ut quicquid pri- 





-Cornificias, 579 


mam gestum erit, ita primum exponemus. Leve est, quod item 
errore typothetae in maiorem Kayseri editionem irrepsisse videtur, 
in lemmate quidem notarum p. 224 scripsit rem dilucide narra- 
bimus, ut est in ceteris editionibus et libris manu scriptis nec 
item sanam habet hoc loco sententiam. Sed aliud restat, de quo 
accuratius disputare operae pretium videtur: pro eo enim quod est 
in novissimis editionibus secundum plurimos et optimos codices: ut 
quidquid primum, autea ad latinitatem optimorum scriptorum 
magis accommodate, sed contra librorum auctoritatem legebatur: 
us quidque. Ante omnia igitur necesse est ipsius Cornificii usum 
examinemus. Et ita quidem rem instituemus ut trium pronominum 
rationem habeamus, quae sunt quisquis, quisque, unusquis- 
que. Si igitur consuetudinem optimorum scriptorum respicimus, 
quisquis recte se habet his locis: II, 7, 10: summo dolore homines 
cogi ut quidquid sciant, dicant; IV, 4, 7: quisquis enim au- 
divit de arte paullo plus, — omnia videre poterit; IV, 16, 23: 
quoquo modo possit, veneficio petat; IV, 49, 62 quod est apud 
Kayserum: quoquo modo ut sit tutus, neque nititur codicum 
auctoritate neque aliis exemplis e Cornificio petitis defendi potest. 
Quisque recte legitur his locis: I, 2, 3: demonstrat, quo quid- 
que loco sit collocandum; 1, 4, 7: quo modo quidque confici 
possit, aperiemus; Il, 2, 2: primum ergo quaeremus, quemadmodum 
quamque causam tractare conveniat ; Il, 18, 27: meminisse po- 
terimus, quid quoque loco dixerimus; II, 29, 46: complexio vitiosa 
est, quae non primum quidque, quod diclum est, complectitur 
(verba in codicibus paullum sunt turbata, sed quidqueprimum 
auctoritate eorum satis defenditur); Ill, 1, 1: interea prima quae- 
que — consequere; Ill, 3, 4: qua quidque ratione fieri oporteat; 
II, 3, 5: quoad cuique satis sit, ostendemus; III, 7, 13: ut 
quaeque quove tempore res erit gesta, ordine dicemus; III, 9, 16: 
in ordinem redigimus, ut certo quidque loco pronuntietur; (ubi 
prima cdd. familia falso quidquid habet) III, 14, 24: ut quo qui d- 
que pacto gestum sit, ita narrare videamur; III, 18, 30: a quoto 
quoque loco lubebit; INI, 18, 31: quintum quemque placet no- 
tari; et paullo post: quinto quoque loco collocare; MI, 22, 37: 
primos quosque locos imaginum  renovandarum causa celeriter 
animo pervagemus ; III, 23, 39: qua re sibi quemque suo com- 
modo convenit imagines comparare; et paullo post: quemadmodum 


37 * 


580 Cornificius. 


quaeri quidque conveniat; III, 24, 40: primas quasque partes 
in animo frequenta; IV, 3, 5: suum quisque de libris tuis tu- 
lerit; IV, 15, 22: vitam innocentissimi cuiusque petistis; IV, 16, 
23: rationem poscimus, quare quidque dicamus; IV, 25, 35: 
habet in se quendam leporem superioris cuiusque crebra repetitio 
verbi. Denique pronomen quod est unus quisque ad consuetudinem 
optimorum scriptorum accommodate ponitur his locis: I, 8, 12: 
unumquidque trahimus ad utilitatem nostram; Il, 7, 11: unam- 
quamque suspitionem extenuabimus; Il, 18, 27: quibus argumen- 
tationibus in unoquoque genere causae iudicialis uti conveniret : 
et paullo infra auditor — uniuscuiusque argumentationis 
distributionem percipere et meminisse poterat; IM, 2, 3: iustitia 
est aequitas, ius unicuique rei tribuens pro dignitate cuiusque 
(exemplum satis memorabile: omnibus rebus ius tribuitur, sed alteri 
pro dignitate plus, alteri minus); HI, 3, 5: si ynamquamque 
rem certo naturae termino definiemus; et paullo post: (si) modum 
unicuique rei statuemus; III, 20, 33: cum uniuscuiusque 
nominis et vocabuli memoria imagine notatur; IV, 2, 3: wt 
unumquodque genus exemplorum sub singulos artis locos subi- 
cere possis; IV, 7, 10: leviter unusquisque locus plerumque tan- 
gitur; IV, 8, 11: quae cuiusque rei poterunt ornatissima verba 
reperiri — ad unamquamque rem adcommodabuniur i. ‘e. ad 
omnes res accommodabuntur verba ornatissima, sed uni haec, alteri 
illa ornatissima sunt; IV, 9, 13: uniuscuiusque rei de rebus 
ante gestis exempla petere non possunt; IV, 12, 17: elegantia est 
quae facit, ut unumquidque pure et aperte dici videatur; IV, 
16, 23: a nobis petimus uniuscuiusque propositionis esplana- 
tionem ; et paullo infra: viros ad unumquodque maleficium sin- 
gulae cupiditates impellunt ; IV, 27, 37: unumquidque certo 
concluditur verbo et infra: unamquamque rem certo verbo con- 
cludi videmus; IV, 35, 47 : quaesitoris est, unumquemque horum 
in officio suo continere; IV, 37, 49: existimatis, unumquemque 
eniti, ut perficiat e. q. 8.5 IV, 46, 59: ad unamquamque su- 
mendae causam similitudinis adcommodabimus singulos modos pro- 
nuntiandi; IV, 49, 62: uniuscuiusque generis singula subie- 
cissemus exempla; IV, 52, 65: puto in hoc exemplo datum esse 
unicuique sermonem ad dignitatem adcommodatum. Praeterea 
separatim sunt commemoranda ea exempla, ubi si omnia plene 


Cornificius. 581 


scripta essent, et quisque pronomine et unusquisque utendum erat, 
ut fecit scriptor in eis verbis, quae supra allata sunt ex IV, 8, 11, 
sed brevitatis causa altero utro pronomine omisso aut simplex pro- 
nomen quisque aut compositum unusquisque solum sententia in bre- 
viorem formam contracta ponitur. Dixit igitur Cornificius Il, 7, 
13: ut quaeque quove tempore res erit gesta, ordine dicemus, 
poterat etiam: unamquamque rem ordine explicabimus, ut 
quaeque quove tempore erit gesta. Contra scripsit II, 2, 2: re- 
liquum videbatur esse, ut ostenderemus, quae ratio posset inventionis 
ad unamquamque constitutionem aut partem constitutionis ac- 
commodari pro eo quod sane molestius erat: reliquum videbatur 
esse ut ostenderemus in unaquaque parte constitutionis, quae ad 
quamque ratio inventionis posset accommodari. — Eodem modo 
pronomen quod est omnis, scribitur in initio libri tertii; Ad om- 
nem iudicialem causam quemadmodum conveniret inventionem rerum 
accommodari , satis abundanter , arbitror, superioribus libris demon- 
stratum est. Cetera unusquisque -pronominis exempla haec sunt: 
II, 18, 27: quoniam satis ostendisse videmur, quibus argumentatio- 
nibus in unoquoque genere causae iudicialis uti conveniret e, q. 
s.; Il, 20, 31: in unaquaque parte argumentationis quae vitia 
vitanda sint, consideremus, i. e. unamquamque partem argumenta- 
tionis consideremus et videamus, quae in quaque vitia vitanda sint. 

Paucissimi loci restant, qui cum hac constanti scriptoris con- 
suetudine non conveniant. Et HI, 19, 31 quidem cur K in edi- 
tione maiore ex solo e scripserit: quid in unoquoque loco collo- 
carit equidem nescio, cum ceteri fere omnes cdd. quid in quo- 
que loco exhibeant, anus ex deterioribus in quoquo, alius in quo. 
Sententiam autem verborum banc esse apparet: in altero loco hoc, 
in altero illud collocavit, Sed in editione minore K veram scri- 
pturam restituit. Neque magis recte K rursus ex solo e recepit 
in utramque suam editionem IV, 35, 47: suum unicuique tri- 
buens officium; nam quod babet h: si unicuique tribuens, non cor- 
ruptum est ex suum unicuique, sed ex suum cuique, ut in ceteris 
omnibus cdd. legitur, i. e. alteri hoc alteri illud officium tribuens. 
Quae cum ita sint, certe non est verendum, ne nimiae audaciae in- 
cusemur, si duos locos contra librorum auctoritatem mutandos esse 
censeamus , ut cum multitudine ceterorum exemplorum consentiant, 
praesertim cum altero ex eis locis duorum certe codicum scriptura 


582 Cornificius. 


nostra sententia firmetur. Quorum prior est IV, 39, 51: volitabit 
et vagabitur in foro, acuens denies, insultans in cuiusque for- 
tunas, ubi insultans est ex coniectura Kayseri pro quo in libris 
sine sana sententia multos legitur, sed non magis ferre debebat K 
pronomen cuiusque; verum servavit cum e codex Monasteriensis : 
in uniuscuiusque fortunas, ut est in novissima Klotzii editione, 
in qua tamen participium insultans non recte auctore Lambino 
omissum est, Altero loco IV, 51, 65 contra libros scribendum: 
huiusmodi notationes describunt, quid consentaneum sit cuiusque 
naturae nam hoc unius, illud alterius naturae consentaneum est 
neque omnium hominum naturae quid sit consentaneum, describitur. 
Non tam certum iudicium facere audeo de aliis duobus locis ubi 
in libris quidquid scriptum invenitur pro eo 'quod est quidque. 
Alter est is, a quo hanc disputationem exorsi sumus ut quid- 
quid primum gestum erit, omnium codicum auctoritate firmatum 
nisi quod in b invenitur quodque; alter II, 30, 47 ordine, ws 
quidquid erit dictum, referimus, secundum optimos codices, solus 
k habet quidque, deteriores autem «i coniunctionem omittunt. Haec 
corruptela quamquam facile fieri poterat, ut pro quidque scriberetur 
quidquid, quod factum est in optimis libris IH, 9, 16, de quo vide 
supra, quamquam apud Ciceronem de inv. I, 20, 29 ubi paene ad 
verbum repetuntur, quae Corn. II, 30, 47 scripsit, legitur ut 
quidque primum gestum erit, tamen cum a Madvigio peritissimo 
linguae Latinae existimatore et iudice in commentariorum ad Ci- 
ceronis de finibus libros scriptorum p. 645 expositum legamus, 
etiam Ciceronem videri ex vetusto sermone hoc quoque servasse 
ut interdum quidquid scriberet pro eo quod est quidque, num contra 
librorum omnium auctoritatem apud Cornificium scripturam mutare 
liceat, valde est dubitandum. De Plauto quidem et Terentio et 
Lucretio res satis nota est; quodsi reputamus Cornificium etiam 
aliis locis vestigia antiqui sermonis servasse, de quo nuperrime 
disputavit Sievers in musei Rhenani tom. 28, sane non improbabile 
est, recentissimos Cornificii editores, Klotzium et Kayserum eis 
duobus locis qui supra indicati sunt, recte quidquid in verba scri- 
ptoris recepisse. 

I, 9, 16: nihilominus haec omnia narrando conservanda. sunt 
Cum haec verba non significent: per narrationem conservanda sunt 
sed dum narratur, necessariam puto praepositionem, quae facile 





Cornificius. 583 


excidere poterat, ut scribatur: in narrando conservanda sunt. Sic 
legimus I, 8, 13: verum haec in exercendo transigentur; M, 30, 
49: decimus locus est per quem omnia quae in negolio gerundo 
acta sunt — expulamus acriter ; II, 4, 8: utrumque pollicebimur 
nos in dicendo demonstraturos esse; et paullo post: quod in do- 
cendo dolum appellavimus, id in dicendo honestius consilium. ap- 
pellabimus et similiter aliis multus locis; cum autem praepositio 
‘ omittitur, semper alia est sententia veluti III, 14, 25: verbis conti- 
nuandis vocem quoque iungere oportebit i. e. eo quod verba con- 
tinuantur; IV, 42, 54: (eandem rem) commutabimus tripliciter : 
verbis pronuntiando tractando , aliisque locis. Sine dubio igitur 
non recte fecit K, quod in editione minore I, 7, 11 ex libris sane 
optimis, sed contra usum scriptoris recepit, haec: exordienda causa 
servandum est, ut lenis sit sermo. At vero satis bene ablativus 
potest defendi IIT, 7, 14 ubi in editione minore contra optimos mul- 
tosque alios cdd. scripsit quid fortiter in inimicitiis gerundis fecerit. 

I, 10, 17: causarum divisio in duas partis distributa est: 
primum enim re narrata debemus aperire, quid nobis conveniat cum 
adversariis e. q. 8 Sic scripsit K pro eo quod est in cdd. primae 
familiae: primum enim per narrationem quod sane ferri non potest; 
sed nescio an verba per narrationem aut, ut in deterioribus libris 
legitur, perorata narratione ex interpolatione orta prorsus delenda 
sint, locum enim quem affert K ex Ill, 10, 18: nam ef statim re 
narrata expectat animus auditoris qua re causa confirmari possit 
aliter se habere facile intellegitur, quoniam statim adverbio prae- 
cedente temporis designatio, quae sequitur, flagitatur; causarum 
autem divisionem post narrationem sequi iam antea dictum est, 

I, 11, 18: e corpore telum cruentum educit. Ad haec verba 
adnotavit K: ,e corpore solius codicis m fide recepi ut consue- 
tudine Cornificii magis conveniens“. .Ceteri enim codices omittunt 
praepositionem. Verum est magis convenire additam praepositionem 
consuetudini scriptoris, sed quaeritur, num necessarium sit. Atque 
inveniuntur IV, 55, 68 haec verba; ne ipse auctoritate commotus 
sententia desisteret, ubi complures ex deterioribus habent a sen- 
dentia. Etiam magis simile est exemplum hoc IV, 33, 44: cuius 
ore sermo melle dulcior profluebat, ubi nulla est scripturae discre- 
pantia. Non videbatur supervacaneum haec indicare, quamquam K 
in editione minore et iam ante eum Klotzius recte praepositionem 


584 Cornificius. 


omiserunt, hic quidem commotus exemplis ex Vergilio et Plinio 
maiore petitis, quae nihil valent ad usum Cornificii probandum. 

I, 12, 21: constitutio est legitima ex definitione, vocabulum 
enim definitur ipsum, quom quaeritur, quid inminuerit maiestatem. 
Iniuria priorem huius enuntiati partem interpolatam esse indicavit 
K, cum ea quae sequuntur: vocabulum enim definitur ipsum ita 
non haberent quo referrentur, quod recte intellexit Sievers in Mus. 
Rhen, tom. 28, p. 573; nam nemo, opinor, credet Kaysero af- 
firmanti in notis, haec referenda esse ad ea verba quae satis re- 
moto loco in initio huius paragraphi posita sunt: ea est huiusmodi. 
Accedit autem quod prorsus aliter verba a Kaysero damnata com- 
parata sunt, quam aliae sane ineptae repetitiones in hac parte libri, 
quas optimo iure K delevit. Ceterae enim constitutiones legitimae, 
de quibus disputat Cornificius inde a paragrapho 19 quales sint, ex 
ipsis verbis facillime cognoscitur, veluti si dicit: ex contrariis legibus 
controversia constat, cum alia lex iubet aut permittit, alia vetat 
quippiam fieri sive: ex ambiguo controversia nascitur cum res in 
unam sententiam scripta duas aut plures sententias significat; quae 
his locis subiciuntur exempla, tam aperta sunt, ut ineptum sit 
postea addere, hanc esse constitutionem ex contrariis legibus, vel 
ex ambiguo; hoc autem loco non statim apparet, esse consti- 
tutionem ex definitione, quare non supervacaneum erat verba supra 
indicata addere. 

I, 14, 24: absoluta est (constitutio iuridicialis) cum id ipsum 
quod facium est — recte factum esse dicemus. Requiritur in 
hac definitione necessario praesens dicimus, ut in nostra lingua: 
findet dann statt, wenn wir behaupten. Longe aliter se res habet, 
cum exemplum affertur velut II, 30, 49: nonus locus constat ex 
peccatorum comparatione, quasi cum dicemus, maius esse male- 
ficium stuprare ingenuum quam sacrum legere, ubi etsi praesens 
tempus, quod est in deterioribus libris, faciliorem habet explicatum, 
tamen futurum, codicum optimorum scriptura, ferri potest. 

Paullo infra: ut ille qui de eo servo, qui dominum occiderat, 
supplicium sumpsit, cui fraler esset, antequam tabulas testamento 
aperuit. In notis haec dicit K: ,,cui frater esset, pro quo malim: 
cuius frater esset . fortasse ab interprete adiectum est, nequis cre- 
deret alienum hominem aperuisse testamentum". Recte autem 
servavit verba in editione minore (etiam melius Klotzius: cum 





Cornificius. 585 


frater esset), sed in eo fallitur, quod eis causam contineri putat, 
cur alter testamentum aperuerit, cum explicetur, cur ei supplicium 
de servo sumere licuerit. 

Paullo post: deprecatio est cum et peccasse se et consulto fe- 
cisse reus confitetur et tamen postulat, ut sui misereantur . hoc in 
iudicio fere non potest usu venire nisi quando pro eo dicimus, 
cuius multa recte facta extant . [in loco communi per amplifica- 
tionem] iniciamus hoc modo: quod si hoc fecisset, tamen ei pro 
pristinis beneficiis ignosci conveniret, verum nihil postulat ignosci. 
ergo in iudicium non venit, at in senatum aut [ad imperatorem et] 
in tonsilium talis causa potest venire. Verba haec inde ab: in 
loco communi multis magnisque laborant difficultatibus. Nonnullas 
iam indicavit K in notis, multo graviores restant. Aperte haec 
inter se repugnant: hoc in iudicium fere non potest nsu venire 
nisi quando et postea: ergo in iudicium non venit; tum confitetur 
reus se fecisse et tamen dicitur: quod si hoc fecisset — tamen 
ignosci conveniret, re vera igitur non fecisse statuitur; denique 
reus postulat, ut sui misereantur et tamen postea affirmatur eum 
nihil postulare ignosci. Praeterea neque coniunctivus iniciamus 
meque asyndeton satis bene explicari potest, nam cum nisi con- 
iunctione quominus illud verbum coniungamus, impedimus negatione 
quae proxime antecedit: non potest usu venire nisi quando e. q. s., 
sane coniunctivum K ex solis duobus deteriorum librorum recepit 
conira ceterorum auctoritatem, Postremum non ut in ceteris par- 
tibus, exemplum affertur, sed ipsa verba, quae orator in iudicio 
pronuntiare debeat. Quae cum ita sint, non singula ut voluit K, 
sed omuia a verbis in loco communi usque ad causa potest venire, 
insiticia sunt habenda. Addita sunt ab eo, qui exemplum aliquod 
desiderabat, sed consulto id hoc loco omisit Corn., quia deprecatio 
in iudicio ,fere non potest usu venire“. Haec iam scripta erant, 
cum ea legerem, quae Sievers de hoc loco in Mus. rhen. t. 28, 
p. 575 disputavit. Et hic quidem ex duabus causis, quas ego 
altero et tertio loco posui, sententiam non sanam esse ratus non- 
nullis verbis addendis medicinam parare conatus est ita scribens: 
— cuius multa recte facta extant . tum parte quidem de- 
precationis uti possumus, si causa non in ea consti- 
tuta hoc modo iniciamus e. q. s. collatis verbis quae sunt apud 
Ciceronem de Inv. If, 34, 104. Sed neghe video quomodo hac 





586 Cornificius. 


mutatione difficultates etiam a Sievers ipso prolatae tolli possint 
et locus Ciceronis prorsus aliter se habet, cum ibi legatur: quodsi 
iudices hic — ut ignosceretis postularet, tamen dignum vestra 
mansueludine, dignum virtute huius essel, iudices, a vobis hanc rem 
hoc postulante impetrari. Non dicit Cicero neque potest dicere: 
quod si fecisset, quia re vera fecit; nulla est igitur apud eum offen- 
sio. Postremum affirmat Sievers, ideo verba apud Cornificium non 
interpolata esse videri, quod ita deesset exemplum ,,was um so auf- 
fallender wire, da der so selten vorkommende fall mehr als andere 
des beispiels bedürfie“. Sed cum Cornificius imprimis usum forensem 
espiciat, quo rarior est ratio defendendi, eo minus necesse erat, 
eam accuratius exemplis illustrare, quamquam non erat prorsus prae- 
tereunda, contra si qua est ratio difficilior, pluribus utitur 
exemplis velut II, 8, 12: quod et difficillima tractatu est constitutio 
coniecturalis ek in veris causis sacpissime tractanda est, eo 
diligentius omnes eius partes perscrutati sumus. IV, 28, 39: 
plura subiecimus exempla, ut, quoniam difficile est hoc genus 
exornationis inventu, dilucidum esset. IV, 42, 54: hoc neque com- 
modissime scribi potest neque parum est apertum, quare 
non eget exempli. Deprecatio autem non est difficilis defen- 
dendi ratio. | 

II, 1, 2: ex quo simul ostendebatur, quomodo constitutionem 
et partem constitutionis causa posila reperire oporteret. Ita 
scripsit K solum 6 secutus, ceteri libri habent aut repperiri 
vitio satis frequenti aut reperiri quod K cum ceteris editoribus 
servare debebat. Etenim solet Cornificius cum verbo quod est oportet 
et similibus nullo certo subiecto modo infinitivum activum, modo 
passivum coniungere; exempla sunt satis multa, quare me intra 
primum librum continebo: 1, 4, 6: aut id oportebit ostendere — 
aut breviter exponere; paullo post: principium capere oportebit ; 
9, 14: satius est praeterire; 16, 26: reperire convenit; conferre 
oportebit; alterius generis haec sunt: I, 1, 1: hanc rationem — 
accommodari oportere; 2, 2: has causas quomodo tractari conveniat ; 
4, 6: convenict rationem — accommodari ; 6, 9: rem non homi- 
nem spectari oportere; 8, 13: illud — quomodo tractari conveniat ; 
12, 22: secum furti agi, non peculalus oportere; 14, 24: licere 
nominari eum; 16, 25: quomodo eas et qua via tractari conveniat ; 
quid oporteat — destinari. Vides numerum infinitivorum passivi, 











Cornificius. 587 


etiam multo maiorem esse; id tantum addam, in posteriore operis 
sui parte Cornificium saepius infinitivo activo quam passivo usum 
esse. Id igitur apertum est, codicum auctoritatem esse in hac re 
sequendam, quare nulla erat causa, cur K hoc loco reperire scri- 
beret, quin etiam eo magis debebat servare infinitivum passivum, 
quia statim sequuntur haec verba: deinde docuimus, iudicationem 
quemadmodum quaeri conveniret. 

II, 2, 2: deinde ad extremum [docuimus] , cuiusmodi conclu- 
sionibus orationum uti oporteret. K docuimus interpolatum esse 
dicit „interpellat constructionem, omnia enim pendent a relicuom 
videbatur esse ut ostenderemus“. Sed fefellit sententia Cornificii 
Kayserum, nam a verbis deinde-ad extremum prorsus nova res 
tractari incipit. Antea enim Cornificius verbis relicuom videbatur. esse 
e. q. 8. docuit quae restarent tractanda secundo libro, iam inco- 
hata in primo de narratione confirmatione confutatione; prorsus 
autem nova sunt neque in primo libro iam commemorata, quae 
dicturus est de conclusione, quare rectissime, cum supra dixisset: 
relicuom videbatur esse, iam addit deinde ad extremum docuimus e. 
q. 5, i. e. in hoc secundo libro, sicut etiam in tertii libri initio 
loquitur: nunc earum rationem rerum inveniendarum in hunc li- 
brun transtulimus; et paullo infra: de tribus parlibus in hoc 
libro dictum est atque in initio quarti libri: quoniam in hoc 
libro, Herenni, de elocutione scripsimus et quibus in rebus opus 
fuit exemplis uti, nostris exemplis usi sumus et id fecimus 
praeter consueludinem Graecorum e. q. s. Ex his locis apparet, 
non esse necessarium cum libris deterioribus docebimüs scribere, sed 
recte Kayserum docuimus ex prima codicum familia recepisse; neque 
vero cum eodem viro docto probandum puto oporteret quod est in 
duobus cdd. u/9, cum ceteri babeant oporteat. Quamquam enim 
cum perfecto, quod a grammaticis logicum dicitur, Cornificius ple- 
rumque coniunctivum imperfecti coniungit velut I, 13, 23: cuius- 
modi partes essent legitimae constitutionis, ostendimus; II, 1, 1: 
in primo libro, Herenni, breviter exposuimus, quas causas recipere 
oratorem oporteret; Ill, 1, 1: ad omnem iudicialem causam 
quemadmodum conveniret inventionem rerum accommodari, satis 
abundanter, arbitror, superioribus libris demonstratum est, leguntur 
tamen etiam haec 1, 16, 25: quae constitutiones et quae constitu- 
tionum partes sint, videor ostendisse, 


588 Cornificius. 


II, 2, 8: id dividitur in causam. et in vitam. Sic fere 
omnes codices, sed consuetudo Cornificii falsum esse convincit. 
Quotienscumque enim ef vel ac atque coniunctionibus duae notiones 
coniunguntur, quarum utraque ab eadem praepositione monosyllabs 
pendet, si propter totius loci sententiam tamquam diversae cogitari 
possunt, potest apud Cornificium praepositio secundo loco omitti, si 
tanquam unum cogitari debent, debet praepositio semel tantum poni. 
Exempla utriusque generis omissae praepositionis haec sunt: I, 11, 
19: ex scripto et sententia nascitur controversia; I, 12, 21: cum 
L. Saturninus legem frumentariam de semissibus et trientibus la- 
turus esset; I, 14, 24; ea dividitur in purgationem et de preca- 
tionem; I, 17, 27: in omnibus constitutionibus et partibus consti- 
futionum; paullo post: ex intentione et infitiatione iudicatio con- 
stituitur; II, 2, 2: coniuncte de confirmatione et confutatione 
dicendum fuit; II, 7, 11: ab argumentis et signis et ceteris locis, 
quibus augetur suspitio, dicere hoc modo convenit ; ll, 13, 20: eo 
aequo ef bono ius constat; Il, 16, 28: ea dividitur in purgationem 
et deprecationem ; Il, 18, 26: contra dicet cum amplificatione et 
enumeratione peccatorum ; Il, 19, 30: si parum locuples ad ampli- 
ficandum et exornandum res videtur esso; 1M, 30, 47: res quae 
tractatae erunt in confirmatione et confutatione; HI, 2, 3: haec 
tribuitur in vim et dolum; paullo post: honesta res dividitur in 
rectum et laudabile; rectum est quod cum virtute et officio fit; III, 
6, 10: haec causa dividitur in laudem et vituperationem; II, 10, 
18: in confirmatione ek confutatione argumentationum; III, 11, 19: 
omnes vix posse putarunt de voce et vultu et gestu dilucide scribi ; 
III, 11, 20: de magnitudine vocis et firmitudinis parte — nihil 
nos attinet commonere; (lll, 13, 23: eam dividimus in sermonem 
contentionem amplificationem); Ill, 13, 24: amplificatio dividitur 
in cohortationem et conquestionem ; III, 16, 29: constat igitur ar- 
tificiosa memoria ex locis et imaginibus; II, 21, 84: ut multo 
plus in doctrina. atque arte praesidi sit; IV, 2, 3: res — in tot 
poematis et orationibus sparsas; IV, 5, 7: sumptis aliis a poetis 
et historiarum scriptoribus; IV, 5, 8: ab omnibus oratoribus et 
poetis exempla sumpserunt; IV, 12, 17: quae versantur in sermone 
et consuetudine cotidiana; IV, 17, 25: rem certam ex vita et mo- 
ribus sumptam; IV, 19, 26: ex remotione brachii et contortione 
dexterae gladium ad corpus adferri — videtur; IV, 22, 81: 








c 
Cornificius, 589 


Alexandri virtutes per orbem terrae cum laude et gloria vulgatae 
sunt; IV, 25, 35: fortitudo est contemptio laboris et periculi cum 
ralione utilitatis et compensatione commodorum; IV, 32, 43: pro 
Graecis et Italis, quae continent, nominata sunt; IV, 39, 51: in 
omnis amicos atque inimicos incursans; IV, 40, 52: in aequos et 
pares fastidiosus; IV, 44, 57: cum possis cum summa virtute et 
honore pro patria interire, malle per dedecus et ignaviam vivere; 
pro amicis et parentibus et ceteris necessariis adire periculum. 
Contra ubi necessario duae cogitantur diversae notiones, Corni» 
ficius praepositionem monosyllabam semper repetit, ubi cogitare 
possunt, licet repetere. Sun tloci hi: I, 16, 26: ex ratione defen- 
sionis et ex firmamento accusationis iudici quaestio nascatur oportet ; 
H, 2, 2: quorum utrumque pertinet. ad confirmationem et ad con- 
futationem ; (fortasse legendum: pertinet ei ad confirm.) Il, 6, 9: 
haec et ad improbationem et ad interrogationem testium pertinebunt ; 
HI, 3, 4: ita fiet, ut isdem locis et ad suadendum et ad dissua- 
dendum simus comparati; HI, 5, 9: conclusionibus fere similibus 
et in his et in iudicialibus causis uti solemus; III, 8, 15: sepa- 
ratim haec causa minus saepe tractatur, at in iudicialibus et in 
deliberativis causis saepe magnae partes versantur ; II, 10, 18: fir- 
missimas argumentationes in primis eb in posiremis causae par- 
tibus collocare; Ill, 12, 20: de ea parte firmitudinis — et de mol» 
litudine vocis — dicendum videtur; IIl, 13, 23: oratio acris et ad 
confirmandum et ad confutandum adcommodata. IV, 13, 19: quare 
videtur esse adhibenda et ad ornandam et ad exaugendam oratio- 
nem; IV, 31, 42: hoc pacto non inornate poterimus et in laudando 
et in laedendo — dicere; IV, 41, 53: haec exornatio — ferme 
semper necessaria et in ceteris generibus causarum et in omni ora- 
tione adhibenda nonnunquam; IV, 47, 60: si quis in excelso loco 
et in magnis ac locupletibus copiis conlocatus est. Non repugnat 
hoc exemplum I, 6, 10: ab adversarii dicto exordiemur et ab eo 
mazime, quod ille nuperrime dixerit; verbis enim et ab eo e. q. s. 
sententia accuratius expressa ab integro repetitur. In tanta multi- 
"tudine exemplorum codicum consensu aut paene consensu munitorum 
cum paucissima reperiantur, ubi quod consuetudini Cornificianae 
consentaneum est, non quidem auctoritate codicum plane destitutum 
sit, sed non libris melioribus commendetur, certe nobis licet etiam 
contra optimos codices praepesitionem aut addere aut delere, prae- 


590 Cornificius. 


sertim cum optimi huius scriptoris codices non ita sint comparati, 
ut eos solos ceteris neglectis sequi liceat. Et uno quidem loco 
K immerito in editione maiore optimos libros non secutus est I, 
10, 18: tota spes vincendi ratioque persuadendi posita est in con- 
firmatione et confutatione, ubi prima et secunda codicum familia 
cum paucis aliis habet et in confutatione, quod recte recepit K 
in editione minore. Nam etsi confirmationem et confutationem ut 
res proxime cognatas saepius comprehendit Cornificius, tamen hoc 
quidem loco duas has res diversas esse indicat, in quibus tota spes 
vincendi posita sit. Non satis liquet, quae sit codicum scriptura 
Il, 13, 20: novum ius constitui convenit ex tempore et hominis 
dignitate, ubi ex hominis annotavit K in editione maiore in 
libris abg® inveniri, contra in editione minore hanc scripturam re- 
cepit in verba scriptoris et eam esse dicit etiam in optimis duobus 
hp. Quin ita scribendum sit, dubitari non potest. Repugnant 
autem consuetudini scriptoris modo expositae quinque tantum loci: 
is qui supra scriptus est; lll, 13, 23: contentio dividitur in con- 
tinuationem et in distributionem; Ill, 16, 28: nunc ad thesaurum 
inventorum atque ad omnium partium rhetoricae artis custodem 
memoriam transeamus. IV, 13, 18: haec in verborum ei in sen- 
tentiarum exornationem dividitur; IV, 38, 50: nunc et ad invi- 
diam vitandam et laudem comparandam satis dictum est. Ae 
primo quidem et secundo et quarto loco, ubi de divisione sermo 
est, haec omnino fieri non potest, nisi diversae partes unum effi- 
cere cogitantur neque quod dividitur, in unam tantum partem se- 
paratim dividi potest, deinde etiam in alteram, neque dicere licet 
velut: contentio dividitur in continuationem, sed necesse est 
etiam aliud sequi et partes coniungendae sunt. "Tertio loco om- 
nino de una tantum re sermo est, quinto autem repetita con- 
iunctione et satis aperte indicatur, duas diversas notiones cogitari. 
Et est omnibus bis locis varietas quaedam scripturae: (quamquam 
huic rei non plurimum tribuo): Il, 2, 3 habent tb: in causam et 
vitam ; t est liber minime spernendus, de quo cf. praefatio Kayseri 
editionis maioris p. XX; HI, 13, 23 secunda familia codicum cum 
multis aliis habet in continuationem et distributionem ; IV, 13, 18 
in multis libris legitur: in verborum et sententiarum. exornationem ; 
II, 16, 28 iam ipse K praeeunte Lambino contra optimos codices 
praepositionem ante genetivum omnium recte omisit; denique IV, 





Cornificius, 591 


38, 50 habent multi codices et editiones ante Kayserum et ad in- 
vidiam vitandam et ad laudem comparandam. 

II, 3, 5: si non poterit avarum demonstrare, demonstret cor- 
ruptorem, perfidum, vel si quo modo poterit aliquo aut quam plu- 
rumis vitiis contaminare personam; deinde qui illud fecerit tam 
nequiter, eundem hoc tam perperam fecisse non esse mirandum. 
His verbis concluditur tota sententia dicta de eo, qui antea quoque 
improbe fecisse putatur. Pro coniunctione deinde expectamus 
igitur denique, quod eo minus hoc loco restituere dubito, quia 
in versum qui antecedit haec particula falso devenisse videtur: 
etenim in omnibus fere codicibus legitur vel si quo modo poterit 
denique aliquo e. q. s. 

In verbis quae leguntur paullo post: facta, non famam spec- 
tare oportere, librorum auctoritate magis commendatur spectari, 
quare hoc recipiendum est; cfr. quae supra p. 592 de usu Corni- 
ficii dicta sunt. 

II, 4, 7: num quod est facium , perspectum. exauditum esse 
possit. Loci corruptelas complures recte emendavit K, sed pauca 
restant emendanda. Instituitur quaestio de caede quadam ita ut 
inquiratur, num locus, ubi caedes facta est, talis fuerit ut facinus 
conspici vel omnino sentiri potuerit. Sed neque simplex videndi 
notio: inest in verbo perspiciendi neque asyndeton illud inter duo 
verba perspectum exauditum accommodatum est usui Cornificiano. 
Sane legitur in epz optimae notae codicibus Il, 5, 8 ut confiden- 
tissime resisteret! responderet; secunda autem familia cum pk et 
nonnullis deterioribus habet: resisteret et responderet. — Apparet hunc 
locum valde dubium esse, Nec magis certa sunt verba quae le- 
guntur IV, 39, 51 ubi satis magnae in codicibus turbae: aliorum 
domum atque omnem familiam perfringens, funditus labefactans. 
Ita habent codices primae familiae, secunda cum p° et nonnullis 
aliis: funditusque, deteriores partim: rempublicam funditus labe- 
factans, partim: funditusque rem publicam labefactans. Antecedunt 
autem duo membra orationis, quae singula participia cum singulis 
obiectis comprehendunt: aliorum famam depeculans, aliorum caput 
oppugnans. Denique familiam perfringere non videtur latine dici 
posse; quare ita scribendum puto: aliorum domum perfringens atque 
omnem familiam funditus labefactans. Postremum IV, 39, 51: 
at inimici statim. sanguinolentam palmam, crudelissimam victoriam 





592 Cornificius 


potiti insultabunt in horum miserias verba orudelissimam victoriam 
valde languent addita post sanguinolentam palmam, ut interpola- 
tionis suspitio prope necessario oriatur. Prorsus alia est ratio 
eorum locorum, ubi asyndeton, quod dicitur enumerativum, invenitur 
aut notione contraria inter se sunt substantiva, velut ex priore 
genere quae leguntur II, 3, 4: si non poterit avarum demonstrare, 
demonstret corruptorem, perfidum; vel II, 21, 34: (falsa 
enumeratio est si) cum paucioru sint, plura dicimus hoc modo: tres 
res sunt, quae omnes homines sollicitant : metus cupiditas aegritudo 
satis enim fuerat dixisso metum cupiditatem e. q.s. ; vel III, 2, 3: 
utilitas in duas partes in civili consultatione dividitur: $utam  ho- 
nestam; ex altero genere haec: I, 6, 9: rem, non hominem spe- 
ctari oportere; I, 11, 19: ille aegrotus possedit. navem, petit cuius 
fuerat; Il, 3, 5: facta non famam spectare oportere, HI, 5, 8: 
quae signa confidentiae, non innocentia sunt aliisque locis. Sed ut 
revertatur disputatio, unde digressa est, asyndeton illud perspectum 
exauditum ferri non posse videtur. Fortasse scripsit Cornificius : 
perceptum esse possil ut M, 5, 8: num quid aliquo sensu per- 
ceptum sit; exauditum autem interpretandi causa a lectore 
quodam additum est. 

M, 4, 7: si praeterea. altera parte vires pecunia consilium 
scientia. apparatio videbitur fuisse, altera parte imbecillitas inopia 
siultitia | inprudentia inadparatio demonstrabitur fuisse, 
Duo ultima verba nescio an ex interpolatione orta sint; certo de- 
monstrari nequit, sed oratio valde claudicat. 

II, 5, 8: num quo in loco praeter. consuetudinem fuerit aut 
alieno tempore. In codicibus verba admodum varie scripta leguntur : 
satis multi, sed deteriores habent: num quo in loco, unus num quid 
quo loco, rursus alii, inter quos optimi: num quid in loco; deinde 
fuerit legitur in r*db fecerit in ceteris, nisi quod nonnulli habent: 
fuerit vel fecerit. Et recte quidem K recepit fuerit, non recte 
improbavit pronomen quid dicens in notis ,, quid est, quaeso, illud 
quid? Quod miror virum doctum scripsisse, cum constet quid 
pronominis notionem in hac locutione interdum, si sententiam spe- 
ctamus, prorsus evanescere, ut: numquid nihil aliud significet 
quam num, veluti apud Ciceronem de leg. Il, 2, 5: numquid 
vos duas habetis patrias an est illa una patria communis?  Simil- 
limum est nostrum: ob er efwa an der etelle gewesen sei. Neqne 








Cornificius, 593 


refert, num in aliquo loco praeter consuetudinem fuerit, sed num 
eo ipso loco, ubi caedes facta est. Optimi igitur libri veram 
scripturam servarunt. 

Paullo post: a quo factum sit (spectabitur) hoc modo: si telum 
si vestimentum si quid eiusmodi relicium aut vestigium repertum 
sit, Ultimum vocabulum, quod est sit, non satis firma auctoritate 
nititur codicum ekg', in secunda familia et nonnullis aliis hoc loco 
omittitur et ponitur post participium relicium , optimi omnino non 
habent. Cum autem antea scriptum sit sine ulla discrepantia : 
factum esse (spectabitur) hoc modo: si tumore et liuore decoloratum 
corpus est mortui, sine dubio etiam hoc loco scribendum erit re- 
pertum est vel potius repertumst, quod corruptum est vel 
excidit, cum si praepositio sequeretur. Eadem ratione T eu f- 
felius in mus. Rben. 28, 496 scripsit IV, 4, 6: artificiosumst. 

In eadem paragrapho: accusator dicet si poterit adversarium 
— erubuisse expalluisse titubasse inconstanter locutum esse conci- 
disse pollicitum esse aliquid: quae signa conscientiae sint. Quae 
pronomen quin hoc loco pro demonstrativo positum sit, dubitari 
nequit; requiritur igitur in oratione obliqua aut accusativus cum 
infinitivo aut indicativus, si est sententia scriptoris: coniunctivus 
defendi non potest. Quare scribendum cum secunda codicum fa- 
milia et deterioribus: sunt. Idem faciendum paullo infra in eis, 
quae nunc sic eduntur:- quae signa confidentiae, non innocentiae 
sint. In extrema paragrapho: defensor, si pertimuerit, magnitudine 
periculi, non conscientia peccati se commotum esse dicet. Non 
agitur hoc loco de innocentia vel conscientia defensoris, sed rei. 
Igitur ad verbum pertimuerit reus pro subiecto habendus et au- 
diendus est, ut paullo supra diserte scriptum invenitur: si reus 
horum nihil fecerit. Certissimum igitur est, scribere non potuisse 
Cornificium se commotum esse, sed aut commotum esse ut legitur 
in fr, aut commotum eum esse. 

II, 6, 9: communes loci sunt cum accusatoris tum defensoris 
ab testibus contra testes, aps quaestionibus contra quaestiones e. q. s. 
Satis mira inconstantia sic scripsit K: pro eo quod est ab te- 
stibus, invenitur in pz abs testibus, quod non recepit; aps quae- 
stionibus quod in eisdem duobus libris solis legitur, recepit. At 
si omnino formam abs probandam existimavit K, certe ante t li- 
teram multo magis servanda erat, quam ‘ante q. Ab quaestionibus 

Philologus. XXXVI. bd. 4. 38 


594 Cornificius. 


autem non magis scripserim quam abs quaestionibus, cum Cornificius 
ante q literam semper forma brevissima a utatur: 11, 5, 8 a quo 
bis; IE, 7, 10: a quaestionibus; Il, 19, 28: a quo; II, 27, 44: 
a quo; II, 30, 48: a quibus; III, 18, 30: a quoto; IV, 40, 52: 
a quo. His omnibus locis aut nulla aut fere nulla invenitur co- 
dicum discrepantia. Quare hoc quoque loco secundum auctoritatem 
optimi codicis h a quaestionibus scribendum puto. 

II, 6, 9: haec et ad inprobationem et ad. interrogationem te- 
stium pertinebunt. Haec in optimis libris inveniuntur, in ceteris 
varie mutatum est, sed verba quomodocumque leguntur, non carent 
satis gravi dubitatione; nullo autem modo ferri possunt, quae 
habent libri optimi. Primum et — et coniunctionibus uti non 
poterat scriptor, nisi duas diversas res significare volebat; hoc 
autem loco una tantum res indicatur, nam interrogatione testium 
pervenitur ad improbationem, ut apparet ex loco Ciceronis p. Flacc. 
22, quem K in notis attulit. Accedit quod totum enunciatum nihil 
novi affert et mirum in modum languet et ex parte perversum est; 
nam cum antea dictnm sit: contra testes dicemus, ea quae se- 
quuntur, ad improbationem testium pertinere etiam non moniti in- 
tellegimus, sed id quoque expositum est, quomodo ab testibus dicatur, 
quam rem illa verba non complectuntur. Neque cum ceterae similes 
res tractantur, quae sunt quaestiones 7, 10; argumenta 7, 
11; rumores 8, 12, tales futiles totius sententiae repetitiones 
inveniuntur. lam, opinor, manifestum est, totum enuntiatum inter- 
polatori deberi. 

II, 7, 11: plus oportere signis et argumentis credi, quam te- 
stibus: haec enim eo modo exponi, quo re vera sint gesta. Rectis- 
sime K in notis dicit, non geri argumenta et signa, quapropter 
aut neglegentiorem hoc loco scriptorem fuisse aut dedisse: quo res 
vere sit gesta suspicatur. Sed ne haec quidem prorsus satisfaciunt 
sententiae quae desideratur; nam non signa et argumenta ex- 
ponuntur eo modo, quo res gestae sunt, sed res ipsae. Ceterum 
non est in libris quo re vera, sed quomodo re vera; modo 
vocabulum errore apud Kayserum in editione maiore excidisse vi- 
detur, recepit in editione minore. "Tum pro eis quae sunt haec 
enim eo modo, in multis libris legitur hoc enim eo modo, in optimo 
h haec enim hoc modo; ego ita scribendum puto: hoc enim modo 





-Cornificius. 595 


exponi, quomodo res vere sit gesta: auf diese weise werde der 
wirkliche sachverhalt dargestellt. 

Il, 8, 12: Et aliquam aut fictam fabulam in adversarios ad- 
feremus, quam dicamus omnibus in ore esse, aut verum rumorem 
proferemus, qui illis aliquid turpitudinis adferat. Apparet con- 
iunctivum adferat esse eum, qui a grammaticis qualitativus dici 
solet, quod uon cadit in coniunctivum, qui est dicamus. Cum 
autem saepissime dicimus dicemus dicamus in libris commu- 
tentur, hoc loco dicemus scribendum est, ut iam Graevius voluit; 
futuro enim tota hac parte utitur Corn. in praecipiendo. Atque 
invenitur futurum in di“. 

II, 9, 13: Deinde sententia, quae ab adversariis sit excogitata 
et scripto adtributa, contempnetur et infirmabitur. Ne hoc quidem 
loco coniunctivus sana ratione explicari potest, sed sine dubio in 
libros irrepsit ex enuntiato proximo: an id quod acute sit exco- 
gitatum, quae longe aliter se habere. unusquisque statim intelleget. 
Quare leni mutatione scribo: ab adversariis erit excogitata. 

II, 13, 20: Ergo quia possunt res simili de causa dissimi- 
liter iudicatae proferri, cum id usu venerit e. q. s. Non sunt 
causae similes, quare res dissimiliter iudicentur, sed similes 
res dissimili de causa dissimiliter iudicantur. — Quare postea 
praecipit Corn., in eiusmodi rebus iudicatis iudicem cum iudice, 
tempus cum tempore, numerum cum numero iudiciorum esse con- 
ferendum, nimirum ut ex his dissimilibus causis explicetur, quo- 
modo factum sit, ut similes res dissimiliter iudicarentur. Scri- 
bendum igitur: quia possunt res similes dissimili de causa 
e. q. 8. 

II, 18, 28: Ergo absolutissuma et perfectissuma est argu- 
mentatio ea, quae in quinque partes est distributa. Coniunctionem 
ergo interpolatam esse putat K dicens: particula, cum infra 2. 30 
recte praeposita sit eidem sententiae, hic, ubi nondum quidquam de 
divisione argumentationis significatum est, delenda videtur. Sed 
non necesse est, cum hac particula Cornificius interdum utatur ad in- 
dicandum, se iam ex digressione ad rem ipsam redire, In initio 
autem capitis dixerat: consequi videtur, ut doceamus quemadmodum 
argumentationes ornate et absolute tractare possimus. lam pauca 
verba facit de difficultate huius partis rhetoricae, tum redit ad ea, 
quae antea indicaverat: ergo absolutissima e. q. s. Simili modo 


38* 


596 Cornificius. 


scriptum est I, 6, 10: si oratio adversariorum fidem auditoribus 
fecerit — ergo si fidem factam putabimus e. q. s. Error Kayseri 
praecipue in eo versari videtur, quod non putavit, de eis quae 
postea dicat Cornificius, antea indicatum esse, sed indicata est notio 
absolutae tractationis, indicatum est, iam doceri de hac tractatione. 

II, 19, 29: virum fortissumum integerrumum inimicitiarum 
persequentissumum iniuria lacessitum ira exsuscitatum homo ti- 
midus nocens conscius sui peccati insidiosus inimicum incolumem 
esse noluit. K in notis: „fortissumo“, inquit, „timidus, integerrumo 
nocens, iniuria lacessito conscius peccati sui, ira exsuscitato insi- 
diosus respondet, solum inimicitiarum persequentissimo qui opponatur, 
deest“. Haec quidem recte, sed pergit: „ipsius scriptoris an libra- 
riorum culpa, non audemus pronuntiare*, Puto et a scriptore 
factum neque culpam esse.  Notio est enim aptissima hoc loco 
eius qui acerrime inimicitias persequitur neque facile ea carere 
possumus, quia quo magis iniurias quis persequitur, eo maius est 
. periculum inimici eoque plus causae hic habet ad facinus aliquod 
audendum. Atqui non poterat hoc loco ulla alia notio opponi nisi 
eius, qui facile iniurias obliviscitur atque ignoscit, quod quidem 
ab hac sententia prorsus alienum est. 

(Continuabitur.) 


Monasterii, P. Langen. 


Zu Livius. 


Liv. I, 41, 7: Anci liberi iam tum conprensis sceleris mi- 
nistris, uf vivere regem et tantas esse opes Servi nuntiatum est, 
Suessam Pometiam exulatum ierant. Neben dem abl. abs. und 
ut — nuntiatum est ist iam tum nicht nur überflüssig, sondern 
auch unerklirlich. Man erwartet dafür iam ante. Es ist aber 
wabrscheinlicher, dass iam tum aus dem seltneren adverb actutum 
entstanden ist. Livius gebraucht dieses wort noch XXIX, 14, 5: 
matrem Idalam M. Valerius unus ex legatis praegressus actutum 
in Italia fore nuntiaverat. 


Darmstadt. A. Weidner. 








XXI. 


Miscellen zur kritik einiger quellenschriftsteller der 
späteren römischen kaiserzeit. 


I. Zur kritik des Eusebius und des Lactantins. 


1. Ueber die abfassungszeit des buches de mortibus persecutorum!). 


Dass diese schrift nach der besiegung des kaisers Maximin Il. 
Daja (reg. 305—313) oder genauer nach dem untergang seiner 
familie und vor dem beginn der licinianischen christenverfolgung, 
also zwischen 313 und 316 resp. 3193), redigirt sein muss, 
darin stimmen alle neueren forscher überein. Zu einem solchen 
ergebniss ist schon der benedictiner Le Nourry (ed. Lucii Casoilii 
librum de mort. persec., Dissertat. cap. I, artic. IV, p. 124—126) 
gelangt, und aus dem vergleich von c. 1 und c. 52 des buches iiber 
die todesarten der verfolger, wonach die auf gegenseitigem wohl- 
wollen begriindeten beziehungen zwischen Licinius (reg. 307/8 bis 
323) und der kirche um die zeit der entstehung der fraglichen 
schrift noch in keiner weise getrübt waren, mit c. 46 sqq., wo 


1) Der kürze halber citire ich diese schrift im folgenden einfach: 
Lactantius m. p., ohne mich auf die bekannte controverse, ob das 
buch wirklich vom „christlichen Cicero“ herrühre, weiter ein- 
zulassen. 

2) Licinius begann seine befehdung der morgenländischen kirche 
frühestens 316 und spätestens 319 (vgl. meine schrift über die lici- 
nianische christenverfolgung [Jena 1875], p. 5 —29 und meinen in 
der „Zeitschr. f. wissensch. theol.“ [1877, h. 2, p. 215—242] zum ab- 
druck gelangten aufsatz „Die angebl. christlichkeit des Licinius", p. 
216. 217, anm. 1). 





598 Lactantius und Eusebius. 


die katastrophe Maximins und des geschlechtes der christenverfolger 
überhaupt erzählt wird, geht in der that zur genüge hervor, dass 
jene chronologie als durchaus zutreffend gelten darf. Die uns hier 
beschäftigende controverse ist eben etwas enger begrenzt: es han- 
delt sich lediglich darum, ob der sogenannte Lactanz sein buch 
vor dem ausbruch des ersten krieges zwischen Constantin und Li- 
cinius, also spätestens kurz vor der schlacht von Cibalä, d. i. kurz 
vor october 314, verfasst habe, oder ob die schrift nach beendigung 
dieses feldzugs, frühestens gegen ende des jahres 314, erschienen 
sei. Die ansichten der neueren über diese streitfrage sind getheilt: 
So nehmen Gibbon (The history of the decline and fall of the Ro- 
man empire, vol. III [Leipsick 1821], chap. 20, p. 218, besonders 
note 40 daselbst), Th. Keim („Römische toleranzedicte* in den 
Tübingen’schen Theologischen jabrbüchern bd. XI [1852], h. 2, 
p. 256, anm. 1, „übertritt Constantins“ [Zürich 1862], p. 84, anm. 
12) und W. S. Teuffel (Rim. litteraturgesch. [dritte aufl., Leipzig 
1875], p. 928, n. 7) an, dass das werk vor dem bruche der 
kaiserlichen schwäger geschrieben ist. Bähr (die christlich-römische 
theologie [Karlsruhe 1837], p. 80) neigt sich dieser meinung we- 
nigstens zu; er vermuthet nämlich, dass das opus bald nach der 
diocletianischen verfolgung, d. h. bald nach 313, abgefasst wurde. 
Le Nourry schwankt; zuerst (l. c. p. 126) entscheidet er sich 
dafür, die schrift sei zu ende des jahres 314 oder doch bald nach- 
her, also nach dem ersten kriege zwischen Constantin und Lici- 
nius, herausgegeben worden; später aber (I. c. p. 145) gibt er der 
combination raum, als wäre das buch schon in der letzten zeit des 
jahres 313 geschrieben. Tillemont (Mémoires pour servir à Vhist. 
eccl. T. V, partie 3, p. 193), Jacob Burckhardt (Constantin, p. 368, 
anm. 3) und, wie es allen anschein hat, auch Samuel Basnage 
(Ann. politico-eccl. T. II, p. 642, nr. VII) vertreten die meinung, 
dass Lactanz das werk über die todesarten der verfolger frühestens 
gegen ende des jahres 314, also nach dem ersten kriegerischen 
conflicte zwischen beiden imperatoren, verfasst babe. 

Die vertheidiger der zuletzt erwühnten ansicht berufen sich 
auf Lact. m. p. c. 51, wo es heisst: Valeria quoque per varias 
provincias quindecim mensibus plebeio culiu pervagata po- 
stremo apud — "Thessalonicam — cognita — comprehensa cum — maire 
poenas dedit, Mit der scbilderung des schrecklichen looses, das 





Lactantius und Eusebius. 599 


Licinius empörende grausamkeit der wittwe und der tochter Dio- 
cletians bereitete, schliesst das buch über die todesarten der ver- 
folger; es wird demnach wohl bald nach jenem tragischen er- 
eignisse verfasst sein. Es handelt sich also hier darum, die 
zeit zu constatiren, in der Prisca und Valeria den tod erlitten, 
oder mit anderen worten, wir haben zu untersuchen, ob die „funf- 
zehn monate“ von dem zeitpunkte an zu rechnen sind, wo Valeria 
dem Lactanz (m. p. c. 39. 41) zufolge vom kaiser Maximin nach 
der syrischen wüste verbannt wurde, oder ob man sie erst vom 
momente ihrer flucht aus Nicomedien, die erst nach der hinrichtung 
ihres adoptivsohnes Candidian erfolgte, in anschlag zu bringen hat. 
Dürften wir die erste combination acceptiren, so fiele das tragische 
ende der beiden fürstinnen und also auch die entstehung des buches 
de mortibus unzweifelhaft noch in die zeit des bündnisses der bei- 
den kaiserlichen schwäger, etwa in die letzten monate des jahres 
313; denn aus dem vergleich von m. p. c. 39. 41 mit ibid. c. 37 
erhellt, dass Valeria bereits im j. 312 in die syrische wüste ver- 
wiesen wurde. Aus dem historischen zusammenhang — man halte 
nur m. p. c. 39. 41 neben ibid. c. 50 — geht aber unzweideutig 
hervor, dass die quindecim menses erst von dem zeitpunkte der 
ducht Valerias aus Nicomedien ab zu berechnen sind. Da nun 
nach m. p. c. 47—50 der tod Maximins und der untergang Can- 
didians frühestens erst in den juli oder august des jahres 313 
versetzt werden können, so ist es begreiflich, wenn Le Nourry, 
Burckhardt und selbst Gibbon (vol. M, ch. 14, p. 202, note 84 
im gegensatz zu vol. lil, p. 218) aus m. p. c. 51 den schluss 
ziehen, dass man die hinrichtung der kaiserinnen Valeria und 
Prisca und demgemäss auch die abfassung der schrift de mortibus 
frühestens der letzten zeit des jahres 314 zu vindiciren habe. 
Burckhardt (p. 368. 371) speciell ist von der untrüglichkeit dieses 
argumentes s0 fest überzeugt, dass er die thatsache der angeblich 
erst nach dem feldzuge von 314 erfolgten publication des buches 
de mortibus unbedenklich zur kritik desselben verwerthet. Er 
meint unter anderem, Lactanz hätte absicbtlich über den ersten 
krieg zwischen Constantin und Licinius geschwiegen, weil der 
letztere auch nach jenem feldzug trotz seiner getrübten beziehun- 
gen zu Constantin noch eine zeitlang der wohlwollende beschützer 
der kirche geblieben ist. Allein die chronologische voraussetzung, 


600 | Lactastius und Eusebius. 


von der Burckhardt ausgeht, erweist sich bei näherer prüfung 
durchaus nicht als so unantastbar, als man gewöhnlich annimmt. 
Zunächst kann ich angesichts der enthusiastischen schilderungen, 
die Lactanz c. 1 und 52, am anfang und am schluss seines buches, 
von dem ungetrübten frieden der kirche entwirft, sowie im hinblick 
auf die thatsache, dass Constantin und Licinius als vollkommen 
ebenbürtige beschützer des christenthums behandelt werden, ja dass 
„Licinius sogar“, wie Keim (Constantin, p. 84, anm. 12) mit recht 
hervorhebt, „bei Lactanz fast vor seinem schwager vorantritt 
als werkzeug gottes gegen die tyrannen“, nicht so leichthin mich 
davon überzeugen, dass Lactanz auch nach dem kriege von 314 
dem orientalischen kaiser so begeistertes lob gespendet haben 
würde. Allerdings, daran ist nicht zu zweifeln, würde Licinius, 
der ja noch bis mindestens zum jahre 316 den christen nach wie 
vor sein wohlwollen zuwandte, auch im jahre 315 von Lactanz 
noch als beschützer der kirche einige anerkennung erlangt haben, 
aber gewiss wäre dieses lob in eine bescheidenere form gekleidet 
worden, und so viel ist sicher, dass, im falle das buch de mortibus 
erst nach dem waffengange der beiden kaiser erschienen wäre, 
alsdann nicht Licinius, sondern Constantin als der rächer und be- 
schützer der kirche vorantreten würde. Zweitens hat man bisher 
stets übersehen, dass die stelle bei Lactanz (m. p. c. 51) ausser 
dem quindecim mensibus noch eine andere ungleich wichtigere zeit- 
bestimmung enthält. Es heisst nämlich da, Valeria und Prisca 
seien apud Thessalonicam ergriffen und hingerichtet worden; 
die schreckliche katastrophe trug sich also in Macedonien zu. 
Nun hat Licinius bekanntlich unter anderem auch diese provinz 
in dem friedensvertrage, der den feldzug von 314 beendigte, an 
Constantin abgetreten ?). Die beiden frauen haben also späte- 
stens gegen ende des jahres 314 den tod erlitten, da Licinius 
anfang 315 bereits keine jurisdiction mehr über Macedonien be- 
sass. Wir dürfen aber noch weiter gehen und behaupten, dass 
Valeria und Prisca auch nicht erst während des feldzugs von 314, 
der höchst wahrscheinlich die letzten monate dieses jahres ausfüllt, 
sondern schon vor beginn jenes krieges, also spätestens 


8) Cf. Sozom. hist. ecol. (ed. Migne) I, 2. 6. 7. Weitere quellen- 
belege in meiner ,,Licinianischen christenverfolgung", p. 29—32. 





Lactantius und Eusebius, __ 601 


im september 314, der grausamkeit Licin’s geopfert wurden. 
Schwerlich wird sich der letztere während des feldzugs, wo er 
nur mit seiner vertheidigung gegen einen mächtigen gegner be- 
schäftigt war, mit dem blute der beiden frauen befleckt haben. 
Es lässt sich dies um so weniger annehmen, als die provinz Mace- 
donien, wo die unthat verübt wurde, dem betreffenden kriegsschau- 
platz (Pannonien — Obermôsien) so nahe liegt. Zudem dürfen 
wir vermuthen *), dass Licinius damals, als er die familien Maxi- 
mins, Diocletians, des Severus und des Galerius ausrottete, noch 
im einverständniss mit Constantin handelte. Diese mordthaten wa- 
ren ja gar sehr geeignet, den ehrgeizigen plänen des occidentali- 
schen kaisers vorschub zu leisten, und im wesentlichen erscheinen 
sie nur als eine consequenz der besiegung Maximins, den Licinius 
unter ausdrücklicher zustimmung des schwagers bekriegt hatte. 


Die in dem apud Thessalonicam liegende’ zeitbestimmung steht 
nach obiger ausführung mit dem anderen chronologischen merkmal 
(quindecim mensibus) in einigem widerspruch. Jedenfalls hat sich 
an unserer stelle ein irrthum, ein kleiner gedächtnissfehler des 
autors eingeschlichen. Es frügt sich nur: welche der beiden 
zeitangaben ist incorrect? Ich denke, in dem quindecim mensibus 
liegt ein irrthum; Lactanz wird aus versehen der zweiten ver- 
bannung der beiden fürstinnen eine etwas zu lange dauer vindicirt 
haben. Da dies das unwichtigere der beiden chronologischen 
daten sein dürfte, so liegt es nahe, in dem quindecim mensibus 
den irrthum zu suchen. Denn dass Lactanz uns nicht den richtigen 
ort genannt haben sollte, wo sich das trauerspiel zutrug, vermag 
ich nicht zu glauben. Zunächst ist Lactanz ein vielfach genau 
informirter zeitgenosse; es wird ihm nicht schwer gewesen 
sein, die stätte, wo eine katastrophe von so tief ergreifender be- 
deutung sich abspielte, genau zu ermitteln. Dazu kommt noch, 
dass Lactanz gar keinen grund hatte, uns bezüglich der stadt, 
in der Diocletians wittwe und tochter den tod erlitten, irre zu 
führen. Die parteilichkeit des christlichen fanatikers : kommt bei 
dieser an sich so harmlosen indifferenten frage gar nicht in be- 
tracht. Alle schwierigkeiten sind gehoben, wenn wir die notiz, 


4) Mit Heinrich Richter, Das weströmische reich besonders unter 
den kaisern Gratian u. s. w., p. 67. 


602 Lactantius und Kusebius. 


wonach die beiden kaiserinnen in Macedonien umgebracht wurden, 
als correct ansehen, dagegen die fünfzehnmonatliche verbannung 
etwa bis auf ein jahr ermässigen. Demgemäss hätte man die bin- 
richtung der zwei fürstinnen etwa in den august 314 und die 
ahfassung des buches de mortibus etwa in den september dieses 
jabres zu verlegen. Hiernach wäre die schrift immerhin noch 
vor der schlacht bei Cibalä, also vor dem officiellen bruche der 
beiden monarchen, veröffentlicht worden. 


2. Zur kritik der berichte des Eusebius und Lactantius über 
Maximin's II. verhäliniss zu den christen in den jahren 311 
bis 313. 


Jeder, der sich irgendwie mit der geschichte der christen- 
verfolgungen beschäftigt hat, weiss, dass die beiden christlichen 
autoren Eusebius und Lactanz vom glühendsten hasse gegen die 
christenfeindlichen imperatoren Diocletian, Maximianus Herculius, 
Galerius und Maximin II. beseeli sind, Ein beispiel möge ge- 
nügen, um obige behauptung zu rechtfertigen. Bekanntlich hat 
der kaiser Licinius während seiner christenfreundlichen periode, 
nach seiner besitzergreifung des Orients in den jahren 313 und 
314, in erbarmungsloser herrschsucht die dynastien der kaiser Dio- 
cletian, Severus, Maximin und Galerius bis auf die jüngsten spröss- 
linge ausgerottet. Besonders empörend muss jedem unbefangenen 
die feige grausamkeit erscheinen, mit der Licinius seine hände mit 
dem blute der unschuldigen kinder Maximins befleckte, und die 
hinrichtung der schwiegermutter, des sohnes und der wittwe seines 
alten freundes und wohlthüters Galerius kann vor dem forum der 
dureh bumanität erleuchteten vernunft nur als eine entsetzliche that 
des schwärzesten undankes gelten (vgl. Euseb. Hist. eccl. ed. Guil. 
Dindorf., IX, 11, or. 7. 8, Lactant. m. pers. c. 50, 51). Anders 
die christlichen zeitgenossen Eusebius und Lactanz: Mit unver- 
kennbarem frohlocken erblicken sie in den blutscenen der jahre 
313 und 314 nur ein göttliches strafgericht für die langjäh- 
rige christenverfolgung ; der „goitgeliebte“ Licinius ist ihnen nur 
das erhabene werkzeug der göttlichen gerechtigkeit (vgl. Euseb. 
h. e. IX, 11, nr. 9, Lact. c. 50), Trotz der hochgradigen par- 





Lactantius und Eusebius. 603 


teilichkeit unserer christlichen schriftsteller dürfte der kern jener 
. schrecklichen schilderungen, die sie von der diocletianischen ver- 
folgung entwerfen, vollständig dem historischen zusammenhang ent- 
sprechen. In sehr vielen einzelheiten lässt sich aber der 
stempel gehässiger übertreibung, den die masslose leidenschaft- 
lichkeit der autoren den bezüglichen mittheilungen aufgedrückt hat, 
unschwer erkennen. Gleichwohl ist es nicht immer leicht, aus den 
übertriebenen schilderungen den historischen kern herauszuschälen, 
zumal da die heidnischen quellen über den letzten gewaltigen 
angriff des alten götterglaubens auf das christenthum das bart- 
näckigste schweigen beobachten. Doch kann man auch hier in 
manchen punkten der objectiven wahrheit möglichst nahe kommen, 
wenn man nämlich folgendes kriterium mit der erforderlichen schärfe 
zur anwendung bringt: „in den fällen, wo Eusebius und Lactanz 
über dieselbe thatsache oder phase der diocletianischen verfol- 
gung berichten, dürfen beide autoren, weil von gleichem fana- 
tismus gegen die christenfeindlichen imperatoren entflammt, zur 
gegenseitigen controle herangezogen werden, d. h. als relativ 
authentisch ist stets nur derjenige bericht der beiden schriftsteller 
anzusehen, der in betreff der christenfeindlichen acte aus jener zeit 
das wenigste bietet“. Nach diesem grundsatze erhält also je 
nachdem bald Eusebius durch Lactanz bald umgekehrt der letztere 
durch ersteren sein correctiv. Ich will nun nicht sagen, dass mein 
kriterium ein absolut neues sei; so viel darf ich aber behaupten, 
dass es von der modernen geschichtschreibung im ganzen noch viel 
zu wenig beachtung und anwendung gefunden hat, und dass gerade 
vorzugsweise aus diesem grunde die kritische geschichte der 
diocletianischen verfolgung noch immer vielfach im argen liegt. 
Die wahrheit dieser letzteren behauptung will ich nun im folgenden 
in der weise darlegen, dass ich die eusebianischen und lactanz’schen 
berichte über die beiden letzten verfolgungsjahre oder genauer 
über Maximins II. verhältniss zu den christen zwischen 311 und 
313 unter zugrundelegung jenes princips einer erneuten kritischen 
prüfung unterziehe. 

Als der grimmigste gegner des christenthums erscheint der 
kaiser Maximin II. Er erfüllte zumal die provinzen Syrien, Ae- 
gypten und Cilicien jahre lang mit den schauderhaftesten henker- 
scenen und ging in seinem heidnischen fanatismus so weit, dass er 


604 Lactantius und Eusebius. 


die verfolgung, die wiederholt von selbst einschlummerte, immer 
wieder durch neue edicte anfachte 5). Bei dieser sachlage ist es 
natiirlich nicht zu verwundern, dass der intolerante fiirst der seit 
311 von den übrigen römischen machthabern inaugirirten chri- 
stenfreundlichen gesetzgebung, dass er den toleranzedicten der 
jabre 311, 312 und 313 nur widerwillig unter dem druck der 
politischen lage, aus furcht vor der macht der verbündeten Augusti 
des westens, Constantin und Licinius, zustimmte und dass er, anfangs 
wenigstens, es an perfiden versuchen nicht fehlen liess, die ihm 
abgedrungene toleranz des christenthums auf dem wege der chi- 
cane theilweise wieder illusorisch zu machen. So viel darf eine 
besonnene kritik zugestehen; es ist aber eine irrige auffassung 
der verhältnisse, wenn einige neueren kirchenhistoriker annehmen, 
sogar nach promulgirung des Galerius’schen toleranzedictes vom 
april 311 sei es noch in den jahren 311 bis 313 zu förmlichen 
martyrien im reiche Maximins gekommen. Was zunächst das 
duldungsdecret von 311 betrifft, welches den christen freie aus- 
übung ihrer religion und den bau von kirchen gestattete (vgl. 
Lact. c. 34, Eus. h. e. VIII, 17), so wurde es nach dem bald er- 
folgten tode des Galerius von den beiden mitunterzeichnern Con- 
stantin, dem occidentalischen, und Licinius, dem illyrischen Augustus, 
in grossmüthiger weise zur ausführung gebracht €). Anders Maxi- 
min, der es freilich auch nicht mitunterschrieben hatte. Zwar 
anfangs hielt er es für bedenklich, das dreikaiser-ediet gänzlich zu 
ignoriren. Zum erlasse eines förmlichen rescriptes konnte er sich 
aber nicht entschliessen. Darum ertheilte er seinem ersten beamten 
dem prüfectus prütorio Sabinus, den bloss mündlichen auftrag, 
das ‘authéren der officiellen verfolgung zu veranlassen. So wurden 
denn zahlreiche anhänger Jesu aus den gefängnissen und den berg- 
werken entlassen und ibrer heimat und ihrem berufe wiedergegeben. 


5) Cf. Eus. h.e. VIII, 14, mart. Palaest. (ed. H. Valesius) c. IV — 
XIII incl, vita Constantini (ed. H. Valesius) I, 58; cf. Lact. c. 86. 
Ueber die christenverfolgung Maximins II. vergleiche man die durch- 
aus zutreffende bemerkung Keim's (Römische toleranzedicte, p. 210). 

6) Dass Constantin und Licinius das edict von 811 loyal aus- 
geführt haben, geht aus dem toleranzrescript von 812 hervor, welches 
nach den ausführungen Keim's (Toleranzedicte, abschn. IT) eben nur 
den zweck verfolgte, den in folge des decretes von 811 sich mehr 
und, mehr häufenden massenbekehrungen zum christenthum einhalt 
zu thun. 





Lactantius und Kusebius, 605 


Aber schon nach kaum sechs monaten wusste es Maximin durch- 
zusetzen, dass die christenhetze in seinem gebiete wieder auflebte. 
Bis hierher lässt sich der bericht des Lactantius (m. p. c. 36) 
mit der bezüglichen eusebianischen erzählung (h. e. IX, 9, nr. 1—5) 
bequem vereinigen. Dagegen differiren beide autoren über die 
tragweite der bedrückungen, mit denen der wortbrüchige herr- 
scher seit etwa november 311 bis zum frühjahr 312 abermals 
seine christlichen unterthanen heimsuchte. Eusebius (h. e. IX, c. 9, 
nr. 6) weiss für 311/312 sogar mürtyrer' zu nennen, die damals 
dem unversóhnlichen christenhasse des orientalischen tyrannen er- 
legen würen. Ich folge aber mit Gibbon (vol. Il, p. 408, note 176) 
dem bescheideneren und minder unwahrscheinlichen berichte des 
Lactanz (c. 30), wo es heisst: Nam cum clementiam specie tenus 
profiteretur, occidi servos Dei vetuit, debilitari iussit, Ita con- 
fessoribus effodiebantur oculi, amputabantur manus, pedes detrunca- 
bantur, nares vel auriculae desecabantur. Hiernach ist es also damals 
im reiche Maximins nicht zu martyrien gekommen, wohl aber 
hat es in jenem zeitpunkte bekenner gegeben, die wegen ihres 
glaubens auf befehl des tyrannen grausam verstümmelt wurden. Ich 
denke, wir dürfen der Lactauz schen darstellung um so unbe- 
denklicher folgen, als auch hiernach die lage der orientalischen 
christen damals schrecklich genug war. Entscheidend ist hier 
vor allem der umstand, dass Lactanz — man vergleiche z. b. c. 37. 
38. 49. 50 — gegen Maximin genau denselben glühenden hass 
hegt, wie Eusebius, 

Im frühling des jahres 312 erliessen Constantin und Licinius 
ein neues religionsgesetz, Es wird zwar gewöhnlich das zweite 
toleranzedict der beiden fürsten genannt, verdient aber diesen namen 
nur im vergleich mit der perfiden interpretation, die Maximin dem 
begriffe toleranz zu geben beliebte. Das neue decret hielt zwar 
die schon im vorjahr officiel! zugestandene „duldung“ des chri- 
stenthums aufrecht, umgab aber dieselbe mit einer reihe modifici- 
render beschrünkungen, die wohl geeignet waren, das, was man 
widerwillig einrüumte, theilweise wenigstens, wieder zu nehmen. 
Das edict von 312 enthielt besonders zwei für die christen äus- 
serst nachtheilige bestimmungen. Erstens untersagte es den über- 
tritt der heiden zum christenthum. Zweitens wurden die zahl- 
reichen christlichen secten (montanisten, novatianer u. s. w.) aus- 


606 Lactantius und Eusebius. 


drücklich von der dem christenthum zugestandenen toleranz ausge- 
schlossen. Die den christen bewilligte duldung sollte also nur 
den katholiken zu gute kommen, d. h. den augenblicklich bestehen- 
den katholischen gemeinden, und da jede propaganda durch das 
verbot der heiden — bekehrungen ungemein erschwert war, so 
lässt sich der eigentliche zweck des sogenannten duldungsdeeretes 
von 312, nämlich die christliche kirche auf den aussterbe-etat zu 
setzen, gar nicht verkennen 7). — Wenn aber auch des neue 
rescript seine gegen das wachsthum der christlichen gemeinden ge- 
richtete tendenz in unzweideutigster weise zur schau trug, so 
waren die kaiserlichen gesetzgeber darum doch keineswegs mit den 
widerwärtigen verfolguugsacten Maximins einverstanden. Um die 
christlichen unterthanen dieses tyrannen vor dessen meineidiger 
grausamkeit zu schützen, sandten sie ihm ein exemplar ihres dul- 
dungsdecretes zu und ersuchten ihn, demselben mit seiner unter- 
schrift beizutreten. Nur widerstrebend und aus besorgniss , durch 
einen ablehnenden bescheid den unwillen der beiden mächtigen im- 
peratoren zur unzeit zu reizen, entschloss sich Maximin, den so 
bitter gehassten christen jenes überaus bescheidene mass von tole- 
rauz zuzuwenden, wie dieses das zweikaiser-edict erheischte. Daher 
fertigte er ein rescript aus, worin er jede behelligung der anhänger 
Jesu untersagte (vgl. Eus. b. e. IX, c. 9, nr. 12. 13, IX, c. 10, 
Lact. c. 37). Wenn wir dem Lactanz (c. 37) glauben dürfen, so 
hätte der fanatische fürst auch dieses mal, d. h. in der zwischenzeit 
zwischen dem zweiten und dritten toleranzedict, etwa in der zeit 
vom sommer 312 bis frübjahr 313, sich den christen gegenüber 
wortbrüchig gezeigt und manche derselben, die zufällig in seine 
gewalt geriethen, heimlich in’s meer werfen lassen. Die betref- 
fende stelle hat folgenden wortlaut: Haec ille (scil. Maximinus) 
moliens Constantini litteris deterretur. Dissimulavit ergo. 


7) Eusebius und Lactanz haben uns den wortlaut des toleranz- 
edictes von 312 nicht aufbewahrt. Keim (Toleranzedicte, abschn. II 
und III; Constantin, p. 16—18. 81—84, note 11) hat aber durch scharf- 
sinnige, correcte interpretation einiger auf jenes frühere rescript 
bezugnehmender stellen aus dem mailünder freiheitsdecret von 313 
(Eus. h. e. [ed. Guil. Dindorf.] X, c. 5, nr. 2. 3. 6; Lact. c. 48), sowie 
durch poschickte verwerthung der von Eusebius (h. e. IX, c. 9, nr. 12, 
13; IX, c. 10) aufbewahrten zwei toleransedicten Maximins den we- 
sentlichen inhalt des zweikaiser-decretes von 312 möglichst genau 
ermittelt. 








Lactantius und Eusebius. 607 


Et tamen si quis inciderat, mari ocoulte mergebatur. Hiernach 
wäre es also noch 312/313 im reiche Maximins zu martyrien 
gekommen. Allein diese notiz lässt sich nicht historisch ver- 
werthen: Lactantius’ christlicher fanatismus scheint wieder einmal 
den sieg über seine wahrheitsliebe davongetragen zu haben. An 
derselben stelle macht er in massloser erbitterung dem heiden 
Maximin sogar den vorwurf, er habe nach wie vor täglich in sei- 
nem palaste den götzen geopfert (Consuetudinem quoque suam non 
intermisit, ut in palatio per singulos dies sacrificaretur). Lactanz 
schleudert also wider den kaiser eine geradezu ungerechte anklage. 
Dieser war doch gewiss berechtigt, persönlich seine religion 
auszuüben; ein solcher privatgötzendienst des imperators hatte doch 
mit der den christen bewilligten duldung absolut nichts zu thun, 
Was uns aber zwingt, die relation des Lactanz zu verwerfen, 
ist der umstand, dass Eusebius, der es doch wahrlich im grimmigen 
hasse gegen den christenfeind Maximin mit dem verfasser des buches 
über die todesarten der verfolger aufnehmen kann, von etwaigen 
verletzungen des duldungsrescriptes von 312 durch den orientali- 
schen fürsten gar nichts zu berichten weiss. Der bischöfliche 
autor beschwert sich (b. e. IX, c. 9, nr. 13) bloss darüber, dass 
jenes edict Maximins den christen so wenig bot: es garantirte 
ihnen nur die unbedingte persönliche freiheit; von einer erlaubniss, 
synoden zu halten, kirchen zu bauen und irgendwie den gottes- 
dienst feierlich zu begehen, war in dem erlasse keine rede. Aus- 
serdem theilt Eusebius (a. a. o.) mit, die christen hätten es in 
anbetracht der früher bewiesenen perfidie des kaisers nicht recht 
gewagt, von der erhaltenen vergünstigung ausgiebigen gebrauch zu 
machen 8). Das ist alles, was uns der bischof über Maximins be- 
ziehungen zum christenthum für 312/313 erzühlt, Was er sonst 
bezüglich des genannten zeitraums an dem imperator auszusetzen 
hat, ist rein politischer natur. Diese anklagen beziehen sich 
anf Maximins übermüthiges gebahren gegen die „gottgeliebten“ reichs- 
genossen Constantin und Licinius und auf die frevelhafte art und 
weise, mit der er spüter die staaten des letzteren mitten im frie- 
den mit bewaffneter macht überfiel (vgl. Eus. h. e. IX, c. 10). 


8) Ovxér’ &ln9s odd’ atiomoros naga Toig ndow fiv, To noóocOsv 
jd5 puerà v öpoiav Gvyydonow nadiufodov xai diepevoutvns adtod 
yrouns Evexa xtÀ. 


608 Lactantius und Eusebids. 


Während die streng kirchlich gesinnten schriftsteller Baronius 
(Ann. eccl. T. Ill [Venetiis 1707], p. 84) und Tillemont (Hist. 
des empereurs Romains 'T. IV, p. 140. 145) dem letzten regie- 
rungsjabre Maximins (312/313) keine mürtyrer zuweisen, tritt 
auffallender weise der sonst so vorurtheilsfreie kritiker Basnage 
(II, p. 639, nr. XXVI, p. 643, nr. IX) auf's lebhafteste für die 
combination in die schranken, wonach jener monarch zum zweiten 
male die verbriefte duldung verletzt und sich auch in der spütesten 
periode seiner regierung mit christenblut befleckt hat?) Basnage 
beruft sich auf Lact. c. 37; aber dieser autor wird, wie ich 
soeben ausgeführt habe, durch das beredte schweigen des bischofs 
von Cäsarea widerlegt. Sodann meint er, die erlauchten blut- 
zeugen, bischof Silvanus von Gaza nebst seinen 38 geführten, fer- 
ner die beiden ägyptischen bischöfe Peleus und Nilus, ein presbyter 
ungewissen namens, endlich ein gewisser Patermuthius, seien im 
jahre 313 der zweiten wortbrüchigkeit Maximins gegen die 
christen zum opfer gefallen. Allein diese annahme ist unhaltbar: 
Basnage geht nämlich von der irrigen voraussetzung aus, als zähle 
Eusebius die jahre der diocletianischen verfolgung nicht schon von 
303 an, sondern rechne erst das jahr 305, in welchem Maximin 
mit der cüsarwürde bekleidet wurde, als erstes verfolgungsjabr, 
und demgemäss interpretirt er auch die Kus. Mart. Pal. c. XIII, 
wo das martyrium des Silvanus, seiner genossen und der vier 
übrigen blutzeugen erzählt wird, vorkommenden chronologischen 
daten. In folgenden zwei stellen glaubt Basnage den beweis 
dafür zu finden, dass Eusebius in seinem buche de martyribus 
Pulaestinae das jahr 305 als erstes jahr der verfolgung an- 
setze: J. "Ef onov frog 100 xaÓ' nuwy aywvog ver. xa 
nuc 7Q(pa wy xao pic, TOvy? to ameglegyov elÀngórow 
sic óydoó» te diayevopevwv Erog, dugi ta èv HaAuortyy yadxod 
mérulla ix Ollyne Oôuoloymwy ovyxexgotnutyng  nÀgOwog xzà. 
IL Tavra piv ov» ta xarà Hadasoctyny d» Gloss Értow Óxio 
cvuregav3tvia uaQroQua xi. Allein diese aus dem zusammenbang 


9) Auch Fagi (Critica in Baronii ann. eccl. T. I [Antverpiae 1727], 
p. 360 scheint für 312/313 märtyrer im reiche Maximins anzunehmen; 
wenigstens citirt er (allerdings im grösseren zusammen ) die be- 

frefienden worte des Lactanz (c. 37), ohne kritische bedenken zu 
ussern 








Lactantius und Eusebius. 609 


gerissenen cbronologischen notizen sind eben bezüglich unserer con- 
troverse zweideutig; andere stellen dagegen, wodurch die bei- 
den zeitmerkmale in meinem sinne imterpretirt werden, hat Bas- 
nage übersehen. Selbst in dem von unserem kirchenhistoriker 
angezogenen dreizehnten kapitel des buches de mart. Pal. findet 
sich eine stelle, aus der mit gewissheit hervorgeht, dass Eusebius 
in der betreffenden schrift unter dem ersten jahr der verfolgung 
das jahr 303 versteht; jene stelle, die übrigens unmittelbar auf 
die von Basnage citirten worte: raûra gà» ovv x5. folgt, lautet: 
xal 1000105 0 xa? Huis dwypóg, debdpevos piv And rijg 
T» Exxinowwy xadactoétoesws, el péya dé nooxoyac dy 
TAG xarà yQoovovs 10v Gpyôvrwr imovacraGecw xrÀ. Das erste 
beispiel der zerstórung einer kirche wurde in der diocletianischen 
verfolgung nach Lact. |. c. 12 bekanntlich zu Nicomedien ende fe- 
bruar 303 gegeben. Auch sonst spielt Eusebius wiederholt darauf 
an, dass er in dem buche über die märtyrer Palästinas den beginn 
der verfolgung bereits vom jahre 303 ab datirt. So heisst es M. 
P. c. II bezüglich des blutzeugen Romanus: zuv:a piv Eres 
7z 0010 10V10v GrereléO7 TOY TQCMOY, KATA povwv THY THC 
Exxinolac nooédowyv inngsnuévov vov diwypov. C.HI 
bringt Eusebius mit dem zweiten jahre der verfolgung (Jev- 
tégou Ó' tous dialafovros xrÀ.) die abdankung Diocletians in 
verbindung (#v zoé:p neraßoAn ng Tüv xgatovviwv, avtov Ô7 
TOV navıwv avwrarı xoi Tod wet aviòv devrtgov imi To Idiwrie 
xov oyna ylvetar); c. IV wird der beginn der verfolgung Maxi- 
mins Il. in das dritte jahr der diocletianischen verfolgung verlegt 
(deurégus yao tos xa9? nudy yıyvoukrng enovacracews tad Ma- 
Esplvov, roti 10 xa9' nuas Fre diwypov xti.). — Ich hoffe 
nun, diese belege werden in ausreichender weise darthun, dass 
Eusebius in der oft genannten schrift De mart. Pal. die verfol- 
gungsjahre schon von 303 ab datirt, und dass, wenn er die von 
Basnage in’s jahr 313 versetzten martyrien im achten jahre der 
verfolgung stattfinden lässt, wir dieselben bereits dem jahre 310 
zuweisen müssen. Die fraglichen martyrien fallen also noch in die 
zeit vor dem Galerius’schen toleranzedict, wo Maximin noch nicht 
genöthigt war, seiner hasserfüllten gesinnung gegen die christen 
zwang aufzulegen. 
Philologus. XXXVI. bd. 4. 39 


610 Lactantius und Eusebius. 


. 3. Zur kritik der von den beiden christlichen autoren entwor- 
fenen charakteristik des kaisers Maximin II. 


Nach den soeben gegebenen ausführungen ist es nicht zu ver- 
wundern, dass Eusebius und Lactanz von dem persönlichen cha- 
rakter und dem regierungssystem des christenverfolgers Maximin 
das düsterste gemälde entwerfen. Beide beschuldigen ihn, abge- 
sehen von unmenschlicher grausamkeit gegen die christen, uner- 
sättlicher raubsucht gegegenüber allen klassen seiner unterthanen, 
die freilich eine verschwenderische freigebigkeit gegen das heer 
nicht ausschloss ; auch legen sie ihm die schamloseste wollust zur 
last (vgl. Eus. h. e. VIII, 14, Lact. c. 37— 40. 46). Lactanz 
(c. 38) fiigt noch bei, dass keusche frauen ibren tugendhaften 
widerstand auf befehl des tyrannen mit einem schimpflichen tode 
büssten (Si qua detractaverat, in aqua necabatur, tamquam maie- 
statis crimen esset) ^ Eusebius (h. e. VIII, 14) begnügt sich nicht 
mit der aufzählung einzelner laster und gräuelthaten, er will 
den monarchen überhaupt als meister in jeder schlechtigkeit 
gelten lassen (xaxlacg dıdacxaAdov roig aug avıov agyovot 
te xal Goyouévois Euvröov xadlorm). Ich beabsichtige nun nicht 
etwa, hier eine apologie, eine art von ehrenrettung des heidnischen 
fanatikers zu versuchen; ich räume vielmehr gern ein, dass Maxi- 
min zu den verworfensten fürsten der späteren kaiserzeit gehört. 
Aber auf der anderen seite zwingt auch die pflicht der unparteii- 
schen wahrheitsliebe zu dem geständniss, dass der orientalische im- 
perator nicht ganz das gottvergessene ungeheuer gewesen sein 
kann, als welches ihn die beiden christlichen zeitgenossen in ihrer 
an und für sich sehr natürlichen nicht unberechtigten erbitterung 
dargestellt haben. Denn die bezüglichen schaudererregenden schil- 
derungen erhalten, wenigstens theilweise, durch das zeugniss eines 
ehrlichen unbefangenen heiden erst ihre richtige beleuchtung. Der 
jüngere Aurelius Victor (de vit. et morib. imp. etc. c. 40, nr. 
18 —20 ed. Gruner.) gibt nümlich folgendes minder ungünstige bild 
von dem charakter des Maximinus: Golerius Maximinus ortu 
quidem atque instituto pastorali, verum sapientis- 
simi cuiusque ac litteratorum cultor, ingenio quielo, 
vini avidior. Quo ebrius quaedam corrupta mente aspera iubebat: 
quod cum pigeret factum, differri quae praecepisset, 





. Lactantius und Eusebius. 7011 


in tempus sobrium ac matutinum statuit. Eine ünbe- 
dingt dem historischen zusammenhang entsprechende charakteristik 
des orientalischen kaisers kann man auch nicht in dieser schilde- 
rung erblicken, So scheint die ruhige leidenschaftslose 
gemüthsart (ingenio quieto), die Victor dem fürsten vindicirt, zu 
dem historischen Maximin, der dem crassesten aberglauben und 
jedenfalls einem zügellosen sinnengenusse stark ergeben war, nicht 
recht zu passen. Und ferner, in dem blossen schweigen des 
abbreviators über die von Eusebius und Lactanz einzeln erwühnten 
laster darf man noch keinen vollgültigen gegenbeweis finden; 
im anderen falle würde man sich ja auf der schiefen ebene der 
hyperkritik bewegen. Dagegen dürfte kein grund vorliegen, auch 
die übrigen bezüglichen angaben des unparteiischen autors zu 
bezweifeln. Aurelius Victor rühmt von Maximin, und dieser 
punkt ist hier von besonderer wichtigkeit, dass die vertreter der 
bildung und höherer geistiger bestrebungen überhaupt trotz seiner 
büuerischen herkunft und erziehung au ihm jederzeit einen wohl- 
wollenden beschützer fanden. Maximin, der beförderer höherer gei- 
stiger interessen, kann schon aus diesem grunde nicht das ent- 
setzliche ungeheuer gewesen sein, als welches ihn Eusebius und 
Lactanz schildern. Freilich darf man aus dem sapientissimi cuiu- 
sque ac litteratorum cultor nicht schliessen, dass der imperator nur 
würdigen adepten der wissenschaft seine gunst zugewandt hätte. 
Jene worte erhalten nämlich durch eine ganz wahrscheinlich lau- 
tende notiz des autors von Cäsarea erst ihre authentische declaration, 
Vergleicht man nämlich die eusebianische mittheilung (a. a. o.), 
wonach religiöse betrüger und gaukler in besonders hohem ansehen 
bei Maximin standen (yonzw» ze yao xoà waywy of nowros 
to avwiatw mag’ aùr® Tác N&lwvıo), mit dem sapientis- 
simi cuiusque an unserer stelle und erinnert man sich, dass da- 
mals die neuplatoniker innerhalb des heidenthums den grössten ruhm 
genossen und sich durch wüthenden christenhass auszeichneten, wie 
denn der neuplatoniker Hierokles nach Lact. m. p. c. 15 ein mo- 
ralischer urbeber der diocletianischen verfolgung gewesen ist, so 
kann man sich der überzeugung nicht verschliessen, dass Maximins 
vorliebe für gebildeten umgang, theilweise wenigstens, mit seinem 
heidnischen fanatismus im eugsten zusammenhang stand. Wir 
dürfen also unter dem sapientissimus quisque neuplatoniker und 


39 * 


612 Lactantius und Eusebius. 


zum theil recht entartete jünger dieser philosophenschule verstehen, 
die, von Eusebius nicht mit unrecht als yomoı xai wayos bezeichnet, 
in einer späteren zeit bekanntlich den hof des allzu leichtgläubigen 
Julianus apostata unsicher machten. Freilich hat Maximin auch 
echten vertretern einer lauteren geistesbildung sein wohlwollen 
zugewandt: hierfür spricht die allgemeinheit der worte des 
epitomators und vor allem der zusatz ac litteratorum. 

Ferner berichtet Victor, dass Maximin der trunksucht fröhnte, 
erwähnt aber dabei zugleich einen umstand, der augenscheinlich be- 
weist, dass der kaiser keineswegs jeder rechtlichen gesinoung 
baar gewesen ist. Nach dem epitomator hat nämlich Maximin ein 
für alle mal angeordnet, befehle, die er etwa im rausche ertheilte, 
sollten bis zum anderen morgen unvollstreckt bleiben, damit er 
keine ursache hätte, im nüchternen zustande das zu bereuen, was 
auf sein geheiss während eines längeren gelages etwa geschehen 
wire. Auch Eusebius hat ohne zweifel von diesem den imperator 
ehrenden befehle kenntniss gehabt; wenigstens berichtet er (h. 
e. VIII, 14), Maximin hätte öfter beim weine befehle ertheilt, deren 
ausführung er im nüchternen zustande später bereut habe 1°); aber 
gerade die löbliche sorgfalt des kaisers, mögliches unheil zu ver- 
hüten, lässt der parteiische bischof mala fide — man kam 
nicht anders sagen — unerwähnt. — Da der ältere Au- 
relius Victor (De Caesaribus [ed. Gruner] c. XIII, nr. 10. 11) 
von Trajan (Quin etiam vinolentiam, quo vitio, uti Nerva, ange 
batur, prudentia molliverat curari vetans iussa post longiores epu- 
las) und der Anonymus Valesii de Constantino etc. (ed. 
Gardthausen ad calcem Ammiani Marcellini, vol. II [Lip 
siae 1875], p. 283, c. IV, nr. 11) ähnliches über Galerius 
(igitur Galerius sic ebriosus fuit, ut cum iuberet. temulentus ca, 
quae facienda non essent, a praefecto admonitus constituerit, ne 
iussa eius aliquis post prandium faceret) berichtet, so könnte man 
vielleicht die auf die trunksucht bezügliche notiz des jüngeren 
Victor für einen blossen mythus ansehen. Diese annahme wird 
aber durch die bestimmte anspielung des zeitgenossen Eusebius 


10) Hagowias ys uiv xci pedone ic tocovmv mvéyän poor, alc i 
Toi T0TOIS TO QOXOTETELY xai tav posvav ‚nagstioruodet TOAUTE TE pe 
Fuoria Roocstdttey, ole avavnparra avtoy Tj vorsgaia eis perapador 
ayuv. 








Lacidatius und Eusebius. 613 


volistinttig ausgeschlossen, und was die stelle beim Anon. Val. 
betrifft, so liegt da offenbar eine verwechslung Maximins mit 
dessen oheim Galerius vor. Denn erstens bezieht sich die er- 
wähnte andeutung des bischöflichen zeitgenossen bloss auf Maxi- 
min, und zweitens fübrte der letztere nach Aur. Vict. epit. c. 40, 
nr. 18 zugleich auch den namen seines oheims Galerius, so dass 
eine verwechslung beider leicht möglich war. 


4. Zu Lact. m. p. c. 50. 


Lact. Mart. p. c. 50 findet sich über das tragische schicksal der 
wittwe Maximins folgende stelle: Sed prius mater eorum in orien- 
tem praecipilata est. Die lesart in orientem steht freilich im 
codex Colbertinus, der einzigen handschrift, die uns von dem buche 
über die todesarten der verfolger erhalten ist. Diese worte in 
orientem geben aber gar keinen sinn, und man hat die stelle als 
corrupt anzusehen, was übrigens nicht zu verwundern ist, da der 
codex Colbertinus in folge der nachlässigkeit des betreffenden ab- 
schreibers von auffallenden fehlern wimmelt. Statt in orientem hat 
man in Orontem zu lesen. Zwar könnte man das in orientem 
praecipitata est auf verbannung denten. Da aber der kaiser 
Licinius nach Eus. h. e. IX, c. 11, nr. 6. 7 die familie Maximins 
zu Antiochien, also im orient, der vernichtung preisgab, 
so ist die soeben erwühnte interpretation unzulässig. Hierfür spre- 
chen übrigens noch andere gründe, und zwar zunücbst die worte, 
die bei Lactanz unmittelbar auf unsere stelle folgen: Ibi saepe 
illa castas feminas mergi iusserat. Weiter deuten sowohl Lac- 
tanz selbst (I. c.) als auch Eusebius (I. c.) wiederholt an, dass Li- 
cinius das geschlecht der christenverfolger und insbesondere die 
dynastie Maximins vollständig ausrottete. Eusebius erwähnt zwar 
nicht ausdrücklich das loos der wittwe des tyrannen, wohl aber 
sagt er (IX, c. 11, nr. 7), Maximins kinder und verwandte 
(xai oí ovyyeveig dé tov rvgavvov) seien auf Licinius, befehl hin- 
gerichtet worden. Es ist also unzweifelhaft, dass die gemahlin 
des fanatischen fürsten ebenso wenig als ibre kinder einem ge- 
waltsamen tode entging. Bedenkt man noch, dass Licinius zu 
Antiochien, der syrischen Orontesstadt, das haus seines 
gefallenen gegners dem verderben weihte, so wird man wohl mit mir 


614 Lactantias nnd Kasebius. . 


der durchaus zutreffenden conjectur Tillemonts (Hist. des emf. Rom. 
IV, p. 156) zustimmen und demgemäss im gegensatz zu Pagi (I, 
p- 374, nr. XIII), Basnage (Il, p. 642, nr. VII) und Le Nourry 
(in seiner ausgabe des buches m. p.), die an dem widersinnigen 
in orientem des codex Colbertinus festhalten , statt: in orientem 
lesen: in Orontem. Die stelle ist also in dem sinne zu inter- 
pretiren, dass wir annehmen, Maximin's wittwe sei auf befehl des 
Licinius zu Antiochien im Orontes ertränkt worden. Jetzt 
wird uns auch klar, was Lactanz mit den worten: Ibi saepe illa 
castas feminas mergi iusserat besagen will. Der fanatische autor 
meint nämlich, die kaiserin babe früher manche keusche frauen in 
des fluss stürzen lassen und jetzt auf dieselbe weise den verdienten 
tod erlitten. Indess scheint dieses mal, wie ja auch sonst zuweilen (vgl. 
ob. p. 606 f.), der christliche schriftsteller seine wahrheitsliebe dem 
glühenden hasse gegen das geschlecht der verfolger geopfert zu haben. 
Das epitheton castas, welches die angeblich von der kaiserin gemor- 
deten frauen erhalten, veranlasst mich zu der annahme, dass Lactanz 
ohne allen grund die unglückliche fürstin zur mitschuldigen 
an den verbrechen ihres gemahls macht. C. 38 schildert unser 
autor das schamlose unzuchtleben Maximins ; da wird unter anderem 
erzählt, der kaiserliche ebebrecher hätte diejenigen frauen, die ihm 
nicht zu willen waren, zum ertränkungstode verurtheilt. Ohne 
zweifel sind diese c. 38 erwähnten unglücklichen mit jenen ca- 
stae feminae zu identificiren, von denen c. 50 die rede ist. Lac- 
tanz muthet also seinen lesern zu, das unglaubliche für wahr 
zu balten, dass nämlich die kaiserin das ehebrecherische treiben 
ihres gemahls mit dem grössten eifer unterstützt hatte. Wir sol- 
leu also glauben, Maximins gemahlin hätte so wenig achtung vor 
ihren eigenen ehelichen rechten bekundet, dass sie bemüht gewesen 
wäre, der wollust ihres kaiserlichen gemahls sogar persönlich 
unglückliche opfer zuzuführen. Die auf höchst unwahrscheinlichen 
voraussetzungen basirten anklagen des fanatikers Lactanz gegen 
die bemitleidenswerthe fürstin sind demnach als hinfällig zu be 
trachten. 


IL Zu Capitolinus, Gordiani tres, c. 34. 


Eine stelle der historia augusta (Capitolinus , Gordiani tres, 











Capitolinus. 615 


c. 34, cap. ult., ap. Herm. Peter ed. Scriptt. hist. aug. vol. II. 
[Lipsiae 1865], p. 52), die, correct interpretirt, die willkommensten 
aufschlüsse zur geschichte des kaisers Licinius bietet, hat bisher 
die verdiente beachtung noch in keiner weise gefunden. Diese in- 
teressante stelle lautet, wie folgt: Gordiano (scil. tertio) (reg. 
238—244) sepulcrum milites apud Circeium castrum fecerunt in 
finibus Persidis, titulum huiusmodi addentes: Divo Gordiano, victori 
Persarum, victori Gothorum, viciori Sarmatarum ..., sed non vi- 
ctori Philipporum. quod ideo videbatur additum , quia in 
campis Philippis ab Alanis tumultuario proelio victus abscesserat, 
8imul etiam, quod a Philippis videbatur occisus. 
Quem titulum evertisse Licinius dicitur eo tem- 
pore, quo est nanctus imperium, cum se vellet viderit 
a Philippis originem trahere. Hiernach ist es wegen des 
hinzugefügten dicitur allerdings zweifelhaft, ob die fragliche inschrift 
von Circeium (= Circesium in Mesopotamien) auf Licins befehl 
vernichtet wurde. Dagegen dürfte die thatsache, dass Licinius das 
gerücht aussprengen liess, er stamme vom kaiser Philippus Arabs 
ab, unbestritten sein. Jedenfalls geht aber aus den worten des 
Capitolinus so viel hervor, dass der schwager Constantins zu der 
zeit, als er herr von Mesopotamien und des gesammten rümischen 
orients war, d. h. nach Maximins tod, also noch im jahre 313, 
sich seiner abstammung von dem christenfreundlichen kaiser Phi- 
lippus rühmte. Da einerseits dieser zeitpunkt mit der christen- 
freundlichen regierungsperiode des Licinius (vgl. z. b. Eus. h. e. X, 
5, Lact. c. 45 ss. ; weitere quellenbelege in meiner „Licinian. christen- 
verf.“, p. 5— 29) zusammenfällt, und da andrerseits der aus dem orient, 
wahrscheinlich aus Arabia Petraea, stammende Philippus (vgl. Eckhel, 
D. N. pars Il, vol. VII, p. 320) den christen bekanntlich in so 
hohem grade sein wohlwollen zugewandt hatte, dass die sage ent- 
stand, er sei selbst christ gewesen !!), so darf man vermuthen, 
Licinius habe desshalb vorgegeben, ein sprössling des imperators 
Philippus zu sein, um sich die gunst seiner neuen uuterthanen, der 
orientalen und vor allem der christen, zu erwerben. 


11) Cf. Eus. h. e. VI, 84. 89. VII, 10, — Hieronymi chron. (ed. 
Migne, p. 571. 572) — Anon. Vales. nr. 88. Oros. VII, 28 (aus dem 
An. Val); weitere quellenbelege bei Tillemont (Hist. des emp. t. III, 
p. 800. 301. 312. 318. 643—648). 


616 Capitolinus, 


Unsere stelle gibt auch erwünschten aufschluss über das alter 
resp. das ungefähre geburtsjahr des kaisers Licinius. Denn wenn 
auch das gerede, als wäre der letztere ein nachkomme des Phi- 
lippus gewesen, natürlich mit dem wirklichen sachverhalt im 
vollständigen widerspruch stand !?), so dürfen wir doch annehmen, 
dass Licinius während der regierungszeit jenes christenfreundlichen 
Augustus (reg. 244—249), also etwa kurz vor dem jahre 250, 
geboren wurde. Der schwager Constantins legte eben werth 
darauf, als nachkomme Philipps des Arabers zu gelten. Hiernach 
hat also Licinius, der im jahre 324 ermordet wurde, ein alter von 
etwa 75 jahren erreicht. Nach dem jüngeren Victor freilich wäre 
der kaiser erst um das jahr 264 geboren worden !). Diese chro- 
nologie des sonst so vortrefflichen autors, der Henricus Valesius 
(ed. Scriptt. eccl. t. I, Annot. ad Eus. h. e. X, 8, p. 209), Til- 
lemont (Hist. des emp. IV, p. 104. 626) und Cohen (Monnaies des 
emp. Rom. t. VI, p. 47) beigetreten sind, wird aber durch unsere 
stelle widerlegt. Denn wäre Licinius nicht schon kurz vor 
dem jahre 250, sondern erst lange nach Philipp’s tod geboren 
worden, so hätte er ja auch nicht im entferntesten hoffen können, 
dass sein vorgeben glauben finden würde. Mit recht nehmen also 
Gibbon (vol. II, ch. 13, p. 116. 117, note 53) und Burckhardt 
(Constantin p. 369. 374) an, dass Licinius etwa um das jahr 250 
geboren wurde; ich muss jeduch bemerken, dass beide historiker 
die betreffende stelle beim Capitolinus nicht zu gunsten ihrer 
chronologie verwerthet haben. Meine these, wonach der 
schwager Constantins schon kurz vor 250 geboren wurde, wird 
übrigens auch noch durch andere gründe unterstützt. Schon 
Gibbon hat richtig erkannt, dass die chronologie des epitomators 
durch andere quellen eher erschüttert als bestätigt wird: er erin- 
nert an die entgegengesetzten angaben der beiden christlichen zeit- 
genossen des Licinius. Was zunächst den Eusebius anbelangt, so 
führt er uns (h. e. X, c. 8, ur. 13 [ed. Guil. Dindorf.]; v. C. (ed. 


12) Nach Eutrop. X, 4 (3) (ed. Rud. Dietsch), An. Val. nr. 13, 
Victor iun. epit. c. 41, nr. 9, Socrates, hist. eccl. [ed. Migne] I, 2 ge- 
hörte Licinius einer illyrischen bauernfamilie an und war in der 
(späteren) mösischen provins Dacia nova geboren. 

) Cf. Victor iun. epit. o. 41, nr. 7. 8: Hic Licinius annum do- 
minationis fere post quartum decimum, vitae prozime sazagesı- 
mum occidit. 








Capitolinus. 617 


Migne] I, 55) den kaiser in seinen letzten regierungsjahren als 
einen mann vor, der trotz seines hohen alters noch der zügello- 
sesten wollust fröhnte: kurz vor 323 war Licinius dem bischöfli- 
chen autor zufolge &oyaroynowg und yñou td owua ne- 
sudaswuévoc. Nach diesem starken ausdruck müsste der im- 
perator in der that weit älter als sechzig jahre geworden sein !4). 
Nun haben aber schon Valesius und Tillemont das eusebianische 
zeugniss mit der bemerkung zu entkräften versucht, dass der kir- 
chenhistoriker hier nicht als geschichtschreiber, sondern als rhetor 
spreche, der das alter des kaiserlichen sünders übertreibe, und 
man darf einräumen, dass der historische zusammenhang dieser auf- 
fassung wenigstens nicht nothwendig widerstreitet: Eusebius schil- 
dert an beiden stellen die letzte regierungsperiode des Licinius le- 
diglich als parteimann ; er ist bemüht, diese epuche, in der Con- 
stantins schwager als gegner des christenthums auftritt, im un- 
günstigsten lichte erscheinen zu lassen. Mit mehr recht beruft 
sich aber Gibbon auf Lact. m. p. c. 32, wo Licinius im jahre 
308, also fünfzehn jahre vor seinem tode, ein mann mit grauem 
haar genannt wird, und zwar unter umständen, die den obigen 
einwand durchaus ausschliessen. Denn einmal hegt Lactauz für 
den kaiser, der sich zur zeit der abfassung des buches de mortibus 
persecutorum noch als wohlwollenden freund der kirche gerirte, 
warme sympathien, und dann spricht nicht der autor selbst, son- 
dern der imperator Galerius in einem officiellen schreiben an Maxi- 
min von dem vorgerückten alter des Licinius (Mittit ergo [scil. 
Galerius] ad eum [scil. Maximinum] saepe legatos orat ..., cedat 
aetati et honorem deferat canis etc). Für die meinung 
des englischen historikers sprechen aber noch zwei weitere quellen- 
belege, die man ebenso wie die stelle beim Capitolinus, bisher stets 
übersehen hat. So wird Licinius von Moses Choronensis, 
der um die mitte des fünften jahrhunderts eiue geschichte Arme- 
niens schrieb, (I. II, c. 88) als ein mann mit graugefärbten 
haaren und als greis geschildert 1%). Ich will indess auf dieses 


14) Eus. h. e. X, 8, nr. 18 wird von seinem interpreten Rufinus 
von Aquileja (h. e. IX, 10) in folgender weise dem sinne nach 
wiedergegeben: Ipse (sci. Licinius) contra aetatis suae vires 
(éoyaréynows) adulteriis et corruptione virginum delectari. 

15) Moses Choronensis, nach der Mechitaristen-ausgabe (Venedig 
1865) aus dem Armenischen übersetzt von dr. theol. Michael Lauer, 


618 Capitolinus. 


zeugniss kein allzugrosses gewicht legen, da Moses von Chorene 
namentlich für nichtarmenische dinge kein besonders zuverlässiger 
gewährsmann sein dürfte. Als völlig unverwerflich muss aber die 
bezügliche aussage des Sozomenus (hist. eccl. [ed. Migne] I, 7) 
gelten. Dieser autor, eine der besseren quellen für die geschichte 
des constantinischen zeitalters, erzählt nämlich, kurz vor dem 
beginn des entscheidenden feldzuges von 323 hätte das milesische 
orakel des didymäischen Apollon den kaiser Licinius einen „greis“ 
(yéowr) genannt !®), 

Wenn man auch der autorität des Moses Choronensis und 
selbst des Eusebius keine besondere bedeutung beimessen will, so 
geht doch, obigen ausführungen zufolge, aus den übereinstimmenden 
angaben der zeitgenossen Lactanz und Capitolinus, sowie des 
Sozomenus unzweideutig hervor, dass Licinius schon spätestens im 
j. 249 und nicht erst im j. 264 geboren wurde. Diese chrono- 
logie wird überdies durch den historischen zusammenhang im voll- 
sten masse bestätigt. Licinius war nämlich der altersge- 
nosse und freund des Galerius, beide hatten alle die verschiedenen 
stufen des römischen militärdienstes gemeinschaftlich durch- 
laufen — es erhellt dies aus Lact. m. p. c. 20. 32, Zos. II, 11, 
Eutrop. X, 4 (3), Victor sen. de Caess. c. 40, nr. 8 und Socrat. 
I, 2, also aus authentischem quellenmaterial —, und Galerius 
selbst war unzweifelhaft um 250 geboren. Diese letztere behaup- 
tung basire ich auf die thatsache, dass Diocletian sich den Ga- 
lerius überhaupt zum mitregenten auserkor. Beide werden also 
waffengefährten gewesen sein; dass aber Galerius etwas 
jünger war als der im jahre 245 geborne Diocletian 7), geht 
daraus hervor, dass ihn Diocletian nicht zum Augustus, sondern 
zum Cäsar ernannte. Zu gunsten der ansicht, wonach Dio- 


Regensburg 1869. Die betreffende stelle (II, 88) findet sich p. 150 
dieser übertragung. 

16) In meinem in Fleckeisen’s ,jahrbüchern für classische philo- 
logie“ (jabrgang 1875, h. 3, p. 201—221) abgedruckten aufsatz „zur 
kritik einiger quellenschriftsteller der spätern römischen kaiserzeit" 
habe ich (p. 213—216) im anderen zusammenhang eine ausführliche 
interpretation der betreffenden stelle bei Sozomenus (h. e. I, 7) ge- 

eben. 
S 17) Da Diocletian im jahre 818 starb und nach Vict. iun. egit. 
(in Diocletiano) ein alter von 68 jahren erreichte, so war er im jahre 
245 geboren (vgl. Basnage II, p. 446, nr. II). . 











Capitolinus. 619 


cletian und Galerius alte kriegskameraden waren, lässt sich auch 
Vopiscus, vita Probi, c. 22 geltend machen, wo es in betreff Dio- 
cletians und anderer heerführer heisst, sie hätten unter der krie- 
gerischen regierung des Probus (276— 282) ihre schule gemacht !?), 
An dieser stelle wird freilich Galerius nicht genannt, wohl aber 
der später gleichzeitig mit ihm (i. j. 293) zum cäsar beför- 
derte und also etwa gleichalterige Constantius, der vater 
Constantin. Auch muss man wohl beachten, dass mit den von 
Vopiscus namhaft gemachten officieren die liste der unter Probus 
geschulten feldherrn noch nicht erschöpft ist; denn er fügt hinzu: 
et ceteri. — Bei Malalas (chronographia [ed. Bonu.], 1. XII, 
p. 315) findet sich die auffallende angabe, Licinius hätte nur ein 
alter von 46 jahren erreicht; darnach wäre der imperator erst 
im jahre 278 geboren worden. Aus der bisherigen untersuchung 
geht aber zur genüge hervor, dass die chronologie des Byzantiners 
mit dem historischen zusammenhang im schroffsten widerspruch 
steht. Wir wissen z. b. aus Eutrop. X, 4 (3), dass Licinius be- 
reits im j. 297 seinem kaiserlichen freunde Galerius in dessen per- 
sischem feldzuge die wichtigsten dienste leistete. Nach Malalas 
wäre aber Licinius damals erst ein neunzehnjähriger jüngling ge- 
wesen! Uebrigens ist dieser byzantiner, der frühestens in der 
zweiten hälfte des sechsten jahrhunderts gelebt hat, überhaupt ein 
unzuverlässiger autor, und speciell für die geschichte des 
Licinius, über den er eine reihe der verworrensten tollsten notizen 
bringt, kann er erst recht nicht als quelle dienen !?). 


NL Zur kritik der diocletianischen provinzialeintheilung von 
c. 297, des Zosimus (II, 14) und des Anonymus Valesii (nr. 8). 


Eine nicht unwichtige controverse, die sich auf die geschichte 
des kaisers Licinius bezieht, lässt sich am augemessensten kurz so 
ausdrücken: „über welche provinzen hat sich das reichsgebiet des 


18) duces praeclarissimos instituit. nam ex eius (scil. Probi) disci- 
plina Carus, Diocletianus, Constantius, Asclepiodotus, Anniba- 
lianus, Leonides, Cecropsus, Pisonianus, Herennianus, Gaudiosus, Ur- 
sintanus, et ceteri, quos patres nostri mirati sunt, et de quibus nonnulli 
boni principes extiterunt. 

19) Dieses ungiinstige urtheil iiber Malalas habe ich in meiner 
„Lieinignischen christenverfolgung", (p. 139— 142) näher begründet. _ 


620 Provinzialeintheilung von c. 297 u.s. w. 


Licinius während seiner ersten regierungsperiode in den jahren 
307/8 bis 311 erstreckt? Diese streitfrage darf insofern ein all- 
gemeineres interesse beanspruchen, als der spätere schwager Con- 
stantins schon in jener frühen herrscherepoche in seinem gebiete 
die diocletianischen verfolgungsdeerete gegen die christen thatsäch- 
lich ausser kraft gesetzt hat *°), und es doch nicht uninteressant 
ist, zu wissen, in welchen territorien sich die christen bereits län- 
gere zeit vor dem Galerius'schen toleranzedict der factischen dul- 
dung des kaisers Licinius zu erfreuen hatten. So berechtigt 
nun unsere controverse erscheinen muss, ebenso ungenügend waren 
die bisherigen versuche, die streitfrage zur definitiven entscheidung 
zu bringen. Und in der that setzt der in rede stehende gegen- 
stand einer endgültigen lósung nicht unerhebliche schwierigkeiten 
entgegen; diese letzteren liegen in der ungünstigen beschaffenheit 
der bezüglichen quellenberichte. Die autoren, die überhaupt über 
die erste regierungsperiode des Licinius rasch hinwegeilen, haben 
es verschmüht, uns mit klaren ausdrücklichen worten genau die 
provinzen zu bezeichnen, aus denen sich das licinianische reichs- 
gebiet für 307/8 bis 311 zusammengesetzt hat. Einige quellen, 
so namentlich Eus. bh. e, VIII, 14, Socrat. J, 2, Sozom. I, 1—7, 
Eutrop. X, 4 (3), Aur. Vict. De Caess. c. 40, nr. 8. 9 und Victor 
iun. epit. c. 40, nr. 2, bieten zur entscheidung uuserer controverse 
gar keinen anhaltspunkt, andere autoren geben nur versteckte an- 
deutungen. Der hauptgrund, warum die streitfrage bisher stets 
eine so ungenügende discussion gefunden hat, liegt in dem umstand, 
dass eine stelle bei Zosimus und beim Anonymus Valesii nicht her- 
angezogen oder doch nicht gehörig interpretirt wurde. Eine au- 
thentische declaration konnte aber freilich speciell voti der 
letzteren stelle nicht gegeben werden, da die zur vollstündigen auf- 
klürung der vorliegenden controverse unentbehrliche diocletianische 
provinzialeintheilung von c. 297 erst in jüngster zeit dureh eine 
publikation von Th. Mommsen bekannt wurde resp. ibre ausrei- 
chende aufhellung erhielt 2!). Mit hülfe des von Mommsen edirten 


20 Aus Lactanz (besonders e. 1. 48. 50) und Eusebius (zumal 
h. e. VIII, 14 sqq., IX, c. 9; X, c. 4, nr. 16) geht hervor, dass Lici- 
nius schon zwischen 807/8 bis 311 sich nicht mit christenblüt be- 
fleckt hat. E . 

21) Th. Mommsen hat bekanntlich das „verzeichniss der römi- 
schen provinzen aufgesetzt um 297‘ nach einem etwa dem 7. jahr- 





Provinzialeintheilung von c. 297 u.s. w. 621 


provinzialverzeichnisses und der beiden bisher vernachlässigten quel- 
lenbelege, die durch ersteres ihre richtige beleuchtung erst ge- 
winnen, hoffe ich, dem leser die definitive erledigung der streitfrage 
vorlegen zu können. Ehe ich jedoch meine argumentation be- 
ginne, will ich zur bequemeren übersicht die bezüglichen vielfach 
differirenden ergebnisse der neueren zusammenstellen. — Der car- 
dinal Norisius (De Licinii numismate, c. I, p. 41, ur. 6 bei Tille- 
mont, Mémoires t, V!, p. 375) und Cohen (VI, p. 47) nehmen an, 
dass Licinius in der gedachten regierungsperiode Pannonien und 
Rhätien beherrscht hat. Tillemont schwankt: zuerst (Mém. t. V!, 
p. 145) vindicirt er dem Imperator „la Rhetie et les parties les 
plus occidentales de VIllyrie“; sodann betrachtet er es Mém. t. V!, 
p. 375; t. V5, p. 74 als ausgemacht, dass damals Pannonien dem 
kaiser Licinius gehörte; dagegen ist er (a. a. o.) zweifelhaft, ob 
Galerius seinem freunde auch Obermösien abgetreten habe. An 
einer weiteren stelle endlich (Mém. t. V?, p. 192) behauptet Til. 
lemont, Pannonien und vielleicht auch Noricum und Rhätien seien 
i. j. 3907/8 dem neuernannten Augustus zur unmittelbaren verwal- 
tung überlassen worden. Gibbon (vol. II, ch. 14, p. 173) nimmt 
an, dass der licinianische reichsautheil vor 311 aus den illyri- 
schen provinzen (the provinces of Illyricum) bestanden habe. 
Correcter als alle diese forscher, die, wie wir bald sehen wer- 
den, sich entweder zu unbestimmt über den umfang des licinia- 
nischen reiches (vor 311) äussern oder dem imperator ein zu aus- 
gedehntes territorium vindiciren oder endlich dem Augustus einen 
gar zu bescheidenen verwaltungsbezirk einräumen, urtheilt Eckhel 
(D. N. pars Il, vol. VIII, p. 61) über unsere streitfrage: er sagt nüm- 
lich, man sei nicht recht einig darüber, welche provinzen dem neuer 
nannten imperator Licinius i. j. 2307/8 .als reichsgebiet übertragen 
wurden. Diese entscheidung war die einzig richtige, so lage 
die diocletianische provinzialeintheilung von c. 297 noch nicht ent- 
deckt war. 

Alle schwierigkeiten der vorliegenden controverse ersheinen 
beseitigt, wenn wir in folgender stelle beim Anon. Val (ed. v. 


hundert angehörenden codex der veroneser capitularbibliokek in den 
„Abhandlungen der berliner akademie der wissenschaften: von 1862, 
Berlin 1863, p. 489—518 resp. 538 zum ersten mal edt und mit 
einem vorzüglichen historisch-geographischen commentarversehen. 


622 Provinzialeintheilung von c. 297 u.s. w. 


Gardthausen, p. 282, c. III, ur. 8): tunc Galerius in Illyrico Lici- 
nium Caesarem. fecit. Deinde illo in Pannonia relicto, 
ipse ad Serdicam regressus morbo ingenti occupatus sic 
distabuit ete. unter ,Pannonia^ nicht Pannonien resp. die (vier) 
pannonischen provinzen im engereu sinue verstehen, sonderu in 
weiterer ausdehnung die diöcese Panuonien, wie sie dem Momm- 
sen’schen provinzialverzeichniss von c. 297 entspricht, darunter 
begreifen. Nun umfasst die diöcese Pannonien nach dem eben 
erwähnten documente (vgl. Mommsen a. a. o. p. 491), folgende 
sieben provinzen: Pannonia inferior, Savensis, Dalmatia, Valeria, 
Pannonia superior, Noricus Pariensis, Noricus mediterranea. Hier- 
nach hätte also Licinius zwischen 307/8 und 311 ausser Panno- 
nien im engeren sinne — auch Savensis oder Savia und Valeria 
gehören zur collectivprovinz Pannonien in beschränkterer ausdeh- 
nung — noch Noricum und Dalmatien beherrscht. Es ist die frage: 
sind wir berechtigt, an unserer stelle das Pannonia mit diöcese 
Pannonien zu interpretiren? Die antwort auf diese frage kann 
nur bejahend lauten, und zwar aus mehreren gründen **). Zu- 
nächst lässt sich mit hülfe anderer quellenbelege speciell nach- 
weisen, dass Licinius in seiner ersten regierungsperiode wirklich 
wenigstens die meisten, nämlich fünf von den sieben provinzen der 
pannonischen diöcese, beherrscht hat. Dass Pannonien oder ge- 
nauer die vier zu Pannonien im engeren sinne gehörenden pro- 
vinzen (Pannonia superior, Pannonia inferior, Valeria, Savia) in 
dem gedachten zeitraum der unmittelbaren verwaltung des Licinius 
unterstellt waren, haben schon Norisius, Tillemont und andere 
richtig erkannt. In der chronik des Hieronymus (ed. Migne p. 583. 
184) 28) und in den consularfasten des Idatius (ed. Gallandius bibl. 
ve, patr. t. X, p. 337) 24) findet sich nämlich die notiz, Galerius 
häte seinen freund in der pannonischen stadt Carnuntum mit dem 
kaiselichen purpur bekleidet; daraus dürfen wir schliessen, dass 
unter anderem Pannonien im engeren sinne dem neuen Augustus 

22)Schon in meinem in den Fleckeisen'schen ,jahrbüchern'* ver- 
öffentlicten aufsatz habe ich (p. 205) ganz kurz angedeutet, dass in 
der fraghhen stelle beim An. Val. das „Pannonia“ als die diöcese 


dieses natens aufzufassen ist. 
nius a Galerio Carnunti in Pannonsis imperator 
Jactus. 


24) -Hiscoss., quod est Maxentio et Romulo, levatus Licinius Car- 
nunto III. IN 





Provinzialeintheilung von c. 297 u.s.w. 623 


als verwaltungsbezirk überlassen wurde. Mit hülfe der bisher 
stets übersehenen stelle bei Zosimus (II, 14) können wir aber auch 
speciell von Dalmatien zeigen, dass es vor 311 zum liciniani- 
schen reichsantheil gehórt hat. Die betreffende stelle hat folgenden 
wortlaut: "EvretFev moopaces avabnrei rov mods Kwvoravıivov 
noléuou… — ini Postova 6dòv üAavvew dievozizo, wg tov ÉOvovc 
zov 10v xui l'aÀAto xai roic "vg dv xAluacı mAnosatovios* wvti- 
gomwdhes yàg xoi doàuazíag xai Illvçeswy megı- 
£ceo av dıa cQ» Exeice CTQUILKWTILXWY QYEMOVWY xai 
trav Aıxıvvlou duvapewy. tavia xxix vovv Eywv Mubévuos 
quoq deiv ta iv Aıßun ngoregov diadefvas xiÀ.  Hiernach war 
also Licinius vor 311 oder genauer damals, als Maxentius anstalten 
traf, die rebellische provinz Afrika wieder zu unterwerfen, im be- 
sitze von Dalmatien. Die weitere notiz des Zosimus, wonach 
Licinius damals auch beherrscher von Illyrien war, lässt sich 
freilich hier nicht recht verwerthen, da Illyrien in der späteren 
römischen kaiserzeit bekanntlich einen sehr dehnbaren geographisch- 
politischen begriff repräsentirt: im weiteren sinne verstand man 
darunter den gesammten lindercomplex zwischen dem adriatischen 
meer einerseits und dem Pontus euxinus und dem ägäischen meere 
anderseits; möglicher weise konnte aber auch eine einzelne zu 
dieser territorialmasse gehörende provinz lllyrien genannt wer- 
den (vgl. z. b. den An. Val. de Const., ed. Gardthausen, p. 
281 — 283, c. III, nr. 5. 8, c. V, nr. 13, c. VI, nr. 35). Es 
ist also ungewiss, ob man an der vorliegenden stelle das ’/AAvuguwv 
mit ,,Paunonien uud Noricum* zu interpretiren hat, oder ob nur 
eines dieser beiden länder darunter zu verstehen ist, oder ob 
man endlich irgend eine andere provinz zu substituiren hat. — 
Dass auch Noricum schon vor 311 unter der herrschaft des Lici- 
nius gestanden bitte, dafür spricht ganz entschieden der historische 
zusammenhang, wenn sich auch kein bezüglicher quellenbeleg auf- 
finden lässt. Zunächst galt zur zeit, als Galerius sich seinen 
freund zum mitregenten erkor, ohne zweifel die diocletianische 
provinzialeintheilung noch völlig unverändert als reichsgesetz und 
bildete noch die norm bei reichstheilungen ; erst Constautin hat 
nach 324 als alleinherrscher jene coustitution einigen modificationen 
unterworfen. Es ist nicht deukbar, dass Galerius dem neuen col- 
legen einen nicht gehörig abgerundeten verwaltungsbezirk über- 


624 Provinzialeintheilung von c. 297 u.s. w. 


lassen haben sollte. Schwerlich wird er also von der pannonischen 
diéeese Noricum abgezweigt und sich selbst vorbehalten haben, zu- 
mal ihm sogar nach abtretung der vollständigen diôcese 
Pannonien volle vier diöcesen, nämlich Mösien, Thracien, 
Asien und Pontus, im sinne der diocletianischen provinzialeintheilung 
als eigener unmittelbarer verwaltungsbezirk verblieben 25). Dafür, 
dass Licins reichsgebiet für 307/8 bis 311. aus der vollstün- 
digen diöcese Pannonien bestanden habe, lassen sich noch drei 
weitere argumente geltend machen. Erstens bedient sich der An. 
Val. wirklich wiederholt einzelner geographisch - politischer 
termini, wie sie der provinzialeintheilung von c. 297 eigen- 
thämlich sind 29). Zweitens hat Galerius nachweislich schon 
früher (im j. 305) ganz im siune der oft erwähnten constitution 
verfahren, damals nämlich, als er (gemeinschaftlich mit dem unmit- 
teilbar nachher resignirenden Diocletian) dem neuernannten cäsar 
Maximin JI. Cilicien, Syrien und Aegypten als verwaltungsbezirk 
anwies. Diese territorien repräsentiren ein vollständig abge- 
rundetes reichsgebiet; es entspricht nämlich durchaus der dio- 
cletianischen diöcese des orients?") Endlich ‚zwingen mich geo- 
graphische rücksichten, dem lieinianischen verwaltungsbezirk für 
307/8 bis 311 auch die beiden norischen provinzen zu vindiciren. 
Ein blick auf die karte belehrt uns nämlich, dass, im falle Galerius 


25) Ueber den umfang des Galerius’schen Reichsantheils cf. Lact. 
c. 18. 85. 36; An. Val. nr. 5. 8; Eutr. X, 2; Vict. sen. de Caess. c.40, 
nr. 8. 9. — Die vier diócesen Môsien, Thracien, Asien und Pontus 
(bei Mommsen a. a. o. p. 491), die auch nach 807/8 im unmittel- 
baren besitze des Galerius verblieben, umfassten die provinzen Ober- 
und Untermisien, Neudacien, Dardanien, Macedonien, Griechenland, 
Kleinsoythien, Thracien, Bithynien und das übrige Kleinasien mit 
ausnahme von Cilicien und Isaurien. 

26) Vgl. Mommsen a. a. o. p. 497, anm. 15 und hierzu meine 
theils berichtigenden theils ergänzenden bemerkungen in dem schon 
citirten aufsatze in Fleckeisen’s ,Jahrbüchern", p. 205—207. 

27) Nach Lact. c. 19 und Eutr. X, 2 wurde im j. 305 dem Cäsar 
Maximin der ,orient" als verwaltungsbezirk zuertheilt. Da nun die- 
ses reichsgebiet nach Lact. o. 36 und Eus. M. Pal. c. VIII. X. XI. 
XIII nicht bloss Syrien und Palästina, sondern auch Cilicien und 
Aegypten umfasste, so haben beide autoren, denen man auch J os. II, 
8 beizählen kann, offenbar mit oriens die diocletianische didcese 
dieses namens bezeichnen wollen; denn nach der constitution von 
o. 297 bestand die orientalische discese, abgesehen von Meso 
tamien und Arabia Petraea, eben aus Syrien und Aegypten nebst 
Cilicien. 











-Provinzialèintheilung von c. 297 u.s... 625 


ven der seinem neuen reichsgehülfen überwiesenen pannonischen 
diöcese Noricum eximirt hätte, die beiderseitigen gebiete auf die 
unliebsamste art durehkreuzt worden wären. Die norischen terri- 
torien westlich vom licinianischen verwaltungsbezirk im besitze 
des Galerius, hätten ja für diesen nur einen vollständig ver- 
lernen posten bedeutet, dessen communication mit den übrigen pro- 
yinzen gerade durch den reichsantheil des Licinius unterbrochen 
war. — Nach dem gesagten neigt sich also 'lillemont (a. a. o.) 
mit bestem fug der meinung zu, auch Noricum hätte vor 
311 zum licinianischen verwaltungsbezirk gehört. Dagegen ist die 
weitere vermuthung des französischen forschers, wonach Galerius 
im j. 307/8.dem neuen imperator auch Obermösien abgetreten 
haben soll, durchaus unzulüssig, und Tillemont hat grund genug, 
seine hypothese nur in sehr bescheidener form aufzustellen. Der 
fraglichen combination steht nümlich zunüchst auch nicht der ge- 
ringste quellenbeleg zur seite; denn daraus, dass nach dem An. 
Val. ur. 8 die in Neudacien zwischen Ober- und Untermüsien bele- 
gene stadt Sardica stets im besitze des Galerius geblieben ist, 
lässt sich doch gewiss nicht der schluss ziehen, Licinius hütte 
schon in seiner ersten regierungsperiode Moesia superior beherrscht. 
Die Tillemont’sche vermuthung widerspricht aber auch dem  histo- 
rischen zusammenhang. Es ist nicht denkbar, dass Galerius ent- 
gegen der damals noch zu recht bestehenden diocletianischen con- 
stitution seinem freunde ein administrativ mangelhaft abgerundetes 
reichsgebiet — und aus der willkürlichen zerstückelung der mô- 
sischen und wohl auch der pannonischen diócese konnte natur- 
gemüss eben nur ein verwaltungsbezirk von so ungünstiger be- 
schaffenheit hervorgehen — zur unmittelbaren regierung über- 
tragen hätte. — Noch weit unberechtigter, als die soeben ge- 
rügte vermuthung des französischen kirchenhistorikers muss aber 
die annahme Tillemont’s, des cardinals Norisius und Cohen’s er- 
scheinen, wonach unter anderem auch Rhätien vor 311 der 
jurisdiction des kaisers Licinius unterworfen war. Galerius 
konnte nämlich dem neueruannten mitregenten diese provinz nicht 
abtreten, weil er sie damals wenigstens nicht besass. Aus dem 
provinzialverzeichniss von c. 297 (vgl. Mommsen, p. 492) ersieht 
man, dass Rhütien in jener zeit zur diócese Italien gehörte. 
Diese letztere stand bekanntlich zwischen 807/8 und 311 unter 
Philologus. XXXVI. bd. 4. 40 


626 -Provinzialeintbeilung von c. 297 w.s. w. 


der berrschaft des Maxentius, des tyrannen der ewigen stadt; wir 
dürfen also annehmen, dass die fragliche previnz damals einen theil 
des Maxentius schen reichsgebietes ausmachte. 

Obigen ausführungen zufolge hat der kaiser Licinius während 
seiner ersten regierungsperiede unzweifelhaft nichts mehr und nichts 
weniger als die diöcese Pannonien beherrscht, d. i. Pannonien 
im engeren sinne, Dalmatien und Noricum. lu diesem gebiete ist 
also die diocletianische christenverfolgung, die in den asiatischen 
provinzen volle acht jahre, ja in einem gewissen modificirten sinne 
sogar fast ein decenninm fortwiithete, schon seit dem regierungs- 
antritt des Licinius, also seit dem jahre 307/8, als vollständig er- 
loschen zu betrachten. — Es lässt sich wohl nicht leugnen, dass 
die pannonische diöcese einen zwar dem umfange nach beschei- 
denen, aber doch wenigstens harmonisch abgerundeten reichsantheil 
repräsentirte. Der licinianische verwaltungsbezirk bildete in der 
that nicht bloss im specifisch administrativem sinne, im anschluss an 
die diocletianische provinzialeintbeilung , sondern auch in geogra- 
phischer hinsicht ein in sich abgeschlossenes ganze. Die panno- 
nische diöcese bestand aus einem innerlich zusammenhängenden, 
nirgends durch theile anderer reichsgebiete durchbrochenen län- 
dercomplex, der sich von der mittleren Donau bis zum adriatischen 
meer erstreckte. 


Düsseldorf. Franz Görres. 


Zu Phaedrus. 


Phaedrus I, 15, 20 wird von L. Müller und R. Richter 
gelesen: Ergo quid refert mea, Cui serviam ? clitellas dum portem 
meas. Es liegt aber auf der hand, dass hier dum = dum modo 
nicht zulässig ist. Der sinn ist nicht: „wenn ich nur fortbringen, 
erschleppen kann“, wie Richter erklärt, sondern: tragen (dienen) 
muss icb doch; es ist also gleichgültig, wem ich die last trage 
(diene). Dieser gedanke ergibt sich, wenn man schreibt: Ergo 
quid refert mea, cum serviam, clitellas cui portem meas. 


Darmstadt. A. Weidner. 








XXII. 


Ammianus' beziehungen zu seinen vorbildern, 
Cicero, Sallustius, Livius, Tacitus. 


Im 29. bande dieser zeitschrift haben E. Wölfflin und A. Ger- 
ber durch mittheilung einer anzahl stellen die nachahmung des 
Tacitus durch Ammian dargelegt; über desselben benutzung des Ci- 
cero hat erschöpfend gehandelt H. Michael inseiner inaugural-disser- 
tation Breslau 1874, welcher in einer anmerkung aus den frühern 
auslegern auch drei auf Livius zurückgehende stellen anfiihrt; end- 
lich hat M. Hertz im Index scholarum der Bresil. univers. sommer-s. 
1874 seine bekanntschaft mit Sallust, d. h. mit den Historien und 
zwar als ganzem, sowie mit dem bellum Iugurthinum, ins licht 
gestellt, während er bezweifelt, ob er den Catilina gelesen oder 
doch excerpirt habe. Diese ansicht enthält von vornherein eine 
grosse unwahrscheinlichkeit, zumal da Ammian die geschichte Ca- 
tilinas kennt (XXV 3, 13), wie bei seiner gelehrsamkeit und be- 
lesenheit vorauszusetzen, gewiss nicht bloss aus den reden Ciceros, 
Eine rasche durchsicht des schriftstellers zeigte in der that bald 
die unbegründetheit des zweifels von Hertz ; dabei begegneten ei- 
nige andere stellen, welche den oben genannten forschern ent- 
gangen waren. Für die nachlese wurde auch A. W. Ernesti’s 
Glossarium Latinitatis nachgeschlagen ; was sich daraus ergab, ist 
darch beigesetztes (E) bezeichnet. Durch die folgende zusammen- 
stellung soll nicht alles als directe und gewollte entlehnung des 
nachahmers aus dem vorbild hingestellt werden, sondern vieles stellt 
sich als unbewusste anlehnung in zufälligen anklängen heraus, wie 
‚denn das wiederkehren gewisser wendungen und ausdrücke bei den 


40 * 


628 Ammisnes Marcellinus. 


kistorikern zeigt, dass sie im historischen stil stereotyp und in der 


sprache überhaupt formelbaft geworden, 
Ammianus. Sallustius. 
XIV, 2, 1 cuncta miscere = Cat. 10, 1 miscere omnia — 


XXXI, 2, 1 coll. XVI, 12, 4 agi- 


tabat miscebatque omnia. XXXI, 
8,6 omnia foedissime permiscentes. 


XIX, 1, 4 pars — alii, öfter. 


XIV, 2, 20 ea tempestate, ó. 
XV, 8, 2 nihil esse ita asperum. 


XVI, 12, 53 remedia mortis 
compendio postulantes. 
XV, 0, 3 fortis et fidus (mi- 


les) = XX, 5, 3. 


XVII, 1, 12 supra quam op- 
tari potuit. 

XIX, 4, 6 animalia praeter 
homines iugiter prona. 

XX, 11, 2 fallaciis et minis 


et dolis. 


XXI, 11, 3 soluti et liberi. 


XXIII, 6, 1 Aegyptii genus 
hominum. 

XXVI, 4, 1 tuta consilia — 
XXVH, 8, 9, coll. XXIX, 6, 9. 

XXVII, 6, 3 contra hos nite- 
bantur aliqui. 

XXVIII, 1, 2 carptim ut quae- 


que memoria digna sunt expla- 


nabo, coll XIV, 4, 2 super 
quorum moribus licet — me- 
mini rettulisse, tamen nunc quo- 
que pauca de isdem expediam 
carptim (noch mehr bei Hertz |. 
e. p. 11). 


XXVIII, 3, 2 cum strenui 
militis munia et praeclari ducis 


2, 3 1, 12, 5. 5, 2 cuncta 
permiscuit 66, 1 cuncta agi- 
tare. — Tac. h. 1, 53. IL 23 
miscere cuncta. 

C. 2, 1, s. Dietsch Comm. 
p. 45. 

€. 7, 1 u. è. Liv. 1, 18,1 à. 

C. 40, 4 nihil tam asperum 
— esse. 

C. 40, 3 miseriis suis reme- 
dium mortem exspectantes. 

C. 20, 3 vos cognovi fortes 
fidosque mihi. 

C. 5, 3 supra quam credibile 
est, coll. p 24, 5. 

ct. C. ‚ 1 u. das. Jacobs. 


C. 11, 2 dolis atque fallaciis. 


C. 6, 1 liberum atque solutum. 
Liv. VIII, 32, 5; auch Cic. Rab. 
P. 5, 12. 

C. 6, 1 Aborigines genus ho- 
minum. 1, 80, 1. 

C. 41, 2 tuta consilia, cf. Liv. 
IX, 32, 3. XXII, 38, 13. 

C. 38, 2 contra eos summa 
ope nitebatur pleraeque nobilitas. 

C. 4, 2 carptim ut quaeque 
memoria digna videbantur per- 
scribere, coll. 5 de cuius bominis 
moribus pauca prius explananda 
sunt. 1, 5, 3 priusquam — ex- 
pedio pauca supra repetam. Tac. 
a. IV, 1 — supra memoravi: 
nunc originem, mores — expe- 
diam coll. b. IV, 48. 

C. 60, 4 strenui militis et 
boni imperatoris officia simul 











Ammianus Marcellinus; 


Ammianus. 


curas expleret, coll. XVI, 12, 
24 (s. spüter). XVII, 13, 26. 
XIV, 9, 1. XIX, 11, 11 = 
XXIV, 6, 15. | 

XXVIII, 4, 5 tanta plerosque 
labes insanabilium Hagitiorum op- 
pressit. 


XXIX, 1, 11 qui dum for- 
midine successoris agitaretur in 
dies. 


XXXI, 4, 10 quorum insi- 
diatrix aviditas materia malorum 
omnium fuit. 

XXXI, 10, 15 quae pro tem- 
porum captu per Gallias res ra- 
tionesque poscebant, coll. XVI, 
12, 10 cum res postulat. 


XXXI, 12, 5 quid facto opus 
esset deliberabat. 


XIV, 1, 4 civili iustoque im- 
perio ad voluntatem converso 
cruentum. 


XV, 2, 3 parum tuto loco in- 
nocentiam stare. 


XV, 11, 16 et quoniam ad 
has partes opere contexto per- 
venimus, silere — incongruum 
est. 

XV, 12, 5 evectus sum lon- 
gius sed remeabo tandem. ad 
coepta. 


" XVI 7, 4 res monuit super 
hoc eodem Eutherio pauca sub- 


629; 


Sallustius. 


exsequebatur, coll. 20, 16. Tac. 


b. IV, 66. 


C. 36, 5 tanta vis morbi ac 
veluti tabes plerosque civium 
animos invaserat, coll. I, 32, 4. 
h. 1, 48, 19 D. si tanta torpedo 
animos oppressit. Liv. XXXIX, 
9, 1. XLII, 5, 7. 

C. 5, 7 agitabatur magis ma- 
gisque in dies animus ferox ino- 
pia rei familiaris et conscientia 
scelerum. 

C. 10, 3 ea (pecuniae, im- 
perii cupido) quasi materies om-^ 
nium malorum fuere. 

C. 44, 5 quid tuae rationes 
postulent, coll. I, 70, 3 uti res: 
posceret. 11, 1 pro tempore u. 
ö. 12, 3 ubi res postularet u. 
6. Tac. b. Il, 5 si res posceret." 

C. 46, 2 quid facto opus es- 
set (dubitans). 


lug. 85, 35 hoc est utile, 
hoc civile imperium, coll. c. 10, 
6 imperium ex iustissumo atque 
optumo crudele intolerandumque : 
factum. 

I. 14, 4 quoniam parum tuta 
per se ipsa probitas est, coll. : 
31, 1 innocentiae plus periculi 
quam honoris est. 

I. 79, 1 sed quoniam in eas. 
regiones per Leptitanorum ne- 
gotia venimus, non indignum vi- 
detur. 

I. 4, 9 liberius altiusque pro- . 
cessi (coll. C. 7,7 ea res longius 
nos ab incepto traheret) — nunc 
ad inceptum redeo. | 

I. 95, 2 sed quoniam nos; 
tanti viri res admonuit, idoneum 


640 Zur zeit der Diadochen. 


Plut. 10. Just. XIV, 2, 3. 
"Enssos tous modiodgs tw» oroa- | Ubi cum videret se fortunam 
TT areeldety , «lie xndo- obsidionis subiturum maiorem 
pevos avrov ele épélxeod us exercitus partem dimisit, ne 


ui BovAdpevos lAnrrovag piv aut consensu multitudinis hosti 
tov payecdas, nÀsíovag dé traderetur aut obsidio ipsa 
tov laydaves Ovtag. multitudine gravaretur. 


Nepos nennt dies castell phrygisch (in castellum Phrygiae 
quod Nora appellatur), was unmüglich richtig sein kann, da sich 
ja Eumenes auf der flucht von Kappadokien nach Armenien in 
dasselbe wirft. Plutarchs angabe (slg Noa, zwolov iv usJogte 
Avzuovlag xuè Karnnadoxíac) lässt sich mit Strabo (XII, A. 811) 
der den ort in das gebiet der Kataonen verlegt, vereinigen. Ly- 
kaonien uud Kataonien können wohl als theile Kappadokiens auf- 
gefasst werden. Die grösse des castells bestimmen Diodor und Pla- 
tarch in gleicher weise. 


Diod. 41, 2. | Plut. 11. 


"Hy di peougsor zovro mayıe- 
Ade puxgov dıa 10 10» megi- 
BoAov Eysıy un mÀtov | 
dvoiv cradlwr. 


Tong dvoiv cradlosvr Ézovzs 
meoluergor. 





Ebenso stimmen beide auch in der anzahl der truppen überein, 
die bei Eumenes ausharren. Denn bei Plutarch kommt er mit 
500 reitern und 200 mann zu fuss in Nora an, entlässt aber von 
diesen noch eine anzahl, Schätzt man diese letzteren auf 100, so 
kommt man auf Diodors 600 (41, 3). 

Die unterredung zwischen Eumenes und Antigonus vor Nora 
berichtet Plutarch ausführlicher als Diodor. Zu beachten ist bier- 
bei, dass von beiden schriftstellern ausdrücklich auf die frühere 
freundschaft der sich jetzt feindlich gegenüberstehenden feldherrn 
hingewiesen wird®). Eumenes forderungen muss man sich aus 
beiden schriftstellern zusammenstellen ; die bauptanche , dass ihm 


8) Diod. 41, 6 Ud agovadoyovoay yıllay ayayswsausyos ; Plut. we 
csBalôvres aldjkous gonaccrro quisxag xai olxsiwg, ate ^ allnlous xa- 
gonuévos nolÀlà xai cuvidus yeyovóus. 








Ammianus 


Ammianus. 


XX VI, 10, 2 incultis moribus 
bomo, 


XXVII, 2, 1 Iovinus — in- 
structus paratusque. 


XIX, 7, 8 ad extremum diei, 
coll. XXVII, 2 6 ad usque diei 
extimum = XXIX, 5, 48. 

XXVIII, 2, 8 cum nec audi- 
rentur nec quietum aliquid vel 
mite referri sentirent. 

XXVII, 4, 3 
gulae. 

XXIX, 1, 8 semper officio 
locoque quem retinebat superior 
videbatur. 

. XXIX, 4, 2 quae negotium 
poscebat et tempus. 

XXXI, 10, 15 ut in tali ne- 
gotio, coll. XVII, 2,1 = XXI, 
10, 5 ut in tali re. | 

I. 1. otioso milite circumvallari 
placuit barbaros inedia fafigatos, 
. quia locorum iniquitate defende- 
bantur, coll. XV, 10, 2 invia 
locorum asperitate confisus.. — 


irritamenta 


' XXXI, 3, 6 verum longe 
aliter quam rebatur evenit, coll. 
XVII, 9, 3. 

' XXXI, 12, 7 ne paene iam 
partae victoriae — consors fieret 
Gratianus. 


XXIX, 2, 16 et maiorum cla- 
ritudini gloriae fuit et ipse po- 
steritatem decoravit. 

XXXI, 13, 5 in hoc tanto 
tamque confusae rei tumultu, 
u. di. Ô. 


Marcellinus. 


631 


Sallustius, 


I. 85, 39 incultis (v. | 
cultum) moribus. 


I. 74, 2 Numidae — parati 
instructique, coll. 53, 5. Liv. 
Ill, 14, 4 instructi paratique 

— XXXIV, 28, 8. 

1 21, 2 diei extremum erat, 
cf. Draeger hist. Synt. 2. 199, 4 
wo gerade diese stelle fehlt. 

I. 105, 5 equites — rem uti 
erat quietam nuntiant. 


I. 89, 7 = Tac. h. H, 62 
irritamenta gulae. 


I. 63, 5 ut ampliore quem 
gerebat (magistratu) dignus ha- 
beretur. 

I. 56, 1 id quod negotium 
poscebat, coll. C. 50, 3. 

I. 107, 6 uti in tali negotio, 
coll. C. 57, 5 in tali re. 


I, 75, 10 locorum asperitate 
munitos — 89, A, coll. 92, 9 
propter iniquitatem loci. b. HE, 
34 Lucullum — fames — fati- 
gabat, coll, C. 5, 3 inediae patiens. 
h. III, 27; cf. Liv. IX, 38, 5. 
XLIV, 5,10. Tac. a. IV, 6. 
Il, 80. 

I. 7, 2 sed ea res longe aliter 
ac ratus erat evenit. 


I. 82, 3 quod iam parta vi- 
ctoria ex manibus eriperetur, 


cf. I. 85, 21 ff. 
I. 4, 3 tanto tamque utili la- 


bori, col. c. 14, 1 in tanta 
tamque corrupta civitate, 


632 
Ammianna, 
XXI, 13, 2 timebo cum peri- 
culis obiectare circummuranis 
coll. XXVII, 6, 9. 
XVIII, 6, 16 ad Persas abie- 


rat profugus, coll XXVIII, 
6, 24. 


XIV, 3, 4 admissi flagitii 
metu exagitati. 


XIV, 11, 11 Arctoae provin- 
ciae diu fessae. 


XIV, 1, 2 male suetos. 


XV, 8, 1 ad internecionem 
barbaris vastantibus universa. 

XVI, 3, 3 scindebatur in mul- 
tiplices curas, coll. X XIX, 4, 2. 
XXII, 10, 1. 

XVI, 5, 3 fortuito cibo con- 
tentus. 


XVIII, 9, 2 (civitas) Mesopo- 
tamiae plana despectat. coll. XIV, 
11, 25 s. u. 

XVII, 2, 4 — XXXI, 6, 5 
alimentorum satias, coll. XIX, 2, 
14. XXV, 1, 4. 

XX, 6, 6 lapidum recens 
structorum madoreque etiamtum 
infirmium, coll. XXXI, 6, 5. 

XXIII, 3, 1 oppidum Crasso- 
rum — aerumnis insigne, coll. 
XV, 10, 10; beliebtes w. 

XXIV, 1, 2 per plana cam- 
porum et mollia, coll. XIV, 2, 5, 

XXVI, 1, 5 procul agebat 
(codd. iacebat). 

XXV, 8, 2 immane quo quan- 
toque ardore, coll. XV, 8, 15; 
d. 6, 


Amminans Marcellina. 


Sallustius. 
I. 7, 1 statuit cum obiectere 
iculis. 


I. 35, 1 profugus ex patria 
abierat. 


Hist. I, 48, 7 scelerum con- 
scientia exagitati coll. C. 14, 3: 
quos flagitium — exagi 

b. 11, 41, 14 omnes provinciae 
regna — fessa bellis, coll. Tac. 
a. II, 5 fessas Gallias mini- 
strandis equis. 

h. III, 62 male iam adsuetum 
(* D.) 

b. li, 69, 9 Hispaniam — ad 
internecionem vastavimus. 

h. I, 54 multiplex cura patres 
exercebat. 


b. 11, 66 cibum fortuitum — 
piscando (D. ex cj.), coll. Tac. 
h. IL 5. 

h. Il, 32 Lyciae — agros 
despectantem. 


h. Il, 29 frumenti satias; cf. 
Liv. XXV, 23, 16. Tac. a. III, 
30. 

b. 111, 26 ne ex latere nova 
munimenta madore infirmarentur. 


cf. h. II, 21 Saguntini fide 
atque aerumnis incluti; hüuf. w. 


h. IV, 
mollia. 


h. i. 3 Metello procul agente. 


b. H, 79 immane quantum 
animi exarsere, coll. Tac. h. 
Ili, 62. 


17 Italiae plana ac 





Ammianus 


Ammianus. 


XXV, 7, 12 inter dissensiones 
et turbamenta, coll. X XVI, 7, 8 
in publicis turbamentis. 

XXVI, 2, 1 suspectus altiora 
conari. 


X XVI, 8, 14 taedio asperioris 
imperii. 

XXIX, 1, 5 inquies homo, 
coll. XIX, 5, 1. 


XV, 1, 1 nihil obtrectatores 
longi ut putant operis formi- 
dantes . tunc enim laudanda est 
brevitas cum moras rumpens in- 
tempestivas nibil subtrahit cogni- 
tioni gestorum , coll. X XIII, 6, 1. 


Ammianus. 


XX, 3, 8 metae noctis in co- 
num desinentis angustum; tum 
latet (luna) parumper umbrata, etc. 

XXVIII, 1, 46 in succidendis 
familiarum nobilium nervis. 


XXX, 4, 9 sicam ingenii de- 
stringentes. 
l. c. 9 ff. 


Ammianus, 


XIV, 3, 1 rege Persarum 
bellis finitimis illigato. 


XV, 5, 28 post exsudatos 
magnos pro republica labores. 

XV, 8, 13 audendi in tempore 
consideratus hortator. 


XIV, 2, 12 omne iuventutis 
robur acciverunt. 


P d 


Marcellinus, 


633, 


Sallustius. 


b. 1, 41, 25 maxima turba- 
menta reipublicae, coll. 'Tac. 
h. I, 23. 

h. IV, 11 suspectus — socie- 
tatem composuisse, coll. Tac. h.' 
I, 46. 

b. I, 41, 7 taedium — ty- 
rannidia Sullae. 

h. I, 48, 11 w. è., coll. Tac.. 
a, VI, 18. 


cf. Gran. Lic. p. 43 ed. Bonn. 
Sallusti opus nobis occurrit, sed. 
nos ut instituimus moras et non 
urgentia omittemus, ete. 


Cicero. 


de div. II, 6, 17 quando -in- 
currat in umbram terrae, quae 
est meta noctis, etc. (E.) 


frgm. or. in toga cand. 21 
ed. Bait. et Kays. nervos incidere 
civium Romanorum, coll. Phil. 
XII, 3, 8. Liv. XLIV, 28 ner- 
vos succiderunt (equorum). 

1. ce. duas in rempublicam sicas , 
destringere. 

cf. Cat. II, 18 ff. 


Livius. 

XXXI, 25, 8 ad illigandam 
Romano bello gentem (E), coll.‘ 
XXXII, 22, 11. 

V, 5, 6 ut novus — exsu-- 
detur labor. 

VII, 32, 11 qui audiendus 
dumtaxat magnificus adhortator 
sit (E). 

IH, 23, 1 robore iuventutis 
praemisso, coll. VIII, 29, 7 (E). 


634 Ammianus 


Ammianus. 


XVI, 1, 2 res per Gallias 
virtute felicitateque correxit. 

XVI, 12, 1 in unum robore 
virium suarum omui collecto, coll. 
XXXI, 10, 12. 

XVI, 2, 8 nihil prolatandum 
existimans, 

XVI, 3, 3 bellorum inundan- 
tium molem umeris suis vehens, 
coll. XXVI, 10, 4 conversam 
molem belli totius in Asiam. 

XVII, 13, 3 in se pugnae mo- 
lem suspicati vertendam. 

XXIX, 6, 14 disiecta agminis 
mole. ® 

XVI, 5, 1 ex praedictis De- 
mocriti. 

XVII, 1, 7 locorum prudentes, 


XIX, 6, 5 inopes consilii, 
—. XIX, 11, 9 "altis mentibus per- 
pensantes, coll. 3, 2 corde altis- 
simo retinens, 

XIX, 11, 18 barbarorum mori 


obstinatorum, coll. XXV, 3, 10. 


: XXI, 3,5 dignum est credere. 


XXII, 8, 20 attollitur — pla- 
cide collis. 

XXIX, 5, 9 concitato indi- 
gena milite. 

XXX, 2, 3 semina radicitus 
amputari discordiarum. 

XXXI, 2, 11 infidi incon- 
Stantes ad omnem auram inci- 
dentis spei novae perquam mo- 
biles. 

XXXI, 13, 4 minaciter cir- 
cumferentem oculos truces. 


Ammianus. 


XIV, 9, 6 torvum renidens. 


Marcellinus. 


Livius, 
. XXXIX, 32, 4 felicitatem 
virtutemque collegae aequavit. 


XXII, 40, 5 omne robur vi- 
rium — XXXIII, 4, 4 (E). 


XXI, 5, 2 nihil prolatandum 
ratus. 

VII, 29, 5 in se molem om- 
nem belli verterunt, coll. 32, 3, 
u. à. 6. Tac. h. L 61 u. das. 
Heraeus. 

VH, 32, 11 versari media in 
mole pugnae, coll. XXVI, 6, 9. 

Il], 2, 13 magnom molem 
unius exercitus (E). 

XXIII, 19, 5 praedictum di- 
ctatoris (E). 

XXXIV, 28, 11 locorum pru- 
dentes. 

XXVI, 18, 6 inops consilii, 

IX, 7, 3 ingentem molem ira- 
rum ex alto animo cientis in- 
dicia (E). 

IX, 32, 9 obstinatos mori 
Tuscos, u. 6. 


VIII, 26, 6 dignius credi est 


(E). 
XXXVIII, 20 placide acclives 
— colles (E). 


XXIII, 5, 11 Poenus hostis 
ne Africae quidem indigena (E). 

III, 19, 5 semina discordiae, 
coll. Tac. h. 1, 53 (E). 

XXIX, 3, 13 gente ad om- 
nem auram spei mobili atque 
infida (E), coll. XLII, 39, 1. 


ll, 10, 8 circumferens truces 
minaciter oculos. 


Tacitus, 


a. IV, 60 torvus aut falsum 


. renidens (E), cf. Sil. XII, 375. 








Ammianus Marcellinug, 635 


Ammianus. —. 'Tacitus. 


XIV, 11, 25 omnia despectare cf. h. Il, 30. a. Il, 43. 
terrena, coll. XV, 9, 8, 

XV, 8, 2 noxarum conscientia a. Vi, 4 noxae conscientiam 
= XVI, 12, 61 = XXI,15,4. (cd. noxiam conscientiae). 

XVI, 12, 51 e mediis sae- a. XV, 46 quamvis saeviente 


vientis pelagi fluctibus. pelago. 

XVII, 3, 1 magnis curarum a. XII, 66 in tanta mole cu- 
molibus stringebatur. rarum. 

XVII, 9, 3 verborum volubi- b. III, 29 conspicuus — voce 
litate conspicui. (E). 

XXI, 12, 20 acerrimus belli h. IV, 68 acerrimo instinctore 


instinctor, coll. XXX, 1, 2. belli, coll. I, 22. 

XIX, 11, 18 quod ad ulti- b. I, 48 in abruptum tractus. 
mum paene tractus exitium in 
abrupto staret adhuc imperator. 

XXII, 10, 1 distrahebatur mul- a. Il, 40 Tiberium anceps cu- 
tiformibus curis. ra distrahere (E). 

XXXI, 3, 11 interstincti co- a. IV, 57 facies — medica- 
lore caeruleo corpora simul et minibus interstincta (E). 
crines. 


Bei diesem stand der sache lüsst sich erwarten, dass auch 
etwelche ausbeute für die kritik der texte gewonnen wird. Die- 
selbe ist zwar nicht bedeutend. Doch wird z. b. Sall, h. I, 48, 
19 die handschriftliche lesart oppressit gegen die aus einem codex 
des Nonius von Dietsch aufgenommene obrepsit durch Amm. X XVIII, 
4, 5 geschützt; Tac. Ann. VI, 4 die von Nipperdey gebilligte con- 
jectur von Groslotius gegen die handschriftliche lesart durch Amm. 
XV, 8, 2 gestützt, desgleichen die von Gardthausen angenommene 
vermuthung Kellerbauers Amm. XXVI, 1, 5 agebat durch Sall. 
hist. fr. inc. 3. Hinwiederum folgt, bei der freiheit der benutzung 
der vorbilder durch Ammian, nicht, dass seine schreibung X XVI, 
10, 2 incultis moribus eine instanz gegen die lesart des cod. 
Vatic. Sall. I. 85, 39 incultum moribus bildet, so wenig als man 
mit berufung auf XIV, 9, 6 bei Tac. Ann. IV, 60 torvum empfehlen 
dürfte. 

Dagegen wird wohl Ammian. XXVI, 4, 3: indeque oum ve- 
nisset Constantinopolim, multa secum ipse divolvens et magni- 
tudine urgenti negotiorum ' iam se superari. considerans, nihil 
morandum ratus etc. das ebenso fremdartige als allein aus dieser 


636 Ammianus Marcellinus. 


stelle des Ammian belegte compositum von volvere dahinfallen, wenn 
wir vergleichen Sall, C. 32, 1: ibi multa ipse secum volvens, 
quod intellegebat etc. — optumum factu credens etc. und I, 118, 1: 
haec Maurus secum ipse diu volvens tandem promisit, dazu Am- 
mian selbst XX, 8, 2 multa volvendo considerans: statt divolvens 
wird zu schreiben sein diw volvens. 

Ferner kommt in die unverständliche und widersinnige stelle 
Amm. XVI, 12, 24: antea strenuus et miles et utilis practer 
ceteros ductor licht durch beiziehung von Sall. C. 60, 4 und Amm. 
XXVII, 3, 2; ich schlage vor zu lesen: et miles ante alios 
strenuus et utilis practer ceteros ductor; vgl. die ob. angef. st. 

Endlich versuche ich an drei stellen folgende textverbesse- 
rungen: XIV, 8, 9: in quibus ( Phoenices urbibus) amoenitate cele- 
britateque hominum Tyros excellit, vulg. nominum; zugegeben 
dass der plural statt des singular nominis (vgl.-Sall. h. V, 14) bei 
einem Ammian zugelassen werden könnte (vgl. jedoch XV, 8, 19 
ampli nominis urbem), so handelt es sich hier gar nicht um den 
berühmten namen der stadt, sondern um ihre grösse und schönheit, 
wie die ankündigung zeigt: Phoenice urbibus decorata magnis et 
pulchris ; und ala solche zählt er überhaupt nur die berühmten auf: 
Sidon et Berytos etc. mit zu ergänzendem prädicat excellunt. — 
XXIII, 3, 7 postridie ventum est ad Callinicum, munimentum robustum 
et commercandi oportunitate gratissimum, vulg. opimitate, was 
weder des sinns noch der construction halber sich halten lässt. — 
XXIV, 2, 9 cuius obequitans moenia imperator et situm, obsidium 
omni cautela coeptabat ; situm zeugmatisch zu obequitans zu. 
ziehen, ist für einen breiten erzähler wie Ammian doch wohl kaum 
zuzugegeben; zudem vermisst man ein partic. praet. als mittelglied | 
zwischen obiectans und coeptabat, dessen rest vielleicht in 
et vor situm entbalten ist: also vermuthe ich cognito oder 
perspecto oder inquisito situ. 

Zürich, Hans Wirs. 


Zu Tacitus’ Dialogus. 

Cap. 6: Ad voluptatem oratoriae eloquentiae transeo, cuius 
iucunditas non uno. aliquo momento, sed omnibus prope diebus ac 
prope omnibus horis contingit. — Ich schlage vor: omnibus. 

diebus ac prope omnibus foris. e 

Berlin, M. . Oberberger. 


——_____—_ mÈm 








XXIII. 


Die quellen für die nachrichten der alten historiker 
tiber die Diadochenkimpfe bis zum tode des 
Eumenes und der Olympias. 


(S. oben heft 3, p. 528). 


4. Der kampf zwischen Eumenes und Antigonus. 


Auch nach der zweiten satrapienvertheilung hat Diodor eine 
menge von ereignissen übergangen ; in folge dessen sind zur ver- 
gleichung mit Plutarch (8) nur Photius kurze nachrichten da, 
Dieses cap. 8 in der biographie des Eumenes kann wieder so 
recht als beispiel dienen, wie Plutarch zu arbeiten pflegte. Es 
‘enthält ausser der bereits erwähnten verurtheilung Eumenes kriegs- 
fübrung bis zu seiner niederlage; aber anstatt den feldzugsplan zu 
geben oder die operationen seines helden zu erzählen hat er nur 
anekdotenhafte gegenstände der aufzeichnung für werth erachtet. 
Eumenes erscheint zunächst am Ida, dann in Sardes; es entspricht 
dies dem Just. XIV, 1. 6 und 7 erwähnten !). Vom Ida hat Pho- 
tius nichts, dagegen Eumenes aufenthalt in Sardes, seine absicht 
dort Antipater eine schlacht zu liefern und endlich sein scheiden 
von jener stadt auf Kleopatras bitten, hat er ganz wie Plutarch. 
Auch Eumenes verhandlungen mit Alketas und den übrigen Perdik- 
kanern in Kleinasien können bei Arrian und Plutarch aus derselben 
quelle genommen sein. Weiterhin erzählt letzterer von einer eigen- 


1) Tunc exercitu in Aeoliam promoto inde Sardis profectus ad Cleo- 
patram. | 


648 Zur zeit der Diadochen: 
Diod. 57, 2 Plut. 13 


xai nagaAaßovou 10 AÀe- 
Euvdoov nusdloy, tmut- 
desay avrov nosjtas.. 


Da aus der übereinstimmung zwischen Nepos und Diodor klar 
ist, welchen inhalt Olympias brief an Eumenes gehabt hat, so muss 
Plutarch das versehen begangen haben, den brief, den Olympias 
von Polysperchon bekommt, mit dem, den sie an Eumenes ab- 
schickt, zu verwechseln. Denn dass Diodor und Plutarch dieselbe 
quelle vor sich gehabt haben, zeigt der wortlaut ®). 

Nach empfang dieser briefe ist Eumenes entschlossen alles 
für das königliche haus zu wagen; wenigstens berichten so über- 
einstimmend Diodor und Plutarch. 


Diod. 58, 4. Nep. 6, 5. 
Aiflafe üpmoLsv favi mavra | His rebus Eumenes permotus 
xlvduvov avadtyeodas vic zv satius duxit, si ita tulisset 
Baoéwr owrnolas Evenu. fortuna, perire bene meritis 


referentem gratiam quam in- 
gratum vivere, 


Hierauf begiebt sich Eumenes auf Polysperchons anweisung 
zu den Argyraspiden. Bei Justin, der nichts von dieser correspon- 
denz hat, geschieht es aus andern motiven (XIV, 2, 6: Omnia 
igitur circumspicienti optimum visum est ad Alexandri Magni Ar- 
gyraspidas decurrere). Da der epitomator die veränderungen in 
Europa und die verbandiungen mit Eumenes ausgelassen hat, geht 


6) Bei Droysen (p. 198 und 199) ist die sachlage ganz falsch 
dargestellt. Zunächst hat er die worte Plut. 18 yeduzara naga rey 
iy Maxedovig mv. Avynıyöovov didoixórov aüt£now. filschlich als besondere 
briefe neben denen Polysperchons und der Olympias verstanden. 
„Andere briefe aus Makedonien zeigten ihm, dass man dort vor An- 
tigonos in der grössten besorgniss sei". Unter dedosxorwy kann nie- 
mand anders verstanden werden, als die nachher mit ui» und dà im 
gleichen casus angefügten Olympias und Polysperchon. (Olrursddos 
pi» — Iolvonéoyorsos dì). Zweitens schreibt Droysen: „Endlich bat 
sie ihn (Olympias den Eumenes), dass er den kleinen Alexander, der 
in Makedonien nicht sicher genug sei, ja dem man nach dem leben 
stehe, zu sich nach Ásien nehmen und für seine erziehung sorgen 
möchte“, Hier ist in Plutarchs stelle das 249ovıs übersehén; nach 
Plutarch falscher auffassung soll Eumenes nach Europa kommen. 


Zur zeit der Diadochen. 649 


er mit der allgemeinen redensart optimum visum est zu den Ar- 
gyraspiden über. 

Eumenes aufnahme bei letzteren geschieht bei Diodor (59, 3) 
gılopoovws, bei Plutarch quurSowrwç; man bewundert und be- 
neidet ihn zugleich. Um sich vor missgunst zu schützen, schlägt 
er einen doppelten weg ein. - | 

Zunüchst nimmt er die 500 talente nicht. 


Diod. 60, 2. Plut. 18. 


Oùx Eynoe Anweotas> un yag 


Ta yonpata py Aaßeiv dg où- 
moosdeicdas. ) 


dev deopevos. 





Zweitens, um eine einheitliche leitung zu ermöglichen, ohne 
dass dabei irgend einer sich etwas vergäbe — die übrigen feld- 
herrn weigern sich in Eumenes zelt zur berathung zu kommen: 


Plut, 13. | Polyaen IV, 8, 2. 


Ovis éxslrwy BadiCer» Bov- 


Badtlesy dni. Tv oxi 
Aopévwy zog abito». 


UUTOÙ XOIOXVOUYTUV. 





schlägt er vor, ein zelt mit den waffen und kroninsignien Alexan- 
ders zu errichten und dort sich über alle wichtigen angelegenheiten 
zu berathen. Diesen rath giebt er angeblich in folge eines trau- 
mes, Dieser oder wenigstens die anordnungen zur errichtung des 
zeltes finden sich bei Plutarch, Diodor, Nepos und Polyaen mit 
vielen würtlichen übereinstimmungen. Zunächst ist es bei Diodor 
und Plutarch die dscosda:povta, durch welche Eumenes die übrigen 
feldherrn bei dieser gelegenheit sich dienstbar macht") Ueber 
den traum selbst stehen sich vor allem Polyaen uud Diodor 
sehr nahe. 


Diod. 61. Poly. IV, 8, 2. Nep. 7, 2. 


Evdig où xarta-|ooçexuüurnouy of|In principiis Alexandri 
OxevadFelons pe-| Maxedovss Tov| nomine tabernaculum 
yalongenoug oxn-| ÆAAéEarydoov x>xail statuit in eoque sel- 


7) Plut. 3 én$ye duodasuoviar; Diod. 61, 3 duc de xoi ms xard. 
tiv Pacshia daradasuovias dvsoyvovon. — 





650 


Diod. 61 


vic Ô te Feovos 
Eye» 10 dıadnpu 
xal 10 Gxf#ntQOY 
#69” xoi 1à onda 
ol; sud 707090, 
xai xespérnç doyapag 
&yovong ave intOvor 
ix xiflunov | xevoov 
AUYTEG ob Nyepoves 
TOY TE Aie v tv 
zul tà» ailwry 
svwdWy ta nodv- 
Teécratu, xaı FQ0ç- 
sxuvouv wc Jeor 
tov ’AAEavdoor, 
áxoAovJug dé row- 
wc diyewr nol- 
Awy xuulvwr, exa- 
Joy imi rovtwy oi 
sag nyepovbag Eyovtes 
xal Guvedoevovtes 
BBovdlevovro weg 
tU» del xutemesy ov 
tU». 


Zur zeit der Diadochen. 


Poly. IV, 8, 2 


Cvrefovizvoa» dx 103» 
Paoılıxzuv yonpatwr 
GXNYNF XATUCKEY- 
acas Bucslsxny, 
xai Jooror yov- 
doùr Bacshexwe xe- 
xocpnpévoy> imi dé 
i0vtov yovdowy oré- 
gavoy Éyorra dia- 
dppa Bacsdsxoy, xoi 
maga  rÓ» 
önia xol poor 
oxi wTQOY xoi 100 


tov Foovov rodnelur| 


rove?» ini dì row- 
ms Écyaçolda xai 
Ufavrwitda yovanv 
xai Asfavwròy 

xai Supsdpata 
svudn: alla pl 
xai dipeovs de- 
yvgoüg dy 1} exi, 
ig dv oi navit 
remove fovdes- 
OUVTO neoì Tüv 
ROLY Trgay poter. 


Nep. 7, 2 


lam auream cum 
sceptro ac diademate 
iussit poni eoque 
omnes cotidie conve- 
nire, ut ibi de sum- 
mis rebus consilia 
caperentur. 


Plut. 13. 


Fedvor| Tidévres ovre. oxn- 


y)» facsdixzy xai 
Fedvoyv Maskivdow 
xarareepypsopvoy 
xi Gurermogevovto 
Bovdevdperos zEgs 
TWY peylorwr. 


Nepos erzählt dies nach Eumenes vereinigung mit den satrapen 


des ostens; auch Diodor erwähnt dasselbe dort noch einmal (XIX, 
15, 3). Für die nun folgenden ereignisse, Eumenes truppenwer- 
bung, versuche des Ptolemaeus und Antigonus, die Argyraspiden 
zum abfall von Eumenes zu bringen, des letzteren aufenthalt in 
Kilikien und Syrien, seine gefährliche lage am Tigris Seleukus 
gegenüber, ist Diodor einzige quelle; Plutarch tritt mit seiner er- 
zählung erst wieder ein, als Eumenes bereits im osten ist. 

Der erste zusammenstoss des Eumenes mit Antigonus findet 
am Koprates statt, einem nebenfluss des Pasitigris (Plut, 14, Diod. 
XIX, 17 ff). Ungenau verlegt Plutarch den kampf an den Pasi- 
tigris; im übrigen stimmen die angaben beider überein. Nach 
Plutarch hat Eumenes allein die annäherung der feinde gemerkt; 
aber auch bei Diodor (XIX, 18, 4) ist beim kampf nur von Eu- 


Zur zeit der Diadochen. 651 


menes die rede?). Wenn hierbei Plutarch von der aufstellung der 
verbündeten feldherrn den ausdruck wag « gvAdrrorreg braucht, so 
stimmt dies ebenfalls mit Diodor vollkommen überein, da jene, wie 
letzterer ausführlich berichtet, die ganze linie des Pasitigris be- 
setzt haben. Nach den angaben beider endlich kommt eine grosse 
menge von Antigonus soldaten im strome um, die zahl der gefan- 
genen ist bei beiden 4000. 

Den hierauf folgenden marsch des Antigonus nach Medien hat 
Plutarch natürlich nicht, da er Eumenes nicht speciell betrifft. 
Während des zieht Eumenes heer nach Persis, woselbst der satrap 
des landes, Peukestas, durch grossartige opferfeste die Makedonen 
für sich zu gewinnen sucht. Von diesen festen giebt Diodor eine 
ausführliche schilderung; aber auch Plutarch hat sie offenbar im 
auge bei der characterisirung der verbündeten satrapen, (c. 13) 
unter denen er Peukestas namentlich nennt °). 

Um seine stellung zu wahren, schlügt Eumenes wieder einen 
doppelten weg ein; den einen berichten Polyaen und Diodor, den 
zweiten Plutarch und Diodor. 


Diod. XI X, 23, 1 ff. Polyaen IV, 8, 3. 
Evutws dv 17 Ieootd xovg 


A dn Sewowy Evuéwns xoi ovi- 
oroariwrag Ogür und Llev- 


loyibousvos zov ITevxéornr 


modsrevecdas noòs 10 nÀzJoc 
TS CTournylac doeyope- 
vog (vergleiche die stelle bei 
Plutarch), 2nÀacoro weudeïc 
émorodag. 


x£orov dnuaywyovpévovs 
oivo x«i diavouaic, dedosxws 
un n&guGmáog nüca» Tv TyE- 
povlay, Entol)v noonveyxev 
wo maga Ogdvrov tov 


carganov tio Aous- 
vlas yeyoapplyny Zv- 


"Hy de 6 vois wy yeyoauut- 
vow Ore 10 piv AÂeË a v- 


8) Plut. oj uiv &llos napapvldırovres odd? fjodovro, uòvos d? Eù- 
mévns 9néom, — Diod. Evuévns d? nv9óusvog naga TÜV xataoxonwy Tr 
énsBodgny rÀ» molsuiov. 

9) Besonders folgende worte sind bezeichnend: Toùs d$ Maxedovas 
xolaxevoyres Exxsyuuéres xci xatayoonyovrtss el; deinva xai Suoias oÀi- 
yov yoövov tò crpaténedor cowtias navgyvoitovoyc xaraywysor Enoinoar 
xa) dnuaywyosusvoy ini abodası ctgatnyay óylo, wonep iv 
dyuoxoaris. Genauer noch spricht Plutarch c. 14 hierüber: ‘0 iv 
yao Ievxioras iv ti Hegoidı Aaungws avrods éoncdocs xil, Hiermit ist 
noch Diod. XIX, 31, 4 zu vergleichen; dort sagt er vom Eumenes 
„nvayxdodn neo9ivas zw nij95", im gegensatz zu Antigonus „ö d' 
*Aytiyovos tovvavtioy ywois dyuaywyias Pefaiws Éywr mv jys- 
poviay. 


-4 


652 Zur zeit der Diadochen. 


Diod. XIX, 23, 1 ff. Polyaen IV, 8, 3. 


doeov rasdiov ’Odvpurnikc loss rodppaci, drhoë- 
magahkafovga xexopsotas cav ws OÀuumag & "Hzst- 
xoi ınv Muxedorlas flacis(av gov xateldovoa, tov vbòv 
xvolws, araigedévrog Kac- Uyovoa TOY "Arsbavdgon, 
cuvdoov. xvolws Muxsdorlag Eyes 
‘H dì imo) Z veloss ye [civ Baosdelay avasgetéirrog 19) 
youupévn yodpmacer Kacoardgov. 
antoralzo nag Ogorvrov 
Tov Ourganelav wey 
Eyovroc “Agpevlas, gl- 
Aou d’ ovroc Hevxtory. 


ne iD —————mb 


Zweitens giebt er vor geld zu brauchen (Diod. 24, 2 ngoce- 
mouj9" xonmurwy onavibesr; Plut. écxjyaro yonuatwy deicdas); 
was er damit erreicht, sagen Diodor und Plutarch in folgendem: 


Diod. 24, 3. Plut. 13. 
Außwv dè nep wy idoxe ovp - “Lore ouvéBn toy GALorgsov 
pega hyepovwy , FETQux0010 | mÀobroy adito puiaxatov 
tudavia 3 Tou modtegov dro - cwuatos Èyeuv. 


mtoug Oviuc Emifovdzvev 7 
xaradelypev miororuiove qu- 
daxag Foye toù oW p a- 
Toc xal Cuvaywrectag. 


Ein drittes mittel, das rasche vorgehen gegen Sibyrtius, be- 
richtet dagegen nur Diodor. Dass aber die soldaten stets den 
Eumenes als den einzigen tüchtigen feldherrn angesehen haben, wie 
sich dies bei einer krankheit desselben zeigte, berichten wieder 
übereinstimmend Diodor und Plutarch. ^ Diodor sagt ausdrücklich 
(24, 5), dass das heer in muthlosigkeit verfiel, weil Eumenes, der 
- fähigste feldherr, gerade krank war, als man die ankunft der 
feinde zu erwarten hatte; und nach Plutarch (14) ist die ansicht 
der Makedonen die, dass die andern feldherrn zwar prüchtige feste 
zu veranstalten und zu feiern verständen, zur leitung des heeres 
dagegen und zur kriegsführung nur Eumenes fähig sei In folge 
jener krankheit liess sich Eumenes in einer sänfte tragen. 


10) Die eingeklammerten worte sind von Wölfflin aus Diodor 
ergänzt, 








Zur zeit der Diadochen. 658 


Diod. 24, 6. Plut. 14. 
Aros dì pogelw xowibo- | Evpooeslw xomılomerog 
pero érmxoloudes 10ig où- %w rov Grouteuuarog dv 
eayovow, oxwS un dia tor nouyla dia Tag aygunvlag. 
Séovfov xai rj» Orevoywolar 
7t&QtvoyAetro. 


Bei den folgenden ereignissen scheint Plutarch zwei verschie- 
dene berichte vermischt zu haben. Nach Diodor (25) lagern die 
heere einander gegenüber, nur getrennt durch einen fluss, ohne 
dass es zur schlacht kommt. Als dann nach mehreren tagen Eu- 
menes erfährt, dass Antigonus nach Gabiene aufbrechen will, 
schickt er leute in dessen lager, die sich als überläufer ausgeben 
und berichten sollen, dass er einen nächtlichen überfall beabsich- 
tige. In folge dessen unterbleibt Antigonus aufbruch; Eumenes 
aber marschirt in derselben nacht ab nuch Gabiene. Als sich An- 
tigonus so überlistet sieht, verfolgt er seinen feind mit der reiterei 
und holt ihn ein, als er eben einen hügel hinabgezogen ist. Eu- 
menes glaubt das ganze feindliche heer hinter sich zu haben und 
macht halt. Unterdessen kommt der übrige theil von Antigonus 
heer nach, und die schlacht beginnt. Nach Plut. 14 dagegen er- 
scheint plötzlich auf dem marsche, als Eumenes noch krank ist, der 
feind auf einigen hügeln. Die truppen rufen nach Eumenes, wol- 
len ohne ihn nicht kämpfen. Eumenes erscheint rasch in der sänfte 
und ordnet alles an. Antigones, der die feinde gerade während 
Eumenes krankheit angreifen will, wagt jetzt, da er das heer der 
gegner durch Eumenes geordnet sieht, den kampf nicht, sondern 
zieht sich mit einem witzworte über Eumenes sünfte zurück und 
schlägt ein lager auf. Droysen (p. 260) vereinigt beide berichte, 
indem er den Plutarchs vor die gegenseitige überlistung der feld- 
herrn setzt. Hierbei ist nur eins bedenklich ; man vergleiche fol- 
gende stellen : 


Diod. 28, 7. Plut. 14. 
(Ayıtyovos) xaralaßwv du’ $- | Mixgóv dà ngoctÀSoUOw adroïs 
péog tv ovguylav Tüv no- (Eumenes heer) ägrw Aoyovg 
Asplov xaraßalvovoav r»vág vmeoßudlorres àE«e- 


ánó:wv»oc axQodoglag, puvnoay ob nolëuor xaza- 


644 Zur zeit der Diadochen. 


Aszormeog. Diese Mzome wird von Plutarch (c. 11) näher be- 
schrieben: Tov ywelov oîrov xoi (dmg xpFovoy xal alas xai 
allo undev Éyovrog Edwdınov nd? idvoua mods ro» oftov. 

Wäbrend so Eumenes eingeschlossen ist, wirft Antigonus die 
übrigen feldherrn der perdikkanischen partei zu boden; natürlich 
wird dieser feldzug von Plutarch und Nepos nicht erwähnt, da 
in demselben Eumenes keine rolle apielt So ist denn Diodor die 
einzige quelle; nur über Antigonus sieg hat Polyaen (IV, 6. 7) 
noch einiges. Bei beiden ist die situation im allgemeinen dieselbe; 
Antigonus überrascht die feinde, wendet sich beim beginn des 
kampfes nicht gegen Alketas, sondern gegen das noch ungeordnete 
fussvolk. Am schluss sagt Polyaen: ywgis uaync êvlxnce, während 
Diod. 45 zu lesen ist zgonng dé zavtedwc yevouérns. Es ist das 
gerade kein widerspruch, wie Wesseling meint. Das fussvolk des 
Alketas ist von vornherein in schrecken gesetzt (Diod. 45, 1 xa- 
tenınkaro tovg noAsulovg); so wird beim angriff des Antigonus 
unter den ungeordneten scharen der Perdikkaner eine Panik aus- 
gebrochen und, ohne dass es zum kampf kam, eine allgemeine 
flucht eingerissen sein. Natürlich bezieht sich das dvev wayne nur 
auf das fussvolk, nicht auf die reiterei, die ja nach Diodor wirk- 
lich zum kampfe kommt. 

Von Pisidien wendet sich die erzählung bei Diodor nach 
Europa, um Demades und Antipaters tod nebst Polysperchons nach- 
folge im reichsverweseramte zu berichten. Damit jedoch die unter- 
suchung bei Plutarchs Eumenes bleiben kann, will ich erst die 
ereignisse in Asien bis auf Eumenes tod zusammenhängend behan- 
deln und dann erst nach Europa übergeben. 

In Asien glaubt jetzt Antigonus nach Antipaters tode seine 
hochfliegenden plane ausführen zu können. 


Diod. 50, 2. Plut. 7. 


HegsBañlopervog dé Taïs Oùdèr Eu nıxoöv êlnilur, 
Bnloı nv vv OAwY Hye- | Aa tH yruuy tiv GAny ne- 
porta. osfaXidpevos fjytuovtar. 


Zu solchen unternehmungen glaubt er Eumenes gebrauchen 
zu können; deshalb lässt er ihm durch Hieronymus sagen, jeser 
solle ibm gíAog xai ouregyos (Plut. oder gíAog xoà cvppayos 








Zur zeit der Diadochen. 645 


(Diod.) sein. Nachdem er ihm hierauf einen eid abgenommen hat, 
schreibt Diodor sehr unbestimmt, hebt er die belagerung von Nora 
auf. Den inhalt des eides erfahren wir aus Plutarch; dieser 
scheint sogar den wortlaut vor sich gehabt zu haben (c. 12). 
Antigonus hatte im eide nur dyooıwosws Evexey die künige er- 
wähnt, im übrigen will er Eumenes auf seinen namen vereidigen 
lassen; Eumenes aber ändert dies dahin, dass er nicht nur mit 
Antigonus dieselben freunde und feinde haben will, sondern auch 
mit Olympias und den königen. Diese änderung wird dann von 
den ibn belagernden Makedonen gut geheissen. Damit hat er aber 
thatsächlich Antigonus hintergangen; dasselbe scheint auch Nepos 
(5, 1) anzudeuten: Simulata deditione, dum de condicionibus tractat, 
praefectis Antigoni imposuit. 

Nicht genau übereinstimmend dagegen wird die dauer der ein- 
schliessung angegeben; Plut. c. 12 ndn dè 175 molwgxíag yeovoy 
Aaußurovons; Diod. 53, 5 évauotou d° ovens tho rmodiogalas; 
Nep. 5, 7 tenuit se uno loco, quamdiu hiems fuit, quod castra sub 
dio habere non poterat. Auch die vorhergehenden worte: quoties 
cunque voluit, apparatum et munitiones Antigoni. alias incendit, 
alias disiecit, scheinen darauf hinzudeuten, als ob es in Eumenes 
macht gestanden habe, Nora zu verlassen, eine auffassung, die der 
diodorischen durchaus widerspricht. Sie widerspricht aber auch 
dem bei Nepus folgenden simulata deditione ; denn diese wire dann 
nicht nöthig gewesen. 

Das nächste, was Eumenes zu thun hat, ist das sammeln der 
im lande zersprengten truppen. 


Diod. 53, 6. Plut. 12. 


*AvaiopBovwy roùg mgoyeyovörag | Kai ovviiye tiv crparewrür 
pfhous xa) TOÙG xaTa THY Soo: diacmaptriss ano rc 
tu Qay wlavwwevous vv | puyns ÉmAaydytro xatà 
Ov»tOiQuIEtUXOTUY avib HQ0- THY yugar. 

76009. - | 


Bald hat er mehr als 2000 mann um sich, ungerechnet die 
500 von Nora (Diod. 55, 7); Plutarch nennt nur reiter als den 
wichtigsten truppentheil, und zwar 1000. Rasch eilt Eumenes mit 
diesen aus Kappadokien, denn er hat allen grund Antigonus zu 


646 Zur zeit der Diadochen. 


fürchten. (Plut. 12 am ende) Auf dieser flucht erhält er von 
Olympias und Polysperchon briefe, in derem inhalt Plutarch und 
Diodor zum theil wörtlich übereinstimmen. Mit recht führt Brück- 
ner die genaue kenntniss des inhalts der briefe auf einen schrift- 
steller zurück, der jenen angelegenheiten sehr nahe stand. Im 
allgemeinen hat Plutarch alles mehr zusammengezogen. 


Diod. 58, 1. Plut. 13. 





Evp£rns piv agn i)» ix 10% | Vevyovu de Evptru yocupara 
poovelou nenosmutrog Anoyw- xoultetas. 
oncir èxoplcato tas êm- 
Grolac. 





Dass Polysperchon einen brief au Eumenes abgesandt hat, ist 
von Diodor schon c. 57 bei besprechung der lage Makedoniens 
erwähnt; c. 58 wird der bericht darüber wieder aufgenommen und 


ce 


ergänzt. 
Diod. 58, 1. | Plut. 13. 


Or nevraxocsa piv rd- | Kat riv dv Kovivdors yogudsov 
Lavra didbacv avrò dweeay nEvIax0cıa pi» tahavta 
of Baclsic slg Exavdg- AaBeiy sic i5» tiv itur 
9 wosy wy yeyermpérur regi ExavogFwosy. 


airo» Hartapatwy. 


Ueber Olympias brief ist Nepos mit Diodor zu vergleichen. 


Diod. 58, 8. Nep. 6, 8. 

"HElov d° avıöv n ’Oivumıas | Ad hunc Olympias mater quae 
cuufovizssca: notEQoy fuerat, Alexandri, cum litteras 
avi doxei Ouppéigey eve et nuntios misisset, in Asiam 
avtiy iv’Hrelew xoi un m- consultum, uirum regnum re- 
Orevery TOig asi doxovas piv petitum in Macedoniam ve- 
Emspslnraïc elvas, 1) dà aAn- niret (nam tum in Epiro ha- 


Sela inv Bacılelav ele Éav- bitabat) et eas res occuparet, 
tovg pePsorwosy, 7) enavégys- buic ille primum swasit, ne 
oda. ‘O d’ Evuéyrn móc | se moveret et expectaret, quo- 
piv Olvunsada ragazerua ; ad Alexandri filius regnum 
ayseygdıps cvufovi:t wr | adipisceretur. _ 


Zur seit der Diadochen. 647 
Diod. 58, 3 Nep. 6, 3 


sara to nagov ever dv 
"Hatlow, pêyos av 6 no- 
Aeuos Aufn uva xelosy. 


Aus Diodors stelle erklärt sich auch das bei Nepos unge- 
wöhnliche uirum in der einfachen frage. Auch die worte (6, 3):* 
petit autem ab Eumene absente, ne pateretur Philippi domus ac 
familiae inimicissimos stirpem quoque interimere ferretque opem 
liberis Alexandri, lassen sich vergleichen mit Diodors (50, 2) deo- 
mens xai Asnagovons Bondeir roig Paosdevor xaè Éuvry xti. 
Was dagegen weiterhin (2. 4) bei Nepos steht, ist irrthümlich in 
den brief der Olympias gerathen; denn es gehört, wie klar aus 
Diodor und Plutarch hervorgeht, in den Polysperchons, Nepos 
schreibt nämlich: Id quo facilius faceret, se omnibus praefectis, qui 
in officio manebant, misisse litteras, ut ei parerent eiusque consilio 
uterentur. Es besagt dies dasselbe wie bei Diodor (58, 1): Æ#oze 
yedpuara améoredar of Baosieig moog tovs dv 17 Kılızia otga- 
ınyovs xoi Inoaveoprdaxac, Onwg ..... x«l tadda cvunpai 
wos noodvuws, ws av arrodedesyutro O1QaTHY® tic 0Àgg Aolag 
avroxgatogs. Während nun bei Plutarch dieser gegenstand an 
der richtigen stelle steht (c. 13 megi dé tovrwy xai "Ayuyéves 
zai TevidpQ ....... Eyeyocpecav), begeht er an einer andern 
stelle einen ähnlichen irrthum wie Nepos. Nach Plutarch nämlich 
schrieb Olympias an Eumenes, er möge kommen und den sohn 
Alexanders in seine obhut nehmen. Es ist aber dies der bis auf 
die worte übereinstimmende inhalt eines briefes Polysperchons an 
Olympias bei Diodor. 


Diod. 49, 4. Plut. 13. 


Oluumadda ... patentuneto, | Olvumadog piv zagoxa- 
' gagauxad@y my émuélssr Aovogg Adovıa ro Ale- 


zoù Ahszbavdoov vioÿ Eavdoov nasdlov naga- 
nasdog üvrog nagadaßeiv AaBety xai sofpt» we 
57, 2. änıßovAsvousvor‘ 


“Eyeawe dé xai ngóg Olvum- 
ada ..... ba my taylotny 
es Maxedorlay xaravınan. 


648 Zur zeit der Diadochen. 
Diod. 57, 2 Plut. 13 


xai raquiaBovou 10 Ade- 
Eavdoov naıdlov, imput- 
Assay avrov noiqrus.. 


Da aus der iibereinstimmung zwischen Nepos und Diodor klar 
ist, welchen inhalt Olympias brief an Eumenes gehabt hat, so muss 
Plutarch das versehen begangen haben, den brief, den Olympias 
von Polysperchon bekommt, mit dem, den sie an Eumenes ab- 
schickt, zu verwechseln, Denn dass Diodor und Plutarch dieselbe 
quelle vor sich gehabt haben, zeigt der wortlaut 6). 

Nach empfang dieser briefe ist Eumenes entschlossen alles 
für das königliche haus zu wagen; wenigstens berichten so über- 
einstimmend Diodor und Plutarch. 


Diod. 58, 4. Nep. 6, 5. 
AiélaBe Gouolew favi carte | His rebus Eumenes permotus 
xivduvov avadty:odas 176 ty satius duxit, si ita tulisset 
PaoskËéur owrnolas Evexu. fortuna, perire bene meritis 


referentem gratiam quam in- 
gratum vivere, 


Hierauf begiebt sich Eumenes auf Polysperchons anweisung 
zu den Argyraspiden. Bei Justin, der nichts von dieser correspon- 
denz hat, geschieht es aus andern motiven (XIV, 2, 6: Omnia 
igitur. circumspicienti optimum visum est ad Alexandri Magni Ar- 
gyraspidas decurrere). Da der epitomator die veränderungen in 
Europa und die verhandlungen mit Eumenes ausgelassen hat, geht 


6) Bei Droysen (p. 198 und 199) ist die sachlage ganz falsch 
dargestellt. Zunächst hat er die worte Plut. 13 yeduuara naga av 
tv Maxedovig nv. Aynyovov dedosxétwy adencv. fälschlich als besondere 
briefe neben denen Polysperchons und der Olympias verstanden. 
„Andere briefe aus Makedonien zeigten ihm, dass man dort vor An- 
tigonos in der grössten besorgniss sei“. Unter dédosxorwr kann nie- 
mand anders verstanden werden, als die nachher mit ui» und de im 
gleichen casus angefügten Olympias und Polysperchon. (Olvursddos 
pv — Holvontoyovsos dé). Zweitens schreibt Droysen: „Endlich bat 
sie ihn (Olympias den Eumenes), dass er den kleinen Alexander, der 
in Makedonien nicht sicher genug sei, ja dem man nach dem leben 
stehe, zu sich nach Asien nehmen und für seine erziehung sorgen 
möchte“. Hier ist in Plutarchs stelle das 2&49ovyı® übersehen ; nach 
Plutarch falscher auffassung soll Eumenes nach Europa kommen. 


Zur zeit der Diadschen. 649 


er mit der allgemeinen redensert optimum visum est zu den Ar- 
gyraspiden über. 

Eumenes aufnahme bei letzteren geschieht bei Dieder (59, 3) 
gılogpeorwc, bei Plutarch quiasJowzexc; man bewundert und be- 
neidet ibn zugleich. Um sich ver missgunst zu schützen, schlägt 
er einen doppelten weg cin. 

Zaunächst nimmt er die 500 talente nicht. 


Died. 60, 2. | Plut. 13. 
Oix Eguoe AgyesSas- py yae | Ta yosparn pn ieftiv wc ov- 
apocdeicdas. , && deoperos. 


Zweitens, um eine einheitliche leitung za ermöglichen, ehne 
dass dabei irgend einer sich etwas vergäbe — die übrigen feld- 
herrn weigern sich in Eumenes zeit zur beratbung zu kommen: 


Plat. 13. Pelyaen IV, 8, 2. 


Ovis ixelvor Baditesr Bow- | Badilesy int tv oxgrzv 


Aoufvev xoóg aëior. | «sro» xaroxvovriwr. 


schlägt er vor, eim zelt mit den waffen und kroninsignien Alexsa- 
ders zu errichten und dort sich über alle wichtigen augelegenbeiten 
zu berathen. Diesen rath giebt er angeblich in folge eines trau- 
mes. Dieser oder wenigstens die anordsungen zur errichtung des 
zeltes finden sich bei Plutarch, Diodor, Nepos und Polyaen mit 
vielen wörtlichen übereinstimmungen. Zunächst ist es bei Diodor 
und Plutarch die decidasporía, durch welche Eumenes die übrigen 
feldherrn bei dieser gelegenbeit sich diemsthar macht?) Ueber 
den traum selbst stehen sich ver allem Polysen und Diodor 
sehr nahe. 


Diod. 61. Poly. iV, 8, 2. Nep. 7, 2. 


Eÿdèç oùr xara-Mgosgexzurnoav oin principiis Alexandri 
cxevacdelons pe-' Maxedoves Tov| nomine tabernaculum 
yalongencts oxn-| ALEEavdgoy xail statuit in eoque sel- 


7) Plut. 3 innys duedarporiar; Diod. 61, 3 duc di xol rie werd 
tov Bacılia dusmdasuoviag lrvoyvetens. “ 


650 
Diod. 61 


yng 0 Te Fedvogc 
Ey wy zö dradnpu 
xal 10 0x7 migov 
êrédn xai 12 onda 
olg slwHes yojoFas, 
xai xespérne dayapag 
égovons wig àntOvov 
ix xiflantov Xevoov 
murteg oi nyeuôves 
10» te Aıßavwror 
x«i rà» Giiwy 
evwdWy ta nodv- 
tehéotata, xai F00ç- 
exvvovy we deov 
tov “Alé£ardgor, 
&xolovJug dé rov- 
toss Olpewy nol- 
Awy xt&utvov, ix«- 
Yılov ini rovrwYv oi 
706 7 yepovíag Éxovres 
xoi Guvedgevovtes 
éBovleïorr n) meg! 
ıWv ae xutEenesyor- 
TU». 


Zur zeit der Diadochen. 


Poly. IV, 8, 2 


cuvefovAevoar dx 10v 
Paoılıxay yonuartwv 
OXNYNY XATUOKEL- 
acas Bucsrexty, 
xai Fo0vov yov- 
Cour facdexdg xe- 
xoounwevoy * ini di 
10VIOV Ygvoouv oré- 
pavoy tyovra did- 
dy wa facdsxor, xai 
maga Tr 
omnia xal poor 
0OxüjzrQov xoi no 


toU Joovov zganeLur| 


zovo?» dni dì rav- 
ms foxyagtda xal 
dUfavwitda zavonv 
xai Aıßaywrov 

xai Fvusd para 
esdwdn ad pò» 
xai dipeovs de- 
yveove èv cj om, 
iy wy of navieg 
nyewoveg  BovAsd- 
Obvto weQi Tor 
xOWWdY TORY LAaTWY. 


Nep. 7, 2 


lam auream cum 
sceptro ac diademate 
iussit poni eoque 
omnes cotidie conve- 
nire, ut ibi de sum- 
mis rebus consilia 
caperentur. 


Plut. 13. 


Feovov| Tidérres ovre. cxn- 


»)» Bacılıxny xai 
9: 00vov Aiskivdonw 
xaraTegupsgpt£voy 
êxei GUVENOQEUOYTO 
Bouhevoperos neos 
70» peylorar. 


Nepos erzühlt dies nach Eumenes vereinigung mit den satrapen 


des ostens; auch Diodor erwühnt dasselbe dort noch einmal (XIX, 
15, 3). Für die nun folgenden ereignisse, Eumenes truppenwer- 
bung, versuche des Ptolemaeus und Antigonus, die Argyraspiden 
zum abfall von Eumenes zu bringen, des letzteren aufenthalt in 
Kilikien und Syrien, seine gefährliche lage am Tigris Seleukus 
gegenüber, ist Diodor einzige quelle; Plutarch tritt mit seiner er- 
zühlung erst wieder ein, als Eumenes bereits im osten ist. 

Der erste zusammenstoss des Eumenes mit Antigonus findet 
am Koprates statt, einem nebenfluss des Pasitigris (Plut, 14, Diod. 
XIX, 17 ff.) Ungenau verlegt Plutarch den kampf an den Pasi- 
tigris; im übrigen stimmen die angaben beider übereim. Nach 
Plutarch hat Eumenes allein die annäherung der feinde gemerkt; 
aber auch bei Diodor (XIX, 18, 4) ist beim kampf nur von Eu- 





Zur zeit der Diadochen. 651 


menes die rede 5). Wenn hierbei Plutarch von der aufstellung der 
verbündeten feldherrn den ausdruck zog a quadrrovtes braucht, so 
stimmt dies ebenfalla mit Diodor vollkommen überein, da jene, wie 
letzterer ausführlich berichtet, die ganze linie des Pasitigris be- 
setzt haben. Nach den angaben beider endlich kommt eine grosse 
menge von Antigonus soldaten im strome um, die zahl der gefan- 
genen ist bei beiden 4000. 

Den hierauf folgenden marsch des Antigonus nach Medien hat 
Plutarch natürlich nicht, da er Eumenes nicht speciell betrifft. 
Während des zieht Eumenes heer nach Persis, woselbst der satrap 
des landes, Peukestas, durch grossartige opferfeste die Makedonen 
für sich zu gewinnen sucht. Von diesen festen giebt Diodor eine 
ausführliche schilderung; aber auch Plutarch hat sie offenbar im 
auge bei der characterisirung der verbündeten satrapen, (c. 13) 
unter denen er Peukestas namentlich nennt °). 

Um seine stellung zu wahren, schlügt Eumenes wieder einen 
doppelten weg ein; den einen berichten Polyaen und Diodor, den 
zweiten Plutarch und Diodor. 


Diod. XIX, 23, 1 ff. Polyaen IV, 8, 3. 
Evptws èv ij Hegotds zov; 


“A dn Fewoiy Evuérnç xol ovi- 
oreazıWıag ogwy uno [lev- 


Moystopevos tov Ieuxéorny 


nodsreveodas mods 10 nÀáJoc 
tng CTournylac doeyope- 
vos (vergleiche die stelle bei 
Plutarch), ésicoaro yeudsis 
EmoroAac. 


xEorov dpuaywyovpévovo 
olyo xui diavopaîe, dedosxwe 
un REQLONACY nüca» THY TyE- 
pov(av, entohny moonveyxev 
wo maga Ogóvzov tov 


caroanov ns Agpe- 
vlag yeyoumuérny Zv- 


"Hy di 6 vous 1» yeyoaupt- 
vuv dts 16 piv Alesav- 


8) Plut. oj uiv &llos napapvidırovres oùdè fo9ovro, uóvoc di Hv- 
uévns $nécm. Diod. Kipévns dé nuSôuevos naga wy xcracxonow my 
inıBolnv vU» nodepiwr. 

9) Besonders folgende worte sind bezeichnend: Toùs dé Maxsdivas 
xolaxevorres Exxsyuuéros xai xatayoonyovrtss eic deinva xai Juocias öli- 
yov yodvov tò orgarönedov doewrias nargyvostovone xataywysoy Enoincav 
xa) dnuaywyodusvov ini aipéoss orgarnyav öylov, woneg iv 
dnnoxgaziass. Genauer noch spricht Plutarch c. 14 hierüber: ‘0 wer 
yao Hevxictas iv af Hegoids Anungws aùtods éondoas xtl, Hiermit ist 
noch Diod. XIX, 31, 4 zu vergleichen; dort sagt er vom Eumenes 
„yvayxdodn nec93vas v) ndjSes, im gegensatz zu Antigonus „ö d' 
’Arsiyovos tobvartior yogig dyuaywyias pspaing Eymv m nys- 
koviav. 


LT + 


652 Zur zeit der Diadochen. 


Diod. XIX, 23, 1 ff. Polyaen IV, 8, 3. 


dgov watdlov Olupnias loss yodmuacs, dgdoù- 
sacaiafovae xexouectas ca» ws Oluumas 2 Hnel- 
xai ınv Muxedovlas Bacılslav gov xateddovca, tov vid» 
xvolws, Graigedtvros Kac- äyovoa tov “AleEaydpooy, 
cardoov. xvolwe Muxedovlas Eyes 
‘H dè émoroln Suolo ye- [19 facidelar avaspedtrrog 19) 
yoapupuévn youppacy Kaccardoov. 
anéoraito naQ Ogovrov 
tov ocutoanelav pév 
Eyovroc “Agpevlac, gt- 
dov d° ovroc Mevxtory. 


———M ———— 


Zweitens giebt er vor geld zu brauchen (Diod. 24, 2 ngoce- 
moujJ" xonuarur cnav(Lus; Plut. doxnyaro zonuciwv deiodas); 
was er damit erreicht, sagen Diodor und Plutarch in folgendem: 


Diod. 24, 3. Plut. 13. 
Aafuv dì mag! wy idóxes ovp - | “Qore ovvéBy dv aAddrosor 
qíguv  ipemovuv rerQuxoore nAovrov aU: qUAaxa oU 
T&À&»IG, rOUQ nooregor bmo- Cœouurog Exesr. 


nrouç Ovrus éensBovlevery 7 
xatadelpev TIOTOTUIOVS pU- 
daxug Eoys tov GO pa- 
TOC xoi Ovyvaywvıorag. 


Ein drittes mittel, das rasche vorgehen gegen Sibyrtins, be- 
richtet dagegen nur Diodor. Dass aber die soldaten stets den 
Eumenes als den einzigen tüchtigen feldherrn angesehen haben, wie 
sich dies bei einer krankheit desselben zeigte, berichten wieder 
übereinstimmend Diodor und Plutarch. Diodor sagt ausdrücklich 
(24, 5), dass das heer in wuthlosigkeit verfiel, weil Eumenes, der 
‘ fühigste feldherr, gerade krank war, als man die ankunft der 
feinde zu erwarten hatte; und nach Plutarch (14) ist die ansicht 
der Makedonen die, dass die andern feldherrn zwar prächtige feste 
zu veranstalten und zu feiern verständen, zur leitung des leeres 
dagegen und zur kriegsführung nur Eumenes fähig sei. In folge 
jener krankheit liess sich Eumenes in einer sänfte tragen. 


10) Die eingeklammerten worte sind von Wölfflin aus Diodor 
erg 








Zur zeit der Diadochen. 658 


Diod. 24, 6. Plut. 14. 

Autos di gogeío xo pil ó- Evpogslw xopstopevog 
pevos exyxohovdes TOig où- %w  1oV Oorgureuuaros — Ey 
gayovoty , Onws un dia tòv Novgla dia 15 aygunvlas. 
Hooußov xai ijv drevoywelay 
magevogheito. 


Bei den folgenden ereignissen scheint Plutarch zwei verschie- 
dene berichte vermischt zu haben. Nach Diodor (25) lagern die 
heere einander gegeniiber, nur getrennt durch einen fluss, ohne 
dass es zur schlacht kommt. Als dann nach mehreren tagen Eu- 
menes erfährt, dass Antigonus nach Gabiene aufbrechen will, 
schickt er leute in dessen lager, die sich als überläufer ausgeben 
und berichten sollen, dass er einen nächtlichen überfall beabsich- 
tige. In folge dessen unterbleibt Antigonus aufbruch; Eumenes 
aber marschirt in derselben nacht ab nach Gabiene. Als sich An- 
tigonus so überlistet sieht, verfolgt er seinen feind mit der reiterei 
und holt ihn ein, als er eben einen hügel hinabgezogen ist. Eu- 
menes glaubt das ganze feindliche heer hinter sich zu haben und 
macht halt. Unterdessen kommt der übrige theil von Antigonus 
heer nach, und die schlacht beginnt. Nach Plut. 14 dagegen er- 
scheint plötzlich auf dem marsche, als Eumenes noch krank ist, der 
feind auf einigen hügeln. Die truppen rufen nach Eumenes, wol- 
len ohne ihn nicht kämpfen. Eumenes erscheint rasch in der sänfte 
und ordnet alles an. Antigones, der die feinde gerade während 
Eumenes krankheit angreifen will, wagt jetzt, da er das heer der 
gegner durch Eumenes geordnet sieht, den kampf nicht, sondern 
zieht sich mit einem witzworte über Eumenes sänfte zurück und 
schlägt ein lager auf. Droysen (p. 260) vereinigt beide berichte, 
indem er den Plutarchs vor die gegenseitige überlistung der feld- 
herrn setzt. Hierbei ist nur eins bedenklich ; man vergleiche fol- 
gende stellen: 


Diod. 28, 7. Plut. 14. 
(Avrtyovos) xa tadafwov cp n- | Mixedv dé negoceAdovosy avrois 
pop tv ovguyluy Wr no- (Eumenes heer) äprw Aogovg 
Asplum *arafalrovcar rovug vmegfaddortes EEe- 


amotivog axgoloplag, yuyncav ob nolépsos xata- 


654 Zur zeit der Diadochen. 


Diod. 26, 7. Plut. 14. 
into: taig Axpweelaig, pa- Batvovres zig tò nedlor. 


vEQOS ww 108g èvartlon. 


Der wortlaut beider stellen ist einander sehr ähnlich; der 
unterschied ist nur der, dass die ausdrücke, die Diodor von Eu- 
menes heer braucht, bei Plutarch auf das des Antigonus übertragen 
sind, ohne dass übrigens dadurch die situation wesentlich geändert 
wird. Es folgt aber dann bei Diodor eine schlacht, bei Plutarch 
dagegen eine anekdote. Dabei ist es sehr auffällig, dass Plutarch 
von jener schlacht gar nichts erwähnt. Durch irgend einen um-. 
stand verführt, muss Plutarch zwei berichte durcheinandergeworfen 
‘haben; vielleicht fand jene anekdote statt, wie Droysen meint, be- 
vor die heere einander gegenüber lagerten. Darauf deuten auch 
Plutarchs worte (c. 15) hin: "Ævÿye im» duvupur dalow xai xare- 
orgurontdevoev. Als aber Plutarch nach seinen excerpten die le- 
bensbeschreibung ausarbeitete, mag ihm der zusammenhang nicht 
mehr klar gewesen sein. 


Die schlacht berichtet ausführlich Diodor, Nepos in seiner 
weise kurz; aber in den thatsachen stimmen beide überein !!). 


Nach der schlacht, die unentschieden war, wendet Antigronus 
eine list an, um Eumenes zu zwingen, sich als geschlagen zu be- 
kennen; hierin stimmen Polyaen und Diodor wörtlich überein. 


Diod, XIX, 32. |. Poly. 6, 10. 


IIapaxaraoyWv tov naga | Evuéwe xiouxa wegi ve- 
thy rrodepulwv xorru zjgvxa | xov avasogtatoc Enepper… 
negi 196 TU» vExQwy d- | ni rocovtoy maquxatégge 
yargécews. TOY xMoevxa. 


Plutarch, der, wie schon gesagt, von der schlacht nichts be- 
richtet, erzäblt hierauf wieder von mangel an disciplin in Eumenes 
heer bei der wahl der winterquartiere; Nepos berichtet dasselbe, 
Diodor nur die folgen davon. 


11) Nep. 8, 1 Hic in Paraetacis cum Antigono conflizit, non acte 
instructa, sed in itinere, eumque male acceptum in Mediam hiematum 
coegit redire. 





Zur zeit der Diadochen. 655 


Plut, 15. 


Oi dé pixeòov dramveidarızg 
a$0:; ddnuaywyovrio, — xai 
roig Tjyeuoocw Evioupuvtes 
eytdov dAnv elg 1à. yamadın 
xateveluavio tiv lomo», 


Wore rovg éOydrovg tiv NEW | 


TWY &z00x]voUy ouobrs y 4 À (- 
ovs Gradlouc. 


Diod. XIX, 37, 1, 


"Ewyyavov d' ovtos 15» yspa- 
olay Eyovsss iv nolloig pé- 
0:04 Osebeuyuérmr. wor’ dv(ovc 
am GAdjlwy ünéyaur dor 
nwegwv EE. 

D d 


Nep. 8, 1. 


Ipse in finitima regione Persidis 
' hiematum copias divisit, non 


ut voluit, sed ut militum co- 
gebat voluntas. 
8, 3 


Hiberna sumpserunt non ad usum 


belli, sed ad ipsorum luxuriam 
longeque inter se discesserant. 


Polyaen. 6, 11. 


Evuérns mooxatehuBero vj» oddv 


Gros ctadlwv yrrlwy, 
diatutas tv duvanıy rav- 
Tuyoù. 

8, 4. 


Evutwns èv 1} Ilsgotdı 15v dv- 


yaw Ggnxe xarà xupuas 
gespacovcar. 


Diesen umstand sucht sich Antigonus zu nutzen zu machen; 
am ühnlichsten sind sich hierüber Diodor und Nepos. 


Diod. 37, 1. 


“Ayiyovos piv yeınalwv iy Ta- 
dapceyoss tj; Mndlaç, xai 
Fewewy zzv davıov dv- 
vary dodevectiguy ov- 


Nep. 8, 4. 


Hoc Antigonus cum comperisset 


intellegeretque se parem non 
esse paratis adversariis, sta- 
tuit aliquid sibi consilii novi 


Cay 176 ty modepiwmv, 
Fonsvdev oreinioıwg aœurois 
énvdéodos xai xatacreaty- 
nous. : > 


esse capiendum, 


Von den zwei wegen, die Antigonus einschlagen konnte, 
wäblte er den kürzeren, aber beschwerlicheren durch die wüste 
(Diod. Nep.), weil er so glaubte den feind unvermuthet überfallen 
zu können. Die beschreibung derselben ist bei allen schriftstellern 
dieselbe ??), 


12) Plut. 15 « disonaquévoss in »nécos; Diod. 37, 2 inınscovra 


656 Zur zeit der Diadochen, 


Auch Antipaters vorbereitungen und der marsch selbst sind 
in genau übereinstimmender weise geachildert. Zunächst die vor- 
bereitungen: 


Diod. 37, 3.  |Polyaen IV, 6, 11. Nep. 8, 7. 








Ad hanc rem confi- 
ciendam — imperavit 
quam plurimos utris 
atque etiam culleos 
comparari, post baec 
pabulum, — praeterea 
cibaria cocta dierum 
decem. 


Tavra dè dravondeic! Moocérake dn Qdwa- 
roig Wer oTQaTIW 1016! oJur wvolovg a- 
naonyysılcv Erofnens) Oxovg xui no 

' elvas moos dralsußım Tovroug Vdaros, xai 
xui Rugacxevucuo9as; Outla dexa He 
dex jmeguy a-| ewv népartas 
zvoa Gurlu. yew, xui xoudas 

toig Innos xal Yı- 
Adv avidexn. 











Wesseling bestreitet hier, dass &rvgos gekocht bezeichnen 
könne. Dass aber gekochte speisen mitgenommen werden sollten, 
geht aus der übereinstimmung zwischen Nepos und Polyaen hervor. 
Vielleicht wollte Diodor mit @rvoa ostéa nur speisen bezeichnen, 
bei denen kein feuer mehr angewendet werden muss, Ueber den 
marsch ferner: 


Diod. 37, 4. Polyaen 6, 11. 





Kara dì Tas Orgaronsdelug na- 
ouyyesde dijo muéoas pi» tà 
muoù xátiy, BIG dì vu- 
2xTOG xataoferuvas rtÀÉUG, 
Saws priv; ix THY pue- 
TEWQWY xatuvoncurres én- 
ayyellwos 10 yivdpevov Toig 
modeploss. 


0 dé dia tho dosxyzov pons 

(0 $y6 THY O:mpanüv, TH vuxtò 
(avec) xalesr ovx Èrs- 
roémov, Iva wn roig gpu 
dattovos tag Un wotlac 
xatadndoy yévquus. 


—— oe nn 


rois dia wy &yvosar diei uév os c; Plut. Gounos itaipync, Diod. 37, 
9 gra dougcs. Sein weg führt ibn bei Diodor da zus épnuou xci 
&vvdgov, aber es ist möglich did trading avyvsópoc Udy», Die 
wüste ferner ist mediadc, negisiyero di Uno Àlópov iyniav. Ganz dem 
entsprechend sagt Polyaen (6, 11): "Hr dé $ uiv ödos naga tas óno- 
gsíag" 30 dé xdrw nediov óualov, avudeor, doixytoy. Bei Plutarch 
ist der weg yaleny xai dv vdooc, Góvrouoc dt xai foaysia, das land 
ist doixntos. Nepos endlich (8, 4) drückt sich ganz ähnlich aus: 
Quarum (viarum) brevior per loca deserla, quae nemo incolebat propter 
aquae inopiam. 





Zar zeit, der Djadocher. 


Diod, 37, 5. |Polyaen 6, 11. 


dura pews 
weve? yué- 
eus ödomo- 
govons, oí pév 
6TQUTL0 T0 
dia te 10 wò- 
406 xai tds 
dvayxalas 
xestas Èx a oy 


mig ped 1- 


.péqav te xai 


vuxrwo E» Toig 
otgatoredeloss. 
‘O dn cundor- 
TEG TIVÈG TOY 
zoQa tiv 

Fonnor oi- 
ROVVT MY è 
wep pay TOUS 
anayyehovy- 
Ta 5 AVI WEQOV 
roig megì Ev- 
pen xai ITev- 
x€orny, dov- 
tes doouadas 
xamnAovg. 

Y 


*Enmovws de sgg | OAlyos dì avidiv "Epfahôres 
' mayetu doug 


VUXTOG yevopé- 
vno, 19 Q dvé- 
XOGUGOY, WOTE 
tjv gAoya l- 
dovreg où 70- 
Aéuuos curnxay. 


Plat. 15. 


sic yñv aolxy- 
TOY OUT nves- 
pata te dewa 
xaixgun peycha 
disdvpalvero thy 
mopelav Èvo- 
Xovptvov Tov 
otoatevpatos. 

"Hy ov avay- 
xa bo Pon deve 
zuoo mola 
xaítev. oder 
ovx Aude tovs 
nokeulous, care 
rv Baoßapwrv 
of ra PAE- 
movra nmoogc 
XL Golxnrov 
oQuvemope- 
vos Jaupi- 
Cartes TO TU 
RuoWv màÀn9og 
Ineuwar in- 
nuctolas xa- 
unkoss ay- 
yflovuc mods 
Tevxzforny. 


657 
Nep. 9, 1. 


di Dimidium fere 


spatium confe- 
cerant, cum ex 
fumo castrorum 
eius suspicio al- 
lata est ad Eu- 
menem hostem 


. appropinquare. 


Befremdend ist der schluss bei Polyaen an jener stelle: xa? 
ro sudíov Eußaworıwv noosfadéries xatd vj» ovgayíav, fou 
otc ty dorarwv Gnéxrewaer. Von einem solchen angriff ist nir- 
gends sonst die rede, er lüsst sich auch mit den übrigen nach- 
richten gar nicht vereinigen; und doch kann man nach der vor- 
hergehenden genauen übereinstimmung nicht an eine andere quelle 
denken. ° 
Eumenes muss nun zunächst seine bundesgenossen von der 


flucht zurückhalten. TN 


« Plut, 15. Nep. 9, 2. 


ın 


Diod. 38, 2. ,. 


Oagesiv wagexedevero!Evméyns dè tiv ta-!Nam quod diebus quin- 


Philologus. XXXVI. bd. 4. 42 


- 


\ SN Mar esborso pin 2t 


658  J.,. Zur zeit der Diadocken, en 


'Dio4, 38, 2. 
xol péveu tal rdv 
ögwv “ris "Egimon| 
ebonxéyas yao z00mov 
de’ ‘où moviges toy 
"Arstyovor VoTe00y 


Plot 15. .Nep. 9, 2. 





que - hostis transisse 
posset, se effecturum, 
ut non minus totidem 
dierum spatio retar- 
daretur. 


dari dgio «ai 1 10»| 
pofor, è Urogvov psevos 
émsorycew Tür -NO- 
def © 10 . Togo, 
(016 vosciv VOTE 








7m Egaes Tosoiv 
7 TÉTTaoGs age 


ysvecdas. 


eo». 





Hierauf seine list: 


Diod. 38, 3. | Plot. 19. 


HooçtruËëe axo-|A 
loudeïy ÉaviQ 
HOSTUÇ rove 
HYEMOvaC 

peta và» i- 
db wy orgauw- 
wy, Eyovrag 
i» Gyyeloss 
nheloos nve. 
"Exhatd pevog 


di rg pete w-| 


gov xweas 
zonov Eorgap- 
pévoy da) Tv 
Fonpov x xai 75006 
anv anode on- 
e" nmavrog0ev 
eigen, -onweia 
9£nevoc m2 Q1- 
fra Bey wc.ar 
Mádoui os 
ta oradlwy 
Meoupégeiave 
4uAov dì To- 
nous éxacrw 
*UY cuvaxodov: 
Jouriwy Guvé- 
3405s vuxzòs nie 
xaesy dıa- 
07ívrac Ws 








pn. P avrog 
Ennac a 

HEVOG pero 
Toy uw rj NYE 
póvo», xai 
10 zov» dE á-| 
HO TETOVKATU- 
part mois ödev- 
0vo, tv. Eonnov 
neoupaid- 

| £v 0 6 xol dia 
pegas , Ext 
deve znvoà 

70440, xg b- 
e» dy "d sa- 
ory Lao, Wg- 
zeQ OÙ OTQa- 
TOMEDEVOVTES. 











nwégass T 
noocdoxávras 
quyevecdas. 


TA — 


Polyaen 8, 4. 


Eöu£vns, ‘0000, 


roùg qyepò- 
vas Exehevoe 
YUXTWQ pera 
toy tdlwy 
abd wy, TUE 
dy dyyetous 
Èyovtac, ta 
petewoatne 
xoa xai 
&z0nrao negu- 
KRTEVORVIUG 
ent oradıu 
Eßdounxor- 
To, diava- 
oTavyrac an 
GMA oy. 000v 
BELG ELKO; 
047, PANY, bag 
mv xod OE" zo 
dè nva xal tiv 
TQUTNS wey 
gviaxipc da- 
win, deurté- 
gag dèËlar- 
FM, volıng 
dì mixed mav- 


ytd rap or, G- 


ore ınv pl- 


p nov Gane 





N 
s 
t 


| Nep. 9, a, 


Certos mittit ho- 


mines ad infimos 
montes qui ob- 
vii erant itineris 
adversariorum, 

hisque praecipit, 
üt ‚prima nocte, 
quam . latissime 
possint , ignis 
faciant quain 

maximos 'atque 
hos secunda vi- 
gilia minuant, 
lerlia | perexi- 
guos reddant et 
assimulata - ca- 
sirorum consue- 
tudine suspigio- 
nem iniciant ho- 
stibus, his locis 
esse castra, 








uis da "t rea a | MTS 
Zur zeit der Diadochen. MEM . 658 
Polysen 8, 4. Nep. 9, 3. 


‘ tte 


iod, 38, 3, | Plut. 15. 





M TTE - EE TQ a- 
peo, xai xara romedela 
pey Tür vo, w- noogsoszevas. 





tTyvqpuiaxnv 
7 piv. nds 
oliv, (c av 

_evenyogsran 
eu xai Joc | 
Ipognzlay xai | 
ELTWVOY ztapa- 

'Gxevalop£vo», 
ing dè d ev- 
téeas êlart- 
TW, ..xaù, L ns 
zolıns ano- 

Auneiv ya 

EL »t e © 6; 
wore doxeiv 


ala, roic ,&E ; | 








Gooey patos , 
Feweovdwy aAn- 


Fevyny C10a- 
romedelav. 


' "Antigonus glaubt in folge dessen, Eumenes habe seine absicht | 
schon längst gewusst «und deshalb sein heer zusammengezogen. 


>. v-Diod. 38, 6... e — Nep. 9, 5. 
Fholafévrec dè. ngodoolav. ys- | Credit. de suo adventu esse au- 
yernodas xol mgoaxmioórac 10 ditum et adversarios illuc suas 
péddov 1006 mohaulovg 19eoì- contraxisse copias. 
ota. e 


Da es ibm aber gefährlich schien, mit seinen ermüdeten trup- 
pen einem, wie er glaubte, schon lüngst versammelten heere ent- 
gegenzutreten, so ündert er seinen plan. 


Diod. 38, 6. Plut, 15. Nep. 9, 6. 


To Mer ” evdelag Haokyevos LUZ Gíyro- Mutat consilium, et 
HQOUYE4Y pina, pov did xwuwv xai quoniam imprudentes 
„eis debsà dé xAlvavızs| nodewy xo3J' ravglav] adoriri non posset, 


42" 


4 1 "Vega BIN 


666 — Zur zeit der Disdochen. a 


.. oF » 3 
Diod 38, 6. Plut. 15, Nep. 9, #8. 

xoozyov ig’ Éxdrega! dvaZapfavwy ro! flectit iter suum e 

pfon tic olxovpéfr»c| Oweciseua. illum anfractum los- 

xoonc,  fovióuervos giorem copiomse viae 

vj» Ouvausr ix zig capit ibique | diem 

xaxonadelag ava- | unum epperitur ad 

Aa Bei». lassitudinem sedendam 
militum ae reficienda 
iumenta. 


Unmittelbar vor der entscheidungsschlacht hat nach Plut. 16 
noch eine verschwörung gegen Eumenes stattgefunden; dieselbe 
wird ihm aber von Eudamus und Phaedimus verrathen, nieht so- 
wohl aus wohlwollen gegen ihn, als aus furcht, das ihm geliehene 
geld zu verlieren. Letzteres weist auf etwas hin, das in der ge- 
meinsamen quelle stand; wir haben keinen grund, nicht auch dies 
aus derselben abzuleiten. ° 

Vollkommen übereinstimmend ist hierauf die schilderung der 
Argyraspiden bei Diodor und Plutarch. Sie ermahnen Eümenes 
muthig zu sein und fordern den angriff. (Diod. 41, 3 zagaxe- 
Aevopos xai Bon; Plut. 16 mogaxaAovpsvog Jae»). 


Diod. 41, 1. Plut 16. 
Avsßonoer °Enìrodgna- Kai „rag noay of ngeafvraros 
tégac, Wxaxuixepahal, Toy neo OíAszmo» xai 
zous pata Oshinwov xai ‘Arta » door, DOME &TAqra 
MAsEd vÀdgov ta ola xAT- oAuwv Gnvrqros xai ATTUTEC 
ugyaaukvous; atc wer’ öAlyov elc Exeivo xg0v0v » Bohio’ 
Gyoyras xoi sy Baoihéwr xai wir épd ounxovıa Kg yt- 
TÙY meoyeyovorwy ay wywy yovorsg, vewrsgos dà où- 
ablove. Kai rag éruyxavoy . deùs ESqxovraerouc. diò 
xarà TOUTOY 107 xasgdv THY xai Toig m0) tov "Avsiyovov 
deyvgacniduv obysWraros Emmoviss iféwy Eni TOUS 
piv negi rd EEqxovta matéoagauapravere, o 

Ein, or à Gi wr ob xaxat xepadal, 


mielovs wer nei rà éf- 
doprxovta, nic dè xoi 
noeofvzepos, mavres OË Tale 
dunesolass xaè roig dwpass 
dvuadorato:. — — | | NM 


Ebense sind auch die hauptmomente der schlacht bei Plutarche 





Zur zeit der Diadochen, 661 


und Diodor dieselben, ‘Peukestas Hucht, die weguahme von Eu! 
menes gepäck, der, vollkommene sieg der Argyraspiden. Der 
boden, auf dem die schlacht stattfand, ist bei beiden mit Gluvofs 
angefüllt; die Argyraspiden tödten eine grosse zahl im handgemenge 
(Diod. 43, 1 zo)c uiv iv yesowy vouo drépIerouv; Plut. 
tay dì nâelorwr dv yegoi dsapPauotviwv). Auch Polyaen 
(IV, 6, 13) berichtet, dass die wegnahme des lagers die ursache 
zu Eumenes untergang war; auch bei ihm fallen 5000 von Anti- 
gonus soldaten im kampf gegen die Argyraspiden. Hier tritt nun 
endlich auch Justin wieder ein: XIV, 2, 6 berichtet er, dass sich 
Eumenes zu den Argyraspiden begab, 2. 7 enthält eine schilderung 
des stolzes derselben, 2. 8—11 eine rede des Eumenes in indirecter 
form, mit der er sich bei den Argyraspiden einschmeicheln will 
2. 12 der erfolg der rede. Der abschnitt schliesst mit den worten: 
Nihil in castris sine illo agi, nihil administrari sine sollertia il- 
lius poterat. Es ist dies dasselbe, was Plutarch (14) weiter aus- 
führt und mit den beispielen der schlacht am Koprates und der 
krankheit des Eumenes belegt, und was auch Nepos (7, 3) mit den 
worten cum tamen per eum unum gererentur omnia bezeichnet. 
Hierauf geht Justin sofort zur entscheidenden schlacht über: Ibi 
dum ducis imperia contemnunt, hostium virtute superantur. Diese 
nichtbeachtung der befehle muss man auf Peukestas beziehen; denn 
es ist wohl klar, wenn Peukestas, wie es Eumenes verlangte, 
krüftig mit seiner reiterei eingegriffen hütte, so würde der sieg 
für Eumenes ein entscheidender gewesen sein. In der ermahnung 
an seine truppen gedenkt Eumenes (3, 5) der auf seiten des Anti- 
gonus gefallenen 5000; endlich erwähnt Justin auch den verlust 
des gepückes. 

Uebereinstimmend ist bei allen schriftstellern der verlust des 
letzteren die ursache zu Eumenes fall. Nach Diod. 43, 6 ist nach 
der schlacht kriegsrath bei Eumenes; die übrigen satrapen rathen 
zum abzug, nur er fordert einen neuen kampf. Bei Justin ist vom 
kriegsrath nicht die rede, sondern nur von Eumenes aufforderung 
noch einmal das waffenglück zu versuchen. Die Argyraspiden ant- 
worten darauf, dass sie weder fliehen (der rath der andern sa- 
trapen) noch kämpfen würden (Eumenes rath). Diese antwort 
macht es wahrscheinlich, dass in Justins quelle dasselbe vorausging, 
was bei Diodor steht. 


662 Zur zeit der Diadochen. 


y a4 
zis? 0o Í5 bs | CO 


- Diod. 43,7. (5 ^ "Just 8, 7. 


vat. 25 "n bcc 3i 
Oi de Maxedoves ouder£gors Porro Argyraspides neque fugam 
. pagar , „vmaxovoeo}un, ts | se, temptaturos dicunt post 


dmooxevig av 7 wxvlag - damna patritnoniorutà et "post 
xài maga 10% rode loss ov- coniuges amissas, neque bellum 
tQ» Texvwv xoà yvvoixGw xoi gesturos contra liberos suos. 
noir Mrd avara (any 

Goo zov.. 


"Hierauf schicken die Argyraspiden zu Antigonus (Plut. 17. 
Diod. 43, 8; Just. 3, 11); die auslieferuug des Eumenes ist be- 
dingung für die zurückgabe der bagage bei Plutarch und Justin; 
die näheren umstände der auslieferung aber hat Diodor : nicht. 
Ausfübrlicher sind Plutarch und Justin. Bei letzterem zunächst 
wird berichtet, Eumenes habe fliehen wollen, als er den entschluss 
der Argyraspiden erfahren habe, letztere hätten ihn aber verher 
ergriffen. Plutarch hat in der biographie nichts davon; aber in 
der synkrisis c. 1 heisst es am ende: ‘O dè gevyew ev 700 
alyualwotaz un Ourndelc. Hierauf bittet Eumenes noch einmal 
zum heere reden zu dürfen. ' 


Plut. 17. Just. 4, 1. 





Vo 0 M4 R8 
lussus ab universis dicere facto 
, Sane "»y xaraorag xol TAG | . silentio laxatisque — vinculis 
geïoas d tepere yag mo- "prolátam, sicut, erat catenatus, 
telvas. 4 | manum ostendit.- 


Tevomdvng ài EL i 





Worauf vinculis laxatis geht, erfahren wir von Plutarch ; 
sie hatten ihm, die, bände auf, dem rücken zusammengebynden (d x o- 
oro&yavısg). In Eumenes rede begegnen wir bei beideg .im we- 
sentlichen denselben gedanken. Dem Plutarchischen ‚anrtızog ayo- 
pas, ux» rods .moAtuíoyc entspricht, bei Justin vos me ex victore 
gictum Siehe (4,,9)., Ferner der, kern seiner rede: , , . 


Plut. 17. Just, 4, 5. 

Unum oro, si’ propositorum An- 
xelvare. Jlavıwg xaxeı xz&- | -: tigoni in .meo capite summa 

YOJLEYOG duéregov Egyoy elut. consistit, inter vos me velitis 

Méupetar dè oùdèr. ‘Avrlyo- mori. Nam neque illiug . in- 


Y LE dà éviat Od me di GUTOY 


—— mme ms | 
t 
* 


‘Ha “ol. rs 1 








Zur zeit der Diadochen. 663 
Plut. 17." Just 4, 5, se 


voc’ vexgou | yao' Eùuévovs terest, quein admodum aut ubi 
deitas xoi où Lüvros. cadam. 


^ 
où 


* Und ferner: ‘ 


Ei dè geldeode TUV YE100)Y, 
aoxtoss Ty és n éréoa 


Avtsion moakas to Èoyor. 


Aut si ipsos pudet roganti vim 
adhibere, ferrum huc date, 





Endlich : 


Hoc si impetro , solvo vos iure 
iurando , quotiens vos sacra- 
mento mihi devovistis. 


Kai ruta’ modkavrag vuds 
apinue "iic à» êuoi dtxns ws 
avd gag Sowwrdtous xai di- 
XWOTÉTOUG ol TOY avıWv 
oreutnycy yevopvovc. 





Bei Plutarch c.‘ 18 halten Eumenes hierauf die Argyraspiden 

vor, das an seinem, des Chersonesiten tode wenig gelegen sei; 
wohl aber sei es schlimm, dass so viele soldaten Philipps und 
Alexanders, die er unzähligen kriegen ausgesetzt habe, nun der 
beute und ihrer weiber beraubt seien. Bei Justin äussern sie ähn- 
liches (3, 8), bevor sie zu Antigonus schicken ; hier wird ihm 
vorgeworfen, dass er die, welche nach so vielen kriegsjahren nach 
hause zurückkehren wollten, zu neuen kriegsdiensten und zu im- 
mensa bella gerufen habe. Es ist wohl möglich, dass bei einem 
von beiden die sache an die unrechte stelle gebracht ist. 
. Das ganze heer folgt hierauf dem zuge, als Eumenes zu An- 
tigonus gebracht wird, wie Justin (4, 16) berichtet; dem entspre- 
chend sagt Plutarch amelelp9n yaQ ovdets ly 1i orgatonéda. 
Die nächsten worte Justins et ne quid deesset pompae , elephanti 
quoque et auxilia orientalia subsecuntur finden ihre erklärung bei 
Plutarch (c. 18): ’Avılyovog dè deloag Tor öykov dx xovg x0a- 
ziorevovrag éléparrac èEtreuye xoi Aayyopdgous cuyrods -Mijdovc 
xai Iagduvalovs diaxgovocuevos to nos. Genau stimmen 
endlich noch beide in folgendem überein : | 


0" Plut, 18. (| 5o Just 4, 21. 


(Antigonus) Ef! 'aüzóg qi» | Eumenem’ vero vérecundia prioris 


664 Zur zeit der Diadochen. 





UU! Plut. 18. ^ "Just. 4, 21. 

-3deîv ody Óntutirs vò v Ei- amicitiae in conspectum suum 
mévn ded thy nooyeye- venire prohibitum assignari 
vauévnr osito» xoi ov- custodibus praecepit. 
nd era. 


Nach Polyaen in der oben angezogenen stelle (IV, 6, 13) 
antwortet Antigonus den ahgesandten der Argyraspiden, er werde 
ihnen das gepück mgoixa zurückgeben; dabei ist nur übersehen, 
dass Eumenes auslieferung bedingung war. Im übrigen gab ihnen 
Antigonus auch nach den sonstigen nachrichten alles zgoix« zurück. 
Nepos endlich bemerkt nur kurz: Invidia ducum, cum quibus erai, 
perfidiaque Macedonum veteranorum, cum superior proelio dicessisset, 
Antigono est deditus, cum exercitus ei ter ante separatis tempo- 
ribus iurasset se cum defensurum neque unquam deserturum (10, 2). 
Aehnlich sagt Eumenes bei Justin zu den soldaten: Quater inira 
hunc annum in mea verba iureiurando obstricti estis. (4 , 3); nur 
die zahl stimmt nicht. Weiterhin erzählt Nepos (10, 3): Atque 
hunc Antigonus, cum ei fuisset infestissimus, conservasset, si per 
suos esset licitum. Genauer ist hierin Plutarch (c. 18); Demetrius 
und Nearchus suchen Eumenes zu retten, aber alle andern waren 
dagegen. Auch bei Diodor ist Antigonus von den seinigen gewis- 
sermassen gezwungen den Eumenes zu tüdten. (44, 2: ‘Oow» di 
xal v)» v» Maxedovwv oou» Anapalınov ovcay ngóg ri» xar 
Evyévoug tiuweglav). Vom gefängniss aus ‚scheint Eumenes noch 
mit Antigonus in unterhandlung gestanden zu haben; Antigonus 
aber traut ihm nicht. Diodor deutet dies an (44, 2 où Alay d' 
ixtorevey avıov taicg ÉmayysMosc); deutlicher spricht dies Plutarch 
aus (postero xai Aoyovg xai vmocyéoes). Gleich ist bei Nepos 
und Plutarch Antigonus antwort auf die frage, wie man Eumenes 
bewachen solle: 


Plut. 18. Nep. 11, 7. 
JlvyvJovoutvov dè rv» nage | Itaque cum .... praefectus cu- 
Anpotwy TO GU, mg qu- stodum quaesivisset , quemad- 
A&tovow» , Ovtws, sime», we |. modum servari vellet, Ut 
li£gayto n Gg Akovıo. acerrimum, inquit, leonem aut 


ferocissimum elephantum. 





Zur zeit der Diadochen. ‘ 665 


. Ebenso stammt bei beiden das zwiegespräch zwischen Eumenes 
und seinem wächter Onomarchus aus derselben quelle: 


n Plut. 18. 


Atyergı dì tov Evpér TOU qu- 
Adocovrog avtdy 'OvoudQyov 
nv9toda:,  dijrrore Avttyo- 
vOG & Fev ardea xal nolé- 
psoy AaBwv vmoyelgsov ovre 
amoxtivvvoe Togéws oUTs 
eUyevaig ayplnos tov dé Ovo- 
magzou 906 Bow einóvroc, 
wc où wur, GAM éni Tz]; uá- 
ans ide noc Favaroy Eyew 
evFaQows, »Nai pa TOY Ala“, 
pavus tov Evuéyn, »xai TOTE 
elyov* &goü dé rove elc yeiouç 
BWFovrag GAN ovdevi xgelr- 
Tovs agogzurWr olda”. 


' — Nep. 11, 3. 


At Eumenes, cum diutius in 


vinclis esset, ait Onomarcho, 
penes quem summa imperii 
erat custodiae, se mirari, qua 
re iam tertium diem sic tene- 


" retur; non enim hoc convenire 


Antigoni prudentihe, ut sic 
deuteretur. victo; quia aut 
interfici aut missum fieri iu- 
beret. Hic cum ferocius Ono- 
marcho loqui videretur, Quid 
tu? inquit, animo si isto eras, 
cur non in proelio cecidisti 
potius > quam in potestatem 
inimici venires? — Huic Ku- 
menes Utinam quidem istud 
evenissit! sed eo non accidit, 
quod nunquam cum fortiore 
sum congressus. 


Es trügt diese erzühlung genau dasselbe geprüge wie jene 
unterredung vor Nora (Plut. 10); jedenfells ist letztere derselben 


quelle entnommen wie diese hier. 


Ueber den tod des Eumenes sind zu vergleichen: 


Plut. 19. 


"Exéleuoe adroò v)»  rQog7v 
apedet. 


und: 


Kai duo uè» nmegac ñ LC 
&cvroc OÙtW mQogíytro nQóc 
thy rsdevinv. Alyvidıov dé 
avabuyns yevouévns eic- 
neuyorıss Gvdowrnov ano- 
OpaTrovoıw OUTOV. 


————r—_———€—€& Pr————==—=me__—____—- 


Nep. 12, 3. 


Cotidianum victum removeri 
. jussit. 


Hic tamen non amplius quam 


triduum fame fatigatus, cum 
castra moveretur , — insciente 
Antigono iugulatus est a cu- 
stodibus, 


So ist also auch die todesart des Eumenes bei Nepos und 


666 ' 


Zur zeit der Diadochen. 


Plutarch dieselbe; denn’ dad inscienié ^ Aifigono bei Nepos kann 
nicht, „auffallen; „spricht, doch auch, Plutarch “RUES in, plural 


(elenfuwavrec). Die behandlung, der - leiche endlich: ;. 


Diod. 44, 2. 


did di thy ngoye- 


yevgmevny pu. 
Alay xavoag TO 
Cwua xxi xatadé- 
mevos &lg ayystov 1à 
darà mods. roc ol- 
xelovg § anéorevder. ; 
(Die ersten worte 
sind denen Plutarchs 
(c. 18) und. Justins 
(4, 20 gleich). 


e 


Plut. 19. 


dois ragadoèc 6 Ay- 
tlyovos ÉTÉTOEYE xav- 
Oar xai TA Aelyaya, 
Guydévrag elg aoyv- 
eur vdolay . xowilery, 


anodoFnodmeva ‘tH 
yuvasxi = xoà  Toiç 
nasolv. 


It III 


Nep. 1 3, 4. 


To dì owe 1085 pl- Antigonus autem Eu- 


menem mortuum pro- 
pinquis eius sepeliun- 
dum tradidit. Hi mi- 
litari honestoque fu- 
nere, comitante toto 
exercitu, humaverunt 
ossaque eius in Cap- 
padociam ad matrem 
atque uxorem liberos- 
que eius deportanda 
curarunt. 


~ 


Plutarch schliesst seine biographie damit, . dass. er erzählt, wie 
die Argyraspiden für ihren verrath später den gerechten, lohn durch 
Antigonus selbst erhielten. Auch dies ist, wie eine vergleichung 
mit Diodor (48, 3) zeigt, aus der quelle des letzteren entnommen. 

Es fragt sich nun, ob sich diese genaueren nachrichten über 
Eumenes ende bei Plutarch, Nepos und Justin auf Diodors quelle 
zurückführen lassen.. Es findet hier das ‚merkwürdige statt, dass 
Plutarch. das ganze genau: darstellt, ihm zur seite aber Justin und 
Nepos sich gewissermassen ablüsend sfehey.,. Justin, für den ersten 
theil bis zur überführung des. Eumenes in, Antigonus, lager, Nepos 
für das folgende. Justin bricht ganz plötzlich ab, ohne Eumenes 
tod zu berichten, wie das bei ihm oft vorkommt. Beide haben, 
wie sich gezeigt hat, ‚dieselbe quelle wie Plutarch benutzt. Bei 
Diodor kann es nun zunächst nicht auffallen, wenn er dergleichen 
einzelheiten übergeht, die den biographen mehr interessiren müssen. 
Betrachtet man weiterhin, in welcher weise die beiden hauptper- 
sonen, Eumenes und Antigonus, dargestellt werden, so findet man 
genau denselben standpunkt wie bei Diodor. Von Eumenes wird 
nichts ungünstiges berichtet; missfällig äussert sich Plutarch nur 
in, der. synkrisis, nicht. in der vita; andrerseits- wird auch Anti- 
gonus nichts tadelnswerthes nachgesagt. Hat.er doch den Eumenes 
am leben erhalten wollen, nur gezwungen giebt er ihn schliesslich 


M 1 . au 999 vf t 





Zur zeit der Diadochen, 667 


auf. Bei aller vorliebe für Eumenes ist aber bei Diodor Antigónüs 
stets als würdiger gegner, anerkannt. Ist aber Eumenes bei Diodor 
überall mit sichtlicher liebe behandelt, so ist nichts .natürlicher, als 
dass auch sein ende in Diodora, quelle ausführlich dargestellt ge- 
wesen ist. Ferner haben wir so oft bei Diodor, Plutarch pnd 
Nepos in bezug auf Eumenes die gemeinsame quelle nachgewiesen ; 
gs. muss sich daher bei der, genauen, übereinstimmung zwischen 
Plutarch und, Nepos, auch ohne dass Diodor ihnen zur seite steht, 
unwillkiirlich der gedanke aufdrüngen , dass dieselbe auch hier zu 
grunde liegt. Zur gewissheit wird diese vermuthung durch die 
übereinstimmung in einem ausdrucke. Plutarch erzählt, wie oben 
“angeführt ist, did rj» rooyeyevquevn». pilav babe Antigonus, es 
nicht vermocht , .Eumenes selbst zu sehen. Diodor, der hier alles, 
was bei Plutarch in drei capiteln erzählt ist, in wenige sätze zu- 
sammengedrängt ‚hat, bemerkt, dass Antigonus (44, 2), als er Eu- 
menes tod nicht mehr umgehen konnte, ihn habe ermorden Tassen ; 
dia dì v)» mooyeyevnuevnv qidlar, fährt er fort, xavanı ro capo 
xtÀ. So hat also Diodor aus dem in der quelle vorhergehenden, 
yon ihm, aber übergangenen, den ausdruck hinüber bewahrt und uns 
sq deutlich, sein verfahren gezeigt. ‚Noch wichtiger aber ist, dass 
hiermit . auch Justins darstellung sichtlich auf dieselbe quelle hin- 
weist; denn, bei demselben steht jene eben angezogene stelle Plu- 
tarchs mit. dem Diodorischen ausdrucke fast wörtlich ebenso. . 
car Ohne allen zweifel beruhen demnach auf Diodors quelle von 
Plutarchs, Eumenes folgende abschnitte : | 

. ©. 3, Eumenes in Babylon nach Alexanders. tode; sein ‘verbalten 
au Leonnatus und seine einsetzung als satrap durch 
Perdikkas. . 
C. 5-7, , Der krieg. in Kleinasien; ausgenommen "bleibe © bloss 


7 


2o 0. 000 NT P, 0S dt ss tenes 
“patita Povddperos | Bxéleve xol. xaracrépesy Te Ta Saha 


THY -Grayvwv Aapf d vovrag). Von. diesem abschnitt mag 
es, zweifelhaft bleiben; ist er aus einer andern quelle, 
go kehrt, Plutarch mit den worten ogujoug dè xt, 
‚Wieder zu dem dem traume vorhergehenden zurück. | 

C. 8.  Perdikkas tod und Eumenes , verurtheilung, bis zu den 
, Worten dmedety 9 dè 100 moÂéuou tov mods abró» 
"Aurlyovos peta *Ayrimarqou creamyos. 


. . 
ED teint « , 2r! A "D ' " 
» 


668 


Zur zeit der Diadochen. 


C. 10. Eumenes flucht nach Nora und seine unterhandlung da- 
selbst mit Antigonus.. , 

C. 11. Eumenes aufenthalt in Nora. 

C. 12. Eumenes, aus Nora befreit, sammelt die zersireuten 


truppen. 


C. 13. Die briefe aus Europa an Eumenes; seine aufnabme bei 
en Argyraspiden und seine mittel, um sich bei ihnen 
in ansebn zu erhalten. 
C. 14. Kampf am Pasitigris; Peukestas bewirthet das heer in 
Persis; Eumenes krankheit. 
C. 15. Antigonus zug durch die wiiste; strategem des Eumenes. 
C. 16. Die letzte schlacht; ausgenommen bleibt zunächst der 


erste theil, die verschwörung enthaltend. 

C. 17—18. Eumenes auslieferung und gefangenhaltung bei An- 
tigonus. 

C. 19. Eumenes tod und begrübniss. 

Von den übrig gebliebenen theilen können höchst wahrschein- 
lich derselben quelle zugewiesen werden cap. 4 und der anfang 
von cap. 16. Das erstere steht mit dem vorhergehenden und fol- 
genden in gutem zusammenhang, und vor allem dient es zur erklä- 
rung von Diod. XVIII, 33, 1 und 37, 1. Das letztere weist auf 
einen umstand zurück, der sicher der gemeinsamen quelle entnom- 
men ist. Ferner ist von dem vorhip ausgeschlossenen theile von 
cap. 8 jedenfalls mebreres aus der gemeinsamen quelle wenn sich 
auch der nachweis nicht führen lässt; so vor allem das, was von 
Eumenes aufenthalt in Sardes gesagt ist, wohl auch seine verhand- 
lungen mit den übrigen Perdikkanern. Von cap. 9 muss man den 
zweiten theil der übereinstimmung mit Polyaen wegen wohl auch 
der gemeinsamen quelle zuweisen; über den ersten theil wage ich 
keine bebauptung aufzustellen. Ueber den traum in cap. 6 endlich 
ist es ebenfalls schwer, eine bestimmte entscheidung zu treffen. 
Der umstand, dass der abschnitt sich so leicht herauslösen lässt, 
könnte für eine andere quelle sprechen. Auch erscheint Eumenes 
hier anders; denn sonst erfindet er wohl träume aus politischen 
rücksichten und handelt danach, als ob er an dieselben glaubt, hier 
dagegen wird er dargestellt, als gäbe er wirklich auf träume etwas. 
. Bei Nepos wurde die übereinstimmung mit Diodor und zuletzt 
besonders mit Plutarch, je mehr es dem ende zugiug, immer grösser, 


Zur zeit der Diadochen. , 669 


da er wie Plutarch zuletzt immer ausführlicher wird. Folgende 
abweichungen hatten sich herausgestellt: 


4) Leonnatus fasst den entschluss, Eumenes zu ermorden (2, 5). 


2) Nach Kraterus tod knüpft nach Nep. 4, 3 das fussvolk 
zuerst unterhandlungen an, nach Diodor dagegen gehen -dieselben 
von Eumenes aus. 


3) Nach Nep. 5, 7 dauert die belagerung in Nora nur einen 
winter hindurch, nach Diodor ein ganzes jahr. 


Dass ur. 1 keine wirkliche abweichung ist und nicht auf 
einer andern quelle zu beruhen braucht, ist am betreffenden orte 
bereits gezeigt; nr. 2 ist unbedeutend und mag auf einer nachläs- 
sigkeit des Nepos beruhen. Unbedingt bedenklich dagegen ist nr. 3. 
Die ganze stelle daselbst widerspricht der situation bei Diodor, sie 
widerspricht aber auch dem bei Nepos unmittelbar folgenden. 
Ausserdem geht vorher eine mit Plutarch und Diodor wörtlich 
übereinstimmende stelle, wie auch das folgende genau zu Diodor 
passt. Man muss also auch hier wohl die schuld auf Nepos schie- 
ben und nicht eine andere quelle voraussetzen. Man kann demnach 
den ganzen Nepotischen Eumenes von c. 2—12 nebst dem schlusse 
von 13 auf die gemeinsame quelle zurückführen. Wenn sich in 
den ersten capiteln weniger wörtliche anklänge finden, so ist die 
kürze der erzählung die ursache. Von cap. 1 gilt dasselbe wie 
von Plut. Eum. 1. | 


Viel grössere schwierigkeiten dagegen bietet Justin. Im 
letzten theile hatten sich mehrere stellen gefunden, die auf eine 
benutzung der Plutarchisch-Diodorischen quelle hinweisen. In buch 
XIV stimmte cap. 4 beinahe ganz mit Plutarch überein, und in 
3, 7 hatten wir eine berührung mit Diodor gefunden. Ausserdem 
waren es noch zwei stellen, die .auf die gemeinsame quelle hin- 
weisen konnten, XIII, 6, 13 und besonders XIII, 8, 5. Die ab- 
weichungen dagegen, die sich herausgestellt hatten, waren folgende: 

1) XIII, 6, 1—3 Ariarathes besiegung. 

2) XIII, 6, 7 das misslingen der doppelten brautwerbung des 

Perdikkas. 

3) XIII, 8, 6 über Eumenes kampf mit Kraterus. 

4) XIII, 8, 10 Pythons verurtheilung zum tode. 

5) XIV, 2, 4 Eumenes befreiung aus Nora durch Antipater. 


HET Sá ev 3 bon ‚an 


670 ., + . 4 . „Zurzeit, der Diadgchen, ,... 4. mu » … 


6) XIV, 3, 8 die schmähungen der hrs gegen Eu- 
("e mèileé am der ünféchten stelle. — ^7 C 

‘co Von diesen sind nr. 1, 4 und 5 derartig, dass sie, wie ge- 
zeigt ist, ‘nicht auf eine andere quelle, sondern auf den prenzen- 
losen leichtsinn Justins zurückzuführen sind. Nr. 6 stimmt“ mit 
Plutarch überein, wenn man die stelle nur nach Eumenes ergrei- 
fung setzt. Die abweichungen in nr. 2 und 3 endlich sind sich 
sehr ähnlich; an beiden stellen nämlich sieht man Justins sucht 
durch gegensätze zu glänzen. XIII, 6, 7: Dum duas eodem tem- 
pore uxores quaeri, neutram obtinuit. 8, 6: Et qui securum 
aggressuros se putabant, securis in itinere occursum est rs), Es 
ist daher sehr leicht möglich, dass Justin in seiner oberflächlichen 
weise excerpirend durch dergleichen bestrebungen verführt werden 
konnte die dinge falsch darzustellen. Bis jetzt also kann demnach 
von Justin gesagt werden, dass die wahrscheinlichkeit der benu- 
tzung der gemeinsamen quelle seinerseits gestiegen, an einzelnen 
stellen der gewissheit nahe ist, Mehr will ich bis jetzt noch nicht 
bewiesen haben. o ii. Lu u etes os ques 

13) Man vergleiche hierzu: I, 6, 15: acta ‚mpressione quos fu- 
giebant, fugere compellunt. ‚Ferner I, 7,13. Il, 2, 

a (Schluss folgt.) oc fie 5 


Berlin. Hermann Kallenberg. 


CV oe 


nn: ‘1. Bu Plutarch. 

Plut, mor. p. 244, 17 ff: ^ — u 
ig yüg dx rov avıou mov dvvarul 1 us nior: Cox Suygeiv 
xal nur nàdrrty xoi Sorry xai toto by wag’ Èy moiety 
ddr (mra, ovi xai q puoss ex tig avri vans míAoas wer 
obe mgoyóvovg nav avéoyey, sita ovreyeis avrois érévnée 
mods muréoas, Era TES sir alhous én’ allows arazu— 
nos x. T. A. 

Das cvéoyev ist durchaus unstatthaft; man lese ‘nur die ganze' seite 

im zusammenhange; aber auch schon so wird jeder’ anstossen. Es 

ist hier von einem avaysır eig pos (Plat. 521 C.) im gegensatz 

gegen das ovyyeiv, die pFoga,. den Hades oder Acheron und d Kokytos 
die rede. Es muss avn&e» gelesen werden. : | 
Hamburg. Heinrich Köstlin. 











ll JAHRESBERICHTE. 


1, “age 





* 
, "m e. + E 
< 1°, x x (| ty |4 


, 2c. b 0.2 $4 e. Qe . | 
30°. Die neueren arbeiten auf dem gebiete der 
^  homerischen syntax. 


Erster artikel; .Modi und coniunctionen. 
© . e (S. Philol XXIX, p. 120). ; — 


^ 1. Syntaktische -forschungen von .B. Belbrück und E. Win- 
disch.. I. Der, gebrauch des coniunotivs und. ‚optatiys im, sanskrit 
und griechischen vom B. Delbrück... Halle 1871, . , - 

2. L. Lange, der. homerische .gebrauch, der partikel | el 
I; Einleitung und e? mit dem: optativ. Il. alızen (dv), mit dem 
optativ. und ei ohne.verbum finitum. (In den abb. der phi ol, histor. 
classe der königl. sächs. gesellsch. der. wisgensgh. bd. VJ,,, abth. 4 
und 5). Leipzig 1872—3. : 

3. L. Länge, de formula. Homerica sì d’ ays, commentatio, 
Universitätsprogramm von Leipzig 1873. 

4. L. Polluge, de coniunctivi et futurk. usu Homericn. -Inau- 
guraldissertation. Breslau 1874. 

5. Praetorius, der homerische. gebrauch. von n.. Ge). in. frage- 
sätzen. Programm des königl. gymnasinms: zu Cassel 1873. . ,. 

6. Friedländer, beiträge zur kenntniss der homerischen gleich- 
nisse. Jahresberichte. des Friedrichs-gymnasiums -und der realgchule 
zu Berlin. 1870. 1871. 

7. E. H. Friedlánder , . de coniunctionis pre apud Homerum 
vi et usu. Inauguraldiséertation. Berlin :1860. 

8. B. Sernatinger, de particula ydo. M. IL Beilagen zu. den 
programmen des Grossh.. gymnasiums zu Rastatt, 1874. 1875. 

9, E. Pfudel,-beitrige zur syntax. der .causalsitze bei Homer, 
Programm der königl. ritterakademie zu Liegnitz 1871. 

10. H. Graef, de coniunctionis wg origine et usu. Jahres- 
bericht des städt, gymnasiums zu Memel 1874. 


672 Jahresberichte. 


Da sich die folgende berichterstattung an den jahresbericht 
von C. Hentze, dessen dritter und letzter artikel im Philol. bd. 
XXIX, p. 120 ff. (1870) erschien, anzuschliessen hat, so fällt 
mir im wesentlichen die aufgabe zu, über die fortschritte der ho- 
merischen syntax in den letzten sechs jahren zu berichten, wobei 
ich indessen gelegentlich auch ein paar ältere schriften, die früher 
nicht erwähnt sind, zur besprechung bringen werde, soweit diesel- 
ben gegenwärtig für den gegenstand noch von bedeutung sind. 
Es hat in dem bezeichneten zeitraume auf dem gebiete der homeri- 
schen syntax ein sehr reges leben geherrscht und zwar hauptsäch- 
lich in folge der neuen gesichtspunkte, welche die vergleichende 
sprachforschung und die historische betrachtungsweise eröffnet hat. 
Nachdem in dieser beziehung L. Lange durch seinen auf der Göt- 
' tinger philologenversammlung 1852 über ziel und methode der 
syntaktischen forschung gehaltenen vortrag die erste bedeutende 
anregung gegeben und dann B. Delbrück in seiner trefflichen ab- 
handlung : ablativ, localis, instrumental Berlin 1867 die casuslehre 
vergleichender betrachtung unterworfen, E. Windisch in Curtius 
stud. II, 201 ff. durch seine grundlegenden untersuchungen über 
den ursprung des relativpronomens in den indogermanischen spra- 
chen auch viele für die syntax bedeutsame ergebnisse gewonnen 
hatte, haben es die zwei zuletzt genannten in gemeinsamer arbeit 
unternommen, die lebre vom coniunctiv und optativ nach den grund- 
sätzen der vergleichenden grammatik zu behandeln, während L. 
Lange von dem gleichen standpunkte aus die anwendung éiner be- 
sonders wichtigen partikel durch alle fälle des gebrauches hindurch 
zu verfolgen begonnen hat. Beide arbeiten müssen als auf dem 
gebiete nicht bloss der homerischen, sondern der gesammtgriechi- 
schen syntax gradezu epochemachende bezeichnet werden und dür- 
fen fortan von keinem, der sich mit griechischer syntax wissen- 
schaftlich beschäftigt, vernachlässigt werden. Auch haben die vielen 
neuen und fruchtbaren gesichtspunkte, die sie eröffnen, schon in 
erfreulicher weise andere mehrfach zu ähnlichen untersuchungen 
angeregt. Da so die lehre von den modis und coniunctionen in 
den vordergrund des interesses getreten ist, wird man es natürlich 
finden, wenn ich in diesem ersten artikel zunächst die auf diesen 
theil der syntax bezüglichen arbeiten zur besprechung bringe. 

Die arbeit von Delbrück und Windisch zerfällt in eine ein- 

leitung p. 3—104 und eine beispielsammlung p. 107—256. Da 
von allen indogermanischen sprachen nur im sanskrit, zend und 
griechischen sich der ursprüngliche coniunctiv und optativ in ihrer 
alten getrenntheit erhalten haben und da zweitens das ursprüngliche 
verhältniss der modi zum tempusstamme nur an den sprachen ge- 
lernt werden kann, welche ausser den modis des praesens auch die 
des aoristes erhalten haben, dies aber wieder eben sauskrit, zend 
und griechisch sind, so folgt, dass bei einer untersuchung über in- 





—, 


Jahresberichte, 673 


dogermanische moduslehre die drei genannten sprachen zu grunde 
za legen sind. Aus persönlichen gründen beschränken sich die ver- 
fesser auf sanskrit und griechisch. Es ist daher dankenswerth, 
dass J. Jolly in seiner schrift: „Ein kapitel vergleichender syntax. 
Der eoniunetiv und optativ und die nebensätze im zend und altper- 
sischen in vergleich mit dem sanskrit und griechischen, München 
1872“ die vergleichung des zend in demselben sinne hinzugefügt 
hat. Wie im sanskrit auf die ältesten quellen, so haben sich die 
verfasser im griechischen auf die homerischen gedichte beschränkt, 
dafür aber auch hier vollständigkeit der benutzung beabsichtigt. 
Zunächst wird bei der frage nach den grundbegriffen der ebenso 
wichtige wie wahre grundsatz aufgestellt, dass man nicht etwa 
die einzelnen vorliegenden begriffe nebeneinanderstellen, die ver- 
wandten zu höberen begriffen sammeln und so allmählich zu dem 
umfangreichsten und inhaltslosesten begriffe, der dann an der spitze 
des logischen schematismus thronen würde, aufsteigen dürfe, son- 
dern den geschichtlichen ausgangspunkt der bedeutungsentwicklung, 
den begriff, aus dem die übrigen sich nicht, als ob sie in ihm 
eingekapselt gewesen wären, entwickeln, sondern an den sie sich 
nach dem gesetze der begriffsbildung anschliessen, die älteste 
bedeutung soll man suchen. Zu dem zwecke kann man bei den 
modis einen doppelten weg einschlagen. Man kann einerseits aus 
ihrem gebrauche in der literatur des sanskrit und griechischen er- 
mitteln, welches die älteste vorliegende sprachliche verwendung des 
eoniunctivs und optativs sei, und so ihren relativen grundbegriff 
feststellen, andrerseits kann man mit hülfe der etymologie den sinn 
erforschen, der bei der entstehung der formen sich mit ihnen ver- 
band und so zu ihrem absoluten grundbegriffe gelangen. Indem 
zunächst der erstere weg eingeschlagen wird, ergibt sich aus der 
unanfechtharen thatsache, dass der einfache satz älter ist als der 
zusammengesetzte, dass man als einziges operationsfeld für die auf- 
findung der grundbegriffe die gesammtheit der selbständigen sätze 
ansehn darf, und zwar wird hier der älteste gebrauch der modi 
unzweifelhaft in den aussagesätzen zur erscheinung kommen, da 
diese in gegensatz zu den fragesätzen den natürlichen und regel- 
mässigen ablauf der vorstellungen aufweisen. Da ferner die ver- 
neinenden aussagesätze nur eine besondere modification der beja- 
henden sind, so werden auch diese ausgeschlossen. Und da man 
endlich, wie treffend ausgeführt wird, erwarten darf, bei der ersten 
person singularis des verbs die relativ älteste bedeutung der modi 
zu finden, so ergibt eine genauere betrachtung der selbständigen 
positiven aussagesätze, welche das verb in der ersten person sin- 
gularis enthalten, dass der relative grundbegriff für den coniunctiv 
der wille, für den optativ der wunsch ist. Andrerseits werden 
auf etymologischem wege als die absoluten grundbegriffe für den 
coniunctiv der der dauernden handlung, für den optativ der des 


Philologus. XXXVI. bd. 4. 43 


674 Jahresberichte, 


strebens gefunden. Aber die grundbegriffe beider erleiden im 
laufe ibres sprachlichen daseins die mannigfaltigsten modificationen, 
vor allem durch die ausbildung des satzgefüges. Die sätze theilen 
die verfasser in aussage- und fragesätze, die ersteren wieder in 
hauptsätze, relative nebensätze und nebensätze mit coniunctionen. 
Nach einer lichtvollen erörterung über die begriffe des willens und 
des wunsches und ihren unterschied wird dann zu den hauptsätzen 
im coniunctive weitergegangen und die masse derselben nach dem 
intensitätsgrade der subjectiven erregung , welche im coniunctive 
liegt, eingetheilt in coniunctive des wollens und coniunctive der 
erwartung. In ersterer gruppe werden die sätze in positive und 
negative geschieden und innerhalb dieser unterabtheilung die drei 
personen getrennt behandelt, die erste auch noch nach dem nu- 
merus getheilt. Hübsch wird entwickelt, wie in den grundbegriff 
des coniunctivs, der sich in der ersten person singularis noch in 
seiner ursprünglichen reinheit zeigt, schon in der ersten person 
dualis und pluralis etwas ursprünglich nicht in dem modus liegendes 
durch einwirkung der umgebenden situation eindringen kann, näm- 
lich der sinn der indirecten aufforderung, während die zweite und 
dritte person zum ausdruck directer aufforderung dienen. Besonders 
lehrreich ist hierbei die erörterung über «7 und die negativen 
sätze, die in warnungs- und befürchtungssätze eingetheilt werden 
oder sich als blosse negative aufforderung charakterisiren (Jolly 
p. 33 will hier lieber bloss nach den personen abtheilen) In der 
zweiten gruppe, den coniunctiven der erwartung, die Jolly p. 36 
vielleicht noch besser allgemein als „abgeschwächte ceniunctive“ 
bezeichnet, werden für das griechische zuerst die reinen coniunctive, 
dann die mit x&v, endlich die mit &» behandelt, Gut wird erörtert, 
in folge welcher verschiedenen umstände solche abschwächung der 
ursprünglichen coniunctivbedeutung eintreten kann und eintritt. 
Ich glaube demnach, dass die verfasser sowohl den relativen grund- 
begriff wie die bedeutungsentwicklung des coniunctivs in diesen 
hauptzügen sprachgeschichtlich richtig dargestellt haben. 

Etwas zweifelhafter liegt die sache beim optativ. Während 
Delbrück und Windisch hier von dem grundbegritfe des wunsches 
ausgehn und hieraus die übrigen anwendungen dieses modus, also 
kurz gesagt die concessive und potentiale als abgeschwächte ab- 
leiten, ziebt es Lange p. 38. 62. 183 vor, bei der auffassung des 
optativs als des modus der einbildungskraft im allgemeinen zu be- 
harren und aus dieser die besonderen bedeutungen des wünschen- 
den, concessiven und potentialen optativs abzuleiten. Dennoch 
glaube ich, dass man mit Jolly p. 45 in dieser frage auf die seite 
von Delbrück und Windisch treten muss, nicht bloss weil die ety- 
mologie und der gebrauch der arischen sprachen für sie spricht, 
sondern auch, wie der referent im Phil. anz. VI, p. 11 sagt, aus 
dem sprachpsychologischen grunde, dass der wunsch etwas concre- 








Jahresberichte. 675 


teres, unmittelbarer zur lautlichen ausprägung drängendes ist als 
der begriff der einbildungskraft. Bei den nach ihrer auffassung 
abgeschwächten optativen weisen Delbrück und Windisch dann wie- 
der nach, durch welche umstände eine solche abschwächung veran- 
lasst wird. 

Es folgt die betrachtung der relativen nebensätze. Dabei 
wird mit anknüpfung an die specialuntersuchungen von Windisch 
davon ausgegangen, dass der pronominalstamm ja, oder wenigstens 
sein am meisten charakteristischer bestandtheil i einmal echt deikti- 
schen sinn gehabt, sehr früb, schon vor der völkertrennung, anapho- 
rische bedeutung angenommen, und dass sich aus dieser anaphori- 
schen bedeutung dann im sanskrit, zend und griechischen die relative 
entwickelt hat (etwas abweichende ansichten s. bei Jolly p. 120). 
Bei Homer nun wird 66, 7, é auch noch rein anaphorisch an der 
spitze von hauptsätzen gebraucht und neben ibm auch o, 7, zo zur 
einfübrung von relativen nebensätzen verwandt, ohne dass die 
hauptsätze mit ©, 7, zo von den relativsätzen immer durch ein 
äusserliches kennzeichen geschieden wären. Vielmehr ist der unter- 
schied zwischen solchen hauptsätzen und relativsätzen mehrfach 
bloss der, dass das in letzteren ausgesagte dem sprechenden und 
hörenden als untergeordnet erscheint. Eingetheilt werden 
nun die relativsätze (und alle nebensätze) nach dem logischen ge- 
sichtspunkte, dass die handlung des nebensatzes entweder das po- 
sterius oder das prius des hauptsatzes ist, in posteriorische und 
priorische (wofür Lange die benennungen subsecutive und ante- 
cessive vorzieht), eine eintheilung, die Jolly p. 66 verwirft, der 
aber Lange allerdings grammatischen wertb zuerkennt. Doch ist 
sie nicht ganz ohne bedenken, wie mir scheint, denn sie bringt 
ein der alten sprache fremdes, reinlogisches element hinein. We- 
nigstens zählt Polluge p. 3, während nach Delbrück und Windisch 
p. 101 die ältere sprache bedingung unter der kategorie des prius 
gedacht haben soll, bei Homer 111 oder mit den fällen in gleich- 
nissen 142 beispiele, wo der hypothetische relativsatz nachfolgt, 
während nach ihm derselbe nur in 26 fällen vorangeht und in 10 
zwischen theile des hauptsatzes tritt. Und jedenfalls ist mit recht 
zuerst von Jolly p. 66, dann auch von Lange p. 18, n. 5 und 
p. 113 darauf anfmerksam gemacht, dass dabei der fall der coin- 
cidenz übersehn ist. 

Es werden sodann zuerst die posteriorischen und weiter die 
priorischen relativsätze mit dem coniunctiv und optativ eingehender 
besprochen. Der raum verbietet mir, über diese partie eingehender 
zu berichten, aber auch sie bietet vielfache anregung und belehrung. 
Ein bedenken habe ich bei der deutung, die p. 51 zè hinter dem 
relativpronomen erhält, wonach es auch hier wie gewöhnlich in 
der späteren sprache verbindende kraft haben soll, indem daran er- 
innert wird, dass das relativpronomen ja ursprünglich demonstrative 


43 * 


676 Jahresberichte. 


bedeutung hatte, Denn mir scheint nicht bloss’ der epische gebrench 
des 3? im allgemeinen aus der „verbindenden“ kraft gar nicht er- 
klärt werden zu können, sondern auch eine besondere betrachtung 
des z? bei relativen pronominibus und adjectiven diese ansicht wicht 
zu ‚bestätigen. Für mich wenigstens sind die ausführungen Kví- 
cala’s in d. ztschr. f. östr. g. 1864, 393 ff. überzeugend gewesen, 
wonach zì, wie es ursprünglich zu dem indefiniten pronominal- 
stamme ka gehörte, so auch selbst ursprünglich indefinite bedeutung 
hatte (je nach umstünden: irgendwann, irgendwo, irgendwie) und 
auch ög te (0 ze) ‚anfänglich der irgend, welcher irgend bedeutete. 
Jedenfalls kann ein beispiel wie I° 287 nicht dazu dienen, die 
copulative kraft des 7? beim relativum zu erweisen. 

Im folgenden capitel kommt es zu einer erérterung der ne- 
bensätze mit coniunctionen, und zwar werden zuerst die vom rela- 
tivstamme abgeleiteten besprochen, also für Homer 6, Or, Ste, 
Onote, eure, els 0, tva, Ewe, ôpoa, pog. Der unterschied relativer 
und conjunctioneller verbindung im allgemeinen wird klar ausein- 
andergesetzt, dann die form der coniunctionen betrachtet, wobei sich 
ergibt, dass sie in casuelle und adverbielle bildungen zerfallen, und 
endlich wird im einzelnen 5, woran sich öz, Ore, Omore, EvtE und 
eis 0 „anschliessen , nebst wo auf den accusativ zurückgeführt, ce 
und O7wç auf den ablativ, fra, wenn auch mit einigem zweifel, 
nach Curtius auf den instrumentalis, während für Spga wnd fos 
nur festgehalten wird, dass sie auch vom stamme ja abzuleiten sind, 
aber ibre bildung als eine noch nicht sicher ermittelte bezeichnet 
wird. Daran schliesst sich eine eingehende erörterung der sätze, 
in denen diese coniunctionen auftreten. Es folgt die besprechung 
der sätze mit satzverbindenden partikeln anderer herkunft, wobei 
für Homer ei, Zwei und xofy in betracht kommen. Als grimdbe- 
deutung von ei als eines locativs vom stamme sca wird „am ge- 
nannten orte, zur genannten zeit, auf die genannte weise“ ange- 
geben. Hierauf und auf die behandlung der ei -sätze überhaupt 
komme ich unten zurück. Weiter werden die fragesätze erörtert, 
dann von der personen- und modusverschiebung gehandelt, wovon 
ich bei der beispielsammlung sprechen will, die bedeutung von xèy 
und à» beim coniunctiv und optativ wird untersucht, wobei frei- 
lich hier die gegebene definition, dass sie auf das eintreten der 
handlung hinweisen, nicht sonderlich befriedigt, und endlich wird 
im letzten capitel ein sehr interessanter zusammenfassender rück- 
blick auf die satzeintheilang geworfen und werden die wichtigsten 
übereinstimmungen, die sich zwischen sanskrit und griechisch er- 
geben haben, kurz zusammengestellt, wobei es die verfasser indes- 
sen nicht wagen, aus dieser übereinstimmung historische schlüsse 
zu ziehn, die geeignet wären, auf die successive lösung der einzel- 
sprachen von der indogermanischen grundsprache licht zu werfen. 

Ich habe den inhalt der einleitung im vorstehenden zum theil 


Jahresberichte, 677. 


nur andeuten können und muss jeden leser für weiteres auf des, 
werk selbst verweisen, dessen reicher inhalt sich eben in einem 
kurzen berichte nicht erschöpfen lässt. Ich wende mich nun zu 
einer betrachtung der beispielsammlung, soweit sie sich auf Homer 
bezieht, und zwar in der absicht, diese im einzelnen zu vervollstän- 
digen und zu berichtigen, nicht um an dem werke zu mäkeln, son- 
dera, wie ich glaube, im interesse der sache und in der überzeu- 
gung, dass es mit einiger vervollständigung und berichtigung die 
heste moduslehre der homerischen sprache sein wird, die wir haben. 
Bei dieser gelegenheit werden auch noch einige allgemeine fragen 
ihre erörterung finden. 

Eine abhandlung über den coniunctiv bei Homer muss eigent- 
lich mit einer genaueren untersuchung über das futurum verbunden 
sein. Denn es fällt ja die erste person des coniunctivs im ersten 
aoriste mit der ersten person des indicativs futuri formell meist 
zusammen und die kurzvocaligen formen des conj. aor. 1 im dual 
und in der ersten und zweiten person plur. act., sowie im medium 
die formen des singulars und die erste person pluralis sind äusser- 
lich von. den entsprechenden formen des futuri gewöhnlich nicht zu 
unterscheiden. Dazu kömmt, dass in der bedeutung das futurum 
und der „abgeschwächte“ coniunctiv sich zuweilen recht nahe kom- 
men. Jedenfalls bedürfen die fälle, wo formell sowohl ind, fut, 
wie coni aor, 1 müglich ist, sorgfältiger erwägung. Delbrück und 
Windisch haben dieselben ziemlich vernachlässigt, wie wir sehen wer- 
den. Ein versehn ist es wohl nur, wenn unter den beispielen für 
yoy mit eoniunctiv p. 118 Y 301 und p. 120 w 544 angeführt 
werden und somit das xeyoAwossas beider stellen als coniunctiv 
betrachtet wird. Wenn die verfasser p. 103 bemerken, dass der 
coniunctiv des wollens in positiven sätzen mit der ersten person 
singularis stets durch eine aufmunternde phrase wie s) d’ ays, @AN 
ays eingeleitet werde, so scheint mir doch sicher, dass wir in der 
ven Minen nicht erwähnten stelle 

W 71 Sante pe Stu taysora, mviac (dao neonow 
den eomiunctiv anzuerkennen haben. Ebenso geht X 418, welche 
stelle auch sie anführen, keine solche aufmunternde phrase, son- 
dera nur ein imperativ en Zu den von ihnen citirten stellen 
kommen noch a) mit GAY ye y 73 0 aye — einw, » 215 
did aye 0?) te yYonuar PERA x«i towuu xt. Ebenso wohl 
Y 352 Gav aye dj — mesojoouar, wo allerdings formell mög- 
lich ist, das futur anzunehmen, wie C. Hentze Philol. XXVII, 
p. 521 auch wirklich thut, aber s. © 126 ei d° Ay éy@y avtog 
7070010 708 tdwyar, wo man doch wohl ELQT} Cope nicht als 
futur wird fassen wollen; 3 ferner x 286 «42° aye — bxldoopas 
dè cawow, v 397 add’ ays — tevEw, v 344 BAN aye delkw. 
Jedenfalls mussten die verfasser, die p 217 el 0 aye di, xol 
opa aovpaadic GÀÀo w del£w den coniunctiv annehmen, dies auch 


678 Jahresberichte. 


y 344 thun und demnach die stelle anführen. Ueberhaupt aber 
scheint mir in einer mit add’ dye eingeleiteten aufforderung bei 
folgender erster person sing. wie plur. das futurum zu lahm und 
willensschwach, und da simmtliche stellen formell die annahme des 
coni. aor. zulassen, so halte ich diese annahme fiir die richtigere. 
Natiirlich kann aus dem coniunctiv ins futur übergegangen werden 
wie I 61 GAV ay’ &yWv — êfelrw xoi navra dilioua:, aber des- 
halb darf man nach aaa aye nicht das umgekehrte für möglich 
halten und z. b. & 126 "mui Co puoi als futur nehmen. Ebenso ur- 
theile ich b) bei den mit #2 d’ dye eingeleiteten sätzen, würde also 
auch in den von Delbrück und Windisch nicht angeführten stellen 
/ 579 d 9 ay éy av autos dixacw und A 524 el d dye roi 
xatavevcopas (wo sie p. 154 futurum annehmen) den coniunctiv 
erkennen, denn auch bei si d’ &ye können wir keine stelle bei- 
bringen, wo das folgende verb formell futur sein müsste und die 
lebhafte auffordrungsformel scheint ein solches nicht zu vertragen. 
Eine besondere bewandtniss hat es mit J 167 ei d dye, toùs ay 
dyov imóyopas, ol dè mO£c9ov, wo ich mit Lange ei d° aye 
p. 14 sq. zov; — Emöyonar als vorgeschobenen relativsatz nehme. 
Ebenso gehört nicht hieher 5 267 GA’ 19’, &yw dé x£ to‘ gaplımv 
play — doo, wo der aufforderung ein versprechen gegenüberge- 
stellt wird. Während so bei GAA’ aye und sì d’ aye der con- 
iunctiv formell überall möglich ist und der natur der einleitenden 
formel zu entsprechen scheint, gilt das gegentheil für ad’ 7706, 
nach dem wir formell sicheres futur in der ersten person sing. haben 
Y 22 = % 279, 2 462, x 79—80 und praesens _ mit futurbe- 
deutung y 359, so dass deshalb auch O 211 au gros piv vor 
yt vewscondeis vnoelkw, (D 372 0 mo — anonavoopar, X 
512 0 fjr — xaraghéSw, t 595 Gad’ pros — Mfouas das 
futur anzuerkennen ist. | 

Bei den beispielen für den coniunctiv des wollens mit der 
ersten person dualis und pluralis sind hinzuzusetzen B 440, 7’ 94, 
E 249, Z 70, 226, I 112, 625, K 70, 251, 344, A 469, N 
115, O 477, P 712, X 130, Y 239, 893, y 18, d 212—3, 
y 364—5, o 219, x 304, y 83, 254 und E 34, wo sich dieser 
coniunctiv einem fragesatze angeschlossen hat, ferner die stellen 
mit kurzvocaligem coni. aor. 1, A 528 (ivrouer), N 465 (èxa- 
puvopev), I 237 (éyeicouer), y 357 (caucoutv) und auch wohl 
x 423—4 (éovocouey — nelacoouer) und Z 230 (ésauelypouer), 
an welcher stelle die verfasser p. 154 zweifeln, ob sie futur oder 
coni. aor. annehmen sollen, ferner mit 4AÀ aye E 249, W 537, 
e 190 und mit kurzvocaligem coni. Y 258 (yevoope?’), È 393 
(roumcoued), n 348—9 (éovcoouer und ayelgouev, wonach auch 
3 34 éouocouer nach GAN aye als coniunctiv zu nehmen, dann 
mit GA’ ayers I 704, E 74, 370 und mit kurzvocaligem coni. 
E 469 (cauicopev), I 165 (dzgdvomev), u 344 (bé£ouer). Zwei- 





Jahresberichte. 679 


felhaft sind die mit @AA 7106 bei Homer vorkommenden beispiele 
mit der ersten person pluralis, denn hierbei ist zweierlei möglich. 
Entweder verspricht einer etwas im namen anderer, und dann muss 
das futur stehn, so © 35 [466] 422° 7705 noléuou piv apetoued 
— Bovinv d° ’Apyeloıs vrodnooued, oder es richtet einer an an- 
dere eine aufforderung wie u 291—3 (auch von D. und Windisch 
angeführt), und dann steht der coniunctiv. In letzterer weise möchte 
ich auch auffassen die von D. und Windisch nicht erwähnten stellen 
A 62 GA 7. uiv tav’ vmoslbouev addjdovow, 2 T1 GAY RT 
xiéyar uiv èacouev, I 701, È 171. 183 Gad’ 7. xeivov (0Qxov) 
pév Zacomıv und auch S 112, T 65 Aa a piv npoterizdas 
&doouev und z 147 &Ayiov, aA Eunno pur éacouer, zumal da 
nach add’ 7100 O 529— 31 œulagouer durch das parallele #ys(- 
copev als coniunctiv erwiesen wird, wie éxoouey d 212 durch das 
parallele wynowuea vs. 213. Für den übergang vom coniunctiv 
zum futurum, welchen Hentze Philol. XXVII, 519 richtig erklärt, 
sind belehrend die auch von D. und Windisch angeführten stellen y 
291—3 und 5 128—31 (wo freilich Savelsberg K. Z. XVI, 412, 
symb. philol. Bonnens. Il, 511 évjoouev mit gewalt d. bh. gegen 
form und sinn zum coniunctiv machen will) und » 13—5 cf. H 
30, 291. Den umgekehrten fall haben wir 244 140—4, wo nach 
GAA’ Tros das ueragoaooueoa als futur zu betrachten ist und 
dann mit vu» 0° aye die auffordernden coniunctive folgen. Für 
die zweite person des auffordernden coniunctivs findet sich bei 
Homer kein beispiel, auch nicht für die dritte, denn 61 «A 
aye di xai doveds axwang fiuettooso yeuceras nehmen einige doch 
wohl mit unrecht den coniunctiv an cf. Hentze l. c. p. 521. Bei 
den negativen sätzen wären hinzuzusetzen bei der ersten person 
sg. o 90 (unabhängige befürchtung) d» [475] (unabhängige war- 
nung), bei der ersten person dualis und plur. 9 53 (unabhängige 
warnung) x 382 (unabhängige befürchtung), bei der zweiten und 
dritten person E 233—6, o 91, # 381, 7 146, w 136 (unabhän- 
gige befürchtung), P 95, T 24—7, X 106, 8 101, z 143, 9 324, 
w 133 (abhängige befürchtung), © 95, W428, wo dniyoeas doch 
schwerlich futur ist, und o 334 (unabhängige warnung) E 412—3, 
K 511, N 293, = 90, 130, O 164, I1 81—2, o 448 (abhän- 
gige warnung). Formell ist möglich das futur anzunehmen X 65, 
Æ 310, P 93 und in der auch von D. und W. angeführten stelle 
z 121, die hier schwanken, doch gibt es keine zweifellose stelle 
für das futurum, höchstens kann man aus formellen gründen ge- 
neigter sein, das veueoyoeru der beiden letzten stellen als futur 
zu betrachten, da veusojoouoe sonst nur als futur vorkommt, als 
aoriste sonst nur der active und passive. Etwas anderes ist es, 
wenn 7 in negativer betheuerung mit dem indicativ steht K 330, 
O 41—2. Zu den beispielen negativer aufforderung dürfte zu 
fügen sein O 115 un viv pos veseonoet’, wo ich nicht mit Seiler 


680 Jahresberichte, 


futur annehmen möchte. Dagegen halte ich K 238 önacosuı ent- 
schieden für futurum (vgl. auch das vorhergehende algnasnı) , Sa- 
velsberg KZ. XVI, 411 allerdiags für coni. aor. 

Bei dem coniunctiv der erwartung ist p. 124, Z 479 und 
für die erste person wahrscheinlich 8 222 hinzuzufügen, wo ich 
xevw und xzege(Ew als coniunctive nehme, an die sich das futur 
duow schliesst, und p. 127 fehlt d 391. Bei den coniunetiven 
mit ay p. 128 ist mir doch höchst wahrscheinlich, dass Aogoooseus 
6 221, welches die verfasser als coni. aoristi betrachten, futurum ist, 
vrgl. X 50, 67. Wie man über die von den verfassern auch nicht 
erwähnte stelle 3 484 zo xab x€ (G. Hermann té) us evyeras 
avo zu urtheilen hat, ist zweifelhaft, ich halte den coniunctiv hier 
für undenkbar und schreibe mit G. Hermann si. 

Bei den relativsätzen mit reinem coniunctiv sind hinzuzusetzen 
1592, N 63—4, I] 387—8, Ui 761, y 320, d 165, 357, 3 524, 
£ 139, o 137, v 188, y 234—5. Auch Z 208 wird wohl bes- 
ser Auyınaywvraı, als mit den meisten handschriften der indicativ 
gelesen. Kurzvocaliger coniunctiv ist mit sicherheit anzunehmen 
B 233, wo der sinn den indicativ verbietet, sowie E 747 — 

a [101] und e 249, wo das futur unpassend wire. Ein unerklär- 
licher fall, den die verfasser nicht erwähnen, ist [7 [689—990] óc 
ze xoi &lxuoy avdou poBet xoi apelheto vlxnv | Öndims, or & 
avtog énorguyyos uayeodas Liest man so, so ist der coniunctiv 
nicht zu verstehn, liest man ore, so scheint das folgende d’ un- 
möglich und der sinn bedenklich. Uebrigens fehlen die verse in 
den besten handschriften und scheinen aus P 177—8 entlehnt, wo 
aber zozguvsı uayéoacdas steht. Bei den relativsätzen im con- 
iunctive mit xèv fehlen © 354, 408, 419 [422], 465, £ 190, 
O 148, 2 176, a 389, È 192—8, o 281, 345, e 270, z 322—3. 
Auch B 391 ov dé x iy» anavevde payne dOéAovra yoyou 
parvo: Cen xt, nehme ich coniunctiv an, dagegen wird x 433 
zov], futur sein. Für dieses mit xà im relativsatze vergleiche 
man B 229, K 44, 282, W 675 und 4 175, I 155, 297 of ze 
— siurfcovar, wo freilich Savelsberg KZ. XVI, 409 zuuncovos als 
coniunctiv betrachtet. Recht hat dieser damit dass M 227 oùc 
xev — dnWowos mehr handschriftliche gewähr hat als der indi- 
cativ, dagegen gewiss nicht, wenn er H 298 Ovoovrus als con- 
iunctiv betrachtet , schwerlich auch damit, dass 2 209 xolvovzas 
coniunctiv sei. — Zu den relativsätzen im coniunctiv mit ay setze 
ich hinzu O 348, wo yvoyjow doch ebensogut coniunctiv sein wird 
wie in der von den verfassery p. 147 angeführten stelle Q 10, 
ferner z 332 und w 81—2 7:9 ay VE | va maou yhagugiy 
l9vyeze, wo doch wohl kurzvocaliger coniunctiv anzunehmen ist. 

Bei den nebensätzen mit coniunctionen kommen als weitere 
beispiele zu fra: I' 2532, 1 512, £ 273—4, P 445, y [78], übri- 
gens aus a 95 fälschlich hieher gekommen, y 361, s [91} x 425, 








Jabresberichte. . 681 


4 168 ued zu va un T 348, e 490.  Kurzvocaligen coniunctiv 
haben wir ® 314 und wohl auch 4/ 207.  Zweifelhaft bleibt, 
was von H [353] fra ‘un Gé£ouer woe (Aristarch fy dv un) zu 
balten ist; die stelle ist überhaupt bedenklich und sehwer verständ- 
lich. — Zu ögyeo „damit“ kommen als beispiele mit reinem con- 
iunctiv E 360, Z 150, 361, H 79—80, © 191, 406 [420], 
I 257—8, 423, A 839, N 381, Z 52—3, T 102, Y 185, 213, 
D 487, X 56, W 737, 2 658, 6 173, 239, 289—90, à 214, 
y 51—2, E 45—7, o 15, 81, z 236, o 469, o 43, 352, 419, 
z 98, v 292, 336—7, g 112, 179—80, 218 [276], w 258. Ob 
bei öpe« „damit“ in den von den verfassern auch nicht erwähnten 
stellen 4 147, 444, Z 308—9, © 9, 96, Z 172, P 452, T 70, 
y 419, à 670, t 220, 255, z 26, y 482, wy 172 das futur oder, 
wozu man geneigter sein wird, der kurzvocalige coniunctiv des 
aorists anzunehmen ist, weiss ich nicht sicher zu entscheiden, da 
auch der indicativ futuri bei der partikel in dieser bedeutung sicher 
steht, cf, © 110—1, 17 242—3 öyoa xoi “Extwo | elosını, d 163 
Opox — vnodnoens, 0 6—7 ogea ue urine | operas. Savels- 
berg freilich KZ. XVI, 408 nimmt txoP7joeas und Polluge p. 20 
eloerus und Gwetor ohne weiteres als coniunctiv. — Bei ogga 
mit 4v im sinne von „bis“ ist wohl hinzuzusetzen y 377, da so- 
vn0oaos hier kurzvocaliger coniunctiv sein wird. Wenn ferner die 
verfasser an mehreren stellen über die bedeutung von ogea in 
zweifel bleiben, so Z 258, 2 431 wo «è, und Y 24, wo ay 
dabei steht, (damit oder bis ?), so hat man sich wohl in allen drei 
fallen für „bis“ zu entscheiden, in dem ersten schon wegen des 
folgenden satzes mit wg, auch in dem zweiten scheint „damit“ un- 
natürlich und auch in dem dritten möchte ich „bis“ vorziehen. 
Ebensowenig ist wohl an die bedeutung „damit“ zu denken A 82, 
T 191, $ 304 bei D. und Windisch p. 160. Endlich glaube ich kaum, 
dass die vielbesprochene stelle 4 133 7 2I&eıg, Opo avrog Eypc 
Yéous, avido tu avıwg | 7590, devduevov von den verfassern 
mit recht unter 6pga „so lange als, während“ gestellt ist, (so 
Voss, Axt, Bäumlein), sondern nehme es lieber mit Classen, Ameis 
u. a. für „damit“. Am bedenklichsten scheint mir die von Bekker 
und Nägelsbach vertretene dritte erklärung, wonach es direct von 
édélesgç abhängen soll und dann wechsel der construction einge- 
treten sei. — Zu wg (final) mit reinem coniunctiv kommen hinzu 
T 166, Z 357—8 und we ui © [468], zu dic mit dem con- 
iunetiv und ay 4 339 (denn dodoceras ist hier doch wohl für 
den coniunctiv zu halten), zu wg mit dem coniunctiv und xà H 
334—5 und auch wohl 8 168, 7 223, wo formell auch annahme 
des futurs möglich ist. Zu di; ze mit dem coniunctiv in gleich- 
nissen füge man hinzu M 278 (v. |. nfarovo). Erwünscht wäre 
auch die erwähnung von O 381—2 gewesen, wo manche, wie 
Nügelsbach, xaraßrjostas bei wg ze als futur betrachten, andre 


682 Jahresberichte, 


wohl richtiger als coniunctiv des aorists. In einigen fällen , wo 
nach wc re das praesens steht, wird ebenso wie bei wc Ore sichere 
entscheidung schwer sein, ob man den’ indicativ, was das sicherste 
sein wird, oder kurzvocaligen coniunctiv anzunehmen bat, da letz- 
terer auch für das praesens an einigen stellen bei Homer sicher 
steht, wie M 42 crofperas nach ws d° 0r ay, doch gehe ich 
hierauf nicht näher ein. Erwähnt musste aber bei den verglei- 
chungssätzen werden / 481 xuf ue qíAgo, wg ti te mamme OY 
maida panoy als der einzige fall, wo wc ef mit dem coniunctiv 
steht. — Bei ws wie (auf einen in aussicht genommenen fall be- 
zogen) feblen p. 162 B 139, M 75, O 294, » 179. — Zu 
0rxws mit reinem coniunctiv füge man hinzu K 225, P 713—4, 
y 117. Dagegen steht der indicativ futuri 7 251 podtev, onwc 
— GAsEjoec (wo freilich Polluge p. 22 die form als coniunctiv 
nimmt), a 57 onws — ineo (nach Ameis coniunctiv), » 376 
poubev, omuc prnorngdsy — ysigas ignotus (nach Savelsberg KZ. 
XVI, 408. 412 und Ameis coniunctiv), v 39 ózwc di uynorngour 
— veigag épi ow (nach Savelsberg und Ameis coniunctiv) und » 23 
neounollwv, onnwç di prnotieow — zeigag Eypros (wo Savels- 
berg, Ameis und Polluge p. 20 das égnos wie auch v 386 nach 
ónxóre als optativ nehmen). Zora: nach orwc findet sich 4 14, 
A 98, 61, Y 116, o 274. — Bei önws mit xè kann anwoeaı 
a 270 futur sein cf. P 144 œoabeo viv, onnwg xe — cauceg, 
wo freilich Polluge p. 22 wieder einen coniunctiv erkennt, Bäum- 
lein oawons schreibt. Uebrigens verstehe ich nicht, wie die ver- 
fasser p. 158 ZI 681 für Oxwxwc xe mit dem coniunctiv anführen, 
denn cows, wie sie selber lesen, ist doch optativ. — Zu &we 
bis , mit dem coniunctiv und xi» p. 153 füge man 2 183. — 
Zu ore mit reinem coniunctiv kommen die stellen 4 259—760, 
E 91, H 365, ® 199, X 74—5, £183. Ebenso ist wohl kurz- 
vocaliger coniunctiv des aorist, und nicht futur, anzunehmen in den 
auch nicht erwähnten stellen A 80, 4 131, P 728. Bei oze mit 
xév und dem coniunctive bleibt zweifelhaft Y 335 Gre xev ovufAg- 
ce, wo man gewöhnlich futur annimmt, während La Roche die 
form für einen coniunctiv erklärt. Richtiger wird hier wohl mit 
Dindorf und Savelsberg KZ. XVI, 455 ovußAneuı geschrieben cf. 
Bineıoı 0 472, wo auch Pâñoeræ als v. |. auftritt, Auch w 
88—9 ore xév mor ümog9uufvov Baosdîos | Cwvrurral te véos 
xai Enevrvvorras Gex ist wohl erstere form als coniunctiv zu 
betrachten und êmeyrüywvras zu schreiben. — Zu ore mit dem 
coniunctiv und dev fige man A 519, H 335, © [420], [475]. 
Zu onote mit dem reinen coniunctiv kommt A 163—4, N 271, 
O 359 (wo Savelsberg noe als coniunctiv nimmt, aber die besten 
quellen haben how) II 245, T 201—2, o 520, v 196. Dagegen 
ist N 817—8 denon wohl futurum. Kurzvocaligen coniunctiv 
haben wir 7 646—7. Bei ózzó:e xev n [282] ist wohl nicht mit 











Jahresberichte. | 683 


mehreren handschriften Dyce, das Savelsberg wieder als coniunctiv 
nimmt, sondern 970,7 zu lesen. Zu ózórs mit dem coniunctiv und 
av kómmt ® 375— 6, + A89— 90 und vielleicht auch d 341 als 
kurzvocaliger coniunctiv. a 41 ómzór &v 6n0n vertheidigt Kay- 
ser disput. crit. p. 13 die variante 7f%0e als futur, während Ameis 
zu 0 265 price lesen, aber als coniunctiv nehmen will. Das pa- 
rallele éueloerus entscheidet jedenfalls für den coniunctiv. Zu eig 
ö xev mit dem coniunctiv p. 160 kommen H 395—6, ® 128, 
x 443—4 (wo das folgende éAsicFowr wohl kaum mit Bekker 
zu halten, sondern in den coniunctiv zu ändern ist) und mit kurz- 
vocaligem coniunctiv I’ 409, 7 46 und 133 — 4, w 132 — 3 
(denn futurum ist hier nicht wohl anzunehmen). 9 318, wo man 
früher mit den meisten handschriften sig 0 xe — ünodwoe las, 
das G. Hermann als futur vertheidigte, Savelsberg für den con- 
iunctiv in anspruch nimmt, liest man seit Bekker und Nitzsch nach 
Herodian &Gnod@ow. Ausserdem steht eig ore xc» mit dem con- 
iunctiv 8 99—100 = 7 144—5, w 134—5. 

Zu ws ore in gleichnissen p. 161—2 kömmt wohl noch Z 
601 mit kurzvocaligem coniunctiv, denn die annahme einiger, se 
onostas sei futur, hat grosse bedenken, desgleichen ¢ 232, und 
M 41—2 mit à» und dem coniunctiv, denn org£yeras ist als kurz- 
vocaliger coniunctiv zu fassen. Dagegen steht wo dre mit av und 
dem indicativ x 410 — 2 anakoluthisch, wo Bekker? aus con- 
iectur oxalgwosy schreibt. ' 

Zu ei mit reinem coniunctiv füge man K 346. Wenn unter 
den beispielen hier p. 171 € 470 sq. angeführt wird, st ue wedeln 
(als coniunctiv richtiger us975), so hat Lange p. 83 den optativ 
medeln als richtige lesart hinlänglich sichergestellt. — Zu at xcv 
(Delbrück und Windisch schreiben mit Bekker? sù xc») mit dem 
coniunctiv kommen noch 4 207, E 279, Z 94, 96, 275, 309, 
H 118, © 471, N 743, X 110—1, T 71, W 413, d 391, 0 60, 
t 147, 9 314—5, x 167, w 137, und mit kurzvocaligem con- 
iunctiv B 83, zu eV xev (el — xiv) A 580, © 553—4, 567, 
X 111—4, £[313], 7 75. Aunahme des futuri ist möglich B 258, 
O 297, y 216, denn dasselbe steht wirklich bei et xev (al xev), 
E 212, O 213—5, P 557—8, e 417 und o 524, wo freilich 
Savelsberg zsAsvrzot wieder als coniunctiv nimmt. — Zu sì à 
&» mit dem coniunctiv kömmt Z 273, ®© 556—8, zu 7 I 429, 
692, T 32 und mit kurzvocaligem coniunctiv H 39, e 120, zu 
Engel mit kurzvocaligem coniunctiv A 478, zu émsí wit x&v und 
dem coniunctiv 4 191 — 2, 206 — 7, H 246, X 258 und mit 
kurzvocaligem coniunetiv des aor. 1 7 409, £ 237, zu x 2 
155, 717, y 45, È 262, » 202. 

Bei den fragesätzen fehlt unter den bestätigungsfragen O 202 
zovde œpéow Asi uv3ov, bei den doppelfragen mit 7 — 7 7H 
243—5 und w 405, wo nur das zweite glied den coniunctiv hat. 


684 Jabresberichte. 


Formell ist auch annabme des futurs müglieh X 175 — 6, aber 
nach dem sinne der coniunctiv vorzuziebn. Bei 7 xe — 7 xe mit 
dem coniunctiv fehlt © 532—3. Annahme des futuri ist möglich 
® 226, a 268 und dies ist sicher Y 311 (dovooens — êgoes, 
welche formen freilich Polluge p. 29 als coniunctive nimmt) x 
238—9, und x 260—1 gedoas 7 (codd. et) xe» vau» Ad —| 
aextoes, 7é tw’ addov Gpurrogu mequnelew, wo àgxéos, das Sa- 
velsberg wieder als coniunctiv nimmt, nach form und sinn nur 
futur sein kann, während weounof&w nach dem sinne coniunctiv 
sein muss. Ebenso halte ich c 265 zo ovx old’ et (v. L 7) xtv 
p! avéos Seog 7 xev GAww, wo die verfasser p. 174 finden, dass 
Savelsberg sehr wahrscheinlich mache, dass Gross coniunetiv aoristi 
sei, während La Roche mit Thiersch &v&n vermuthet, im ersten 
glied das futur nach dem sinne für ebenso nothwendig, wie ich 
im zweiten den coniunctiv natürlich finde. Bei den verdeutlichungs- 
fragen würde ich hinzusetzen A 838 zí défouey, wo das futur 
nicht passend scheint, Z 192 &llou Ó' ov tev oîda, tev Gv xÀvzd 
tevgea Ovw, A 365 shy tor zavıa Idvln mavı’ ayopevw; p 450 
tl tos tade uvdodoyevw; und die stellen, wo formell das futur 
möglich ist, aber der sinn den coniunetiv verlangt + 14 z£ newroey 
tos Èrmerra, ti d° voranor xataltiw;s n 70 mug yàp di) tov Esivov 
&ywv ünodtkoun olxp; — Endlich mag zum coniunctiv noch 
bemerkt werden, dass zwei fälle, wo in einem mit ömözegog ein- 
geleiteten satze der coniunctiv der erwartung steht, erwähnung ver- 
dient hätten, nämlich reiner coniunctiv 

E 33 oùx dv dij Towas piv idcasy xal "Ayasovs 

poaovag9”, óxmorfoows mamo Zeus xvdoc 00éEn, 
und coniunctiv mit xèy 

X 130 drm 1040010 

eldouev, Önmorlow xsv 'OAvunios xüdoc det. 

Ich komme zum optativ. Hier ist streitig, ob Delbrück und 
Windisch p. 79 für Homer mit recht den gebrauch des optativs 
in eine ältere und jüngere abtheilung scheiden, indem sie letzterer 
den optativ der erzählten rede zuweisen, der erst in der zeit des 
einzellebens der griechischen sprache aus dem coniunctiv oder in- 
dicativ entstanden sei, und ob sie weiter p. 82 mit recht für Homer 
behaupten , dass die wahl des modus im zusammenhange stehe mit 
dem tempus des hauptsatzes, so dass, wenn dies ein tempus prae- 
sens sei, der modus der directen rede bleibe, dass dagegen, wenn 
das verb des hauptsatzes ein historisches tempus sei, bei coniuncti- 
vischen nebensätzen der coniunctiv uur bleibe, wenn die hand- 
lung des abhängigen satzes eine deutliche beziehung zur gegenwart 
habe, aber durch den optativ vertreten werde, wenn die neben- 
handlung ebenso wie die haupthandlung in der vergangenheit ge- 
dacht werden solle, Dem gegenüber scheint mir Lange p. 87 sq. 
mit recht zu bemerken, dass allerdings der optativ der erzählten 


Jahresberichte. 685 


rede dem sanskrit fremd sei und die Griechen diese consequenz des 
optativgebrauchs selbständig gezogen hätten, aber deshalb dürfe 
man nicht sagen, dass ihr optativ der erzählten rede ,, aus einem 
anderen modus entstanden“ sei. Vielmehr sei dieser gebrauch eine 
natürliche consequenz der grundbedeutung des optativs und stehe 
derselbe überall kraft eigenen rechts. Allerdings stehe die wahl 
des modus im zusammenhang mit dem tempus im hauptsatze, aber 
doch nur in der regel, und diese regel habe ihren grund in der 
thatsache, dass meistens von vergangenen absichten, erwartungen, 
wahrnehmungen oder ungewissheiten die rede sei, es komme doch 
aber auch vor, dass der coniunctiv nach einem tempus der vergan- 
genheit und der optativ nach einem tempus der gegenwart oder 
zukunft gebraucht werde. Ich glaube, dass man hierin Lange 
recht geben muss, ohne dass man indessen seine oben erwähnte an- 
sicht von der grundbedeutung des optativs zu theilen braucht. 
Denn auch wenn wir mit Delbrück und Windisch von der ursprüng- 
lichen bedeutung des wunsches ausgehn, können wir doch annelımen, 
dass sich diese bedeutung abgeschwächt und verallgemeinert habe, 
so dass er auch da verwandt wurde, wo das subjective begehren 
ganz zurücktrat, und etwas bloss überhaupt eingebildet oder in der 
phantasie vorgestellt wurde. Jch werde im folgenden die beispiele 
des optativs, wo man mit D. und Windisch modusverschiebung an- 
nehmen könnte (sie haben diese, wie sie ausdrücklich erklären, nicht 
vollständig zu sammeln beabsichtigt), zugleich mit den übrigen 
nachtragen. 

Unter dem wünschenden optativ p. 190 sq. setze man hinzu 
Z 107, 2 246, w 436, 461, bei uj mit dem optativ füge man 
zu Z 59 auch 57, ausserdem A [705], ® 329, n 16—7, À 613, 
6 79, 147, v 82. Uebrigens hat Lange p. 123 sq. mit recht 
darauf aufmerksam gemacht, dass nicht alle beispiele mit un und 
dem optativ einfach zu den wünschenden zu stellen sind, sondern 
hier zu scheiden ist, ob wir befürchtungs- oder fallsetzungs- oder . 
finalsätze mit un haben, und dass z. b. d 685, n 316 als analoga 
der coniunctivischen befürchtungs- und warnungs-(drohungs-)sätze 
aufzufassen sind. — Der wünschende optativ mit wc, das indessen 
schwerlich dazu dient ‚einen wunsch an die gegebene situation an- 
zuknüpfen“, ist vielleicht auch o 243 und q 201 anzunehmen cf. 
Lange p. 38. Bei at yuQ setze man hinzu g 132—6, v 169, 
bei elie 8 33—4, bei den optativen des allgemeinen verbots oder 
gebots 8 232, bei dem concessiven optativ E 685, 2 178, x 386. 
Wenn übrigens die verfasser p. 200 sechs stellen mit x&v als bei- 
spiele für den concessiven optativ anführen, so ist dies insofern 
wohl nicht zu billigen, weil sie p. 27 die concession unmittelbar 
auf den wunsch zurückführen, dieser aber kein xiv verträgt (denn 
Z 281 wird mit Bekker? statt xè dé zu lesen sein). Vielmehr 
wird hier eine allgemeine annabme bezeichnet und sind die stellen 


686 Jahresberichte. 


unter die futurischen optative zu stellen, wie am deutlichsten X 253 
zeigt, wo die verfasser selber den einen der beiden optative als 
gemilderte futurische aussage fassen. 

Bei dem futurischen optative p. 200 sq. setze man hinzu (die 
von den verfassern an anderem orte, besonders bei den bedingungs- 
sätzen erwähnten stellen zähle ich nicht mit auf) die stellen mit 
av A232 — B 242, T66, Z 129, 141, © 210, 451, 1372—3, 
M 69, N 324, £ 335, P 711, Y 134, 2 437, 439, 566, y 232, 
o 513, x 85, 400, 0 138—9, 187, v 322, 392, und mit xi» B 
176, F 41, 53, 4 318, H 41—-2, 125, 456, © 24—6, I 267, 
[416], N 238, Æ 108, 336, P 506, 629—30, T 415, Y 367, 
Q 56, 222, 418, 566—7, « 390, B 74, 86, 145, 334—6, 
y 117, d 547, 637, 753, e 34, n 212—3, 3 176—7, 195, 
& 133—5, » 147, E 403, 406 [504], o 435, 537, x 106, 153, 
e 137, o 360, v 211—2, 316, y 78, 489, y 184. Savelsberg 
KZ. 16, 413 sq. nimmt auch P 515 za dé xev Ji navın pe- 
Ago für den optativ in anspruch, aber mit unrecht s. 4523 êuoi 
dé xe tavta usinoeras cf. A 139, 4 176, und ebenso mit un- 
recht I 62 ovdé xé zig uov | widov Gupnos, wie © 405, 7 558 
zeigen können. 

Bei dem optativ in relativen nebensätzen kommen hinzu für 
den reinen optativ B 687, 4 516, Z 330, 1267, K 489, ® 609, 
611, X 321, 8 336, y 106, 319, n 17, 4 361, E 405, o 317, 
x [43] (Ameis hält auch a 404 anoggaloeı für einen Savelsberg’- 
schen optativ), für den optativ mit xiv Z 452—3, I 424, K 307, 
II 16, 237—8, 149, 178, 529—531 (v.1. dun) 744—5, f 54, 
e 17, 142, 9 280, 4 149, 366, x 257, 392, o 146, 580, v 383, 

162. 

’ Bei dem optativ in coniunctionssätzen füge man hinzu bei 
fra E 564, ® 38, ı 155, 489, x 129, » 422, o 251, o 592, 
c 369, bei öypa 2 581, € 328 (Aristarch raso voy ; Herodian 
éxaxovous). Wenn die verfasser meinen, H 349 (lies 439) könne 
der optativ aus dem coniunctiv entstanden sein, so ist dagegen zu 
erinnern, dass sie selber H 340, wo die directe rede steht, ogoa 
— ein (Bekker! si) und gewiss mit recht lesen. Ausserdem steht 
noch öyga xe mit dem optativ M 26. Zu wig mit dem reinen 
optativ kommt w 237, mit dem optativ und av I 444 (v. À wg), 
9 239, x [297], o 165, r 311, mit dem optativ und xè 9 21—2, 
w 83, zu önwg mit dem optativ K 491—2, X 160, 3 473, zu 
ore mit dem reinen optativ I’ 55, © 23 [189] K 11, 4 [543], 
= 465, 3 90, , 333, 2 375, w 106, 240, $ 374, p 116, y 
185—6, mit dem optativ und x&v 6 218, zu onó: mit dem rei- 
nen optativ » 22, c 148, zu eig 0 xe mit dem optativ O 70—1, 

zu elwç mit dem optativ 6 80. Bei dem optativ in gleichnissen 
fehlt 384, der einzige fall, wo dieser modus bei wg Sze steht. 

Zu sì mit dem optativ füge man 4 17, 1 379—80, K 





Jahresberichte, 687 


206—7, N 485, 825—7, F 333—5, O 571, II 748, P 104, 
T 385, X 196, 2 366, 768, 8 251, y 218, d 388, e 485, C 
[144], 6 949—50, y 292, £ [132], 460, 498, o 316, 435, x 103, 
105, e 375—6, v 327, o 195, y 381—2, zu sì mit xév und 
dem “optativ A 60, X 351, qi 346, 9 353, o 545. Besonders 
bemerkenswerth ist y 77 iy d avrg müvtec Exapev | 099004, & 
xE pav oùdoÙ anwooper— | DÜ.Swusy d ava &orw Boy Ó wxiora 
yévovro (v. 1. yévntas), wo übrigens richtiger vor Boy bloss komma 
gesetzt wird s. d. bemerkung von Hentze, der für den wechsel 
des modus 7245 (wo ein, nicht mit Bekker! ein zu lesen ist) ver- 
gleicht. — Zu ézeí mit dem reinen optativ setze man © 269— 70, 
B 105, x 150, w 140 (an den drei letzten stellen v. 1. dry»), 
mit dem optativ und av P 489—90, mit dem optativ und xèy 
a 236, Ô 64, zu im» mit dem optativ T 208. — Es mag hier 
darauf aufmerksam gemacht werden, dass auf die bedeutungsent- 
wicklung der einzelnen coniunctionen von den verfassern verhält- 
nissmässig wenig rücksicht genommen ist, und dass monographien 
und specialuntersuchungen über einzelne, z. b. über u7, éxel, Upoa, 
immer noch wünschenswerth sind und ein dankbares arbeitsfeld 
bieten. 

Bei dem optativ in fragesützen ist zunüchst zu bemerken, dass 
die verfasser denselben p. 245 wohl nicbt richtig auf den wün- 
schenden zurückführen, wogegen man die bemerkungen von Lange 
P. 75 und von Praetorius p. 7 Vergleiche. In den doppelfragen 
im optative mit xi» füge man 5 191. Ob auch die von den ver- 
fassern nicht angeführte stelle g 193 Emog ıl xe uudnoalum, | 
7 avrg xevFw; hieher gehört, wie einige meinen, ist mir deshalb 
zweifelhaft, weil man hier auch die frage erst mit 7 beginnen 
lassen kann. Zu den fragen mit 7 — 7 kommt y 170. Der 
optativ steht im zweiten gliede bei 7 w 238, & 183—4 sind nach 
7 xev — n xe die coniunctive besser bezeugt als die optative. Zu 
den verdeutlichungsfragen füge man für den optativ mit av P 327 
und mit xi y 113—4, d 649. 

Es ist nichts dagegen einzuwenden, dass die verfasser zu- 
nächst einen bestimmten text zu grunde gelegt haben und gewiss 
zu billigen, dass sie die erste Bekkersche ausgabe gewählt haben, 
aber sie sind dabei, abgesehn davon, dass sie ein paar mal aus- 
drücklich abzuweichen erklären und von einigen äusserlichkeiten 
und kleinigkeiten keineswegs consequent, So schreiben sie p. 155, 
x 65 090’ dv txnas, B. oye aptxoso, en’ wird p. 251 ‚die- 
selbe stelle für den optativ angeführt), p. 159 N 141 og@’ av 
Exnras st. Ewe lance, führen p. 161, N 199 fiir ws in gleich- 
nissen an, während B!. we re liest und zuerst B2. ws, ds geschrie- 
ben hat, lesen p. 167 4 263 die — avwyr, B. dvabyos, p. 168 
O 210 önnore, HB. onnôr’ üv, p. 183 0 494 ènet x, B. ényy, 
N 285 int xcv, B. éxesday etc. — An druckfehlern bemerke 


688 Jahresberichte. 


ich: p. 110 v 485 st. wm 485. Daselbst ist 2 469 eine falsche 
stelle p. 114 2 575 st. 569, p. 115 n 378 st. 381—2, p. 
121 Z 493 st. 431—2, p. 125 4 189 st. 183, p. 132 ® 113 
st. 103, p. 146 I 518 st. 508, p. 151 sind falsch die stellen 
d 252, vr 512 (wohl P 252, / 512 gemeint), ausserdem y 317 
st. 327, p. 152 w 405 st. 403, p. 154 ist unten die angabe der 
stelle ( 14) ausgefallen, p. 156 E 164 st. e 164, y 117 st. 
177, p. 157 y 749 st. d 749, p. 159 sind zwei beispiele, n 319 
und K 325 aus versehn mit weglassung je eines theils zu einem 
zusammengeflossen, p. 166 4 55 st. 53, p. 177 W576 st. ® 
576 und: wo ebenfalls der bedingungssatz nachsteht st. voransteht, 
p. 180 ist g 73 falsche stelle, p. 183 4 173 st. 168, p. 192 
w 40 st. » 40, p. 193 » 388 st. » 228 und y 650 st. 4 650, 
p. 195 z. 10 streiche N 232, p. 197 4 891 st. 791, p. 205 
B 26 st. 29, p. 207 7 589 st. 579, p. 208 gehört u 138 unter 
die beispiele mit àv, daselbst steht g 418 st. P 418, p. 213 E 
203 st. 303, p. 214 4 223 st. 4 223, p. 215 T 221 st. T 221, 
p. 217 (coniunctiv in relativsätzen) Q 597 ist schon p. 194 unter 
den hauptsätzen angeführt, p. 227 ist unten die angabe der stelle 
(d 600) ausgefallen, p. 229 steht H 349 st. H 439, p. 232 4 
389 st. A 389, p. 235 «c 464 st. Z 464, p. 236 { 217 st. 
È 217 und y 191 st. d 191, p. 242 E 373 st. 273. Daselbst 
wird I 363 ef dé xev — dan als beispiel für den optativ ange- 
führt, während es p. 181 mit der richtigen lesart dw7 als bei- 
spiel für den coniunctiv steht, p. 244 ist L 696 falsche stelle, 
daselhst steht Y 17 st. 2 14 —5, und z. 7 v. u. coniunctiv st. 
optativ, p. 245 steht T 52 st. T 52, p. 247 unten soll es statt 
114 wohl y 114 heissen, p. 248 steht 3 532 st. 352, p. 250 
y 155 st. « 155, p. 252, z. 15 v. o. xiv st. av. 

Ich gehe zu den mustergültigen untersuchungen von L. Lange 
über, die mit erschöpfender vollständigkeit und benutzung der alten 
wie der neueren literatur in trefflicher methode den gesammten ge- 
brauch der besonders wichtigen partikel « bei Homer erörtern, 
alle einzelnen stellen eingehend berücksichtigen und nicht nur für 
die c? -sütze neue und wichtige ergebnisse liefern, sondern auch 
vielfach andere coniunctionen und satzbildungen in hôchst lehr- 
reicher und anregender weise in den kreis der besprechung ziehen. 

Die erste abhandlung beschäftigt sich mit ed und dem optativ 
und gelangt im wesentlichen zu folgenden resultaten. Die unter- 
geordneten ej-sütze mit dem optativ sind aus hauptsätzen entstanden, 
denn auf solche kann man die hypotaktischen wunschsütze, die nicht 
bedingenden sowohl wie die bedingenden, direct zurückführen, die 
hypotaktischen fallsetzungssütze aber, nicht bedingende wie bedin- 
gende, wenigstens indirect. Der weg der entstehung der hypo- 
taxis aus der parataxis ist nicht der der correlation, sondern der 
der einfachen juxtaposition. Die partikel e? hat entschieden nicht 








Jahresberichte. 689 


atfätglich temporale bedeutung gehabt, ebensowenig ist sie ur- 
sprünglich fragend oder condicional oder fallsetzend oder lediglich 
wünschend gewesen, vielmehr ist c? zunächst als eine zur einlei- 
tong von wünschen und fallsetzungen geeignete interjectionsartige 
partikel und zwar für das gegenbild der prohibitiven partikel u 
zi erklären. Für die entwickelung des gebrauches von ej mit dem 
optativ war jedenfalls die function von ei als wunschpartikel das 
massgebende moment, 

Ergebniss der zweiten abhandlung, welche sich mit et xev (av) 
mit dem optativ und mit ed ohne verbum finitum beschäftigt, ist 
eine bestütigung dieser sütze. Zu den beiden bekannten arten der 
fallsetzung,, der concessiven (ei c. opt.) und der potentialen (el xe 
c. opt.) tritt hier eine dritte, die modalitütsfreie, die eben als solche 
dén'anspruch auf ein hohes alter erheben darf. 

Die dritte untersuchung, welche die formel e à" dye behan- 
delt, geht davon aus, dass die alten in derselben entweder eine 
ellipse von 9éAec annahmen, was die stellen T 142, n 82, o 277 
scheinbar empfehlen, wobei sie dann nicht aye , resp. GYETE, son- 
dern die imperative oder coniunctive nach aye als den nachsatz 
des verkürzten vordersatzes betrachtelen, oder dass sie, wie Ni- 
kanor und Apollonios Dyskolos, das ej in derselben als sagaxe- 
Asvouarsxov Enloonua ansahen, wobei es wahrscheinlich ein irriger 
zusatz des Eustathius 107, 18 ist, dass sie das d’ in dieser formel 
für dz genommen hätten, das sich ja in der Odyssee viermal an 
dieselbe anschliesst. Die letztere ansicht sei von den neueren fast 
ganz vernachlässigt, nur von H. Schäfer und J. H. Voss verthei- 
digt, und dennoch die richtige. Es wird dann gezeigt, wie die- 
selbe für alle 22 stellen genügt, während die elliptische erklärung 
im sinne der vollen formel für keine stelle passe, und wie beim 
zugestündniss freieren gebrauches sich allerdings zwölf stellen zur 
noth mit ihr erklären liessen, die zehn übrigen aber nicht, ohne der 
formel gewalt anzuthun. Nikanors erklärung sei den gelehrten 
wohl nicht annehmbar erschienen wegen des dann scheinbar vor- 
handenen pleonasmus, wenn man aber annehme, dass e ursprünglich 
interjectionsartige partikel gewesen, dann stecke die adhortative 
kraft nicht in dem ei, sondern in dem adverbialen imperativ aye 
und den folgenden imperativen und coniunctiven. Es wird ferner 
dargethan, dass die partikel es nicht gegen Nikanors erklärung 
spreche, endlich dass es nicht nöthig sei, bei dieser auffassung mit 
den alten zwei verschiedene ed anzunehmen, von denen das eine 
ermunternd und wünschend, das andere bedingend sei. Die condi- 
cionale kraft von +} könne ja gar nicht die ursprüngliche sein, 
wohl aber ebensogut aus der ermunternden wie aus der wünschen- 
den bedeutung sich entwickelt haben. 

Wie der umstand, dass diese untersuchungen noch nicht abge- 
schlossen sind, zurückhaltung des urtheils auferlegt, so gibt die 


Philologus. XXXVI. bd. 4. | 44 


690 Jahresberichte, 


meisterhafte art, wie dieselben im einzelnen geführt sind, zu wenig 
gegenbemerkungen veranlassung. Ich habe nur an ein paar stellen 
bedenken und zweifel zu äussern. 

Nicht zu billigen scheint mir p. 31 die annahme der Pott- 
schen vermuthung, das Je in ele (atte) sei verstümmlung des 
vocativs von %eoç, und der daraus entspringende versuch, in den 
stellen mit ste wünsche nachzuweisen, denen der ausdruck der 
wehmuth oder des schmerzlichen bedauerns beigemischt sei, wenig- 
stens scheint mir dies an nicht wenigen stellen, z. b. £ 440, 0341, 
e 494, B 33, 4 178, n 331, X 41 höchst gesucht, — P. 43 
scheint mir der begriff der correlation doch etwas sehr eng gefasst, 
wenn es heisst: correlation ist nur da, wo gleichklang der gleich- 
geBildeten formen. Viel umfassender sagt Curtius erläutt.? 190: 
das wesen der correlation besteht darin, dass das erste glied die 
spannung (7007u0:s), das zweite den befriedigenden abschluss 
(ancdoos) enthält, während Jolly 68 als haupteigenthümlichkeit 
der correlativen sätze betrachtet, dass sie in der regel dem haupt- 
satze vorangehn. Ich glaube, es wäre zweckmässig, diesen be- 
griff und die formen der correlation bei Homer einmal im zusam- 
menhange zu untersuchen. Bei den hypotaktischen ei-sätzen scheint 
mir zuweilen in der annahme wünschender bedeutung zu weit 
gegangen zu sein, z. b. d 388 werden wohl wenige wie Lange 
p. 57 sagen, dass dort Eidothea wünsche, Menelaos möge den 
Proteus ergreifen können. — Die erklärung von I° 453 où pèy 
yàg porn y” Èxevdavor, et ng Ydosro, die (p. 94), wenn ich 
recht verstehe, ist: denn fürwahr nicht aus freundschaft verbargen 
sie ihn, von dem wunsche erfüllt „möchte ihn nur einer sehn“, 
scheint mir wenig wahrscheinlich. Vielmehr glaube ich bei dem 
ganzen zusammenhange, dass die hergebrachte lesart nicht zu halten, 
sondern wirklich mit Düntzer £xevJo» ay zu lesen ist, zumal da 
eine bildung wie xevdavw sehr vereinzelt ist, sich bei Homer nur 
mit AnFavw 7 221 vergleichen lässt und sonst nicht weiter vor- 
zukommen scheint. Wenn aber p. 108 Lange 5 165 statt des 
coniunctivs yevy nach vorhergehendem ef zwg mit dem optativ 
(iuetoasto) yeves oder yevas lesen will, so ist das doch sehr ge- 
wagt. Denn gegen yeves’ mit verkürzung des diphthongs bei eli- 
sion des endvocals spricht die richtige bemerkung von La Roche, 
' dass so etwas nirgends vorkómmt, vielmehr bleibt in diesem falle 
das & immer lang und die zahl der beispiele ist gross genug, eine 
regel zu bilden, (4 178, I 386, 4 191, Q 672, 8 248, 4 585, 
591, o 91, um von B 4 und £ 329 ganz abzusehn), die optativ- 
endung auf as aber findet sich, wie Lange selbst bemerkt, bei 
Homer nur am versende oder vor consonanten. Ich glaube daher 
die überlieferte lesart festhalten zu müssen und finde eine parallele 
dazu 2 584—6, wo nach uf zuerst die optative #0voasro, dgır- 
Hein, xaraxiív&e, zuletzt aber der coniunctiv aAfmzos folgt. 








Jabresberichte. 691 


Denn ich kann bei der sichtlich so engen verbindung der drei 
letzten glieder “AysAju Ó' dosvdeln glAov frog, | xab È xaraxrelvece,. 
As d° GMrnras &yerwas Lange p. 112 nicht zugeben, dass GA(—- 
ınıaı dem finalsatze wo ui J/etauos Tdov viov coordinirt sei, und 
nicht den unmittelbar vorhergehenden optativen. — Wenn ferner 
Lange p. 128, n. 161 das sè in wg ze wie in ög ze und allen 
von 6¢ abgeleiteten bildungen mit Delbrück und Windisch copu- 
lativ auffasst, so ziehe ich vor, es mit Kvicala Ztschr. f. östr. G. 
1864, p. 405 in der ursprünglichen bedeutung ,,irgend“ zu fassen, 
und so fasse ich es auch in den: von Lange p. 141 besprochenen 
stellen : 
I 379 oùd e por dexaxıs te xai eixodanıs toga doln 
000a ı€ où viv Forts, xoi et modev GAda yévosto. 
x 61 Evevpay’, ovd° el por nateusa navi a&nodoite, 

0000 te viv vum tou, xoi et modev GAN Emdelte xtÀ., 
also an letzterer stelle nicht mit Lange: mein ganzes vermögen 
und euere gegenwärtige wie zukünftige habe, zumal da &dnodoirs 
bei den verschiedenen objecten in verschiedener bedeutung zu neh- 
men wäre, sondern: euer ganzes ererbtes vermögen, soviel ihr nur 
irgend jetzt habt, und noch anderes (noch mehr), das ihr etwa 
irgendwoher zulegtet. — Zu p. 139 glaube ich nicht, dass viele 
geneigt sein werden, in 4 257 ei — nvdotato und A 135 el 
— senvdow mit Lange einen wunsch zu erkennen (übrigens gibt 
er selber wenigstens die möglichkeit potentialer auffassung zu), 
und noch weniger scheint mir die auffassung des optativs als des 
wünschenden möglich p. 204 y 314 oîxov dé i? yo xoi xrÿuara 
dolnv, el x è9#Awv ye pévors. — P. 237 scheint mir die auf- 
fassung von oflag T 16—7 àv dé of Dcos | desvòv Uno Plepaowv 
ws el oflag 2Eeyaavdev und T[365—6] zw dé of doce | Zau- 
néto9nv ws et te mvgóc oélaç als accusativ des inneren obiects 
statt als nominativ zum mindesten sehr bedenklich. — Zu p. 244 
zweifle ich, dass W 597 z0î0 dì Juuôds | lav9y ws eV te neoù 
oruyvecow spon | Anfou Gidnoxovrog, ote polocouoi cooveas die 
Lange’sche coniectur éégo7 viele befriedigen wird. Entweder ist 
das gleichniss von anfang an schlecht ausgedrückt, oder die lesart 
stärker verdorben. Böte die überlieferung irgend einen anbalt, so 
würde ich vermuthen: we e ze negi orayvecow gon | Ayıov dA- 
doxov, ov te xriÀ. Endlich erscheint mir zweifelhaft, ob Lange 
p. 249 recht hat, den nicht concessiven gebrauch des e seg 2 
667 als ein symptom der jüngeren entstehung von 2 zu be- 
trachten. Doch das sind alles nur einzelne zweifel und bedenken, 
die sich ausserdem vielleicht in dieser oder jener weise erledigen, 
und die der vortrefflichkeit der ganzen arbeit keinen abbruch thun 
können. An :druckfehlern habe ich nur bemerkt p. 96 6 184 st. 
186, p. 122 n 515 st. 315 und p. 228 n. 25 Heines st. Heyne's. 
Ich schliesse diese besprechung mit dem wunsche, dass es Lange 


44 * 


602: Jahresberichte. 


gefallen. müge, uns. recht bald mit. der fortsetsung: seiner: unter 
suchungen zu erfreuen. | 
Die. in etwas mangelhaftem.latein geschriebene. und mit vi 

druckfeblera. behaftete abhandlung von Pollluge hat den homeri- 
sehen gebrauch des coniunctivs und futurs zum gegenstande, Der. 
verfasser theilt für seine untersuchung die sätze in der weige wie 
Delbrück und Windisch ein, nur dass er die fragsätze nicht von. 
den aussagesützen geschieden wissen will, erklärt sich gegen. Del. 
bricks eintheilung der nebensätze in priorische und posteriorische: 
und theilt sie seinerseits in explicative, die dem hauptsatze immer. 
nachfolgen (dahin gehören nach ihm die postpositiven relativsätze- 
im indicativ und die finalsätze), und in correlative. Dazu. rechnet 
er die temporalen, hypothetischen, conseeutiven nebensätze und in- 
directen fragen. Ueber den begriff der correlation spricht ep sich 
nicht klar aus und p. 14 rechnet er consecutive sätze wieder zu 
den explicativen. Die eintheilung ist also von zweifelbaftem :werthi: 
uud nicht consequent durchgeführt. Den. coniunctiv des willens: 
nennt er den subjectiven, den der „erwartung“ (Delbrück und: Wins. 
disch) den obiectiven. Dass der erstere in hauptsätzen. mit der: 
negation ausser y 240, » 296 unxen tavia Aeywpeda. nur: im. 
aoriste vorkomme, ist unrichtig cf. B 435, N 292, Y: 244 etc, 
ebenso die behauptung, dass in sützen wie e 356 & wos êyoi, uj 
zíc pos vpalynow délev ein verb des fürchtens zu ergänzen. sei; 
Uebrigens ist die beispielsammlung für den coniunctiv mit u sehr- 
unvollständig. Auch für den subjectiven conjunctiv in positiven sátzem. 
werden bloss ein paar beispiele angeführt. Besonders sind hier die. 
falle. gar nicht berücksichtigt, wo es formell nicht zu entscheiden 
ist; ob man einen ermunternden coniunctiv oder ein futurum .anzu- 
nehmen, hat (s. oben), was man nach dem titel der abhandlung doch 
wohl erwarten konnte. Auch beim obiectiven coniunctiv kann. von 
vollständigkeit der. beispielsammlung nicht annähernd die. rede sein, 
Dabei wird p. 10 u 383 ducouus tlg "Aldo xai iv vexvecos 
gaelvw schwerlich mit recht gasfvw als indicativ gefasst. Und: 
doch scheint der verfasser dies mit dem allerdings dann unrick=. 
tigen ausdruck: nescio an non indicativus sit zu meinen, wie der: 
gegensatz alii coniunctivum intellegunt zeigt. Die stellensammiung 
für den coniunctiv und das futurum in fragesätzen ist etwas voll. 
ständiger, jedoch unkritisch. Der verfasser glaubt nämlich: an die 
richtigkeit der oben erwähnten Savelsberg’schen ansicht, wenach. 
bei Homer- gelegentlich einunddieselbe form z. b. £gyoe. je naeh: 
bedürfniss als futurum, coniunctiv oder optativ verwandt worden: 
sei, und hält so in einer frage mit 7 xe» — 7 xev. Y 311 daseıs, 
7-201 Goxéoss für coniunctive, Auch wird.in stellen; wo formell 
sowohl: annahme: des kurzvooaligen. coniunetivs- aeristi wie des in- 
dicativs- futuri möglich, wie- D.226, X:175; m .238-(s. oben), 
ohne weitere untersuchung: der erstere angenommen, Nicht riehtig- 








‚Suhresberichte. j 09 


«werden auch p. 59 die sütze mit el we und »» zu den indireoten 
fragen ipezibit. Bei der behandlung des ceniunctivs und des future 
in relativen nebensützen werden für letzteres mur die beibpiele ‘tit 
ws angegeben, und auch diese unvollständig, so fehlen 4 175, 
7155, 297 etc. Bei den conianctionssätzen gilt d 163 Emıljoeras 
ads coniunctiv, desgleichen Epices » 376, aAiEgonc 1251, cauoer 
P 144, alles nach Saws, dagegen lion v 29 nach derselben con- 
iunction als optativ , nach dgga, das p. 19 aus onwe da erklärt 
wird, soll o 7 operas, IT 243 stosras, d 163 vnoPrceas con- 
iunctiv sein. So wird im ganzen das urtheil dahin lauten müssen, 
dass das interessante thema, das sich der verfasser erwählt hat, 
bei der unvollstándigkeit der beispielsammlung, der annabme der 
Savelsberg’schen ansicht und der nicht eingehenden behandlung der 
fälle, wo man formell futur wie kurzvocaligen aorist annehmen 
kann, nicht allseitig erledigt ist. Auch die stellen, wo aus dem 
coniunctiv ins futurum übergegangen wird, hätten genauere erör- 
terung verdient. 

Die abhandlung von Praetorius erstreckt sich auf den ge- 
brauch der partikel 7 (e) in fragesätzen. Der verfasser geht, 
sachdem er die bezeichnungen der alten grammatiker für die ver- 
schiedenen arten des 7 kurz zusammengestellt hat, zunächst auf 
die etymologie und ursprüngliche bedeutung der partikel ein und 
nimmt hier zwei streng auseinanderzahaltende wörter, 7 dralev- 
xroxoc und 7 BeSaswrxds an. Ersteres bedeutet „oder“ und zu 
ihm gehört auch das 7 und ne der gegensätzlichen frage. Es ist 
nicht unmittelbar von sanskr. và, sondern wohl mit Ebel KZ. V, 
70 vem pronominalstamme ava herzuleiten, dem auch lat. aut, osk. 
auti, umbr. ute ote angehören sollen. Das letztere, nicht in der 
form se vorkommend, ist etymologisch identisch mit dy (aus dir) 
vom pronominalstamme ja, die accentverschiedenheit von dg und 7 
erklärt sich daraus , dass ersteres nach — > letzteres vorgestellt 
wird. Dies 7 nun hatte ursprünglich auch in den einfachen di- 
recten fragesätzen die einfache, seiner etymologie entsprechende 
bedeutung : gewiss, fürwahr, und nur im ton, nicht in dem 7 lag 
ursprünglich die bedeutung der frage. Daher gibt der verfasser 
bei den beispielen für die einfachen directen fragesütze zunächst die 
fälle an, in denen die affirmative bedeutung mehr oder weniger 
deutlich zu erkennen ist, dann diejenigen, in welchen es in ironi- 
schem sinne zum ausdrucke des spottes, erstaunens oder unwillens 
gebraucht ist, unter diesen zuletzt diejenigen, wo der vorwurf oder 
spott in der ironie mehr zurücktritt und nur der verneinende sinn 
bleibt. Hier fehlt 3 429 “Hour, 7 aga dn is — toccdò’ ivi 
qotol» now avéoyero xidea xrà, Weiter wird bemerkt, wie das 
7 seiner ursprünglichen bedeutung entsprechend fast nur in indica- 
tivischen fragesätzen steht, scheinbar mit dem coniunctiv o 511 
m? v ag iy, plde téxvov, Vo; tev dejund Ixwuar ArdgWv, of 


694 Jahresberichte. 


zonvans "19íxg» zdra xospartovow; i vs ois unroos Ta, wo 
aber mit Düntzer und Dindorf 7 vorgezogen wird, wie ich glaube 
mit recht, endlich mit dem optativ 6mal, davon 3mal mit xè. 

Gut wird ausgeführt, dass dieser optativ wie besonders 3 336 
zeigt, nicht mit Delbrück und Windisch p. 245 als ein wünschender 
zu fassen ist, sondern als potentialer. In allen diesen fragesätzen 
‚kommt nur das einsilbige mit dem circumflex zu betonende 7 vor, 
nicht das nur der doppelfrage angehörige und mit 7, 76 identische 
%e. Man muss dem verfasser recht geben, dass % 465, wo man 
gewöhnlich ze 10v sv(oyov qvyor fvlu liest, sehr wohl nach der 
460—1 ausgesprochenen ersten vermuthung ai dé nov aëroÿ | 
#Biafev iv medio die zweite vermuthung mit „oder“ angeknüpft 
werden konnte, so dass hier 7€ zu lesen ist wie schon Spitzner 
wollte. Uebrigens ist mir zweifelhaft, ob der verfasser Y 179—84 
n of yc dvuòs éuoi payécacda. avalyei | @indpevoy Teweoor 
ovaksıy — 7 wi tb tov Towes téuevos tapov E£oyoy &AÀww | at 
xtv Èuè xrelvnc; und 9 581—4 7 zl ro» xai myóg anépduro 
Dos med — yaußods f nevdeooc — 7 tlo mov x«i fraigoc 
mit recht in diesen abschnitt gestellt hat, da bier vielleicht besser 
doppelfrage angenommen wird. Im folgenden abschnitt wird die 
frage, ob einfache indirecte fragen mit 7 (7) bei Homer anzuneh- 
men sind, verneint. Obgleich es sehr natürlich wäre, dass das in 
der einfachen directen frage verwandte 7 auch in die einfache 
indirecte übergegangen wäre, so muss man doch dem verfasser 
zugestehn, dass es äusserst zweifelhaft ist, ob das 7 bei Homer 
wirklich so verwandt ist, Denn A 83, » 415, w 138, z 325 
ist die überlieferung höcht unsicher und vielleicht an allen stellen 
ed zu schreiben, ebenso ist © 111 öyoa xai “Exzwo | eloezas n 
xoi Zuöv doov patvetas Ev naddunow, welche stelle Praetorius 
nicht erwähnt, si besser bezeugt. 

Zu den doppelfragen übergehend bezeichnet der verfasser als 
solche nur diejenigen verbindungen der fragesätze, bei welchen 
das zweite glied einen gegensatz zu dem ersten ausdrückt und die 
bejahung des einen gedankens den anderen absolut ausschliesst. 
. Nach kurzer erörterung der ausichten der alten und neueren über 
das doppelte 7 in der doppelfrage, wobei der verfasser sich gegen 
die von Lehrs qu. ep. p. 58 gegebene erklärung des Apollon. de 
coni. p. 493 ausspricht, gibt er als seine ansicht, die beiden 7 der 
doppelfrage seien als dialevxtixol zu fassen. Die doppelfrage sei 
ursprünglich identisch mit dem disjunctiven satze, heide sich gegen- 
seitig ausschliessende glieder werden durch 7 dsabeuxrexôç ver- 
bunden; »v& Por, 7 nuéea Zzorly ist disjunctiver aussagesatz, mit 
frageton gesprochen wird es doppelfrage. Einfachste und ursprüng- 
lichste form der doppelfrage ist also die, wo das erste glied ohne 
coniunction, das zweite mit 7 steht. Ebenso wie aber der dis- 


w 


junctive charakter des aussagesatzes oft durch zweimal gesetztes 7 





Jahresberichte. 695 


stärker hervorgehoben wird: 7 »d£ 7 fiptoa èorty, so kann dies 
auch bei der doppelfrage geschehn: 7 w& 7 nptoa éoriv; Ein 
eigentliches fragwort fehlt dabei und die frage ist nur durch die 
betonung zu erkenuen. Ich gehe nicht darauf ein, wie sich der 
verfasser mit der accentfrage abfindet, und erwähne nur, dass er 
fir seine ansicht noch geltend macht, dass die erwähnten partikeln 
7 — 1 fortwährend, je nach dem bedürfniss des verses, mit wf 
wechseln, einerlei ob im ersten oder im zweiten gliede der dop- 
pelfrage, was einerseits entschieden für ibre identität, andrerseits 
gegen ihre zusammenstellung mit dem fragenden 7 spreche, da für 
letzteres die nebenform je nach seiner etymologie undenkbar sei. 
Ferner mache die ursprünglich versichernde bedeutung des in ein- 
fachen fragen gebrauchten 7, die bei Homer noch fast überall er- 
kennbar sei, es zur verwendung in doppelfragen (pouces dsano- 
entixal) „gänzlich ungeeignet. Drittens werde das die frage ein- 
leitende 7 im griechischen aur in directen fragen verwandt, das 7 
der doppelfrage in directen und indirecten doppelfragen. Endlich 
liessen sich „beispiele wie N 307 Aevxadtdn, m5 v de, pEwovac 
xaraduvas Opshoy ; ; | "H int de&idgw navıdg orouroÿ 7 ava péo- 
cous 7 én’ agsoregogev; bei welchen die disjunctiven fragen bloss 
aus adverbialen bestimmungen oder einzelnen adverbien bestehn, 
ein eigentlicher satz also gar nicht vorliegt, weit leichter erklären, 
wenn man 7 — 7 als disiunctivpartikeln auffasse, als wenn man 
sie als frageconiunctionen betrachte. 

Demnach behandelt der folgende 2 die doppelfragen, bei wel- 
chen das erste glied ohne partikel steht und zwar zuerst directe 
doppelfragen. Gewünscht hätte ich hier die besprechung von è 125 
dig TE pe xovgdwy daupiivde Jus Gum; | ruupawr, at &yovo’ 
defwy almewa xtonva — È vi nov ardgwWnwv elui oyedor aò- 
dnévruwv, wo allerdings keine eigentliche doppelfrage vorhanden ist, 
aber an die vorhergehende aussage „es klang mir wie die stimme 
von nymphen“ die folgende frage sich mir nothwendig mit „oder“ 
anzuschliessen scheint, wie sonst das zweite glied einer doppelfrage. 
Aehnlich, wenn richtig überliefert o [393] 7 da ce olvos Eyes 
petvas, 5 vÙ TOL abel | Tos0Urog voog éoriv, O xoi perapuva 
Babes. | 7 Guess, Ors "Ioov Evlanoog tov dAjrgv; aber der letzte 
vers ist hier wahrscheinlich zu streichen. Ueberhaupt hätte viel- 
leicht noch schärfere untersuchung verdient, ob nicht unter den 
scheinbar einfachen fragen mit 7 ßeßaswuxög einige eigentlich als 
das zweite glied einer doppelfrage zu betrachten seien, während 
das erste glied in anderer form im vorhergehenden steckt. 

Es folgen die indirecten doppelfragen mit einfachem 7. Hier 
durfte bei d 110, 837, À 464 die _besprechung von f 132 name 
d’ 2uog «Modi yalng, | Goes 0 y° n tédvnxe, nicht fehlen, die sich 
für die ansicht des vf. für die entstehung der doppelfrage aus dem 
disiunctiven aussagesatz gut geltend machen liess. Bei den directen 


696 Jahresberichte. 

doppelfragen, die im folgenden 2 behandelt werden, nimmt mehrfach 
der verfasser doppelfragen an, wo man bisher mehrere einfiche 
fragen gesehn hat, ich glaube durchweg mit recht, auch J 12 
gegen Herodian, und auch wohl O 735, wo allerdings die disync- 
tive nicht so scharf hervortritt. Erwähnung ‚hätte meines erachteys 
hier auch 7'239— 40 7 oùy écnéoInv Auxedaluovos 85 Egaiesviic, 
| 7 devow pèv Enovro xıA. verdient, wo allerdings manche zwei 
einfache fragen, andere überhaupt keine frage annehmen. 

Der folgende $ stellt die doppelfragen mit 7 — 7 zusammen, 
die sich an ein verb des fragens u. s.w. anschliessen (in«irecte). 
Zuerst solche im indicativ. Hier drückt sich der verfasser nicht 
glücklich aus, wenn er sagt: „„der indicativ praesentis steht ‚auch 
mit xéy verbunden “ B 238 ogoa Vida, | 7 dol tt ei xut 
ng000wÜvonev nè xoi oöxt, wobei es zweifelhaft ist, ob nueis für 
xai mueis oder für xiv fueïc steht“. Ausserdem nimmt man ‚mit 
recht jetzt wohl allgemein an, dass an xèy hier nichf zu deuken 
ist, vgl. auch Naegelsbach zur stelle. Beim indicativ praesentis 
ist übersehn K 309— 10, beim indicativ futuri fehlen B 253 oùdé 
wi mw capa iper Onwg toro, rode toro, In ev 78 xaxüic vooz- 
couer, B 367 — 8 yvulceni O 7 xoi Feoneoty wodey ovx ada- 
nase | 7 avdowy xaxdımn, Z 367—8 où yao v oid n bn qu 
$z0190noc owas ung » | 1 ndr p ino geo deoù augwny 
Ayo, © 377—9 open [D | n vaio — “Extwe yn3pos 
noopuveloa — fj vag xai Towwy xogées xivas «ti. und zu K 209 
war zu setzen = X [409 — 10], an welchen stellen statt des fu- 
turi im ersten glied ueuaacw — w£vew steht. — Bei den bei- 
spielen, wo die abhängige frage im coniunctiv steht, ist auch an- 
geführt D 226 “Extogs reson divas | àvufígr, 4 x&v ME dauao- 
Ostas 7 xtv yw t0v, wo ich lieber das futur mit xi» annehmen 
möchte, wie Y 311, a 268, x 238—9, und z 260—1 (hier nur 
im ersten glied). Eine besprechung aber hätte in diesem abschnitte 
verdient I 701 AA” fro, _xeivoy piv éagopev 9 xev tgow | 5 n xe 
pévn und E 183—4 QAM Mor xeïvoy piv Édoouer, i XEY Chey | 
N xe porn xaí xév oí vnéooyn yeioa Kooviwv (v. l. aA — qu- 
you — vréooyos), als beispiele von disjunctiven sützen, die wohl 
geeignet sind, des verfassers ansicht von der entstehung der dop- 
pelfrage aus dem disjunctiven satze zu stützen. Bei dem optativ 
in abhängiger doppelfrage wird mit Delbrück und Windisch modus- 
verschiebung angenommen (s. oben). Der letzte 2 behandelt dop- 
pelfragen mit anderen partikeln im ersten gliede. Hier war auch 
zu erwühnen E 460 GuBuirew mesontibuwv, | eU mug of àxdvg gAgivan 
TL n zw’ éralquy | addov ee wo La Roche allerdings 
7 — 7 schreibt, aber die überlieferung entschieden für e? im ersten 
gliede ist, vgl. dazu Lange p. 95. — An druckfehlern habe ich 
bemerkt p. 4 B 24 st. 23, 4 212 st. 213, p. 6 O 182 st. 132, 
p. 7 Q 511 st. o 511, p. 14 N 367 st. 307, p. 15 d 149 st. 





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699 


‘le hervor, wo ich mit der 
den bin. 
‘dung og dre zur einleitung 
‘ nicht gleich, indem er bei 
7 406 I, p. 29, bald die 
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‘r annahme von ellipsen im 
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mit Delbrück und Windisch 
von olim, einmal, zu neh- 
alle eigentlichen gleichnisse 
^ erklärung. Auch K 285 
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nzen, unannehmbar, Es ist 
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x«l avrog | WG Eusv Qc Ort 
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«ann nicht anders aufgefasst 
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' Keludovrs udyovro | ayeo- 
wünscht Nestor, augenblick- 
'^ zu der zeit wo —, dra ist 
nso in der ganz gleichen 
' in wo 0° ózórt in demselben 
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4 305, 492, d 335, o 126) 
ats adverb zu fassen ist, als 
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». 9 an stellen wie P 627 
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‘ogische beziehung, welche 
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“o habe ich meine grundsätzlich 
“in paar ähnlicher stellen in 


3 


* im vorigen hefte dieser zeit- 


" zu verweisen erlaube, 
‘1é0M0e xaon Balev, n bi 


| aluoui6u, | wo Er&gwo’ quvos 


. e der verfasser II, p. 23 be- 
mit der von ibm adoptirten, 


698 Jahresberichte. 


‘sind und sonst der allgemeinen erfahrung des redenden und des 
hörers gemäss als solche dargestellt werden, die in jedem belie- 
bigen moment (der jedesmaligen gegenwart) wirklich sind. 
Somit spricht der indicativ praesentis das von einer vielheit gleich- 
artiger erfahrungen abstrahirte, durch zusammenfassung des ge- 
meinsamen gewonnene resultat in einem allgemeinen satze aus. 
Ueber den indicativ aoristi endlich — die dritte bei den gleich- 
nissen in betracht kommende sprachform — wird bemerkt, dass 
der gnomische aorist sowohl als auch der aorist in den schildernden 
partieen der gleichnisse seine existenz dem in der eigenthümlichkeit 
des griechischen ausdrucks liegenden streben nach individualisirung 
verdankt ; den allgemeinen gedanken, der sich als solcher im 
indicativ praesentis einen ausdruck schafft, gibt der indicativ aoristi 
im gewande einer concreten erfahrung und schafft ihm dadurch 
leichteren eingang bei dem nicht reflectirenden , sondern nur ge- 
stalten in sich aufnehmenden hörer, er macht, um mit Franke zu 
reden, einen fall zum vertreter aller. Dieser eine fall, der als 
ein irgendwann wirklich eingetretener dargestellt wird, erhält die 
geltung eines allgemeinen gedankens bei Homer an solchen 
stellen, an denen dieselbe beabsichtigt ist, auf eine ungesuchte 
weise durch die blosse vorstellung des jedesmaligen zusammenhangs, 
ohne dass hierin eine nöthigung gefunden werden müsste, diese 
allgemeine bedeutung auch auf die beschreibenden partieen der 
gleichnisse zu übertragen, vielmehr scheint es mehr im sinn der 
klarheit der objectivität und der ausschliessung des atticismus als 
unrichtigen massstabes für die auslegung Homers zu sein, den in- 
dicativ aoristi in den beschreibenden theilen des gleichnisses in 
seiner ursprünglichen, rein obiectiv erzählenden bedeutung zu ver- 
stehn. Dafür werden vom verfasser mit recht stellen wie O 274, 
d 494 angeführt, wo das nachfolgende imperfect die beziehung 
auf ein ereigniss der vergangenheit deutlich ausspricht, mit unrecht 
Z 321, da die annahme einer auch bei Homer regelrecht beob- 
achteten consecutio temporum durchaus hinfällig ist. Dem indicativ 
aoristi in der protasis des gleichnisses wird jede gnomische all- 
gemeinheit des gedankens abgesprochen, sein sinu vielmehr dahin 
bestimmt, dass er eine vorstellung von individueller eigenthiimlich- 
keit einführt, ähnlich wie der coniunctiv, nur etwa mit dem unter- 
schiede, dass der indicativ aoristi ein solches bild der einbildungs- 
kraft des hörers zur reproduction fertig überliefert, der coniunctiv 
dagegen gleichsam material und anregung. zu selbständiger pro- 
duction bietet. 

Indem ich auf eine genauere besprechung der folgenden sorg- 
fältigen und eingehenden behandlung der gleichnisse, die in über- 
sichtlichen gruppen von den einfachsten formen an vorgeführt 
werden, im einzelnen verzichte und nur daraaf aufmerksam mache, 
dass sie manche gute üsthetische und grammatische bemerkung 





Jahresberichte. 699 


bietet, hebe ich ein paar syntaktische fälle hervor, wo ich mit der 
auffassung des verfassers nicht einverstanden bin. 

In der auffassung der partikelverbindung ox Sze zur einleitung 
von gleichnissen bleibt sich der verfasser nicht gleich, indem er bei 
derselben bald ein verb ergänzt, z. b. 77 406 I, p. 29, bald die 
unmöglichkeit einer ergänzung anerkennt, wie % 712 I, p. 31. 
Ich glaube, dass man überhaupt mit der annahme von ellipsen im 
Homer sehr vorsichtig sein muss, besonders aber in diesem falle, 
wo die ellipsenannahme zu vielerlei willkührlichkeit und inconse- 
quenz führt. Vielmehr wird man hier mit Delbrück und Windisch 
und L. Lange ö:e als adverb im sinne von olim, einmal, zu neh- 
men haben. Dann erhält man eine für alle eigentlichen gleichnisse 
passende, natürliche und ungezwungene erklärung. Auch X 285 
OMELO wos WG OTE matgì au Eoreo ist die annahme, ozé sei con- 
iunction und nach dic ein verb zu ergänzen, unannehmbar, Es ist 
vielmehr: folge mir, wie du einmal meinem vater folgtest. Selbst 
4 319 udàa uf» xev Èyuiv @Félosus xal avtoc | ws Eusv ws Ore 
diov "Egevdallwva xatéxtay möchte ich ebenso erklären. Auch 
v 66 ws d' Ste Iluvdagéou xovpas avédovro Iveldas — dc Ew 
cuotuoeiav °O%vuma dwpar Eyovrec kann nicht anders aufgefasst 
werden. So bleiben nur zwei besondere , unter einander gleich- 
artige fälle, wo man das dze in we dre als coniunction aufzufassen 
hat, wo es aber auch ‚gar keiner ellipsenaunahme bedarf, H 133 
ab ydQ — nou Gg ov én’ wxvoow Kelddovts payovro | ayed- 
pevos [IóJaof te xoi ’Agxades. Hier wünscht Nestor, augenblick- 
lich noch so jugendkräftig zu sein wie zu der zeit wo —, dre ist 
also hier temporale coniunction. Ebenso in der ganz gleichen 
stelle £ 469, und ebenso das önore in we 0° önore in demselben 
formelhaften wunsche A 671, 4 630, während in den anderen 
stellen, wo ws d° önore vorkommt (A 305, 492, d 335, o 126) 
das önore ebenso gut wie oben öze als adverb zu fassen ist, als 
welches es ja auch © 230 verstanden werden muss, wenn man 
nicht zu den verschiedensten ellipsen seine zuflucht nehmen will, 

Wenn ferner der verfasser II, p. 5 an stellen wie P 627 
ovd Pia? Aluviu — Zeus, ore on Touecos didov ErequAxta 
stay und d 262 diryy dè pertotevov, iv “Agoodicy | ddy’, dte m 
nyaye xetce annimmt, dass hier eine logische beziehung , welche 
im spáteren gebrauche durch ein particip ausgedrückt wird, in 
einen temporalsatz gekleidet sei, so habe ich meine grundsätzlich 
verschiedene auffassung dieser und ein paar ühnlicher stellen in 
einer abhandlung über 6, ôt, dre im vorigen hefte dieser zeit- 
schrift dargelegt, auf welche ich mir zu verweisen erlaube. 

Endlich © 306 unxwr d° We Exéowoe xuon Baker, 9 7 bi 
ann | xo Qm Bordopéyn vorlnol ve slagıyjow, | we &éguo! È nuvoe 
xaen mnaAnxe Baguydév, welche stelle der verfasser II, p. 23 be- 
handelt, bin ich nicht einverstanden mit der von ihm adoptirten, 


698 Jahresberichte. 


‘sind und sonst der allgemeinen erfahrung des redenden und des 
hörers gemäss als solche dargestellt werden, die in jedem belie- 
bigen moment (der jedesmaligen gegenwart) wirklich sind. 
Somit spricht der indicativ praesentis das von einer vielheit gleich- 
artiger erfahrungen abstrahirte, durch zusammenfassung des ge- 
meinsamen gewonnene resultat in einem allgemeinen satze aus. 
Ueber den indicativ aoristi endlich — die dritte bei den gleich- 
nissen in betracht kommende sprachform — wird bemerkt, dass 
der gnomische aorist sowohl als auch der aorist in den schildernden 
partieen der gleichnisse seine existenz dem in der eigenthümlichkeit 
des griechischen ausdrucks liegenden streben nach individualisirung 
verdankt ; den allgemeinen gedanken, der sich als solcher im 
indicativ praesentis einen ausdruck schafft, gibt der indicativ aoristi 
im gewande einer concreten erfahrung und schafft ihm dadurch 
leichteren eingang bei dem nicht reflectirenden, sondern nur ge- 
stalten in sich aufnehmenden hörer, er macht, um mit Franke zu 
reden, einen fall zum vertreter aller. Dieser eine fall, der als 
ein irgendwann wirklich eingetretener dargestellt wird, erhält die 
geltung eines allgemeinen gedankens bei Homer an solchen 
stellen, an denen dieselbe beabsichtigt ist, auf eine ungesuchte 
weise durch die blosse vorstellung des jedesmaligen zusammenhangs, 
ohne dass hierin eine nôthigung gefunden werden müsste, diese 
allgemeine bedeutung auch auf die beschreibenden partieen der 
gleichnisse zu übertragen, vielmehr scheint es mehr im sinn der 
klarheit der objectivität und der ausschliessung des atticismus als 
unrichtigen massstabes für die auslegung Homers zu sein, den in- 
dicativ aoristi in den beschreibenden theilen des gleichnisses in 
seiner ursprünglichen, rein obiectiv erzählenden bedeutung zu ver- 
stehn. Dafür werden vom verfasser mit recht stellen wie O 274, 
d 494 angeführt, wo das nachfolgende imperfect die beziehung 
auf ein ereigniss der vergangenheit deutlich ausspricht, mit unrecht 
= 321, da die annahme einer auch bei Homer regelrecht beob- 
achteten consecutio temporum durchaus hinfällig ist. Dem indicativ 
aoristi in der protasis des gleichnisses wird jede gnomische all- 
gemeinheit des gedankens abgesprochen, sein sinn vielmehr dahin 
bestimmt, dass er eine vorstellung von individueller eigenthümlich- 
keit einführt, ähnlich wie der coniunctiv, nur etwa mit dem unter- 
schiede, dass der indicativ aoristi ein solches bild der einbildungs- 
kraft des hörers zur reproduction fertig überliefert, der coniunctiv 
dagegen gleichsam material und anregung zu selbständiger pro- 
duction bietet. 

Indem ich auf eine genauere besprechung der folgenden sorg- 
fältigen und eingehenden behandlung der gleichnisse, die in über- 
sichtlichen gruppen von den einfachsten formen an vorgeführt 
werden, im einzelnen verzichte und nur darauf aufmerksam mache, 
dass sie manche gute ästhetische und grammatische bemerkung 











Jahresberichte. 699 


‚bietet, hebe ich ein paar syntaktische fälle hervor, wo ich mit der 
auffassung des verfassers nicht einverstanden bin. 

In der auffassung der partikelverbindung wg Ore zur einleitung 
von gleichnissen bleibt sich der verfasser nicht gleich, indem er bei 
derselben bald ein verb ergänzt, z. b. 17 406 I, p. 29, bald die 
unmöglichkeit einer ergänzung anerkennt, wie # 712 I, p. 31. 
Ich glaube, dass man überhaupt mit der annahme von ellipsen im 
Homer sehr vorsichtig sein muss, besonders aber in diesem falle, 
wo die ellipsenannahme zu vielerlei willkührlichkeit und inconse- 
quenz führt. Vielmehr wird man hier mit Delbrück und Windisch 
und L. Lange dre als adverb im sinne von olim, einmal, zu neb- 
men haben. Dann erhält man eine für alle eigentlichen gleichnisse 
passende, natürliche und ungezwungene erklärung. Auch K 285 
Omsio os Ws Ote murgèi au ~onzo ist die annahme, ore sei con- 
iunction und nach wg ein verb zu ergänzen, unannehmbar. Es ist 
vielmehr: folge mir, wie du einmal meinem vater folgtest. Selbst 
4 319 pla pév xev Eywv èFElosus xal avrog | wo Èuev ws Ort 
diov "EgevJaAtuvo xatéxruy möchte ich ebenso erklären. Auch 
v 66 ws Jd’ ite Iluvdagéou xoígag àvfAovro Ivellas — dsc Eu 
cuotwoeay Oltpma dwpar Eyovızs kann nicht anders aufgefasst 
werden. So bleiben nur zwei besondere, unter einander gleich- 
artige fälle, wo man das éze in wo dre als coniunction aufzufassen 
hat, wo es aber auch gar keiner ellipsenannahme bedarf, H 133 
at yag — nfou Gg or én’ wxvoow Keladovss payovro | ayeo- 
uevos IlvAsol ze xai ’Agxades. Hier wünscht Nestor, augenblick- 
lich noch so jugendkräftig zu sein wie zu der zeit wo —, Ore ist 
also hier temporale coniunction. Ebenso in der ganz gleichen 
stelle & 469, und ebenso das omoze in we 0° önore in demselben 
formelhaften wunsche A 671, 4/ 630, während in den anderen 
stellen, wo wo d’ önore vorkommt (A 305, 492, à 335, o 126) 
das önore ebenso gut wie oben öze als adverb zu fassen ist, als 
welches es ja auch © 230 verstanden werden muss, wenn man 
nicht zu den verschiedensten ellipsen seine zuflucht nehmen will. 

Wenn ferner der verfasser II, p. 5 an stellen wie P 627 
ovd Fad Aluvın — Zeus, ore dy Toweoos didov értQodxta 
vtany und d 262 arnv dè meréorevor, nv ’Agyoodiın | dày, dts 4 
nyaye xeioe annimmt, dass hier eine logische beziehung , welche 
im späteren gebrauche durch ein particip ausgedrückt wird, in 
einen temporalsatz gekleidet sei, so habe ich meine grundsätzlich 
verschiedene auffassung dieser und ein paar ähnlicher stellen in 
einer abhandlung über 6, 62+, dre im vorigen hefte dieser zeit- 
schrift dargelegt, auf welche ich mir zu verweisen erlaube. 

Endlich © 306 unxwv d° dg #rfowos xuon Badev, f$ v bi 
«rac | xagn@ Bordouém vorígat te slagwgow, | we Erkgwo’ nuvos 
xàgn mines Baguydév, welche stelle der verfasser Il, p. 23 be- 
handelt, bin ich nicht einverstanden mit der von ihm adoptirten, 


‘400 Jahresberichte. 


allerdings auch von Lebes Ar, *, 868 vertretenen erklärung des 
sch. 4 xowó» to xdQm faler, noch weniger mit der zweiten der 
scholien: fosFouéyy üvri tov Polderas, da ich es weder für be- 
rechtigt halte, im relativsatze aus dem hauptsatze é1égwoe xor 
Badev zu ergänzen, noch für möglich, dass das participium ohne 
weiteres statt des verbi finiti stehn kann, sondern halte Nikaners 
erklärung für die richtigste As(zz& to Zouv, nur dass ich die an- 
nahme dieser ellipse nicht einmal für nöthig ansehe, sondern êvi 
«nr als hinreichende vertretung des praedicats betrachte und in 
dem hinzugefügten participium das tertium comparationis erblicke. 

Die abhandlung E. H. Friedländers über den gebrauch der 
coniunction öre bei Homer liegt allerdings erheblich jenseits der 
zeitgränze dieses jabresberichts, dennoch möge mir gestattet sein, 
hier kurz auf dieselbe hinzuweisen, da ihre besprechung in den 
früheren berichten dieser zeitschrift unterblieben ist. Sie verdient 
nämlich eine hervorhebung wegen der grossen sorgfalt, mit der das 
material gesammelt ist (es fehlen höchstens 3— 4 wenig wesent- 
liche stellen) und wegen der eingehenden und umsichtigen erörte- 
rung der wichtigeren stellen. Zu bedauern ist nur, dass nicht 
durch den druck und die äussere anordnung für grössere übersicht- 
lichkeit sorge getragen ist. Ausserdem war, wenn die drei haupt- 
theile der abhandlung: ore mit dem indicativ, mit dem coniunctiv, 
mit dem optativ (dazu kam eigentlich noch als vierter Ste ohne 
verbum) sich von selbst verstehn, innerhalb dieser die anordnung 
vielleicht noch strenger nach formellen gesichtspuncten zu treffen 
und waren z. b. die praepositiven und postpositiven öre-sätze zu 
sondern. Hauptsächlich ist zu bedauern, dass gar nicht auf die 
etymologie und den ursprung der coniunction eingegangen, sondern 
die temporale bedeutung als von allem anfang an in derselben ur- 
sprünglich vorhanden betrachtet ist, ein irrthum, der mehrfach dem 
verfasser die erkenntniss der wahren entwicklung verschlossen hat. 
Denn 07e war von anfang an gar nicht temporale coniunction, und 
dafür, dass es das nicht war, liegen die beweise in den homeri- 
schen gedichten selbst vor, wie ich in meiner oben erwähnten ab- 
handlung dargethan zu haben glaube. 

Die abhandlungen von Pfudel und Sernatinger, zu denen 
ich mich nunmehr wende, betreffen zum theil denselben gegenstand. 
Pfudel behandelt nämlich im ersten theile seiner beiträge zur syntax 
der causalsätze bei Homer den gebrauch des proleptischen 720, 
während er im zweiten die verwendung der coniunctionen 6 und 
ow erörtert. Sernatinger aber hat sich in seinen beiden in sehr 
fliessendem und gewandtem latein geschriebenen abhandlungen die 
aufgabe gestellt, die bedeutung und den gebrauch der partikel yag 
überhaupt, und zwar nicht bloss bei Homer, sondern auch in der 
späteren graecität darzustellen, und behandelt so alle wichtigen 
gebrauchsweisen des wörtchens, darunter auch eingehend die von 





Jahresberichte, 701 


Pfudel besprochenen besonderen fille. Obgleich nun beide die in 
betracht kommenden fälle sorgfältig erörtern und man ihnen im 
einzelnen vielfach zustimmen wird, so befinde ich mich doch beiden 
gegenüber in einem principiellen gegensatze. Der von Pfudel 
adoptirten und bei neueren grammatikern und erklärern üblichen 
bezeichnung „proleptisches yag“ liegt eine nicht ganz richtige an- 
schauung zu grunde, nämlich die, dass y&Q von haus aus eine 
satzverbindende coniunction mit erklärendem oder begründendem 
sinne sei, daher müssten alle y&Q - sätze eigentlich einen anderen 
satz begründen oder erklären und sei die natürliche stellung der- 
selben die postpositive. Wenn also yo im anfang stehe, so sei 
der satz, den es begründe oder erkläre, entweder im folgenden zu 
suchen oder zu ergänzen. Da aber yao, wie jetzt allgemein aner- 
kannt wird und auch Pfudel anerkennt, Sernatinger wenigstens als 
allgemein angenommen bezeichnet, aus yè und aga entstanden ist, 
so folgt daraus, dass es ursprünglich gar nicht satzverbindende 
coniunction begründenden oder erklärenden sinnes gewesen ist, son- 
dern dass dieser sion erst durch eine allmähliche entwickelung in 
das würtchen hineingekommen ist, und dass es ursprünglich, wie 
Bäumlein unterss. p. 68 richtig erkannt hat, dazu dient „einen satz 
als gewiss und unbestreitbar, als eine thatsache, die einmal so ist, 
hervorzuheben“. Es ergibt sich weiter aus der beobachtung des 
homerischen sprachgebrauchs, dass es hier eine ganze anzahl ver- 
schiedenartiger fälle gibt, wo yag seine späteren abgeleiteten be- 
deutungen, die causale und explicative, noch gar nicht hat und 
haben kann, wenn man nicht zu allerlei bedenklichen interpreta- 
tionskiinsten, wie zu der annahme von ellipsen und ähnlichem seine 
zuflucht nimmt. Ich halte es deswegen auch nicht ftir methodisch, 
wenn Pfudel die fälle des s. g. proleptischen ydo von vornherein 
so eintheilt, dass er entweder proleptisch-explicatives oder pro- 
leptisoh-causales yo in denselben erkennt, sondern ich meine, dass 
man zunächst unbekümmert um die bedeutung des yao die gesammt- 
heit der fälle, in denen sich der yao-satz nicht explicativ oder 
causal an einen vorhergehenden satz anschliesst, um nicht der rich- 
tigen auffassung zu präjudiciren, streng nach formellen gesichts- 
‘ puncten zu gruppiren und zu ordnen hat. Während aber Pfudel 
mehrfach der richtigen auffassung ziemlich nahe kömmt, bleibt Ser- 
natinger vollständig bei der hergebrachten ansicht stehn, dass yd 
immer, auch bei Homer, argumentativ und explicativ gebraucht 
werde Zur stütze dieser ansicht, muss er natürlich annehmen 
particulam: ydQ rationem reddere sententiae aut superioris aut in- 
sequentis aut animo et cogitatione supplendae , und die annahme 
von ellipsen muss recht hüufig, wie wir sehn werden, zur aushülfe 
dienen. Doch es ist unerlässlich, dass ich genauer auf die ein- 
zelnen : fälle: eingehe. , und zwar werde ich dieselben mit berück- 
sichtigung. Pfudel's und Sernatinger’s in der entwicklungsreihe vor- 


702 Jahresberichte. 


zuführen suchen, als deren endpunct der gebrauch des gewöhnlichen 
postpositiven yag-satzes zu betrachten ist. 

Zunächst war von Pfudel ausdrücklich hervorzuheben, dass 
die fälle für den fraglichen gebrauch des yag, die er erwähnt (36), 
weitaus überwiegend (34) sich in reden finden, nur zwei in den 
"AnoAoyos des Odysseus, wo der dichter also auch einen anderen 
reden lässt, keine in der sonstigen erzählung. 

Ich gehe nun von den fällen aus, wo der yag-satz in aus- 
sageform nach einem oder mehreren einleitenden versen dem satze, 
der logisch betrachtet den bauptgedanken enthält, einfach voran- 
geht. So x 407 yamBoùs êuoc Fvyurto te, theo?” Ovou Örrs 
xey exo | noAloiow yao tywys ddvacapevog 100. ixarw, — 1H 
d "Odvotoc 6 ovow Eorw Enuvunor und P 221 xéxhure wugla pula 
REQIKTIOVWV dvdewrwr. | ov yao o nà993v dibnpevos ovdè ya- 
situ | vu’ agp’ vuertowr mollwy Nyeıpa Exaotoy, GAN Wa x12. 
— 1$ ng viv l9uc verguppévos 1| &noA£c9u | fè cawdnrw. Bei- 
demal steht der folgende satz im imperativ und ist an der ersten 
stelle mit 76 d’ = diesem aber, angeknüpft, das den gegensatz zu 
dem Zywye des yao-satzes bildet, es ist also in der sprache noch 
kein ausdruck und keine empfindung dafür vorhanden, das der yag- 
satz dem folgenden nach seinem logischen werthe untergeordnet 
ist. Vielmehr ist zu übersetzen: vielen ja gezürnt habend komme 
ich hieher, dieser aber soll (dem entsprechend) der zürner heissen 
(Sernat. I, p. 57 fasst das 76 hier schwerlich richtig als „des- 
halb. An der zweiten stelle ist die aufforderung mit 1@ „des- 
halb“ angekniipft, nachdem mit dem satze mit yag (ja) die ansicht 
des Hektor, auf deren grund er die folgende aufforderung aus- 
spricht, als eine selbstverstündliche, natürliche bezeichnet ist. Hie- 
her gehören ferner B 803 "Exrog ‚cos dè jadsor’ énstéMouas 
woe ye b&Ea0. | ooi yàg xata dor péya Iosapov Enixovgos —, 
toiow Exactog àvijo onpoosvérco olot EQ agre , H 13 (nach sechs 
einleitenden versen) ópi» d’ à» yag Éuoi dgsorijes Havagasy | 
Toy viv Ov tura Ivuòs duoi payécacdas avwyt, | devo” fro, 
À 69 viv dé ce tiv OnsFev yovrvülopus xrÀ. — olda ‚rag we i»- 
Fede xw)» dopov PE (dao | voor ig Alalny oyiasıs svegyéa 
vga’ | Ia 0’ Ensuite, avat, xélouar urjoacdas éuoîo. ui w 
Gxlavroy &Pantov luv onde xatadelnesy, und N 736 aiiag éywy 
dom ws pos doxei elvas dgsora. | návim ydQ CE nti orépavog 
noléuoso dédney | — Wu’ avayacocuevos xdÀey evade navrraç 
Golorovs. Im folgenden satz, der logisch betrachtet den hauptge- 
danken bildet, steht dreimal der imperativ, einmal der infinitiv in 
imperativischem sinne, eingeleitet durch eine auffordernde phrase, 
Die anknüpfung erfolgt B 805, H 74 durch ein auf das subject 
des yag- satzes zurückweisendes pronomen demonstrativum (roîcsv 
und zw»), A 71 durch das auf die im yag-satze bezeichnete ört- 
Jichkeit zuriickweisende 9a, an der vierten stelle N 740 durch 





Jahresberichte, 703 


das auffordernde Ada (so denn). Pfudel p. 8 ergänzt ‘unnôthiger 
weise B 805 vor dem zoîosw zur vervollständigung des gedankens 
ein zw». Hieher stelle ich noch die von Pfudel und Sernatinger 
nicht erwähnten stellen 77 239 nd’ Ee xai vvv pos tod émxgrinvoy 
221dwg. | avtòs uiv yàg eyo pevéw uno éy aya, | add’ Eragov 
néunmao — uoovaodas T xudog ua nooec, zügvona Zev, 2 662 
dé x£ por flor, "Ape ; xeyaQiopéva Felns. | olo9a yàg ws 
xatk Got &hueda, modi d” tay akéues — vag phy x 
«vió» dvi peyagors yokowutv , ti) dex ty dé ne Jantosuer xl, 
E 496 xAdze, gplAos“ Jelóg pos dvomviov Fader ovesgos. | Alyy yao 
yndv éxdg mA doper Ga vig ein elneiv Argeldn x14., und y 362 
coi dè, yuvas, tad” énnéllu mwvif meo tovon | adrlxa yàg paris 
stow du nello. avv | ardowv Arnorngwy s OÙG Extavov dv us- 
yagoıow' | eis $ed? dvafüca — Yoda, undé uva 7001100080 
und’ égéssve. An letzter stelle ist bemerkenswerth, dass der satz, 
der logisch betrachtet den hauptgedanken enthält, dem yag - satz 
asyndetisch folgt, wodurch letzterer den eindruck einer parenthe- 
tisch vorgeschobenen erläuterung macht. 

In der folgenden gruppe von beispielen tritt nun insofern 
eine engere verbindung zwischen dem ydo-satze und dem folgenden 
hauptgedanken ein, als nach einem vocative der anrede zunächst 
der yag-satz und dann der letztere folgt. Hieher gehören a 337 
Due, noMa ‚rag adhe. Beotwy Felamosa oldas — Try £y yé- 
opi desde zagnutvog, W 890 Argetdn, louer yàg 0000» nçoft- 
Byxag andviwy xrÀ. — adhe ou piv rod &tJÀov Eywv xoldas 
ini vnas Eoyev , x 226 w plios, Évdov yao ug énouyouévy p£yay 
íazo» | xahòv doid wies — aa PIeyyupedu daocor, x 190 
ylAoı, où ydo t Yduev 6 ony Lo pos oud” ony Huss — da Peake 
pedo. Fa000v xıh., x 70 w plâos, où yàQ Oynoe „ande öde xeigas 
auntovg — alla urnowusda qaounss x 174 dò los, où rag 
au æuradicopsd" äyvuuerol neg | ee "dtdao domous — 4A 
ayet — umoopeda Bewuns, w 154 w pldos, ov yàg xen Eva 
eros , ovdi du” olovg | Jécpad | aaa’ égéco wev yov, y 248 
@ yuvas, ov yag no Tavruv mi melgar’ aéFhwy | AP ower — 
GAN Égyev, Aéxroovd” Tower, wu 208 di plAoı, ov yag mu U xax» 
adanmords eluev — viv 0 ayed’, ws avtyuwv enw, naduueda 
auytes. In einem dieser beispiele weist der folgende imperativische 
satz mit dem demonstrativum zw» auf das obiect des yag - satzes 
zurück. Sonst ist der folgende satz mit 4AÀ4, GAN Gyere, viv d’ 
ayete angeknüpft und steht im imperativ oder coniunctivus adhor- 
tativus, einmal im futurum. Hieber gehört auch d 722 xdure, 
glia negl ydQ wor Oluuriog adye’ Edwxev — adhd Ti drengds 
Molloy xaˣGss, nur dass hier vor dem vocativ noch ein allgemein 
einleitender imperativ steht. — Statt des «AA erscheint dé u 320 
w glos, dv yàg vni Jof Boüotg Te 0016 te | our, 1» dé Bow» 
dregoueta und 0 259 w yuvai, ov yàg dlw Évxrquedus “Agosove | 


70% Jahresberichte. 


ix: Tootng tb waving Aannuovag anovéseoPas — 008 d' ivdade 
nüvra: utkóvrov. Endlich ist H 328 ’Argeldn ve xoi &Alos des- 
ores Havayasiy, | woÂloi rag teDvaos xagnzondwves "Ayasol — 
tH ce yon TOE wor piv au goi navoas yov xt. der fol- 
gende satz mit 7@ „deshalb“ angeknüpft und hat yey c. inf. 
Auch hier sind die y&Q -sütze im sprachbewusstsein, wie die an- 
knüpfung des folgenden beweist, noch nicht als dem folgenden 
satze untergeordnet empfunden. Das ydg ist auch hier durch „ja“ 
zu. übersetzen. Denn auch H 328, wo ré@ folgt, gibt der yag- 
satz zunächst die allen bekannte thatsache an, um daran die fol- 
gende aufforderung zu knüpfen. Hieher gehören auch noch 2 334 
“Egpetar coi ydQ te padora ye plraror bor | avdoè Erasgloous 
— fuck th, xci Hetopov xothas eni vias “Azov | dg ayay’ 
xtà., e 29 ‘Equela où yàg avre ta Y adda neo Gyysdos toc | 
"den Eunloxaum eineiv „Pnwegr£o fovijv, #4 156 Argeldn , Cot 

TE nahsord yt dads "Ayav | nelcovras uvdosdir, yooto pev 
ton xai 0004, vv d’ and vgxaüng oxédacoy, wobei indessen in 
den ersten beiden beispielen der yag-satz den eindruck macht, als 
sei er parenthetisch vorgeschoben, weil der hauptgedanke asyn- 
detisch nachfolgt. Dadurch erhält die thatsache, dass er logisch 
geringeren werth hat als der folgende hauptgedanke, bereits einen 
gewissen sprachlichen ausdruck und insofern bilden diese zwei bei- 
spiele (nebst 362, s. oben) bereits den übergang zu der dritten 
gruppe, von der gleich zu sprechen sein wird. Uebrigens will 
Pfudel p. 17 in den zuletzt angeführten drei beispielen die an- 
nahme des s. g. proleptischen yo nicht gelten lassen, sondern 
fasst hier und P 475 (s. unten) mit Ameis das ydg als begrün- 
dung der vorhergehenden „emphatischen anrede“. Indessen sehe ich 
keinen hinlänglichen grund, diese beispiele aus der reihe der übri- 
gen herauszureissen und für sie eine besondere erklärung aufzu- 
stellen. Auch ist eine besondere emphase der anrede durch nichts 
angedeutet, ausserdem ist dann eine ellipsenannahme nöthig, indem 
man etwa hinzudenkt: „an dich gerade wende ich mich“, eine 
solche annahme ist aber zurückzuweisen, so lange wir ohne sie 
ebensogut oder besser auskommen, also werden wir sagen: auch 
in- diesen fällen enthält der yag-satz die allgemeine grundlage, die 
dureh das ydg als bekannt und zugestauden bezeichnet wird, auf 
welcher die jedesmal nachfolgende besondere bitte ruht. So scheint 
mir Sernatinger II, p. 6. 12. 13 über diese stellen richtiger zu 
urtheilen als Pfudel. 

In einer dritten gruppe stelle ich zusammen 4 286 go pév 
— ov yàg osx’ örguveuev — où u xedevw, M 326 viv dD — 
Enns 7àg «rote Eyeoracıy Fuvatoso — Towen, 2 223 vw d’ — 
autos yàg 0.x0000 IFeov xai elctdgaxov avımy — eius, a 301, 
y [199] xai ov, gtioc, — pala ydo 0° 006w xaldy te péyay 
ze — admpos too, U 858 og dé ne pngiv3oro "m , 0evidog 





Jahresberichte. 705 


apagrav, — nooun yàg dì xeivog — 6 À olcetas fpwrélexxa, 
E 355 of dì mayada orevayovres | poltwr add’ — ov yag Cpu 
épalrero xéodiov sivo, | paleoda nootéow, roi uiv nadv avis 
EBouvoy xr. Diese fälle haben das gemeinsame, dass in ihnen 
der yao-satz nicht bloss nach einem vocativ der anrede steht, son- 
dern in den satz, welcher den hauptgedanken enthält, nachdem 
dieser mit einem oder ein paar worten begonnen, denselben unter- 
brechend eingeschaltet wird, worauf dann der hauptsatz, natürlich 
ohne alle weitere verbindung mit dem yaQ -satz und äussere be- 
ziehung auf denselben, zu ende geführt wird. Es scheint mir dies 
insofern bereits eine spätere entwicklungsstufe zu sein, als durch 
die wirklich parenthetische einkapselung des yxo-satzes in den 
anderen von seiten der sprache bereits deutlicher ausgedrückt ist, 
dass der erstere dem letzteren gegenüber nur untergeordneten werth 
hat. Dass auch & 355 in diese kategorie gehört, d. h. dass das 
dla nicht unmittelbar mit dem folgenden ov rag verbunden wer- 
den darf, geht aus dem asyndetisch folgenden tot uà» x14. hervor. 
Ich halte es also für richtiger, an allen diesen stellen mit Pfudel 
die zeichen der parenthese zu setzen, als sie mit Sernatinger weg- 
zulassen. Dagegen stimme ich mit Pfudel nicht überein über N 228 
alla, Ooav > xai yàp ‚20 10005 pevediios 7090 > örgureg dè xai 
addov — tH voy une andhyye xi., P 338 aAM fu ydo ts 
gos Jed» — Ziv, vno: pyowe, pwayns émira.ggoSov elvar. 
rj 6 i9vc Aavawy Vopev , O 739 Gav èr rag Tewwy neo (o 
"vxo Fwenxra w — és nueda mareldoc alng* tw ia ‚zegch 
góuc, ov puesdiyin nodépuoso, ı 591 aaa’ ov y&Q wg lou» à GUIEVOUG 
i ppevos ali | GvJgumovg ènì yág toe Éx4O:Q poigav Foxy ' 
aJovatos Ovyroicw — GA 0 piv iyi —  At&opas sic eUviy, 
und H 242 ddd où yue 0° 2IAw Badgew tovovtoy êovra | Laden 
Onsmevoag, GAA’ aupador, at xe tigwui. An den ersten drei 
stellen ist der folgende satz mit zw „deshalb“ angekniipft und das 
verb steht einmal im adhortativen coniunctiv, einmal im imperativ, 
einmal steht eine sentenz, die adhortativen werth hat. An der 
vierten stelle folgt «AAa c. ind. futuri, an der fünften gar kein wei- 
terer satz. Zunächst halte ich nicht für richtig, wenn Pfudel p. 15, 
N 228 nach @cay ein kolon setzt und &AA« cohortativ nimmt, 
vielmehr fasse ich adda in abbrechendem sinne und setze nach 
@oay nur ein komma, denn der imperativ folgt nicht ohne verbin- 
dung, so dass man xai vag xt. als parenthese nehmen könnte, 
sondern bezieht sich mit 7@ auf den vorhergehenden y&Q - satz: 
aber, Thoas, du warst ja auch früher ausharrend im kampf, des- 
halb u. s. w. So erinnert Idomeneus den Thoas an eine zweifellos 
feststehende thatsache, um an dieselbe die folgende aufforderung zu 
knüpfen. Auch P 338 ziehe ich aus demselben grunde das GA 
nicht in cohortativem sinne zu louer, sondern fasse es in gegen- 
sätzlichem sinne, Aehnlich ist a4A& O 739 nach vorhergehendem 


Philologus. XXXVI. bd. -4. , 45 


706 Jahresberichte, 


negativen satze „sondern“, und z 591 „aber“, und ich sehe hier 
nicht mit Pfudel où y&Q xıA. als parenthese an, so dass das erste 
&AÀa „aber“ durch das nach der vermeintlichen parenthese folgende 
zweite alla „wohlan“ wieder aufgenommen würde, da der fol- 
gende satz nicht asyndetisch antritt, sondern ich verbinde &A4” ov 
yéo: aber nicht können die menschen ja immer schlaflos sein, so 
will ich denn u. s. w. Die parenthesenannahme in solchem falle 
entspringt eben dem streben, möglichst deutlich ein begründendes 
yàg herzustellen und erweist sich als gänzlich verfehlt an der 
letzten stelle, wo eben kein satz nachfolgt. Hier greift Pfudel 
p. 16 daher auch noch zur ellipsenannahme (ebenso Sernatinger IL, 
p. 38), fasst dann das erste GAÀ' aufmunternd, das zweite, wie es 
seheint, als das erste aufnehmend, und ergänzt dann zu dugyador 
aus der vermeintlichen parenthese einen coniunctivus adhortativus: 
wohlan, ich will offen werfen. Wie viel natürlicher ist, anzu- 
nehmen, dass Hector mit dem ersten cada die vorhergehende rede 
abbricht, keine parenthese zu denken, das zweite «AA« als „son- 
dern“ zu fassen und nichts zu ergänzen: aber ich will dich ja 
nicht heimlich werfen, sondern offen | — worauf er eben offen 
wirft. So kann die stelle zeigen, dass yág in der verbindung: mit 
GMa nicht begründend zu sein braucht, ja nicht sein kann, son- 
dern wie unser „ja“ bloss eine thatsache als selbstverständlich und 
natürlich bezeichnet. Uebrigens hätte Pfudel zu diesen beispielen 
auch noch 4/ 607 adda où yàg dn mod’ Enudeg xai oA èuo— 
" ynoag — tH tov Asooouér® érmxeloouœ stellen sollen. Dass aber 
meine auffassung von dAAd yao die richtige ist, scheinen mir 
stellen zu beweisen wie x 202 xAaîov dì Myéws, Fadegdy xai 
daxov yéovrec | add’ où ydo 146 non&ıg èylyvero pvoopévoscsy cf. 
x 568, oder À 393 xAaîe d° è ye Ayéwc, Haleoov xaz& ddxquor 
elo NI RUTVAG eig uè yeloas, defEaotas pevealviove | add’ ov 
yag où Er nv Vc Éuxedos, wo eben weiter kein satz folgt. Ser- 
natinger II, p. 39 hilft sich in diesem falle natürlich mit ellipsen- 
aunahme und ergänzt z. b. x 202 zwischen «44° und ov y&Q stulte 
fecerunt atque pueriliter. 

Während wir in den bisher behandelten beispielen mit solchen 
fällen zu thun hatten, wo der yxo-satz überhaupt in reden (und 
in den “Ancdoyos des Odysseus) auftrat, verdient eine besondere 
besprechung der fall, wo der yag-satz zwar auch in reden, aber 
speciell zu anfang derselben in der antwort auftritt und zwar 
a) in aussageform, b) in frageform. Zunächst in aussageform 
A 293 7 rag xev desdog TE xol obridavóc xaleolunr, e di 008 
AV Egyov umelEouar, 9:159 ov vag o ovdé, Feive, danporr guri 
&oxo l ur und mit einem vocativ vorher z 350 &eive g(A" ov 
yao mos "iG avg RETVUUÉYOG ade | selve misdunwy quta» èpov 
txeto diua — For dé por yonvs — fl oe nodas viper, o 78 
Heigas’, où ydo © idper onws Foray de Egya. | et xtv iue urg- 











Jahresberichte, 707 


Orig: — dad on xtelvavtes motQuha nave dacwvras , avrov 
Eyovia os Bovio éravçéuer À 7 uva ıwvde, E 402 Hey, ovrw yao 
xév por èvadeln © ageın 1e | ein Em avdowrovs xi. A 293 
hat man nicht nôthig mit Pfudel p. 23 „ja allerdings widerspreche 
ich, denn u. s. w.“ zu ergänzen, sondern es ist: fürwahr ich 
würde ja u. s. w. + 159 hat man nicht mit Pfudel, Nitzsch, 
Faesi, Düntzer zu ergänzen : das dachte ich mir wohl, dass du dies 
ablehnen würdest, denn u. s. w., sondern Euryalos sagt höhnisch : 
freilich ich sehe dich auch, o fremdling, gar nicht für einen in 
kämpfen erfahrenen mann an. r 350 sagt Penelope auf die er- 
klärung des Odysseus, sich eventuell von einer alten frau die füsse 
waschen lassen zu wollen: lieber fremdling, es kam ja noch kein 
so verständiger mann in mein haus, der mir lieber gewesen wäre, 
ich habe aber (#07, dé wos) eine solche alte frau, die soll dir die 
fisse waschen. g 78 ist der folgende satz ohne verbindung an- 
geschlossen und enthält die willenserklärung durch fovAopa: c. inf. 
ausgedrückt. Endlich £ 402, welche stelle Pfudel p. 23 bespricht, 
wo wieder, wie in den ersten beispielen, überhaupt kein satz folgt, 
auf den man den yag~satz beziehen könnte, werden wir nicht mit 
ibm und Faesi zur ellipse unsere zuflucht nehmen, sondern die wen- 
dung, wie auch sie thun, ironisch verstehend einfach erklären: 

so freilich würde ich schönen ruhm gewinnen u. s. w. Das yag 
ist also in allen diesen fällen betheuernd, versichernd, eine that- 
sache als eine bekannte oder allgemein zugestandene hinstellend. 
Sernatinger II, p. 54 sq. nimmt natürlich in den betreffenden fällen 
mit Pfudel ellipse an. 

Zweitens erfolgt die antwort in frageform. Ein vocativ der 
anrede geht voraus x 383 w Kigxn, tig ue nev ave, 0c évaloi- 
pos ein, | noir thaly nacouodus êdnruos 508 moryros mol» xrà. 
Der folgende satz beginnt mit @AA& und hat den imperativ. Das 
yao in der rhetorischen frage ist ebenso zu fassen, wie oben in 
den negativen behauptungssätzen x 190, y 70 etc. In der frag- 
form entspricht daher unser nachgesetztes „denn“, denn dies be- 
zeichnet die frage oder die in ihr enthaltene behauptung als eine 
natürliche und selbstverstindliche. Ebenso steht es mit P 475 
Alxiuedov, tig yao To Ayaumv los ouotos | innwv wxvrodwr 
lyéuer dunow xtÀ., wo auch. ein satz mit 0444 im imperative 
folgt. Pfudel p. 18 betrachtet auch hier (s. oben) das yg als 
begründung der ,empbatischen* anrede, wozu ich hier noch we- 
niger grund finde als an den drei oben besprochenen stellen. Dass 
es übrigens für solche fragen mit yag durchaus nicht nothwendig 
ist, dass noch ein zweiter satz folgt, dessen vorausgeschickte be- 
gründung der ydég-satz enthielte, mit anderen worten: dass das 
yéo auch in solchen füllen nicht eigentlich proleptisch, sondern 
aus einer früheren und der.etymologie näher liegenden bedeutung 
zu erklüren ist, als die explicative und argumentative sind, kann 


45 * 


708 Jahresberichte. 


die dritte rhetorische frage dieser art zeigen x 337 w Kigxn, müs 
yao pe xflecs goi mov sivas, wo .kein satz folgt, den die frage 
mit yao proleptisch begründen könnte. Vielmehr weist dieselbe 
die zumuthung der Kirke als eine unnatürliche zurück : wie kannst 
du denn u.s. w. in dem sinne von: das ist ja gar nicht zu be- 
greifen, eine unmögliche anforderung, ohne dass aber irgend etwas 
zu ergänzen wäre, wie Sernatinger II, p. 49 meint. Noch we- 
niger genügt als erklärung, wenn Pfudel p. 22 in dem y&Q ein- 
fach eine deutliche beziehung auf das vorhergehende erkennt. 
Ganz ebenso fasse ich A 123 ’Argeldn xidiore, gidoxteavwrare 
noyıwv, | mag y&Q tor dulcovos yfoac peyd Tumor Ayatol; wo 
Pfudel p. 21 zwar die unbaltbarkeit der Classen’schen ansicht, 
dass die frage mit yag den im folgenden liegenden hauptgedanken 
begründen solle, treffend zurückweist, aber seinerseits wieder zur 
ellipsenannahme greift und nach dem vocativ: „du hast nicht schön 
gesprochen“ ergänzt und meint, diese annahme durch g 381 ’Avstvo’, 
où uiv xada xoi 20FAög tav ayogevers, tho ydo xt. oder durch 
x 70 belegen zu können. Aber in den beiden Odysseestellen geht 
eben dem fragesatz mit ydQ ein behauptungssatz vorher, den der 
yao-satz begründet, und die folgerung, dass darauf hin auch A 123, 
wo dies nicht der fall ist, ein solcher behauptungssatz vorher er- 
gänzt werden müsste, wird eben nur für den zwingend sein, der 
von vornherein um jeden preis in yao an allen stellen entweder 
eine explicative oder argumentative bedeutung sucht und dadurch 
das unbefangene urtheil einbüsst. Ich nehme also A 123 ebenso 
wie x 337 als rhetorische frage. Sernatinger II, p. 50 nimmt 
natürlich mit Pfudel eine ellipse an, oder vielmehr bietet er drei, 
von denen man sich je nach geschmack eine aussuchen kann. 

Aber das yag findet sich nicht bloss in rhetorischen, sondern 
auch in eigentlichen fragen, so x 501 w Kloxn, tl yag zavım 
ödov ryeuovevoss; Z 182 "Ios Fea, 15 yao oe Pedy pol &yytkov 
qxev; (Aristarch las hier in seiner zweiten ausgabe zag, Bekker 
v oo), E 115 w glie, tio y&Q ce molato xteatecow Eoiow; Wüh- 
rend Pfudel p. 20 und Sernatinger Il, p. 47 auch in diesen fallen 
daran festhalten, das yo in eigentlich causaler bedeutung zu fas- 
sen (es soll den grund ausdrücken, weshalb man die vorhergehende 
auseinandersetzung oder den vorhergehenden befehl mangelhaft findet 
und weshalb man eine neue frage thun muss), nehme ich mit Bäum- 
lein unterss. p. 74 auch hier an, dass das yag zunächst die frage 
als eine natürliche und berechtigte bezeichnen soll. Diese bedeutung 
hat sich aber in den zuletzt angeführten beispielen abgeschwächt, 
z. b. X 182. Hier wird man mit Bäumlein sagen müssen, dass 
das ydo der frage nur noch „mehr ton und lebendigkeit verleibe*. 
Ganz in derselben weise gebrauchen wir unser nachgesetztes „denn“ 
oft in der frage. Ich glaube kaum, dass man in solchen fällen 
yao durch ein schlechter bezeugtes oder gar nicht überliefertes 3 


Jahresberichte. 709 


ao ersetzen darf, doch verdienen immerhin die einzelnen fälle, die 
bier in betracht kommen, noch eine genauere untersuchung. Hieher 
gehören auch noch folgende beispiele, wo kein vocativ der anrede 
vorhergeht: K 61 muc rag wor uvdw Emilie 708 nehevers ; 
(Düntzer 7’ ao’), K 424 Tg y&Q vv, Toweooı keuiywe£vor ix- 
nodo poso | eidove’ n ànàvtvJ9s (Düntzer 7° ag), O 201 ovrw 
ag di tou, yamoye xvavoyattar | zdvde péow Mi pùvdoy (Düntzer 
T ag), 0 509 nj yao tyw, gihe téxvov, Ww; x 222 noln yàg vw 
devoo, mote gie, vní ge vavtas | nyayov clc "ISáxgv; y 417 
inte yao où où Éevmeg (an den drei letzten stellen schreibt ausser 
Düntzer auch Bekker?, an der letzten auch Bekker! 7’ ag). Eine 
sichere entscheidung wird schwer sein, da auch die überlieferung 
an einigen stellen unsicher ist. 75 v' &o oder d&g’ wird gelesen 
A 8, B 761, Tr 226, 7€ v áp oder E M 409, Z 6, a 346, 
y 264, tinte v ag’ A 656, mog T do 2 188, y 22, anv ae 
N 307. — Endlich bemerke ich, dass yag in wünschen (ei ydQ 
oder o? yag) nach meiner auffassung dazu dient, den wunsch zu 
bekräftigen, ähnlich unserem „doch“, also auch in dieser anwen- 
dung von der ursprünglichen versichernden bedeutung ausgeht. 
Sernatinger II, p. 63 nimmt in solchen fällen mit Hoogeeven (ad 
Viger. 503) zur abwechselung zwei ellipsen an, eine vor, die an- 
dere nach ed yao. Vereinzelt endlich steht noch o 545 TnA£uay’, 
el yao xsv où nodby yoovov èvdade piuvoss, | tovde d' zyw xo- 
uw, Eevlwv dé où ov moFn Eorus, wo yog nicht in einem wunsche 
steht, wenn das überlieferte xà» richtig ist, sondern in einem fall- 
setzungssatze. Ich möchte auch hier nicht mit Pfudel p. 24 und 
Sernatinger II, p. 55 eine ellipse vor s? yag annehmen, etwa „sei 
unbesorgt“, sondern glaube, dass dieser gebrauch des y«g aus den 
wunschsätzen in die fallsetzungssätze übertragen ist und es auch 
in letzteren, wenn es sie nicht zur begründung .an das vorherge- 
hende anknüpft, wie 7 515, N 276, zur bekrüftigung der fall- 
setzung dienen kann (wenn wirklich). Ebenso wie o 545 fasse 
ich M 322 auf, übrigens vergleiche man zu ersterer stelle auch 
Lange, die partikel el p. 193. 

Das wären die stellen, wo yao nicht, wie in der später ge- 
wöhnlichen weise, zur begründung oder erklärung des vorherge- 
henden satzes dient (über 4 423 und v 273 bin ich mit Pfudel 
p. 23 sq. und Sernatinger I, p. 34, II, p. 34 dahin einverstanden, 
dass das yao zur erläuterung resp. begründung des vorhergehenden 
dient). Wenn wir nun die gesammtheit dieser erscheinungen unter 
einen einheitlichen gesichtspunkt bringen können, wie ich zu zeigen 
gesucht habe, der zudem durch die etymologie an die hand gegeben 
wird, sollen wir da vorziehen, und zwar nur der hergebrachten 
aus dem später gewöhnlichen gebrauche abstrahirten ansicht von 
yao zu liebe, ein immer nur entweder explicatives oder argumen- 
tatives yag auch dem Homer aufzuzwingen und, wenn kein ent- 





710 Jahresberichte. 


sprechender satz vorhergeht, anzunehmen, dass der yag-satz ent- 
weder einen folgenden satz begründe oder einen gar nicht vorhan- 
denen erst zu ergänzenden? Ich glaube, dass derjenige, welcher 
die erscheinungen der sprache in ihrer geschichtlichen entwicklung 
aufzufassen trachtet, sich nothwendig gegen das letztere verfahren 
erklüren muss. 

Die übrigen von Sernatinger behandelten gebrauchsweisen des 
ydQ bieten, soweit sie sich auf Homer beziehen, keine veranlassung 
zu besonderen bemerkungen. Ich wende mich daher zum zweiten 
theile der Pfadel’schen abhandlung, wo das causale 6 und özs bei 
Homer behandelt und die einschligigen fälle umsichtig und sorg- 
fältig erürtert werden. Doch kann ich mich hier kurz fassen, da 
ich meine ansicht über diese partikeln im vorigen hefte dieser zeit- 
schrift im zusammenhange dargelegt habe. Pfudel erklärt sich 
gegen die Bekkersche schreibung 6 7 an den stellen, wo die an- 
nahme eines temporalen 67e nicht möglich ist, und nimmt seiner- 
seits ein elidirtes örs an, obgleich oz auch bei den Attikern nicht 
elidirt, Die sammlung der stellen ist ziemlich vollständig, doch 
fehlt p. 27 y 146 für o (auch bei La Roche HSt. 75 ausgelassen), 
p. 28 für 9x c [393] = o 333, welche stelle angeführt ist, und 
v 248. Dagegen, dass die form özzs mit doppeltem 7 nur dem 
verse zu liebe gebildet ist, wie p. 33 behauptet wird, erheben die 
sprachvergleicher mit recht einspruch s. Curtius et.? 446. An 
druckfehlern bemerke ich p. 15 y 606 statt 4606, p. 22 K 337 
statt x 337, 3 154 statt 159, p. 28 v 216 statt e 216, P 623 
st. 655, c 41 st. A11, 2 558 statt 538, y 63 statt 36, p. 30 
y 577 statt W 577. 

Die abhandlung von Graef über den ursprung und gebrauch 
von wo beschränkt sich nicht auf Homer, sondern bringt auch 
mancherlei beispiele aus der späteren gräcität bei. Es wird auch 
nicht beabsichtigt, den homerischen gebrauch vollständig vorzu- 
führen, sondern es werden nur einige beispiele für verschiedene 
gebrauchsweisen von wg beigebracht. Die ansichten des verfassers 
sind zum theil sehr wunderlich. In der einleitung wird der ur- 
sprung der relativen pronomina und partikeln ausschliesslich auf die 
correlation zurückgeführt, was niemand für richtig halten wird, 
und dann erfahren wir, die ältesten formen des demonstrativen pro- 
nomens seien 706, 77, 10, diese formen seien dem dorischen dia- 
lekte eigenthümlich, Homer habe sie bewahrt, die tragiker nach- 
geahmt, Aristophanes als veraltet verspottet. Aber roc, mf ist 
weder im dorischen noch einem anderen griechischen dialekte vor- 
handen, also auch nicht von Homer bewahrt u.s.w. Aber, so 
wird fortgefahren, schon bei Homer finden sich auch schwächere 
formen dieses demonstrativen pronomens, nämlich ög und 6 (die der 
verfasser dem ionischen dialekte zuschreibt). Also wird als éine 
reihe aufgestellt 705, nj (das es nicht gibt), 05 (stamm ja) und o 


Jahresberichte. 711 


(stamm sa)! Wie nun vd (wie der verfasser mit Bekker? schreibt) 
von 705 komme, so wg von Og (sive 6). Letzteres sei bei Homer 
immer mit dem circumflex zu schreiben und habe bei demselben 
immer demonstrative bedeutung. Den sophisten erst verdanken 
wir den gebrauch der relativen pronomina und adverbia, Und zwar 
ging dies so zu. Aus dem ursatze TOUTO 10 Nouyua WG Bye, we 
Afyw, wo beide adverbia wg demonstrativ stehn sollen, entwickelte 
sich zunächst, ‚wohl nach dem geheimen zuge der wahlverwandt- 
schaft: zovio rO noüyue Éye wc, ws Afyw (wofür sich allerdings, 
wie der verfasser bemerkt, vielleicht keine beispiele beibringen 
lassen), und nachdem es einmal soweit gekommen war, (wir lassen 
den verfasser selber reden) adverbia wg, ws coniugii foedus ice- 
runt, ex quo coniugio nata est filia, nostra scilicet particula wg 
relativa, quae cum nasceretur, — veridicos Parcae coeperunt edere 
cantus — illique praedixere magnam in linguae graecae finibus po- 
testatem, simul vero accentus parentibus propris amissionem, id quod 
accidit, 

Doch ich will den leser nicht mit einem berichte darüber er- 
müden, wie im zweiten abschnitt die ansicht, dass bei Homer immer 
ws zu schreiben und dies überall demonstrativ zu fassen sei, durch- 
geführt wird, solche curiositäten und naivitäten mag nachlesen, wer 
sich dafür interessirt, ich will nur hervorheben, dass der verfasser 
wenigstens in einem falle vielleicht eine richtige übersetzung gibt, 
nämlich wenn er Jeóg we tlero dquew übersetzt: ein gott, so wurde 
er geehrt im volke. Bekanntlich erklären die alten dies postpo- 
sitive wc, das dann den accent bat, in ihrer weise als &»aczgogr] 
(so auch sch. D 7'230 statt dvagoga zu lesen cf. sch. BL 4 482), 
die neueren haben bemerkt, dass dasselbe eine vorhergehende con- 
sonantisch auslautende kurze silbe gewühnlich lingt cf. B 190, 
764, T 2, 230, 4 482, E 476, Z 443. I 155, 297, 302, 458, 
172, 237, M [176], N 470, 531, A 185, Z 57, 438, Y 200, 
431, X 434, e 36, 6 309, n 71, 9 173, À 413, È 205, c 29, 
296, z 234, 280, w 339 und vielleicht 7 60, à 32, wenn hier 
nicht die ursprüngliche länge der betreffenden silbe wirkte, also 
33—35mal, während eine kurze consonantisch auslautende silbe nur 
F 196, © 94, 271, N 137, y 299, also 5mal kurz bleibt. Aus- 
serdem findet vor diesem wc einmal keine elision statt (0 323) 
und wird 12mal eine auf langen vocal oder diphthong davor aus- 
lautende silbe nicht verkürzt. Bekker ABI. I, 204, wo die betref- 
fenden stellen, aber unvollständig und mit mebreren druckfeblern, 
zusammengestellt sind, sagt daher, das nachgesetzte wç verhält sich 
meist digammirt, L. Meyer KZ. XXI, 351. XXIII, 81 wollte es 
auf grund dieser erscheinung vom relativstamme ja ganz trennen, 
die meisten neueren haben trotzdem, und gewiss mit recht, an der 
Kuhnschen zusammenstellung mit sanskrit jat festgehalten. Wenn 
man also annehmen muss, dass nur in diesem falle des postpositiven 





712 Jahresberichte, 


aig das j seine kraft bewahrt hat und die nachwirkung des wenn 
auch verschwundenen sich hier bemerkbar macht, und wenn man 
ferner bedenkt, dass grade dies wg formelhaft auftritt, also dieser 
gebrauch ein sehr hohes alter voraussetzt (vgl. Windisch in Curtius 
Stud. II, 215), so wird man mir vielleicht beistimmen, wenn ich 
diesen speciellen gebrauch des wg nicht mit dem sonstigen rela- 
tiven gebrauch der partikel zusammenstelle, der sich aus der cor- 
relation entwickelt hat, sondern hier ursprüngliches so annehme, 
das anaphorisch auf das vorhergehende substantiv zurückweist. So 
erklärt sich ungezwungen die stellung, die bei der annahme ur- 
sprünglich relativer bedeutung des ws in dieser formel mir sonst 
nicht leicht zu deuten scheint, und erscheint auch die nachwirkung 
des $ natürlicher, als bei einem schon durch die relative entwick- 
lungsstufe hindurchgegangenen ws. 
Hannover. C. Capelle. 


Zu Tacit. Dial. de oratoribus. 


Cap. 7: Tum mihi supra tribunatus et praeluras et consu- 
latus ascendere videor, tum habere, quod si non in alio oritur, 
nec codicillis datur nec cum gratia venit, —  Pithóus hat zuerst 
alvo vorgeschlagen, nur verdarb er seine vortreffliche conjectur 
durch auslassung von si. Also lesen wir: quod si non in alvo 
oritur = quod si non innascitur. Vgl. cap. 10: quibus natura 
sua (= ortus suus) oratorium ingenium  denegavit. Alvus wie 
sonst = uterus, Cic. Div. 1, 20: cum praegnans Dionysium alvo 
contineret. Hor. Od. 4, 6, 20: matris in alvo. 

Cap. 10: Quando enim rarissimarum recitationum fama in 
totam urbem penetrat? nedum ut per tot provincias innotescat. 
Rarissimarum kann nicht von der zahl der vorlesungen verstanden 
werden; diese waren gerade in Rom allzu zahlreich: das beweisen 
viele stellen in Horaz’ satiren und episteln und von späteren, z. b. 
Juvenal (1, 1), Persius (1, 15 ff.), Martial (3, 44), Plinius (Epist. 
1, 13. 8; 12) u. a. — Ich möchte carissimarum lesen was zu 
Aper’s worten in cap. 9 trefflich passt. Vgl. zum gedanken auch 
Iuven. Sat. 7, 45: Nemo dabit regum, quanti subsellia constent. 

Ibid.: Non paterer immanes illos et ad pugnam natos lacertos 
levitate iaculi aut iactu disci vanescere. — Liesse sich nicht 
statt des verdorbenen ablativs iactu der genetiv iactus setzen? 

Ibid.: meditatus videris aut elegisse personam notabilem et 
cum auctoritate dicturam. Statt des offenbar falschen aut ist ante, 
hanc, ut, ultro, etiam vorgeschlagen. Einfacher scheint autem, 
was bei erklirenden zusätzen häufig ist. Vgl. Cicer. Tusc. 1, 2: 
duxerat autem consul ille in Aetoliam, ut scimus, Ennium. 5, 23: 
erant autem principes mecum. Brut. 75: complures autem legi. 

Berlin, M. Oberberger. 





> ee 








II. MISCELLEN. 4 


A. Zur erklärung und kritik der schriftsteller. 


17. Zu Euripides Hippolytus. 
(S. ob. p. 565). 


.V. 902 —4. Auf den weheruf des Theseus eilt Hippolyt, der 

von dem tode der Phüdra noch nichts weiss, herbei und spricht: 

xQuvy?c Gxovoag Oc quom», TATED, 

onovdj" 10 ufvro, nQüyu! eg’ dw orévers 

ovx oîda, Bovdoluny Ó' dv Ex céder xÀotw. 
Dass die dramatischen dichter für wzws (und ovrog) stets or 
(und órov) sagen, hat schon Elmsley beobachtet (Soph. 0. C. 1673 
wird statt des bandscbriftlichen qz», mit Badham Philol. X, 339 
jetzt wrwe geschrieben), ferner bat schon Matthiä darauf hinge- 
wiesen, dass die syntax in v. 903 das einfache relativum fordert. 
Einige, wie Nauck und Weil, schreiben darum nach Christ. Pat. 
v. 844 èp° d tè viv. Aber die nachdrückliche hervorhebung der 
zeit durch ta viv, welches noch dazu bei Euripides selten ist (Hel. 
631. Heracl 641. Herc. f. 246. Iph. A. 537. Med. 494. Or. 
430. 660), erscheint durchaus unpassend. Es klingt, als wollte 
Hippolyt sagen: ,du hast auch immer zu jammern. Was stóhnst 
du denn jetzt schon wieder?“ Das schwanken der handschriften 

vi 

(ipurivi A. 2 dir, BEac C. 2g? cite viv [vw von 2. hand] d. 
&p’ eu» [-viv 2. hand] B. è’ @ »v» C.) führt mich auf die ver- 
muthung, dass wir es mit einer verschiedenartig ausgefüllten lücke 
des archetypus zu thun haben. Man könnte etwa vermuthen è’ 
Q tocov oréverg nach Andr. 822. Phoen. 1425 oder orévess yog 
(cx) nach lon. 777. Suppl. 820, das wahrscheinlichste aber ist 





714 Miscellen. 


mir dp’ © xarucréreig nach Iph. A. 470 into teaver cuppogàs 
xatuottrew. 

V. 932—5. M Hippolytus hat den Theseus gebeten, ihm uä- 
heres über den tod der Phädra mitzutheilen. Anstatt dies zu thun, 
beklagt es Theseus, dass die menschen noch nicht die kunst er- 
funden hätten, thoren klug zu machen. Hippolytus, dem die be- 
ziehung dieser bemerkung völlig unverständlich ist, äussert die be- 
fürchtung, der vater móchte durch den erschütternden unglücksfall 
geistig gestört sein, v. 923—4: aA’ ov yàg Ev diovis Asmioveyeic, 
muteo, | dédouxa pi Cov yAwoo ünmepßuin xaxoig. Dieser erwidert 
mit dem wunsch, die falschen freunde möchten von den aufrichtigen 
schon durch ein äusserliches kennzeichen zu unterscheiden sein. 
Darauf Hippolytus v. 932—5: | 

GAN’ 7 us sig 00v ovs ue diafalwv Eye 
pliwv, vocovuev d’ oudèy Grieg oinor; 
Ex rov nEnAnyua ool yag éxnAjooovol pe 

. Aóyos magadidocovies FEedgQos Peery. 

Also dem Hippolyt steigt schliesslich der verdacht einer verleum- 
dung auf, wohl in folge der feindseligen abkehr des vaters, wobei 
er die letzten äusserungen desselben dahin deutet, dass dieser noch 
unentschieden sei, ob er auch den von einem freunde gegen den 
sohn erhobenen anschuldigungen trauen dürfe. Trotzdem er nun 
für die scheinbar räthselhaften worte des vaters den natürlichen 
erklärungsgrund gefunden, bezeichnet er dieselben in v. 935 doch 
wieder als sinnlos (magoAA«ooovıes EEedgoı poesviv), greift also 
unzweideutig auf die v. 923—4 geäusserte vermuthung einer gei- 
stesstörung zurück, ohne auch nur mit einem worte anzudeuten, 
warum er die soeben aufgestellte natürliche erklärung wieder ver- 
werfe. — Dieser anstoss ist zu beseitigen durch umstellung der 
vv. 932—3 (GA 7 mc — atz0:) hinter 934—5 (£x zo nem. 
— ggevwy). Zwischen beiden verspaaren muss der schauspieler 
eine kurze pause machen. Erst nachdem die befürchtung der gei- 
stesstörung nachdrücklich wiederholt ist, steigt dem Hippolyt wäh- 
rend eines kurzen besinnens plötzlich der verdacht der verleumdung 
auf. — Die veranlassung zur umstellung hat wohl eine falsche 
erklärung von #Ésd00s ygevwv gegeben, welches nach dem schol. 
bedeuten soll 2edgonovol, mosovvtes Fw twiv goevwy sc. tov 'Im- 
noAvrov. Wenn die worte nicht mehr auf eine beim Theseus vor- 
auszusetzende geistesstörung bezogen wurden, so war nicht er- 
sichtlich, wie Hippolyt durch die undeutlichen äusserungen desselben 
erschüttert werden konnte. Es blieb als grund der erschütterung 
eben nur die vermuthung der verleumdung übrig, die dann aber 
nicht mit «24' 7 als etwas neues angefügt werden durfte, sondern 
vorangestellt wurde. Wahrscheinlich ist auch gleichzeitig mit ab- 
sicht das in den besten handschriften ABC, auch (c C) sich findende 
GM st wg für GA 7 wg gesetzt, um den angenommenen gedan- 


M 





Miscellen, 715 


kenzusammenhang noch deutlicher zu machen: ,,wenu mich etwa 
jemand bei dir verleumdet haben sollte, so bin ich erschreckt; deine 
worte erschrecken mich“. — Sollte übrigens meine letzte vermu- 
thung, dass durch jene irrige deutung die umstellung veranlasst 
sei, nicht das richtige treffen, so würde durch das scholion we- 
nigstens constatirt sein, dass schon. die alten erklirer anstoss ge- 
nommen haben an der nach dem verdacht der verleumdung wie- 
derholten befürchtung der geistesstérung. Es wäre dann anzu- 
nehmen, dass sie den anstoss durch die angegebene, freilich unzu- 
lässige deutung von 2&sdgos zu beseitigen gesucht hätten (also 
umstellung in folge der falschen erklärung oder falsche erklärung 
in folge der umstellung). Die erklärung ist jedenfalls schon alt. 
Da sie nämlich mit '@AAwc wiederholt wird, ist zu schliessen, dass 
sie in beiden commentaren gestanden hat, aus denen die Euripides- 
scholien zusammengeschrieben sind, wie ich in meiner dissertation 
über die quellen derselben nachzuweisen gesucht habe, also aus 
einer beiden gemeinsamen, älteren quelle (Didymus?) stammt. 

Auf die symmetrische gliederung der partie v. 899 — 42 hat 
schon Hirzel p. 78 hingewiesen. Das schema ist nach ihm: 


XO. IN. OH. IN. OH. Ill. OH 
3. 3. 6. 5. 5. 4. 7. 4, 7. 
DC à — 








Die sich entsprechenden siebenzeiligen versgruppen des Theseus begin- 
nen beide mit gev v. 925. 936, in den vierzeiligen des Hippolytus 
werden, die umstellung vorausgesetzt, die beiden vermuthungen je. 
im dritten vers (923, 934) mit «44° eingeführt. V. 911 ova; 
ownns d’ ovdiv Eoyov èv xaxoîc* möchte ich lieber mit Monk für 
zugeschrieben halten, als ihn mit Markland hinter 913 stellen. 
Jedenfalls ist er hinter 910 nicht zu dulden. Nach seiner aus- 
scheidung würde sich die erste hälfte der scene gedankenmässig so 
gliedern: 3. 3. 5. 5. 5. Die pause der erwartung lässt 


N) m? 
sich ebenso gut hinter 909 als 910 annehmen. 
V. 952—4: ndn vv» aÿyes xoi dr dpuyou Boeas 

oltoıs xartàev', Oop£o T avaxı „or 

Baxyeve moldy youppatwy tiuwr xarvovs. 
Die lange reihe der für das unhaltbare ofzosc aufgestellten vermu- 
thungen will ich doch noch durch eine neue vermehren, ohne mich 
auf die zuriickweisung der früheren einzulassen: 1905 _Musgrave, 
ov tou Valckenaer, ottove Reiske, osrov Kirchhoff, G0rols Badham, 
Aoyovs Hartung, zgogpas Weil, ofroıg vor i xai dv awiyou Bogas 
lwv x. Nauck. Zwei vorwürfe scheint mir 'Theseus dem Hippo- 
lytus machen zu wollen, nümlich dass er fülschlich prunke 1) mit 
dem schein einer gewissen heiligkeit, den er sich in den augen 
der menge durch seine kasteiung mit pflanzenkost zu geben suche 
2) mit dem besitz einer tiefsinnigen weisheit, die er aus seinen 


716 Miscellen. 


orphischen schriften zu schöpfen vorgebe. Danach schlage ich vor: 
ds’ dwwvyov Bopäs 00105 xanndev’: betrüge (die leute, ovx Schol.) 
durch pflanzenkost heilig ! Schol, Gyvevere (spielt die heiligen), 
we où qsdcopos undi xato wy Éd souérwr Guwr n &towv 
écdlovtes. Mit avys wird die stolze überhebung im allgemeinen 
bezeichnet, mit xanmAeve und Poxyeue spezialisirt. Der schreib- 
fehler ofzosc für So1oc wurde sowohl durch die buchstabenähnlich- 
keit als den durch oou erweckten gedanken an lebensmittel be- 
giinstigt. 

V. 958—61. Nachdem Theseus den Hippolyt erst im allge- 
meinen als einen scheinheiligen betrüger verdächtigt hat, fabrt 
er fort: 

z£O vxev ade TOÙTO 0° éxOU) Ces doxéic; 

iy 100° aAloxes HAEÏCTOY,  xaxsore OÙ ° 

70100 rag 00x01 xgelocovec, thyes Aoyos 

no’ üv yévowr av, wor 0’ alılay puyeiv; 
„Die frau ist freilich todt. Dies, glaubst du, wird dich retten ?“ 
Doch wobl: „weil sie nicht gegen dich zeugen kann“. In diesem 
umstande liegt gerade die meiste beweiskraft, „dieser umstand (dass 
sie nicht gegen dich zeugen kann) überführt dich am meisten“. 
Dies giebt keinen vernünftigen sinn. Es ist unzweifelhaft zu 
schreiben : 

d£A1p d «More, mislorov wW xaxıore OÙ. 
„Der brief hier überführt dich, du erzbösewicht“. Zu déArog vgl. 
v. 857 zt dn nos” nde dedroc xrd., vs. 877 Bok délros aAaota. 
Ebenso wie hier setzt Theseus noch einmal v. 1057 den schwiiren 
des Hippolyt die autorität des briefs entgegen: 7 d&Azog 70e xAñoov 
ov Oedeypévn | xarnyoget cov mora. Wäre des briefs nicht schon 
früher erwähnung geschehen, so hätte doch Hippolyt den vater 
nothwendig in v. 983—1035 fragen müssen, worauf er eigentlich 
seinen verdacht begründe. Meine vermuthung wird bestätigt durch 
den scholiasten: &) dè voulbes Exgpvyeiv TOUTE amodavovone, ov- 
das Eoros tovto, msi Èyess clg Fleyyoy 14 yoqaupuara tav 
TAVING anoFavovens. Durch die beziehung auf déAzog findet nun 
auch 7709 in v. 961 erst seine einfache erklärung, während es 
bisher nur sehr künstlich (z&» Aoywy 71700) gedeutet wurde. Zu 
whsiotov xaxsotoc vgl. Alc. 790 zn» nâcïoroy fdlorny Fewy. Soph. 
0. C. 743 & pu) nisioroy avFowawy Eyvv | xuxıorog. Phil. 631 
TiS nAelorov éydlorns èuot. Med. 1323 d weyıorov éyd lon yvvas. 

Altona. Th. Barthold. 


18. Zu Platons Politeia. 


P. 503 €. Eduadeig xai pviuovec xoi dayylvor nai Ofeic 
xal 000 Aldo rovro» Enea. 0809 Om oùx èFÉiovow Tua quesdas 








Miscellen. | 717 
xoi VEUVIXOË TE xo ueyadompenzio tas diavolas oios xocuiws pero 
Zovy(ac xai BeBasornroc nw Civ, GA’ of tovovroy tno ÓEv- 
mtog pfoorvtas, Gun av tvywor xai to ffov Gnav avtwy éEol- 
xeros. Nach der übersetzung von Müller: „du weisst, dass leicht- 
fassenden, merksamen, gewandten und mit sonstigen, damit in ver- 
bindung stehenden eigenschaften begabten nicht zugleich eine ju- 
gendmuthige, hochherzige gesinnung angeboren zu sein pflegt u.s.w.“ 
sollte man eher elwPuow als é9éAovow erwarten. Indessen ver- 
langt der durch die ganze erörterung sich hindurchziehende gegen- 
satz von natürlicher anlage und selbstbewusstem willen ein ovx 
éFéhovow an dieser stelle, um die abneigung vieler so veranlagter 
menschen zu bezeichnen , ihre günstigen anlagen zum besten des 
staates zu verwerthen, Dagegen wird der folgende infinitiv &IE&Asıv 
für den gedankengang entbehrlich und ist wahrscheinlich durch die 
schuld eines gedankenlosen abschreibers in den text gekommen. 
Die partikel xaf, welche Stallbaum nach Heindorfs vorgang vor 
olos aufgenommen, ist entschieden überflüssig und fehlt auch in der 
Züricher ausgabe. Aber ore ist vor of zosouro, wahrscheinlich zu 
wiederbolen. Das bedürfniss nach einem zweiten adverb, z. b. 
xalwc vor xoGuícoc macht sich zwar bei einer rücksicht auf die - 
symmetrie der satzglieder fühlbar, findet jedoch in der form des 
überlieferten textes keinen anhaltepunkt: unverkennbar ist der ge- 
gensatz zwischen 7ovyfa und ö&vıng, BeBavorns und to féBasov 
éSotyerar. Danach würden die worte lauten: orı ovx éFéhovow 
ane quesdas xoi veayixoi xoi wey ahongemsic tag diavotas olos 
[rod xoi] xocpulws uera Texas xoi PeBootnros Cr, adr” On 
oi tovovros x. T. À. 

P. 504 B. ‘Eléyouér mov, OT we Jav duvaroy nv xadhiota 
avuta xATLOELY AN maxçotéou sin meplodos, jv mequeddFovie xara 
pavn yíyvovro, Tv pEvtos Eun000FEv noouonpivwy énouévag ano- 
Getter olóv te sin moocawpas. Das ist die lesart der codd. Paris, 
Vat. ©, Ven. II und anderer. Das komma, welches die vulgate 
hinter zundeiv setzt, hat Stallbaum getilgt. Madvig (Adv. crit, 
p. 426) verwirft 7» als sinnstórend für die wendung wo duvuzov | 
xüAlsota, deutet aber durch seine übersetzung : ad ea quam pul- 
cherrime conspicienda selbst an, dass ein finaler gedanke erwartet 
wird. Deshalb schlage ich vor zu lesen: wo uiv duvatoy 7 xad- 
Moto aurx xat0eiv, addin x. v. À., mit beibehaltung des komma 
der vulgate. | 

P. 511 A. "Tovro ro(»vv vonror piv 70 eldoc Eleyov, Uno- 
30:01 d dvayxalomévny pony Lone as negi Tiv br rqow GUTOV, 
oùx im Geyv lovoav, we ov dvvopéviy TOY ‚vodkoewv dywréou 
éxBalvew, sixdor dè own aöroig TOig UNO TÜV xoitw GEL 
xaoteios xoi Exelvoss mods Exeiva wc evagyéos dedoËaouévois Te 
xal zetsummévoss. Stallbaum bezeichnet mit recht die stelle als 
locus perobscurus. Die schwierigkeit liegt in den worten auzoig 


718 Miscellen. 


roig Uno TW xatw amexaoteior Die txoPéoesc sollen sich of- 
fenbar zu dem vonrdy sidoc wie die abbilder und schatten zu den 
dingen der erscheinungswelt verhalten und können daher selbst als 
elxôves des wahrhaften seins oder der dAjeu auf dem gebiete 
des wissens bezeichnet werden. Daraus ergiebt sich die nothwen- 
digkeit, zunächst avraîs anstatt avroîs zu schreiben, weil es sich 
unbedingt auf v703é0e:5 bezieht. Der sinn muss sein: die hypo- 
ihesen werden für das wahre gehalten und sind es doch in wirk- 
lichkeit nicht, ähnlich den abbildern, welche man von dingen der 
erscheinungswelt hat, abbildern von einer so täuschenden ähnlichkeit, 
dass sie für die wirklichen dinge gehalten werden können. Dieser 
vergleich rechtfertigt die annahme, dass zwischen avzaig und dem 
folgenden zoîs ein ouolwçs ausgefallen ist, so dass, wenn man 
ausserdem noch das konstruktionswidrige unc in ano verändert, 
die worte lauten: dg ov duvauérny 10v UnosEoewv avwtégw ix- 
Bulvew, elxbor dì yowuérp avraîc Omolws roig ano rv rete» 
anExaoteios xci éxstvors noûc Exeiva wo èvaoytor dedozacptros 
ze xoi teuunuévoss. Es bedarf schliesslich wohl keines besonderen 
beweises, dass mit 2xsivoss nur die abbilder (zà azecxacdévta), mit 
moog éxetva nur die dinge der erscheinungswelt (za xo:w) gemeint 
sein können. 

P. 525 B. ‘Or Inovusv doa, ws toe, pa9nuatov Gv ely 
moÀeuaxQ piv yao Ota tag takes avayxaioy padsîv Tavın, ge- 
Aocóqu dé dia To tig ovolas œnréov sivas yertosws eavadurts 7 
mndérore Aoyıouxo yevéodar. Die zu anfang dieser stelle er- 
wühnten uodnuere sind die kurz vorher genannten Aoysouxy ze 
xoi aovduntixi, die auch als dywya 7005 GAjIetav bezeichnet 
sind. Störend in der konstruktion ist ohne zweifel der infinitiv zövos 
und seine entfernung wünschenswerth, zumal da wohl niemand dar- 
auf dringen wird, did rÓ anıEov sivo zu konstruiren. Zu anréov 
ist natürlich das objekt aus dem vorhergehenden zuvza zu ergänzen. 
Ausserdem ergiebt sich aus der stellung von &vayxaîov, dass die 
mit yshooomw dé beginnenden worte nicht mehr davon abhängen, 
und es erfordert der sinn, auf den philosophen einen andern aus- 
druck als den der zwingenden nothwendigkeit in anwendung zu 
bringen. Von diesen voraussetzungen ausgehend würde man frei- 
lich die letzten worte 7 wund&nore Aoyıorıza yevéodas konstruk- 
tionslos finden, während doch der gedankengang den abschluss er- 
fordert, dass bei einer nichtbeschäftigung mit den genannten wis- 
senschaften die möglichkeit, ein denker zu werden, für den wer- 
denden philosophen beseitigt ist. Diese befürchtung schwindet, 
wenn man erwägt, wie leicht vor dem folgenden ozs ein anderes 
Fori = iteor, ausgefallen sein kann. Ausserdem erregt die form 
der negation undérore, weil von einem solchen cz,» abhängig zu 
denken, keinen anstoss, wenn man nur die worte in folgender form 
überträgt: „oder es steht dem pbilosophen das loos, die aussicht 








Miscellen, 719 


bevor, niemals ein denker zu werden“. Bei dieser annahme dürfte 
auch die bündige antwort: "Eon 1007, &pn als eine viel wirkungs- 
vollere erscheinen. 

P. 528 A. Zxone ov avioder, ngog wor£govs dialéyes 7 7 
ow 18005 ovder&gous. » GAG Gavrov Evexa 10 puéyotov mot 1006 
Adyous, pdovoic ny ovd” dv Alm, & clo t+ Óvvavro an’ aviwv 
öv@0$aı. Der sinn ist nach dem überlieferten texte schwer zu 
ermitteln; die Müllersche übersetzung sucht sich, wie öfter, mit 
unbeholfenbeit aus der affaire zu ziehen. Sie lautet: „erwäge also 
sogleich zur stelle, an welche von beiden du deine worte richtest, 
oder ob an keine von beiden, sondern indem du vornebmlich deiner 
selbst wegen die untersuchung führst u.s.w.“ Dagegen trage ich 
keinen augenblick bedenken, das unpassende 7 où in 7 zov zu 
veründern, Dann enthalten die worte das sofortige resultat der 
erwágung odér eine antwort im sinne des Glaukon, aber unter der 
voraussetzung , dass er den standpunkt des Sokrates theilt. Die 
übersetzung würde zu lauten haben: „ziehe also auf der stelle in 
erwägung , an welche von beiden du deine unterhaltung richtest ; 
doch wohl an keine von beiden, sondern u.s. w. Die beiden klas- 
sen oder kategorien von menschen, auf welche sich Sokrates be- 
zieht, sind in den unmittelbar voraufgehenden worten geschildert : 
olc pèv ovt» tavta Evydoxel dungavws we ev dager Akysın 000% 
dé tovtov undaun jo9npévos tbo EIKOTWG nyjoovtat ot AÉytw 
oudér alinv yao an QUT V oy ogwow aslav Aöyov wpéesay. 

P. 528 C. Eî dè mois OAn Suvemotatoi evalu àyovou 
ade , ovtol te av neidowro xai Suvegws Te av xoi £vióvuc Cn- 
Tovuevo Èxpavî yévoito Onn Eyes, inei xai yuv vò uiv vOv moÀ- 
Awv aupotopeva xai xohovópieya , Vno dè vov Gnrourrwr Aóyov 
oùx &yovımv xa? 6 TU 10760, 4G 7196 artavto tavia Bla vno 
yaestog avtdvetut, xol ovdèv Favuastoy GUTE pavivas. Obgleich 
die partikel u&£v vor zwv nolwy sich in den bessern handschriften 
nicht findet, können wir dieselbe doch schwerlich entbebren und 
finden sie auch von den meisten ausgaben auf grund der lesart 
einiger, wenn auch weniger guter manuscripte aufgenommen, Dass 
ferner der sinn und die folgerichtigkeit des gedankens ein particip 
zu den worten #70 dì zw» Lnrovvrwv verlangt, ist sowohl von 
Stallbaum als auch von Madvig (l. c. 427) erkannt, aber die art, 
wie beide dem übelstande abzuhelfen suchen, ist keine glückliche 
zu nennen. Denn beide wollen das particip xolovoueve auf vò zQv 
Intovviwy bezogen wissen und zwar Stallbaum, indem er xoi xo- 
Aovousva vor ouwe setzt, Madvig, indem er dieses particip an seiner 
stelle belässt, dagegen uéy und dé beseitigt. Es ist klar, dass die 
haltung der forschenden den propädeutischen wissenschaften, z. b. 
der geometrie gegenüber nicht dieselbe. sein kann wie die des un- 
gebildeten grossen haufens, dass sie nicht sowohl verachtung und 
opposition, als nachlässigkeit und selbstüberschätzung verrathen, 


720 Miscellen. 


wenn sie den nutzen und die tragweise jener wissenschaft über: 
sehen, unterschätzen oder der leitung eines besonnenen meisters 
muthwillig sich entziehen, wie sich auch aus den ‚unmittelbar vor- 
aufgehenden ‘worten: om dè oùdeula nólig Èvrluws abià Eye, 
codevas Imeltw, yadenà Ovıa, Enıorarov dé dtovrus bis usyalo- 
poovovuevos ergiebt. Deshalb dürfte es sich empfehlen, zwischen 
xeroa und Suws das particip œuelouueva einzuschalten. 

P. 585 C. To 100 dei 0uotov Eyopevoy xoà dIavatov xai 
alyntelas, xai ato tosovroy Ov xab iv Touwoët® yıyvdusvov, doy 
elvat oot doxet, i] 10 undérore bpolov xai 9vgrov bis Otdapwe. 
Die bemerkungen, welche Madvig (l.c. 432) zu dieser stelle macht, 
sind meist richtig und treffeud, z. b. dass in den letzten worten 
vor dei öwolov ein tov hinter ov» nothwendig sei und dass ein 
solches zov auch vor und&nore ouolou erfordert werde. Aber es 
durfte nicht unerwähnt bleiben, dass diese letztere konjektur bereits 
von F. Ast gemacht sei und dass zu 70 rov pndéxote Opo(ov xai 
Ovytov das particip éyoueroy aus dem anfang des satzes ergänzt 
werden müsse. 

Rudolstadt. . Liebhold. 


19. Die anapästen im. Stichus des Plautus. 


Der anfang von Plautus Stichus ist dem versmasse nach auf 
das verschiedenste behandelt worden. Man hat die zeilen bald ge- 
gen die handschriften verlängert, bald zum theil nach A zum theil 
eigenmüchtig verkürzt und dabei bald choriamben bald trochüen 
bald ionici a maiore bald iamben mit hinkenden oder syncopirten 
ausgängen v.',. v oder ähnlichen wie v,:,,:,.:, zu stande ge- 
bracht, Der umstand, dass in diesem eingange sich eine ganze 
reihe richtiger anapüstischer zeilen mit vielen auflüsungen findet, 
über welche wenig oder gar nicht gestritten wird, das vorhanden- 
sein einiger zum theil schon von Studemund erkannter parömiaci 
mit auflüsung der letzten betonten lünge und einiger vor mir von 
Christ Metr. 296 bemerkter, wie ich glaube, sicherer katalektischer 
prosodiaci äholicher art überzeugt mich, dass wir hier einen nicht 
undeutlich an Euripides erinnernden, im wesentlichen anapästischen 
zwiegesang vor uns haben. Die an gebet und beschwürung erin- 
nernden prosodiaci (s. Christ Metr. a. o.), der eifer der anapisti- 
schen akatalektischen dimeter meist ohne diüresen, der schmerz der 
parömiaci, diese alle mit den zum theil gehäuften und unerwar- 
teten auflósungen, die parümiaci gegen ende, die dimeter zum 
schluss der rede, hier und da der versuch ruhiger und gefasst in 
iamben zu sprechen, welcher aber kaum für drei worte anhält: 
diese malung bewegter gemiither namentlich von frauen kennen wir 


Miscellen. 721 


bei keinem so als bei Euripides, und Plautus muss es mit oder ohne 
vermittelung von ihm und keinem anderen haben. Man vgl. m. 
Abh. de Eur. vss. anap. 7 und m. Tanzk. des Eur. 32. Nur dass 
der katalektische prosodiacus mit einem anapaestischen monometer 
und mit iamben zu einer zeile vereinigt wird, scheint Plautus 
nicht von Euripides zu haben, und wiederum theilt er nicht mit 
jenem die häufung der spondeen. 

Ich schreibe den eingang des Stichus so her, dass ich das we- 
nige iambische — einige versanfánge — zwischen wagerechte 
striche setze; alles übrige ist anapästisch. 

PH. Credo égo miseram fuisse Penelopam, 
Soro(r), suo €x animo, quae täm diu vidua 
Viro sud caruit: nam nós eius animum 


— De nostristfactis nóscimus, — quarüm uiri hi(n)c absunt 
5 — Quorümque nos negótiis — abséntum ut es(t) aequm 
— Sollicitae noctes et — dies söro(r) sumu(s) semper. 


P. Nostrum ófficium nos facere aecumst 
Neque ((id)) mági(s) facimus quam nós mone(t) pietas. 
— Sed hi(c) méa soror adsi[de]lum: — multa volo tecum 
10 — Loquí de re viri. — PH. Salvé[re]ne, amabo? 
P.  Speró quidem e(t) volo: sed ho(c) sóro(r) crucior 
Patre(m) táo(m) meu(m)que adeo uníce qui unus 
Civíbus ex omnibu(s) próbu(s) perhibetur 
Eum nünc improbi uiri o(f)fício uti: 
15 Viri(s) quí tantas abséntibu(s) nostris 
Facit iniurias immérito, 
Nos áb eis abducére volt. 
Hae rés vitae me, sóro(r), saturant, 
Hae míbi dividiae et sénio sunt. 
20 PH. Neu lácruma, soro(r) neu tüo id animo 
Fac quód tibi tuo(s) pate(r) fácere mivatur. 
Spes ést eum melius fácturum. 
Novi égo il(l)um: ioculo istaéc dicit 
Neque Ol sibi mereat Persarum 
29 Montés qui esse aurei pérhibentur, 
Uti (i)stüc faciat quod té metuis. 
Tame(n) si faciat minime frasci 
Dece(t) néque id immerito evéniet. 
Nam viri nostri domo ut äbierunt 
30 Hic tértius annus. P. Ita fit memoras 
Quom ipsi ínterea vivánt valeant, 
Ubi sínt, quid agant, ecquíd agant, 
Neque párticipant nos néque redeunt. 
“ PH. — An id doles, soror, — quia il(l)í suam o(f)fícium 
35 Non cólu(nt) quom tuo(m) facis? P. 'Ita pol. 
PH. Tace sis, cave sis audiam ego istuc 


Philologus. XXXVI. bd. 4. 46 


722 Miscellen. 


Cave pósthac ex te, P. Nim quid iam? 
PH. Quia pél meo animo omnis säpientis 
Suom o(f)ficium aecumst colere ét facere. 
40 Quam ob rem égo te hoc soro(r) tametsi és maior 
Moneo ut tuo(m) memineris ófficium. 
Et si ílli improbi sint âtque aliter 
Nos fáciant quam aequmst, táme(n) pol 
Ne quíd magi(s) simul ((omnibus)) obníxe opibus 
45 Nostrum éfficium meminisse decet. 
P.  Place(t): tâceo. PH. At memineri(s) fácito. 

Ueber die bezeichnung der personen gebe ich keine rechen- 
schaft, da sie in den handschriften theils ganz theils mehrfach fehlt, 
theils offenbar verwirrt ist. Durch doppelte runde klammer be- 
zeichne ich in den handschriften sich findendéh fremden zusatz: so 
scheint 44 entweder omnibus oder obnize und 8 id entbehrlich 
und störend. Durch die einfache runde klammer bezeichne ich ein- 
zelne buchstaben, welche Plautus entweder noch nicht schrieb (vgl. 
Marco, dede auf inschriften) oder nicht gesprochen wissen wollte (vgl. 
tibet, situst als pyrrhichii gemessen in inschriftlichen versen). ' 
Die abtheilung der zeilen in B ist durchweg beibehalten. 1—3, 
7, 8 sind in A in ihre zwei hälften zerlegt; doch darf man nicht 
folgen, denn 13 und 15 hat auch A die theilung nicht und der 
erstere würde widerstreben, 1—3, 8, 13, 15 akatalektische ana- 
paestische dipodie und hyperkatalektische anapaestische dipodie (oder 
katalektische anapaestische tripodie oder katalektischer prosodiacus). 
Derselbe katalektische prosodiacus steht auch als schluss zu iam- 
bischen anfängen, einem akatalektischen dimeter in 4, 5, 9, einer 
akatalektischen tripodie 6, 10, 34. Christ a. o. lässt 6 aus einem 
iambischen dimeter (tetrapedie) und dem mit einer kürze (anc.) 
anhebenden prosodiacus bestehen; dem widersetzen sich aber 10, 
34, und zwar 10 gänzlich und 34 müsste in der mitte einen (sonst 
hier nicht vorkommenden) hiat haben. Doch könnte 11 diese mes- 
sung empfehlen. Anapaestische akatalektische dimeter 7, 11, 12, 
14, 18, 19, 20, 22—27, 29—31, 33, 36—42, 44, 45. Parömiaci 
16, 17 (beide mit Studem. Cant. 22) 28, 32, 35, 43, 46, alle 
mit auflösung der letzten betonten silbe. 

V. 1 stellt Christ a. o. um Penélopam fuisse. 2 zu soro(r) s. 
Biichel. Lat. decl. 7, m. Pr. lat. o, 165. 4 zu hi(n)c vgl. 321 
istinc und a. o. 134. Ebenso liest und misst den vers Christ. 
5 haben BCD est vor aequm (aequum) A hinter aequom und davor 
.t.ut, woraus Ritschl ita ut machte. Das t der dritten person ist 
bekanntlich oft zu streichen, weshalb 325 potis zu corrigiren nicht 
nöthig. 10 salvene Hss.; die alte verbesserung salvaene ist un- 
deutlich, der inf. aber passt fiir sinn und vers und in vielen hand- 
schriften kebrt dieser fehler wieder, die kurze infinitivform statt 
der lingeren. 11 ist das kurze et in der position hart aber in 


Miscellen. 723 


anapästen nicht unerhört; eine andere auskunft ist berührt, auch 
könnte man durch einschiebung helfen. 18 Hae BCD haec A (und 
24 ebenso), mi BCD me A, 19 A mihi. 26 CD ut B uti. 27 
A tametsi, was nicht auf tam führt, sondern auf tame woraus die 
übrigen tamen machten: vgl. 43 A tam BCD tamen, wo der 
schluss des paröm. auf das richtige hinweist. 30 tertius hss., 
was soviel als tertius est. 35 A quom tu tuum CD cum tuum B 
quom tuum. 38 ist e sowenig in meo eine silbe als è in mieis in 
der inschrift des prätors Cn. Cornelius Scipio, vgl. 2 suo ex. 44 
BCD simul A sit. 

Gegen diese schwermüthig unruhigen anapästen der frauen 
bilden einen hübschen gegensatz die übrigen, welche sich im Stichus 
noch finden, die echten verse des lustspiels, der sturm des gierigen 
parasiten auf die verschlossene thüre, welcher sich bald legt und 
der entsagung platz macht. 309 R. 


Aperite atque adproperäte, fores facite ut pateant: remo- 
vete moram, 
310 Nimis haéc res sine cura geritur: vide quám dudum hic 
asto ét pulto. - 
Somnóne operam datis? éxperiar fores án cubiti an pede(s) 
plüs valeant. 
Nimi(s) véllem hae fores eru(m) fügissent ea caûsa ut — 
haberent mánum. 
Deféssus sum pultándo. 
Hoc póstremum est vobís. 
315 GE. Ibo átque hunc compelló. 
. Salvós sis. PI. Et tu sálve. 
GE. lam tá piscator fäctus? 
PI. Quam prídem non edísti? 
GE. Unde ís, quid fers, quid féstinas? 
320 PI. Tua quód nil refert, né cures. 
GE. Quid (i)stinc ine(st)? PL Quas tu vide(s) colubras. 
GE. Quid tam iracundus? PI. Si ín te 
Pudor adsit non me appélles. . 
GE. Possüm scire ex te vérum? y 
325 PL Potes(t): hodie non cenabis. 


312 FZ malum, daher Hermann malum magnum ; ABCD manum, 
was besseren sinn als molum giebt: ich wollte die thüre würe ent- 
laufen, damit sie es gut hätte, ich sie nicht schlüge. 314, 15 als 
tripodie nicht unpassend; nur A hat compellabo. 318 AFZ edisti, 
BCD dedisti, als comp. von edo vielleicht haltbar: vgl. Men. 78 
detergeo. 321 nur A istic, s. 0. zu ‘4. 


Berlin. | H. Buchholiz. 


46 * 


724 Miscellen, 


B. Auszüge aus schriften und berichten der ge- 
lehrten gesellschaften sowie aus zeitschriften. 


Sitzungsberichte der philosophisch-philologischen und historischen 
classe der kön. bayer. akad. d. wiss. zu München. 1872. P. 213 — 
221. Nekrolog auf Immanuel Bekker von Halm. — P. 226—230. 
Nekrolog auf Georg Gottfr. Gervinus von Döllinger. — P. 230— 
232. Nekrolog auf G. Grote von Dôllinger. — P. 305—346. 
Ohlenschlager, über die in der letzten zeit gemachten ausgrabungen 
römischer antiquitäten in Regensburg (nebst revision einiger früher 
schon publicirter inschriften). — P. 405—453. Moritz Schmidt, 
die taktmasse einiger olympischen oden Pindars. Es sind die 4te, 
Ste, 2te, Jte, 14te olympische und die 2te pythische ade, welche 
behandelt werden. — P. 519—536. Brunn, archäologische mis- 
cellen. 1. Das dorische felsengrab bei Nacoleia in Phrygien mit 
einer verurtheilung des Texierschen werkes über Kleinasien. 2. Zur 
interpretation des Harpyienmonumentes von Xanthos, 3. Der 
Strangford'sche jüngling, ein werk der äginetischen schule. 4. Der 
thron des Asklepios zu Epidauros, verglichen mit zwei terracotta- 
reliefs aus Melos im brittischen museum. — P. 538—560. Wil- 
helm Meyer, eine sammlung von sentenzen des Publilius Syrus. — 
P. 721— 750. Sandreczki, ein kleiner beitrag zum studium der 
neugriechischen sprache in ihren mundarten. 

Daselbst. 1873. P. 1—48. Wecklein, der areopag, die 
epheten und die naukraren. Gründliche behandlung einestheils der 
bisherigen ansichten über die athenischen blutgerichtshöfe, das dra- 
kontische blutgesetz, Solons betreffende gesetze, anderentheils der 
bestimmung und kennzeichnung des alten athenischen staatsrechts. 
Die hauptresultate fasst er am schlusse zusammen: bis auf Solon 
haben bie könige und die archonten mit den naukraren die regie- 
rung von Athen geführt; je mehr die monarchische gewalt sich 
minderte, um so höher stieg der eiufluss und die wirksamkeit des 
aristokratischen rathes der naukraren. Neben den naukraren stan- 
den die kolakreten als schatzmeister. Die civilgerichtsbarkeit übten 
die archonten, den blutbann die epheten. Aus uralter zeit hatten 
die vier phylenkönige eine gewisse gerichtsbarkeit bewahrt, jedoch 
nur von ceremonieller bedeutung. 

Daselbst. 1874. Bd.2. Heft3. P. 185—227. Christ, die topo- 
graphie der trojanischen ebene und die homerische frage. — Nach 
einer schilderung der ebene selbst und einer bestimmung der heutigen 
flüsse im verhältniss zu den homerischen namen wird die lage Trojas 
erörtert. Die ansicht über Bunarbaschi und den Balidagh ist nicht 
haltbar. Dagegen sprechen ausser den ausgrabungen Schliemanns 
auch viele stellen der Ilias für Hissarlik. — Allein eine anzahl 
von angaben Homers lassen sich auch mit Hissarlik nicht in ein- 











Miscellen. | 725 


klang bringen; auch das schiffslager der Griechen erscheint nach 
seiner lage an mehreren stellen der llias verschieden gedacht. — 
So nimmt der verf. die theorie Wolfs zu hülfe und meint, die 
dichter der verschiedenen gesänge hätten sich die stätte des alten 
Troja an verschiedenen orten gedacht. Der aufsatz ist mit zahl- 
reichen anmerkungen und einem kärtchen versehn. — P. 243—253. 
A. Spengel, Deutsche unarten in der aussprache des lateinischen. — 
Der verf. spricht von der falschen aussprache des c vor e und à 
(wie z), des ti als zi vor vokalen im inlaute, des sch, ch, ph, th, 
des ei und eu, die stets getrennt zu sprechen sind, ferner von der 
betonung der würter namentlich bei antretender enclitica und for- 
dert schliesslich ein strenges beobachten der quantität der silben 
in der aussprache. 

Daselbst. 1875. Bd. 2. (Supplement-)heft 3. P. 1— 88. Mordt- 
mann, Neue beiträge zur kunde Palmyras. Der verf. 
giebt eine beträchtliche anzahl theils neu verglichener theils noch 
nicht edirter inschriften, thonsiegel, münzen, endlich einen überblick 
über die schicksale Palmyras seit der eroberung durch Aurelian. — 
Heft 4. P. 375— 393. Bursian, Ueber die tendenz der 
vógel des Aristophanes. Mit zurückweisung anderer an- 
sichten sieht der verf. in der komödie ein stück entschiedener ten- 
denzpoesie, in welchem der dichter gewisse verhältnisse der ge- 
genwart im poetischen gewande vorführt. Die hauptperson Peithe- 
tiros ist nämlich der typus der abenteuerlichen projectenmacher und 
politischen gründer, die damals in den hetürien das grosse wort 
führten, Euelpides repräsentirt eines der untergeordneten mitglieder 
dieser clubs, die jenen führern die grosse menge gewinnen halfen. 
Der chor der vögel stellt die Athener dar in ihrer flatterhaftigkeit 
und gedankenlosigkeit, wie sie namentlich in den volksversamm- 
lungen zu tage trat. Zur wall grade dieser maske hat nach Bur- 
sian vielleicht auch ein sprachliches moment mitgewirkt, da aus- 
drücke wie nzegoiV, nEreoFu, nesnotnodœ damals in Athen mode- 
ausdrücke waren, um die schärmerische aufregung des gemüthes 
für irgend etwas zu bezeichnen; eine ansicht die der verf. nament- 
lich aus vv. 1436 — 1445 des stückes zu erweisen sucht. Der 
glückliche ausgang des tollen unternehmens in dem stücke beweist 
aber keineswegs, dass der dichter mit jenen theorien einverstanden 
war, sondern seiner ironie genügte es, wie in den Ekklesiazusen, 
durch einfache darstellung des verkehrten die tollheit desselben zur 
anschauung zu bringen. 

Sitzungsberichte der kais. akad. d. wiss. philos.-histor. classe 
LXVIII, 3. (Wien 1871). P. 271— 382. Schenkl, studien zu 
den Argonautica des Valerius Flaccus. Nach ausführlichen unter- 
suchungen über die persönlichkeit des dichters (eines provinzialen 
aus Spanien), die zeit der abfassung des gedichtes (um 71 n. Chr.), 
den zustand, in welchem dasselbe uns hinterlassen ist (als unvol- 


726 - Miscellen. 


lendetes epos), dann über die benutzung des gedichts durch Statius 
und Silius Italicus, über die vorhandenen codices und deren werth, 
namentlich über den ältesten derselben, den Vaticanus, werden im 
4ten abschaitte einzelne verderbte stellen besprochen und deren ver- 
besserung versucht (s. d. verzeichniss derselben p. 380 — 382), auch 
auf p. 371 — 378 ein verzeichniss der stellen gegeben, worin Va- 
lerius den Vergil nachgeahmt hat. — P. 383 — 468. Hartel, 
Homerische studien. Es wird namentlich nur die verlüngerung 
kurzer schlusssilben in homerischen versen behandelt. — P. 471— 
638. Reifferscheid, Bibliotheca patrum Latinorum Italica IV. 
Die bibliotheken Piemonts. 1. Die universitäts-bibliothek in Turin: 
Ambrosius, Augustinus, Benedictus, Boethius, Caesarius, Cassianus, 
Cassiodorus, Cerealis, Conciliorum acta, Cyprianus, Gregorius magnus, 
Hieronymus, Origenes, Sedulius, Vitae patrum. 2. Die bibliothek 
der hofarchive in Turin: Lactantius. 3. Die bibliothek des dom- 
capitels in Vercelli: Augustinus, Boethius, Cassianus, Cassiodorus, 
Clemens, Conciliorum acta, Eugippius, Eusebius, Gregorius magnus, 
Hieronymus, Isidorus, Orosius. 4. Die bibliothek des domcapitels 
in Jvrea: Augustinus, Conciliorum acta, Gregorius magnus, Hiero- 
nymus. 5. Die bibliothek des domcapitels in Novara: Augustinus, 
Conciliorum acta, Eusebius, Gregorius magnus, Isidorus, 

Daselbst. LXIX. (Wien 1871) P. 31 — 35. M. Cetius 
Faventinus von Jos. Haupt. Es ist dies der name eines schrift- 
stellers über architectur, der verfasser der Epitome Vitruvii. — 

Daselbst. LXX. (Wien 1872). P. 189—244. Horawitz, 
Beatus Rhenanus, ein biographischer versuch. 

Daselbst. LXXI. (Wien 1872). P. 5—168.  Reifferscheid, 
Bibliotheca Patrum Latinorum Italica. Die bibliothek von San 
Marco in Venedig: Augustinus. — Die bibliotheken von Florenz, 
Laurentiana: Alcimus Avitus, Boethius, Hieronymus, Origenes, Oro- 
sius; — Riccardiana: Augustinus. — Bibliotheca Nazionale, früher 
Borbonica in Neapel: Cassiodorus, Hieronymus. — Bibliothek von 
La Cava: Isidorus. — Bibliothek von Monte Cassino : Ambrosius, 
Augustinus, Boethius, Cassianus, Cassiodorus, Cyprianus, Didymus, 
Eucherius, Eugippius, Eusebius, Fastidius, Gregorius magnus, Hie- 
ronymus, Joannes diaconus, Josephus, Isidorus, Juvencus, Leo 
magnus, Maximus, Origenes, Orosius, Paterius, Philippus, Prosper, 
Prudentius, — P. 227 — 310. Hartel, Eutropius und Paulus 
Diaconus (auch über die griechischen übersetzungen des Eutropius). — 
P. 317—332. À. Conze, über griechische grabreliefs (mit 2 ta- 
feln), — P. 335—356. Kenner, über eine griechische inschrift 
aus Erythrae (eine 60 zeilen lange inschrift in äolischem dialekt, 
verthuthlich von den Mitylenaeern gesetzt) — P. 357 — 413. 
Kenner, über die römische reichsstrasse von Virunum nach Ovilaba 
und über die ausgrabungen in Windisch -Garsten. I. Die strasse 
von Virunum nach Ovilaba. — P. 419—434. Vahlen, über eine 


Miscellen. | 727 


stelle in Aristoteles’ schrift von der seele (III, 6). — P. 437— 
450.  Hófler, abhandlungen aus dem gebiete der alten geschichte. 
VI. Die construction der römischen geschichte. — P. 643—690. 


Horawitz, des Beatus Rhenanus literarische thätigkeit in den jahren 
1508—1531. Jugendwerke. Seneca’s Ludus. Encomium calvicie. 
Die editionsthätigkeit von 1518 — 1521. Die Tertullian - ausgabe. 
Die Vellejus - edition. Die Autores historiae ecclesiasticae. Die 
Plinius -emendation. — P. 695 — 763. Phillips, die wohnsitze 
der Kelten auf der pyrenäischen halbinsel. 

Daselbst. LXXII. (Wien 1872). P. 5—54. J. Vahlen, 
über ein capitel aus Aristoteles’ politik. Es ist das erste capitel 
des 7ten buches der aristotelischen politik, dessen paraphrase der 
verf. die grammatischen, kritischen, exegetischen fragen, wie sie 
sich bieten, in der form eines commentares hinzufügt. — P. 323— 
376. Horawitz, des Beatus Rhenanus literarische thätigkeit in den 
jahren 1530 — 1547. Die Res Germanicae, die Tacitus - ausgabe, 
die Livius - ausgabe, die einleitung zum Origenes und kleinere 
schriften, die Erasmus -biographie. — P. 563-—586. Büdinger, 
zur egyptischen forschung Herodot’s. Die paragraphen sind über- 
schrieben: 1. gesammtanlage des werkes. 2. Charakter des zweiten 
buches. 3. Zeit der egyptischen reise. 4. Die liste der könige. 
5. Die äthiopische dynastie. 6. Die pyramiden-könige. 

Daselbst. LXXIII. (Wien 1873). P. 221—250. A. Conze, 
zur geschichte der anfänge griechischer kunst. Eine weiterführung 
und ausdehnung der untersuchung in der abhandlung vom febr. 
1870 auf italischen boden, zugleich eine abwehr der angriffe von 
Churchill Babington, Sidney Colvin und Lindenschmit. 

Daselbst. LXXVII. Wien 1874. P. 5—30. Fr. Mi- 
klosich, das imperfect in den slavischen sprachen. Der verf. 
bespricht die entstehung des imperfects: er führt dabei einerseits 
formen wie pletéhu auf das praesensthema, plete, zurück (for- 
men wie pletéahu sind als erweiterungen zu betrachten), wäh- 
rend eine andere art der bildung, wie in gorèahu nicht auf das 
praesensthema (gori), sondern auf das infinitivthema (goré) zurück- 
geht. Es folgt dann eine besprechung der bindevocale vor den 
dualendungen ta und te und endlich ein überblick über die bishe- 
rigen erklärungsversuche der betreffenden sprachform durch Do- 
brovsky, Kopitar, Bopp und Fr. Müller. — P. 293—98. J. Vah- 
len, wo stand die verlorene abhandlung des Aristoteles über wirkung 
der tragüdie? — Aristeteles stellt in der politik 8, 7 bei dem 
begriff der xa9«g0:s eine genauere erörterung desselben èv roig 
n5gi nomuxng in aussicht. Dies versprechen finden wir in den 
uns erhaltenen schriften des Aristoteles nicht erfüllt; denn in der 
poetik c. 6, wo der begriff berübrt wird, fehlt sowohl eine erklä- 
rung des terminus als eine erlüuterung des processes, den er be- 
zeichnet. Dass aber Aristoteles dennoch jenes versprechen erfüllt 


728 Miscellen. 


bat, sehen wir aus Proklos, der in seinem commentar zu Platons 
Politeia sichtlich noch eine andre darstellung des Aristoteles als die 
uns bekannten benutzt hat. Gegenüber nun der ansicht von Rose, 
der das zengniss des Proklos unter die fragmente der schrift 7i 
zomwy reiht, und der von Heitz, der die erfüllung jenes verspre- 
chens an einer späteren, jetzt verlorenen stelle der politik selbst 
vermuthet, meint Vahlen, die genauere erörterung der Katharsis 
habe dennoch in der Poetik stattgefunden. Aber sie stand nicht 
etwa hinter der definition der tragödie (c. 6), wo sie nicht noth- 
wendig war, auch nicht hinter der erörterung der tragischen fabel 
(c. 14), wo nichts das fehlen eines gréssern abschnitts verräth. 
Es ist vielmehr wahrscheinlich, da ein zweites uns verlorenes buch 
der Poetik das wesen der komödie behandelte, dass erst nach der 
theoretischen abhandlong beider dramatischer gattungen jene frage 
von Aristoteles erörtert wurde. — P. 363 — 429. Otto Hirsch- 
feld, Epigraphische nachlese zum Corpus Inscriptionum Latinarum 
vol. Ill aus Dacien und Moesien. Nach einer lehrreichen abhand- 
lung über die geschichte der provinz Dacien, ihre bedeutung als 
militärgrenze seit Trajan, ihre colonisation und ihre verwaltung 
giebt der verf. als ergebniss einer reise von 1873: 60 inschriften 
aus Klausenburg, Torda, Maros-Ujvar, Koslärd, Karlsburg, Zalatna, 
Abrudbanya, Veczel, Sarmizegethusa, Kavansebes, Bukarest (von 
hier auch drei griechische inschriften), Belgrad; ferner sechs zie- 
gelinschriften, desgl. von der legio XIII gemina, leg. V Macedonica, 
leg. XI Claudia und VII Claudia, Cohortenstempel, inschriften auf 
lampen ; endlich berichtigungen zu den im Corp. inscr. lat, vol. III 
publicirten inschriften aus Dacien und Mösien, wo besonders beach- 
tung verdient die erörterung von Benndorf über nr. 1699, die auf 
den bau der via Trajana bezügliche ioschrift gegenüber Orsova. 

Zeitschrift des vereins für hessische geschichte und landeskunde. 
Neue folge. Bd. 6, heft 1—3. Kassel 1875 und 1876. P. 139—200. 
Albert Wehrhahn, Hessisch - Oldendorf und seine schlachtfelder. In 
dieser arbeit findet sich p. 163—189 eine eingehende besprechung 
über die schlacht auf dem ldistavisus-felde. (16 n. Chr.) Nach 
einem überblick über die reichhaltige literatur, die dieser stoff be- 
handelt, wird zunächst die lage des schlachtfeldes besprochen; der 
verf. findet dasselbe bei dem heutigen Oldendorf. Der von Tacitus 
An. Il, 12 erwähnte Herculeswald (silva Herculi sacra) ist auf dem 
heutigen Hohenstein zu suchen. Unter den verschiedenen deutungen 
des namens Idistavisus verdient beachtumg: id is siau wis (stau- 
wiese, von dem stauen der weser) Endlich giebt der verf. eine 
anschauliche schilderung von dem gange der schlacht im engen 
anschluss an den bericht des Tacitus und mit bezeichnung der po- 
sitionen nach den jetzt dort gelegenen ortschaften. 

Verhandlungen des historischen vereins für Nioderbayern. X VIE. bd. 
Landshut 1873. P.185— 205. J. Spanfchiner, zusammenstellung 





Miscellen. — 729 


der wichtigsten überreste römischer cultur in Niederbayern, mit 
besonderer beziehung auf die via consularis im süden der Donau 
von Celeusum über Reginum bis Bojodurum und auf den alten 
strassenzug von Turum über Jovisura ad castra. — Der verf. 
weist den gang der strassen in den angegebenen richtungen nach, 
mit berücksichtigung des Itinerarium Antonini und der Tabula Peu- 
tingeriana; den ort Jovisura findet er in der Strassburg unterhalb 
Schönbrunn bei Landshut. — Zu anderem resultate gelangt p. 
206—257 J. N. Seefried, das municipium Jovisara (Jovisura) auf 
den gefilden von Niederschärding, Weihmörting und Sulzbach a. S. 
ein beitrag zum verständnisse des Itinerarium Antonini Augusti. — 
Ein weiterer beitrag zur feststellung der alten Römerstrassen findet 
sich p. 299 — 316 von Braunmüller, nachtrige zu Natternberg 1 
(p. 3 des bandes) und namentlich genauere nachforschungen über 
unsere Römerstrassen. 


Zeitschrift des historischen Vereins für Schwaben und Neu- 
burg. Zweiter jahrgang. 1. heft. Augsburg 1875. P. 172. Bau- 
mann, die alemannische niederlassung in Rhaetia secunda, — 
Während die Alamannen in die Agri decumates als eroberer ein- 
drangen und alles römische wesen vernichteten, kamen sie, und 
zwar in etwas späterer zeit, nach Rhaetien als friedliche ansiedler, 
neben welchen die romanischen elemente ruhig fortbestanden. Der 
verf. zeigt dieses für Rhaetia secunda an 15 ortsnamen, die römi- 
schen ursprungs sind, sowie aus den benennungen mehrerer kleiner 
gewässer, die gleichfalls ihre antiken namen festgehalten haben. — 
Die abbandlung bespricht dann die weiteren schicksale der aleman- 
nischen bevölkerung unter Odoaker und Theodorich dem Grossen. — 
Sonst bietet das heft nichts philologisches. 


Berichte über die verhandlungen der kön. sächs. gesellschaft der 
wiss. zu Leipzig. 1872. P. 1—28. Hultgren, statistische unter- 
suchungen des distichons. — P. 29—90. Voigt, über das rö- 
mische system der wege im alten Italien. Ein beitrag zur römi- 
schen rechtsgeschichte. 


Mittheilungen des historischen vereins für Steiermark. Heft 22. 
Graz 1874. — Ohne philologisch interessanten inhalt. 


Jahrbücher des vereins von alterthumsfreunden im Rheinlande. 
Heft LII. (Bonn 1872) P. 1—38. Wilms, alterthümer der 
umgegend von Duisburg. Weit mehr germanisches als römisches. — 
P. 39—48. von Reumont, das denkmal des @. Sulpicius Maximus 
an Porta Salara in Rom. Das denkmal, 1871 gefunden, ist dem 
in dem poetischen wettkampfe der capitolinischen spiele im j. 94 
n. Chr. rübmlich bestandenen 11jäbrigen sohne eines freigelassenen 
gewidmet und giebt auch die griechischen stegreifverse des knaben 
wieder, die hier nur in deutscher übersetzung vorgeführt wer- 
den. — P. 49— 61. Dilthey, Apollon und Daphne. Elfenbein- 


730 Miscellen. 


relief in Ravenna (mit einer tafel). — P. 62— 74, Christ, da- 
tierbare inschriften aus dem Odenwalde. 1. Fragment aus Eulbach 
(Brambach C. J. R. 1392), das hier Antoninus Pius (145 n. Chr.) 
viedicirt wird; 2. fragment aus Schlossau (Brambach 1733); 3. in- 
schrift aus Walddüren (Brambach 1737); 4. inschrift aus Milten- 
berg (Brambach 1739); 5. fragment von Miltenberg (Brambach 
1740). Im anhange: inschrift von Miltenberg (Brambach 1741). 
Die lesung aller dieser inschriften und ausserdem noch der schlos- 
sauer inschrift bei Brambach n. 1732 wird nach autopsie von dem 
verf. verbessert. — P. 98—102. Grienberger, bericht über die 
im j. 1507 erfolgte aufdeckung eines römischen grabes bei Sa- 
venthem unweit Brüssel. Aus einer handschrift der k. k. hofbib- 
liothek zu Wien. — P. 103 — 110. Merlo, zur rheinischen epi- 
grapbik. Der verf. bespricht die inschriften von Anticaglien seiner 
sammlung, töpfernamen, bronce- und gemmmeninschriften, inschriften 
von tbonlampen und nüpfen. — P. 127 f. Aus’m Weerth, eine 
römische taschen - apotheke von elfenbein (mit einer tafel) Das 
merkwürdige stück befindet sich im naturhistorischen cabinet der 
stadt Sitten und hat früher zu einem reliquiarium gedient. Seine 
ursprüngliche bestimmung zeigen die auf dem deckel befindlichen 
figuren des Aesculap und der Hygiea. — Auch die miscellen ent- 
halten noch mancherlei nachrichten über römische alterthümer. 
Daselbst. Heft LIM und LIV. (Bonn 1873). P. 1 — 42. 
Dilthey, über einige bronzebilder des Ares (mit 12 tafeln und ver- 
schiedenen holzschnitten). P. 99— 141. Schaaffhausen, ein 
römischer fund in Bandorf bei Oberwinter (mit 2 tafeln) Die 
hauptstücke sind ein altar mit der inschrift : DEO || INVICT || REGI 
PR|O BONO || COMVN., mit welcher die ofener inschrift bei Orelli- 
Henzen Ill, n. 5854 verglichen wird, und ein relief mit einem lie- 
genden flussgotte oder Neptun. — P. 142 — 158. Becker, rö- 
mische inschriften vom Mittelrhein. Es werden da 18 theils erst 
jetzt gefundene, theils erst jetzt bekannt gewordene inschriften aus 
Alzei, Bingen, Mainz, Frankfurt a. M., Heddernheim und Wies 


baden mitgetheilt. — P. 159 — 171. Hübner, römische alter- 
thümer in Lothringen. Es wird namentlich über das interessante 
museum von Metz berichte. — P. 172—187. Freudenberg, rö- 


mische inschriften aus Rohr bei Blankenheim und aus Bonn. Es 
sind sechs mehr oder weniger gut erhaltene inschriften und einige 


fragmente, von denen hier berichtet wir. — P. 188 — 198. 
Brambach, alterthumsforschung am Oberrhein. Es gilt namentlich 
dem städtischen museum zu Zabern im Elsass. — P. 199— 228. 


Diintzer, die an der ost- und nordseite des domes zu Köln ent- 
deckten reste römischer und mittelalterlicher bauten (mit 2 tafeln). 
Es sind die reste zweier römischer gebäude, von denen das eine 
sich auf den trümmern des anderen erhob; die zerstörung des äl- 
teren derselben glaubt der verf. in das jahr 355 setzen zu dürfen 


Miseellen. 731 


(s, Amm. Marcell, XVI, 3, 1), die des jüngeren in das jahr 451. — 
P. 229— 252. Fulda, epigraphische mittheilungen aus Cleve. 
1. „die Turck’sche chronik “, von welcher Fulda in der stadtbib- 
liotbek zu Cleve ein exemplar gefunden. Es wird zunächst die 
autorität Turck’s geprüft, dann danach für die Clever inschrift, 
welche Brambach unter den spuriis als n. 19 aufführt, völlige 
ächtheit in anspruch genommen, ebenso für die drei ersten zeilen 
von Brambach spur. n. 17; von anderen neun inschriften, die jetzt 
verschollen sind, werden die abschriften mit denen Brambach’s ver- 
glichen. Besonders interessant ist noch die vergleichung der in- 
schrift von Rinderen (Brambach n. 164) mit dem originale, indem 
daraus die interpolation des namens TIBERII bewiesen wird. — 
P. 261—270. Cuny-Bouvier, fund römischer kaisermünzen io der 
nühe von Bonn, und van Vleuten, zwei laedirte kaisermünzen (mit 
1 tafel) Der fund lieferte namentlich schöne münzen von Postu- 
mus (darunter 4 unedierte), die beiden kaisermünzen sind von Ha- 
drianus und von Constantinus. — In dem abschnitte „litteratur“ 
wird Dederich’s Julius Caesar am Rhein von Fiedler besprochen. — 
Auch die miscellen liefern mancherlei kleinere nachrichten über 
rómische alterthümer am Rhein, 

Revue archéologique, 1873, nr. 8. August. Desjardins: geo- 
graphische bemerkungen im anschluss an die amtliche laufbahn eines 
legaten des unteren Pannoniens. Der verf. stellt, zum theil mit 
verbesserungen, die auf Suetrius Sabinus bezüglichen inschriften zu- 
sammen, giebt die von ibm verwalteten ämter an und bestimmt die 
eintheilungen der provinz Afrika, in einzelheiten Mommsen wider- 
sprechend, z. b. in der benennung Numidia Tripolitana, die nir- 
gends vorkomme und in der begründung des ptolemäischen Numi- 
diens (dazu eine karte). — Miller, griechische inschrift aus Aenos 
(von dem kürzlich gestorbenen Deville mitgebracht) aus der zeit 
nach Marcus Aurelius: 

Avoñliog vasxineos Jaganeuris tov YıAar- 

[2]ou nov Feo “Aoxiymov. Ta cos Asyöneva tavıla]‘ 
"O:]a» anoddvyc, ovx Gnédaves 7 dè wuyy cov 

. oo + 01007004 
Der verf. ergänzt in der letzten zeile Zonevosy avagwefoa:. Von 
den unmittelbar folgenden wörtern ist nur &yysıov hinter aywonoas 
noch deutlich; dahinter steht noch fwuwrovivaco und in der fünften 
zeile 

wow artdafes tho Anodnwals 
in der sechsten zeile vielleicht 
véou Omov ty. 


Jubainville: der gallische Mercur. Sein gallischer name ist Vi- 
sucius und er ist mit dem Ogmios des Lucan identisch. — Ro- 
biou, verhältniss des werthes des kupfers und des silbers bei den 


732 Miscellen 


griechischen Aegyptern. Der verf. findet, dass die silberdrachme 
gleich 106,5 kupferdrachmen war, nicht gleich 60 kupferdrachmen, 
wie Letronne (Papyrus bezüglich auf zwei flüchtige sclaven) aus- 
gerechnet hatte. — Burnouf und Lebègue, auffindung der grotte 
auf Delos, vermittels deren man, nach den scholiasten zu Homers 
odyssee, welche fälschlich die insel Syros nennen, das solstitium 
feststellte (mit einem plan). Das dach über der höhle ist versehrt; 
im innern reste einer Apollostatue; auf einem ausgehöhlten mar- 
morblock hat, wie drei darin befindliche löcher zeigen, die cortina 
gestanden, von welcher Virg. Aen. MI, 92. VI, 347 die rede ist. 
Von der äussern ansicht und von der innern einrichtung dieses 
primitiven Apollotempels ist je eine zeichnung beigegeben. Auf 
dem plateau des Cyethus oberhalb dieser grotte ist ein andres ge- 
bäude in trümmern aufgefunden worden, mit der folgenden iuschrift 
in mosaik aus der rümischen zeit : 


AIIK YNOIOK ALAOHN AK Y NOI A 
ANOAAWNIAHC OEOTEITONOC 

A AOAIKEYO Y HEPEAY TOY KAI 
T2NETAIPWN TO KATAKAYC 
TONENHEPEWC APICTOMAXOY 
ZAKOPEYONTOC NIKH®OPOY 
EHIAE EHIMEAHTOY KOINTOY AZH 


Das x«raxÀvo:o» ist das compluvium und Cr scheint eine abkür- 
zung von Asinii. Es folgt die aufzäblung der gefundenen gegen- 
stände, darunter einiger antiker todtenurnen mit menschlichen ge- 
beinen, was der bekannten tradition zu widersprechen scheint. 
Darauf werden noch inschriften mitgetheilt, eine mit facsimile (die 
jedoch aus Amasia herrührt). Hervorzuheben sind: 


1. EIIIIEPEWCAFICTWNOCTOYTIAAToPoC 
KHODICIEWCHOCEIAWNIOCTIOCEIAWNIOY 
CK AMBONIA4HCK AEIAOY XHCACAIIKYN 
OIWIKAIOHNAKYNOIATHNTPANE 
ZANKAITACCTIBA AACKAITAXPHC 
THPIAZAKOPEYONTOONIKHOOPOY 
EBAOMONKAITPLAKOCTON 


2. APXQN 
AIOTIMOC 


AXAPNEOSE 
THSNESSOY APISTION 
SOKPATOYEZ 
ZAKOPEYONTOZ 

KAI IO A 

E . 4H 











Miscellen. 733 


4. J ZHNONAZHMQNOS 
KAEIAOY XH. ANT A KAI 
. OALZTHN 


AOH....... EIPA 


A AAHNEOIZ 


9. BAZIAEANTOAEMAIONSQTHPA 
BASTAEQS WTOAEMAIOYTOY AEY TEPOY 
EYEPTETOYAPEIOSHTOAEMAIOYAAES ANAPEY S 
TONIIPOTONOI40NTONEAY TOYEYEPI ETHN 
AIIKY NOIOIK 4LAOHNAKYNOLA. 


6. 24PAIION ZATASOY AITLAIEYS 
IEPEYS TENOMENOS 4I0Z KYNOIOY KAI 
AOHNAZ KYNOIAZ EN TOI EI UPOKAEOYZ 


7. NEIAPXONTo2 4HMEoY N 
IQNOS OEOAQPOY ToY AEQS 
OZ HNoSIEPOYEK IST. 
4 NYZ AA 
AIO O 


8. ATIKYNOI2 

EHIIEPEQZX 
NIKOKPATOY 
Z2OYNIEQS 


LAOZTPATOSOIA 
AZKAA2NI 
ENAHA2 YIIEP 

NIIOAEQZ K AI 
AIKOZ K AIT 

HOSEIAQNIAS 


10. a. XAPMIPOS AINHSIOS 
KIKYNNEYSIEPEYSTENOMENOS 
AIOSKYNOIOYKALAOHN AS 
KYNOIAZANEOHKEN 
TOZO ANON 

b ....... . OZKAI 
AIOARPOZALHKYNOIR 
KAIAOHNAKY NOIA 


734 Miscellen. 


EY XHNEOIEPEOS 
AIODANTOYTOY 
IT APNAZZOYKH®ISEOS 


Cochet, jabresbericht über die archäologischen unternehmungen im 
département Seine -Inférieure. Begräbnissstätten und urnen sind in 
Havre und bei Rouen zum vorschein gekommen. — Archäologische 
nachrichten: Cessac, meilenstein aus Saint-Leger-Magnazeix (Haute- 
Vienne) Imp(eratore) Caes(are) (Cajo) Pio Esuv(io) Tetrico Pio 
Aug(usto) C{ivitas) L(emovicorum) L(eugae) X... — Genthe, 
der name des gallischen gottes muss Esus , nicht Hesus gewesen 
sein. — Anzeige von Moreau de Jonnès, der ocean der alten 
und der präbistorischen völker. 


Nr. 9. September. Engelhardt, inschriften aus Obermôsien. 


1. Aus dem kloster Kutchevitsch bei Uscup 
D(iis) M(anibus) . Sext(us) Caelidius Secundus .... cui ordo 
col(oniae) Scup(orum) (h)onores aedil(itatis) et decurionatus 
contulit . Vix(it) an(nos) decem et octo, dies quadraginta . H(ic) 
s(itus) e(st). 

2. Diis) M(anibus) . Caelidia Secunda; vix(it) an(nis) quinquaginta; 
b(ic) s(ita) e(st) . Cl(audius) Herculanus maritus b(ene) m(e- 

renti) p(osuit) 


Die dritte ist eine sehr beschädigte grabschrift auf 'T. Claudius 
Ursio, die vierte auf M. Avitius Mestrius von der siebenten legion; 
in der fünften unlesbaren wird dieselbe legion erwähnt; die sechste 
gehürt einem veteranen der ersten legion; die achte: Ulp(i) Ionice, 
have! Bene valeas qui me salutas . D(iis) M(anibus) . Claudia Ru- 
fna visit annis triginta . Ulpius Ionicianus vixit. qnnis viginti 
quinque . Ulpius Rufinus vixit annis quinque . H(ic) s(iti) s(unt). 
M(arcus) Ulp(ius) Ionicus coiugi et fiiis b(ene) m(erentibus) et sibi 
vivus f(aciendum) c(uravit). Die neunte ist in sehr falschen hexa- 
metern abgefasst, deren restitution gleichwohl von dem bearbeiter 
versucht worden ist; sie bildet ein akrostichon auf Ael(ius) Tertius, 
der, wie man errüth, bäder, welche er angelegt batte, einer legion 
(der 7ten wahrscheinlich) zum gebrauch überliess und nach dem 
tode seiner gattin ihrem andenken weihte. — Miller, historische 
gedichte des Theodorus Prodromus. Das hier mitgetheilte gedicht 
bezieht sich auf Manuel Comnenus. — Desjardins, geographische 
bemerkungen im anschluss an die amtliche laufbahn eines legaten 
des unteren Pannoniens. Der verf. untersucht hier, was man unter 
via Latina nova (der fortsetzung der via Latina durch Campanien 
und Samnium) im gegensatz zu der via Latina vetus (in Latium 
selbst) zu verstehen habe; und verbreitet sich dann über das amt, 
welches Suetrius Sabinus gehabt hat als er ad corrigendum statum 
Italiae gewählt war. Es folgt ein anhang über die provinz Nu- 





Miscellen. 735 


midia militiana, ihren ursprung und ihre dauer, welche er etwa 
auf das jahr 300 ansetzt. — Longperier, ausgrabungen auf dem 
boden des klosters St. Marcel. Der verf. glaubt auf einem zu tage 
geförderten bruchstück eines sarkophags den in antiken monu- 
menten äusserst seltenen volksnamen Parisii in den buchstaben Pari 
lesen zu müssen. — Archäologische nachrichten: zwei briefe über 
Schliemanns entdeckungen iu Troja, mit einer abbildung des xg7- 
deuvov. — Anzeigen: Robert, gallisch-römische inschriften aus 
dem moselgebiet. — Dumont, neue denkschrift über die chrono- 
logie der athenischen archonten, 60 namen, die hier aufgeführt 
werden, enthaltend, welche in allen früheren listen fehlen. 

Nr. 10. October. Fr. Lenormant, über einige siegel mit in- 
schriften in hamathischen schriftzeichen, — Du Barry de Merval, 
das monument der Sphinx bei Giseh (mit einem plan der pyramiden). 
Gewöhnlich wird dies von Mariette entdeckte denkmal „der tempel 
der Sphinx“ genannt. Der verf. sucht zu beweisen, dass es eine 
zu der pyramide des Chephren gehörige todtenkapelle gewesen 
ist. — Dumont, die athenische chronologie zu Delos. Der verf. 
beweist, namentlich durch die inschriften Lebègue’s (s. rev. arch. 
august 1873), entgegen den annahmen Boeckh’s und seiner nach- 
folger, dass in den delischen inschriften nicht delische, sondern 
athenische archonten genannt werden. — Longperier, antike stele 
im garten der abtei Port-royal-en-ville gefunden (mit abbildung). 
Die inschrift lautet: Geminius Solimari f(ilius) vestiari (us) h(ic) 
s(itus) — Archäologische nachrichten: Burnouf, brief über 
Schliemann’s entdeckungen. „Der volksstamm, welcher diese über- 
bleibsel hinterlassen hat, war arisch; er kannte das eisen nicht und 
war älter als das bronzezeitalter, also auch älter als die lliade*, — 
Anzeigen von Rochas d’Aiglun, Poliorcétique des Grecs. „Möchte 
dies buch“, sagt der verf., welcher in Deutschland gefangen ge- 
wesen ist, „für seinen schwachen antheil dazu beitragen zu zeigen, 
dass Deutschland nicht das monopol der gelehrten arbeiten besitzt, 
auf welche es sich so stolz zeigt“. Auch Philo’s Poliorcetica, 
welche Koechly und Rüstow als „unlesbar“ weggelassen haben, 
findet sich hier übersetzt. 

Nr. 11. November. Miller, unveröffentlichte fragmente des 
Theodorus lector und des Johannes von Aegaea (dıuxgsrouevog). 
Diese fragmente sind durch den verfasser aus den sonderhäusern 
der mönche des Athos, welche dort kitia genannt werden, mitge- 
bracht worden. Die des Theodorus findet sich bei Theophanes, 
aber in veränderter fassung. Theodorus seinerseits hat wiederum 
ganze stelleu dem Johannes von Aegaea, welcher mit Johannes 
dsuxgsvopevoc identisch ist entlehnt. — Jubainville, Teutates. 
Der verf. leitet es von dem oscischen tuta, irischen tuath, armo- 
rischen tud = toutà, gothischen thiuda (volk) ab und erklärt es: 
derjenige welcher das volk schützt. Danach ist, ihm zufolge, Teu- 





736 Miscellen. 


tates derselbe wie Mars, nicht wie Mercur. — Caillat, herstel- 
lung der alten wasserleitung Carthago’s, durch vermittelung des 
französischen generalconsuls Léon Roches und durch die arbeiten 
des französischen civil-ingenieurs P. Colin. Ausführliche geschichte 
und beschreibung des alten aquaeduct's (mit zeichnung). — Cler- 
mont-Ganneau, jüdisches ossuarium aus Alexandria (mit abbildung). 
— A. Bertrand, drei eiserne degen und ein bronzenes gefäss, alle 
gallischen ursprungs (mit abbildungen). Archäologische nach- 
richten: Rangabe, brief über Schliemann’s | entdeckungen. — Neue 
erwerbungen des Louvre. — Pannier, brief über Solimariaca des 
itinerarium Antonini, welches er für das jetzige Sommérecourt 
(Haute - Marne) hält. — Cochet, brief über die auffindung einer 
grossen römischen villa bei Saint - Martin - Osmonville (Seine - Infé- 
rieure). — Anzeigen: Wey, Rom, beschreibung und erinnerungen. 
— Du Barry de Merval, studien über die ägyptische architektur ; 
das werk eines geschmackvollen dilettanten. 
Nr. 12. December. Creuly, römische inschrift aus Tarbes, 
wie der verf. glaubt, aus der zeit der republik: Diis Manibus cla- 
rissimi viri Valerii Sancti, clarissimus vir quaestor Provinciae Bae- 
ticae, Tutor clarissimi pueri. Julii. Sancti, fili eius, ponendum cu- 
ravit. — A. Bertrand, etruskische bronzen aus Gallia cisalpina 
und den jenseits der alpen gelegenen ländern (Schweiz, Elsass, 
Lothringen, Rheinpreussen, Belgien und Burgund); dazu zwei ab- 
bildungen von armbändern. — Perrot, unveröffentlichte inschriften 
aus Kleinasien. 1. Aus Amasia (mit dem facsimile, welches irr- 
thümlicher weise in das augustheft gerathen war): ‘Yrèo Paosdéws 
Dagvdxov [Mnlreodwgos — vou peoveag[xno]as [ro] fw[u]óv 
xai [7]öv avFewva Seoïç. 2. Aus corp. inscript. Graec. nr. 4022 
und 4023 ergänzt inschrift aus Ancyra: 
IT. °TovAlw Sxanhy, vm up anodedery utvo 
noscBevtn xal UviLoTRATI;Y @ Avtoxgazogos 
Tooiavov ’Adgsavov ZeBaoroë, nargóg margldos, 
aoysegéws peyiotov, xai Avroxga] 
10005 Titov Aillou Katougos "Avrovelvo, 
avdvruroi (statt w) "Ayalas, nyeuôvs Asyıovog (statt ewvoc) 
I Zxvdsxc, Orgaınyo, Inuagyw, rau[i]a 
ênagyelas Balılzıxns, gedaaoyo naTvOT pw 
Aey(e@vos) E Aiduu[ov] Evrvyous 
xÀ ..... Bd 1106. 

3. Aus Ancyra: 

’Axvisiva Aogednuov téxvotg yluxurdrosc Ocoreux® xol 

Iafàw To nogov favi] te xai n avdgi Móppam xai 1oiç 

ovo: dav- 

Ing Téxvous Ex twv idlwy xınduusvn xoi èmoxevi caca èEe- 

' dear xai 

70 meolqpoayua ürmexoréOTQOt» uviune que 


Miscellen. , 737 


Miller, fragmente des Theodorus lector (von Byzanz) und des Jo- 
hannes von Aegaea, Text mit anmerkungen. — Ravaisson, zwei 
briefe von Rangabe und Burnouf über Schliemanns entdeckungen 
nebst bemerkungen des verf., in denen er besonders die vorstellung 
in schutz nimmt, welcher Rangabé entgegentritt, als könne in einer 
figur mit eulenkopf die ursprüngliche darstellung der Minerva ge- 
sehen werden. — Anzeigen: Berger, geschichte der lateinischen 
beredsamkeit vom ursprung Rom’s bis zu Cicero; nach den vorle- 
sungen desselben von Cucheval herausgegeben; der berichterstatter 
tadelt, dass die alten texte nach mangelhaften früheren ausgaben, 
z. b. der text der inschrift der säule des Duilius nach Egger und 
nicht vielmehr nach dem Berliner corp. inscript. latinarum, gege- 
ben worden sind; Kraus, Roma sotterranea, die römischen kata- 
komben; Visconti und Lanciani, guide du Palatin; Neumann, mé- 
langes philologiques I. Aussprache des lateinischen c, wird durch- 
weg getadelt. 

— 1874. Nr. 1. Jan. R. Mowat, die station Vorgium 
(tab. Peut.) bestimmt durch eine noch unverôffentlichte meilenstein- 
inschrift zu Ma&el-Carlraix (Bretagne). Die sehr defecte inschrift 
(facsimile) lässt erkennen, dass Vorgium in Carhaix anzusetzen ist, 
welches von Maél- Carhaix um die VI leugae, welche der meilen- 
stein angiebt, entfernt ist. Verschieden davon ist Verganium (Pto- 
lem.), das nach Kerscao gehürt (s. rev. arch. 1873, april). Der 
verf, leitet beide namen übrigens von werk angelsächs. weorc, £&g- 
yov» u.s.w. ab. — 0. Rayet, nachgrabungen in Kleinasien, auf 
kosten der hh. G. und E. v. Rothschild. Die ergebnisse sind die 
aufdeckung des theaters von Milet aus römischer zeit, zwei altäre, 
der eine hellenischen ursprungs, aus Heraclea in der nähe von 
Milet, die erforschung des (zweiten) tempels der Zfídwuo, oder 
Boayytóos (Strab. XIV, 1, 5) zu Hieronda und die überführung 
vieler architectonischer reste des letzteren nach Fraukreich, wo die 
herren v. Rothschild sie dem Louvre geschenkt haben. Bemerkens- 
werth sind darunter zwei mit sculpturen verzierte säulenbasen, 
nächst einem von Wood in Ephesus entdeckten und in’s britische 
museum geschafften exemplar, die einzigen dieser art, welche man 
kennt, Ein ausführliches werk über diese nachgrabungen in Milet, 
mit vielen abbildungen und inschriften, wird von dem verf. in aus- 
sicht gestellt. —  Coquart, brief an den präsidenten der akademie 
der inschrifien und schönen wissenschaften, in welchem der verf. 
darauf aufmerksam macht, dass die üsterreichische unter Conze nach 
Samothrake abgegangene expedition in ihren veröffentlichungen 
seine eignen arbeiten über diese insel, obgleich sie längst bekannt 
gemacht waren, unerwühnt und unberücksichtigt lässt. Es folgt 
eine liste der von dem verf. und Deville gemachten zeichnungen 
und aufnahmen, deren veróffentlichung bevorsteht und deren benu- 
tzung er den deutschen gelehrten um so mehr empfiehlt, als seit 


Philologus. XXXVI. bd. 4. A7 


738 Miscellen. 


seiner reise die ruinen der insel als steinbruch gedient haben. — 
Renan, brief an Pierrot, bemerkungen über die inschrift des Esch- 
mounazar, nebst übersetzung derselben. — E. Miller, griechische 
inschriften aus Aegypten. Nach den von Mariette eingeschickten 
abdrücken verbessert der verf. zuerst die von Letronne, Inscr. 
d’Egypte I, p. 427 veröffentlichte (auch von Boeckh abgedruckte) 
inschrift; sodann veröffentlicht und erklärt er fünf andere aus 
Alexandrien , unter ihnen eine christliche aus dem jahre 409, und 
eine defecte; die übrigen lauten: “Yxig Baoihéws ITrolsuaiov xoi 
BacsAloonç “Agowong Ou Dedonard guy Arorwvioc * Aupovtov 
xai Tiuóxiov Kososdov xai ta maldia Anumos xoi Keon xai 
Aıxawoovyy. Die widmung an eine trias von gôttern war (nach 
Mariette) in Aegypten ortsüblich; Tiuoxsov, der name der frau, 
ist neu. Ferner: 

+ "Ioıdog svndoxiuoso zul "Aupwvos xtgaoto 

Koonoxgarov 1e dimhoic eidei pasvouérou 
Bopóg èyu. Sov naios d° FInxev Kiivog ’AvovBlwy 
"Avyslov evoeflns 20 Svmnol t. 

Sodann (in jamben): ‘O wußos ovx acamog’ ade tor nérgoc | zo» 
xatdavovia onpavet us «où ılvoc. | Eis “Alday P£ßaxev dida pos 
070.005 | zd vEexgd mayo» , € gil’, dv n£do yore | xohamıöy ados 
LITER; dimmi oic xó Qui. | Horie piv Eignvatos, & dé vos md- 
te” | .... 09° 20 d’ oùvou’ dyopever' &x Poépous |... .. .. 
050v OVVEINETO . + +. . + . posgavwdeorv. Die letzten worte und 
vexoarwyoy bedürfen der erklärung. — A. Dumont, rede ge- 
halten bei der eróffnung der zweiganstalt, welche für die in Athen 
bestehende franzósische schule in Rom errichtet worden ist, über 
die methode der archäologischen studien, — Ravaisson, nachricht 
von einer neuen marmorstatue der Venus in lebensgrüsse, aus Fa- 
lerone, der Venus von Milo ähnlich, welche vor kurzem dem Louvre 
zugegangen ist. — Ducis, grabschrift aus Annemasse (Savoyen). 

Nr. 2. Februar. A. Bertrand, der xéorgos oder die xe- 
orgocgevddvn nach Pol, XXVII, 9 (bei Suidas) und Liv. XLII, 65; 
beschreibung der waffe und ihres gebrauchs, so wie bericht über 
die herstellung eines exemplars derselben durch oberst Reffye im 
museum von St. Germain (mit abbildung). — Colonna - Ceccaldi, 
neue griechische inschriften aus Cypern. Viele darunter rühren 
von grabsäulen her, über denen ein fichtenzapfen oder eine runde 
cannelirte verzierung hervorspringt und tragen ausser dem namen 
die worte zonotè (venom) zeige, das letztere bisweilen yege ge- 
schrieben; einige male kommt suyvys (sei ruhig) vor; die eine 
inschrift ist christlich. Den in folgender iuschrift aus Larnaka: 
"Onciovs Mehavd tp „xaraygagog (der unterschriebene) z(v)mig rov 
viov xatayoagou euynv Ao erwähnten Melanthius bringt der verf. 
mit Melanthus bei Ovid. Metam. II], 617‘ zusammen und hält ihn 
für einen der stifter von Larnaka, wie es Teucer fiir Salamis 


Miscellen. 739 


war. Eine andre inschrift Agıoıuyogas Zwoavôgoy tow Eavrou 
viov önaovı MelavIle evyv erwähnt ihn in gleicher weise. Die 
wichtigste dieser inschriften ist aus Dali; sie lautet: Mvaoéac 
“Aynros Metsigas $nig abrov xai tov viov Impvanovos "AnoA- 
lun ’Auvadato edyyy Frovs wo’ Kırısis ayovow un(ros) Aa»- 
dixov ©. Die zeitrechnung von Citium ist noch nicht festgestellt ; 
der macedonische monat ÆaySexoc erst unter den diadochen in 
Cypern aufgekommen; der name Inovouwv ist neu, “wns kommt, 
aber mit dem gen. “Ayov, bei Rangabé (recueil des antiq. hell. 417) 
als name eines Tyriers vor. Ferner aus Pyla: Mvactag Zvvrldov 
Dihaévng Hvuttiov 'AnoAhwvı Moyıplo. Der beiname Maylosoc 
(friichtezeitiger?) ist sonst unbekannt; er kommt aber in einer an- 
dern inschrift, gleichfalls aus Pyla ’ 4r0Awvı Maysıglo euyrr in 
dieser correcteren form noch einmal vor. In einer dritten inschrift 
aus Pyla findet sich noch ein beiname Apollo’s, der sich nicht 
deuten lässt, nämlich: 

ALIO 440NILAAKCEIIHLAPICCTOYO 

MANTIAPXOCYTIEPK AEONOC 

TOYYIOY 

ANEOEKENENTY XHI 
Endlich ist eine inschrift aus Salamis nur dadurch bemerkenswerth, 
dass sie den namen des verfertigers “Eouollos éxotovy in der ver- 
tiefung des oberen randes der tafel zeigt (mit einzelnen abbildungen 
und facsimiles) — ZA. Kern, nomina propria und deminutiva in 
den inschriften aus der zeit der Rómer in den Niederlanden; ab- 
leitung und erklärung der in Brambach's corp. ioscr. Rhenanarum 
vorkommenden latinisirten namen aus verschiedenen alideutschen 
dialecten. — Graf v. Gobineau, katalog einer sammlung asiati- 
scher geschnittener steine. Der verf. sagt in der einleitung , dass 
man die anfánge der griechischen plastik in dem halb arischen, halb 
semitischen Kleinasien, dessen inspirationen aus dem thal des Tigris 
herrührten, namentlich in Lydien, suchen müsse; die prüfung der 
achämenidischen gemmen hat ihm die überzeugung verschafft, dass 
die glyptik die figuren der architektonischen denkmäler reproducire, 
dass mithin die glyptik nur eine sculptur im kleinen sei. Die se- 
mitischen und chamitischen racen haben nach ihm die glyptik und 
die sculptur nur zu symbolischen zwecken gebraucht, namentlich 
um sich die gottheit in unmittelbare nàhe zu bringen; erst die 
Hellenen haben aus ihnen eine wirkliche kunst, losgetrennt von 
religiösen nebenabsichten, gemacht. Er zählt sodaun die formen 
und die arten der steine auf, die den asiatischen steinschneidern zu 
ihren arbeiten gedient haben. Obgleich die gegenstände der stein- 
schneidekunst für die Asiaten wenig mannichfaltig waren, und ein- 
zelne derselben ganz Asien angehören, unterscheidet der verf. doch 
die verschiedene methode und den verschiedenen geschmack in der 
darstellung bei den auf einander folgenden epochen; er schliesst 


47 * 


740 Miscellen. 


damit zu behaupten, dass die geschichte der steinschneidekunst die 
geschichte der bildenden kunst überhaupt enthält. — Chabas, über 
das eisen (Ba oder Baa) bei den Aegyptern. — Chierici, in San- 
Polo d'Enza folgt die eisenschicht unmittelbar der bronzeschicht ; 
die von A. Bertrand durch „Villanova“ charakterisirte schicht fehlt 
dort, — Burnouf, brief über ein von Schliemann aufgefundenes 
trojanisches gefäss, in welchem der briefsteller chinesische (tura- 
nische) schriftzeichen zu erkennen glaubt und ihr vorkommen hier 
aus dem umstande zu erklären sucht, dass der norden und die mitte 
Kleinasiens in alten zeiten von Turaniern eingenommen waren. — 
Héron de Villefosse, zweisprachige inschrift aus Ain- Youssef (pro- 
vinz Constantine), deren lat. theil der verf. ergänzt: Azrubal Ar... 
tanus templum d(e) s(ua) p(ecunia) f(aciendum) curavit, votumq(ue) 
[solvit libens merito]. — Blanche, Schebtoun des Sesostris ist das 
jetzige Kalat-el- Hossen, das Krak der kreuzfahrer. — Anzeige 
von Max Müller, Introduction to the science of religion durch 
G. P(errot); ferner von Boucherie, ‘Eopnvetuata [xav] KaFypeowi) 
outta des Julius Pollux und’ ein palimpsest von Montpellier, ent- 
haltend bruchstücke des Priscian und des Pompejus, des commen- 
tators des Donat; ferner von Gourgues, dictionnaire topogra- 
phique de la Dordogne, von Desjardins, die epigraphischen denk- 
mäler von Bavai und des museums von Douai: endlich von Benn- 
dorf, griechische und sicilische vasenbilder. — 

Nr. 3. März. E. Miller, unveröffentlichte, inschriften aus 
Aegypten, deren abdrücke durch Daninos eingeschickt worden sind. 
1) Eoysgi (statt eUypuges) Taoarias 7 xai os... Fapıov ery 
TEeCoanoaxorta Eva (statt évréa). 2) Ovagıs Hoantwos Tegovlans 
yuvasxi xoi tExvois avédnxey Em ayad@ . A Toodiavov ueyeio 9. 
3) In hexametern abgefasst : 

| "Evade inv [EE mvvr)v xuto yalu xaduntes 
ITost(pav) zn» ahoxor, ceuvor Fados €Eoyov Gio (44201?) 
e 000 MOU didviy mv wolgov . . + Keys ano yalns 
Eixooı névie Ew Cyoaca: Toov ygóvov w . . . .. 
e + + 5 Adyow vov nugodei(ta) . . + 
4. In distichen: 
Hevrixo|v]ra zomwv Kov xvxlor nd’ à»vcavra 
Aros 6 ravdaparwe nonaoev elc Atdnr. 

’Q y90v appoparns, olov déuag dppixadvnt(e)sc 
EL. «è OÙ Uuyic tot woxagrorordzou! 

Oùx ayfgaoros Égv yàg avd m10Àw, alla xai aox7 
Tavdipe wn éoréper” dy copla. 

4duodv yao te tonwy nodiraggiiv avrög Ereluw 
Ti» dıuson danavıy &Earvoas zagıow. 

IHavra dé co éméosx" 000 Tos Wuy Hoi _Exoubes, 
Kai téxywoy ayat@v av... dy yevej 

"Alia Ov, W mugodsiza, idwy dyadoù zagyov avdeos, 


I 
ai 








Miscellen. 741 


“Ov TE xareupnuiwy xoia peu cas m9, 
Talav Fou &aggdv sig tov dnavta xoóvov. 
In den bemerkungen ist es auffallend, dass der gelehrte heraus- 
geber glaubt zavdjum als daktylus lesen zu müssen, nicht bemer- 
kend, dass éFvsxy ein richtiger anapäst ist. Es folgen den erklä- 
rungen wichtige paläographische bemerkungen, namentlich dass bei 
abkürzungen die verdoppelung der buchstaben den pluralis andeutet, 
N 
z. b. O = ôvoua und OO = övonore. — Herzog von Blacas, 
vorrede zu seiner übersetzung von Mommsen’s geschichte des rö- 
mischen münzwesens, deren fortsetzung nach dem tode des übersetzers 
von de Witte besorgt wird; diese vorrede giebt übersichtlich den 
ganzen plan des werkes. — Graf von Gobineau, katalog einer 
sammlung asiatischer geschnittener steine. Dieser erste theil des 
verzeichnisses enthält nur vor der herrschaft der Achämeniden ge- 
arbeitete gemmen (mit abbildungen). — Heuzey, über einen, wie 
er glaubt, göttlich verehrten stein, der in Antibes gefunden worden 
ist, mit der inschrift Z7/genwy (nach seiner ansicht beiname Amors) 
Seganwy ° Apoodtms. — Rey, brief, in welchem er die priorität 
der erforschung der ruinen von Hosn Souleyman (das alte Baeto- 
caecia) gegen die expedition des Palaestina exploration fund für 


sich in anspruch nimmt. — Montier-Huet, über gefässe in Mesnil- 
sous-Lillebonne entdeckt, mit einer angeblich römischen thoupfeife. 
— Burnouf, weiteres über Schliemann’s entdeckungen. —  Conze, 


erklärung, dass er und seine genossen über ibre mission nach Sa- 
mothrace nur eine veróffentlichung im anzeiger der wiener aka- 
demie gemacht und darin Coquart's und Deville’s arbeiten erwähnt 
haben (s. o. januar) — Keller, über eine zeichnung, welche sich 
auf einer in einer hóhle gefundenen rennthierrippe befindet. — 
Anzeigen von Bailly, Grammaire grecque, und von Lenormant, 
Choix de textes cunéiformes inédits ow incomplétement expliqués 
jusqu'à ce jour. 

Nr. 4. april. A. Bertrand, einüscheruugs- bestattungen von 
Poggio-Renzo bei Chiusi. Der verf. fängt diesen in der akademie 
gelesenen vortrag damit an, dass er behauptet, viele von den alter- 
thümern, welche man unter dem namen der etruskischen begreife, 
gehórten einer zeit an, welche der entwickelung der etruskischen 
macht weit vorangeht und wären vermuthlich pelasgisch, ombrisch, teu. 
krisch und samnitisch. Man könnte ihre ausbreitung von osten her 
die Donau entlang bis Innspruck verfolgen und würde durch diese that- 
sache an den Argonautenzug, der denselben weg verfolgte erinnert. 
Die gefässe von Poggio-Renzo sind in einer schicht unter den übli- 
chen etruskischen bestattungskammern entdeckt und gehören also 
einer älteren periode an; sie gleichen denen von Villanova (s. unten 
p. 749 Rev. arch. 1874 nov.); mit abbildungen von urnen und 
von rasirmessern, — Nicard, die archäologische karte der Schweiz 


742 Miscellen. 


von Keller, inhaltsangabe. — E. Miller, auszüge aus Pollux Ono- 
masticon (s. o. februar). — Chardin, über die in celtischen grä- 
bern entdeckten (eisernen) pfeifen (s. o. märz). — Ueber ein auf 
dem Esquilin aufgefundenes Mithras-basrelief, — Burnouf, die von 
Schliemann in Troja entdeckten spindelgewichte (fusaioles oder 
pesons de fuseau), mit abbildung. — Colonna-Ceccaldi, brief, in 
welchem er gegen die mitglieder des Palestine - Exploration - fund 
die priorität der auffindung zweier inschriften aus Lycus (Nahr-el- 
Kelb) bei Beyrouth beansprucht. — Anzeigen von Havet, denk- 
schrift über die zeit der schriften des Berosus und des Manetho, 
welche der verf. in das 1ste und 2te jahrhundert vor unsrer zeit- 
rechnung ansetzt, von Stark, zwei Mithräen der grossherzogl. alter- 
thumssammlung in Karlsruhe und über kunst und kunstwissenschaften 
auf deutschen universitäten (1873); endlich von Lenormant, les 
premières civilisations. 

Nr, 5. Mai. Héron de Villefosse, antike gläser aus Algerien; 
sie zeigen eine malerei (z. b. einen gladiatorenkampf) in einer art 
von email; das eine trägt die inschrift Zafè zn» velxno (vlxnv). — 
A. Bertrand, das rennthier von Thaïngen (bei Schaffhausen); eine 
aufzäblung der thierbilder, welche man auf höhlenknochen bemerkt 
hat. — D’Arbois de Jubainville, nachträge zu seiner etymologie 
des namens Esus (rev, arch. 1870). — Graf von Gobineau, ka- 
talog u. s. w. Fortsetzung, steine aus der Arsacidenzeit umfas- 
send. — E. Miller, griechische inschriften aus Thasos, meist nur 
namen, zum theil verstümmelte , gebend. Bemerkenswerth sind: 
Aig. Dogiovvatog Dogrowazov Evgug.... edegy(£ing ÊTe)ow 
Ema, Bevegexid Quoc de teo Evdexa, qoid, yaioe — ferner: 
2 + « ayopov dgronoros EInxa ty 00009 Éaurÿ xai ti yuvaszì 
di)oxkjj xai roig _1éxvos ipoic. "Os d° av Eregog avolon , dwoe 
Kl nodele) yovoo0g éxatoy aongovs. Neu sind die eigennamen 
“ApS ovos und Topovolvos, neu ferner das deminutivum Snxlor 
von 37xn, welches sonst nur von Hesychius aufgeführt wird. — 
Nachgrabungen in Champ -du-'Trésor (bei Reims), Epouville (bei 
Montivilliers) u. s. w. —  Gaidoz, brief, in welchem er die oben, 
april, erwähnten celtischen pfeifen für unecht und neu erklärt. — 
Anzeigen von Foucart, Des associations religieuses chez les Grecs, 
von Conestabile, Sovra due dischi in bronze antico -italici del 
museo di Perugia e sovra l'arte ornamentale primitiva in Italia ed 
altre parte di Europa; endlich von Longnon, les cités gallo - ro- 
maines de la Bretagne. 

Nr. 6. Juni. Rossi, entdeckung der basilika der heil, Petro- 
nilla und des grabes der mürtyrer Nereus und Achilleus, mit christ- 
lichen inschriften. — Lefort, der gegenwärtige zustand der basi- 
lika der heil. Petronilla. — Graf von Gobineau, catalog u. s. w. 
fortsetzung , steine aus der Arsacidenzeit bis zu den ersten christ- 
lichen jahrhunderten hinunter enthaltend, — J, de Baye, die grotten 


il 


Miscellen.. 743 


von Baye mit eigenthümlichen pfeilspitzen von feuerstein. — E, 
Miller, griechisehe inschriften aus Thasos (forts.) nur namen mit 
yatge (oder yege) und xoo6guns enthaltend. Von eigennamen sind 
neu Z/owroyovos, "Astygüv vielleicht eine verderbung von *_4orv- 
xoéwv. — Nachgrabungen in Colmar, Athen. — Anzeigen von 
Croiset, Xenophon, son caractère et son talent; von Croiset, 
de personis apud Aristophanem, von Hémardinquer, la Cyro- 
pédie, und de Apollonii Rhodii Argonauticis, von Castets, Eschine 
Vorateur und Sophoclem aequalium suorum mores in tragoediis sae- 
pius imitatum esse contenditur; — ferner von Baudry und Bal- 
lereau, les puits funéraires gallo-romains du Bernard (Vendée). 
Nr. 7. Juli. Lenormant, geschnittene steine aus sebr alter 
zeit von den griechischen inseln aus dem britischen museum (mit 
abbildungen). — G. Perrot, unveröffentlichte inschriften von den 
kiisten des schwarzen meeres. Zuerst von Galmiche gesammelt: 
1) Aus der gegend von Boli: Æogarnç xoi Avzounöns oi viol 
TQ nazi Aiopalves) xai ‘Iovate ponte’ Luc xoi diopavns 6 xoi 
Bo eBagos. Das letzte wort als eigenname kommt hier zum ersten 
male vor. 2) Aus Boli: TO ’ Aoxinnlo xoi “Yyln Hequxdicg e and 
[ro]îs idlose avéInxe ebyiis yéow. Das e hinter Z7eoixA75 und 
der krasse soloecismus azo mit dem dativ sind unerklürlich. 3) 
"Ayo9; tuyn. “H fov xoi 6 diuos Erebjunoev "d (Uhr) Ko, - 
x{hov Talov vióv KAovorovpelva I1goxAov tov llovragyvyv xai 
Asoßäggm xai viov ing Aéofov mowrevorta thy émagyerdiv nu ons 
agere Ado . avéctnoev A(ovxvoc) Allıog Aovxavög 10 Eavioù 
glioy unig qvÀü)c diocxovetados. Die stadt ist Amastris, das 
jetzige Amastra, wo die inschrift gefunden worden ist. Sodann 
aus Tomi: 1) 4ya37 zuyn. ‘H Bouin xai 0 diuos rig pyteo- 
nodewe Topewg Z0000v "Aygızavalv) yvvaîxa Kurrov lepaca- 
pévnv ueri (statt pei) Ocáv Jvyatéqa IXulov) °TaMfov "Aygı- 
xavov uneghadioutyny tag me0 Eavıms xoi ÉTHUXOOUA Sucay thy Feov 
avaF 7 waow 20108015 (statt æevoéous) Tag yaosv. 2) [417033 
Tuyn. H Bouin xai 6 duos tis unyreomoeu Topews Ape 
xu]voy Kuntov GrgarevOG uevov Evdögws xal dyogavouncavıc êm- 
pavdç xoi Unegfahlopevov ToÙG 7790 £a [v] rov zewäle] xau, avé- 
orno&v te 10v avdorivia Zocoiu Apoix(ava) 7) yvv)) avrov. Die 
übrigen hier noch erwähnten oder abgedruckten inschriften sind 
schon von Koumanoudis in der Nfa Iavdwga 1. juni 1868 ver- 
öffentlich. Der verf. bespricht nach diesen documenten die bedeu- 
tung Tomi’s oder Constantia’s als hauptstadt der provinz Moesia 
inferior, später der provinz Scythia und die organisation der pro- 
vinzverwaltung. — Graf von Gobineau, katalog u. s, w, schluss. 
Die ganze liste enthält 529 nummern. — A. Lebègue, der ur- 
tempel Apollo’s zu Delos (s. rev. arch. 1873. august), In diesem 
tempel, den Burnouf und der verf. erforscht haben, sieht Us- 
sing, Bulletin de l’Acad, roy. danoise 1874, ein heiligthum des 


744 Miscellen. 


gottes Inopos. Der verf. sucht gegen ihn seine ansicht, nach Hom. 
Od. O, 402, Didymus und Eustathius, dass in diesem tempel die 
zoomei 78400 und das Virg. Aen. III, 91 erwähnte orakel zu 
suchen sind, zu vertheidigen, gesteht jedoch ein, dass man nicht 
wissen könne, wie dieser höhlentempel astronomisch war, und ob 
bier ein solstitial-zifferblatt oder ein anderes instrument sich be- 
funden hat. Besser gelingt ihm der beweis, dass dieser tempel ein 
orakel-heiligthum gewesen sei. — Cochet, Jahresbericht über die 
archäologischen unternehmungen im dép. Seine-Inferieure 1872—73. 
Gallische und römische gefässe und münzen, namentlich ein römi- 
scher dreifuss in bronce (mit abbildung) sind das hauptergebniss 
gewesen. — Auffindung eines basreliefs-in Rom, eine frau dar- 
stellend, welche einem auf einer erdkugel sitzenden mann eine binde 
um den schenkel legt; zweier grabmäler und einer grabschrift im 
dep. Creuze, eines sarkophag’s in Frioul. — Anzeigen von Barg?s, 
Notice sur une inscription romaine qui se trouve dans la commune 
du Plan d’Aulps; sie lautet: Matribus Almahabus Sex. Vindius 
Sabinus V. S. L. M.; und von Taylor, Etruscan researches, 
dessen versuche, die etruskische sprache auf das turanische zurück- 
zuführen, für misslungen erklärt werden. 

Nr. 8. August. Quicherat, Ueber einige merkwürdige stücke 
antiker glasarbeit. Diese glassachen gehören Augier in Arles und 
stammen aus dieser stadt, welche nach der häufigkeit der funde 
von gefässen und bruchstücken in diesem material die fabrik ge- 
wesen sein muss, welche Plinius Hist. nat. XXXVI, 66 im sinne 
hat. Die farbigen gläser, welche bei anlegung einer eisenbahn zu 
tage gefördert worden sind, hat man der chemischen analyse unter- 
worfen und es hat sich herausgestellt, dass die alten sich bei ihrer 
‘glasfabrication und -färbung bereits derselben Metalloxyde bedient 
haben, welche jetzt üblich sind, kobalt, kupfer, mangan, gold, sil- 
berchlorür, uran (1789 von Klaproth als einfaches metall darge- 
stellt) elainsäure, perlensäure (welche erst 1811 chemisch darge- 
stellt sind). Auch die formen der gläser, von denen einige abbil- 
dungen gegeben werden, sind zum theil äusserst merkwürdig. Es 
sind tuben, welche hermetisch verschlossen und mit flüssigkeit ge- 
füllt sind, retorten zum destilliren. Im übrigen verweist der verf. 
oft auf Deville, Histoire de la verrerie dans l’antiquité, Paris 
1873, ein buch, welches in Deutschland noch nicht bekannt zu sein 
scheint. — 0. Rayet, Unveröffentlichte inschriften aus Milet, dem 
tempel der Aidvuoı und aus Heraclea am Catmus (s. rev. arch. 
1874 jan.). Diese inschriften sind bereits im Louvre aufgestellt. 

1. Aus dem theater von Milet: 
xai] ano Ord] »[ezagıolu£vw[s £]deı xo]? rae] dj ws cvppeoo[y- 
zw[s] xai voy xai slg 109 Eneite Xe0vov ovvielovvi|s 
ras] ayéoosig > Aprémidi Bovinpögwi Sxtgudı xadors Sxto[s- 
da], éEpyomevos slagégovas 7j xadore vuy ylveww. “A [dè 





Miscellen. 745 


äjv 0 Oeos Feonloy, ob piv Feongonos eloayyehatwoay 
elc ÉxxAnotavy, o dè duos x00005 Bovhevododw OTWG 
TTGVTO ngay eros GxolovFws me tov Oeoù ovußovalns. 
xlo[i] Feongonot nigéFnouy Deldınnog Hoosówytov 
A? vropidng "Edariivogos Aa pric Aaunlıov, Alyas 
. "Eet]uoyavrov. ‘O duos 6 Minolta Egwräs wore 
xa]; tno Oews xeyagiouévor Fev xoi tws diuur ov[p- 
yeloovrwg Foray xai vvy xai elg tov nesta yodvolv 
Gu]rtehourte tag üytoceis "Apıtwdı Bovdn[pogws Zxtqide . . . * 
[In der drittletzten zeile ist wohl z£ statt xoi zu restituiren, H.]. 
Der beiname Zxígsg für ’Agrewg tritt hier zum ersten male auf. 
2. Aus den theaterruinen: 
. + ZapBavew dì ta Ofouora [xai] ra Ga [y]fesa. “Hy 
dè viz]oy, dale 
ra, yAüoloav, 009v», dacíav, wüv. "Hv dì niéw Ivi, 
Aayeras an Era 0rov dogyul» 
dact]av xoi yAdocav, xai awAnv play ano novıwv. Kai 
ray adlwy Oswy Tuy 
évrs|uerviwy oowy iegüros 0 iegede , Aoyeras ta yéoea cd 
aita xoi xA» avrà 
tls Weis Nu un Baoders dapBavi. "Hy dè sucrov Ivi 7 
node, Anwperas yhoo 
cav, dopuy, dactav, wonr. "Hy Etvos legomoviy a ^ noA 
Aw TQOLEQU OT 04 e 
aotwy Ov dv Serie oO Etvos, didovas dé tus beget rà yégea 
nee 5j mods didov 
. . goolic] déquaro[s woe ol "Anon LT sone ren. 
Auffallend sind die formen 6 fegews, aen st. over, Mispezau st. 
des ionischen Aguwerus für Ajyeros, evotòv Due (von evo). Ob 
dacéay als adjectiv zu 0cgv» gehört, oder subst. ist, bleibt zwei- 
felhaft. 
3. Aus dem dorf Palatia 
"E|mi orspyarnyopov ’Olvurizov 109 "Agiorotéhou, old|e 
èy[fvovro modîras xar’ evegyedtay avioè xoi oi Fxyovor 
4ilo»ewc Snagtraxov, Aîvios. diovioios Aiovvotov, Aimoc. 
Il v3lwv Acovuotov, Atos. duuitgos Bondov, ioc. 
* Arodiwwos Anumelov, Avios. ° Agygélas diovvo(lov), Atmos. 
'Eoutac [4f?]vxtdov, * Hoaxiswrns. 
Aivos ist ein hafen der thracischen küste, Heraclea wahrscheinlich 
das am Latmos. | 
4, Aus den theaterruinen 
Eni] orga yigógov °Ensyovov 


Tlatd[wv yoenyos ? Avde@v xoonyog 
+ +6 Byfiléoc “Hyélogos Howrtaydoov . 
Avinri|s Zwxgarng Abantys Twxodms 


Zwyagio]s * APnvatog Zwyagıos, ° Afnvaïos . 


746 Miscellen. 


5. Aus den theaterruinen: T0]» xQUTOTOY dovxnvdgsov ênt- 
200709 tou Zefacrou Kaorgıov Kivvur 5 Aaumgoram Müsotov 
xoig TOV éauriig evegyérny. ITeovoncapévou "ie GVROTÉTEUG tou 
coginoviaridos 10 B ’Avıwvlov ’AnoAlodwgov cdovigyov, matgog 
OuyxAnrxov. 

6. Desgleichen : T xQo tiOT0y &nf]roonov TOU Zeßaoro[e] 
Ave. Eöygarm i Auungoram Midnotwy sol tov íawrüg eveg- 
yémy u. s. w. wie oben. 

7. Desgleicheo: Aßaoxarıe, mowfoxatwe xeno, zailee]. 

8. Desgleichen: " Aya9zı ruym . M . AvgmAıov Onluptreny, 
avdiovebany, xaretwhiovelxny, meosodovelxn», nagadobor, viov M. 
AdonAlov Onlvplrgov magadobov , TOY Lever emy éy _molhotc TG 
noreldog GÙTOTGOGIGETÒY , dia tiv xowjj te udr® xoi lola dedw- 
Qnmévnv end 17 Joe d» nàcw avevoyMjofav, dy T0) 1010 GUTOU 
fero TOU mgooxnvlon - To olxovpevixov xai ceuvotatov cuvedgioy 
toy Asvovoywy . evruywsg . b n9n È. 

9. Aus den resten der siidlichen stadtmauer: 

* Avrgvo Evavdgtdov, "Arsupdvng Mooxtovog, Xtovig -Xsóvidog. 
Tov ‘Ecrialou tig Teaywrdlus joo 
Evardetday xéxQug' 0 zuußltug nérgoc 
Zícavra moóg nave’ euoeßüs ava oA 
àv» dovdpuov 0ydonxovr agrlwy. 
Ovyì xevais dokasg &{7x0T0 TOVOE dederzan 

Tuußos 00 ix mooyóvav, taig Ó amo tag cogíag, 
Toig ano Zuxgarew TUVUTALG pla vob te IThatuwvos, 

Kovx "Emxougioig, ndovixate, adtouc, 

“Eotiaioy, tov œquyra marçôs xÀ&woio Mevayd|gov] 

"Ec9Aoraay Bioràg éfayvoayros 600». 

Kovgn yaîa, qudeto oolwes, AQURTOS ov tov uv[0pa] 

[KAte]ovi! sv[cefi£uv si] iegovg Pada polus]. 

E. Soldi, Die babylonischen cylinder und ihr gebrauch. Diese mit 
figuren und inschriften bedeckten cylinderfürmigen steine werden 
zu tausenden in der nähe der ruinen der städte am Tigris und 
Euphrat gefunden, weil es sitte war, dass bei der grundsteinlegung 
der thore der städte die einwohner je einen solchen stein in den 
sand unter dem thor warfen. Sie dienten als siegel, in erster 
linie jedoch als talismann. Die legenden haben nichts mit darauf 
befindlichen figuren zu thun; sie bestehen aus dem namen des be- 
sitzers, dem namen seines vaters und dem namen des gottes, dessen 
schutze er sich empfabl. Die cylinderform, welche ihnen gegeben 
wurde, hatte in Assyrien, Indien und Aegypten einen allegorischen 
sinn. Der verf. giebt sodann citate aus Lajard, der in den figuren 
der cylinder die einweihung in verschiedene grade orientalischer 
mysterien erkennen wollte, in die grade des kriegers, des stieres, 
des lüwen, des geiers etc., so wie aus Lenormant (sur la magie), 





Miscellen. 747 


der in den figuren die beiden krieger Adar (Hercules) und Nir — 
Gar (Mars) sieht, welche dämonen unter der form von stieren und 
andern thieren bekämpfen. Der verf. selbst sieht in ihnen eine 
art freimaurerei; er glaubt ferner, dass diese cylinder nicht, wie 
King glaubt, am handgelenk, sondern auf der brust getragen wur- 
den. — Unter den archäologischen nachrichten wird die auffin- 
dung von goldenen Cäsarenmünzen in Aulus-les-Bains (Ariége) er- 
wähnt, weiteres über die ausgrabung der basilika der heil. Petro- 
nilla angegeben, (s. o. juni); die aufschriften von ziegeln aus 
Constantinopel mit griechischen inschriften, welche jetzt im museum 
von St. Germain aufbewahrt werden, theilt Dobigny mit; — An- 
zeigen von Mowat, Notice sur quelques inscriptions grecques und 
von E. Curtius, Beiträge zur geschichte und topographie Klein- 
asiens, Philadelpheia (nachtrag zu dem vorigen) und Ueber grie- 
chische inschriften aus Kyzikos, so wie von Benndorf, die metopen 
von Selinunt; die deutschen werke werden von G. Perrot warm 
empfohlen. 

Nr. 9. Sept. E. Soldi, Die babylonischen cylinder etc. In 
diesem theil seines aufsatzes versucht der verf. eine klassification 
derselben, nach der methode, wie diese steine geschnitten wurden 
(mit vielen abbildungen). — A. Bertrand, Einäscherungs - bestat- 
tungen von Poggio-Renzo (s. ob. april) mit abbildung dort gefun- 
dener gegenstände. — E. Miller, Griechische inschriften aus La- 
rissa; meist nur namen und zum theil mit seltsamen fehlern; so: 
Kisoorgura Kisdvixoy tov yAvavıazov pd (ZuQv?) uvelas yag. 
"Howg 59104 (st. yonorÉ) yeous (st. yaïoe). Einiges interesse 
bietet noch: ..... aj» yauxurarnr .... ovußıov Lnoos apa... 
(au)£umıwg uvelag yagıy ratte Iv... w.. ovdély Eye 6 Blog. — 
Ch. Lucas, Architektur und archäologie; Bericht über die archi- 
tektonische ausstellung von 1874. Es finden sich unter den re- 
stitutionen des kapitol, das haus des Odysseus, das forum Romanum 
aus der zeit der letzten Antonine, die monumente von Heraclea am 
Latmos (s. o. jan. und aug.), der tempel der Athene Polias zu 
Priene etc. — A. Dumont, Bericht über die archäologischen for- 
schungen, zu denen Duchesne und Bayet von der zweiganstalt der 
französischen schule. in Rom ausgeschickt worden sind. Ausser 
inschriften aus Thessalonich und Macedonien sind bisher noch un- 
bekannte scholien zur Iliade, zu Demosthenes, Aeschines und Thu- 
cydides, auch neue manuscripte einzelner fragmente des evangeliums 
Marcus und der epistelu des Paulus. die ergebnisse der sendung. 
Der wichtigste fund scheinen neun seiten der metrologischen ab- 
handlung des Julius Africanus, von welcher Mommsen und Hultsch, 
ohne den verfasser zu kennen, einige auszüge veröffentlicht haben, 
und die scholien zu Homer zu sein, welche die lücken der Vene- 
tianer scholien ausfüllen. — Nachricht von der auffindung eines 
tempelthors in Carnak, durch Mariette, auf welchem die siege 


748 Miscellen, 


Thoutmès III. verherrlicht werden; abdruck zweier römischer in- 
schriften aus Chalon sur Saone, Aug. sacr. Deo Merourio (in der 
zweiten nur die änderung Deo Herculi) Sex Orgius Suavis d. s. p. 
d. 1. d. ex. d. pag.; die letzten worte liest Longpérier, locus 
datus ex decreto paganorum. — Anzeige von Schliemann, rap- 
port sur les fouilles de Troie, ins Franzósische übersetzt von Ran- 
gabé; der kritiker F. Lenormant glaubt, dass die auffindungen 
einem älteren Troja als dem homerischen angehôren; ferner an- 
zeige von F. Lenormant, Eiudes accadiennes über die turanische 
sprache im alten Babylon, welche Oppert die sumerische (langue 
soumerienne) nennt; der berichterstatter Maspero erklärt die arbeit 
für einen wichtigen beitrag zur linguistik. 

Nr. 10. Oct. F. Lenormant, Ueber die von ihm 1860 in 
Eleusis entdeckte statue des Antinous (mit abbildung). — De 
Rouge, Geographische texte des tempels von Edfou (Oberägypten) 
fortsetzung aus 1872, febr. — D’Arbois de Jubainville, Die Ele- 
sycer oder Elisycer, Nachtrag zu de Saulcy’s aufsatz über die Ora 
maritima des Festus Avienus, in welchem er nachweist, dass die 
Ligurier in alter zeit über den Rhone bis Narbonne vorgedrungen 
waren und dass die Elisyci des Hecataeus oder die Elesyces des 
Avienus nicht, wie de Saulcy annimmt, ein imaginäres volk ge- 
wesen sind (s. Hor. VII, 165), sondern ein ligurisches volk mit 
dem bauptort Narbonne; er möchte in dem bei Diodor IV, 19 er- 
wähnten angeblich von Hercules gegründeten “4inotu nicht die von 
Cäsar eroberte stadt, sondern einen in nähe von Narbonne zu 
suchenden ort der Elisyci sehen. — Miller, Griechische in- 
schrift aus Fez in Marokko. Zwolıwog véos . . . . . Touyoua 
Eveinlölns zw rlarot. "Ev9ade xsiwas O[Myo zloorw za Blo 
rolpaoı]as. *Alé£urdoos érwv xf’. — E. Le Blant, Aegyptische 
holztäfelchen mit griechischen iuschriften. Täfelchen dieser art 
wurden den mumien angeheftet. Die inschriften enthalten natürlich 
nur namen, z. b. Kríorgg "Qolwvos Erwv Ac’ oder IlAnvıs vewisgog 
degsnolpevos èBlwoev Zı@v . . .; einige male folgt der zusatz My 
Muyiis avdsig daFavaros 2x x00um oder dv ı@ x0oum. Die form 
èBelwoev für 2ßlwoey kommt einmal vor. Mit facsimile’s. — Graf 
Conestabile, Ueber die beerdigung und leichenverbrennung bei den 
Etruskern. Bei den alten italischen völkerschaften, auch bei den 
pelasgischen oder urgriechischen war die einäscherung üblich, wenn 
auch in dieser von manchen „präetruskische“ genannten zeit stel- 
lenweise die beerdigung stattfand, die bei den Liguriern sogar 
dominirte; bei den Etruskern war, seit ihrem erscheinen in Italien, 
die beerdigung der gewöhnliche gebrauch; unter der römischen 
republik wurde aber auch bei ihnen die verbrennung wieder üblich. 
Durch diese thatsachen wird die verschiedenheit der bestattung, 
welche man in den verschiedenen schichten des erdbodens in Etru- 
rien antrifft, -erklürlich. Freilich sind auch einige örtlichkeiten 


| Miscellen. 749 


dabei zu unterscheiden; so z. b. finden sich bei Perusium nur 
beerdigungsgrüber. — A. Choisy, der architekt bei den Römern. 
Zur ergänzung der abhandlung von Promis (Denkschr. der Turin, 
akad. 1873) schildert der verf. die äussere stellung des architekten 
in Rom; er unterscheidet dabei die zeit der republik und des kai- 
serreichs; in jener war er, was er immer bei den Griechen ge- 
wesen ist; während der kaiserzeit trat er zurück, da die geschäfte 
der bauausführung sich zwischen dem mechanicus oder machinator 
(der den plan entwarf und besonders auf die festigkeit und halt- 
barkeit des gebäudes sein augenmerk richtete), dem geometra (qui 
mensuris operam fabrications stringit, cod. Theod., der die masse 
festsetzte und bei der ausführung einhielt) und dem architectus 
(bauführer , der die arbeiter beaufsichtigte und zugleich für aus- 
schmückung des gebäudes sorge trug) theilten. Ueber allen stand 
bei grossen staatsbauten der curator (2avoraty¢), dessen ehrenamt in 
den inschriften stets ausschliesslich erwähnt wird. — Unter den 
archäologischen nachrichten wird die auffindung römischer ziegel- 
öfen bei Dieppe, die entdeckung römischer gräber auf Malta mit- 
getheilt. — Anzeigen von H. Houssaye, Histoire d' Alcibiade 
et de la rép. athén. depuis la mort de Périclès jusqu'à Vavénement 
des trente tyrans (welches werk sehr gerühmt wird und welchem 
der preis ,, Thiers“ zuerkannt worden ist) und von Lieblein, 
Recherches sur la chronologie égyptienne welche der beachtung em- 
pfohlen werden. 

Nr. 11. Nov. De Rougé, Geographische texte etc. Forts. — 
Pigorini, Prähistorische funde im lande der Ligures Velleïates, 
mit abbildungen. — F. Lenormant, Sabazius, der phrygische gott 
und sein verhältniss zu Zagreus bei den orphikern und zu Zeus. — 
E. Le Blant, Aegyptische holztäfelchen ete, Forts. (s. o. oct.). — 
E. Burnouf, luschriften aus der akropolis, vorläufig bis auf einige 
worte wie ° Aossovrrayov, ° Anvofuofov unentzifferbar. — Graf 
Conestabile, Ueber beerdigung und leichenverbrenuung bei den 
Etruskern, forts. (s. o. oct.). Der verf. sieht Villanova und die 
dort zum vorschein gekommenen gegenstünde, im gegensatz zu A. 
Bertrand, für etruskisch an; er unterscheidet von der ursprüng- 
lichen einwanderung der Tyrrhener aus Lydien eine spátere und 
dauernde einwirkung dieses landes durch zuzug und verkehr, der 
sich hauptsächlich auf das eigentliche Etrurien beschränkt hat und 
in geringerem masse und immer erst später sich nach den jenseits 
des Apennins von Etruriern colonisirten landstrichen erstreckt hat. — 
Unter den archiologischen wird die folgende inschrift eines auf 
dem gipfel des Puy de Déme aufgefundenen tempels des Apollo 
Dumiates (wie wahrscheinlich der berg ursprünglich hiess) mitge- 
theilt: Num. Aug. et Deo Mercuri(o) Dumiati Matutinius Victo- 
rinus d. d.; ferner folgende inschrift aus der janitscharen - caserne 
in Constantine: Curatoribus . ei(et)iui . . . us . (tutoribus?) dan- 


750 Miscellen. 


dis, primo constituto . curatori Nolanorum; fratri . Arvali; au- 
gur(i), sodali . Marciano . Antoniniano . juridico regionis Trans- 
padaneae, curatori Ariminie(n)sium . curatori . civitatum . per 
Aemiliam . aedili . curuli., ab actis Senatus., (s)eviro . equitum . 
Romanorum . quaest(ori) urbano., tribuno . leg . IIII Scythicae., 
quattuorviro . viarum . curandarum., patrono IIII col(oniarum) C. 
Julius . Libo . trierarchus . classis . novae . Lybice . (Lybicae) 
patrono . dd ..... no (decreto decurionum?); ferner Newton’s 
meinung über Schliemann’s entdeckungen; auch er hält diese anti- 
quitäten für älter als das homerische Troja; zuletzt nachricht von 
dem erscheinen einer neuen zeitschrift Revue philologique et d’eih- 
nographie, Paris chez E. Leroux. — Anzeigen von Daremberg 
und Saglio, dictionnaire des antiquités grecques et romaines (in 
welchem die römischen alterthümer besser bedacht sind als die grie- 
chischen) und von Demetrio Livaditi, la tavola di Cebete Te- 
bano, eine italiänische übersetzung des zí(vaE von Cebes, den der 
verf. als zeitgenossen Plato’s nachzuweisen sucht. 

Nr. 12. Dec. De Cessac, Grabmal eines jungen gallo - rö- 
mischen mädchens bei den ruinen einer römischen villa zu Vedignac 
(Creuse) entdeckt. In dem flachen mit einer granitplatte zuge- 
deckten sarkophag hat sich ausser einigen altrömischen thonge- 
fissen eine silberne urne befunden, welche ein goldenes armband, 
zwei goldene ringe und bruchstücke einer dünnen silberplatte ent- 
hielt. An dem armband befand sich ein ring mit einer glocke 


mit silbernem klöppel, vielleicht das von Plin. (Hist. nat. XHI, 52), 


und von Tertullian (de cultu fem. II, 13) erwähnte spalathium. 
Eine broncemünze, welche sich in einem der irdenen gefässe be- 
fand, stellt entweder Tiberius oder Nerva dar; das grabmal ist 
demnach aus dem ersten oder zweiten jahrhundert unsrer zeitrech- 
nung. Das kind muss, da es beerdigt, nicht verbrannt war, unter 
sieben jahren gewesen sein (nach Cochet, Normandie souterraine 
p. 133. 137). Mit abbildungen. — E. Miller, Poémes vul- 
gaires de Théodoros Prodromos (um das jahr 1150). Abhandlung, 


text (in vulgärsprache) und französische übersetzung. — Graf 


‘von Gobineau, Ueber die keilförmigen schriften der Cyprier und 
der Lycier. Der verf. behauptet, dass manche schriftzeichen dieser 
(und andrer) orientalischen völker verschiedene geltung hatten und 
beruft sich auf Diodor II, 57, welcher sagt, sie haben 28 laute 
aber nur sieben buchstaben, von denen jeder eine vierfache modi- 
fication erfährt. — Fr. Lenormant, Sabazius, forts. (s. o. nov.). 
Der verf, behandelt hier seinen cultus in Thracien, wo ihn Grie- 
chen mit Bacchus zusammenbrachten, und abbildungen desselben auf 
den felsen bei Philippi, so wie mehrere sculpturen, die den gott 
mit verschiedenen göttinnee zusammen darstellen. — Ze Blant, 
Holztäfelchen etc. (s. o. oct. und nov.). Es folgen bemerkungen 
des (verstorbenen) de Rouge über die in den inschriften erwähnten 








Jahresberichte. 751 


namen. — Ch. Em. Ruelle, Ueber ein manuscript des Aristoteles, 
enthaltend einige seiten der parva naturalia. Der verf. glaubt, 
dass es aus dem XV. jahrhundert herstammt und zu der klasse L 
(cod. Vat. 253) gehört; er empfiehlt einige lesarten desselben. — 
A. Castan, Neues siegel eines römischen augenarztes, mit der in- 
schrift (auf zwei verschiedenen kanten des steiges): Ti(berii) 
Cl(audii) Onesiphori diapsoricum; Ti(berii) Cl(audit) Onesiphori 
(pe)nicille ex ov(o). Das diapsoricum ist ein von Marcellus Em- 
piricus in seiner zusammensetzung beschriebenes augenheilmittel; 
penicille steht fälschlich statt penecillus oder penicillum. — Unter 
den archäologischen nachrichten wird die auffindung von bronce- 
armbändern in einem gallischen grabe bei Varzy (Nievre) und die 
auffindung eines gallischen helmes und einer gallischen axt, beide 
in bronce, aus Pontlevoy mitgetheilt. Der letzte fund ist beson- 
ders wichtig; da die axt unzweifelhaft gallisch ist, so stellt sich 
der gallische ursprung mehrerer ganz ähnlicher helme im museum 
von St. Germain jetzt unzweifelhaft heraus. — Anzeigen von 
Quicherat, Histoire du costume en France depuis les temps les 
plus reculés (erstes jahrhundert vor unsrer zeitrechnung) und von 
Heydemann, Griechische vasenbilder, Berlin 1870; G. Perrot, der 
das letztere werk sehr rühmt, führt an, dass A. Dumont in die 
klagen des verfassers einstimmt über die erschwerung, welche die 
griechische regierung den archäologischen forschungen in den 
weg legt. 

— 1875. nr. 1. Jan. Le Blant, lampe aus der samm- 
lung Fol’s in Genf, mit dem stempel ANNISER (d. h. Anni Ser- 
viani?), der sich zugleich auf heidnischen und auf christlichen lam- 
pen findet, mit bemerkungen über die formverschiedenheit beider 
(abbildungen). — Duchesne, ein gallischer einfall in Macedonien; 
eine bei Thessalonich gefundene stele hat die sehr ausgedehnte 
inschrift aus dem jahre 117 geliefert, welche der verf. zum ab- 
druck bringt, zugleich die lage der stadt Anry, welcher sie ange- 
hört, erörternd. — Colonna Ceccaldi, ein sarkophag aus Athienau; 
aus den cypriotischen nachgrabungen des generals Cesnola herrüh- 
rend (mit abbildung der darauf befindlichen basreliefs und zweier 
dazu gehöriger stelen ohne inschrift) Die basreliefs stellen die 
geburt des Chrysaor und des Pegasus aus dem hals der Medusa, 
eine jagd, ein wagenwettrennen und ein festmahl mit frauen und 
nackten jünglingen dar, die drei letzten gegenstände übereinstim- 
mend mit den fresken eines grabmals aus Tarquinii; der styl, meint 
der verf., ist assyrisch, die composition und das costüm griechisch 
und anatolisch. — Mowat, über eine gruppe von inschriften in 
bezug auf den gallischen Mercur. Der verf. glaubt, dass Dumiates 
der örtliche beiname des Mercur gewesen ist, von welchem der 
Puy de Döme seinen namen bekommen hat, nicht aber umgekehrt 
der gott von dem berge (s. rev. arch. 1874, nov.); er bringt die 


752 Miscellen, 


nachrichten über den tempel des gottes auf dem Puy de Dóme und 
die auf den gallischen Mercur bezüglichen inschriften bei, — Fr. 
Lenormant, Sabazius (forts. aus 1874, nov. und dec). Die be- 
ziehungen des thracischen gottes zu dem hellenischen Dionysos und 
sein cultus, nebst den dazu gehörigen monumenten. — D’Arbois 
de Jubainville, die Tamh’ ou und die Celten, Der verf. weist die 
vermuthung Devéria's, dass unter den Tamh’ ou der ägyptischen 
monumente die Celten gemeint sein könnten, zurück; er selbst er- 
klärt sie für die Libyer. — Miller und Legrand, gedichte von 
Theod. Prodromus in der vulgärsprache (forts.. — Unter den 
nachrichten wird die auffindung von 1200 römischen münzen zum 
theil in gold und in silber uud von einer inschrift auf den gott 
Borvo und die góttiu Damona zu Bourbonne-les-Bains, die ent- 
deckung vieler schmucksachen, vasen und münzen zu Marsaunay 
(Côte d'Or) und einer kaiserbüste in bronce bei Digoin mitgetheilt. 
Nr. 2, Febr Bourgeois, ein grab aus dem broncealter; der 
wichtigste fund ist ein bronce-helm, jetzt im mus, von St. Germain; 
A. Bertrand glaubt, dass, trotz der abwesenheit des eisens, die auf- 
gefundenen gegenstünde dem ersten eisenzeitalter angehüren. — 
Le Men, auffindung von Vorgium. Der verf. führt seine in 1873 
apr. mitgetheilte identificirung von Vorganium mit Kerscao weiter 
aus und giebt an, auf welche weise es ihm gelungen ist, das ge- 
wöhnlich damit verwechselte Vorgium in Carhaix aufzufinden. — 
Colonna Ceccaldi, neue griechische inschriften aus Cyperu, von den 
nachgrabungeu des generals Cesnola herrührend, über funfzig, 
grôsstentheils nur namen enthaltend. — Lefort, die halsbänder 
und bullen der flüchtigen sclaven in den letzten zeiten des kaiser- 
reichs ; sie waren in der christlichen zeit statt der früher üblichen 
brandmarkung eingeführt werden. — Foucart, metrische inschrift 
aus Theben : 
Oùx tor’ oùvdèr téqua Blov Fyni[wv é]n[]vot[a]ss, 
alla zuyn xgeloowy &Antdos [éSleparn" 
n xai Tipoxhénv “Aownizou À npave’ viov 
00098 noi evdsltac? Eoya mgénovta puces, 
[oc] Baolizıa Arös xoi dy 'HoaxAtovg Teig évadloic 
Trois vx OO duuar éennyldioer. 
Tlodvxiestog ènoeve 
Die inschrift ist entweder kurz vor der zerstérung Thebens durch 
Alexander oder bald nach der wiedererbauung durch Kassander auf- 
gestellt worden. Der verf. giebt eine andre schon veröffentlichte 
inschrift aus Theben in etwas verbesserter form. — Bericht über 
die französische schule in Athen für das jahr 1873—74; enthält 
besonders die nachricht von der neuerung, derzufolge die eleven 
zuerst ein jahr in Rom unter leitung Dumont’s zubringen, so wie 
mittheilung von ihren studien daselbst. — Anzeigen von De- 
launay, Moines et sibylles dans l'antiquité judéo-grecque. 


Miscellen. 753 


Nr. 3. März. - Cochet, jährlicher bericht über die archäolo- 
gischen nachforschungen im departement Seine-Inférieure für 1874. — 
Vivien de Saint-Martin, das Ilion Homer’s und das Ilium der Rö- 
mer. Der verf. sucht nachzuweisen, dass beide städte eine ver- 
schiedene lage hatten, und dass das homerische Ilion in Bounar- 
baschi gesucht werden müsse. — Rayet, über einige künstlernamen 
auf vasen des eigentlichen Griechenlands. Vervollständignng der 
von Dumont in Peintures céramiques de la Grèce propre gegebenen 
liste. —  Havet, Vasso Galeti; so etwa muss, nach einer inschrift 
(Brambach, Inser. rhen. 836), bei Gregor von Tours 1, 30 die 
falsche lesart Galatae corrigirt werden. — E. Miller, bemer- 
kungen über die von Duchesne veröffentlichte griechische inschrift 
aus Thessalonich, jan. 1875. — Le Blant, ägyptische tablae mit 
griechischen inschriften (s. oct., nov., dec. 1874 nr. 49 — 57). — 
Miller und Legrand, gedichte von Th. Prodromus, forts. — 

Nr. 4. April. Vivien de Saint-Martin, das Ilion Homer’s 
und das Ilium der Römer. Der verf. beschreibt die entdeckung 
des homerischen llions in Bounarbaschi durch Lechevalier und die 
bestätigung dieser entdeckung durch Mauduit, Firmin Didot und 
Forchhammer ; er behauptet, dass Schliemann, dessen archäologische 
funde er nicht unterschätzt, mit dem vorurtheil an’s werk gegangen 
ist, in dem llium der Römer (bei Hissarlik) das alte Troja Homer's 
sehen zu müssen. — Le Blant, ägyptische tablae mit griechischen 
inschriften, nr. 58—80. — Al. Bertrand, der helm aus Berru 
(s. Bulletin de la société des antiquaires de France 1873 den auf- 
satz von Barthélemy); der verf. giebt eine abbildung desselben, 
schreibt ihn der zeit zwischen 600 und 200 v. Chr.. zu und legt 
ihm einen orientalischen ursprung bei. — Miller und Legrand, ge- 
dichte von Theodoros Prodomus, forts. — Anzeigen von Catalogue 
du musée Fol à Genève und Musée Fol, études dart et d'antiquités 
publiées par la ville de Genève; ferner von Lefébure, Le Mythe 
osirien, Ière partie: Les yeux d’Horus, mit einigem vorbehalt von 
Pierret empfohlen; sodann von Cerquand, Etudes de mythologie 
grecque; Ulysse et Circé, les Sirenes, eine arbeit in welcher die wis- 
senschaftliche strenge den willkürlichen einfällen der einbildungs- 
kraft zu viel spielraum lässt, endlich von Baudry und Balle- 
reau, Puits funéraires gallo - romains, von Quicherat lebhaft ge- 
rühmt. — Unter den nachrichten wird die auffindung der ‚jungen 
Venus“ auf dem Esquilin mitgetheilt, welche indessen nicht so hoch 
geschätzt wird, wie es in der Augsburger zeitung geschehen ist. 

Nr. 5. Mai. A. Bertrand, die Gallier. Der verf. unter- 
scheidet eine celtische, ältere, und eine gallische, jüngere bevölke- 
rung Galliens; er glaubt, dass die Gallier von der Donau und vom 
nordosten her in das Celtenland eingedrungen, eiserne waffen und 
eine ihnen eigenthümliche kunst mitgebracht haben. — Le Blant, 
-ägyptische tablae mit griechischen inschriften, nr. 81 — 95. Alle 


Philologus. XXXVI. bd. 4. 48 


4 


754 Miscellen. 


diese tafeln rühren, nach dem verf, aus der kaiserzeit ber und die 
regierung des Commodus, welcher in einer derselben genannt wird, 
möchte die mitte der zeit bilden, welcher sie angehören. —  Piè- 
trement, über die ethnographie der Tamahu (s. oben januar) und 
das alter des gebrauchs des pferdes. Der verf., obgleich haupt- 
sächlich von den pferden sprechend, weist nach, dass die Tamahu 
(auch Tamh’ou geschrieben), die Lebu (Afßves) und die Maschuasch 
(Mu$vss) eine autochthone bevölkerung des nördlichen Afrika’s 
gewesen sind. — D’Arbois de Jubainville: Vasso Galeti 
(s. oben märz). Der verf. liest bei Gregor von Tours, Vasso Ga- 
lata, welches der lateinische schriftsteller unverändert aus dem cel- 
tischen herübergenommen hat, für das declinirte Vassum Galatam ; 
nach dem verf. bedeutet Vassos Galata puer (servus) qui bellum 
gerit. (qui interficit) und ist ein beiwort des Mercur wie *doyes- 
góvrgc; in der Bittburgschen inschrift bei Brambach scheint dem 
verf. Vasso Galeti der celtische dativ zu sein. — Dumont, in- 
schrift aus Scopelos von Riemann aus msc. 996 der Riccardiani- 
schen bibliothek copirt: 
’Aya9n Tz]. 

"Eni &gyovrog iv “A9nvaîs Kwrorlov 

Moëluou, unvòc éxarouBasdvos, àv dè 

Henagyde "AcxAqmoduwçou tov Di- 

Afnnov ‘Pauvovolov, unvos msSouxiwvog, 

. TB. Kiavdios .Xagontivoc Doacwelxov 

‘Papvovosos. 
Durch diese inschrift wird die identitàt von Scopelos und Pepa- 
rethus entschieden; der dem éxaztopfatoc entsprechende monat ı- 
Posy ist neu, — Schliemann, bemerkungen gegen Vivien de 
Saint-Martin’s aufsatz über das homerische Ilium; der verf. wieder- 
holt, dass (auch nach v. Hahn und Ziller) auf Bounarbaschi nicht 
die geringste spur einer alten grossen stadt, anzutreffen sei, dass 
die dort befindlichen cyclopischen mauern dem von Attalus zer- 
störten Gergis angehören, dass der Mendére der Skamander ist, 
dass das Troja des Priamus 1200 jahre vor Homer, 2000 jahre vor 
unsrer zeitrechnung zerstört worden ist. — Lefort, der christ- 
liche kirchhof von lulia Concordia bei Porto Gruaro, nach Bull. 
de l’Inst. de corr. arch. 1873—75 und Rossi, Bullett. di archeo- 
logia cristiana. — Unter den nachrichten findet sich ein bericht 
über die entdeckung einer gallischen mauer bei Beaupréau und be- 
merkungen über die verschanzten lager der umgegend von le Hävre, 
welche man jetzt den gallischen zeiten zuschreibt. 

Nr. 6. Juni. Ravaisson, ein attisches leichen - basrelief, mit 
abbildung. Die hauptperson ist ein jüngling, unter den zügen des 
attischen nationalheros Theseus abgebildet, mit einem hunde, nach 
des verfassers bekannter meinung in der ruhe des andern glück- 
lichen lebens dargestellt. — Le Blant, über eine epikuräische be- 





Miscellen. 755 


deutung des zeitworts benefacere. In der von Fr. Lenormant bei 
gelegenheit seines letzten aufsatzes über Sabazius angefübrten in- 
schrift: fac bene, dum vivis erklärt der verf. nicht: thue wohl, 
sondern: lebe gut. Bei Augustinus kommt in diesem sinne vor: 
Bene nobis faciamus. — Clermont-Ganneau, wo lag Hippos der 
Dekapolis? Der verf. findet nach dem arabischen livre des routes 
et des provinces des Ibn Khordad beh die stadt Hippos in Sousya 
oder Sousitha, welcher name eine übersetzung von Hippos ist 
(sous = irnoç). —  Moggridge, sculpturen auf felsen am wun- 
dersee bei Menton im südöstlichen Frankreich; die sage schreibt 
sie den soldaten Hännibals zu (mit abbildungen). — Miller, in- 
schriften auf thongefässen des: museums von Alexandria, 90 nr. — 
A. Bertrand, die Gallier, zusatz zu dem aufsatz im maiheft, beste- 
hend in der erklärung einer in der geographischen ausstellung zu 
Paris 1875 vorgelegten karte, welche die vertheilung und die ver- 
schiedenheit der celtischen racen nach den von ihnen hinterlassenen 


kunstgegenständen in bronce oder eisen zeigt. — Die sculpturen 
des Parthenon und des Theseustempels. Auszug aus Brunn’s im 
juli 1874 zu München gehaltenem vortrag. — Unter den nach- 


richten findet sich die mittheilung des erscheinens einer neuen zeit- 
schrift Gazette archéologique unter leitung von De Witte und Fr. 
Lenormant, die aufzählung der in Martigny gefundenen küchenge- 
räthschaften nach dem Journal de Geneve. — Anzeige von Fustel 
de Coulanges, geschichte der politischen institutionen des alten 
Frankreichs, welche sehr gerühmt wird. 

Nr. 7. Juli. Collignon, drei gemalte vasen des eigentlichen 
Griechenlands mit vergoldeten verzierungen ; sie gehören zu den 
wenigen, bei welchen eine solche vergoldung angewendet worden 
ist; das erste zeigt einen reiher zwischen einer sitzenden frau und 
einem kauernden geflügelten jüngling. — D’Arbois de Jubainville, 
die Celten, die Galater und die Gallier; der verf. widerspricht den 
ansichten Bertrand’s und erklärt die namen für gleichbedeutend. — 
Rayet, unveröffentlichte inschrift aus Megara, 35 zeilen, meist na- 
men. —  HRobiou, zwei fragen der chronologie und der geschichte 
aufgehellt durch die annalen Assurbanipal’s. Der verf. sucht die 
in den begebenheiten des buchs Judith aufstossenden schwierigkeiten 
aus assyrischen quellen zu lösen. — Lefort, die neueren entde- 
ckungen in der katakombe der Domitilla bei Rom, nach Rossi, — 
Van Lennep uud Perrot, inschriften aus Kleinasien. 

1. Aus Thyatirae: 
“Ayadÿ [rvyn] 
“H fov? xoi 6 dios treluncav T. °Iov- 
Mary Fuyartoa T. "IovAtov Kelosavov - 
Orgatnyov, Gyogavopov, inmaggov, dexa- 
nouwtov, Tosreutov, lotio» Tijg un- 
tgos tv Fewy dia Blov, dayuwvodernoa-. 


756 - Miscellen. 


cav Auungws xoi nodvdanavws. 
2. Eben daher: 
"dya9; wy. 
‘H prhootBactoc Bovan 
xai 0 feQwratog diuog 
TS Aaurçotéme xai weylorng 
ROTC 106 fees dvriyougàs 
xai Xato TO dobavia xal yn- 
guodévio Uno Tod Àoumgorá- 
TOU Tic “Actas E3»[o]vg Ovarı- 
onvaòv noAsws [A]audoxiov 
Huwidavov roy Enovuluov 
&gyovra ngüiov xoi | 
&ycvo]9 érn[v 
Die tegai üvrsyoagal, so vermuthet Perrot, werden kaiserliche er- 
lasse gewesen sein, welche der stadt gewisse vorrechte bewilligt 
haben und mit 10 Auumoozurov rc “Aolas édvos ist T0 xosvor 
"Aotus, die versammlung der abgeordneten der provinz, gemeint. 


3. Eben daher: 
xuteoxedacley tv 00009 favi xoi yhuxuzarg 
[ardgi T 
Thy dì TOY nvelelduv eSovotay nadowy 
Avon) Oo To Éaurn vi vio éyov .... 
Oc] d’ &v mag, TOVIO movi CE duce .... 
e. Tauıns Enıyooyns avıiygalyov . . . . 
4, Aus Smyrna: 
ees. G8 100g Idlosc mos ... xoi TOÙTO TO 
uvnuñor xAnoovou@ oùx axodoud noe’ 
underì dé eéorw 10010 10 uvnui- 
ov 7 uégoc zu QUTOU [NTE TWAT ous wire 
pera vos uite èEaMMotesioas pre do- 
Mo movnod ti noujou * Ouolws dè underi ÈE- 
fo1w dyopacaı uvto 7 doAm novno® [re] moons 
TO dè UNEVAYTLOY TOUTOLG T+ mowjoavie | 7w0—- 
Ajoarts n peradévis n dodo novnem w nour]|our- 
te punte yn émBatn unte xugnoug ix yng 7 ix Fa- 
Aacogc fagods eu dé£aodou, of te 9toi of oùgu- 
vio xal ob zT yng dali]uoveg xeolwpévos avri) 
xai yév& avrov saca» xai 6 naga tavta moun ous 7 nW- 
Anoas 7 peradelg ñ ayogdous dn[o]rescatw cj van 
valwr yegovoto aeyvelou Invuoia dsoyellua xai re 
inekchevooul vo PER 
Onvagsa yelkın xol 0... . 
5, Aus Sardes: 
o è è » A]ovAiov Aentdılov 





Miscellen. 757. 


. . äywvodé]rn[r] xa? aoyioïlu . . . 
ing devitoas x .... 
nßos ins Bovino 
y 
Blov 
ctournyÔ[v 
Unter den nachrichten wird eine neuerdings für den Louvre erwor- 
bene griechische vase, die Gigantenschlacht in eigenthümlicher weise 
darstellend, beschrieben, ein münzfund von 3000 stücken bei An- 
necy, so wie der fund einer münze des Alexander Severus bei Ham 
berichtet; in einem briefe an A, Bertrand erklärt der graf v. Go- 
bineau den helm von Berru (s. o. april) für iberisch, — Anzeigen 
von Mazard, Etudes sur la céramique du Musée de St. Germain; 
von Pappadopoulos, Ta coyaixa ouvovaixà ctaduà rov Movoslav 
tig evayyedixîig oyoAns; von Conat, Etude sur Catulle, 

‘ Nr. 8. August. Collignon, drei gemalte vasen des eigent- 
lichen Griechenlands mit vergoldeten verzierungen (s. juli). Das 
zweite gefäss zeigt eine junge frau, vor ihr Eros mit einer schaale 
voll äpfel, hinter ihm ein junger mann, der die beiden andern 
figuren ansieht. Das dritte gefäss führt drei frauen vor, von 
welchen, wie eine überschrift zeigt, eine Thalia (eine der Charitinnen) 
eine andre Eunomie (eine der Horen) vorstellt; der gegenstand ist 
neu. Es folgt eine liste der bisher bekannten gefässe mit vergol- 
dung. — Robiou, zwei fragen der chronologie und der geschichte, 
aufgehellt durch die annalen Assurbanipal’s. Der verf. findet in 
den assyrischen quellen eine bestätigung der in der letzten zeit 
vielfach angegriffenen chronologie Herodot’s; zugleich, meint er, 
lassen sich alle im buch Judith erwähnten thatsachen, wenn sie 
auch nicht in andern quellen erwähnt werden, durch die anderweit 
bekannten begebenheiten wenigstens erklären. — Perrot, eine in- 
schrift aus Cyzicus, von Carabella eingesendet : 

n]i Evpriuov tov Aswdd- 
pa]vros innaoyzw maga orea- 
i'd» xai pvicegwv wu pe- 
1a] ‘Eouodizov rov 4iovvotou 
xuli ru pera AgsorodAdyou tow 
Aytiuyogou xai tEsyoroov 
- «+. 846 ToU Ovnzogog euso- 
Fw[cuzo Tevxgog Asodotov 
TO mioyov 
olxodoujous 
CTUTQUY toruxoclwy 
1leooeg«xovia * Eyyvog 
Kngyıloodoros (?) 1[09 . ... 

der name in der sechsten zeile ist nicht sicher ; der verf, macht 

auf den unterschied von psotovy, locare, und usodovoda:, condu- 


758 Miscellen. 


cere, den bau übernehmen, aufmerksam; er glaubt, dass die inschrift 
aus der mitte des vierten jahrhunderts herrührt. — Miller (und 
C. Renier), griechische (und latein.) inschriften, in Aegypten ent- 
deckt, die ersten vier nur namen und darunter fremde, wie "40- 
ow) 0v06, Woirog, KolioFovdvoc, Zfxnrog, auch den seltenen grie- 
chischen ZZlovroyévns enthaltend; die fünfte lautet: 
BaorAloons xoi Bac 
Aus noctu avtov 
arti tg mQoavaxtu- 
pévns negì Tic avaÿéce- 
ws "ijs zgo0tvy?c mla- 
206 7 Umoyeyoaupéry 
énsyougitw . 
"BaossVc  Hrokepaïos Eÿ- 
EQYÉTNG thy mooGtvy)v 
aovioy. 
Regina et 
Rex iusser[unt]‘ 
Sie stammt aus Cairo. Aus dem lager Cäsars bei Alexandria rührt 
die folgende her, deren facsimile beigegeben ist: 
POMPEIVS SEVERINVS MIL - LEG ll TR - F 
ORGER7VIR : POST STIP VIII ANTISTIVS P 
ROBVS PROC INSTITVS BEN M-P 
In der zweiten linie hat man zu lesen centuria VIRii PO- 
STumi, STIPendiorum VIIII; institus ist eine in späterer zeit 
üblich gewordene populire zusammenziehung für institutus. Neben 
einer andern von L. Renier Compt. rend. de l'Ac. 1872, p. 210 
veröffentlichten inschrift in Boulaq ist dies die einzige, in welcher 
der beiname Germanica der legion Il Zraiana fortis gegeben 
wird. — Longperier, eine mit dem grabstichel unter dem fuss 
eines griechischen gefässes (in Constantinopel ) eingegrabene iu- 
schrift: Mixga, Asia évvevnxovta, "Paßdwra évvevyxovra. Eine 
notiz für den künstler, bei dem kleine gefässe, 90 glatte, 90 strei- 
fige bestellt worden waren, "Evvevgxovra ist bezeichnet |Y 4444. 
-— Unter den nachrichten findet sich ein bericht über “die ent- 
deckung eines zweiten leichenfeldes zu Caranda (Aisne) mit vielen 
münzen aus der zeit Constantin’s, so wie die schilderung der auf- 
findung eines hausarchivs im hause des Stieres zu Pompeji, nach 
dem journal de Genève. — Anzeigen von Henzen, Acta fratrum 
Arvalium quae supersunt und nebenbei von Boissier, La religion 
romaine d’Auguste aux Antonins; sodann von Maspero, Histoire 
ancienne des peuples de V Orient einem sehr gerühmten werke, in 
dessen anhang der mechanismus der hieroglyphen- und der keil- 
schrift deutlicher als irgend sonst wo erklärt wird. 
Nr. 9. Sept. Montelius, Sculpturen auf felsen in Skandi- 
navien, mit abbildungen. Der verf. glaubt,. dass sie alle dem 





Miscellen. 759 


broncezeitalter angehören. — Chatellier, der tumulus von Renongat 
(Finisterre); auch hier haben sich sculpturen auf den felsstücken 
der grabkammer gefunden. — Ravaisson, plan zu einem museum . 


von gypsabgüssen, mit abbildungen. Der verf. führt, zu den schon 
bekannten, mehrere beispiele von ungehörigen restaurationen antiker 
bildwerke im Louvre an. — Schliemann, das Ilion Homers und 
herr Vivien de Saint-Martin (s. o. april und mai). Der verf. führt 
zeugnisse deutscher und englischer gelehrter an, welche, überein- 
stimmend mit ihm, das homerische llium in Hissarlik angesetzt 
haben und noch ansehen, und behauptet, dass Mauduit und Leche- 
valier mit ihren angeblichen resten einer uralten stadt bei Bounar- 
baschi das publikum mystificirt haben. — Castan, die deaematres 
in Sequanien; beschreibung eines kürzlich in Besançon aufgefun- 
, denen bildwerks, welches zwei derselben in sitzender stellung dar- 
stellt, mit abbildung. — 4. Bertrand, das gefäss von Graekwyl. 
Mit andern antiquitäten, welche hier aufgezählt werden, ist in 
Graekwyl bei Meikirch in der Schweiz eine bronce - vase gefunden 
worden, welche in St. Germain hat restaurirt werden können und 
von welcher man für das museum dieser stadt einen gypsabguss 
genommen hat; das original befindet sich in Bern; der hals stellt 
die geflügelte Diana (s. Pausan. V, 19) vor, an deren seite sich 
löwen und hasen befinden; zwei andere löwen stehen auf dem 
rand der vase; A. Jahn. hält die arbeit für etruskisch, und A. Ber- 
trand selbst glaubt, dass dies gefäss durch die eroberungszüge der 
Gallier nach Italien in diese gegend der Schweiz gekommen sein 
könnte. Eine abbildung ist beigegeben. — Anzeigen von Perrot, 
Memoires d’archeologie, d’epigraphie et d’histoire, welches von Fr, 
Lenormant gebührend gelobt wird; und vom Chappell, the Hi- 
story of Music from the earliest records to the fall of the roman 
empire; nach dem kritiker Ruelle ist das werk keinesweges werthlos, 
steht jedoch hinter der arbeit Gevaert’s weit zurück, da es, für 
die griechische musik, von den arbeiten Bellermann's, Fortlage' 5 
Vincents und Westphal’s keine notiz nimmt. 

Nr. 10. Oct. Collignon , Ueber eine in Griechenland ge- 
fundene (in Athen in einer privatsammlung befindliche) gruppe des 
Eros und der Psyche, aus später zeit, mit abbildung. — Mon- 
telius, Sculpturen auf felsen etc. (s. sept.). — D’Arbois de Ju- 
bainville, Les Liguses, vulgairement dits Ligures. 1. abth. Die 
Siculer; zusammenstellung der zeugnisse der alten über sie und 
ihrer wanderungen, nebst etymologie. — A. Bertrand, archäolo- 
. gischer congress in Stockholm. — Unter den nachrichten wird 
der fund eines sehr alten manuscripts Strabo’s in Grotta Ferrata 
bei Frascati, aus dem VI. jahrhundert, die auffindung von fünf 
etruskischen gräbern in Bologna, und von vielen römischen anti- 
quitäten bei Carnac in der Bretagne und die entdeckung eines 
votivaltars zu Monthelon bei Autun mit der inschrift: 


760 Miscellen. 


DEO APOL 
LINI GRAN 
NO AMAR 
COLITAN 
VERANVS 
TILANDE. 
VS : LM: 
mitgetheilt. 

Nr. 11. Nov. Vives, Ein tumulus des Jura; bei Salins; 
aufzählung der gefundenen gallischen schmucksachen, mit abbil- 
dungen. — De Saulcy, Ueber die verfluchte fünfstadt; entgegen 
der gewöhnlichen annahme, dass Sodom und Gomorra vom todten 
meer verschlungen worden sind, will der verf. die reste beider 
städte aufgefunden haben. — Werly, Ueber die gränzen der Lin- 
gones und der Leuci. — D’Arbois de Jubainville, Die Liguses, 
‘gewöhnlich Ligures genannt (s. o. oct). 2. Die Liguses selbst. 
Der verf. braucht diese form, um die gewöhnliche etymologie von 
dem baskischen li — gor, volk des berges (li für iria, ilia stadt 
und gore oder gara hoch) abzuweisen. Er selbst leitet Liguses 
von der wurzel ragh oder logh (sich beeilen) ab, aus welcher alt- 
hochdeutsch lingan vorwärtsgehen gi — lingan glücken herkommen 
und erklärt Ligus „der welcher schnell geht“, „der, welchem es 
gelingt“. Er weist an den andern wenigen namen, welche diesem 
volksstamm angehören, nach, dass sie dem europäischen zweig der 
indo-germanischen race entlehnt sind. Es folgt eine zusammen- 
stellung der wenigen von ihnen bekannten geschichtlichen that- 
sachen. — A. Bertrand, Archäologischer congress in Stockholm. — 
Unter den nachrichten wird eine von Posno aus Aegypten nach 
Paris geschickte broncestatuette erwähnt, welche wahrscheinlich 
älter ist, als alle andern bisher bekannten; es folgt eine durch 
Vict. Egger gelieferte zusammenstellung der neuerdings in Corsica 
entdeckten antiquitäten und die notiz von der auffindung eines 
marmorsimses in der villa Barberini, bei Castel Gandolfo, der von 
dem palast Domitians herrührt, 

Nr. 12. Dec. Mowat, Der tempel Vassogalate der Arverner 
und die widmungsworte: Mercurio Vassocaleti (s. o. märz und mai). 
Der verf. hat von allen bibliotheken, in denen manuser. Gregors 
von Tours vorhanden sind, die lesarten des worts sich einschicken 
lassen und giebt sie im facsimile; es geht daraus hervor, dass diese 
sylben in eben so vielen handschriften ein wort bilden, als zwei; 
er möchte vassogalate lesen und erklärt es „gallischer tempel“, sich 
an Léon Renier’s meinung anschliessend, dass die Gallier auf ge- 
meinsame kosten den cult des Mercurius im Arvernerlande unter- 
hielten, oder auch templum des gottes Vassogalatae, des iuvenis 
fortis. In der Bittburger inschrift dagegen liest er, nach einem 
neuen ihm zugesendeten und in der rev. arch. reproducirten facsi-